Praxis der Hauptversammlung: Erfolgreiche Vorbereitung und Durchführung 9783814557977

Das Handbuch ist ein Wegweiser zur Vorbereitung und Durchführung einer Hauptversammlung. Es behandelt den rechtlichen Ra

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Praxis der Hauptversammlung: Erfolgreiche Vorbereitung und Durchführung
 9783814557977

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Schaaf (Hrsg.) Praxis der Hauptversammlung

Praxis der Hauptversammlung Erfolgreiche Vorbereitung und Durchführung

4., neu bearbeitete Auflage 2018 herausgegeben von Prof. Dr. Andreas Schaaf, Rechtsanwalt, Wiesbaden unter Mitarbeit von Jochen Bahr, Rechtsanwalt, Wiesbaden Klaus Bauer, Rechtsanwalt, Berlin Prof. Dr. Jutta Glock, Rechtsanwältin, Berlin Markus Herdina, Rechtsanwalt, Frankfurt am Main Inno Merkel, Rechtsanwalt, Berlin Prof. Dr. Andrea Ruppert, Professorin für Handels- und Gesellschaftsrecht an der Frankfurt University of Applied Sciences

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH ˜ Köln

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2018 RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH Postfach 27 01 25, 50508 Köln E-Mail: [email protected], Internet: http://www.rws-verlag.de Das vorliegende Werk ist in all seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das Recht der Übersetzung, des Vortrags, der Reproduktion, der Vervielfältigung auf fotomechanischem oder anderen Wegen und der Speicherung in elektronischen Medien. Satz und Datenverarbeitung: SEUME Publishing Services GmbH, Erfurt Druck und Verarbeitung: CPI books GmbH, Leck

Vorwort Die organisatorischen und rechtlichen Rahmenbedingungen für eine AG-Hauptversammlung sind einem kontinuierlichen Änderungsprozess unterworfen. Die rechtswissenschaftliche Diskussion in der Literatur, zahlreiche Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und der Oberlandesgerichte sowie die Aktualisierung des DCGK haben diesen Wandel begleitet und gefördert. Das Handbuch ist ein Wegweiser zur Vorbereitung und Durchführung einer erfolgreichen Hauptversammlung. Es behandelt den rechtlichen Rahmen, setzt sich mit typischen Fragen auseinander und bietet praxiserprobte Lösungen an. Die 4. Auflage beleuchtet ausführlich die Problemkreise beim Fragerecht der Aktionäre, den im Fokus stehenden Versammlungsleiter, die zahlreichen Gesetzesänderungen – u. a. das Gesetz zur Teilhabe von Frauen und Männern in Führungspositionen – sowie die Auswirkungen der Aktienrechtsnovelle 2016. Neu im Autorenteam ist Herr Rechtsanwalt Jochen Bahr. Für seine Unterstützung und die des gesamten Teams bedanke ich mich ganz herzlich. Wiesbaden, im Februar 2018

Andreas Schaaf

V

Inhaltsverzeichnis Rz.

Seite

Vorwort ................................................................................................................ V Bearbeiterverzeichnis ..................................................................................... XXI Literaturverzeichnis .................................................................................... XXIII A.

Einleitung .................................................................................. 1 ............ 1

I.

Vorbemerkung ............................................................................ 1 ............ 1

II.

Zweck und Aufgabe der Hauptversammlung ........................... 5 ............ 2

III.

Rechtsstellung und Kompetenzen der Hauptversammlung .................................................................................. 11 1. Rechtsstellung der Hauptversammlung ......................... 11 2. Gesetzliche und satzungsmäßige Zuständigkeit der Hauptversammlung ......................................................... 12 a) Regelmäßig wiederkehrende oder laufende Maßnahmen ............................................................. 14 b) Strukturmaßnahmen ............................................... 16 c) Sonderfälle ............................................................... 19 d) Zuständigkeit kraft Satzung ................................... 21 e) Hauptversammlungszuständigkeit in Fragen der Geschäftsführung ............................................. 24 3. Ungeschriebene Zuständigkeiten der Hauptversammlung ......................................................................... 27

............ 4 ............ 4 ............ 4 ............ 5 ............ 5 ............ 6 ............ 7 ............ 8 ............ 8

B.

Organisatorische Vorbereitung der Hauptversammlung .... 38 .......... 11

I.

Vorbemerkung .......................................................................... 38 .......... 11

II.

Bestimmung der Koordinatoren und Teilbereichsverantwortlichen sowie Bildung und Aufgabenverteilung der Projektgruppe Hauptversammlung ......................................... 39 .......... 11

III.

Erstellung des Ablaufplans der Hauptversammlung .............. 42 .......... 12

VII

Inhaltsverzeichnis Rz.

IV.

Teilbereiche und ihre Aufgaben im Vorbereitungsstadium ..... 1. Vorstand/Koordinatoren ................................................ 2. Rechtsabteilung ............................................................... 3. Aktienregisterverwaltung ............................................... 4. Zentrale Dienstleistungen .............................................. 5. Presse und Öffentlichkeit ............................................... 6. EDV-Unterstützung ....................................................... 7. Technik und Sicherheit ................................................... 8. Sonstiges ..........................................................................

V.

Aufgabenstellung des Notars .................................................. 67 .......... 17

VI.

Regularien der Hauptversammlung ........................................ 75 .......... 19

C.

Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten .............................................................. 80 .......... 21

I.

Einberufungsgründe ................................................................ 1. Gesetzliche Einberufungsgründe ................................... 2. Einberufungsgründe gemäß Satzung ............................. 3. Einberufung aus Gründen des Wohls der Gesellschaft/Freiwillige Einberufung ............................ 4. Rechtsfolgen unterbliebener Einberufung ....................

II.

III.

VIII

44 45 49 51 52 56 58 64 66

Seite

.......... .......... .......... .......... .......... .......... .......... .......... ..........

12 12 13 13 14 15 15 16 16

81 .......... 22 81 .......... 22 87 .......... 25 89 .......... 26 93 .......... 27

Einberufungsberechtigung ...................................................... 94 1. Vorstand .......................................................................... 94 2. Aufsichtsrat ................................................................... 101 3. Aktionäre ....................................................................... 104 a) Aktionärsminderheit ............................................ 104 b) Form und Inhalt des Einberufungsverlangens .... 108 c) Schranken .............................................................. 111 d) Pflichten des Vorstands ....................................... 113 e) Einberufung kraft gerichtlicher Ermächtigung .... 115 f) Sonderfälle ............................................................ 120 4. Dritte ............................................................................. 121 5. Rechtsfolgen fehlender Einberufungsberechtigung .... 124 6. Absage der einberufenen Hauptversammlung und Absetzung einzelner Tagesordnungspunkte ........ 129

.......... .......... .......... .......... .......... .......... .......... .......... .......... .......... .......... ..........

Art und Weise der Einberufung ............................................ 1. Frist der Einberufung ................................................... 2. Form der Einberufung .................................................. 3. Rechtsfolgen bei Verstoß .............................................

.......... .......... .......... ..........

130 131 133 143

27 27 29 29 29 31 32 32 33 34 35 35

.......... 36 37 37 38 41

Inhaltsverzeichnis

IV.

Rz.

Seite

Inhalt der Einberufung ........................................................... 144 1. Mindestangaben der Einberufung ................................ 145 2. Inhalt der Tagesordnung und Bekanntmachungspflichten ......................................................................... 169 a) Allgemeines ........................................................... 169 b) Satzungsänderung ................................................. 174 c) Kapitalerhöhung ................................................... 175 d) Zustimmungsbedürftige Verträge/Strukturmaßnahmen ........................................................... 176 e) Aufsichtsratswahlen .............................................. 185 f) Wahl der Abschlussprüfer .................................... 193 3. Rechtsfolgen bei Verstoß .............................................. 195

.......... 42 .......... 42 .......... 52 .......... 52 .......... 53 .......... 54 .......... 54 .......... 57 .......... 60 .......... 60

V.

Ergänzungs- und Bekanntmachungsverlangen der Minderheit ........................................................................ 201 .......... 62

VI.

Mitteilungspflichten vor der Hauptversammlung ................ 206 1. Mitteilungsempfänger ................................................... 207 2. Gegenstand der Mitteilungen ....................................... 208 3. Form und Frist der Mitteilung ..................................... 210 4. Rechtsfolgen bei Verstoß .............................................. 217

.......... 64 .......... 64 .......... 65 .......... 66 .......... 67

VII. Gegenanträge und Wahlvorschläge ....................................... 219 1. Gegenanträge ................................................................. 220 2. Formale Erfordernisse ................................................... 223 3. Zugänglichmachung ...................................................... 228 4. Ausnahmen von der Pflicht zur Zugänglichmachung ......................................................................... 231 a) Strafbarkeit des Vorstands ................................... 234 b) Gesetzes- und Satzungsverstoß ........................... 235 c) Falsche oder irreführende Begründungen oder Beleidigungen ............................................... 238 d) Wiederholung eines früher gestellten Gegenantrags ......................................................... 240 e) Wiederholung erfolgloser Gegenanträge ............. 242 f) Vertretung des Aktionärs in der Hauptversammlung ......................................................... 243 g) Zu lange Begründung des Gegenantrags ............. 244 5. Zusammenfassung mehrerer Gegenanträge ................. 247 6. Eigene Stellungnahme der Verwaltung ......................... 249 7. Besonderheiten bei Wahlvorschlägen von Aktionären .............................................................. 250

.......... 68 .......... 68 .......... 70 .......... 71 .......... 71 .......... 72 .......... 72 .......... 73 .......... 73 .......... 74 .......... 74 .......... 74 .......... 75 .......... 76 .......... 76

IX

Inhaltsverzeichnis Rz.

8. 9.

Seite

Aktionärsforum ............................................................. 253 .......... 77 Rechtsfolgen bei Verstoß ............................................. 255 .......... 78

VIII. Übermittlung der Mitteilungen und Vorbereitung der Stimmrechtsvertretung .......................................................... 1. Vorbemerkung .............................................................. 2. Übermittlung der Mitteilungen .................................... 3. Kosten der Übermittlung ............................................. 4. Rechtsfolgen bei Verstoß ............................................. 5. Vorbereitung der Stimmrechtsvertretung ................... a) Erteilung der Vollmacht ....................................... b) Abstimmungsvorschläge durch Kreditinstitute ................................................................. c) Weisungen ............................................................. d) Auftragsstimmrecht bei Namensaktien ..............

256 256 257 260 261 263 264

.......... .......... .......... .......... .......... .......... ..........

78 78 78 79 79 80 80

265 .......... 82 270 .......... 83 271 .......... 84

D.

Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht an der Hauptversammlung ............................................................. 272 .......... 85

I.

Teilnahmerecht an der Hauptversammlung ......................... 1. Aktionäre ....................................................................... a) Inhalt des Teilnahmerechts .................................. b) Beschränkungen des Teilnahmerechts ................ c) Online-Teilnahme ................................................ d) Sonderfälle zum Teilnahmerecht der Aktionäre ........................................................ aa) Rechtsgemeinschaft ..................................... bb) Verpfändung, Sicherungsübereignung und Nießbrauch ........................................... 2. Aktionärsvertreter ......................................................... a) Vertreter kraft Vollmacht .................................... aa) Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft (sog. Proxy-Voting) .................................... bb) Kreditinstitute .............................................. cc) Aktionärsvereinigungen und sonstige geschäftsmäßig Handelnde ......................... b) Gesetzliche und organschaftliche Vertreter ....... c) Vertreter kraft Ermächtigung .............................. 3. Vorstand und Aufsichtsrat ........................................... 4. Versammlungsleiter ...................................................... 5. Abschlussprüfer ............................................................ 6. Notar ..............................................................................

X

272 273 273 281 286

.......... .......... .......... .......... ..........

85 86 86 88 90

300 .......... 95 301 .......... 95 306 .......... 96 309 .......... 97 309 .......... 97 326 ........ 101 331 ........ 103 336 339 343 347 353 354 356

........ ........ ........ ........ ........ ........ ........

105 106 107 108 110 111 111

Inhaltsverzeichnis Rz.

Seite

Teilnahme aufgrund von Sondergesetzen .................... 357 Teilnahme aufgrund Satzung/Geschäftsordnung ........ 361 Mitarbeiter/Berater ........................................................ 362 Medien ............................................................................ 363 Sonstige Teilnehmer ...................................................... 366 Rechtsfolgen bei Verstoß .............................................. 371

........ 111 ........ 112 ........ 112 ........ 113 ........ 114 ........ 115

Legitimation der Teilnehmer ................................................. 378 1. Aktionär ......................................................................... 378 a) Nachweis der Teilnahmeberechtigung (Bankbescheinigung/Hinterlegung) .................... 382 b) Anmeldung ............................................................ 392 2. Aktionärsvertreter ......................................................... 399 3. Rechtsfolgen bei Verstoß .............................................. 404

........ 117 ........ 117 ........ 117 ........ 121 ........ 122 ........ 124

III.

Teilnehmerverzeichnis ........................................................... 405 1. Zweck ............................................................................. 405 2. Inhalt .............................................................................. 407 3. Aufstellung ..................................................................... 416 4. Publizität ........................................................................ 423 5. Rechtsfolgen bei Verstoß .............................................. 427

........ 124 ........ 124 ........ 125 ........ 128 ........ 130 ........ 132

E.

Leitung und Ablauf der Hauptversammlung .................... 429 ........ 133

I.

Allgemeines ............................................................................ 429 ........ 135

II.

Leitung der Hauptversammlung ............................................ 447 1. Versammlungsleiter ....................................................... 447 a) Bestimmung des Versammlungsleiters ................ 447 b) Abberufung des Versammlungsleiters ................. 459 aa) Zuständigkeit der Hauptversammlung ....... 459 bb) Wirkung der Abberufung ............................ 467 2. Aufgaben und Befugnisse des Versammlungsleiters .............................................................................. 471 a) Leitungsbefugnisse ............................................... 487 aa) Entscheidung über Teilnahmeberechtigung/ Zulassung von Gästen .................................. 490 bb) Erstellung Teilnehmerverzeichnis ............... 502 cc) Dokumentation der Hauptversammlung ... 504 dd) Eröffnung der Hauptversammlung ............. 507 ee) Abwicklung der Tagesordnung ................... 508

7. 8. 9. 10. 11. 12. II.

........ 139 ........ 139 ........ 139 ........ 142 ........ 142 ........ 144 ........ 145 ........ 147 ........ 148 ........ 150 ........ 151 ........ 151 ........ 152

XI

Inhaltsverzeichnis Rz.

b)

c)

XII

(1) Änderung der Reihenfolge der Tagesordnung ............................... (2) Reihenfolge der Wortmeldungen ....... (3) Wiederaufnahme bereits abgeschlossener Tagesordnungspunkte ............... (4) Behandlung von nicht in der Tagesordnung angekündigten Angelegenheiten .......................................... (5) Vertagung und Absetzung von Tagesordnungspunkten ...................... ff) Behandlung von Anträgen .......................... gg) Festlegung von Abstimmungsart und -form ..................................................... hh) Konzentration Abstimmungsverfahren ..... ii) Ermittlung des Abstimmungsverfahrens ... jj) Feststellung und Verkündung des Abstimmungsergebnisses ............................ kk) Vertagung, Unterbrechung und Beendigung der Hauptversammlung ..................... Ordnungsbefugnisse ............................................ aa) Sicherheitskontrollen .................................. bb) Allgemeine Maßnahmen ............................. (1) Allgemeine Redezeitbeschränkung .... (2) Missbräuchliche Ausübung des Fragerechts ................................... (3) Schluss der Rednerliste ....................... (4) Schluss der Debatte ............................ cc) Ordnungsmaßnahmen gegen einzelne Teilnehmer ................................................... (1) Abmahnung ......................................... (2) Individuelle Redezeitbeschränkung ... (3) Wortentzug ......................................... (4) Saalverweis/Saalentfernung ................ Die Geschäftsordnung der Hauptversammlung .............................................................. aa) Allgemeines .................................................. bb) Regelungsgegenstände der Geschäftsordnung Hauptversammlung ...................... cc) Verfahren zum Erlass einer Geschäftsordnung Hauptversammlung ...................... dd) Änderung und Aufhebung .......................... ee) Notwendigkeit einer Geschäftsordnung Hauptversammlung .....................................

Seite

508 ........ 152 522 ........ 155 529 ........ 156

533 ........ 157 535 ........ 158 537 ........ 159 557 ........ 163 570 ........ 165 579 ........ 167 597 ........ 171 604 612 614 625 630

........ ........ ........ ........ ........

172 174 174 177 179

657 ........ 186 666 ........ 188 671 ........ 189 677 685 687 691 694

........ ........ ........ ........ ........

190 191 192 193 193

699 ........ 195 699 ........ 195 701 ........ 195 712 ........ 200 713 ........ 200 714 ........ 200

Inhaltsverzeichnis

3.

4.

Rz.

Seite

Auskunftsrecht .............................................................. 721 a) Allgemeines ........................................................... 721 b) Vorüberlegungen und organisatorische Maßnahmen ........................................................... 724 c) Auskunftsberechtigte/Auskunftsverpflichtete .......................................................... 731 d) Auskunftsverlangen .............................................. 744 aa) Allgemeines .................................................. 744 bb) Vorbereitungspflicht und immanente Grenzen des Auskunfts rechts .................... 750 e) Gegenstand und Umfang des Auskunftsrechts ..................................................................... 753 aa) Gegenstand ................................................... 753 bb) Umfang ......................................................... 760 (1) Angelegenheiten der Gesellschaft ...... 760 (2) Rechtlich verbundene Unternehmen ................................................. 764 (3) Erforderlichkeit zur sachgemäßen Beurteilung von Tagesordnungspunkten ................................................ 771 f) Auskunftsverweigerung gemäß § 131 Abs. 3 Satz 1 .......................................................... 780 aa) § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ............................. 781 bb) § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ............................. 789 cc) § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 ............................. 793 dd) § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 ............................. 796 ee) § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 ............................. 800 ff) Bekanntmachung auf der Internetseite der Gesellschaft ............................................ 807 gg) Sonderregelung für Aktienbanken .............. 809 hh) Rechtsmissbrauch ........................................ 811 ii) Rechtsfolgen bei Verletzung der Auskunftspflicht .......................................... 812 g) Praktische Handhabung und Probleme im Zusammenhang mit dem Auskunftsrecht ........... 817 Stimmrechte ................................................................... 831 a) Grundsätzliches .................................................... 831 b) Beginn und Umfang des Stimmrechts ................. 834 c) Erweiterung und Beschränkung des Stimmrechts .......................................................... 842 aa) Mehrstimmrecht ........................................... 842 bb) Höchststimmrecht ....................................... 849 d) Vorzugsaktien ohne Stimmrecht ......................... 859

........ 202 ........ 202 ........ 203 ........ 205 ........ 208 ........ 208 ........ 210 ........ 211 ........ 211 ........ 213 ........ 213 ........ 215

........ 217 ........ 219 ........ 220 ........ 221 ........ 223 ........ 224 ........ 224 ........ 226 ........ 226 ........ 227 ........ 227 ........ 229 ........ 231 ........ 231 ........ 232 ........ 233 ........ 233 ........ 234 ........ 237 XIII

Inhaltsverzeichnis Rz.

5.

aa) Allgemeines .................................................. bb) Aufleben des Stimmrechts .......................... cc) Weitere Mitgliedschaftsrechte .................... dd) Zustimmung Hauptversammlung ............... ee) Stimmrechtsverbot ...................................... Beschlüsse/Wahlen der Hauptversammlung ............... a) Beschlüsse ............................................................. aa) Begriff ........................................................... bb) Beschlussarten .............................................. cc) Zustandekommen von Hauptversammlungsbeschlüssen .......................................... (1) Beschlussfähigkeit ............................... (2) Beschlussantrag ................................... (3) Stimmabgabe ....................................... (4) Unterschiedliche Stimmabgabe .......... (5) Stimmenauszählung/Feststellung der Mehrheit ........................................ b) Wahlen ..................................................................

Seite

859 864 868 869 877 888 888 888 891

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237 238 239 239 241 244 244 244 245

894 895 896 903 908

........ ........ ........ ........ ........

245 246 246 247 248

910 ........ 248 915 ........ 249

F.

Der Vorstand und die Hauptversammlung ....................... 929 ........ 253

I.

Vorbemerkung ....................................................................... 929 ........ 253

II.

Allgemeines ............................................................................ 932 ........ 253

III.

Amtsphase .............................................................................. 1. Grundzüge anhand der „gesunden“ Gesellschaft ........ a) Aufgaben: Rechte/Pflichten ................................ aa) Rechtsquellen/Trennungstheorie/ Kopplungsklauseln ...................................... (1) Korporationsrechtliche Rechtsquellen ................................................. (a) Gesetz: AktG ................................ (b) Satzung .......................................... (c) Geschäftsordnungen .................... (aa) Geschäftsordnung für den Vorstand ........................ (bb) Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat ................... (2) Vertrag ................................................. (3) Regelungskonflikte (Konkurrenzen) .................................................

XIV

936 ........ 254 937 ........ 255 939 ........ 255 942 ........ 256 951 952 954 957

........ ........ ........ ........

260 260 261 262

958 ........ 262 961 ........ 262 962 ........ 263 966 ........ 264

Inhaltsverzeichnis Rz.

Seite

bb) Aufgaben des Vorstands .............................. 969 (1) Aufgabe: Geschäftsführung ................ 971 (a) Begriff ............................................ 972 (b) Geschäftsführungsbefugnis .......... 975 (2) Aufgabe: Leitung ................................. 981 (a) Bestimmung der Leitungsaufgaben .............................................. 983 (b) Eigenverantwortlichkeit ............... 986 (aa) Ermessen ............................... 987 (bb) Grundsätzliche Weisungsfreiheit ................................... 989 (c) Unterbesetzer Vorstand ............... 992 (3) Aufgabe: Vertretung ........................... 995 (a) Reichweite der Vertretungsmacht ............................................. 996 (b) Prinzip der Gesamtvertretung – Gestaltungsmöglichkeiten ............ 999 (c) Wissenszurechnung .................... 1002 (4) Überwachungsaufgabe ...................... 1006 (a) Horizontale Arbeitsteilung ........ 1008 (b) Vertikale Arbeitsteilung .............. 1012 (5) Einzelaufgaben ................................... 1013 (a) Einberufung der Hauptversammlung (§ 121 Abs. 2 Satz 1 AktG) .......................................... 1014 (b) Vorbereitung und Ausführung von Hauptversammlungsbeschlüssen (§ 83 AktG) ................ 1016 (c) Berichtspflichten ......................... 1019 cc) Verhaltensanforderungen an die Vorstandsmitglieder ......................................... 1020 (1) Sorgfaltspflicht .................................. 1021 (a) Legalitätspflicht ........................... 1022 (b) Überwachungspflicht .................. 1023 (c) Sorgfältige Unternehmensführung ........................................ 1024 (d) Business-Judgement-Rule des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG ............. 1025 (aa) Unternehmerische Entscheidung ............................ 1027 (bb) Vernünftigerweises „Annehmendürfen“ ............ 1029

........ 264 ........ 265 ........ 265 ........ 266 ........ 268 ........ 268 ........ 270 ........ 270 ........ 271 ........ 271 ........ 272 ........ 273 ........ 274 ........ 274 ........ 275 ........ 276 ........ 278 ........ 278

........ 278

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XV

Inhaltsverzeichnis Rz.

2.

IV.

XVI

(Į) Handeln auf angemessener Informationsgrundlage ...................... (ȕ) Handeln zum Gesellschaftswohl .................. (2) Treuepflicht ....................................... (a) Allgemeines ................................. (b) Wettbewerbsverbot .................... (c) Verschwiegenheitspflicht ........... b) Schaubild zum Aufgabenprogramm .................. Die Aktiengesellschaft in der Krise (Aufgaben mit „Krisenbezug“) ............................................................ a) Begriff der Krise ................................................. b) Aufgaben im Krisenvorfeld bis zur Insolvenzreife .............................................................. aa) Risikomanagement .................................... bb) Einberufungs- und Anzeigepflicht (§ 92 Abs. 1 AktG) .................................... cc) Insolvenzantragspflicht und Zahlungsverbot ......................................................... (1) Insolvenzantragspflicht (§ 15a InsO) ...................................... (a) Eingreifenszeitpunkt .................. (b) Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung .................................... (2) Zahlungsverbot (§ 92 Abs. 2 AktG) ................................................ c) Verfahrensablauf ab Insolvenzantragsstellung bis Insolvenzverfahrenseröffnung ..................... aa) Antragsprüfung durch das Gericht/ Sicherungsmaßnahmen .............................. bb) Beschluss über die Insolvenzverfahrenseröffnung .................................................... d) Rechtliche Stellung in der Insolvenz ................. e) Abwicklung gemäß §§ 264 ff. AktG .................

Zivilrechtliche Haftung des Vorstands ............................... 1. Die Haftung gegenüber der Gesellschaft (Binnenhaftung) .......................................................... a) Status als Vorstandsmitglied .............................. b) Pflichtverletzung ................................................ aa) Grundsatz ...................................................

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1030 ........ 283 1031 1032 1033 1035 1042 1045

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........ ........ ........ ........

297 298 299 299

Inhaltsverzeichnis Rz.

2. 3.

4. V.

bb) Verantwortung bei Kollegialentscheidungen ................................................ 1098 (1) Verantwortung bei Zustimmung ...... 1101 (2) Verantwortung bei Überstimmung .... 1103 (3) Pflicht zum Eingriff gegen die Umsetzung von rechtswidrigen Beschlüssen ............................................ 1106 cc) Entscheidungen des ressortverantwortlichen Vorstandsmitglieds ......................... 1116 c) Verschulden ......................................................... 1118 d) Schaden ................................................................ 1122 e) Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden ........................................................ 1124 f) Darlegungs- und Beweislast ............................... 1129 g) Berechtigung zur Geltendmachung der Forderung ..................................................... 1134 h) Die neun Sondertatbestände des § 93 Abs. 3 AktG ........................................................ 1138 i) Haftungsausschluss durch Hauptversammlungsbeschluss (§ 93 Abs. 4 AktG) ................... 1140 j) Verjährung ........................................................... 1145 k) Vergleich und Verzicht ....................................... 1146 l) Haftung von mehreren Vorstandsmitgliedern ..... 1149 Haftung gegenüber Aktionären .................................. 1151 Haftung gegenüber Dritten (Außenhaftung) ............ 1154 a) Vertragliche Haftung .......................................... 1155 b) Vorvertragliche Haftung .................................... 1156 c) Haftung aus Delikt ............................................. 1158 d) § 93 Abs. 5 AktG ................................................ 1159 D&O-Versicherung .................................................... 1160

Die Trennungsphase ............................................................ 1163 1. Amtsbeendigung .......................................................... 1166 a) Die Abberufung .................................................. 1168 b) Die Amtsniederlegung ........................................ 1178 aa) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs .................................................... 1179 bb) Erfordernis eines wichtigen Grundes? ...... 1184 cc) Unwirksamkeit der Amtsniederlegung ..... 1189 2. Vertragsbeendigung ..................................................... 1191 a) Allgemeines ......................................................... 1191 b) Pflicht zu einer Alternativbeschäftigung nach Abberufung? ............................................... 1194

Seite

........ 299 ........ 300 ........ 300

........ 300 ........ 303 ........ 303 ........ 304 ........ 304 ........ 305 ........ 306 ........ 307 ........ 308 ........ 309 ........ 309 ........ 309 ........ 310 ........ 310 ........ 310 ........ 310 ........ 311 ........ 311 ........ 311 ........ 312 ........ 313 ........ 314 ........ 317 ........ 317 ........ 318 ........ 320 ........ 320 ........ 320 ........ 321 XVII

Inhaltsverzeichnis Rz.

Seite

G.

Hauptversammlungsprotokolle/Aufzeichnungen ......... 1199 ........ 323

I.

Notarielle Niederschrift ...................................................... 1. Entstehungsgeschichte und Zweck ............................ 2. Beurkundungspflichtige Vorgänge ............................ a) Beschlüsse der Hauptversammlung ................... b) Minderheitsverlangen ......................................... c) Auskunftsverweigerung/Widerspruch .............. d) Ungeschriebene obligatorische Angaben .......... e) Freiwillige Angaben ........................................... 3. Notar ............................................................................ a) Amtsbereich ........................................................ b) Ausschluss von der Beurkundungstätigkeit ...... c) Pflichten des Notars ........................................... 4. Inhalt der Niederschrift (§ 130 Abs. 2 AktG) .......... a) Ort und Zeit der Versammlung ......................... b) Name des Notars ................................................ c) Art der Abstimmung .......................................... d) Ergebnis der Abstimmung ................................. e) Feststellung des Versammlungsleiters über die Beschlussfassung .................................. f) Erweiterte Angaben bei börsennotierten Gesellschaften ..................................................... 5. Verfahren der Erstellung der Niederschrift ............... 6. Einreichung der Niederschrift zum Handelsregister/ Einsichtnahme .............................................................

1199 1199 1205 1206 1213 1214 1216 1222 1224 1225 1230 1238 1243 1246 1248 1249 1257

........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........

323 323 325 325 327 327 328 330 330 331 332 334 336 336 337 338 340

1266 ........ 342 1269 ........ 343 1277 ........ 345 1288 ........ 349

II.

Einfache Niederschrift ........................................................ 1294 ........ 350

III.

Rechtsfolgen bei Verstoß .................................................... 1301 ........ 352

IV.

Stenografisches Protokoll, Ton- und Bildaufnahmen in der Hauptversammlung ................................................... 1. Stenografisches Protokoll ........................................... 2. Ton- und Bildaufnahmen ............................................ 3. Abschriften/Auszüge von Ton- oder Bildaufnahmen/ stenografischen Protokollen .......................................

1308 ........ 353 1308 ........ 353 1310 ........ 354 1315 ........ 355

H.

Rechtsstreitigkeiten ........................................................... 1316 ........ 357

I.

Auskunftserzwingungsverfahren ........................................ 1316 ........ 357 1. Allgemeines ................................................................. 1316 ........ 357

XVIII

Inhaltsverzeichnis Rz.

2. 3. 4. II.

III.

IV.

Seite

Gerichtliche Zuständigkeit ......................................... 1317 ........ 358 Antrag .......................................................................... 1319 ........ 359 Gerichtliches Verfahren .............................................. 1325 ........ 361

Anfechtungsklage ................................................................. 1332 1. Allgemeines .................................................................. 1332 2. Gerichtliche Zuständigkeit ......................................... 1333 3. Anfechtungsbefugnis .................................................. 1335 a) Erschienener Aktionär ........................................ 1336 b) Nicht erschienener Aktionär .............................. 1343 c) Sondervorteil ....................................................... 1349 d) Vorstand .............................................................. 1350 e) Strafbare Handlung oder Ordnungswidrigkeit ............................................................. 1351 4. Anfechtungsgründe ..................................................... 1352 a) Grundsätzliches .................................................. 1352 b) Formelle Mängel ................................................. 1356 c) Inhaltliche Mängel .............................................. 1359 5. Bestätigungsbeschluss ................................................. 1367 6. Gerichtliches Verfahren .............................................. 1368 7. Exkurs: Positive Beschlussfeststellungsklage ............ 1378

........ 363 ........ 363 ........ 363 ........ 365 ........ 365 ........ 368 ........ 370 ........ 370

Nichtigkeitsklage .................................................................. 1379 1. Allgemeines .................................................................. 1379 2. Nichtigkeitsgründe ...................................................... 1382 a) Einberufungsmängel ........................................... 1384 b) Beurkundungsmängel ......................................... 1385 c) Verstöße gegen das Wesen der Aktiengesellschaft, gegen gläubigerschützende oder sonst im öffentlichen Interesse stehende Vorschriften ........................................................ 1386 d) Verstoß gegen die guten Sitten .......................... 1390 3. Heilung der Nichtigkeit .............................................. 1391 4. Verhältnis zur Anfechtungsklage ............................... 1395 5. Gerichtliches Verfahren .............................................. 1396

........ 385 ........ 385 ........ 386 ........ 387 ........ 387

Freigabeverfahren ................................................................. 1399 1. Allgemeines .................................................................. 1399 2. Freigabevoraussetzungen ............................................ 1406 3. Gerichtliches Verfahren .............................................. 1413 4. Rechtsfolgen bei begründetem Freigabebeschluss .... 1414

........ 392 ........ 392 ........ 394 ........ 399 ........ 400

........ 370 ........ 371 ........ 371 ........ 372 ........ 374 ........ 378 ........ 379 ........ 383

........ 387 ........ 389 ........ 389 ........ 391 ........ 391

XIX

Inhaltsverzeichnis Rz.

V.

Spruchverfahren ................................................................... 1. Allgemeines ................................................................. 2. Gerichtliche Zuständigkeit ......................................... 3. Antrag .......................................................................... 4. Gerichtliches Verfahren ..............................................

1415 1415 1418 1419 1425

Seite

........ ........ ........ ........ ........

400 400 402 402 404

Anlagenverzeichnis ......................................................................................... 409 Anlagen 1 – 15 ................................................................................................... 411 Stichwortverzeichnis ....................................................................................... 533

XX

Bearbeiterverzeichnis Prof. Dr. Andreas Schaaf Rechtsanwalt, Wiesbaden Einleitung ......................................................................................... Kapitel A. S. 1 – 10 Prof. Dr. Andreas Schaaf Rechtsanwalt, Wiesbaden Organisatorische Vorbereitung der Hauptversammlung .......................................................................... Kapitel B. S. 11 – 20 Prof. Dr. Andrea Ruppert Professorin für Handels- und Gesellschaftsrecht an der Frankfurt University of Applied Sciences Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten ........................................................................ Kapitel C. S. 21 – 84 Markus Herdina Rechtsanwalt, Frankfurt am Main Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht an der Hauptversammlung ......................................................................... Kapitel D. S. 85 – 132 Prof. Dr. Andreas Schaaf/Jochen Bahr Rechtsanwalt/Rechtsanwalt, Wiesbaden Leitung und Ablauf der Hauptversammlung ................................. Kapitel E. S. 133 – 252 Prof. Dr. Jutta Glock/Inno Merkel, Prof. Dr. Jutta Glock/Klaus Bauer Rechtsanwältin/Rechtsanwalt, Berlin Der Vorstand und die Hauptversammlung .................................... Kapitel F. S. 253 – 322 Markus Herdina Rechtsanwalt, Frankfurt am Main Hauptversammlungsprotokolle/Aufzeichnungen ........................ Kapitel G. S. 323 – 356

XXI

Bearbeiterverzeichnis

Prof. Dr. Andrea Ruppert Professorin für Handels- und Gesellschaftsrecht an der Frankfurt University of Applied Sciences Rechtsstreitigkeiten ......................................................................... Kapitel H. S. 357 – 408

XXII

Literaturverzeichnis Adler/Düring/Schmaltz Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, Kommentar, Loseblattwerk, und 6. Aufl., 1995 Armbrüster/Preuß/Renner (Hrsg.) Beurkundungsgesetz und Dienstordnung für Notarinnen und Notare, Kommentar, 7. Aufl., 2015 (zit.: Bearbeiter, in: Armbrüster/Preuß/Renner, Komm. z. BeurkG) Assmann/Schneider (Hrsg.) Wertpapierhandelsgesetz: WpHG, Kommentar, 6. Aufl., 2012 (zit.: Assmann/Schneider, WpHG) Bamberger/Roth/Hau/Poseck Beck’scher Online-Kommentar zum BGB, Stand 15.6.2017 (zit.: Bearbeiter, in: BeckOK BeurkG) Barkow HV-Präsenz 2016 auf Rekordniveau, unter: http://www.barkowconsulting.com/dax-30-hv-saison-mit-rekordpraesenz/ [Stand: 30. Juni 2016] Baumbach/Hueck AktG, Kommentar, 13. Aufl., 1986 Bollweg Die Wahl des Aufsichtsrats in der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 1997 Bürgers/Körber Heidelberger Kommentar zum Aktiengesetz, 4. Aufl., 2017 (zit.: Bearbeiter, in: Bürgers/Körber, AktG) Bumiller/Harders FamFG, Freiwillige Gerichtsbarkeit, Kommentar, 11. Aufl., 2015 (zit.: Bumiller/Harders, FamFG) Butzke Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Aufl., 2011 (zit.: Butzke, HV) Dreier/Fritzsche/Verfürth SpruchG, Kommentar zum Spruchverfahrensgesetz, 2. Aufl., 2016 (zit.: Bearbeiter, in: Dreier/Fritzsche/Verfürth, SpruchG)

XXIII

Literaturverzeichnis

Ebenroth Das Auskunftsrecht des Aktionärs und seine Durchsetzung im Prozess unter besonderer Berücksichtigung des Rechts der verbundenen Unternehmen, 1970 (zit.: Ebenroth, Das Auskunftsrecht des Aktionärs) Ek Praxisleitfaden für die Hauptversammlung, 2. Aufl., 2010 (zit.: Ek, in: Praxisleitfaden HV) Emmerich/Habersack Aktien- und GmbH-Konzernrecht, Kommentar, 8. Aufl., 2016 (zit.: Bearbeiter, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbHKonzernrecht) Fleischer Handbuch des Vorstandsrechts, 2006 (zit.: Bearbeiter, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht) Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff AktG, Kommentar, 1974 ff. (zit.: Bearbeiter, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG) v. Godin/Wilhelmi AktG, Kommentar, 4. Aufl., 1971 Grigoleit AktG, Kommentar, 1. Aufl., 2013 (zit.: Bearbeiter, in: Grigoleit, AktG) Großkommentar zum Aktiengesetz 3. Aufl., 1973 ff. und 4. Aufl., 1992 ff. (hrsg. von Hopt/Wiedemann) 5. Aufl., 2017 (hrsg. von Hirte/Mülbert/Roth) (zit.: Bearbeiter, in: Großkomm. z. AktG) Happ/Groß Aktienrecht, Handbuch – Mustertexte – Kommentar, 4. Aufl., 2015 (zit.: Bearbeiter, in: Happ, Aktienrecht) Hauschka/Moosmayer/Lösler Corporate Compliance, Handbuch der Haftungsvermeidung im Unternehmen, 3. Aufl., 2016 (zit.: Bearbeiter, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler, Corporate Compliance)

XXIV

Literaturverzeichnis

Heidel Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., 2014 (zit.: Bearbeiter, in: Heidel, Aktienrecht) Henn/Froderich/Jannott Handbuch des Aktienrechts, 8. Aufl., 2009 (zit.: Bearbeiter, in: Henn/Froderich/Jannott, Hdb. Aktienrecht) Henze Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Aktienrecht, 3. Aufl., 1997 Hirte Bezugsrechtsausschluß und Konzernbildung, 1986 Hölters Aktiengesetz, 3. Aufl., 2017 (zit.: Bearbeiter, in: Hölters, AktG) Hueck Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung im Privatrecht, 1958 Hüffer/Koch AktG, Kommentar, 12. Aufl., 2016 (zit.: Hüffer/Koch, AktG) Kölner Kommentar zum Aktiengesetz hrsg. von Zöllner, 1. Aufl., 1985 ff. (zit.: Bearbeiter, in: Kölner Komm AktG, 1. Aufl.) Kölner Kommentar zum Aktiengesetz hrsg. von Zöllner/Noack, 3. Aufl., 2006 ff. (zit.: Bearbeiter, in: Kölner Komm AktG) Kraemer/Vallender/Vogelsang Handbuch zur Insolvenz, Loseblattwerk, Stand: 1.9.2010 (zit.: Bearbeiter, in: Kraemer/Vallender/Vogelsang) Kremer/Bachmann/Lutter/v. Werder Deutscher Corporate Governance Kodex, Kodex-Kommentar, 6. Aufl., 2016 (zit.: Bearbeiter, in: Kremer/Bachmann/Lutter/v. Werder, DCGK) Kropff Aktiengesetz, Textausgabe des AktG und des EGAktG mit der Begründung des Regierungsentwurfes des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages Verweisungen und Sachverzeichnis, 1965 (zit.: Kropff, AktG)

XXV

Literaturverzeichnis

Lutter UmwG, Kommentar, 5. Aufl., 2014 (zit.: Bearbeiter, in: Lutter, UmwG) Lutter/Krieger Rechte und Pflichten des Aufsichtsrates, 3. Aufl., 1993 Marsch-Barner/Schäfer Handbuch börsennotierte AG, Aktien- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., 2014 (zit.: Bearbeiter, in: Marsch-Barner/Schäfer) Martens Leitfaden für die Leitung der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft, 3. Aufl., 1992 (zit.: Martens, Leitfaden) Mimberg/Gätsch Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft nach dem ARUG, 2010 (zit.: Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG) Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Band 4, Aktiengesellschaft, 3. Aufl., 2007 (zit.: MünchGesR-Bearbeiter, AG, 3. Aufl.) Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Band 4, Aktiengesellschaft, 4. Aufl., 2015 (zit.: MünchGesR-Bearbeiter, AG) Münchener Kommentar zum Aktiengesetz Band 1, 4. Aufl., 2016 (zit.: Bearbeiter, in: MünchKomm-AktG) Münchener Kommentar zum Aktiengesetz Band 3, 3. Aufl., 2013 (zit.: Bearbeiter, in: MünchKomm-AktG) Münchener Kommentar zum Aktiengesetz Band 4, 4. Aufl., 2016 (zit.: Bearbeiter, in: MünchKomm-AktG) Münchener Kommentar zum Aktiengesetz Band 5, 4. Aufl., 2015 (zit.: Bearbeiter, in: MünchKomm-AktG) Münchener Kommentar zum Aktiengesetz Band 7, 4. Aufl., 2013 (zit.: Bearbeiter, in: MünchKomm-AktG) Münchener Kommentar zum Aktiengesetz Band 9/1, 2. Aufl., 2004 (zit.: Bearbeiter, in: MünchKomm-AktG)

XXVI

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XXVII

Literaturverzeichnis

Schippel/Bracker Bundesnotarordnung, 9. Aufl., 2011 (zit.: Bearbeiter, in: Schippel/Bracker, BNotO) Semler/Peltzer/Kubis Arbeitshandbuch für Vorstandsmitglieder, 2. Aufl., 2015 (zit.: Semler/Peltzer/Kubis, Hdb. Vorstand) Semler/Vollhard Arbeitshandbuch für die Hauptversammlung, 2. Aufl., 2003 (zit.: Bearbeiter, in: Semler/Vollhard, ArbHdb. HV) Simon Spruchverfahrensgesetz, Kommentar, 2007 (zit.: Bearbeiter, in: Simon, SpruchG) Soergel Kommentar zum BGB, Band 2: §§ 104 – 240 BGB, 13. Aufl., 1999 (zit.: Soergel/Bearbeiter, BGB) Spindler/Stilz Kommentar zum Aktiengesetz Bd. 1 und 2, 3. Aufl., 2015 (zit.: Bearbeiter, in: Spindler/Stilz, AktG) Staub Großkommentar zum HGB, Band 5, 4. Aufl., 1982 ff. (zit.: Staub, Großkomm. z. HGB) Steiner Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, München 1995 (zit.: Steiner, Hauptversammlung) Thümmel Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, 4. Aufl., 2008 (zit.: Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten) Weber/Kersjes Hauptversammlungsbeschlüsse vor Gericht, 2010 (zit.: Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse) Wellhöfer/Pelzer/Müller Die Haftung von Vorstand, Aufsichtsrat, Wirtschaftsprüfer – mit GmbH-Geschäftsführer, 2008 (zit.: Bearbeiter, in: Wellhöfer/Peltzer/Müller)

XXVIII

Literaturverzeichnis

Windbichler Gesellschaftsrecht, 24. Aufl., 2017 Winkler Beurkundungsgesetz, 18. Aufl., 2017 (zit.: Winkler, BeurkG) Wimmer/Dauernheim/Wagner/Gietl (Hrsg.) Handbuch des Fachanwalts Insolvenzrecht, 7. Aufl., 2015 (zit.: Bearbeiter, in: Wimmer/Dauernheim/Wagner/Gietl, Hdb. des FA-InsO) Zöller ZPO, 32. Aufl., 2018 (zit.: Bearbeiter, in: Zöller, ZPO)

XXIX

A. Einleitung Schaaf

Aufsatzliteratur: Adolff, Zur Reichweite des verbandsrechtlichen Abwehranspruchs des Aktionärs gegen rechtswidriges Verwaltungshandeln, ZHR 169 (2005) 310; Arnold, Mitwirkungsbefugnisse der Aktionäre nach Gelatine und Macrotron, ZIP 2005, 1573; ZIP 2005, 1573; Beusch, Die Aktiengesellschaft – eine Kommanditgesellschaft in der Gestalt einer juristischen Person?, Betrachtungen zum sogenannten Holzmüller-Urteil des BGH, in: Festschrift Werner, 1984, S. 1; Fleischer, Ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten im Aktienrecht, NJW 2004, 2335 – 2339; Fuhrmann, „Gelatine“ und die „Holzmüller“Doktrin: Ende einer juristischen Irrfahrt?, AG 2004, Heft 7, 339 – 342; Geßler, Einberufung und ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten, in: Festschrift Stimpel, 1985, S. 771; Götze, „Gelatine“ statt „Holzmüller“ – Zur Reichweite ungeschriebener Mitwirkungsbefugnisse der Hauptversammlung, NZG 2004, 585 – 589; Grunewald, Rückverlagerung von Entscheidungskompetenzen der Hauptversammlung auf den Vorstand, AG 1990, 133; Hüffer, Zur Holzmüller-Problematik: Reduktion des Vorstandsermessens oder Grundlagenkompetenz der Hauptversammlung? in: Festschrift Ulmer 2003, S. 279; Link, Die Hauptversammlung im Rahmen des Aktienmarketings und der Relations, AG 1994, 364; Lutter, Organzuständigkeiten im Konzern, in: Festschrift Stimpel, S. 825; Lutter/ Leinekugel, Kompetenzen von Hauptversammlungen und Gesellschafterversammlungen beim Verkauf von Unternehmensteilen, ZIP 1998, 225; Priester, Die klassische Ausliegliederung – ein Opfer des Umwandlungsgesetzes 1994, ZHR 163 (1999) 187; Schaumann, Countdown für die Namensaktie, HV Magazin Februar 2010, 40 ff.

I.

Vorbemerkung

Die Hauptversammlung wird nicht selten als „Forum der Aktionärsdemokratie“1) 1 bezeichnet. Berücksichtigt man die tatsächlichen Abläufe größerer Publikumshauptversammlungen, so wird man dies sicherlich als Übertreibung bewerten müssen. Trotz einer zunehmenden Sensibilisierung der Aktionäre, nicht zuletzt durch die Basisarbeit der Schutzgemeinschaften, ist das zu geringen Hauptversammlungspräsenzen2) führende generelle Desinteresse der Aktionäre eine der Ursachen dafür, dass man nur eingeschränkt von einem Forum der Aktionärsdemokratie sprechen kann. Zwar bietet die jährlich stattfindende ordentliche Hauptversammlung jedem Aktionär die Möglichkeit, seine Mitgliedschaftsrechte auszuüben, das vergangene Geschäftsjahr zu erörtern und seine Meinung zu artikulieren. Vergegenwärtigt man sich aber die geringen Präsenzen, die sich sicherlich auf den von Beusch genannten Grund zurückführen lassen, dass das Interesse des Aktionärs sich in erster Linie auf die Aktie und erst in zweiter Linie auf das Schicksal

___________ 1) Martens, Leitfaden, S. 1. 2) Zwar lag die Hauptversammlungspräsenz 2016 auf einem Rekordniveau mit 16,3 % und hat nach niedrigen Werten von 45,9 % im Jahre 2005 wieder an Präsenzwerten von 1998 mit 21 % aufgeschlossen. Gründe dafür waren jedoch nicht unbedingt ein generell gesteigertes Interesse der Aktionäre, sondern Beseitigung der Verunsicherung bei Namensaktien, geänderte Indexzusammensetzungen und nur schwer quantifizierbare Auswirkungen der Wertpapieranleihe. Siehe dazu Barkow, HV-Präsenz 2016 auf Rekordniveau, abrufbar unter: http://www.barkowconsulting.com.

Schaaf

1

A. Einleitung

der wirtschaftlich repräsentierten Aktiengesellschaft richte,3) so werden gewisse Zweifel an der Funktionsfähigkeit dieser Aktionärsdemokratie deutlich. 2 Diese Zweifel werden verstärkt, wenn man sich die zeitlich begrenzten Möglichkeiten der Aktionäre zur Diskussion im Rahmen der Hauptversammlung vor Augen führt. In der Regel findet die Hauptversammlung lediglich einmal im Jahr statt. Der zur Verfügung stehende Zeitrahmen für eine Aussprache muss meist limitiert werden, um eine ordnungsgemäße Abwicklung der Hauptversammlung zu garantieren, wobei zunehmend feststellbar ist, dass das Podium zweckentfremdet als öffentliche Plattform für eine publizistische Selbstdarstellung oder für die Verfolgung von politischen Zielen benutzt wird. 3 Vor diesem Hintergrund ist die Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Ablaufs der Hauptversammlung eine nicht gerade einfache Aufgabenstellung, die erhöhte Anforderungen an die exakte rechtliche und organisatorische Vorbereitung und Ablaufplanung der Hauptversammlung stellt. Unter besonderer Berücksichtigung des Aspekts „Sitzungsleitung“ sollen die nachfolgenden Ausführungen die tatsächlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen und Organisationsansätze im Rahmen der Vorbereitung und der Durchführung einer Publikumshauptversammlung aufzeigen und dabei insbesondere die bei Namensaktien im Vergleich zur Inhaberaktie bestehenden Besonderheiten erörtern. 4 Letzteres erscheint insbesondere aufgrund eines gewissen Trends von Großunternehmen, wie das Beispiel Bayer letzten Jahres zeigt, zur Namensaktie sinnvoll. Die im Zuge der Gebührenordnung 2005 attraktivere Gestaltung des Kostenrahmens, Erleichterung von Proxy-Solication Kampagnen, die direkte Möglichkeit des Internet-Votings oder eine kostensparende Kommunikation mit den Aktionären4) sowie die Verbesserung des Zugangs zu wichtigen Kapitalmärkten5) sind die Gründe hierfür. II.

Zweck und Aufgabe der Hauptversammlung

5 Die Hauptversammlung, die nach den Vorschriften der §§ 121 ff. AktG6) einzuberufen ist, ermöglicht den Aktionären, ihre Mitgliedschaftsrechte, eingebunden in die gesetzliche Kompetenzordnung, auszuüben.7) 6 Die Hauptversammlung bietet zumindest innerhalb gewisser zeitlicher und aus Leitungsmaßnahmen resultierender Grenzen die Möglichkeit der Meinungsäußerung und Kritik von Aktionären und Aktionärsvertretern. Sie dient zugleich als Informationsforum der Aktionäre, wobei zu wünschen ist, dass die ___________ 3) Beusch, in: Festschrift Werner, S. 1, 15. 4) Schaumann, HV Magazin Februar 2010, 40 ff. 5) Zu näheren Einzelheiten siehe Bericht des Vorstands der Mannesmann AG auf der Hauptversammlung am 28.5.1999. 6) Alle nachfolgenden, nicht gekennzeichneten Paragrafen sind solche des Aktiengesetzes. 7) Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Vor § 118 Rz. 1.

2

Schaaf

II. Zweck und Aufgabe der Hauptversammlung

Vorstände vieler Gesellschaften ihre zum Teil restriktive Informationspolitik aufgeben und den Aktionären die wichtigsten Gesellschaftsentwicklungen und Zukunftsperspektiven aufzeigen. Sicherlich ist der zeitliche Aufwand dafür nicht zu unterschätzen und oft ist festzustellen, dass der begrüßenswerte Dialog nicht stattfindet, sondern in eine Konfrontation übergeht. Die Gründe dafür liegen zum einen in der zweckentfremdeten Nutzung des 7 Podiums für sachfremde, politische und weltanschauliche Themen, zum anderen in der Ungeduld und im mangelnden Eingehen mancher Vorstände auf Fragestellungen und Ausführungen der Aktionärsseite. Zunehmend wird die Hauptversammlung auch als Instrument der Selbstdar- 8 stellung des Unternehmens in der Öffentlichkeit, insbesondere der Presse gegenüber, genutzt, um nicht zuletzt auch eine „Kurspflege“ zu betreiben.8) Diese Selbstdarstellung ist aber auch bei den publikumswirksamen Auftritten einiger sog. kritischer Aktionäre festzustellen, die sich oft nicht an den Interessen der Gesellschaft orientieren, sondern mit einer Emotionalisierung eine sachgerechte Diskussion verhindern. Dabei soll aber nicht verkannt werden, dass durch die Beiträge von Schutzgemeinschaften und Aktionären eine Vielzahl von kritischen Themenkomplexen angesprochen und erörtert sowie die Entscheidungsfindung darüber mit beeinflusst oder bestimmt wurde. Zu berücksichtigen ist ebenfalls, dass in der Hauptversammlung neben Infor- 9 mation und Diskussion gerade ein Willensbildungsprozess stattfinden soll. Innerhalb der ihr zugewiesenen Kompetenzordnung, auf die im Folgenden näher einzugehen sein wird, sind insbesondere Entscheidungen über die wirtschaftlichen Grundlagen der Gesellschaft, also ihre Verfassung, ihre Organisation, ihre Kapitalausstattung und ihre kapitalmäßigen Verflechtungen zu anderen Unternehmen zu treffen. Mit dem geschilderten Zweck und der Aufgabe der Hauptversammlung wenig 10 in Übereinstimmung zu bringen ist das Verhalten der „Verpflegungsaktionäre“, für welche Naturaldividende in Form von Verpflegung und sonstigen Zugaben im Vordergrund steht. Beobachtet man den „Run“ auf die Infostände und die ständig wiederkehrende Frage, was als „Give-away“ gereicht wird, merkt man schnell, dass Begriffe wie Aktionärsdemokratie oder Informationsforum Hauptversammlung in den Hintergrund treten oder sogar ganz vergessen werden. Umso vergnüglicher ist es, den Sammlertrieb einiger Aktionäre zu betrachten. So werden bei 40 Grad in Jutesäcken Scampispieße abtransportiert, oder 20 Baguettes verschwinden mal schnell im Koffer. In extra mitgebrachten Tupperdosen wird Butter und – um den vorhandenen Transportraum zu nutzen – der Wurstbelag von Brötchen transportiert. Zum Teil kommt es, wie das Beispiel ___________ 8) Zu der Thematik „Investor-Relations“ als finanzmarktbezogener Teil der Kommunikationspolitik eines Unternehmens siehe Link, AG 1994, 364, 365.

Schaaf

3

A. Einleitung

der diesjährigen Hauptversammlung einer Großbank zeigt, zum Run auf ausgelagerte Geschenke. Sicherlich ein Extremfall ist eine Absaugvorrichtung für Suppen. Bedenklich ist jedoch die festzustellende Ausweitung der Praxis,9) eine zusätzliche Naturaldividende mitzunehmen. Der Vesperle Kalender der Schwäbischen Bank und weitere Naturaldividendenführer zeigen das Interesse der Aktionäre an einer zusätzlichen Naturaldividende. III.

Rechtsstellung und Kompetenzen der Hauptversammlung

1.

Rechtsstellung der Hauptversammlung

11 Aufgrund der nach den aktienrechtlichen Regelungen begründeten Kompetenzverteilung und der Beschlusskompetenz der Hauptversammlung wurde die Hauptversammlung früher oft als „oberstes Organ der Gesellschaft“10) bezeichnet. Auch wenn die Organqualität außer Zweifel steht,11) stellt das eine gewisse Überbewertung dar, da die Aktiengesellschaft gerade keine hierarchische Organverfassung hat.12) Hauptversammlung, Vorstand und Aufsichtsrat haben nach der Konzeption des Aktiengesetzes jeder für sich einen eigenen autonomen Zuständigkeitsbereich. Kennzeichnend für dieses Kompetenzgefüge ist die vom Gesetz gewollte und zwingend vorgeschriebene (§ 23 Abs. 5) Machtbalance zwischen Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung.13) Richtig ist jedoch, dass innerhalb dieses „Dreiecksverhältnisses“ die Hauptversammlung für alle Grundlagenentscheidungen der Gesellschaft zuständig ist und ihr damit naturgemäß eine große Bedeutung zukommt. 2.

Gesetzliche und satzungsmäßige Zuständigkeit der Hauptversammlung

12 Nach § 119 Abs. 1 beschließt die Hauptversammlung in den im Gesetz und in der Satzung ausdrücklich bestimmten Fällen. Dabei handelt es sich bei den in § 119 Abs. 1 aufgeführten Zuständigkeiten um eine beispielhafte Aufzählung von an anderen Stellen im Gesetz begründeten Zuständigkeiten.14) Verschiedene, besonders wichtige Zuständigkeiten sind in § 119 Abs. 1 aufgezählt, wobei diese üblicherweise in regelmäßig wiederkehrende oder laufende Maßnahmen und in Strukturmaßnahmen oder Grundlagenzuständigkeiten eingeteilt werden.15) ___________ 9) Weitere Beispiele bei Steiner, Hauptversammlung, S. 5. 10) Bis zum Erlass des Aktiengesetzes von 1937 siehe auch ROHG, Urt. v. 13.9.1873 – Rep 530/73, ROHG 11, 118, 129; RG, Urt. v. 18.2.1899 – Rep I 363/89, RGZ 43, 283, 290; RG, Urt. v. 24.4.1900 – Rep VIa 456/99, RGZ 46, 60, 65; MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 34 Rz. 2; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 119 Rz. 2. 11) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 118 Rz. 124; Kubis, in: MünchKomm-AktG, Rz. 8 ff. 12) BVerfG, NJW 2000 349, 350; Hüffer/Koch, AktG, § 118 Rz. 4. 13) Hüffer/Koch, AktG, § 118 Rz. 4. 14) Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 119 Rz. 7. 15) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 118 Rz. 13 ff.; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 16 Rz. 2 ff.; Grunewald, AG 1990, 133.

4

Schaaf

III. Rechtsstellung und Kompetenzen der Hauptversammlung

Zu den regelmäßig wiederkehrenden oder laufenden Maßnahmen gehören die 13 in § 119 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 dargestellten Maßnahmen. a)

Regelmäßig wiederkehrende oder laufende Maßnahmen

Zu nennen sind: x x x x x

14

Mitglieder des Aufsichtsrats, soweit sie nicht zu entsenden oder aufgrund des Mitbestimmungsgesetzes zu wählen sind. Verwendung des Bilanzgewinns. Entlastung der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats (§ 120). Bestellung des Abschlussprüfers (§ 318 Abs. 1 HGB) mit Ausnahme von Versicherungsunternehmen (s. § 341 Abs. 2 Satz 1 HGB). Wahl des Konzernabschlussprüfers durch Hauptversammlung des Mutterunternehmens (§ 318 Abs. 1 Satz 1 HGB).

Außerdem:

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x

Verzicht und Vergleich über Ersatzansprüche (§§ 50, 93 Abs. 4, 116).

x

Widerruf durch Vertrauensentzug der Hauptversammlung (§ 84 Abs. 3).

x

Zustimmung zu Geschäften in den Fällen des § 111 Abs. 4.

x

Entscheidung über Geltendmachung von Ersatzansprüchen (§ 147).

x

Verwendung des Ertrags aufgrund höherer Bewertung nach Sonderprüfung (§ 261 Abs. 3 Satz 2).

x

Bestellung anderer Abwickler als der Vorstandsmitglieder (§ 265 Abs. 2) und Abberufung von Abwicklern (§ 265 Abs. 5).

b)

Strukturmaßnahmen

In diese Gruppe fallen die in § 119 Abs. 1 Nr. 5, 6 und 8 dargestellten Maß- 16 nahmen wie Satzungsänderung (§ 179) sowohl materieller als auch formeller Satzungsbestandteile.16) Kapitalbeschaffung gemäß §§ 182 Abs. 1 Satz 1, 192 Abs. 1, 202 Abs. 2 Satz 2, 207 Abs. 1, 221 Abs. 1 und der Kapitalherabsetzung gemäß §§ 222 Abs. 1, 229 Abs. 1, 237 Abs. 2 sowie die Auflösung der AG gemäß § 262 Abs. 1 Nr. 2. Außerhalb des Katalogs des § 119 Abs. 1 sind im Aktiengesetz und anderen 17 Gesetzen weitere Zuständigkeiten der Hauptversammlung betreffend Strukturmaßnahmen geregelt. Diese sind z. B.:

18

Zustimmung zum Abschluss und zur Änderung von Unternehmensverträgen gemäß §§ 293 Abs. 1 und 2 sowie 295 Abs. 1. ___________ x

16) Streitig: Meinungsstand siehe Hüffer/Koch, AktG, § 179 Rz. 5 f.

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A. Einleitung

x

Eingliederungsmaßnahmen gemäß §§ 319, 320.

x

Squeeze-out gemäß §§ 327a ff.

x

Fortsetzung der aufgelösten Gesellschaft gemäß § 274 Abs. 1.

x

Zustimmung zu Verschmelzungen gemäß §§ 65 Abs. 1, 73 UmWG.

x

Umwandlungsbeschlüsse gemäß §§ 226 ff. UmWG.

x

Ermächtigung zum Erwerb und zur Veräußerung eigner Aktien gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8.

c)

Sonderfälle

19 Als Sonderfall werden Beschlusszuständigkeiten zusammengefasst, die nicht als regelmäßig wiederkehrende Maßnahme oder Strukturmaßnahme zu qualifizieren sind. Hierzu gehört zunächst die in § 119 Abs. 1 Nr. 7 geregelte Sonderprüfung gemäß § 142. 20 Weitere im Gesetz genannte Fälle zur Begründung einer Zuständigkeit der Hauptversammlung sind: x

Verzicht und Vergleich über Ersatzansprüche gegen Gründer und Organmitglieder (§§ 50, 93 Abs. 4, 116).

x

Zustimmung zu Nachgründungsverträgen gemäß § 52 Abs. 1.

x

Widerruf Vorstandsbestellung durch Vertrauensentzug der Hauptversammlung (§ 84 Abs. 3).

x

Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern (§ 103 Abs. 1).

x

Zustimmung zu Geschäften in den Fällen des § 111 Abs. 4 Satz 3 auf Verlangen des Vorstands noch zuvor verweigerter Aufsichtsratszustimmung.

x

Festsetzung der Vergütung für die Tätigkeit im Aufsichtsrat (§ 113 Abs. 1).17)

x

Verabschiedung einer Geschäftsordnung Hauptversammlung (§ 129 Abs. 1).

x

Entscheidung über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gemäß § 147 Abs. 1 Satz 1.

x

Bestellung von Abwicklern gemäß § 265 Abs. 2 und deren spätere Abberufung (§ 265 Abs. 5).

x

Regelung Vertretungsmacht Abwickler sonstige zuständige Stelle (§ 269 Abs. 2 und 3).

x

Feststellung der Liquidationseröffnungsbilanz, des Liquiditätsjahresabschlusses sowie Entlastung von Abwicklern und Aufsichtsratsmitgliedern (§ 270 Abs. 2 Satz 1).

___________ 17) Siehe dazu OLG Stuttgart, AG 1991, 404.

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III. Rechtsstellung und Kompetenzen der Hauptversammlung

x

d)

Votum zum Vergütungssystem nach § 120 Abs. 4 bei börsennotierten Aktiengesellschaften. Auch wenn nach § 120 Abs. 4 Satz 2 der Beschluss weder Rechte noch Pflichten der anderen Organe begründet,18) ist es gerechtfertigt, die Bildung und Erklärung des Organwillens durch die Abstimmung, insbesondere, wenn es sich um einen missbilligenden Beschluss handelt, angesichts der Publizitätswirkung als bedeutend aufzuführen. Zuständigkeit kraft Satzung

Neben den dargestellten gesetzlich begründeten Zuständigkeiten kann die Sat- 21 zung der Hauptversammlung weitere Beschlusszuständigkeiten zuweisen, wobei jedoch die zwingende Kompetenzordnung des Aktiengesetzes (§ 23 Abs. 5) zu beachten ist. Abweichungen von gesetzlichen Regelungen sind damit in der Satzung nur zulässig, soweit das Gesetz dies ausdrücklich zulässt. Außerhalb des § 119 ist im Aktiengesetz eine Vielzahl von Bestimmungen ent- 22 halten, wonach bestimmte Maßnahmen in die Kompetenz der Hauptversammlung fallen. Ohne abschließende Aufzählung19) sind beispielhaft zu nennen: x

Zustimmung zu Nachgründungsverträgen (§ 52 Abs. 1).

x

Vorbereitung von Maßnahmen, die in die Zuständigkeit der Hauptversammlung fallen (§ 83 Abs. 1).

x

Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern (§ 103 Abs. 1).

x

Feststellung des Jahresabschlusses in den Fällen von §§ 172 Abs. 1, 173, 234 Abs. 2.

x

Verschmelzung (§§ 65 Abs. 1, 73 UmwG).

x

Vermögensübertragung (§§ 176, 179, 65 UmwG).

x

Spaltung (§§ 125, 135, 65 UmwG).

x

Zustimmung zum Abschluss eines Unternehmensvertrags (§§ 293 Abs. 1, 295 Abs. 1).

Neben diesen gesetzlich begründeten Zuständigkeiten kann die Satzung der 23 Hauptversammlung weitere Beschlusszuständigkeiten zuweisen, wobei jedoch die zwingende Kompetenzordnung des Aktiengesetzes zu beachten ist. Zulässig ist z. B. eine Satzungsbestimmung, nach der nicht der Vorstand, sondern die Hauptversammlung für die Übertragung vinkulierter Namensaktien zuständig ist. Eine solche Regelung wird jedoch in der Praxis als wenig praktikabel empfunden. Eine flexible zeitnahe Umschreibung der Namensaktien kann nicht erfolgen, da die Hauptversammlung abgewartet werden muss. ___________ 18) Hüffer/Koch, AktG, § 120 Rz. 20. 19) Eine vollständige Aufzählung siehe bei MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 34 Rz. 8; Steiner, Hauptversammlung, S. 34 ff.

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A. Einleitung

e)

Hauptversammlungszuständigkeit in Fragen der Geschäftsführung

24 Nach § 119 Abs. 2 hat die Hauptversammlung in Fragen der Geschäftsführung grundsätzlich keine Zuständigkeit. Verlangt jedoch der Vorstand eine Entscheidung der Hauptversammlung über eine Geschäftsführungsangelegenheit, so ist eine solche zulässig. Nur der Vorstand, nicht jedoch ein einzelnes Vorstandsmitglied oder der Aufsichtsrat, kann eine solche Beschlussfassung verlangen. Über die Vorlage entscheidet er nach seinem eigenverantwortlichen Ermessen.20) 25 Grundsätzlich kann jede Geschäftsführungsmaßnahme der Hauptversammlung vorgelegt werden. Eine Bagatellgrenze, „die eine gewisse strategische, finanzielle oder sonstige Bedeutung des Vorlagegegenstands für die Gesellschaft erfordert“, existiert nicht.21) Auch das alleinige Streben nach Haftungsfreistellung des Vorstands durch einen entsprechenden Beschluss der Hauptversammlung steht der Vorlage nicht entgegen.22) Die Ermessensentscheidung des Vorstands darf jedoch nicht missbräuchlich sein. Dies ist z. B. bei einer vollständigen Verlagerung der Geschäftsführungsbefugnisse auf die Hauptversammlung zugunsten eines Großaktionärs der Fall.23) 26 Die Entscheidung des Vorstands als Kollegialorgan erfolgt mit einfacher Stimmenmehrheit des § 131 Abs. 1, soweit die Satzung keine erhöhten Anforderungen bestimmt. Das Verlangen des Vorstands auf Entscheidung der Hauptversammlung beinhaltet auch die Verpflichtung, dieser die Information zu geben, die sie für eine sachgerechte Willensbildung braucht. Dies gilt auch dann, wenn keine Rechtspflicht zu ihrer Befassung besteht.24) 3.

Ungeschriebene Zuständigkeiten der Hauptversammlung

27 Seit dem „Holzmüller“-Urteil des Bundesgerichtshofs25) sind darüber hinaus weitere ungeschriebene Zuständigkeiten der Hauptversammlung zu beachten. Nach dieser Entscheidung muss der Vorstand bei Ausgliederungen, die eigentlich in seine Geschäftsführungsbefugnis fallen, die Zustimmung der Hauptversammlung einholen, wenn es sich um so bedeutsame Vorgänge handelt, dass der Vorstand vernünftigerweise nicht annehmen kann, er dürfe sie in ausschließlich eigener Verantwortung treffen.26) Der BGH-Entscheidung lag der ___________ Hüffer/Koch, AktG, § 119 Rz. 13. Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 22; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 119 Rz. 47. Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 119 Rz. 47. MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 34 Rz. 9, Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 119 Rz. 47, Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 22. 24) BGH, Urt. v. 15.1.2001 – II ZR 124/99; BGHZ 146 288, 294; ZIP 2001, 235; OLG Dresden v. 23.4.2003 – 18 U 1976/02, AG 2003, 433, 434 resp. OLG Frankfurt v. 23.3.1999 – 5 U 193/07, ZIP 1999, 842. 25) BGH, Urt. v. 25.2.1982 – II ZR 174/80; BGHZ 83, 122, 131; ZIP 1982, 568, 571. 26) BGH, ZIP 1982, 568, 571. 20) 21) 22) 23)

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III. Rechtsstellung und Kompetenzen der Hauptversammlung

Fall einer Ausgliederung auf eine 100 %ige Tochtergesellschaft zugrunde. Im Rahmen einer Sachgründung wurde der Seehafenbetrieb, der sich wertmäßig auf ca. 80 % des Gesamtwerts des Unternehmens belief, in eine 100 %ige Tochtergesellschaft eingebracht. Mit dem sog. „Gelatine“-Urteil hat der Bundesgerichtshof27) die „Holzmüller- 28 Doktrin“ präzisiert, was im Schrifttum28) weitgehend Zustimmung gefunden hat. Bestätigt wurde vom Bundesgerichtshof, dass eine ungeschriebene Kompetenz der Hauptversammlung dann gegeben sein könnte, wenn eine Umstrukturierung „an die Kernkompetenz der Hauptversammlung, über die Verfassung der Aktiengesellschaft zu bestimmen, rührt, weil sie Veränderungen nach sich zieht, die denjenigen zumindest nahe kommt, welche allein durch eine Satzungsänderung herbeigeführt werden können. Betont wird der Schutzzweck der ungeschriebenen Zuständigkeit der Hauptversammlung, Schutz vor zwangsläufiger Mediatisierung des Einflusses der Aktionäre durch Ausgliederung auf Tochtergesellschaften und Schutz der Anteilseigner vor einer nachhaltigen Schwächung ihrer Beteiligungen.29) Klargestellt wurde, dass die in der herrschenden Lehre30) diskutierte Wesent- 29 lichkeitsgrenze für das Eingreifen der Holzmüller-Grundsätze von 10 %, 20 % oder 25 % des Vermögens oder Umsatzes nicht eingreifen. Auch ein Schwellenwert von 50 % des Gesellschaftsvermögens ist zurückzuweisen.31) Die Annahme einer ungeschriebenen Kompetenz der Hauptversammlung kann 30 nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nur in engen Grenzen erfolgen. Verlangt werden Auswirkungen, die „einem Zustand nahezu entsprechen, der allein durch Satzungsänderung herbeigeführt werden kann“.32) In der Praxis wird daher von einem Schwellenwert in der Größenordnung von 31 70 – 80 % des Gesellschaftsvermögens auszugehen sein, wobei die Grenze nicht exakt bestimmbar ist.33) Ausdrücklich abgelehnt hat der Bundesgerichtshof die Erstellung eines Katalogs von zustimmungspflichtigen Geschäftsführungsmaßnahmen. Es bedarf deshalb der einzelfallbezogenen Prüfung einer Zu___________ 27) BGH, Urt. v. 26.4.2004 – II 2R 155 102; BGHZ 159, 30, 43. 28) Adolff, ZHR 169 (2005) 310, 319; Arnold, ZIP 2005, 1573, Fleischer, NJW 2004, 2335, 2336; Fuhrmann, AG 2004, 339, 341; Götze, NZG 2004, 585, 588. 29) Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 119 Rz. 28. 30) Hirte, Bezugsrechtsausschluß und Konzernbildung, S. 180: 25 % des Vermögens, berechnet nach den steuerlichen Teilwerten; Lutter, in: Festschrift Stimpel, S. 825, 850 f., geht im Allgemeinen von 20 – 25 % der Aktivseite der Bilanz aus, jedoch keinesfalls unter 10 % der Bilanzsumme; Geßler, in: Festschrift Stimpel, S. 771, 787: 10 % des Eigenkapitals; Lutter/ Leinekugel, ZIP 1998, 225, 232. 31) OLG Stuttgart, Urt. v. 14.5.2003 – 20 U 31/02; (62 % des Umsatzes). 32) BGH, Urt. v. 26.4.2004 – II ZR 155/02, BGHZ 159, 30, 43. 33) Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 119, Rz. 31, welcher von einer Indizwirkung spricht.

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A. Einleitung

ständigkeit der Hauptversammlung. Dies scheidet z. B. im Regelfall bei Unternehmenskäufen34) oder Erwerb von Beteiligungen35) aus. 32 Vom Bundesgerichtshof offen gelassen wurde, auf welche Kennzahl (z. B. Eigenkapital, Bilanzsumme) abzustellen ist. 33 Weiterhin hat der Bundesgerichtshof für die Erteilung der Zustimmung neben der einfachen Stimmenmehrheit des § 133 Abs. 1 eine Dreiviertel-Mehrheit des vertretenen Grundkapitals angenommen.36) 34 Die entsprechende informatorische Vorbereitung und Begleitung eines Zustimmungsbeschlusses ist noch nicht abschließend geklärt. 35 Eine erweiterte Bekanntmachungspflicht wird analog § 124 Absatz 2 Satz 237) anzunehmen sein. Dagegen wird in Rechtsprechung und Literatur38) das Vorliegen einer Berichtspflicht kontrovers diskutiert. Eine solche Pflicht des Vorstands zur schriftlichen Entfaltung eines sog. Holzmüller-Berichts ist abzulehnen, da die Maßnahme allenfalls satzungsnahen Charakter hat und § 179 selbst für Satzungsänderungen keine Berichtspflicht begründet. Reine Praktikabilitätsüberlegungen sprechen jedoch dafür, der Hauptversammlung zu berichten. Bezüglich Auslegen von Verträgen ist auf die Verneinung einer gesamtanalogen Anwendung der §§ 179a Abs. 2, 293f Abs. 1 Nr. 1, 293 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Nr. 1 UmwG abzustellen.39) 36 Nachdem mit Inkrafttreten des Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes die Generalklausel des § 39 Abs. 2 Satz 2 BörsG konkretisiert wurde, wurde deutlich gemacht, dass für gesellschaftsrechtliche Schutzinstrumente namentlich des Hauptversammlungserfordernisses kein Raum bleibt. 37 Die im Zuge der Macroton-Entscheidung40) eingeführten Grundsätze, dass der Vorstand nicht eigenverantwortlich einen Antrag auf Zulassung stellen durfte, sondern die Zustimmung der Hauptversammlung einholen musste, entfallen damit.

___________ 34) Siehe BGH, NZG 2007, 234, OLG Stuttgart, NZG 2007, 234. 35) OLG Frankfurt/Main, AG 2008, 862. 36) Für einfache Stimmenmehrheit OLG Karlsruhe, Urt. v. 12.3.2002 – 8 U 295/00, AG 2003, 388, 389 f.; Hüffer, in: Festschrift Ulmer 2003, S. 279, 298. 37) BGH, Urt. v. 15.1.2001 – II ZR 124/99; BGHZ 146, 288, ZIP 2001, 416. 38) Für eine Annahme: OLG Frankfurt, AG 1999, 3788; LG Frankfurt, NZG 1998, 113, 115; LG Karlsruhe, NZG 1998 393, 395 f.; MünchGesR-Krieger, AG, § 69 Rz. 14; ablehnend: LG Hamburg, AG 1997 238, Hüffer, in: Festschrift Ulmer 2003, S. 279, 30; Priester, ZHR 163 (1999) 187, 201 f. 39) BGH, Urt. v. 15.1.2001 – II ZR 124/99; BGHZ 146, 288, ZIP 2001, 416. 40) BGHZ 153 47, 56 ff.; Hüffer/Koch, AktG, § 119 Rz. 31 ff.

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B. Organisatorische Vorbereitung der Hauptversammlung Schaaf

Aufsatzliteratur: Fassbender, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft aus notarieller Sicht, RNotZ 2009, 425; Reul, Die notarielle Beurkundung der Hauptversammlung AG 2002, 543; Wilhelmi, Der Notar in der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, BB 1987, 1331; Schaumann, Countdown für die Namensaktie, HV Magazin Februar 2010, S. 40 f.

I.

Vorbemerkung

Der tatsächliche organisatorische Aufwand für die Vorbereitung einer Publi- 38 kumshauptversammlung ist auch nach Umsetzung der ARUG-Novellierung immens. Zutreffend geht die Praxis davon aus, dass mit Ablauf der Hauptversammlung die Vorbereitung der nächsten Hauptversammlung beginnt. Angesichts der erforderlichen längerfristigen Zeitplanung, der logistischen Problemstellungen, der zu beachtenden rechtlichen Rahmenbedingungen und der zu treffenden Risikovorsorge, z. B. bei außerordentlichen Gefahrenlagen, ist eine Vielzahl von fachübergreifenden Themen und Problemen zu behandeln und zu lösen. In der Praxis wird man sich dazu meist eines den organisatorischen Besonderheiten des Unternehmens Rechnung tragenden und speziell an den Belangen der Hauptversammlung ausgerichteten Organisationsschemas bedienen. Dieses wird nachfolgend beispielhaft dargestellt. II.

Bestimmung der Koordinatoren und Teilbereichsverantwortlichen sowie Bildung und Aufgabenverteilung der Projektgruppe Hauptversammlung

Am Anfang der Vorbereitung einer Hauptversammlung, in die unterschiedliche 39 Bereiche des Unternehmens eingebunden sind, sollte die Festlegung der Koordinatoren stehen. Diese übernehmen die organisatorische Leitung der zu tätigenden Vorbereitungshandlungen und haben die Entscheidungskompetenz in strittigen Fragen. Ihnen obliegt es, Vorstand und Sitzungsleiter über alle wesentlichen Maßnah- 40 men zu unterrichten, Gefahren und Risiken aufzuzeigen und Grundsatzentscheidungen – nach Abstimmung mit dem Vorstand – zu treffen. Die Koordinatoren arbeiten eng mit den einzelnen Teilbereichsverantwortlichen zusammen. Sie stimmen die Arbeiten der Teilbereiche aufeinander ab und sind unterstützend und beratend tätig. In regelmäßigen Abständen berufen sie die sog. „Projektgruppe“ ein. Diese 41 setzt sich aus den Verantwortlichen der einzelnen Teilbereiche (Recht, Presse, Back Office, Aktienregisterverwaltung, Vorstandsbüro, Werbung, Bilanzbüro usw.) zusammen. In gemeinsamen Sitzungen aller Beteiligten sowie in Sitzungen und Gesprächen einzelner Bereiche werden die durchzuführenden Aufgaben verteilt sowie eventuelle Zuständigkeitsfragen erörtert und geklärt. Die KoorSchaaf

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B. Organisatorische Vorbereitung der Hauptversammlung

dinatoren sind laufend über den Fortgang der Vorbereitungsarbeiten zu unterrichten, damit diese ggf. den Vorstand informieren können. III.

Erstellung des Ablaufplans der Hauptversammlung

42 Die vielfältigen, oft zeitgleich zu bewältigenden Aufgabenstellungen lassen es sinnvoll erscheinen, eine Ablaufplanung zu erstellen. Damit wird eine Übersichtlichkeit der zu erledigenden Tätigkeiten und der zuständigen Stellen sichergestellt. Außerdem ist es den Koordinatoren möglich, anhand des Ablaufplans den Fortgang der Vorbereitungsmaßnahmen zeitnah zu beurteilen, wenn sichergestellt ist, dass die Erledigung jeder Maßnahme sofort angezeigt wird. Der Ablaufplan sollte zumindest mittelfristig angelegt sein. Unter Berücksichtigung eventueller Änderungen und Verbesserungen sollte er fortgeschrieben werden und alle im Rahmen der Vorbereitung der aktuellen Hauptversammlung zu tätigenden Maßnahmen enthalten. 43 Der diesem Buch beigefügte Fristen- und Aktivitätenplan1) wurde unter Beachtung der rechtlichen, organisatorischen und administrativen Notwendigkeiten erstellt und berücksichtigt insbesondere die Detailplanung der Teilbereichsverantwortlichen. Nicht enthalten ist dagegen die Personalplanung. Aufgrund des großen Personalbedarfs für die Durchführung einer Hauptversammlung dürfte es nicht nur sinnvoll, sondern sogar notwendig sein, einen Einsatzplan für die einzusetzenden Mitarbeiter zu erstellen. Dies sollte angesichts der zum Teil frühen Urlaubsplanung einiger Mitarbeiter beizeiten erfolgen. IV.

Teilbereiche und ihre Aufgaben im Vorbereitungsstadium

44 Die nachfolgende Darstellung soll eine Übersicht über einzelne Teilbereiche und ihre Aufgabenstellung geben. Dabei liegt der Schwerpunkt im Aufzeigen des Tätigkeitsgebiets anhand der Beschreibung einzelner Zuständigkeiten und ev. Probleme, die in der Praxis auftauchen können. 1.

Vorstand/Koordinatoren

45 Neben den schon angesprochenen Aufgabengebieten obliegt es insbesondere dem Vorstand, ggf. in Zusammenarbeit mit den Koordinatoren, den Kontakt zu den Schutzgemeinschaften sowie zu bedeutenden Aktionären und Aktionärsgruppen aufrechtzuerhalten. 46 So vereinfacht es die Vorbereitung der Hauptversammlung, wenn die Schutzgemeinschaften, meist in einem persönlichen Gespräch, vorab2) über die Geschäftsentwicklung und die Gegenstände der Tagesordnung informiert werden. Dies ermöglicht es, schon im Vorfeld Fragestellungen zu erörtern und zu klären ___________ 1) Muster einer Checkliste bei Steiner, Hauptversammlung, S. 212 ff. 2) Voraussetzung ist, dass sich diese Gespräche im rechtlich zulässigen Rahmen bewegen.

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IV. Teilbereiche und ihre Aufgaben im Vorbereitungsstadium

sowie Vorbereitungen einzuleiten, um eventuelle Auskunftsverlangen der Schutzgemeinschaften in angemessener Zeit klären und beantworten zu können. In der Praxis ist es durchaus üblich, dass die Schutzgemeinschaften den Gesell- 47 schaften ein bis zwei Tage vor der Hauptversammlung ihren Fragenkatalog zukommen lassen, um so Zeitverzögerungen bei der Beantwortung zu vermeiden. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass, soweit an Schutzgemeinschaften und sonstige Dritte Informationen weitergegeben werden, es der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet, diese auf Verlangen auch Aktionären oder Aktionärsvertretern mitzuteilen. Vorbereitungshandlungen bezüglich eventuell anstehender Berichtspflichten und 48 Mitteilungspflichten des Vorstands sind ebenso zu beachten wie die Sicherstellung des Auskunftsrechts der Aktionäre in der Hauptversammlung durch Beantwortung seitens des Vorstands und ihre Abgrenzung innerhalb des Vorstandskollegiums. 2.

Rechtsabteilung

Eine Vielzahl von Aufgabenstellungen obliegt dem Rechtsbereich. Neben der 49 juristischen Betreuung und Beratung der einzelnen Teilbereiche hat dieser Bereich insbesondere zu gewährleisten: x x x x

Die ordnungsgemäße Erstellung der Einberufung und der Aktionärsmitteilungen. Die Beachtung der aktienrechtlichen Fristen, wie z. B. der Einberufungsfrist. Die Unterstützung des Sitzungsleiters bezüglich eventuell auftretender Fragestellungen. Die Unterstützung des Vorstands in Bezug auf Auskunftserteilungspflichten.

Fragen zur Legitimation der Aktionäre, zum Teilnahmerecht wie zur Behandlung 50 von Anträgen gehören ebenso zum Aufgabengebiet wie Probleme in Zusammenhang mit der Versammlungsleitung. Eine Vielzahl dieser Fragestellungen bedarf aber meist nur der einmaligen grundsätzlichen Klärung, so z. B. das Teilnahmerecht oder die Vorbereitung auf durchaus mögliche Änderungen des Ablaufs der Hauptversammlung, beispielsweise bei einem Antrag auf Einzelentlastung. 3.

Aktienregisterverwaltung3)

Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrichtlinie (ARUG) 51 ist bei Namensaktien eine Reihe von Vorbereitungshandlungen im Rahmen der Hauptversammlung erleichtert worden.4) Insbesondere bei Namensaktien bedient sich die Gesellschaft für bestimmte Aufgabenstellungen, wie z. B. direkter Dialog ___________ 3) Mit Inkrafttreten des NaStraG am 25.1.2001 verwendet das AktG in § 67 den Begriff Aktienregister anstelle von Aktienbuchverwaltung. 4) Siehe dazu Schaumann, HV Magazin Februar 2010, S. 40 f.

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B. Organisatorische Vorbereitung der Hauptversammlung

zwischen Aktionär und Gesellschaft, vereinfachter Einladungsprozesse direkt ohne Depotbanken und Online-Verschickung der Aktienregisterverwaltung. 4.

Zentrale Dienstleistungen

52 Von der Anmietung der Hauptversammlungsräume, die in der Regel auf Jahre im Voraus zu erfolgen hat, bis zur Ausgestaltung der Räume, der Gewährleistung der Bewirtung und der Wahrnehmung von sonstigen Service- und Dienstleistungstätigkeiten, ist der Bereich Dienstleistungen zuständig. 53 Dabei sollte die Bedeutung dieser Dienstleistungen nicht unterschätzt werden. Für eine Anzahl von Aktionären steht nicht so sehr der Unternehmenserfolg im Vordergrund, sondern vielmehr die Frage, welche Speisenfolge gereicht wird und welche Naturaldividenden erhältlich sind. Gibt es dann anstatt leckerem Allerlei nur noch Bockwurst und Brot, kommt schnell eine negative Grundstimmung auf, die nicht gerade dem Fortgang der Hauptversammlung dienlich ist. Die Frage der Bewirtung sollte deshalb bei Hauptversammlungsneulingen grundsätzlich vorab und längerfristig geklärt werden. Sind Aktionäre erst einmal an ein hohes Niveau der gereichten Speisen gewöhnt, ist es nicht mehr einfach, dieses in den nächsten Hauptversammlungen einzuschränken. Aber auch sog. Kleinigkeiten, wie z. B. Parkplatzangebot, können große Auswirkungen haben. Fehlt es z. B. an Parkplätzen oder werden auf als Hauptversammlungsparkplätze ausgewiesenen Flächen parkende Pkw trotzdem mit Strafen für falsches Parken belegt, führt auch dies zu vermeidbaren Verärgerungen. 54 Ferner ist stets zu berücksichtigen, dass eine sehr aufwendige Bewirtung und teure Werbegeschenke einen Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr darstellen und nicht zulässig sind. Dagegen ist eine Bewirtung im angemessenen Umfang ebenso wenig eine verdeckte Gewinnausschüttung wie die Vergabe von kleineren „Give-aways“. Bei der Bestimmung des angemessenen Rahmens sollte sich die Gesellschaft im Zweifelsfall an der Sichtweise der Finanzverwaltung orientieren, um einen Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr auszuschließen.5) ___________ 5) Die Finanzverwaltung erkennt einen Abzug der Ausgaben steuerlich als Betriebsausgaben an, wenn sich die Bewirtung in der Hauptversammlung in angemessenem Rahmen hält (vgl. BMFErlass v. 19.8.1957, BB 1957, 882). Dies wurde zunächst bei Bewirtungskosten bis zu 25 DM pro Aktionär angenommen (BMF-Schreiben v. 28.9.1984, BStBl. I 1984, 591). Aufwendungen für Geschenke sind nach den Regelungen des Einkommensteuergesetztes (§ 4 Abs. 5, Nr. 1 EStG) steuerlich abzugsfähig, wenn die Anschaffungskosten/Herstellungskosten 35 € nicht übersteigen. Diese Freigrenze gilt pro Empfänger und pro Jahr. Voraussetzung ist weiterhin, dass jeweils ein Empfängernachweis geführt und dokumentiert wird. Um die steuerliche Erfassung beim Empfänger zu gewährleisten, kann seit dem Jahr 2007 die Sachzuwendung (= Wert des Geschenkes) gemäß § 37b EStG mit dem Pauschalsteuersatz von 30 % zzgl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer abgegolten werden. Die Empfänger sind von der Übernahme der Steuer durch das Unternehmen (= dem Schenker) zu unterrichten. Die Finanzverwaltung legt jedoch bei Aktionären wesentlich engere Maßstäbe an. Geschenke an Aktionäre werden als verdeckte Gewinnausschüttung angesehen, da die AG keinen Anlass habe, gegenüber ihren Anteilseignern Werbung zu betreiben. Als zulässig werden allenfalls geringwertige Geschenke eingestuft.

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IV. Teilbereiche und ihre Aufgaben im Vorbereitungsstadium

Sehr oft sind auf Hauptversammlungen auch zusätzlich Serviceleistungen der 55 Gesellschaft anzutreffen. So wird häufig an einem Informationsstand den Aktionären Auskunft erteilt, z. B. über Verkehrsverbindungen, Informationsmaterial ausgehändigt, es werden Teilnahmebescheinigungen (Steuer) ausgestellt und sonstige Hilfestellungen geleistet.6) Kooperationspartner und verbundene Unternehmen sind auch oft mit Informationsständen über ihr Unternehmen anzutreffen. 5.

Presse und Öffentlichkeit

Zu den wesentlichen Aufgaben dieses Bereichs gehört die Information der Presse 56 durch Fertigung und Bereitstellung geeigneter Unterlagen, die Einladung von Pressevertretern und Gästen, die Betreuung der Pressevertreter während der Hauptversammlung sowie die Darstellung der Hauptversammlung in der Mitarbeiterzeitung. Vorzubereiten sind Pressemappen und sonstiges Informationsmaterial sowie 57 ein eigener Presseraum, der die gebräuchlichen Telekommunikationsmittel enthalten sollte. 6.

EDV-Unterstützung

Die Durchführung einer Publikumshauptversammlung ist heute ohne EDV- 58 Unterstützung kaum noch denkbar. Über die EDV sind wesentliche, aktienrechtlich erforderliche Maßnahmen abzuwickeln. So bedarf es bei Namensaktien eines Verwaltungsprogramms zur Erledigung der notwendigen Verwaltungsarbeiten, wie z. B. das Führen eines Aktienbuchs und damit zusammenhängende Tätigkeiten, wie Umschreibung von Aktien. Aber auch gewisse Vorbereitungs- und Durchführungsmaßnahmen sind ohne EDV-Unterstützung nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Personal- und Kostenaufwand durchführbar. Notwendig ist z. B. die Erstellung und der Ausdruck der an die Aktionäre zu 59 versendenden Einladungsschreiben, die Erfassung der danach eingehenden Anmeldungen zur Hauptversammlung nebst aktueller Übersichterstellung über den Stand der Anmeldungen sowie der Versand von Eintrittskarte nebst Stimmkarte, Parkberechtigungsschein, Lageskizze usw. an die angemeldeten Aktionäre. Während der Hauptversammlung sind die erschienenen Aktionäre zu erfassen 60 und in ein Teilnehmerverzeichnis aufzunehmen, welches in seiner ersten Fassung vor der ersten Abstimmung vorliegen muss. Veränderungen der Präsenz sind zu registrieren und in Nachträgen zum Teilnehmerverzeichnis zu verarbeiten. ___________ 6) Der Informationsstand sollte in den Versammlungsbereich einbezogen sein, um ständige Änderungen der Präsenz zu vermeiden.

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B. Organisatorische Vorbereitung der Hauptversammlung

61 Wird schriftlich über Stimmkarten im Subtraktionsverfahren abgestimmt, sind die abgegebenen Stimmkarten von der EDV auszuwerten und das Abstimmungsergebnis dem Versammlungsleiter und dem Notar nach jeder Abstimmung umgehend zuzuleiten. Programm und Bestandsdatenpflege sind weitere zu tätigende Maßnahmen. 62 Welcher Hard- und Software man sich zur Durchführung der erforderlichen Maßnahmen bedient, wird weitgehend von den unternehmensspezifischen Besonderheiten, wie z. B. dem bestehenden EDV-System, dem vorhandenen Knowhow, den Entwicklungskosten und der Unternehmenspolitik im EDV-Bereich abhängig sein. In der Praxis ist jedenfalls feststellbar, dass es eine Reihe von Anbietern mit unterschiedlich komfortablen Lösungen gibt. 63 Soweit nach § 118 Abs. 1 Satz 2 die Satzung vorsieht oder den Vorstand dazu ermächtigt, dass Aktionäre auch ohne Anwesenheit am Versammlungsort und ohne einen Bevollmächtigten teilnehmen können, sind für die Ausübung sämtlicher oder einzelner Rechte seitens der Aktionäre im Wege der elektronischen Kommunikation umfangreiche Vorkehrungen zu gewährleisten. 7.

Technik und Sicherheit

64 Für den reibungslosen Ablauf der Hauptversammlung ist es notwendig, ein Funktionieren der installierten technischen Geräte zu garantieren. Dies beginnt bei den eingesetzten Telekommunikationsmitteln und setzt sich etwa in der technischen Ausstattung der Funktionsräume und des Versammlungssaals fort. Das fehlerfreie Funktionieren der Geräte, wie Beleuchtung, Videoübertragung, Telekommunikation usw. sollte vor Beginn der Hauptversammlung in einer Technikprobe überprüft werden. 65 Abhängig vom Sicherheitsstandard des Unternehmens und insbesondere von den Risiken, nicht zuletzt auch von den Wünschen und Vorstellungen besonders gefährdeter Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder sind verschiedene Sicherheitsmaßnahmen zu treffen. Dies fängt bei der Bewachung der Hauptversammlungsräumlichkeiten an und geht über in Personen- und Gepäckkontrolle, Personenschutz für Vorstand und Aufsichtsrat und kann zu weiteren Sicherheitsmaßnahmen führen, die hier nicht im Einzelnen erläutert werden brauchen.7) 8.

Sonstiges

66 Eine Reihe von weiteren Bereichen ist in die Vorbereitungsarbeiten eingebunden. Notwendig sind z. B. sämtliche im Rahmen der Bilanzerstellung zu tätigenden Arbeiten, wie Gestaltung und Druck der verwendeten Formulare, Werbekon-

___________ 7) Siehe dazu Schaumann, HV Magazin Februar 2010, 44 f.

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V. Aufgabenstellung des Notars

zeption, Errichtung und Betreuung von Werbeständen auf der Hauptversammlung sowie eine Vielzahl von weiteren Tätigkeiten.8) V.

Aufgabenstellung des Notars

Die wesentliche Aufgabe des Notars während der Hauptversammlung liegt in 67 der Beurkundung der nach § 130 Abs. 1 beurkundungspflichtigen Vorgänge, die in einer notariell aufgenommenen Niederschrift zu beurkunden sind.9) Darüber hinaus hat der Notar grundsätzlich keine Beratungspflicht und auch 68 keine umfassende Prüfungs-, Belehrungs- und Einwirkungspflicht.10) Solche Verpflichtungen ergeben sich nach allgemeiner Meinung11) weder aus § 130 noch aus § 17 BeurkG. Jedoch ist unter Berücksichtigung seiner Amtsstellung und aus dem die Wahrung der gesetzlichen Anforderungen umfassenden Regelungszweck zu folgern, dass der Notar über evidente Rechtsverstöße nicht hinweggehen darf.12) Im Schrifttum besteht Einvernehmen, dass der Notar keine Pflicht hat, nach Mängeln der Hauptversammlung zu „forschen“.13) Dem Notar obliegt keine Verpflichtung zur Überwachung des Abstimmungsverfahrens. Es ist ausreichend, wenn er in seiner Niederschrift das ihm vom Versammlungsleiter mitgeteilte Abstimmungsergebnis festhält.14) Eine Ermittlung des Abstimmungsergebnisses durch den Notar oder der protokollarisch nachvollziehbaren Überprüfung durch den Notar ist insoweit nicht erforderlich.15) Lediglich wenn der Notar auf Fehler oder Regelwidrigkeiten aufmerksam wird, führt dies zur Verpflichtung einer aktiven Wahrnehmung seiner Überwachungs- und Einwirkungspflichten.16) Der Notar hat ferner zu beachten, dass das Abstimmungsergebnis ordnungsgemäß verkündet und das Ergebnis der Abstimmung festgestellt wird. Die in § 17 BeurkG geregelten umfassenden Prüfungs-, Belehrungs- und Einwirkungspflichten finden dagegen Anwendung, wenn der Notar an Form und Inhalt der Hauptversammlungsbeschlüsse mitwirkt. In diesem Fall handelt es sich neben der Beurkundung um ein besonderes Notariatsgeschäft mit der Folge, dass die Pflichten des § 17 BeurkG Anwendung finden.17) ___________ 8) 9) 10) 11) 12) 13) 14) 15) 16) 17)

Siehe Anlage 1 „Fristen- und Aktivitätenplan“, S. 411 ff. Siehe Anlage 13 „Niederschrift der Hauptversammlung notariell börsennotiert“, S. 501 ff. Wilhelmi, BB 1987, 1331, 1335. Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 130 Rz. 56. Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 12; MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 40 Rz. 4; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 119 Rz. 73 f.; Fassbender, RNotZ 2009, 425 ff. Reul, AG 2002, 543, 549, Wilhelmi, BB 1987, 1331, 1335. Fassbender, RNotZ 2009, 425 ff. OLG Düsseldorf, RNotZ 2003, 328, 331 f.; Fleischhauer, RNotZ 2003, 328, 333 f.; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 130 Rz. 46. BGH, NZG 2009 342, 344; OLG Düsseldorf, RNotZ 2003, 328, 332. Steiner, Hauptversammlung, S. 172.

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B. Organisatorische Vorbereitung der Hauptversammlung

69 Generell ist beim Ablauf der Hauptversammlung darauf zu achten, dass der Notar über den Inhalt der meist von der Rechtsabteilung des Unternehmens erstellten Leitnotiz vorab informiert ist. Mit der Gesellschaft sollte der vor Beginn der Hauptversammlung erstellte erste Entwurf des Hauptversammlungsprotokolls besprochen und auf möglicherweise auftretende Probleme hingewiesen werden. Außerdem sollte die Art und Weise seines möglichen „Eingreifens“ in den Ablauf der Hauptversammlung besprochen werden. So ist es bei einigen Gesellschaften leider Übung, dass der Sitzungsleiter aus Gründen der „Klarheit“ und auch unter Zeitaspekten die Leitnotiz abkürzt. Es besteht dann die Gefahr von Gesetzesverletzung, und der Notar sollte zu deren Vermeidung auf den Versammlungsleiter einwirken. 70 Mit dem Notar sollten, soweit dies vorab möglich ist, die Sachverhalte erörtert werden, für die Prüfungs- oder Belehrungs-, Hinweis- und Einwirkungspflichten bestehen. So hat der Notar die Einberufung auf offensichtliche Mängel zu überprüfen.18) Enthält z. B. die Einberufung nicht die nach § 121 Abs. 3 aufgezählten Pflichtangaben oder fehlen die nach § 124 Abs. 3 vorgeschriebenen Vorschläge zur Beschlussfassung, so ist der Versammlungsleiter auf diese Mängel hinzuweisen. Werden gleichwohl Beschlüsse gefasst, so hat der Notar, wenn Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit der Beschlüsse eindeutig feststeht, eine Ablehnungsbefugnis.19) 71 Weiterhin hat der Notar die Ordnungsmäßigkeit der Zugangskontrolle zu überprüfen. Damit soll sichergestellt werden, dass eine Teilnahme von Unbefugten an der Hauptversammlung nicht erfolgt und eine korrekte Erfassung der Angaben für das Teilnehmerverzeichnis möglich ist. Der Notar hat ferner darauf hinzuwirken, dass die nach § 129 verlangten Angaben im Teilnehmerverzeichnis enthalten sind. Zu den Prüfungspflichten des Notars gehört ferner, ob sichergestellt ist, dass Zu- und Abgänge in Nachträgen zum Teilnehmerverzeichnis verzeichnet und unverzüglich dem Sitzungsleiter vorgelegt werden. 72 Weitere Prüfungs- und Hinwirkungspflichten sind: x

Feststellung, ob im Präsenzbereich für sämtliche Aktionäre eine Teilnahme am Hauptversammlungsablauf möglich ist.

x

Bei unklar oder fehlerhaft formulierten Beschlussanträgen sollte der Notar auf entsprechende Änderungen hinwirken.

x

Sicherstellung der Beachtung des Stimmrechtsverbots aus § 136 betreffend Vorstand und Aufsichtsrat.

___________ 18) Zimmermann, Praxis der HV, S. 130. 19) Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 15 m. w. N.

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VI. Regularien der Hauptversammlung

x

Hinweisen, dass der Versammlungsleiter keine Ordnungsmaßnahmen trifft, die nicht in seine Kompetenz fallen oder über das Maß des rechtlich Zulässigen und Gebotenen hinausgehen.

Die Frage, ob eine Verpflichtung des Notars besteht, die Stimmenauszählung und 73 die Ermittlung des Abstimmungsergebnisses zu überwachen, ist vom Bundesgerichtshof entschieden worden.20) Unter Sicherheitsaspekten ist es zum Teil bei größeren Publikumshauptver- 74 sammlungen üblich, neben dem Notar einen weiteren Notar als Vertreter zu beauftragen. Vorab sollte auch geklärt werden, inwieweit es erforderlich ist, den Verlauf der Hauptversammlung stenografisch zu erfassen, soweit z. B. ein Aktionär die Aufzeichnung seiner Ausführungen nicht gestattet. Der Notar hätte dann für geeignete Mitarbeiter, die dazu in der Lage sind, Sorge zu tragen. VI.

Regularien der Hauptversammlung

Zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen und reibungslosen Sitzungsleitung 75 erscheint es sinnvoll, mit dem Sitzungsleiter im Vorbereitungsstadium die in einer sog. „Leitnotiz“ aufzuführenden Formalien und Regularien bezüglich des Ablaufs einer Hauptversammlung festzulegen. Notwendig sind gewisse Schilderungen zum organisatorischen Ablauf der Haupt- 76 versammlung, aber vor allem die Darstellung der Regularien der Hauptversammlung, wie z. B. Ablauf der Abstimmung oder Erstellung des Teilnehmerverzeichnisses. Da in der Praxis, wie das beigefügte Muster21) verdeutlicht, eine Vielzahl von 77 formaljuristischen Angaben und Regularien erforderlich sind, dürfte es zur Gewährleistung der Vollständigkeit der zu tätigenden Ausführungen unumgänglich sein, die Leitnotiz schriftlich zu fixieren. Neben dieser Schilderung notwendiger Angaben ist in der Praxis bei einigen 78 Gesellschaften festzustellen, dass in einer Anlage zur Leitnotiz Orientierungshilfen bezüglich der Handhabung einzelner, vom üblichen Verlaufsschema einer Hauptversammlung abweichender Abläufe enthalten sind. Denkbar sind die in der Praxis häufig vorkommenden Anträge, z. B. auf Einzelentlastung Vorstand/ Aufsichtsrat, Sonderprüfung, Vertagung und Absetzung von Tagesordnungspunkten oder auf Festlegung des Abstimmungsmodus.

___________ 20) Siehe hierzu die Ausführungen in Kap. G. Rz. 1253. 21) Siehe Anlage 11 „Leitnotiz nebst Beilagen“, S. 469.

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B. Organisatorische Vorbereitung der Hauptversammlung

79 Diese Hilfestellungen sollten jedoch nicht überbewertet werden. Dem Sitzungsleiter steht im Regelfall in der Hauptversammlung gerade keine Zeit für lange Prüfungen bestimmter Problematiken zur Verfügung. Er muss schnell und flexibel die auftretenden Fragestellungen behandeln, sonst besteht die Gefahr, dass bei den Aktionären Zweifel an der Kompetenz zur Sitzungsleitung aufkommen. Jedoch können die Hilfestellungen als Vorbereitungshilfe dienen und im Einzelfall gerade bei standardisierten und häufig gestellten Begehren einen zur Beschleunigung der Hauptversammlung beitragenden Leitfaden darstellen.

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten Ruppert

Aufsatzliteratur: Baums/Keinath/Gajek, Fortschritte bei Klagen gegen Hauptversammlungsbeschlüsse? Eine empirische Studie, ZIP 2007, 1629; Baums/Drinhausen/Keinat, Anfechtungsklagen und Freigabeverfahren. Eine empirische Studie, ZIP 2011, 2329; Bayer/ Scholz/Weiß, Die Absage der Hauptversammlung durch den Vorstand im Kontext des § 122 AktG, ZIP 2014, 1; Blanke, Private Aktiengesellschaft und Deregulierung des Aktienrechts, BB 1994, 1505; Bungert/Leyendecker-Langner, Hauptversammlungen im Ausland, BB 2015, 268; Bungert/Wansleben, Umsetzung der überarbeiteten Aktionärsrechterichtlinie in das deutsche Recht: Say on Pay und Related Party Transactions, DB 2017, 1190; Drinhausen/Keinath, Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) – Überblick über die Änderungen gegenüber dem Regierungsentwurf, BB 2009, 64; dies., Auswirkungen des ARUG auf die künftige Hauptversammlungspraxis, BB 2009, 2322; Ek, Einreichung von Gegenanträgen für die Hauptversammlung bei Außenstellen von Aktiengesellschaften, NZG 2002, 664; v. Falkenhausen, Die nächste Hauptversammlung, BB 1966, 337; ders., Das Bankenstimmrecht im neuen Aktienrecht, AG 1966, 69; Florstedt, Fristen und Termine im Recht der Hauptversammlung, ZIP 2010, 761; Götze, Erteilung von Stimmrechtsvollmacht nach dem ARUG, NZG 2010, 93; Grobecker, Beachtenswertes zur Hauptversammlungssaison, NZG 2010, 165; Groß, Informations- und Auskunftsrecht des Aktionärs, AG 1997, 97; Halberkamp/ Gierke, Das Recht der Aktionäre auf Einberufung einer Hauptversammlung, NZG 2004, 494; Henssler, Verhaltenspflichten bei der Ausübung von Abstimmrechten durch Bevollmächtigte, ZHR 157 (1993), 91; Herrler/Reymann, Die Neuerungen im Aktienrecht durch das ARUG – Unter besonderer Berücksichtigung der Neuregelungen zum Recht der Hauptversammlung und zur Kapitalaufbringung bei der AG (Teil 1), DNotZ 2009, 815; Hoffmann-Becking, Gesetz zur „kleinen AG“ – unwesentliche Randkorrekturen oder grundlegende Reform?, ZIP 1995, 1; Horn, Änderungen bei der Vorbereitung und Durchführung der Hauptversammlung nach dem Referentenentwurf zum ARUG, ZIP 2008, 1558; Huber, Die „geplant beschlußlose“ Hauptversammlung, ZIP 1995, 1740; Johansson, Die Ausübung des Depotstimmrechts auf Grund eigener Vorschläge des Kreditinstituts, BB 1967, 1315; Kocher, Zur Bedeutung von Beschlussvorschlägen der Verwaltung für die Fassung und Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen, AG 2013, 406; Lanfermann/ Maul, Überarbeitete EU-Aktionärsrechterichtlinie – gesetzgeberischer Handlungsbedarf bei der Vorstandsvergütung, BB 2017, 1218; Lehmann, Die groben und die feinen Maschen des § 126 AktG, in: Festschrift Quack, 1991, S. 287; Linnerz/Hoppe, Die Form der Anmeldung zur Hauptversammlung – eine in der Praxis unterschätzte Formalie?, BB 2016, 1098; Lutter, Das neue Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts, AG 1994, 429; Mertens, Das Minderheitsrecht nach § 122 Abs. 2 AktG und seine Grenzen, AG 1997, 481; Mimberg, Schranken der Vorbereitung und Durchführung der Hauptversammlung im Internet – die Rechtslage nach dem Inkrafttreten von NaSTraG, Formvorschriften-AnspassungsG und TransPuG, ZGR 2003, 21; von Nussbaum, Zu Nachweisstichtag (Record Date) und Eintragungssperre bei Namensaktien, NZG 2009, 457; Noack, Das neue Recht der Gegenanträge nach § 126 AktG, BB 2003, 1993; Rickers, Fortsetzung der Anfechtungsklage gegen Aufsichtsratswahlen nach Rücktritt des Aufsichtsrats, AG 2013, 383; ders., Nachlese zur Hauptversammlungssaison 2015 und Ausblick auf 2016, DB 2015, 2131; ders., Nachlese zur Hauptversammlungssaison 2016 und Ausblick auf 2017, DB 2016, 2526; Wettich, Aktuelle Entwicklungen und Trends in der Hauptversammlungssaison 2015 und Ausblick auf 2016, AG 2015, 681.

Die Förmlichkeiten der Einberufung der Hauptversammlung sind in den 80 §§ 121 – 128 geregelt. Alle Aktionäre sollen die Möglichkeit haben, an der HauptRuppert

21

C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

versammlung teilzunehmen. Gleichzeitig dienen die Regelungen dazu, eine genügende Vorbereitung auf die Hauptversammlung zu ermöglichen und Zufallsentscheidungen zu verhindern. I.

Einberufungsgründe

1.

Gesetzliche Einberufungsgründe

81 Die Bestimmungen des Aktienrechts enthalten eine Reihe von Vorschriften, nach denen für bestimmte aufgeführte Personen eine Verpflichtung zur Einberufung zur Hauptversammlung besteht. Der wichtigste und in der Praxis am häufigsten vorkommende Fall ist der der Einberufung zur jährlichen sog. ordentlichen Hauptversammlung. Die Hauptversammlung ist unverzüglich nach Eingang des Berichts des Aufsichtsrats über die Prüfung des Jahresabschlusses, des Lageberichts und des Gewinnverwendungsvorschlags (bei Mutterunternehmen auch des Konzernabschlusses und des Konzernlageberichts), spätestens zu einem Termin vor Ablauf des achten Monats des folgenden Geschäftsjahres einzuberufen (§ 175 Abs. 1). Im Allgemeinen werden dabei mindestens die nachfolgend dargestellten Tagesordnungspunkte behandelt: x

Vorlage des festgestellten Jahresabschlusses,1)

x

Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns,

x

Entlastung der Mitglieder des Vorstands,

x

Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats,

x

Wahl des Abschlussprüfers.2)

82 Daneben werden der Hauptversammlung durch Rechtsprechung und Literatur weitere Zuständigkeiten zugebilligt, z. B. bei Maßnahmen nach der Holzmüller-Gelatine-Rechtsprechung, wenn die Maßnahme „an die Kernkompetenz der Hauptversammlung, über die Verfassung der Aktiengesellschaft zu bestimmen,

___________ 1) 2)

22

Gegebenenfalls kann auch über die Feststellung des Jahresabschlusses zu beschließen sein. Ausnahme z. B. Versicherungsunternehmen gemäß VAG.

Ruppert

I. Einberufungsgründe

rührt und tief in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre und deren im Anteilseigentum verkörpertes Vermögensinteresse eingegriffen wird“.3) In den Zuständigkeitsbereich der Hauptversammlung sollen in entsprechender 83 Anwendung von § 93 Abs. 4 Satz 3 auch die Entscheidung über die Zustimmung zur Übernahme von Geldbußen gegen Vorstandsmitglieder4) sowie gemäß § 113 Abs. 1 Satz 7 die Gewährung eines separaten D & O Versicherungsschutzes für die Aufsichtsräte5) fallen. Die am 10.6.2017 in Kraft getretene überarbeitete Aktionärsrechterichtlinie 84 (ÜbAktRRL)6) verpflichtet die Mitgliedstaaten innerhalb von zwei Jahren zur Regelung weiterer verpflichtender Hauptversammlungsbeschlüsse.7) Dies betrifft zum einen das Vergütungsvotum der Hauptversammlung („Say on Pay“), über das gemäß Art. 9a Abs. 5 ÜbAktRRL nach Inkrafttreten des Umsetzungsgesetzes und danach bei jeder wesentlichen Änderung und spätestens alle vier Jahre abzustimmen ist, wobei es den Mitgliedstaaten überlassen bleibt diesen Beschluss bindend oder nur empfehlend auszugestalten. Es ist davon auszugehen, dass der deutsche Gesetzgeber sich aufgrund des in Deutschland bestehenden dualistischen Systems für ein beratendes Votum entscheiden wird. Darüber hinaus ist ___________ 3)

4) 5) 6) 7)

So BGH, Urt. v. 25.2.1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122 = ZIP 1982, 568; BGH, Urt. v. 26.4.2004 – II ZR 155/02, BGHZ 159, 30 = AG 2004, 384; BGH, Urt. v. 26.4.2004 – II ZR 154/02 ZIP 2004, 1001; weitere Beispiele aus der Rechtsprechung: LG Köln, Urt. v. 3.2.1992 – 91 O 203/91, AG 1992, 238, 239 f. (Entherrschungsvertrag „Winterthur/ Nordstern“); LG Stuttgart, Urt. v. 8.11.1991 – 2 KfH O 135/91, AG 1992, 236, 237 (HVZuständigkeit bei Strukturentscheidung); LG Frankfurt, Urt. v. 10.3.1993 – 3/14 O 25/92, ZIP 1993, 830 (HV-Zuständigkeit bei Ausgliederung einer wichtigen Niederlassung); OLG München, Urt. v. 10.11.1994 – 24 U 1036/93, AG 1995, 232, 233 (Weggabe des einzigen werthaltigen Vermögensgegenstandes); LG Düsseldorf, Urt. v. 13.2.1997 – 31 O 133/96, AG 1999, 94 (HV-Zuständigkeit bei Veräußerung einer Beteiligung); LG Frankfurt, Urt. v. 12.12.2000 – 3/5 149/99, AG 2001, 431, 433 (Veräußerung aller wesentlichen Beteiligungen bis auf Restumsatz von 2 – 3 %); LG München I, Urt. v. 24.8.2006 – 5 HK O 1558/06, AG 2007, 336, 337 (Veräußerung des Kerngeschäfts, das 90 % des Unternehmensvermögens ausmacht). Diese Rechtsprechung wird allerdings von der herrschenden Meinung kritisch gesehen, da ein maßgeblicher Mediatisierungseffekt in diesen Fällen nicht eintritt; vgl. hierzu auch Hüffer/Koch, AktG, § 119 Rz. 21 ff. Die bloße Veräußerung von Unternehmensteilen ist nach BVerfG, Beschl. v. 7.9.2011 – 1 BvR 1460/10, ZIP 2011, 2094 ff. (Strabag AG/Ed. Züblin AG) nicht ausreichend. Gleiches gilt für den Erwerb einer Beteiligung, OLG Frankfurt, Urt. v. 7.12.2010 – 5 U 29/10, AG 2011, 173. Nach neuester Rechtsprechung werden auch Entscheidungen über einen Börsengang oder ein Delisting (Strukturmaßnahmen) der Gesellschaft nicht mehr erfasst (so noch BGH, Urt. v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 53 ff. = NJW 2003, 1032 [Macrotron]); ablehnend nunmehr BVerfG, Urt. v. 11.7.2012 – 1 BvR 3142/07, 1569/08, AG 2012, 557; BGH, Beschl. v. 8.10.2013 – II ZB 26/12, ZIP 2013, 2254 (Frosta); vgl. auch Hüffer/Koch, AktG, § 119 Rz. 30 ff. BGH, Urt. v. 8.7.2014 – II ZR 174/13, AG 2014, 751; kritisch Wettich, AG 2015, 683 f. Zum Streitstand siehe Hüffer/Koch, AktG, § 113 Rz. 2a sowie Wettich, AG 2015, 684 f. RL 2017/828 v. 17.5.2017, ABlEU Nr. L 132 v. 20.5.2017, S. 1 ff. Siehe hierzu Bungert/Wansleben, DB 2017, 1190 ff.; Lanfermann/Maul, BB 2017, 1218.

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

gemäß Art. 9b Abs. 4 ÜbAktRRL eine jährliche Abstimmung zu dem durch die überarbeitete Aktionärsrechterichtlinie neu eingeführten Vergütungsbericht vorzusehen, wobei die Mitgliedstaaten für kleine und mittlere Unternehmen anstelle der Abstimmung auch eine bloße Erörterung in der Hauptversammlung vorsehen können. Zum anderen können die Mitgliedstaaten bei „Related Party Transactions“ gemäß Art. 9c Abs. 4 ÜbAktRRL ebenfalls die Zustimmung durch die Hauptversammlung oder alternativ durch den Aufsichtsrat vorsehen. Vor dem Hintergrund des in Deutschland herrschenden dualistischen Systems ist zu hoffen, dass der Gesetzgeber von der Möglichkeit der Übertragung des Zustimmungserfordernisses auf den Aufsichtsrat Gebrauch macht, um Verwerfungen im System des deutschen Aktienrechtes zu vermeiden.8) Durch das Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz wurde außerdem für Gesellschaften, deren Aktien zum Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse zugelassen sind, die Bestellung des Prüfers für die (freiwillige) prüferische Durchsicht des Quartalsfinanzberichts zwingend an die Hauptversammlung übertragen (§ 37w Abs. 7 i. V. m. Abs. 5 Satz 2 WpHG). Da noch ungeklärt ist, ob die Bestellung auch schon für das erste Quartal des Folgejahres erfolgen kann, sollten vorsorglich separate Tagesordnungspunkte für die Abschlussprüferbestellung und die Quartalsfinanzberichtsprüfung vorgesehen werden, um die Wirksamkeit der Abschlussprüferbestellung nicht zu gefährden.9) 85 Darüber hinaus besteht eine gesetzliche Verpflichtung zur Einberufung der Hauptversammlung in folgenden weiteren Fällen: x

Im Laufe des Geschäftsjahres besteht ein Verlust in Höhe von mehr als der Hälfte des Grundkapitals oder ein solcher ist bei pflichtgemäßem Ermessen anzunehmen (§ 92 Abs. 1).

x

Aufsichtsratsmitglieder sind gemäß den §§ 101 und 102 zu bestellen.

x

Die Hauptversammlung von hat Gesetzes wegen Beschluss zu fassen, z. B. in den in § 119 Abs. 1 oder Abs. 2 und § 120 Abs. 1 genannten weiteren Fällen, bei Veräußerung des gesamten Vermögens gemäß § 179a oder im Falle von Strukturmaßnahmen gemäß §§ 293, 319 Abs. 1 oder 320 Abs. 1.

x

Die Hauptversammlung selbst hat die Einberufung einer neuen Hauptversammlung beschlossen (§ 124 Abs. 4 Satz 2).10)

x

Eine Minderheit von insgesamt wenigstens 5 % des Grundkapitals verlangt die Einberufung schriftlich unter Angabe des Zwecks und der Gründe, vorausgesetzt, das Verlangen fällt unter die Zuständigkeit der Hauptversammlung (§ 122 Abs. 1).

___________ 8) Siehe hierzu Bungert/Wansleben, DB 2017, 1190 und 1199. 9) Rieckers, BB 2016, 2527. 10) Die in der 2. Auflage vertretene gegenteilige Auffassung wird aufgegeben.

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I. Einberufungsgründe

x

Aktionäre verlangen im Rahmen der Teilnahme zur Abstimmung über einen Sonderbeschluss die Einberufung einer gesonderten Versammlung (§ 138 Satz 3).

x

Einberufungspflichten außerhalb des Aktienrechts, z. B. wenn bei einer Verschmelzung innerhalb des Konzerns eine Minderheit von insgesamt wenigstens 5 % des Grundkapitals die Einberufung einer Hauptversammlung verlangt (§ 62 Abs. 2 UmwG), bei aufsichtsrechtlichen Maßnahmen (§ 44 Abs. 5 KWG, § 3 Abs. 1 BausparkG) oder wenn ein Vertrag kraft Vereinbarung der Zustimmung der Hauptversammlung bedarf.11)

Darüber hinaus werden außerordentliche Hauptversammlungen einberufen, wenn 86 die Entscheidung über Beschlussgegenstände nicht bis zur nächsten ordentlichen Hauptversammlung warten kann, wie z. B. bei dringenden Kapitalmaßnahmen oder unterjährigen Beschlüssen über Strukturmaßnahmen oder Unternehmensverträge. Auch die Vornahme von Bestätigungsbeschlüssen für angefochtene Hauptversammlungsbeschlüsse, um laufenden Beschlussmängelklagen den Boden zu entziehen, kann die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung rechtfertigen.12) 2.

Einberufungsgründe gemäß Satzung

Die Satzung einer Aktiengesellschaft kann innerhalb des Spielraums des § 23 87 Abs. 5 Satz 2 die schon genannten Einberufungsgründe erweitern oder zusätzliche Einberufungsgründe festsetzen. So kann die Satzung beispielsweise bestimmen, dass die Zustimmung zur Übertragung vinkulierter Namensaktien der Hauptversammlung obliegt (§ 68 Abs. 2 Satz 3) und die Hauptversammlung innerhalb einer bestimmten Frist einzuberufen ist. Durch eine Satzungsbestimmung kann z. B. außerdem geregelt werden, dass das Recht, die Einberufung der Hauptversammlung zu verlangen, an eine andere Form oder an den Besitz eines unter 5 % liegenden Anteils (Quorum für ein Minderheitsverlangen) geknüpft wird (§ 122 Abs. 1 Satz 2) oder der Hauptversammlung die Bestellung von Mitgliedern in nicht gesetzlichen Gremien der Gesellschaft, z. B. einem Beirat, zusteht.13) Nicht mehr innerhalb des durch § 23 Abs. 5 Satz 1 eröffneten Spielraums liegen 88 Bestimmungen, die für Geschäftsleitungsmaßnahmen des Vorstands oder die Festlegung der Vergütungsstruktur, der Vergütung oder des Vergütungsrah-

___________ 11) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 121 Rz. 11; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 121 Rz. 11. 12) So geschehen in der außerordentlichen Hauptversammlung der Deutschen Bank AG v. 11.4.2013. 13) Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 121 Rz. 25 f.; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 121 Rz. 15; Butzke, HV, B Rz. 35.

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

mens für den Vorstand eine Einberufung der Hauptversammlung vorsehen,14) da in diesen Fällen das vom Gesetzgeber gewollte Kompetenzgefüge von Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung ausgehebelt wird.15) 3.

Einberufung aus Gründen des Wohls der Gesellschaft/ Freiwillige Einberufung

89 Auch aus Gründen des Wohls der Gesellschaft kann die Einberufung einer Hauptversammlung erforderlich sein (§§ 121 Abs. 1, 111 Abs. 3), wobei diesem Einberufungsgrund in der Praxis wenig Bedeutung zukommt. 90 Eine Definition der Tatbestandsvoraussetzungen gibt das Aktiengesetz nicht. Der herrschenden Meinung16) ist zu folgen, wonach unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalls dem Einberufungsorgan im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens die Beurteilung obliegt, ob die Hauptversammlung einberufen werden muss oder nicht. Dabei setzt der Begriff „Wohl der Gesellschaft“ voraus, dass ein Beschluss gefasst wird, der für die Wahrung der Gesellschaftsinteressen erforderlich ist. 91 Nach mittlerweile herrschender Meinung,17) ist eine Einberufung der Hauptversammlung bereits dann zulässig, wenn der Vorstand dies für zweckmäßig erachtet (freiwillige Einberufung). Dies umfasst auch die Einberufung zu bloßen Informationszwecken, solange die Themen der Hauptversammlung in deren Zuständigkeit fallen.18) Begründet wird dies damit, dass es durchaus im Interesse der Aktiengesellschaft liegen könne, wenn sich der Vorstand ein Bild von der Meinung der Hauptversammlung mache. Aus der Regelung des § 124 Abs. 4 „Verhandlungen ohne Beschlussfassung“ sowie aus der Verpflichtung des § 92 Abs. 1, bei einem Verlust von mindestens der Hälfte des Grundkapitals unverzüglich die Hauptversammlung einzuberufen und ihr dies anzuzeigen, sei zu folgern, dass der Gesetzgeber informierende Hauptversammlungen als – wenn auch erheblich unter der Bedeutung der beschließenden Hauptversammlungen liegende – eigenständige Versammlungen akzeptiere. Zumindest bei mit § 92 Abs. 1 gleich- oder vorgelagerten Sachverhalten sei es denkbar, dass das „Wohl ___________ 14) § 120 Abs. 4 ermöglicht lediglich die Billigung der Vergütungsstruktur, nicht deren Festlegung. 15) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 121 Rz. 8; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 121 Rz. 16. 16) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 121 Rz. 9; Butzke, HV, B Rz. 39; Butzke, in: Großkomm. z. AktG, § 121 Rz. 16. 17) Hüffer/Koch, AktG, § 119 Rz. 4 und § 121 Rz. 5; Geßler, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/ Kropff, AktG, § 111 (12/1973) Rz. 54; Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 32 Rz. 14; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 121 Rz. 13; Butzke, HV, B Rz. 37 f.; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, Vor §§ 118 Rz. 56; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 121 Rz. 10; Huber ZIP 1995, 1740, 1741 ff. Die in der Vorauflage noch vertretene gegenteilige Ansicht wird aufgegeben. 18) Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 121 Rz. 28.

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II. Einberufungsberechtigung

der Gesellschaft“ das pflichtgemäße Ermessen des berufenen Organs – unter Abwägung sämtlicher Umstände der Gesamtsituation – „auf null“ reduziere und eine geplante beschlusslose Hauptversammlung einzuberufen sei.19) Der Vorstand sollte jedoch diese Einberufungsmöglichkeit nur zurückhaltend nutzen, da ihn im Falle einer überflüssigen, kostenträchtigen Hauptversammlung eine Ersatzpflicht nach § 93 Abs. 2 treffen kann.20) Gründe für eine Einberufung sind außerdem Fälle der wirtschaftlich gebotenen 92 Anpassung der Satzung an geänderte Verhältnisse. Denkbar sind z. B. die Änderung des Unternehmensgegenstands oder des Kapitals oder die vom Vorstand für erforderlich gehaltene Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds, welches die Gesellschaft schädigt. 4.

Rechtsfolgen unterbliebener Einberufung

Kommt der Vorstand seiner Pflicht zur Einberufung einer Hauptversammlung 93 nicht ordnungsgemäß nach, liegt eine Verletzung der Sorgfaltspflicht i. S. d. § 93 vor. Diese kann eine Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz gegenüber der Gesellschaft nach sich ziehen, sofern die dort genannten Voraussetzungen vorliegen. Wird einem berechtigten Minderheitsverlangen gemäß § 122 nicht nachgekommen, kann das zuständige Amtsgericht nach § 122 Abs. 3 die Aktionäre ermächtigen, die Hauptversammlung selbst einzuberufen.21) Daneben kann das Registergericht bei verspäteter Einberufung der ordentlichen Hauptversammlung gemäß § 407 Abs. 1 i. V. m. § 175 Zwangsgeld festsetzen.22) II.

Einberufungsberechtigung

1.

Vorstand

Zur Einberufung der Hauptversammlung ist in erster Linie der Vorstand berech- 94 tigt (§ 121 Abs. 2 Satz 1) und ggf. verpflichtet. Dem Vorstand obliegt die Einberufung als Kollegialorgan. Abweichend von der generellen, dispositiven Regelung in § 77, wonach sämtliche Vorstandsmitglieder nur gemeinschaftlich zur Geschäftsführung befugt sind, genügt für die Beschlussfassung über die Einberufung nach § 121 Abs. 2 einfache Stimmenmehrheit.23) Auf die Einberufung nach § 119 Abs. 2 ist die für die Geschäftsführungsbeschlüsse geltende Regelung anwendbar.24) ___________ Huber, ZIP 1995, 1740, 1741 ff. So auch Hüffer/Koch, AktG, § 119 Rz. 4. Siehe Kap. C. Rz. 115 ff. Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 121 Rz. 13; MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 7; Noack/ Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 121 Rz. 43. 23) So auch Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 6; MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 8; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 121 Rz. 18. 24) Hüffer/Koch, AktG, § 119 Rz. 13. 19) 20) 21) 22)

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

95 Für die Beschlussfassung über die Einberufung gelten gemäß § 121 Abs. 2 Satz 2 die in das Handelsregister eingetragenen Vorstandsmitglieder als befugt. Aus Rechtssicherheitsüberlegungen heraus wird, unabhängig von der Gutgläubigkeit der Aktionäre, bei Handelsregistereintragung der Vorstandsmitglieder eine Befugnis zur Beschlussfassung durch diese unwiderlegbar vermutet. 96 Ein wirksam bestelltes, aber noch nicht im Handelsregister eingetragenes Vorstandsmitglied wird aber nicht von der Beschlussfassung ausgeschlossen. Bei § 121 Abs. 2 Satz 1 handelt es sich insofern nicht um eine abschließende Regelung, sodass auch ein noch nicht eingetragenes Vorstandsmitglied am Einberufungsbeschluss mitwirken kann. 97 Ein wirksam abberufenes, aber noch nicht im Handelsregister abgemeldetes Vorstandsmitglied gilt aufgrund der unwiderlegbaren Vermutung des § 121 Abs. 2 Satz 2 als zur Einberufung berechtigt. 98 Das einzelne Vorstandsmitglied eines aus mehreren Personen bestehenden Vorstands ist kraft Gesetzes nicht zur Einberufung befugt.25) Besteht der Vorstand laut Satzung aus mindestens zwei Mitgliedern, kann ein einzelnes Vorstandsmitglied selbst beim wirksamen Ausscheiden seines Vorstandskollegen nicht allein einberufen. Er muss vielmehr eine ordnungsgemäße Einberufung durch Einleitung des Bestellungsverfahrens sicherstellen oder gemäß § 111 Abs. 3 durch den Aufsichtsrat einberufen lassen. 99 Hat entsprechend dem Fall des LG Münster,26) ein Vorstandsmitglied sein Amt niedergelegt, ist im Zeitpunkt der Einberufung jedoch noch als Vorstand im Handelsregister eingetragen, genügt ebenso wenig die Einberufung durch das andere Vorstandsmitglied. Gemäß der unwiderlegbaren Vermutung des § 121 Abs. 2 Satz 2 ist der noch nicht beim Registergericht abgemeldete Vorstand zur Einberufung berechtigt. Eine Krise der Gesellschaft und sofortiger Handlungsbedarf für Restrukturierung ändern an dieser Beurteilung nichts.27) 100 Kommt der Gesamtvorstand seiner Pflicht zur Einberufung nicht nach, führt dies nicht zur Berechtigung des einzelnen Vorstandsmitglieds zur wirksamen Einberufung.28) Auch bei bestehender Alleingeschäftsführungs- und Vertretungsberechtigung ist das einzelne Vorstandsmitglied nicht zur Einberufung berechtigt.29) ___________ 25) H. M. Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 6; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 121 Rz. 15; MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 8; Butzke, in: Großkomm. z. AktG, § 121 Rz. 21. 26) LG Münster, Urt. v. 3.12.1997 – 21 O 161/97, AG 1998, 344; dazu EWiR 1998, 387 (Weimar). 27) LG Münster, Urt. v. 3.12.1997 – 21 O 161/97, AG 1998, 344. 28) Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 121 (Stand: 05/1974) Rz. 22. 29) MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 8; Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 121 (Stand: 05/1974) Rz. 22.

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II. Einberufungsberechtigung

2.

Aufsichtsrat

Der Aufsichtsrat ist nach § 111 Abs. 3 befugt, ja sogar verpflichtet, eine Haupt- 101 versammlung einzuberufen, wenn das Wohl der Gesellschaft es erfordert. Zuständig ist der Aufsichtsrat in seiner Gesamtheit, für dessen Beschlussfassung nach § 111 Abs. 3 Satz 2 zwingend die einfache Mehrheit genügt. Um eine Erschwerung der Einberufung zu verhindern, können weder Satzung noch Geschäftsordnung eine größere Mehrheit oder andere einengende Erfordernisse vorschreiben. Die Übertragung der dem Gesamtaufsichtsrat zustehenden Befugnisse ist nicht zulässig.30) Wurde der Beschluss zur Einberufung aus Gründen des Wohls der Gesellschaft 102 vom Aufsichtsrat gefasst, so obliegt dem Aufsichtsrat nicht nur die Durchführung der Einberufung, sondern auch die Vornahme der entsprechenden Vorbereitungsmaßnahmen. Er kann sich dabei Hilfspersonen bedienen. Er handelt im Namen und für Rechnung der Gesellschaft.31) Sofern der Aufsichtsrat fehlerhaft gewählt wurde, ist hinsichtlich der Rechtsfolgen 103 zwischen nichtiger und anfechtbarer Wahl zu unterscheiden. War die Wahl nichtig, so folgt hieraus auch die Nichtigkeit der Einberufung.32) Ist dagegen die Wahl des Aufsichtsrats anfechtbar, kann dieser bis zur Feststellung der Nichtigkeit durch rechtskräftiges Urteil einberufen.33) 3.

Aktionäre

a)

Aktionärsminderheit

Die Hauptversammlung ist auch dann einzuberufen, wenn eine Aktionärsmin- 104 derheit dies verlangt. Das Recht kann auch von dem Hauptaktionär geltend gemacht werden.34) Dieses Recht ist zwar seit Langem etabliert, wird praktisch jedoch nur in Ausnahmefällen genutzt.35) Gerade institutionelle Investoren nutzen in der Regel andere Instrumente zur Wahrung ihrer Interessen. Voraussetzung für die Einberufung ist, dass eine qualifizierte Minderheit von mindestens 5 % des Grundkapitals ein solches Einberufungsverlangen stellt (§ 122 Abs. 1). Diese Regelung ist zwingend; durch Satzungsregelung kann das Einberufungsverlangen ___________ 30) MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 11; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 121 Rz. 44. 31) MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 12. 32) BGH, Urt. v. 16.12.1953 – II ZR 167/52, BGHZ 11, 229, 236. 33) BGH, Urt. v. 10.3.1960 – II ZR 56/59, BGHZ 32, 114, 116; i. d. S. wohl auch BGH, Urt. v. 19.2.2013 – II ZR 56/12, ZIP 2013, 720 ff. (ausdrücklich in Bezug auf die Vorschläge des Aufsichtsrats zur Beschlussfassung der Hauptversammlung). 34) KG, Beschl. v. 3.12.2002 – 1 W 363/02, ZIP 2003, 1042; LG Frankfurt/M., Urt. v. 27.10.2016 – 3-05 O 157/16, ZIP 2017, 377; Müller, in: Heidel, § 122 Rz. 6 und 23. 35) Zum Beispiel Wella AG, außerordentliche HV Februar 2004; LG Frankfurt/M., Urt. v. 27.10.2016 – 3-05 O 157/16, ZIP 2017, 377.

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

jedoch an eine geringere Kapitalbeteiligung geknüpft werden. Das Quorum von 5 % kann durch Aktien aller Arten erreicht werden. Dabei ist es ohne Bedeutung, welche Rechte die Aktien haben, das heißt z. B. auch Vorzugsaktien ohne Stimmrecht oder Aktien für die ein Stimmverbot besteht, sind zu berücksichtigen. Ob die erforderliche qualifizierte Minderheit erreicht ist, bestimmt sich allein nach dem Nennbetrag der Aktien und dem Verhältnis des Nennbetrags zum Grundkapital. Maßgeblich ist das Grundkapital, auch dann, wenn die Gesellschaft eigene Aktien hält.36) Aktionär i. S. d. § 122 Abs. 1 ist derjenige, der im Verhältnis zur Gesellschaft als Aktionär gilt. Bei Namensaktien ist dies der im Aktienregister eingetragene Namensaktionär (§ 67 Abs. 2),37) wobei es nicht darauf ankommt, ob der eingetragene Namensaktionär der tatsächliche Inhaber der Aktie ist. 105 Die Belastung mit einem Pfandrecht oder mit einem Nießbrauch ändert an der Aktionärseigenschaft nichts und hat keine Auswirkung auf das Recht, die Einberufung der Hauptversammlung verlangen zu können.38) 106 Die Aktionäre müssen das Erreichen der Mindestbeteiligung nachweisen. Die Aktien müssen mindestens 90 Tage vor dem Tag des Zugangs des Verlangens erworben und auch bis zur Entscheidung über den Antrag gehalten worden sein (§ 122 Abs. 1 Satz 3). Bei der Fristberechnung ist § 121 Abs. 7 entsprechend anzuwenden. Der Gesetzgeber verfolgt damit das Ziel, diejenigen Aktionäre vom Minderheitenschutz auszuschließen, die sich die Aktien nur kurzfristig beschafft haben. Bei Namensaktien kann der Nachweis mittels des Aktienregisters erfolgen, bei Inhaberaktien, z. B. durch Vorlage einer Bankbescheinigung, der Aktienurkunde39) oder durch eine eidesstattliche Versicherung vor einem Notar.40) Der Aktionär kann sich bei der Ausübung des Einberufungsverlangens nach den allgemeinen Grundsätzen vertreten lassen. Die Vollmacht muss sich auf das Einberufungsverlangen beziehen und bedarf dabei analog § 134 Abs. 3 Satz 2 der Textform.41) 107 Kommt der Vorstand dem Einberufungsverlangen nicht nach, ist das Vorliegen des Quorums Voraussetzung für das gerichtliche Verfahren und muss bis zur

___________ 36) Siehe dazu MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 20; Hüffer/Koch, AktG, § 122 Rz. 3 m. w. N. 37) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 122 Rz. 4. 38) So Hüffer/Koch, AktG, § 118 Rz. 27; Kubis, in MünchKomm-AktG, § 122 Rz. 3; in Bezug auf das Pfandrecht zustimmend, jedoch einschränkend beim Nießbrauch MünchGesRBungert, AG, § 36 Rz. 21; Butzke, in: Großkomm. z. AktG, § 122 Rz. 10; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 122 Rz. 23. 39) Hüffer/Koch, AktG, § 122 Rz. 3. 40) Halberkamp/Gierke, NZG 2004, 495 m. w. N. 41) Hüffer/Koch, AktG, § 122 Rz. 3; MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 21; Halberkamp/ Gierke NZG 2004, 494, 496; a. A. Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 122 Rz. 15; Butzke, HV, B Rz. 104, Fn. 202, die Schriftform für erforderlich halten.

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II. Einberufungsberechtigung

Entscheidung des Gerichts über den Antrag bestehen.42) Das Quorum ist dabei durch die Antragsteller und ihre Rechtsnachfolger zu erfüllen. b)

Form und Inhalt des Einberufungsverlangens

Das Verlangen auf Einberufung einer Hauptversammlung ist schriftlich an den 108 Vorstand zu richten und bedarf der Unterschrift aller zur Erreichung der Minderheitsbeteiligung von 5 % erforderlichen Aktionäre oder ihrer Bevollmächtigten. Auf das Schriftformerfordernis ist § 126 BGB anzuwenden, sodass auch elektronische Form (§ 126 Abs. 3 BGB) möglich ist. Dabei soll es ausreichend sein, wenn das Einberufungsverlangen einem Vorstand zugeht.43) Die Satzung kann die Form des Verlangens erleichtern und z. B. Fax oder E-Mail genügen lassen44). Aus dem Einberufungsverlangen müssen sich Zweck und Gründe der Einberufung 109 ergeben. Die Angabe des Zwecks erfolgt durch Mitteilung der Gegenstände,45) wobei die gesetzlichen Erfordernisse des § 124 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 4 für die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern und des § 124 Abs. 2 Satz 2 für Satzungsänderungen und Unternehmensverträge zu beachten sind. Die Begründung muss darlegen, warum die Hauptversammlung mit den Gegenständen befasst werden soll und warum dies gerade jetzt erforderlich ist und nicht bis zur nächsten ordentlichen Hauptversammlung zurückgestellt werden kann.46) Beschlussvorschläge müssen nicht unterbreitet werden, sind jedoch zulässig.47) An die Begründung dürfen keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. 110 Eine Glaubhaftmachung der Gründe ist ebenso wenig erforderlich wie Billigung durch den Vorstand. Jedoch ist ein gewisses Maß an Nachvollziehbarkeit der Begründung notwendig, sodass erdachte Phantasiebegründungen auf jeden Fall nicht als ausreichend anzusehen sind.

___________ 42) Hüffer/Koch, AktG, § 122 Rz. 3a; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.1.2004 – 1 – 3 WX 290/03, ZIP 2004, 313; LG Duisburg AG 2004, 159. 43) Hüffer/Koch, AktG, § 122 Rz. 4 f.; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 122 Rz. 11; Halberkamp/Gierke, NZG 2004, 496. 44) Hüffer/Koch, AktG, § 122 Rz. 8. 45) OLG Köln, Beschl. v. 15.6.1990 – 8 W 61/59, WM 1959, 1403. 46) MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 24; Hüffer/Koch, AktG, § 122 Rz. 4; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 122 Rz. 13; Butzke, in: Großkomm. z. AktG, § 122 Rz. 25. 47) Dies stellt § 122 Abs. 2 Satz 2 in Bezug auf die Änderung der Tagesordnung klar, wonach entweder eine Begründung oder ein Beschlussvorschlag beigelegt werden muss. Für die Einberufung der Hauptversammlung kann nichts anderes gelten. So auch schon zuvor h. M. MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 24; Halberkamp/Gierke, NZG 2004, 495 f.; Butzke, in: Großkomm. z. AktG, § 122 Rz. 22; a. A. Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 122 Rz. 20.

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

c)

Schranken

111 Die Ausübung des der Minderheit zustehenden Einberufungsrechts unterliegt gewissen Schranken. So darf die Rechtsausübung nicht missbräuchlich sein.48) Dies wird dann anzunehmen sein, wenn die Eilbedürftigkeit der Beschlussfassung nur vorgeschoben wurde und es ohne Beeinträchtigung von Aktionärsrechten möglich ist, bis zur nächsten ordentlichen Hauptversammlung abzuwarten. Missbräuchlichkeit läge auch dann vor, wenn die Hauptversammlung unzuständig, die angestrebte Beschlussfassung nicht gesetzes- oder satzungskonform wäre oder ein nicht erreichbares Ziel verfolgt würde.49) Rechtsmissbrauch wurde zudem angenommen, wenn ein Mehrheitsaktionär einen Antrag auf Abberufung und Neuwahl von Aufsichtsratsmitgliedern stellt mit dem Ziel, dass der neu gewählte Aufsichtsrat einen Vorstand abberuft, der sich geweigert hatte, eine vom Mehrheitsaktionär gewünschte, die Gesellschaft mit überwiegender Wahrscheinlichkeit schädigende Geschäftsführungsmaßnahme durchzuführen.50) 112 Ein Einberufungsverlangen ist aber nicht deswegen als missbräuchlich anzusehen, weil mit einer Mehrheit nicht zu rechnen ist. Insgesamt ist zu beachten, dass bei der Annahme eines Rechtsmissbrauchs, insbesondere unter Berücksichtigung der tangierten Minderheitsrechte der Aktionäre, eine gewisse Zurückhaltung an den Tag gelegt werden sollte, um den Schutzzweck Minderheitsschutz nicht zu gefährden.51) d)

Pflichten des Vorstands

113 Auch bei Einberufungsverlangen nach § 122 Abs. 1 entscheidet der Vorstand gemäß § 121 Abs. 2 Satz 1 mit einfacher Mehrheit darüber, dem Einberufungsverlangen zu entsprechen oder es abzulehnen.52) Für eine einfache Mehrheit spricht, dass der Vorstand die Entscheidung gemäß § 122 Abs. 1 jedenfalls zwingend mit Mehrheit zu treffen hat und Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber in den Mehrheitserfordernissen zwischen § 122 Abs. 1 und Abs. 2 differenziert hätte, nicht ersichtlich sind.53) Der Antrag darf nur zurückgewiesen werden, wenn die qualifizierte Minderheit von mindestens 5 % des Grundkapitals nicht erreicht wurde, Form und Inhalt nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen oder die Einberufung rechtsmissbräuchlich ist. ___________ Allgemeine Meinung Hüffer/Koch, AktG, § 122 Rz. 6 m. w. N. Siehe hierzu Hüffer/Koch, AktG, § 122 Rz. 6 mit Rechtsprechungsbeispielen. KG, Beschl. v. 3.12.2002 – 1 W 363/02, ZIP 2003, 1042. Hüffer/Koch, AktG, § 122 Rz. 6; MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 29; Butzke, in: Großkomm. z. AktG, § 124 Rz. 33. 52) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 122 Rz. 36; Hüffer/Koch, AktG, § 122 Rz. 7; Butzke, HV, B Rz. 109; Butzke, in: Großkomm. z. AktG, § 124 Rz. 39. 53) So Mertens, AG 1997, 481, 486. 48) 49) 50) 51)

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II. Einberufungsberechtigung

Der Vorstand muss seine Entscheidung unverzüglich herbeiführen. Dabei steht 114 ihm jedoch das Recht zu, die Zulässigkeit des Einberufungsverlangens mit der gebotenen Sorgfalt zu überprüfen. Zu berücksichtigen hat er dabei aber auch den mit der Einberufung verfolgten Zweck und insbesondere die Dringlichkeit einer baldigen Einberufung.54) Die Festlegung eines zeitlichen Korridors, für welche Zeiträume ein unverzügliches Handeln noch gegeben ist, ist bei dieser Einzelfallbetrachtung generell nicht möglich. In der Rechtsprechung wurde die Problematik in zwei Entscheidungen erörtert. Das Reichsgericht55) hat ein Abwarten von einer Woche als nicht pflichtwidrig bezeichnet, während der Bundesgerichtshof56) mehr als sieben Wochen als zu lang angesehen hat. Im Regelfall wird ein Abwarten von 14 Tagen als nicht pflichtwidrig anzusehen sein57), während vier Wochen58) nur in Ausnahmefällen – bei komplizierten Entscheidungen – als zulässig angesehen werden dürften. Vollständig wird dem Verlangen nur entsprochen, wenn die Tagesordnung die von der Minderheit geforderten Beschlussgegenstände enthält. Ergänzungen durch den Vorstand sind jedoch zulässig.59) e)

Einberufung kraft gerichtlicher Ermächtigung

Nach § 122 Abs. 3 kann das Gericht, sofern dem Aktionärsverlangen auf Ein- 115 berufung nicht entsprochen wird oder die auf ihr Verlangen einberufene Hauptversammlung wieder abgesagt wird,60) die Aktionäre ermächtigen, die Hauptversammlung selbst einzuberufen oder Beschlussgegenstände bekannt zu machen. Dieses Recht steht den Aktionären zu, wenn sie die erforderliche Mindestbeteiligung von 5 % oder einen Aktienbesitz von nominal 500.000 € auf sich vereinen. Zuständig ist das für den Sitz der Gesellschaft zuständige Amtsgericht (§§ 375 116 Nr. 3, 377 FamFG i. V. m. § 23a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 4 GVG), das im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit entscheidet.61) Das Gericht wird nur auf Antrag der Aktionäre, die das erfolglose Verlangen erhoben haben, tätig.62) Gesamtrechtsnachfolger sind den Aktionären gleichgestellt, nicht jedoch Erwer___________ 54) Mertens, AG 1997, 481, 486, geht für den Fall des § 122 Abs. 2 von einer Frist von wenigen Tagen aus; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 122 Rz. 26: Prüfungsfrist sollte ein bis zwei Wochen nicht überschreiten. 55) RG, Urt. v. 23.4.1918 – II 402/17, RGZ 292, 409. 56) BGH, Urt. v. 28.1.1985 – II ZR 79/84, WM 1985, 567, dazu EWiR 1985, 301 (Miller). 57) Butzke, HV, B Rz. 109, der 1 – 3 Wochen für vertretbar hält; Hüffer/Koch, AktG, § 122 Rz. 7; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 122 Rz. 24; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 122 Rz. 29. 58) RG, JW 1931, 2980; nach Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 32 Rz. 23 sollen zwei bis vier Wochen zulässig sein. 59) Hüffer/Koch, AktG, § 122 Rz. 7. 60) Bayer/Scholz/Weiß, ZIP 2014, 3; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 122 Rz. 85. 61) Hüffer/Koch, AktG, § 122 Rz. 10. 62) Hüffer/Koch, AktG, § 122 Rz. 10; LG Duisburg, Beschl. v. 21.8.2003 – 21 T 6/02, ZIP 2004, 76.

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

ber kraft Rechtsgeschäfts.63) Das Gesetz enthält keine Fristsetzung bezüglich der gerichtlichen Geltendmachung. Nach herrschender Meinung64) darf die Antragstellung jedoch nicht übermäßig verzögert werden. Das Gericht entscheidet durch Beschluss; Ort und Zeit der Hauptversammlung werden nicht festgelegt. Es ist jedoch möglich, zugleich den Vorsitzenden der Versammlung zu bestimmen. 117 Ist eine stattgebende Entscheidung durch das Gericht erfolgt, können die Aktionäre unter Beachtung der allgemeinen Vorschriften über die Einberufung zur Hauptversammlung einberufen. Nach § 122 Abs. 1 Satz 3 ist in der Einberufung auf die Ermächtigung hinzuweisen. Nach ganz herrschender Meinung65) genügt es dabei, in die Einberufung den Hinweis „kraft gerichtlicher Ermächtigung“ aufzunehmen. Eine nähere Bezeichnung des Gerichts und des Aktenzeichens ist nicht nötig. Fehlt dieser Hinweis, ist die Einberufung nicht ordnungsgemäß erfolgt, mit der Folge der Anfechtbarkeit der in der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse.66) 118 Die Kosten der aufgrund gerichtlicher Ermächtigung einberufenen Hauptversammlung gehen zulasten der Gesellschaft (§ 122 Abs. 4). Zu beachten ist jedoch, dass die einberufende Minderheit nicht im Namen der Gesellschaft handeln kann, sondern lediglich für die im Rahmen der Einberufung notwendigerweise entstandenen Kosten einen Freistellungs- oder Erstattungsanspruch hat.67) 119 Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts ist das Rechtsmittel der Beschwerde zum Landgericht gegeben (§ 122 Abs. 3 Satz 4, §§ 402, § 58 ff. FamFG). Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die Rechtsbeschwerde zum Oberlandesgericht eröffnet (§ 70 ff. FamFG).68) Es gilt jeweils die Monatsfrist (§§ 63, 71 FamFG). f)

Sonderfälle

120 Die Einberufung der Hauptversammlung kann darüber hinaus verlangen:69) x

Ein Aktionär, dem 95 % des Grundkapitals der Gesellschaft gehören, für den Fall des sog. Squeeze-out (§§ 327a ff.).

___________ 63) Hüffer/Koch, AktG, § 122 Rz. 10; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 122 Rz. 45; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 122 Rz. 52. 64) Hüffer/Koch, AktG, § 122 Rz. 10; MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 32; Noack/ Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 122 Rz. 86; Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/ Kropff, AktG, § 122 (Stand: 05/1974) Rz. 39. 65) MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 35; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 122 Rz. 69; Hüffer/ Koch, AktG, § 122 Rz. 12 m. w. N. 66) MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 35; Hüffer/Koch, AktG, § 122 Rz. 12. 67) MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 37; Hüffer/Koch, AktG, § 122 Rz. 13; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 122 Rz. 73; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 122 Rz. 128. 68) Bumiller/Harders, FamFG, § 402 Rz. 11. 69) Siehe hierzu näher Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 32 Rz. 28 – 32.

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II. Einberufungsberechtigung

x

Der Bieter, der nach einem Übernahmeangebot über mindestens 75 % der Stimmrechte verfügt (§ 33b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 WpÜG).

x

Die Aktionärsminderheit der Obergesellschaft im Falle der Konzernverschmelzung (§ 62 Abs. 2 UmwG).

x

Aktionäre, die berechtigt sind, an einer Abstimmung über Sonderbeschlüsse gemäß § 138 Satz 1 teilzunehmen (§ 138 Satz 2).

x

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (§§ 44 Abs. 5 KWG, 306 Ab. 1 Nr. 5 VAG)

4.

Dritte

Kraft Gesetzes haben die Abwickler der Gesellschaft die Befugnisse des Vor- 121 stands und dementsprechend auch die Zuständigkeit zur Einberufung (§ 268 Abs. 2). Daneben besteht auch die Möglichkeit, Einberufungszuständigkeiten durch die 122 Satzung zu statuieren. Denkbar ist z. B., bestimmten Aktionären, dem Vorstandsvorsitzenden oder einzelnen Mitgliedern des Vorstands und Aufsichtsrats ein Einberufungsrecht zuzubilligen.70) Die per Gesetz oder Satzung festgelegten Einberufungsbefugnisse können nicht 123 auf Dritte übertragen werden, sondern müssen von den berechtigten Personen selbst wahrgenommen werden.71) 5.

Rechtsfolgen fehlender Einberufungsberechtigung

Fehlt die Einberufungsberechtigung, dann sind gleichwohl gefasste Beschlüsse 124 der Hauptversammlung gemäß § 241 Abs. 1 nichtig.72) Die Nichtigkeit ist ausnahmslos gegeben, wenn die Einberufung durch Personen erfolgt, die keinerlei Einberufungsrecht haben. Wie dargestellt, ist für die Einberufung der Hauptversammlung ein darauf gerichteter Beschluss des jeweils einberufenden Organs erforderlich, was voraussetzt, dass die an der Beschlussfassung Teilnehmenden auch Mitglied dieses Organs sind. Für Vorstandsmitglieder fingiert § 121 Abs. 2 Satz 2, dass diese unabhängig vom 125 Entstehen oder Bestehen ihrer Bestellung zur Einberufung befugt sind, soweit sie im Handelsregister eingetragen sind. Für nicht eingetragene Vorstandsmitglieder kommt es auf die Wirksamkeit der Bestellung an. Im Fall eines Erlö___________ 70) So ganz h. M. Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 121 Rz. 51; MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 15; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 121 Rz. 26; Butzke, in: Großkomm. z. AktG, § 121 Rz. 38. 71) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 121 Rz. 24; Butzke, in: Großkomm. z. AktG, § 121 Rz. 38. 72) Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 8; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 121 Rz. 27 ff.; MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 122; Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 1 Rz. 143 ff.

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

schens oder einer unwirksamen Bestellung ist der Einberufungsbeschluss nur wirksam, wenn eine wirksame Beschlussfassung auch ohne das betroffene Mitglied möglich war. 126 Dies gilt entsprechend für den Aufsichtsrat. Im Fall einer nichtigen Wahl des Gesamtaufsichtsrats führt dies automatisch zur Nichtigkeit des Einberufungsbeschlusses.73) Ist hingegen nur die Wahl eines oder einzelner Aufsichtsratsmitglieder nichtig, bleibt der Einberufungsbeschluss wirksam, sofern weder Beschlussfähigkeit noch Stimmenmehrheit beeinträchtigt waren. 127 Die Einberufung der Hauptversammlung hat durch den Gesamtvorstand zu erfolgen. Eine Unterbesetzung des Vorstands führt zur Handlungsunfähigkeit und daraus resultierend zur Fehlerhaftigkeit der gefassten Beschlüsse. Eine Notwendigkeit in diesen Fällen die Nichtigkeitsfolge auf die Anfechtbarkeit der gefassten Beschlüsse oder auf deren Fehlerfreiheit abzumildern, wie dies in Teilen der Literatur vertreten wird, ist abzulehnen. Das AktG stellt hier mit der Möglichkeit eines Notvorstands in ausreichendem Maße Möglichkeiten der Abhilfe zur Verfügung.74) Zudem wird außer Acht gelassen, dass in diesen Fällen zumindest auch der Aufsichtsrat zur Einberufung berechtigt ist, da hier ein Anwendungsfall für eine Einberufung aus Gründen des Wohls der Gesellschaft vorliegt. 128 Die Heilung eines unwirksamen Einberufungsbeschlusses ist nicht möglich, vielmehr ist eine neue Beschlussfassung erforderlich, die dann die Rechtsgrundlage der anschließend durchgeführten Einberufung bildet. Eine Ausnahme gilt nach § 121 Abs. 6 nur in den Fällen der Vollversammlung; wenn alle Aktionäre erschienen oder vertreten waren und kein Aktionär der Beschlussfassung widersprochen hat, stehen unwirksame Einberufungshandlungen der Wirksamkeit der gefassten Hauptversammlungsbeschlüsse nicht entgegen. Es empfiehlt sich allerdings zumindest vorsorglich in die jeweilige Niederschrift neben der Feststellung der vollständigen Präsenz und dem Ausbleiben von Widerspruch auch den ausdrücklichen Verzicht der Aktionäre auf alle Fristen und Formen für die Einberufung und Durchführung der Hauptversammlung aufzunehmen.75) 6.

Absage der einberufenen Hauptversammlung und Absetzung einzelner Tagesordnungspunkte

129 Das einberufende Organ kann die Einberufung bis zum Beginn der Hauptversammlung zurücknehmen. Entsprechendes gilt für die Absetzung einzelner Tagesordnungspunkte. Dass die Einberufung aufgrund eines Minderheitsverlangens

___________ 73) Bei einer bloß anfechtbaren Wahl gilt dies dagegen nicht. 74) Siehe Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 121 Rz. 19; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 121 Rz. 100; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 121 Rz. 29 mit Nachweisen zur Gegenmeinung. 75) A. A. Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 22, der Letzteres für entbehrlich hält.

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III. Art und Weise der Einberufung

gemäß § 122 Abs. 1 erfolgt, ist hierbei unerheblich.76) Nach der Rechtsprechung77) kann die Absage bis zum Zeitpunkt des angekündigten Beginns erfolgen, wenn die Aktionäre im Versammlungsraum erschienen sind. Nach anderer Ansicht78) soll es auf den Zeitpunkt der Eröffnung der Hauptversammlung ankommen. Dieser Ansicht ist beizupflichten, da die Eröffnung eine eindeutige Zäsur darstellt und damit Rechtsunsicherheiten in Bezug auf die tatsächliche Uhrzeit vermieden werden. Erfolgt die Absage der Hauptversammlung nach Anreise der Aktionäre, kann dies Schadensersatzansprüche gegen die Gesellschaft und in der Folge Regressansprüche gegen den Vorstand nach sich ziehen, wenn der Vorstand nicht die effektivste Form der Mitteilung an die Aktionäre gewählt hat, um deren Anreisekosten zu vermeiden.79) III.

Art und Weise der Einberufung

Auf die Einhaltung der Regelungen zur Einberufung sollte im Vorfeld der Haupt- 130 versammlung besonderes Augenmerk gelegt werden, da Fehler bei der Einberufung nach zwei für den Zeitraum vom 1.1.2003 – 31.7.2011 durchgeführten Untersuchungen80) zu den mit am häufigsten geltend gemachten Anfechtungsgründen gehören. 1.

Frist der Einberufung

Die Hauptversammlung ist gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 mindestens 30 Tage vor 131 dem Tage der Versammlung einzuberufen. Diese Frist kann nicht verkürzt werden. Sind aufgrund einer entsprechenden Satzungsregelung die Aktien vor der Hauptversammlung anzumelden (§ 123 Abs. 2 Satz 1), verlängert sich die Einberufungsfrist um die Tage der Anmeldefrist, die – ohne abweichende Regelung in der Satzung – mindestens sechs Tage betragen muss (§ 123 Abs. 2 Satz 2). Die Satzung kann eine kürzere, aber keine längere Anmeldefrist vorsehen; maßgeblich für die Verlängerung ist die konkrete Anmeldefrist. § 121 Abs. 7 betrifft alle Fristen und Termine der Einberufungsvorschriften. Hier- 132 nach werden Fristen und Termine vom Tag der Hauptversammlung rückberech___________ 76) BGH, Urt. v. 30.6.2015 – II ZR 142/14, BGHZ 206, 143, 150 ff. = DB 2015, 2504, 2505 f.; zustimmend Bayer, EWiR 2015, 661 (662); Rieckers, DB 2016, 2526, 2533 m. w. N.; so auch schon zuvor Bayer/Scholz/Weiß, ZIP 2014, 2 und 5. 77) BGH, Urt. v. 30.6.2015 – II ZR 142/14, BGHZ 206, 143, 154 ff. = DB 2015, 2504, 2506 ff. 78) Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 18; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 121 Rz. 117; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 121 Rz. 107; Rieckers, DB 2016, 2526, 2533; MünchGesRBungert, AG, § 36 Rz. 125 f.; Butzke, in: Großkomm. z. AktG, § 121 Rz. 106 ff. 79) Bayer/Scholz/Weiß, ZIP 2014, 1, 2; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 121 Rz. 103; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 121 Rz. 81a; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 121 Rz. 117. 80) Baums/Keinath/Gajek, ZIP 2007, 1640 sowie Baums/Drinhausen/Keinath, ZIP 2011, 2329 (2339).

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

net. Der Tag der Hauptversammlung wird nicht mitgerechnet. Durch das ARUG eingeführt wurde der Begriff des Termins i. S. d. Aktienrechts, der die juristische Sekunde meint, die auf den Beginn des errechneten Tages fällt.81) Die allgemeinen Vorschriften der §§ 187 – 193 BGB zur Fristen- und Terminbestimmung sind bei börsennotierten Gesellschaften zwingend nicht anzuwenden; nicht börsennotierte Gesellschaften können jedoch in ihrer Satzung von der gesetzlichen Fristberechnung abweichen. Aus der gesetzlichen Regelung folgt, dass auch die Verlegung von einem Samstag, Sonn- oder Feiertag auf einen zeitlich vorhergehenden oder nachfolgenden Werktag nicht mehr in Betracht kommt. Der Tag der Hauptversammlung und der Tag der Einberufung sind in die Frist nicht einzubeziehen (§ 121 Abs. 7, § 123 Abs. 1 BGB). Die im Gesetz genannte Zahl an Kalendertagen hat also immer zwischen dem Tag der Vornahmehandlung und dem Tag der Versammlung zu liegen.82) Sofern eine Einberufung am errechneten Tag mangels Erscheinen des Publikationsorgans nicht möglich ist,83) hat sie zuvor zu geschehen, da es sich bei den im Gesetz genannten Fristen um Mindestfristen handelt. 2.

Form der Einberufung

133 Nach § 121 Abs. 4 Satz 1 ist die Einberufung in den Gesellschaftsblättern bekannt zu machen. Sinn und Zweck der Bekanntmachung liegt darin, den Aktionären Gelegenheit zu geben, sich über die Beschlussgegenstände rechtzeitig zu informieren und dadurch ihr Teilnahme- und Stimmrecht sinnvoll einzusetzen. Gesellschaftsblatt ist gemäß § 25 nur noch der Bundesanzeiger. Für börsennotierte Unternehmen mit Herkunftsstaat Deutschland ergibt sich die Verpflichtung zur unverzüglichen Veröffentlichung der Einberufung, einschließlich der Tagesordnung, im Bundesanzeiger auch aus § 30b Abs. 1 WpHG. Dies umfasst auch Angaben zur Gesamtzahl der Aktien und Stimmrechte im Zeitpunkt der Einberufung, zu den Rechten der Aktionäre bezüglich der Teilnahme an der Hauptversammlung sowie Mitteilungen über die Ausschüttung und Auszahlung von Dividenden, die Ankündigung der Ausgabe neuer Aktien und die Vereinbarung oder Ausübung von Umtausch-, Bezugs-, Einziehungs- und Zeichnungsrechten sowie die Beschlussfassung über diese Rechte. Die für börsennotierte Gesellschaften gemäß § 121 Abs. 4a bestehende zusätzliche Pflicht, die Einberufung über entsprechende Medien in der gesamten Europäischen Union zu veröffentlichen, kann durch einen entsprechenden Bekanntmachungsauftrag an den Bundesanzeiger im Zusammenhang mit der ohnehin verpflichtenden Nutzung des Bundesanzeigers als Gesellschaftsblatt sichergestellt werden. ___________ 81) Regierungsbegründung ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 28; vgl. hierzu auch Florstedt, ZIP 2010, 762; Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 24. 82) Florstedt, ZIP 2010, 762, mit umfangreichen Berechnungsbeispielen. 83) Siehe hierzu auch Kap. C. Rz. 138.

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III. Art und Weise der Einberufung

Sind die Aktionäre der Gesellschaft namentlich bekannt, so kann, sofern die Sat- 134 zung nichts anderes bestimmt, gemäß § 121 Abs. 4 Satz 2 von der Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern abgesehen und die Hauptversammlung mit eingeschriebenem Brief einberufen werden.84) In diesem Fall entfällt auch die für börsennotierte Gesellschaften gemäß § 121 Abs. 4a bestehende zusätzliche Pflicht, die Einberufung über entsprechende Medien in der gesamten Europäischen Union zu veröffentlichen, was aber wenig Praxisrelevanz hat. Durch Satzung kann die Einberufungsformalität auch auf z. B. Briefform, Telefax, SMS oder E-Mail oder bei personalistischer AG sogar durch Facebook-Nachricht85) erleichtert werden. Sind Inhaberaktien ausgegeben, ist die Inanspruchnahme dieser Erleichterungen aufgrund der freien Handelbarkeit und der aus Bekanntmachungsfehlern folgenden Nichtigkeit der in der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse nicht zu empfehlen. Bei Namensaktien gilt gemäß § 67 Abs. 2 derjenige als Aktionär, der im Aktienregister eingetragen ist. Dies gilt auch für Namensaktien mit BlankoIndossament, die zum Börsenhandel zugelassen sind.86) Nach § 67 Abs. 1 Satz 1 sind u. a. Name, Vorname, Geburtsdatum und Adresse des Aktionärs in das Aktienregister einzutragen, wobei als Adresse auch eine Büroadresse, die Adresse des Zustellungsbevollmächtigen oder eine E-Mail-Adresse anzusehen sind.87) In der Satzung kann geregelt werden, unter welchen Voraussetzungen die Eintragung von fremdem Aktienbesitz unter eigenem Namen eines Dritten, insbesondere von Legitimationsaktionären, zulässig ist.88) Änderungen der im Aktienregister einzutragenden Daten sind mitzuteilen (§ 67 Abs. 1 Satz 2). Eine Informationslücke besteht allerdings bei der Veräußerung von Aktien, wenn der Altaktionär bereits eingetragen und der Neuaktionär noch nicht eintragen ist. Daneben bestehen Risiken durch Schreibfehler oder sonstige Nachlässigkeiten bei der Führung des Aktienregisters. Da Bekanntmachungsfehler immer zulasten der Gesellschaft gehen, ist aufgrund der bestehenden Risiken auch bei Namensaktien die Einberufung durch eingeschriebenen Brief oder die in der Satzung vorgesehene Alternative nicht empfehlenswert.89) Soweit eine Bekanntmachung nach § 121 Abs. 4 erfolgt, gilt als Zeitpunkt der 135 Bekanntmachung der Tag der Absendung (bei Briefen: Einlieferung bei der Post) des letzten Einladungsschreibens.90) ___________ 84) Eingefügt durch das Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts. 85) Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 11 f. 86) Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 11c; Blanke, BB 1994, 1508; Hoffmann-Becking, ZIP 1995, 6; Lutter AG 1994, 429, 437 f.; Butzke, HV, B Rz. 53. 87) Hüffer/Koch, AktG, § 67 Rz. 7 m w. N. 88) Hüffer/Koch, AktG, § 67 Rz. 8a. 89) Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 11d; Butzke, HV, B Rz. 53. 90) Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 11g; Butzke, HV, B Rz. 52.

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

136 Auf das Bekanntmachungserfordernis des § 121 Abs. 4 Satz 1 kann außer im Falle der dargestellten Ausnahme des Absatzes 4 Satz 2 (Einberufung per eingeschriebenem Brief oder mittels in der Satzung bestimmter Kommunikation) und bei sog. Vollversammlungen gemäß § 121 Abs. 6 nicht verzichtet werden. 137 Besteht aufgrund äußerer Ereignisse nicht die Möglichkeit, die Einberufung in den Gesellschaftsblättern zu veröffentlichen (oder – sofern zulässig – gemäß § 121 Abs. 4 Satz 2 einzuberufen), ist ggf. die Hauptversammlung zu verschieben, auch wenn dies zu organisatorischen Schwierigkeiten und zusätzlichen Kostenbelastungen führen würde. Die Anforderungen des § 121 Abs. 4 sind insofern strikt einzuhalten. 138 Bei der Bekanntmachung ist auch zu berücksichtigen, dass eine Publikation im Bundesanzeiger nur von montags bis freitags möglich ist, sofern kein gesetzlicher Feiertag besteht. Zu beachten sind außerdem die technischen Vorgaben, Einreichfristen und Vorlaufzeiten des Bundesanzeigers für Veröffentlichungen.91) Es empfiehlt sich, bei zeitkritischen Sachverhalten vorab eine Abstimmung herbeizuführen. Außerdem ist bei der Terminplanung darauf zu achten, dass die an die Bekanntmachung geknüpften Fristen der §§ 125 Abs. 1 und 126 Abs. 1 zu laufen beginnen. 139 Für börsennotierte Gesellschaften besteht zudem gemäß § 124a die Verpflichtung, alsbald nach der Bekanntmachung der Einberufung die dort genannten Unterlagen und Informationen über die Internetseite der Gesellschaft zugänglich zu machen. Damit wird die Internetseite börsennotierter Gesellschaften zum zentralen Medium des Informationsaustausches zwischen Gesellschaft und Aktionär.92) Die Pflicht zur Zugänglichmachung umfasst den Inhalt der Einberufung, bei Tagesordnungspunkten ohne Beschlussfassung auch eine Erläuterung in Bezug auf Anlass und Zweck sowie eine kurze inhaltliche Beschreibung des Tagesordnungspunktes93) sowie sämtliche Dokumente, die in der Hauptversammlung zugänglich zu machen sind. Des Weiteren sind Informationen über die Gesamtzahl der Aktien und der Stimmrechte, ggf. unter Aufschlüsselung für jede Aktiengattung zu geben. Eigene Aktien sind, auch wenn die Ausübung der Stimmrechte vorübergehend ruht, einzurechnen.94) Einzustellen sind auch ggf. die Formulare, die bei Stimmabgabe durch Vertretung oder Briefwahl zu verwenden sind, sofern diese Formulare den Aktionären nicht direkt übermittelt werden, sowie die nach der Einberufung eingegangen Verlangen auf Ergän___________ 91) AGB für die entgeltliche Einreichung zur Publikation im Bundesanzeiger sowie AGB für den Verbreitungsdienst nach § 121 Abs. 4a AktG siehe unter: http://www.bundesanzeiger.de. 92) Siehe Regierungsbegründung ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 30. 93) Vgl. Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 110; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 124a Rz. 8. 94) Regierungsbegründung ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 30; Hüffer/Koch, AktG, § 124a Rz. 2; Rickers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 124a Rz. 12.

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III. Art und Weise der Einberufung

zung der Tagesordnung gemäß § 122 Abs. 2. Die §§ 126 Abs. 1 Satz 3, 127 erweitern diese Verpflichtung zur Zugänglichmachung zusätzlich auf nach der Einberufung eingegangene Gegenanträge und Wahlvorschläge. Der Begriff „alsbald“ ist nicht gesetzlich definiert. Nach der Gesetzesbegründung 140 bedeutet „alsbald“, dass die Einstellung nach der Bekanntmachung im Bundesanzeiger erfolgen soll, wobei eine Zeitverzögerung wegen der betriebsinternen Abläufe und der erforderlichen Technik hinzunehmen ist.95) Das Einstellen zeitgleich mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger ist empfehlenswert, ausreichend dürfte auch noch die Einstellung im Laufe des Tages der Veröffentlichung oder am Vormittag des darauf folgenden Tages96) und in Ausnahmefällen sogar zwei bis drei Tage nach der Bekanntmachung sein.97) Die Dokumente müssen für den Aktionär frei zugänglich und leicht auffindbar (z. B. durch Einstellen auf einer Unterseite „Hauptversammlung“ oder „Investor Relations“) sein.98) Für Informationen oder Dokumente, die nicht der Allgemeinheit zugänglich sein sollen, kann die Gesellschaft den Zugang mittels Passwort oder in ähnlicher Weise beschränken, wobei dies in der Praxis selten erfolgt.99) Für nicht börsennotierte Gesellschaften besteht diese Verpflichtung nicht zwin- 141 gend; sie können nach wie vor die Auslage der Unterlagen in den Geschäftsräumen und die Erteilung von Abschriften auf Verlangen wählen.100) Auch die Pflichtunterlagen nach §§ 175 Abs. 2, 293f Abs. 1 oder 327c Abs. 3 142 müssen nicht mehr zwingend ab der Einberufung in den Geschäftsräumen der Gesellschaft ausgelegt und den Aktionären auf ihr Verlangen zugesendet werden; stattdessen kann die Gesellschaft diese in entsprechender Weise über die Internetseite der Gesellschaft zugänglich machen (§§ 175 Abs. 2 Satz 4, 293 f Abs. 3, 327c Abs. 5). 3.

Rechtsfolgen bei Verstoß

Bei Verstoß gegen die Einberufungsfrist, sind die in der Hauptversammlung 143 gefassten Beschlüsse nach § 243 Abs. 1 anfechtbar. Ein Verstoß gegen die Bekanntmachungspflicht des § 121 Abs. 4 hat dagegen nach § 241 Nr. 1 die Nichtigkeit der in der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse zur Folge. Die Gel___________ 95) Regierungsbegründung ARUG, BT-Drucksache 16/11642, S. 30. 96) Drinhausen/Keinath, BB 2009, 2325, Ziemons, in: Schmitt/Lutter, § 124a Rz. 22; a. A. Hüffer/Koch, AktG, § 124a Rz. 3, der einen Tag nach Bekanntmachung als ausreichend ansieht. 97) Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 124a Rz. 4 – 6. 98) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 124a Rz. 5; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 124a Rz. 10; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 124a Rz. 5. 99) Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 124a, Rz. 5; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, 124a Rz. 12; a. A. Kubis, in: MünchKomm-AktG § 124a Rz. 5. 100) Horn, ZIP 2008, 1561.

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

tendmachung der Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen § 121 Abs. 4 Satz 2 ist gemäß § 242 Abs. 2 Satz 4 dann nicht mehr möglich, wenn der Aktionär den Beschluss genehmigt hat. Bei Nichtbeachtung von § 121 Abs. 4a und § 124a ist hingegen die Anfechtung nach § 243 Abs. 3 Ziff. 2 ausgeschlossen; ein Verstoß stellt jedoch eine Ordnungswidrigkeit nach § 405 Abs. 3a Nr. 1 dar, sofern vorsätzlich oder leichtfertig gehandelt wurde. IV.

Inhalt der Einberufung

144 § 121 Abs. 3 regelt den Mindestinhalt der Einberufung. Es ist zwischen börsennotierten und nicht börsennotierten Gesellschaften zu differenzieren. Zusätzliche Angaben können gemacht werden; sie dürfen allerdings nicht irreführend sein oder unzutreffend als Teilnahmevoraussetzung erscheinen.101) 1.

Mindestangaben der Einberufung

145 § 121 Abs. 3 enthält für alle Gesellschaften zur Gewährleistung einer besseren Unterrichtung der Aktionäre eine zwingende, aber nicht abschließende Aufzählung der Mindestangaben der Einberufung. Danach muss die Bekanntmachung x

die Firma,

x

den Sitz der Gesellschaft,

x

die „Zeit“ der Hauptversammlung, also Tag und Stunde des Beginns,102)

x

den Ort der Hauptversammlung sowie

x

die Tagesordnung

enthalten. Außerdem ist die Person des Einberufenden zu benennen.103) 146 Bei börsennotierten Gesellschaften sind darüber hinaus zur Sicherstellung einer besseren Unterrichtung der Aktionäre gemäß § 121 Abs. 3 zwingend Angaben zu folgenden Punkten erforderlich: x

Die Voraussetzungen für die Teilnahme und die Ausübung des Stimmrechts.

x

Das Verfahren der Stimmabgabe durch einen Bevollmächtigten bzw. durch Briefwahl oder im Wege der elektronischen Kommunikation.

x

Die Rechte der Aktionäre nach §§ 122 Abs. 2, 126 Abs. 1, 127, 131 Abs. 1.

x

Die Internetseite der Gesellschaft.

___________ 101) BGH, Urt. v. 21.9.2009 – II ZR 174/08, WM 2009, 2087. 102) Nicht erforderlich ist eine Angabe zur Dauer der Hauptversammlung, es sei denn, sie wird auch auf den nächsten Tag angesetzt; vgl. Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 9; MarschBarner, in: Marsch-Barner/Schäfer, AG, § 32 Rz. 40; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 121 Rz. 30; OLG Koblenz, Urt. v. 26.4.2001 – 6 U 746/95, ZIP 2001, 1093; LG Mainz, Urt. v. 14.4.2005 – 12 HK O 82/04, AG 2005, 894 f. 103) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 121 Rz. 71; Butzke, HV, B Rz. 69; Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 9.

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IV. Inhalt der Einberufung

Darüber hinaus ergibt sich bei börsennotierten Gesellschaften aus § 30b Abs. 1 147 WpHG die Verpflichtung, auch x

Angaben zur Gesamtzahl der Aktien und Stimmrechte im Zeitpunkt der Einberufung der Hauptversammlung und zu den Rechten der Aktionäre bezüglich der Teilnahme an der Hauptversammlung sowie

x

Mitteilungen über die Ausschüttung und Auszahlung von Dividenden, die Ankündigung der Ausgabe neuer Aktien und die Vereinbarung oder Ausübung von Umtausch-, Bezugs-, Einziehungs- und Zeichnungsrechten sowie die Beschlussfassung über diese Rechte

zu machen. Die Firma der Gesellschaft ist so in die Einladung aufzunehmen, wie sie im Han- 148 delsregister eingetragen ist. Abkürzungen oder die im sonstigen Geschäftsverkehr übliche schlagwortartige Kurzbezeichnung der Firma sind nicht ausreichend. Die Ausschreibung des Wortes „Aktiengesellschaft“ ist nicht notwendig.104) Die Angabe der International-Security-Identification-Number gehört nicht zu den notwendigen Angaben für eine zweifelsfreie Identifizierung der Gesellschaft.105) Bei nicht börsennotierten Gesellschaften kann diese Angabe ohnehin nicht gemacht werden. Hat die Gesellschaft mehrere Sitze, so sind diese anzugeben.106) Als Tag der Hauptversammlung kommt nach noch herrschender Meinung nur 149 ein Werktag in Betracht.107) Samstage,108) Sonn- und Feiertage werden dagegen für die Aktionäre als unzumutbar angesehen. Eine Ausnahme dürfte jedoch vorliegen, wenn die Satzung diese Tage festschreibt und ein gewichtiges Interesse der Gesellschaft an einem Abhalten gerade an diesen Tagen erkennbar ist. Denkbar kann es z. B. sein, dass eine Hauptversammlung zur Wahrung bestimmter aktienrechtlicher Fristen gerade an einem Samstag abgehalten werden muss. Als weitere Ausnahme dürfte die Einbeziehung des Samstags bei vorsorglicher Einberufung auf zwei Tage zumindest dann zulässig sein, wenn der eigentliche Tag der Hauptversammlung ein Freitag ist.109) Bei Einpersonengesellschaften ist der sich aus der Anforderung der Zumutbarkeit ergebende Schutz nicht erforderlich.110) ___________ Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 121 Rz. 27; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 121 Rz. 32. Ungeachtet dessen ist es aber empfehlenswert und üblich diese Nummer anzugeben. Allg. M. vgl. Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 9. Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 121 Rz. 36; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 121 Rz. 32. A. A. Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 121 Rz. 36; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 121 Rz. 68 f.; Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 32 Rz. 41 sowie Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 122 (Stand: 05/1974) Rz. 47, die Samstage generell für zulässig halten. 109) So geschehen bei der Hauptversammlung der Commerzbank AG im Jahre 2009. 110) Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 17; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 121 Rz. 32.

104) 105) 106) 107) 108)

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

150 Beginn und Ende der Hauptversammlung müssen zumutbar sein. Dies wird angenommen, wenn der Beginn der Hauptversammlung nicht vor 8:00 Uhr morgens angesetzt wird und nicht über Mitternacht dauert.111) In der Praxis hat sich dagegen eingebürgert, dass die Hauptversammlungen nicht vor 10:00 Uhr beginnen. Dies erscheint sinnvoll. Ein früherer Beginn erschwert unnötig die Anreise, vergegenwärtigt man sich, dass gerade bei großen Publikumsgesellschaften mit einer Anreise von Aktionären aus großer Entfernung gerechnet werden muss. Dagegen ist es durchaus zulässig, wenn eine frühzeitig begonnene Hauptversammlung bis in die Abendstunden andauert. Äußerste Grenze wird aber hier Mitternacht sein.112) Zwar sind die nach Mitternacht gefassten Beschlüsse nicht mehr per se nichtig, jedoch bei Unzumutbarkeit der Dauer kann Anfechtbarkeit gegeben sein.113) Geht man aufgrund der Anzahl der Tagesordnungspunkte oder deren inhaltlicher Bedeutung und Komplexität von einer längeren Dauer aus, wie z. B. bei Squeeze-out-Hauptversammlungen, kann ausnahmsweise – wie in der Praxis üblich – eine Einberufung der Hauptversammlung für zwei Tage erfolgen.114) 151 Den Ort der Hauptversammlung bestimmt in der Regel die Satzung. Es muss sich dabei jedoch um eine konkrete Festlegung eines Orts oder mehrerer Orte handeln,115) wobei die in der Praxis anzutreffende Formulierung „Die Hauptversammlungen der Gesellschaft finden am Sitz der Gesellschaft, an einem anderen deutschen Börsenplatz oder in einer anderen deutschen Großstadt mit mehr als 250.000 Einwohnern statt.“116)

als bestimmt genug angesehen werden kann. Zwar hat der Bundesgerichtshof117) eine vergleichbare Satzungsregelung einer Europäischen Aktiengesellschaft (SE) ___________ 111) Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 121 Rz. 70; Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 17; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 121 Rz. 36. 112) Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 32 Rz. 40. So wohl auch im Grundsatz Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 121 Rz. 70, der jedoch bei kleinen „börsenfernen“ Gesellschaften eine maßvolle Überschreitung der Mitternachtsgrenze für zumutbar hält, sofern die Hauptversammlung bewusst in die Abendstunden verlagert wurde, die Verzögerung auf rege Aktionärsdebatten zurückzuführen ist und eine angemessene Stimmrechtsvertretung/Briefwahl gewährleistet ist. 113) H. M. OLG Koblenz, Urt. v. 26.4.2001 – 6 U 746/95, ZIP 2001, 1093; OLG München, Urt. v. 28.9.2011 – 7 U 711/11, AG 2011, 840 (842); LG München I, Beschl. v. 12.7.2007 – 5 HK O 9543/07, AG 2008, 340, 342; vgl. auch Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 17 m. w. N.; a. A. LG Düsseldorf, Beschl. v. 16.5.2007 – 36 O 99/06, ZIP 2007, 1859 f.; Schwab, in: Schmidt/Lutter, § 241 Rz. 11; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 121 Rz. 35; MarschBarner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 32 Rz. 40, die Nichtigkeit der Beschlüsse annehmen. 114) Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 17a m. w. N. 115) MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 49; Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 13 m. w. N.; weitergehender Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 121 (Stand: 05/1974) Rz. 40, der eine Bestimmung nach allgemeinen Merkmalen, wie z. B. Großstadt in einer bestimmten Region, für ausreichend erachtet. 116) Satzung der Commerzbank AG in der Fassung v. 26.5.2016. 117) BGH, Urt. v. 21.10.2014 – II ZR 330/13, AG 2015, 82.

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IV. Inhalt der Einberufung

mit Gebietsbezug auf die Europäische Union aufgrund der sich dann ergebenden großen Anzahl geografisch weit auseinanderliegender Orte als für zu unbestimmt angesehen, diese Entscheidung dürfte jedoch nicht auf eine Satzungsbestimmung mit dem geografisch deutlich engeren Gebietsbezug Deutschland übertragbar sein.118) Unzulässig ist dagegen, wenn dem Einberufenden die freie Wahl des Hauptversammlungsorts überlassen wird.119) Bestimmt die Satzung den Ort der Hauptversammlung nicht, soll diese nach 152 § 121 Abs. 5 Satz 1 am Sitz der Gesellschaft stattfinden. Bei mehreren Sitzen kann an jedem Sitz einberufen werden. Sind die Aktien der Gesellschaft an einer deutschen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen, kann die Hauptversammlung auch am Sitz der Börse stattfinden. Die Aktionäre sollen durch diese Vorgabe vor einer willkürlichen Festlegung des Versammlungsortes geschützt werden; sofern gewichtige Sachgründe vorliegen kann im Einzelfall jedoch von dieser Sollvorschrift abgewichen werden. Bei dieser Entscheidung ist größte Sorgfalt anzuwenden, da die Unzulässigkeit des Ortes die Anfechtbarkeit der in der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse begründet.120) Der Ort der Hauptversammlung ist in der Einberufung mit der verkehrsüblichen Genauigkeit zu benennen. Zur Vermeidung jeglichen Risikos, sollte gerade bei größeren Städten die Stadt mit Stadtteilsbezeichnung, Straße, Hausnummer und bei größeren Gebäuden die Angabe des Versammlungslokals erfolgen. Ist ordnungsgemäß eingeladen, kann z. B. bei Bombendrohung, technischen Prob- 153 lemen oder baulichen Mängeln eine Auswechslung des Versammlungsraums erfolgen. Notwendig ist jedoch ein eindeutiger Hinweis auf den neuen Versammlungsort und die Sicherstellung, dass rechtzeitig angereiste Versammlungsteilnehmer die Hauptversammlung am neuen Ort auch rechtzeitig erreichen können. Die Hauptversammlung kann auch im Ausland stattfinden, wenn die Satzung 154 einen ausländischen Versammlungsort vorsieht und die Teilnahmerechte der Aktionäre hierdurch nicht beeinträchtigt werden, da der Hauptversammlungsort von den Aktionären ohne wesentliche Erschwernis (z. B. durch höhere finanzielle Belastung oder Einreisehindernisse) erreicht werden kann.121) Dies ist z. B. dann der Fall, wenn sämtliche Aktionäre im Ausland ihren Sitz haben, oder in grenz-

___________ 118) Rieckers, DB 2015, 2137; Wettich, AG 2015, 685. 119) BGH, Urt. v. 8.11.1993 – II ZR 26/93, NJW 1994, 320, 321 f.; Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 13; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 121 Rz. 72; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 121 Rz. 91; Drinhausen, in: Hölters, AktG, § 121 Rz. 41. 120) H. M. vgl. Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 12 m. w. N. zur Rechtsprechung. 121) BGH, Urt. v. 21.10.2014 – II ZR 330/13, AG 2015, 82 = BGHZ 203, 68 Rz. 13 ff. = NJW 2015, 336; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 121 Rz. 96; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 121 Rz. 187 f.; weitere Nachweise, auch zu der bisherigen kontroversen Debatte, siehe Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 14 f.

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

nahen Gebieten.122) Die Satzungsbestimmung muss die vorstehend beschriebenen Einschränkungen zum Schutz des Teilnahmeinteresses der Aktionäre beachten.123) 155 Probleme kann jedoch die nach § 130 bestehende Pflicht zur notariellen Beurkundung bereiten. Die Beurkundung ist nach § 130 Abs. 1 Satz 3 bei nicht börsennotierten Aktiengesellschaften dann entbehrlich, wenn in der Hauptversammlung keine Beschlüsse gefasst werden, die mindestens eine ¾-Mehrheit erfordern. Sofern eine Beurkundung erforderlich ist, kann diese unstreitig durch einen Konsularbeamten vorgenommen werden.124) Die Zulässigkeit der Beurkundung durch eine ausländische Urkundsperson ist umstritten. Teilweise wird die Beurkundung durch eine ausländische Urkundsperson als unzulässig abgelehnt,125) von der herrschenden Meinung allerdings als zulässig erachtet, sofern die Beurkundung gleichwertig ist.126) Die Anforderungen an die Feststellung der Gleichwertigkeit sind umstritten.127) Eine Beurkundung durch einen deutschen Notar im Ausland ist nach § 2 Abs. 1 BeurkG nicht möglich. 156 Wegen des Wirksamkeits- oder Verzögerungsrisikos sollte in diesen Fällen mit Blick auf die Rechtsfolgen von Beurkundungsfehlern größte Vorsicht bei der Wahl eines ausländischen Versammlungsortes angewendet werden. Im Einzelfall sollten die Kostenvorteile einer Auslandsversammlung und die Risiken, bei der Eintragung von Grundlagenbeschlüssen insbesondere auch das Verzögerungsrisiko, sorgfältig gegeneinander abgewogen und ggf. mit dem zuständigen Registergericht abgeklärt werden, ob der Nachweis der Gleichwertigkeit verlangt und die beabsichtigte Beurkundung durch die ausländische Urkundsperson als gleichwertig angesehen wird. 157 Die Verlegung der Hauptversammlung auf einen anderen Tag (nicht nur eine geringfügige zeitliche Verschiebung) oder an einen anderen Versammlungsort (nicht nur ein anderes Versammlungslokal) erfordert die erneute Einberufung unter Einhaltung sämtlicher Fristen und Formen.128) ___________ 122) BGH, Urt. v. 21.10.2014 – II ZR 330/13, AG 2015, 82, 83 = BGHZ 203, 68 Rz. 13 ff. = NJW 2015, 336; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 121 Rz. 98. 123) BGH, Urt. v. 21.10.2014 – II ZR 330/13, AG 2015, 82, 83 = BGHZ 203, 68 Rz. 13 ff. = NJW 2015, 336; kritisch Bungert/Leyendecker-Langner, BB 2015, 268, 269. 124) BGH, Urt. v. 21.10.2014 – II ZR 330/13, AG 2015, 82, 83 = BGHZ 203, 68 Rz. 13 ff. = NJW 2015, 336; so bereits Drinhausen, in: Hölters § 130 Rz. 13; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 130 Rz. 402. 125) OLG Hamburg, Urt. v. 7.5.1993 – 2 Wx 55/91, ZIP 1993, 921. 126) So BGH, Urt. v. 21.10.2014 – II ZR 330/13, AG 2015, 82 = BGHZ 203, 68 Rz. 13 ff. = NJW 2015, 336; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 121 Rz. 97; Kubis, in: MünchKommAktG, § 121 Rz. 93; Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 16; Butzke, HV, B Rz. 14; Butzke, in: Großkomm. z. AktG, § 121 Rz. 123. 127) Vgl. Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 16 m. w. N. zu Literatur und Rechtsprechung. 128) Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 18 m. w. N.

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IV. Inhalt der Einberufung

Die Tagesordnung ist als zwingender Bestandteil der Einberufung bekannt zu 158 machen. Die Angabe der Voraussetzungen für die Teilnahme an der Hauptversammlung 159 und die Ausübung des Stimmrechts ist nur von börsennotierten Gesellschaften anzugeben. Nicht börsennotierte Gesellschaften sind von dieser Verpflichtung ausgenommen.129) Nicht ausreichend ist es, sich auf die bloße Wiedergabe des Gesetzes- oder Satzungstextes zu beschränken. Erforderlich ist vielmehr, dass die Bedingungen kurz umschrieben werden. Dazu gehört auch die zutreffende und vollständige Darstellung der in der Satzung enthaltenen Anforderungen an eine Anmeldung, die Person eines Bevollmächtigten sowie etwaiger Erleichterungen zur Vollmachtserteilung (§ 134 Abs. 3 Satz 2). Die Satzung kann – sowohl für börsennotierte als auch für nicht börsennotierte 160 Gesellschaften – nach § 123 Abs. 2 vorschreiben, dass die Aktien vor der Hauptversammlung anzumelden sind. Bei einer großen Anzahl von Gesellschaften enthält die Satzung derartige Bestimmungen, die die Teilnahme an der Hauptversammlung und auch die Ausübung des Stimmrechts von der Anmeldung des Aktionärs bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vor der Hauptversammlung abhängig machen. Die satzungsmäßige Verpflichtung zur Anmeldung bei Inhaberaktien ist sinnvoll, da sich Aktionäre sonst noch in der Hauptversammlung durch Vorlage der Aktienurkunden oder bei nicht börsennotierten Gesellschaften auch durch Vorlage einer Bankbescheinigung legitimieren können. Ist in der Satzung die Anmeldefrist nicht ausdrücklich bestimmt, muss sie mindestens sechs Tage betragen. In der Satzung oder – sofern die Satzung den Vorstand entsprechend ermächtigt – der Einberufung kann eine kürzere Frist vorgesehen werden; eine Verlängerung ist nicht zulässig. Diese kürzere Frist muss in Kalendertagen und nicht in „Werktagen“ bemessen sein.130) Ist in der Satzung die Anmeldung vorgesehen, verlängert sich die Einberufungsfrist um die Tage der Anmeldefrist. Ist in der Satzung für die Anmeldung keine bestimmte Form vorgegeben, kann diese formfrei erfolgen;131) es gelten die allgemeinen Regeln über den Zugang von Willenserklärungen (§§ 130 ff. BGB), sodass die Anmeldung schriftlich auch per Fax und E-Mail, mündlich entweder persönlich oder telefonisch oder auch konkludent durch Übersendung des Legitimationsnachweises oder durch die Anforderung von Briefwahlunterlagen möglich ist.132) Ohne eine Ermächtigung in der Satzung kann der Vorstand für die Anmeldung kein bestimmtes Formerfordernis vorsehen. ___________ 129) Horn, ZIP 2008, 1558. 130) Hüffer/Koch, AktG, § 123 Rz. 7. 131) H. M. Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 123 Rz. 9; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 123 Rz. 8; Drinhausen, in: Hölters, AktG, § 123 Rz. 8; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 123 Rz. 24; OLG Stuttgart, Beschl. v. 1.12.2008 – 20 W 12/08, AG 2009, 204, 211. 132) Linnerz/Hoppe, BB 2016, 1098; Drinhausen, in: Hölters, AktG, § 123 Rz. 8; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 123 Rz. 9; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 123 Rz. 24.

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

161 Die Satzung kann sowohl bei Inhaberaktien als auch bei Namensaktien regeln, wie der Nachweis der Berechtigung zur Teilnahme und zur Ausübung des Stimmrechts zu erbringen ist (§ 123 Abs. 3). Für die Fristberechnung gilt die Regelung für die Anmeldefrist (§ 123 Abs. 2 Satz 5) entsprechend. Nicht börsennotierte Gesellschaften sind in der Gestaltung der Legitimation frei, können die Satzungsregelung aber auch an die gesetzlichen Vorgaben für börsennotierte Gesellschaften anlehnen (siehe § 123 Abs. 4 und 5). Es können neben der Bankbescheinigung auch andere Nachweisformen zugelassen oder es kann ganz auf einen Nachweis verzichtet werden.133) Die Hinterlegung als Nachweis spielt nur noch eine Rolle, wenn physische Urkunden ausgegeben wurden.134) 162 Bei börsennotierten Gesellschaften ist – unabhängig von einer Satzungsregelung – die Gestaltungsfreiheit zum Schutz der Aktionäre durch § 123 Abs. 4 und 5 eingeschränkt. Es ist zwischen Inhaberaktien und Namensaktien zu differenzieren. Bei Inhaberaktien ist gemäß § 123 Abs. 4 Satz 1 immer ein vom depotführenden Institut erstellter besonderer Nachweis des Anteilsbesitzes (Bankbescheinigung) ausreichend. Für diese Bankbescheinigung ist Textform ausreichend. Sie muss sich auf den Beginn des 21. Tages vor der Versammlung (bei mehrtägigen Versammlungen ist der 1. Tag maßgeblich)135) beziehen (Record Date) und begründet, sofern sie der Gesellschaft innerhalb der Anmeldefrist vor der Versammlung zugeht, die unwiderlegbare Vermutung der Berechtigung. Gesetzlich nicht geregelt ist, in welcher Sprache die Bankbescheinigung verfasst sein muss, sodass zu empfehlen ist dies in einer Satzungsregelung festzulegen.136) Die Satzung kann zusätzlich alternative Formen der Legitimation (hiervon ist auch bei der Weiterführung alter Satzungsregelungen auszugehen) zulassen, was z. B. dann zu empfehlen ist, wenn nicht alle Aktien girosammelverwahrt sind.137) Bei Namensaktien ist gemäß § 123 Abs. 5 die Eintragung im Aktienregister maßgeblich. 163 Der Hinweis auf den Nachweisstichtag (Record Date) und eine Erläuterung seiner Bedeutung sind in der Einberufung gemäß § 121 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 ebenfalls erforderlich. Da es sich beim Record Date nicht um eine Frist, sondern um einen Stichtag handelt, sind dessen konkretes Datum sowie der Tag des letzten ___________ 133) Ob dieser weite Gestaltungsspielraum auch bei Namensaktien nicht börsennotierter Gesellschaften gilt, ist streitig, vgl. Hüffer/Koch, AktG, § 123 Rz. 10 m. w. N. 134) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 123 Rz. 38 f u. 44. 135) BGH, Urt. v. 7.12.2009 – II ZR 239/08, AG 2010, 453; OLG Stuttgart, Urt. v. 15.10.2008 – 20 U 19/07, AG 2009, 124 (126 f.) 136) Für Zulässigkeit in deutscher und englischer Sprache: Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 123 Rz. 29b; Hüffer/Koch, AktG, § 123 Rz. 11; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 123 Rz. 173; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 123 Rz. 33; weitergehend Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 123 Rz. 50, die jede Sprache für zulässig hält. 137) Hüffer/Koch, AktG, § 123 Rz. 11; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 123 Rz. 28.

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IV. Inhalt der Einberufung

Zugangs des Nachweises bei der Gesellschaft anzugeben.138) Abweichend von der früher gängigen Praxis, sollte ein Hinweis aufgenommen werden, dass die Aktien nach dem Record Date zur freien Veräußerung und Verfügbarkeit stehen und dies keine Auswirkung auf das Teilnahmerecht und die Ausübung der Stimmrechte in der Hauptversammlung hat.139) Hat die Gesellschaft nur Namensaktien ausgegeben, ist die Angabe des Record Date nicht erforderlich, da sich der Nachweis der Aktionärseigenschaft gemäß § 67 Abs. 2 aus dem Aktienregister ergibt. Die Festlegung eines Nachweisstichtages auch bei Namensaktien wird – abweichend von der in der Vorauflage vertretenen Auffassung – nicht mehr empfohlen. Die Zulässigkeit war in der Literatur umstritten und einschlägige Rechtsprechung liegt nicht vor.140) Da der Gesetzgeber die ursprünglich geplante Einführung eines Record Date auch für Namensaktien im Rahmen der Aktienrechtsnovelle 2016 wieder verworfen hat, wird dies nunmehr als unzulässig angesehen. Bei Namensaktien kann stattdessen ein sog. „Umschreibestopp“ angeordnet werden, d. h. die Bearbeitung von Umschreibeanträgen wird für die Dauer der Anmeldefrist (die höchstens 6 Tage vor dem Tag der Hauptversammlung beginnen darf) bis zur Hauptversammlung ausgesetzt.141) In die Einberufung sollte in diesem Fall das Datum, an dem der Umschreibestopp beginnt, und eine Aufforderung an die Aktionäre, die Umschreibeanträge möglichst rechtzeitig vor diesem Datum zu stellen, aufgenommen werden. Üblicherweise beginnt der Umschreibestopp mit Ablauf des letzten Tages der Anmeldefrist. Diese entspricht nach der gesetzlichen Regelung der Frist für den Zugang des Nachweises der Teilnahmeberechtigung bei Inhaberaktien.142) Darüber hinaus sind von börsennotierten Gesellschaften Angaben über das Ver- 164 fahren der Stimmabgabe zu machen. Dies betrifft die Stimmabgabe durch einen Bevollmächtigten sowie per Briefwahl oder im Wege elektronischer Kommunikation. Hinsichtlich der Art und Weise der Vollmachtserteilung ist zu unterscheiden, ob diese einem Kreditinstitut (oder diesen gleichgestellten Instituten) (§ 135 Akt) oder einem sonstigen Dritten (§ 134 Abs. 3) erteilt wird.143) Die ___________ 138) Regierungsbegründung ARUG, BT-Drucksache 16/11642, S. 40; LG Frankfurt, Beschl. v. 2.10.2007 – 3-05 O 196/07, NZG 2008, 113; Horn, ZIP 2008, 1559; Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 10a; Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 35. 139) Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 39; a. A. OLG Frankfurt, Urt. v. 21.7.2009 – 5 U 139/08, NZG 2009, 1069; OLG Stuttgart, Urt. v. 15.10.2009 – 5 U 139/08, NZG 2009, 1068 f. 140) Dafür: v. Nussbaum, NZG 2009, 457; Rieckers, in Spindler/Stilz, AktG, § 123 Rz. 32; dagegen: Ziemons, in Schmidt/Lutter, § 123 Rz. 36 f. 141) Vgl. z. B. die Einladung der Deutschen Telekom AG zur Hauptversammlung 2017. 142) BGH, Urt. v. 21.9.2009 – II ZR 174/08, WM 2009, 2087; OLG Köln, Beschl. v. 11.2.2009 – 18 W 11/09, AG 2009, 449; LG Köln, Beschl. v. 5.12.2008 – 82 O 91/08, AG 2009, 450; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 123 Rz. 34; von Nussbaum, NZG 2009, 458; Hüffer/Koch, AktG, § 67 Rz. 20. und § 121 Rz. 14. 143) Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 42.

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

Vollmacht bedarf der Textform (ausreichend sind auch Telefax, E-Mail, Bildschirmformular oder Internetdialog)144); ein Hinweis hierauf und die Bereitstellung der Formulare in Textform sind erforderlich.145) Dieses wird in der Praxis grundsätzlich mit der Eintrittskarte, oft auf dieser aufgedruckt, übersandt. Die Nutzung dieses Vollmachtformulars kann allerdings nur für den Fall der Bevollmächtigung eines Vertreters der Gesellschaft zwingend vorgeschrieben werden, um die Stimmrechtsausübung zu vereinfachen.146) Hinzuweisen ist auch auf die Art und Weise, wie der Gesellschaft der Nachweis über die Bestellung des Bevollmächtigten elektronisch übermittelt werden kann. Hierfür hat die Gesellschaft in jedem Fall auch einen PC-gestützten Kommunikationsweg anzubieten, das Vorhalten eines Fax-Gerätes ist nicht ausreichend.147) In der Einberufung sollte daher eine spezielle Fax-Nr. und E-Mail-Adresse für die Vollmachtserteilung angegeben werden. Ist die Stimmabgabe im Wege elektronischer Kommunikation in der Satzung vorgesehen, sind Angaben zu machen, wie die Stimmabgabe erfolgen kann, z. B. per E-Mail oder Internetdialog.148) Zu erläutern sind jeweils die technischen Anforderungen und Verfahrensschritte, die für eine ordnungsgemäße Stimmabgabe erforderlich sind.149) 165 Auch die Rechte der Aktionäre in Bezug auf die Einreichung von Ergänzungsund Gegenanträgen zur Tagesordnung sowie zu Wahlvorschlägen sind anzugeben und ggf. zu erläutern.150) Hat die Gesellschaft diese Rechte ausführlich auf ihrer Internetseite beschrieben, genügt in der Einberufung ein Hinweis auf diese Erläuterung. Hieraus können für die Gesellschaft jedoch Anfechtungsrisiken erwachsen, wenn es zu Zugangsschwierigkeiten bei der Internetseite kommt, da dieser Fall nicht von den Anfechtungsausschlüssen in § 243 Abs. 3 erfasst wird. Es wird daher empfohlen die Rechte in der Einberufung zumindest ergänzend knapp zu erläutern.151) Zwingend anzugeben sind jedoch die einzuhaltenden Fristen für die Ausübung dieser Rechte. Diese sind konkret zu berechnen und es ist

___________ 144) Vgl. Götze, NZG 2010, 93 m. w. N. 145) Vgl. hierzu auch § 30a Abs. 1 Nr. 5 WpHG, wonach ein Vollmachtsformular in Textform auf Verlangen zu übermitteln ist. 146) Vgl. Horn, ZIP 2008, 1559; Hüffer/Koch, AktG § 121 Rz. 10b; Ziemons, in Schmidt/ Lutter, § 121 Rz. 58. Verwendet der Aktionär andere Formulare und Vollmachten ist dies zulässig. Zur Vollmachtserteilung an geschäftsmäßig Handelnde siehe Kap. C. Rz. 263. 147) Regierungsbegründung ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 28 i. V. m. S. 32. 148) Regierungsbegründung ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 28; Horn, ZIP 2008, 1559; vgl. z. B. die Einladung der Deutschen Telekom AG zur Hauptversammlung 2017. 149) Vgl. Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 44. 150) Zur konkreten Formulierung siehe Anlage 3 „Einberufung der Hauptversammlung“, S. 427. 151) Vgl. Grobecker, NZG 2010, 167; Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 10d; Ziemons, in: Schmidt/ Lutter, § 121 Rz. 65 ff.

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IV. Inhalt der Einberufung

jeweils der letzte Tag zur Wahrnehmung eines Rechts mit einem konkreten Datum zu nennen.152) Zu erläutern sind auch die Auskunftsrechte der Aktionäre in der Hauptversamm- 166 lung. Hierfür genügt die Bezeichnung der Vorschrift nicht, es sind vielmehr der wesentliche Inhalt und auch die Grenzen zu erläutern.153) Es sollte auch darauf hingewiesen werden, dass es sich hierbei um ein nicht fristgebundenes Recht handelt.154), 155) Sofern sich diese Informationen auf der Internetseite der Gesellschaft befinden, kann hierauf verwiesen werden.156) Aus § 30b Abs. 1 Nr. 1 WpHG ergibt sich außerdem die Pflicht, die Aktionäre 167 über ihre Rechte zur Teilnahme an der Hauptversammlung zu informieren. Hieraus ergibt sich die über die Regelung des Aktiengesetzes hinausgehende Verpflichtung, auch Angaben zur Gesamtzahl der Aktien und Stimmrechte im Zeitpunkt der Einberufung zu machen. Des Weiteren ist die Internetseite der Gesellschaft anzugeben, über die im Vor- 168 feld der Hauptversammlung Informationen nach § 124a zugänglich gemacht werden. Erforderlich und ausreichend ist die Angabe der URL (UniformResource-Locator), z. B. http://www.XYZ-AG.de, die den Webbrowsern einen Zugriff auf die jeweilige Internetseite ermöglicht.157) Auf dieser Internetseite müssen neben allgemeinen gesellschaftsspezifischen Angaben wie z. B. Adressangaben, der Inhalt der Einberufung und die wesentlichen Angaben zur Hauptversammlung, notwendige Informationsunterlagen, Informationen zu Aktien und Stimmrechten sowie die Formulare zur Stimmrechtsausübung in den Fällen des § 121 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 zugänglich sein.158) Sämtliche Ausführungen sollten so formuliert sein, dass auch ein mit dem deutschen Recht nicht vertrauter Aktionär diese verstehen kann. Rechtsberatende Erläuterungen sind nicht erforderlich.159) ___________ 152) Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 10d; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 121 Rz. 65; Drinhausen/Keinatz, BB 2009, 66; Herrler/Reymann, DNotZ 2009, 816; Regierungsbegründung ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 28; vgl. die Einladung der Deutschen Telekom AG zur Hauptversammlung 2017. 153) So Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 10d; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 121 Rz. 68; a. A. Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 121 Rz. 68; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 121 Rz. 109. 154) Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 10d. 155) Zur konkreten Formulierung siehe Anlage 3 „Einberufung der Hauptversammlung“, S. 427. 156) Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 10d; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 121 Rz. 66. 157) So Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 50; Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 10e; Rieckers, in: Spindler-Stilz, AktG, § 121 Rz. 46; a. A. Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 121 Rz. 69, die die zusätzliche Angabe des „Klick-Pfads“ für erforderlich hält. 158) Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 10e. 159) Regierungsbegründung ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 28.

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

2.

Inhalt der Tagesordnung und Bekanntmachungspflichten

a)

Allgemeines

169 Die Tagesordnung ist als zwingender Bestandteil der Einberufung bekannt zu machen. Bezweckt wird mit dieser Vorschrift, den Aktionären Gelegenheit zu geben, sich über die Beschlussgegenstände rechtzeitig zu informieren und dadurch ihr Teilnahme- und Stimmrecht sinnvoll einzusetzen.160) Unter dem Begriff Tagesordnung ist die Zusammenstellung der Versammlungs-, vornehmlich Beschlussgegenstände, in der Reihenfolge ihrer Behandlung in der Hauptversammlung zu verstehen. Die Tagesordnung umfasst also Gegenstände, über die eine Sachentscheidung zu treffen ist, und solche, über die keine Beschlussfassung zu erfolgen hat. Letzteres ist z. B. die Vorlage des Jahresabschlusses gemäß § 175 Abs. 1 oder die Anzeige, dass die Hälfte des Grundkapitals verloren ist (§ 92 Abs. 1). Typische Gegenstände der Beschlussfassung sind dagegen Gewinnverwendung, Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats, Wahl des Abschlussprüfers, Satzungsänderungen oder Kapitalerhöhungsmaßnahmen. Die Beschlussgegenstände müssen so konkret benannt werden, dass die Aktionäre und ihre Vertreter ohne Weiteres deren Inhalt erkennen können.161) 170 Davon zu unterscheiden sind Anträge, die im Zusammenhang mit der Bekanntmachung der Tagesordnung keiner Bekanntmachung bedürfen.162) Dies ist dann der Fall, wenn keine Beschlussfassung erforderlich ist,163) weil z. B. nur deren Diskussion in der Hauptversammlung gewollt ist oder bei Anträgen zu Gegenständen der Tagesordnung wie z. B. Geschäftsordnungsfragen. Zu beachten ist aber, dass der Erlass einer ständigen Geschäftsordnung durch die Hauptversammlung nicht zu den bekanntmachungsfreien Gegenständen der Tagesordnung gehört.164) 171 Besteht eine Bekanntmachungsverpflichtung, so sind die Gegenstände einzeln zu bezeichnen und zu ordnen. Es bedarf einer konkreten inhaltlichen Fixierung, damit der Aktionär erkennen kann, was Beschlussgegenstand ist. So würde ein Punkt „Verschiedenes“ ohne weitere Konkretisierung nicht ausreichen. 172 Damit die Aktionäre die Möglichkeit haben, sich schon vor der Hauptversammlung eine vorläufige Meinung zu bilden, eventuell Gegenanträge zu stellen, und ___________ 160) Hüffer/Koch, AktG, § 124 Rz. 1. 161) OLG Stuttgart, Urt. v. 23.1.1995 – 5 U 117/94, AG 1995, 284; OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.4.1997 – 6 U 20/96, ZIP 1997, 1153; Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 9; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 121 Rz. 44; Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 32 Rz. 47. 162) MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 64; Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 124 (Stand: 05/1974) Rz. 14 ff. 163) Sofern die Bekanntmachungspflicht nicht speziell geregelt ist, wie z. B. in § 175 Abs. 1 oder in § 92 Abs. 1. 164) MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 67; Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 124 (Stand: 05/1974) Rz. 16.

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IV. Inhalt der Einberufung

um die Erteilung von Weisungen an die Kreditinstitute und Aktionärsvereinigungen zu erleichtern, haben Vorstand und Aufsichtsrat grundsätzlich zu jedem Gegenstand der Tagesordnung, zu dem eine Beschlussfassung erfolgen soll, einen Beschlussvorschlag zu machen. Eventual- und Alternativvorschläge sind zulässig.165) Diese Vorschläge sind ebenfalls mit der Tagesordnung bekannt zu machen. Für die Wahl von Aufsichtsräten und Abschlussprüfern kann nur der Aufsichtsrat einen Vorschlag machen. Die Hauptversammlung ist im Gegensatz zu Aufsichtsrat und Vorstand an diese Vorschläge nicht gebunden. Bei beschlusslosen Tagesordnungspunkten ist eine Begründung zu veröffentlichen. Auch bei Tagesordnungspunkten, die auf Verlangen einer Aktionärsminderheit 173 zusätzlich auf die Tagesordnung gesetzt worden sind, bedarf es keiner Vorschläge der Verwaltung (§ 122 Abs. 2, § 124 Abs. 3 Satz 3). Sinnvoll ist jedoch eine Stellungnahme der Verwaltung zu dem Beschlussvorschlag, der in der Regel von einem Minderheitsaktionär kommt. Nicht vergessen werden sollte, dass bei einigen Vorschlägen bzw. Bekanntmachungen von Tagesordnungspunkten Sonderregelungen bestehen und die Tagesordnung zusätzliche Informationen für die Aktionäre enthalten muss. So muss bei der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern angegeben werden, nach welchen gesetzlichen Vorschriften sich der Aufsichtsrat zusammensetzt und ob die Hauptversammlung an Wahlvorschläge gebunden ist. Bezüglich des Vorschlags zur Gewinnverwendung ist zu beachten, dass dieser in der in § 170 Abs. 2 Satz 2 näher bestimmten Art gegliedert sein muss.166) b)

Satzungsänderung

Steht eine Satzungsänderung auf der Tagesordnung, bedarf es nach § 124 Abs. 2 174 Satz 3 Alt. 1 der Bekanntmachung des Wortlauts der vorgeschlagenen Änderung in der Tagesordnung.167) Die bisherige Fassung muss dabei nicht veröffentlicht werden.168) Um den Umfang der Änderung besser beurteilen zu können und um ein besseres Verständnis der Satzungsänderung zu ermöglichen, sollten die Änderungen in einer markierten Fassung für den Aktionär kenntlich gemacht werden. Bei größeren Satzungsänderungen empfiehlt sich, unter Umständen eine Synopse zwischen der bisherigen und der zur Beschlussfassung vorgeschlage___________ 165) H. M. OLG Frankfurt, Urt. v. 20.10.2010 – 23 U 121/08, AG 2011, 36 (41); Hüffer/Koch, AktG, § 124 Rz. 12 u. 17; MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 76; Kubis, in: MünchKommAktG § 124 Rz. 36 m. w. N.; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 124 Rz. 12 und 18 (zustimmend für Beschlussvorschläge und Eventualvorschläge, ablehnend für Alternativvorschläge). 166) MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 80; Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 124 (Stand: 05/1974) Rz. 35. 167) H. M. Hüffer/Koch, AktG, § 124 Rz. 7, OLG Celle, Urt. v. 15.7.1992 – 9 U 65/91, AG 1993, 178 f.; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 124 Rz. 13; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 124 Rz. 39 ff.; MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 71; a. A. Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 32 Rz. 49 m. w. N. 168) KG, Urt. v. 31.1.1996 – 23 U 3989/94, AG 1996, 422, dazu EWiR 1996, 721 (Dreher); Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 124 Rz. 43 m. w. N.

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

nen neuen Fassung der Satzung als Anlage zur Tagesordnung beizufügen. Die Beifügung einer markierten Satzung oder eine Synopse in der Bekanntmachung schränkt nach zutreffender herrschender Meinung169) den Kreis zulässiger Beschlussgegenstände nicht ein; maßgeblich ist hierfür nur der Wortlaut der Kurzkennzeichnung in der Tagesordnung. c)

Kapitalerhöhung

175 Ist eine Kapitalerhöhung beabsichtigt, so ist deren Art in die Bekanntmachung mit aufzunehmen. Durch die Notwendigkeit, den wesentlichen Inhalt von Satzungsänderungen anzugeben, werden die Aktionäre zudem über wesentliche Einzelheiten der beabsichtigten Kapitalerhöhungsmaßnahme informiert. Zudem dürfte es erforderlich sein, zumindest Angaben über den Ausgabebetrag in die Bekanntmachung mit aufzunehmen. Ist ein Bezugsrechtsausschluss vorgesehen, muss der Vorstand darauf ausdrücklich in der Tagesordnung hinweisen und der Hauptversammlung zusätzlich noch einen schriftlichen Bericht zugänglich machen, der den Grund für den Ausschluss des Bezugsrechts darlegt und die Begründung des vorgeschlagenen Ausgabebetrags enthält. Dies muss nicht in Papierform erfolgen, sondern kann mit entsprechendem Hinweis in der Einberufung auch elektronisch über die Homepage der Gesellschaft geschehen.170) Hierdurch wird den von der Rechtsprechung171) aufgestellten Anforderungen an die Information der Aktionäre ausreichend Rechnung getragen. d)

Zustimmungsbedürftige Verträge/Strukturmaßnahmen

176 Verträge, die der Zustimmung der Hauptversammlung bedürfen, sind bei Abschluss, Änderung und Bekanntmachung172) gemäß § 124 Abs. 2 Satz 3 Alt. 2 ihrem wesentlichen Inhalt nach bekannt zu machen. Hierzu gehören vor allem x

Unternehmensverträge (§§ 293 Abs. 1 und 2, 295 Abs. 1 AktG),

x

Verschmelzungsverträge (§§ 13, 60 ff. UmwG),

x

Spaltungs- und Übernahmeverträge (§ 126 UmwG),

x

Verträge zur Übertragung des Vermögens (§ 179a, §§ 174f UmwG),

x

Nachgründungsverträge (§ 52 Abs. 1 AktG),173)

___________ 169) Hüffer/Koch, AktG, § 124 Rz. 7 f.; OLG Celle, Urt. v. 15.7.1992 – 9 U 65/91, AG 1993, 178 f.; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 124 Rz. 13; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 124 Rz. 39; MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 71. 170) Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rz. 22 ff. m. w. N. 171) BGH, Urt. v. 9.11.1992 – II ZR 230/91, ZIP 1992, 1732. 172) Hüffer/Koch, AktG, § 124 Rz. 13; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 124 Rz. 19; Noack/ Zetzsche, in Kölner Komm AktG, § 124 Rz. 49; a. A. in Bezug auf die Vertragsbeendigung Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 124 Rz. 23. 173) OLG München, Beschl. v. 28.1.2002 – 7 W 814/01, AG 2003, 163.

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IV. Inhalt der Einberufung

x

Verzicht oder Vergleich bei Ersatzansprüchen der Gesellschaft (§§ 50 Satz 1, 53, 93 Abs. 4, 117 Abs. 4, 309 Abs. 3, 310 Abs. 4, 317 Abs. 4 ),174)

x

Verträge über wesentliche Strukturmaßnahmen, die nach den Grundsätzen der sog. Holzmüller-Gelatine-Rechtsprechung zwingend der Hauptversammlung „vorgelegt“ werden müssen.175)

Das Gesetz enthält keine Aussage, was unter dem Begriff „wesentlicher Inhalt“ 177 zu verstehen ist. Sicherlich überzogen ist die Auffassung des LG Hanau,176) wonach eine komplette Wiedergabe der GmbH-Satzung bei Umwandlung gefordert wurde. So hat der Bundesgerichtshof177) im Rahmen der ASEA/BBCEntscheidung ausgeführt, dass grundsätzlich nicht verlangt werden könne, dass das ganze Vertragswerk bekannt gemacht wird. Die Bekanntmachung soll den Aktionären ermöglichen, ihre Rechte sinnvoll auszuüben.178) Deshalb ist der Inhalt des Vertrags so deutlich und vollständig anzugeben, dass jeder Aktionär ersehen kann, um was es sich bei dem Vertrag handelt, was das Wesen seiner Regelung ausmacht und wie Leistung und Gegenleistung und die sich hierauf auswirkenden sonstigen Rechte und Pflichten geregelt sind179). Daher sind auch schuldrechtliche Nebenabreden, zu denen auch Investorenvereinbarungen gehören, offenzulegen.180) Die Aktionäre sollen sich ein Bild machen können, was die Verwaltung selbst als wesentlichen Vertragsinhalt ansieht. Ob sie die Texte selbst lesen wollen, obliegt ihrer Entscheidung.181) Um Unsicherheiten über das Wesentlichkeitskriterium zu vermeiden empfiehlt sich bei Zweifelsfällen eine möglichst weitgehende Bekanntmachung des Inhalts der entsprechenden Verträge. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass insbesondere Unternehmens- und Verschmelzungsverträge ab Einberufung der Hauptversammlung auszulegen und den Aktionären auf Verlangen abschriftlich mitzuteilen sind (§§ 293f. 293g Abs. 1 und 2, § 63 Abs. 1 und 3 UmwG), sofern nicht die Unterlagen für denselben Zeitraum über die Internetseite der Gesellschaft zugänglich sind (§ 293f Abs. 3, § 63 Abs. 4 UmwG). ___________ 174) OLG Schleswig, Urt. v. 8.12.2006 – 5 U 97/04, ZIP 2006, 421. 175) Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 32 Rz. 52; Hüffer/Koch, AktG, § 124 Rz. 11 m. w. N. 176) LG Hanau, Urt. v. 2.11.1995 – 5 O 149/95, AG 1996, 184; Groß, AG 1997, 102. 177) BGH, Urt. v. 15.6.1992 – II ZR 18/91, ZIP 1992, 1227; dazu EWiR 1992, 953 (Windbichler). 178) Hüffer/Koch, AktG, § 124 Rz. 14; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.8.2006 – I-15 W 110/05, ZIP 2007, 380; OLG Stuttgart, Beschl. v. 4.12.1996 – 8 W 43/93, ZIP 1997, 362. 179) Vgl. Hüffer/Koch, AktG, § 124 Rz. 14; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 124 Rz. 57; Butzke, in: Großkomm. z. AktG, § 124 Rz. 48 ff.; im Ergebnis ähnlich Eckardt, in: Geßler/ Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 124 (Stand: 05/1974) Rz. 57 ff.; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 124 Rz. 55; Butzke, HV, B Rz. 94. 180) Hüffer/Koch, AktG, § 124 Rz. 14; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 124 Rz. 56. 181) Hüffer/Koch, AktG, § 124 Rz. 14; LG Köln, Urt. v. 16.12.2008 – 91 O 81/98, AG 1999, 333 f.; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 124 Rz. 56 ff.

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

178 Ob auch der wesentliche Inhalt der Vorstandsberichte bekannt zu machen ist, ist differenziert zu beurteilen. Neben dem Bericht über die Gründe für den Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 4 Satz 2 enthält das Umwandlungsrecht weitere Berichtsverpflichtungen. Es handelt sich dabei insbesondere um x

den Verschmelzungsbericht gemäß §§ 8, 63 UmwG,

x

den Spaltungsbericht gemäß §§ 8, 125, 127 UmwG,

x

den Umwandlungsbericht gemäß §§ 8, 192 UmwG,

x

den Umwandlungsbericht gemäß §§ 8, 230, 238 UmwG,

x

den Eingliederungsbericht gemäß §§ 319 Abs. 3 Nr. 3, 320 Abs. 4 UmwG und

x

den Bericht über Unternehmensverträge gemäß §§ 293a, 293f, 293g Abs. 1, 2 UmwG.

179 Hinsichtlich des Berichts über einen ganzen oder teilweisen Ausschluss des Bezugsrechts hat der Bundesgerichtshof182) in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung183) eine Pflicht zur Bekanntmachung des wesentlichen Inhalts in entsprechender Anwendung des § 124 Abs. 2 Satz 3 bejaht.184) 180 Mit Blick auf die übrigen Berichte ist zu differenzieren, ob es sich um eine börsennotierte oder nicht börsennotierte Gesellschaft handelt. 181 Für börsennotierte Gesellschaften hat das ARUG durch die Einfügung des § 124a AktG eine spezielle Regelung getroffen und damit die Internetseite börsennotierter Gesellschaften zum zentralen Medium des Informationsaustausches zwischen Gesellschaft und Aktionär ausgebaut. Die entsprechenden Berichte sind alsbald185) nach der Bekanntmachung der Einberufung auf die Internetseite der Gesellschaft einzustellen.186) Es sind sämtliche Dokumente einzustellen, die in der Hauptversammlung zugänglich zu machen sind. 182 Für nicht börsennotierte Gesellschaften gilt diese Regelung nicht. Hier bedarf es keiner Bekanntmachung. Weder aus dem Wortlaut des § 124 Abs. 2 Satz 3 noch aus der Gesetzeshistorie ergibt sich eine Bekanntmachungsverpflichtung für Berichte zum Unternehmensvertrag oder zur Verschmelzung. Auch das Gesetz zur Bereinigung des Umwandlungsgesetzes enthält keine entsprechende Verpflichtung, womit der Gesetzgeber in Form des „beredten Schweigens“ zum Ausdruck ___________ 182) BGH, Urt. v. 9.11.1992 – II ZR 230/91, ZIP 1992, 1732. 183) Vgl. Ziemons, in: Schmidt/Lutter § 124 Rz. 63; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 32; Veil, in: Schmidt/Lutter, § 186 Rz. 20; MünchGesR-Scholz, § 57 Rz. 133; a. A. Hüffer/Koch, AktG, § 124 Rz. 14 und § 186 Rz. 23; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 124 Rz. 23; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 124 Rz. 23. 184) Bei Übernahmesachverhalten ist ein vergleichbares Vorgehen in § 16 Abs. 4 Satz 7 WpÜG vorgeschrieben. 185) Siehe hierzu auch Kap. C. Rz. 140. 186) Regierungsentwurf ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 30.

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IV. Inhalt der Einberufung

gebracht hat, dass die berechtigten Informationsinteressen der Aktionäre bereits durch Auslegung und Zusendung der Berichte auf Anfrage erfüllt werden können. Auch nicht börsennotierte Gesellschaften können allerdings von der Auslegung 183 und Zusendung auf Anfrage absehen und stattdessen die Berichte auf der Internetseite einstellen. Bei Verträgen über wesentliche Strukturmaßnahmen, die nach den Grundsätzen 184 der sog. Holzmüller-Gelatine-Rechtsprechung zwingend der Hauptversammlung vorgelegt werden müssen, sind die Darstellung des Unternehmenskonzepts und die wesentlichen Einzelschritte zu seiner Durchführung analog § 124 Abs. 2 Satz 3 bekannt zu machen.187) e)

Aufsichtsratswahlen

Steht die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern auf der Tagesordnung, muss nach 185 § 124 Abs. 2 Satz 1 angegeben werden, nach welchen gesetzlichen Vorschriften sich der Aufsichtsrat zusammensetzt und ob die Hauptversammlung aufgrund mitbestimmungsrechtlicher Vorgaben an Wahlvorschläge gebunden ist.188) Die früher bestehende generelle Hinweispflicht auf eine nicht bestehende Bindung an die Wahlvorschläge ist entfallen. Anzugeben ist dabei, ob sich der Aufsichtsrat ausschließlich nach den Bestimmungen des Aktiengesetzes zusammensetzt oder ob Regelungen des Drittelbeteiligungsgesetzes, des Mitbestimmungsgesetzes, des Montanmitbestimmungsgesetzes, des Mitbestimmungsergänzungsgesetzes oder des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung Anwendung finden. Anzugeben sind die jeweils einschlägigen Bestimmungen. Ob auch Regelungen aus Mitbestimmungsvereinbarungen anzugeben sind, ist streitig.189) Bis zu einer gerichtlichen Entscheidung ist es empfehlenswert, auch diese zu nennen. Dies gilt auch für einschlägige Satzungsbestimmungen und Entsendungsrechte.190) Eine Bindung an Wahlvorschläge besteht nur im Falle des § 6 MontanMitbestG 186 oder hinsichtlich der Arbeitnehmervertreter bei einer SE. Ist dies der Fall, muss in die Einberufung ein entsprechender Hinweis aufgenommen werden. Dabei ist es nicht erforderlich, diese komplizierte Regelung in allen Einzelheiten darzustellen. Ausreichend ist die Angabe, dass eine Bindung nach Maßgabe des § 6 MontanMitbestG besteht. ___________ 187) BGH, Urt. v. 15.1.2001, BGHZ 146, 288, 294 f. = ZIP 2001, 416 ff.; OLG München, Urt. v. 10.11.1994, AG 1995, 233; LG Frankfurt, Urt. v. 12.12.2000, AG 2001, 432 f.; Hüffer/ Koch, AktG, § 124 Rz. 11. 188) Die bisher notwendige Negativanzeige ist durch die Aktienrechtsnovelle 2016 gestrichen worden. 189) So Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 124 Rz. 47; a. A. Rieckers, in: Spindler/Stilz, § 124 Rz. 11, da keine gesetzliche Vorschrift. 190) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 124 Rz. 47; Hüffer/Koch, AktG, § 124 Rz. 6, Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 124 Rz. 9.

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

187 Der bisher generell geltende Grundsatz der Dreiteilbarkeit der Anzahl der Mitglieder des Aufsichtsrats ist mit der Aktienrechtsnovelle 2016 für nicht mitbestimmte Gesellschaften aufgegeben worden. Die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder kann für diese Gesellschaften gemäß § 95 Satz 2, ausgehend von der Mindestzahl von drei Mitgliedern, frei durch die Satzung festgelegt werden. 188 Die Zusammensetzung richtet sich nach §§ 96 ff. i. V. m. den mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften. Für börsennotierte, paritätisch mitbestimmte Gesellschaften191) wurde durch das Gesetz für gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen192) für die Zusammensetzung des Aufsichtsrats eine Geschlechterquote von mind. 30 % eingeführt. Dieser Mindestanteil ist grundsätzlich vom Aufsichtsrat insgesamt zu erfüllen (Gesamterfüllung). Sofern entweder die Anteilseigner- oder die Arbeitnehmerseite dieser Gesamterfüllung widerspricht, ist der Mindestanteil von jeder Gruppe einzeln zu erbringen. Börsennotierte, paritätisch mitbestimmte Gesellschaften sind daher zur Vorbereitung einer informierten Wahl zusätzlich verpflichtet, bekannt zu machen, ob der Gesamterfüllung nach § 96 Abs. 2 Satz 3 AktG widersprochen wurde und wie viele Sitze im Aufsichtsrat mindestens jeweils von Frauen und Männern besetzt sein müssen, um das Mindestanteilsgebot nach § 96 Abs. 2 Satz 1 AktG zu erfüllen. 189 Zu beachten ist ferner, dass bei der Neuwahl des Aufsichtsrats oder einzelner Aufsichtsratsmitglieder nach § 124 Abs. 3 nur der Aufsichtsrat vorschlagspflichtig und -berechtigt ist. Zu jeder vorgeschlagenen Person ist jeweils der vollständige Name, der ausgeübte Beruf und nach herrschender Meinung193) auch das konkrete Unternehmen, in dem die vorgeschlagene Person tätig ist, sowie der Wohnort anzugeben. Anzugeben ist dabei die tatsächlich ausgeübte berufliche Tätigkeit.194) Denn allein aus der Berufsangabe ist nicht erkennbar, ob die individuelle Belastungssituation des Vorgeschlagenen oder mögliche Interessenkonflikte, die aus einer Tätigkeit in anderen konkurrierenden Unternehmen resultieren können, die Geeignetheit für das Amt als Aufsichtsrat beeinträchtigen.195) Nicht ausreichend sind daher Angaben wie Ingenieur oder Rechtsanwalt.196) ___________ 191) Nach dem Mitbestimmungsgesetz, Montanmitbestimmungsgesetz oder Mitbestimmungsergänzungsgesetz. 192) BGBl. I S. 642. 193) Regierungsbegründung KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 17: dort wird bei den Beispielen das konkrete Unternehmen angegeben; LG München, Urt. v. 26.4.2007 – 5 HK O 12848/06, Der Konzern 2007, 448; Kubis, in MünchKomm-AktG, § 124 Rz. 43; Hüffer/ Koch, AktG, § 124 Rz. 25; a. A. LG Frankfurt Urt. v. 12.3.2013 – 3-5 O 114/12, ZIP 2013, 1425, 1428; Ziemons, in: Schmidt/Lutter § 124 Rz. 44; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 124 Rz. 76; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 124 Rz. 38. 194) Regierungsbegründung KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 17 nennt als Beispiele „Finanzvorstand bei der X-AG oder Rechtsanwalt in Sozietät Y“. 195) Diese Neuerung wurde durch Art. 1 Nr. 14 KonTraG eingefügt. 196) Hüffer/Koch, AktG, § 124 Rz. 25; LG Hannover, Urt. v. 17.3.2010 – 23 O 124/09, ZIP 2010, 833, 838 f.; LG München I, Urt. v. 26.4.2007 – 5 HK O 12846/06, Der Konzern 2007, 452 f.

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IV. Inhalt der Einberufung

In die Bekanntmachungen können auch bereits die zusätzlichen Angaben aufge- 190 nommen werden, die für börsennotierte Gesellschaften für die Mitteilungen an Kreditinstitute und Aktionärsvereinigungen nach § 125 Abs. 1 Satz 5 vorgeschrieben sind.197) Dies betrifft Angaben zu den im Zeitpunkt der Abgabe des Wahlvorschlags bekleideten Mandaten in gesetzlich zu bildenden Aufsichtsräten. Nach der Bekanntmachung der Einberufung eingetretene Änderungen oder Ergänzungen sind ebenfalls in die Mitteilungen aufzunehmen.198) Weiterhin sollen dort Angaben zu Mitgliedschaften in vergleichbaren in- und ausländischen Kontrollgremien von Wirtschaftsunternehmen gemacht werden. Es handelt sich bei Letzterem zwar lediglich um eine Sollvorschrift, die gleichwohl in der Praxis in der Regel beachtet wird. Bei der Vergleichbarkeit kommt es auf die funktionale Vergleichbarkeit an. Zur Vermeidung von Missverständnissen ist es ebenfalls empfehlenswert auch die Höchstzahlenregelung des § 100 Abs. 2 in der Mitteilung zu berücksichtigen. Der Angabe der Mandate kommt zudem auch Bedeutung im Hinblick auf die im Corporate Governance Kodex in Ziffer 5.4.5 aufgestellte Forderung zu, wonach ein Vorstand einer börsennotierten Gesellschaft nicht mehr als drei Mandate in konzernexternen börsennotierten Gesellschaften wahrnehmen soll.199) Börsennotierte Gesellschaften haben außerdem noch die im DCGK für die Zu- 191 sammensetzung des Aufsichtsrats aufgestellten Empfehlungen unter Ziff. 5.4 zu beachten. Besondere Bedeutung haben hier die Offenlegung der persönlichen oder geschäftlichen Beziehungen der Kandidaten zum Unternehmen, zu den Organen der Gesellschaft und einem wesentlich an der Gesellschaft beteiligten Aktionär sowie der dem Kandidatenvorschlag beizufügende Lebenslauf, der über relevante Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen Auskunft geben und dem eine (jährlich zu aktualisierende und über die Webseite des Unternehmens zu veröffentlichende) Übersicht über die wesentlichen Tätigkeiten neben dem Aufsichtsratsmandat beigefügt werden soll. Zwar ist nach derzeit wohl überwiegender Meinung eine vollständige Offenlegung in der Einberufung nicht erforderlich. Ausreichend sein soll die Offenlegung auf der Webseite des Unternehmens, sofern in der Einberufung hierauf hingewiesen wird.200) Aufgrund des bestehenden Anfechtungsrisikos sollte einer Offenlegung in der Einberufung der Vorzug gegeben werden oder eine pauschale Abweichungserklärung in der Erklärung zum Corporate Goveranance Kodex gemäß § 161 AktG abgegeben werden. ___________ 197) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 124 Rz. 12. 198) In diesem Sinne allerdings nicht unter Bezug auf § 124 Abs. 3 Satz 4, sondern unter Hinweis auf die Empfehlungen des DCGK LG Hannover, Urt. v. 17.3.2010 – 23 O 124/09, ZIP 2010, 833 ff.; Hüffer/Koch, AktG, § 125 Rz. 6. 199) Wobei sich unabhängig von dieser Begrenzung die Frage stellt, wie diese Mandate neben einer Vollzeitbeschäftigung als Vorstand noch sinnvoll ausgeübt werden können. 200) Hüffer/Koch, AktG, § 124 Rz. 19 m. w. N.

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

192 Ist ein Vorschlag durch tatsächliche Umstände überholt, z. B. das zur Neuwahl vorgeschlagene Aufsichtsratsmitglied ist zwischenzeitlich verstorben oder neue Erkenntnisse führen zu einer abweichenden Bewertung der Eignung der vorgeschlagenen Person, so ist der Aufsichtsrat auch nach Bekanntmachung berechtigt, eine andere Person zur Wahl in den Aufsichtsrat vorzuschlagen.201) Keine Vorschlagspflicht besteht dagegen bei Gesellschaften, bei denen die Hauptversammlung gemäß § 6 Abs. 6 MontanMitbestG an Wahlvorschläge gebunden ist. f)

Wahl der Abschlussprüfer

193 Für die Wahl der Abschlussprüfer gelten die bei der Wahl des Aufsichtsrats beschriebenen Grundsätze entsprechend, d. h. nur der Aufsichtsrat ist nach § 124 Abs. 3 vorschlagspflichtig und -berechtigt und die benannten Personen sind mit Namen, ausgeübtem Beruf und Wohnort zu benennen; bei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften statt dessen mit Firma und Sitz.202) 194 Bei kapitalmarktorientierten Gesellschaften nach § 264d HGB sowie bei Gesellschaften, die CRR-Kreditinstitute i. S. d. § 1 Abs. 3d Satz 1 des KWG – mit Ausnahme der in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Kreditwesengesetzes genannten Institute – oder die Versicherungsunternehmen i. S. d. Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 91/674/EWG sind, hat sich der Vorschlag des Aufsichtsrats auf die Empfehlung des Prüfungsausschusses zu stützen, sofern ein solcher vom Aufsichtsrat bestellt worden ist.203) Hierauf ist in der Einberufung hinzuweisen. Weicht der Aufsichtsrat von der Empfehlung des Prüfungsausschusses ab, hat er diese Entscheidung zu begründen. Dies kann auch erst in der Hauptversammlung selbst geschehen; die wesentlichen Gründe hierfür sind in die Sitzungsniederschrift aufzunehmen.204) Sofern die Abschlussprüfer auch für den Konzernabschluss und die prüferische Durchsicht von Zwischenberichten bestellt werden sollen, ist dies ausdrücklich in den Beschlussvorschlag zur Wahl der Abschlussprüfer aufzunehmen.205) 3.

Rechtsfolgen bei Verstoß

195 Enthält die Einberufung nicht die Mindestangaben des § 121 Abs. 3 Satz 1 oder sind diese Angaben fehlerhaft, so hat dies gemäß § 241 Ziff. 1 die Nichtigkeit der in der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse zur Folge. Fehlende oder falsche Angaben zur Tagesordnung nach § 121 Abs. 3 Satz 2 führen hingegen ___________ 201) H. M. Hüffer/Koch, AktG, § 124 Rz. 29; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 124 Rz. 59, Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 124 Rz. 103; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 124 Rz. 52. 202) Hüffer/Koch, AktG, § 124 Rz. 18 u. 26. 203) Diese Änderung geht auf Art. 41 Abs. 3 Abschlussprüferrichtlinie 2006/43/EG v. 17.5.2006, ABl. EU Nr. L 157 S. 87 zurück. 204) Hüffer/Koch, AktG, § 124 Rz. 22. 205) Hüffer/Koch, AktG, § 124 Rz. 20.

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IV. Inhalt der Einberufung

nur zur Anfechtbarkeit gemäß §§ 241 Nr. 1, 243.206) Unwesentliche Fehler, z. B. Schreibfehler bei der Firmenangabe oder dem Sitz, bei denen sich die Gesellschaft jedoch eindeutig erkennen lässt, sodass Verwechslungen und sonstige Einflüsse auf die Beschlussfassung ausgeschlossen sind, sind nach herrschender Meinung unbeachtlich.207) Der Verstoß gegen § 121 Abs. 3 Satz 3 ist ebenfalls kein Nichtigkeitsgrund, 196 kann aber die Anfechtung nach § 243 Abs. 1 rechtfertigen. Ein Anfechtungsausschluss wie in § 30g WpHG ist insoweit nicht vorgesehen.208) Sofern in der Einberufung eine bestimmte Form der Anmeldung verlangt wird, 197 ohne dass die Satzung eine diesbezügliche Regelung oder Ermächtigung für den Vorstand enthält, liegt ein Verstoß gegen § 123 Abs. 2 und damit ein Einberufungsmangel nach § 121 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 vor. Dieser Verfahrensfehler kann ein Anfechtungsgrund nach § 243 Abs. 1 sein, da Einberufungsmängel durchaus einen ausreichend relevanten Verfahrensfehler darstellen können.209) Die Nichteinhaltung der Formvorschriften bleibt allerdings im Falle der Voll- 198 versammlung nach § 121 Abs. 6 unbeachtlich. Ob die Fortsetzung der Hauptversammlung über Mitternacht hinaus zur Nich- 199 tigkeit oder Anfechtbarkeit der dann gefassten Beschlüsse führt, ist umstritten. Die herrschende Meinung210) verneint die Nichtigkeit der dann gefassten Beschlüsse, da die Dauer nicht von § 121 Abs. 3 Satz 2 erfasst werde. Die Beschlüsse können allerdings anfechtbar sein, wenn die Dauer über Mitternacht hinaus im Einzelfall für den Aktionär unzumutbar war.211) ___________ 206) Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 11; LG Hannover, Urt. v. 17.3.2010 – 23 O 124/09, ZIP 2010, 838; LG München I, Urt. v. 30.12.2008 – 5 HKO 11661/08, AG 2009, 299; Heidel, in: Heidel, AktR, § 241 Rz. 6. 207) OLG Hamburg, Urt. v. 19.9.1980 – 11 U 42/80, AG 1981, 193; OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.4.1997 – 6 U 20/96, ZIP 1997, 1159; Hüffer/Koch, AktG, § 241 Rz. 11 m. w. N. A. A. Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 121 Rz. 42. 208) Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 11. 209) Linnerz/Hoppe, BB 2016, 1101; vgl. hierzu auch OLG Frankfurt, Urt. v. 17.3.2009 – 5 U 9/08, BeckRS 2009, 21047 (Nichtwahrung der Einberufungsfrist); OLG Koblenz, Beschl. v. 19.4.2013 – 6 U 733/12, BeckRS 2013, 08497 sowie LG München I, Urt. v. 2.9.2010 – 5 HK O 6069/10, AG 2011, 763 (unrichtige Information über Anmeldepflicht des Aktionärsvertreters); Hüffer/Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 243 Rz. 33; § 243 Rz. 33; Schwab, in: Schmidt/Lutter, § 243 Rz. 43; Würthwein, in: Spindler/Stilz, AktG, § 243 Rz. 108 f. 210) OLG Koblenz, Urt. v. 26.4.2001 – 6 U 746/95, ZIP 2001, 1093; OLG München, Urt. v. 28.9.2011 – 7 U 711/11, AG 2011, 840, 842; Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rz. 17; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 121 Rz. 35; Butzke, HV, D Rz. 57; Butzke, in: Großkomm. z. AktG, § 121 Rz. 131; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 121 Rz. 70; Würthwein, in: Spindler/Stilz, AktG, § 241 Rz. 147; Happ/Freitag, AG 1998, 493, 495 f.; a. A. LG Düsseldorf, Beschl. v. 16.5.2007 – 36 O 99/06, ZIP 2007, 1859 f.; Schwab, in: Schmidt/Lutter, § 241 Rz. 11; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 121 Rz. 35. 211) LG München I, Beschl. v. 12.7.2007 – 5 HK O 9543/07, AG 2008, 340, 342; Hüffer/Koch, AktG, § 241 Rz. 17; Happ/Freitag, AG 1998, 493, 495 f.

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

200 Ein Verstoß gegen die Bekanntmachungspflicht des § 124 Abs. 3 führt zur Anfechtbarkeit der gefassten Beschlüsse. Dies gilt nach dem Wortlaut für die Gegenstände der Tagesordnung. Nach herrschender Meinung begründet auch das Fehlen der Bekanntmachung der Beschlussvorschläge der Verwaltung gemäß § 124 Abs. 3 die Anfechtbarkeit der in der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse,212) unabhängig von der Art der Bekanntmachung (durch Veröffentlichung in den Gesellschaftsblättern oder durch eingeschriebenen Brief).213) Ist der Beschlussvorschlag aufgrund der Nichtigkeit einer Aufsichtsratswahl fehlerhaft, soll nach Auffassung der Rechtsprechung der Beschluss zwar grundsätzlich anfechtbar sein, sich dieser Verfahrensfehler jedoch mangels Relevanz nicht auswirken und daher nicht zur Nichtigerklärung führen.214) Bei bloß inhaltlicher Abweichung des Beschlussantrags in der Hauptversammlung vom bekannt gemachten Beschlussvorschlag lehnt die herrschende Meinung hingegen eine Anfechtbarkeit ab.215) Das OLG Rostock216) hat allerdings die Anfechtbarkeit für einen Fall bejaht, indem der in der Hauptversammlung gemachte Beschlussvorschlag zu einer Satzungsänderung erheblich von dem bekannt gemachten Beschlussvorschlag der Satzungsänderung (Verstoß gegen § 124 Abs. 2 Satz 3) abwich. V.

Ergänzungs- und Bekanntmachungsverlangen der Minderheit

201 Für dieses Minderheitsverlangen, das auch von dem Hauptaktionär geltend gemacht werden kann217), gelten im Wesentlichen die gleichen Vorschriften wie für das Einberufungsverlangen gemäß § 122 Abs. 1. Dies gilt für Form, Inhalt und Adressat des Verlangens sowie für die Anforderungen an die Vorbesitzzeit.218) Die Voraussetzungen für das Quorum sind jedoch im Vergleich zu § 122 Abs. 1 reduziert. Gemäß § 122 Abs. 2 können Aktionäre, deren Anteile zusammen den zwanzigsten Teil des Grundkapitals oder den Nennbetrag von 500.000 € erreichen, verlangen, dass weitere Gegenstände auf die Tagesordnung einer ohnehin stattfindenden Hauptversammlung gesetzt und bekannt gemacht werden. Von der Möglichkeit, die Ergänzung der Tagesordnung zu verlangen, wird in der ___________ 212) BGH, Urt. v. 12.11.2001 – II ZR 225/99; ZIP 2002, 172; Hüffer/Koch, AktG, § 124 Rz. 17; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 124 Rz. 43 m. w. N.; kritisch hierzu Kocher, AG 2013, 406. 213) OLG Jena, Urt. v. 30.7.2014 – 2 U 920/13, DB 2014, 2278, 2280. 214) BGH, Urt. v. 19.2.2013 – II ZR 56/12, ZIP 2013, 720; kritisch Rieckers, AG 2013, 383, 385; zur Voraussetzung der Relevanz bei Verfahrensverstößen siehe auch Kap. H Rz. 1357. 215) Vgl. Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 124 Rz. 36 m. w. N. zum Streitstand; a. A. Kubis, in: MünchKomm-AktG. § 124 Rz. 55. 216) OLG Rostock, Beschl. v. 15.5.2013 – 1 AktG 1/13, BeckRS 2013, 13886. 217) KG, Beschl. v. 3.12.2002 – 1 W 363/02, ZIP 2003, 1042; LG Frankfurt/M., Urt. v. 27.10.2016 – 3-05 O 157/16, ZIP 2017, 377; Müller, in: Heidel, § 122 Rz. 6 und 23. 218) Hüffer/Koch, AktG, § 122 Rz. 9.

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V. Ergänzungs- und Bekanntmachungsverlangen der Minderheit

Praxis durchaus Gebrauch gemacht, auch durch Aktionäre, die nach landläufiger Auffassung dem Kreis der Großaktionäre zugehörig sind.219) Das Verlangen ist in schriftlicher Form zu stellen und an den Vorstand zu richten. 202 Es kann sowohl für eine schon einberufene als auch für eine erwartete Hauptversammlung gestellt werden. Dem Verlangen ist für jeden neuen Tagesordnungsgegenstand ein Beschlussvorschlag oder eine Begründung beizufügen, ansonsten gilt das Verlangen als nicht ordnungsgemäß gestellt. Das Minderheitsverlangen muss der Gesellschaft gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 bei nicht an der Börse notierten Gesellschaften 24 Tage, bei börsennotierten Gesellschaften 30 Tage vor der Hauptversammlung zugehen, wobei weder der Tag der Versammlung noch der Tag des Zugangs des Verlangens mitgerechnet werden. Auch hier gilt für die Berechnung der Frist die nun übliche Methodik für die Rückwärtsberechnung von Fristen. Durch diese Neufassung soll sichergestellt werden, dass die Bekanntmachung noch vor dem Nachweisstichtag für den Anteilsbesitz von Inhaberaktien liegt. Damit soll den Aktionären die Möglichkeit gegeben werden, auf den Antrag zu reagieren, z. B. durch Hinzukauf weiterer Aktien oder Überdenken der Stimmabgabe.220) Nach § 124 Abs. 1 Satz 1 ist das Minderheitenverlangen unverzüglich bekannt zu machen. Zulässig soll dabei nach der Intention des Gesetzgebers allenfalls eine kurze Frist für eine rechtliche Überprüfung sein,221) da sonst die zeitlichen Vorgaben des Zugangs des Minderheitsverlangens vor dem Nachweisstichtag (Record Date) nicht eingehalten werden können.222) Bei Übernahmesachverhalten ist § 16 Abs. 4 Satz 7 WpÜG für die Hauptver- 203 sammlung der Zielgesellschaft zu beachten, wonach Aktionärsanträge nur in Kurzfassung (Hinweisbekanntmachung) bekannt gemacht werden müssen und im Übrigen Auslegung im Geschäftslokal oder Einstellen auf der Internetseite der Gesellschaft ausreichend sind, sofern bei Letzterem die Fundstelle des Langtextes auf der Webseite der Gesellschaft angegeben wird.223) Der Vorstand entscheidet mit einfacher Stimmenmehrheit, ob er dem Minder- 204 heitsverlangen stattgibt. Eine förmliche Bescheidung der Minderheit ist nicht notwendig. Der Vorstand hat dem Bekanntmachungsverlangen nachzukommen, wenn die förmlichen Voraussetzungen des § 122 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 vorliegen. Der Beschlussgegenstand ist nicht bekannt zu machen, wenn die Hauptversamm___________ 219) LG Frankfurt/M., Urt. v. 27.10.2016 – 3-05 O 157/16, AG 2017, 366 f.; weitere Beispiele sind z. B. Minderheitsverlangen von Grenzebach für Hauptversammlung Kuka AG 2009 oder Minderheitsverlangen von Porsche bei Hauptversammlung VW 2008. 220) Regierungsbegründung ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 29. 221) Nach dem Schrifttum sollen allenfalls 1 – 5 Tage zulässig sein; vgl. hierzu Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 124 Rz. 4 sowie Fn. 9; großzügiger Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 124 Rz. 4, maximal 3 – 4 Tage. 222) LG Frankfurt/M., Urt. v. 27.10.2016 – 3-05 O 157/16, ZIP 2017, 377; Rieckers, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 124 Rz. 4 m. w. N. 223) Regierungsbegründung WPüG, BT-Drucks. 14/7034, S. 47; Hüffer/Koch, AktG, § 124 Rz. 3.

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

lung zulässigerweise keinen Beschluss fassen kann oder wenn die Bekanntmachung zu einem satzungs- oder gesetzwidrigen Beschluss führen würde.224) Ein solcher ist z. B. dann gegeben, wenn unzulässig in die Kompetenzverteilung der Organe der Aktiengesellschaft eingegriffen werden soll. Entspricht der Vorstand dem Minderheitsverlangen auf Ergänzung der Tagesordnung nicht, kann das Gericht gemäß § 122 Abs. 3 Satz 1 auf Antrag die Aktionäre ermächtigen, den Gegenstand der Tagesordnung selbst bekannt zu machen. Das gerichtliche Verfahren entspricht dem Verfahren auf Ermächtigung zur Einberufung der Hauptversammlung.225) 205 Einem rechtsmissbräuchlichen Bekanntmachungsverlangen braucht der Vorstand nicht zu folgen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Voraussetzungen der Rechtsmissbräuchlichkeit im Vergleich zu denen des § 122 Abs. 1 strenger sind, da die Gesellschaft durch die Ergänzung der Tagesordnung nicht in gleicher Weise wie durch die Einberufung der Hauptversammlung belastet wird.226) Gleichwohl kann z. B. eine Propagandamaßnahme, bei der es sich gerade nicht um einen sachdienlichen und unternehmensbezogenen Beitrag für die Diskussion der Hauptversammlung handelt, als rechtsmissbräuchlich angesehen werden.227) VI.

Mitteilungspflichten vor der Hauptversammlung

206 § 125 bezweckt – mit Ausnahme des Absatzes 4 – vor allem die ausreichende Unterrichtung der Aktionäre und Aufsichtsratsmitglieder vor der Hauptversammlung, indem sie dem Vorstand der Gesellschaft bestimmte Mitteilungspflichten im Vorfeld der Hauptversammlung auferlegt. 1.

Mitteilungsempfänger

207 Diese Mitteilungen sind an Kreditinstitute i. S. v. §§ 1 und 2 KWG, die gemäß § 125 Abs. 5 den Kreditinstituten gleichgestellten Finanzdienstleistungsinstitute und die nach §§ 53 Abs. 1 Satz 1, 53b Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 7 KWG tätigen Unternehmen sowie an Aktionärsvereinigungen zu richten, sofern diese in der letzten Hauptversammlung Stimmrechte für Aktionäre ausgeübt haben oder die Mitteilung verlangen. Des Weiteren sind die Mitteilungen auch gemäß § 125 Abs. 2 an die Aktionäre, die es verlangen oder die zu Beginn des 14. Tages vor der Hauptversammlung im Aktienregister der Gesellschaft eingetragen sind,228) sowie gemäß § 125 Abs. 3 an Aufsichtsratsmitglieder, die dies verlangen, zu richten. ___________ 224) Mertens, AG 1997, 487 ff. 225) Siehe Kap. C. Rz. 115 ff. 226) Hüffer/Koch, AktG, § 122 Rz. 9a; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 122 Rz. 9; Butzke, in: Großkomm. z. AktG, § 122 Rz. 65. 227) Mertens, AG 1997, 489 mit weiteren Beispielen. 228) Art. 1 Nr. 6 UMAG hat die Möglichkeit der Begründung des Mitteilungsanspruchs durch Hinterlegung abgeschafft. Siehe auch Hüffer/Koch, AktG, § 125 Rz. 14.

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VI. Mitteilungspflichten vor der Hauptversammlung

2.

Gegenstand der Mitteilungen

Der Vorstand muss für die Gesellschaft die Einberufung der Hauptversamm- 208 lung, wie sie in den Gesellschaftsblättern bekannt gemacht ist, mitteilen (§ 121 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1). Eine Kurzfassung unter Hinweis auf die Gesellschaftsblätter ist nicht ausreichend.229) Bei börsennotierten Gesellschaften ist für den Fall von Ergänzungsverlangen nach § 122 Abs. 2 die geänderte Tagesordnung mitzuteilen. Der nach § 125 Abs. 1 Satz 4 erforderliche Hinweis, dass Aktionäre ihr Stimmrecht durch einen Bevollmächtigten, auch durch eine Aktionärsvereinigung, ausüben lassen können, hat den Zweck, die Aktionäre darüber zu informieren, dass kein „Vertretungsmonopol“ der Kreditinstitute besteht.230) Diese Regelung soll den Wettbewerb unter den Anbietern von Dienstleistungen bei den Stimmrechtsvertretern befördern. Sie war bei ihrer Einführung die Reaktion auf die kritisierte Einflussakkumulation der Banken. Diese besteht allerdings derzeit nicht mehr, da die öffentlichen Banken sich in der Folge massiv aus dem Depotstimmrecht zurückgezogen haben.231) Börsennotierte Gesellschaften sind darüber hinaus verpflichtet, in der Mittei- 209 lung die Vorschläge zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern mit Angaben über andere zum Zeitpunkt des Wahlvorschlags bestehende Mandate der Vorgeschlagenen in gesetzlich zu bildenden Aufsichtsräten zu ergänzen.232) Mandate in vergleichbaren Kontrollgremien (z. B. Beiräte, Verwaltungsräte, Gesellschafterausschüsse, Board of Directors) von Wirtschaftsunternehmen sollen angegeben werden (§ 125 Abs. 1 Satz 5). Zweck dieser Regelung ist es, personelle Verflechtungen transparent zu machen.233) Diese Mitteilungspflicht besteht nicht für Wahlvorschläge von Aktionären nach § 127. In der Praxis sind diese Angaben in der Regel bereits in der Einberufung enthalten. Zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben, aber empfehlenswert ist es, die Höchstzahlenregelung des § 100 Abs. 2 sowie gemäß Ziff. 5.4.5 des DCGK234) zu berücksichtigen und Konzernmandate sowie Vorsitzämter gesondert auszuweisen und – bei Gesellschaften, die von § 4 des Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst235) erfasst werden – auch auf den bei Neuwahlen und Entsendungen zu beachtenden Mindestanteil von jeweils 30 % an Frauen und Männern im Aufsichtsrat hin___________ Hüffer/Koch, AktG, § 125 Rz. 5. Art. 1 Nr. 15 KonTraG, Regierungsbegründung KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 17 f. Regierungsbegründung ARUG, BT-Drucks. 16/11642 S. 33. Veränderungen, die bis zur Abfassung der Mitteilung eintreten, können berücksichtigt werden, Hüffer/Koch, AktG, § 125 Rz. 6. 233) Vgl. hierzu eingehend Kap. C Rz. 190; Hüffer/Koch, AktG, § 125 Rz. 6 m. w. N. 234) In der Fassung v. 7.2.2017, abrufbar auf der Internetseite der Regierungskommission Corporate Governance Kodex unter: http://www.dcgk.de. 235) BGBl. 2015 I S. 642 ff.

229) 230) 231) 232)

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

zuweisen, um dem Informationsbedürfnis der Hauptversammlung so früh wie möglich Rechnung zu tragen. 3.

Form und Frist der Mitteilung

210 Für die Mitteilung ist keine besondere Form vorgeschrieben; die herrschende Meinung verlangt jedoch schriftliche Verkörperung. Die Mitteilung kann daher schriftlich oder elektronisch erfolgen, sofern dadurch die Übermittlung an die Mitteilungsempfänger möglich ist und die Kreditinstitute sowie die den Kreditinstituten gleichgestellten Finanzdienstleistungsinstitute und die nach §§ 53 Abs. 1 Satz 1, 53b Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 7 KWG tätigen Unternehmen nicht beeinträchtigt sind, ihrer Pflicht zur unverzüglichen Weitergabe an die Aktionäre in zumutbarer Weise nachzukommen.236) Wählt die Gesellschaft die elektronische Übermittlung, sind die Kreditinstitute, die den Kreditinstituten gleichgestellten Finanzdienstleistungsinstitute und die nach §§ 53 Abs. 1 Satz 1, 53b Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 7 KWG tätigen Unternehmen bei einer Weitergabe an die Aktionäre in Papierform für die Herstellung der Papierfassung und die Vervielfältigung selbst verantwortlich. Bei der Übermittlung an Aktionäre ist die elektronische Form zulässig, wenn diese der Gesellschaft eine E-Mail-Adresse als Empfangsadresse angegeben haben, da sie dann mit einer Übersendung per E-Mail rechnen müssen. 211 Die Satzung kann den Weg der Übermittlung an die Aktionäre auf die elektronische Kommunikation beschränken. Diese Regelung soll den Gesellschaften die ausdrückliche Möglichkeit geben, den Versand ganz oder teilweise auf die elektronische Form umzustellen. Der komplette Ausschluss des Papierversands wird wohl nur in Ausnahmefällen gewählt werden, da meist nicht alle Aktionäre für die Gesellschaft elektronisch erreichbar sind und bei einem völligen Ausschluss negative Auswirkungen auf die Präsenzen in den Hauptversammlungen zu befürchten sind.237) Für börsennotierte Unternehmen mit Herkunftsstaat Deutschland sind bei der Umstellung die Voraussetzungen des § 30b Abs. 3 Nr. 1 WpHG zu beachten. 212 Aufsichtsräten ist die Mitteilung in Papierform zuzusenden, sofern sie nicht ausdrücklich einer Übermittlung in elektronischer Form zugestimmt haben.238) 213 Diese Mitteilungspflicht gegenüber den Kreditinstituten, den Kreditinstituten gleichgestellten Finanzdienstleistungsinstituten und den nach §§ 53 Abs. 1 Satz 1, 53b Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 7 KWG tätigen Unternehmen sowie den Aktionärsvereinigungen muss gemäß § 125 Abs. 1 innerhalb einer Frist von 21 Tagen vor ___________ 236) Hüffer/Koch, AktG, § 125 Rz. 7 f. Für Aktionärsvereinigungen besteht keine gesetzliche Pflicht zur Weitergabe. 237) Regierungsbegründung ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 31. 238) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 125 Rz. 36.

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VI. Mitteilungspflichten vor der Hauptversammlung

der Hauptversammlung erfüllt werden, wobei gemäß § 125 Abs. 1 Satz 2 der Tag der Mitteilung und der Tag der Hauptversammlung nicht mitzurechnen ist. Auch hier gilt nun das Prinzip der Rückrechnung gemäß § 121 Abs. 7, sodass bis zum Ablauf (24:00 Uhr) des 22. Tages vor der Hauptversammlung mitgeteilt werden kann. Die Absendung innerhalb der Frist ist ausreichend.239) Die Frist von 21 Tagen vor der Hauptversammlung soll börsennotierten Gesellschaften ausreichend Zeit geben, die Ergänzungsverlangen, die nach der Neuregelung des § 122 Abs. 2 Satz 2 bis 30 Tage vor der Hauptversammlung zugehen müssen, noch in die mitzuteilende Tagesordnung aufzunehmen.240) Bei nicht börsennotierten Gesellschaften, bei denen für Ergänzungsverlangen 214 eine 24-Tages-Frist gilt, kann ggf. die vor dem 21. Tag mitzuteilende Tagesordnung nicht mehr geändert werden. In diesem Fall genügt dann die unverzügliche Mitteilung gemäß § 124 Abs. 1, also unverzüglich nach Zugang des Verlangens. Dies soll nach Ansicht des Gesetzgebers bei nicht börsennotierten Gesellschaften ohne weiteren Aufwand möglich sein, da sie in der Regel per eingeschriebenem Brief einberufen.241) Eine gesetzliche Frist für die Mitteilung an Aktionäre gemäß § 125 Abs. 2 und 215 Aufsichtsräte gemäß § 125 Abs. 3 gibt es nicht. In diesem Fall hat die Mitteilung unverzüglich nach Kenntnis von der Mitteilungspflicht242), jedoch nicht vor dem 21. Tage vor der Hauptversammlung, zu erfolgen. Auch verspätete, nach Ablauf der Mitteilungsfrist eingegangene Mitteilungsver- 216 langen begründen eine Mitteilungspflicht.243) Bei Übernahmesachverhalten ist die Sonderregelung in § 16 Abs. 4 Satz 3 WpÜG zu beachten. 4.

Rechtsfolgen bei Verstoß

Verstöße gegen § 125 Abs. 1 führen – mit Ausnahme der Regelung des Satzes 5 217 Halbs. 2 – zur Anfechtbarkeit der in der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse (§ 243 Abs. 1). Nach Hüffer/Koch244) folgt dies aus der „Trennung der Fallgruppen in § 125 Abs. 1 Satz 5, mit der indiziert wird, dass die AG in den Fällen des 2. Halbsatzes das Anfechtungsrisiko wegen häufiger Abgrenzungsschwierig___________ 239) So wohl h. M. Hüffer/Koch, AktG, § 125 Rz. 10; siehe auch Kubis, in: MünchKommAktG, § 125 Rz. 17; a. A. Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 125 Rz. 84, der auf den Zugang abstellt. 240) Regierungsbegründung ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 30. 241) Regierungsbegründung ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 31. 242) Nach Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 125 Rz. 91 und Ziemons, in: Schmidt/ Lutter, § 125 Rz. 44 soll ein Versand innerhalb von 24 Stunden notwendig sein. 243) Die in der Vorauflage noch vertretene gegenteilige Auffassung wird aufgegeben. So auch Hüffer/Koch, AktG, § 125 Rz. 10; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 125 Rz. 23; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 125 Rz. 29 und 42; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 125 Rz. 13. 244) Hüffer/Koch, AktG, § 125 Rz. 19.

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

keiten nicht tragen soll“. Auch ein Verstoß gegen § 125 Abs. 2 und 3 kann die Anfechtung der in der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse zur Folge haben, sofern der Beschluss auf dem Verfahrensfehler beruht (§ 243 Abs. 4 Satz 1). 218 Daneben können die vorgenannten Verstöße auch (praktisch wenig relevante)245) Schadensersatzansprüche gegen die Vorstandsmitglieder gemäß § 93 nach sich ziehen. VII. Gegenanträge und Wahlvorschläge 219 Die Regelungen der §§ 126 und 127 sollen vor allem eine frühzeitige Information der Aktionäre über eine beabsichtigte Opposition in der Hauptversammlung zu den von der Verwaltung gemachten Beschlussvorschlägen gewährleisten, indem formell und materiell zulässige Gegenanträge oder Wahlvorschläge den in § 125 Abs. 1 – 3 genannten Berechtigten zugänglich zu machen sind.246) § 126 regelt die formalen und inhaltlichen Voraussetzungen für Gegenanträge und deren Zugänglichmachung. Hierdurch soll eine rechtsmissbräuchliche Verwendung des Gegenantragsrechts ausgeschlossen werden. § 126 Abs. 1 findet auf Wahlvorschläge (§ 127 Satz 1) sinngemäße Anwendung, während sich inhaltliche Schranken aus § 127 Satz 3 ergeben. 1.

Gegenanträge

220 Ein Gegenantrag liegt dann vor, wenn ein Aktionär, zu einem in der Tagesordnung angekündigten Beschlussgegenstand mitteilt, er werde einem übereinstimmenden Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat, bei unterschiedlichen Vorschlägen von Vorstand und Aufsichtsrat beiden Vorschlägen247) oder, wenn nur ein Vorschlag des Aufsichtsrats vorliegt, diesem248) widersprechen oder einen inhaltlich abweichenden Vorschlag machen. Ob sich der Gegenantrag auch auf ein Minderheitsverlangen beziehen kann, ist streitig249). Da nach der Aktionärsrechterichtlinie250) Aktionäre auch das Recht haben, Beschlussvorlagen gegen Tagesordnungspunkte vorzubringen, die nachträglich aufgenommen wurden, sollte dies im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung des § 126 als zulässig angesehen werden. Der Vorschlag muss dabei nicht ausformuliert sein; es muss ___________ 245) Hüffer/Koch, AktG, § 125 Rz. 19. 246) Siehe hierzu Kap. C. Rz. 206. 247) So Hüffer/Koch, AktG, § 126 Rz. 2; a. A. Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 126 Rz. 10; MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 99: Opposition gegen einen der Vorschläge ist ausreichend. 248) MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 99. 249) Zustimmend: Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 126 Rz. 10; Hüffer/Koch, AktG, § 126 Rz. 2; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 126 Rz. 27; ablehnend: Kubis, in: MünchKommAktG, § 126 Rz. 9; Butzke, in: Großkomm. z. AktG, § 126 Rz. 17. 250) Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. b.

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VII. Gegenanträge und Wahlvorschläge

jedoch erkennbar sein, dass der von der Verwaltung vorgeschlagenen Beschlussfassung entgegengetreten wird.251) Die Ankündigung des Aktionärs, er werde gegen den Verwaltungsvorschlag stimmen, kann hierbei noch nicht als Gegenantrag angesehen werden.252) Im Gegensatz dazu reicht es aber aus, wenn der Aktionär erklärt, in der Hauptversammlung zu beantragen, dem Aufsichtsrat die Entlastung zu verweigern.253) Es muss sich nicht um einen Sachantrag handeln, auch ein Geschäftsordnungsantrag (z. B. auf Vertagung oder Absetzen von der Tagesordnung) ist ausreichend.254) In der Praxis empfiehlt es sich, hier nicht zu enge Maßstäbe für die Zugänglichmachung anzulegen. Wegen des mit der Bearbeitung von Gegenanträgen verbundenen Aufwandes 221 ist es erforderlich, dass sich der Antragsteller als Aktionär legitimiert,255) sofern der Gesellschaft die Aktionärseigenschaft nicht bekannt ist. Bei Namensaktien kann dies mittels des Aktienregisters erfolgen, bei Inhaberaktien, z. B. durch Vorlage einer Bankbescheinigung, der Aktienurkunde – sofern physische Urkunden überhaupt ausgegeben wurden – oder durch eine eidesstattliche Versicherung vor einem Notar.256) Der Aktionär kann sich bei der Stellung des Gegenantrags nach den allgemeinen Grundsätzen vertreten lassen. Die Vollmacht muss sich auf den Gegenantrag beziehen und bedarf dabei analog § 134 Abs. 3 Satz 2 der Textform.257) Ein Gegenantrag ist jedoch nur dann zugänglich zu machen, wenn die formalen 222 Erfordernisse eingehalten wurden und der Gegenantrag nicht unter die in § 126 Abs. 2 normierten materiellen Schranken fällt.

___________ 251) H. M. LG München I, Urt. v. 20.1.2011 – 5HK O 18800/09, AG 2011, 211, 215; Hüffer/ Koch, in AktG, § 126 Rz. 2; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 126 Rz. 7; Butzke, in: Großkomm. z. AktG, § 126 Rz. 18; Butzke, HV, B Rz. 153; Noack, BB 2003, 1393; a. A. Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 126 Rz. 7, die „antragsförmige“ Formulierung verlangt. 252) Hüffer/Koch, AktG, § 126 Rz. 2; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 126 Rz. 10; MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 99; Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 122 (Stand: 05/1974) Rz. 21; Butzke, HV, B Rz. 153; a. A. Kubis, in: MünchKommAktG, § 126 Rz. 12. 253) Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 126 (Stand: 05/1974) Rz. 21; Lehmann, in: Festschrift Quack, S. 289. 254) H. M. Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 126 Rz. 25; Kubis, in: MünchKommAktG, § 126 Rz. 11; Hüffer/Koch, AktG, § 126 Rz. 2; Butzke, HV, B Rz. 153; Noack, BB 2003, 1393 m. w. N; a. A. Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 126 Rz. 9. 255) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 126 Rz. 6; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 126 Rz. 14 f.; Lehmann, in: Festschrift Quack, S. 288. 256) Halberkamp/Gierke, NZG 2004, 495 m. w. N. 257) Halberkamp/Gierke NZG 2004, 496; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 126 Rz. 16; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 126 Rz. 4; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 126 Rz. 6; Butzke, HV, B Rz. 151 und 104, Fn. 202.

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

2.

Formale Erfordernisse

223 Ein Gegenantrag muss nur dann zugänglich gemacht werden, wenn er mindestens 14 Tage vor der Hauptversammlung an die in der Einberufung hierfür mitgeteilte Adresse übersandt wurde. 224 Streitig ist, ob eine Begründung gefordert werden kann. Die wohl herrschende Meinung verneint dies mit Verweis auf die Aktionärsrechterichtlinie258) und verzichtet generell – auch bei nicht börsennotierten Gesellschaften, auf die die Aktionärsrechterichtlinie nicht anwendbar ist – auf das Erfordernis der Begründung. Dem ist zuzustimmen. Wenn eine Begründung beigefügt ist, ist auch diese zugänglich zu machen, sofern die Vorgaben des Absatzes 2 eingehalten werden. 225 Für die Form des Aktionärsverlangens gilt, dass die Schriftform natürlich immer ausreichend ist. Aus dem Sinn und Zweck der Norm folgt, dass der Gegenantrag bei der Gesellschaft in einer Form eingehen muss, die es ihr ermöglicht, dem Mitteilungserfordernis nachzukommen. Telefax und E-Mail sind daher zulässig und als Übertragungsmedium für Gegenanträge auch üblich.259) 226 Für die Einhaltung der Frist sind weder der Tag der Hauptversammlung noch der Tag des Zugangs mitzurechnen. Für die Fristberechnung gilt nun auch hier § 121 Abs. 7. Ausreichend ist daher der Zugang bis zum Ablauf des 15. Tages vor der Hauptversammlung. In der Praxis hat sich eingebürgert, dass in der Einberufung neben dem Datum des spätesten Zugangs für Anträge nach §§ 126, 127 auch die Uhrzeit genannt wird.260) 227 Der Zugang muss bei der Adresse erfolgt sein, die in der Einberufung von der Gesellschaft hierfür mitgeteilt worden ist. Die Übersendung an eine andere als die angegebene Adresse genügt nicht. Ein Zugang bei Außen- oder Geschäftsstellen ist nur dann ausreichend, wenn diese für den rechtzeitigen Zugang bei der Geschäftsleitung gesorgt haben.261) Die Adresse muss bei der Einberufung mitgeteilt worden sein, wobei die Angabe einer Fax-Nummer und einer E-MailAdresse genügt.262) Fehlt die Mitteilung, muss die Gesellschaft auch andere Zu___________ 258) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 126 Rz. 1; Hüffer/Koch, AktG, § 126 Rz. 3; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 126 Rz. 33. Da Art. 5 Abs. 4 lit. d und Art. 6 Abs. 1 lit. b der Aktionärsrechterichtlinie das Gegenantragsrecht unbeschränkt einräumen und daher § 126 Abs. 1 richtlinienkonform dahingehend auszulegen sei, dass eine Begründung nicht erforderlich ist. 259) Angesichts des Verbreitungsgrades von E-Mails in der täglichen Kommunikation der Unternehmen ist kaum noch ein Fall denkbar, wo nicht von einem Zugang der E-Mail ausgegangen werden kann; vgl. auch Hüffer/Koch, AktG, § 126 Rz. 5; Kubis, in: MünchKommAktG, § 126 Rz. 17; MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 108. 260) Vgl. z. B. die Einladung der Deutschen Telekom AG zur Hauptversammlung 2017. 261) Hüffer/Koch, AktG, § 126 Rz. 5; Ek, NZG 2002, 665 f. 262) Hüffer/Koch, AktG, § 126 Rz. 5; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 126 Rz. 17; Müller, in: Heidel § 126 Rz. 21.

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VII. Gegenanträge und Wahlvorschläge

gangsmöglichkeiten gegen sich gelten lassen.263) In der Praxis empfiehlt es sich, für Gegenanträge eine besondere E-Mail-Adresse einzurichten. Fehlt die Angabe eines E-Mail-Anschlusses, kann der Gegenantrag trotzdem per E-Mail übersandt werden; der Aktionär trägt dann aber das allgemeine Zugangsrisiko.264) 3.

Zugänglichmachung

Nach § 126 Abs. 1 sind form- und fristgerecht eingereichte Anträge von Akti- 228 onären einschließlich ihres Namens, der Begründung und einer etwaigen Stellungnahme der Verwaltung sowie – im Falle von Aktionärsvorschlägen für die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern oder Abschlussprüfern nach § 127 – den Angaben nach § 127 Satz 3 den in § 125 Abs. 1 – 3 genannten Berechtigten unter den dort genannten Voraussetzungen zugänglich zu machen.265) Die Zugänglichmachung kann über die Internetseite der Gesellschaft erfolgen. 229 Dies ist für börsennotierte Gesellschaften in Anpassung an § 124a AktG nun verbindlich vorgeschrieben. Nicht börsennotierte Gesellschaften können alternativ auch die Zugänglichmachung über die Gesellschaftsblätter oder die individuelle Information im Wege der schriftlichen oder elektronischen Übermittlung (unter Wahrung der Gleichbehandlung) wählen.266) Für den Fall der Individualinformation ist zu beachten, dass auch Kreditinstitute, nach § 125 Abs. 5 gleichgestellte Institute und Aktionärsvereinigungen informiert werden müssen.267) Sonderermittlungsberechtigte und Aufsichtsratsmitglieder haben einen Anspruch auf Übersendung der Unterlagen. Die Zugänglichmachung hat unverzüglich nach Prüfung der materiellen Zuläs- 230 sigkeit gemäß § 126 Abs. 2 zu erfolgen. Die Stellungnahme der Verwaltung kann auch noch nach Ablauf der 14-Tages-Frist zusammenfassend eingestellt bzw. nachgereicht werden.268) 4.

Ausnahmen von der Pflicht zur Zugänglichmachung

Als Korrektiv hat der Gesetzgeber in § 126 Abs. 2 Ausnahmen von der Mittei- 231 lungspflicht normiert, um zu verhindern, dass die Verpflichtung der Gesellschaft zur Zugänglichmachung unangemessen ausgenutzt wird. Diese zusammengefasst als unzulässig und rechtsmissbräuchlich bezeichneten Gegenanträge brauchen nicht mitgeteilt zu werden. Ob die Voraussetzungen des § 126 Abs. 2, der eine ___________ 263) 264) 265) 266) 267) 268)

Hüffer/Koch, AktG, § 126 Rz. 5. Hüffer/Koch, AktG, § 126 Rz. 5; Mimberg, ZGR 2003, 21, 33 ff. Siehe hierzu Kap. C. Rz. 206. Mimberg, ZGR 2003, 35 f. Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 126 Rz. 27; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 126 Rz. 22. Hüffer/Koch, AktG, § 126 Rz. 6.

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

abschließende Regelung enthält,269) vorliegen, entscheidet der Vorstand der Gesellschaft. 232 Die Pflicht zur Zugänglichmachung entfällt auch, wenn der Gegenantrag inhaltlich nicht hinreichend bestimmt ist. Alternativanträge sind nicht zulässig.270) 233 Ferner entfällt die Pflicht zur Zugänglichmachung dann, wenn einer der nachfolgenden Fälle des § 126 Abs. 2 Satz 1 vorliegt: a)

Strafbarkeit des Vorstands

234 Wenn sich der Vorstand durch das Zugänglichmachen des Gegenantrags und der Begründung strafbar machen würde; ein in der Praxis – mit Ausnahme von Beleidigungen und übler Nachrede – sehr selten eingreifender Tatbestand. b)

Gesetzes- und Satzungsverstoß

235 Sehr viel häufiger in der Praxis anzutreffen ist dagegen, dass der Gegenantrag zu einem gesetz- oder satzungswidrigen Beschluss führen könnte, d. h. im Falle seines Zustandekommens nichtig oder anfechtbar (§§ 241, 243) wäre. 236 Beispiele:271) x

Der Gegenantrag betrifft nicht einen Gegenstand der Tagesordnung und ist daher nicht bekanntmachungsfrei (§ 124 Abs. 4 Satz 2).

x

Es soll ein Beschluss über eine Geschäftsführungsmaßnahme getroffen werden für die die Hauptversammlung gemäß § 119 Abs. 2 nicht zuständig ist.

x

Für einen nach den Vorschriften des MitbestG paritätisch gebildeten Aufsichtsrat soll eine Satzungsbestimmung aufgenommen werden, wonach die Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden der einfachen Stimmenmehrheit der Aufsichtsratsmitglieder bedarf und § 27 MitbestG für unanwendbar erklärt wird.

x

Im Rahmen einer geplanten Umfirmierung wird ein neuer, nicht eintragungsfähiger Firmenname vorgeschlagen.

x

Es soll ein über den Bilanzgewinn hinausgehender Betrag ausgeschüttet werden.

237 Nach Noack/Zetzsche soll der Vorstand jedoch nur dann von der Mitteilung absehen dürfen, wenn die Gesetzes- oder Satzungswidrigkeit klar zutage liege.272) Dieser Ansicht ist nicht zuzustimmen, sie findet im Wortlaut des § 126 Abs. 2 Satz 2 keinen Anhaltspunkt. Zwar kann es im Einzelfall durchaus schwierig sein, ___________ 269) LG Frankfurt, Urt. v. 20.1.1992 – 3/1 O 169/91, AG 1992, 236. 270) Hüffer/Koch, AktG, § 126 Rz. 7; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 126 Rz. 11. 271) Weitere Beispiele bei Lehmann, in: Festschrift Quack, S. 294 ff.; siehe auch Hüffer/Koch, AktG, § 126 Rz. 8. 272) Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, §§ 125 Rz. 81.

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VII. Gegenanträge und Wahlvorschläge

zweifelsfrei einen Satzungs- oder Gesetzesverstoß festzustellen. Jedoch obliegt dem Vorstand gerade die Verpflichtung, solche Beschlüsse zu vermeiden, wobei ihn das Risiko eines Abwägungsfehlers trifft. c)

Falsche oder irreführende Begründungen oder Beleidigungen

Eine Verpflichtung des Vorstands zur Zugänglichmachung der Anträge und Wahl- 238 vorschläge besteht ebenso wenig, wenn die Begründung in wesentlichen Punkten offensichtlich falsche oder irreführende Angaben oder Beleidigungen enthält. Dabei genügt es nicht, dass die Gesellschaft aufgrund ihrer besseren Sachverhaltskenntnis die Angaben als falsch oder irreführend erkennt273). Es muss vielmehr für einen unbefangen urteilenden Durchschnittsaktionär, der die Verhältnisse umrisshaft kennt, eine Erkennbarkeit der Irreführung gegeben sein.274) Soweit das Landgericht Wuppertal275) die Behauptung, der Abschlussprüfer habe vor einigen Jahren absichtlich ein falsches Gutachten erstattet, um jemanden der Bestrafung zu entziehen, als offensichtlich falsch angesehen hat, ist dies unzutreffend, da eine Beweisfrage durch die Gesellschaft vorweg entschieden würde. Der Begriff der Beleidigung bezieht sich auf die Straftatbestände der §§ 185 ff. StGB und umfasst daher üble Nachrede und Verleumdung. Es muss sich um strafbare Äußerungen handeln; bloße sprachliche Entgleisungen sind nicht ausreichend.276) Sofern die irreführende oder beleidigende Äußerung nur die Begründung be- 239 trifft, ist der Gegenantrag ohne Begründung zugänglich zu machen. Ist auch der Antrag selbst betroffen, sollte versucht werden, den irreführenden oder beleidigenden Inhalt zu streichen und den „Restantrag“ zu veröffentlichen. Nur wenn dies nicht möglich ist, kann auch von dessen Veröffentlichung abgesehen werden.277) d)

Wiederholung eines früher gestellten Gegenantrags

Dem Schutz vor Querulanten dient der in § 126 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 geregelte 240 Fall, wonach die Verpflichtung zur Zugänglichmachung entfällt, wenn ein auf denselben Sachverhalt gestützter Gegenantrag des Aktionärs bereits in einer frü___________ 273) Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, §§ 125 Rz. 88. 274) OLG Stuttgart, Urt. v. 1.12.1994 – 13 U 46/94, AG 1995, 233, 234; LG Wuppertal, Urt. v. 15.11.1966 – 11 O 93/66, AG 1967, 139; Hüffer/Koch, AktG, § 126 Rz. 8a; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 126 Rz. 40 m. w. N. 275) LG Wuppertal, Urt. v. 15.11.1966 – 11 O 93/66, AG 1967, 139. 276) Hüffer/Koch, AktG, § 126 Rz. 8a; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 126 Rz. 41 m. w. N. 277) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 126 Rz. 42; a. A. Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, §§ 126 Rz. 91; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 126 Rz. 3, wonach die Pflicht zur Zugänglichmachung insgesamt entfällt, wenn Gegenantrag bzw. Begründung falsche oder irreführende Angaben oder Beleidigungen enthalten. Es wird bereits die Berechtigung des Vorstands zur Kürzung bestritten.

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

heren Hauptversammlung der Gesellschaft nach § 125 zugänglich gemacht worden ist. Es empfiehlt sich, Unterlagen aus den Vorjahren heranzuziehen.278) 241 Dabei ist der Begriff „derselbe Sachverhalt“ nicht zu eng auszulegen,279) wenn der Regelungszweck, die Verhinderung von unnötig anfallenden Kosten, durch die Mitteilung berücksichtigt wird. Nicht ausgeschlossen wird durch Satz 1 Nr. 4, dass ein anderer Aktionär als derjenige, von dem der frühere Antrag stammte, aufgrund desselben Sachverhalts einen Gegenantrag stellt. Nur in Ausnahmefällen wird dies unzulässig sein, soweit der Nachweis gelingt, dass sich der Aktionär eines Dritten bedient hat, um den an sich unzulässigen Gegenantrag zu stellen.280) e)

Wiederholung erfolgloser Gegenanträge

242 Wenn derselbe Gegenantrag des Aktionärs mit wesentlich gleicher Begründung in den letzten fünf Jahren bereits zu mindestens zwei Hauptversammlungen der Gesellschaft nach § 125 zugänglich gemacht wurde und in der Hauptversammlung weniger als 5 % des vertretenen Grundkapitals für ihn gestimmt haben, hat dies ebenfalls den Wegfall der Pflicht zur Zugänglichmachung zur Folge. f)

Vertretung des Aktionärs in der Hauptversammlung

243 Wenn der Aktionär zu erkennen gibt, dass er an der Hauptversammlung nicht teilnehmen oder sich nicht vertreten lassen wird oder wenn der Aktionär in den letzten zwei Jahren in zwei Hauptversammlungen einen von ihm mitgeteilten Gegenantrag nicht gestellt hat oder nicht hat stellen lassen, entfällt ebenfalls die Pflicht zur Zugänglichmachung. g)

Zu lange Begründung des Gegenantrags

244 Nach § 126 Abs. 2 Satz 2 entfällt die Verpflichtung der Gesellschaft, eine Begründung von Gegenanträgen zugänglich zu machen, wenn diese insgesamt mehr als 5.000 Zeichen beträgt.281) Der Gegenantrag einschließlich des Namens des Aktionärs sowie einer etwaigen Stellungnahme der Verwaltung ist jedoch weiterhin zugänglich zu machen.282) 245 Die Gesetzesbegründung enthält keinen Hinweis darauf, wie der Begriff Zeichen zu verstehen ist. Nach der überwiegenden Auffassung in der Literatur sind Zeichen Buchstaben, Symbole, Satzzeichen und Zahlen, während Leerzeichen nicht mitgezählt werden. Eine allzu enge Betrachtungsweise erscheint im Zusam___________ Hüffer/Koch, AktG, § 127 Rz. 8a. Lehmann, in: Festschrift Quack, S. 297. Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 126 (Stand: 05/1974) Rz. 45. Die Neuerung ist mit dem TransPuG eingefügt worden und hat die frühere Bestimmung der 100 Worte ersetzt. 282) v. Falkenhausen, BB 1966, 339; Hüffer/Koch, AktG, § 126 Rz. 9.

278) 279) 280) 281)

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VII. Gegenanträge und Wahlvorschläge

menhang mit dem Anfechtungsrisiko allerdings nicht als angebracht.283) Sinn der Vorschrift ist eine gewisse Begrenzung der Begründungen, um überlange Ausführungen zu vermeiden und eine Übersichtlichkeit zu gewährleisten. Dieser Sinn wird aber verkannt, wenn bei der Zählung zu penibel verfahren wird. Umstritten ist, ob der Vorstand bei einem Überschreiten der 5.000 Zeichen zur Kürzung berechtigt ist. Unbestritten ist, dass eine Verpflichtung hierzu jedenfalls nicht besteht. Dies wird in der Literatur mit der Begründung verneint, es solle vermieden wer- 246 den, dass es zu einem Streit zwischen dem Vorstand und dem Aktionär über die Kürzung komme, da der Aktionär häufig behaupten werde, die Kürzung habe seine Begründung entstellt.284) Dieser Meinung ist zu folgen, da Streitigkeiten über sinnentstellende Kürzungen von Gegenanträgen das Verhältnis zwischen Aktionär und Gesellschaft nur unnötig weiter belasten, ohne in der Sache weiterführend zu sein. Unabhängig davon ist es dem Vorstand unbenommen, unter Beachtung des Gleichheitsgebotes, eine zu lange Begründung ungekürzt mitzuteilen. Anzumerken ist jedoch, dass dem Informationsbedürfnis bereits dadurch Rechnung getragen wird, dass der Gegenantrag mitgeteilt wird. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der Kommunikation über das Aktionärsforum gemäß § 127a AktG. 5.

Zusammenfassung mehrerer Gegenanträge

Nach § 126 Abs. 3 kann der Vorstand die von mehreren Aktionären zu dem- 247 selben Gegenstand der Beschlussfassung gestellten Gegenanträge und ihre Begründungen zusammenfassen. Dies gilt nicht nur für den Fall, dass ein einheitlicher Text des Gegenantrags gewählt wurde und lediglich die Begründungen voneinander abweichen, sondern auch, wenn die Gegenanträge unterschiedlich sind. Notwendig ist lediglich, dass es sich um Gegenanträge zu demselben Tagesordnungspunkt handelt. Die Zusammenfassung sollte jedoch maßvoll vorgenommen werden. Wiederholungen und überflüssige Ausführungen können gestrichen werden. Das Wesen der Anträge und die Begründungen müssen jedoch erhalten bleiben.285) Sinnentstellende Änderungen sind ebenso wenig zulässig wie die Zensur von für die Gesellschaft unangenehmen Äußerungen. Bei einer Zusammenfassung mehrerer Begründungselemente muss außerdem jederzeit zuordenbar sein, welcher Aktionär sich auf welche Begründung gestützt hat.286) ___________ 283) Hüffer/Koch, AktG, § 126 Rz. 9 m. umfangreichen w. N. 284) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 126 Rz. 37; Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/ Kropff, AktG, § 126 (Stand: 05/1974) Rz. 53. 285) H. M. Butzke, HV, B Rz. 162; Hüffer/Koch, AktG, § 126 Rz. 10; Kubis, in: MünchKommAktG, § 126 Rz. 40; Lehmann, in: Festschrift Quack, S. 299; a. A. Ziemons, in: Schmidt/ Lutter, die eine Zusammenfassung bei börsennotierten Gesellschaften unter Hinweis auf die Aktionärsrechterichtlinie für unzulässig hält. 286) Butzke, HV, B Rz. 162; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 126 Rz. 40.

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

248 Im Einzelfall sollte von der Gesellschaft sehr sorgfältig abgewogen werden, ob es nicht unter praktischen Gesichtspunkten sinnvoll ist, einzelne Gegenanträge ungekürzt und für sich abzudrucken. Oft beeinträchtigen schon die Gestaltung, die Grammatik, der Satzbau oder die Wortwahl die Erfolgsaussichten des Gegenantrags. Außerdem sollte immer das Risiko der Diskussion oder Auseinandersetzung, ob die Zusammenfassung in rechtmäßiger Form erfolgt ist, berücksichtigt werden. Eine verfälschte Veröffentlichung hat stets die Anfechtbarkeit der hierzu in der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse zur Folge. Zu empfehlen ist es daher in der Regel, die Gegenanträge für sich stehen zu lassen. 6.

Eigene Stellungnahme der Verwaltung

249 Es steht im Ermessen des Vorstands, ob er zu Gegenanträgen eine eigene Stellungnahme abgeben möchte. Im Einzelfall kann dies bei Vorliegen von nur wenigen Gegenanträgen sinnvoll sein. Dies gilt auch dann, wenn eine Stellungnahme des Vorstands der Meinungsbildung der Aktionäre förderlich ist. In der Praxis ist die Handhabung unterschiedlich, wobei im Regelfall zumindest eine kurze Stellungnahme der Verwaltung zu den Gegenanträgen erfolgt. 7.

Besonderheiten bei Wahlvorschlägen von Aktionären

250 Die in § 126 geregelten Verpflichtungen zur frühzeitigen Information der Aktionäre über eine beabsichtigte Opposition werden durch die Verpflichtungen des § 127 ergänzt, wenn Aktionäre andere Personen als die vom Aufsichtsrat vorgeschlagenen zur Wahl als Aufsichtsratsmitglieder und Abschlussprüfer vorschlagen. Entsprechendes gilt aufgrund der gleichen Interessenlage auch für Vorschläge zur Wahl von Sonderprüfern, besonderen Vertretern und Abwicklern.287) 251 Nach § 127 ist die Regelung des § 126 für den Vorschlag eines Aktionärs zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern oder von Abschlussprüfern sinngemäß anzuwenden. Der Wahlvorschlag ist, sieht man von der Entbehrlichkeit der Begründung und der Notwendigkeit der Angaben nach § 124 Abs. 3 Satz 3 und – wenn es sich um eine börsennotierte Gesellschaft handelt – § 125 Abs. 1 Satz 5 ab, unter den gleichen Voraussetzungen wie ein Gegenantrag zugänglich zu machen. Es muss also eine Wahl zur Beschlussfassung anstehen und ein Verwaltungsvorschlag vorgelegt oder die Vorlage pflichtwidrig unterlassen worden sein. 252 Der Wahlvorschlag muss daher den Namen, ausgeübten Beruf und Wohnort des Vorgeschlagenen enthalten sowie bei börsennotierten Gesellschaften außerdem Angaben zu den im Zeitpunkt der Abgabe des Wahlvorschlags bekleideten Mandaten in gesetzlich zu bildenden Aufsichtsräten. Weiterhin sollen Angaben zu Mitgliedschaften in vergleichbaren in- und ausländischen Kontrollgremien von ___________ 287) Hüffer/Koch, AktG, § 127 Rz. 1; MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 113; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 127 Rz. 3; kritsch Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 127 Rz. 3.

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VII. Gegenanträge und Wahlvorschläge

Wirtschaftsunternehmen gemacht werden. Erfolgt eine Begründung, ist diese mitzuteilen. Der Vorstand hat den Vorschlag eines Aktionärs zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern im Falle der Anwendbarkeit des Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen288) zu ergänzen um einen Hinweis auf die Besetzung des Aufsichtsrats nach den Anforderungen des § 96 Abs. 2, die Angabe, ob der Gesamterfüllung nach § 96 Abs. 2 Satz 3 widersprochen wurde und die Angabe, wie viele Sitze im Aufsichtsrat mindestens jeweils von Frauen und Männern besetzt sein müssen, um das Mindestanteilsgebot nach § 96 Abs. 2 Satz 1 zu erfüllen.289) 8.

Aktionärsforum

Das Aktionärsforum ist eine Einrichtung des Bundesanzeigers. Es ist in § 127a 253 geregelt, der die Möglichkeiten von Aktionären und Aktionärsvereinigungen verbessern soll, Individual- und Minderheitenrechte effizient wahrzunehmen, sofern diese ein bestimmtes Mindestquorum oder eine Stimmquote in der Hauptversammlung voraussetzen.290) Nach § 127a kann das Aktionärsforum daher nur dazu genutzt werden, andere Aktionäre aufzufordern gemeinsam oder in Vertretung einen Antrag oder ein Verlangen nach dem Aktiengesetz zu stellen oder in einer Hauptversammlung das Stimmrecht auszuüben. Der Gesetzgeber wollte mit seiner Einführung ein „Korrelat zum zunehmend breiten Streubesitz und einer fortschreitenden Internationalisierung der Aktionärsstrukturen“ setzen.291) Die nähere Ausgestaltung und die Modalitäten seiner Inanspruchnahme einschließlich des Entgelts sind durch die Aktionärsforumsverordnung (AktFoV) geregelt.292) Das Aktionärsforum hat seit seiner Einführung wenig Akzeptanz erfahren. In den letzten Jahren waren nur vereinzelt Einträge zu verzeichnen. Das Aktionärsforum bietet die Möglichkeit, formalisierte Aufforderungen zu 254 veröffentlichen. Ihr Inhalt ergibt sich aus § 127a Abs. 2 und beschränkt sich auf Namen und Anschrift des Auffordernden, Firma der Gesellschaft, Antrag, Minderheitsverlangen oder Vorschlag für die Ausübung des Stimmrechts zu einem Tagesordnungspunkt und den Tag der betroffenen Hauptversammlung. Nach § 3 Abs. 3 Satz 3 AktFoV stehen hierfür maximal 500 Zeichen, inkl. Leerzeichen, zur Verfügung. Ist dies nicht ausreichend, muss auf eine gesonderte Internetseite verwiesen werden. Ergänzend kann (muss aber nicht) nach Abs. 3 auf eine Begründung auf der Internetseite des Auffordernden sowie seine elektronische Adresse hingewiesen werden. In der Aufforderung darf diese nicht enthalten sein.293) ___________ 288) 289) 290) 291) 292) 293)

Siehe hierzu Kap. C. Rz. 188. Vgl. Hüffer/Koch, AktG, § 127 Rz. 2; a. A. Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 127 Rz. 12. Hüffer/Koch, AktG, § 127a Rz. 1. Regierungsbegründung UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 15. BGBl. 2005 I S. 3193; Abdruck mit (nicht amtlicher) Begründung bei Seibert, AG 2006, 19 ff. Hüffer/Koch, AktG, § 127a Rz. 3.

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

Für die Inanspruchnahme des Forums entstehende Kosten haben die Auffordernden selbst zu tragen, da sie nur eigene Rechte verfolgen. Sofern die Gesellschaft zu einer Aufforderung im Aktionärsforum eine Stellungnahme abgeben will, kann sie diese auf ihrer Internetseite veröffentlichen und im Aktionärsforum darauf hinweisen. 9.

Rechtsfolgen bei Verstoß

255 Die Verletzung der Pflicht zur Zugänglichmachung von Gegenanträgen und Wahlvorschlägen der Aktionäre nach §§ 126 und 127 kann die Anfechtbarkeit der in der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse (§ 243 Abs. 1) zur Folge haben, wenn der Beschluss auf dem Verfahrensfehler beruht (§ 243 Abs. 4 Satz 1). VIII. Übermittlung der Mitteilungen und Vorbereitung der Stimmrechtsvertretung 1.

Vorbemerkung

256 § 128 ergänzt die in § 125 Abs. 1 geregelte Verpflichtung der Gesellschaft die Einberufung der Hauptversammlung den dort genannten Berechtigten mitzuteilen. Diese Pflichten stehen neben der Pflicht zur Bekanntmachung der Einberufung und sollen die ausreichende Unterrichtung der Aktionäre sicherstellen. 2.

Übermittlung der Mitteilungen

257 Leitet die Gesellschaft die zu tätigenden Mitteilungen gemäß § 125 Abs. 1 dem Kreditinstitut zu, so hat dieses, sofern es für Aktionäre Aktien der Gesellschaft verwahrt, die Mitteilungen nach § 128 Abs. 1 unverzüglich an die Aktionäre zu übermitteln. Die Mitteilung hat an die Aktionäre zu erfolgen, die zu Beginn des 21. Tages vor der Hauptversammlung Aktionär sind.294) Dies betrifft zum einen Inhaberaktien, da die Gesellschaft bei Inhaberaktien im Allgemeinen ihre Aktionäre nicht kennt und ihnen damit keine direkten Informationen zukommen lassen kann, aber auch Namensaktien, sofern die Kreditinstitute im Aktienregister eingetragen sind, obwohl ihnen die Aktien nicht gehören. In diesen Fällen werden die Kreditinstitute also als „Informationsvermittler“295) eingeschaltet. 258 Durch § 128 Abs. 4 wird diese Übermittlungspflicht auch auf die gemäß § 125 Abs. 5 gleichgestellten Finanzdienstleistungsinstitute und nach §§ 53 Abs. 1 Satz 1, 53b Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 7 KWG tätigen Unternehmen ausgedehnt. Die Übermittlung der Mitteilungen durch Aktionärsvereinigungen ist nicht vorgeschrieben, kann allerdings zwischen Aktionär und Aktionärsvereinigung vertraglich vereinbart werden.296) Die Übermittlung kann auch auf elektronischem ___________ 294) Siehe hierzu Kap. C. Rz. 162. 295) Hüffer/Koch, AktG, § 128 Rz. 1 und 3. 296) Regierungsbegründung ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 31.

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VIII. Übermittlung der Mitteilungen und Vorbereitung der Stimmrechtsvertretung

Wege erfolgen, was gegenüber dem Papierversand effizienter und kostengünstiger ist. Die Satzung der Gesellschaft kann regeln, dass die Übermittlung ausschließlich auf den elektronischen Versand beschränkt ist. Dies beschränkt dann auch die Übermittlungspflicht der Kreditinstitute auf elektronischen Versand (§§ 125 Abs. 2 Satz 2, 128 Abs. 1 Satz 2). Hat die Gesellschaft also den Anspruch auf Papierversand eingeschränkt, so betrifft dies dann automatisch auch die Versendung durch die Kreditinstitute, wobei ein Versand in Papierform auf freiwilliger Basis oder auf vertraglicher Grundlage weiterhin möglich ist.297) Zur Vorbereitung des Papierversands sollte mit den depotführenden Kreditin- 259 stituten, die in der letzten Hauptversammlung Stimmrechte ausgeübt oder die Mitteilung verlangt haben, (ggf. mit den von diesen eingesetzten Dienstleistern) eine mengenmäßige Eingrenzung der ihnen gemäß § 125 Abs. 1 zu übersendenden Mitteilungen vorgenommen werden. Nach allgemeiner Meinung298) trifft die Kreditinstitute ohnehin eine Pflicht zur Anforderung von Mitteilungen, da ihnen im öffentlichen Interesse die Rolle des Informationsmittlers auferlegt wird und sie demgemäß auch die Informationsbasis beschaffen müssen.299) Die Aktionäre sollen damit in die Lage versetzt werden, sich über die Art und Weise, in der ihre Stimmrechte in der Hauptversammlung ausgeübt werden sollen, schlüssig zu werden und entsprechende Weisungen zu erteilen. 3.

Kosten der Übermittlung

Mit der Verordnung über den Ersatz von Aufwendungen der Kreditinstitute300) 260 hat der Bundesminister der Justiz den Kreditinstituten einen Anspruch auf Ersatz der ihnen durch die Übermittlungspflicht entstehenden Kosten zugebilligt. Danach kann eine Vergütung für die Vervielfältigung, die Erstattung der Postentgelte und bestimmte Pauschbeträge für die Versendung bzw. elektronische Übermittlung verlangt werden. 4.

Rechtsfolgen bei Verstoß

Aktionäre könnten nach herrschender Meinung sowohl aus § 280 Abs. 1 BGB 261 wegen Verletzung des Depotvertrags als auch nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 128301) Anspruch auf Schadensersatz haben. Der für diesen Anspruch erfor___________ 297) Regierungsbegründung ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 31; zweifelnd: Kubis, in: MünchKomm-AktG § 128 Rz. 16. 298) Hüffer/Koch, AktG, § 128 Rz. 8; Kubis, in: MünchKomm-AktG § 128 Rz. 9; Ziemons, in: Schmidt/Lutter § 128 Rz. 11; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, §§ 128 Rz. 54 f.; a. A. Butzke, in: Großkomm. z. AktG, § 128 Rz. 36. 299) Hüffer/Koch, AktG, § 128 Rz. 8. 300) Verordnung über den Ersatz von Aufwendungen der Kreditinstitute v. 17.6.2003, BGBl I S. 885 zuletzt geändert durch Artikel 15 des Gesetzes v. 30.7.2009 BGBl. I S. 2479. 301) Kubis, in: MünchKomm-AktG § 128 Rz. 18; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 128 Rz. 100; Johansson, BB 1967, 1320.

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

derliche kausale Schaden wird allerdings in der Regel fehlen.302) Ein solcher Schadensersatzanspruch kann gemäß § 128 Abs. 2 nicht im Voraus ausgeschlossen oder beschränkt werden. 262 Für die Gesellschaft ist ein Verstoß gegen die Übermittlungspflichten nach § 128 sanktionslos. Die Anfechtbarkeit der in der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse ist gemäß § 243 Abs. 3 Nr. 2 ausgeschlossen. 5.

Vorbereitung der Stimmrechtsvertretung

263 Mit der durch das ARUG in § 135 erfolgten Deregulierung der Stimmrechtsvertretung durch die Kreditinstitute sollte das Anbieten dieser Dienstleistung für Kreditinstitute wieder an Attraktivität gewinnen und sich damit auch die Präsenzen auf der Hauptversammlung wieder erhöhen. Ausweislich der Präsenzstatistiken der Schutzgemeinschaft der Kleinanleger e. V. konnten die jährlich leicht schwankenden Präsenzen in den letzten Jahren allerdings nicht gesteigert werden.303) Üben Kreditinstitute aufgrund einer Vollmacht das Stimmrecht für die Aktionäre aus, kann dies entweder aufgrund einer ausdrücklichen Weisung des Aktionärs oder aufgrund einer generellen Bevollmächtigung erfolgen. Generelle Bevollmächtigungen können das Kreditinstitut jedoch nur zur Stimmrechtsausübung entsprechend den Vorschlägen der Verwaltung oder entsprechend eigener Abstimmungsvorschläge des Kreditinstituts ermächtigen. Die Regelungen zur Stimmrechtsvertretung in § 135 Abs. 1 – 7 gelten gemäß Abs. 8 sinngemäß auch für Aktionärsvereinigungen und Personen, die sich geschäftsmäßig gegenüber Aktionären zur Ausübung des Stimmrechts in der Hauptversammlung erbieten. a)

Erteilung der Vollmacht

264 Die Vollmacht zur Ausübung des Stimmrechts darf gemäß § 135 Abs. 1 Satz 2 und 3 nur einem bestimmten, namentlich zu benennenden Kreditinstitut (nicht notwendigerweise die Depotbank) erteilt werden.304) Die Vollmacht kann unbefristet erteilt, aber jederzeit widerrufen werden, worauf das Kreditinstitut jährlich und deutlich hervorgehoben hinzuweisen hat.305) Die Vollmacht kann grundsätzlich bis zum Zeitpunkt der Abstimmung über einen Tagesordnungspunkt erteilt werden. Hinsichtlich der Form der Vollmachtserteilung ist zwischen börsennotierten und nicht börsennotierten Gesellschaften zu differenzieren. Bei börsennotierten Gesellschaften ist nach Art. 11 Abs. 2 Satz 1 der Aktionärsrechterichtlinie die Textform vorgeschrieben, sodass § 135 Abs. 1 Satz 2 entsprechend ___________ 302) Hüffer/Koch, AktG, § 128 Rz. 9. 303) Siehe unter: http://www.sdk.org. 304) Hüffer/Koch, AktG, § 135 Rz. 6; Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 135 Rz. 83 ff. und Rz. 147 ff. zum Inhalt der Vollmacht. 305) Hüffer/Koch, AktG, § 135 Rz. 7 f. und 15.

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VIII. Übermittlung der Mitteilungen und Vorbereitung der Stimmrechtsvertretung

auszulegen ist; bei nicht börsennotierten Gesellschaften, auf die die Aktionärsrechterichtlinie keine Anwendung findet, ist hingegen keine spezielle Form vorgeschrieben, solange die Vollmachtserteilung nachprüfbar festgehalten werden kann306) und ihren Urheber ähnlich sicher erkennen lässt wie die frühere Schriftform; insoweit genügt z. B. bei telefonischer Erteilung die Identifikation über Codeworte oder Geheimnummern.307) Dies gilt auch für den Widerruf. Nach § 121 Abs. 3 Satz 3 ist in der Einberufung auf die Modalitäten der Stimmrechtsausübung hinzuweisen. Verstöße gegen § 121 Abs. 3 Satz 2 führen zur Anfechtbarkeit der auf der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse gemäß § 243 Abs. 1. Beispiele hierfür sind das unterschiedslose Verlangen einer schriftlichen Vollmacht308) oder das Verlangen der Anmeldung von Bevollmächtigten innerhalb der Anmeldefrist.309) Das Kreditinstitut ist gemäß § 135 Abs. 1 Satz 7 verpflichtet, dem Aktionär die Erteilung und den Widerruf von Vollmachten und Weisungen durch ein Formblatt oder ein Bildschirmformular zu erleichtern.310) Die Vollmacht darf nicht Bestandteil anderer die Geschäftsbeziehung zwischen Aktionär und Kreditinstitut regelnden Erklärungen wie z. B. AGB sein.311) Die Ausübung von Stimmrechten als Legitimationsaktionär ist weder dem Kreditinstitut noch den nach § 135 Abs. 8 gleichgestellten Personen gestattet; eine entsprechende Stimmabgabe ist unwirksam.312)

___________ 306) Hüffer/Koch, AktG, § 135 Rz. 9; a. A. Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 135 Rz. 122 ff., der „nachprüfbar festhaltbare“ und damit auch bei börsennotierten Gesellschaften mündliche Erklärungen für ausreichend erachtet; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 135 Rz. 8 m. w. N., der unter Verweis auf Art. 11 Abs. 2 Satz 1 der Aktionärsrechterichtlinie, den eindeutig nicht Textform verlangenden Gesetzeswortlaut des § 135 Abs. 1 Satz 2 richtlinienkonform auslegt und Textform für erforderlich hält. 307) So Hüffer/Koch, AktG, § 135 Rz. 10; Regierungsbegründung NaStraG, BT-Drucks. 14/ 4051, S. 16. 308) BGH, Hinweisbeschl. v. 10.7.2012 – II ZR 122/10, AG 2012, 882 f.; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 27.4.2010 – 5 U 14/09, ZIP 2010, 1993; LG Frankfurt, Urt. v. 26.8.2008 – 35 O 339/07, ZIP 2008, 1723; OLG Frankfurt, Beschl. v. 19.6.2009 – 5 W 6/09, AG 2010, 212, 213; KG, Urt. v. 21.9.2009 – 23 U 46/09, AG 2010, 163 ff. 309) OLG Frankfurt, Urt. v. 15.6.2010 – 5 U 144/09, ZIP 2010, 1390 ff.; LG München I, Urt. v. 2.9.2010 – 5 HK O 6069/10, AG 2011, 763; BGH, Urt. v. 19.7.2011 – II ZR 124/10, ZIP 2011, 1813. 310) Hüffer/Koch, AktG, § 135 Rz. 16; siehe auch die von der Deutschen Telekom AG abgegebene Unterlassungserklärung LG Baden-Baden, Urt. v. 29.4.1998 – 4 O 137/97, ZIP 1998, 1309, dazu EWiR 1998, 675 (Dreher/Schnorbus). 311) Schröer, in: MünchKomm-AktG, § 135 Rz. 55; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 135 Rz. 29; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 135 Rn 16; kritisch hierzu: Hüffer/Koch, AktG, § 135 Rz. 10 m. w. N. 312) BGH, Urt. v. 20.3.1995 – II ZR 205/94, ZIP 1995, 819, 826; OLG Hamm, Urt. v. 8.10.2012 – I-8 U 270/11; Schröer, in: MünchKomm-AktG, § 135 Rz. 181; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 135 Rz. 111.

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

b)

Abstimmungsvorschläge durch Kreditinstitute

265 Beabsichtigt ein Kreditinstitut auf der Grundlage einer Vollmacht gemäß § 135 Abs. 1 das Stimmrecht für Aktionäre entsprechend eigenen Abstimmungsvorschlägen auszuüben, so muss es den Aktionären rechtzeitig eigene Vorschläge für die Ausübung des Stimmrechts zu den einzelnen Gegenständen der Tagesordnung zugänglich machen (§ 135 Abs. 2 Satz 1). Gleichzeitig hat es anzubieten, einer Aktionärsvereinigung oder einem sonstigen Vertreter nach Wahl des Aktionärs die zur Stimmrechtsausübung erforderlichen Unterlagen zuzuleiten. Entsprechend den sonstigen Regelungen im AktG bedeutet Zugänglichmachung das Einstellen auf der Internetseite des Kreditinstituts. Eine Verpflichtung, die Vorschläge generell oder auf ausdrückliches Verlangen eines Aktionärs auch in Papierform zu übersenden, ist nach der Begründung des Gesetzentwurfs nicht vorgesehen. Das Zugänglichmachen hat rechtzeitig vor der Hauptversammlung zu geschehen, damit der Aktionär noch die Möglichkeit hat, davon Kenntnis zu nehmen und ggf. Weisungen zu erteilen.313) 266 Bei den Abstimmungsvorschlägen hat sich das Kreditinstitut gemäß § 135 Abs. 2 Satz 2 vom Interesse des Aktionärs leiten zu lassen. Entscheidend ist dabei die durchschnittliche Interessenlage des Anlegers, die auf eine langfristige Wertsteigerung gerichtet ist.314) Sofern der Aktionär Sonderinteressen hat, kann er diese im Wege der Einzelanweisung geltend machen. 267 Die Kreditinstitute haben ferner durch entsprechende organisatorische Vorkehrungen dafür zu sorgen, dass Eigeninteressen anderer Geschäftsbereiche nicht in die den Aktionären unterbreiteten Abstimmungsvorschläge einfließen. Dies soll sicherstellen, dass das vorhandene Eigeninteresse des Kreditinstituts z. B. aus den Geschäftsbereichen Kreditgeschäft, Beteiligungsbesitz und Emissionsgeschäft gerade nicht berücksichtigt wird. Die Erwägungen, die zu den Abstimmungsvorschlägen geführt haben, sind zu dokumentieren. Die Einhaltung dieser Pflichten ist von einem zu benennenden Mitglied der Geschäftsleitung zu überwachen. Dieses hat auch sicherzustellen, dass die im Unternehmen vorhandene Sachkompetenz315) bei dem im Interesse des Aktionärs erfolgenden Abstimmungsvorschlag berücksichtigt wird. 268 Das Kreditinstitut ist nicht verpflichtet, seine Vorschläge für die Stimmrechtsausübung zu begründen. Jedoch kann es in Einzelfällen zweckmäßig oder sogar geboten sein, eine Begründung aufzunehmen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Kreditinstitut vom Vorschlag der Verwaltung abweicht oder es seinen Vorschlag aus Unterlagen und Informationen ableitet, die den Aktionären nicht ___________ 313) Hüffer/Koch, AktG, § 135 Rz. 18 m. w. N. 314) Regierungsbegründung KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 18 f., abgedruckt in: ZIP 1997, 2064; Hüffer/Koch, AktG, § 135 Rz. 20. 315) Regierungsbegründung KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 18 f., abgedruckt in: ZIP 1997, 2063; Hüffer/Koch, AktG, § 135 Rz. 21 f.

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VIII. Übermittlung der Mitteilungen und Vorbereitung der Stimmrechtsvertretung

zugänglich sind.316) Weiterhin kann das Kreditinstitut in seinen schriftlichen Mitteilungen des Abstimmungsvorschlags an seine Depotkunden auf das verantwortliche Mitglied der Geschäftsleitung hinweisen.317) Das Kreditinstitut hat bei der Übersendung der Vorschläge darauf hinzuweisen, 269 dass es das Stimmrecht für den Aktionär entsprechend den vorgelegten eigenen Vorschlägen ausüben werde, wenn der Aktionär nicht rechtzeitig eine andere Weisung erteilt. Darüber hinaus treffen das Kreditinstitut bestimmte Hinweispflichten in Bezug auf bestehende personelle Verflechtungen mit der betroffenen Gesellschaft sowie für den Fall, dass das Kreditinstitut eine nach § 21 WpHG meldepflichtige Beteiligung an der Gesellschaft hält (also mindestens 3 % der Stimmrechte) oder einem Konsortium angehörte, dass die innerhalb von 5 Jahren zeitlich letzte Emission von Wertpapieren der Gesellschaft übernommen hat. c)

Weisungen

Erteilt der Aktionär eine Weisung, ist diese für das Kreditinstitut bindend. Das 270 Kreditinstitut muss allerdings nicht um die Erteilung von Weisungen bitten. Von einer konkreten Weisung kann jedoch dann abgewichen werden, wenn das Kreditinstitut annehmen darf, dass der Aktionär bei entsprechender Kenntnis der Umstände die Abweichung billigen würde (§ 665 Satz 1 BGB), z. B. wenn sich während der Hauptversammlung herausstellt, dass die Weisung gesellschaftsschädlich318) oder interessenwidrig319) wäre. Weicht das Kreditinstitut von der Weisung ab, hat es dies dem Aktionär mitzuteilen und zu begründen. Die Erteilung einer Weisung ist zwingend erforderlich, wenn das Kreditinstitut in der eigenen Hauptversammlung oder der Hauptversammlung einer Gesellschaft, an der es mit mehr als 20 % beteiligt ist, das Stimmrecht für den Aktionär ausüben möchte. Die Weisung kann die konkrete Stimmrechtsausübung, wie z. B. den Vorschlägen der Verwaltung oder bestimmten Aktionärsanträgen zuzustimmen, aber auch z. B. ein Auskunftsersuchen, bestimmte Redebeiträge oder Einlegung eines Widerspruchs zu Protokoll zum Inhalt haben. Die Stellung eines bestimmten Antrags kann von dem Kreditinstitut nicht verlangt werden.320) Die Weisung ___________ 316) Hüffer/Koch, AktG, § 135 Rz. 20; Schröer, in: MünchKomm-AktG, § 135 Rz. 78. 317) Regierungsbegründung KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 18 f., abgedruckt in: ZIP 1997, 2064; Referentenentwurf KonTraG, ZIP 1996, 2134. 318) So LG Düsseldorf, Urt. v. 4.6.1991 – 10 O 187/89, AG 1991, 419; Hüffer/Koch, AktG, § 135 Rz. 11; a. A. Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 135 Rz. 32. 319) Henssler, ZHR 157 (1993), 91, 103 ff.; Hüffer/Koch, AktG, § 135 Rz. 11; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 135 Rz. 32. 320) Die in der Vorauflage vertretene gegenteilige Auffassung wird aufgegeben. So auch Hüffer/ Koch, AktG, § 135 Rz. 24; Butzke, HV, E Rz. 85; Rieckers, in Spindler/Stilz, AktG, § 135 Rz. 65; a. A. Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 135 Rz. 217 ff., der über das Stimmrecht hinausgehende Weisungen für unzulässig hält.

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C. Einberufung der Hauptversammlung und Mitteilungspflichten

ist rechtzeitig, wenn sie nach ordentlichem Geschäftsgang noch bei der Abstimmung in der Hauptversammlung Berücksichtigung finden kann.321) d)

Auftragsstimmrecht bei Namensaktien

271 Bei Namensaktien ist in Bezug auf die Stimmrechtsausübung durch das Kreditinstitut danach zu unterscheiden, ob das Kreditinstitut als Inhaber der fremden Aktien im Aktienregister eingetragen ist oder nicht. Bei Eintragung des Kreditinstituts im Aktienregister ist nach § 135 Abs. 6 die Stimmrechtsausübung nur zulässig aufgrund einer speziellen Ermächtigung durch den eigentlichen Aktionär. Die vorbeschriebenen Regelungen zu Inhaberaktien (§ 135 Abs. 1 – 5) sind entsprechend anwendbar. Für Namensaktien bei denen das Kreditinstitut nicht im Aktienregister eingetragen ist, kann dieses nur mittels einer Stimmrechtsvollmacht handeln. Für deren Erteilung gilt die Regelung in § 135 für Inhaberaktien entsprechend, wobei in der Gesetzesbegründung zum ARUG der ausdrückliche Wunsch geäußert wurde, dass das Auftragsstimmrecht auch für Namensaktien angeboten werden soll.322)

___________ 321) Hüffer/Koch, AktG, § 135 Rz. 24; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 135 Rz. 76 und 92; Eckardt, DB 1967, 233 f. 322) Hierzu näher Siemon/Zetzsche, ZGR 2010, 945 ff.

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D. Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht an der Hauptversammlung Herdina

Aufsatzliteratur: Arnold/Carl/Götze, Aktuelle Fragen bei der Durchführung der Hauptversammlung, AG 2011, 349; Bachmann, Verwaltungsvollmacht und Aktionärsdemokratie: Selbstregulative Ansätze für die Hauptversammlung, AG 2001, 635; Beck, Aktuelles zur elektronischen Hauptversammlung, RNotZ 2014, 160; Bunke, Fragen der Vollmachtserteilung zur Stimmrechtsausübung nach §§ 134, 135 AktG, AG 2002, 57; Butzke, Hinterlegung, Record Date und Einberufungsfrist – Überlegungen und praktische Hinweise für die ersten Hauptversammlungen nach Inkrafttreten der Gesetzesänderungen durch das UMAG, WM 2005, 1981; Drinhausen/Keinath, BB-Rechtsprechungs- und Gesetzgebungsreport zum Hauptversammlungsrecht 2009, BB 2010, 3; Götze, Erteilung von Stimmrechtsvollmachten nach dem ARUG, NZG 2010, 93; Grobecker, Beachtenswertes zur Hauptversammlungssaison, NZG 2010, 165; Holten/Bauerfeind, Die digitale Revolution im Aktienrecht? Die Möglichkeiten der Online-Hauptversammlung nach § 118 AktG, AG 2015, 489; Kersting, Das Auskunftsrecht des Aktionärs bei elektronischer Teilnahme an der Hauptversammlung (§§ 118, 131 AktG), NZG 2010, 130; van Laak/Ulbrich, Entsendung mehrerer Stimmrechtsvertreter in die Hauptversammlung?, AG 2006, 660; Ludwig, Formanforderungen an die individuell erteilte Stimmrechtsvollmacht in der Aktiengesellschaft und in der GmbH, AG 2002, 433; Max, Die Leitung der Hauptversammlung, AG 1991, 77; Noack, Briefwahl und Online-Teilnahme an der Hauptversammlung: Der neue § 118 AktG, WM 2009, 2289, v. Nussbaum, Neue Wege zur Online-Hauptversammlung durch das ARUG, GWR 2009, 215; Obermüller, Einsichtnahme in das Teilnehmerverzeichnis durch Pressevertreter in der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft, NJW 1969, 265; Paschos/Goslar, Der Regierungsentwurf zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG), AG 2009, 14; Reichert/Harbarth, Stimmrechtsvollmacht, Legitimationszession und Stimmrechtsausschlussvertrag in der AG, AG 2001, 447; Schaaf/Slowinski, Stimmabgabe des Aktionärs durch Briefwahl, ZIP 2011, 2444; Seibert/Florstedt, Der Regierungsentwurf des ARUG – Inhalt und wesentliche Änderungen gegenüber dem Referentenentwurf, ZIP 2008, 2145; Stützle/Walgenbach, Leitung der Hauptversammlung und Mitspracherecht der Aktionäre in Fragen der Versammlungsleitung, ZHR 155 (1991), 516; Vetter, Die Teilnahme ehemaliger Vorstandsmitglieder an der Hauptversammlung, AG 1991, 171.

I.

Teilnahmerecht an der Hauptversammlung

Das Aktiengesetz enthält keine umfassende Regelung des Teilnahmerechts. Für 272 die Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat regelt § 118 Abs. 3 die Teilnahme an der Hauptversammlung, während für Aktionäre eine entsprechende ausdrückliche Regelung im Aktiengesetz fehlt. Gesetzlich ebenfalls nicht geregelt ist das Teilnahmerecht Dritter an der Hauptversammlung.1) Auch wenn das Aktiengesetz keine ausdrückliche Regelung zur Teilnahme der Aktionäre enthält, gilt es für börsennotierte Gesellschaften jedoch zu beachten, dass in Ziffer 2.2.3 des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK)2) ausdrücklich die Berechtigung jedes Aktionärs, an der Hauptversammlung teilzunehmen und dort das Rede-, Frage- und Antragsrecht auszuüben, niedergelegt ist. Ziffer 2.3.2. des ___________ 1) 2)

Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 24. In der Fassung vom 7. Februar 2017, abrufbar auf der Internetseite der Regierungskommission Corporate Governance Kodex unter: http://www.dcgk.de.

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D. Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht an der Hauptversammlung

DCGK enthält zudem die ausdrückliche Empfehlung, den Aktionären die Ausübung ihrer Rechte zu erleichtern. Im Hinblick auf die Teilnahme bedeutet das z. B., dass Zeit und Ort der Hauptversammlung so festgelegt werden, dass die Aktionäre unproblematisch an der Hauptversammlung teilnehmen können.3) 1.

Aktionäre

a)

Inhalt des Teilnahmerechts

273 Nach § 118 Abs. 1 üben die Aktionäre ihre Rechte in den Angelegenheiten der Gesellschaft in der Hauptversammlung aus, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt. Zu diesen Rechten gehört insbesondere auch das Recht des Aktionärs, an der Hauptversammlung teilzunehmen, das sich aus dem Mitgliedschaftsrecht, also der Stellung als Aktionär, ableitet.4) Das Teilnahmerecht ist ein wesentlicher Bestandteil der dem Aktionär zustehenden Mitgliedschaftsrechte.5) Es steht grundsätzlich jedem Aktionär zu. Zur Teilnahme an der Hauptversammlung berechtigt sind auch die Inhaber von stimmrechtslosen Vorzugsaktien (§ 140 Abs. 1), die Inhaber von Aktien, bei denen die Einlage nicht vollständig geleistet wurde (§ 134 Abs. 2) sowie die Inhaber von Aktien für die aufgrund eines Stimmverbots (§ 136) kein Stimmrecht besteht.6) Das Teilnahmerecht besteht auch für die Aktionäre, die von der Möglichkeit der Briefwahl Gebrauch machen (§ 118 Abs. 2). Nach der Intention des Gesetzgebers soll die Regelung eine Erleichterung für die Stimmabgabe gerade für den Fall bieten, dass der Aktionär nicht an der Hauptversammlung teilnimmt. Dies bedeutet aber nicht, dass damit seine Teilnahme an der Hauptversammlung ausgeschlossen ist. Nimmt der Aktionär trotz Briefwahl an der Hauptversammlung teil und stimmt dort ab, so wird man dies aber als Widerruf der abgegebenen Stimmen werten müssen.7) Die Gesellschaft kann in ihrer Satzung Regelungen zur OnlineTeilnahme ihrer Aktionäre treffen oder den Vorstand ermächtigen, ein OnlineTeilnahmerecht einzuführen. Hierdurch soll den Aktionären die Ausübung aller oder einzelner Rechte ermöglicht werden.8)

___________ 3) 4) 5) 6) 7)

8)

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Siehe hierzu Kremer, in: Kremer/Bachmann/Lutter/v. Werder, DCGK, Rz. 406. Hüffer/Koch, AktG, § 118 Rz. 7; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 37. Vgl. Krenek/Pluta, in: Heidel, Aktienrecht, § 118 Rz. 16 und 21 ff., mit einer Übersicht zu den in- und außerhalb der Hauptversammlung bestehenden Aktionärsrechten. Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 29; siehe auch MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 37 Rz. 6. Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 58; in diese Richtung auch v. Nussbaum, GWR 2009, 215 mit ausdrücklicher Bejahung der Teilnahmemöglichkeit des Briefwählers; ausführlich dazu Noack, WM 2009, 2292; siehe auch Schaaf/Slowinski, ZIP 2011, 2446. Hüffer/Koch, AktG, § 118 Rz 10 f.

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I. Teilnahmerecht an der Hauptversammlung

Kein Teilnahmerecht des Aktionärs besteht dagegen, wenn aus den Aktien keine 274 Rechte ausgeübt werden dürfen. Dies ist insbesondere der Fall x

bei Verletzung der Mitteilungspflichten nach § 20 Abs. 1 oder 4 gemäß § 20 Abs. 7,

x

bei Verletzung der Mitteilungspflichten gemäß § 21 Abs. 1 oder 2 gemäß Abs. 4,

x

soweit es sich um Emittenten i. S. v. § 21 Abs. 2 WpHG handelt, bei Verletzung der Mitteilungspflichten nach § 21 Abs. 1 und Abs. 1a WpHG gemäß § 28 WpHG,

x

bei Aktien, die in Verletzung des in § 56 Abs. 3 enthaltenen Verbots gezeichnet werden,

x

bei eigenen Aktien gemäß §§ 71b und d und

x

bei wechselseitigen Beteiligungen i. S. v. § 328 Abs. 1 Satz 1.

Inhaltlich umfasst das Teilnahmerecht für die Aktionäre dabei folgende Bestand- 275 teile: x

das Recht auf physische bzw. elektronisch vermittelte Präsenz,

x

das Rederecht,

x

das Recht zur Stellung von Beschlussanträgen,

x

das Recht zur Einsichtnahme in das Teilnehmerverzeichnis.9)

Das Recht auf physische Präsenz meint dabei auch das Recht des Aktionärs auf 276 ungehinderten Zugang zum Versammlungsraum und den Aufenthalt darin bis zum Versammlungsende. Dies setzt voraus, dass der Zugang zum Versammlungsraum für den Aktionär einfach auffindbar und barrierefrei (z. B. für Rollstuhlfahrer) möglich ist.10) Ungehinderter Zugang heißt auch, dass die Gesellschaft einen hinreichend großen Versammlungsraum zur Verfügung stellen muss, um das Risiko einer Anfechtung von Beschlüssen wegen der nicht gegebenen Möglichkeit des Zutritts zur Versammlung aufgrund eines zu kleinen oder untauglichen Versammlungsraums zu vermeiden.11) Dabei ist auch dafür Sorge zu tragen, dass der Versammlungsraum ausreichend beschallt, beleuchtet und belüftet ist sowie in ausreichendem Maße Toiletten und Verpflegungsmöglichkeiten (zumindest bei länger dauernden Hauptversammlungen) vorhanden sind.12) ___________ 9) Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 25; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 65; Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 169; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 41. 10) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 65; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 25; siehe auch Max, AG 1991, 80. 11) Max, AG 1991, 80; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 80. 12) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 70.

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D. Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht an der Hauptversammlung

277 Mit Rederecht ist die Befugnis des Aktionärs gemeint, sich zu den einzelnen Tagesordnungspunkten zu äußern und von der Hauptversammlung angehört zu werden.13) 278 Für die in § 118 Abs. 2 Satz 2 vorgesehene Möglichkeit der Online-Teilnahme gelten die vorstehenden Ausführungen in entsprechender Weise. Wird von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, dann ist dem Aktionär für die Dauer der Hauptversammlung Zugang zu den von der Gesellschaft für die Online-Teilnahme zur Verfügung gestellten Einrichtungen zu gewähren. Dies bedeutet auch, dass in ausreichendem Maße die erforderlichen technischen Kapazitäten vorgehalten werden, um den angemeldeten Aktionären die Teilnahme zu ermöglichen.14) 279 Das Stimmrecht gehört dagegen nach herrschender Meinung nicht zum Inhalt des Teilnahmerechts.15) Begründet wird dies damit, dass die Ausübung des Stimmrechts das Vorhandensein des Teilnahmerechts voraussetzt, während die Ausübung des Teilnahmerechts in keinem Fall zur Ausübung des Stimmrechts zwingt. Darüber hinaus verdeutlicht auch der Umstand, dass Inhaber von Aktien ohne Stimmrecht sowie Inhaber von Aktien für die ein Stimmverbot besteht, berechtigt sind an der Hauptversammlung teilzunehmen, dass Teilnahme- und Stimmrecht voneinander zu trennen sind. 280 Anders als z. B. für die Organmitglieder, besteht für Aktionäre nur ein Teilnahmerecht, aber grundsätzlich keine Teilnahmepflicht.16) b)

Beschränkungen des Teilnahmerechts

281 Das Teilnahmerecht des Aktionärs ist grundsätzlich ein unentziehbares Mitgliedschaftsrecht und kann durch die Satzung nicht beschränkt werden.17) 282 Das Teilnahmerecht kann durch die Satzung aber von einer vorherigen Anmeldung abhängig gemacht werden (§ 123 Abs. 2 Satz 1).18) Das Anmeldeerfordernis dient vor allem dazu, der Gesellschaft die organisatorische Vorbereitung der Hauptversammlung zu ermöglichen.19) ___________ 13) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 25; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 39 und 75; Hüffer/Koch, AktG, § 118 Rz. 20. 14) Siehe hierzu auch die Ausführungen zur Online-Teilnahme in Kap. D Rz. 286 ff. 15) Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 28; Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 33 Rz. 1; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 43; Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 169; Hüffer/Koch, AktG, § 118 Rz. 20. 16) Gegebenenfalls kann sich eine Teilnahmepflicht allerdings aus vertraglichen Vereinbarungen ergeben; siehe hierzu Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 37. 17) MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 37 Rz. 6; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 43 und 83. 18) So auch Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 33 Rz. 4; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 78 und 84. 19) Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 32 Rz. 34; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 68; Müller, in: Heidel, Aktienrecht, § 123 Rz. 13.

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I. Teilnahmerecht an der Hauptversammlung

Das Teilnahmerecht wird darüber hinaus faktisch noch durch eine Vielzahl von 283 organisatorischen Maßnahmen eingeschränkt, die einen ordnungsgemäßen Verlauf der Hauptversammlung sicherstellen sollen. Dies umfasst z. B. Zugangs-, Identitäts- und Gepäckkontrollen. Die Gesellschaft ist grundsätzlich berechtigt, im Rahmen der Eingangskontrolle die Identität der erscheinenden Personen zu prüfen, wobei in der Regel davon ausgegangen wird, dass der Inhaber einer Eintrittskarte20) auch teilnahmeberechtigt ist und nur in Sonderfällen eine Identitätskontrolle stattfinden wird.21) Derartige Kontrollen sind zulässig, sofern sie die Grenze der Zumutbarkeit nicht überschreiten oder dazu führen, dass der Aktionär wesentliche Teile der Hauptversammlung versäumt.22) Als unzulässig wird in diesem Zusammenhang die Zutrittsverweigerung für notwendige Begleiter etwa für kranke oder behinderte Aktionäre angesehen.23) Entsprechende Beschränkungen sind auch bei der elektronischen Teilnahme 284 grundsätzlich zulässig. Der Gesetzgeber hat bei der Einfügung des § 118 Abs. 2 zwar davon abgesehen, hierfür eine explizite Regelung zu treffen. In Art. 8 Abs. 2 der Aktionärsrechterichtlinie wird jedoch ausdrücklich festgelegt, dass bei einer elektronischen Teilnahme an der Hauptversammlung solche Beschränkungen zulässig sind, die zur Feststellung der Identität der Aktionäre und zur Gewährleistung der Sicherheit der elektronischen Kommunikation erforderlich sind. Die getroffenen Maßnahmen müssen dabei zur Erreichung dieser Zwecke angemessen sein.24) Grundsätzlich besteht das Teilnahmerecht des Aktionärs bis zur Grenze des 285 Rechtsmissbrauchs. Ordnungsmaßnahmen des Versammlungsleiters wie z. B. eine Beschränkung der Redezeit oder, sofern dies zur Aufrechterhaltung der Ordnung in der Hauptversammlung erforderlich ist, der Saalverweis des Aktionärs beeinträchtigen das Teilnahmerecht des Aktionärs aber nicht in unzulässiger Weise.25) Der Aktionär ist nicht daran gehindert, Stimmrechtsvollmacht ___________ 20) Umgekehrt berechtigt das Fehlen einer Eintrittskarte die Gesellschaft nicht zum Ausschluss von der Teilnahme an der Hauptversammlung. Die Eintrittskarte hat bezüglich der Legitimation nur eine Hilfsfunktion. Vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 31.1.1991 – 33 O 168/90, AG 1991, 411; OLG München, Urt. v. 12.11.1999 – 23 U 3319/99; NZG 2000, 553. 21) Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 177; zu Sicherheitskontrollen siehe auch bereits Max, AG 1991, 81. 22) Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 35; ausführlich Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 69; siehe z. B. OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.2.2007 – 5 W 43/06, ZIP 2007, 629 („Wella“) hinsichtlich Personen- und Gepäckkontrollen vor der Hauptversammlung. 23) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 69; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 35. 24) Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 35; siehe auch Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 102; kritisch hierzu Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 202 ff., die anmerken, dass durch unterlassene Festsetzung von technischen Mindeststandards durch den Gesetzgeber die Gesellschaften sicherstellen müssen, dass die Beschlussfassungen anfechtungssicher durchgeführt werden. 25) Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 33 Rz. 4; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 45; Hüffer/Koch, AktG, § 118 Rz. 25.

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D. Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht an der Hauptversammlung

zu erteilen. Ein Saalverweis des Aktionärs kann und sollte allerdings immer nur das letzte Mittel sein. c)

Online-Teilnahme

286 Eine besondere Form der Teilnahme regelt § 118 Abs. 1 Satz 2. Danach kann die Satzung vorsehen bzw. der Vorstand ermächtigt werden vorzusehen, dass die Aktionäre online an der Hauptversammlung teilnehmen und sämtliche oder Teile ihrer Rechte im Wege elektronischer Kommunikation ausüben können.26) Diese Regelung ist durch das ARUG27) neu in das Aktiengesetz eingefügt worden und gilt für börsennotierte und nicht börsennotierte Gesellschaften. 287 Die Basis bleibt aber weiterhin die Präsenz-Hauptversammlung. Die Aktionäre haben allerdings die Möglichkeit, online daran teilzunehmen und ihre Rechte auszuüben. Die physische Anwesenheit der Aktionäre wird durch die elektronische Kommunikation ersetzt. Gemeint ist damit eine Zweiweg-Direktverbindung, die dem Aktionär eine aktive Teilnahme und die elektronische Ausübung aller oder einzelner seiner Rechte ermöglicht.28) Eine rein virtuelle Hauptversammlung ist nach wie vor nicht möglich, auch wenn die Neuregelung nach der Gesetzesbegründung z. B. bei einer Online-Teilnahme aller Aktionäre einer virtuellen Hauptversammlung nahe kommt.29) 288 Grundsätzlich bleibt es der Gesellschaft überlassen, ob und wie sie von den durch § 118 Abs. 1 Satz 2 eingeräumten Möglichkeiten Gebrauch macht. Auch die Beschränkung auf eine bloße Übertragung der Hauptversammlung im Internet ist weiterhin zulässig. Eine Verpflichtung, den Aktionären die elektronische Ausübung ihrer Rechte zu ermöglichen, begründet die Neuregelung nicht.30) Der Gesetzgeber hat den Gesellschaften hier bewusst einen großen Ermessenspielraum eingeräumt, und vor dem Hintergrund der dynamischen Entwick___________ 26) Siehe auch Regelung im Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) Ziffer 2. 3. 3, wonach den Aktionären die Verfolgung der Hauptversammlung über moderne Kommunikationsmedien ermöglicht werden sollte. In der Praxis wurden bisher häufig die Rede des Vorstandsvorsitzenden sowie die einführenden Bemerkungen des Versammlungsleiters zu Beginn der Hauptversammlung einschließlich des Berichts des Aufsichtsrats im Internet übertragen, siehe Kremer, in: Kremer/Bachmann/Lutter/v. Werder, DCGK, Rz. 414. 27) Zu den diesbezüglichen Vorgaben der Aktionärsrechterichtlinie siehe Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 184. 28) Begründung Regierungsentwurf ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 26; Hüffer/Koch, AktG, § 118 Rz. 10; weitergehend hier Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 193, der Aktionär muss aktiv in das Geschehen eingreifen können, also Rede-, Frageund Antragsrecht haben; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 101. 29) Begründung Regierungsentwurf ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 26; Holten/Bauerfeind, AG 2015, 489, 490. 30) Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 52; Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 189; Begründung Regierungsentwurf ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 26.

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I. Teilnahmerecht an der Hauptversammlung

lung der Informationstechnik auch auf die Festlegung von technischen Standards verzichtet. Auf der Grundlage der gesetzlichen Regelung bestehen für die Gestaltung der 289 Satzung mehrere Optionen. Entweder kann die Satzung selbst eine verbindliche Regelung zur Online-Teilnahme treffen, oder den Vorstand ermächtigen, in der Einberufung die Einzelheiten für eine Online-Teilnahme im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen vorzusehen. Denkbar sind auch Kombinationen, in denen die Satzung Rahmenbedingungen festlegt und dem Vorstand die konkrete Ausgestaltung überlässt. Für die konkrete Ausgestaltung der Online-Teilnahme besteht damit ein großer Freiraum. Von den Aktionärsrechten – Teilnahme-, Antrags-, Stimm-, Rede- und Fragerecht – können den Online-Teilnehmern entweder alle oder nur ausgewählte gewährt werden. Wird die Online-Teilnahme in der Satzung geregelt, ist der Vorstand verpflich- 290 tet, im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht mit Maßnahmen auf der Basis des jeweiligen Stands der Technik, die Sicherheit der eingesetzten technischen Systeme zu gewährleisten.31) Dies umfasst auch geeignete technische Vorkehrungen um zu gewährleisten, dass der teilnehmende Aktionär der „richtige“ Aktionär ist. Das Gesetz enthält keine Vorgaben in Bezug auf die Überprüfung der Identität des Aktionärs bei elektronischer Teilnahme. Es empfiehlt sich aber für die elektronische Teilnahme, entsprechende Anmelde- und Legitimationserfordernisse z. B. die Anmeldung über eine Registrierungsmaske unter Nutzung einer PIN vorzusehen.32) In der Praxis haben33) seit dem Inkrafttreten des ARUG viele Gesellschaften 291 die Voraussetzungen für eine Online-Teilnahme durch Aufnahme entsprechender Satzungsregelungen geschaffen. Als Regelfall wird dabei der Weg über die Ermächtigung für den Vorstand gewählt, da dies den Gesellschaften die größtmögliche Flexibilität bietet. Die Formulierung der Satzungsregelungen orientiert sich dabei eng am Wortlaut der gesetzlichen Regelung. Eine typische Formulierung lautet z. B. wie folgt: „Der Vorstand kann vorsehen, dass die Aktionäre an der Hauptversammlung auch ohne Anwesenheit an deren Ort und ohne einen Bevollmächtigten teilnehmen und sämtliche oder einzelne ihrer Rechte ganz oder teilweise im Wege elektronischer Kommunikation ausüben können. Er kann Umfang und Verfahren im Einzelnen regeln. Macht der Vorstand von dieser Ermächtigung Gebrauch, sind die näheren Einzelheiten in der Einberufungsbekanntmachung mitzuteilen.“34)

___________ 31) Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 190; Begründung Regierungsentwurf ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 27. 32) Siehe auch Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 102. 33) Soweit nicht bereits im Jahr 2009 Vorratsbeschlüsse gefasst wurden, siehe Übersicht bei Drinhausen/Keinath, BB 2010, 5 (Fn. 21). 34) Vgl. § 17 Abs. 4 der Satzung der Commerzbank AG v. 24.5.2016.

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D. Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht an der Hauptversammlung

292 Wird der Vorstand in dieser Weise ermächtigt, dann hat dieser die Entscheidung über die Online-Teilnahme für jede Hauptversammlung neu zu treffen. Eine Selbstbindung des Vorstands im Sinne einer betrieblichen Übung entsteht auch bei wiederholtem Angebot der Online-Teilnahme nicht.35) Dies würde auch dem Sinn einer solchen Ermächtigung widersprechen. 293 Streitig ist, was unter einer Online-Teilnahme zu verstehen ist. Die wohl überwiegende Auffassung in der Literatur geht davon aus, dass für eine OnlineTeilnahme mindestens eine Übertragung in Bild und Ton erforderlich ist, da der Aktionär nur so in die Lage versetzt wird, dem Ablauf der Hauptversammlung vergleichbar der Anwesenheit vor Ort zu verfolgen.36) Die Gegenauffassung argumentiert mit dem Hinweis auf den im Gesetz verwendeten offenen Begriff elektronische Kommunikation und hält für die Online-Teilnahme auch den Internet-Dialog zur Stimmrechtsausübung für ausreichend.37) Trotz des zugegebenermaßen offenen Begriffs „elektronische Kommunikation“ wird man im Ergebnis davon ausgehen müssen, dass eine Online-Teilnahme ohne eine Bild- und Tonübertragung der Hauptversammlung und damit der Möglichkeit des Aktionärs zur Verfolgung der Hauptversammlung nicht gegeben sein kann. Dies muss dann auch die Möglichkeit umfassen, die der Versammlung zugänglich zu machenden Unterlagen, vor allem das Teilnehmerverzeichnis, online einzusehen.38) Weiterhin wird eine Online-Teilnahme nur dann zu bejahen sein, wenn dem Aktionär mindestens die teilweise Ausübung eines seiner versammlungsgebundenen Aktionärsrechte ermöglicht wird.39) Kann der Aktionär in ___________ 35) Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 192, mit der Empfehlung in der Satzungsregelung vorsorglich sicherzustellen, dass die Zulassung der OnlineTeilnahme eine vom Vorstand nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten zu treffende Entscheidung darstellt; Arnold/Carl/Götze, AG 2011, 349, 360; siehe auch Noack, WM 2009, 2290 für die Briefwahl, allerdings mit der Empfehlung, die Möglichkeit der Briefwahl im DCGK zu verankern und den Vorstand auf diese Weise zu binden. 36) Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 195; in diese Richtung auch Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 56; Hüffer/Koch, AktG, § 118 Rz. 10, der elektronische Kommunikation als Zweiwege-Direktverbindung interpretiert, was immer auch die Übertragung in Bild und Ton einschließt. Dies scheint auch die Form der Teilnahme zu sein, die der Gesetzgeber im Blick hatte, vgl. Begründung Regierungsentwurf ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 26. 37) Noack WM 2009, 2293; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 101; unklar MarschBarner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 33 Rz. 19d mit dem Fokus auf die Kommunikation der Aktionäre untereinander. Online-Teilnahme erfordert diese Möglichkeit nach seiner Auffassung nicht. Ob für die Online-Teilnahme Bild- und Tonübertragung erforderlich ist, wird dagegen offengelassen. 38) Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 197. 39) Zu weitgehend hier Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 193, die eine Teilnahme des online zugeschalteten Aktionärs entgegen dem Wortlaut von § 118 Abs. 1 Satz 2 wohl nur dann bejahen wollen, wenn der Aktionär auch Rede-, Frageund Antragsrecht hat; dies widerspricht aber der in § 118 Abs. 1 Satz 2 ausdrücklich vorgesehenen Differenzierungsmöglichkeit hinsichtlich des Umfangs der Rechteeinräumung für den online teilnehmenden Aktionär.

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I. Teilnahmerecht an der Hauptversammlung

keiner Weise aktiv an der Hauptversammlung teilnehmen, handelt es sich nur um eine Online-Übertragung, die nach § 118 Abs. 4 zu behandeln ist.40) Eine Differenzierung zwischen physisch anwesenden und online teilnehmen- 294 den Aktionären ist nach dem Willen des Gesetzgebers zulässig und verstößt nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot des § 53a.41) Es ist also nicht erforderlich, den online teilnehmenden Aktionären die Ausübung sämtlicher Aktionärsrechte zu gestatten, vielmehr kann auch nur die ganze oder teilweise Ausübung einzelner Rechte zugelassen werden. Die Gesetzesbegründung zum ARUG nennt als Beispiel für eine derartige teilweise Ausübung unter anderem das Stimmrecht ohne Recht zur Online-Abgabe eines Widerspruchs,42) was in der Literatur auf Kritik gestoßen ist.43) Die bloße Gewährung des Stimmrechts, ohne dem Aktionär gleichzeitig die Befugnis einzuräumen, den für die gerichtliche Überprüfung erforderlichen Widerspruch zu Protokoll ebenfalls online erklären zu können, wird vor dem Hintergrund der engen Verknüpfung zwischen diesen beiden Rechten als nicht akzeptabel angesehen,44) auch wenn der Gesetzgeber dies als zulässig erachtet. Wenn in dieser Weise verfahren wird – was aus Sicht der Gesellschaften durchaus nachvollziehbar ist – wird man zumindest in der Einberufung einen entsprechenden Hinweis auf den Ausschluss der Möglichkeit, online Widerspruch zu Protokoll einlegen zu können, fordern müssen.45) Von der Möglichkeit der Online-Teilnahme wird – soweit ersichtlich – in der 295 Praxis seit Inkrafttreten des ARUG reger Gebrauch gemacht. Die Gesellschaften nutzen dabei in der Regel die vom Gesetzgeber als zulässig angesehene Möglichkeit der Beschränkung und sehen in der Regel z. B. davon ab, den Aktionären auch die Erklärung des Widerspruchs zu Protokoll oder das Rede- und Fragerecht auf elektronischem Weg zu ermöglichen. Eine Online-Hauptversammlung, die den online teilnehmenden Aktionären die gleichen Rechte wie ___________ 40) Spindler, in: Schmitt-Lutter, AktG § 118 Rz. 55. 41) Begründung Regierungsentwurf ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 26; siehe dazu auch Kersting, NZG 2010, 131. 42) Begründung Regierungsentwurf ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 26; siehe auch Seibert/ Florstedt, ZIP 2008, 2146. 43) Vgl. Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 208; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 60; Grobecker, NZG 2010, 168, der eine Differenzierung zwischen physischen und online teilnehmenden Aktionären nicht für opportun hält; siehe auch Noack, WM 2009, 2293; zustimmend dagegen unter dem Gesichtspunkt der Anfechtungsrisiken Paschos/Goslar, AG 2009, 19 und Fn. 47. 44) Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 208; Spindler, in: SchmidtLutter, AktG, § 118 Rz. 60, der dies über eine teleologische Reduktion von § 245 Nr. 1 löst und ausnahmsweise auch ohne Widerspruch die Anfechtungsbefugnis gewähren will; siehe auch Holten/Bauerfeind, AG 2015, 489, 493. 45) Siehe auch Beck, RNotZ 2014, 160, 162.

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D. Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht an der Hauptversammlung

den anwesenden Teilnehmern gewährt, hat sich dagegen bisher noch nicht etabliert.46) 296 In der Regel bieten die Gesellschaften im Rahmen der Online-Teilnahme ihren Aktionären die Ausübung des Stimmrechts an. Dies ist technisch in der Praxis am einfachsten umzusetzen,47) während beim Rede- und Fragerecht weiterhin erhebliche Unsicherheiten insbesondere in Bezug auf dessen Beschränkung bestehen.48) 297 Aktionäre, die online an der Hauptversammlung teilnehmen, sind im Teilnehmerverzeichnis aufzuführen. Dient das Teilnehmerverzeichnis wie üblich auch als Präsenzliste, dann sind die online teilnehmenden Aktionäre soweit sie stimmberechtigt sind, in der Präsenz auszuweisen.49) Bei Abstimmung im Subtraktionsverfahren sind die online abgegebenen Nein-Stimmen und Enthaltungen daher von der Präsenz abzuziehen.50) 298 Da der online teilnehmende Aktionär als Teilnehmer gilt, steht ihm auch die Anfechtungsbefugnis nach § 245 Nr. 1 zu. Voraussetzung für die Beschlussanfechtung ist die Erklärung des Widerspruchs zu Protokoll, sodass die Anfechtung durch den online teilnehmenden Aktionär faktisch ausgeschlossen ist, wenn ihm die Möglichkeit online Widerspruch zu Protokoll zu erklären, nicht eingeräumt wird. Ein Gesetzesverstoß bei der Ausgestaltung der den OnlineTeilnehmern gewährten Rechte gemäß § 118 Abs. 1 Satz 2 kann grundsätzlich einen Anfechtungsgrund i. S. v. § 243 Abs. 1 darstellen.51) 299 Von der oben beschriebenen Online-Teilnahme ist die in § 118 Abs. 2 geregelte Ausübung des Stimmrechts ohne Teilnahme (Briefwahl) zu unterscheiden. Der Aktionär, der per Briefwahl seine Stimme abgibt, nimmt nicht an der Hauptversammlung teil und ist nicht in das Teilnehmerverzeichnis aufzunehmen. Der ___________ 46) Holten/Bauerfeind, AG 2015, 489, 493; wegen der bestehenden Unsicherheiten wird vielmehr häufig ausdrücklich davon abgeraten, den online teilnehmenden Aktionären die gleichen Rechte zu gewähren, vgl. Arnold/Carl/Götze, AG 2011, 349, 360. 47) Noack, WM 2009, 2293; entgegen der Erwartung von Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 207 ff., die bei der Gewährung des Stimmrechts die größten Risiken sehen. 48) Siehe Hüffer/Koch, AktG, § 118 Rz. 12, wonach unklar sei, ob die in § 131 Abs. 2 Satz 2 enthaltene Beschränkung des Rede- und Fragerechts auch bei der Online-Teilnahme greift; ausführlich hierzu Kersting, NZG 2010, 130; Grobecker, NZG 2010, 168, der aus Gründen der Anfechtungssicherheit von der Einräumung des Rede- und Fragerechts bei OnlineTeilnahme abrät; so auch Arnold/Carl/Götze, AG 2011, 349, 360. 49) Noack, WM 2009, 2294; Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 3; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 129 Rz. 47; Arnold/Carl/Götze, AG 2015, 349, 361. 50) Begründung Regierungsentwurf ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 26; so auch Mimberg/ Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 213 f., die jedoch eine Aufnahme in das Teilnehmerverzeichnis nur dann als zulässig erachten, wenn eine Mitberatung der online zugeschalteten Aktionäre in Form des Rede-, Frage- und Antwortrechts gegeben ist. 51) Kersting, NZG 2010, 134.

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I. Teilnahmerecht an der Hauptversammlung

Begriff Briefwahl ist an dieser Stelle allerdings unglücklich gewählt, denn gemeint sind hier auch elektronische Möglichkeiten der Stimmabgabe.52) Mangels Teilnahme an der Hauptversammlung steht diesen Aktionären keine Anfechtungsbefugnis gemäß § 245 Nr. 1 zu. d)

Sonderfälle zum Teilnahmerecht der Aktionäre

Besteht kein uneingeschränktes Alleineigentum einer Person an der Aktie, 300 kann zweifelhaft sein, wem das Teilnahmerecht zusteht. Dabei soll der Übersichtlichkeit wegen nicht nur auf das Teilnahmerecht eingegangen werden, sondern es werden im Folgenden auch eventuelle Gemeinsamkeiten und Abwicklungen im Zusammenhang mit dem Stimmrecht dargestellt. aa)

Rechtsgemeinschaft

Steht eine Aktie mehreren Berechtigten zu, so können diese nach § 69 Abs. 1 301 die Rechte aus der Aktie nur durch einen gemeinschaftlichen Vertreter ausüben. Entscheidend für die gemeinschaftliche Berechtigung ist dabei die dingliche Zuordnung.53) Hauptanwendungsfälle des § 69 Abs. 1 sind die Erbengemeinschaft, die Gütergemeinschaft, die Bruchteilsgemeinschaft (§ 741 ff. BGB) und die nicht rechtsfähige BGB-Innengesellschaft.54) Keine Anwendung findet § 69 Abs. 1 auf Personenhandelsgesellschaften, die 302 BGB-Außengesellschaft55) sowie juristische Personen. Nicht anwendbar ist die Bestimmung des § 69 zudem auf Aktien, die sich in Girosammelverwahrung gemäß §§ 5 ff. DepotG befinden, da jeder Aktionär berechtigt ist, entsprechend seinem Aktienbesitz wie ein Alleinaktionär aufzutreten;56) dies gilt nicht für Aktien, die gemäß § 30 ff. InvG im Sondervermögen einer Investmentgesellschaft gehalten werden, da hier die Vertretung durch die Investmentgesellschaft erfolgt (§ 92 ff KAGB).57) Die Regelung des § 69 Abs. 1 gilt für Inhaber- und Namensaktien, findet bei 303 Namensaktien aber nur Anwendung, wenn mehrere Personen als Berechtigte in ___________ 52) Hüffer/Koch, AktG, § 118 Rz. 15; siehe hierzu auch Schaaf/Slowinski, ZIP 2011, 2446. 53) Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 69 Rz. 5; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 58. 54) Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 69 Rz. 8; Hüffer/Koch, AktG, § 69 Rz. 3; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 69 Rz. 6 und 8. 55) So: Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 69 Rz. 8; Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, § 69 Rz. 5; Merkt, in: Großkomm. z. AktG, § 69 Rz. 12; Hüffer/Koch, AktG, § 69 Rz. 3; a. A. für eine analoge Anwendung des § 69 Abs. 1: Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 69 Rz. 8; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm AktG, § 69 Rz. 9. 56) Hüffer/Koch, AktG, § 69 Rz. 2; Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, § 69 Rz. 4; Merkt, in: Großkomm. z. AktG, § 69 Rz. 16; Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 69 Rz. 11; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 69 Rz. 9; Mentz/Fröhling, NZG 2002, 204 Fn. 40. 57) Hüffer/Koch, AktG, § 69 Rz. 2; Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, § 69 Rz. 4; Grundmann, in: Großkomm. z. AktG, § 134 Rz. 84.

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D. Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht an der Hauptversammlung

das Aktienregister eingetragen sind, denn nur in diesem Fall liegt eine Mitberechtigung vor.58) 304 Liegt ein Fall des § 69 Abs. 1 vor, und wird kein gemeinschaftlicher Vertreter bestellt, so hat dies zur Konsequenz, dass die aus der Aktie resultierenden Mitgliedschaftsrechte nicht ausgeübt werden können.59) 305 Einen Sonderfall bilden Testamentsvollstrecker und sonstige Amtswalter die von Amts wegen besondere Vertreter i. S. v. § 69 Abs. 1 sind.60) In diesen Fällen bedarf es keiner zusätzlichen Vertreterbestellung nach § 69 Abs. 1. bb)

Verpfändung, Sicherungsübereignung und Nießbrauch

306 Aufgrund ihrer Fungibilität und ihrer leichten Verwertbarkeit werden Aktien in der Praxis oft als Sicherheit für Forderungen verwendet, sodass sich die Frage stellt, was in diesen Fällen mit dem Teilnahme- und Stimmrecht geschieht. Nach einhelliger Auffassung steht bei der Verpfändung oder Pfändung61) von Aktien das Teilnahmerecht dem Inhaber der Aktie zu.62) Das gilt entsprechend für das Stimmrecht.63) Abhängig von der Gestaltung im Einzelfall ergibt sich daraus ggf. eine Verpflichtung des Pfandgläubigers, dem Inhaber der Aktie die Teilnahmemöglichkeit an der Hauptversammlung zu verschaffen.64) Dies kann z. B. dann relevant werden, wenn physische Aktien bestehen, die im Rahmen der Verpfändung dem Pfandgläubiger übergeben worden sind (§ 1205 BGB). Dem Inhaber wäre es dann nicht möglich ohne Mithilfe des Pfandgläubigers den Nachweis seiner Aktionärseigenschaft z. B. durch Hinterlegung zu erbringen. 307 Bei der Sicherungsübereignung geht das Eigentum aus den Aktien auf den Sicherungsnehmer über, der damit gleichzeitig alle Rechte aus den Aktien einschließlich des Teilnahme- und Stimmrechts erhält.65) Aus der Stellung des Sicherungsnehmers als Treuhänder für den Sicherungsgeber wird allerdings abgeleitet, dass der Sicherungsnehmer dazu verpflichtet ist, dem Sicherungsgeber ___________ 58) Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 69 Rz. 14; Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, § 69 Rz. 2. 59) Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 69 Rz. 19; Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, § 69 Rz. 7. 60) Hüffer/Koch, AktG, § 69 Rz. 3 am Ende; Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 69 Rz. 10; Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, § 69 Rz. 7. 61) Zur Begründung des Pfandrechts bei Globalurkunden: Damrau, in: MünchKomm-BGB, § 1293 Rz. 8 f. 62) OLG Celle, Beschl. v. 4.2.2015 – 9 W 14/15, AG 2015, 363; Hüffer/Koch, AktG, § 118 Rz. 27; MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 36 Rz. 11; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 56; Butzke, HV, C Rz. 7; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 69. 63) MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 39 Rz. 3; Butzke, HV, Rz. 7; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 69. 64) Butzke, HV, C Rz. 7; siehe auch Grundmann, in: Großkomm. z. AktG, § 134 Rz. 80. 65) Butzke, HV, C Rz. 7; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 56 f.; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 69.

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I. Teilnahmerecht an der Hauptversammlung

die Teilnahme zu ermöglichen und ihn mit den entsprechenden Vollmachten zur Ausübung des Stimmrechts auszustatten.66) Dagegen ist es bei der Bestellung eines Nießbrauchrechts streitig, wer die Ak- 308 tionärsrechte auf der Hauptversammlung ausüben kann. Die mittlerweile herrschende Auffassung geht zutreffend davon aus, dass das Teilnahme- und Stimmrecht beim Aktionär verbleibt.67) Begründet wird dies unter anderem damit, dass die Beschlüsse der Hauptversammlung nicht nur ausschließlich für die Gewinnausschüttung, auf die sich die Nutznießung erstrecke, sondern vor allem für das Anteilsrecht an der Aktiengesellschaft selbst von Bedeutung seien.68) Es gibt zudem weder im Aktien- noch im Sachenrecht eine gesetzliche Regelung, die den Übergang des Teilnahme- und Stimmrechts auf den Nießbraucher anordnet.69) Dies gilt auch für den Fall eines mitgliedschaftsspaltenden Nießbrauchs, sofern keine abweichende Vereinbarung getroffen wurde.70) 2.

Aktionärsvertreter

a)

Vertreter kraft Vollmacht

Das Teilnahmerecht der Aktionäre ist anders als das Teilnahmerecht für die Mit- 309 glieder von Vorstand und Aufsichtsrat kein höchstpersönliches Recht, sondern kann auch durch Vertreter ausgeübt werden. Dies ergibt sich bereits daraus, dass ohne Teilnahmerecht, die in § 134 Abs. 3 Satz 1 geregelte Ausübung des Stimmrechts nicht möglich wäre.71) Vor diesem Hintergrund gelten für die Ausübung des Teilnahmerechts durch Vertreter daher die gleichen Grundsätze wie für die Stimmrechtsvertretung.72) Die bevollmächtigten Vertreter können die Rechte des Aktionärs dabei auch im Rahmen einer Online-Teilnahme ausüben.73)

___________ 66) Butzke, HV, C Rz. 7; offen Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 56 f. 67) Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 134 Rz. 8; Pohlmann, in: MünchKomm-BGB, § 1068 Rz. 69 ff. mit Überblick zum Meinungsstand Rz. 81; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 56; Butzke, HV, C Rz. 8; MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 37 Rz. 6 und § 39 Rz. 3. 68) Butzke, HV, C Rz. 8. 69) Pohlmann, in: MünchKomm-BGB, § 1068 Rz. 71 ff, für das Stimmrecht, was dann auch für das Teilnahmerecht gelten muss. 70) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 56; Butzke, HV, C Rz. 8; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 50 unter Verweis auf Grundmann, in: Großkomm. z. AktG, § 134 Rz. 81. 71) Hüffer/Koch, AktG, § 118 Rz. 26; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 30; Butzke, HV, C Rz. 12; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 71. 72) Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 180; Butzke, HV, C Rz. 12; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 71. 73) Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 212; Begründung Regierungsentwurf ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 33 f.

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D. Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht an der Hauptversammlung

310 Durch Satzungsbestimmungen kann die Möglichkeit der Vertretung nicht ausgeschlossen werden.74) 311 Unzulässig ist es nach herrschender Meinung75) auch, eine Beschränkung des Kreises möglicher Bevollmächtigter in der Satzung vorzusehen. 312 Allerdings kann die Satzung eine Vertretung durch mehrere Bevollmächtigte ausschließen.76) Fehlt es an einer entsprechenden Satzungsbestimmung, kann ein Aktionär mehrere Bevollmächtigte bestellen.77) Die Gesellschaft ist jedoch berechtigt, bei einer Bevollmächtigung mehrerer Personen, eine oder mehrere von diesen zurückzuweisen (§ 134 Abs. 2 Satz 3). Eine Bevollmächtigung mehrerer Vertreter wird damit nicht ausgeschlossen, es besteht allerdings grundsätzlich nur ein Anspruch des Aktionärs auf Zulassung eines einzelnen Vertreters. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind dann zuzulassen, wenn sachgerechte Erwägungen für die Zulassung mehrerer Einzelvertreter sprechen. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn zur sachgerechten Vertretung ein Rechtsanwalt und ein Wirtschaftsprüfer notwendig sind.78) 313 Streitig ist, ob die Beschränkungsmöglichkeit auch Anwendung findet, wenn der Aktionär über mehrere Stücke verfügt. Dies wird von einem Teil der Literatur mit dem Hinweis verneint, dass das Teilnahmerecht als bloßes Hilfsrecht auf die Person und nicht auf die Aktie bezogen sei, und deshalb keine Vervielfältigung entsprechend der Aktienanzahl erfahre.79) Die Gegenansicht verweist darauf, dass nach dem Gesetzeswortlaut jede Aktie eine Stimme vermittelt und folgert daraus, dass der Aktionär dementsprechend auch ebenso viele Personen mit der Ausübung des Stimmrechts bevollmächtigen könne.80) Ungeachtet dessen gilt aber weiterhin, dass sich faktisch eine Mehrfachvertretung nicht verhindern lassen wird, wenn der Aktionär seinen Aktienbestand auf mehrere Depots verteilt und Eintrittskarten auf je einen Vertreter ausstellen lässt. ___________ 74) Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 134, Rz. 39 m. w. N. 75) Unter Hinweis auf Art. 10 Unterabs. 1 Aktionärsrechterichtlinie: Hüffer/Koch, AktG, § 134 Rz. 25; Schröer, in: MünchKomm-AktG, § 134 Rz. 42; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 134 Rz. 58; Grundmann, in: Großkomm. z. AktG, § 134 Rz. 105; Rieckers, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 134 Rz. 51; Tröger, in: Kölner Komm AktG, § 134 Rz. 161 ff. mit Ausnahme der Zustimmung zur Übertragung vinkulierter Namensaktien. Siehe auch OLG Stuttgart Beschl. v. 28.5.1990 8 W 302/90, AG 1991, 69 f.; OLG Braunschweig Beschl. v. 27.8.2013 – 2 W 142/12, BeckRS 2014, 20216. 76) Hüffer/Koch, AktG, § 134 Rz. 27; Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 33 Rz. 7; MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 37 Rz. 15. 77) Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 72; ausführlich zu den daraus resultierenden Problemen van Laak/Ulbrich, AG 2006, 660. 78) So auch Hüffer/Koch, AktG, § 134 Rz. 27; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 134 Rz. 64; Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 33 Rz. 7. 79) Hüffer/Koch, AktG, § 134 Rz. 27; Butzke, HV, C Rz. 15. 80) Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 134 Rz. 60; Schröer, in: MünchKomm-AktG, § 134 Rz. 45; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 72.

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I. Teilnahmerecht an der Hauptversammlung

Enthält die Satzung keine Vorgaben, so steht es dem Aktionär grundsätzlich 314 frei, wen er mit der Ausübung des Stimmrechts bevollmächtigt. Bevollmächtigt werden können natürliche und juristische Personen. Nach herrschender Meinung nicht zulässig ist dagegen die Bevollmächtigung von Vorstand und Aufsichtsrat bzw. deren Mitgliedern. Damit soll vermieden werden, dass sog. Verwaltungsstimmrechte geschaffen werden, mit denen Vorstand und Aufsichtsrat ein sich selbst stabilisierendes System etablieren.81) Eine Ausnahme ist dann möglich, wenn die Bevollmächtigung eines einzelnen Organmitglieds auf Initiative des Aktionärs erfolgt.82) Die Auswahlfreiheit des Aktionärs wird aber grundsätzlich durch die ihm ge- 315 genüber der Gesellschaft und den Mitaktionären obliegende Treuepflicht beschränkt, sodass z. B. der Vertreter eines konkurrierenden Unternehmens als Vertreter des Aktionärs von der Gesellschaft abgelehnt werden kann.83) Für die Erteilung und den Widerruf der Vollmacht gelten grundsätzlich die 316 § 167 ff. BGB.84) Die Vollmacht kann dabei als Innenvollmacht (§ 167 Abs. 1, 1. Alt. BGB) gegenüber dem Vertreter oder als Außenvollmacht (§ 167 Abs. 1, 2. Alt. BGB) gegenüber der Gesellschaft erteilt werden.85) Gemäß § 134 Abs. 3 Satz 3 bedürfen die Erteilung der Vollmacht, ihr Widerruf 317 sowie der Nachweis der Bevollmächtigung der Textform gemäß § 126b BGB. Börsennotierte Gesellschaften können nur Erleichterungen vorsehen,86) während nicht börsennotierte Gesellschaften in der Satzung auch strengere Anforderungen (z. B. Schriftform, notarielle Beurkundung) vorsehen können. Im Fall einer Hauptversammlung im Zusammenhang mit einem Übernahme- 318 sachverhalt hat die Gesellschaft gemäß § 16 Abs. 4 Satz 6 WpÜG die Erteilung von Stimmrechtsvollmachten, soweit nach Gesetz und Satzung möglich, zu erleichtern. Sofern die Satzung eine Ermächtigung zugunsten des Vorstands ent___________ 81) Hüffer/Koch, AktG, § 134 Rz. 26 und 26b; Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 219; Schröer, in: MünchKomm-AktG, § 134 Rz. 37; a. A. Grundmann, in: Großkomm. z. AktG, § 134 Rz. 122. 82) Hüffer/Koch, AktG, § 134 Rz. 26b; weitergehend: Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 219, die Bevollmächtigung einzelner Mitglieder für grundsätzlich möglich halten; ebenso Schröer, in: MünchKomm-AktG, § 134 Rz. 37; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 134 Rz. 50. 83) Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 134 Rz. 57; Hüffer/Koch, AktG, § 134 Rz. 25; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 134 Rz. 52. 84) Siehe Hüffer/Koch, AktG, § 134 Rz. 22a; Schröer, in: MünchKomm-AktG, § 134 Rz. 34; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 134 Rz. 41. 85) Vgl. auch Götze, NZG 2010, 93. 86) Begründung Regierungsentwurf ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 34; denkbar z. B. mündliche oder telefonische Vollmachtserteilung; kritisch hierzu Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 134 Rz. 45; siehe auch Grundmann, in: Großkomm. z. AktG, § 134 Rz. 111 a, der eine noch mildere Form als die Textform für eine allenfalls theoretische Möglichkeit hält.

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D. Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht an der Hauptversammlung

hält, über die Form der Vollmacht zu entscheiden, kann dieser z. B. die Zulassung der Erteilung per E-Mail beschließen.87) 319 Börsennotierte Unternehmen sind zusätzlich verpflichtet, einen Weg elektronischer Kommunikation für die Übermittlung des Nachweises über die Vollmacht anzubieten (§ 134 Abs. 3 Satz 4). 320 Der Textform gemäß § 126 genügt neben der Schriftform auch die Bevollmächtigung per Telefax und E-Mail. Die in der Praxis gebräuchliche Erteilung der Vollmacht per Bildschirmformular und Internetdialog ist nach Auffassung des Gesetzgebers ebenfalls von der Textform erfasst.88) 321 Die in der Praxis verwendeten Satzungsregelungen hinsichtlich der Bevollmächtigung beschränken sich häufig auf die Wiedergabe des Inhalts der gesetzlichen Regelung und delegieren es an den Vorstand, in der Einberufung die Einzelheiten für die Bevollmächtigung festzulegen.89) Die Angaben hierzu gehören bei börsennotierten Gesellschaften gemäß § 121 Abs. 3 Nr. 2 zum Mindestinhalt der Einberufung.90) In der Praxis werden dem Aktionär in der Regel mehrere Übermittlungswege für die Erklärung der Vollmachtserteilung eröffnet. So ist es mittlerweile üblich, für die Zuleitung der Vollmachtserteilung eine postalische Adresse, eine Fax-Nummer, eine E-Mail-Adresse sowie – falls vorhanden – ein elektronisches System über das Internet zur Verfügung zu stellen.91) 322 Soweit die Gesellschaft für die Bevollmächtigung Formulare zur Verfügung stellt, ist deren Benutzung – soweit es nicht um die Bevollmächtigung der von der Gesellschaft benannten Stimmrechtsvertreter geht – nicht zwingend.92) Allerdings sollte die Gesellschaft in der Einberufung ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Benutzung nicht zwingend ist, denn sonst besteht das Risiko, dass dies als unzulässige Formerschwerung angesehen wird, die nur bei nicht börsennotierten Gesellschaften aufgrund einer Satzungsregelung zulässig ist.93) 323 Der Umfang der Bevollmächtigung richtet sich nach der erteilten Vollmacht. Üblicherweise liegt der Fokus bei der Vollmachtserteilung auf der Ausübung des Stimmrechts. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich die Vollmacht nur auf die Stimmabgabe beschränkt. Die Vollmacht ist wie jede Willenserklärung aus___________ 87) Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 134 Rz. 46. 88) Begründung Regierungsentwurf ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 49, siehe auch Götze, NZG 2010, 93. 89) Siehe z. B. § 17 Abs. 3 der Satzung der Commerzbank AG in der Fassung vom 24.5.2016 oder der § 7 Abs. 3 der Satzung der Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft 06/2017, abrufbar unter: https://www.commerzbook.de bzw. https://www.munichre.com. 90) Vgl. zu den Einzelheiten die Ausführungen in Teil C. Rz. 164. 91) Zur Frage, ob in der Einberufung eine E-Mail-Adresse angegeben werden muss, siehe Götze, NZG 2010, 94. 92) Siehe hierzu die Ausführungen in Kap. C. Rz. 157 sowie Götze, NZG 2010, 94. 93) Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 134 Rz. 43.

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legbar. In der Regel wird die Bevollmächtigung neben der Ausübung des Stimmrechts daher auch die Befugnis zur Wortmeldung, Wahrnehmung des Fragerechts, Einsichtnahme in das Teilnehmerverzeichnis, Erklärung des Widerspruchs zu Protokoll sowie zur Stellung von Anträgen umfassen.94) Dies kann allerdings nicht gelten, soweit eine Bevollmächtigung der von der 324 Gesellschaft benannten Stimmrechtsvertreter erfolgt. Hier ist die Bevollmächtigung erkennbar auf die Ausübung des Stimmrechts begrenzt.95) Zweifel hinsichtlich des Umfangs der Vollmacht könnten sich unter Umstän- 325 den bei Verwendung der von der Gesellschaft zur Verfügung gestellten Vordrucke für die Bevollmächtigung Dritter ergeben, sofern der nach wie vor übliche Text „ … mich/uns in der Hauptversammlung zu vertreten und das Stimmrecht für mich/uns auszuüben“ verwendet wird, da sich dieser ausdrücklich nur auf die Ausübung des Stimmrechts bezieht. Allerdings folgt schon aus der Formulierung „zu vertreten“ sowie dem Wort „und“, dass die versammlungsgebundenen Aktionärsrechte hiervon mit erfasst sein sollen. Zur Vermeidung von Unsicherheiten über den Umfang der Vollmacht ist daher zu empfehlen, die Formulierung „ …das Stimmrecht und/oder sonstige Aktionärsrechte“ oder „ …sämtliche versammlungsbezogenen Rechte“ zu verwenden. Unabhängig davon steht es dem Aktionär frei, den Bevollmächtigten ausdrücklich zur Vornahme bestimmter Handlungen zu ermächtigen. Im Übrigen ist es zu empfehlen, dass die Gesellschaften in den für die Vollmachtserteilung zur Verfügung gestellten Formularen die Möglichkeit der Unterbevollmächtigung vorsehen. Im Fall der Verhinderung des Bevollmächtigten oder bei einem vorzeitigen Verlassen der Hauptversammlung kann damit die Ausübung des Stimmrechts des Aktionärs sichergestellt werden. aa)

Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft (sog. Proxy-Voting)

In der Praxis bieten viele Gesellschaften ihren Aktionären an, mit der Stimm- 326 abgabe einen von der Gesellschaft benannten Stimmrechtsvertreter zu bevollmächtigen. Sowohl Privatanleger als auch institutionelle Anleger nutzen diese Möglichkeit der Stimmabgabe.96) Die Zulassung derartiger Stimmrechtsvertreter ist zwar im Aktiengesetz nicht explizit geregelt, denn in § 134 Abs. 3 Satz 5 ___________ 94) Schöer, in: MünchKomm-AktG, § 134 Rz. 56; Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 4 für Ausübung des Fragerechts; Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 33 Rz. 6 unter Hinweis auf Art. 10 Abs. 1 Satz 2 der Aktionärsrechterichtlinie, der explizit allerdings nur das Recht auf Wortmeldung und Fragestellung nennt; siehe auch Grundmann, in: Großkomm. § 134 Rz. 117. 95) Siehe z. B. die Einladung zur Hauptversammlung 2017 der Münchener RückversicherungsGesellschaft, abrufbar, unter: https://www.munichre.com, die einen ausdrücklichen Hinweis darauf enthält, dass die Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft nur zur Ausübung des Stimmrechts bevollmächtigt werden können; siehe hierzu auch Bunke, AG 2002, 71. 96) Hüffer/Koch, AktG, § 134 Rz. 26a.

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D. Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht an der Hauptversammlung

findet sich nur eine Regelung zur Aufbewahrung der dem Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft erteilten Vollmacht. Damit wird aber die Zulässigkeit vorausgesetzt. Dies entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers bei Einführung des § 134 Abs. 3 Satz 5, denn Sinn und Zweck der Regelung war es, die Benennung von Stimmrechtsvertretern durch die Gesellschaft gesetzlich abzusichern.97) 327 Die Gesellschaft kann also Stimmrechtsvertreter benennen und der Aktionär diese bevollmächtigen, wobei es sich um externe Personen, die als Treuhänder handeln,98) oder – wie im Regelfall – um eigene Mitarbeiter der Gesellschaft handeln kann. 328 Vorstand und Aufsichtsrat bzw. deren Mitglieder dürfen dabei nicht bevollmächtigt werden.99) Dies folgt aus dem Rechtsgedanken des § 136 Abs. 2. 329 Nach wohl überwiegender Meinung ist eine Bevollmächtigung von Stimmrechtsvertretern nur zulässig, soweit zum Gegenstand der Beschlussfassung eine ausdrückliche Weisung durch den Aktionär erteilt wird; ohne Weisung werden die Stimmrechte nicht vertreten.100) Begründet wird dies zum einen mit dem Willen des Gesetzgebers und zum anderen mit einer Analogie zu § 135 Abs. 3 Satz 3 (§ 135 Abs. 1 Satz 2 a. F.) wonach die Ausübung des Stimmrechts durch das Kreditinstitut bei der eigenen Hauptversammlung nur im Rahmen einer ausdrücklichen Weisung möglich ist. Darüber hinaus spricht insbesondere der Aspekt der Verhinderung einer Selbstkontrolle der Verwaltung für die Erforderlichkeit einer ausdrücklichen Weisung.101) Für börsennotierte Gesellschaften folgt dies auch aus Ziffer 2.3.2 Satz 2 Halbs. 1 des DCGK, der ausdrücklich die Bestellung eines weisungsgebundenen Vertreters fordert. In der Praxis wird i. S. d. überwiegenden Auffassung verfahren und für die Stimmrechtsvertretung durch von der Gesellschaft benannte Stimmrechtsvertreter, soweit ersichtlich, ausnahmslos eine ausdrückliche Weisung gefordert, sei es als generelle Weisung, bei allen Beschlussvorschlägen i. S. d. Verwaltung abzustimmen oder als Einzelweisung zu jedem einzelnen Beschlussvorschlag. Wegen der weiteren Anforderungen an die Weisung gelten die Regelungen für ___________ 97) Siehe hierzu Beschlussempfehlung Rechtsausschuss NaStraG, BT-Drucks. 14/4618, S. 14. 98) Zum Beispiel ein Rechtsanwalt oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft; siehe hierzu Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 34 Rz. 123. 99) Siehe Hüffer/Koch, AktG, § 134 Rz. 26 b; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 134 Rz. 63; Schröer, in: Münchner Komm. z. AktG, § 134 Rz. 37; a. A. Bunke, AG 2002, 59 ff.; Grundmann, in: Großkomm. z. AktG, § 134 Rz. 122. 100) Hüffer/Koch, AktG, § 134 Rz. 26b; Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 34 Rz. 125; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 134 Rz. 63; Schröer, in: MünchKomm-AktG, § 134 Rz. 40; Ludwig, in: Happ, Aktienrecht, 10.16 Rz. 4.1; MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 37 Rz. 14; a. A. z. B. Bachmann, AG, 2001, 635, 638 f., wonach es der Gesellschaft überlassen bleiben soll, ob Vollmacht nur mit Weisung ausgeübt werden kann. 101) Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 134 Rz. 63.

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I. Teilnahmerecht an der Hauptversammlung

Kreditinstitute gemäß § 135 Abs. 5 entsprechend.102) Sofern die Gesellschaft Stimmrechtsvertreter benennt, hat sie deren Bevollmächtigungen gemäß § 134 Abs. 3 Satz 5 für einen Zeitraum von drei Jahren nach dem letzten Tag der Hauptversammlung nachprüfbar festzuhalten.103) Für börsennotierte Gesellschaften enthält Ziffer 2.3.2 Satz 2 Halbs. 2 des DCGK 330 zusätzlich zur Bestellung des weisungsgebundenen Vertreters noch das weitere Erfordernis, dass dieser auch während der Hauptversammlung erreichbar sein soll.104) In der Praxis wird dies in der Form umgesetzt, dass der Aktionär dem Stimmrechtsvertreter noch bis zum Beginn der Abstimmungen in der Hauptversammlung auf elektronischem Weg Weisungen übermitteln kann, wobei die Einräumung dieser Möglichkeit nur sinnvoll ist, wenn die Hauptversammlung im Internet übertragen wird. bb)

Kreditinstitute

Eine besondere Ausprägung des Vollmachtsstimmrechts ist die Stimmrechts- 331 ausübung durch Kreditinstitute. Dieses sog. Depot- oder Bankenstimmrecht ist durch das ARUG in erheblichem Umfang dereguliert worden.105) Ziel der Neuregelung war es, die Präsenzen in den Hauptversammlungen wieder zu erhöhen, die unter anderem dadurch gesunken waren, dass viele Kreditinstitute aufgrund der starken Regulierung ihren Kunden die Stimmrechtsvertretung nicht mehr angeboten haben, was ausweislich der Präsenzstatistiken der Schutzgemeinschaft der Kleinanleger e. V. nicht gelungen ist.106) Die Regelungen zur Stimmrechtsausübung durch Kreditinstitute sind durch das ARUG in § 135 konzentriert worden. Für die Bevollmächtigung von Kreditinstituten finden die für die Bevollmäch- 332 tigung von sonstigen Dritten geltenden Formvorschriften keine Anwendung, da § 135 insoweit als speziellere Regelung anzusehen ist. Nach § 135 Abs. 1 darf ein Kreditinstitut107) das Stimmrecht für Aktien, die ihm nicht gehören, nur ausüben oder ausüben lassen, wenn es bevollmächtigt ist. Das Kreditinstitut darf also nicht selbst als Aktionär bzw. bei Namensaktien nicht als Inhaber im Aktienregister eingetragen sein.108) ___________ 102) 103) 104) 105)

Siehe hierzu Kap. D Rz. 331 ff. Hüffer/Koch, AktG, § 134 Rz. 26c. Zu den Einzelheiten vgl. Kremer, in: Kremer/Bachmann/Lutter/v. Werder DCGK, Rz. 412. Zum Hintergrund siehe Begründung Regierungsentwurf ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 33 ff. 106) Statistiken abrufbar unter: http://www.sdk.org/veroeffentlichungen/statistiken/. 107) Die Eigenschaft als Kreditinstitut bestimmt sich dabei nach § 1 und § 2 des KWG; ausländische Kreditinstitute werden ebenfalls von § 135 erfasst; siehe Hüffer/Koch, AktG, § 135 Rz. 4. 108) Hüffer/Koch, AktG, § 135 Rz. 5.

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D. Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht an der Hauptversammlung

333 Die Vollmacht kann dabei gemäß § 135 Abs. 1 Satz 2 nur einem bestimmten Kreditinstitut erteilt werden. Sie kann auch unbefristet erteilt werden, ist aber jederzeit widerruflich. Letzteres folgt aus der in § 135 Abs. 1 Satz 6 enthaltenen Verpflichtung des Kreditinstituts, den Aktionär jährlich und deutlich hervorgehoben auf die Widerruflichkeit hinzuweisen. Damit soll der Aktionär quasi an die erteilte Vollmacht „erinnert“ werden, um dann prüfen zu können, ob die Vollmachtserteilung noch seinen Interessen entspricht.109) 334 Die Vollmacht bedarf nach dem Wortlaut des Gesetzes keiner speziellen Form muss aber nachprüfbar festgehalten werden. Es ist also nach dem Wortlaut des Gesetzes zwischen den Formerfordernissen der Bevollmächtigung nach § 134, der Textfom verlangt, und der Bevollmächtigung gemäß § 135 zu differenzieren. Im Schrifttum wird vertreten, dass auch für die Bevollmächtigung der Kreditinstitute im Sinne einer richtlinienkonformen Auslegung des § 135 Textfom gelten müsse, da die Aktionärsrechterichtlinie dies für die Vertreterbestellung verbindlich vorgebe.110) Die Gegenauffassung orientiert sich am Gesetzeswortlaut und hält für die Bevollmächtigung der Kreditinstitute alle Erklärungsverkörperungen ausreichend, die als solche oder nach einer technischen Umwandlung gelesen oder gehört werden können.111) Da der Gesetzeswortlaut für börsennotierte Gesellschaften richtlinienkonform auszulegen ist, wird man zumindest für diese Textform verlangen müssen. Der Wille des deutschen Gesetzgebers, die Anforderungen an die Vollmachtserteilung weiter zu deregulieren, kann sich daher nur für nicht börsennotierte Gesellschaften durchsetzen, sodass für diese Textform nicht erforderlich ist und auch mündliche Vollmachten als ausreichend anzusehen sind.112) Allerdings wird man in der Praxis davon ausgehen können, dass die Bevollmächtigung der Kreditinstitute in der Regel ohnehin mindestens in Textform erfolgen wird. 335 Ungeachtet der Form sind an den Inhalt der Vollmacht bestimmte Anforderungen zu stellen. Die Erklärung muss mindestens den Namen des Kreditinstituts, den Namen des Vollmachtgebers und die Vollmachterklärung (also die mit der Stimmrechtsausübung verbundenen Erklärungen) enthalten. Nähere Angaben zu den betroffenen Aktien sind nicht erforderlich, ausreichend ist der ___________ 109) So auch Hüffer/Koch, AktG, § 135 Rz. 8. 110) Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 135 Rz. 8; Grundmann, BKR 2009, 37; Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 274 i. V. m. Rz. 258 gehen aufgrund Nr. 13 der Bekanntmachung der BAFin vom 21.12.1998 über die Ordnungsmäßigkeit des Depotgeschäfts und die Erfüllung von Wertpapierlieferungsverpflichtungen für die Depotbanken sogar vom Erfordernis der Schriftform aus. Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob die Bekanntmachung, die erkennbar auf der damaligen Rechtslage fußt, hier als Argumentationshilfe herangezogen werden kann. 111) So Hüffer/Koch, AktG, § 135 Rz. 10. 112) Vgl. zum Streitstand Hüffer/Koch, AktG, § 135 Rz. 9.

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I. Teilnahmerecht an der Hauptversammlung

Hinweis auf das konkrete Depot.113) Die Vollmacht darf dabei nur die für diese notwendigen Erklärungen enthalten (§ 135 Abs. 1 Satz 3). Ausgeschlossen werden soll damit zum Beispiel, dass Bevollmächtigungen im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen erteilt werden.114), 115) cc)

Aktionärsvereinigungen und sonstige geschäftsmäßig Handelnde

Die Regelungen zum Depotstimmrecht finden gemäß § 135 Abs. 8 sinngemäß 336 Anwendung für die Ausübung des Stimmrechts durch x

Vereinigungen von Aktionären und

x

Personen, die sich geschäftsmäßig gegenüber Aktionären zur Ausübung des Stimmrechts in der Hauptversammlung erbieten.

Aktionärsvereinigungen sind auf Dauer angelegte Personenzusammenschlüsse 337 mit dem wesentlichen Zweck, Aktionärsrechte auszuüben, während konsortialvertragliche Verbindungen zwischen einzelnen Aktionären, z. B. durch Poolverträge, nicht ausreichend sind. Im Regelfall sind diese Vereinigungen in der Rechtsform des Vereins organisiert, die aber nicht zwingend und vom Gesetz auch nicht vorgegeben ist.116) Den Aktionärsvereinigungen gleichgestellt sind die geschäftsmäßigen Aktionärsvertreter, deren Geschäftszweck die Stimmrechtsausübung ist. Bei wiederholt auftretenden Stimmrechtsvertretern soll damit, wie bei Kreditinstituten, sichergestellt werden, dass sie das Stimmrecht entsprechend dem Willen des Aktionärs ausüben.117) Voraussetzung ist ein geschäftsmäßiges Erbieten, das dann zu bejahen ist, wenn der Stimmrechtsvertreter wiederholt aktiv für die Stimmrechtsausübung wirbt bzw. sie anbietet. Entscheidend ist die Absicht der Wiederholung des Erbietens, es kommt dagegen nicht darauf an, ob die Stimmrechtsvertretung beruflich oder gewerblich erfolgt.118) Bejaht worden ist das geschäftsmäßige Erbieten z. B. bei einem Herausgeber eines Börsendienstes sowie für einen Mitarbeiter eines Hauptversammlungsdienstleisters, die die Stimmrechtsvertretung angeboten haben.119) ___________ 113) Hüffer/Koch, AktG, § 135 Rz. 9a; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 135 Rz. 14; Grundmann, in: Großkomm. z. AktG, § 135 Rz. 48; Schröer, in: MünchKomm-AktG. § 135 Rz. 52. 114) Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 135 Rz. 16; Hüffer/Koch, AktG, § 135 Rz. 10. 115) Hinsichtlich der weiteren Details zur Bevollmächtigung der Kreditinstitute wird auf die Ausführungen in Kap. C. Rz. 263 ff. verwiesen. 116) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 125 Rz. 7; Hüffer/Koch, AktG, § 125 Rz. 3; Spindler, in Schmidt/Lutter, § 135 Rz. 61. 117) Schröer, in: MünchKomm-AktG, § 135 Rz. 33; ähnlich auch Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 135 Rz. 62. 118) BGH, Urt. v. 20.3.1995 – II ZR 205/94, ZIP 1995, 819, 826; OLG Hamm, Urt. v. 8.10.2012 – I-8 U 270/11, ZIP 2013, 1024 ff.; Schröer, in: MünchKomm-AktG, § 135 Rz. 35; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 135 Rz. 63; Hüffer/Koch, AktG, § 135 Rz. 48. 119) BGH, Urt. v. 20.3.1995 – II ZR 205/94, ZIP 1995, 819, 826; OLG Hamm; Urt. v. 8.10.2012 – I-8 U 270/11, ZIP 2013, 1024 ff.

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D. Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht an der Hauptversammlung

Nicht erfasst werden z. B. Rechtsanwälte die von Aktionären mit der Stimmrechtsvertretung beauftragt werden.120) Treten diese Personen in der Hauptversammlung auch als Legitimationsaktionäre auf, sind die abgegebenen Stimmen gemäß § 135 Abs. 1 und 8 ungültig. 338 Sinngemäß anzuwenden sind auf diesen Personenkreis die Abs. 1 bis 7 des § 135. Das bedeutet, dass auch für diesen Personenkreis eine Vollmacht gemäß § 135 Abs. 1 erforderlich ist. Eine Unterbevollmächtigung ist nur dann möglich, wenn dies durch die Bevollmächtigung bereits gestattet ist (§ 135 Abs. 5 Satz 1).121) b)

Gesetzliche und organschaftliche Vertreter

339 Die Regelung des § 134 Abs. 3 gilt allein für die rechtsgeschäftliche Vertretung und findet bereits nach dem Wortlaut keine Anwendung in Fällen der gesetzlichen Vertretung. 340 Gesetzliche Vertretung liegt z. B. vor bei Vater und Mutter (§ 1629 Abs. 1 Satz 2 BGB), dem Vormund (§ 1793 BGB) und dem Pfleger (§§ 1909 ff. BGB). Einer Vollmacht bedarf es in diesen Fällen nicht, allerdings kann die Gesellschaft verlangen, dass sich die gesetzlichen Vertreter durch Personenstandsurkunden, Bestellungsunterlagen etc. legitimieren.122) 341 Die Regelung des § 134 Abs. 3 findet ferner keine Anwendung auf die organschaftlichen Vertreter (z. B. Vorstand der AG, Geschäftsführer der GmbH, vertretungsberechtigte Gesellschafter von oHG und KG), die Stimmrechte für die ihrer Gesellschaft gehörenden Aktien ausüben wollen. Für den Fall, dass es sich um ein mehrköpfiges Vertretungsorgan mit Gesamtvertretungsbefugnis handelt, sind alle Organmitglieder zur Abstimmung aus einer Aktie zuzulassen.123) Bei der Aktiengesellschaft (§ 78 Abs. 2), der GmbH (§ 35 Abs. 1 GmbHG) und der Genossenschaft (§ 25 Abs. 1 GenG) ist die Gesamtvertretungsbefugnis der gesetzliche Regelfall, bei der OHG, KG und GmbH & Co. KG nur, sofern es im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist. 342 Teilnehmen an der Hauptversammlung können neben den gesetzlichen Vertretern auch die Amtswalter in ihrer Funktion als Testamentsvollstrecker, Insolvenzverwalter und Nachlassverwalter. Die Teilnahme und Ausübung der Stimmrechte für die von ihnen verwalteten Vermögensmassen gehört dabei zu ihren Aufgaben und Befugnissen. Dies folgt für den Testamentsvollstrecker aus § 2205

___________ 120) Schröer, in: MünchKomm-AktG, § 135 Rz. 35; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 135 Rz. 63. 121) Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 135 Rz. 66; Hüffer/Koch, AktG, § 135 Rz. 50. 122) Hüffer/Koch, AktG, § 134 Rz. 29; Schröer, in: MünchKomm-AktG, § 134 Rz. 74, bei Eltern danach nur erforderlich, wenn Zweifel am Verwandtschaftsverhältnis bestehen. 123) Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 134 Rz. 67; Hüffer/Koch, AktG, § 134 Rz. 30.

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I. Teilnahmerecht an der Hauptversammlung

Abs. 1 BGB, für den Insolvenzverwalter aus § 80 Abs. 1 InsO und für den Nachlassverwalter aus §§ 1984 Abs. 1 Satz 1, 1985 BGB.124) c)

Vertreter kraft Ermächtigung

Neben der geschilderten Vertretung kraft Vollmacht und der Vertretung auf- 343 grund gesetzlicher Bestimmungen stellt die Legitimationszession eine weitere Form der Ausübung von Aktionärsrechten, insbesondere von Stimmrechten durch einen anderen dar. Bei der Legitimationszession ermächtigt der Aktionär den Legitimationszessionar im eigenen Namen, Aktionärsrechte des Zedenten auszuüben. Die Legitimationszession muss sich dabei nicht auf die Ausübung des Stimmrechts beschränken, sondern kann auch andere Aktionärsrechte umfassen. Vorbild für die Legitimationszession ist die Ermächtigung gemäß § 185 BGB. Von der Vollmacht unterscheidet sich diese Form der Ermächtigung dadurch, dass, im Gegensatz zum Bevollmächtigten, der im Namen des Vollmachtgebers auftritt, der Legitimationszessionar im eigenen Namen, jedoch aufgrund eines fremden Rechts handelt.125) Die Legitimationszession kann nach herrschender Meinung gemäß § 23 Abs. 5 Satz 2 durch die Satzung eingeschränkt, z. B. durch eine Höchstgrenze oder eine Offenlegungspflicht,126) oder völlig ausgeschlossen werden.127) Für börsennotierte Gesellschaften wird dies im Schrifttum mit dem Argument abgelehnt, dies stelle eine unverhältnismäßige Fungibilitätsbeschränkung dar.128) Die Legitimationszession ist gesetzlich nicht geregelt, wird aber von § 129 Abs. 3, 344 § 135 Abs. 6 Satz 1 als zulässig vorausgesetzt. Voraussetzung für die Ausübung der Aktionärsrechte durch den Legitimationszessionar ist die Übertragung des Besitzes an den Aktien, denn gegenüber der Gesellschaft tritt der Legitimationszessionar als Vollrechtsinhaber auf. Bei Inhaberaktien wird der Besitz durch Übergabe oder Übergabesurrogat, bei Namensaktien durch Indossament und Übergabe bzw. Abtretung des Rechts aus dem Wertpapier übertragen. Bei Namensaktien ist zudem noch die Umschreibung im Aktienregister zum Nachweis der

___________ 124) Hüffer/Koch, AktG, § 134 Rz. 31; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 134 Rz. 68. 125) Ausführlich zu Inhalt und Grenzen der Legitimationszession Reichert/Harbarth, AG 2001, 452 f. 126) Hüffer/Koch, AktG, § 134 Rz. 32 sowie § 67 Rz. 8a f.; Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 67 Rz. 19 f.; Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 34 Rz. 112; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 134 Rz. 69. 127) Dies ist unstreitig bei nicht börsennotierten Gesellschaften, vgl. Hüffer/Koch, AktG, § 67 Rz. 8b, § 134 Rz. 32 m. w. N; bei börsennotierten Gesellschaften ist dies umstritten; h. M. Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 134 Rz. 69; Schröer, in: MünchKomm-AktG, § 134 Rz. 64; Butzke, HV, E Rz. 73 mit Hinweis auf die mangelnde Praxisrelevanz. 128) Hüffer/Koch, AktG, § 134 Rz. 32, § 67 Rz. 8b m. w. N.

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D. Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht an der Hauptversammlung

Berechtigung gegenüber der Gesellschaft erforderlich.129) Bei fehlendem Nachweis kann die Gesellschaft die Teilnahme und Ausübung der Aktionärsrechte in der Hauptversammlung des Legitimationsaktionärs zurückweisen; in einem späteren Anfechtungsprozess kann dies nicht mehr vorgebracht werden.130) 345 Große praktische Bedeutung hat die Legitimationszession jedoch nicht mehr. Kreditinstitute, Aktionärsvereinigungen und geschäftsmäßig Handelnde dürfen nach § 135 Abs. 1 Satz 1, § 135 Abs. 8 ohnehin nicht Legitimationsaktionäre sein. Die in § 135 Abs. 5 Satz 2 als Regelfall vorgesehene Vertretung im Namen dessen, den es angeht, wahrt jedoch ebenfalls die Anonymität des Aktionärs.131) 346 Dies gilt nicht bei Namensaktien, wenn das Kreditinstitut für fremde Rechnung im Aktienregister als Inhaber eingetragen ist. Gegenüber der Gesellschaft gilt das Kreditinstitut damit als Aktionär. Hier kann das Stimmrecht nur aufgrund einer Ermächtigung ausgeübt werden (§ 135 Abs. 6).132) 3.

Vorstand und Aufsichtsrat

347 Für den Vorstand und den Aufsichtsrat besteht nicht nur ein Teilnahmerecht, sondern eine grundsätzliche Teilnahmepflicht.133) Dies folgt aus § 118 Abs. 3 Satz 1, wonach die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats an der Hauptversammlung teilnehmen „sollen“. Die Teilnahmepflicht besteht in Person, eine Vertretung ist nicht möglich.134) Die Teilnahme des Vorstands ist schon deswegen erforderlich, weil dieser auf Verlangen den Aktionären Auskunft zu erteilen und seine Vorlagen zu erläutern hat. Da es sich um eine SollVorschrift handelt, folgt daraus, dass die Teilnahmepflicht bei gewichtigen Verhinderungsgründen (z. B. Krankheit, Sterbefall in der Familie) entfallen kann.135) Dabei sind an Vorstandsmitglieder strengere Anforderungen als an die Mitglieder des Aufsichtsrats zu stellen, bei denen die anzuerkennenden Verhinderungsgründe auch solche umfassen, die aus der hauptberuflichen Tätigkeit resultie___________ 129) Vgl. hierzu insgesamt: Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 134 Rz. 69; MünchGesR-HoffmannBecking, AG, § 37 Rz. 22; bei vinkulierten Namensaktien bedarf es zudem noch der Zustimmung der Gesellschaft, Schröer, in: MünchKomm-AktG, § 134 Rz. 65. 130) LG Frankfurt, Urt. v. 18.12.2012 – 3-05 O 96/12, ZIP 2013, 119, 120 unter Hinweis auf widersprüchliches Verhalten. 131) Hüffer/Koch, AktG, § 134 Rz. 32. 132) Vgl. zu den Einzelheiten: Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 135 Rz. 50 f. 133) Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 118 Rz. 25; Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 33 Rz. 11. 134) Hüffer/Koch, AktG, § 118 Rz. 21; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 48 und 54; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 101. 135) Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 33 Rz. 13; siehe auch MünchGesR-HoffmannBecking, AG, § 37 Rz. 1; a. A. Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 55, wonach bei diesen Gründen nicht die Teilnahmepflicht als solche, sondern die Vorwerfbarkeit des Pflichtverstoßes entfällt.

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I. Teilnahmerecht an der Hauptversammlung

ren. Das erklärt sich daraus, dass der Aufsichtsrat (mit Ausnahme des Vorsitzenden, wenn er als Versammlungsleiter fungiert) in der Regel nur physisch anwesend sein muss.136) Für den Aufsichtsrat besteht gemäß § 118 Abs. 3 Satz 2 darüber hinaus die 348 Möglichkeit in der Satzung bestimmte Fälle vorzusehen, in denen die Teilnahme per Bild- und Tonübertragung erfolgen darf. Die Regelung ist durch das Transparenz- und Publizitätsgesetz137) in das Aktiengesetz eingefügt worden. Gedacht wurde dabei vor allem an ausländische Aufsichtsratsmitglieder von deutschen Konzerntöchtern, denen die Anreise erspart werden sollte. Voraussetzung für die Nutzung der Erleichterung ist eine Satzungsregelung, in der Fallgruppen oder generalisierbare Konstellationen bestimmt werden. Nach dem Wortlaut sind Bild- und Tonübertragung kumulativ, darüber hinaus muss die Übertragung beidseitig sein.138) In der Praxis scheint diese Erleichterung aber keine große Rolle zu spielen. Das Fehlen einzelner Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder hat keinen Ein- 349 fluss auf die Rechtmäßigkeit der in der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse. Dies folgt bereits aus dem Charakter als bloße Soll-Vorschrift.139) Trotzdem sollte darauf hingewirkt werden, dass möglichst alle Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats in der Hauptversammlung anwesend sind. Dies ist zum einen eine Frage des Respekts vor den Aktionären und kann insbesondere bei kritischen Hauptversammlungen einen Beitrag dazu leisten, das Klima zwischen Gesellschaft und Aktionären nicht zusätzlich zu belasten. Zum anderen vermindert die vollständige Anwesenheit des Vorstands das Risiko, dass Aktionärsfragen unbeantwortet bleiben und gefasste Beschlüsse dann wegen Verletzung des Auskunftsrechts anfechtbar sind.140)

___________ 136) Siehe hierzu Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 101; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 41; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 55. 137) BGBl. 2002 I S. 2681. 138) Siehe hierzu Regierungsbegründung Transparenz- und Publizitätsgesetz, BT-Drucks. 14/8769, S. 19; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 42; kritisch hierzu Hüffer/Koch, AktG, § 118 Rz. 22. 139) MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 37 Rz. 1; Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/ Kropff, AktG, § 118 Rz. 25; OLG Stuttgart, Urt. v. 17.5.1973 – 10 U 136/72, NJW 1973, 2027, 2028. 140) Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 44; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 56; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 2102 f.

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D. Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht an der Hauptversammlung

350 Ein Verstoß der Organmitglieder gegen die Teilnahmepflicht verletzt die allgemeine Sorgfaltspflicht (§§ 93, 116). Als Rechtsfolge kann dies die Abberufung oder Schadensersatzansprüche der Gesellschaft nach sich ziehen.141) 351 Nicht zur Teilnahme verpflichtet und berechtigt ist dagegen das für das Aufsichtsratsmitglied bestellte Ersatzmitglied. Entsprechendes gilt für die zur Wahl des Aufsichtsrats vorgeschlagenen Kandidaten, deren mögliche Organstellung erst mit Ablauf der entscheidenden Hauptversammlung beginnt.142) Ungeachtet dessen ist eine Teilnahme der Kandidaten als Gast zur persönlichen Vorstellung jedoch sinnvoll und üblich. 352 Die Teilnahmepflicht betrifft nur die zum Zeitpunkt der Hauptversammlung amtierenden Organmitglieder. Für ausgeschiedene Organmitglieder bestehen keine Teilnahmerechte und keine Teilnahmepflichten, selbst wenn ihnen wegen des Vorwurfs von Pflichtverletzungen die Verweigerung der Entlastung droht.143) Eine Teilnahmepflicht der ausgeschiedenen Organmitglieder kommt allenfalls dann in Betracht, wenn diese zur Erteilung von Auskünften erforderlich ist. Ausgeschiedene Organmitglieder können jedoch ohne Weiteres als Gäste an der Hauptversammlung teilnehmen.144) 4.

Versammlungsleiter

353 In der Regel ist der Vorsitzende des Aufsichtsrats gleichzeitig der Versammlungsleiter. Das Teilnahmerecht und die Teilnahmepflicht des Versammlungsleiters folgen dann bereits aus seiner Stellung als Organmitglied. Dem Versammlungsleiter steht darüber hinaus ein originäres Teilnahmerecht zu, das vor allem dann Bedeutung gewinnt, wenn der Versammlungsleiter gemäß § 122 Abs. 3 Satz 2 vom Gericht bestimmt wird. Neben dem Recht auf Zugang und Anwesenheit umfasst das Teilnahmerecht dabei auch das Rederecht und die Befugnis, Verfahrensanträge zu stellen.145) Aufgrund der Funktion des Versammlungsleiters korrespondiert mit dem Teilnahmerecht dann auch eine Teilnahmepflicht des Versammlungsleiters. ___________ 141) Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 35 Rz. 13; Hüffer/Koch, AktG, § 118 Rz. 21; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 103; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 44; Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 118 Rz. 25, ein Schaden könnte z. B. aus der Notwendigkeit erwachsen, die ordentliche Hauptversammlung nochmals durchzuführen. Die dadurch erwachsenden Kosten könnten im Wege des Schadensersatzes geltend gemacht werden. 142) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 99; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 49. 143) Im Einzelnen dazu Vetter, AG 1991, 171 ff.; Hüffer/Koch, AktG, § 118 Rz. 21; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 60. 144) Hüffer/Koch, AktG, § 118 Rz. 21; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 99. 145) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 106; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 46; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 90.

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I. Teilnahmerecht an der Hauptversammlung

5.

Abschlussprüfer

Für den Abschlussprüfer besteht gemäß § 176 Abs. 2 Satz 1 bzw. Satz 2 die 354 Rechtspflicht, an den Verhandlungen über die Feststellung des Jahresabschlusses bzw. der Billigung des Konzernabschlusses teilzunehmen. Die Norm betrifft jedoch ausschließlich den Fall, dass der Jahresabschluss bzw. 355 der Konzernabschluss ausnahmsweise von der Hauptversammlung (und nicht wie im Regelfall vom Aufsichtsrat) festgestellt bzw. gebilligt wird. Die Teilnahmepflicht des Abschlussprüfers erstreckt sich jedoch lediglich auf den Gegenstand „Feststellung des Jahresabschlusses“ bzw. „Billigung des Konzernabschlusses“.146) Wenn die Hauptversammlung über die Feststellung des Jahresabschlusses entscheidet, sollen damit die Verhandlungen über die Entlastung und die Verwendung des Bilanzgewinns verbunden werden (§ 175 Abs. 3, 120 Abs. 3). An diesen wird der Abschlussprüfer in der Regel ebenfalls teilnehmen, ohne dass hierzu eine rechtliche Verpflichtung besteht.147) 6.

Notar

Sofern kein Fall des § 130 Abs. 1 Satz 3 vorliegt, ist, muss die Hauptversamm- 356 lung notariell beurkundet werden. Der Notar wird dabei von der Gesellschaft beauftragt und dann auf der Grundlage des geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrags für die Gesellschaft tätig. Die Verpflichtung zur Teilnahme an der Hauptversammlung ergibt sich für den Notar damit aus dem mit der Gesellschaft geschlossenen Vertrag, der Ort der Hauptversammlung ist Erfüllungsort für seine vertraglichen Verpflichtungen. Ein aktienrechtliches Teilnahmerecht des Notars besteht dagegen nicht.148) 7.

Teilnahme aufgrund von Sondergesetzen

Für bestimmte Gesellschaften, die einer staatlichen Aufsicht unterliegen, bestehen 357 für Behördenvertreter besondere Teilnahmerechte. So kann die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht einen Vertreter zu den Hauptversammlungen der in den Anwendungsbereich des Kreditwesengesetzes fallenden Gesellschaften entsenden, der dort auch das Recht hat, sich zu Wort zu melden (§ 44 Abs. 4 und 5 KWG); dies gilt auch für Bausparkassen aufgrund der Verweisung in § 3 BausparkG sowie für Zahlungsinstitute149) aus § 14 Abs. 2 und 3 ZAG. ___________ 146) Hüffer/Koch, AktG, § 176 Rz. 7. 147) Hüffer/Koch, AktG, § 176 Rz. 7 m. w. N; a. A. Drygala, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 176 Rz. 15; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 62, die auch in diesen Fällen eine Teilnahmepflicht annehmen. 148) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 107; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 47; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 91. 149) Zu deren Hauptversammlung kann auch die Bundesbank Vertreter entsenden.

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D. Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht an der Hauptversammlung

358 Für Versicherungsgesellschaften gilt dies in entsprechender Weise (§ 306 Abs. 1 Nr. 4 und 5 VAG). 359 In der Hauptversammlung einer Verwertungsgesellschaft kann das Deutsche Patent- und Markenamt150), vertreten durch einen Beauftragten nach § 85 Abs. 4 des Verwertungsgesellschaftsgesetzes teilnehmen. Der Beauftragte hat hier aber nur ein Teilnahme- und Rederecht jedoch kein Antragsrecht.151) 360 Die Inhaber der von der Gesellschaft begebenen Schuldverschreibungen (einschließlich der Options- und Wandelanleihen), Genussscheinen oder American Depositary Receipts (ADRs), die auf Aktien der Gesellschaft emittiert wurden, sind dagegen nicht zur Teilnahme berechtigt.152) 8.

Teilnahme aufgrund Satzung/Geschäftsordnung

361 Grundsätzlich kann die Satzung bestimmen, dass bestimmten Personen ein Teilnahmerecht an der Hauptversammlung zusteht. Denkbar ist dies beispielsweise für Mitglieder des Betriebsrats oder für Medienvertreter (Presse, Rundfunk, Fernsehen).153) Regelbar in der Satzung ist nur die Teilnahme, ein Redeoder Antragsrecht kann durch die Satzung nicht begründet werden. Es ist auch möglich, eine derartige Regelung in einer Geschäftsordnung für die Hauptversammlung zu treffen.154) In der Praxis spielen diese beiden Möglichkeiten jedoch keine große Rolle. Eine interessengerechte Lösung lässt sich in der Regel ohne Weiteres durch die Ausstellung von Gästekarten erzielen, ohne gleichzeitig die Gesellschaft hinsichtlich der Teilnahme zu binden. 9.

Mitarbeiter/Berater

362 Für die ordnungsgemäße Durchführung von Hauptversammlungen werden im Regelfall eine Vielzahl von eigenen Mitarbeitern sowie externe Dienstleister eingesetzt. Das Spektrum reicht dabei von den Technikern für die EDV, die Bild- und Tontechnik, dem Sicherheitspersonal, den Mitarbeitern an der Einund Ausgangskontrolle bis hin zu Beratern zur Unterstützung bei der Beantwortung von Aktionärsfragen. Aktienrechtlich steht diesem Personenkreis weder ein Teilnahmerecht zu, noch besteht eine Teilnahmepflicht.155) In der Li___________ 150) Als Aufsichtsbehörde gem. § 75 Abs. 1 VGG. 151) Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 89; a. A. Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 86: nur Anwesenheitsrecht. 152) Siehe hierzu Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 33 Rz. 2; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 22 und 91. 153) Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 92 f.; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 111; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 48; Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/ Kropff, AktG, § 118 Rz. 41 für Mitglieder des Betriebsrats. 154) Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 48; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 93; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 112; Butzke, HV, C Rz. 34. 155) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 108; Butzke, HV, C Rz. 31.

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I. Teilnahmerecht an der Hauptversammlung

teratur besteht Einigkeit darüber, dass diesen für die ordnungsgemäße Durchführung eingesetzten Hilfskräften ein Zutritts- und Anwesenheitsrecht zusteht, das vom Teilnahmerecht des Versammlungsleiters abgeleitet wird. Die genannten Personen werden insoweit während der Hauptversammlung als Erfüllungsgehilfen für die ihm obliegende Aufgabe, für eine ordnungsgemäße Durchführung der Hauptversammlung zu sorgen, tätig.156) 10.

Medien

Vertreter der Medien (Presse, Rundfunk, Fernsehen) haben kein Teilnahme- 363 recht an der Hauptversammlung.157) Gerade bei größeren Hauptversammlungen börsennotierter Unternehmen wird Medienvertretern in der Regel die Teilnahme gestattet. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Hauptversammlung grundsätzlich keine öffentliche Veranstaltung ist,158) auch wenn z. B. durch eine für alle Interessierten zugängliche Übertragung der gesamten Hauptversammlung oder von Teilen davon mittlerweile ein höherer Grad an Öffentlichkeit besteht. Über die Zulassung der Pressevertreter entscheidet nach herrschender Meinung – sofern Satzung oder Geschäftsordnung hierzu keine Regelung enthalten – der Versammlungsleiter nach freiem Ermessen,159) wobei er diese Entscheidung auch auf die Hauptversammlung delegieren kann.160) Streitig ist, wie bei einem Ausschluss der Medien zu verfahren ist. Die wohl herrschende Meinung vertritt hier die Auffassung, dass ein Ausschluss der Medien durch den Versammlungsleiter nicht möglich ist, sondern hierfür ein Beschluss der Hauptversammlung erforderlich ist.161) Ein anderer Teil hält die Beschlussfassung zwar nicht für zwingend erforderlich; allerdings könne die Hauptversammlung die Zuständigkeit an sich ziehen und dadurch die Entscheidung des Versammlungsleiters überspielen.162) Zudem wird empfohlen, die Hauptversammlung ungeachtet der Rechtslage darüber beschließen zu lassen. ___________ 156) Vgl. hierzu Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 108; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 92; Butzke, HV, C Rz. 31; Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 33 Rz. 14. 157) H. M. Hüffer/Koch, AktG § 118 Rz. 29; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 109; Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 33 Rz. 16; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 48. 158) Krenek/Pluta, in: Heidel, Aktienrecht, § 118 Rz. 44; Hüffer/Koch, AktG, § 118 Rz. 29; Butzke, HV, C Rz. 32 f. 159) Hüffer/Koch, AktG, § 118 Rz. 29; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 48; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 109 m. w. N.; Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 33 Rz. 16; Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 526. 160) Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 48; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 114. 161) So Butzke, HV, C Rz. 34; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, 1. Aufl., § 119 Rz. 77; Obermüller, NJW 1969, 265; Krenek/Pluta, in: Heidel, Aktienrecht, § 118 Rz. 47; Stützle/ Walgenbach, ZHR 155 (1991), 526; Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 33 Rz. 16 unter Verweis auf die unklare Rechtslage. 162) Hüffer/Koch, AktG, § 118 Rz. 29; Butzke, HV, C Rz. 34; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 114; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 48.

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D. Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht an der Hauptversammlung

364 Der Ausschluss der Medien im vorbeschriebenen Sinne ist dabei von der Frage zu unterscheiden, ob der Versammlungsleiter berechtigt ist, aufgrund seiner ihm zustehenden Ordnungsgewalt, bei Störungen im Ablauf der Hauptversammlung Maßnahmen zur Beendigung der Teilnahme zu ergreifen. Dies ist nach herrschender Meinung zu bejahen.163) 365 Medienvertreter, die an der Hauptversammlung teilnehmen, haben weder ein Rede- noch ein Antragsrecht und sind auch nicht berechtigt, Einsicht in das Teilnehmerverzeichnis zu nehmen.164) Rechtlich sind sie mangels Teilnahmerechts keine Teilnehmer i. S. d. Aktiengesetzes, sondern Gäste der Hauptversammlung. 11.

Sonstige Teilnehmer

366 Neben den geschilderten Personengruppen, kann weiteren Personen der Zutritt zur Hauptversammlung gestattet werden. 367 Dies gilt z. B. für ehemalige Organmitglieder, Geschäftspartner oder sonstige Interessierte wie Betriebsräte oder Schulklassen. Ein aktienrechtliches Teilnahmerecht dieser Personen besteht nicht. In der Praxis wird die Entscheidung über die Zulassung von Gästen bereits durch die Gesellschaft, für die hier der Vorstand handelt, im Vorfeld der Hauptversammlung getroffen. Angesichts der unter Umständen beschränkten räumlichen Kapazitäten am Veranstaltungsort und zur Vermeidung von Störungen im Ablauf der Hauptversammlung ist diese frühzeitige Festlegung auch geboten.165) 368 Ungeachtet dessen entscheidet nach herrschender Meinung der Versammlungsleiter nach freiem Ermessen über die Zulassung von Gästen zur Hauptversammlung.166) Bei der Entscheidung über die Zulassung von Aktionärsbegleitern ist der Grundsatz der Gleichbehandlung gemäß § 53a zu wahren.167) Der Versammlungsleiter hat seine Entscheidungskriterien für die Zulassung von Gästen auf Nachfrage der Aktionäre offen zu legen. Bei Widerspruch eines Aktionärs kann die Hauptversammlung die Entscheidung des Versammlungsleiters über die Zulassung bzw. Nichtzulassung durch Mehrheitsbeschluss ab___________ 163) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 116; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 48; Krenek/Pluta, in: Heidel, Aktienrecht, § 118 Rz. 47. 164) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 116; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 48; Hüffer/Koch, AktG, § 118 Rz. 29. 165) Siehe hierzu Butzke, HV, C Rz. 36; Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 33 Rz. 17; in diese Richtung auch Krenek/Pluta, in: Heidel, Aktienrecht, § 118 Rz. 47; a. A. Stützle/ Walgenbach, ZHR 155 (1991), 527. 166) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 113; Hüffer/Koch, AktG, § 118 Rz. 28; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 48; MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 37 Rz. 5; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 93; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, 1. Aufl., § 119 Rz. 76. 167) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 113; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 48; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 93.

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I. Teilnahmerecht an der Hauptversammlung

ändern. Auch bei dem hier beschriebenen Personenkreis wird man davon ausgehen müssen, dass für einen Ausschluss von der Hauptversammlung ein Beschluss der Hauptversammlung erforderlich ist.168) Davon zu unterscheiden ist auch in diesem Fall die Befugnis des Versamm- 369 lungsleiters im Rahmen der ihm zustehenden Ordnungsgewalt bei Störungen im Versammlungsablauf durch zugelassene Gäste, entsprechende Maßnahmen zur Beendigung der Teilnahme zu ergreifen.169) Personen die als Gäste an der Hauptversammlung teilnehmen, haben weder ein 370 Rede- noch ein Antragsrecht und sind auch nicht berechtigt, Einsicht in das Teilnehmerverzeichnis zu nehmen. Mangels Teilnahmerechts sind sie keine Teilnehmer der Hauptversammlung. 12.

Rechtsfolgen bei Verstoß

Die Verletzung eines bestehenden Teilnahmerechts eines Aktionärs stellt einen 371 Anfechtungsgrund gemäß § 243 Abs. 1 dar. Die Anfechtungsbefugnis ergibt sich aus § 245 Nr. 2, 1. Alternative. Im Fall einer unberechtigten Zutrittsverweigerung z. B. durch nicht angemessene Sicherheitskontrollen umfasst das Anfechtungsrecht sämtliche von der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse.170), 171) Keine Verletzung des Teilnahmerechts des Aktionärs stellt es dagegen dar, wenn die Hauptversammlung nicht auch in die Nebenräume des eigentlichen Versammlungsraums übertragen wird. Der BGH hat ausdrücklich klargestellt, dass eine Übertragung der Hauptversammlung in Vor- und Nebenräume aktienrechtlich nicht erforderlich ist. Selbst der Fall, dass eine solche Übertragung angekündigt wird und dann nicht stattfindet, stellt keine Beeinträchtigung des Teilnahmerechts des Aktionärs dar.172) Bei einer Online-Teilnahme gemäß § 118 Abs. 1 Satz 2 sowie bei der Erteilung 372 der Stimmrechtsvollmacht auf elektronischem Wege gemäß § 134 Abs. 3 besteht nach § 243 Abs. 3 Nr. 1 dagegen nur dann ein Anfechtungsrecht, sofern grobe Fahrlässigkeit vorliegt. Der Gesetzgeber hat hier bewusst das Risiko, dass aufgrund einer technischen Störung Aktionärsrechte nicht wahrgenommen werden können, dem Aktionär aufgebürdet, um die Bereitschaft der Gesellschaften zu erhöhen, ihren Aktionären die Online-Teilnahme anzubieten.173) ___________ 168) Siehe hierzu auch die Ausführungen in Kap. D. Rz. 363 m. w. N.; siehe hierzu auch Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 114; Hoffmann, in: Spindler/Stilz, AktG, § 118, Rz. 29. 169) Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 48; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 116; Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 527. 170) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 71; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 82. 171) Die gilt entsprechend bei unberechtigter Saalverweisung. 172) BGH, Beschl. v. 8.10.2013 – II ZR 329/12, ZIP 2013, 2257; siehe dazu auch OLG München, Beschl. v. 10.4.2013 – 7 AktG 1/13, ZIP 2013, 931. 173) Siehe Begründung Regierungsentwurf ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 40.

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D. Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht an der Hauptversammlung

Grobe Fahrlässigkeit dürfte nur dann zu bejahen sein, wenn die Gesellschaft nicht die für die Online-Teilnahme der angemeldeten Aktionäre angemessenen technischen Voraussetzungen bereitstellt.174) 373 Wenn die elektronische Teilnahme zugelassen ist, ist die Gesellschaft verpflichtet, die hierfür erforderlichen technischen Voraussetzungen zu schaffen. Dazu wird mindestens die Möglichkeit gehören, die physisch stattfindende Hauptversammlung in Echtzeit in Bild und Ton verfolgen zu können. Im Einzelnen werden der Umfang sowie die Anforderungen an die Sicherheit der eingesetzten Systeme davon abhängen, in welchem Umfang der Aktionär bei elektronischer Teilnahme seine versammlungsgebundenen Rechte ausüben kann.175) 374 Das Teilnahmerecht kann im Übrigen durch eine Leistungsklage bzw. mit einer einstweiligen Verfügung gegen die Gesellschaft durchgesetzt werden.176) 375 Darüber hinaus kann die Verletzung des Teilnahmerechts auch Schadensersatzansprüche des hiervon betroffenen Aktionärs begründen. Da der Schadensnachweis hier aber regelmäßig schwierig ist, hat dies keine große praktische Relevanz.177) 376 Die Verletzung des Teilnahmerechts von Mitgliedern des Vorstands kann nach § 245 Nr. 4 und bei Erfüllung der zusätzlichen Voraussetzungen des § 245 Nr. 5 für alle Verwaltungsmitglieder die Anfechtung begründen. Allerdings kann die Anfechtungsklage hier nicht vom einzelnen Vorstandsmitglied, sondern nur vom Vorstand als Organ erhobenen werden. Die Organmitglieder können im Übrigen das Teilnahmerecht im Wege der Leistungsklage und im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durchsetzen.178) 377 Werden Dritte, die kein Teilnahmerecht haben, nicht zur Hauptversammlung zugelassen, so kann die Nichtzulassung nicht auf gerichtlichem Wege angegriffen werden.179)

___________ 174) Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 217; Hoffmann, in: Spindler/Stilz, AktG, § 118 Rz. 38. 175) Hoffmann, in: Spindler/Stilz, AktG, § 118 Rz. 38 f. 176) Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 36; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 72; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, 1. Aufl., § 118 Rz. 21; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 81; Hoffmann, in: Spindler/Stilz § 118 Rz. 19 der zu Recht darauf hinweist, dass die Rechtsbehelfe regelmäßig ins Leere laufen werden, da Zugangsverweigerung oder Ausschluss erst unmittelbar oder in der Hauptversammlung erklärt werden. 177) Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 36; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 118 Rz. 73; Hoffmann, in: Spindler/Stilz, AktG, § 118 Rz. 18. 178) Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 43 mit weiteren Einzelheiten; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 118 Rz. 52; Hoffmann, in: Spindler/Stilz AktG, § 118 Rz. 21. 179) Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 118 Rz. 48 m. w. N.

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II. Legitimation der Teilnehmer

II.

Legitimation der Teilnehmer

1.

Aktionär

Soweit die Satzung die Teilnahme an der Hauptversammlung nicht von beson- 378 deren Voraussetzungen abhängig macht, ist der Aktionär zur Teilnahme berechtigt, wenn er den Nachweis seiner Aktionärseigenschaft gegenüber dem Versammlungsleiter erbringt. Dies wird im Aktiengesetz zwar nicht ausdrücklich geregelt aber als selbstverständlich vorausgesetzt.180) Bei Inhaberaktien genügt hierfür die Vorlage der Aktienurkunde. Der Aktionär 379 kann den Nachweis jedoch auch in anderer geeigneter Form führen.181) Dabei genügt die Vorlage einer Bescheinigung des depotführenden Kreditinstituts und zwar auch dann, wenn die Satzung hierzu keine Regelung enthält. Wenn wie häufig der Anspruch auf Einzelverbriefung der Aktien (§ 10 Abs. 5) ausgeschlossen ist, kann der Nachweis in der Regel nur auf diesem Weg erbracht werden.182) Bei Namensaktien wird der Nachweis durch das Aktienregister geführt (§ 67 380 Abs. 2). Gegenüber der Gesellschaft gilt derjenige als teilnahme- und stimmberechtigter Aktionär, der im Aktienregister eingetragen ist. In der Regel enthalten die Satzungen – vor allem bei börsennotierten Gesell- 381 schaften – weitergehende Anforderungen für die Teilnahme an der Hauptversammlung und die Ausübung des Stimmrechts. Regelmäßig findet sich dort – neben der Notwendigkeit, den Anteilsbesitz nachzuweisen – das Erfordernis der vorherigen Anmeldung. Die für Inhaber- und Namensaktien zulässige Anmeldung dient allerdings nicht der Legitimation, sondern der Vorbereitung der Hauptversammlung insbesondere des Teilnehmerverzeichnisses183) sowie der Kontrolle des Rechts der Aktionäre zur Teilnahme an der Hauptversammlung. a)

Nachweis der Teilnahmeberechtigung (Bankbescheinigung/ Hinterlegung)

Nach § 123 Abs. 3 kann bei Gesellschaften mit Inhaberaktien durch die Sat- 382 zung festgelegt werden, wie die Berechtigung zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts nachzuweisen ist. Zu differenzieren ist zwischen börsennotierten und nicht börsennotierten Gesellschaften. Für börsennotierte Gesellschaften reicht zum Nachweis der Aktionärseigen- 383 schaft ein in Textform (§ 126b BGB) erstellter Nachweis des depotführenden ___________ 180) 181) 182) 183)

Siehe Butzke, WM 2005, 1981. Hüffer/Koch, AktG, § 123 Rz. 5; Drinhausen, in: Hölters, AktG, § 123 Rz. 11 f. Hüffer/Koch, AktG, § 123 Rz. 5; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 123 Rz. 21. Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 32 Rz. 34; Hüffer/Koch, AktG, § 123 Rz. 6; Müller, in: Heidel, Aktienrecht, § 123 Rz. 13.

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D. Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht an der Hauptversammlung

Kreditinstituts (Bankbescheinigung). In der Regel wird in der Satzung auch nur der Nachweis durch Bankbescheinigung vorgesehen.184) 384 Dies bedeutet aber nur, dass die Bankbescheinigung als Nachweis stets ausreichend ist.185) Nicht ausgeschlossen wird damit, dass neben der Bankbescheinigung alternative Formen der Legitimation vorgesehen werden.186) 385 Dies kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn eine Hinterlegungsregelung nach altem Recht187) unter Geltung des neuen Rechts weitergeführt wird. Für den Zeitpunkt der Hinterlegung ist dann allerdings auf den neuen Record Date abzustellen.188) Werden in der Einberufung alternative Möglichkeiten für den Nachweis der Teilnahmeberechtigung aufgezeigt, dann ist dies zulässig und stellt keinen Einberufungsmangel dar, der zur Nichtigkeit der in der Hauptversammlung getroffenen Beschlüsse führen würde.189) 386 Der Nachweis hat sich auf den Beginn des 21. Tages (Record Date) vor der Hauptversammlung zu beziehen. Wer an diesem Stichtag Aktionär war, und sich entsprechend legitimieren kann, behält sein Teilnahme- und Stimmrecht in der Hauptversammlung, auch wenn er seine Aktien nach dem Stichtag veräußert. Für den Erwerber wird bei einem Erwerb nach dem Record Date keine Teilnahmeberechtigung begründet.190) Zulässig sind aber schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen Veräußerer und Erwerber hinsichtlich der Teilnahme an der Hauptversammlung und der Ausübung des Stimmrechts. ___________ 184) Nicht unüblich sind etwa Formulierungen wie in § 17 Abs. 2 der Satzung der Commerzbank AG: Zur Teilnahme an der Hauptversammlung sind diejenigen Aktionäre berechtigt, die sich bei der Gesellschaft oder einer anderen in der Einberufungsbekanntmachung genannten Stelle unter Nachweis ihres Anteilsbesitzes mindestens sechs Tage vor der Hauptversammlung angemeldet haben. Der Anteilsbesitz muss durch eine Bestätigung des depotführenden Instituts nachgewiesen werden; dieser Nachweis hat sich auf den einundzwanzigsten Tag vor der Hauptversammlung zu beziehen. Die Anmeldung und der Nachweis über den Anteilsbesitz bedürfen der Textform und müssen in deutscher oder englischer Sprache abgefasst sein. 185) Siehe auch Begründung Regierungsentwurf UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 13 f. 186) Vgl. z. B. die Einladung der Üstra Hannoversche Verkehrsbetriebe Aktiengesellschaft zur Hauptversammlung 2017, die neben dem Nachweis durch Bankbescheinigung ausdrücklich noch die Hinterlegung vorsieht; siehe auch Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 32 Rz. 36; Müller, in: Heidel, Aktienrecht, § 123 Rz. 20; siehe zudem ausführlich Ludwig; in: Happ, Aktienrecht, 10.11. Rz. 5.5 f. 187) Bis zum Inkrafttreten des UMAG war die Hinterlegung der Aktien Voraussetzung für die Teilnahme an der Hauptversammlung. 188) Hüffer/Koch, AktG, § 123 Rz. 11; Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 32 Rz. 37; Müller, in: Heidel, Aktienrecht, § 123 Rz. 20. 189) Vgl. hierzu OLG Stuttgart, Hinweisbeschl. v. 12.10.2007 – 20 U 13/07, AG 2008, 299, 300; OLG Celle, Urt. v. 7.5.2008 – 9 U 165/07, AG 2008, 858; OLG Frankfurt, Urt. v. 10.6.2008 – 5 U 134/07, AG 2008, 896, 897; OLG München, Urt. v. 17.1.2008 – 7 U 2358/07, AG 2008, 508. 190) Kritisch hierzu vor dem Hintergrund des allgemeinen Ziels der Erhöhung der Präsenzen in der Hauptversammlung Müller, in: Heidel, Aktienrecht, § 123 Rz. 32.

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II. Legitimation der Teilnehmer

Gemäß § 123 Abs. 3 Satz 3 muss der Nachweis der Aktionärseigenschaft der 387 Gesellschaft spätestens sechs Tage vor der Hauptversammlung zugehen, soweit die Satzung oder die Einberufung aufgrund einer Satzungsermächtigung keine kürzere Frist vorsieht. Der Zugang muss bei der in der Einberufung genannten Adresse erfolgen. Ein Zugang bei einer anderen Adresse ist für die Legitimation nicht ausreichend.191) Der Nachweis muss alle für die Erstellung des Teilnehmerverzeichnisses erfor- 388 derlichen Angaben enthalten, also vor allem die Angabe, wie viele Aktien welcher Gattung der Depotinhaber zum Record Date gehalten hat. Üblicherweise sehen die Satzungen der Gesellschaften vor, dass der Nachweis in Deutsch oder Englisch abgefasst sein kann. Dies ist gesetzlich zwar nicht vorgegeben, entspricht aber dem ausdrücklichen Wunsch des Gesetzgebers.192) Enthält die Satzung keine Regelung, kann der Nachweis in jeder lebenden Sprache erbracht werden.193) Grundsätzlich ist die Gesellschaft berechtigt, im Falle von Zweifeln die Richtigkeit 389 des Nachweises zu überprüfen. Bei Verdacht eines falschen oder gefälschten Nachweises, darf die Gesellschaft weitere Nachweise fordern oder den Aktionär zurückweisen.194) Bei einer nicht börsennotierten Gesellschaft mit Inhaberaktien besteht dagegen 390 ein weitergehender Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Satzungsregelung zum Nachweis der Aktionärseigenschaft.195) Hier kann sowohl vorgesehen werden, dass die Aktienurkunden im Original (sofern Einzelverbriefung besteht) vorzulegen sind oder der Aktienbesitz durch eine Bankbescheinigung nachgewiesen wird. Darüber hinaus kann auch die Hinterlegung bei der Gesellschaft oder einem Kreditinstitut vorgesehen werden. Sofern die Satzung eine Hinterlegung vorsieht ist es allerdings sinnvoll auch deren Modalitäten zu regeln, also z. B. die Hinterlegungsstellen zu benennen und ggf. den Inhalt der Hinterlegungsbescheinigung festzulegen.196) Die Anforderungen an die Legi-

___________ 191) Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 32 Rz. 38, Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 123 Rz. 26. 192) Siehe Begründung Regierungsentwurf UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 13. 193) Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 32 Rz. 38 der auch dann die Bescheinigung in deutscher oder englischer Sprache für zulässig hält; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 123 Rz. 50. 194) Begründung Regierungsentwurf UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 13; siehe auch Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 123 Rz. 51 f., die die Frage allerdings ungeachtet der klaren Aussage in der Gesetzesbegründung als offen bezeichnet. 195) Butzke, WM 2005, 1981, 1983; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 123 Rz. 38. 196) Vgl. zur Hinterlegung auch Ludwig, in: Happ, Aktienrecht, 10.11 Rz. 5.6 ff.

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D. Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht an der Hauptversammlung

timation dürfen allerdings nicht überspannt werden und dazu führen, dass die Teilnahme an der Hauptversammlung unzumutbar erschwert wird.197) 391 Bei nicht börsennotierten Gesellschaften mit Namensaktien folgt die Berechtigung zur Teilnahme an der Hauptversammlung allein aus dem Aktienregister (§ 67 Abs. 2). Durch die Satzung können diesbezüglich keine weiteren Anforderungen aufgestellt werden.198) Die 21-Tage-Frist des § 123 Abs. 4 Satz 3 gilt hier nicht, da sich die Regelung ausdrücklich nur auf börsennotierte Gesellschaften bezieht. Eine vergleichbare Wirkung wird aber durch den in der Praxis üblichen Umschreibungsstopp erzielt, der jedoch höchstens sechs Tage vor dem Tag der Hauptversammlung liegen darf.199) Üblicherweise wird der Umschreibungsstopp von den Gesellschaften in der Weise praktiziert, dass mit Ablauf des letzten Tages der Anmeldefrist – auch die Satzungen der Gesellschaften mit Namensaktien sehen in der Regel vor, dass die Aktionäre sich zur Hauptversammlung anmelden müssen – bis zur Hauptversammlung keine Umschreibungen im Aktienregister mehr vorgenommen werden. Dies dient auch hier vor allem der organisatorischen Vorbereitung der Hauptversammlung. Der Bestand des Aktienregisters am Tag der Hauptversammlung entspricht dann dem Bestand am Tag des Anmeldeschlusses. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird durch einen solchen Umschreibungsstopp das Teilnahmerecht des Aktionärs nicht in unzulässiger Weise beeinträchtigt.200) Allerdings ist weiterhin noch nicht geklärt, ob ein derartiger Umschreibungsstopp in der Satzung zu regeln ist,201) oder auch ohne Ermächtigung in der Satzung zulässig ist.202)

___________ 197) Vgl. z. B. LG Frankfurt, Urt. v. 6.6.2008 – 3 – 5 O 11/08, Juris Rz. 46, ZIP 2008, 1591 (nur Leitsatz und Gründe), wo von der Gesellschaft für die Teilnahme an der Hauptversammlung ein mehrfacher Nachweis der Aktionärseigenschaft gefordert wurde. In obiter dictum hat LG Frankfurt hier ausgeführt, dass die Beanstandungen der Kläger hinsichtlich der Teilnahmebedingungen begründet sein dürften; siehe auch Ziemons, in: Schmidt/ Lutter, § 123 Rz. 38; Müller: in: Heidel, Aktienrecht, § 123 Rz. 22. 198) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 123 Rz. 32. 199) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 123 Rz. 34; Hüffer/Koch, AktG, § 67 Rz. 20. 200) BGH, Urt. v. 21.9.2009 – II ZR 174/08, ZIP 2009, 2051; vgl. im Übrigen die Ausführungen in Teil C. Rz. 163 zum Umschreibungsstopp. 201) Zur Möglichkeit, dies in der Satzung zu regeln siehe Hüffer/Koch, AktG, § 67 Rz. 20; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 123 Rz. 35; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 123 Rz. 40, der aber eine Festlegung durch den Vorstand bei Fehlen einer Satzungsregelung ebenfalls für zulässig hält; Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 32 Rz. 35. 202) Grobecker, NZG 2010, 166; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 123 Rz. 40, a. A. Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 123 Rz. 35, die eine Satzungsregelung für zwingend erforderlich hält; ausführlich dazu auch Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 123 Rz. 237 ff., Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, § 67 Rz. 42 mit dem Hinweis, dass Satzungsregelung erforderlich ist, weil Regeln zum Umschreibestopp in Aktionärsrechte eingreifen.

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II. Legitimation der Teilnehmer

b)

Anmeldung

Das Aktiengesetz schreibt eine Anmeldung der Aktionäre zur Hauptversamm- 392 lung nicht vor. Gemäß § 123 Abs. 2 Satz 1 kann die Satzung die Teilnahme an der Hauptversammlung oder die Ausübung des Stimmrechts aber davon abhängig machen, dass sich die Aktionäre vor der Versammlung anmelden. In der Regel enthalten die Satzungen der Gesellschaften eine derartige Bestimmung. Das Anmeldeerfordernis kann für Namens- und Inhaberaktien begründet werden.203) Enthält die Satzung ein Anmeldeerfordernis, so gilt dies auch für die Online- 393 Teilnahme.204) Denn auch für die Online-Teilnahme gilt wie bei der physischen Teilnahme, dass die Gesellschaft nur bei einer vorherigen Anmeldung eine Vorstellung von der Anzahl der online teilnehmenden Aktionäre hat und dadurch in die Lage versetzt wird die erforderlichen technischen Voraussetzungen (z. B. ausreichende Leitungskapazitäten) für die Online-Teilnahme zu schaffen.205) Anderenfalls würde sich zudem das Risiko erhöhen, dass ihr bei technischen Störungen Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit i. S. v. § 243 Abs. 3 Nr. 1 vorgeworfen werden könnte. Wird in der Satzung das Teilnahmerecht von einer fristgemäßen Anmeldung 394 abhängig gemacht und enthält die Satzung keine Bestimmung zur Anmeldefrist, so muss die Anmeldung spätestens am sechsten Tag vor der Hauptversammlung zugehen.206) Das heißt, die Anmeldung muss spätestens am siebten Tag vor der Hauptversammlung bei der Gesellschaft eingehen, da der Tag des Zugangs nicht mitgerechnet wird. In der Satzung oder – aufgrund einer Satzungsermächtigung für den Vorstand – in der Einberufung kann eine kürzere (§ 123 Abs. 3 Satz 4), jedoch keine längere Frist festgelegt werden. Zu beachten ist jedoch, dass sich die satzungsmäßige wie gesetzliche Anmelde- 395 frist auf vier Tage verkürzt, wenn die Einberufung der Hauptversammlung in einer Übernahmesituation erfolgt (§ 16 Abs. 4 WpÜG). Für die Form der Anmeldung enthält die Regelung in § 123 Abs. 2 keine Vor- 396 gaben. Sofern auch die Satzung hierzu keine näheren Vorgaben enthält, kann die Anmeldung in jeder für Willenserklärungen möglichen Form erfolgen.207) In die Satzung können allerdings hierzu Regelungen aufgenommen bzw. die Einberufenden ermächtigt werden, nähere Regelungen zur Anmeldung zu tref-

___________ 203) Begründung Regierungsentwurf UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 13. 204) Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 205; Paschos/Goslar, AG 2009, 605, 610. 205) Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 205. 206) Hüffer/Koch, AktG, § 123 Rz. 7; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 123 Rz. 27. 207) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 123 Rz. 24; siehe hierzu OLG Stuttgart Beschl. v. 1.12.2008 – 20 W 12/08, AG 2009, 204; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 123, Rz. 9.

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D. Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht an der Hauptversammlung

fen.208) In der Praxis wird in den Satzungen der Gesellschaften – zumindest bei börsennotierten Gesellschaften – für die Anmeldung regelmäßig die Textform gefordert.209) 397 Die Anmeldung muss der Gesellschaft bei einer der in der Einberufung genannten Adressen zugehen. Dies umfasst neben der postalischen Anschrift auch die E-Mail-Adresse, Telefax-Nummer etc. Die in der Einberufung angegebenen Adressen müssen dabei nicht notwendigerweise Adressen der Gesellschaft sein. Die Organisation und Abwicklung der Anmeldungen wird häufig durch spezielle Dienstleister übernommen, sodass in der Einberufung dann eine c/o-Adresse angegeben wird.210) Geht die Anmeldung an einer anderen als der in der Einberufung genannten Adresse zu, wahrt dies die Anmeldefrist nicht.211) 398 Wird in der Einberufung dagegen keine Adresse genannt, so genügt der Aktionär dem Anmeldeerfordernis, wenn er die Anmeldung an die Hauptverwaltung der Gesellschaft oder die Anschrift der Geschäftsleitung adressiert.212) 2.

Aktionärsvertreter

399 Die Regelungen zum Nachweis des Anteilsbesitzes sowie hinsichtlich der Anmeldung zur Hauptversammlung gelten grundsätzlich auch für die Aktionärsvertreter.213) Soweit die Teilnahme an der Hauptversammlung eine vorherige Anmeldung erfordert, ist es ausreichend, wenn die Anmeldung entweder durch den Aktionär oder den Aktionärsvertreter fristgemäß erfolgt ist.214) Eine unzulässige Beschränkung des Teilnahmerechts stellt es dagegen dar, wenn in der Einberufung für den Fall einer Bevollmächtigung eine fristgemäße Anmeldung sowohl des Aktionärs als auch des Bevollmächtigten gefordert wird.215) 400 Darüber hinaus müssen Vertreter den Nachweis ihrer Bevollmächtigung erbringen, sofern sie das Stimmrecht ausüben wollen. Bei einem rechtsgeschäftlichen Vertreter erfolgt der Nachweis der Legitimation durch Vorlage der in ___________ 208) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 123 Rz. 24 f.; vgl. auch schon Kubis, in: MünchKommAktG, § 123 Rz. 9 und 11. 209) Vgl. z. B. die Satzung der Commerzbank AG, Fassung vom 24.5.2016, § 17 Abs. 2 oder die Satzung der Metro AG, Fassung vom 11.4.2017, § 16 Abs. 1. 210) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 123 Rz. 26. 211) Hüffer/Koch, AktG, § 123 Rz. 7; Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 32 Rz. 34; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 123 Rz. 26. 212) Hüffer/Koch, AktG, § 123 Rz. 7. 213) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 123 Rz. 9 f. und 39, wonach Aktionärsvertreter zur Anmeldung berechtigt ist; Butzke, in: Großkomm. z. AktG, § 123 Rz. 39; für Nachweis des Anteilsbesitzes siehe auch Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 134 Rz. 56. 214) OLG Stuttgart Beschl. v. 1.12.2008 – 20 W 12/08, AG 2009, 204. 215) Vgl. hierzu OLG Frankfurt, Urt. v. 16.6.2010 – 5 U 144/09, ZIP 2010, 1390, wo die Bedingungen zur Teilnahme an der Hauptversammlung so formuliert waren, dass sie in dieser Weise verstanden werden konnten.

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II. Legitimation der Teilnehmer

Textform erstellten Vollmacht, bzw. soweit bei nicht börsennotierten Gesellschaften eine strengere Form vorgesehen ist, in der entsprechend vorgeschriebenen Form.216) Bei organschaftlichen Vertretern erfolgt der Nachweis durch Vorlage eines Handelsregisterauszugs gemäß § 9 Abs. 4 HGB, bei sonstigen gesetzlichen Vertretern durch Vorlage der entsprechenden Urkunden aus denen sich die Stellung als gesetzlicher Vertreter ergibt.217) Für Kreditinstitute, Aktionärsvereinigungen sowie geschäftsmäßig Handelnde 401 ergibt sich aus § 134 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 135 Abs. 5, dass gegenüber der Gesellschaft keine Legitimation mehr erfolgt. Die Bevollmächtigung wird hier durch eine interne Dokumentation nachgewiesen.218) Börsennotierte Gesellschaften sind verpflichtet, für die Übermittlung des Nach- 402 weises der Legitimation einen elektronischen Kommunikationsweg anzubieten (§ 134 Abs. 3 Satz 4). Elektronischer Kommunikationsweg bedeutet dabei nach der Intention des Gesetzgebers, dass die Gesellschaft in jedem Fall auch einen PC-gestützten Kommunikationsweg anbieten muss. Das Vorhalten eines Faxgeräts soll dabei nicht genügen.219) Umfasst sind damit auf jeden Fall die Übermittlung per E-Mail und Internet-Formular. Ob hier auch SMS220) für die Übermittlung des Nachweises zulässig ist, erscheint angesichts der Gesetzesbegründung zweifelhaft,221) sodass dies – wenn überhaupt – allenfalls alternativ zu einem PC-gestützten Kommunikationsweg angeboten werden sollte. Zuzugeben ist allerdings, dass dies vor dem Hintergrund der für die Bevollmächtigung ausreichenden Textform zu Inkonsistenzen führt. Bei der Prüfung der Legitimation wird die Gesellschaft vor der Hauptversamm- 403 lung durch den Vorstand, in der Hauptversammlung durch den Versammlungsleiter vertreten. Ein nicht hinreichend legitimierter Vertreter kann von der Gesellschaft von der Teilnahme an der Hauptversammlung ausgeschlossen werden, ___________ 216) Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 134 Rz. 53; Hüffer/Koch, AktG, § 134 Rz. 24; Schröer, in: MünchKomm-AktG, § 134 Rz. 73, der hier noch von Vollmachtsurkunde spricht; siehe hier auch OLG Frankfurt Beschl. v. 17.2.2009 – 5 W 40/08, juris Rz. 22 ff., wonach eine schriftlich zu erteilende Stimmrechtsvollmacht bereits beim Zutritt zur Hauptversammlung im Original nachgewiesen werden muss. Die Verweigerung des Zutritts zur Hauptversammlung ist vom OLG Frankfurt wegen der nicht ordnungsgemäßen Bevollmächtigung nicht als treuwidrig angesehen worden; vgl. auch schon Ludwig, AG 2002, 435; siehe auch Bunke, AG 2002, 63 sowie allgemein zur Legitimation des Stimmrechtsvertreters a. a. O. 64 f. 217) Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 134 Rz. 53; Schröer, in: MünchKomm-AktG, § 134 Rz. 74 f.; siehe hierzu auch Rz. 339 ff. 218) Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 134 Rz. 54; Bunke, AG 2002, 65. 219) Begründung Regierungsentwurf ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 49; kritisch: Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 134 Rz. 52 Fn. 175. 220) So: Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 134 Rz. 52. 221) Siehe auch Hüffer/Koch, AktG, § 134 Rz. 24, der elektromechanische Kommunikation als Sammelbegriff für computergestützte Verfahren interpretiert.

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D. Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht an der Hauptversammlung

wozu die Gesellschaft nach herrschender Meinung aber nicht verpflichtet ist.222) Der Nachweis der Legitimation kann grundsätzlich auch noch nach der Hauptversammlung erbracht werden. Begründet wird dies damit, dass § 134 Abs. 3 keine zeitliche Grenze für die Legitimation enthält.223) Dies gilt jedoch nur für die Legitimation und nicht für die Bevollmächtigung, die bis zur Stimmabgabe vorliegen muss.224) 3.

Rechtsfolgen bei Verstoß

404 Die Verweigerung der Zulassung eines ausreichend legitimierten Aktionärs oder Aktionärsvertreters zur Abstimmung führt zur Anfechtbarkeit des getroffenen Beschlusses.225) Es wird hier angenommen, dass der nicht zugelassen Aktionär im Falle seiner Zulassung das Abstimmungsverhalten der anderen Aktionäre hätte beeinflussen können.226) III.

Teilnehmerverzeichnis

1.

Zweck

405 Das Teilnehmerverzeichnis soll nach dem Willen des Gesetzgebers dazu dienen, die Durchführung der Hauptversammlung zu erleichtern und teilnehmende Personen festzuhalten.227) Dies beschreibt den Zweck des Teilnehmerverzeichnisses jedoch nur unvollständig. Das Teilnehmerverzeichnis gibt dem Versammlungsleiter die Möglichkeit, die Beschlussfähigkeit festzustellen, soweit für einzelne Beschlüsse die Präsenz eines bestimmten Teils des Grundkapitals nach Gesetz oder Satzung erforderlich ist. Weiterhin erleichtert das Teilnehmerverzeichnis die Auszählung der Stimmen zur Feststellung des Beschlussergebnisses bei Abstimmung nach dem Subtraktionsverfahren, da das Teilnehmerverzeichnis (sofern auch die präsenten Stimmen darin aufgeführt sind) die Basis für die von der Präsenz abzuziehenden Ja- und Nein-Stimmen bildet. Darüber hinaus soll das Teilnehmerverzeichnis eine Grundlage über den von der ___________ Hüffer/Koch, AktG, § 134 Rz. 24 m. w. N.; Ludwig, AG 2002, 436. Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 134 Rz. 55; Schröer, in: MünchKomm-AktG, § 134 Rz. 77. Hüffer/Koch, AktG, § 134 Rz. 24. Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 134 Rz. 55; Schröer, in: MünchKomm-AktG, § 134 Rz. 77; Butzke, in: Großkomm. z. AktG, § 123 Rz. 104; Ludwig, AG 2002, 437 nur bei wirksam erteilter Vollmacht. Bei nicht wirksam erteilter Vollmacht ist die Nichtzulassung dagegen rechtmäßig. 226) Schröer, in: MünchKomm-AktG, § 134 Rz. 77; OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.7.1991 – 6 U 59/91, AG 1991, 444; OLG München, Urt. v. 12.11.1999 – 23 U 3319/99, NZG 2000, 553; 555 differenzierend Grundmann, in: Großkomm. z. AktG, § 134 Rz. 116, wonach dies dann nicht gilt, wenn die Teilnahme an der Diskussion oder die Beeinflussung der Meinungsbildung ausgeschlossen werden kann; a. A. OLG Hamburg, Urt. v. 11.1.2002 – 11 U 145/01, AG 2002, 460, 465 wonach es auch bei rechtswidriger Nichtzulassung des Aktionärs auf die Relevanz des Verstoßes für die Beschlussfassung ankommt. 227) Siehe die Begründung RegE zu § 129, Kropff, AktG, S. 182.

222) 223) 224) 225)

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III. Teilnehmerverzeichnis

Abstimmung ausgeschlossenen Personenkreis schaffen. Das Teilnehmerverzeichnis dient dagegen nicht dem Zweck, Transparenz hinsichtlich der Beteiligungsverhältnisse zu schaffen.228) Die Verpflichtung zur Aufstellung des Teilnehmerverzeichnisses besteht nach 406 herrschender Meinung auch dann, wenn es sich um eine Vollversammlung gemäß § 121 Abs. 6 handelt.229) Nach wohl überwiegender Meinung kann dagegen bei der Hauptversammlung einer Einmann-AG auf das Teilnehmerverzeichnis verzichtet werden kann.230) 2.

Inhalt

Der Inhalt des Teilnehmerverzeichnisses folgt aus § 129 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, 407 Abs. 3 und Abs. 5. Im Teilnehmerverzeichnis anzugeben sind gemäß § 129 Abs. 1 Satz 2 zunächst 408 der Name und der Wohnort der in Person erschienenen oder vertretenen Aktionäre, bei den vertretenen Aktionären auch der Name und der Wohnort des Vertreters. In das Teilnehmerverzeichnis aufzunehmen sind auch die online teilnehmenden Aktionäre,231) denn auch diese zählen zu den erschienenen Aktionären, sollten aber besonders kenntlich gemacht werden.232) Dies gilt auch für online teilnehmende Aktionäre ohne Stimmrecht. Diese zählen allerdings nicht zum „vertretenen“ Grundkapital im Sinne der einschlägigen aktienrechtlichen Vorschriften. Dies hat zur Konsequenz, dass in diesen Fällen im Teilnehmerverzeichnis zwischen stimmberechtigtem und nicht stimmberechtigtem Grundkapital zu differenzieren ist.233) Nicht in das Teilnehmerverzeichnis aufzunehmen sind die sich per Briefwahl an der Hauptversammlung beteiligenden

___________ 228) So aber Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 129 Rz. 1, wobei dies nur gelten soll, wenn sich größere Anteilseigner in eigenem Namen oder durch Vertreter haben registrieren lassen; a. A. Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 1; siehe auch Terbrack/Lohr, in: Heidel, Aktienrecht, § 129 Rz. 16. 229) Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 5; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 129 Rz. 17; Terbrack/ Lohr, in: Heidel, Aktienrecht, § 129 Rz. 17; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 129 Rz. 15; Zimmermann, in: Happ, Aktienrecht 10.18 Rz. 53.1. 230) So: Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 5; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 129 Rz. 15; Zimmermann, in: Happ, Aktienrecht, 10.18 Rz. 53.1; wohl auch: Terbrack/Lohr, in: Heidel, Aktienrecht, § 129 Rz. 17, sofern Anwesenheit und Vertretung des Alleinaktionärs in der Niederschrift ausreichend dokumentiert sind; a. A. Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 129 Rz. 17. 231) Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 3; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 129 Rz. 47. 232) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 129 Rz. 28; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 129 Rz. 47; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 129 Rz. 23; Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, § 129 Rz. 31. 233) Arnold/Carl/Götze, AG 2011, 361 m. w. N.

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D. Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht an der Hauptversammlung

Aktionäre.234) § 129 Abs. 1 Satz 2 regelt den Fall des sog. Eigenbesitzes, der im Teilnehmerverzeichnis mit (E) gekennzeichnet wird. Mit Namen ist der Vorund Nachname gemeint.235) Einzelkaufleute können auch unter ihrer Firma auftreten, während bei Handelsgesellschaften zwingend die Firma in das Teilnehmerverzeichnis aufzunehmen ist. Weitere Angaben wie Geburtsdatum, Adresse etc. sind nicht erforderlich, können aber sinnvoll sein, wenn Verwechselungsgefahr besteht. Der Begriff „Wohnort“ meint die politische Gemeinde, in der der Aktionär seinen Erstwohnsitz hat. Bei Einzelkaufleuten ist damit der Ort der Handelsniederlassung, bei Handelsgesellschaften oder Vereinen der Sitz gemeint.236) Bei ausländischen Wohnorten ist zusätzlich der jeweilige Staat zu benennen.237) 409 Anzugeben ist weiterhin für jeden erschienenen Aktionär die Höhe seiner Beteiligung. Bei Nennbetragsaktien ist dies die Summe der Nennbeträge der vertretenen Aktien, bei Stückaktien die Anzahl der vertretenen Aktien. Bestehen bei der Gesellschaft mehrere Aktiengattungen, so sind für jeden Aktionär die zugehörigen Gattungen unterteilt nach Nennbetrags- und Stückaktien aufzuführen.238) Nehmen Aktionäre oder ihre Vertreter nur mit einem Teil des Aktienbesitzes an der Hauptversammlung teil, so ist der darauf entfallende Gesamtbetrag im Teilnahmeverzeichnis anzugeben.239) 410 Während in § 129 Abs. 1 Satz 2 der Eigenbesitz geregelt ist, enthält § 129 Abs. 2 eine gesonderte Regelung für den sog. Vollmachtbesitz, der im Teilnehmerverzeichnis mit dem Kürzel (V) gekennzeichnet wird. Gemeint ist hier der Fall, dass der Vertreter offen im Namen des Aktionärs auftritt, aber keine Angaben zur Person des Aktionärs macht. Diese Form der Vertretung ist nur Kreditinstituten bzw. den in § 135 Abs. 8 genannten Aktionärsvereinigungen und geschäftsmäßigen Stimmrechtsvertretern sowie aufgrund des in § 129 Abs. 5 enthaltenen Verweises den in § 125 Abs. 5 genannten Finanzdienstleistungsinstituten und Unternehmen gestattet. Hinsichtlich der in das Teilnehmerverzeichnis aufzunehmenden Angaben bestehen keine Besonderheiten; es sind die in § 129 Abs. 1 geforderten Angaben mit Ausnahme des Namens des ___________ 234) Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 129 Rz. 49; Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 2; Schaaf/Slowinski, ZIP 2011, 2447 mit der Anregung, zur Erhöhung der Transparenz die Zahl der Briefwähler als gesonderten Punkt in das Teilnehmerverzeichnis aufzunehmen. 235) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 129 Rz. 30, Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 129 Rz. 25; Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 3; Drinhausen, in: Hölters, AktG, § 129 Rz. 20; a. A. Terbrack/ Lohr, in: Heidel, Aktienrecht, § 129 Rz. 18, wonach nur der Nachname zwingend anzugeben ist; Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, § 129 Rz. 26, Angabe des Vornamens nur im Fall der Verwechselungsgefahr. 236) Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 3. 237) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 129 Rz. 2 und 4; Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, § 129 Rz. 26; Drinhausen, in: Hölters, AktG, § 129 Rz. 20. 238) Dies betrifft im Wesentlichen Vorzugsaktien und Mehrstimmrechtsaktien. 239) Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 3.

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III. Teilnehmerverzeichnis

Vollmachtgebers aufzunehmen. Es wäre auch widersprüchlich einerseits eine Vertretung im Namen dessen, den es angeht, zuzulassen, andererseits dann die Offenlegung der Vollmacht für das Teilnehmerverzeichnis zu fordern.240) Rechtlich dem in § 135 Abs. 8 genannten Personenkreis gleichzustellen ist der in § 134 Abs. 3 Satz 3 genannte Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft, auch wenn dieser in § 129 Abs. 2 nicht ausdrücklich erwähnt ist. Dies gilt allerdings nur, wenn die Vollmacht die verdeckte Stellvertretung ausdrücklich zulässt.241) § 129 Abs. 3 betrifft als dritte Kategorie den sog. Fremdbesitz, dessen Zulässig- 411 keit durch § 129 Abs. 3 vorausgesetzt wird. Gemeint sind damit Personen, die das Stimmrecht aus den Aktien nicht aufgrund einer Vollmacht sondern in eigenem Namen kraft einer Ermächtigung i. S. d. § 185 BGB ausüben.242) Diese, auch als Legitimationsaktionäre bezeichneten Personen, sind wie Aktionäre in das Teilnehmerverzeichnis aufzunehmen, während der Name des Aktionärs dort nicht aufgeführt wird. Der Fremdbesitz wird im Aktionärsverzeichnis mit dem Kürzel (F) gekennzeichnet. Im Übrigen sind auch für den Fremdbesitz die in § 129 Abs. 1 geforderten Angaben in das Teilnehmerverzeichnis aufzunehmen.243) Nach herrschender Meinung nicht erforderlich sind Angaben zur Stimmenzahl.244) 412 Die Stimmenzahl ist allerdings dann aufzunehmen, wenn das Teilnehmerverzeichnis – wie im Regelfall – gleichzeitig als Präsenzliste für die Feststellung des Abstimmungsergebnisses dienen soll.245) Darüber hinaus sind Angaben zur Höhe der Einlage aufzunehmen, soweit diese nicht vollständig geleistet wurde und dies Auswirkungen auf das Stimmrecht bzw. die Stimmkraft der Aktien hat.246) Die vorstehend beschriebenen Angaben sind auch für die Aktionäre bzw. deren 413 Bevollmächtigte aufzunehmen, die online an der Hauptversammlung teilnehmen. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich auch bei Online teilnehmenden Aktionären die Abstimmung nach dem Subtraktionsverfahren für zulässig angesehen. Probleme entstehen allerdings dann, wenn den online teilnehmenden Aktionä___________ 240) Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 11. 241) H. M. siehe z. B. Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 129 Rz. 33; Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, § 129 Rz. 27; für die Gleichstellung auch: Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 129 Rz. 33; siehe auch Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zum NaStraG, BT-Drucks. 14/4618, S. 14. 242) Vgl. die Ausführungen zum Vertreter kraft Ermächtigung in Rz. 343 ff. 243) Vgl. Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 12a; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 129 Rz. 36. 244) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 129 Rz. 31; MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 37 Rz. 25; Mülbert, in: Großkomm. § 129 Rz. 78; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 129 Rz. 38. 245) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 129 Rz. 31; MünchGesR-Hoffmann-Becking AG, § 37 Rz. 25. 246) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 129 Rz. 31, wenn das Teilnehmerverzeichnis als Präsenzliste dienen soll; a. A. Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 4, der die Angaben für sinnvoll aber nicht zwingend hält, allerdings einräumt, dass das Teilnehmerverzeichnis dann nicht die erleichterte Feststellung des Abstimmungsergebnisses ermöglicht.

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D. Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht an der Hauptversammlung

ren zwar z. B. das Rede- und Fragerecht, aber kein Stimmrecht eingeräumt wird. Wenn das Teilnehmerverzeichnis in diesem Fall weiterhin seine Funktion als Präsenzverzeichnis erfüllen soll, dann muss das fehlende Stimmrecht dieser Aktionäre gesondert ausgewiesen werden.247) 414 Schuldrechtliche Treuhandverhältnisse sowie die an der Hauptversammlung teilnehmenden Personen, die keine Aktien innehaben oder vertreten, wie z. B. Pressevertreter und Gäste, sind nicht in das Teilnehmerverzeichnis aufzunehmen.248) Gerade bei größeren Hauptversammlungen wird aus Gründen der Übersichtlichkeit und zur Information des Vorstands oder Sitzungsleiters allerdings oft zusätzlich eine Gästeliste erstellt. 415 Nicht in das Teilnehmerverzeichnis aufzunehmen sind ferner Aktionäre, die ihre Stimme im Wege der Briefwahl abgeben, da diese keine Teilnehmer der Hauptversammlung sind. Bei Verwendung des Subtraktionsverfahrens empfiehlt es sich jedoch, die Briefwähler in einem gesonderten Verzeichnis zu erfassen.249) 3.

Aufstellung

416 Das Aktiengesetz enthält keine Regelung, wer Adressat der Verpflichtung zur Aufstellung des Teilnehmerverzeichnisses ist. Nach herrschender Meinung250) ist die Gesellschaft zur Aufstellung verpflichtet, für die in diesem Fall dann der Vorstand handelt. Dies ist auch sachgerecht, denn nur die Gesellschaft verfügt auf der Basis der vorliegenden Anmeldungen (ggf. auch Hinterlegungen) und/oder der Daten aus dem Aktienregister über die erforderlichen Informationen sowie die personellen und technischen Möglichkeiten, um auf der Grundlage des Verzeichnisses der angemeldeten Aktionäre das Teilnehmerverzeichnis anzufertigen.251) 417 Eine Verpflichtung des Versammlungsleiters zur Aufstellung des Teilnehmerverzeichnisses, wie von Teilen der Literatur vertreten,252) besteht dagegen nicht.253) ___________ 247) Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 296; siehe auch Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 129 Rz. 23, der eine gesetzliche Verpflichtung hierzu allerdings nicht für zwingend hält; so auch Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, § 130 Rz. 31. 248) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 129 Rz. 32; Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, § 130 Rz. 31. 249) Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 293 und 297. 250) Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 6; Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, § 129 Rz. 20; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 129 Rz. 18; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 129 Rz. 81; Terbrack-Lohr, in: Heidel, Aktienrecht, § 129 Rz. 23; ausführlich Butzke, in: Großkomm. z. AktG, § 129 Rz. 44, der jedoch die Verantwortung des Vorstands auf die Zeit vor der Hauptversammlung beschränkt und während der Hauptversammlung die Verantwortung beim Versammlungsleiter sieht. 251) Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 6; Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, § 129 Rz. 20. 252) So z. B. Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 129 Rz. 16 m. w. N. 253) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 129 Rz. 18; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 129 Rz. 81; Terbrack/Lohr, in: Heidel, Aktienrecht, § 129 Rz. 23; MünchGesR-HoffmannBecking, AG, § 37 Rz. 26, Erstellung durch Hilfskräfte unter Aufsicht des Versammlungsleiters; ausführlich hierzu auch Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 129 Rz. 44 ff.

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III. Teilnehmerverzeichnis

Der Versammlungsleiter ist allerdings verpflichtet zu kontrollieren, dass die Gesellschaft das Verzeichnis überhaupt führt. Darüber hinaus muss er im Rahmen des Zumutbaren, die formal ordnungsgemäße Führung des Verzeichnisses überwachen.254) Zu einer Kontrolle der Vollständigkeit und inhaltlichen Richtigkeit des Teilnehmerverzeichnisses ist der Versammlungsleiter jedoch nicht verpflichtet. Hat der Versammlungsleiter Bedenken gegen das von der Gesellschaft aufgestellte Teilnehmerverzeichnis, so hat er diese Bedenken gegenüber dem Vorstand zu äußern und wenn diese Bedenken nicht ausgeräumt werden, ist er berechtigt und verpflichtet, die Hauptversammlung nicht zu eröffnen bzw. nicht fortzuführen.255) Den die Hauptversammlung protokollierenden Notar trifft ebenfalls keine 418 Verpflichtung zur Aufstellung und Kontrolle des Teilnehmerverzeichnisses, im Rahmen seiner allgemeinen Pflichten ist er lediglich zur Plausibilitätskontrolle verpflichtet.256) Das Teilnehmerverzeichnis ist nach § 129 Abs. 1 „in“ der Hauptversammlung 419 aufzustellen. Bei wörtlicher Auslegung würde dies bedeuten, dass erst nach Eröffnung der Hauptversammlung mit der Aufstellung begonnen werden darf. Nach herrschender Meinung ist die Aufstellung des Teilnehmerverzeichnisses vor Beginn der Hauptversammlung jedoch zulässig. Dies ist vor dem Hintergrund eines zügigen Ablaufs der Hauptversammlung auch sachgerecht, denn da das Teilnehmerverzeichnis vor der ersten Abstimmung zugänglich gemacht werden muss, könnten sich zeitliche Verzögerungen ergeben, wenn erst nach Beginn der Hauptversammlung mit der Aufstellung des Teilnehmerverzeichnisses begonnen wird. Üblicherweise wird das erste Teilnehmerverzeichnis im Zusammenhang mit der Eingangskontrolle und der dabei stattfindenden Präsenzkontrolle auf der Basis des Verzeichnisses der rechtzeitig angemeldeten Aktionäre erstellt.257) Das Teilnehmerverzeichnis kann in elektronischer Form oder in Papierform 420 geführt werden. Bei einer elektronischen Führung des Teilnehmerverzeichnisses sind Papierausdrucke nicht das Teilnehmerverzeichnis im rechtlichen Sinn, sondern dienen nur der Dokumentation.258) Die Angaben im Teilnehmerverzeichnis sind in übersichtlicher Form darzustellen, um dem Aktionär eine sinnvolle Einsichtnahme zu ermöglichen. So lange die Übersichtlichkeit nicht be___________ 254) Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 7; MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 37 Rz. 26; Terbrack/ Lohr, in: Heidel, Aktienrecht, § 129 Rz. 24; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 129 Rz. 19. 255) Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 7; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 129 Rz. 81. 256) Siehe hierzu im Einzelnen Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 129 Rz. 17; Butzke, in: Großkomm. z. AktG, § 129 Rz. 50. 257) Siehe hierzu auch Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 8; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 129 Rz. 18; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 129 Rz. 74 f. 258) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 129 Rz. 21.

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D. Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht an der Hauptversammlung

einträchtigt wird, ist der Ersteller darin frei, nach welchen Kriterien (z. B. zeitlich, alphabetisch) die Angaben geordnet werden. Im Regelfall werden die Teilnehmer jedoch alphabetisch aufgelistet. 421 Nach § 129 Abs. 4 muss das Teilnehmerverzeichnis vor der ersten Abstimmung aufgestellt sein. Abstimmung meint dabei nicht nur die Abstimmung über die in der Tagesordnung aufgelisteten Punkte, sondern jede Abstimmung, also auch über Anträge zur Geschäftsordnung.259) Es müssen deshalb auch organisatorische Vorkehrungen getroffen werden, um in derartigen Fällen, abweichend vom vorgesehenen Ablauf, eine schnelle Erstellung des Teilnehmerverzeichnisses zu gewährleisten. In der Praxis ist es allerdings ohnehin üblich, dass das Teilnehmerverzeichnis bereits sehr kurz nach Beginn der Hauptversammlung fertiggestellt wird, und dann bis zum Beginn der ersten Abstimmung (und ggf. bis zur letzten Abstimmung) durch Nachträge ergänzt wird. Diese Nachträge müssen alle seit der Erstellung des ersten Teilnehmerverzeichnisses erschienenen Aktionäre, die die Hauptversammlung vorzeitig verlassenden Aktionäre sowie einen Wechsel in der Vertretungsart erfassen.260) Zur vollständigen Erfassung sind von der Gesellschaft ausreichende organisatorische Vorkehrungen (Zu- und Abgangskontrolle) zu treffen. 422 In der Regel wird das Teilnehmerverzeichnis während der Dauer der Hauptversammlung bis zur letzten Abstimmung aktuell gehalten; bei Anwendung des Subtraktionsverfahrens folgt dies schon aus der Notwendigkeit vor jeder Abstimmung die Veränderung der Präsenz festzustellen. Um Veränderungen der Präsenz während der Abstimmung zu vermeiden, werden die Aktionäre dabei üblicherweise vom Versammlungsleiter aufgefordert, den Präsenzbereich während der Abstimmung nicht zu verlassen. Den Versammlungsleiter trifft hier eine erhöhte Pflicht zur Kontrolle der von der Gesellschaft getroffenen Vorkehrungen hinsichtlich Zugangs- und Abgangskontrolle.261) 4.

Publizität

423 Das Teilnehmerverzeichnis ist gemäß § 129 Abs. 4 Satz 1 allen Teilnehmern der Hauptversammlung vor der ersten Abstimmung zugänglich zu machen. Teilnehmer i. S. d. Vorschrift meint dabei die Personen, die ein Teilnahmerecht an der Hauptversammlung haben, also Aktionäre, Aktionärsvertreter, Vorstand und Aufsichtsrat, der Notar sowie ggf. der Abschlussprüfer. Nicht vom Begriff

___________ 259) H. M. siehe Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 13; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 129 Rz. 38; MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 37 Rz. 27; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 129 Rz. 53. 260) Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 10; MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 37 Rz. 28. 261) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 129 Rz. 20.

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III. Teilnehmerverzeichnis

der Teilnehmer erfasst sind dagegen Gäste und Pressevertreter.262) Zugänglich machen bedeutet, dass jedem Teilnehmer eine angemessene Möglichkeit der Einsichtnahme in das Teilnehmerverzeichnis gegeben werden muss.263) Hierfür stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Dies kann entweder durch die Auslage von Ausdrucken des Teilnehmerverzeichnisses (z. B. am Wortmeldetisch) erfolgen oder aber durch Darstellung auf einem oder (bei großen Hauptversammlungen) mehreren Computerbildschirmen, wobei auch beide Möglichkeiten parallel möglich sind. Die Anzahl der Einsichtsmöglichkeiten muss dabei in einem angemessenen Verhältnis zur Zahl der Teilnehmer stehen. Nicht ausreichend wäre es z. B. bei einer Hauptversammlung mit mehreren tausend Teilnehmern nur einen Computerbildschirm zur Einsichtnahme zur Verfügung zu stellen. Zur Angemessenheit der Einsichtnahme gehört auch, dass zwischen Fertigstellung des Teilnehmerverzeichnisses und erster Abstimmung ein ausreichender Zeitraum für die Einsichtnahme liegt.264) Die Möglichkeit der Einsichtnahme ist auch den Aktionären zu gewähren, die 424 online an der Hauptversammlung teilnehmen. Die Einsichtnahme kann dabei durch die Einstellung des Teilnehmerverzeichnisses ins Internet ermöglicht werden.265) Nach § 129 Abs. 4 Satz 2 sind Aktionäre für die Dauer von zwei Jahren nach 425 der Hauptversammlung berechtigt, Einsicht in das Teilnehmerverzeichnis zu nehmen.266) Der Begriff Aktionäre meint dabei einerseits die Aktionäre, die an der Hauptversammlung teilgenommen haben, und zwar unabhängig davon, ob sie zum Zeitpunkt des Einsichtsverlangens noch Aktionär der Gesellschaft sind. Daneben steht das Einsichtsrecht aber auch allen Aktionären zu, die zum Zeitpunkt des Einsichtsverlangens Aktionär der Gesellschaft sind.267) Auch Aktionäre, die weder an der Hauptversammlung teilgenommen haben noch zum Zeitpunkt der Hauptversammlung Aktionär der Gesellschaft waren, kön___________ 262) Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 13; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 129 Rz. 37; Obermüller, NJW 1969, 265. 263) Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 13; Ziemons, in Schmidt/Lutter, § 129 Rz. 40; Terbrack/ Lohr, in: Heidel, Aktienrecht, § 129 Rz. 28; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 129 Rz. 85. 264) Vgl. Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 129 Rz. 39, der hierfür einen Mindestzeitraum von 15 Minuten für erforderlich hält; noch weitergehend Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 129 Rz. 41, die Auslegung zu Beginn der Aussprache fordert; a. A. Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 129 Rz. 83; Wicke, in Spindler/Stilz, AktG, § 129 Rz. 32; Butzke, HV, C Rz. 71; Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 13, die keinen zeitlichen Vorlauf für erforderlich halten. 265) Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 215 und 294; Noack/ Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 129 Rz. 89, Zugang über eine geschützte Internetseite; Arnold/Carl/Götze, AG 2011, 361. 266) Die früher an dieser Stelle im Gesetz geregelte Unterzeichnung durch den Leiter der Hauptversammlung ist mit der Neufassung durch das NaStraG entfallen. 267) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 129 Rz. 42.

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D. Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht an der Hauptversammlung

nen also Einsicht in das Teilnehmerverzeichnis nehmen. Die Einsichtnahme kann dabei auch durch Darstellung auf einem Computerbildschirm erfolgen, denn ein schriftliches Teilnehmerverzeichnisses muss es nicht mehr geben.268) 426 Gegen Erstattung der Kosten kann der Aktionär zudem die Übersendung einer Kopie bzw. im Falle des elektronisch geführten Teilnehmerverzeichnisses eines Ausdrucks des Teilnehmerverzeichnisses verlangen. Dies folgt aus einer Analogie zu § 9 Abs. 4 HGB, die damit begründet wird, dass die Möglichkeit der Einsichtnahme bei der Gesellschaft die frühere Handelsregisterpublizität ersetzen soll und der Verzicht auf die Beifügung des Teilnehmerverzeichnisses zur Niederschrift nicht zu einer Verkürzung der Rechte der Aktionäre führen sollte.269) 5.

Rechtsfolgen bei Verstoß

427 Bei nicht ordnungsgemäßer Führung des Teilnehmerverzeichnisses sind die in der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse wegen Gesetzesverstoßes gemäß § 243 Abs. 1 anfechtbar. Die Anfechtung scheidet aus, soweit die Gesellschaft beweisen kann, dass der Mangel des Teilnehmerverzeichnisses keine Bedeutung für das Beschlussergebnis hatte.270) Der Nachweis ist geführt, wenn es auch bei richtiger Führung des Teilnehmerverzeichnisses nicht zu einem anderen Beschlussergebnis gekommen wäre.271) Einen weiteren Anfechtungsgrund stellt die fehlende Zugänglichkeit des Teilnehmerverzeichnisses gemäß § 129 Abs. 4 Satz 1 dar. Dies umfasst neben der verweigerten Einsichtnahme auch die nur unzureichende Einsichtsmöglichkeit z. B. durch eine zu geringe Anzahl von Ausdrucken oder Bildschirmen.272) 428 Falsche oder unterbliebene Angaben durch die Aktionäre oder ihrer Vertreter führen nicht zu einer Anfechtbarkeit der getroffenen Beschlüsse. Sie können bei Vorsatz jedoch als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld geahndet werden (§ 405 Abs. 2 i. V. m. § 10 Abs. 2 OWiG). Zudem können Verstöße Schadensersatzansprüche anderer Teilnehmer der Hauptversammlung gemäß § 823 Abs. 2 BGB begründen, da § 129 und auch § 405 Abs. 2 Schutzgesetze i. S. d. Regelung sind.273)

___________ 268) Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 14; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 129 Rz. 42. 269) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 129 Rz. 42; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 129 Rz. 42; Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 14; Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, § 129 Rz. 34. 270) OLG Hamburg, Urt. v. 19.5.1989 – 11 U 62/89, NJW 1990, 1121; Ziemons, in: Schmidt/ Lutter, § 129 Rz. 44; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 129 Rz. 44; LG Heidelberg v. 26.6.2001 – 11 O 175/00 KfH, AG 2002, 298, 299. 271) OLG Hamburg Urt. v. 19.5.1989 – 11 U 62/89, NJW, 1990, 1121; Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 16. 272) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 129 Rz. 45, Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 129 Rz. 45. 273) Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 16; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 129 Rz. 46 und 47.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung Schaaf

Aufsatzliteratur: Adam/Schuhknecht, Anforderungen und Umfang des Auskunftsverweigerungsrechts der Gesellschaft, GWR 2014, 171; Adams, Der Markt für Unternehmenskontrolle und sein Mißbrauch, AG 1989, 333; ders., Höchststimmrechte, Mehrfachstimmrechte und sonstige wundersame Hindernisse auf dem Markt für Unternehmenskontrolle, AG 1990, 63; ders., Stellungnahme zur Aktienrechtsreform 1997, AG 1997, Sonderheft Die Aktienrechtsreform 1997, S. 9; Angerer, Die Beschränkung des Rede- und Fragerechts des Aktionärs in der Hauptversammlung, ZGR 2011, 27; Arnold/Carl/Götze, Aktuelle Fragen bei der Durchführung der Hauptversammlung AG 2011, 349; Barz, Listenwahl zum Aufsichtsrat, in: Festschrift Hengeler, 1972, S. 14; ders., Die große Hauptversammlung, AG 1962, Beilage Nr. 1, S. 1; Bezzenberger, Vorzugsaktien ohne Stimmrecht, ZGR 1998, 352; Beck, Aktuelles zur elektronischen Hauptversammlung RNotZ 2014, 160; Beck, Die Onlinehauptversammlung nach dem ARUG 2012; Bredol, „Noch offene Fragen“ Zur Nachfrageobliegenheit des Aktionärs auf der Hauptversammlung NZG 2012, 613; Bröcker, Beschränkung des Auskunftsrechts auf erforderliche Informationen ist europarechtskonform, GWR 2014, 7; Brox, Fehler bei der Leitung einer Hauptversammlung und ihre Folgen, DB 1965, 731; Duden, Gleichbehandlung bei Auskünften an Aktionäre, in: Festschrift v. Caemmerer, 1978, S. 499; Ebenroth, Das Auskunftsrecht des Aktionärs und seine Durchsetzung im Prozess (I) und (II), AG 1970, 43 und AG 1970, 104; Erman, Einige Fragen zur Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, AG 1964, 101; Ebenroth/ Koos, Die Verfassungsmäßigkeit des Auskunftsverweigerungsrechts gem. § 131 Abs. 3 AktG bei Aktionärsanfragen bezüglich stiller Reserven, BB 1995, Beilage 8, 1 – 14; Groß, Informations- und Auskunftsrecht des Aktionärs, AG 1997, 97; Happ/Freitag, Die Mitternachtsstund’ als Nichtigkeitsgrund?, AG 1998, 493; Hennerkes/Kögel, Eine Geschäftsordnung für die Hauptversammlung, DB 1999, 81; Herrler/Reymann, Die Neuerung im Aktienrecht durch das ARUG (1. Teil), DNotZ 2009, 815 ff.; Hoffmann-Becking, Das erweiterte Auskunftsrecht des Aktionärs nach § 131 Abs. 4 AktG, in: Festschrift Rowedder, 1994, 155; Huber, Die „geplant beschlusslose“ Hauptversammlung, ZIP 1995, 1740; Hüffer, Minderheitsbeteiligungen als Gegenstand aktienrechtlicher Auskunftsbegehren, ZIP 1996, 401; Ihrig, Zur Entscheidungskompetenz der Hauptversammlung in Fragen der Versammlungsleitung, in: Festschrift Goette 2011, S. 205; Kamprad, Informations- und Auskunftspflicht über die steuerliche Tarifbelastung der Rücklagen im Jahresabschluss der AG, AG 1991, 396; Kersting, Das Auskunftsrecht des Aktionärs bei elektronischer Teilnahme an der Hauptversammlung (§§ 118, 131 AktG) NZG 2010, 130; Kersting, Ausweitung des Fragerechts der Aktionäre ZIP 2009, 2317; Kersting, Eine Niederlage für Berufskläger? Zur Zulässigkeit inhaltlicher Beschränkungen des Frage- und Rederechts der Aktionäre gem. § 131 II 2 AktG NZG 2010, 446; Kocher/Lönner, Erforderlichkeit, Nachfrageobliegenheiten und Gremienvertraulichkeit – Begrenzungen des Auskunftsrechts in der Hauptversammlung, Anm. zu BGH v. 5.11.2013 II ZB28/12, AG 2014, 81; Kollhosser, Probleme konkurrierender aktienrechtlicher Gerichtsverfahren, AG 1977, 117; Kuhnt, Geschäftsordnungsanträge und Geschäftsordnungsmaßnahmen bei Hauptversammlungen, in: Festschrift Lieberknecht, 1997, S. 45; Lieder, Auskunftsrecht und Auskunftserzwingung, NZG 2014, 601; Limmer (Hrsg.), Gutachten des Deutschen Notarinstituts vom 16.6.1994, Band II, 1995; Lüke, Das Verhältnis von Auskunfts-, Anfechtungs- und Registerverfahren im Aktienrecht, ZGR 1990, 654; Luther, Überlegungen zur Handhabung von Auskunftsrecht und Auskunftspflicht in Hauptversammlungen von PublikumsAktiengesellschaften, in: Festschrift Möhring, 1975, S. 221; Lutter, Stellungnahme zur Aktienrechtsreform 1997, AG 1997, Sonderheft Die Aktienrechtsreform 1997, S. 52; Martens, Die Leitungskompetenzen auf der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft, WM 1981, 1010; Max, Die Leitung der Hauptversammlung, AG 1991, 77; Meilicke, Ist die Tarifbelastung des verwendbaren Eigenkapitals im Jahresabschluss der Aktiengesellschaft und gegenüber dem Aktionär offenzulegen?, BB 1991, 241; Meilicke/Heidel, Das Auskunftsrecht des Aktionärs in der Hauptversammlung (I) und (II), DStR 1992, 72 und 113; Merkner/Schmidt-Bendun, Auskunftserteilung des Aufsichtsrats in der Hauptver-

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung sammlung – ein weiteres Thema für die Aktienrechtsnovelle 2011/2012, AG 2011, 734; Messer, Der Widerruf der Stimmabgabe, in: Festschrift Fleck, 1988, S. 221; Meyer-Landrut, Der Mißbrauch aktienrechtlicher Minderheits- oder Individualrechte, insbesondere des Auskunftsrechts in: Festschrift Schilling 1973, S. 235, in: Festschrift Schilling 1973, S. 23; Meyer-Landrut/Miller, Ist das Gericht der auf Auskunftsverweigerung gestützten Anfechtungsklage an die vorhergehende Entscheidung nach § 132 AktG gebunden?, AG 1970, 157; Neuburger, Die Form der Abstimmung in der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft, BB 1958, 397; Nitschke/Bartsch, Über Bedeutung und Umfang des Auskunftsrechts, insbesondere im Zusammenhang mit Entlastungsbeschlüssen, AG 1969, 95; Noack, Briefwahl und Online-Teilnahme an der Hauptversammlung, WM 2009, 2289; Noack, Der Vorschlag für eine Richtlinie über Rechte von Aktionären börsennotierter Gesellschaften, NZG 2006, 325; Noack, ARUG: das nächste Stück der Aktienrechtsreform in Permanenz, NZG 2008, 441, NZG 2008, 444; Nussbaum, Neue Wege zur OnlineHauptversammlung durch das ARUG, GWR 2009, 215; Obermüller, Die Diskussion in der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, DB 1962, 827; Peltzer, Die Abschaffung von Mehrstimmrechten und Stimmrechtsbeschränkungen, AG 1997, Sonderheft Die Aktienrechtsreform 1997, S. 90; Petrovicki, Auskunftsrecht bei Fragen zur Entlastung wird dadurch begrenzt, dass Verweigerung nur bei schweren Verstößen in Betracht kommt, GWR 2014, 198; Polte/Haider-Giangreco, Die Vollversammlung der AG, AG 2014, 729, 732; Pluskat, Auswirkungen der Aktionärsrichtlinie auf das deutsche Aktienrecht, WM 2007, 2135 – 2142, WM 2007, 2137; Quack, in: Deutsches Anwaltsinstitut e. V., Fachinstitut für Notare (Hrsg.), Aktienrecht in der notariellen Praxis mit Hinweisen zur kleinen AG, 1996; ders., Beschränkungen der Redezeit und des Auskunftsrechts des Aktionärs, AG 1985, 145; Pöschke, Auskunft ohne Grenzen? Die Bedeutung der Aktionärsrechterichtlinie für die Auslegung des § 131 Abs. 1 S 1 AktG, ZIP 2010, 12211; Reger, Neues zum Auskunftsrecht in der Hauptversammlung, NZG, 2013, 48; Reger/Wolf, „Das OLG zeigt die Grenzen von Auskunftsbegehren der Aktionäre auf“ – Anm. zu OLG Frankfurt v. 26.6.2012 – 5V133/09, BB 2012, 2333; Reuter, Das Auskunftsrecht des Aktionärs – neuere Rechtsprechung zu § 131 AktG, DB 1988, 2615; Roellecke, Tonbandgeräte in Hauptversammlungen, BB 1959, 514; Saenger, Hinzuziehung von Stellvertretern oder Beistand bei Beschlussfassung und Kontrolle im Gesellschaftsrecht, NJW 1992, 348; Schaaf, Die Geschäftsordnung der AG Hauptversammlung – eine praktische Notwendigkeit?, ZIP 1999, 1339; Schaaf, Publikumshauptversammlung und Rederecht, ZIP 1997, 1324; Schneider, Gesetzliches Verbot für Stimmrechtsbeschränkungen bei der Aktiengesellschaft, AG 1990, 56; Simons, Die Online-Abstimmung in der Hauptversammlung, NZG 2017, 567 ff.; Siepelt, Das Rederecht des Aktionärs und dessen Beschränkung, AG 1995, 254; Stützle/Walgenbach, Leitung der Hauptversammlung und Mitspracherecht der Aktionäre in Fragen der Versammlungsleitung, ZHR 155 (1991), 516; Teichmann, Fragerecht und Aktionärsrechterichtlinie, NZG 2014, 401; Ulmer, Gesellschafterbeschlüsse in Personengesellschaften – Zur Bindung der Gesellschafter an ihre Stimmrechtsabgabe, in: Festschrift Niederländer, S. 415; Wachter, Umfang der Auskunftspflicht in der Hauptversammlung, Anm. zu BGH, Beschl. v. 5.11.2013 – II ZB 28/12, NJW 2014, 54; Werner, Anfechtungsklage und Auskunftserzwingungsverfahren, in: Festschrift Barz, 1974, S. 293; ders., Bekanntmachung der Tagesordnung und bekanntmachungsfreie Anträge – Ein Beitrag zur Auslegung des § 124 AktG, in: Festschrift Fleck, 1988, S. 401; ders., Die Beschlussfassung der Inhaber von stimmrechtslosen Vorzugsaktien, AG 1971, 69; Westrick, Aktienrechtliche Fragen bei der Abwicklung von Hauptversammlungen (I) und (II), BB 1958, 395 und 726; Wilsing/Meyer, Impulse aus Brüssel – Eine Bestandsaufnahme aktueller Einflüsse europäischer Regulierung auf das Recht der Hauptversammlung KSzW 2014, 85; Wilsing, Der Regierungsentwurf des Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Moderniersung des Anfechtungsrechts, DB 2005, 35, 40; Wilsing/von der Linden, Hauptversammlungsleitung durch einen Unternehmensfremden, ZIP 2009, 641; v. Winnefeld, Stimmrecht, Stimmabgabe und Beschluss, ihre Rechtsnatur und Behandlung, DB 1972, 1053; Zöllner, Die Konzentration der Abstimmungsvorgänge auf großen Hauptversammlungen, ZGR 1974, 1.

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I. Allgemeines

I.

Allgemeines

Das Aktienrecht enthält über die Leitung und den Ablauf einer Hauptversamm- 429 lung nur sehr rudimentäre Regelungen. Zu erwähnen sind § 122 Abs. 3 Satz 2, wonach das Gericht bei Vorliegen der in den Absätzen 1 und 2 aufgeführten Voraussetzungen den Vorsitzenden der Versammlung bestimmen kann, sowie die Vorschriften der §§ 130 ff. (Feststellung des Vorsitzenden über die Beschlussfassung) und § 131 sowie die Pflicht, bestimmte Unterlagen vorzulegen und zu erläutern (vgl. z. B. §§ 176 Abs. 1, 293f, 293g Abs. 1 und 2). Das Aktiengesetz regelt nicht, wer Leiter der Hauptversammlung ist und welche Leitungs- und Ordnungsbefugnisse ihm zur Verfügung stehen, um eine ordnungsgemäße Abwicklung der Hauptversammlung zu gewährleisten. In der Praxis hat dies bisher nicht zu rechtlichen Problemen geführt, da im Grundsatz in Literatur1) und Rechtsprechung2) Einigkeit besteht, dass der Leiter der Hauptversammlung über diejenigen Befugnisse verfügt, die er zur Durchführung seiner Aufgaben benötigt.3) Lediglich zur dogmatischen Herleitung dieser Befugnisse sind unterschiedliche Meinungen feststellbar. Ein Teil der Literatur4) und älteren Rechtsprechung5) erklärt die in den Ge- 430 schäftsordnungen der Parlamente angeführten allgemeinen Grundsätze über die Leitung und Organisation für ergänzend anwendbar. Aus diesen Regelungen lassen sich gewisse Grundregeln feststellen, die auch auf die Hauptversammlung übertragbar sind. Erwähnt werden beispielsweise die Regeln über Worterteilung durch den Vorsitzenden und über Anträge zur Geschäftsordnung. Zwar ist Max zuzustimmen, dass sich insbesondere aus der Geschäftsordnung 431 für den Deutschen Bundestag Rückschlüsse für ein korrektes und zweckmäßiges Versammlungsregiment in den Hauptversammlungen der deutschen Aktiengesellschaften ziehen lassen,6) jedoch rechtfertigt dies nicht die in Teilen der Literatur7) vertretene entsprechende Anwendung von parlamentarischen Grundsätzen. Die Geschäftsordnungen der Länder und Kommunalparlamente sowie die des Bundestages weisen in wesentlichen Punkten unterschiedliche Regelungen ___________ 1)

2)

3) 4) 5) 6) 7)

Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Vor § 118 Rz. 35 m. w. N.; Obermüller, DB 1962, 827, 831; MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 36 Rz. 37; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 119 Rz. 82 f.; Max, AG 1991, 77, 78. RG, LZ 1920, 763; BGH, Urt. v. 11.11.1965 – II ZR 122/63, BGHZ 44, 245, 248 = WM 1965, 1207, 1208; LG Frankfurt/M., Urt. v. 22.2.1984 – 3/9 O 123/83, ZIP 1984, 321, 323 = AG 1984, 192, 194. Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 19. Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Vor § 118 Rz. 35; Erman, AG 1964, 101, 102. OLG Bamberg, LZ 1908, 649. Max, AG 1991, 77, 80. Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Vor § 118 Rz. 31 und 35; Erman, AG 1964, 101, 102; Staub, in: Großkomm. z. HGB, § 256 Rz. 174.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

auf und sind nicht vergleichbar. Eine generelle gemeinsame Basis ist nicht vorhanden. Lediglich für wenige Detailbereiche sind übereinstimmende Regelungen festzustellen, die jedoch nicht die Annahme von kongruenten Grundsätzen rechtfertigen, welche bei der Ausgestaltung der Befugnisse des Versammlungsleiters Berücksichtigung finden müssten. Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, kraft welchen Rechtssatzes die in den parlamentarischen Geschäftsordnungen dargestellten Regelungen auf die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft Anwendung finden sollten.8) 432 Kraft Gewohnheitsrechts ergibt sich keine Anwendung der parlamentarischen Regelungen, da diese dauernd Änderungen und Anpassungen unterworfen sind und es an dem Erfordernis der lang andauernden Anwendung fehlt. Eine analoge Anwendung parlamentarischer Regeln ist ebenfalls zu verneinen. 433 Selbst wenn berücksichtigt wird, dass Parlament und Hauptversammlung Zusammenkünfte einer Vielzahl von Personen zum Zweck der Diskussion, Information und Willensbildung sind, bedingen die unterschiedliche Struktur und ihr Wesen eine Verneinung der entsprechenden Anwendbarkeit. 434 Die Hauptversammlung ist ein ausschließlich gesellschaftsrechtliches Organ, bei dem selbst bei zunehmender politischer Agitation die in enge zeitliche Abläufe eingebundene Entscheidungsfindung durch die Aktionäre im Vordergrund steht. Im Regelfall steht den Aktionären dieses Forum lediglich einmal im Geschäftsjahr zur Verfügung, sodass die Versammlungsleitung sich viel stärker an der Maxime der schnellen, zügigen Durchführung der Hauptversammlung orientieren muss, als dies bei parlamentarischen Sitzungen der Fall ist. Werden zudem die grundsätzlichen Unterschiede zwischen öffentlichrechtlichen und zivilrechtlichen Regelungen betrachtet, ist eine entsprechende Anwendung der parlamentarischen Regelungen nicht geboten. 435 Vereinzelt werden in der Literatur in Zusammenhang mit der erörterten Problematik auch die Richtlinien für die Verhandlungen in den Abteilungen und sonstigen Veranstaltungen der Deutschen Juristentage angeführt. So gebe das Regelwerk des Deutschen Juristentages von seinem Inhalt her zum Ausdruck, was für das Recht von Mitgliederversammlungen als gesetzeskonform und praktikabel angesehen werden könne.9) 436 Das heißt jedoch nicht, dass dieses Regelwerk bezüglich des Ablaufs und der Leitung einer Hauptversammlung entsprechende Anwendung finden kann. Zwar ist eine gewisse Vergleichbarkeit gegeben, da es sich um Versammlungen mit einer großen Anzahl von Teilnehmern mit zum Teil äußerst kontroversen Standpunkten handelt, jedoch spricht auch hier die unterschiedliche Struktur und das Wesen der Hauptversammlung gegen eine entsprechende Anwendbarkeit. ___________ 8) 9)

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So auch Reinicke, Rechte und Pflichten des Vorsitzenden, S. 43. Max, AG 1991, 77, 79.

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I. Allgemeines

Der Bundesgerichtshof und das LG Stuttgart führen zu dieser Problematik aus, 437 dass dem Leiter einer Hauptversammlung alle Rechte zustehen, die er braucht, um einen ordnungsmäßigen Ablauf der Hauptversammlung herbeizuführen.10) Die Befugnisse und deren Grenzen leitet der Bundesgerichtshof aus der Aufgabenstellung des Versammlungsleiters, für die sachgemäße Erledigung der Geschäfte zu sorgen,11) her. Dieser Ansicht folgen die Entscheidungen des LG Frankfurt/M.12) und des Reichsgerichts13) sowie Steiner.14) Reinicke leitet dagegen aus dem Begriff des Hauptversammlungsvorsitzenden 438 selbst die rechtliche Begründung für dessen Aufgaben her und erläutert, dass sich aus diesen Aufgaben wiederum seine Befugnisse und deren Grenzen ergeben.15) Da Art und Umfang dieser Befugnisse im Gesetz selbst nicht geregelt sind, 439 wird zur Begründung auf § 89 der Einleitung zum Allgemeinen Landrecht für preußische Staaten verwiesen. Dort heißt es: „Wem die Gesetze ein Recht geben, dem geben sie auch die Mittel, ohne welche dasselbe nicht ausgeübt werden kann.“

Der von Reinicke16) vertretenen Meinung ist zu folgen. Soweit nicht durch Sat- 440 zung oder Geschäftsordnung Regelungen zum Ablauf und zur Leitung der Hauptversammlung vorhanden sind, ist mangels gesetzlicher Vorschriften davon auszugehen, dass sich die Rechte und Pflichten des Versammlungsleiters aus seiner Aufgabe, für die rechtmäßige und zweckmäßige Durchführung der Hauptversammlung zu sorgen, ergeben. Unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Aktienrechts, insbesondere der 441 §§ 129 Abs. 4 und 130, der diesen zugrunde liegenden Regelungsabsichten und des Gesetzeszwecks ist insofern von einer Gesetzeslücke, d. h. einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes, auszugehen. Es fehlt gerade an einer nach dem Regelungsplan oder dem Gesamtzusammenhang des Gesetzes zu erwartenden Regelung. Dieses Fehlen beruht auch nicht auf einer ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers, dem Versammlungsleiter keine Rechte zur sachgerechten Erledigung der Versammlungsgegenstände zuzubilligen. Diese Gesetzeslücke ist im Wege der gesetzesimmanenten richterlichen Rechts- 442 fortbildung zu schließen, wobei sich die richterliche Legitimation aus Art. 50 ___________ 10) BGHZ 44, 245, 248; LG Stuttgart, Urt. v. 27.4.1994 – 7 KfH O 122/93, ZIP 1994, 950 = DB 1994, 1076. 11) BGHZ 44, 245, 248, unter Bezugnahme auf RG, LZ 1920, 763. 12) LG Frankfurt/M., ZIP 1984, 321, 323. 13) RG, LZ 1920, 763. 14) Steiner, Hauptversammlung, S. 53. 15) Reinicke, Rechte und Pflichten des Vorsitzenden, S. 22. 16) Reinicke, Rechte und Pflichten des Vorsitzenden, S. 22.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

Abs. 3 GG ergibt. Dem Bundesgerichtshof ist nach § 137 GVG sogar ausdrücklich die Aufgabe der Fortbildung des Rechts zugewiesen worden.17) Zu beachten ist aber, dass diese richterliche Kompetenz keine freie Rechtsschöpfung erlaubt. Die Rechtsfortbildung hat sich vielmehr an die verfassungsmäßige Werteordnung zu halten.18) 443 Es ist zwischen der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung, die sich noch im Rahmen des ursprünglichen Plans der Teleologie des Gesetzes hält, und der hier nicht gegebenen gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung, die sich innerhalb des Rahmens und der leitenden Prinzipien der Gesamtrechtsordnung bewegt, zu unterscheiden.19) Die in den §§ 129 und 130 dem Versammlungsleiter zugewiesenen Aufgabenstellungen und die mit dem Begriff „Vorsitzender der Hauptversammlung“ vom Gesetzgeber getroffene Funktionsbestimmung, welche durch den Zweck der Hauptversammlung, allen Aktionären Gelegenheit zur Ausübung ihrer Rechte zu geben, konkretisiert wird, lassen den Schluss zu, dass der Leiter für die sachgemäße Erledigung der Geschäfte der Hauptversammlung nach der Teleologie des Aktiengesetzes zuständig ist. 444 Art und Umfang dieser gesetzlich nicht geregelten Befugnis zur Durchsetzung der notwendigen Maßnahmen sind unter Beachtung des § 89 der Einleitung zum Allgemeinen Landrecht für die preußischen Staaten zu ermitteln. Dabei sind die gesetzlichen und satzungsmäßigen Schranken ebenso zu beachten wie Zweck und Zielrichtung der Hauptversammlung, insbesondere als Forum der Ausübung von Aktionärsrechten und Willensbildungsorgan. Aber auch die faktischen Rahmenbedingungen der Hauptversammlung, wie z. B. eingeschränkter zeitlicher Rahmen, sind zu berücksichtigen. 445 Zusammenfassend können damit dem Versammlungsleiter die Befugnisse zugewiesen werden, welche er zur sachgemäßen, recht- und zweckmäßigen Durchführung der Hauptversammlung benötigt. 446 Zum Teil wird in der Literatur zur Begründung einzelner Leitungs- und Ordnungsbefugnisse auch auf Spezialgesetze zurückgegriffen. So liegt es für Martens nahe, beispielsweise beim Verbot von Waffen und gefährlichen Gegenständen das Versammlungsgesetz entsprechend anzuwenden und die Ordnungsbefugnisse des Versammlungsleiters gegenüber den bei der Hauptversammlung anwesenden Gästen als Ausfluss seines Hausrechts anzusehen.

___________ 17) Soergel/Hefermehl, BGB, Anh. zu § 133 Rz. 15. 18) Soergel/Hefermehl, BGB, Anh. zu § 133 Rz. 15. 19) So kann z. B. eine gesetzesüberschreitende Rechtsfortbildung contra legem unter der Geltung des Grundgesetzes nicht anerkannt werden.

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II. Leitung der Hauptversammlung

II.

Leitung der Hauptversammlung

1.

Versammlungsleiter

a)

Bestimmung des Versammlungsleiters

Bahr

Das Aktiengesetz enthält keine generelle Bestimmung, wer die Hauptversamm- 447 lung leitet. Auch der DCKG äußert sich nicht zur Person des Versammlungsleiters. Lediglich in der Vorschrift des § 122 Abs. 3 Satz 2 wird für den sehr seltenen 448 Fall, dass dem Verlangen von Aktionären gemäß § 122 Abs. 1 und 2 nicht entsprochen wird und diese ermächtigt werden, eine Hauptversammlung einzuberufen oder einen Gegenstand der Beschlussfassung bekanntzumachen, dem Gericht die Befugnis zugesprochen, zugleich den Vorsitzenden der Versammlung zu bestimmen. Der Antrag ist begründet, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine unparteiische Leitung durch den satzungsgemäß berufenen Versammlungsleiter nicht gewährleistet werden kann.20) Auch wenn keine generelle gesetzliche Regelung der Frage der Versammlungs- 449 leitung vorhanden ist, geht das Aktiengesetz ohne Weiteres von der Existenz eines Versammlungsleiters aus.21) Dem Versammlungsleiter werden in den §§ 118 Abs. 4, 130 Abs. 2 und 131 Abs. 2 Aufgaben zugewiesen bzw. Kompetenzen eingeräumt. Der Versammlungsleiter ist für die Zeit seiner Tätigkeit ein Organ der Gesellschaft.22) Zur Gewährleistung der Durchführung der Hauptversammlung, insbesondere 450 der dargestellten gesetzlichen Verpflichtungen, enthalten eine Vielzahl von Publikumsgesellschaften Satzungsbestimmungen, nach denen üblicherweise der Aufsichtsratsvorsitzende mit der Leitung der Hauptversammlung betraut und auch für den Fall seiner Verhinderung eine Regelung getroffen wird. Bei mitbestimmten Gesellschaften, in denen der Stellvertreter des Aufsichtsratsvorsitzenden von den von der Arbeitnehmerseite gewählten Aufsichtsratsmitgliedern gestellt wird, erfolgt üblicherweise in der Satzung eine Regelung, wonach der Stellvertreter eine aus der Reihe der von der Hauptversammlung gewählten Aufsichtsratsmitglieder zu benennende Persönlichkeit ist. Eine solche satzungsgemäße Bestimmung des Leiters der Hauptversammlung 451 ist nach ganz herrschender Meinung zulässig23) und verhindert ein sonst notwendiges zeitaufwendiges Wahlverfahren in der Hauptversammlung. Soweit lediglich in der Geschäftsordnung des Aufsichtsrats eine Bestimmung der Per___________ 20) OLG Köln, NZG 2015, 1118; zur Reaktionsmöglichkeit der Aktionäre siehe Schatz, AG 2015, 696. 21) So auch Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 519. 22) Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 129 Rz. 124. 23) MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 37 Rz. 34; Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 18; Max, AG 1991, 77, 78.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

son des Leiters vorgenommen wird und die Satzung eine solche Kompetenzverlagerung nicht ausdrücklich vorsieht, bestehen erhebliche Bedenken gegen die Zulässigkeit, da sie ohne ausdrückliche Kompetenzzuweisung durch die Hauptversammlung in den Kompetenzbereich dieses Organs eingreift. Wird die Person des Hauptversammlungsvorsitzenden nicht durch Satzungsbestimmung und/oder Geschäftsordnung Hauptversammlung festgelegt, so ist eine Wahl durch die Hauptversammlung notwendig. Gleiches gilt, wenn der in der Satzung/Geschäftsordnung vorgesehene Versammlungsleiter das Amt ablehnt. 452 Dem Aufsichtsratsvorsitzenden sind nach dem gesetzlichen Leitbild weitgehende Leitungs-, Koordinations- und Repräsentationsbefugnisse für das gesamte Organ Aufsichtsrat, nicht jedoch für die mit der Versammlungsleitung verbundenen Aufgaben, zugewiesen. Daher kann nicht von einer originären Zuständigkeit des Aufsichtsratsvorsitzenden bezüglich der Hauptversammlungsleitung ausgegangen werden. 453 Die von ihm wahrzunehmenden Tätigkeiten stellen vielmehr ein aliud24) zu der Aufgabe der Hauptversammlungsleitung dar, welches aber den Aufsichtsratsvorsitzenden nicht hindert, auch die Versammlungsleitung zu übernehmen. 454 Dagegen können nach herrschender Meinung25) Vorstandsmitglieder und der mit der Niederschrift beauftragte Notar nicht gewählt werden. Speziell für den Vorstand ist zu beachten, dass seine wahrzunehmenden Aufgaben, wie z. B. die Beantwortung der gestellten Auskunftsersuchen, aber auch der Bericht des Vorstands zum vergangenen Geschäftsjahr, zu einer so starken Inanspruchnahme führen, dass die Übernahme der Versammlungsleitung nicht ratsam wäre. Ein Vorstandsmitglied, welches zugleich als Versammlungsleiter auftritt, stellt seine Neutralität in Frage, wenn es neben der Erfüllung von Auskunftsersuchen zugleich als Versammlungsleiter über die Redezeitbeschränkung nach § 131 Abs. 2 entscheiden würde. Nicht notwendig ist es, dass der zu wählende Versammlungsleiter Aktionär der Gesellschaft ist. Im Gegenteil ist ein unabhängiger, gesellschaftsfremder Versammlungsleiter sogar noch eher geeignet, für eine neutrale Versammlungsleitung in konfliktbeladenen Hauptversammlungen zu sorgen. Den gesellschaftsfremden Dritten treffen keinerlei gesellschaftsrechtlich begründete Pflichten, die mit seinen Aufgaben als Versammlungsleiter kollidieren könnten.26) Auch die fehlende Teilnahmeberechtigung an der Hauptversammlung steht dem nicht entgegen.27) Die Gesellschaft kann zwar eine juristische

___________ 24) Max, AG 1991, 77, 79. 25) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 119 Rz. 47; MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 37 Rz. 34, Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 18. 26) Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, Anh. § 119 Rz. 2. 27) Wilsing/von der Linden, ZIP 2009, 641, 646.

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II. Leitung der Hauptversammlung

Person mit der Vorbereitung und Durchführung der Hauptversammlung beauftragen. Der Versammlungsleiter kann jedoch nur eine natürliche Person sein.28) Neben außenstehenden Dritten können auch Aktionäre und Aufsichtsratsmit- 455 glieder die Versammlungsleitung ausüben.29) Deutschkenntnisse des Versammlungsleiters sind nicht erforderlich, sofern eine Simultanübersetzung erfolgt.30) Entsprechend fehlerhafte Übersetzungen begründen jedoch ein Anfechtungsrisiko. Zu beachten ist aber, dass es schon für das Wahlverfahren eines provisorischen 456 Versammlungsleiters bedarf, der die Wahl des Versammlungsleiters leitet und das Wahlergebnis feststellt. Nach herrschender Meinung31) ist dies derjenige, der die Hauptversammlung einberufen hat, zumeist also der Vorstand, der aus seinen Reihen eines seiner Mitglieder mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe betraut. Die früher vertretene Ansicht, entsprechend den parlamentarischen Gebräuchen 457 die Leitung der Wahl dem ältesten anwesenden Aktionär zu geben,32) ist nicht praktikabel. Oft entspricht es nicht dem Willen der Aktionäre, mit einem solchen Amt betraut zu werden, sodass mit einer Vielzahl von Ablehnungen zu rechnen ist. Außerdem ist die Eignung des Aktionärs zur Übernahme eines solchen Amts mitunter nicht gegeben. Soweit nicht nach § 122 eine Bestimmung des Vorsitzenden vom Gericht er- 458 folgt, bedarf es beim Fehlen von Regelungen in Satzung und Geschäftsordnung der Hauptversammlung einer Wahl des Vorsitzenden durch die Hauptversammlung. Eine Ausnahme ist lediglich für den Fall der Einmann-Gesellschaft zu machen.33) Hier bedarf es grundsätzlich keiner Bestimmung des Versammlungsleiters, wobei bei nichtbeurkundungsbedürftigen Beschlüssen die satzungsmäßige Anordnung der Leitung durch den Aufsichtsratsvorsitzenden nicht durchbrochen werden kann.34) Dies gilt ebenso für eine Mehrpersonengesellschaft, bei der nur ein Aktionär oder Aktionärsvertreter erschienen ist.35) Bei einer Wahl des Versammlungsleiters entscheidet die Hauptversammlung mit

___________ 28) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 106. 29) Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, Anh. § 119 Rz. 2, Wilsing/von der Linden, ZIP 2009 641, 646. 30) OLG Hamburg Urt. v. 12.1.2001 11 – U 162/00, AG 2001 359, Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 18, Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, Anh. § 119 Rz. 2. 31) Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 20. 32) Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Vor § 118 Rz. 33. 33) Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 18. 34) OLG Köln, AG 2008, 458; Polte/Haider-Giangreco, AG 2014, 729, 732; generell auch bei Einpersonen-AG für Versammlungsleiter siehe Blasche, AG 2017, 16. 35) Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 519; Wilsing/von der Linden, ZIP 2009, 641, 646.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

einfacher Stimmenmehrheit.36) Einer vorherigen Ankündigung in der Tagesordnung bedarf es nicht.37) b)

Abberufung des Versammlungsleiters

aa)

Zuständigkeit der Hauptversammlung

459 Das Aktiengesetz trifft nicht nur keine Regelung, wer die Hauptversammlung leitet, sondern enthält auch keine Bestimmung über die etwaige Abberufung eines Vorsitzenden der Hauptversammlung. Diese Regelungslücke ist im Wege der gesetzeskonformen Auslegung unter Berücksichtigung der für Organe der Aktiengesellschaften geltenden Abberufungsgrundsätze zu schließen, soweit deren Anwendung nicht die spezielle Aufgabenstellung des Sitzungsleiters, für einen ordnungsgemäßen Ablauf der Hauptversammlung Sorge zu tragen, entgegensteht. 460 Wird in der Hauptversammlung der Antrag gestellt, den Versammlungsleiter abzuwählen, richtet sich die Zulässigkeit nach der Art der Bestellung des Versammlungsleiters. Wird der Versammlungsleiter von der Hauptversammlung gewählt, weil die Satzung keine Bestimmung des Versammlungsleiters enthält oder der bestimmte Versammlungsleiter das Amt nicht übernimmt, kann der Versammlungsleiter von der Hauptversammlung wieder abgewählt werden. Wurde der Versammlungsleiter mangels anderweitiger Satzungsregelung mit einfacher Mehrheit gewählt, genügt auch für die Abwahl des Versammlungsleiters die einfache Mehrheit.38) Verlangt die Satzung dagegen bereits für die Wahl eine qualifizierte Mehrheit, gilt diese auch für die Abwahl. Um willkürliche Abberufungsanträge zu vermeiden, bedarf es in allen Fällen der Abberufung eines wichtigen Grundes.39) 461 Das Erfordernis eines wichtigen Grundes ist sachgemäß. Eine solche Regelung ermöglicht einerseits im Interesse der Aktionäre bei rechtswidrigem Verhalten des Vorsitzenden eine Abwahl und stellt andererseits sicher, dass in die Entscheidungsbefugnisse des Versammlungsleiters nicht aus sachfremden Überlegungen heraus eingegriffen wird und die Funktionsfähigkeit der Versammlung erhalten bleibt. 462 In der Regel enthalten jedoch die Satzungen Regelungen, wonach meist der Aufsichtsratsvorsitzende als Versammlungsleiter bestimmt wird. Für den Fall von Satzungsregelungen werden in der Literatur unterschiedliche Meinungen ___________ 36) 37) 38) 39)

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Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 129 Rz. 113. Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 107. Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, Anh. § 119 Rz. 4. Gegen Vorliegen eines wichtigen Grundes u. a.: Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 119; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 129 Rz. 118; für das Vorliegen eines wichtigen Grundes in der Literatur: Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 119 Rz. 48; Martens, Leitfaden, S. 47; Kuhnt, in: Festschrift Lieberknecht, S. 58 f.

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II. Leitung der Hauptversammlung

vertreten, welche vom Ausschluss der Abberufung40) über die Notwendigkeit des Vorliegens eines wichtigen Grundes41) bis zur jederzeitigen Abberufbarkeit42), sofern diese alle Aktionäre einstimmig beschließen, reichen. Für die Abwahl des satzungsmäßig bestimmten Versammlungsleiters ist eine 463 Dreiviertelmehrheit erforderlich, da die Satzungsbestimmung bei Abwahl durchbrochen wird. Dagegen ist die Annahme eines Einstimmigkeitserfordernisses für die Abwahl wohl kaum begründbar, vergegenwärtigt man sich, dass für die Abwahl eine größere Mehrheit erforderlich ist als für die Satzungsänderung. Inzwischen halten mehrere Oberlandesgerichte einen satzungsgemäß bestimm- 464 ten Versammlungsleiter für abwählbar, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.43) Die Hauptversammlung hat die Möglichkeit und Befugnis, den satzungsmäßig bestimmten Versammlungsleiter bei Vorliegen eines wichtigen Grundes abzuberufen, wenn es ihr etwa aufgrund schwerwiegender Verfahrensverstöße oder aus ähnlichen, ebenso gewichtigen Gründen nicht zumutbar ist, an der Person des Versammlungsleiters festzuhalten. Die Gründe müssen jedoch so schwerwiegend sein, dass die Aktionäre bereits aus Gründen der Treuepflicht zur Gesellschaft verpflichtet sind, dem Abwahlantrag zuzustimmen. In jedem konkreten Einzelfall muss gesondert beurteilt werden, ob ein wichtiger Grund objektiv vorliegt. Ist der Versammlungsleiter durch die Geschäftsordnung bestimmt worden, gel- 465 ten die vorstehenden Ausführungen bezüglich der Abberufung des Versammlungsleiters bei Abberufung aufgrund einer Satzungsregelung entsprechend. In den sehr seltenen Fällen der Bestimmung des Versammlungsleiters durch 466 das Gericht nach § 122 Abs. 3 Satz 2 steht die Abberufung des Versammlungsleiters aufgrund des Minderheitenschutzes nicht in der Disposition der Hauptversammlung, da die gerichtliche Bestellung gerade dem Minderheitenschutz dient.44)

___________ 40) Krieger, AG 2006, 355; Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, Anh. § 119 Rz. 4. 41) OLG Hamburg, AG 2001, 359, 363; Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, Anh. § 119 Rz. 4; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 108; Fischer, in: Semler/Volhard, ArbHdb. HV, § 11 Rz. 22. 42) Martens, WM 1981, 1010, 1015; Max, AG 1991, 77, 86; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 119 Rz. 48. 43) OLG Stuttgart, AG 2016, 370, wonach ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Versammlungsleiter keinen wichtigen Grund darstellt; siehe auch: OLG Frankfurt, Urt. v. 2.10.2012 – 5 U 10/12; OLG Bremen, AG 2010, 256; OLG Hamburg, AG 2001, 359; LG Frankfurt, ZIP 2005, 1176; LG Köln, AG 2005, 696, 701. 44) Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 129 Rz. 118, Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 21.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

bb)

Wirkung der Abberufung

467 Während in früheren Hauptversammlungssaisons Anträge auf Abwahl des Versammlungsleiters kaum eine Rolle spielten, hat sich dies – wie die neuere Rechtsprechung zeigt – erheblich geändert.45) Unterschiedlich beurteilt wird die Frage, ob die gefassten Beschlüsse lediglich anfechtbar oder gar nichtig sind, wenn der Versammlungsleiter trotz Vorlage eines wichtigen Abberufungsgrundes über den Antrag zur Abberufung nicht abstimmen lässt. Während das OLG Bremen im Jahr 2010 entschied, dass die gefassten Beschlüsse lediglich anfechtbar sind, hielten die Landgerichte in Frankfurt und Köln diese sogar für nichtig.46) 468 In der Literatur47) wird überwiegend die Ansicht vertreten, dass sämtliche nach der Abberufung von der Hauptversammlung gefassten Sachbeschlüsse anfechtbar sind, soweit die Abberufung zu Unrecht, d. h. ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes erfolgte. 469 Um diese Rechtsunsicherheit zu vermeiden, wird in der Literatur48) empfohlen, dass der Versammlungsleiter bei einem erfolgreichen Antrag sein Amt niederlegt. Da für die Amtsniederlegung ein wichtiger Grund nicht erforderlich ist,49) wird die Amtsniederlegung mit Erklärung gegenüber der Hauptversammlung sofort wirksam.50) Gegen diese Ansicht spricht insbesondere eine mögliche Reputationsschädigung des Versammlungsleiters, der innerhalb eines sehr kurzen Zeitraumes seine vorher getroffene Entscheidung, eine Abberufung nicht zur Beschlussfassung zu stellen, indirekt in Frage stellt, da er sein Amt niederlegt. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass eine Niederlegung durchaus als pflichtwidrig angesehen werden kann, wenn sie ohne wichtigen Grund erfolgte.51) Pflichtwidrig dürfte es dagegen nicht sein, wenn der Versammlungsleiter bei Streit um die Vorlage eines wichtiges Grundes und bei positiver Abwahlentscheidung mit ¾-Mehrheit sein Amt zum Wohle der Gesellschaft niederlegt, um die Anfechtbarkeit der gefassten Beschlüsse nicht zu riskieren.

___________ 45) OLG Stuttgart, AG 2016, 370; OLG Frankfurt, Urt. v. 2.10.2012 – 5 U 10/12; OLG Bremen, AG 2010, 256; OLG Hamburg, AG 2001, 359; LG Frankfurt/M., ZIP 2005, 1176, siehe auch LG Köln, AG 2005, 696, 701. 46) OLG Bremen, AG 2010, 256; LG Frankfurt/M., ZIP 2005, 1176; LG Köln, AG 2005, 696, 701. 47) Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, Anh. § 119 Rz. 4; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 115 f.; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 129 Rz. 121. 48) Butzke, ZIP 2005, 1164, 1167, Ek, in: Praxisleitfaden, § 10 Rz. 246. 49) LG München, WM 2007, 1276; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 129 Rz. 32; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 111; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, Vor §§ 118 – 147 Rz. 84. 50) LG München, WM 2007, 1276. 51) Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 129 Rz. 118.

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II. Leitung der Hauptversammlung

Notwendig ist jedoch die notarielle Beurkundung des Hauptversammlungsbe- 470 schlusses und dass dieser mit satzungsändernder Mehrheit gefasst wird, da es sich um eine Satzungsdurchbrechung handelt.52) 2.

Aufgaben und Befugnisse des Versammlungsleiters

Der Versammlungsleiter hat die Aufgabe, den reibungslosen Ablauf der Haupt- 471 versammlung sicherzustellen. Dazu kann er sich sowohl verfahrensleitender Maßnahmen als auch Ordnungsmaßnahmen bedienen.53) Diese stehen ihm aus eigenem Recht zu.54) Der Versammlungsleiter leitet seine Befugnisse gerade nicht von der Hauptversammlung ab, sondern hat sie vielmehr auch gegenüber dieser.55) Die Ausübung dieser Befugnisse steht im pflichtgemäßen Ermessen des Ver- 472 sammlungsleiters. Bei der Rechtsausübung gegenüber den Aktionären hat der Versammlungsleiter wegen der mitgliedschaftlichen Relevanz seiner Leitungsund Ordnungsmaßnahmen das Verhältnismäßigkeits- und Neutralitätsgebot sowie den Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten. Letzteres bedeutet Gleichbehandlung nach Köpfen, nicht nach Stimmen.56)

473

Das Neutralitätsgebot gebietet es, dass sich der Versammlungsleiter sowohl im 474 Verhältnis zwischen Aktionären und Verwaltung als auch im Verhältnis der Aktionäre untereinander bei seiner Leitung jeder einseitigen Einflussnahme auf die Verhandlung enthalten muss. Er darf keinen Einfluss auf den Inhalt der Abstimmung nehmen, dementsprechend auch keine Empfehlung für eine Stimmabgabe aussprechen. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit müssen die Maßnahmen des Ver- 475 sammlungsleiters geeignet, erforderlich und angemessen sein. Der Versammlungsleiter kann sich Hilfskräften bedienen, z. B. für die Erstellung 476 des Teilnehmerverzeichnisses, der Stimmauszählung oder soweit es um den Vollzug von Ordnungsmaßnahmen durch Sicherheitsdienste geht. Der Versammlungsleiter kann jedoch nicht seine Entscheidungsbefugnis Dritten überlassen, z. B. beim Ausschluss oder der Nichtzulassung von Aktionären. Insoweit hat der Versammlungsleiter sein Ermessen höchstpersönlich auszuüben.

___________ 52) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 109; Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, Anh. § 119 Rz. 4; Martens, Leitfaden S. 47 f.; für eine einfache Mehrheit: Rose, NZG 2007 241, 244; Fischer, in: Semler/Volhard, ArbHdb. HV, § 11 Rz. 22. 53) Steiner, Hauptversammlung, S. 53. 54) Martens, WM 1981, 1010, 1012; Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 517, 520 m. w. N.; MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 36 Rz. 38. 55) BGHZ 44, 245, 248; Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 517, 520; i. E. auch Ihrig, in: Festschrift Goette, S. 211. 56) Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 129 Rz. 187.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

477 In der Literatur kontrovers diskutiert wird in diesem Zusammenhang, inwieweit die Hauptversammlung durch Satzung oder Geschäftsordnung Bestimmungen über das Verfahren in der Hauptversammlung treffen kann. Während die herrschende Meinung57) dies als zulässig erachtet, ist ein Teil der Literatur58) der Ansicht, solche Regelungen würden den Aufgabenbereich des Versammlungsleiters zu sehr einengen. 478 Im Einzelnen wird ausgeführt, § 23 Abs. 5 Satz 1, wonach von Vorschriften des Aktiengesetzes nur abgewichen werden kann, wenn es ausdrücklich zugelassen ist, finde auch dann Anwendung, wenn das Gesetz eine Entscheidung – hier die Kompetenzzuweisung – durch berechtigtes Schweigen getroffen habe. Da die ungeschriebene Kompetenzzuweisung an den Versammlungsleiter keine ausdrückliche Zulassung abweichender Satzungsbestimmungen enthalte, sei somit eine in der Satzung getroffene Zuständigkeitsverlagerung nicht zulässig. Auch könnten nach § 23 Abs. 5 Satz 2 keine ergänzenden Satzungsbestimmungen zugelassen werden, da bei gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen im Sinne einer gesetzlichen Vermutung davon auszugehen ist, dass sie auch der Sicherung des Entscheidungsspielraums der Organe gegenüber satzungsmäßigen Einschränkungen dienen sollen.59) 479 Der Grundsatz der Satzungsstrenge gebietet es aber wohl, mangels Öffnungsklausel gemäß § 23 Abs. 5 Satz 1 und aufgrund des Vorliegens einer abschließenden Regelung gemäß § 23 Abs. 5 Satz 2 keine ergänzenden Satzungsbestimmungen zuzulassen. Dies lässt sich insbesondere aus § 119 Abs. 1, der eine abschließende Umschreibung der der Hauptversammlung zustehenden Kompetenzen enthält und eine ergänzende Regelung durch Satzung oder Geschäftsordnung nicht zulässt, herleiten. 480 Von einer solchen abschließenden Umschreibung der Hauptversammlungskompetenz geht offensichtlich auch der Bundesgerichtshof aus,60) wie der Hinweis auf § 103 1937 zeigt, der auch eine abschließende Umschreibung der Hauptversammlungskompetenzen enthält. 481 Aber auch die ungeschriebenen Kompetenzzuweisungen an den Versammlungsleiter sind als abschließende Regelungen anzusehen, da zur Erfüllung der Aufgabenstellung des Hauptversammlungsleiters gewährleistet sein muss, dass er von seinen Rechten flexibel Gebrauch machen kann und nicht vonseiten der Hauptversammlung in seine Befugnisse eingegriffen wird.61) ___________ 57) Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff, AktG, Vor § 118 Rz. 32; v. Godin/ Wilhelmi, AktG, § 119 Rz. 24. 58) Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 517, 521. 59) Mertens, in: Kölner Komm AktG, Vor § 76 Rz. 17. 60) BGHZ 44, 245, 251. 61) Siehe dazu näher Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 517, 522.

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II. Leitung der Hauptversammlung

Der Versammlungsleiter leitet diese gerade nicht von der Hauptversammlung 482 ab, sondern hat sie vielmehr auch gegenüber dieser.62) Das heißt jedoch auch, dass Satzung oder Geschäftsordnung in den Komplexen, in denen der Versammlungsleiter eigenständig zu befinden hat, keine abweichende oder ergänzende Regelung treffen darf.63) Das heißt jedoch nicht, dass es im Einzelfall sinnvoll ist, im Interesse der Klar- 483 stellung auch gegenüber den Aktionären in die Zuständigkeit des Versammlungsleiters fallende Kompetenzen deklaratorisch in der Satzung bzw. in der Geschäftsordnung festzuschreiben. Unproblematisch dürfte es auch sein, wenn sich der Versammlungsleiter bei bestimmten Maßnahmen der vorherigen unverbindlichen Zustimmung der Hauptversammlung versichert.64) Jedoch sollte von dieser Möglichkeit nur sehr eingeschränkt Gebrauch gemacht werden, um nicht Zweifel an der Autorität des Leiters aufkommen zu lassen. Außerdem erfordert eine solche Zustimmung eine bei Publikumsgesellschaften meist zeitaufwendige Abstimmung. Zu beachten ist aber auch, dass bestimmte Verfahrensbefugnisse der Hauptver- 484 sammlung selbst zustehen. Nachfolgend sollen deshalb, unter Berücksichtigung der dem Versammlungsleiter zugewiesenen Funktion, für einen ordnungsgemäßen Ablauf der Hauptversammlung zu sorgen, die ihm zustehenden Befugnisse untersucht und dargestellt werden. Dabei erscheint es zum besseren Verständnis sinnvoll, zwischen Leitungsbe- 485 fugnissen, d. h. Regelungsgegenständen in Zusammenhang mit der Tagesordnung, und Ordnungsbefugnissen (z. B. Abwehr von Störungen) zu unterscheiden und die einzelnen im Versammlungsablauf üblicherweise zu tätigenden Maßnahmen der Versammlungsleitung zeitlich geordnet aufzuzeigen. Ein Teil dieser Maßnahmen, deren sich der Versammlungsleiter insbesondere 486 bei Publikumshauptversammlungen in der Praxis regelmäßig bedient, ist in den Beilagen zur Leitnotiz aufgeführt.65) Diese Leitnotiz gibt einen Überblick über die wesentlichen Formalien und Abläufe und enthält als Anlagen, abhängig von der Person des Versammlungsleiters, Hilfestellungen für die sachgerechte Behandlung von nicht alltäglichen Fragestellungen, welche in Zusammenhang mit dem Ablauf der Hauptversammlung entstehen können. a)

Leitungsbefugnisse

Der Versammlungsleiter hat für den ordnungsgemäßen Ablauf der Hauptver- 487 sammlung zu sorgen. Die Versammlung ist von ihm formell zu eröffnen. ___________ 62) 63) 64) 65)

BGHZ 44, 245, 248. Schaaf, ZIP 1997, 1324, 1325. BGHZ 44, 245, 248. Siehe Anlage 11 „Leitnotiz nebst Beilagen“, S. 469 ff.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

488 Vor Eintritt in die Tagesordnung sind den Aktionären zunächst die Regularien der Hauptversammlung bekanntzumachen. Der Sitzungsleiter hat zu prüfen, ob eine frist- und formgerecht einberufene Hauptversammlung gegeben ist und hat dies festzustellen. Ergibt die Prüfung einen Frist- oder Formverstoß, dürfen keine Beschlüsse gefasst werden, da diese nach § 241 Nr. 1 nichtig wären. 489 Zu Beginn der Hauptversammlung wird der Versammlungsleiter auch das Teilnehmerverzeichnis vervollständigen, unterzeichnen und zur Einsicht auslegen lassen.66) aa)

Entscheidung über Teilnahmeberechtigung/Zulassung von Gästen

490 Die Entscheidung über die Teilnahmeberechtigung von Aktionären fällt nach heute herrschender Auffassung unter die alleinige Zuständigkeit des Versammlungsleiters. Dies gilt auch für die Teilnahmeberechtigung von elektronischen Teilnehmern oder Teilnehmer bei einer Bild- und Tonübertragung. Möglich wäre noch eine Zuständigkeit der Hauptversammlung oder des Vorstandes in dieser Frage. In der Praxis hat die Zuständigkeit in der Vergangenheit Anlass zu Erörterungen und gerichtlichen Auseinandersetzungen gegeben. Der BGH hat die Frage in seinem Urteil vom 30.6.2015 zuletzt offen gelassen.67) Problematisch kann auch der ordnungsgemäße Nachweis einer Vollmachtserteilung oder bei der sog. Spaltgesellschaft der Nachweis der Aktionärseigenschaft werden.68) 491 Allen Fällen ist gemeinsam, dass innerhalb eines kurzen Zeitraums ein Entscheidungsbedarf entsteht und sich dabei auch die Frage der Entscheidungskompetenz stellt. Sicherlich kann aus dem tatsächlichen Ablauf, wonach die Verwaltung eine Reihe von Vorbereitungshandlungen (z. B. Ausstellung von Teilnahme- und Stimmkarten) tätigen muss, um den reibungslosen Ablauf der Hauptversammlung sicherzustellen, keine Kompetenz des Vorstandes in dieser Frage abgeleitet werden. 492 Das Reichsgericht69) geht deshalb von der Zuständigkeit der Hauptversammlung aus. Ein Teil der Literatur70) hat sich dieser Meinung ohne weitere Begründung angeschlossen. 493 Stützle/Walgenbach führen aus, dass dieser Auffassung die Überlegung zugrunde liegt, die Entscheidung über die Teilnahmeberechtigung sei nicht eine Frage der ___________ 66) Zu den näheren Einzelheiten zur Erstellung des Teilnehmerverzeichnisses und den damit verbundenen Aufgabenzuweisungen sowie zum Recht auf Einsichtnahme siehe Rz. 405 ff. 67) BGH, Urt. v. 30.6.2015 – II ZR 142/14, AG 2015, 822. 68) BGH, Urt. v. 25.9.1989 – II ZR 53/89, ZIP 1989, 1546 = AG 1990, 78; OLG Hamburg, Urt. v. 19.5.1989 – 11 U 62/89, AG 1990, 149; AG Frankfurt/M., Beschl. v. 17.12.1987 – 72 AR 433/86, WM 1988, 304. 69) RGZ 106, 258, 260; RG, Urt. v. 17.11.1925 – II 320/25, RGZ 112, 109, 112. 70) Barz, in: Großkomm. z. AktG, § 123 Rz. 16, Butzke, in: Obermüller/Werner/Winden, S. 77.

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II. Leitung der Hauptversammlung

Versammlungsleitung, sondern eine „eigene Angelegenheit“ der versammelten Aktionäre und Aktionärsvertreter.71) Dagegen geht die herrschende Meinung72) von einer ausschließlichen Zustän- 494 digkeit des Versammlungsleiters aus. Zur Begründung wird angeführt, es handele sich bei der Teilnahmeberechtigung um eine reine Rechtsfrage und keine Ermessensentscheidung. Die abstimmenden Aktionäre hätten weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht die notwendige Sachkompetenz, um über die konkrete Beachtung der Teilnahmeberechtigung befinden zu können.73) Zu berücksichtigen ist, dass der Versammlungsleiter für den ordnungsgemäßen 495 Ablauf der Hauptversammlung zu sorgen hat.74) Zu dieser Pflicht gehört aber auch, nur den Teilnahmeberechtigten den Zutritt zur Hauptversammlung zu gestatten. In diesem Zusammenhang hat er die Übereinstimmung der Erschienenen mit den angemeldeten Aktionären, das Bestehen etwaiger Vertretungsverhältnisse sowie die Einhaltung von Anmelde- und Hinterlegungserfordernissen zu überprüfen. Dies beinhaltet, Dritten – vorbehaltlich der Zulassung als Gast – keinen Eintritt zu gewähren. Ferner spricht für die herrschende Meinung auch die Praktikabilität dieser 496 Kompetenzzuweisung. Müsste bei jeder Frage der Teilnahmeberechtigung ein Beschluss der Hauptversammlung eingeholt werden, wäre aufgrund der zeitlichen Verzögerungen der Ablauf mancher Hauptversammlungen gefährdet. Außerdem ist es in der Praxis durchaus vorstellbar, dass im Vorfeld der Hauptver- 497 sammlung eine Entscheidung über die Teilnahmeberechtigung einzelner Aktionäre getroffen werden sollte, um beispielsweise lange Anfahrtswege von dann eventuell nicht zur Hauptversammlung zugelassenen Aktionären zu vermeiden. Einer solchen Vorabentscheidung bedürfte es auch z. B. bei infolge eines Post- 498 streiks bei der Gesellschaft verspätet eingegangenen Anmeldungen, welche im Rahmen der normalen Postlaufzeit fristgerecht eingegangen wären. In einem solchen Fall lassen sich die vom Bundesverfassungsgericht angestellten Überlegungen zum Poststreik75) auf die Frage der dadurch verursachten verspäteten Anmeldung übertragen.76) ___________ 71) Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 517, 524. 72) Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 123 Rz. 36; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 118 Rz. 30; § 36 Rz. 31; Martens, Leitfaden, S. 38; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 120; Ek, in: Praxisleitfaden HV, § 10 Rz. 252; Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, § 119 Rz. 6; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 129 Rz. 409. 73) Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 123 Rz. 36. 74) Siehe Kap. E. Rz. 612. 75) BVerfG, Beschl. v. 27.2.1993 – 1 BvR 1294/91, NJW 1992, 1952; siehe auch BAG, Urt. v. 8.6.1994 – 10 AZR 452/93, FamRZ 1995, 35 = EBE/BAG 1994, 147 – 149. 76) So auch Limmer, Gutachten des Deutschen Notarinstituts v. 16.6.1994, S. 254 zur Frage der verspäteten Anmeldung einiger Aktionäre aufgrund Poststreiks.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

499 Das Bundesverfassungsgericht ging bei seiner Entscheidung davon aus, dass im Rahmen der verfahrensrechtlichen Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dem Bürger Verzögerungen der Briefbeförderung oder -zustellung durch die Deutsche Bundespost nicht als Verschulden angerechnet werden dürfe. Der Bürger dürfe darauf vertrauen, dass das frühere Unternehmen Deutsche Bundespost in der Regel die normalen Postlaufzeiten einhalte. 500 Zwar ist diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht unmittelbar einschlägig, da über die verfahrensrechtlichen Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu befinden war. Jedoch sind im Hinblick auf eine verfassungskonforme Auslegung von § 123 die Überlegungen des Bundesverfassungsgerichts auch auf die dargestellte Problematik übertragbar und anwendbar, sofern es nicht andere Zustellungsmöglichkeiten gibt.77) 501 Kontrovers diskutiert wird auch, welche Person oder welches Organ die Entscheidungsbefugnis zur Zulassung der Gäste hat. Hierbei ist von einer ausschließlichen Kompetenz des Versammlungsleiters auszugehen.78) bb)

Erstellung Teilnehmerverzeichnis

502 Hat der Versammlungsleiter eine Entscheidung über das Teilnahmerecht getroffen, sind die in Person erschienenen Aktionäre sowie die vertretenen Aktionäre und ihre Vertreter in ein Teilnehmerverzeichnis aufzunehmen. Nach § 129 Abs. 1 Satz 2 hat die Aufstellung in der Hauptversammlung zu erfolgen. In der Literatur wird die Frage, wer Schuldner der Aufstellungspflicht ist, kontrovers diskutiert. Semler geht davon aus, dass es unter der Aufsicht des Versammlungsleiters durch Hilfskräfte, die ihn von der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen sind, zu erfolgen hat.79) Die zutreffende Gegenansicht geht von einer Verpflichtung der Gesellschaft, handelnd durch den Vorstand, aus.80) Den Versammlungsleiter trifft nur die Verpflichtung, das Teilnehmerverzeichnis auf offenkundige Mängel zu prüfen. 503 Zur Überprüfung gehört z. B., inwieweit die Gesellschaft ausreichend Vorkehrungen für die Zu- und Abgangskontrolle getroffen hat, es Schwierigkeiten bei der Zulassungsprüfung gibt – seien es Anmelde- oder Hinterlegungserfordernisse – oder ob das Teilnehmerverzeichnis ordnungsgemäß erstellt wurde.

___________ 77) So auch Limmer, Gutachten des Deutschen Notarinstituts v. 16.6.1994, S. 258 zur Frage der verspäteten Anmeldung einiger Aktionäre aufgrund Poststreiks. 78) Siehe Kap. E. Rz. 490. 79) MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 36 Rz. 30; für eine Aufstellungspflicht des Leiters der Hauptversammlung auch Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 16 m. w. N. 80) Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, § 129 Rz. 20; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 129 Rz. 12.

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II. Leitung der Hauptversammlung

cc)

Dokumentation der Hauptversammlung

Der Gebrauch von Tonbandaufnahmen und stenografischen Protokollen zwecks 504 Aufzeichnung der Hauptversammlung ist zu Dokumentationszwecken, sei es als Beweismittel oder für die Erstellung des Hauptversammlungsprotokolls in der Praxis üblich.81) Unter bestimmten Einschränkungen82) und insbesondere unter der Voraussetzung, dass die Aufnahmen angekündigt werden und jeder Redner die Möglichkeit hat, die Abschaltung des Tonbandes zu verlangen,83) wird eine Aufzeichnung als zulässig erachtet. Eine Verpflichtung dazu besteht jedoch nicht. Entscheidungsbefugt, ob Tonbandaufnahme und stenografische Protokolle angefertigt werden, ist der Versammlungsleiter. Bezüglich der sog. „Online-Hauptversammlung“ gestattet § 118 Abs. 1 Satz 2, 505 dass die Satzung oder der Vorstand aufgrund der Ermächtigung in der Satzung eine Teilnahme an der Hauptversammlung im Wege elektronischer Kommunikation und ohne Anwesenheit am Ort der Hauptversammlung sowie ohne Entsendung eines Bevollmächtigten vorsieht.84), 85) Anzumerken ist insbesondere, dass der Gesetzgeber bewusst auf die Festlegung 506 technischer Standards aus Gründen der schnellen und unabsehbaren Entwicklung der Technik verzichtet hat. Die Regelungen bezüglich der Online-Hauptversammlung verschaffen den Gesellschaften einen großen Freiraum bei einer Satzungsgestaltung mit der für sie vorteilhaften Ausgestaltung der Aktionärsrechte.86) Handelt es sich dabei um eine offene Satzungsregelung ohne eine Regelung der Details der Modalitäten der Übertragung, liegt es in der Befugnis des Sitzungsleiters die Modalitäten selbst zu bestimmen.87) dd)

Eröffnung der Hauptversammlung

Zu den Leitungsbefugnissen des Versammlungsleiters gehört die Eröffnung der 507 Hauptversammlung. Sie bedeutet den förmlichen Beginn der Versammlung und

___________ 81) Zum Meinungsstand dazu wird auf die Ausführungen in Kap. G. unter Rz. 1308 verwiesen. 82) Siehe Anlage 11 „Leitnotiz nebst Beilagen“, S. 469. 83) BGHZ 127, 107, 109; Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 33; Reger, in: Bürgers/Körber, AktG, § 130 Rz. 38; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 130 Rz. 53; Wicke, in: Spindler/Stilz, Akt, § 130 Rz. 65; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 89; MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 36 Rz. 50; Volhard, in: Semler/Volhard, ArbHdb. § 15 Rz. 96; Werner, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 124. 84) Noack, WM 2009, 2292; Herrler/Reymann, DNotZ 2009, 802, Noack, NZG 2006, 325. 85) Nähere Einzelheiten dazu sind in Kap. D. unter Rz. 286 ff. abgebildet. 86) Nussbaum, GWR 2009, 215, Noack, NZG 2008, 444, Ek, in: Praxisleitfaden HV, 2010, § 14 Rz. 347. 87) Ek, in: Praxisleitfaden HV, 2010, § 10 Rz. 263.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

markiert insoweit die aktienrechtliche Relevanz allen verwaltungs- und aktionärsseitigen Vorbringens.88) ee)

Abwicklung der Tagesordnung

(1)

Änderung der Reihenfolge der Tagesordnung

508 Zu den Aufgaben des Versammlungsleiters gehört es, dass die Hauptversammlung ordnungsgemäß abgewickelt wird und insbesondere die Gegenstände der Tagesordnung behandelt und erledigt werden. Im Normalfall dürfte es zweckmäßig sein, sich dabei an die in der Tagesordnung festgelegte und den Aktionären so mitgeteilte Abfolge der einzelnen Punkte zu halten. Eine Änderung der Reihenfolge kann jedoch unter dem Aspekt der zügigen Abwicklung der Hauptversammlung empfehlenswert sein.89) So kann es zweckmäßig sein, bei einer unerwarteten Verlängerung der Hauptversammlung Tagesordnungspunkte von vorrangiger Bedeutung voranzustellen und andere Tagesordnungspunkte zurückzustellen. 509 Meist ist dies aber nur sehr selten nötig, da mittels anderer Maßnahmen, wie z. B. Redezeitbegrenzung, eine ordnungsgemäße Abwicklung sämtlicher Tagesordnungspunkte gewährleistet und die Zurückstellung oder gar Streichung einzelner Tagesordnungspunkte vermieden wird. Sollte jedoch eine Änderung der Reihenfolge der Tagesordnung im Einzelfall notwendig werden, so hat dies meist erhebliche Bedeutung für den Ablauf der Hauptversammlung. 510 Im Einzelnen bedarf es deshalb einer Erörterung, wem die abschließende Kompetenz zur Entscheidung über eine Änderung der Reihenfolge der Tagesordnung zusteht. Weitgehende Einigkeit besteht darüber, dass zunächst der Versammlungsleiter befugt ist, von der in der Einladung angegebenen Reihenfolge der Tagesordnungspunkte abzuweichen.90) Dabei ist jedoch zu beachten, dass eine Abweichung nur als zulässig angesehen wird, wenn dem Vorsitzenden dies zur

___________ 88) Zu den bei Beginn der Hauptversammlung getroffenen Feststellungen und Ausführungen, wie z. B. Anwesenheit von Organmitgliedern, Erfüllung der Einberufungsvoraussetzungen, Tagesordnung oder Handhabung der Aufzeichnung der Hauptversammlung, wird auf die Ausführungen in dem Muster einer Leitnotiz in der Anlage 11, S. 469 ff. verwiesen. 89) So Martens, Leitfaden, S. 45; allgemein für eine Änderung der Reihenfolge, sofern ein sachlicher Grund vorhanden ist, Steiner, Hauptversammlung, S. 57. 90) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 137; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 129 Rz. 148; Reger, in: Bürgers/Körber, AktG, § 129 Rz. 45; Ek, in: Praxisleitfaden HV, § 10 Rz. 265; Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Vor § 118 Rz. 37; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 119 Rz. 54; Reinicke, Rechte und Pflichten des Vorsitzenden, S. 78; Martens, WM 1981, 1010, 1114; Martens, Leitfaden, S. 46; Max, AG 1991, 77, 86; Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 529; Neuburger, BB 1958, 397, 398; dagegen Westrick, BB 1958, 395, 396.

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II. Leitung der Hauptversammlung

besseren Durchführung der Hauptversammlung zweckmäßig erscheint.91) Eine willkürliche Abweichung wird dagegen nicht als zulässig erachtet.92) Fraglich ist jedoch, ob dem Versammlungsleiter durch Hauptversammlungs- 511 beschluss die Einhaltung einer bestimmten Reihenfolge vorgegeben werden kann oder ob es sich um eine originäre ausschließliche Kompetenz des Versammlungsleiters handelt. Nach einer früher vertretenen Meinung93) steht der Hauptversammlung eine vorrangige Kompetenz zu, der Versammlungsleiter sei an den Hauptversammlungsbeschluss gebunden. Begründet wird dies damit, dass die Reihenfolge der Behandlung der Tagesord- 512 nungspunkte unter Umständen erheblichen Einfluss auf die Vorbereitung der Hauptversammlung durch die Aktionäre und das spätere Abstimmungsergebnis haben kann.94) Außerdem wird Bezug genommen auf ein Urteil des Kammergerichts, welches zur Problematik der Generalversammlung einer Genossenschaft ausgeführt hat: „Die Generalversammlung einer Genossenschaft steht über dem Leiter ihrer Versammlung und kann ihn durch Beschluss zur Reihenfolge der Tagesordnung binden.“95) Im Übrigen wird auch § 20 GeschOBT als Begründung für eine vorrangige Kompetenz herangezogen, nach der allein der Bundestag für die Absetzung von Punkten der Tagesordnung zuständig ist.96) Gegen diese Ansicht wendet sich ein wesentlicher Teil der Literatur97) und be- 513 jaht eine vorrangige Kompetenz des Versammlungsleiters. Ihre Begründung basiert darauf, dass die Bestimmung der Reihenfolge der Tagesordnungspunkte mithin den Kernbereich seiner Aufgabe als Sitzungsleiter berühre. Dem Leiter der Hauptversammlung kommt eine ausschließliche Kompetenz 514 bei der Bestimmung der Reihenfolge zur Tagesordnung zu. Er hat dabei jedoch eine zweckmäßige und nicht willkürliche Reihenfolge zu wählen und die sich aus der „Natur der Sache“ ergebende Reihenfolge einzuhalten, so z. B. zuerst den Jahresabschluss feststellen zu lassen, bevor über Gewinnverwendung oder Entlastung beschlossen wird. Entsprechendes gilt des Weiteren bei der Beschlussfassung über die Entlastung und der Neuwahl von Aufsichtsrats- und Vorstandsmitgliedern. ___________ 91) Siehe Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Vor § 118 Rz. 37. 92) Reinicke, Rechte und Pflichten des Vorsitzenden, S. 78 m. w. N. 93) KG, Urt. v. 12.3.1957 – 2 U 2347/56, NJW 1957, 1680, 1681; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 119 Rz. 34; Martens, Leitfaden, S. 46; Martens, WM 1981, 1010, 1114; Max, AG 1991, 77, 86. 94) Max, AG 1991, 77, 86. 95) KG, NJW 1957, 1680, 1681. 96) Max, AG 1991, 77, 86. 97) Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, § 119 Rz. 7; Reinicke, Rechte und Pflichten des Vorsitzenden, S. 78; Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 529; Kuhnt, in: Festschrift Lieberknecht, S. 45, 52; Hüffer/Koch, § 129 Rz. 22.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

515 Für die beschriebene Kompetenz des Sitzungsleiters spricht zudem die ihm obliegende Leitungsbefugnis und die Notwendigkeit, im Einzelfall von seinen Befugnissen zur ordnungsgemäßen Durchführung der Hauptversammlung flexibel Gebrauch machen zu können und in seinem Entscheidungsspielraum nicht unnötig beeinträchtigt zu sein. Gerade bei Publikumsgesellschaften ist dies für die Versammlungsleitung notwendig. 516 Darüber hinaus vermögen die von der früher herrschenden Meinung angeführten Argumente nicht zu überzeugen. Die in § 20 Abs. 3 GeschOBT getroffene Regelung enthält keinen allgemein üblichen, außerhalb des Parlaments zu gewährenden Brauch98) und kann deshalb nicht herangezogen werden. 517 Zwischen einer Hauptversammlung und dem Deutschen Bundestag gibt es, auch wenn sich die Umgangsformen leider ab und zu gleichen, grundlegende Unterschiede. Bei der Hauptversammlung ist etwa die dem Versammlungsleiter zugewiesene Leitungskompetenz viel stärker ausgeprägt, als die dem Bundestagspräsidenten zustehenden Befugnisse. 518 Auch die Entscheidung des Kammergerichts, welches der Generalversammlung einer Genossenschaft das Recht zugebilligt hat, den Leiter ihrer Versammlung durch Beschluss an die Reihenfolge der Tagesordnung zu binden,99) kann nicht zur Begründung für die herrschende Meinung angeführt werden. Die grundlegenden Unterschiede zwischen Generalversammlung einer Genossenschaft und insbesondere der Hauptversammlung einer Publikumsgesellschaft rechtfertigen eine unterschiedliche Kompetenzverteilung. Führt man sich z. B. vor Augen, dass nach § 48 GenG die Generalversammlung auch über die Deckung eines Jahresfehlbetrags beschließt, wird die aufgrund der unterschiedlichen Zuständigkeiten gegebene unterschiedliche Kompetenzverteilung deutlich. 519 Beizupflichten ist der früher herrschenden Meinung darin, dass die Reihenfolge der Behandlung der Tagesordnung Einfluss auf das Abstimmungsverfahren hat. Wird dagegen eine Generaldebatte geführt und erfolgt die Abstimmung im Rahmen eines konzentrativen Abstimmungsverfahrens, spielt die Reihenfolge keine nennenswerte Rolle. Dagegen erscheint der Einfluss auf die Vorbereitung der Aktionäre von untergeordneter Bedeutung und nicht als Begründung für eine Kompetenzverlagerung auf die Hauptversammlung geeignet.100) 520 In der Praxis sollte aber, wie Stützle/Walgenbach101) zutreffend ausführen, beachtet werden, dass es aufgrund der unterschiedlichen Literaturmeinungen rat___________ 98) KG, NJW 1957, 1680, 1681. 99) KG, NJW 1957, 1680, 1681. 100) Kuhnt, in: Festschrift Lieberknecht, S. 45, 52; Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 529. 101) Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 529.

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II. Leitung der Hauptversammlung

sam ist, zur Gewährleistung der Dispositionsfreiheit die Kompetenz des Versammlungsleiters satzungsmäßig zu regeln, was auch als zulässig anzusehen ist. Zu beachten ist jedoch, dass der Versammlungsleiter an eine bestimmte Rei- 521 henfolge bei der Abstimmung über einzelne Tagesordnungspunkte, bei Einzelabstimmung über Wahlvorschläge von Aktionären zum Aufsichtsrat oder bei der Entlastung der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats (§ 137, § 120 Abs. 1 Satz 2) gebunden ist. (2)

Reihenfolge der Wortmeldungen

In der Literatur102) besteht Einigkeit, dass die Festlegung der Reihenfolge der 522 Redner und die Bestimmung von Diskussionsblöcken eine typische Aufgabe des Sitzungsleiters ist. Bei einigen Unternehmen wird dies sogar in der Satzung festgeschrieben. Notwendig ist dies nicht. Es erleichtert aber Auseinandersetzungen mit Rednern, die auf einen zeitgemäßen Aufruf bestehen. Eine überlagernde Kompetenz der Hauptversammlung ist dagegen abzulehnen. Bei der Festlegung der Abfolge der Worterteilung ist der Versammlungsleiter jedoch nicht an die Reihenfolge der Wortmeldungen gebunden. Unter Beachtung der Grundsätze der Verhandlungsökonomie sowie der Gleichbehandlung der Aktionäre kann er, wenn er es im Interesse eines ordnungsgemäßen Ablaufs der Hauptversammlung für nötig erachtet, von der zeitlichen Reihenfolge abweichen.103) So dient die Praxis, bei Publikumsgesellschaften zumeist den Vertretern der 523 Aktionärsvereinigungen zuerst das Wort zu erteilen, einer sachlichen Diskussion und einer verhandlungsökonomischen Gestaltung des Ablaufs der Hauptversammlung. Meist wird durch die umfassenden, von allgemeinem Interesse geprägten Fragestellungen eine Vielzahl von Fragestellungen anderer Aktionäre obsolet. Weiterhin ermöglicht diese Reihenfolge es der Verwaltung, ohne größere zeit- 524 liche Verzögerung die nachfolgenden Fragestellungen beantworten zu können, da die Fragen der Aktionärsvereinigungen meist kurz vor der Hauptversammlung bereits mitgeteilt werden. Das Back Office erhält damit eine gewisse Vorlaufzeit, welche es zur Beantwortung nachfolgender Fragestellungen nutzen kann. Soweit Martens zu bedenken gibt, dass durch diese geschilderte Praxis wichtige 525 Meinungsträger frühzeitig auftreten und dann oftmals, wenn die kritischen Aktionäre das Rednerpult in Beschlag nehmen, nicht mehr in Erscheinung tre___________ 102) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 129 Rz. 39; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 128; MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 36 Rz. 43; Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 527; Max, AG 1991, 77, 85; Martens, Leitfaden, S. 49; Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 23. 103) Max, AG 1991, 77, 85.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

ten,104) ist dies zwar in der Praxis festzustellen, jedoch dürften die geschilderten Vorteile überwiegen. Außerdem ist es dem Sitzungsleiter gerade nicht verwehrt, in der Hauptversammlungsdiskussion je nach dem Grad der Verbundenheit oder des kritischen Meinungspotentials die Worterteilung zu gestalten, um ein umfassendes Meinungsbild der Aktionäre zu garantieren. 526 Nicht zulässig ist es dagegen, unliebsame oder kritische Aktionäre durch eine verspätete Worterteilung zu benachteiligen. Eine solche Gruppendifferenzierung verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz von § 53a. Jede Aktionärsgruppe muss die Gelegenheit erhalten, hinsichtlich der zeitlichen Reihenfolge angemessen zu Wort zu kommen. Allerdings hat der Versammlungsleiter die Möglichkeit, soweit Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Redebeitrag eines Aktionärs wenig zur sachgerechten Erledigung eines Tagesordnungspunkts beitragen wird, diesen Beitrag zeitlich zurückzustellen – dies wird in der Praxis auch sehr oft so gehandhabt. Dabei sollte jedoch äußerst vorsichtig von der Prognose einer nicht gegebenen sachgerechten Erledigung Gebrauch gemacht werden. Als zulässig wird es auch anzusehen sein, bei wiederholten Wortmeldungen diese zurückzustellen, um auch anderen Aktionären Diskussionsmöglichkeiten zu geben. 527 Aufgrund dieser Zurückstellung sollte aber nicht jeder sachgerechte Dialog zwischen Vorstand und Aktionär unterbunden werden. Sind z. B. Nachfragen oder Aufklärungsbedarf von Seiten des Aktionärs angemeldet, kann es sinnvoll sein, auf diese sofort einzugehen. 528 Der Versammlungsleiter ist dazu berechtigt, die Hauptversammlung durch verschiedene Diskussionsblöcke zu strukturieren. So kann zur Übersichtlichkeit und Straffung der Diskussion die Tagesordnung in einzelne Diskussionsabschnitte gegliedert werden oder eine Generaldebatte durchgeführt werden. Entschließt sich der Versammlungsleiter im Rahmen der Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens für eine Einzeldebatte, sollte er nur solche Wortbeiträge zulassen, welche sich auf die aufgerufenen Tagesordnungspunkte beziehen.105) (3)

Wiederaufnahme bereits abgeschlossener Tagesordnungspunkte

529 Im Schrifttum106) besteht weitgehend Einvernehmen darüber, dass der Wiedereintritt in einen bereits abgeschlossenen Tagesordnungspunkt sowie die erneute Beschlussfassung zulässig und von der Leitungskompetenz des Vorsitzenden gedeckt sind. Zöllner verlangt dagegen, dass bei einer erneuten Ent-

___________ 104) Martens, Leitfaden, S. 50. 105) Martens, Leitfaden S. 83; Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991) 516, 528. 106) MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 36 Rz. 43; v. Godin/Wilhelmi, AktG, § 119 Rz. 20; Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 536.

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II. Leitung der Hauptversammlung

scheidung erhebliche Tatsachen oder Gesichtspunkte vorgetragen werden, die vorher nicht Gegenstand der Erörterung waren.107) Auch wenn ihm insoweit zuzustimmen ist, dass die Begründung der herr- 530 schenden Meinung108), dass vor Abschluss des Protokolls die Beschlüsse der Hauptversammlung wegen § 241 Nr. 2 nicht rechtswirksam seien, rein formal wäre und der Funktion der Niederschrift nicht gerecht werde, ist Zöllner109) dennoch nicht zu folgen. Wie Semler zutreffend ausführt, ist die Unterscheidung zwischen neuen Gesichtspunkten und neuen Wertungen bereits vorgebrachter Gesichtspunkte zu unsicher, um daran die Entscheidung über die Zulässigkeit einer Beschlussaufhebung zu knüpfen.110) Die Hauptversammlung kann auch nicht selbst durch Mehrheitsbeschluss gegen 531 den Willen des Versammlungsleiters eine Wiederaufnahme erzwingen. Dies wäre ein Eingriff in die Leitungskompetenz des Versammlungsleiters. Wie Stützle/ Walgenbach111) zutreffend ausführen, ist mit der Sachentscheidung durch die Hauptversammlung der betreffende Tagesordnungspunkt abgehandelt und erledigt. Die Hauptversammlung hat ihre Kompetenz ausgeschöpft, die Entscheidung, ob eine erneute Sachbehandlung erfolgen soll, ist damit eine Maßnahme der Verfahrensleitung. Ist jedoch absehbar, dass eine Mehrheit der Hauptversammlung eine Wiederaufnahme befürworten würde, dürfte es einer „sachgerechten Versammlungsleitung“ entsprechen, wenn der Versammlungsleiter wieder in die Tagesordnung eintritt.112) Möglich ist auch, dass der Versammlungsleiter seine Entscheidungskompetenz 532 auf die Hauptversammlung delegiert.113) Dies sollte jedoch nur in sehr begrenzten und begründbaren Einzelfällen erfolgen, da es ansonsten den Eindruck von „Leitungsschwäche“ vermittelt. Nach Schließung der Hauptversammlung ist ein Wiederaufgreifen bereits erledigter Tagesordnungspunkte durch den Versammlungsleiter nicht durch seine Leitungskompetenz gedeckt. (4)

Behandlung von nicht in der Tagesordnung angekündigten Angelegenheiten

In der Hauptversammlung können auch Gegenstände erörtert werden, die 533 nicht mit der Tagesordnung bekanntgemacht worden sind. Gemäß § 124 Abs. 4 Satz 1 dürfen hierzu jedoch keine Beschlüsse gefasst werden, es sei denn, es ___________ 107) 108) 109) 110) 111) 112) 113)

Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 119 Rz. 56, so auch Steiner, Hauptversammlung, § 7 Rz. 5. MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 36 Rz. 42 m. w. N. Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 119 Rz. 56. MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 36 Rz. 43. Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 536 f. Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 536 f. Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 130.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

handelt sich um eine Vollversammlung.114) Das Verbot der Beschlussfassung gilt auch bei Bekanntmachungsfehlern. Fraglich ist, ob der Versammlungsleiter sich pflichtwidrig verhält, wenn er trotz Verstoß gegen § 124 Abs. 4 Satz 1 eine Beschlussfassung zulässt. Dies kommt auf die Schwere des Verstoßes an. Fehlt einer potentiellen Anfechtungsklage erkennbar das Rechtsschutzbedürfnis, spricht nichts gegen die Beschlussfassung.115) Vereinzelt wird in der Praxis auch bei eiligen Angelegenheiten, die erst nach Einberufung der Hauptversammlung relevant geworden sind, ein Beschluss gefasst. 534 Denkbar ist dies z. B. bei unaufschiebbaren Angelegenheiten, welche aufgrund der Eilbedürftigkeit nicht bis zur nächsten Hauptversammlung aufgeschoben werden können. In der Literatur116) wird auch der Fall der Notwendigkeit einer Neuwahl eines Aufsichtsratsmitglieds angeführt, wenn ein Aufsichtsratsmitglied nach Bekanntmachung und vor der Hauptversammlung verstirbt. Soweit Kuhnt117) dies als nicht geeignetes Beispiel ansieht, da § 104 eine gerichtliche Bestellung von Mitgliedern des Aufsichtsrats erlaubt, ist ihm nicht zu folgen. Entgegen dem gerichtlichen Bestellungsverfahren wird bei der Neuwahl eines Aufsichtsratsmitglieds durch die Hauptversammlung gerade eine Willensbildung durch die Aktionäre ermöglicht. In einem solchen Fall wäre der getroffene Beschluss anfechtbar. Jedoch wird nicht zuletzt unter Kostengesichtspunkten in den meisten Fällen das Risiko einer Anfechtungsklage eingegangen, insbesondere, wenn die Angelegenheit unaufschiebbar ist und es der Abhaltung einer außerordentlichen Hauptversammlung bedürfte. Wird Anfechtungsklage erhoben, kann die Gesellschaft den Beschluss in einer neuen außerordentlichen Hauptversammlung bestätigen und dadurch der Klage die Grundlage entziehen (§ 244). Wird dagegen der Beschluss nicht angefochten, ist die kostenverursachende Abhaltung einer außerordentlichen Hauptversammlung vermieden worden. (5)

Vertagung und Absetzung von Tagesordnungspunkten

535 Nur die Hauptversammlung selbst kann eine Vertagung oder Absetzung einzelner Tagesordnungspunkte beschließen,118) nicht dagegen der Versammlungsleiter, der keine eigene Entscheidungskompetenz hat. Indessen ist die in der Absetzung liegende Verweigerung einer Sachentscheidung nicht beliebig zulässig. Vielmehr muss der Sitzungsleiter, soweit die Hauptversammlung aufgrund eines Minderheitsverlangens einberufen oder der betroffene Gegenstand aufgrund eines Minderheitsverlangens auf die Tagesordnung gesetzt wird, den ___________ 114) 115) 116) 117) 118)

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Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 119 Rz. 72. Hüffer/Koch, AktG, § 124 Rz. 28. Butzke, in: Obermüller/Werner/Winden, S. 87. Kuhnt, in: Festschrift Lieberknecht, S. 45, 54. So Max, AG 1991, 77, 86; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 119 Rz. 66 m. w. N.; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 130; Ihrig, in: Festschrift Goette, S. 213.

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II. Leitung der Hauptversammlung

Antrag auf sachgerechte Entscheidung zur Abstimmung stellen, wenn kein sachlicher Grund für eine Absetzung oder Vertagung ersichtlich ist. Würde dieses Regulativ fehlen, hätte es sonst die Mehrheit auf einfache Weise 536 in der Hand, das Verlangen der Minderheit auf Behandlung bestimmter Tagesordnungspunkte (§ 122 Abs. 1 und 2) zu überspielen.119) § 122 Abs. 2 stellt, wie Kuhnt120) zutreffend ausführt, die einzige Ermächtigungsgrundlage für Aktionäre dar, die Tagesordnung zu ergänzen, sodass damit auch grundsätzlich eine Diskussion dieser Gegenstände durch die Hauptversammlung erzwingbar sein muss. Wird über den Sachantrag abgestimmt, da ein Grund für eine Vertagung oder Absetzung von Tagesordnungspunkten nicht ersichtlich ist, bedarf es keiner Beschlussfassung über den Verfahrensantrag „Vertagung“ mehr. Ist die Minderheit mit einer Absetzung oder Vertagung einverstanden, kann die Hauptversammlung beschließen. ff)

Behandlung von Anträgen

Über einen Antrag in der Hauptversammlung kann nur abgestimmt werden, 537 wenn er vom Versammlungsleiter zur Abstimmung zugelassen wird. Voraussetzung dafür ist unter anderem, dass er von einer antragsberechtigten Person eingebracht wird. Antragsberechtigt sind neben den Aktionären/Aktionärsvertretern der Vorstand und der Aufsichtsrat als Gremium sowie die Vorstandsund Aufsichtsratsmitglieder jeweils einzeln. Die vorherige Ankündigung des Antrags ist keine Voraussetzung für eine Zu- 538 lassung zur Abstimmung. Notwendig ist dagegen, dass der Antrag durch die Tagesordnung gedeckt ist. Inwieweit dies der Fall ist, beurteilt sich nach der Verkehrsauffassung.121) Dabei kann sich der Formel bedient werden, dass Entscheidungen der Haupt- 539 versammlung immer dann ohne besondere Ankündigung zulässig sind, wenn sie nach der Verkehrsauffassung mit einem bekannt gemachten Tagesordnungspunkt im engen inneren Zusammenhang stehen und sachlich nicht wesentlich über ihn hinausgreifen.122) Ist dies nicht der Fall, hat der Sitzungsleiter den Antrag nicht zur Abstimmung zuzulassen, sodass eine Abstimmung entfällt. Fraglich ist, ob der Sitzungsleiter auch seiner Ansicht nach zu einem anfecht- 540 baren oder nichtigen Beschluss führende Anträge zur Abstimmung stellen muss. Die herrschende Meinung123) bejaht die Kompetenz zur Zurückweisung, wenn die Mangelhaftigkeit evident ist, begrenzt aber zugleich die Kompetenz des Sit___________ 119) 120) 121) 122) 123)

Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 119 Rz. 66; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 137. Kuhnt, in: Festschrift Lieberknecht, S. 45, 53. Beispiele bei Martens, WM 1981, 1010, 1015. Martens, WM 1981, 1010, 1015; ebenso Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 124 Rz. 15. Martens, WM 1981, 1010, 1015; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 142.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

zungsleiters auf bestimmte Arten von Mängeln. Zurückzuweisen sind neben Mängeln der in § 241 Nr. 3 genannten Art auch Verstöße gegen die Vorschriften über die Antragstellung124) sowie rechtsmissbräuchliche und schikanöse Anträge.125) 541 Soweit in der Literatur126) gegen diese Ansicht eingewandt wird, dem Versammlungsleiter würde ein kaum justitiabler Beurteilungsspielraum eingeräumt, ist dem nicht zuzustimmen. Der eingeräumte Beurteilungsspielraum unterscheidet sich insbesondere unter dem Aspekt der angeblich „vorprogrammierten Rechtsunsicherheit“ nicht von den dem Versammlungsleiter bei anderen Maßnahmen der Sitzungsleitung zugewiesenen Verfahrensbefugnissen und Entscheidungsspielräumen. Außerdem ist davon auszugehen, dass die Minderheitsschutzvorschrift des § 122 ein Recht der Minderheit auf Sachbehandlung ist. Ansonsten würde die Schutzvorschrift ins Leere laufen. 542 Zöllner verlangt darüber hinaus, dass der Vorsitzende Anträge, deren Inhalt gegen das Gesetz, gegen die Satzung oder gegen die guten Sitten verstößt, nicht zur Abstimmung zulässt. Er führt hierzu aus: „Der Umstand, dass im Falle bloßer Anfechtbarkeit der Beschluss durch Ablauf der Anfechtungsfrist geheilt werden kann, macht die Beschlussfassung nicht etwa zulässig.“127) 543 Wird berücksichtigt, dass in der Praxis nicht ohne Weiteres feststellbar ist, ob ein Antrag zu einem mangelhaften Beschluss führt und ob ein rechtswidriger Beschluss hingenommen oder mit Anfechtung oder Nichtigkeitsklage angegriffen wird, so erscheint es sinnvoll, mit der herrschenden Meinung nur bei evidenten Verstößen eine Zurückweisungskompetenz des Versammlungsleiters anzunehmen.128) 544 Die Festlegung der Reihenfolge der Behandlung von Anträgen obliegt dem Versammlungsleiter. Es besteht jedoch in der Literatur weitgehend Einvernehmen, dass er bei seiner Entscheidung nicht willkürlich verfahren darf, sondern vielmehr die Grundsätze der Verfahrensökonomie und der Gleichbehandlung der Aktionäre zu beachten hat.129) 545 Das Aktiengesetz enthält lediglich in § 137 hinsichtlich der Abstimmung über Wahlvorschläge von Aktionären eine zwingende Regelung der Reihenfolge der Anträge. Soweit durch Gegenantrag ein Vorschlag zur Wahl von Aufsichts___________ 124) OLG Hamburg, Urt. v. 19.9.1980 – 11 U 42/80, DB 1981, 80, 82; Eckardt, in: Geßler/ Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Vor § 118 Rz. 52; Martens, WM 1981, 1010, 1015. 125) OLG Köln, Urt. v. 15.2.1934 – 2 U 240/33, JW 1934, 1737; Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/ Eckardt/Kropff, AktG, Vor § 118 Rz. 52. 126) Reinicke, Rechte und Pflichten des Vorsitzenden, S. 81; Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 538. 127) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 133 Rz. 125. 128) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 133 Rz. 125 m. w. N. 129) Martens, Leitfaden, S. 47.

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II. Leitung der Hauptversammlung

ratsmitgliedern angekündigt wird, muss dieser zunächst zur Abstimmung gestellt werden, sofern eine qualifizierte Mehrheit dies verlangt. Im Umkehrschluss folgt aus § 137 auch, dass sonstige Gegenanträge keine privilegierten Abstimmungsbehandlungen voraussetzen.130) Zu beachten ist des Weiteren § 120 Abs. 1 Satz 2, nach dem über die Entlastung 546 eines Mitglieds des Vorstands/Aufsichtsrats gesondert abzustimmen ist, wenn dies die Hauptversammlung beschließt oder es eine Minderheit verlangt, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals oder den Nennbetrag von 1 Mio. € erreichen. Umstritten ist, ob der Versammlungsleiter auch selbstständig eine Einzelent- 547 lastung anordnen darf. Während der BGH und die heute überwiegenden Teile der Literatur131) dem Versammlungsleiter diese Kompetenz zubilligen, verneint die Mindermeinung eine solche Befugnis.132) Zum Teil wird dies damit begründet, dass § 120 Abs. 1 eine ausdrückliche gesetzliche Kompetenzzuweisung zugunsten der Hauptversammlung enthalte und daraus eine abschließende Zuständigkeitsverteilung herzuleiten sei.133) Der heute herrschenden Ansicht ist zuzustimmen. Im Rahmen der ordnungs- 548 gemäßen Abwicklung der Hauptversammlung hat der Versammlungsleiter auch die Befugnis, eine Einzelentlastung anzuordnen. Dafür spricht zum einen die Entstehungsgeschichte des § 120, wonach die Gesamt- statt Einzelentlastung mit bloßen Zweckmäßigkeitsüberlegungen begründet wurde,134) aber auch die praktische Notwendigkeit, soweit es sachdienlich erscheint, eine Einzelentlastung auch ohne Beschluss der Hauptversammlung oder Minderheitsantrag anzuordnen. In Hauptversammlungen von Publikumsgesellschaften entwickeln sich bei Vor- 549 liegen von verschiedenen Sachanträgen zu einem Tagesordnungspunkt oder bei gleichzeitiger Stellung von Sach- und Verfahrensanträgen oft Debatten, in welcher Reihenfolge zu verfahren ist. In der Praxis haben sich allgemeine Grundsätze herausgebildet, bei deren Vor- 550 liegen eine „Sachdienlichkeit“ der Entscheidung des Versammlungsleiters zu bejahen ist. So muss der Versammlungsleiter Verfahrensanträge nur dann zur Abstimmung stellen, wenn der Hauptversammlung überhaupt eine Entscheidungskompetenz in dieser Frage zusteht. ___________ 130) Martens, WM 1981, 1010, 1015. 131) BGHZ 182, 272; Hüffer/Koch, AktG, § 120 Rz. 10; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 120 Rz. 18; Werner, AG 1967, 102, 105; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 120 Rz. 12. 132) Eckardt, in: Eckardt/Hefermehl/Eckardt/Kropff, § 120 Rz. 19; Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 534; Martens, Leitfaden, S. 48. 133) Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 534; Martens, Leitfaden, S. 48. 134) Begründung RegE zu § 120, Kropff, AktG, S. 167.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

551 So sind Anträge gegen den Sitzungsleiter sofort zur Abstimmung zu bringen.135) Über Verfahrensanträge ist generell vor dem entsprechenden Sachantrag abzustimmen, da sich der Verfahrensantrag erledigt, wenn schon in der Sache entschieden worden ist. Neben dem bereits erörterten Antrag auf Einzelentlastung, welche der Versammlungsleiter vor Abstimmung über die Gesamtentlastung aus eigener Befugnis anordnen kann, sind insbesondere die Änderung der Abstimmungsform und die Vertagung der gesamten Hauptversammlung als Verfahrensanträge mit zeitlichem Vorrang gegenüber Sachanträgen zu nennen. Vereinzelt ist in Hauptversammlungen feststellbar, dass der Sitzungsleiter eine schriftliche Einreichung von Verfahrensanträgen verlangt. Ein solches Verlangen ist sinnvoll, da es dem Sitzungsleiter ermöglicht festzustellen, ob ein Verfahrensantrag vorliegt und ob der Hauptversammlung oder dem Sitzungsleiter die Entscheidungskompetenz darüber zusteht. 552 Auch wenn dieses Erfordernis der Schriftform nicht immer widerspruchslos von den Aktionären hingenommen wird, ist es sachdienlich. Es ermöglicht einen ökonomischen Ablauf der Hauptversammlung und verhindert die mittlerweile übliche Praxis, mit fingierten Verfahrensanträgen bevorzugt zu Wort zu kommen. Zu beachten ist jedoch, dass der Verfahrensleiter keinen Aktionär zwingen kann, seinen Beschlussantrag schriftlich einzureichen.136) 553 Bei verschiedenen gestellten Sachanträgen zu einem Tagesordnungspunkt wird es in der Regel sachgerecht sein, den von der Mehrheit der Aktionäre vorgetragenen Antrag zuerst zur Abstimmung zu stellen. 554 Zumeist wird dies der Antrag der Verwaltung sein. Jedoch sind in jüngster Praxis auch vermehrt Fälle bekannt geworden, in denen Vorschläge der Verwaltung mit großer Mehrheit abgelehnt wurden. Deshalb ist ein allgemeiner Grundsatz, dass über den weitergehenden Antrag zuerst abzustimmen ist,137) nicht anzunehmen. 555 Der Versammlungsleiter sollte im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens bei seiner Entscheidung auch berücksichtigen können, welches der weitergehende Antrag ist, und diesen auch zuerst zur Abstimmung stellen, sofern dies zur Sache beiträgt. 556 Oft wird es aber nur schwer oder überhaupt nicht feststellbar sein, welcher Antrag jetzt der weitergehende ist, sodass mit der herrschenden Meinung138) vorrangig auf das geschilderte Kriterium der zu erwartenden Mehrheit abzustellen ist. Erst wenn sich diese nicht prognostizieren lässt, kann hilfsweise, soweit ___________ 135) Martens, WM 1981, 1010, 1015; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 142 f. 136) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 141. 137) Schmidt/Meyer-Landrut, AktG, § 103 Rz. 22; Brox, DB 1965, 731, 732; 1203; Lehmann, in: Düringer/Hachenburg, HGB, § 259 Rz. 48. 138) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 119 Rz. 58.

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II. Leitung der Hauptversammlung

dies überhaupt ermittelbar ist, auf das Kriterium des weitergehenden Antrags zurückgegriffen werden. gg)

Festlegung von Abstimmungsart und -form

Das Aktiengesetz enthält zur Art und Form der Abstimmungen und Wahlen 557 keine näheren Bestimmungen. § 134 Abs. 4 verzichtet auf eine eigene Regelung und verweist hinsichtlich der Form der Stimmrechtsausübung auf die Satzung. Diese enthält üblicherweise, insbesondere um eine gebotene Flexibilität sicherzustellen, nur die Bestimmungen, dass Form oder Art der Abstimmung durch den Versammlungsleiter festgelegt werden können. Zur Problematik der Form der Stimmrechtsausübung gehört die Frage, ob schriftlich, mündlich oder elektronisch abgestimmt wird und wie die Stimmen zu erfassen sind. Die Stimmabgabe kann offen durch Handaufheben, Aufstehen von den Plätzen oder Zuruf geschehen. Bei der elektronischen Abstimmung erhält der Aktionär in der Regel ein Tablet, die Auswertung erfolgt im Rechenzentrum.139) Möglich ist aber auch eine verdeckte Stimmabgabe durch Stimmkarten oder Stimmabschnitte.140) Diese Form der Stimmabgabe findet insbesondere bei größeren Hauptversammlungen, bedingt durch deren große Teilnehmerzahl und die dadurch entstehende Unübersichtlichkeit des Stimmabgabevorgangs, Anwendung. Ein Anspruch der Aktionäre auf geheime Abstimmung, wie es vereinzelt noch 558 in Hauptversammlungen verlangt wird, besteht nicht. Eine zusätzliche Möglichkeit ist mit der Novellierung des § 118 Abs. 1 Satz 2 559 im Zuge des ARUG eröffnet worden. § 118 Abs. 1 Satz 2 gestattet, dass die Satzung oder der Vorstand aufgrund der Ermächtigung in der Satzung eine Teilnahme an der Hauptversammlung im Wege elektronischer Kommunikation und ohne Anwesenheit am Ort der Hauptversammlung sowie ohne Entsendung eines Bevollmächtigten vorsieht. Diese nicht erzwingbare141), aber einen großen Freiraum bei Satzungsgestaltung beinhaltende Ausgestaltung der Aktionärsrechte, erlaubt es der Gesellschaft, ausgewählte oder sämtliche Punkte bezüglich OnlineHauptversammlung zu regeln.142) Von den hauptversammlungsgebundenen Rechten, wie z. B. Teilnahme- oder 560 Antragsrecht, können sämtliche oder nur ausgewählte den online teilnehmenden Aktionären gewährt werden.143) Aktionäre sollen diese Rechte nur dann elektronisch ausüben dürfen, wenn sie einwandfrei und ohne besonderen Verwaltungsaufwand als zur Hauptversammlung angemeldete Aktionäre von der ___________ 139) Simons, NZG 2017, 567 ff. 140) Hüffer/Koch, AktG, § 134 Rz. 35. 141) Pluskat, WM 2007, 2137, Ek, in: Praxisleitfaden HV, § 14 Rz. 346, Drinhausen/Keinath, BB 2008, 1235. 142) Nussbaum, GWR 2009, 215, Noack, NZG 2008, 444. 143) Noack, WM 2009, 2292; Schmidt, BB 2006, 1643; Drinhausen/Keinath, BB 2009, 2327.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

Gesellschaft identifiziert werden können. Bei der Ausübung des Stimmrechts während einer Online-Hauptversammlung wären beide Arten der Abstimmungsverfahren, das Additions- und Subtraktionsverfahren, darstellbar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass online teilnehmende Aktionäre als im Sinne des Gesetzes erschienene Aktionäre behandelt werden (§§ 121 Abs. 6, 129 Abs. 1 Satz 2, 132 Abs. 1 Satz 1, 243 Nr. 1 und 2). Sie rechnen deshalb zur Präsenz. 561 Das Additionsverfahren würde dem online zugeschalteten Aktionär ermöglichen, ohne Abhängigkeit von der in der Hauptversammlung festgestellten Präsenz aktiv mit Ja oder Nein abzustimmen. Eine Aktualisierung des Präsenzverzeichnisses kurz vor der Abstimmung des Online-Teilnehmers wäre nicht notwendig. 562 Beim Subtraktionsverfahren müsste dagegen jeder online abstimmende Aktionär in der für das Auszählen der Abstimmungsergebnisse notwendigen Präsenz aufgeführt sein.144) Von dieser festgesetzten Präsenz würden die Nein-Stimmen bzw. die Ja-Stimmen und Enthaltungen subtrahiert werden. 563 Das ARUG enthält eine weitere Möglichkeit, die dem Aktionär eine aktive Wahrnehmung seiner Stimmrechte erleichtern soll. Nach § 118 Abs. 2 kann der Aktionär, ohne an der Versammlung teilzunehmen, schriftlich oder im Wege der elektronischen Kommunikation durch eine sog. Briefwahl abstimmen. In diesem Fall muss die Satzung dies vorsehen oder den Vorstand dazu ermächtigen, es vorzusehen. 564 Soweit die Satzung Regelungen zur Abstimmungsart und -form enthält145) oder der Vorstand von seiner Ermächtigung Gebrauch gemacht hat, ist seitens des Versammlungsleiters kein Raum für entsprechende sitzungsleitende Maßnahmen. Sinnvoll ist es jedoch, eine klare Abgrenzung zwischen den Befugnissen des Vorstands und des Versammlungsleiters vorzunehmen. 565 Sofern die Satzung nicht eine geheime Stimmabgabe vorschreibt, was in der Praxis nicht oder sehr selten vorkommt, steht es der Gesellschaft zu, die ihr zusagende Form der Ausübung des Stimmrechts zu wählen.146) 566 Der Umstand, dass ein Aktionär möglicherweise in einem wirtschaftlichen oder sozialen Abhängigkeitsverhältnis zu der Gesellschaft steht, wird in der Regel für sich allein nicht genügen, ein geheimes Abstimmungsverfahren zu rechtfertigen.147) 567 Vielmehr muss die Freiheit der Willensentschließung durch eine offene Abstimmung beeinträchtigt sein, da die geheime Abstimmung die einzige Möglichkeit darstellt, die wirkliche Meinung der Hauptversammlung zu erfragen. ___________ 144) Drinhausen/Keinath, BB 2009, 67. 145) Siehe z. B. die Hauptversammlungseinladung der Münchener Rückversicherungsgesellschaft AG 2010, abrufbar unter: http://www.munichre.com. 146) Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 134 Rz. 71. 147) Butzke, in: Obermüller/Werner/Winden, S. 137.

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II. Leitung der Hauptversammlung

Auch die Nachteile der geheimen Abstimmung, dass nicht mehr festgestellt werden kann, ob ein Nicht-Stimmberechtigter mitgestimmt oder ein den Hauptversammlungsbeschluss anfechtender Aktionär gegen den Beschluss gestimmt hat, rechtfertigen ein solches Erfordernis. Die Entscheidung über die Form der Abstimmung ist, soweit die Satzung keine 568 Regelung enthält, Sache des Versammlungsleiters.148) Dessen Zuständigkeit wird nach vordringender Auffassung auch nicht durch die Zuständigkeit der Hauptversammlung überlagert. Nach wohl noch überwiegender Ansicht in der Literatur149) kann der vom Versammlungsleiter angeordnete Abstimmungsmodus durch eine gegenteilige Entscheidung der Hauptversammlung abgeändert werden.150) Dem ist nicht zuzustimmen. Wie von der Linden richtig hinweist, ist eine Rechtsgrundlage für eine Entscheidung durch die Hauptversammlung nicht ersichtlich. Zwar weist § 134 Abs. 4 der Hauptversammlung zu, Satzungsregelungen zu treffen. Macht sie von diesem Recht jedoch keinen Gebrauch, kann sie nicht durch einfache Mehrheitsentscheidung in die Leitungsbefugnisse des Versammlungsleiters eingreifen. Die Praxis berücksichtigt diese in § 134 Abs. 4 eingeräumte Möglichkeit, indem 569 sie üblicherweise zur Gewährung einer größeren Flexibilität und Vermeidung eines zeitaufwendigen Abstimmungsverfahrens in die Satzung die Regelung aufnimmt, dass die Form der Abstimmung durch den Versammlungsleiter festgelegt wird. Eine Beschlussfassung der Hauptversammlung zu dieser Verfahrensfrage ist dann nicht mehr möglich.151) hh) Konzentration Abstimmungsverfahren Zur Kompetenz des Versammlungsleiters gehört es auch, das konzentrative 570 Abstimmungsverfahren anzuwenden. Werden beispielsweise bei großen Publikumshauptversammlungen mit zum Teil über 1.000 anwesenden Aktionären mehrere Anträge zur Abstimmung gestellt, ist die Durchführung der Abstimmung ein sehr langwieriger Vorgang. Die Stimmkarten müssten zu jedem Tagesordnungspunkt einzeln eingesammelt werden, was sehr zeitaufwendig ist. Um dies zu vermeiden, werden in der Praxis die Stimmen nicht für jede Abstimmung gesondert, sondern nach Beendigung der Generaldebatte für mehrere Abstimmungen zusammen eingesammelt. ___________ 148) Martens, Leitfaden, S. 52; Hüffer/Koch, AktG, § 134 Rz. 34; Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 534. 149) Max, AG 1991, 77, 87; Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 534; Hüffer/Koch, AktG, § 134 Rz. 34; Vollhard, in: MünchKomm-AktG, § 134 Rz. 80; Eckardt, in: Geßler/ Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 134 Rz. 70; Martens, Leitfaden, S. 52. 150) Martens, Leitfaden, S. 52; Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 534; dagegen Max, AG 1991, 77, 87, der für den Fall des Fehlens von Satzungsbestimmungen eine vorrangige Zustimmung der Hauptversammlung anerkennt. 151) Bedenken bei MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 36 Rz. 34.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

571 Diese Konzentration der Abstimmungsvorgänge ist im Regelfall unproblematisch,152) da jeder Aktionär Gelegenheit erhält, zu jedem Tagesordnungspunkt eine bestimmte Entscheidung zu treffen und lediglich das Einsammeln nicht mehr für jede Abstimmung getrennt geschieht. 572 Problematisch könnte jedoch eine Konzentration der Abstimmungsvorgänge dann sein, wenn zu einem Tagesordnungspunkt mehrere, im Eventualverhältnis zueinander stehende Anträge gestellt worden sind oder die Beschlussfassung über die Anträge in einem sachlichen oder rechtlichen Zusammenhang steht.153) Ersteres wird in der Praxis selten vorkommen. Anträge zum gleichen Beschlussgegenstand verhalten sich in der Regel sodass die Annahme des einen Antrags die Annahme des anderen ausschließt.154) Da der Versammlungsleiter in der Regel den Antrag zur Abstimmung stellt, von dem er erwartet, dass er angenommen wird, würde bei einem konzentrativen Abstimmungsverfahren lediglich das Risiko erwachsen, bei Ablehnung des Antrags nochmals eine Abstimmung durchzuführen. 573 Eine Konzentration der Abstimmungsvorgänge ist somit auch bei entsprechend geschilderter Handhabung durch den Sitzungsleiter möglich. Als unzulässig ist dagegen das Verfahren anzusehen, wenn gleichzeitig zwei im Eventualverhältnis zueinander stehende Anträge zur Abstimmung gestellt werden. Zöllner155) führt insofern das Beispiel von zwei Anträgen zum Tagesordnungspunkt Kapitalerhöhung an, die unterschiedliche Konditionen vorschlagen. In diesem Fall bestehe ein elementares Interesse der Abstimmungsteilnehmer vor der Stimmabgabe über den zweiten Antrag zu wissen, wie die Abstimmung über den ersten Antrag ausgegangen ist.156) Unzulässig könne eine Konzentration der Abstimmungsvorgänge auch dann sein, wenn über mehrere Tagesordnungspunkte abgestimmt wird, die zueinander in einem sachlichen oder rechtlichen Verhältnis stehen.157) 574 In Fällen eines rechtlichen Zusammenhangs, wie z. B. bei einer im Wege der Satzungsänderung zu beschließenden Erweiterung der Zahl der Aufsichtsratsmitglieder und der anschließenden Bestellung weiterer Aufsichtsratsmitglieder, bietet sich als Lösung an, die zweite Abstimmung eventualiter vornehmen zu lassen. Dies ist jedoch bei gegebenem sachlich-teleologischen Zusammenhang nicht möglich, wie die von Zöllner158) angeführten Beispiele verdeutlichen. So besteht zwischen Entlastung und Wiederwahl von Aufsichtsratsmitgliedern ein ___________ 152) 153) 154) 155) 156) 157) 158)

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Siehe MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 39 Rz. 12. Zöllner, ZGR 1974, 1, 12. Zöllner, ZGR 1974, 1, 12. Zöllner, ZGR 1974, 1, 12. Zöllner, ZGR 1974, 1, 13. Zöllner, ZGR 1974, 1, 19. Zöllner, ZGR 1974, 1, 21.

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II. Leitung der Hauptversammlung

Zusammenhang, der es im Interesse der Hauptversammlungsteilnehmer angezeigt sein lässt, diesen die bestmögliche Information für die Wahlentscheidung zu erteilen. Wird etwa der Entlastung nicht zugestimmt, so ist zu erwarten, dass dies auch Auswirkungen auf die Entscheidung „Neuwahl“ hat. Der von Zöllner159) vorgeschlagene Weg der Eventualabstimmung erscheint nicht 575 als geeigneter Lösungsansatz. Vergegenwärtigt man sich z. B. die festen Kapitalverhältnisse bei vielen Gesellschaften, so kann ein nur äußerst knapp zustimmendes Votum für die Entlastung ein Grund für viele Aktionäre sein, von einer Wiederwahl des vorgeschlagenen Kandidaten Abstand zu nehmen. Eine konkurrierende Entscheidungskompetenz der Hauptversammlung besteht nicht.160) Von der Konzentration der Abstimmungsvorgänge ist die sog. einheitliche Be- 576 schlussfassung zu unterscheiden. Bei ihr wird über mehrere Beschlusspunkte mit einer Stimmkarte abgestimmt. Eine solche einheitliche Beschlussfassung über mehrere unterschiedliche Gegenstände ist dann ausnahmsweise zulässig, wenn zwischen diesen Punkten ein enger Sachzusammenhang besteht.161) Dies ist z. B. bei der Gesamtentlastung der Vorstands- und Aufsichtsratsmit- 577 glieder der Fall. Nach § 120 Abs. 1 Satz 2 ist es gesetzlicher Regelfall, über die Entlastung jeweils in einem Abstimmungsvorgang zu entscheiden. Bei börsennotierten Gesellschaften, für die das Mitbestimmungsgesetz, das Mon- 578 tan-Mitbestimmungsgesetz oder das Mitbestimmungsergänzungsgesetz gilt, muss der Aufsichtsrat nach § 96 Abs. 2 zu mindestens 30 % aus Frauen und zu mindestens 30 % aus Männern bestehen. Eine Wahl unter Verstoß gegen das Mindestanteilsangebot ist nichtig, § 96 Abs. 2 Satz 6. Der Versammlungsleiter hat dies insoweit zu beachten, als er widersprechende Beschlussanträge zurückzuweisen hat. ii)

Ermittlung des Abstimmungsverfahrens

Zu den Aufgaben des Versammlungsleiters gehört auch, das rechnerische Ab- 579 stimmungsergebnis zu ermitteln und Annahme oder Ablehnung des Antrags festzustellen. Die Ermittlung des Abstimmungsergebnisses ist insbesondere bei großen Publikumshauptversammlungen schwierig und zeitaufwendig und lässt sich ohne Einsatz technischer Hilfsmittel und geeigneter Hilfspersonen nicht bewerkstelligen. Da es sich bei der Stimmenauszählung um eine in den Verantwortungsbereich des Versammlungsleiters fallende Aufgabe handelt, stehen ausschließlich ihm die hiermit verbundenen Entscheidungskompetenzen zu. Er trägt die Verantwortung für die Korrektheit der Stimmenerfassung und muss ___________ 159) Zöllner, ZGR 1974, 1, 21. 160) So auch Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 535. 161) Volhard, in: MünchKomm-AktG, § 134 Rz. 90; Holzborn, in: Bürgers/Körber, AktG, § 134 Rz. 31; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 101 Rz. 33 f.; Ek, in: Praxisleitfaden HV, § 14 Rz. 359.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

sich insbesondere davon überzeugen, dass die Gesellschaft alle notwendigen organisatorischen Maßnahmen getroffen hat, um eine ordnungsgemäße Abstimmung zu gewährleisten. In der Praxis sind zwei Auszählmethoden gebräuchlich, deren sich der Versammlungsleiter bedienen kann. 580 Bei der Additionsmethode werden die abgegebenen Ja- und Nein-Stimmen getrennt gezählt und die Zahl der abgegebenen Stimmen durch Addition ermittelt.162) Stimmenthaltungen werden nicht erfasst, da sie als nicht abgegebene Stimmen gelten. 581 Dagegen werden bei der Subtraktionsmethode in der Regel nur die Stimmen gezählt, die den geringsten Zählaufwand erfordern. Im Regelfall werden dies die Nein-Stimmen und die Stimmenthaltungen sein. Ausgangsgröße ist die Gesamtzahl der Hauptversammlungsteilnehmer, d. h. die sich aus dem Teilnehmerverzeichnis zum Abstimmungszeitpunkt ergebende Gesamtzahl der vertretenen Stimmen. 582 Von dieser Gesamtstimmenzahl aller Teilnehmer lässt sich durch Subtraktion der Stimmenthaltungen die Zahl der Abstimmenden insgesamt ermitteln. Durch weitere Subtraktion der Nein-Stimmen ergibt sich dann die Zahl der Ja-Stimmen. 583 Sollte der Zählaufwand bei bestimmten Aktionärsanträgen, wie Einzelentlastung oder Sonderprüfung, bei der Auszählung der Ja-Stimmen und Stimmenthaltungen geringer sein, bietet die Subtraktionsmethode die Möglichkeit, die Ja-Stimmen und Stimmenthaltungen auszuzählen und die Nein-Stimmen durch Abzug der ausgezählten Stimmen von der aus dem Teilnehmerverzeichnis errechneten Gesamtzahl aller Stimmen zu ermitteln. Bei dem Subtraktionsverfahren wird unterstellt, dass alle diejenigen, die sich weder bei der Ermittlung der Nein-Stimmen noch bei der Stimmenthaltung melden, den Beschlussantrag bejahen. 584 Während das Additionsverfahren insbesondere bei kleineren Hauptversammlungen gewählt wird, in denen die Einsammlung und Auszählung der Ja- und Nein-Stimmen innerhalb eines kürzeren Zeitraums möglich ist, hat sich eine Reihe von Großunternehmen für die Verwendung der Subtraktionsmethode entschieden. Dafür spricht insbesondere die Reduzierung des organisatorischen Aufwands, auch wenn den nachfolgend erörterten Bedenken Rechnung getragen werden muss. 585 Die Subtraktionsmethode ermöglicht im Zeitalter der elektronischen Stimmenauszählung durch die Erfassung der Nein-Stimmen und Stimmenthaltungen eine schnellere Stimmenauswertung. Außerdem ist diese Methode im Vergleich zum Additionsverfahren flexibler. Soweit es zweckmäßig ist, können diejenigen Stimmen ermittelt werden, für die das geringere Ergebnis erwartet wird. ___________ 162) Hüffer/Koch, AktG, § 133 Rz. 23; Holzborn, in: Bürgers/Körber, AktG, § 133 Rz. 11; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 133 Rz. 23; Volhard, in: MünchKomm-AktG, § 133 Rz. 25; Martens Leitfaden, S. 88.

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II. Leitung der Hauptversammlung

Der damit zu erzielende Zeitvorteil, insbesondere bei zeitintensiven Abstim- 586 mungsentscheidungen wie Einzelentlastung der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder, sollte nicht unterschätzt werden. Wie Max163) zutreffend ausführt, ist die Subtraktionsmethode gerade beim Ausfall der elektronischen Stimmenauszählung bei großen Publikumsgesellschaften die geeignetere Methode. Bei einer dann notwendig werdenden Abstimmung per Zuruf würde die Additionsmethode zu großen zeitlichen Verzögerungen führen, welche den Ablauf der Hauptversammlung stark beeinträchtigen würden. Die an der Abstimmung beteiligten Aktionäre müssten bei einer Abstimmung 587 nach Aktiennennbeträgen dem Versammlungsleiter den von ihnen vertretenen Aktiennennbetrag nennen. Dem Versammlungsleiter würde dann die Verpflichtung obliegen, den genannten Betrag nachzuprüfen. Darüber hinaus ermöglicht die Subtraktionsmethode eine genauere Klassifizierung 588 des Abstimmungsverhaltens der Aktionäre, weil Stimmenthaltungen gerade erfasst werden. Zwar besteht kein Unterschied in der rechtlichen Behandlung, da Stimment- 589 haltung der Nichtteilnahme an der Abstimmung rechtlich gleichsteht, jedoch ist das unterschiedliche Abstimmungsverhalten für die Gesellschaft praktisch von Bedeutung. Max führt dazu zutreffend aus, dass, wer sich bewusst der Stimme enthalte, eine andere Einstellung zum Beschlussvortrag habe als derjenige, der aus Nachlässigkeit und Gleichgültigkeit die Stimmkarte nicht abgebe.164) Soweit gegen die Subtraktionsmethode in der Vergangenheit in Recht- 590 sprechung165) und Literatur166) Einwände vorgebracht werden, führt dies nicht zu einer Verneinung der Anwendbarkeit. Entgegen Barz167) ist selbst bei größeren Hauptversammlungen eine korrekte Ermittlung des Abstimmungsergebnisses möglich. Dazu ist zwar unabdingbare Voraussetzung, dass die Präsenz exakt und fortlaufend festgestellt wird, um eine korrekte und aktuelle Erstellung des Teilnehmerverzeichnisses sowie der entsprechenden Nachträge zu gewährleisten. Da dies mit entsprechenden organisatorischen Maßnahmen möglich ist, bestehen seitens der Literatur168) und der Rechtsprechung169) keine Bedenken gegen eine Zulässigkeit der Subtraktionsmethode. ___________ Max, AG 1991, 77, 87. Max, AG 1991, 77, 88. OLG Karlsruhe, Urt. v. 7.12.1990 – 15 U 256/89, ZIP 1991, 101, 107. Brox, DB 1965, 731, 1203. Barz, AG 1962, Beilage Nr. 1, 1, 9. Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 133 Rz. 19; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 133 Rz. 24; Hüffer/Koch, AktG, § 133 Rz. 24. 169) BGH, NJW 2002, 3629; OLG Frankfurt/M., AG 2007, 374; OLG Frankfurt/M., AG 1999, 231, 232; OLG Hamm, AG 2004, 38; Hüffer/Koch, AktG, § 133 Rz. 24; Holzborn, in: Bürgers/ Körber, AktG, § 133 Rz. 12; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 133 Rz. 24; Volhard, in: MünchKomm-AktG, § 133 Rz. 26; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 133 Rz. 57. 163) 164) 165) 166) 167) 168)

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169

E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

591 Ein weiteres Argument gegen die Subtraktionsmethode betrifft die rechtliche Beurteilung des Schweigens des Aktionärs, weil dieses als positive Stimmabgabe gewertet wird. Wird berücksichtigt, dass nach der herrschenden Meinung170) die Stimmabgabe als empfangsbedürftige Willenserklärung anzusehen und im Regelfall im Schweigen keine Willenserklärung zu sehen ist, so könnte daraus auf die Begründetheit des vorgetragenen Einwands geschlossen werden. Dies berücksichtigt jedoch nicht, dass aufgrund besonderer Umstände oder kraft besonderer Vereinbarung auch in dem Schweigen die Abgabe einer Willenserklärung gesehen werden kann. Max sieht eine solche Vereinbarung dadurch gegeben, dass der Versammlungsleiter von seiner Kompetenz zur Festlegung des Abstimmungsmodus in der Weise Gebrauch macht, dass dem Aktionär die Bedeutung seines Schweigens als Abgabe seiner Ja-Stimme deutlich wird.171) 592 Ist dies der Fall, muss sich der Aktionär aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Beziehungen daran festhalten lassen. Davon geht offensichtlich auch Martens aus, der es als zulässig erachtet, den Aktionären durch entsprechende Hinweise eine Erklärungslast aufzubürden und das Schweigen als Abgabe einer Willenserklärung zu werten.172) 593 Dem ist zuzustimmen, da der Aktionär nicht nur aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Treubindung dem Schweigen nach ausdrücklichem Hinweis beim Abstimmungsvorgang einen objektiven Erklärungswert zukommen lassen muss. Ansonsten wäre er verpflichtet gewesen, seinen gegenteiligen Willen zum Ausdruck zu bringen. Dies gilt insbesondere auch für die sog. „Verpflegungsaktionäre“, die sich im Foyer aufhalten und die Vorgänge im Versammlungssaal über Monitore verfolgen können. 594 Das Mitgliedschaftsverhältnis zur Gesellschaft lässt es gerade als zumutbar erscheinen, dass dem Aktionär die Verpflichtung auferlegt wird, durch Teilnahme am Abstimmungsvorgang zu verhindern, dass die Stimme als Ja- oder NeinStimme im Wege der Subtraktion vom vertretenen Kapital gezählt wird. 595 Wie Martens zutreffend ausführt, beruht die gegenteilige Ansicht des OLG Karlsruhe173) auf einem weit übertriebenen Individualschutz, der mit den zwangsläufigen Bindungen, die sich aus der Teilnahme an einer Hauptversammlung ergeben, unvereinbar ist.174) Notwendige Voraussetzung für eine Bewertung des Schweigens als positive Stimmabgabe ist jedoch ein ausdrücklicher Hinweis über die Folgen des Untätigbleibens sowie die Einräumung der Gelegenheit zur abweichenden Stimmabgabe. Letzteres wird dadurch sichergestellt, dass die ___________ 170) 171) 172) 173) 174)

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Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 133 Rz. 24 m. w. N. Max, AG 1991, 77, 88. Martens, Leitfaden, S. 55. OLG Karlsruhe ZIP 1991, 101, 107. Martens, Leitfaden, S. 55.

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II. Leitung der Hauptversammlung

Abstimmung im Foyer bekanntgemacht und der Vorgang des Stimmeneinsammelns auch auf die „Verpflegungsräume“ erstreckt wird, und ein Hinweis auf die Möglichkeit der Erteilung einer Stimmrechtsvollmacht erfolgt. Diese Hinweise sollten auch im notariellen Protokoll vermerkt werden.175) Im Übrigen ist zu beachten, dass, selbst wenn es im Einzelfall zu geringfügigen 596 Fehlern bei der Präsenzfeststellung kommt, eine Anfechtung nur dann Erfolg hat, wenn der Gesetzesverstoß kausal für das Zustandekommen des Beschlusses ist.176) Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich der Gesetzesverstoß lediglich auf die Ergebnisfeststellung bezieht.177) jj)

Feststellung und Verkündung des Abstimmungsergebnisses

Dem Versammlungsleiter obliegt die Verpflichtung, die Art und das Ergebnis 597 der Abstimmung sowie die Feststellung über die Beschlussfassung zu verkünden. Dies ergibt sich zwar nicht ausdrücklich aus dem Gesetz, lässt sich jedoch aus § 130 Abs. 2 entnehmen, wonach zum Mindestinhalt der Niederschrift die Feststellung des Versammlungsleiters über die Beschlussfassung gehört. Diese Aufnahme der Beschlussfeststellung in die Niederschrift setzt aber gerade 598 voraus, dass der Versammlungsleiter das Abstimmungsergebnis einer selbstständigen Nachprüfung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unterzieht. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Reichsgerichts178) ist es nach herr- 599 schender Meinung179) Aufgabe des Versammlungsleiters, gerade die Art und das Ergebnis der Abstimmung sowie die Feststellung über die Beschlussfassung zu verkünden. Damit soll die Rechtslage insoweit klargestellt und den Beteiligten eine sichere Unterlage für eine etwaige Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage gegeben werden.180) Bei nicht börsennotierten Aktiengesellschaften ist es ausreichend, wenn der Versammlungsleiter die Zahl der abgegebenen Ja-Stimmen und der Nein-Stimmen angibt. Die Nennung der Zahl der Enthaltungen ist nicht erforderlich.181)

___________ 175) Ausführlich Bollweg, Die Wahl des Aufsichtsrats in der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, S. 445 ff. 176) Hüffer/Koch, AktG, § 243 Rz. 25 ff. m. w. N. 177) Max, AG 91, 77, 88. 178) RG, Urt. v. 30.3.1926 – II 226/25, JW 1926, 1813; RG, Urt. v. 9.10.1928 – II 486/27, RGZ 122, 102, 106; RG, Urt. v. 21.6.1929 – II 550/28, RGZ 125, 143, 149; RG, Urt. v. 24.10.1933 – II 100/33, RGZ 142, 123, 128; wobei das Reichsgericht in seiner Begründung auf § 259 Abs. 2 HGB abgestellt hat, welcher mit Wirkung zum 1.10.1937 aufgehoben wurde. 179) BGHZ 44, 245, 251; Martens, Leitfaden, S. 59. 180) BayObLG, Beschl. v. 16.11.1972 – B Reg. 2 Z 64/72, NJW 1973, 250, 251. 181) Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 19; Reger, in: Bürgers/Körber, AktG, § 130 Rz. 15; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 54.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

600 Ist die Gesellschaft börsennotiert, bedarf es nach § 130 Abs. 2 Satz 2 der Angabe x

der Zahl der Aktien, für die gültige Stimmen abgegeben wurden,

x

des Anteils des durch die gültigen Stimmen vertretenen Grundkapitals und

x

der Zahl der für einen Beschluss abgegebenen Stimmen, Gegenstimmen und ggf. die Zahl der Enthaltungen.

601 Eine wörtliche Verlesung des Beschlusses ist nicht erforderlich. Ausreichend ist auch eine visuelle Darstellung oder ein Verweis auf den Beschlussvorschlag gemäß Bekanntmachung im Bundesanzeiger.182) 602 Außerdem bedarf es innerhalb von sieben Tagen nach der Versammlung bei börsennotierten Aktiengesellschaften einer Veröffentlichung der festgestellten Abstimmungsergebnisse auf der Internetseite der Gesellschaft (§ 130 Abs. 6). 603 Die Verkündung des Abstimmungsergebnisses hat konstitutive Bedeutung.183) Der Beschluss wird mit dem Inhalt wirksam, welcher vom Versammlungsleiter durch Verkündung festgestellt worden ist. Eventuelle Unrichtigkeiten sind im Wege der Anfechtungsklage geltend zu machen, es sei denn, es handelt sich um einen offensichtlichen Fehler, wie z. B. Versprechen.184) kk)

Vertagung, Unterbrechung und Beendigung der Hauptversammlung

604 Dem Versammlungsleiter steht nicht die Kompetenz zu, über die Vertagung einzelner Tagesordnungspunkte zu befinden.185) Erst recht ist daher die Entscheidung der Vertagung der Hauptversammlung nicht als Aufgabe des Versammlungsleiters anzusehen. Über die Vertagung kann nur von der Hauptversammlung selbst beschlossen werden.186) Der Versammlungsleiter hat lediglich die Verpflichtung, den Geschäftsordnungsantrag „Vertagung“ vorrangig der Hauptversammlung zur Entscheidung vorzulegen und sich nach der Mehrheitsentscheidung zu richten. 605 Lediglich wenn die Hauptversammlung aufgrund eines Minderheitsverlangens einberufen oder der betroffene Gegenstand aufgrund eines Minderheitsverlangens

___________ 182) LG Frankfurt/M., NZG 2008, 792, Bosse, NZG 2009, 806, 810, Müller, AG-Report 2007, R 268, 269. 183) Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 22; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 130 Rz. 12; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 59; Fischer, in: Semler/Volhard, ArbHdb. HV, § 11 Rz. 239; Martens, Leitfaden, S. 96. 184) So Martens, Leitfaden, S. 59. 185) Siehe Kap. E. Rz. 535. 186) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 130; Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 19, MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 36 Rz. 46.

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II. Leitung der Hauptversammlung

auf die Tagesordnung gesetzt wurde, ist der Vertagungsantrag nur bei Vorliegen eines sachlichen Grundes für die Vertagung zu beachten.187) Von der Vertagung zu unterscheiden ist dagegen die Unterbrechung der Ver- 606 sammlung. Zweck einer Unterbrechung kann beispielsweise sein, Vorstand, Aufsichtsrat oder einzelnen Aktionären Zeit zur Diskussion und Beratung zu geben. Meist ist eine solche Unterbrechung auch bei langer Dauer der Hauptversammlung notwendig, um insbesondere dem Vorstand und dem Sitzungsleiter eine gewisse kurzfristige Regenerationsmöglichkeit zu schaffen. Aber auch bei Störungen der Ordnung der Hauptversammlung, wie z. B. Entfernung eines Redners vom Rednerpult mit Saalverweisung, kann eine kurzfristige Unterbrechung angebracht sein. Ihre Anordnung fällt in all diesen Fällen in die alleinige Kompetenz des Sit- 607 zungsleiters.188) Eine überlagernde Zuständigkeit der Hauptversammlung, wie sie offensichtlich Zöllner189) für den Fall der Bestimmung einer Unterbrechung durch den Sitzungsleiter annimmt, ist dagegen nicht gegeben. Sie würde eine zu starke Eingrenzung des dem Sitzungsleiter im Rahmen seiner Aufgabenstellung gewährten Entscheidungsspielraums bedeuten. Die Hauptversammlung soll gerade nicht oder nur in einigen wenigen Ausnahmefällen die Verfahrensfragen klären. Sie hätte dazu, wollte man die Hauptversammlung nicht unvertretbar verlängern, auch bei einer Vielzahl von Geschäftsordnungsanträgen tatsächlich gar nicht die Möglichkeit. Die Beendigung der Hauptversammlung, die im Regelfall nach ordnungsge- 608 mäßer Erledigung der Tagesordnung, aber auch bei Vorliegen von Mängeln der Einberufung oder Beschlussunfähigkeit erfolgen kann, obliegt wiederum dem Versammlungsleiter.190) Gegen den Willen des Versammlungsleiters kann die Hauptversammlung ihre eigene Beendigung dagegen nicht beschließen.191) Die Literatur geht übereinstimmend davon aus, dass die Hauptversammlung der 609 verfügten Beendigung widersprechen und die Fortsetzung beschließen kann.192) Streitig ist lediglich, welche Mehrheit für einen solchen Beschluss notwendig ist. ___________ 187) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 119 Rz. 65; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 132; dagegen Reinicke, Rechte und Pflichten des Vorsitzenden, S. 81; Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 538; Martens, Leitfaden, S. 78. 188) Martens, WM 1981, 1010, 1015; Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 538. 189) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 119 Rz. 68. 190) Martens, WM 1981, 1010, 1014; Martens, Leitfaden, S. 60; Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 538, Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 19. 191) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 119 Rz. 69; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 150; Max, AG 1991, 71, 94. 192) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 119 Rz. 69; Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 538; Martens, WM 1981, 1010, 1014; Martens, Leitfaden, S. 60, Kubis, in: MünchKommAktG, § 119 Rz. 150.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

610 Während Reinicke das Erfordernis der Einstimmigkeit vertritt,193) verlangt die herrschende Meinung194) grundsätzlich einen Mehrheitsentscheid. Letzterer ist zuzustimmen, da hierfür das in § 133 anerkannte Mehrheitsprinzip spricht. 611 Wird ein solcher Fortsetzungsbeschluss von der Hauptversammlung befürwortet, vom Versammlungsleiter dagegen nicht akzeptiert, so gilt dessen Verhalten als Niederlegung des Amtes.195) Nach Wahl eines neuen Leiters der Hauptversammlung ist diese dann fortzusetzen. b)

Ordnungsbefugnisse

612 Der Versammlungsleiter trägt dafür Sorge, dass jeder Tagesordnungspunkt ausreichend erörtert wird, insbesondere die Minderheit genügend zu Wort kommt und sachdienliche Anträge gestellt werden.196) 613 Beratungen und Abstimmungen sollen geordnet verlaufen, damit den Aktionären die Möglichkeit eingeräumt wird, innerhalb angemessener Zeit sachgerechte Entscheidungen herbeizuführen. Die dafür erforderlichen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Ordnung fallen in die Zuständigkeit des Vorsitzenden. Er hat für die rechtmäßige und zweckmäßige Durchführung der Hauptversammlung zu sorgen und hat dafür die erforderlichen Rechte.197) So darf und muss er die Ordnungsmaßnahmen ergreifen, welche für die sachgerechte Leitung und Durchführung der Hauptversammlung erforderlich sind. Die nachfolgenden Erörterungen sollen einen Überblick über eine Reihe der wichtigsten Ordnungsbefugnisse, wie Redezeitbegrenzung, Saalverweisung, Schluss der Rednerliste usw. geben, wobei auch auf die Möglichkeit, durch präventive Maßnahmen Beeinträchtigungen und Störungen der Hauptversammlung zu vermeiden, eingegangen wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Ordnungsbefugnisse des Versammlungsleiters ebenso wie seine Leitungsbefugnisse dem Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a unterliegen198) und verhältnismäßig sein müssen. aa)

Sicherheitskontrollen

614 Die Gesellschaft muss die Sicherheit der Teilnehmer in der Hauptversammlung gewährleisten. Dazu gehören bei großen Publikumsgesellschaften auch Sicherheitskontrollen vor Eintritt der Aktionäre und Gäste in den Versammlungsraum. Einige Aktionäre haben diese Sicherheitsvorkehrungen früher als Behin___________ 193) Reinicke, Rechte und Pflichten des Vorsitzenden, S. 104. 194) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 119 Rz. 69; Martens, WM 1981, 1010, 1014; Stützle/ Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 539. 195) Martens, WM 1981, 1010, 1014 m. w. N. 196) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 119 Rz. 57. 197) Siehe Kap. E. Rz. 487 ff. 198) Kuhnt, in: Festschrift Lieberknecht, S. 45, 49.

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II. Leitung der Hauptversammlung

derung des freien Zugangsrechts zum Versammlungsraum betrachtet. Vereinzelt wurde sogar von einer gewissen Aktionärsgruppe die Meinung vertreten, die im Rahmen der Sicherheitskontrollen durchgeführten „Abtastungen“ mittels Detektoren stellten eine Gesundheitsgefährdung dar, für die ein finanzieller Ausgleich zu zahlen sei. Diese Bedenken können nicht geteilt werden und werden aufgrund der Zunahme 615 terroristischer Anschläge auch nicht mehr vorgetragen. Dem Versammlungsleiter obliegt es gerade im Rahmen seiner Aufgabenstellung, für einen ordnungsgemäßen Ablauf der Hauptversammlung zu sorgen. Dazu gehört es auch, dass insbesondere bei einer erhöhten Gefahr von Terroranschlägen die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden müssen. Eine solche Gefährdung wird bei der Teilnahme von wirtschaftlich oder politisch besonders exponierten Aktionären oder Aufsichtsratsmitgliedern und bei Unternehmen, die sich aufgrund ihres Unternehmensgegenstandes als bevorzugtes Objekt für Terroranschläge anbieten, anzunehmen sein. Im Einzelfall ist jedoch immer das Gebot der Verhältnismäßigkeit bei den jeweils ergriffenen Maßnahmen zu beachten. Während es bei bestimmten Gesellschaften durchaus sinnvoll sein kann, erhöhte 616 Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, ist dies im Regelfall bei Publikumshauptversammlungen ohne besonders gefährdete Teilnehmer nicht geboten. Ein weiterer Aspekt, der bei bestimmten Anhaltspunkten für eine Gefährdung von Sicherheitsvorkehrungen spricht, ist die Vermeidung von Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Max stellt zutreffend dar, dass, sofern ein Versammlungsteilnehmer auf der 617 Hauptversammlung zu Schaden käme und dieser Schaden durch eine ordnungsgemäße Sicherheitskontrolle vermieden worden wäre, die Gesellschaft wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zum Schadensersatz verpflichtet wäre.199) In der Regel wird bei den Sicherheitskontrollen von Techniken Gebrauch ge- 618 macht, die z. B. bei Kontrollen auf Flughäfen eingesetzt werden. Prinzipiell kann deshalb, sofern ein Aktionär aus objektiv nicht begründeter Furcht vor einer Beeinträchtigung seiner Gesundheit diese Kontrolle ablehnt, dieser von der Teilnahme ausgeschlossen werden.200) Dafür spricht auch die dem Aktionär oder Gast obliegende Mitwirkungspflicht. Jedoch sollte hier zweifelsfrei feststehen und auch durch entsprechende Prüfungen nachweisbar sein, dass eine Ungefährlichkeit gegeben ist. Aber selbst dann zeigt es sich in der Praxis, dass es zum Teil angebracht sein kann, den Zugang ohne Kontrolle zu gewähren.

___________ 199) Max, AG 1991, 77, 81. 200) Martens, Leitfaden, S. 25; AG München, AG 1995, 335; Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, Anh. § 119 Rz. 6; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 123; Fischer, in: Semler/Volhard, ArbHdb. HV § 10 Rz. 43.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

619 Als Beispiel dafür ist ein seit Jahren die Hauptversammlung einer Gesellschaft besuchender Aktionär mit Herzschrittmacher zu nennen, dessen Angst vor einer Kontrolle durch „Abtasten“ sicherlich verständlich ist. Für diesen Aktionär könnte auch ohne Verletzung des Gleichheitsgebots eine Sicherheitskontrolle vermieden werden. Werden dem Anlass entsprechend gekleidete Aktionäre ohne Sicherheitskontrolle, andere auf „Schlips und Kragen“ verzichtende dagegen nur nach Passieren der Kontrolle eingelassen, wie es in dem Beispiel von Quack201) geschildert wird, stellt dies eine Ungleichbehandlung dar. 620 Soweit in der Literatur202) als zusätzliches Argument zur Begründung der Durchführung von Eingangskontrollen eine entsprechende Anwendung der Vorschriften des Versammlungsgesetzes angeführt wird, ist dem nicht zu folgen. 621 Dem Versammlungsleiter obliegen kraft seiner Aufgabenstellung, für die sachgerechte Abwicklung der Hauptversammlung Sorge zu tragen, die Rechte, die er dafür benötigt. Ferner handelt es sich angesichts des beschränkten Teilnehmerkreises und des erforderlichen Legitimationsnachweises beim Zugang zu der Hauptversammlung gerade nicht um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes. 622 Entgegen der Literatur stellen nach Ansicht des OLG Frankfurt203) Taschenkontrollen wegen des damit verbundenen Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht und der übermäßigen Beschränkung des Teilnahmerechts eine „quantitative oder qualitative Überspannung der Sicherheitskontrollen bei Hauptversammlungen dar.204) Es ist nicht anzunehmen, dass das OLG Frankfurt bei der heutigen Gefährdungslage die Entscheidung wiederholen würde. Zwar bejaht das Gericht grundsätzlich die Frage, dass Sicherheitskontrollen im Zugangsbereich zum Versammlungssaal einer Hauptversammlung erfolgen können, auch wenn keine konkrete Gefahr im Sinne polizeirechtlicher Kategorien vorliegt. Jedoch dürften die Kontrollen nicht „überspannt“ werden. Dies sei der Fall, wenn die Einsichtnahme in die Tasche vermieden wird, wenn eine Kontrolle mittels eines Durchleuchtungsgeräts erfolgt. Bei einer solchen Kontrolle sind gefährliche Gegenstände leicht zu erkennen und persönliche Utensilien nur in Konturen erkennbar. Außerdem könne die Einsichtnahme in persönliche Gegenstände durch Aufbewahrungsstellen in angemessenem Abstand zur Hauptversammlung vermieden werden. 623 So sehr die Entscheidung im Grundsatz richtig ist, sind jedoch Zweifel bezüglich der dargelegten Anforderungen angebracht. Wie Ek205) zutreffend ausführt, ___________ 201) 202) 203) 204) 205)

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Quack, in: Aktienrecht in der notariellen Praxis, S. 79. Martens, Leitfaden, S. 24 f.; Max, AG 1991, 77, 81. OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.2.2007, NZG 2007, 310 f. OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.2.2007, NZG 2007, 310, 311. Ek, in: Praxisleitfaden HV, § 10 Rz. 256.

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II. Leitung der Hauptversammlung

gebietet sowohl das Kostenminimierungsinteresse der Gesellschaft als auch das unter Sicherheitsaspekten eher suboptimale Deponieren der Taschen nicht zwingend, der Ansicht des OLG Frankfurt zu folgen. Zu beachten ist außerdem, dass bei anderen Großveranstaltungen, wie z. B. Popkonzerten, die Handhabung von Taschenkontrollen als zulässig erachtet wird. Im Rahmen der Vorbereitung der Hauptversammlung erscheint es jedoch geboten, die Schranken der OLGEntscheidung zu beachten, zumal bei einer erhöhten Gefährdungslage der Einsatz von Durchleuchtungsgeräten unter Praktikabilitäts- und Sicherheitsgesichtspunkten geboten ist. Solange sich die abstrakt bestehende Bedrohungslage für Großveranstaltungen nicht ändert, sind Taschenkontrollen verhältnismäßig. Eine präventive Vorsorgemaßnahme stellt neben den erörterten Sicherheits- 624 kontrollen auch das Ausarbeiten von Vorsorgeplanungen bei möglichen Bombendrohungen dar. Hier sollte dem Versammlungsleiter ein detaillierter, vorher mit ihm abgestimmter Verhaltenskatalog an die Hand gegeben und entsprechende technische Möglichkeiten zur Durchführung der Hauptversammlung in einem Ausweichversammlungsraum geschaffen werden. Soweit sichergestellt ist, dass die geänderte Präsenz erfasst und die Teilnahmemöglichkeit der Aktionäre nicht ausgeschlossen ist, ist die Verlegung zulässig.206) bb)

Allgemeine Maßnahmen

Zu den Pflichten des Versammlungsleiters gehört es, für die rechtmäßige und 625 zweckmäßige Durchführung der Hauptversammlung zu sorgen. Insbesondere hat er darauf hinzuwirken, dass die Tagesordnung sachgemäß abgewickelt, dem Aktionär Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft, die zur sachgemäßen Beurteilung eines Gegenstandes der Tagesordnung erforderlich sind, gegeben wird und eine ordnungsgemäße Beschlussfassung innerhalb der Hauptversammlung erfolgt. Gleichzeitig ist der Vorsitzende gehalten, dafür Sorge zu tragen, dass die Haupt- 626 versammlung an dem Tag, für den sie einberufen wurde, auch abgewickelt wird. Soweit nicht bereits in der Einladung zur Hauptversammlung die Fortsetzung für den nächsten Tag angekündigt wurde, wäre eine Beschlussfassung nach 24:00 Uhr im Regelfall aufgrund der fehlenden Einladung unzulässig.207) Zu be-

___________ 206) Siehe Martens, Leitfaden, S. 26. 207) Siehe Quack, AG 1985, 145, 146; Siepelt, AG 1995, 254, 256 (exakt 24:00 Uhr); a. A. Happ/ Freitag, AG 1998, 493, 497, wonach die Hauptversammlung nicht exakt um 24:00 Uhr beendet sein muss; BVerfG v. 20.9.1999, AG 2000, 74; ZIP 1999, 1798, 1800; BGH, Urt. v. 8.2.2010, AG 2010 292 (RZ 94); Wicke, NZG 2007, 771 (772).

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

achten ist außerdem, dass eine Verhandlungsdauer von zwölf Stunden regelmäßig den zumutbaren zeitlichen Rahmen überschreitet.208) 627 Um eine zügige Durchführung der Hauptversammlung zu ermöglichen, wurde durch das UMAG § 131 Abs. 2 Satz 2 dahingehend geändert, dass der Versammlungsleiter bei Ermächtigung in der Satzung oder in der Geschäftsordnung nach § 129 Abs. 1 Satz 1 das Recht hat, die Frage- und Redezeit in einem angemessenen Umfang zeitlich zu begrenzen.209) Der Gesetzgeber beabsichtigte mit dieser Regelung, einen Missbrauch des Frage- und Rederechts durch einzelne Aktionäre zu verhindern und nicht die Informationsrechte der Aktionäre einzuschränken. Wie Weißhaupt zutreffend ausführt, sollen nicht nur bewusst herbeigeführte Anfechtungsgründe und Provokationen, sondern auch übermäßig lange, unsachliche sowie nicht im Zusammenhang mit den Angelegenheiten der Gesellschaft stehende Redebeiträge durch diese Regelung vermieden werden.210) Die damit verbundene Förderung der Diskussionskultur, die Straffung des Ablaufs der Hauptversammlung und die Konzentration auf die wesentlichen strategischen Entscheidungen führen auch zu einer Verbesserung der inhaltlichen Qualität der Hauptversammlung.211) Zu den Details einer angemessenen Begrenzung der Dauer der Hauptversammlung und des Rede- und Fragerechts des Aktionärs wird insbesondere auf die aktuelle Rechtsprechung212) verwiesen. 628 Mit dieser Verpflichtung, einen zügigen Ablauf zu gewährleisten, korrespondiert nicht immer das Bedürfnis der Aktionäre, ihre Vorstellungen zur Unternehmenspolitik, zu Geschäftsabläufen und Geschäftsführungsmaßnahmen sowie zum wirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg vor dem Plenum Hauptversammlung darzulegen. 629 Daher kann es zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Durchführung der Hauptversammlung geboten sein, das Rederecht als Ausfluss des Teilnahmerechts213) zu beschränken oder andere Ordnungsmaßnahmen einzuleiten. ___________ 208) Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991) 516, 541; Max, AG 1991, 77, 90, Quack, AG 1985, 145, 147 (10 Stunden); Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 121 Rz. 35 (14 Stunden); siehe auch Art. 2.2.4 DCGK, wonach der Versammlungsleiter für eine zügige Abwicklung der Hauptversammlung zu sorgen hat, sodass eine ordentliche Hauptversammlung spätestens nach vier bis sechs Stunden beendet werden kann. 209) Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 22 c m. w. N. 210) Weißhaupt, ZIP 2005, 1767. 211) Wilsing, DB 2005, 35, 40; Seibert/Schütze ZIP 2004, 252, 255; Ek, in: Praxisleitfaden HV, § 10 Rz. 271. 212) So sagt der BGH, Urt. v. 8.2.2010, AG 2010, 292, 294, dass eine Satzungsbestimmung, wonach eine normale Hauptversammlung, in der keine tiefgreifenden unternehmensstrukturellen Maßnahmen zu erörtern sind, in vier bis sechs Stunden abgewickelt sein sollte und eine in der Satzung festgelegte Höchstgrenze von 10 Stunden zulässig ist (siehe auch Vorinstanz OLG Frankfurt v. 12.2.2008, AG 2008, 592); LG Frankfurt ZIP 2007 1861, 1883; LG München I, ZIP 2009, 663. 213) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 118 Rz. 18 m. w. N.

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II. Leitung der Hauptversammlung

(1)

Allgemeine Redezeitbeschränkung

In vielen Fällen wird der vom Sitzungsleiter zu Beginn der Aussprache getä- 630 tigte Hinweis an die Redner, sich kurz zu fassen und nur zu den Punkten der Tagesordnung Ausführungen zu machen, von den Rednern beachtet werden. Jedoch ist insbesondere bei einer Vielzahl von größeren Hauptversammlungen 631 festzustellen, dass das Organ Hauptversammlung nicht nur zur Plattform für politische und gesellschaftsfremde Auseinandersetzungen umfunktioniert wird, sondern dass eine konzentrierte Beratung der Beschlussgegenstände durch eine starke Emotionalisierung, aber auch Leidenschaft und großes Engagement aus dem Kreis der „kritischen Aktionäre“ verzögert wird. Dabei ist auch festzustellen, dass das Auskunfts- und Rederecht häufig von einigen wenigen, immer wieder auftretenden Aktionären missbraucht wird, um mit einer Vielzahl von Fragen die Verwaltung zu Informationsfehlern zu verleiten und die Hauptversammlung in die Länge zu ziehen, was nicht nur zu einer Beeinträchtigung der im Interesse aller wichtigen Diskussionskultur in der Hauptversammlung führt, sondern auch dazu, dass sachlich interessierte Aktionäre mit Stimmengewicht ihr fernbleiben.214) Zusammen mit der begrüßenswerten sachgerechten Wahrnehmung und Aus- 632 übung des Rede- und Fragerechts als Entscheidungsgrundlage für die autonome Willensbildung in der Hauptversammlung durch eine Vielzahl von kritischen Aktionären führt dies zur Notwendigkeit der Straffung der Hauptversammlung, die im Regelfall an dem Tage abgewickelt sein muss, zu dem sie einberufen ist.215) Genügen deshalb die zu Beginn der Hauptversammlung getätigten Hinweise, 633 eine zeitliche Ausuferung der Redebeiträge zu vermeiden nicht, und kann auch nicht durch sonstige organisatorische Maßnahmen, wie z. B. – soweit zulässig – Verzicht auf die Verlesung von Schriftstücken, eine Einhaltung des vorgegebenen Zeitrahmens gewährleistet werden, so hat der Versammlungsleiter die Kompetenz, innerhalb der gesetzlichen Schranken durch eine generelle Beschränkung der Redezeit eine ordnungsgemäße Abwicklung der Tagesordnung sicherzustellen. Nach einhellig vertretener Auffassung216) bedarf es für eine solche Redezeitbe- 634 schränkung auch nicht der Beschlussfassung durch die Hauptversammlung.

___________ 214) Siehe dazu BGH, AG 2010, 292; BT-Drucks. 15/5092, S. 17 zum UMAG. 215) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 119 Rz. 70; Quack, AG 1985, 145, 146; Max, AG 1991, 77, 90; Happ/Freitag, AG 1998, 493, 495. 216) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 151, OLG Stuttgart, Urt. v. 15.2.1995 – 3 U 118/94, AG 1995, 234; LG Stuttgart ZIP 1994, 950; LG Düsseldorf, BB 1962, 384; offengelassen BGHZ 44, 245, 247; Martens, Leitfaden, S. 38 m. w. N.; Reinicke, Rechte und Pflichten des Vorsitzenden, S. 93, Schaaf, ZIP 1997, 1324, 1326.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

Soweit die frühere Rechtsprechung217) und ihr folgend Teile des Schrifttums218) eine solche Befugnis angenommen hatten, ist dies abzulehnen. Es handelt sich um eine präventive Ordnungsmaßnahme, die in die alleinige Zuständigkeit des Sitzungsleiters fällt. Dieser trägt die alleinige Verantwortung für eine ordnungsgemäße Abwicklung der Hauptversammlung, wofür ihm die hierzu erforderlichen Befugnisse zustehen.219) Gerade auch Praktikabilitätsüberlegungen sprechen hierfür, wenn berücksichtigt wird, wie zeitintensiv eine Beschlussfassung der Hauptversammlung im Einzelfall sein kann. 635 Soweit im UMAG die Möglichkeit einer Satzungsermächtigung gemäß § 131 Abs. 2 Satz 2 geregelt wurde, eröffnet dies Rahmenbedingungen zur angemessenen Beschränkung des Frage- und Rederechts zu schaffen, die der Versammlungsleiter der Hauptversammlung dann – unter Berücksichtigung der konkreten Umstände und unter ausübungspflichtgemäßem Ermessen – auszufüllen hat.220) 636 Dies ermöglicht, eine durch die betroffenen Aktionäre selbst legitimierte Grundlage zu schaffen,221) lässt jedoch die generellen Leitungsbefugnisse des Versammlungsleiters unangetastet. 637 Eine vom Versammlungsleiter angeordnete allgemeine Redezeitbeschränkung unterliegt als Ordnungsmaßnahme im Übrigen dem Gebot der Sachdienlichkeit222) und Verhältnismäßigkeit sowie dem Gleichbehandlungsgebot. Dabei ist zu beachten, dass das Rederecht als Ausfluss des Teilnahmerechts grundsätzlich unbeschränkbar ist, jedoch in seiner Ausübung Schranken unterliegt. Neben der formellen Schranke der Notwendigkeit der Worterteilung durch den Vorsitzenden223) gilt insbesondere die allgemeine Beschränkung aller Mitwirkungsrechte der Aktionäre auf „Angelegenheiten der Gesellschaft“ (§ 118 Abs. 1) auch für das Rederecht. Nach § 131 Abs. 1 Satz 1 ist dem Aktionär zudem Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft nur zu geben, soweit sie zur sachgemäßen Beurteilung eines Gegenstands der Tagesordnung erforderlich ist. ___________ 217) RG, Urt. v. 2.11.1895 – Rep I 208/95, RGZ 36, 24; OLG Bamberg, JZ 1908, SpU 68 f.; KG, NJW 1957, 1680, 1681. 218) Nachweis bei Barz, AG 1962, Beilage Nr. 1, 1, 4. 219) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 151; Mülbert, Großkomm. z. AktG, Vor § 118 – 147 Rz. 152 ff.; Ek, in: Praxisleitfaden HV, § 12 Rz. 293, Martens; Leitfaden, S. 38; Barz, AG 1962, Beilage Nr. 1, 1, 4; Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 540; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 119 Rz. 84. 220) BGH, AG 2010, 292, 293. 221) BGH, AG 2010, 292, 293. 222) BGH, AG 2010, 292, 293, Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 151, 165; Hoffmann, in: Spindler/Stilz, § 118 Rz. 16; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, Vor §§ 118 – 147 Rz. 171, BGHZ 44, 245, 255; LG Stuttgart, ZIP 1994, 950; Kuhnt, in: Festschrift Lieberknecht, S. 45, 49. 223) Reinicke, Rechte und Pflichten des Vorsitzenden, S. 82; allgemein zu den Ausübungsschranken des Rederechts, Schaaf, ZIP 1997, 1324, 1326.

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II. Leitung der Hauptversammlung

Berücksichtigt man zudem den Zweck der Hauptversammlung, die Tagesordnung 638 ordnungsgemäß abzuwickeln224) und eine Willensbildung über die Gegenstände der Tagesordnung zu ermöglichen, und sieht man die Ausübung des Rederechts als Vorbereitung dieser Willensbildung, so ergibt sich im Hinblick auf diese Zwecksetzung, dass den Aktionären gerade kein beliebig langes Rederecht zu jedem Verhandlungsgegenstand zugebilligt werden kann. Allen Aktionären ist vielmehr Gelegenheit zu geben, ihre Argumente und Gegenargumente vorzutragen und zu erörtern. Erst wenn andere Mittel zur zeitlichen Straffung der Hauptversammlung aus- 639 geschöpft sind und absehbar ist, dass eine rechtzeitige Abwicklung der Tagesordnung nicht gewährleistet ist, stellt eine generelle Redezeitbeschränkung das geeignete Mittel zur Straffung und Konzentration der argumentativen Auseinandersetzung im Forum Hauptversammlung dar. Dabei ist der Zeitpunkt, ab wann die Redezeitbeschränkung eingreifen soll, 640 umstritten. Während die überwiegende Ansicht in der Literatur225) und die neuere Rechtsprechung226) die Möglichkeit einer generellen Redezeitbeschränkung ab Beginn der Aussprache bejahen, wird diese von anderen Stimmen im Schrifttum227) und in der Rechtsprechung228) erst im Laufe der Diskussion als zulässig erachtet. Eine schon bei Beginn der Diskussion verhängte generelle Redezeitbeschränkung muss als ein zu weit gehender Eingriff in das Rederecht der Aktionäre angesehen werden. ___________ 224) BGH, Beschl. v. 17.5.1955 – V ZB 11/55, BGHZ 17, 245, 250. 225) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 153; Siepelt, AG 1995, 254, 256; Quack, AG 1985, 145, 147; Reinicke, Rechte und Pflichten des Vorsitzenden, S. 93; Steiner, Hauptversammlung, S. 79, der zwar von einer grundsätzlichen Unbeschränkbarkeit von vornherein ausgeht, jedoch den Fall, dass die Tagesordnung zu umfangreich und die Redner zu zahlreich sind, ausnimmt; ebenso Martens, Leitfaden, S. 34. 226) BGH, Urt. v. 12.2.2008, AG 2010, 292, 294, OLG Frankfurt/M. Urt. 12.2.2008, ZIP 2008, 13333; LG Frankfurt/M., Urt. v. 28.11.2006, ZIP 2006; Kubis, in: MünchKommAktG, § 119 Rz. 153, der eine rein vorsorgliche generelle Redezeitbeschränkung als unzulässig ansieht; LG Stuttgart, ZIP 1994, 950, das die Verpflichtung des Versammlungsleiters prüft, die Redezeit von Anfang an allgemein zu begrenzen und damit eine Zulässigkeit generell bejaht, auch wenn im Entscheidungsfall der Grundsatz der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit ein anderes Ergebnis gebot. 227) Martens, Leitfaden, S. 36; so noch Schaaf, ZIP 1997, 1324, 1327. 228) LG Köln, Urt. v. 6.7.2005, AG 2005 696, 698 (Eine rein generelle vorsorgliche Redezeitbeschränkung ist deshalb unzulässig.); LG München, Urt. v. 11.12.2008, ZIP 2009 663, 664, Leitsatz „Beschränkt der Versammlungsleiter einer Hauptversammlung ohne Rücksicht auf die konkreten Umstände des Ablaufs die Redezeit bereits zu Beginn der Hauptversammlung, so ist ein Entlastungsbeschluss anfechtbar, auch wenn die Satzung der Gesellschaft eine entsprechende Ermächtigung vorsieht“. Dabei ist jedoch zu beachten, dass in dem zugrunde liegenden Fall lediglich zwei Wortmeldungen zu Beginn der Hauptversammlung vorlagen und unter Verhältnismäßigkeitsgrundsatz die Redezeitbeschränkung unzulässig war.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

641 Der herrschenden Meinung und Rechtsprechung ist zwar zu folgen, jedoch sollte berücksichtigt werden, dass es im Interesse einer für alle Aktionäre wichtigen Diskussionskultur in der Hauptversammlung sinnvoll ist, zunächst den gesamten Sach- und Streitgegenstand darzulegen, um dann argumentativ zu den unterschiedlichen Positionen Stellung zu nehmen, was bei durch Redezeitbeschränkung verkürzten Redebeiträgen nicht immer in vollem Umfang möglich sein wird. 642 Der Versammlungsleiter sollte dies ebenso wie auch die nach dem UMAG noch zweifelsohne vorhandene Möglichkeit der Umgehung der generellen Redezeitbeschränkung bei der Wahl des Zeitpunkts der Anordnung der Rede- und Fragezeitbeschränkung berücksichtigen und nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, ob hinreichende Anzeichen erkennbar sind, dass das Ziel, die Hauptversammlung in angemessener und zumutbarer Zeit durchzuführen, eine solche Beschränkung geboten erscheinen lässt.229) 643 Reinicke230) folgend ist die Ordnungsmaßnahme „allgemeine Redezeitbeschränkung“ schon rechtmäßig, wenn nach den konkreten Umständen die Gefahr besteht, dass andernfalls die für die Gesamtheit der Aktionäre zumutbare Dauer der Hauptversammlung überschritten wird. Ihm ist dahingehend zuzustimmen, dass konkrete Umstände, wie z. B. die Anzahl der vorliegenden oder aufgrund des bisherigen Ablaufs zu erwartenden Wortmeldungen, ersichtlich sein müssen und ein Abstellen auf das Moment des Überschreitens der zumutbaren Dauer der Hauptversammlung sachgerecht ist. 644 Das Kriterium der unzumutbaren Dauer ist einzelfallbezogen zu bestimmen und stellt einen fließenden Rahmen dar. Dabei obliegt dem Leiter der Hauptversammlung ein Ermessensspielraum, wann „der Zeitpunkt erreicht ist, zu dem eine Fortführung der Hauptversammlung das Maß des unter Berücksichtigung aller Umstände Erträglichen überschreiten würde.“231) 645 Auch wenn damit eine gewisse Unsicherheit besteht, da kein fester Zeitpunkt genannt wird, steht dem Sitzungsleiter auch im Hinblick auf die geschilderten Schranken des Rederechts ein geeigneter Maßstab zur Verfügung. Willkürliche Entscheidung, wie z. B. Unlust über die lange Dauer der Hauptversammlung oder unangenehme Wortbeiträge, vermögen gerade keine Unzumutbarkeit zu begründen. ___________ 229) BGH, AG 2010, 292, 294. 230) Reinicke, Rechte und Pflichten des Vorsitzenden, S. 93. Die insofern in der 1. Aufl. vertretene Auffassung, auf das Moment der rechtzeitigen Beendigung der Hauptversammlung abzustellen, wird aufgegeben. 231) Happ/Freitag, AG 1998, 493, 497, welche jedoch davon ausgehen, dass ggf. auch nach Mitternacht die HV zulässig abgewickelt werden kann, wenn seitens der Verfasser Abstand genommen wird.

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II. Leitung der Hauptversammlung

Abzustellen ist auf den Standard des vernünftigen Aktionärs. Dabei sind unter 646 Beachtung des Verhältnismäßigkeits- und Zumutbarkeitsgebots und des Gleichbehandlungsgrundsatzes, aber auch der Verkehrsanschauung, Aspekte, wie die allgemeinen Grundsätze zum Ablauf einer Hauptversammlung, die Aufnahmefähigkeit des normalen Aktionärs und sein Informationsbedürfnis, Größe und Aktionärsstruktur der Gesellschaft, Aktionärsanzahl und Besonderheiten des Aktionärskreises, zu beachten. Es steht im pflichtgemäßen Ermessen des Versammlungsleiters, dass bei einem 647 nachträglichen Eintritt der Voraussetzungen für eine Redezeitbeschränkung, diese einzuführen ist. Dies ist schon im Interesse einer gleichmäßigen Redezeitverteilung geboten.232) Wie Kubis233) zutreffend ausführt, ist „die hiermit einhergehende Benachteiligung späterer Redner gegenüber den früheren Rednern“ im Sinne einer Vermeidung rein präventiver (und damit ohne Not in das Mitgliedschaftsrecht eingreifender) Beschränkung hinzunehmen. Aus demselben Grund kann der Versammlungsleiter ein für eine allgemeine Redezeitbeschränkung angeordnetes Zeitlimit im Laufe der Versammlung – ggf. mehrfach – weiter reduzieren.234) Bezüglich des Umfangs der Redezeitbeschränkung wird zum Teil von einer 648 Mindestredezeit von zehn Minuten ausgegangen.235) Dies vermindert die Gefahr einer unverhältnismäßigen Belastung von nicht zu Wort gekommenen Aktionären, während die vorherigen Aktionärsredner unverhältnismäßig begünstigt werden. Dabei kann es jedoch, je nach Anzahl der zu erwartenden Wortmeldungen und 649 Fortschreiten der Hauptversammlung, im Einzelfall auch geboten sein, die Mindestredezeit auf unter zehn Minuten zu beschränken.236) Dies ist jedoch nur dann zulässig, wenn eine rechtzeitige Beendigung der Hauptversammlung ohne diese Maßnahme nicht mehr gewährleistet ist. Insofern genießt bei einer Abwägung zwischen ordnungsgemäßer Abwicklung aller Tagesordnungspunkte innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit und Beeinträchtigung der Aktionärsrechte Ersteres den Vorzug; dies nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass ___________ 232) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 153. 233) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 153. 234) LG Stuttgart, Urt. v. 27.4.1994 – 7 KfH O 122/93, AG 1994, 425, 426 = ZIP 1994, 950, 952 f.; Siepelt, AG 1995, 254, 257; ausdrücklich offengelassen von OLG Stuttgart, Urt. v. 15.2.1995 – 3 U 118/94, AG 1995, 234; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 153. 235) LG Flensburg, AG 2004, 623, 625; Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 20; Wicke, in: Spindler/ Stilz, AktG, Anh. § 19 Rz. 11; Ek, in: Praxisleitfaden HV, § 12 Rz. 294; BGH, AG 2010, 292, 294 bezüglich einer durch Satzung gemäß § 131 AktG beschlossenen Beschränkung der Redezeit auf 15 Min. und bei mindestens drei weiteren Rednern auf 10 Min. 236) So auch Martens, Leitfaden, S. 37; Max, AG 1991, 77, 91; Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 540; dagegen MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 36 Rz. 45; Reinicke, Rechte und Pflichten des Vorsitzenden, S. 93; Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 12.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

nach zehn- bis zwölfstündigem Verlauf ausreichend Gelegenheit zur umfassenden Meinungsdarstellung gegeben wurde und neue, nicht wiederholende Redebeiträge erfahrungsgemäß nicht oft zu erwarten sind. 650 Entfallen die Voraussetzungen für eine Redezeitbeschränkung, so ist diese aufzuheben237) oder, wenn eine Abwägung im pflichtgemäßen Ermessen dies gebietet, entsprechend anzupassen. 651 Unabhängig von der Frage der Dauer einer Redezeitbeschränkung, hat das OLG Stuttgart238) die Zulässigkeit einer sukzessiven Redezeitbeschränkung ohne nähere Begründung in Zweifel gezogen. Es ist zwar durchaus bedenklich, wenn Rednern, die später zu Wort kommen, im Verhältnis zu ihren Vorrednern kürzere Redezeiten zur Verfügung stehen. Jedoch gebietet gerade der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, zunächst mit dem milderen Mittel einzuschreiten. Haben ein genereller Appell, eine Abmahnung und eine generelle Redezeitbeschränkung auf fünfzehn oder zehn Minuten keinen Erfolg und ist zu befürchten, dass die ordnungsgemäße Abwicklung der Tagesordnung innerhalb des zur Verfügung stehenden Zeitrahmens nicht erfolgen kann, ist eine sukzessive Redezeitbeschränkung zulässig. Gerade bei großen Publikumshauptversammlungen mit einer Vielzahl von Wortmeldungen und Beteiligung von verschiedenen Schutzgemeinschaften, lässt sich die notwendige Dauer einer Beschränkung nicht exakt mathematisch berechnen und vorhersagen. Eine spätere Korrekturmöglichkeit durch eine sukzessive Redezeitbeschränkung stellt dann das mildeste und verhältnismäßigste Mittel dar. So hielt auch das OLG Frankfurt in einer aktuellen Entscheidung eine sukzessive Redezeitbeschränkung von zunächst 10 Minuten auf dann 5 Minuten unter Verweis auf das Ermessen des Versammlungsleiters für zulässig. Ein Ermessensfehler liege nur vor, wenn der Versammlungsleiter zunächst den der Unternehmensführung „genehmen“ Aktionären das Frageund Rederecht einräume und die befürchteten „Querulanten“ bewusst durch späteren Aufruf benachteilige.239) 652 Eine Beschränkung der Rede führt nach allgemeiner240) Ansicht nicht zu einer Einschränkung des Fragerechts. Ist die zur Verfügung stehende Redezeit abgelaufen, kann der Redner noch Fragen stellen. Dabei empfiehlt es sich,241) für diesen Fall in die Leitnotiz des Versammlungsleiters eine entsprechende Belehrung aufzunehmen. Auch wenn in der Rechtsprechung eine solche Verpflichtung

___________ Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 155. OLG Stuttgart, AG 1995, 234. OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 16.12.2014 – 5 U 24/14, NZG 2015, 1357. Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Vor § 131 Rz. 27; Quack, AG 1985, 145, 148 f.; Martens, WM 1981, 1010, 1013; Schaaf, ZIP 1997, 1324, 1327. 241) Martens WM 1981, 1010, 1011. 237) 238) 239) 240)

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II. Leitung der Hauptversammlung

bisher noch nicht ausdrücklich ausgesprochen wurde, sollte sicherheitshalber angesichts der Ausführung des OLG Stuttgart242) eine Belehrung erfolgen. Wurde vom Sitzungsleiter eine generelle Redezeitbeschränkung angeordnet, so 653 gilt diese für jeden Redner. Ein Redner ist nicht etwa deshalb besser zu stellen, weil er für mehrere Aktionäre spricht. Ansonsten würden z. B. Redner von Großaktionären und von Schutzgemeinschaften unangemessen oft Redezeiten in Anspruch nehmen können. Die Überlassung von Redezeit zugunsten eines anderen Redners ist ebenso wenig zulässig. Gerade bei großen Publikumshauptversammlungen, deren Beschlussgegenstände 654 in der Öffentlichkeit auf großes Interesse stoßen, sind abgestimmte Wortmeldungen von Vertretern einer Aktionärsgruppe häufig anzutreffen. Diese Redebeiträge sind grundsätzlich zulässig. Erst wenn – was in der Praxis nur überaus selten nachzuweisen sein wird – deutlich wird, dass ein Redner quasi nur als Redebote ohne Kundgabe eines eigenen Beitrags mit der Zielsetzung, die generelle Redezeitbeschränkung für den Vorredner zu umgehen, tätig wird, dürfte ein solches Verhalten gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht der Aktionäre verstoßen. Ebenso liegt ein solcher Verstoß vor, wenn die Redner ihre Redebeiträge gerade so geplant haben, dass die Hauptversammlung nicht in einem zumutbaren Zeitrahmen beendet werden kann. Der Grundsatz der Gleichbehandlung gebietet, dass die allgemeine Redezeit- 655 beschränkung gegenüber jedem Redner in gleicher Art und Weise durchgesetzt wird. Ist die Redezeit abgelaufen, so ist der Redner aufzufordern, seine Ausführungen zu beenden und das Rednerpult zu verlassen. Kommt er diesen Aufforderungen nicht nach, kann er nach entsprechender Androhung durch Ordner gewaltsam aus dem Saal entfernt werden.243) Danach empfiehlt es sich aber, ihm die Gelegenheit einzuräumen, den weiteren Ablauf der Hauptversammlung über Monitor zu verfolgen und ihm die Möglichkeit zur Stimmabgabe (Vollmachtserteilung oder Gestattung des Zutritts zum Präsenzbereich) zu geben. Eine Selbstverständlichkeit ist, dass, wenn im Verlauf der Hauptversammlung 656 alle Redner zu Wort gekommen sind und noch ausreichend Zeit für Diskussion ist, die allgemeine Redezeitbeschränkung aufzuheben ist. Dem Sitzungsleiter steht auch die Möglichkeit zu, diese Beschränkung vorher aufzuheben, wenn anhand objektiv nachvollziehbarer Kriterien festzustellen ist, dass es einer allgemeinen Redezeitbeschränkung nicht mehr bedarf. ___________ 242) OLG Stuttgart, AG 1995, 234. „er hat diesen Hinweis offensichtlich unterlassen, weil er irrtümlich angenommen hat, die beschränkte Redezeit schließe die Ausübung des Fragerechts ein; ein Hinweis wäre aber möglicherweise geboten gewesen, um dem Kläger deutlich zu machen, dass sein Fragerecht durch den Ablauf der Redezeit nicht verkürzt werden sollte“. 243) OLG Stuttgart, AG 1995, 234.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

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Missbräuchliche Ausübung des Fragerechts

657 Im Unterschied zu der allgemeinen Redezeitbeschränkung, welche einen zulässigen Eingriff in das Rederecht des Aktionärs darstellt, kann das Auskunftsrecht selbst bei Erwartung der unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten notwendigen Beendigung der Hauptversammlung nicht generell beschränkt werden.244) Es unterliegt jedoch über die inhaltlichen Grenzen des § 131 hinaus immanenten Schranken.245) Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des § 131, in dessen Abs. 1 die Auskunftsansprüche der Aktionäre durch das Kriterium „zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich“ eingeengt werden. Dieses Erfordernis wurde vom Gesetzgeber gerade mit der Zwecksetzung gewählt, Missbräuche des Auskunftsrechts zu verhindern.246) 658 Selbst wenn berücksichtigt wird, dass die Regelung des § 131 zwingender Natur247) ist und dem Auskunftsrecht für die sachgerechte Beurteilung des jeweiligen Gegenstands der Tagesordnung eine große Bedeutung zukommt, unterliegt die Ausübung des Auskunftsrechts Schranken. 659 In Rechtsprechung und Literatur herrscht grundsätzlich Einvernehmen, dass bei Missbrauch der Rechtsausübung das Auskunftsrecht entzogen werden kann.248) Im Wege der Einzelfallbetrachtung wird ein Entzug als zulässig erachtet, soweit durch die konkrete Art und Weise der Rechtsausübung der ordnungsmäßige Ablauf der Hauptversammlung gestört wird.249) 660 In der Praxis wird jedoch dieser Einwand des Rechtsmissbrauchs nur in Ausnahmefällen eingreifen, da meist die Erforderlichkeit der Auskunft nach § 131 Abs. 1 zu verneinen oder ein Verweigerungsrecht gegeben sein wird.250) 661 Von Relevanz kann der Missbrauchseinwand insbesondere dann sein, wenn ein Aktionär eine Vielzahl von Einzelfragen stellt, die zur sachgerechten Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich sind. Während Zöllner251) ___________ 244) 245) 246) 247) 248)

Siehe Kap. E. Rz. 780 ff. Siehe Martens, Leitfaden, S. 38 f. Begründung RegE zu § 131, Kropff, AktG, S. 185. Quack, AG 1985, 145, 148. LG Frankfurt/M., Beschl. v. 16.5.1966 – 3/1 O 63/66, AG 1968, 24, 25; OLG Hamburg, Beschl. v. 6.11.1970 – 11 W 18/70, AG 1970, 372; KG, Beschl. v. 11.2.1972 – 1 W 1672/71, AG 1973, 25; OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 22.7.1983 – 20 W 843/82, ZIP 1983, 1204, 1205 = AG 1984, 25, 26; LG München I, Beschl. v. 16.4.1986 – 7 HKO 8835/85, AG 1987, 185, 189; Martens, Leitfaden, S. 38; Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 33; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 119 Rz. 87 und § 131 Rz. 44 f.; Baumbach/Hueck, AktG, § 131 Rz. 21; v. Godin/Wilhelmi, AktG, § 131 Rz. 8; Luther, in: Festschrift Möhring, S. 221, 245 f.; Martens, Leitfaden, S. 63, 72 ff.; Max, AG 1991, 77, 93; Reuter, DB 1988, 2615, 2616; a. A. Ebenroth, Das Auskunftsrecht des Aktionärs, S. 36. 249) So Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 44. 250) So Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 44. 251) So Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 44.

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II. Leitung der Hauptversammlung

annimmt, dass bei einem Aktionär, der den Ablauf der Hauptversammlung durch Zahl und Länge seiner Fragen blockiert, Rechtsmissbrauch nicht vorliegt, bejaht das OLG Frankfurt/M.252) einen solchen. Der Entscheidung lag ein Auskunftsverlangen zugrunde, wonach zur vollen Beantwortung der gestellten Fragen 25.000 Einzelangaben gemacht werden mussten. Nach einer Entscheidung des LG München I253) sind dagegen 50 Fragen nicht 662 ohne Weiteres unzumutbar, während das LG Frankfurt/M.254) eine zeitraubende, vielleicht sogar stundenlange Erörterung für unzumutbar hielt. Ein zur sachgemäßen Beurteilung eines Punkts der Tagesordnung erforderliches 663 Auskunftsbegehren kann nur dann als Rechtsmissbrauch bewertet werden, wenn die Ausübung des Auskunftsrechts unter Berücksichtigung der Umstände unerträglich erscheint und den ordnungsgemäßen Ablauf der Hauptversammlung schwer und nachhaltig stören würde. Angesichts der Schwere des damit verbundenen Eingriffs ist deshalb vom Vor- 664 sitzenden zunächst dem Aktionär die Gelegenheit zu geben, seine Fragen auf die erforderlichen zu reduzieren. Kommt der Aktionär dieser Aufforderung nicht nach, so steht dem Versammlungsleiter das Recht zu, den Fragenkatalog insgesamt zurückzuweisen.255) Zum Umfang des Fragenkatalogs und der damit verbundenen Frage der Zu- 665 lässigkeit lässt sich keine generelle Aussage tätigen. Maßgeblich wird aber nicht die Anzahl der gestellten Fragen, sondern der zeitliche Umfang der notwendigen Antworten sein,256) sodass auch 50 Einzelfragen als durchaus missbräuchlich zu bewerten sein können, wenn die Beantwortung aufgrund des Umfangs den zeitlichen Ablauf der Hauptversammlung unzumutbar beeinträchtigen würde. Dagegen kann z. B. bei sachfremden Motiven, insbesondere in Zusammenhang mit Entlastungsbeschlüssen, kein Grund für die Annahme der Zulässigkeit der Auskunftsverweigerung gesehen werden. Soweit in der Literatur257) die Meinung vertreten wird, dass § 242 BGB dort eingreife, wo die sachfremden Ziele des Aktionärs derart überwiegen, dass dessen Verhalten nicht mehr gebilligt werden könne, ist dem nicht zu folgen. Abzustellen ist auf die bereits angeführten Kriterien und nicht auf eine Motivforschung. Angesichts des hohen Stellenwerts des Auskunftsrechts ist es beispielsweise gerade zulässig, unbequeme Fragen zu stellen und die Verwaltung mit langatmigen Fragenkatalogen oder mit zum Zwecke der Selbstdarstellung gestellten Fragen zu nerven. ___________ 252) 253) 254) 255) 256) 257)

OLG Frankfurt/M., ZIP 1983, 1204. LG München I, AG 1987, 185, 189. LG Frankfurt/M., AG 1968, 24, 25. Martens, Leitfaden, S. 39. So auch Martens, Leitfaden, S. 40. Nitschke/Bartsch, AG 1969, 95, 99.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

(3)

Schluss der Rednerliste

666 Neben der Redezeit- und Fragerechtsbeschränkung umfasst die Leitungsbefugnis, die nach herrschender Meinung dem Versammlungsleiter obliegt,258) auch die Kompetenz, den Schluss der Rednerliste anzuordnen. Dies hat zur Folge, dass weitere Wortmeldungen nicht mehr entgegengenommen, die bereits abgegebenen Wortmeldungen jedoch noch behandelt werden müssen. Zu beachten ist jedoch, dass die Schließung der Rednerliste im Vergleich zur generellen Redezeitbeschränkung einen tieferen Eingriff in das mitgliedschaftliche Rederecht darstellt, d. h. zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist es notwendig, „dass eine weitere zeitliche Limitierung des Rederechts nicht zu einer gesetzmäßigen Abwicklung der Hauptversammlung führen kann“.259) Einer vorherigen Ankündigung bedarf die Schließung der Rednerliste nicht.260) In der Praxis ist es aber aufgrund der gegenteiligen Literaturmeinungen durchaus üblich, eine Androhung vor der Schließung der Rednerliste auszusprechen.261) 667 Unberührt von dem Schluss der Rednerliste bleibt ein etwaiges Auskunftsbegehren von Aktionären. Diesem Begehren muss der Sitzungsleiter entsprechen. Der Schluss der Rednerliste unterliegt den gleichen formalen Anforderungen, wie die bereits dargestellte Redezeitbeschränkung. 668 Der in der Literatur teilweise vertretenen Ansicht, dass die Rede auch geschlossen werden könne, wenn die Erörterung des anstehenden Tagesordnungspunkts argumentativ erschöpft sei und nunmehr nur noch Aktionäre auftreten, deren Vortrag aus Wiederholungen bestehe,262) ist nicht zu folgen. Es fehlt gerade an dem rechtfertigenden Sachverhaltsmerkmal der unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten zu erwartenden notwendigen Beendigung der Hauptversammlung. 669 Konzentrationsüberlegungen allein vermögen angesichts der dem Rederecht zukommenden Bedeutung im Rahmen der Meinungsbildung für die anstehenden Beschlussfassungen einen Schluss der Rednerliste nicht zu begründen. Im Gegensatz zur allgemeinen Redezeitbeschränkung stellt der Schluss der Rednerliste einen noch weitgehenderen Eingriff in das Rederecht dar, verhindert er doch jegliche argumentative Auseinandersetzung und limitiert diese nicht nur. Der Versammlungsleiter sollte deshalb auch dieses Leitungsmittel nur sehr vor-

___________ 258) Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 540; Martens, Leitfaden, S. 41; Max, AG 1991, 77, 92; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 156; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 129 Rz. 210; Ziemans, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 130 Rz. 47. 259) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 156; ebenso LG Stuttgart, AG 1994, 425, 426; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 129 Rz. 210; Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 21. 260) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 156; Ziemans, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 130 Rz. 47. 261) Ek, in: Praxisleitfaden HV, § 12 An. 296; vgl. OLG Stuttgart, BeckRS 2009, 18606. 262) Martens, Leitfaden, S. 41.

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II. Leitung der Hauptversammlung

sichtig und eingeschränkt anwenden, zumal er sich dadurch leicht des Verdachts eines Zensors aussetzt.263) Bezüglich des Zeitpunkts ist zu beachten, dass der Schluss der Rednerliste im 670 Hinblick auf die meist noch angemeldeten Redner und der Möglichkeit der Ausübung des Fragerechts nicht zu nahe an den letzten zulässigen Beendigungszeitpunkt der Hauptversammlung gerückt werden sollte. (4)

Schluss der Debatte

Der Schluss der Debatte stellt, sofern Wortmeldungen noch nicht erledigt sind, 671 einen äußerst starken Eingriff in die dem Aktionär zustehenden Rechte dar und ist nur unter sehr engen Voraussetzungen als gerechtfertigt anzusehen. Mit dem Schluss der Debatte wird den Aktionären nicht nur ihr Rede-, sondern 672 auch ihr Fragerecht264) genommen. Der Versammlungsleiter sollte aus diesem Grund von dieser ihm zustehenden Leitungsbefugnis nur Gebrauch machen, wenn die Hauptversammlung nur für einen Tag einberufen wurde und für eine weitere Aussprache keine Zeit verbleibt. Vollziehen darf der Versammlungsleiter diese Maßnahme nur, wenn der gesetzlich noch verbleibende Zeitrahmen bis zum Ende der Hauptversammlung lediglich noch die Beschlussfassung abdeckt, sodass gegen 22:30 Uhr die Debatte beendet werden darf.265) Aspekte der Konzentration der argumentativen Auseinandersetzung oder die 673 Erwartung, die erfolgten Wortmeldungen würden sich in bereits Gesagtem erschöpfen, sind nicht geeignet, diesen äußersten Eingriff in die Aktionärsrechte zu rechtfertigen. Ebenso ist es keine zulässige Maßnahme, um oppositionelle Aktionäre ruhig zu stellen. Meist ist auch im Zeitpunkt der Anordnung nicht zu übersehen, ob die uner- 674 ledigten Wortmeldungen neue sachbezogene Argumente erwarten lassen oder sich in politischer Agitation und Wiederholungen erschöpfen.266) Wie Quack267) zutreffend darlegt, würde ein Erfragen oder besser Überprüfen 675 der noch anstehenden Redebeiträge auf „Sachdienlichkeit“ auch keine große Zeitersparnis bewirken, sodass der Schluss der Debatte angesichts des damit verbundenen Eingriffs wohl nur in den dargestellten Ausnahmefällen zulässig ist.

___________ 263) Martens, Leitfaden, S. 41. 264) So Martens, Leitfaden, S. 42; Max, AG 1991, 77, 92; Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 541. 265) Siehe Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Anm. 157; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 129 Rz. 211. 266) Siehe Quack, AG 1985, 145, 149; BGHZ 44, 245, 248; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 158; Wicke, NZG 2007, 771, 773 f.; Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 21. 267) Siehe Quack, AG 1985, 145, 149.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

676 Dagegen kommt, sofern die Diskussion beendet ist und weitere Redner nicht gemeldet sind, der Feststellung des Sitzungsleiters „Schluss der Debatte“ lediglich deklaratorische Wirkung zu. cc)

Ordnungsmaßnahmen gegen einzelne Teilnehmer

677 Dem Versammlungsleiter268) – nicht der Hauptversammlung – steht die Kompetenz zu, gegenüber einzelnen Aktionären individuelle Ordnungsmaßnahmen zu verhängen. Nach herrschender Meinung269) kann diese Zuständigkeit, was jedoch wenig zweckmäßig erscheint, an die Hauptversammlung delegiert werden. Die Ordnungsbefugnisse umfassen das Recht zur Abmahnung, zur individuellen Redezeitbegrenzung, zum Wortentzug und zur Saalverweisung. 678 Da durch diese Maßnahmen des Versammlungsleiters der Aktionär, der einen erheblichen Teil seiner Mitgliedschaftsrechte nur auf der Hauptversammlung ausüben kann, insbesondere in seinem Rederecht, auch in seinem Frage- und ggf. in seinem Stimmrecht beeinträchtigt wird, sind an die Voraussetzungen für diese Maßnahmen besonders strenge Anforderungen zu stellen.270) 679 Soweit in der Literatur zur Begründung des Ordnungsrechts des Hauptversammlungsleiters als Rechtsgrundlage auf das Hausrecht oder das Notwehrrecht abgestellt wird, ist dem nicht zu folgen. 680 Beim Hausrecht und auch beim Notwehrrecht handelt es sich von der Rechtsgrundlage her um ein vom Ordnungsrecht des Versammlungsleiters verschiedenes und unabhängiges Recht.271) So wird beim Hausrecht auf das durch § 123 Abs. 1 StGB geschützte private Recht des Eigentümers oder sonstiger Berechtigter einer zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmten Wohnung oder anderer Örtlichkeiten abgestellt, demzufolge er einem anderen das Betreten der oder das Verweilen innerhalb der genannten Örtlichkeiten gestatten oder untersagen könne.272) Dieses aus dem Eigentum oder aus dem Besitz sich ergebende Recht könne sich zwar mit dem Ordnungsrecht überlappen, müsse es jedoch nicht. Dies zeige sich z. B. darin, dass nicht jede Störung des ordnungsgemäßen Ablaufs der Hauptversammlung, wie etwa zu langes Reden, auch einen Verstoß gegen das Hausrecht darstelle.273) Insbesondere gilt das Gesagte auch für das auf § 227 Abs. 2 BGB beruhende Notwehrrecht, da nicht jede Störung der Hauptversammlung als Notwehrlage i. S. v. § 227 Abs. 2 BGB anzusehen ist. ___________ 268) BGHZ 44, 245, 255; LG Stuttgart ZIP 1994, 950. 269) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 44; Martens WM, 1981, 1010, 1012 f.; Max, AG 1991, 77, 92. 270) BGHZ 44, 245, 255. 271) Reinicke, Rechte und Pflichten des Vorsitzenden, S. 26 f. 272) Reinicke, Rechte und Pflichten des Vorsitzenden, S. 26 f. 273) Reinicke, Rechte und Pflichten des Vorsitzenden, S. 26 f.

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II. Leitung der Hauptversammlung

Soweit sich Max zur Begründung des Ordnungsrechts des Hauptversammlungs- 681 leiters auf das Haus- oder Notwehrrecht beruft,274) kann dem aufgrund der unterschiedlichen Rechtsgrundlagen nicht gefolgt werden. Darüber hinaus bedarf der Versammlungsleiter aufgrund der ihm eingeräumten 682 Rechte, den ordnungsgemäßen Ablauf der Hauptversammlung zu gewährleisten, auch nicht der Legitimation durch ein Haus- oder Notwehrrecht. Insbesondere sind der Verhältnismäßigkeits- und Gleichbehandlungsgrundsatz 683 sowie die nachfolgend geschilderten Rangverhältnisse zu beachten. Während sich die Ordnungsbefugnisse des Versammlungsleiters gegenüber den Aktionären aus seiner Aufgabenstellung ableiten lassen und eine Bezugnahme auf die Rechtsinstitute Notwehrrecht und Hausrecht nicht erforderlich ist,275) wird in der Literatur276) erörtert, kraft welcher Befugnis der Versammlungsleiter bei Gästen seine Ordnungsbefugnisse ausübt. Martens vertritt hierbei die Ansicht, dass anwesenden Gästen gegenüber der Versammlungsleiter seine Befugnisse nur kraft Hausrechts ausüben dürfe.277) Er begründet dies damit, dass die Aktionäre bereits aufgrund ihres Mitgliedschaftsverhältnisses dem Ordnungsrecht des Versammlungsleiters unterliegen. Dem Versammlungsleiter sind jedoch unter Berücksichtigung der vom Gesetzgeber im Aktienrecht getroffenen Funktionsbestimmungen und des Zwecks der Hauptversammlung sowie unter Beachtung des § 89 der Einleitung zum allgemeinen Landrecht für die preußischen Staaten, die Befugnisse zuzuweisen, welche er zur sachgemäßen sowie recht- und zweckmäßigen Durchführung der Hauptversammlung benötigt. Diese dem Versammlungsleiter zugewiesene Kompetenz erstreckt sich auf alle 684 Teilnehmer der Hauptversammlung, sodass ein Rückgriff auf das aus § 123 Abs. 1 StGB abgeleitete Hausrecht nicht nötig ist, aber auch unproblematisch wäre. (1)

Abmahnung

Die Abmahnung stellt das mildeste Ordnungsmittel dar und wird in der Praxis 685 sehr oft mit der Androhung des nächstschärferen Ordnungsmittels verbunden. Je nach Situation in der Hauptversammlung ist es angebracht, zunächst mit der Abmahnung auf den Aktionär/Gast einzuwirken. Erschöpft sich z. B. zu Beginn der Hauptversammlung ein Redebeitrag in Wiederholungen, ist die Abmahnung das geeignete und verhältnismäßige Mittel, um auf den Teilnehmer Einfluss zu nehmen.

___________ 274) 275) 276) 277)

Max, AG 1991, 77, 79. BGHZ 44, 245, 255 f. Martens, Leitfaden, S. 43. Martens, Leitfaden, S. 43.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

686 Sie sollte auch aufgrund der mit ihr verbundenen Hinweis- und Warnfunktion278) vor der Verhängung schärferer Ordnungsmittel Anwendung finden. Dies gebietet schon der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Jedoch kann es aufgrund der besonderen Schwere des störenden Eingriffs im Einzelfall geboten sein, auch ohne Abmahnung sofort andere Ordnungsmittel zur Anwendung zu bringen, so z. B. bei einem tätlichen Angriff auf den Sitzungsleiter. (2)

Individuelle Redezeitbeschränkung

687 Dem Sitzungsleiter steht als weiteres Ordnungsmittel die Möglichkeit der individuellen Redezeitbeschränkung zur Verfügung. Nach vorheriger Abmahnung darf der Sitzungsleiter die Redezeit des Sprechers beschränken, wenn die Störung des ordnungsgemäßen Ablaufs der Hauptversammlung nicht anders behebbar ist.279) Dies ist dann der Fall, wenn sich die Ausführungen des Redners nicht auf die zur Erörterung anstehende Tagesordnung beziehen oder sich der Redner in ständigen Wiederholungen ergeht. 688 Die individuelle Redezeitbeschränkung ist auch zulässig, wenn der Umfang der Ausführungen den ordnungsgemäßen Ablauf der Hauptversammlung zu sprengen droht. In solch einer Situation kann es im Interesse der anderen Aktionäre sogar erforderlich sein, eine individuelle Redezeitbeschränkung anzuordnen, um eine generelle Redezeitbeschränkung und den damit verbundenen stärkeren Eingriff in Aktionärsrechte zu vermeiden.280) 689 Die auf die Stellung von Fragen verwandte Zeit darf nicht auf die zur Verfügung stehende Redezeit angerechnet werden.281) In der Praxis ist in diesem Zusammenhang häufig festzustellen, dass Aktionäre mit der Berufung auf ihr Auskunfts- und Fragerecht die individuelle Redezeitbeschränkung unterlaufen und lediglich erneute Wiederholungen von sich geben. In diesem Fall kann es geboten sein, dem Aktionär das Wort zu entziehen, und selbst bei der Behauptung, er würde nur sein Fragerecht ausüben, von einer erneuten Worterteilung Abstand zu nehmen.282) 690 Darüber hinaus besteht unter engen Voraussetzungen auch die Möglichkeit der Beschränkung des Fragerechts. Dafür ist es notwendig, dass der Aktionär sein Fragerecht in beleidigender oder destruktiver Ausübung, bei ersichtlichem Störungswillen oder im Zuge einer Verzögerungstaktik283) in der Hauptversamm___________ Schaaf, ZIP 1997, 1324, 1327. OLG Frankfurt/M., Urt. v. 22.2.1984 – 3/9 O 123/83, ZIP 1984, 325. So auch Martens, Leitfaden, S. 35. BGHZ 44, 245, 252; OLG Stuttgart, AG 1995, 234, 235; Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 20; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 159; Martens, Leitfaden S. 63; a. A. Mutter, Auskunftsansprüche des Aktionärs in der HV, S. 63; Decker, in: Großkomm. z. AktG, § 131 Rz. 111. 282) Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 542. 283) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 119 Rz. 87. 278) 279) 280) 281)

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II. Leitung der Hauptversammlung

lung ausübt. Wurde dagegen von der in § 131 Abs. 2 Satz 2 vorgesehenen Ermächtigung der Beschränkung des Rede- und Fragerechts durch Satzung (oder Geschäftsordnung) Gebrauch gemacht, so ist der Versammlungsleiter zu einer angemessenen Beschränkung des Rede- und Fragerechts befugt. Diese kann sich auf einzelne Redner oder auf einzelne Tagesordnungspunkte beziehen.284) (3)

Wortentzug

Ist Abmahnung und generelle und/oder individuelle Redezeitbeschränkung nicht 691 erfolgreich gewesen, steht dem Versammlungsleiter das Ordnungsmittel des Wortentzugs zu.285) Der Vorsitzende kann einem Redner das Wort entziehen, wenn dieser sich in Wiederholungen ergeht, ständig überflüssige und nicht auf Gegenstände der Tagesordnung bezogene Darlegungen äußert und beleidigende und unsachliche Behauptungen macht.286) Wiederholte politische Agitationen, welche nicht zur sachgemäßen Beurteilung von Gegenständen der Tagesordnung beitragen, können ebenso vom Versammlungsleiter mit einem Wortentzug bedacht werden. Bei der Beurteilung, ob ein Wortentzug gerechtfertigt ist, sollte der Versamm- 692 lungsleiter eine gewisse Toleranz und Großzügigkeit an den Tag legen. Gerade bei nicht geübten Versammlungsrednern sind manche für den Versammlungsleiter schon beleidigenden Charakter aufweisende Äußerungen lediglich Ausdruck einer gewissen Ungeschicktheit. Mit einer zu engen Auslegung ist zudem die Gefahr einer Konfrontation und 693 Eskalation verbunden, die ebenso wenig im Interesse der Versammlungsleitung liegt, wie durch Unterlassen von Ordnungsmaßnahmen bei groben Beleidigungen und Verunglimpfungen zu einer Infragestellung der Autorität des Sitzungsleiters beizutragen. Im Regelfall sollte dem Wortentzug aufgrund der Schwere des Eingriffs in das Rederecht eine Verwarnung und Androhung vorausgehen. (4)

Saalverweis/Saalentfernung

Als Ultima Ratio steht dem Versammlungsleiter das Ordnungsmittel des Saal- 694 verweises zur Verfügung, soweit der Betroffene den geordneten Ablauf der Hauptversammlung in erheblichem Maße stört. Dieses letzte Mittel kann angewandt werden, wenn sonstige Ordnungsmaßnahmen erfolglos waren und angesichts der Schwere des Eingriffs in den Ablauf der Hauptversammlung die Saalverweisung erforderlich und verhältnismäßig ist. Tätlichkeiten, Beleidigungen gegenüber Vorstand, Aufsichtsrat oder Aktionären, ungebührliches Verhalten ___________ 284) Ek, in: Praxisleitfaden HV, § 12 Rz. 301. 285) Zur Rechtmäßigkeit der zwangsweisen Entfernung eines Aktionärs bei Verstoß gegen genehmigte Redezeitbeschränkung siehe LG Stuttgart ZIP 1994, 950. 286) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 119 Rz. 86 m. w. N.; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 160.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

wie langandauernder Lärm, lautes und häufiges Zurufen und Zwischenrufen usw. sind Verhaltensweisen, welche einen Saalverweis rechtfertigen können. Ebenso können Sprechchöre oder das Entrollen von Transparenten287) dazu geeignet sein. Außerdem ist ein Saalverweis, wie das Beispiel Wenger auf der Hauptversammlung Daimler zeigt, auch dann zulässig, um die Beachtung einer Redezeitbeschränkung durchzusetzen.288) 695 Inwieweit die Verwendung eines Tonbandgeräts gegen den Willen des Versammlungsleiters schon zur Saalverweisung Anlass gibt,289) ist differenziert zu betrachten. Sofern die Teilnehmer der Hauptversammlung, insbesondere die Aktionäre, gegen die Verwendung keinen Widerspruch erheben und somit ihr Persönlichkeitsrecht nicht beeinträchtigt wird, wäre ein Saalverweis nicht verhältnismäßig. Dagegen ist bei fehlender Zustimmung der Aktionäre der Ausschluss aus der Hauptversammlung nach Androhung und Abmahnung begründet. Insgesamt sollte der Versammlungsleiter jedoch von diesem Ordnungsmittel nur sehr bedacht und in engen Grenzen Gebrauch machen und dem Aktionär vor Verweisung aus dem Saal Gelegenheit geben, seine Stimme auf einen Dritten zu übertragen.290) 696 Allgemein wird bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Ordnungsmaßnahmen immer wieder das Gleichbehandlungsgebot (§ 53a) erörtert, welches der Leiter der Hauptversammlung bei allen seinen Maßnahmen zu beachten habe.291) 697 Jedoch rechtfertigt § 53a in unterschiedlichen Stadien der Hauptversammlung eine unterschiedliche Ausübung der Leitungs- und Ordnungsbefugnisse. So kann es durchaus geboten sein, zu Beginn der Hauptversammlung eine großzügige Sitzungsleitung walten zu lassen, jedoch mit weiterem Fortschritt der Hauptversammlung eine „schärfere Gangart“ einzulegen.292) 698 Aus der Unentziehbarkeit des Teilnahmerechts folgt allerdings, dass die Saalverweisung als Ultima Ratio anzusehen ist und nur dann in Betracht kommt, wenn andere versammlungsleitende Maßnahmen gescheitert sind. Dabei ist es aber nicht notwendig, dass sich der Versammlungsleiter mit der „akustischen Stilllegung“ des Redners, z. B. durch Abschaltung der Mikrophone begnügen muss.293) Es handelt sich bei der Saalverweisung um eine Zuweisung von Ordnungsgewalt zur Person des Versammlungsleiters, um den ordnungsgemäßen Ablauf der Hauptversammlung zu gewährleisten. Inwieweit sich der Versamm___________ 287) 288) 289) 290) 291) 292) 293)

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Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 32. OLG Stuttgart, Urt. v. 15.2.1995 – 3 U 118/94, AG 1995, 234, 235. So Roellecke, BB 1959, 514. BGHZ 44, 245, 252. Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 53a Rz. 75. So auch Martens, Leitfaden, S. 44. Siehe dazu Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 161.

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II. Leitung der Hauptversammlung

lungsleiter zusätzlich auch auf ein Notwehrrecht aufgrund der Beeinträchtigung des Hausrechts berufen könnte, kann somit dahingestellt sein.294) c)

Die Geschäftsordnung der Hauptversammlung

aa)

Allgemeines

Durch das KonTraG wurde in § 129 Abs. 1 folgender Satz vorangestellt:

699

„Die Hauptversammlung kann sich mit einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals umfasst, eine Geschäftsordnung mit Regeln für die Vorbereitung und Durchführung der Hauptversammlung geben.“

Die Begründung zum Regierungsentwurf295) führt dazu aus, dass das Aktienge- 700 setz fast keine Aussagen über den Ablauf und die Leitung der Hauptversammlung enthalte und dies „gerade bei neu an die Börse gegangenen Gesellschaften zur Rechtsunsicherheit bei den Versammlungsleitern führen“ könne.296) Der Gesetzgeber ging auch davon aus, dass solche Geschäftsordnungsregelungen dazu beitragen, die Hauptversammlung als „Forum für eine inhaltliche Auseinandersetzung über die Geschäftspolitik, die Arbeit der Verwaltung und die in der Verantwortung der Hauptversammlung liegenden unternehmensstrukturellen Maßnahmen“297) zu verfestigen. Das kommt auch in der weiteren Begründung zum Ausdruck, wonach durch die Geschäftsordnung zu einer „Revitalisierung der Hauptversammlung, zur Konzentration auf eine inhaltliche Sachdebatte und im Ergebnis zur Verbesserung der Kontrolle durch die Eigentümer in der Hauptversammlung beigetragen werden“ soll.298) In der Praxis299) wurde dagegen nach KonTraG kein Handlungsbedarf für den Erlass von Geschäftsordnungen für die Hauptversammlung gesehen. bb)

Regelungsgegenstände der Geschäftsordnung Hauptversammlung

Der Gesetzgeber hat in § 118 Abs. 4 als möglichen Inhalt der Geschäftsord- 701 nung ausgeführt, dass die Satzung oder Geschäftsordnung vorsehen kann, die Übertragung der Hauptversammlung in Wort und Bild zuzulassen. ___________ 294) Nach Siepelt, AG 1995, 254, 260, bildet das Hausrecht keine geeignete Grundlage, weil es von der Gesellschaft und damit von der Summe ihrer wirtschaftlichen Eigentümer, nämlich den Aktionären, wahrgenommen wird. 295) Begründung RegE KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 19 f., abgedruckt in: ZIP 1997, 2059, 2064. 296) Begründung RegE KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 19 f., abgedruckt in: ZIP 1997, 2059, 2064. 297) Begründung RegE KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 19 f., abgedruckt in: ZIP 1997, 2059, 2064. 298) Begründung RegE KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 19 f., abgedruckt in: ZIP 1997, 2059, 2064. 299) Hennerkes/Kögel, DB 1999, 81, 82.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

702 In der Begründung zum KonTraG300) wurden als mögliche Regelungsgegenstände der Geschäftsordnung der Hauptversammlung die nachfolgenden Bereiche genannt: x

Fragen der Sicherheitskontrolle

x

Bestimmung der Person des Versammlungsleiters und seiner Leitungs- und Ordnungsbefugnisse

x

Anwesenheitsrecht des Abschlussprüfers und anderer Dritter

x

Tonbandmitschnitt und das Recht einzelner Redner auf Unterbrechung der Aufzeichnung

x

Aushändigung eines stenografischen Protokolls und Einsichtnahme in ein solches Protokoll

x

Erteilung von Abschriften

x

Redezeiten

x

Fragerecht

x

Zeitpunkt der Meldung von Redebeiträgen

x

Behandlung von Rednerlisten

x

Voraussetzung für den Schluss der Rednerliste,

x

Verfahren der Stimmauszählung

x

Notwendigkeit der Verlesung von Beschlussvorschlägen

x

Ordnungsbefugnisse des Versammlungsleiters

703 Damit hat der Gesetzgeber jedoch nicht geklärt, wie weit die Regelungskompetenz einer Geschäftsordnung für die Hauptversammlung geht. Sowohl der Gesetzeswortlaut als auch die Regierungsbegründung schweigen zu dieser Frage. Nach § 23 Abs. 5 kann von den Vorschriften des Aktiengesetzes durch Satzungsbestimmungen nur abgewichen werden, wenn dies ausdrücklich zugelassen ist. Wie Hennerkes/Kögel301) zutreffend ausführen, kann aus Gründen der Normenhierarchie der Regelungsbereich einer Geschäftsordnung nicht größer sein als derjenige der Satzung. Eine Einschränkung des in § 23 Abs. 5 geregelten Grundsatzes der Satzungsstrenge ist selbst unter Berücksichtigung der beim Erlass einer Geschäftsordnung durch die Hauptversammlung notwendigen Beschlussfassung mit satzungsändernder Mehrheit und der Entwurfsbegründung („um ihr eine breite Grundlage im Aktionärskreis zu geben und einen weiteren Gestaltungsspielraum mit Blick auf § 23 Abs. 5 zu legitimieren“302)) nicht ge___________ 300) Begründung RegE KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 19 f., abgedruckt in: ZIP 1997, 2059, 2064. 301) Hennerkes/Kögel, DB 1999, 81, 82. 302) Begründung RegE KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 19, abgedruckt in: ZIP 1997, 2059, 2064.

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II. Leitung der Hauptversammlung

rechtfertigt.303) Berücksichtigt man zudem, dass § 23 Abs. 5 Satz 1 auch dann Anwendung findet, wenn das Gesetz eine Entscheidung – hier die Kompetenzzuweisung – durch beredtes Schweigen getroffen hat,304) führt dies dazu, dass die Regelungskompetenz der Geschäftsordnung nicht die Ausgestaltung der Leitungs- und Ordnungsbefugnisse umfasst. Auch wenn die Aufgaben und Befugnisse des Versammlungsleiters im Aktien- 704 recht nicht ausdrücklich geregelt sind, ist mit der Rechtsprechung305) und Literatur306) davon auszugehen, dass dem Versammlungsleiter originär die Befugnisse zustehen, welche er zur sachgemäßen, recht- und zweckmäßigen Durchführung der Hauptversammlung benötigt. Für die beschriebene Kompetenz des Sitzungsleiters spricht die ihm obliegende Leitungsbefugnis und die Notwendigkeit, im Einzelfall von seinen Befugnissen zur ordnungsgemäßen Durchführung der Hauptversammlung flexibel Gebrauch machen zu können und in seinem Entscheidungsspielraum nicht unnötig beeinträchtigt zu sein. Gerade bei Publikumsgesellschaften ist dies für die Versammlungsleitung notwendig. Dabei handelt es sich um originäre Rechte des Versammlungsleiters, die der Disposition der Hauptversammlung entzogen sind. Diese ungeschriebenen Kompetenzzuweisungen an den Versammlungsleiter sind 705 auch dahin gehend zu verstehen, dass sie keine „ausdrückliche“ Zulassung abweichender Satzungsbestimmungen und Geschäftsordnungsregelungen enthalten. Der Wortlaut von § 129 Abs. 1 Satz 1 und die im Referenten- und Regierungsentwurf enthaltenen Begründungen stehen dieser Auffassung nicht entgegen. Zwar sieht der Regierungsentwurf vor, dass durch die Möglichkeit des Erlasses einer Geschäftsordnung mit satzungsändernder Mehrheit die Selbstorganisationsautonomie der Hauptversammlung deutlich gestärkt wird.307) Diese Stärkung bezieht sich jedoch lediglich auf die der Hauptversammlung selbst zustehenden Verfahrensbefugnisse. Dagegen ist es der Hauptversammlung untersagt, in die dem Versammlungsleiter aus eigenem Recht zustehenden Leitungsund Ordnungsbefugnisse einzugreifen.308) Insofern hat das Selbstorganisationsrecht der Hauptversammlung zurückzutreten. So kann z. B. die Hauptversamm___________ 303) Schaaf, ZIP 1997, 1324, 1325. 304) Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 524; Martens, WM 1981, 1010; Hennerkes/ Kögel, DB 1999, 81. 305) BGH, Urt. v. 11.11.1965 – II ZR 122/63, BGHZ 44, 245, 248; LG Stuttgart, Urt. v. 27.4.1994 – 7 KfH O 122/93, ZIP 1994, 950. 306) Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 19; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 129 Rz. 14; Schaaf, ZIP 1999, 1339, 1344; Bezzenberger, ZGR 1998, 358 f.; Martens, WM 1981, 1010, 1012; Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 520 m. w. N. 307) Begründung RegE KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 19, abgedruckt in: ZIP 1997, 2059, 2064. 308) Martens, WM 1981, 1010.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

lung eine vom Sitzungsleiter innerhalb seiner Kompetenz getroffene rechtswidrige Ordnungsmaßnahme nicht durch Zustimmung „heilen“. 706 Die Bestimmung der Leitungs- und Ordnungsbefugnisse in einer Geschäftsordnung kann somit nur entsprechend den bestehenden gesetzlichen Regelungen und den von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Leitungs- und Ordnungsbefugnissen des Versammlungsleiters erfolgen. Davon abweichende eigenständige Regelungen würden u. a. in die Kompetenz und Entscheidungsfreiheit des Versammlungsleiters eingreifen309) und seine Leitungsbefugnisse unzulässig beschneiden. Die originären Ordnungs- und Leitungskompetenzen des Versammlungsleiters stehen aus diesem Grund nicht zur Disposition der Geschäftsordnung. Dies gilt auch für Maßnahmen, welche der Versammlungsleiter im Einzelfall auf die Hauptversammlung delegieren kann. 707 Folgende eigenständige Regelungen können unter Berücksichtigung des Vorrangs von Gesetz und Satzung310) sowie im Hinblick auf die Kompetenzen des Versammlungsleiters in der Geschäftsordnung als eigenständige Regelungen erlassen werden: x

Bestimmung des Versammlungsleiters,311) die üblicherweise jedoch in der Satzung erfolgt.

x

Vertagung/Absetzen von Tagesordnungspunkten.312)

x

Wiederaufnahme abgeschlossener Tagesordnungspunkte,313) wenn neue Tatsachen bekannt werden.

x

Übertragung der Hauptversammlung in Wort und Bild (§ 118 Abs. 3).

x

Art des Abstimmungsverfahrens.314)

x

Abstimmung über die Einzelentlastungen von Vorstand und Aufsichtsratsmitgliedern (§ 120 Abs. 1 Satz 2).

x

Zeitliche Beschränkung und nähere Bestimmung des Frage- und Rederechts der Aktionäre (§ 131 Abs. 2 Satz 2).

x

Art und Form der Publikation von Beschlussanträgen.315)

___________ 309) Schaaf, ZIP 1997, 1324, 1325; Bezzenberger, ZGR 1998, 352, 364. 310) Hüffer/Koch, AktG, § 129 1b, welcher aus fehlendem Satzungscharakter zutreffend einen Nachrang der Geschäftsordnung gegenüber ges. Regelung und auch gegenüber der Satzung herleitet. 311) Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, § 129 Rz. 10; Schaaf, ZIP 1999, 1339, 1340; Bezzenberger, ZGR 1998, 352, 364. 312) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rz. 132; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, Vor §§ 118 – 147 Rz. 129. 313) So h. M. Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, § 129 Rz. 10; siehe jedoch dazu auch Ausführungen zu Rz. 529. 314) Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, § 129 Rz. 10; Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (§ 16, S. 34 f). 315) Schaaf, ZIP 1999, 1339, 1340.

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II. Leitung der Hauptversammlung

Ausdrücklich wird in der Entwurfsbegründung316) klargestellt, dass Aktionärs- 708 rechte in ihrem Kern selbstverständlich nicht beschränkt werden können. Dagegen können in der Geschäftsordnung andere, nicht in der Leitungskompetenz des Versammlungsleiters liegende Geschäftsordnungsfragen entsprechend der bestehenden Rechtslage geregelt werden. Soweit Bezzenberger317) z. B. auch ein Anwesenheitsrecht des Abschlussprüfers 709 bei den gesamten Verhandlungen als zulässigen Regelungsgegenstand ansieht, ist ihm nicht zu folgen. Zwar besteht für den Abschlussprüfer gemäß § 176 Abs. 2 Satz 1 die Rechtspflicht, an den Verhandlungen über die Feststellung des Jahresabschlusses teilzunehmen. Diese Teilnahmepflicht erstreckt sich jedoch lediglich auf den Gegenstand „Feststellung des Jahresabschlusses“, da es Sinn der Vorschrift ist, dem Abschlussprüfer im Wege der Nachtragsprüfung zu ermöglichen, bei geringfügigen Änderungen einen erforderlichen Bestätigungsvermerk zu erteilen oder seine Auffassung zu vertreten, dass eine Nachtragsprüfung nicht erforderlich ist. Wünscht der Abschlussprüfer, als Gast den gesamten Ablauf der Hauptversammlung zu verfolgen, bedarf es einer Entscheidung über die Zulassung als Gast, die nach herrschender Meinung318) in der ausschließlichen Zuständigkeit des Versammlungsleiters liegt. Aus Praktikabilitätsüberlegungen wird jedoch im Dulden der weiteren Anwesenheit die Zulassung zu sehen sein. Generell ist zu bemerken, dass es im Einzelfall oft mit großen Schwierigkeiten 710 verbunden ist, den Kernbereich von Aktionärsrechten abzugrenzen. In der Praxis bestehen erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten, die der mit Erlass der Geschäftsordnung einer Hauptversammlung bezweckten Rechtssicherheit gerade entgegenlaufen. Zum überwiegenden Teil wird die Geschäftsordnung einer Hauptversammlung 711 deshalb gerade beschreibenden und wiedergebenden Inhalt haben. Sie wird die im Gesetz geregelten Geschäftsordnungsfragen, z. B. zu den Komplexen Einberufung, Verzeichnis der Teilnehmer, Stimmrecht der Aktionäre oder Informationspflichten des Vorstands, beschreibend wiedergeben und die Leitungsund Ordnungsbefugnisse des Hauptversammlungsleiters beachten, um unnötige Anfechtungsrisiken zu vermeiden. Berücksichtigt man zudem, dass die Satzung zwingend Bestimmungen zur Form der Einberufung, Einberufungszuständigkeit, Ort der Hauptversammlung, Teilnahmebedingungen, Stimmenmehrheit und Form der Ausübung des Stimmrechts enthalten muss, verbleibt kein allzu großer Freiraum für weitere Regelungen in der Geschäftsordnung. ___________ 316) Begründung RegE KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 19 f, abgedruckt in: ZIP 1997, 2059, 2064. 317) Bezzenberger, ZGR 1998, 352, 364 f. 318) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 118 Rz. 30; Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 524.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

cc)

Verfahren zum Erlass einer Geschäftsordnung Hauptversammlung

712 Vor Inkrafttreten der durch das KonTraG eingeführten Regelung konnte sich die Hauptversammlung mit einfacher Mehrheit eine Geschäftsordnung geben. Dies ist nunmehr nicht ausreichend. Erforderlich ist eine Mehrheit von ¾ des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals. Gemäß § 124 Abs. 1 und 3 bedarf die Beschlussfassung über eine Geschäftsordnung in der Hauptversammlung der Bekanntmachung als Tagesordnungspunkt und der Mitteilung eines entsprechenden Beschlussvorschlags von Vorstand und Aufsichtsrat. Nach herrschender Meinung genügt dabei die Wiedergabe des wesentlichen Inhalts der Geschäftsordnung analog § 124 Abs. 2 Satz 2.319) Dagegen sind die für Satzungsbestimmung geltenden Vorschriften über die Eintragung in das Handelsregister und die Bekanntmachung nicht anzuwenden, da die Geschäftsordnung Hauptversammlung gerade kein Satzungsbestandteil ist. Die Geschäftsordnung ist somit weder in das Handelsregister einzutragen noch dort zu hinterlegen. dd)

Änderung und Aufhebung

713 Das Aktiengesetz enthält keine ausdrückliche Regelung bezüglich Änderung und Aufhebung der Geschäftsordnung. Aus der Kompetenz zum Erlass der Geschäftsordnung folgt jedoch zwingend auch eine für die Änderung und Aufhebung. Ein entsprechender Beschluss ist bei der Einberufung bekanntzumachen. Da die Änderung der Geschäftsordnung auch teilweise Einführung einer neuen darstellt, bedarf es einer qualifizierten Kapitalmehrheit.320) Dagegen ist für eine vollständige Aufhebung der Geschäftsordnung die einfache Mehrheit ausreichend, „da lediglich punktuell eine bestehende Bindung beseitigt wird und keine Normen mit dauerhafter Geltung geschaffen werden“.321) Die Durchbrechung, d. h. die Außerkraftsetzung von fortgeltenden Geschäftsordnungsregeln im Einzelfall ist dagegen mit Mehrheitsbeschluss möglich.322) ee)

Notwendigkeit einer Geschäftsordnung Hauptversammlung

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714 Vor Erlass einer Geschäftsordnung Hauptversammlung und eventuell damit verbundener Diskussionen im „Forum Hauptversammlung“ sollte sorgfältig das Für und Wider einer solchen Geschäftsordnung abgewogen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass schon heute bei fast allen großen Aktiengesellschaften „Quasi-Geschäftsordnungen“ in Form von Leitfäden bestehen.323) Diese werden laufend entsprechend den jeweiligen tatsächlichen Verhältnissen und ___________ 319) Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 1d; Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, § 129 Rz. 11; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 129 Rz. 9; a. A. Ziemans, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 129 Rz. 7. 320) Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 1e; Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, § 129 Rz. 12. 321) Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 1e; Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, § 129 Rz. 12. 322) Hüffer/Koch, AktG, § 129 Rz. 1f. 323) Schaaf, ZIP 1997, 1324, 1325.

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II. Leitung der Hauptversammlung

der aktuellen Rechtsprechung und Literatur aktualisiert und enthalten Hinweise über den Ablauf der Hauptversammlung und Verhaltensvorschläge für den Versammlungsleiter bezüglich etwa auftauchender Fragestellungen im Zusammenhang mit der Sitzungsleitung. Im Vergleich zu Regelungen in der Geschäftsordnung ist der Leitfaden flexibler und umfassender und ermöglicht es, auch aktuellen Änderungsbedarf ohne einen entsprechend aufwendigen Hauptversammlungsbeschluss zu berücksichtigen. Außerdem ist nicht ersichtlich, wie eine Geschäftsordnung Hauptversammlung im Vergleich zum Leitfaden die vom Gesetzgeber genannten Zielsetzungen fördern können soll. Dafür ist der flexiblere und aktuellere Leitfaden besser geeignet. Sofern man eine Geschäftsordnung Hauptversammlung aufgrund ihrer „Be- 715 kanntmachung“ als Instrument zur Verbesserung der Kontrolle durch die Eigentümer in der Hauptversammlung betrachtet,324) ist diese vom Gesetzgeber bezweckte Zielsetzung auch eingeschränkt durch die Leitnotiz zu erreichen. Diese hat zwar eher „geheimen“ Charakter und wird nicht bekanntgemacht, stützt sich aber auf den aktuellen Gesetzes- und Satzungsstand, sodass Überraschungen für den Aktionär vermieden werden. Zudem handelt es sich bei der Leitnotiz zwar um eine an die aktuellen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse angepasste Orientierungshilfe für den Versammlungsleiter; sie hat sich jedoch meist über Jahre entwickelt und besitzt in Kernfragen des Versammlungsablaufs eine gewisse „Stabilität“. Auch aus diesem Grunde sind große Überraschungseffekte für die Aktionäre nicht zu erwarten. Die mit einer Beschlussfassung über eine Geschäftsordnung Hauptversamm- 716 lung verbundene Klarheit und Übersichtlichkeit der dargestellten Befugnisse des Versammlungsleiters und die Funktion als „Quasi-Nachschlagewerk“ für alle die Hauptversammlung betreffenden Regelungen und entsprechenden Kompetenzen, vermag für sich allein nicht zu einer wesentlichen Verbesserung der Kontrolle durch die Eigentümer beizutragen. Zu den Rechten des Aktionärs gehört ja gerade sein Frage- und Antwortrecht und die Möglichkeit, Anträge zur Geschäftsordnung zu stellen und Befugnisse des Sitzungsleiters ggf. zu überprüfen. Im Rahmen der Abwägung des Für und Wider einer Geschäftsordnung Haupt- 717 versammlung ist aber auch zu berücksichtigen, dass diese durchaus eine Reihe von offenen Punkten, wie z. B. Festlegung der Versammlungsleitung und eine damit verbundene Entlastung der Hauptversammlung von Formalien, regeln kann. Inwieweit ihr gleichzeitig eine Legitimationsfunktion für den Versammlungsleiter zukommt, wird maßgeblich von den Gesellschaftsverhältnissen, insbesondere von der Aktionärsstruktur abhängig sein. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass die Geschäftsordnung Hauptversammlung gerade nicht beim Han___________ 324) Begründung RegE KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 19 f., abgedruckt in: ZIP 1997, 2059, 2064; dazu Bezzenberger, ZGR 1998, 352, 365 f.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

delsregister eingereicht werden muss und daher nur über eine eingeschränkte Publizität verfügt. 718 Beim Erlass einer Geschäftsordnung Hauptversammlung sollte weiterhin berücksichtigt werden, dass angesichts des beschriebenen geringen Gestaltungsspielraums nur ein geringer Nutzen in entsprechenden Regelungen gesehen wird. Dies gilt umso mehr, als grundlegende Meinungsverschiedenheiten im Aktionärskreis über mögliche Regelungsgegenstände einer Geschäftsordnung Hauptversammlung eher selten sind und durch eine Geschäftsordnung Hauptversammlung zukünftig auch kaum vermeidbar wären. Geschäftsordnungsdebatten würden gerade nicht vermieden, sondern eher ermutigt werden, und die „vermeintliche Sicherheit“ einer Geschäftsordnung Hauptversammlung würde zudem das Anfechtungsrisiko erhöhen. 719 Außerdem ist der Tagesordnungspunkt „Geschäftsordnung Hauptversammlung“ durchaus geeignet, für Diskussionen zu sorgen. So sehr eine Auseinandersetzung der Hauptversammlung mit Fragen zu diesem Tagesordnungspunkt zu begrüßen ist, erwachsen daraus durchaus auch Risiken. Das Geringste ist sicherlich, ohne konkreten praktischen Anlass abstrakt über in der Geschäftsordnung geregelte Verfahrensabläufe zu diskutieren. Dies dürfte unter dem Gesichtspunkt der präventiven Sicherstellung der Aktionärsrechte durchaus sinnvoll sein. 720 Zusammenfassend ist aus den vorstehend ausgeführten Gründen kein Regelungsbedarf für eine Geschäftsordnung Hauptversammlung ersichtlich.325) 3.

Auskunftsrecht

a)

Allgemeines

721 § 131 regelt den Anspruch des Aktionärs auf Auskunftserteilung. Jedem Aktionär ist nach Abs. 1 dieser Vorschrift auf Verlangen in der Hauptversammlung vom Vorstand (nicht vom Versammlungsleiter) Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu erteilen, soweit diese zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich ist. Dabei stellt sich das Auskunftsrecht in der Hauptversammlung als eigennütziges mitgliedschaftliches Individualrecht des Aktionärs dar,326) welches nicht seiner Organzuständigkeit, sondern seiner Mitgliedschaft327) entspringt. Es steht allein dem Aktionär zu und kann ohne die Aktie nicht übertragen werden.328) Der Gesetzgeber hat mit ___________ 325) So auch Bezzenberger, ZGR 1998, 352, 366 („Die Hauptversammlung braucht gegenwärtig keine Geschäftsordnung.“). 326) Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 2; OLG München, Urt. v. 24.9.2008 – 7 U4230/07, AG 2009 121, 122; Reger, in: Bürgers/Körber § 131 Rz. 1. 327) Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 131 Rz. 5. 328) Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 131 Rz. 7.

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II. Leitung der Hauptversammlung

diesem Auskunftsrecht bezweckt, dem Aktionär die Information zu beschaffen, die er für die sinnvolle Ausübung der Rechte braucht, die ihm in der Hauptversammlung oder als auf die Hauptversammlung bezogene Rechte zustehen.329) Im Vordergrund steht dabei die Wahrnehmung des Stimmrechts in der Haupt- 722 versammlung, aber nicht zu vernachlässigen sind auch die Ausübung der Anfechtungsbefugnisse und der Minderheitsrechte. Das Auskunftsrecht dient dabei vorrangig den eigenen mitgliedschaftlichen Interessen des Aktionärs,330) findet jedoch seine Grenzen in den in § 131 Abs. 3 geregelten Auskunftsverweigerungsgründen und in der allgemeinen mitgliedschaftlichen Treuepflicht.331) Im Einzelfall korrespondieren diese beiden Interessenbasen jedoch nicht, so z. B. wenn Aktionäre mit umfangreichen Fragenkatalogen den ordnungsgemäßen Ablauf der Hauptversammlung erschweren oder eine Auskunftserteilung gegen Gesellschaftsinteressen – wie das Geheimhaltungsgebot – verstößt. Soweit in der Rechtsprechung,332) aber auch in der Literatur333) teilweise eine Ausdehnung von § 131 „aus der über Art. 14 GG geschützten Rechtsposition des Aktionärs in Richtung eines allgemeinen Rechenschaftsanspruchs abgeleitet“334) wird, ist dem nicht zuzustimmen. Eigennütziges Recht bedeutet gerade keine Verpflichtung von Aktionären „das Auskunftsrecht vorrangig in den Dienst der AG zu stellen“. Es ist deshalb nicht verwunderlich, wenn das Auskunftsrecht verstärkt Gegen- 723 stand von gerichtlichen Auseinandersetzungen geworden ist. Unter Berücksichtigung dieser gerichtlichen Entscheidungen sollen nachfolgend insbesondere Umfang und Grenzen des Auskunftsrechts erörtert werden. Dabei ist vorab auf die zu tätigenden organisatorischen Maßnahmen der Gesellschaft einzugehen, um eine zeitnahe und sachgerechte Erfüllung des Auskunftsbegehrens zu gewährleisten. b)

Vorüberlegungen und organisatorische Maßnahmen

Im Vorfeld der Hauptversammlungsvorbereitung bedarf es der Entscheidung 724 des Vorstands, ob er seiner Verpflichtung zur Auskunftserteilung mit oder ohne Unterstützung von Dritten nachkommen möchte. Die Entscheidung wird von Fakten, wie Größe der Gesellschaft, erwartete Fragestellungen, Art und Umfang der Vorbereitungsmaßnahmen des Vorstands, aber auch von der Unter___________ 329) Begründung RegE zu § 131; Kropff, AktG, S. 184; BayObLG, AG 1996, 180, 181. 330) LG München I, Urt. v. 16.4.1986 – 7 HKO 8835/84, AG 1987, 185, 186; Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 2; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 131 Rz. 6. 331) Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 131 Rz. 91 ff. 332) BGH, Urt. v. 29.11.1982 – II ZR 88/81; BGHZ 86, 1, 19 (obiter dictum); KG, Beschl. v. 24.8.1995 – 2 W 1255/95 – Allianz, ZIP 1995, 1585, 1587. 333) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz. 1; MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 37 Rz. 2. 334) Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 131 Rz. 7.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

nehmensstruktur und den individuellen Gepflogenheiten und Möglichkeiten der einzelnen Vorstandsmitglieder abhängig sein. 725 In der Praxis ist jedoch gerade bei größeren Gesellschaften festzustellen, dass aufgrund der detaillierten Fragestellung und ihres mengenmäßigen Umfangs meist die Hilfe von Mitarbeitern in Anspruch genommen wird. Oft erfolgt der Aufbau von entsprechenden Informationsmitteln auch unter Sicherheits- und Zeitaspekten, wobei es in den verschiedenen Unternehmen zum Teil auch historisch bedingt durchaus gravierende Abweichungen gibt. 726 Meist bedient sich der Vorstand schon bei der Aufnahme der im Zuge von Aktionärsreden implizit oder explizit gestellten Fragen der Hilfe eines sog. Aufnahmeteams. Dieses je nach Umfang der üblicherweise gestellten Fragen mit zwei bis vier Mitarbeitern besetzte Team ermöglicht das lückenlose Festhalten aller gestellten Fragen. 727 Neben dem Aufnahmeteam wird bei vielen Gesellschaften auch ein sog. „Beantwortungsteam“ oder „Back Office“ konstituiert. Dieses aus Damen und Herren der zweiten Führungsebene und Spezialisten bestehende Team beantwortet die erfassten Fragen, nachdem unter Berücksichtigung der Regelung des § 131 die Zulässigkeit der Fragestellung überprüft wurde. Die Beantwortung erfolgt mit Hilfe von Präsenzwissen, vorbereiteten Unterlagen und ggf. Rücksprachen bei fachkundigen Mitarbeitern, deren Präsenz im Unternehmen gewährleistet sein sollte.335) Abhängig von dem angestrebten Ausmaß der Vorbereitung können im Unternehmen von den einzelnen Fachabteilungen denkbare Fragestellungen vorab in einem Fragenkatalog zusammengestellt und beantwortet werden. In diesem Fragenkatalog sind dann auch aktuelle Fragestellungen von „bekannten“ Hauptversammlungsrednern oder Schutzgemeinschaften zu berücksichtigen, die sehr oft innerhalb der Hauptversammlungssaison nur geringfügig variieren. 728 Vor Weiterleitung der Ausarbeitungen an den Vorstand werden die Antworten nochmals redigiert. Dies kann deshalb notwendig sein, weil dem Antwortenden nicht alle gestellten Fragen und Antworten bekannt sind und es ihm aus diesem Grunde kaum möglich ist, Wiederholungen zu vermeiden. Außerdem empfiehlt sich eine Anpassung der Antworten an den Stil des Antwortenden, was naturgemäß eine detaillierte Kenntnis der Person des Vorstandsvorsitzenden voraussetzt. 729 Insgesamt ist zu bedenken, dass die geschilderten Vorgänge nur dann empfehlenswert sind, wenn ausreichend Zeit für ihre Durchführung zur Verfügung steht. Bei kleineren Hauptversammlungen mit einer geringen Anzahl zu erwar___________ 335) So z. B. bei der Hauptversammlung der Daimler Chrysler AG, wo in der Leitnotiz des Sitzungsleiters ausdrücklich auf bestehende Standleitungen zu Mitarbeitern der Zentrale hingewiesen wird.

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II. Leitung der Hauptversammlung

tender Fragestellungen kann der Einsatz von Aufnahme- und Beantwortungsteams eher zu Verzögerungen des Ablaufs der Hauptversammlung führen und ist aus diesem Grund in dem geschilderten Umfang nicht empfehlenswert. Ist dagegen mit einem gewissen Ausmaß an Auskunftsbegehren zu rechnen 730 und besteht zudem aufgrund der vorab bekanntgegebenen Fragen der Schutzgemeinschaften die Möglichkeit, ausreichend Vorlaufzeiten für die Beantwortung der Fragen zu schaffen, sollte diese Hilfsmöglichkeit genutzt werden. Dies insbesondere, weil der Vorstand verpflichtet ist, sich auf zu erwartende Fragen vorzubereiten und entsprechende Vorkehrungen zu treffen.336) c)

Auskunftsberechtigte/Auskunftsverpflichtete

Nach § 131 Abs. 1 ist jeder Aktionär, sofern er an der Hauptversammlung teil- 731 nimmt, auskunftsberechtigt. Das Auskunftsrecht wird nach allgemeiner Ansicht unabhängig von der Höhe der Beteiligung gewährt,337) wobei weder eine Stimmberechtigung des Aktionärs noch die Erfüllung der Einlagepflicht hierfür Voraussetzung ist. Als mit der Aktie verbundenes Mitverwaltungsrecht kann es nicht gesondert übertragen werden.338) Das Auskunftsrecht steht dem Aktionär unabhängig vom Stimmrecht zu,339) 732 d. h. die Auskunftsberechtigung entfällt z. B. bei Vorliegen eines Stimmrechtsverbots gemäß § 136 nicht. Ein im Aktienregister eingetragener Namensaktionär ist auskunftsberechtigt.340) Dies gilt ebenso, wenn die Aktien nicht voll eingezahlt sind oder es sich um einen Vorzugsaktionär ohne Stimmrecht handelt.341) Besonderheiten sind bei § 123 Abs. 4 Satz 5 zu beachten, veräußert ein Aktionär 733 „nach dem Record Date seine Anteile, behält er mit dem Teilnahmerecht auch das Auskunftsrecht“.342) Dagegen steht dem Erwerber kein Auskunftsrecht zu. Einen höchstpersönlichen Charakter weist das Auskunftsrecht nicht auf, so- 734 dass es durch Dritte, die an der Hauptversammlung teilnehmen, ausgeübt wer-

___________ 336) BGH, Urt. v. 10.3.1960 – II ZR 56/59, BGHZ 32, 159, 165; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 56 m. w. N. 337) BayObLG, Beschl. v. 8.5.1974 – 2 Z 73/73, NJW 1974, 2094; Steiner, Hauptversammlung, S. 86; jedoch betont das LG Berlin, AG 1991, 34, 35, dass ein mit 10 % am Grundkapital beteiligter Aktionär ein größeres Interesse als ein Kleinaktionär haben könne; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz. 9. 338) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 16; Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 3. 339) MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 37 Rz. 2. 340) Reger, in: Bürgers/Körber, AktG, § 313 Rz. 2. 341) Reger, in: Bürgers/Körber, AktG, § 313 Rz. 4, OLG Stuttgart, AG 2011, 93, 97. 342) Reger, in: Bürgers/Körber, AktG, § 313 Rz. 4; LG Köln, AG 1991, 38 bzgl. Vorlage des Jahresabschlusses.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

den kann. Möglich ist nach herrschender Meinung343) eine Ausübung durch die Person, welche als Vertreter oder kraft Ermächtigung das Teilnahmerecht des Aktionärs wahrnimmt. Vereinzelt wird angenommen, dass eine Stimmrechtsvollmacht nach § 134 Abs. 3 für die Ausübung des Auskunftsrechts bei beschlusslosen Tagesordnungspunkten nicht genüge.344) 735 Sowohl der Zweck des Auskunftsrechts, der nicht nur in der Vorbereitung des Aktionärs liegt, als auch die allgemeinen Auslegungsregeln zur Bevollmächtigung verbieten dies. 736 Soweit die Rechtsprechung345) bei Personengesellschaften eine Rechtsausübung durch Dritte verneint, ist eine entsprechende Anwendung dieser entwickelten Grundsätze auf die Aktiengesellschaft nicht geboten. 737 Während bei Personengesellschaften das Gesellschaftsinteresse als beeinträchtigt angesehen wird, wenn ohne triftigen Grund die Gesellschaft einem Dritten ihre Geschäftsunterlagen im Rahmen der Ausübung des Einsichtsrechts offenlegt, hat der Gesetzgeber in den §§ 129 Abs. 3 Satz 1 und 134 Abs. 3 Satz 1 klar zu erkennen gegeben, dass die Ermächtigung zur Stimmrechtsausübung als zulässig erachtet wird. Ist jedoch die Übertragung des Stimmrechts auf einen Dritten zulässig, dann muss das Auskunftsrecht, welches dem Aktionär gerade die Möglichkeit geben soll, die Gegenstände der Tagesordnung sachgemäß zu beurteilen, ebenso übertragbar sein.346) Die Auskunft ist auch dann zu erteilen, wenn der Aktionär entschlossen ist, seine Stimme in einem bestimmten Sinne abzugeben oder wenn der Fragesteller die Antwort bereits kennt.347) Unterliegt die Gesellschaft einer Aufsicht, steht der betreffenden Aufsichtsbehörde meist ein eigenes Auskunftsrecht zu (siehe z. B. § 44 Abs. 1 Nr. 1 KWG, § 3 Abs. 1 BausparkG). Gäste und Pressevertreter haben dagegen kein Auskunftsrecht. 738 Ein Auskunftsrecht der Hauptversammlung neben dem des Aktionärs gibt es nicht. Zuvor kann Dritten ein Rederecht eingeräumt werden, nicht jedoch ein an die Stellung des Aktionärs gebundenes Frage- und Auskunftsrecht.348) Letzteres ist nicht selbstständig übertragbar.349) ___________ 343) MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 37 Rz. 2; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz. 12; Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 4; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 8; Meilicke/ Heidel, DStR 1992, 72, 73; Saenger, NJW 1992, 348, 350. 344) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 8 für Auskunftserzwingungsverfahren. 345) BGH, Urt. v. 8.7.1957 – II ZR 54/56, BGHZ 25, 115, 122; BGH, Urt. v. 16.1.1984 – II ZR 36/83, ZIP 1984, 702 = WM 1984, 807. 346) Siehe auch LG Heilbronn, Beschl. v. 16.3.1967 – KfH AktE 1/67, NJW 1967, 1715; im Ergebnis ebenso Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 4. 347) OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.7.1986 – 19 W 2/86, ZIP 1986, 1557 f., dazu EWiR 1986, 1055 (Lutter); a. A. LG Dortmund, Urt. v. 19.2.1987 – 18 AktE 2/86, AG 1987, 189. 348) Reger, in: Bürgers/Körber, AktG § 131 Rz. 4. 349) Hüffer, ZIP 1996 401, 405 ff.

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II. Leitung der Hauptversammlung

Auskunftspflichtig ist die Aktiengesellschaft selbst,350) jedoch wird nach § 131 739 Abs. 1 Satz 1 die Auskunft vom Vorstand erteilt. Als Maßgabe der Geschäftsführung obliegt die Auskunftserteilung dem Vorstand gemeinschaftlich und grundsätzlich einstimmig (§ 77 Abs. 1 Satz 2), wobei der amtierende Vorstand gemeint ist. Dieser kann aber auch Auskünfte für ehemalige Vorstandsmitglieder abgeben.351) So kann dies erfolgen, indem ein Vorstandsmitglied Fragen von Aktionären beantwortet, ohne dass ein Widerspruch seitens des anderen Vorstandsmitglieds erfolgt. In der Praxis ist es jedoch regelmäßig üblich, dass der Vorstandsvorsitzende oder das ressortmäßig zuständige Vorstandsmitglied die Auskunft gibt. Die Zulässigkeit dieser Vorgehensweise ist aus dem meist konkludent erteilten Einverständnis der Vorstandsmitglieder herzuleiten.352) Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, wonach eine einstimmige Entscheidung entbehrlich ist, erging bereits 1937 zu § 70 und ist insofern überholt.353) Es besteht auch dann eine Auskunftsverpflichtung des Vorstands, wenn die zu- 740 grundeliegenden Geschäftsvorfälle nicht in seine Amtszeit fallen.354) Der Vorstand kann sich im Rahmen der Auskunftserteilung auch dritter Personen, sog. „Auskunftsgehilfen“ bedienen, die über eine besondere Sachkunde verfügen. Während dies z. B. für bestimmte Umstrukturierungsmaßnahmen durchaus üblich ist, sollte von dieser Möglichkeit generell nur eingeschränkt Gebrauch gemacht werden, da die originäre Auskunftspflicht dem Vorstand obliegt. Nicht auskunftspflichtig ist der Aufsichtsrat355) und – außer zum Gang der Verhandlung – der Leiter der Hauptversammlung.356) Nehmen sie dennoch zu anderen Fragen Stellung, so wird das Auskunftsverlangen des Aktionärs nur dann befriedigt, wenn der Vorstand sich die erteilte Auskunft erkennbar zu eigen macht. Zu weit gehen jedoch einige Stimmen in der Literatur, die den Aufsichtsrats- 741 mitgliedern das Recht absprechen, zu Fragen eines Aktionärs selbst Stellung zu nehmen.357) Als Teilnahmeberechtigte sind diese Personen auch befugt, sich zu allen Verhandlungsgegenständen der Hauptversammlung zu äußern. Außerdem ist in der Praxis festzustellen, dass regelmäßig der Aufsichtsratsvor- 742 sitzende entgegen dem Wortlaut von § 131 Abs. 1 zu Fragen der Überwachungs___________ 350) Allg. Meinung Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz 12 f.; LG München I, AG 1999 282. 351) Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 131 Rz. 16. 352) BGHZ 36, 121, 129. 353) Siehe Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 6. 354) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 12; MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 37 Rz. 5. 355) BVerfG, NJW 2000 349, 351, OLG Stuttgart, AG 1995, 234, 235. 356) OLG Celle, AG 2005 438, 440. 357) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 12, MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 37 Rz. 5; v. Godin/Wilhelmi, AktG, § 131 Rz. 14.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

tätigkeit des Aufsichtsrats, wie z. B. Anzahl und Dauer der Aufsichtsratssitzungen und Anzahl der Aufsichtsratsausschüsse Stellung nimmt. Mit den Neuregelungen des § 171 Abs. 2, wonach der schriftliche Aufsichtsratsbericht Angaben über die gebildeten Ausschüsse und über die Zahl der Aufsichtsrats- und Ausschusssitzungen enthalten muss, entfällt dies teilweise. Durchaus üblich ist es auch, zu sonstigen „die Tätigkeit des Aufsichtsrats“ betreffenden Fragen Stellung zu nehmen. Dies sollte jedoch nicht so weit gehen, dass der Aufsichtsratsvorsitzende bei persönlichen Angriffen betreffend seine Person auch selbst die Antwort gibt. Eine Ehrenerklärung dürfte die einzige Ausnahme sein. Erfolgt eine Auskunftserteilung durch den Aufsichtsratsvorsitzenden, ist es notwendig, dass sich der Vorstand dessen Antwort unmittelbar oder konkludent zu eigen macht.358) Der Abschlussprüfer ist gemäß § 176 Abs. 2 Satz 2 nicht zur Auskunft verpflichtet. 743 Auch der besondere Vertreter nach § 147 ist nicht zur Auskunft verpflichtet.359) d)

Auskunftsverlangen

aa)

Allgemeines

744 Die Auskunft ist in der Hauptversammlung nur auf Verlangen zu erteilen. Voraussetzung ist also ein entsprechendes Verlangen in der Hauptversammlung.360) Dieses muss vom Aktionär an den Vorstand gerichtet werden.361) Außerhalb der Hauptversammlung gestellte Fragen müssen nicht beantwortet werden, es sei denn, sie werden in der Hauptversammlung wiederholt.362) Werden sie dennoch beantwortet, muss die dabei gegebene Information jedem anderen Aktionär auf dessen Verlangen in der Hauptversammlung zur Kenntnis gebracht werden (§ 131 Abs. 4). Notwendig ist jedoch, dass die Auskünfte einem Aktionär aufgrund seiner Aktionärseigenschaft erteilt worden sind. Eine Information des Aufsichtsrats als Gremium begründet keine erweiterte Auskunftspflicht nach § 131 Abs. 4, auch wenn dem Aufsichtsrat Aktionärsvertreter angehören. Entsprechendes gilt auch für Auskünfte, die dem Großaktionär, welcher die rechtliche Qualifikation eines herrschenden Unternehmens im Vertragskonzern oder auch nur im faktischen Konzern besitzt, gegeben werden.363) 745 Nach bisher herrschender Meinung konnte das Verlangen auf Auskunft mangels anders lautender gesetzlicher Regelung mündlich oder schriftlich in der ___________ Ek, in: Praxisleitfaden HV, § 13 Rz. 307. Reger, in: Bürgers/Körber, AktG, § 131 Rz. 5; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 131 Rz. 19. Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 28; a. A. LG Berlin, AG 1997, 183, 187. OLG Stuttgart, AG 1995, 234, 235; a. A. Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 131 Rz. 23. Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 131 Rz. 21, welcher davon ausgeht, dass es an den Leiter der Hauptversammlung gerichtet werden kann, wenn dieser die Frage an den Vorstand weiterleitet. 363) Hoffmann-Becking, in: Festschrift Rowedder, S. 155, 167.

358) 359) 360) 361) 362)

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II. Leitung der Hauptversammlung

Hauptversammlung gestellt werden. Schriftlich übersendete Fragen müssen jedoch in der Hauptversammlung kurz vorgetragen werden, da sonst die erteilte Antwort für die übrigen Aktionäre unverständlich ist.364) Mit Einführung der in § 131 Abs. 2 enthaltenen Befugnis, durch Satzung oder Geschäftsordnung den Versammlungsleiter zu ermächtigen, das Frage- und Rederecht des Aktionärs zeitlich angemessen zu beschränken, wird die Zulässigkeit einer schriftlichen Fragestellung verneint.365) Einer Begründung der Auskunft oder einer vorherigen Ankündigung bedarf es nicht.366) Allerdings kann der Vorstand verlangen, dass der Fragesteller darlegt, weshalb die erforderliche Auskunft zur sachgemäßen Beurteilung der Tagesordnung erforderlich ist, wenn dieser Grund nicht ersichtlich ist.367) Werden in der Hauptversammlung lediglich pauschal Fragen gestellt, so kann 746 der Vorstand seine Antwort ebenso pauschal abfassen. Ist der Aktionär mit den gegebenen Antworten unzufrieden, so obliegt es ihm nachzufragen. Nimmt er davon Abstand, verwirkt er sein Recht auf Auskunftserzwingung oder Anfechtung.368) Entfernt sich der Aktionär nach Stellung seines Auskunftsverlangens aus der 747 Hauptversammlung, ohne die Beantwortung der Frage abzuwarten, ist entscheidend, ob er beim Verlassen der Hauptversammlung einer anderen Person Vertretungsmacht erteilt hat oder sich ein anderer Aktionär das Auskunftsbegehren des abwesenden Fragestellers ausdrücklich zu eigen gemacht hat.369) Ein Teil der Literatur370) geht davon aus, dass die Beantwortungspflicht erst dann erlischt, wenn seitens des Vorstands den anderen Aktionären die Möglichkeit zum Aufgreifen der Frage gegeben wurde und dieser nicht nachgekommen wurde. Nach Semler371) besteht dagegen eine Auskunftspflicht bezüglich der Fragen, die in der Hauptversammlung tatsächlich gestellt werden, wobei unerheblich ist, ob der Aktionär bis zur Auskunftserteilung an dieser teilnimmt. Angesichts ___________ 364) LG Köln, Urt. v. 2.4.1990 – 91 O 132/89, AG 1991, 38; Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 8; a. A. Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 131 Rz. 26. 365) OLG Frankfurt/M., AG 2007, 672, 675; Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 8; dagegen Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 131 Rz. 21, der ausführt, dass die Einschränkungsbefugnis des Hauptversammlungsleiters der Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Hauptversammlung dient und hier gerade auch eine schriftliche Fragestellung helfen kann. 366) OLG Düsseldorf, AG 1992, 34; Decker, in: Großkomm. z. AktG, § 131 Rz. 100; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz. 28 f. 367) Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 131 Rz. 28. 368) LG Braunschweig, Urt. v. 6.4.1990 – 22 O 97/87, AG 1991, 36, 37; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 97. 369) Siehe Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 131 Rz. 24. 370) Siehe Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 131 Rz. 24; Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 8, Decher, in: Großkomm. z. AktG, § 131 Rz. 108; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz. 32. 371) MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 37 Rz. 25; Steiner, Hauptversammlung, S. 90, v. Godin/ Wilhelmi, AktG, § 131 Anm. 2.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

dieser Rechtslage sollte aus praktischen Überlegungen heraus dem Vorstand empfohlen werden, die Frage zu beantworten, da eine Bevollmächtigung nicht auszuschließen ist.372) 748 Einer vorherigen Ankündigung des Auskunftsverlangens bedarf es im Regelfall nicht.373) Bei komplizierten, nur schwer zu beantwortenden Fragen, ist sie jedoch zu empfehlen.374) Geboten kann sie sein, wenn es sich um eine Vielzahl von Fragen handelt und für den Fragesteller ersichtlich ist, dass der Vorstand selbst bei ordnungsgemäßer und umfassender Vorbereitung zur Beantwortung in der Hauptversammlung nicht in der Lage ist. In der Praxis hat sich deshalb auch die Übung eingestellt, der Gesellschaft umfangreiche Fragenkataloge ein bis zwei Tage vorab per Telefax zu übermitteln. 749 Das Auskunftsverlangen kann jederzeit bis zur Auskunftserteilung zurückgenommen werden. Jedoch kann sich jeder in der Hauptversammlung anwesende Aktionär das Auskunftsverlagen zu eigen machen.375) Kein Fall der Rücknahme, sondern ein widersprüchliches und damit rechtsmissbräuchliches Verhalten liegt nach Reger „in der unterlassenen Wiederholung einer Frage, wenn bei einer Vielzahl von Fragen der Versammlungsleiter nach Beantwortung eines Teils den Betreffenden zur Wiederholung etwaig nicht beantworteter Fragen auffordert und der betreffende Aktionär solche Fragen nicht wiederholt bzw. die Nichtbeantwortung nicht explizit rügt“.376) bb)

Vorbereitungspflicht und immanente Grenzen des Auskunftsrechts

750 Den Vorstand trifft im Rahmen der ordnungsgemäßen Vorbereitung der Hauptversammlung die Verpflichtung, durch entsprechende organisatorische Maßnahmen Sorge zu tragen, dass nicht nur einfache und leicht zu beschaffende Auskünfte erteilt werden können. Das Bayerische Oberste Landesgericht377) führt zutreffend aus, dass vielmehr auch Gegenstände erfasst werden, auf die der Vorstand bei angemessener Vorbereitung und unter Beiziehung bereitzuhaltender Unterlagen und sachkundiger Mitarbeiter ohne wesentliche Verzögerung der Hauptversammlung eingehen kann. Dazu hat der Vorstand die entsprechenden organisatorischen Vorkehrungen zu treffen. Abhängig von Größe, Aktionärsstruktur, Geschäftstätigkeit und Erfahrungswerten der Vergangenheit hat der Vorstand z. B. ein Back Office einzurichten und erforderliche Unterlagen be___________ 372) Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 8; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 131 Rz. 24. 373) Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 8; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz. 29; Decher, in: Großkomm. z. AktG, § 131 Rz. 97. 374) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 77. 375) Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 131 Rz. 27. 376) Reger, in; Bürgers/Körber, AktG, § 131 6 a – m. w N.; a. A. OLG Köln 2011, 838, 839, da kein rechtsmissbräuchliches Verhalten. 377) BayObLG, Beschl. v. 11.1.1996 – 3Z BR 17/90, AG 1996, 127, 130, 134.

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II. Leitung der Hauptversammlung

reitzuhalten. Diese Vorbereitungspflicht gebietet es, die notwendigen Personalund Hilfsmittel bereitzuhalten, auch wenn die Hauptversammlung, was sehr selten sein dürfte, an arbeitsfreien Tagen stattfindet.378) Zu beachten ist jedoch, dass die Informationsbeschaffungspflicht auch gewissen Grenzen unterliegt.379) Ist z. B. der Vorstand trotz angemessener Vorbereitung bei unerwarteten nicht 751 angekündigten Fragestellungen zu einer Beantwortung nicht in der Lage, ist eine Verletzung der Auskunftspflicht zu verneinen.380) Dies gilt auch bei sehr speziellen Fragestellungen, die aufgrund von Erfahrungen aus früheren Hauptversammlungen und auch aufgrund von aktuellen Themenstellungen so nicht zu erwarten waren. Die herrschende Meinung381) geht in diesen Fällen davon aus, dass eine Ver- 752 letzung der Auskunftspflicht nicht gegeben ist, wenn der Vorstand „das sagt, was er weiß, und im Übrigen die Antwort schuldig bleibt“.382) Bei der Einschränkung des Auskunftsrechts ist jedoch äußerste Zurückhaltung geboten, da ggf. unter Durchbrechung des Grundsatzes der Mündlichkeit die Vorlage von Unterlagen geboten ist.383) Zu berücksichtigen ist jedoch auch, dass eine vorherige Ankündigung und Einreichung von Fragen, wie z. B. in Form eines schriftlichen Fragenkatalogs – auch wenn dafür keine Pflicht besteht384) – die Vorbereitungspflicht des Vorstands erhöht.385) e)

Gegenstand und Umfang des Auskunftsrechts

aa)

Gegenstand

Jedem Aktionär ist auf Verlangen in der Hauptversammlung vom Vorstand 753 Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben, soweit sie zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich ist (§ 131 Abs. 1 Satz 1). ___________ 378) OLG Brandenburg, AG 2003, 328; OLG Düsseldorf, WM 1991, 2148, 2152 resp. LG Berlin, AG 2000, 288. 379) Siehe dazu KG, Beschl. v. 24.8.1995 – 2 W 115/95, ZIP 1995, 1590 = AG 1996, 131 ff, 134; BayObLG, Beschl. v. 30.11.1995 – 3 Z BR 161/93, AG 1996, 180, 183, dazu EWiR 1996, 673 (Hirte/Leibe). 380) BGH, Urt. v. 7.4.1960 – II ZR 143/58, BGHZ 32, 159, 165 f.; Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 10. 381) Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 10; OLG Frankfurt, AG 1999, 231, 232; BGHZ 32, 159, 165 f.; OLG Hamburg, AG 2002, 460, 462; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 131 Rz. 23; Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 10, Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz. 83 ff. 382) Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 10. 383) BGH, Urt. v. 9.2.1987 – II ZR 119/86, BGHZ 101, 1 = ZIP 1986, 1239 = AG 1987, 344, vgl. dazu EWiR 1987, 1057 (Claussen); Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 9. 384) OLG Düsseldorf, AG 1992, 34, 35. 385) Siehe dazu Reger, in: Bürgers/Körber, AktG, § 131 Rz. 6.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

754 Nach § 131 Abs. 2 hat die Auskunft den Grundsätzen einer gewissenhaften und getreuen Rechenschaft zu entsprechen. Dies bedeutet, dass sie zu begründen ist. Sie muss umfassend sein und ein zusammenhängendes, der Wirklichkeit entsprechendes Bild erhalten. 755 Diese Verpflichtung geht so weit, dass der Vorstand alles offenbaren muss, was er redlicherweise in Zusammenhang mit der Frage als entscheidungserheblich ansieht, auch wenn nicht ausdrücklich danach gefragt ist.386) 756 Die Auskunft ist in der Hauptversammlung nur auf Verlangen zu erteilen.387) Der Vorstand kann den Aktionär weder mit der Zusage einer nachträglich außerhalb der Versammlung zu gebenden Auskunft vertrösten noch kann der Aktionär selbst Auskunft außerhalb der Versammlung verlangen.388) Erklärt sich der Aktionär gleichwohl mit einer schriftlichen Beantwortung außerhalb der Hauptversammlung einverstanden, liegt darin ein Verzicht auf sein Fragerecht und er kann kein Auskunftsverweigerungsverfahren betreiben.389) Die Auskunft ist mündlich zu erteilen, wobei nicht auf jede einzelne Frage gesondert eingegangen werden muss, sondern mehrere Fragen auf einmal beantwortet werden können. Die Bezugnahme auf eine in derselben Hauptversammlung erteilte Auskunft ist zulässig.390) Eine bereits gegebene Auskunft braucht gegenüber einem später eingetroffenen Aktionär nicht wiederholt zu werden. Auch eine sofortige Erteilung ist nicht zwingend geboten, da vielmehr bei umfangreichen und schwierigen Fragestellungen zum Zweck der Information oder Beratung der Vorstandsmitglieder eine Wartezeit angemessen sein kann. 757 Ferner besteht keine Verpflichtung, die Auskünfte durch Nachweise, etwa durch Vorlage von Urkunden, Expertisen usw. zu belegen. In bestimmten Fällen ist es jedoch zulässig und kann im Interesse des Aktionärs liegen, ihm die Einsicht in vorbereitete Aufzeichnungen während der Hauptversammlung zu gewähren. 758 Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Auskunft im Wesentlichen aus einer Fülle von Daten und Informationen besteht und die Einsicht in diese Unterlagen eine schnellere und zuverlässigere Unterrichtung des Aktionärs ermöglicht. Voraussetzung ist allerdings, dass der Aktionär während der Hauptversammlung hinreichend Zeit und Gelegenheit hat, sich anhand der Aufzeichnungen umfassend über die von ihm erfragten Einzelheiten Kenntnis zu verschaffen391) und auch die übrigen anwesenden Aktionäre die Gelegenheit zur Einsicht erhalten. ___________ 386) 387) 388) 389) 390) 391)

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Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 30. Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 8; a. A. LG Berlin, AG 1997, 183, 187. RG, Urt. v. 12.6.1941 – II 122/40, RGZ 167, 151, 170; LG München I, ZIP 1993, 1630. Steiner, Hauptversammlung, S. 89; Kuhnt, in: Festschrift Lieberknecht, S. 172, 187. LG Essen, Urt. v. 23.1.1962 – 16 HO 62/61, BB 1962, 612. BGHZ 101, 1, 14 = ZIP 1986, 1239, 1242; OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.7.1991 – 19 W 2/91, WM 1991, 2148, 2152; Groß, AG 1997, 97, 104.

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II. Leitung der Hauptversammlung

Grundsätzlich kann die Verlesung von Urkunden und anderen Schriftstücken 759 nicht verlangt werden.392) Es genügt im Allgemeinen, wenn der wesentliche Inhalt der Urkunde mitgeteilt wird. Die Verlesung hat nur dann zu erfolgen, wenn der Wortlaut zur sachgerechten Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung notwendig ist, es z. B. erkennbar auf bestimmte Formulierungen ankommt und deren zusammengefasste mündliche Wiedergabe dem Fragebegehren nicht gerecht wird.393) Von der Rechtsprechung394) wurde zudem eine Verlesung für notwendig erachtet, wenn der Aktionär ohne eine solche Verlesung nicht beurteilen kann, ob ihm das Wesentliche mitgeteilt worden ist oder konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die zum Inhalt eines Vertrages gegebenen Auskünfte unvollständig sind. In diesem Fall besteht ein Anspruch auf teilweise oder vollständige Verlesung des Vertrages.395) bb)

Umfang

(1)

Angelegenheiten der Gesellschaft

Im Einzelnen ergibt sich bezüglich des Umfangs der Auskunftspflicht Folgen- 760 des: Die Auskunftspflicht erstreckt sich auf Angelegenheiten der Gesellschaft, wobei dieser Begriff weit ausgelegt wird.396) Er umfasst unmittelbare sowie mittelbare Angelegenheiten, also alles, was sich auf die Gesellschaft und ihre Tätigkeit bezieht.397) Dies sind alle „Tatsachen und Umstände mit Bezug zur Finanz, Ertrags- und Vermögenslage, zur internen Struktur in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht, zur Geschäftspolitik und Außendarstellung sowie Beziehungen zu Kunden, Lieferanten, etc. als Vertragspartner“.398) So kann z. B. die Frage, welche Nebentätigkeiten ein Vorstandsmitglied ausübt, im Rahmen des Tagesordnungspunkts „Entlastung“ eine auskunftspflichtige Angelegenheit darstellen. Diese sehr weit gefasste Auslegung des Begriffs Angelegenheit der Gesellschaft 761 als „alles, was sich auf die Aktiengesellschaft und ihre Tätigkeit bezieht“,399) stellt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Gesetzes als problematisch ___________ 392) BGH, Urt. v. 10.4.1967 – VII ZR 27/65, NJW 1967, 1462; OLG Hamburg, Urt. v. 19.9.1963 – 3 U 128/62, AG 1964, 45. 393) BGH, Urt. v. 30.3.1967 – II ZR 245/63, AG 1967, 200; OLG Hamburg, AG 1968, 190; OLG Koblenz, BB 1967, 1293; Steiner, Hauptversammlung, S. 88; Nirk, in: Nirk/Reuter/ Bächle, Rz. 1214. 394) OLG Koblenz, BB 1967, 1293; BGH, Urt. v. 5.4.1993 – II ZR 238/91, BGHZ 122, 211, 236 f. = ZIP 1993, 751, dazu EWiR 1993, 529 (Priester). 395) OLG München, Urt. v. 11.6.2015, 2304375/14, ZIP 2015, 1680 und Rezension Ruppert, EWiR 2015, 731. 396) MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 37 Rz. 7. 397) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz. 23, Rz. 33 ff.; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 18 f.; Decher, in: Großkomm. z. AktG, § 131 Rz. 114; a. A. Groß, AG 1997, 97, 104. 398) Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 131 Rz. 28 m. w. N. 399) Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 11.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

im Hinblick auf das Verhältnis von § 131 Abs. 1 Satz 1 zu den §§ 293 Abs. 4, 295 Abs. 2 Satz 3, 319 Abs. 3 und 340 Abs. 4 dar.400) Zwar erweitern diese Bestimmungen das allgemeine Auskunftsrecht auch auf Angelegenheiten des jeweiligen Vertragspartners, jedoch kann daraus nicht, wie Zöllner401) zutreffend darstellt, e contrario eine Einschränkung des allgemeinen Auskunftsrechts gefolgert werden, da es sich lediglich um gesetzliche Klarstellungen handelt. 762 Dagegen ist Zöllner402) nicht zu folgen, soweit er das Auskunftsrecht nur auf solche Angelegenheiten bezieht, die für die Beurteilung eines Tagesordnungspunkts relevant sind. Insofern ist der weitergehenden Auslegung von Hüffer zu folgen, da der Aktionär sein Informationsbedürfnis allein im Forum Hauptversammlung befriedigen kann. Außerdem ist, wie Nirk403) zutreffend ausführt, eine Ausuferung des Fragerechts nicht zu befürchten, da die Auskunft zur sachgemäßen Beurteilung eines Gegenstands der Tagesordnung erforderlich sein muss und es umfangreiche Auskunftsverweigerungsrechte gibt. 763 Nicht als „Angelegenheit der Gesellschaft“ gelten Angelegenheiten anderer Personen oder Gesellschaften oder die Interna des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder.404) Im letzten Fall hat das Informationsinteresse der Aktionäre gegenüber dem Schutz der Vertraulichkeit der Beratung im Aufsichtsrat zurückzustehen.405) So hat das BVerfG406) entschieden, dass Auffassungen, Überlegungen und Motive einzelner Aufsichtsratsmitglieder keine Angelegenheit der Aktiengesellschaft im Rahmen des Auskunftsrechts sind.407) Dies gilt auch für Strafverfolgungsmaßnahmen gegen einzelne Organmitglieder,408) sofern diese nicht im Zusammenhang mit ihrer Einzelentlastung oder Vertrauensentzug oder Abberufung stehen.409) Weitere Beispiele sind die Zusammenarbeit Vorstand/ Aufsichtsrat410) im Bereich der Aufsichtsratstätigkeit oder Gegenstand einer Aufsichtsratssitzung. Die Abgrenzung zwischen Angelegenheiten der Gesellschaft und sog. fremden Angelegenheiten ist im Einzelfall durchaus nicht unproblematisch, weil einerseits Kunden- und Lieferantenbeziehungen Gesellschaftsangelegenheiten sind411) und sich andererseits die Auskunftspflicht auf ___________ 400) 401) 402) 403) 404) 405) 406) 407) 408) 409) 410) 411)

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Siehe dazu Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 19. Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 19. Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 19. Nirk, in: Nirk/Reuter/Bächle, Rz. 1203. BVerfG, NJW 2000, 349, 351. BVerfG, NJW 2000, 349, 351; BGHZ 198, 354 Rz. 47; NJW 2014, 541; BGH NZG 2015, 1115 Rz. 65; OLG Frankfurt, AG 2013, 302, 303. BVerfG, NJW 2000, 349, 351. LG Frankfurt, AG 2005, 891, 892. LG Frankfurt, AG 2005, 891, 892. BGH, NZG 2014, 423 Rz. 76 ff. LG Mannheim, AG 2005, 780, 781; Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 11. Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 11.

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II. Leitung der Hauptversammlung

rechtliche und geschäftliche Beziehungen der Gesellschaft zu einem verbundenen Unternehmen erstreckt. Nicht zu den Angelegenheiten der Gesellschaft gehören die persönlichen Angelegenheiten der Organmitglieder.412) Ebenso gilt dies für die Abstimmungsempfehlungen der Kreditinstitute an seine Depotkunden. Auch ein Sonderprüfungsantrag in Bezug auf diese Abstimmungsempfehlungen führt zu keiner anderen Bewertung.413) (2)

Rechtlich verbundene Unternehmen

Darüber hinaus erstreckt sich die Auskunftspflicht nach § 131 Abs. 1 Satz 2 764 auch auf rechtliche und geschäftliche Beziehungen zu verbundenen Unternehmen.414) Dabei handelt es sich nach herrschender Meinung415) bei Satz 2 um eine klarstellende Vorschrift, die weder zu einer Erweiterung noch zur Einschränkung der Auskunftspflicht führt, da die Beziehungen zu verbundenen Unternehmen notwendig Gesellschaftsangelegenheiten sind.416) Die bloß deklaratorische Bedeutung ergibt sich auch aus der Begründung des Regierungsentwurfs, wonach die Ausdehnung der Auskunftspflicht auf die Beziehungen zu allen verbundenen Unternehmen erforderlich sei, weil sie alle der Gesellschaft so nahe stünden, dass die Kenntnis der Beziehung zu diesem Unternehmen für die Beurteilung der Lage der Gesellschaft wesentlich sei.417) Es wird also lediglich ein besonderer Aspekt der Auskunftsverpflichtung hervorgehoben. Beispiele von rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen zu verbundenen Unternehmen sind Höhe des Beteiligungsbesitzes, personelle Verflechtungen, Abschluss und Inhalt von Unternehmensverträgen, Abschluss und Inhalt von Rahmenverträgen über wechselseitige Lieferungen und Leistungen oder Zahlung einer Konzernumlage.418) Weiterhin fallen Inhalt und Abwicklung einzelner

___________ 412) OLG Stuttgart, AG 1995, 234, 235. 413) BayObLG, Urt. v. 9.9.1996 – 3 Z 36/94, ZIP 1996, 1945, 1947; LG München, Urt. v. 17.2.1995 – 5 HKO 9943/94, AG 1996, 186; a. A. LG München, AG 1994, 380. 414) MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 37 Rz. 6. 415) OLG Bremen, AG 281, 229; LG München I, AG 1999, 283, 284; Ebenroth, AG 1970, 104, 105; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 29; Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 13; Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 131 Rz. 52. 416) Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 13, Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz. 62; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 131 Rz. 34. 417) Begründung RegE zu § 131, Kropff, AktG, S. 185 f. 418) Beispiel Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 14; siehe auch OLG Karlsruhe, AG 1990, 82, bzgl. vom herrschenden Unternehmen berechneten Vertriebskosten OLG Stuttgart, AG 2005, 94, 96; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz. 65; a. A. OLG Frankfurt, AG 2003, 335 f.; KG, NJW 1973, 2307, 2307 als angebliche Verdrängung des § 131 durch § 312, welche nach der vorstehenden aufgeführten h. M. abzulehnen ist, da Regelungszweck nicht erreicht wurde und Argumente der Informationspflichten im faktischen und im Vertragskonzern nicht einleuchtet (Hüffer/Koch, AktG, § 312 Rz. 39).

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

Rechtsgeschäfte, wie z. B. die vom herrschenden Unternehmen berechneten Vertriebskosten darunter.419) 765 Zu beachten ist, dass nach dem Wortlaut von Satz 2 grundsätzlich nur über die rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen der Gesellschaft zu einem verbundenen Unternehmen und nicht über die Lage des verbundenen Unternehmens Auskunft zu geben ist. Jedoch kann sich nach Rechtsprechung420) und Literatur421) eine Auskunftspflicht auch auf die wirtschaftliche Lage des verbundenen Unternehmens erstrecken. 766 Dies ist jedoch nicht stets anzunehmen, sondern dann, wenn die wirtschaftliche Lage des verbundenen Unternehmens zugleich auch Rückwirkungen auf die Lage der Aktiengesellschaft hat oder ihre Beziehungen zu dem in Betracht kommenden Unternehmen beeinflussen kann.422) 767 Dagegen rechnet Ebenroth die wirtschaftliche Lage verbundener Unternehmen nicht zu den Angelegenheiten der Gesellschaft.423) Die herrschende Meinung424) wertet dies als eine zu enge Auslegung und nimmt ein Auskunftsrecht dann an, wenn die Angelegenheiten verbundener Unternehmen wegen ihrer Bedeutung zu Angelegenheiten der Gesellschaft selbst werden. 768 Der herrschenden Meinung folgend ist auf das Kriterium der Bedeutung für die Gesellschaft abzustellen. Auch wenn es im Einzelfall bei der Feststellung der Erheblichkeitsschwelle Abgrenzungsschwierigkeiten geben kann, gebührt dieser Ansicht der Vorzug. Wie Zöllner425) zutreffend ausführt, ist bei Fragen der Bilanzierung oder der Beurteilung von geschäftlichen Maßnahmen zugunsten des verbundenen Unternehmens der von Baumbach/Hueck426) gewählte Abgrenzungsmaßstab zu eng und trägt dem Regelungszweck des § 131 – Informations___________ 419) OLG Karlsruhe, AG 1990, 82. 420) OLG Bremen, Beschl. v. 20.10.1980 – 2 W 35/80, AG 1981, 229, 230; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.6.1989 – 11 W 57/89, AG 1990, 82 (Auskunft über Höhe der Konzernumlage bei bestehendem Unternehmensvertrag mit Weisungsrecht); LG Frankfurt/M., Urt. v. 15.2.1989 – 3/8 O 134/88, ZIP 1989, 1062 = WM 1989, 683, vgl. dazu EWiR 1989, 943 (Riegger); KG, Beschl. v. 26.8.1993 – 2 W 6111/92, ZIP 1993, 1618, 1620 = WM 1993, 1845, 1848, vgl. dazu EWiR 1993, 1043 (Wittkowski); LG Frankfurt/M., Beschl. v. 14.10.1993 – 3/3 O 65/93, DB 1993, 2371 (Auskunftsanspruch des Aktionärs hinsichtlich Konzernumlage im faktischen Konzern); ferner OLG Hamburg, Beschl. v. 24.2.1994 – 11 W 6 1994, ZIP 1994, 373 (Auskunftsrecht des Aktionärs gemäß §§ 131, 337 Abs. 4 auf Mitteilung der Jahresergebnisse der in den Konzernabschluss einbezogenen Unternehmen). 421) Ebenroth, AG 1970, 104, 105; Max, AG 1991, 77, 79. 422) Begründung RegE zu § 131, Kropff, AktG, S. 185 f. 423) Ebenroth, AG 1970, 104, 106. 424) OLG Düsseldorf, Beschl. v. 5.11.1987 – 19 W 6/87, AG 1988, 53 = NJW 1988, 1033; Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 16; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 29 f.; BGH, WM 2003, 345, 347 (Verein); BayObLG, GZ 2000, 193, 196; OLG Köln, AG 2002, 89, 90 f. 425) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 29 f. 426) Baumbach/Hueck, AktG, § 131 Rz. 8.

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II. Leitung der Hauptversammlung

beschaffung zur sachgemäßen Ausübung der Aktionärsrechte – gerade nicht Rechnung. Dabei können Abstufungen der Erheblichkeitsschwelle nach der Intensität der Unternehmensverbindung vorgenommen werden.427) Berücksichtigt werden sollte aber auch, dass über verbundene Unternehmen 769 rein faktisch nicht im gleichen Umfang Auskunft zu erteilen ist wie über das eigene Unternehmen.428) Dies kann sich z. B. aus der fehlenden Zuständigkeit der Hauptversammlung der Muttergesellschaft für die Angelegenheiten des verbundenen Unternehmens ergeben. So bedarf es bei Anerkennung eines Auskunftsanspruchs hinsichtlich indirekter Beteiligungen der Darlegung, in welcher Weise die Beteiligungen auf die Geschäfts- oder Vermögenslage der Konzernmutter durchschlägt. Unabhängig davon erstreckt sich bei Vorlage eines Konzernabschlusses das 770 Auskunftsrecht auch auf die Lage des Konzerns und der in den Konzernabschluss einbezogenen Unternehmen (§ 337 Abs. 4), sofern die in § 131 aufgestellten Voraussetzungen vorliegen. So hat das OLG Hamburg429) entschieden, dass sich das Auskunftsrecht eines Aktionärs grundsätzlich auch auf die Mitteilung der Jahresergebnisse der in den Konzernabschluss der Muttergesellschaft einbezogenen Unternehmen erstreckt. (3)

Erforderlichkeit zur sachgemäßen Beurteilung von Tagesordnungspunkten

Ferner verlangt § 131, dass die Auskunft zur sachgemäßen Beurteilung des Ge- 771 genstands der Tagesordnung erforderlich sein muss. Dabei ist auf die praktizierte und nicht auf die angekündigte Tagesordnung abzustellen, wobei eine Beschlussfassung über den erörterten Tagesordnungspunkt nicht stattzufinden braucht.430) Mit dem Merkmal „erforderlich“ soll Missbräuchen vorgebeugt werden, um einen ordnungsgemäßen Ablauf der Hauptversammlung zu gewährleisten.431) Durch eine sorgfältige Prüfung, ob die Voraussetzung der Erforderlichkeit ge- 772 geben ist, soll insbesondere auch überflüssigen, unsinnigen und indiskreten Fragen gegengesteuert werden. Maßgeblicher Prüfungsmaßstab für die Beurteilungserheblichkeit im Rahmen 773 des § 131 Abs. 1 Satz 1 ist nicht das subjektive Urteil des fragenden Aktionärs. Erforderlichkeit der Auskunft ist vielmehr nach der herrschenden Meinung dann zu bejahen, wenn die Frage ein für die Urteilsfindung des „objektiv den___________ 427) 428) 429) 430) 431)

Siehe dazu Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 16 m. w. N. Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 29 f. OLG Hamburg, ZIP 1994, 373. Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 21 f. Begründung RegE zu § 131, Kropff, AktG, S. 185.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

kenden“ Durchschnittsaktionärs, der die Verhältnisse der Gesellschaft lediglich aufgrund der allgemein bekanntgegebenen Tatsachen kennt, wesentliches Moment bildet.432) Wie Kubis433) zutreffend ausführt, bedarf der Prüfungsmaßstab jedoch der Präzisierung. Ein fiktiver Durchschnittsaktionär als Maßstab für die Beurteilungsrelevanz ist nur geeignet, wenn er über den Wissensstand eines anwesenden Versammlungsteilnehmers verfügt. Außerdem ist es nicht erforderlich, dass die gestellte Frage auf eine erschöpfende Auskunft abstellt. 774 Zu beachten ist auch, dass die erteilte Auskunft in irgendeiner Form geeignet ist, das Abstimmungsverhalten des Aktionärs zu beeinflussen, da sie nur dann zu einer sachgemäßen Beurteilung beizutragen vermag. Zu bedenken ist aber, dass die „thematische Bandbreite“434) der Tagesordnungspunkte „Vorlage des Jahresabschlusses“ und „Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat“ einer engen Auslegung des Merkmals „erforderlich“ entgegensteht, weil dem Aktionär zur Beurteilung dieser Tagesordnungspunkte ein breiter Informationsbedarf erwachsen kann. 775 Dies darf jedoch nicht zu einer uferlosen Ausweitung des Auskunftsverlangens führen. Vielmehr ist zu beachten, dass die Entlastung, wie das OLG Düsseldorf435) ausführt, gerade keinen Verzicht auf Ersatzansprüche gegenüber dem Entlasteten zum Inhalt hat, sondern ein bei Publikumsaktiengesellschaften – angesichts der Wirkung in der Öffentlichkeit – nicht zu unterschätzendes Vertrauensvotum darstellt. 776 Der Aktionär muss jedoch bei der Prüfung, ob er dieses Vertrauen durch eine Entlastung zum Ausdruck bringt, nicht jeden unbedeutenden Geschäftsvorfall kennen,436) sodass es im Einzelfall einer Abwägung bedarf, ob die erteilte Auskunft noch geeignet ist, zur sachgemäßen Beurteilung der entsprechenden Tagesordnungspunkte beizutragen. Geeignetheit ist nicht gegeben, wenn lediglich ein irgendwie gearteter loser Zusammenhang zum Tagesordnungspunkt besteht. Zur Vermeidung ausufernder Auskunftsbegehren ist dahingehend ein strenger Maßstab anzulegen.437) 777 Ferner kann eine Auskunftspflicht entfallen, wenn eine Vielzahl von Fragen gestellt wird, die, vom Standpunkt des vernünftigen Aktionärs aus gesehen, weit über das hinausgehen, was zur Beurteilung des betreffenden Punkts der Tagesordnung erforderlich ist.438) ___________ 432) BGHZ 180, 9, 29; BGHZ 160 385, 389 m. w. N.; OLG Stuttgart, AG 2011 93, 97 – Porsche/ VW; OLG Frankfurt, AG 2011 713, 715 – Kirch/Deutsche Bank. 433) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz. 39. 434) Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 12. 435) OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.11.1967 – 19 W 2/67, WM 1968, 74. 436) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 23. 437) OLG Düsseldorf, AG 1992, 34, 36 m. w. N. 438) Zu den Grenzen der Auskunftspflicht siehe Kap. E. Rz. 813.

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II. Leitung der Hauptversammlung

Die Auskunft muss vielmehr aus objektiver Sicht eine für die Beurteilung von 778 Tagesordnungspunkten wesentliche Ergänzung der dem Durchschnittsaktionär bereits vermittelten Erkenntnisse darstellen.439) Ein Auskunftsrecht ist dann abzulehnen, wenn eine Beantwortung dem Vor- 779 stand praktisch unmöglich ist, z. B. die Fragen nur nach umfangreichen Vorbereitungen beantwortet werden könnten.440) Diesem Einwand beugen manche Aktionäre jedoch dadurch vor, dass sie der Gesellschaft die Fragen ein oder zwei Tage vor der Hauptversammlung zur Kenntnis bringen. Ist dies der Fall, braucht sich der Aktionär auf eine nachträgliche Beantwortung seiner Fragen nicht einzulassen. An den dargestellten Voraussetzungen der Erforderlichkeit der Auskunft hat sich nicht durch die Aktionärsrichtlinie verändert.441) f)

Auskunftsverweigerung gemäß § 131 Abs. 3 Satz 1

Liegen die Voraussetzungen für ein Auskunftsrecht vor, kann der Vorstand die 780 Auskunft nur unter den in § 131 Abs. 3 abschließend442) geregelten Gründen verweigern. Die Verweigerung der Auskunft ist Geschäftsführungsmaßnahme und hat grundsätzlich einstimmig zu erfolgen, sofern Satzung oder Geschäftsordnung nichts Abweichendes regeln.443) Sie ist vollumfänglich gerichtlich überprüfbar.444) Inwieweit bei Auskunftsverweigerung ein Begründungszwang besteht, wird in Rechtsprechung445) und Literatur446) teilweise kontrovers diskutiert. Jedoch besteht weitgehend Einigkeit, dass bei Fehlen einer Begründung dies nichts an einem objektiv vorliegenden Auskunftsverweigerungsrecht ändert.447) Dies gilt unabhängig davon, ob man – wie OLG Dresden448) – einen Begründungszwang annimmt

___________ 439) BGHZ 180, 9, 29, BGHZ 16, 285, 389, KG, NJW RR 1995, 98, 99. 440) BGHZ 32, 159, 165 ff., wonach bei Fragen, deren sachgemäße Beantwortung eine entsprechende Vorbereitung anhand der notwendigen Unterlagen erfordert, der fragende Aktionär solche Fragen dem Vorstand vor der Hauptversammlung bekanntgeben muss. 441) OLG Frankfurt, ZIP 2012, 2502 ff. 442) BGH, ZIP 1983, 163, 169; BGH, ZIP 1986, 1239. 443) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz. 95. 444) BGH, NZG 2014, 423, 426; Lieder, NZG 2014, 601, 603. 445) BGHZ 36 121, 132 gegen einen Begründungszwang, wobei die alte Regelung des § 112 AktG 1937 zugrunde lag; offengelassen BGHZ 101, 1, 8 f., ZIP 1987, 1239, 1241 m. Anm. Niehus; dagegen LG München I, AG 2001, 319, 321 und LG Frankfurt/M., ZIP 1989, 1062, 1063 für Begründungszwang. 446) So auch Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 26; Decher, in: Großkomm. z. AktG, § 131 Rz 291; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 86 gegen einen Begründungszwang; Ebenroth, Das Auskunftsrecht des Aktionärs, S. 127 ff. 447) Siehe dazu Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz. 98 m. w. N. 448) OLG Dresden, AG 2003 433, 435; ebenso Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 25.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

oder wie Teile der Literatur449) einen solchen ablehnt. Der erforderliche Vorstandsbeschluss kann jedoch auch konkludent gefasst werden.450) aa)

§ 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1

781 Ein Auskunftsverweigerungsrecht ist gegeben, soweit die Erteilung der Auskunft nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung geeignet ist, der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen. 782 Dabei kommt es nicht auf die subjektive Überzeugung des Vorstands an, sondern dass die Auskunft nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung geeignet ist, der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen.451) 783 Der Nachteil umfasst nicht nur einen Schaden i. S. v. §§ 249 ff. BGB, sondern jede Beeinträchtigung der Gesellschaftsinteressen von einigem Gewicht.452) 784 Dabei ist es nicht notwendig, dass ein Nachteil feststeht, vielmehr ist ausreichend, dass ein vernünftiger Kaufmann mit einem solchen rechnet, d. h. eine einigermaßen gewichtige Beeinträchtigung des Gesellschaftsinteresses droht.453) Inwieweit dies der Fall ist, wird nicht im Rahmen einer Ermessensentscheidung des Vorstands festgestellt.454) 785 Die Beurteilung der Schädlichkeit unterliegt vielmehr der vollen richterlichen Nachprüfung anhand einer „vernünftigen kaufmännischen Beurteilung“, was im Einzelfall zu Schwierigkeiten führen kann. Oft kann das Gericht eine Schädlichkeitsprognose nur aufstellen, wenn die schädlichen Tatsachen offenbart werden. Es ist gerade nicht immer möglich, wie Zöllner anführt, alle Umstände darzulegen, aus denen ohne Offenbarung der schädlichen Tatsachen selbst die schädlichen Auswirkungen einer solchen Offenbarung deutlich werden.455) Dies kann jedoch nicht bedeuten, dem Aktionär die Beweislast für den Nichteintritt von Nachteilen aufzuerlegen. 786 Soweit diese Ansicht in Literatur456) und Rechtsprechung457) vertreten wird, ist dem nicht zuzustimmen. Sie verkennt den Regelungszweck des § 131, wonach ___________ 449) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz. 100; Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 131 Rz. 36. 450) BGHZ 101, 1, 5 f. = ZIP 1986, 1239; OLG Frankfurt/M., AG 1986, 233. 451) Siehe dazu LG München, AG 2010, 919. 452) BayObLG, AG 1996, 322, 323. 453) Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 131 Rz. 84. 454) MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 37 Rz. 24; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 35; a. A. v. Godin/Wilhelmi, AktG, § 131 Rz. 7; Steiner, Hauptversammlung, S. 96. 455) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 35. 456) v. Godin/Wilhelmi, AktG, § 131 Rz. 7. 457) LG Heilbronn, Beschl. v. 6.3.1967 – KfH AktE 1/67, AG 1967, 81.

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II. Leitung der Hauptversammlung

dem Aktionär die Informationen zu erteilen sind, die er zur sinnvollen Ausübung seiner auf die Hauptversammlung bezogenen Rechte benötigt. Der Anspruch auf Informationserteilung würde bei einer Beweislastverteilung zuungunsten des Aktionärs jedoch stark beeinträchtigt werden, da dieser im Regelfall keine Informationen erhalten kann, um den Nichteintritt von Nachteilen darzulegen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Geschäftsin- 787 teresses. Im Regelfall wird es der Gesellschaft möglich sein, die Tatsachen darzulegen, denen mit einiger Plausibilität die Schädlichkeit der begehrten Auskunft entnommen werden kann.458) Wird zudem berücksichtigt, dass an die Darlegung der eventuellen Schädlichkeit nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden sollten, ist es der Gesellschaft meist möglich, die die Auskunftsverweigerung rechtfertigenden Umstände plausibel darzulegen. Nur wenn die Gesellschaft im Einzelfall dieser „Plausibilitätslast“ ohne Offenbarung der schädlichen Tatsachen nicht nachkommen kann, wird sie eine erweiterte Beweislast treffen. Dabei hat eine Interessenabwägung zwischen Aktionärs- und Gesellschaftsinteressen nicht stattzufinden. Wie Semler hierzu zutreffend erklärt, stellt das Gesetz nach seinem klaren Wortsinn nur auf die Gefahr eines nicht unerheblichen Nachteils für die Gesellschaft ab, ohne dass dieser Nachteil in Relation zum Aktionärsinteresse gesetzt wurde.459) Zulässig und geboten ist also eine Gesamtabwägung der Vor- und Nachteile für 788 die Gesellschaft, wobei z. B. die Aufdeckung von Pflichtverletzungen der Verwaltung ein dominierender Vorteil sein kann.460) Ein Anwendungsfall des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 kann z. B. gegeben sein, wenn Auskunft über die Höhe eines Kaufpreises begehrt wird, die Parteien sich aber zum Stillschweigen verpflichtet haben. Das LG Berlin461) sieht in der Verletzung der vertraglichen Schweigepflicht dann einen Nachteil, wenn eine sachliche Notwendigkeit für die Vereinbarung der Vertraulichkeit bestand. Vor- und Nachteilsabwägungen sind dagegen nicht in dem Sinne statthaft, dass Vorteile für den Aktionär eine Rolle spielen dürfen.462) bb)

§ 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2

Der Vorstand darf Auskünfte verweigern, soweit sie sich auf steuerliche Wert- 789 ansätze oder die Höhe einzelner Steuern beziehen. Durch diese Bestimmung sollte vermieden werden, dass der Aktionär durch derartige Auskünfte ein fal___________ 458) Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz 25; OLG Düsseldorf, WM 1991, 2148, 2152. 459) MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 37 Rz. 24. 460) BGH, Urt. v. 29.11.1982 – II ZR 88/81, ZIP 1983, 163; LG Hannover, Urt. v. 15.1.1991 – 26 Akt I 5/90, ZIP 1991, 369, vgl. dazu EWiR 1991, 325 (Joost). 461) LG Berlin, Urt. v. 17.1.1990 – 98 Akt E 10/89, WM 1990, 978, 981. 462) Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 26 m. w. N.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

sches Bild erhalte und davon ausgehe, dass der steuerliche Gewinn betriebswirtschaftlich erzielt und ausschüttungsfähig sei.463) 790 Diese Begründung überzeugt nach der Einführung des neuen Körperschaftsteuerrechts und dem „Schütt-aus-Hol-zurück“ Verfahren nicht mehr. Gleichwohl ist die Vorschrift geltendes Recht, deren Anwendung auch nicht durch Art. 2 Abs. 3 der Vierten gesellschaftsrechtlichen EG-Richtlinie464) außer Kraft gesetzt wird.465) Die herrschende Meinung466) geht, soweit die steuerlichen Ansätze und Ansprüche in den handelsrechtlichen Jahresabschluss zu übernehmen sind, davon aus, dass Abs. 3 Nr. 2 teleologisch reduziert werden muss. Ein Auskunftsverweigerungsrecht besteht in diesen Fällen nicht,467) jedoch wird von der Literatur468) eine teleologische Reduktion befürwortet. Begründet wird dies mit dem überholten Normzweck.469) Der Vorstand darf Auskünfte über die Tarifbelastung des verwendbaren Eigenkapitals verweigern.470) 791 Soweit Meilicke in Zusammenhang mit der Frage, ob die Tarifbelastung der Rücklagen im Jahresabschluss der Aktiengesellschaft gegenüber dem Aktionär offenzulegen ist, die Rechtsauffassung vertritt, dass die Generalklausel des Art. 2 Abs. 3 der Vierten EG-Richtlinie dem Auskunftsverweigerungsrecht nach § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 vorgehe,471) ist diese Ansicht abzulehnen. Es handelt sich bei der angesprochenen EG-Bestimmung um eine im Vergleich zu § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 unterschiedlichen Regelungsgehalt aufweisende Norm, die nur an die EGMitgliedstaaten gerichtet ist, aber keine unmittelbare Wirkung entfaltet.472) Ein Auskunftsverweigerungsrecht steht dem Vorstand mangels entgegenstehender EG-Vorschriften zu, sodass er die von einem Aktionär gestellte Frage nach der steuerlichen Tarifbelastung von Rücklagen verweigern kann.473) ___________ 463) Begründung RegE zu § 131, Kropff, AktG, S. 186. 464) Vierte Richtlinie 78/660/EWG des Rats aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrags über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (Jahresabschlußrichtlinie) v. 25.7.1978, ABl Nr. L 222/11. 465) Meilicke, BB 1991, 241. 466) Decher, in: Großkomm. z. AktG, § 131 Rz. 309; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz. 115 m. w. N. 467) Hüffer/Koch, AktG, Rz. 28. 468) Decher, in: Großkomm. z. AktG, § 131 Rz. 305; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz. 115 m. w. N.; Reger, in: Bürgers/Körber, AktG, § 131 Rz. 31. 469) Decher, in: Großkomm. z. AktG, § 131 Rz. 305; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz. 115 m. w. N.; Reger, in: Bürgers/Körber, AktG, § 131 Rz. 31. 470) Decher, in: Großkomm. z. AktG, § 131 Rz. 305; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz. 115 m. w. N.; Reger, in: Bürgers/Körber, AktG, § 131 Rz. 31. 471) So Meilicke, BB 1991, 241. 472) Adler/Düring/Schmaltz, HGB, § 264 Rz. 48 f.; Kamprad, AG 1991, 396, 397. 473) Kamprad, AG 1991, 396; Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 28; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz. 106.

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II. Leitung der Hauptversammlung

In der Praxis ist weiterhin die Entscheidung des LG München I474) in Zusammen- 792 hang mit § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 zu beachten. Dieser Entscheidung liegt der Sachverhalt zugrunde, dass der Vorstand der Paulaner AG auf Fragen nach der Steuerbilanz, wie z. B.: „In welcher Höhe sind die Rückstellungen steuerlich anerkannt?“ die Auskunft zulässigerweise verweigerte. cc)

§ 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3

Der Vorstand darf die Auskunft verweigern über den Unterschied zwischen 793 dem Wert, zu dem Gegenstände in der Jahresbilanz angesetzt worden sind, und einem höheren Wert dieser Gegenstände, es sei denn, dass die Hauptversammlung den Jahresabschluss feststellt. Eine Beantwortung von Fragen über „stille Reserven“ ist somit zurzeit noch in 794 der Regel nicht notwendig.475) Etwas anderes ergibt sich lediglich, wenn der begründete Verdacht besteht, der Vorstand habe erheblich gegen seine kaufmännische Sorgfaltspflicht verstoßen, und die Auskunft geeignet ist, diesen Verdacht zu bestätigen oder zu erhärten. Zur Begründung eines solchen Auskunftsverlangens reicht freilich nicht die bloße Behauptung eines Aktionärs aus, die Verwaltung habe unsorgfältig gearbeitet. Es müssen vielmehr bestimmte Tatsachen vorliegen, die objektiv geeignet sind, den hinreichenden Verdacht eines schwerwiegenden, die Gesellschaft schädigenden oder gefährdenden Versagens der Verwaltung zu begründen.476) Insofern ist auch eine Auskunftsverweigerung über die Höhe der Feuerversicherungswerte von Gebäuden nach § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 gerechtfertigt, soweit die Auskunft zur Offenlegung stiller Reserven führt.477) Wird nach dem Substanz- und Liquidationswert einer Beteiligung gefragt, besteht 795 ebenso ein Auskunftsverweigerungsrecht.478) Verfassungsrechtliche Bedenken, die insbesondere aus Art. 14 GG abgeleitet werden, sind unbegründet.479) In der Praxis ist festzustellen, dass eine Vielzahl von Unternehmen, insbesondere solche, welche diesen Konzernabschluss z. B. nach US-GAAP aufstellen, die stillen Reserven offenlegen und damit das Auskunftsverweigerungsrecht nach Nr. 3 zunehmend an Bedeutung verliert.

___________ 474) 475) 476) 477) 478) 479)

LG München I, AG 1981, 79, 80. LG Berlin, AG 2000, 288; Hüffer/Koch, AktG, Rz. 29. BGH, Urt. v. 29.11.1982 – II ZR 88/81, NJW 1983, 878, 882. LG Frankfurt/M., Urt. v. 16.9.1994 – 3/3 O 83/92, DStR 1995, 1160. LG Hamburg, Urt. v. 8.6.1995 – 405 O 203/94, WM 1996, 168, 171. BVerfG, NJW 2000, 129, 130; siehe dazu im Einzelnen Ebenroth/Koos, BB 1995, Beilage 8, 1.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

dd)

§ 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4

796 Dem Vorstand steht außerdem ein Auskunftsverweigerungsrecht zu, soweit die Angaben über die Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden im Anhang ausreichen, um ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft i. S. d. § 264 Abs. 2 HGB zu vermitteln; dies gilt nicht, wenn die Hauptversammlung den Jahresabschluss feststellt. Die Vorschrift zielt darauf ab, die Gesellschaft vor schädlichen Dispositionen durch Wettbewerber und Vertragspartner zu schützen.480) 797 Unabhängig von der Frage, ob Unterschiede zwischen den Bilanzansätzen und dem wahren höheren Wert überhaupt zulässig sind, wird ein Verweigerungsrecht dann gegeben sein, wenn der Anhang ausreichende Angaben über die Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden i. S. v. § 284 Abs. 3 Nr. 1 HGB enthält, um den Standard des § 264 Abs. 2 HGB zu erreichen. 798 Dabei kann nicht nur darauf abgestellt werden, ob im Anhang die geforderten Angaben enthalten sind. Ausreichend ist, wenn der Jahresabschluss Angaben über die Bewertungs- und Bilanzierungsmethoden enthält. Dies ergibt sich aus der in § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 enthaltenen Bezugnahme auf § 284 Abs. 2 Nr. 1 HGB und aus dem Kontext des § 264 Abs. 2 Satz 2 HGB, wonach im Anhang nur dann zusätzliche Angaben zu machen sind, wenn besondere Umstände dazu führen, dass der Jahresabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild im Sinne des Satzes 1 nicht vermittelt. Wird ein Abschluss nach IAS/IFRS erstellt, gilt § 131 Abs. 2 Nr. 4 analog.481) 799 Die Erteilung eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks des Prüfers dürfte als ausreichend dafür angesehen werden, dass die erforderlichen Angaben über die Bewertungs- und Abschreibungsmethoden enthalten sind. Ein Verstoß gegen das Prinzip der verschlossenen, aber gläsernen Taschen ist auch nicht ersichtlich, da gerade der Jahresabschluss nebst Anhang die nötigen Angaben beinhalten muss. ee)

§ 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5

800 Soweit sich der Vorstand durch die Erteilung der Auskunft strafbar machen würde, steht ihm ein Auskunftsverweigerungsrecht zu. 801 In Betracht kommt z. B. der Verrat von Staatsgeheimnissen, der nach den §§ 93 ff. StGB strafbar ist. Denkbar sind auch andere unter Strafe gestellte Geheimhaltungspflichten, wie solche nach § 203 StGB, etwa wenn der Vorstand einer Versicherung Auskunft zu personenbezogenen Krankheitsdaten erteilt.

___________ 480) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz. 112. 481) Reger, in: Bürgers/Körber, AktG, § 131 Rz. 23.

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II. Leitung der Hauptversammlung

Eine Verletzung der Geheimhaltungspflicht nach § 204 StGB kann jedoch kein 802 Auskunftsverweigerungsrecht nach Nr. 5 begründen. Insofern ist Zöllner482) folgend das in § 204 StGB genannte Tatbestandsmerkmal „Betriebs- und Geschäftsgeheimnis“ eng auszulegen. Es bezieht sich nur auf solche Tatsachen, deren Geheimhaltung im Hinblick auf die Eigenart des Betriebs im wettbewerblichen Interesse liegt.483) In der Literatur484) umstritten ist, ob die Offenbarung von Betriebs- und Ge- 803 schäftsgeheimnissen der Gesellschaft nach § 404 ein Auskunftsverweigerungsrecht begründet. Nach Auffassung von Semler485) ist der Vorstand berechtigt, im Falle des § 404 804 die Auskunft zu verweigern. Folgt man dieser Ansicht, würde das Informationsrecht des § 131 Abs. 1 weitgehend entwertet werden.486) Zu beachten ist auch, dass aufgrund des weiten Verständnisses von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen i. S. v. § 404 der Anwendungsbereich von § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ansonsten auch bei Nichtvorliegen von Nachteilen und Gefahr für die Gesellschaft sachwidrig unterlaufen würde.487) Darüber hinaus kann sich der Vorstand nicht auf § 404 berufen, „da die Beantwortung einer Aktionärsanfrage nicht un-befugt erfolgte.488) Von großer praktischer Bedeutung ist bei börsennotierten Aktiengesellschaf- 805 ten die Auskunftsverweigerung im Zusammenhang mit sog. Insidertatsachen. Unter Berücksichtigung von § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG führt es zu einer Strafbarkeit des Vorstands, wenn er entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG einem anderen eine Insidertatsache unbefugt mitteilt oder zugänglich macht. Dabei besteht in der Literatur weitgehend Einvernehmen, dass die Hauptversammlung mangels Publizitätswirkung kein geeignetes Forum für eine Ad-hoc-Publizität i. S. d. § 15 WpHG darstellt. Ausnahme dürfte der von Semler489) angesprochene Fall sein, dass die Gesellschaft als Emittent ihrer Verpflichtung zur unverzüglichen Veröffentlichung einer Insidertatsache nachkommt.

___________ 482) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 41. 483) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 41; Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/ Kropff, AktG, § 131 Rz. 123. 484) MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 37 Rz. 39, Ebenroth, Das Auskunftsrecht des Aktionärs, S. 404; differenziert Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 41. 485) MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 37 Rz. 39. 486) So Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz. 116; Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 31; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 41; Decher, in: Großkomm. z. AktG, § 131 Rz. 324; Siems, in: Spindler/Stilz, AktG, § 131 Rz. 49. 487) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz. 117; Assmann/Schneider, WpHG, § 15 Rz. 163. 488) Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 31 m. w. N.; a. A. Reger, in: Bürgers/Körber, AktG, Rz. 24. 489) MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 37 Rz. 44.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

806 Ist es dem Vorstand nicht möglich, den vorgeschriebenen Weg der Ad-hocPublizität einzuhalten, so führt dies zum Schutz nicht anwesender Anleger zu einem Auskunftsverweigerungsrecht nach Abs. 3, Satz 1 Nr. 5.490) Dabei ist jedoch vorab zu prüfen, ob es dem Vorstand möglich ist, noch in der Hauptversammlung innerhalb eines zeitlich angemessenen Rahmens die Bereichsöffentlichkeit über die ad-hoc-pflichtige Insiderinformation zu informieren.491) ff)

Bekanntmachung auf der Internetseite der Gesellschaft

807 Nach § 131 Abs. 3 Nr. 7 darf der Vorstand die Auskunft verweigern, soweit diese auf der Internetseite der Gesellschaft über mindestens sieben Tage vor Beginn und in der Hauptversammlung durchgängig zugänglich ist. 808 Die im Rahmen des UMAG eingeführte Regelung ermöglicht es dem Vorstand, Informationen zu erwarteten Fragestellungen vorab zu geben und tatsächlich gestellte Vorabanfragen vorab zu beantworten. Letzteres stellt eine Begrenzung des Minderheitsprinzips dar. Ein Recht des Aktionärs auf Zugänglichmachung besteht nicht, sofern über keinen Internetzugang verfügt wird, mindert dies das Auskunftsverweigerungsrecht nicht. Zu beachten ist jedoch, dass die Informationen auf der Internetstartseite der Gesellschaft „direkt oder durch eindeutige Links problemlos gefunden werden können“.492) gg)

Sonderregelung für Aktienbanken

809 Nach § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 darf der Vorstand eines Kreditinstituts die Auskunft verweigern, soweit es um Angaben über Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sowie vorgenommene Verrechnungen geht, die im Jahresabschluss, Lagebericht, Konzernabschluss oder Konzernlagebericht nicht gemacht zu werden brauchen. Diese durch das Bank-Bilanzrichtliniengesetz vom 30.11.1990 eingefügte Bestimmung übernimmt die in § 26a Abs. 3 Satz 2 KWG a. F. enthaltene Regelung und betrifft vor allem die Bildung stiller Reserven, insbesondere durch die sog. Überkreuzverrechnung nach § 340f Abs. 3 HGB. 810 Nach dem BGH493) kann sich jedoch eine Auskunftspflicht ergeben, wenn eine Gesamtabwägung Offenlegung als überwiegend vorteilhaft erkennen lässt. Nach neuer Rechtslage ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Wortlaut eine entspre-

___________ 490) Siehe Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz. 117. 491) Decher, in: Großkomm. z. AktG, § 131 Rz. 328, 329; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 131 Rz. 74. 492) Siehe dazu Reger, in: Bürgers/Körber, AktG, § 131 Rz. 26. 493) BGH, BGHZ 101, 1, 6 ff.; BGH, NJW 1987, 3186.

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II. Leitung der Hauptversammlung

chende Ausnahme nicht vorsieht und außer Gesellschaftsinteressen auch Interessen der Allgemeinheit geschützt werden können.494) hh) Rechtsmissbrauch In Literatur und Rechtsprechung495) ist streitig, ob dem Auskunftsrecht des Akti- 811 onärs im Einzelfall mit dem Einwand des Rechtsmissbrauchs begegnet werden kann.496) Zusammenfassend ist auszuführen, dass die herrschende Meinung im Einzelfall den Einwand des Rechtsmissbrauchs eingreifen lässt und diesen auch nicht durch die abschließende Aufzählung der Verweigerungsgründe in § 131 Abs. 3 als ausgeschlossen betrachtet.497) Einzelne Praxisbeispiele für Misstrauenskonstellationen sind z. B. von Aktionären gestellte Fragenkataloge nach 5.000 Vorgängen und 25.000 Einzelangaben498) oder wenn durch Fragen der ordnungsgemäße Gang der Hauptversammlung blockiert wird, da die Verwaltung trotz gewissenhafter und umfangreicher Vorbereitung zu einer langen Reihe von Angaben veranlasst und „das Recht der anderen Aktionäre auf eine zügig zu bewältigende Hauptversammlung beeinträchtigt wird“ oder sogar unmöglich gemacht wird.499) ii)

Rechtsfolgen bei Verletzung der Auskunftspflicht

§ 131 Abs. 5 verankert das Recht des Aktionärs, bei einer sein Auskunftsverlan- 812 gen betreffenden Auskunftsverweigerung zu fordern, dass seine Frage und der Grund, aus welchem die Auskunft verweigert worden ist, in der Niederschrift über die Verhandlung aufgenommen werden. Sowohl die gerügte Antwortverweigerung als auch die Frage selbst unterliegen der Beweiskraft der notariellen Niederschrift.500) Der Gesetzgeber hat damit dem Aktionär ein Beweismittel für das Auskunftsverlangen oder für einen Anfechtungsprozess zur Seite gegeben. Nach herrschender Meinung501) braucht der Vorstand in der Hauptversamm- 813 lung nicht die Gründe für die Verweigerung darzulegen. Eine zum früheren ___________ 494) Gegen eine Fortgeltung der BGH-Rechtsprechung siehe Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz. 134. 495) Bejahend BayObLG, NJW 1974, 2094; OLG Frankfurt/M., ZIP 1983, 1204; LG Heilbronn, NJW 1967, 1715; Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 33, und Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 44 jeweils m. w. N., Groß, AG 1997, 97, 104; verneinend: Meilicke/ Heidel, DStR 1992, 113, 115; Meyer-Landrut, in: Festschrift Schilling, S. 23, wogegen Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz. 124 einen sog. quantitativen Frageexzess mit Hilfe der Beurteilungsrelevanz nach Abs. 1 Satz 1 löst und keinen Rückgriff auf das Institut des Rechtsmissbrauchs benötigt. 496) Siehe Kap. E. Rz. 657. 497) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 44; Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 33 f. 498) OLG Frankfurt, AG 1984, 25, 26. 499) KG NJW – RR 1956, 1060, 1064 m. w. N. 500) OLG Frankfurt, AG 2013, 302, 305. 501) OLG Frankfurt/M., Urt. v. 15.4.1986 – 3 U 191/84, AG 1986, 233; LG München I, AG 1987, 185.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

Recht ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs502) steht dieser Ansicht nicht entgegen, zumal der Bundesgerichtshof in einer neueren Entscheidung503) diese Frage offen gelassen hat, da die Nichtangabe von Gründen keine Gesetzesverletzung i. S. d. § 243 Abs. 1 darstelle. Für die Frage, ob eine zur Anfechtung des Hauptversammlungsbeschlusses berechtigende Gesetzesverletzung vorläge, sei die Berechtigung zur Auskunftsverweigerung gemäß § 131 Abs. 3 maßgeblich. 814 In der Praxis empfiehlt es sich im Regelfall, die Verweigerungsgründe schon in der Hauptversammlung zu nennen.504) Dies erleichtert nicht nur dem Aktionär, die Erfolgsaussichten einer gerichtlichen Geltendmachung besser beurteilen zu können, sondern es liegt auch im Interesse der Gesellschaft, eine Transparenz der Entscheidungsfindung zu ermöglichen und eventuelle Prozesse durch Angabe der entscheidenden Gründe zu vermeiden. Dies umso mehr als der Gesellschaft im gerichtlichen Auskunftsverfahren die Verpflichtung erwächst, die Auskunftsverweigerung zu begründen. 815 So führt das LG München I505) aus, dass die Nachprüfung und Amtsermittlung des Gerichts sich auf die von der Gesellschaft geltend gemachten Verweigerungsgründe beschränkt. Dieses Ergebnis ergibt sich auch unter Berücksichtigung des Amtsermittlungsgrundsatzes, da den Verfahrensbeteiligten eine Pflicht zur Verfahrensförderung obliegt.506) 816 Neben der Möglichkeit der Anfechtbarkeit, die damit begründet werden kann, dass zur Vorbereitung eines Beschlusses eine Auskunft verlangt und zu Unrecht verweigert worden ist,507) kann der Aktionär sich auch des in § 132 besonders geregelten Auskunftsverfahrens bedienen. Dabei handelt es sich nach herrschender Meinung508) um zwei voneinander unabhängige Verfahren, wofür insbesondere der Wortlaut des § 132 und die Gesetzessystematik sprechen.509)

___________ 502) BGHZ 32, 159. 503) BGH, ZIP 1986, 1239, 1240. 504) Im Einzelfall kann es jedoch gerade angebracht sein, eine Begründung nicht abzugeben, so z. B. bei unübersichtlichen Verhältnissen, siehe Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 89. 505) LG München I, AG 1987, 185, 186. 506) Hüffer/Koch, AktG, § 132 Rz. 7. 507) Dabei wird die Kausalität der Auskunftsverweigerung vermutet, siehe Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 94, 96 und 98; Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 2; BGH, ZIP 1983, 163, 164; Lüke, ZGR 1990, 654, 657; Meyer-Landrut/Miller, AG 1970, 157, 158; Kollhosser, AG 1977, 117, 120; Werner, in: Festschrift Barz, S. 293, 301; dagegen Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 132 Rz. 9. 508) Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 2 m. w. N. 509) Nähere Einzelheiten zu den beiden Verfahren sind in Kap. G. Rz. 1316 ff. und 1332 ff. dargestellt.

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II. Leitung der Hauptversammlung

g)

Praktische Handhabung und Probleme im Zusammenhang mit dem Auskunftsrecht

In Zusammenhang mit der Vorbereitung der Hauptversammlung sollte berück- 817 sichtigt werden, dass Aktionäre ihr Auskunftsverlangen nicht nur innerhalb, sondern auch schon im Vorfeld der Hauptversammlung stellen. Bestes Beispiel hierfür sind die wenige Tage vor der Hauptversammlung mit Vertretern der Schutzgemeinschaft oder mit größeren Anteilseignern stattfindenden Informationsgespräche, in denen zum Teil auf der Hauptversammlung nicht mehr angesprochene Fragestellungen erörtert werden. Aber auch Kleinaktionäre wenden sich mit ihrem Auskunftsbegehren an die 818 Gesellschaft. Grundsätzlich ist diese zur Auskunftserteilung außerhalb der Hauptversammlung nicht verpflichtet. Werden dennoch Auskünfte erteilt, so ist zu beachten, dass nach § 131 Abs. 4 Auskünfte, die einem Aktionär außerhalb der Hauptversammlung erteilt werden, auf Verlangen anderer Aktionäre in der Hauptversammlung wiederholt werden müssen.510) Dies gebietet unter Umständen schon der Gleichbehandlungsgrundsatz. Voraussetzung dieser erweiterten Auskunftspflicht ist, dass in einer der AG zurechenbaren Geschäftsführungsmaßnahme dem Aktionär gerade wegen dieser Eigenschaft außerhalb der Hauptversammlung Auskunft erteilt wurde. Außerdem muss ein anderer Aktionär von der Gesellschaft die Erteilung der Auskunft verlangen. Dies kann nicht immer wünschenswert sein, wie die Volkswagen AG in ihrer 819 Hauptversammlung 1989 erfahren musste, in der eine außerhalb der Hauptversammlung gegebene Auskunft an einen Aktionär durch Zurverfügungstellung von schriftlichen Unterlagen auf Verlangen der anderen Aktionäre in der Hauptversammlung verlesen werden musste, was aufgrund des Umfangs sehr zeitaufwendig war. Sollen solche nachteiligen Konsequenzen vermieden werden, ist es sinnvoll, 820 sich im Vorfeld der Hauptversammlung über die Art und Weise der Beantwortung von Auskunftsersuchen abzustimmen und an die betroffenen Mitarbeiter entsprechende Sprachregelungen zur Beachtung zu geben, oder geeignete, informierte Ansprechpartner zu benennen. Ist die Vorbereitung abgeschlossen und die Hauptversammlung mit ent- 821 sprechenden Auskunftsbegehren im Gange, sind je nach Gesellschaft sehr unterschiedliche Handhabungen des Auskunftsrechts feststellbar. Diese reichen von einer ausführlichen Beantwortung jeder Frage bis zur kurzen, zum Teil bewusst lückenhaften Informationserteilung. Zum Teil wird diese Art der Auskunftserteilung personenbezogen und von Gesellschaftsgegebenheiten abhängig sein, zum Teil ergibt sie sich auch aus dem Ablauf der Hauptversammlung heraus. ___________ 510) Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 37 ff.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

822 Es erscheint jedoch gerade im Hinblick auf die vom Back Office zu tätigenden Vorbereitungshandlungen empfehlenswert, die Rahmenbedingungen bezüglich der Handhabung der Auskunftserteilung festzulegen. Dabei sollte formaljuristisch vom Hauptversammlungsleiter beachtet werden, dass er sich nach Beantwortung aller Fragen bei dem Aktionär erkundigt, ob sein Auskunftsverlangen vollständig erfüllt ist. Wiederholt der Fragesteller auf eine solche Aufforderung hin die Frage nicht, die er für noch nicht beantwortet hält, so verzichtet er konkludent auf die Beantwortung dieser Frage.511) 823 Häufig ist auch festzustellen, dass der Versammlungsleiter nur einen Teil der gestellten Fragen beantwortet und durch Nachfragen in der vorstehend geschilderten Art einen Verzicht des Aktionärs bewirkt. 824 Neben dieser zulässigen Taktik besteht auch die Möglichkeit, bei einer Vielzahl von Auskunftsersuchen das Angebot auf eine nachträgliche schriftliche Beantwortung der Fragen an den Aktionär zu richten. Eine Annahme dieses Angebots wird als konkludenter Verzicht einer mündlichen Beantwortung in der Hauptversammlung zu werten sein, der als zulässig anzusehen ist.512) 825 Bei einer nachträglichen schriftlichen oder mündlichen Beantwortung ist allerdings zu berücksichtigen, dass nach § 131 Abs. 4 Auskünfte, die einem Aktionär außerhalb der Hauptversammlung erteilt werden, auf Verlangen anderer Aktionäre in der nächsten Hauptversammlung wiederholt werden müssen. Für einen derartigen Auskunftsanspruch gelten weder die in § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 – 4 aufgeführten Auskunftsverweigerungsrechte noch die Begrenzung auf die Erforderlichkeit zur sachgemäßen Beurteilung eines Gegenstands der Tagesordnung. 826 Eckardt513) vertritt zudem die Auffassung, dass eine einem Aktionär außerhalb der Hauptversammlung gegebene Auskunft grundsätzlich auch allen anderen Aktionären auf Verlangen außerhalb der Hauptversammlung mitzuteilen ist (Grundsatz der Gleichbehandlung). 827 Diese Auffassung geht zu weit. Unter Berücksichtigung der Vorgeschichte der Norm ist eine Erweiterung der Auskunft auch außerhalb der Hauptversammlung zu verneinen.514) Außerdem ist Zweck des § 131 Abs. 4, ein Informationsmonopol von Aktionären zu verhindern, die außerhalb der Hauptversammlung fragen; er dient nicht primär der Gleichbehandlung.515)

___________ 511) 512) 513) 514) 515)

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LG Mainz, Beschl. v. 13.7.1987 – 10 HO 141/86, AG 1988, 169. LG Mainz, AG 1988, 169. Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 131 Rz. 140 ff. Duden, in: Festschrift v. Caemmerer, 1978, S. 499, 503. Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 42.

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II. Leitung der Hauptversammlung

Vom Sitzungsleiter sollte auch beachtet werden, dass nach der Rechtsprechung516) 828 ein Auskunftserzwingungsverfahren unbegründet ist, soweit die verlangte Auskunft erteilt wurde. Dies gilt auch dann, wenn die Auskunftserteilung erst nach dem förmlichen Schluss der Hauptversammlung geschah. Dies rechtfertigt jedoch nicht, besonders wichtige Fragen, bei denen unklar ist, 829 ob eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung besteht, in dem sehr kurz bemessenen Zeitraum während einer Hauptversammlung nicht zu beantworten, da eine Beantwortung ohne Obsiegen der Gegenpartei auch noch nach der Hauptversammlung erfolgen kann.517) Dieser Weg ist deshalb nicht gangbar, weil der Aktionär den Beschluss jederzeit wegen Verletzung von Informationspflichten anfechten kann. Darüber hinaus ist zu beachten, dass bei gegenüber der Verwaltung nicht an- 830 gekündigten Fragen eine Auskunftspflicht entfällt, wenn sich das Auskunftsverlangen als „unvorhersehbar“ darstellt, zur sachgemäßen Beantwortung aber eine besondere Vorbereitung erforderlich ist, insbesondere spezielle Unterlagen erst noch herbeigezogen werden müssten.518) 4.

Stimmrechte

a)

Grundsätzliches

Nach der allgemein Zustimmung findenden Meinung von Zöllner519) ist das 831 Stimmrecht das Recht, „durch Stimmabgabe am Zustandekommen von Hauptversammlungsbeschlüssen mitwirken zu können.“520) Es handelt sich dabei um ein Mitgliedschaftsrecht, das vom Teilnahmerecht abzugrenzen ist. Zwar steht jedem Stimmberechtigten ein Teilnahmerecht zu, aber nicht jedem Teilnahmeberechtigten ein Stimmrecht.521) Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 gewährt jede Aktie das Stimmrecht. Das Aktiengesetz 832 enthält z. B. in § 139 für Vorzugsaktien eine Ausnahme. Zu beachten ist auch die in § 134 Abs. 1 Satz 2 enthaltene Möglichkeit, durch Satzungsregelungen ein Höchststimmrecht einzuführen. Unzulässig sind nach § 12 Abs. 2 Mehrstimmrechte, d. h. Satzungsgestaltungen, nach denen eine Aktie ihrem Inhaber mehr Stimmen gibt, als ihrer auf das Grundkapital bezogenen Beteiligungsquote entspricht.522) ___________ 516) LG Berlin, Beschl. v. 13.1.1990 – 98 AktE 10/89, AG 1991, 34 = WM 1990, 978. 517) Zu beachten ist jedoch das Gleichbehandlungsgebot aller Aktionäre und die daraus resultierenden Rechtsfolgen. 518) BGHZ 32, 159. 519) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 134 Rz. 4. 520) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 134 Rz. 4; so auch v. Winnefeld, DB 1972, 1053. 521) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 134 Rz. 4. 522) Siehe Hüffer/Koch, AktG, § 12 Rz. 8.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

833 § 12 Abs. 1 Satz 1 enthält zudem die negative Aussage, dass es kein Stimmrecht ohne Aktie gibt.523) Inhaber des Stimmrechts und zu seiner Ausübung berechtigt ist im Normalfall der Aktionär. Jedoch kann die Ausübung kraft Gesetzes oder Vereinbarung einem anderen obliegen. b)

Beginn und Umfang des Stimmrechts

834 Entsprechend der Regelung in § 134 Abs. 1 Satz 1 wird das Stimmrecht nach Aktiennennbeträgen, bei Stückaktien nach deren Zahl ausgeübt. 835 Nach § 134 Abs. 2 Satz 1 beginnt das Stimmrecht mit vollständiger Leistung der Einlage. Dabei ist es ausreichend, dass die Einlage wenigstens auf eine Aktie voll eingezahlt ist. 836 In der Praxis ist es jedoch insbesondere bei Versicherungsgesellschaften unter Solvabilitätsaspekten üblich und sinnvoll, teileingezahlte Aktien auszugeben. Ist dies der Fall, richtet sich das Stimmrecht gemäß § 134 Abs. 2 Satz 4 nach der Höhe der geleisteten Einlage, soweit es an einer Satzungsbestimmung fehlt, dass das Stimmrecht vor der vollständigen Leistung der Einlage beginnt. Andernfalls könnten sonst keine Beschlüsse gefasst werden. 837 Die Stimmkraft bemisst sich somit in diesem Fall nach der Höhe der geleisteten Einlage, wobei die Leistung der Mindesteinlage524) eine Stimme gewährt. 838 Ist über die Mindesteinlage hinaus eine Einzahlung erfolgt, ohne dass eine vollständige Einlagenleistung vorliegt, kann die Bestimmung des § 134 Abs. 2 Satz 5 einschlägig sein. Nach dieser Norm sind Stimmenbruchteile zu berücksichtigen, soweit sie für den stimmberechtigten Aktionär volle Stimmen ergeben. Verbleibende Bruchteile kommen nicht zum Zuge. 839 Keine ausdrückliche Regelung ist im Gesetz für den Fall enthalten, dass die Gesellschaft Aktien mit unterschiedlichem Nennwert ausgibt. Aber auch in dieser Situation entsteht ein Stimmrecht nur, soweit der Mindesteinlagebetrag für die Aktien mit dem niedersten Nennwert als unterste Stimmeinheit geleistet wurde.525) 840 Von diesen dargelegten Grundsätzen sind nur in eingeschränktem Rahmen Abweichungen durch Satzungsregelungen möglich. Nach § 134 Abs. 2 Satz 2 kann die Satzung bestimmen, dass das Stimmrecht beginnt, wenn auf die Aktie die gesetzliche oder höhere satzungsmäßige Mindesteinlage geleistet ist, unabhängig davon, ob auf einzelne Aktien bereits die volle Leistung erbracht wurde. Wenn dies der Fall ist, gewährleistet die Leistung der Mindesteinlage eine Stimme, während sich bei höheren Einlagen das Stimmenverhältnis nach der ___________ 523) Hüffer/Koch, AktG, § 12 Rz. 2 m. w. N.; Heider, in: MünchKomm-AktG, § 12 Rz. 5; Westermann, in: Bürgers/Körber, AktG, § 12 Rz. 1. 524) MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 38 Rz. 4. 525) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 134 Rz. 59.

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II. Leitung der Hauptversammlung

Höhe der jeweils geleisteten Einlage richtet. Bei Stimmbruchteilen verbleibt es bei der Regelung des § 134 Abs. 2 Satz 5. Dagegen ist Zöllner526) folgend eine Satzungsregelung, nach der das Stimmrecht 841 erst bei einem über der gesetzlichen oder satzungsmäßigen Mindesteinlage liegenden Betrag beginnt, mangels ausdrücklicher Zulassung im Gesetz nicht als zulässig anzusehen. Bei Stückaktien richtet sich der Umfang des Stimmrechts nach deren Zahl. c)

Erweiterung und Beschränkung des Stimmrechts

aa)

Mehrstimmrecht

Nach dem gesetzlichen Regelfall bemisst sich die Stimmkraft der Aktie nach dem 842 Aktiennennbetrag. Abweichend davon konnte die Satzung vor der im Rahmen des KonTraG erfolgten Aufhebung, ein sog. Mehrstimmrecht vorsehen, d. h. ein höheres Stimmrecht als das der Kapitalbeteiligung einräumen.527) Dies war jedoch nach § 12 Abs. 2 Satz 2 bis zum 1.5.1998 nur mit Genehmigung 843 des landesmäßig zuständigen Wirtschaftsministers zulässig, soweit es zur Wahrung überwiegender gesamtwirtschaftlicher Belange528) gerechtfertigt erschien. Mit dem Inkrafttreten des KonTraG wurde das rechtspolitisch äußerst umstrit- 844 tene Mehrstimmrecht, welches dem Überfremdungsschutz dienen sollte, weitgehend abgeschafft. Art. 1 Nr. 2 des KonTraG regelt den Wegfall von § 12 Abs. 2. Damit entfällt die Möglichkeit der Zulassung von Mehrstimmrechten. Dies wird in der Literatur529) fast durchgängig begrüßt. Mehrstimmrechte widersprechen der Vorstellung, dass in der Aktiengesellschaft die Stimmrechtsmacht sich grundsätzlich an der Zahl der gehaltenen stimmberechtigten Aktien orientieren sollte. Sie können zu einer „verantwortungslosen Kontrollstruktur“ der Unternehmen führen, d. h. dass sie die Herrschaft über das Unternehmen und die finanzielle Betroffenheit einer derartigen Herrschaft auseinanderreißen. Dies entspricht gerade nicht den Erwartungen des Kapitalmarktes.530) Im Rahmen des KonTraG wurde § 5 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Ak- 845 tiengesetz dahingehend geändert, dass bestehende gegenleistungslose Mehrstimmrechte, die wirksam geschaffen worden sind, für eine Übergangsfrist von ___________ 526) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 134 Rz. 67; dagegen v. Godin/Wilhelmi, AktG, § 134 Rz. 14. 527) Siehe MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 38 Rz. 5. 528) Siehe Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 12 Rz. 46. 529) Vgl. die Stellungnahmen zur Aktienrechtsreform in: AG 1997, Sonderheft Die Aktienrechtsreform 1997, von Adams (S. 9, 22), Baums (S. 26, 36) und Lutter (S. 52, 55), der es jedoch als überflüssig ansieht, in bestehende Mehrstimmrechte einzugreifen; dagegen Peltzer, AG 1997, Sonderheft, Die Aktienrechtsreform 1997, S. 90 ff. 530) Begründung RegE KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 12, abgedruckt in: ZIP 1997, 2059/ZIP 1996, 2129.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

fünf Jahren bestehen bleiben. Danach entfallen die Mehrstimmrechte. Unabhängig von dieser Auslauffrist besteht die Möglichkeit, gemäß der unveränderten Regelung des § 5 Abs. 2 EGAktG durch einen mit der Mehrheit von mindestens drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals gefassten Hauptversammlungsbeschluss die Mehrstimmrechte zu beseitigen. 846 Mehrstimmrechte, für die der Aktionär eine Gegenleistung erbracht hat, entfallen dagegen nicht nach § 5 Abs. 1 EGAktG in der Fassung von Art. 10 des KonTraG. Dies setzt jedoch voraus, dass dem Aktionär Mehrstimmrechte gewährt wurden, weil er im Verhältnis zu den anderen Aktionären neben der Einlage auf das Grundkapital besondere Leistungen aufgrund vertraglicher Vereinbarung erbracht hat oder erbringt. Eine solche Gegenleistung kann in Geld, Sach- oder Dienstleistung bestehen.531) Nicht quantifizierbare Wahlverhalten – Unterstützungs- und politische oder geschäftliche Förderungsabsichten und dergleichen – stellen keine Gegenleistung dar. 847 Mehrstimmrechte und Gegenleistung können somit nur unter den Voraussetzungen von § 5 Abs. 2 EG gegen Entschädigung aufgehoben werden. Damit wird der insbesondere von Lutter532) vorgetragenen Verfassungswidrigkeit einer Abschaffung von Mehrstimmrechtsaktien ohne Entschädigung und Übergangsfrist Rechnung getragen. 848 Schon vor den Neuregelungen des KonTraG wurden bei der RWE AG die dortigen Mehrstimmrechte im Rahmen einer Satzungsänderung abgeschafft. Den Aktionären, die ihr Mehrstimmrecht aufgegeben haben, wurde dabei von den Vorzugsaktionären eine Abfindung gezahlt. Diese haben wiederum im Gegenzug ihre stimmrechtslosen Vorzugsaktien in stimmberechtigte Stammaktien umgewandelt.533) bb)

Höchststimmrecht

849 Für den Fall, dass einem Aktionär mehrere Aktien gehören, kann gemäß § 134 Abs. 1 Satz 2 die Satzung bei nicht börsennotierten Aktiengesellschaften für das Stimmrecht einen Höchstbetrag festsetzen oder durch Abstufung beschränken. Diese gesetzlich eingeräumte Möglichkeit ist rechtspolitisch in der Vergangenheit höchst umstritten gewesen. Damit wird bewirkt, dass das Stimmrecht unabhängig von konkretem Kapitaleinsatz bestimmte Stimmkraftschwellen nicht überschreitet.534) Seit der Änderung durch das KonTraG 1998 besteht somit nur noch für nicht börsennotierte Gesellschaften die Möglichkeit von ___________ 531) Auch Lutter, AG 1997, Sonderheft Die Aktienrechtsreform 1997, S. 52, 86. 532) Auch Lutter, AG 1997, Sonderheft Die Aktienrechtsreform 1997, S. 52, 86. 533) Tagesordnung der außerordentlichen Hauptversammlung RWE am 26.6.1998, BAnz v. 8.5.1998, S. 149. 534) Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) v. 27.4.1998, BGBI 1998, 786.

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II. Leitung der Hauptversammlung

Höchststimmrechten. Diese sind damit allenfalls für im Freiverkehr notierende Aktiengesellschaften möglich, nicht dagegen im regulierten Markt.535) Das in § 3 VW vorgesehene Höchststimmrecht ist mit dem Urteil des EuGH 850 entfallen, welches den regelungsunzulässigen Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit gewertet hat.536) Soweit ein Höchststimmrecht überhaupt noch zulässig ist, war dies in der Vergangenheit höchst umstritten. Als Argument dagegen wurde insbesondere vorgebracht, ein Höchststimmrecht 851 sei nicht zur Abwehr von unerwünschten Unternehmensübernahmen geeignet oder auch der Kursphantasie abträglich.537) Außerdem ermöglichen Höchststimmrechte in Verbindung mit Depotstimmrechten die vollständige und unumkehrbare Beherrschung der betroffenen Unternehmen durch die Depotbanken.538) Ersteres ist differenziert zu sehen. Natürlich können die aus dem Höchst- 852 stimmrecht resultierenden Beschränkungen unterlaufen werden. Zu denken ist nur an die bei Inhaberaktien gegebene Vertretermöglichkeit „für den, den es angeht“ oder an die als Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße bedrohte Möglichkeit, Teile des Aktienbesitzes durch verschiedene Bankinstitute jeweils verdeckt vertreten zu lassen.539) Unabhängig davon scheint das Höchststimmrecht jedoch im Einzelfall der Bildung größerer Machtblöcke und ihrer Einflussmehrung vorzubeugen. Hüffer folgend können auch eventuelle negative Kursbeeinträchtigungen, die weder belegt noch als Argument schlüssig sind,540) nicht als Begründung herangezogen werden, sodass man zwar über die Zweckmäßigkeit der Einführung eines Höchststimmrechts im Einzelfall geteilter Meinung sein kann, jedoch bei dieser Entscheidung die Gesamtumstände, wie Branche, Situation usw. berücksichtigen muss und die Entscheidung dem Satzungsgeber überlassen sollte.541) Einen Sonderfall stellt das VW Gesetz dar. Hier wurde das Höchststimmrecht aufgrund von gesetzlichen Vorgaben etabliert, welche gegen Art. 56 Abs. 1 EG verstoßen.542) In der Praxis ist neben der Statuierung eines Höchstbetrags – üblich sind 5 % 853 oder 10 % des Grundkapitals543) – auch die Festlegung eines abgestuften Höchststimmrechts anzutreffen. Zöllner führt als Beispiel an: „Bei Aktienbesitz bis zu ___________ 535) § 48 BörsenG; siehe insgesamt Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 134 Rz. 12. 536) EuGH 2004, I – 8995, Rz. 38 ff.; EuGH, NJW 2007, 3481. 537) Adams, AG 1989, 333, 335; Adams, AG 1990, 63, 70 f.; Schneider, AG 1990, 56, 57; Baums, AG 1990, 221. 538) Adams, AG 1997, Sonderheft Die Aktienrechtsreform 1997, S. 9, 21. 539) MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 39 Rz. 8. 540) Hüffer/Koch, AktG, § 134 Rz. 5. 541) Martens, AG 1993, 495, 496; Hüffer/Koch, AktG, § 134 Rz. 5. 542) EUGH WM 2007, 2060 Tz 38 H. 543) Hüffer/Koch, AktG, § 134 Rz. 6; Volhard, in: MünchKomm-AktG, § 134 Rz. 10; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 138 Rz. 28.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

5.000 DM gewährt jede Aktie eine Stimme, bei darüber hinausgehendem Besitz bis zu 20.000 DM je fünf Aktien eine Stimme, darüber hinaus je zehn Aktien eine Stimme.“544) 854 Eine Abstufung, nach der sich das Stimmrecht mit steigendem Aktienbesitz erhöht, ist dagegen unter Berücksichtigung des Aspekts der Umgehung der bei Mehrstimmrechten erforderlichen Genehmigung als nicht zulässig anzusehen. 855 Ebenso ist es nicht möglich, für einzelne Aktionäre eine Stimmrechtsbeschränkung einzuführen, während andere Aktionäre derselben Aktiengattung nicht davon betroffen werden.545) Dies gebietet der Gleichbehandlungsgrundsatz. 856 Die Festlegung eines Höchststimmrechts ist nur in der Satzung möglich, entweder bei Gründung der Gesellschaft oder im Wege der nachträglichen Satzungsänderung. Letztere bedarf der nach § 179 für Satzungsänderungen notwendigen 3/4-Mehrheit des vertretenen Grundkapitals. Die Zustimmung jedes betroffenen Aktionärs muss hierfür nicht vorliegen, da die Einführung einer Stimmkraftbeschränkung keine Einschränkung eines Sonderrechts darstellt.546) Dies gilt jedenfalls dann, wenn bei Einführung des Höchststimmrechts noch kein Aktionär über die dem Höchstbetrag entsprechende Quote hinaus beteiligt ist.547) 857 Notwendig ist jedoch eine Entscheidung der Hauptversammlung, selbst über die Einführung des Höchststimmrechts. Eine Delegation an Vorstand und/ oder Aufsichtsrat, dass diesem nach eigenem Ermessen überlassen wird, eine von der Hauptversammlung beschlossene Satzungsänderung zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden, ist dagegen nicht möglich.548) 858 Nach § 134 Abs. 1 Satz 3 und 4 kann die Satzung über die Beschränkung des Stimmrechts hinaus bestimmen, dass zu den Aktien, die dem Aktionär gehören, auch die Aktien zählen, die einem anderen für seine Rechnung gehören. Bezweckt wird mit solchen Zurechnungsklauseln, eine Umgehung des Höchststimmrechts zu verhindern. Die Kontrolle der Einhaltung solcher Klauseln ist jedoch in der Praxis überaus schwierig. Dies zeigt z. B. der Fall der versuchten Übernahme der Continental AG durch Pirelli.549)

___________ Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 134 Rz. 30. MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 38 Rz. 9. Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 134 Rz. 34. BGH, Urt. v. 19.12.1977 – II ZR 136/75, BGHZ 70, 117, 119 ff., siehe auch Volhard, in: MünchKomm-AktG, § 134 Rz. 22 m. w. N. 548) LG Frankfurt/M., Urt. v. 29.1.1990 – 3/1 O 109/89, ZIP 1990, 230, vgl. dazu EWiR 1990, 221 (Priester). 549) LG Hannover, Urt. v. 29.5.1992 – 23 O 64 und 77/91, ZIP 1992, 1236, vgl. dazu EWiR 1992, 949 (Dreher). 544) 545) 546) 547)

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II. Leitung der Hauptversammlung

d)

Vorzugsaktien ohne Stimmrecht

aa)

Allgemeines

§ 139 umschreibt Vorzugsaktien ohne Stimmrecht als besondere Gattung im 859 Sinne des § 11. Ihre Zulässigkeit ist schon in § 12 Abs. 1 Satz 2 klargestellt. In den §§ 139 bis 141 sind die Einzelheiten der Ausstattung und Entstehung stimmrechtsloser Vorzugsaktien, der Rechtsstellung der Vorzugsaktionäre und Aufhebung und Beschränkung des Vorzugs geregelt. Diese Bestimmungen werden durch das KonTraG nicht modifiziert. Zwar widersprechen stimmrechtslose Vorzugsaktien der Vorstellung, in einer börsennotierten Aktiengesellschaft sollten Stimmrecht und Eigentum grundsätzlich korrelieren.550) Jedoch sah der Gesetzgeber im Gegensatz zu Mehr- und Höchststimmrechten keine Notwendigkeit für Änderungen. Die Einräumung von Einfluss ohne korrespondiertes Anteilseigentum ist bei stimmrechtslosen Vorzugsaktien anders zu beurteilen. Sie stellen eine eigene Aktiengattung mit gesetzlich umrissenen Rechten dar, die der Kapitalmarkt auch entsprechend niedriger bewertet.551) Nicht zuletzt aufgrund dieser gesetzgeberischen Entscheidung ist damit zu rech- 860 nen, dass Vorzugsaktien auch weiterhin an Bedeutung gewinnen werden.552) Ursachen dafür sind sicherlich, dass Vorzugsaktien der Gesellschaft die Eigenfinanzierung erleichtern,553) da sie nur aus Bilanzgewinn bedient werden müssen und dürfen. Eine Belastung der Bilanz durch Zinsen auf Fremdkapital findet nicht statt. Weiterhin spielt beim Börsengang von Familienunternehmen auch eine Rolle, durch stimmrechtslose Vorzugsaktien die Übernahme durch Wettbewerber auszuschließen. Voraussetzung für Vorzugsaktien ohne Stimmrecht, die nur bis zu einem Ge- 861 samtnennbetrag in Höhe des Gesamtnennbetrags der übrigen Aktien ausgegeben werden dürfen, ist, dass ein Vorzug bei der Gewinnverteilung gewährt wird. Dies bedeutet, dass zunächst die Vorzugsaktionäre die ihnen zugesagte Vorzugsdividende erhalten, bevor eine Dividende an andere Aktionäre gezahlt werden darf.554) Vorzug bedeutet also nicht grundsätzlich, dass die Vorzugsaktionäre mehr er- 862 halten als die Stammaktionäre. Möglich ist jedoch, in der Satzung den Vorzugsaktionären im Vergleich zu Stammaktionären eine Zusatzdividende zu gewähren. ___________ 550) Begründung RegE KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 20, abgedruckt in: ZIP 1997, 2059, 2065. 551) Begründung RegE KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 12, abgedruckt in: ZIP 1997, 2059/ZIP 1996, 2129. 552) Bezzenberger, ZGR 1998, 352, 360 ff., der mit ausführlichen statistischen Angaben belegt, dass dies seit 1980 der Fall ist. 553) Hüffer/Koch, AktG, § 139 Rz. 2. 554) Siehe Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 139 Rz. 11; MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 38 Rz. 13.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

863 Die Höhe des Gewinnvorzugs ist vom Gesetzgeber nicht festgeschrieben worden, sodass eine Vorzugsdividende von 1 % als ausreichend angesehen wird. Notwendig ist lediglich, dass der Vorzug „objektiv bestimmbar“555) ist, was bei einer Gewinnverteilung in einem festen Vomhundertsatz der Fall ist. Üblich ist ein fester Prozentsatz in Höhe von 4 – 6 % des Nennbetrags, soweit Nennbetragsaktien ausgegeben sind.556) bb)

Aufleben des Stimmrechts

864 Wird der Vorzug später aufgehoben, so gewähren die Aktien gemäß § 141 Abs. 4 wieder das Stimmrecht. Dabei ist der nachzahlbare Vorzug gemeint, sodass das Aufleben des Gewinnvorzugs oder des Nachzahlungsrechts genügt.557) Zu beachten ist außerdem, dass die Vorzugsaktie ein Nachzahlungsrecht nach Maßgabe des § 140 Abs. 2 gewähren muss. Ist der Gewinn eines Jahres nicht ausreichend, um die Vorzugsdividende zu zahlen, so steht den Vorzugsaktionären aus dem Gewinn der folgenden Jahre die nachzuzahlende Vorzugsdividende zu, bevor eine Dividende an die Stammaktionäre gezahlt wird. Der Vorrang im Verhältnis zu den übrigen Aktionären gilt also auch für die nachzuzahlenden Beträge.558) 865 Das Nachzahlungsrecht ist ein unlösbar mit der Aktie verbundenes unselbstständiges Recht. Nach § 140 Abs. 3 sind jedoch von den gesetzlichen Regelungen abweichende Satzungsbestimmungen zugelassen.559) 866 Erfolgt eine Nachzahlung nicht, gerät die Gesellschaft also mit der Zahlung eines Vorzugs in Rückstand und wird der Rückstand im nächsten Jahr neben dem vollen Vorzug dieses Jahres nicht nachgezahlt (§ 140 Abs. 2), so wächst den Vorzugsaktionären ihr Stimmrecht in dem Zeitpunkt zu, in dem feststeht, dass die Gesellschaft Rückstand und Vorzug nicht oder nicht vollständig bezahlt.560) Das Stimmrecht bleibt bestehen, bis sämtliche Rückstände vollständig gezahlt sind und der Vorzugsbetrag ebenfalls beglichen ist. Ist dies der Fall, erfolgt automatisch das Risiko der Stimmrechte der Vorzugsaktionäre. 867 Eine freiwillige Zuzahlung des Großaktionärs stellt keine Zahlung aus dem Bilanzgewinn dar und führt somit nicht zum Wiederaufleben des Stimmrechts. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass das Stimmrecht in vollem Umfang auflebt und Vorzugsaktionäre im gesamten Zuständigkeitsbereich der Hauptversamm___________ 555) Volhard, in: MünchKomm-AktG, § 139 Rz. 11; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 139 Rz. 9. 556) Bezzenberger, ZGR 1998, 352, 358. 557) H. M. siehe Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 142 Rz. 41; Werner, AG 1971, 69, 76, dagegen Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 142 Rz. 25. 558) Hefermehl, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 139 Rz. 8; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 139 Rz. 20; MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 38 Rz. 16. 559) Siehe dazu MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 38 Rz. 23. 560) Siehe dazu MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 38 Rz. 25.

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II. Leitung der Hauptversammlung

lung stimmberechtigt sind.561) Besteht ein Stimmrecht der Vorzugsaktionäre, sollte darauf analog § 124 Abs. 1 Satz 1 in der Einberufung zur Hauptversammlung hingewiesen werden.562) cc)

Weitere Mitgliedschaftsrechte

Stimmrechtslose Vorzugsaktien gewähren außer dem Stimmrecht alle anderen 868 Mitgliedschaftsrechte. Sie sind zur Teilnahme an der Hauptversammlung berechtigt563) nebst Rede-, Auskunfts-,564) Antrags- und Anfechtungsrecht. Ihnen steht das vorzugsweise Gewinnbezugsrecht ebenso zu wie Minderheitsrechte (z. B. Bestellung Sonderprüfer gemäß § 142 Abs. 2). Stimmrechtslose Vorzüge werden auch bei der Feststellung der dafür ggf. erforderlichen Beteiligungsquote mit berücksichtigt.565) Ebenso steht dem Vorzugsaktionär das Recht zum Bezug junger Aktien aus einer Kapitalerhöhung zu. dd)

Zustimmung Hauptversammlung

Nach § 141 Abs. 1 bedarf ein Beschluss, durch den der Vorzug aufgehoben 869 oder beschränkt wird, zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung der Vorzugsaktionäre. Zustimmungsbedürftig sind nach ganz herrschender Meinung566) nur unmittelbare Beseitigung oder Beschränkung des Vorzugs. Eine mittelbare Beeinträchtigung ist nicht ausreichend. Die Aufhebung des Gewinnvorzugs oder des Nachzahlungsrechts ist eine der Fallgruppen, für die eine Zustimmung erforderlich ist. Dagegen bedarf es bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln keines 870 Zustimmungsbeschlusses der Vorzugsaktionäre.567) Der Dividendenvorzug muss um eine unzulässige Benachteiligung der Stammaktionäre gemäß § 216 Abs. 1 für alte und junge Vorzüge so herabgesetzt werden, dass beide Vorzugsaktien zusammen den gleichen Vorzug gewähren wie alte Vorzugsaktien. Es handelt sich dabei um einen Vorzugssplit, der die Rechte der Vorzugsaktionäre insgesamt unberührt lässt.568) ___________ Hüffer/Koch, AktG, § 140 Rz. 6. Bezzenberger, ZGR 1998, 352, 359 f. OLG Frankfurt/M., Urt. v. 30.9.1987 – 21 U 92/86, AG 1988, 304, 306. Meilicke/Heidel, DStR 1992, 72, 73. Bezzenberger, ZGR 1998, 352, 360 ff. OLG Schleswig, AG 2008, 39, 41; OLG Stuttgart, Urt. v. 20.3.1992 – 2 U 115/90, AG 1993, 85; LG Frankfurt, Urt. v. 25.4.1991 – 3/11 O 179/89, ZIP 1991, 1499, vgl. dazu EWiR 1991, 943 (Decher); Hüffer/Koch, AktG, § 141 Rz. 4 m. w. N.; Spindler, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 141 Rz. 6; Vollhard, in: MünchKomm-AktG, § 141 Rz. 4; Spindler, in: Schmidt/ Lutter, AktG, § 141 Rz. 5. 567) Hüffer/Koch, AktG, § 141 Rz. 7. 568) Hüffer/Koch, AktG, § 141 Rz. 7; Werner, AG 1971, 69, 71.

561) 562) 563) 564) 565) 566)

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

871 Bei einer Kapitalherabsetzung gemäß § 222 handelt es sich nach herrschender Meinung569) nur um eine mittelbare von § 141 Abs. 1 nicht erfasste Beeinträchtigung, da in den Vorzug als solchen nicht eingegriffen wird. Eine Zustimmung der Vorzugsaktionäre ist somit nicht erforderlich. 872 Einer solchen Zustimmung bedarf es jedoch nach § 141 Abs. 2 in Fällen bestimmter mittelbarer Beeinträchtigung von Vorzugsrechten. Mittelbare Beeinträchtigung heißt, dass das Vorzugsrecht als solches unangetastet bleibt, jedoch reflexartig in seiner wirtschaftlichen Substanz betroffen ist.570) Dies ist z. B. bei der Umwandlung von Stamm- in Vorzugsaktien der Fall. Bei einer Kapitalerhöhung mit Ausgabe neuer Vorzugsaktien, die den alten Vorzugsaktien gleichstehen oder ihnen vorgehen, ist ein Sonderbeschluss ebenso notwendig. Er entfällt jedoch, wenn eine solche Ausgabe in der Satzung vorbehalten war und den Vorzugsaktionären das Bezugsrecht auf die neuen Vorzugsaktien gewährt wird. 873 Die Zustimmung muss nicht als Einzelzustimmung eingeholt werden. Nach § 141 Abs. 3 ist vielmehr ein Sonderbeschluss der Vorzugsaktionäre erforderlich. Dieser kann vor oder nach dem Hauptversammlungsbeschluss gefasst werden, dem er zur Wirksamkeit verhilft. Bis zum Zustandekommen dieses Sonderbeschlusses ist der Beschluss der Hauptversammlung zur Änderung der Ausstattung der Vorzugsaktien schwebend unwirksam. Der Sonderbeschluss bedarf nach § 141 Abs. 3 Satz 2 einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen. 874 Für die Einberufung der gesonderten Versammlung gelten gemäß § 138 Satz 2 die §§ 121 ff. sinngemäß, wobei § 127 vom Regelungsgegenstand her ausscheidet. Notwendig ist, dass für die Aktionäre auch bei flüchtiger Beobachtung deutlich erkennbar ist, dass es sich um eine Sonderversammlung der Vorzugsaktionäre handelt.571) 875 Verwechslungen mit der Hauptversammlung der Gesellschaft sind zu vermeiden. In der Praxis besteht aus diesem Grunde die Übung, verschiedene, im Bundesanzeiger nachgeschaltete Texte zu veröffentlichen. Teilnahmerecht haben an der Sonderversammlung nur die zur Beschlussfassung aufgerufenen Vorzugsaktionäre. Um eine ungestörte Willensbildung der Vorzugsaktionäre zu gewährleisten, besteht kein Zutrittsrecht der Stammaktionäre.572) Vorstand und Aufsichtsrat sollten, nicht zuletzt um einen ordnungsgemäßen Ablauf der Sonderversammlung zu gewährleisten (z. B. Sicherstellung Sitzungsleitung/Auskunftsrecht), analog § 118 Abs. 2 an der Versammlung teilnehmen.573) ___________ 569) Hüffer/Koch, AktG, § 141 Rz. 8; OLG Stuttgart, AG 1993, 85; LG Frankfurt/M., ZIP 1991, 1499; Vollhard, in: MünchKomm-AktG, § 141 Rz. 10 f. 570) Hüffer/Koch, AktG, § 141 Rz. 12. 571) Bezzenberger, ZGR 1998, 352, 364. 572) Bezzenberger, ZGR 1998, 352, 359. 573) Bezzenberger, ZGR 1998, 352, 364.

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II. Leitung der Hauptversammlung

Für die Sonderversammlung ist ein Teilnehmerverzeichnis zu führen. Ansonsten 876 finden die für die ordnungsgemäße Durchführung einer Hauptversammlung geltenden Grundsätze nach Maßgabe der §§ 141 Abs. 3 i. V. m. 138 Anwendung. So sind z. B. Hüffer574) folgend die §§ 131 f. mit der Maßgabe anzuwenden, dass Auskunft zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Sonderversammlung erforderlich sein muss. ee)

Stimmrechtsverbot

Das deutsche Aktienrecht enthält insbesondere in den in § 136 aufgeführten 877 Fällen des Interessenwiderstreits ein Verbot der Stimmrechtsausübung.575) Ein allgemeiner Grundsatz des Inhalts, dass in anderen Fällen des Interessenwiderstreits das Stimmrecht nicht ausgeübt werden darf, kann den Regelungen des § 136 jedoch nicht entnommen werden.576) Im Rahmen der Vorbereitung von Hauptversammlungen sind somit die drei in 878 § 136 genannten Fälle eines möglichen Stimmrechtsausschlusses zu beachten. Danach ist ein Stimmrechtsausschluss gegeben, x

wenn der Aktionär Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied der Aktiengesellschaft ist und über seine Entlastung abgestimmt wird,

x

wenn über die Befreiung eines Aktionärs von seiner Verbindlichkeit gegenüber der Gesellschaft Beschluss gefasst wird,

x

wenn über die Geltendmachung eines Anspruchs gegen den Aktionär abgestimmt wird.

Am häufigsten wird in der Praxis das Stimmrechtsverbot bei Entlastungsbe- 879 schlüssen eingreifen. Mitglieder des Vorstands oder des Aufsichtsrats sind, soweit es um die eigene Entlastung geht, von der Abstimmung ausgeschlossen. Unter Zeit- und Praktikabilitätsgesichtspunkten ist die Gesamtentlastung aller Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats jeweils in einem Abstimmungsvorgang der gesetzliche Regelfall. Erfolgt eine Beschlussfassung im Wege der Gesamtentlastung, sind alle Organmitglieder, um deren Entlastung es geht, von der Abstimmung ausgeschlossen.577) Das Stimmrechtsverbot greift jedoch lediglich für den Entlastungsbeschluss 880 selbst ein. Bei vorgelagerten Verfahrensbeschlüssen, wie z. B. Beschluss über die Vertagung, findet es keine Anwendung. Wird im Wege der Einzelentlastung ___________ 574) Hüffer/Koch, AktG, § 138 Rz. 4. 575) Siehe aber auch § 142, wonach bei der Entscheidung über die Bestellung von Sonderprüfern Verwaltungsmitglieder nicht mitstimmen oder für sich abstimmen lassen können, wenn sich die Prüfung auf Vorgänge erstreckt, die mit der Entlastung von Verwaltungsratsmitgliedern oder der Anspruchsgeltendmachung gegen sie zusammenhängt. 576) LG Heilbronn, Urt. v. 9.12.1970 – 1 KfH 93/70, AG 1971, 94, 95. 577) BGHZ 108, 21, 25 f.; Hüffer/Koch, AktG, § 136 Rz. 19.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

(§ 120 Abs. 1 Satz 2) abgestimmt, sind die Organmitglieder vom Stimmverbot betroffen, um deren Entlastung es geht. Die anderen Organmitglieder dürfen nach der herrschenden Meinung578) grundsätzlich mitstimmen. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die Einzelentlastung nur deshalb durchgeführt wurde, um das kollektive Stimmverbot bei Gesamtentlastung zu vermeiden.579) 881 Von den vorstehend dargestellten Stimmrechtsverboten wird nicht nur der Aktionär, in dessen Person die Voraussetzungen für den Stimmrechtsausschluss vorliegen, betroffen. Vielmehr kann der betroffene Aktionär das Stimmrecht weder für sich selbst noch für einen anderen ausüben.580) Damit gilt der Stimmrechtsausschluss auch für Bevollmächtigte, Legitimationszessionare, offene und verdeckte Vertreter sowie Untervertreter. 882 Zweifelhaft ist die Rechtslage, wenn ein Treuhänder Aktien für eine vom Stimmrechtsausschluss betroffene Person hält. Hier ist danach zu unterscheiden, ob die Treuhandstellung fremdnützig, also überwiegend im Interesse des vom Stimmrecht ausgeschlossenen Treugeber-Aktionärs erfolgt oder ob es sich um eine eigennützige Sicherungstreuhand handelt. Im ersteren Fall schlägt das für den Treugeber geltende Stimmverbot auf den Treuhänder durch. Dagegen liegt typischerweise im letzteren Fall keine Interessenkollision vor, sodass keine Veranlassung besteht, dem Treuhänder das Stimmrecht zu versagen.581) Aufgrund des Sicherungscharakters der eigennützigen Treuhand und den damit verbundenen Gefahren eignet sich diese rechtliche Konstruktion jedoch nicht recht zur Umgehung des geschilderten Stimmrechtsverbots. 883 Problematisch und in der Praxis häufig anzutreffen ist die Frage, inwieweit hinsichtlich des Eingreifens von Stimmverboten juristische Personen mit ihren Organmitgliedern gleichzusetzen sind. Die Rechtsprechung582) bejaht dies, wenn die zu entlastenden Organmitglieder auf die Stimmrechtsausübung in rechtlich gesicherter Weise entscheidenden Einfluss nehmen können. Bildet z. B. die Gesellschaft nur die Rechtsform, unter der die zu entlastenden Vorstandsmitglieder selbst die Rechte ausüben, so ist eine Gleichstellung der Gesellschaft mit ___________ 578) BGHZ 108, 21, 25 f.; OLG München, Urt. v. 17.3.1995 – 23 U 5930/94, AG 1995, 381, 382, vgl. dazu EWiR 1995, 527 (Dreher); Hüffer/Koch, AktG, § 136 Rz. 20 m. w. N.; Schroer, in: MünchKomm-AktG, § 136 Rz. 8; a. A. Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 136 Rz. 8. 579) BGHZ 56, 47, 53; OLG München, AG 1995, 381, 383. 580) Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 136 Rz. 25; Hüffer/Koch, AktG, § 136 Rz. 7. 581) Streitig; Nachweise bei MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 38 Rz. 30. 582) RG, Urt. v. 22.1.1935 – II 189/34, RGZ 146, 385, 391; BGH, Urt. v. 29.1.1962 – II ZR 1/61, BGHZ 36, 296 (jedoch nur für Aufsichtsrat); OLG Hamburg, DB 1981, 80; OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.11.1967 – 6 U 280/66, AG 1968, 19, 29; LG Wuppertal, Urt. v. 15.11.1966 – 11 O 93/66, AG 1967, 139, 140; LG Köln, Urt. v. 17.12.1997 – 91 O 131/97, ZIP 1998, 153 = AG 1998, 240.

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II. Leitung der Hauptversammlung

den hinter ihr stehenden natürlichen Personen, die ihr Tun und Lassen rechtlich bestimmen,583) geboten. Obliegt die Entscheidung über die Wahrnehmung der Aktionärsrechte dem 884 Vorstand, der nach seiner Geschäftsordnung kollegial zusammenarbeitet, und ist keine Zuweisung zu dem Geschäftsbereich eines einzelnen Vorstandsmitglieds erfolgt sowie sichergestellt, dass bei der Beschlussfassung im Vorstand keine Mehrheit der zu entlastenden Vorstandsmitglieder gegeben ist, wird ein Stimmrechtsausschluss zu verneinen sein. Es fehlt gerade an der von der Rechtsprechung584) geforderten vollständigen Beherrschung durch den Willen der betroffenen Vorstandsmitglieder. Zwar wird in der Literatur585) ein Stimmrechtsausschluss der juristischen Per- 885 son auch dann angenommen, wenn das vom Stimmrecht ausgeschlossene Organmitglied nur einer von mehreren gesetzlichen Vertretern der juristischen Person ist, jedoch vermag diese Ansicht nicht zu überzeugen. Die Organmitglieder können rechtlich im Falle von Kollegialentscheidungen keine ausschließlich von ihnen bestimmte Entscheidung treffen, sodass eine Interessenkollision mit der in § 136 Abs. 1 zugrunde gelegten Intention nicht gegeben sein wird. Soweit in der Literatur586) nicht nur auf eine rechtliche, sondern auch auf eine faktische Beherrschung der juristischen Person durch die Betroffenen abgestellt wird, ist dem ebenso nicht zu folgen. Der Bundesgerichtshof587) hat in seiner Entscheidung den nur faktisch beherr- 886 schenden Einfluss eines Aufsichtsratsmitglieds nicht für einen Stimmrechtsausschluss im Rahmen der Beschlussfassung „Entlastung/Aufsichtsrat“ genügen lassen. Die Rechtsprechung588) folgt dieser Ansicht unter Hinweis auf die Schwierigkeit der Tatsachenermittlung, wann eine faktische Machtgestaltung vorliege. Allerdings wird ein Stimmrechtsausschluss dann anzunehmen sein, wenn es sich um einen besonders krassen und ungewöhnlichen Fall des faktischen Einflusses handelt.589) Abzulehnen ist der Stimmrechtsausschluss hingegen, soweit ein an der Gesell- 887 schaft beteiligtes Bankinstitut nach Weisung ihrer Depotkunden handelt. Die herrschende Meinung590) begründet dies mit der ansonsten eintretenden un___________ 583) 584) 585) 586) 587) 588)

RGZ 146, 385, 391. LG Wuppertal, AG 1967, 139 m. w. N. Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 136 Rz. 47. Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 136 Rz. 47. BGHZ 36, 296. OLG Hamburg, Urt. v. 18.11.1960 – 1 U 76/60, AG 1960, 333, 334; LG Heilbronn, AG 1971, 94, 95. 589) LG Heilbronn, AG 1971, 94, 96. 590) Schroer, in: MünchKomm-AktG, § 136 Rz. 48; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 136 Rz. 50.

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

tragbaren Erschwerung des Vollmachtsstimmrechts, was praktisch zu einem weitgehenden Ausschluss der Kleinaktionäre von der Abstimmung führen würde. Erfolgt eine Weisung durch den Depotkunden nicht, finden die dargelegten Grundsätze Anwendung und ein Stimmrechtsausschluss wäre ebenfalls abzulehnen. 5.

Beschlüsse/Wahlen der Hauptversammlung

a)

Beschlüsse

aa)

Begriff

Bahr

888 Die Willensbildung der Aktionäre erfolgt durch Beschlussfassung. Diese ist nur in der Hauptversammlung möglich. Ein Beschluss ist die Zusammenfassung der Einzelerklärungen der an der Abstimmung Teilnehmenden zu einem einheitlichen Willen der Hauptversammlung.591) Im Wege der Abstimmung geben die Abstimmenden zu einem gestellten Beschlussantrag ihre Stimme ab. Das Abstimmungsergebnis wird nach bestimmten Regeln ermittelt.592) 889 In der Literatur593) lange Zeit lebhaft diskutiert war die Frage der Rechtsnatur eines Beschlusses. Ein Teil der Literatur594) sowie der Bundesgerichtshof verstand unter Beschluss „einen Sozialakt der körperschaftlichen Willensbildung durch Mehrheitsentscheid, bei der jeder Gesellschafter sein Recht auf Mitverwaltung und -gestaltung der gesellschaftlichen Angelegenheiten wahrnimmt.“595) Dagegen besteht im neueren Schrifttum596) und Rechtsprechung weitgehend Einigkeit, dass Hauptversammlungsbeschlüsse als mehrseitige aber nicht vertragliche Rechtsgeschäfte eigener Art einzuordnen sind. 890 Für diese Ansicht spricht insbesondere, dass die Aktionäre ihre Rechtsverhältnisse und die der Aktiengesellschaft privatautonom regeln wollen.597) Unabhängig davon, hat die Frage der Rechtsnatur von Beschlüssen in der Praxis nur geringe Bedeutung, da die Regelungen des BGB über Rechtsgeschäfte aufgrund aktienrechtlicher Sonderregelungen weitgehend nicht anwendbar sind.598)

___________ Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 133 Rz. 5. Siehe Kap. E. Rz. 557 ff. Nachweise bei Hüffer/Koch, AktG, § 133 Rz. 2 ff. Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 39 Rz. 2. BGH, Urt. v. 22.9.1969 – II ZR 144/68, BGHZ 52, 316, 318 betr. GmbH. BGH, Beschl. v. 18.9.1975 – II ZB 6/74, BGHZ 65, 93, 97; BGH, Urt. v. 26.10.1978 – II ZR 119/77, WM 1979, 71, 72; Hüffer/Koch, AktG, § 133 Rz. 3 f.; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 133 Rz. 13. 597) So auch Hüffer/Koch, AktG, § 133 Rz. 4 f. 598) Siehe dazu Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 133 Rz. 16 ff.

591) 592) 593) 594) 595) 596)

244

Bahr

II. Leitung der Hauptversammlung

bb)

Beschlussarten

Hauptversammlungsbeschlüsse können positiven oder negativen Inhalt haben. 891 § 133 Abs. 1, wonach Beschlüsse der Hauptversammlung der Mehrheit der abgegebenen Stimmen bedürfen, stellt ersichtlich nur auf eine „positive“ Beschlussfassung ab. Denkbar ist jedoch auch, dass ein Antrag mehrheitlich abgelehnt wird, Stim- 892 mengleichheit besteht oder zusätzliche Voraussetzungen, wie beispielsweise Zustimmung bestimmter Aktionäre fehlen und deshalb der betreffende Antrag abgelehnt wird. Auch ein solcher negativer Beschluss ist als Hauptversammlungsbeschluss zu klassifizieren.599) Die Unterscheidung zwischen positiven und negativen Beschlüssen hat insbesondere Bedeutung für die Wahl des Rechtsmittels bei fehlerhafter Beschlussfassung. Während ein positiver Beschluss durch Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage für nichtig erklärt werden kann, ist dieser Weg bei negativen Beschlüssen nicht möglich. Neben den beiden dargestellten Beschlussarten wird in der Literatur600) die sog. 893 beschlusslose Hauptversammlung erörtert. Insbesondere unter Berücksichtigung der damit verbundenen Kosten wird bei Publikumsgesellschaften eine solche zur Information, Beratung und ggf. Abstimmung der Vorgehensweise im Aktionärskreis einberufene Hauptversammlung ohne Beschlussfassung äußerst selten vorkommen. Anzutreffen und durchaus abhängig von Aktionärsstruktur und Größe der Gesellschaft im Einzelfall zu empfehlen sein, wird sie jedoch bei kleineren Gesellschaften mit überschaubaren Aktionärsstrukturen. Eine beschlusslose Hauptversammlung, die als zulässig anzusehen ist, wird insbesondere bei einem Verlust von mindestens der Hälfte des Grundkapitals notwendig sein. Denkbar könnte sie auch im Vorfeld von anstehenden Umstrukturierungsmaßnahmen, wie z. B. Verschmelzung von Tochterunternehmen sein. cc)

Zustandekommen von Hauptversammlungsbeschlüssen

Das Zustandekommen eines fehlerfreien Hauptversammlungsbeschlusses ver- 894 langt die Erfüllung einer Vielzahl von gesetzlichen Voraussetzungen. Neben der schon erörterten fristgemäßen Einberufung bedarf es einer Zuständigkeit der Hauptversammlung für die betreffende Beschlussfassung. Darüber hinaus sind die nachfolgend dargestellten Voraussetzungen zu erfüllen.

___________ 599) RGZ 122, 102, 107; BGH, Urt. v. 13.3.1980 – II ZR 54/78, BGHZ 76, 191, 199; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 133 Rz. 6; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 133 Rz. 3; Vollhard, in: MünchKomm-AktG, § 133 Rz. 5. 600) Huber, ZIP 1995, 1740.

Bahr

245

E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

(1)

Beschlussfähigkeit

895 Sofern die Satzung keine weiteren Erfordernisse zur Beschlussfähigkeit aufstellt, genügt die Teilnahme eines einzigen stimmberechtigten Aktionärs zur gültigen Beschlussfassung. Ausnahme ist lediglich, soweit die Sonderregelung des § 52 Abs. 5 (Nachgründung) Anwendung findet. (2)

Beschlussantrag

896 Bei dem Antrag auf Beschlussfassung handelt es sich nicht um eine Willenserklärung, sondern er stellt vielmehr nur den Bezugspunkt und damit einen Teil des Erklärungsinhalts der Stimmabgabe dar.601) 897 In der Literatur602) wird teilweise die Ansicht vertreten, dass ein Antrag grundsätzlich positiv zu formulieren sei. Begründet wird dies mit der Gefahr, „dass auf dem Umweg über die Ablehnung eines negativen Antrags die Wirkungen der Annahme eines positiven Antrags erzielt werde, für den ansonsten die erforderliche Mehrheit nicht erreicht würde.“603) 898 Führt man sich das Beispiel der Beschlussfassung über die Entlastung Vorstand/Aufsichtsrat vor Augen, wird deutlich, dass die Ablehnung des Antrags auf Erteilung der Entlastung gerade nicht die Erteilung der Entlastung zur Folge hat. 899 Außerdem ist in der Praxis gerade bei Anwendung des Subtraktionsverfahrens festzustellen, dass zur Verminderung des Zählaufwands, insbesondere, wenn mit einer Ablehnung des Antrags zu rechnen ist, eine negative Formulierung gewählt wird. 900 Aus der Abstimmung über einen negativ formulierten Antrag entsteht gerade nicht die geschilderte Gefahr, vielmehr muss im Regelfall davon ausgegangen werden, dass eine mit dem Beschluss intendierte positive Folge nur dann als beschlossen angesehen werden darf, wenn der Beschlussantrag positiv formuliert war.604) 901 Generell ist zu beachten, dass nur über in der Hauptversammlung gestellte Anträge abgestimmt werden darf. Voraussetzung ist jedoch, dass der Versammlungsleiter den Antrag zur Abstimmung zulässt.605) 902 Außerdem bedarf es der Stellung eines bestimmten Antrags. Das Beispiel der Hauptversammlung der Mannesmann AG im Juli 1994, in der dem früheren Vorstandsvorsitzenden nur teilweise für bestimmte Teilbereiche Entlastung erteilt wurde, zeigt, dass dies selbst bei großen Publikumsgesellschaften nicht ___________ 601) 602) 603) 604) 605)

246

Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 133 Rz. 33 m. w. N. v. Winnefeld, DB 1972, 1053, 1055. v. Winnefeld, DB 1972, 1053, 1055; Schmidt/Meyer-Landrut, AktG, § 113 Rz. 2. Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 133 Rz. 38. Siehe Kap. E. Rz. 508 ff.

Bahr

II. Leitung der Hauptversammlung

immer der Fall ist. Das OLG Düsseldorf606) hat die Zulässigkeit einer solchen Teilentlastung verneint und zur Begründung ausgeführt, sie widerspreche dem Zweck der Entlastung, eine eindeutige Stellungnahme zur Tätigkeit der Verwaltung herbeizuführen. (3)

Stimmabgabe

Bei der Stimmabgabe, die von dem Aktionär durch Zustimmung/Ablehnung des 903 Beschlusses oder Stimmenthaltung ausgeübt werden kann,607) handelt es sich um eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung.608) Auf diese finden überwiegend die allgemeinen Vorschriften der §§ 104 ff. BGB Anwendung. Liegt beispielsweise die Situation vor, dass sich der Aktionär bei der Stimm- 904 abgabe geirrt hat und möchte er diese deshalb widerrufen, so greifen folgende Regeln ein: Die rechtsgeschäftliche Willenserklärung in Form der Stimmabgabe wird mit Zugang gegenüber dem Sitzungsleiter wirksam. Erfolgt, wie bei kleinen Hauptversammlungen durchaus üblich, die Abstimmung durch Zuruf oder Handaufheben, so ist diese Verlautbarung gegenüber dem Sitzungsleiter als Zugang anzusehen. Dagegen liegt der Zugang bei einer Abstimmung mittels Stimmkarte bereits in dem Moment vor, in dem die Stimmkarte in den Stimmkasten geworfen oder einem Stimmeneinsammler übergeben wird. Erfolgt die Abstimmung mittels elektronischer Datenverarbeitung – wird z. B. die Stimmkarte vom Aktionär oder von einer Hilfsperson des Versammlungsleiters mittels Strichcodeleser oder Drücken des Buttons auf einem Tablet erfasst –, so ist mit Erfassung des Abstimmungsverhaltens, d. h. Speicherung des Ergebnisses, Zugang gegeben. Mit Zugang ist die abgegebene Stimme grundsätzlich bindend. Umstritten ist 905 jedoch, ob auch nach Eintritt der Bindungswirkung ein Widerruf möglich ist. Einen solchen bejahen Teile der Literatur.609) Dagegen befürwortet Hüffer610) nur eingeschränkt einen solchen Widerruf, soweit ein wichtiger Grund gegeben ist. Ein solcher wird nur dann angenommen, „wenn sich ein Festhalten an der Stimmabgabe als objektiv treuwidrig, weil dem Geschäftsinteresse abträglich, darstellen würde und die beschlossene Maßnahme noch nicht vollzogen ist.“611) Messer verneint dagegen für die Personengesellschaft die Möglichkeit des Widerrufs.612) ___________ 606) OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.2.1996 – 6 U 20/95, ZIP 1996, 503 = WM 1996, 777, 781. 607) Hüffer/Koch, AktG, § 133 Rz. 18. 608) BGH, Urt. v. 28.11.1974 – II ZR 176/72, NJW 1975, 212; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 133 Rz. 24 m. w. N. 609) Werner, in: Festschrift Fleck, S. 401 ff. 610) Hüffer/Koch, AktG, § 133 Rz. 19. 611) Hüffer/Koch, AktG, § 133 Rz. 19. 612) Messer, in: Festschrift Fleck, S. 221, 227.

Bahr

247

E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

906 Berücksichtigt man die vorstehend dargestellte Begriffsbestimmung, wonach der Hauptversammlungsbeschluss ein mehrseitiges, aber nicht vertragliches Rechtsgeschäft ist, so verbietet sich angesichts des fehlenden Vertragscharakters die bei Personengesellschaften diskutierte613) entsprechende Anwendung der §§ 145 ff. BGB. 907 Der Meinung von Hüffer614) folgend ist ein Widerruf nur aus wichtigem Grund möglich. Damit wird eine Beeinträchtigung des Ablaufs der Hauptversammlung durch ständige Widerrufe vermieden. Unabhängig vom Widerruf kann jedoch die Stimmabgabe wegen Irrtums, Täuschung oder Drohung angefochten werden. Die Wirkung der Anfechtung, wonach die Stimme als nicht abgegeben gilt, führt jedoch dazu, dass in der Praxis einer solchen Anfechtung keine große Bedeutung zukommt. (4)

Unterschiedliche Stimmabgabe

908 Verfügt ein Aktionär über mehrere Stimmen und gibt diese unterschiedlich ab, so ist zu unterscheiden, ob es sich um mehrere Stimmen aus einer Aktie oder mehreren Aktien handelt. Die uneinheitliche Stimmabgabe aus mehreren Aktien ist nach gefestigter Meinung615) zulässig. Dagegen verneint die herrschende Meinung616) eine solche Stimmabgabe aus einer Aktie (Mehrstimmrechte) mangels Vorliegens eines besonderen Interesses an einer uneinheitlichen Stimmabgabe. 909 Bedient sich der Aktionär zur Stimmabgabe eines Vertreters, der für verschiedene Auftraggeber tätig ist, so stellt dies keine uneinheitliche Stimmabgabe dar. Dem Vertreter muss gerade ermöglicht werden, für seine Auftraggeber unterschiedlich abzustimmen.617) (5)

Stimmenauszählung/Feststellung der Mehrheit

910 Weitere Voraussetzung für eine wirksame Beschlussfassung ist die Ermittlung des Abstimmungsergebnisses einschließlich der Angabe zur Art der Abstimmung.618) Dazu bedarf es zunächst der Festlegung von Abstimmungsart und -form. Diese Tätigkeiten zählen zu den Leitungsbefugnissen des Versammlungsleiters (siehe Rz. 487 ff.). 911 Zu den Aufgaben des Versammlungsleiters gehört es auch, das rechnerische Abstimmungsergebnis zu ermitteln und Annahme oder Ablehnung des Antrags festzustellen. Für Letzteres bedarf es der Feststellung, ob die erforderliche ___________ 613) 614) 615) 616) 617) 618)

248

Ulmer, in: Festschrift Niederländer, S. 415, 424 ff. Hüffer/Koch, AktG, § 133 Rz. 19. Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 133 Rz. 44. Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 133 Rz. 49; Hüffer/Koch, AktG, § 133 Rz. 21. RG, Urt. v. 16.9.1927 – II 21/27, RGZ 118, 67, 70. LG München I, 30.8.2012 – 5 HK O 1378/12, NZG 2012, 1310.

Bahr

II. Leitung der Hauptversammlung

Mehrheit erreicht ist. Nach § 133 Abs. 1 erfordern Beschlüsse der Hauptversammlung grundsätzlich die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Diese ist dann erreicht, wenn die Zahl der gültigen Ja-Stimmen die der gültigen NeinStimmen übertrifft, wobei Stimmenthaltungen nicht gezählt werden.619) Jedoch können das Gesetz oder die Satzung weitergehende Anforderungen enthalten. So enthält das Aktienrecht eine Reihe von Bestimmungen, nach denen das zusätzliche Erfordernis einer Kapitalmehrheit neben der Stimmenmehrheit besteht. Für bestimmte Beschlussfassungen ist gesetzlich das Erfordernis einer qualifi- 912 zierten Stimmenmehrheit normiert. Zu nennen sind z. B. die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern oder bestimmte Fälle der Umwandlung. Neben einfacher Stimmenmehrheit bedarf es für Beschlüsse von besonderer Bedeutung einer 3/4-Mehrheit des vertretenen Grundkapitals. Dies ist etwa bei Nachgründungen (§ 52 Abs. 5), Satzungsänderung (§ 179 Abs. 2), 913 ordentlicher Kapitalerhöhung (§ 182 Abs. 1), Abschluss und Änderung von Unternehmensverträgen (§§ 293 Abs. 1, 295 Abs. 1) oder Verschmelzungen der Fall.620) Darüber hinaus kann die Satzung, abgesehen von Wahlbeschlüssen weiterge- 914 hende Erfordernisse enthalten, welche jedoch nur verschärfender Natur sein dürfen. Eine Milderung, z. B. der 3/4-Mehrheit des vertretenen Grundkapitals, ist nicht zulässig. b)

Wahlen

Schaaf

Der Hauptversammlung obliegt die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der An- 915 teilseigner (§§ 101 Abs. 1, 119 Abs. 1 Nr. 1), die Wahl der Abschlussprüfer (§ 318 HGB) sowie die Wahl der Sonderprüfer (§ 142). Das für Hauptversammlungsbeschlüsse grundsätzlich geltende Prinzip der ein- 916 fachen Stimmenmehrheit findet auch bei Wahlen Anwendung. Allerdings kann die Satzung für Wahlen nach § 133 Abs. 2 andere Regelungen treffen und das Mehrheitserfordernis verschärfen oder auch abmildern.621) Dem Sitzungsleiter obliegt es, die Art und Weise festzulegen, in der die Wahl durchzuführen ist.622) Dabei hat er jedoch die Regelung des § 137 zu beachten, nach der – bei Vor- 917 liegen der nachfolgend dargestellten Voraussetzungen – über Wahlvorschläge von Aktionären vor dem Vorschlag des Aufsichtsrats zu beschließen ist. Dies setzt jedoch voraus, dass der Aktionär x

einen Vorschlag gemäß § 127 gemacht hat,

___________ 619) RG, Urt. v. 13.6.1913 – Rep 197/13, RGZ 82, 386, 388; OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 15.10.1953 – 6 W 455/53, NJW 1954, 802, 803. 620) Eine vollständige Übersicht befindet sich bei MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 39 Rz. 20. 621) BGHZ 76, 191, 193 f.; Hüffer/Koch, AktG, § 133 Rz. 32. 622) LG Hamburg, Urt. v. 11.1.1968 – 28 O 211/67, DB 1968, 302.

Schaaf

249

E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

x

in der Hauptversammlung die Wahl des von ihm Vorgeschlagenen beantragt hat und

x

eine Minderheit der Aktionäre, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des vertretenen Grundkapitals erreichen, die Vorziehung des Antrags verlangt haben.

918 Frei ist der Sitzungsleiter dagegen in seiner Entscheidung, ob über jeden Kandidaten einzeln abgestimmt werden soll. 919 Eine in der Praxis besonders umstrittene Problematik ist dagegen, inwieweit der Sitzungsleiter alle Kandidaten en bloc in Form der Listenwahl zum Aufsichtsrat zur Abstimmung stellen kann. Dieses in den Hauptversammlungen vieler großer Publikumsgesellschaften praktizierte Verfahren lässt eine einheitliche Abstimmung, z. B. bei einer Neuwahl zum Aufsichtsrat zu. 920 Die zur Wahl in den Aufsichtsrat vorgeschlagenen Anteilseignervertreter werden in einer Vorschlagsliste aufgeführt, die der Hauptversammlung zur einheitlichen Beschlussfassung vorgelegt wird. In Teilen der Literatur623) wird gegen die Zulässigkeit der Listenwahl insbesondere eingewandt: x

Die Listenwahl stelle einen Verstoß gegen das Prinzip der Gleichbehandlung der Aktionäre dar.

x

Nach der mathematischen Wahrscheinlichkeitsrechnung sei die Ablehnung der Listenwahl mit der Möglichkeit der nachfolgenden Einzelwahl praktisch eingeschränkt.

x

Die Listenwahl führe zur Nivellierung des Wahlergebnisses und stelle damit eine Verfälschung des Mehrheitswillens dar.

x

Nicht der Aufsichtsrat als Gesamtgremium, sondern die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder seien zu wählen.

921 Außerdem wird insbesondere von Geßler624) vorgebracht, dass die Listenwahl eine unzulässige Bindung an einen Wahlvorschlag bedeute. Der Aktionär werde in seiner Wahlfreiheit beschränkt, weil die Möglichkeit der Ablehnung der Listenwahl gerade nicht vom Willen des einzelnen Aktionärs abhänge. Ferner werde das Grundrecht des Aktionärs, bei der Ausübung seines Stimmrechts nur in den gesetzlich bestimmten Fällen gebunden zu sein eingeschränkt. Praktikabilitätsüberlegungen allein rechtfertigten nicht die Wahl nach Listen.

___________ 623) Barz, in: Großkomm. z. AktG, 3. Aufl., § 133 Rz. 15; Baumbach/Hueck, AktG, § 101 Rz. 4; Meyer-Landrut, in: Großkomm. z. AktG, 3. Aufl., § 101 Rz. 4; Hueck, Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung im Privatrecht, S. 45 und 306; Geßler, in: Geßler/ Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 101 Rz. 29; Mertens, in: Kölner Komm AktG, § 101 Rz. 14. 624) Geßler, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 101 Rz. 31.

250

Schaaf

II. Leitung der Hauptversammlung

Dagegen geht die herrschende Meinung625) von der Zulässigkeit der Listenwahl 922 aus. Zöllner626) begründet dies zum einen mit Praktikabilitätsgründen und zum anderen mit der Vorschrift des § 137, der den Interessen der Minderheit im Regelfall ausreichend Rechnung trage. Von Obermüller und Hoffmann-Becking627) wird angeführt, auch bei der Listenwahl sei eine einwandfreie Ermittlung des Willens der Hauptversammlung bezüglich der Besetzung jedes einzelnen vakanten Aufsichtsratssitzes gewährleistet. Nehme nämlich die Hauptversammlung die Liste an, so stehe damit fest, dass sie alle darin Vorgeschlagenen als Aufsichtsratsmitglieder billige. Auch Barz628) nimmt eine Zulässigkeit der Listenwahl an, soweit diese sachgerecht und sachdienlich ist. Bei der Listenwahl ist die Sachdienlichkeit deshalb zu bejahen, weil sie schneller 923 als Einzelwahlvorgänge zu zuverlässig feststellbaren und eindeutigen Mehrheitsentscheidungen führt. Sachgerecht ist diese, wenn die in einem Wahlakt zusammengefassten Wahlen einen inneren Zusammenhang aufweisen. Dieser muss nach Barz629) darin gesehen werden, dass der Gesamtwahlvorgang auf eine ausgeglichene Zusammensetzung des Aufsichtsrats ausgerichtet ist. Mit der herrschenden Meinung ist daher von einer Zulässigkeit der Listenwahl auszugehen. Ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsprinzip ist nicht zu sehen. Bei den Aufsichtsratswahlen gilt, soweit nicht die Satzung ein Verhältniswahl- 924 system vorschreibt,630) das Mehrheitswahlsystem, wonach Minderheitsstimmen also keinen Erfolgswert besitzen. Somit sind die Stimmen, welche die Liste annehmen, nicht wertvoller als die ablehnenden. Da die Möglichkeit der Ablehnung der Liste mathematisch größer ist als die 925 Möglichkeit der Ablehnung des einzelnen Kandidaten, greift auch der Einwand von Teilen der Literatur631) nicht, die Möglichkeit der Ablehnung der Gesamtwahl mit nachfolgender Einzelwahl sei nach mathematischer Wahrscheinlichkeitsrechnung praktisch eingeschränkt. Ferner stellt die Listenwahl auch keine Verfälschung des Mehrheitswillens dar. 926 Jeder einzelne auf der Liste stehende Kandidat ist mit Mehrheit gewählt, wenn die Liste die Zustimmung der Mehrheit der Hauptversammlung findet. Voraussetzung dafür ist jedoch, den psychologischen Zwang, wegen eines oder mehrerer Wunschkandidaten auch weniger beliebte Kandidaten zu wählen, durch einen ___________ 625) LG Dortmund, AG 1976, 239; MünchGesR-Semler, AG, 3. Aufl., § 39 Rz. 76; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 133 Rz. 42 und 94; Barz, in: Festschrift Hengeler, S. 14 ff, 18 ff.; MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 30 Rz. 15; Hüffer/Koch, AktG, § 133 Rz. 33. 626) Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 133 Rz. 42 und 94. 627) MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 30 Rz. 15. 628) Barz, in: Festschrift Hengeler, S. 14 ff, 18 ff. 629) Barz, in: Festschrift Hengeler, S. 14 ff, 18 ff. 630) Siehe dazu Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 133 Rz. 94. 631) Geßler, in: Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff, AktG, § 101 Rz. 31.

Schaaf

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E. Leitung und Ablauf der Hauptversammlung

entsprechenden Hinweis in der Leitnotiz auszuschließen. In einem solchen Hinweis sollte den Aktionären deutlich gemacht werden, dass jeder Aktionär, der auch nur einen der vorgeschlagenen Kandidaten nicht wählen will, gegen den Gesamtvorschlag stimmen muss. Findet dieser dann keine Mehrheit, wird anschließend eine Einzelabstimmung durchgeführt. 927 Entgegen Geßler632) besteht auch keine unzulässige Bindung an einen Wahlvorschlag. Die Wahlfreiheit der Aktionäre wird gerade nicht eingeschränkt, weil sie über die Ablehnung der Liste Einzelwahlen erreichen können. Außerdem hat der Aktionär im Rahmen des Mehrheitsprinzips lediglich einen Anspruch darauf, dass seine Stimme zu einer eindeutigen Mehrheitsentscheidung beiträgt. 928 Auch unter Berücksichtigung dieser Argumentation ist von einer Zulässigkeit der Listenwahl auszugehen. Diese ist umso mehr zu bejahen, als das LG Dortmund633) in einer Entscheidung über eine Wahlanfechtung, bei der im Wege der Listenwahl abgestimmt worden war, diese nicht als unzulässig betrachtet hatte.

___________ 632) Geßler, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 101 Rz. 29. 633) LG Dortmund, AG 1976, 239.

252

Schaaf

F. Der Vorstand und die Hauptversammlung Glock/Merkel

Aufsatzliteratur: Fleischer, Zur Leitungsaufgabe des Vorstands im Aktienrecht, ZIP 2003, 1; Graf von Westfalen, Kopplungsklauseln in Geschäftsführer- und Vorstandsverträgen – das scharfe Schwert von § 307 BGB, BB 2015, 834; Jaeger, Die Zuständigkeit des ArbG und Geltung des Kündigungsschutzes für Geschäftsführer, NZA 1998, 961, 966; KotheHeggemann/Dahlbender, Ist der GmbH-Geschäftsführer nach Abberufung weiterhin zur Arbeitsleistung verpflichtet?, zugleich Besprechung des Urteils OLG Karlsruhe vom 25.8.1995 – 15 U 286/94, GmbHR 1996, 650, 651; Rasmussen-Bonne/Raif, „Verbleib gesichert“: Arbeitsrechtliche Absicherung von Gesellschaftsorganen, ArbRAktuell 2010, 544.

I.

Vorbemerkung

Dieses Kapitel ist erstmals in der Vorauflage Teil dieses Buchs gewesen. Was 929 seine Aufnahme damals rechtfertigte, mag auch die vorliegende überarbeitete Fassung als dessen Teil rechtfertigen: Bekanntlich lenkt – von allerdings wesentlichen Fällen abgesehen – der Vor- 930 stand die Geschicke der Gesellschaft bzw. des durch sie getragenen Unternehmens, nicht das in der Hauptversammlung versammelte „Kapital“. Wer ein Buch „Die Hauptversammlung“ zur Hand nimmt, mag ein Interesse haben, das noch über die mit deren Durchführung zusammenhängenden Fragen hinausgeht, nämlich an ihrer Rolle im Kompetenzgefüge der Gesellschaft. Er hat dann abgrenzend einen Blick insbesondere auf den Vorstand zu werfen,1) der allerdings sinnvollerweise aus dessen Blickwinkel angestellt wird, da die Mehrzahl der Aufgaben, durch deren Wahrnehmung die Gesellschaft am Markt teilnimmt, ihm gestellt sind. Die Darstellung ist so nicht zuletzt von Nutzen für das Vorstandsmitglied, dem sie einen Überblick über die ihm außerhalb der Hauptversammlung anfallenden Aufgaben verschafft, mit einem Seitenblick auf das immer wichtiger gewordene Thema seiner Haftung. Während „Kopplungsklauseln“ in der Vorauflage nur kurz erwähnt sind, er- 931 folgt hier eine der praktischen Bedeutung solcher Klauseln angemessenere Darstellung. Sie berücksichtigt die Kritik, die solche Klauseln erfahren haben, deren Brisanz darin liegt, dass ein ordentlich unkündbarer Vertrag für die Gesellschaft ggf. durch bloße Abberufung zu beenden ist, wofür als Grund schon der nur nicht aus offenbar unsachlichem Grund erfolgte Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung genügt. II.

Allgemeines

Die Aktionäre üben ihre Rechte in den Angelegenheiten der Gesellschaft grund- 932 sätzlich in der Hauptversammlung aus (vgl. § 118 Abs. 1). Die Entscheidungen, wie, mit welchen Mitteln und auf welchen Wegen das kurz-, mittel- und lang___________ 1)

Das dritte notwendige Organ – der Aufsichtsrat – bleibt hier dem Darstellungsanliegen entsprechend weitgehend außen vor.

Glock/Merkel

253

F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

fristig erreicht werden soll, trifft im quantitativ Wesentlichen – mit qualitativ erheblichen Ausnahmen2) – aber der Vorstand. 933 Die Gesellschaft kann als juristische (vgl. § 1 Abs. 1), d. h. nicht natürliche Person, zwar Träger von Rechten und Pflichten sein, aber nicht selbst handeln. Daher sieht das AktG Organe als notwendig vor, die, bzw. genauer deren Mitglieder, für die Gesellschaft handeln. Im Folgenden wird der Vorstand betrachtet, dessen – seine „Führungsrolle“ begründenden – exklusiven Machtbefugnisse aus Sicht der Hauptversammlung, also der „Damen und Herren ihres Unternehmens“ eine negative Kompetenzbestimmung bedeuten: Indem § 76 Abs. 1 die Leitung des Unternehmens dem Vorstand zuweist, sind Hauptversammlung und Aufsichtsrat davon ausgeschlossen.3) § 119 Abs. 2 enthält eine weitere das Verhältnis von Vorstand und Hauptversammlung prägende Zuständigkeitsaussage. Danach kann diese über Fragen der Geschäftsführung nur entscheiden, wenn der Vorstand es verlangt. 934 Schon angesichts der damit angedeuteten Rollenverteilung drängt sich auch die Frage auf, was gilt, wenn die Gesellschaft durch den Vorstand bzw. einzelne Vorstandsmitglieder Schaden erleidet. So geht es in diesem Kapitel um folgende Fragen: x

Was darf/muss der Vorstand für die Gesellschaft entscheiden/tun?4)

x

Wann haftet ein „Vorstand“ gegenüber wem, wofür?5)

935 Die dem Amt vorgelagerte Phase der Bestellung/Anstellung wird hier ausgeblendet, die Trennungsphase nicht sehr viel mehr als gestreift;6) erstere weist nämlich typischerweise keinen, letztere kaum einen Bezug zur Hauptversammlung auf. III.

Amtsphase

936 Innerhalb der Amtsphase wird der Situation der Krise der Gesellschaft besonderes Augenmerk gewidmet.7) Zuerst werden die Grundzüge anhand der „gesunden“ Gesellschaft dargestellt.

___________ 2)

3) 4) 5) 6) 7)

254

Zum Beispiel kommt die Hoheit über die Satzung der Hauptversammlung zu (vgl. § 119 Abs. 1 Nr. 5) und sie bestimmt den Unternehmensgegenstand (vgl. § 23 Abs. 3 Nr. 2), d. h. gibt den Bereich vor, in dem die Gesellschaft am Rechtsverkehr teilnimmt; der Hauptversammlung sind darüber hinaus einige besonders wichtige Zuständigkeiten zugewiesen (vgl. insbesondere § 119 Abs. 1). Fleischer, ZIP 2003, 1. Vgl. dazu Kap. F. Rz. 936 ff. Vgl. dazu Kap. F. Rz. 1083 ff. Vgl. dazu Kap. F. Rz. 1163 ff. Vgl. dazu Kap. F. Rz. 1046 ff.

Glock/Merkel

III. Amtsphase

1.

Grundzüge anhand der „gesunden“ Gesellschaft

Der Vorstand ist – wie Hauptversammlung und Aufsichtsrat – Organ der Ge- 937 sellschaft und entsprechend deren juristischer Natur und körperschaftlicher Struktur8) als juristisches Kunstprodukt9) Zuordnungsobjekt für bestimmte notwendige Aufgaben.10) Er besteht aus einem oder mehreren Mitgliedern (vgl. § 76 Abs. 2), als solche nur natürliche, bestimmten Anforderungen genügende Personen in Frage kommen (vgl. § 76 Abs. 3). Sie haben die dem Vorstand zugeordneten Aufgaben wahrzunehmen, sie haften gegebenenfalls. Das AktG bestimmt übrigens nicht, wie viele Mitglieder der Vorstand haben 938 muss (vgl. § 76 Abs. 2 Satz 1), außer das Grundkapital übersteigt drei Mio. €; dann hat er mindestens zweiköpfig zu sein, außer die Satzung bestimmt, dass er nur aus einer Person besteht (vgl. § 76 Abs. 2 Satz 2). § 23 Abs. 3 Nr. 6 bestimmt allerdings, dass die Satzung die Zahl der Vorstandsmitglieder oder zumindest die Regeln bestimmen muss, wonach die Zahl festgelegt wird, wofür genügt, wenn zur Festlegung der Zahl der Aufsichtsrat oder die Hauptversammlung ermächtigt wird. Schweigt die Satzung – entgegen § 23 Abs. 3 Nr. 6 –, entscheidet der Aufsichtsrat.11) a)

Aufgaben: Rechte/Pflichten

Dass dieser Abschnitt mit „Aufgaben: Rechte/Pflichten“ überschrieben ist, soll 939 vor Augen führen, dass mit der Zuweisung einer Aufgabe für den, dem sie zugewiesen ist x

einerseits die Pflicht12) begründet ist, die Aufgabe wahrzunehmen,

x

andererseits – im Rahmen allgemeiner und/oder speziell gezogener Grenzen – die Rechtsmacht, zu tun, was dazu erforderlich ist.

Während das AktG die Aufgaben an den Vorstand adressiert (vgl. z. B. § 76 940 Abs. 1),13) adressiert es an dessen Mitglieder, denen, deren Wahrnehmung obliegt, Verhaltensanforderungen (vgl. § 93). ___________ 8) Die Gesellschaft hat Rechtspersönlichkeit (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1), d. h. kann selbst Träger von Rechten und Pflichten sein, etwa ist ihr das (Gesellschafts-)Vermögen rechtlich zugeordnet. Sie ist körperschaftlich, d. h. im Bestand unabhängig von ihren einzelnen Aktionären organisiert, vgl. etwa Windbichler, Gesellschaftsrecht, § 25 Rz. 1. 9) Semler/Peltzer/Kubis, Hdb. Vorstand, Vorwort VIII. 10) Vgl. dazu Kap. F. Rz. 939 ff. 11) Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 76 Rz. 31. 12) Auf die Erfüllung einer Pflicht kann einerseits geklagt werden – nach § 888 Abs. 3 ZPO können Dienstleistungen aber nicht vollstreckt werden –, andererseits können an deren Verletzung ggf. nachteilige Rechtsfolgen geknüpft werden, z. B. die Abberufung des Vorstandsmitglieds und/oder die Kündigung seines Anstellungsvertrags, ggf. kann es auch auf Ersatz eines durch die Pflichtverletzung der Gesellschaft verursachten Schadens in Anspruch genommen werden. 13) Vgl. dazu Kap. F. Rz. 981 ff.

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255

F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

941 Da das Aufgabenprogramm des Vorstands im Blick auf mehrere Rechtsquellen zu entfalten ist, werden zuerst diese dargestellt. Danach werden die Aufgaben des Vorstands14) und die sie für die Vorstandsmitglieder als Handlungsträger konkretisierenden Verhaltensanforderungen15) erläutert. aa)

Rechtsquellen/Trennungstheorie/Kopplungsklauseln

942 Das durch die auf der korporationsrechtlichen16) Ebene liegende Bestellung17) begründete Vorstandsamt ist von der durch Vertragsschluss in aller Regel zustande gebrachten Anstellung18) zu unterscheiden. Diese ist i. d. R. ein Dienstvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat,19) nämlich eine entgeltliche selbstständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art, durch die fremde Vermögensinteressen wahrgenommen werden.20) Amt und Vertrag bilden rechtlich keine Einheit, die Frage nach ihrem (Fort)Bestand ist nach der von der ganz h. M. vertretenen Trennungstheorie getrennt zu beantworten;21) möglich ist danach, dass das Amt ohne zugrunde liegende Anstellung ausgeübt wird22) oder eine Anstellung besteht, aber schon anfänglich (etwa infolge fehlerhafter Bestellung) oder nachträglich (etwa nach Abberufung) kein Amt. 943 Der Vertrag ist als Grundlage der schuldrechtlichen Beziehungen von Gesellschaft (insofern: Dienstherrin) und Vorstandsmitglied (insofern: Dienstnehmer) zwar auf das Organverhältnis ausgerichtet23) bzw. von der zwingenden organschaftlichen Aufgabe geprägt. Er ist auf den Austausch der Dienste, die das Vorstandsmitglied bereits organschaftlich schuldet, gegen (nicht schon organschaftlich geschuldete) Vergütung gerichtet. ___________ 14) Siehe Kap. F. Rz. 969 ff. 15) Siehe Kap. F. Rz. 1020 ff. 16) Das Korporationsrecht erfasst die Gesellschaft gesellschaftsrechtlich, nämlich als von ihren Mitgliedern im Bestand unabhängige, auf der Grundlage einer Satzung durch verselbstständigte Organe handelnde Körperschaft. Dagegen liegt die Anstellung auf der schuldrechtlichen Vertragsebene, wo die Gesellschaft Dienstherrin und das Vorstandsmitglied Dienstverpflichteter ist. 17) Diese ist nach richtiger Sicht ein einseitiger Akt, kein Vertrag, wenn auch die Bestellung das Amt nur begründet, wenn sie angenommen wird, vgl. Thüsing, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 4 Rz. 7. 18) Wird ein Vorstandsmitglied ausnahmsweise unentgeltlich tätig (dagegen spricht die Vermutung des § 612 Abs. 1 BGB), liegt ein Auftrag i. S. v. § 662 BGB zugrunde. 19) Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84 Rz. 24 m. w. N. 20) Palandt, BGB, § 675 Rz. 2. 21) Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rz. 2 m. w. N. 22) Abgesehen von dem Fall, dass ein Auftragsverhältnis zugrunde liegt, die Vorstandstätigkeit also unentgeltlich ausgeübt werden soll, soll die Gesellschaft dann verpflichtet sein, auf einen angemessenen Anstellungsvertrag hinzuwirken, vgl. Thüsing, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 4 Rz. 6. 23) Thüsing, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 4 Rz. 3.

256

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III. Amtsphase

Die Trennung kann allerdings vertraglich „überwunden“, der Vertag nämlich an 944 das Amt i. d. S. gekoppelt werden (sog. Kopplungsklauseln), dass insbesondere die (wirksame) Abberufung entweder x

als auflösende Bedingung des Vertrags oder

x

als wichtiger Kündigungsgrund

vereinbart wird. Ist die Kopplungsklausel wirksam, beendet die Abberufung dann auch den Ver- 945 trag, allerdings immer erst mit Ablauf der (zwingenden Mindest-)Frist des § 622 Abs. 1. Die Brisanz liegt darin, dass ein in aller Regel ordentlich unkündbarer Vorstandsdienstvertrag24) für die Gesellschaft so durch bloße Abberufung zu beenden ist, wofür als Grund nach § 84 Abs. 3 Satz 2 schon der nur nicht aus offenbar unsachlichem Grund erfolgte Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung genügt. Aber auch die Anforderungen an die übrigen Abberufungsgründe – das Gesetz verlangt einen „wichtigen Grund“ (§ 84 Abs. 3 Satz 1) – sind um einiges geringer als die Anforderungen an den für eine außerordentliche Kündigung des Vertrags nötigen Grund, von dem das Gesetz ebenfalls als „wichtiger Grund“ spricht (§ 626 Abs. 1 BGB). Soweit hier relevant, findet die Trennung von Amt und Vertrag in § 84 Abs. 3 Satz 5 Ausdruck. Im Abberufungsfall gelten danach für Ansprüche aus dem Vertrag die allgemeinen Vorschriften, nämlich statt der (nur) für die Beendigungs des Amts geltenden Regelungen des § 84 Abs. 3 Satz 1 – 4. Nicht zu verkennen ist aber, dass Amt und Vertrag in einem engen tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang stehen.25) Sie greifen – was es besser trifft – unmittelbar ineinander,26) schon weil die Anstellung in aller Regel exklusiv als Vorstandsmitglied erfolgt, sodass die Möglichkeit, den Vertrag zu erfüllen, aufseiten des Dienstverpflichteten das Amt voraussetzt. In Vorstandsverträgen sind daher Kopplungsklauseln Standard. Die Rechtspre- 946 chung anerkennt sie traditionell.27) Daran ist Kritik laut geworden. Ihr ist indes weitgehend nicht zu folgen und kann im Übrigen gestalterisch gerügt werden. Kopplungsklauseln sind jedenfalls nicht per se unwirksam. Insbesondere eignet der vom Gesetz zwischen Amt und Vertrag vollzogenen Trennung keine Leit___________ 24) Aus § 620 Abs. 2 BGB folgt, dass befristete Dienstverträge – und das sind Vorstandsdienstverträge wegen § 84 Abs. 1 Satz 5 und 1 immer – nicht ordentlich (= bloß unter Einhaltung der betreffenden Frist) gekündigt werden können. Sie können vorzeitig nur außerordentlich gekündigt werden, nämlich nach den strengen Voraussetzungen des § 626 BGB, also insbesondere aus wichtigem Grund. Das ist nur anders, wenn die ordentliche Kündbarkeit eigens vereinbart worden ist. 25) Vgl. etwa Thüsing, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 4 Rz. 4. 26) Vgl. Kubis, in: Semler/Peltzer/Kubis, Hdb. Vorstand, § 3 Rz. 1. 27) Grundlegend BGH, Urt. v. 29.5.1989 – II ZR 220/88.

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257

F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

bildfunktion i. S. v. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB.28) Vielmehr ist dem LG Essen zuzustimmen, das die Leitbildfunktion mit Urteil vom 8.7.2015 (42 O 4/14) ablehnt. Dafür beruft das LG sich auf das o. g. Urteil aus 1989, wo der BGH die mit der wesentlichen Bedeutung der Organstellung für die eigenverantwortliche Leitung und gesetzlichen Vertretung im Interesse des Unternehmens begründete Nachrangigkeit des Vertrags gegenüber dem Organverhältnis feststellt, und folgert, dass die Kopplung der Beendigung des Dienstvertrags an den Widerruf der Organbestellung daher nicht ausgeschlossen sein könne.29) Das Gegenteil (Annahme der Nichtkoppelbarkeit) liefe diesem gesetzlichen Rangverhältnis in der Tat zuwider, das eine Kopplung gewissermaßen nur zu Ende buchstabiert.30) Das LG Essen nimmt das auf und argumentiert, durch die betreffende Kopplungsklausel werde nicht von dem gesetzlichen Grundgedanken der gesetzlichen Gesamtregelung in § 84 Abs. 1 abgewichen. Wenn das LG zu § 84 Abs. 3 Satz 5, worin Graf von Westphalen die Trennung für Abberufungsfälle als Leitbild verankert sieht, aber bloß sagt, daraus ergebe sich nur, dass die Regelungen des § 84 Abs. 3 Satz 1 – 4 sich nicht auf den Vertag beziehen, was die privatautonome Kopplung nicht ausschließe, greift das zu kurz. Die Frage ist ja gerade, ob das AGB-Recht die Privatautonomie entsprechend einschränkt. Auch das LG wird aber meinen, § 84 Abs. 3 Satz 5 sei im Licht des durch die Regelungen des § 84 Abs. 1 statuierten Vorrangs des Amts vor dem Vertrag zu lesen, in welchem die Trennung auch in Abberufungsfällen sich nicht als gesetzliches Leitbild ausmachen lässt. 947 Dass Kopplungsklauseln nicht per se unwirksam sind, bekräftigt zudem folgende Überlegung: Ihr Effekt ist derselbe wie bei der unbestritten auch per AGB wirksam möglichen Vereinbarung der ordentlichen Kündbarkeit befristeter Dienstverträge. Dafür muss die ordentliche Kündbarkeit nur eigens vereinbart werden. Dann hat es keinen rechten Sinn, die Möglichkeit kategorisch auszuschließen, die vorzeitige Beendbarkeit durch Kopplungsklauseln zu vereinbaren. Mit dieser Überlegung liegt auch zutage, worum es m. E. im Kern geht. Darum, ob/ wann Kopplungsklauseln die Wirksamkeit wegen fehlender Transparenz zu versagen ist, die bei Formulierung der Gestaltungsalternative „ordentliches Kündigungsrecht“ wohl immer gegeben ist. Nach Bauer/Krieger/Arnold unter dem Gesichtspunkt der Irreführung immer „schon“, wenn der Vertrag zunächst eine lange Laufzeit (3 – 5 Jahre) vorsieht und dem Vorstandsmitglied so eine Sicherheit suggeriert, die er nach einer darin an späterer Stelle enthaltenen Kopp___________ 28) So aber Graf von Westfalen, BB 2015, 834 ff. 29) BGH, Urt. v. 29.5.1989 – II ZR 220/88 Rz. 10. 30) Der Vorrang des Amts vor dem Vertrag kommt in § 84 Abs. 1 ja gerade in einer Orientierung des Vertrags am Amt in puncto Dauer zum Ausdruck, nämlich darin, dass die Dauer des Vertrags auf die Höchstdauer des Amts beschränkt und eine Vereinbarung über die Verlängerung des Vertrags nur für den Fall der Verlängerung des Amts zugelassen ist.

258

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III. Amtsphase

lungsklausel nicht haben soll.31) Letztlich vermögen Vorstandsmitglieder nämlich nicht zu erkennen, dass ihr langjähriger Vertrag durch eine Kopplungsklausel „vollkommen entwertet“ wird.32) Dagegen hat Thüsing wohl auch mit derlei Gestaltungen eher kein Problem, wenn nur „die Regelung an sich eindeutig ist“.33) Das Transparenzgebot verlangt zwar nicht nur, dass die einzelne Regelung für sich genommen verständlich ist, sondern sie muss dies auch im Kontext der übrigen Klauseln sein.34) Thüsings Hinweis, dass es nicht auf das problemlose Verständnis des juristischen Laien ankommt,35) trifft allerdings zu. Wenn die Kopplung an sich klar und verständlich formuliert ist und im Kontext der übrigen Klauseln nicht untergeht, dürften Kopplungsklauseln daher wohl nicht zu beanstanden sein, zumal der für die vorzeitige Beendbarkeit des Vertrags problematischste – weil allein durch die Gesellschaft herbeiführbare – Abberufungsgrund „Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung“ in § 84 Abs. 3 Satz 2 nachzulesen ist. Dagegen ist die Rechtsprechung problematisch, die in Klauseln, nach deren Wortlaut die Abberufung den Vertrag sofort beendet, die für Vorstandsmitglieder entsprechend geltende Mindestfrist des § 622 Abs. 1 BGB rettend hineinliest.36) Abgesehen davon, dass das nämlich mit dem AGB-rechtlichen Verbot der geltungserhaltenden Reduktion unvereinbar ist,37) dürfte gerade auch diese nach der Rechtsprechung gleichwohl verzichtbare Klarstellung die Transparenz entscheidend erhöhen. Im Blick auf § 622 Abs. 6 BGB, wonach für die Kündigung von Arbeitsverhältnissen durch den Arbeitnehmer keine längere Frist vereinbart werden darf als für die Kündigung durch den Arbeitgeber, sollten Gesellschaften, sollten Gesellschaften, jedenfalls solange die Anwendbarkeit der Vorschrift auf Vorstandsverträge noch ungeklärt ist,38) erwägen, in einer Kopplungsklausel der Amtsniederlegung die gleiche Folge wie einer Abberufung beizulegen (Beendigung des Vertrags nicht vor Ablauf o. g. Mindestfrist). Für die Vorstandstätigkeit sind folgende Rechtsquellen relevant: x

Gesetz, insbesondere AktG,39)

x

Satzung,40)

948

___________ 31) Bauer/Krieger/Arnold, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, D Rz. 82. Sie sehen die irreführende Klauseln allerdings als überraschende – nicht intransparente – Klauseln an. 32) Bauer/Krieger/Arnold, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, D Rz. 82. 33) Thüsing, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 5 Rz. 59. 34) vgl. S. 258 Palandt, BGB, § 307 Rz. 21. 35) Thüsing, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 5 Rz. 59. 36) BGH, Urt. v. 29.5.1989 – II ZR 220/88 Rz. 17: Kopplungsklauseln seien einschränkend als befristet auszulegen. 37) Bauer/Krieger/Arnold Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, D Rz. 80. 38) Thüsing, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 5 Rz. 59. 39) Siehe dazu Kap. F. Rz. 952 f. 40) Siehe dazu Kap. F. Rz. 954 ff.

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259

F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

x

Geschäftsordnung für den Vorstand,41)

x

Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat,42)

x

und Anstellungsvertrag.43)

949 Vorstandsrecht ist weitgehend gesetzlich, namentlich durch das AktG determiniert, das die Kompetenzen des Vorstands umfassend regelt.44) Dessen Regelungen sind weitgehend zwingender Natur, d. h. lassen keine abweichenden Gestaltungen zu; so insbesondere, soweit es um den Zuständigkeitsbereich der Organe, ihre Zusammensetzung und innere Organisation geht.45) Die Satzung kann vom AktG Abweichendes nur regeln, wenn das AktG es ausdrücklich zulässt, bzw. ergänzende Regelungen treffen, soweit das AktG nicht abschließend ist (vgl. § 23 Abs. 5). 950 Dem Anstellungsvertrag kommt eine korporationsrechtliche Geltung naturgemäß nicht zu. Er kann organschaftliche Verhaltenspflichten zwar nicht abändern, sie aber konkretisieren und ergänzen.46) (1)

Korporationsrechtliche Rechtsquellen

951 Mit korporationsrechtlichen Rechtsquellen sind gemeint: Gesetz, Satzung und Geschäftsordnungen. (a)

Gesetz: AktG

952 Von den genannten Rechtsquellen steht das Gesetz an der normhierarchischen Spitze. Es genießt gegenüber den anderen Geltungsvorrang. 953 Das AktG47) regelt in den mit „Verfassung der Aktiengesellschaft“ überschriebenen §§ 76 – 94 den Kern des den Vorstand betreffenden Rechts. Dessen Regelungen sind – worauf schon hingewiesen wurde – grundsätzlich zwingend,48) d. h. sie stehen weder zur Disposition des Satzungs- oder Geschäftsordnungsgebers, noch der auf der korporationsrechtlichen Ebene von vornherein unzuständigen Vertragsparteien. Nach § 23 Abs. 5 kann von den AktG-Vorschriften per Satzung nur insoweit abgewichen und können diese nur insoweit ergänzt werden, als das AktG es zulässt.49) Eine Abweichung muss ausdrücklich erlaubt ___________ 41) 42) 43) 44) 45) 46) 47)

Siehe dazu Kap. F. Rz. 958 ff. Siehe dazu auch Kap. F. Rz. 961. Siehe dazu Kap. F. Rz. 962 ff. Kubis, in: Semler/Peltzer/Kubis, Hdb. Vorstand, § 1 Rz. 1. Hüffer/Koch, AktG, § 23 Rz. 36 m. w. N. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 43. Eine Übersicht über weitere einschlägige Gesetze findet sich bei Kubis, in: Semler/Peltzer/ Kubis, Hdb. Vorstand, § 1 Rz. 2, § 1, Anlage § 1 – 4 (S. 96 ff.). 48) Limmer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 23 Rz. 28. 49) Sog. Satzungsstrenge.

260

Glock/Merkel

III. Amtsphase

sein, eine Ergänzung setzt voraus, dass die aktienrechtliche Regelung, die ergänzt werden soll, nicht abschließend ist.50) Soweit die §§ 76 ff. Aufgaben dem Vorstand zuweisen, gilt dies zwingend. Eine davon abweichende Regelung, gleich welcher anderen Rechtsquelle, die z. B. die Geschäftsführung in die Hände des Aufsichtsrats legte, wäre unbeachtlich, weil unwirksam. (b)

Satzung

Die Satzung ist die körperschaftliche Verfassung einer Gesellschaft, ihre Grund- 954 ordnung.51) Die Satzungshoheit, d. h. das Recht, sie zu ändern, liegt bei der Hauptversammlung (vgl. §§ 119 Abs. 1 Nr. 5, 179). Dafür ist eine ¾-Mehrheit erforderlich, außer die Satzung bestimmt zulässigerweise eine andere Mehrheit (vgl. § 179 Abs. 2 Sätze 2 und 3). In welchen Grenzen die Satzung etwas regeln kann, sagt § 23 Abs. 5, was sie 955 regeln muss, § 23 Abs. 3 und 4. Nochmals: Gestaltungsräume bzgl. der gesetzlichen Aufgabenverteilung (vgl. §§ 76 ff.) bestehen nicht. Die Satzung kann aber von der Gesamtgeschäftsführung (vgl. § 77 Abs. 1) und Gesamtvertretung (vgl. § 78 Abs. 2 Satz 1) abweichen; insoweit wird auf die Darstellung zur Geschäftsführung bzw. Vertretung verwiesen.52) Von den Regelungen des § 23 Abs. 3 ist im Blick auf die Hauptversammlung 956 die der Nr. 2 interessant. Danach muss die Satzung den Unternehmensgegenstand, also den Tätigkeitsbereich der Gesellschaft bestimmen. Indem sie den Unternehmensgegenstand eng fasst, wird das Aktionsfeld des Vorstands begrenzt, der die Satzung zu beachten hat (vgl. § 82 Abs. 2). Das ist solange legitim, wie der Satzungsgeber die dem Vorstand zugewiesene Leitungsmacht nicht aushöhlt. Nach Fleischer ist diese Grenze erst überschritten, wenn der Vorstand „zum bloßen Befehlsempfänger ohne eigenen Handlungsspielraum herabsinkt“.53) Nach dem OLG Stuttgart wird mit der Bestimmung des Unternehmensgegenstands dann in die Leitungsbefugnisse des Vorstands eingegriffen, wenn damit nicht mehr nur allgemein gehaltene Rahmenvorgaben gemacht werden, sondern – wie im entschiedenen Fall – die Untersagung einer konkreten Geschäftstätigkeit beabsichtigt ist.54)

___________ 50) Während Ersteres dem AktG ohne Weiteres zu entnehmen ist, muss Letzteres für die betreffende aktienrechtliche Vorschrift durch Auslegung ermitteln werden. 51) Lutter, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 2 Rz. 10. 52) Vgl. dazu Kap. F. Rz. 979 bzw. 999 ff. 53) Fleischer, ZIP 2003, 1, 2. 54) OLG Stuttgart, Beschl. v. 22.7.2006 – 8 W 271/06, 8 W 272/06, ZIP 2007, 231, 232.

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261

F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

(c)

Geschäftsordnungen

957 Für die Vorstandstätigkeit kann sowohl eine Geschäftsordnung für den Vorstand wie eine für den Aufsichtsrat bedeutsam sein. In der Hierarchie der Organisationsnormen besitzt die Geschäftsordnung einen niedrigeren Rang als die Satzung.55) (aa) Geschäftsordnung für den Vorstand 958 Per schriftlicher Vorstandsgeschäftsordnung56) kann die Geschäftsverteilung, die vorstandsinterne Zusammenarbeit und die des Vorstands mit dem Aufsichtsrat geregelt werden.57) Ziffer 4.2.1 Satz 2 des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK)58) empfiehlt: „Eine Geschäftsordnung soll die Arbeit des Vorstands, insbesondere die Ressortzuständigkeit einzelner Vorstandsmitglieder […] regeln.“ 959 Die Satzung kann den Erlass einer Vorstandsgeschäftsordnung dem Aufsichtsrat übertragen. Dann ist nur er erlassbefugt. Schweigt die Satzung, kann der Vorstand sich eine Geschäftsordnung geben, wenn nicht der Aufsichtsrat ihm eine gegeben hat oder gibt (vgl. § 77 Abs. 2 Satz 1). Der Aufsichtsrat kann auch nur einen Geschäftsordnungsrahmen vorgeben, in dem der Vorstand die Geschäftsordnung ausdifferenziert.59) 960 Die Satzung und damit die Hauptversammlung kann schließlich Einzelfragen der Geschäftsordnung bindend regeln (vgl. § 77 Abs. 2 Satz 2). (bb) Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat 961 In der Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat kann der Aufsichtsrat die Arten von Geschäften bestimmen, die der Vorstand nur mit seiner Zustimmung vornehmen darf, freilich muss er dann dafür sorgen, dass der Vorstand die Aufsichtsrats-Geschäftsordnung kennt;60) die Satzung oder der Aufsichtsrat ist verpflichtet, einen Zustimmungskatalog aufzustellen (vgl. § 111 Abs. 4 Satz 2).

___________ 55) Für die (stets vom Aufsichtsrat sich selbst gegebene) Geschäftsordnung des Aufsichtsrats siehe MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 31 Rz. 2. Nichts anderes gilt für eine Geschäftsordnung des Vorstands, egal ob der Aufsichtsrat oder der Vorstand sie erlassen hat. 56) Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 77 Rz. 68 m. w. N. 57) Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 77 Rz. 60. 58) Der DCGK richtet sich an börsennotierte Gesellschaften (vgl. dessen Präambel) und hat auch insoweit allenfalls einen durch § 161 Satz 1 (Pflicht zur sog. „Entsprechenserklärung“) vermittelten „verpflichtenden“ Charakter. 59) Richter, in: Semler/Peltzer/Kubis, Hdb. Vorstand, § 5 Rz. 42. 60) Kubis, in: Semler/Peltzer/Kubis, Hdb. Vorstand, § 1 Rz. 19.

262

Glock/Merkel

III. Amtsphase

(2)

Vertrag

Der Anstellungsvertrag eines Vorstandsmitglieds ist in der Regel ein Dienst- 962 vertrag (vgl. §§ 611 ff. BGB), der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat (vgl. § 675 Abs. 1 BGB), nie ein Arbeitsvertrag.61) Daher sind Vorstandsmitglieder keine Arbeitnehmer. Für sie gilt in schuldrechtlicher Hinsicht daher kein Arbeitsrecht mit der Ausnahme, dass sie den Schutz einiger analog angewandter arbeitsrechtlicher Regelungen, z. B. § 622 BGB (Kündigungsfristen), § 630 BGB (Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis) und der §§ 850 ff. ZPO (Pfändungsschutz) genießen.62) Der Vertrag ist – wie schon ausgeführt wurde63) – von dem durch die Bestel- 963 lung begründeten Amt, mit dem er rechtlich keine Einheit bildet, getrennt zu beurteilen. Hinsichtlich des Aufgabenprogramms, für das eine Klausel typisch ist, die das organschaftliche Programm lediglich nachvollzieht, wonach nämlich das Vorstandsmitglied die Geschäfte der Gesellschaft etwa nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung, der Geschäftsordnung für den Vorstand und des Dienstvertrags zu führen hat, liefert er allenfalls Ergänzungen und/oder Konkretisierungen. Er kann als der „Platz“, wo die Rechtsbeziehung von Gesellschaft und Vorstandsmitglied als Austauschverhältnis, d. h. schuldrechtlich erfasst und geregelt wird, auch rein schuldrechtliche – nicht schon im Organverhältnis gründende – Verhaltenspflichten zum Gegenstand haben (z. B. eine Residenzpflicht, ein Nebentätigkeits- oder nachvertragliches Wettbewerbsverbot). Fixiert der Vertrag eine korporationsrechtlich, also etwa in einer Geschäftsord- 964 nung getroffene Ressortzuweisung, kann die Gesellschaft dem Vorstandsmitglied das Ressort zwar jederzeit einseitig korporationsrechtlich wirksam entziehen, indem sie die Geschäftsordnung entsprechend ändert. Darin liegt dann allerdings eine Vertragsverletzung, auf die das Vorstandsmitglied ggf. mit Amtsniederlegung oder Vertragskündigung reagieren und den in der „vereitelten“ Vertragserfüllung liegenden Schaden ersetzt verlangen kann.64) Gleiches kann gelten, wenn der Vertrag einen Anspruch auf ein bestimmtes Ressort begründet, das dem Vorstandsmitglied dann aber nicht übertragen wird.65) Gelegentlich verpflichtet der Vertrag das Vorstandsmitglied auch auf die Ein- 965 haltung der Regelungen des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK). Der DCGK macht – börsennotierten Gesellschaften – u. a. rechtsunverbindliche Vorschläge, wie gesetzlich eröffnete Handlungsspielräume im Sinn einer ___________ Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84 Rz. 25. Thüsing, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 4, 54 ff. Vgl. dazu Kap. F. Rz. 942 ff. Grundlage für den Anspruch auf Kapitalisierung der Restlaufzeit des (gekündigten) Vertrags ist § 628 Abs. 2 BGB, vgl. dazu Palandt-Weidenkaff, BGB, § 628 Rz. 6 ff. 65) BAG, Urt. v. 8.8.2002 – 8 AZR 574/01, BB 2003, 206 – 209 (für die vertraglich vereinbarte, aber unterbliebene Bestellung eines GmbH-GF). 61) 62) 63) 64)

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263

F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

guten Unternehmensführung konkretisiert und ausgeführt werden können.66) Die vertragliche Inbezugnahme erhebt diese im Verhältnis von Gesellschaft und Vorstandsmitglied auf der Vertrags- und Organebene zu verbindlicher Geltung.67) (3)

Regelungskonflikte (Konkurrenzen)

966 Folge der Mehrzahl von für die Vorstandstätigkeit relevanten Rechtsquellen kann die Situation einander widersprechender Regelungen sein. Welche Regelung gilt dann? 967 Tritt der Konflikt zwischen Regelungen verschiedener korporationsrechtlicher Rechtsquellen auf, ist deren normhierarchisches Rangverhältnis entscheidend. Es gilt die Regelung der ranghöheren Rechtsquelle, es sei denn, sie lässt die von ihr abweichende Regelung der rangniederen Rechtsquelle zu; dann gilt diese. Im Verhältnis von AktG und Satzung gilt sog. Satzungsstrenge (vgl. § 23 Abs. 5).68) 968 Tritt der Konflikt dagegen zwischen einer korporationsrechtlichen Regelung69) und einer Vertragsregelung auf, gilt: Im Vertragsverhältnis gilt die (wirksame) vertragliche Regelung. Da ihr keine korporationsrechtliche Geltung zukommt, lässt sie eine anderslautende korporationsrechtliche Regelung aber in ihrem Geltungsanspruch unberührt, und erweist sich damit als nicht durchsetzbar. Es kann dann nur um die Folgen der vertragswidrigen „Gesellschaftswirklichkeit“ gehen. bb)

Aufgaben des Vorstands

969 Die durch seine Mitglieder wahrzunehmenden Aufgaben des Vorstands lassen sich kategorisieren. Auf der einen Seite steht die Geschäftsführung einschließlich des hervorgehobenen Bereichs der Leitung, auf der anderen die Vertretung; jede Tätigkeit lässt sich einer Seite oder beiden Seiten zuordnen. Beim Blick auf die Tätigkeit vom Innenbereich der Gesellschaft her (Innenverhältnis), erweist sie sich als Geschäftsführung, beim Blick vom Außenverhältnis, d. h. den Beziehungen der Gesellschaft zu Dritten her, als Vertretung.70) 970 Das AktG greift zudem bestimmte Aufgaben heraus, indem es sie extra regelt (Einzelaufgaben).71)

___________ Bachmann, in: Kremer/Bachmann/Lutter/v. Werder, DCGK, Vor 33 f. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 47 m. w. N. Vgl. auch Kap. F. Rz. 953. Also einer Regelung, die die Organstellung als solche betrifft (Rechtsquellen: AktG, Satzung, Geschäftsordnung). 70) Windbichler, Gesellschaftsrecht, § 8 Rz. 11. 71) Vgl. dazu Kap. F. Rz. 1013 ff.

66) 67) 68) 69)

264

Glock/Merkel

III. Amtsphase

(1)

Aufgabe: Geschäftsführung

Indem § 77 Abs. 1 Satz 1 bestimmt, dass die Vorstandsmitglieder eines aus mehre- 971 ren Personen bestehenden Vorstands nur gemeinschaftlich zur Geschäftsführung befugt sind, weist er diese dem Vorstand zu. (a)

Begriff

Das AktG definiert den Begriff nicht, es setzt ihn voraus. Nach hergebrachtem 972 Verständnis fällt darunter: x

jedes in Verfolgung des Gesellschaftszwecks72) vorgenommene Handeln für die Gesellschaft im Innenverhältnis, d. h. im Verhältnis zu den Aktionären und anderen Organen der Gesellschaft,73)

x

ausgenommen Grundlagengeschäfte, womit alle grundsätzlichen Fragen des verfassungsmäßigen Aufbaus und die die Kapitalgrundlage berührenden Geschäfte gemeint sind,74) z. B. –

Satzungsänderung (§§ 119 Abs. 1 Nr. 5, 179)



Auflösung (§§ 119 Abs. 1 Nr. 8, 262 Abs. 1 Nr. 2)



Umwandlung (§§ 13, 226 UmwG)



Vermögensübertragung (§ 179a)



Abschluss von Unternehmensverträgen (§ 293)



Eingliederung (§ 319).

Für Grundlagengeschäfte ist entweder von vornherein die Hauptversammlung 973 zuständig (vgl. § 119 Abs. 1) oder deren Zustimmung ist Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Maßnahme (z. B. Umwandlung, Vermögensübertragung, Unternehmensvertragsschluss, Eingliederung).75) Hier gehören noch die „Holzmüller“- und „Gelatine“-Entscheidung des Bun- 974 desgerichtshofs erwähnt, der ausnahmsweise ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten anerkennt. Soweit das der Fall ist, darf der Vorstand nicht handeln, ohne dass die Hauptversammlung mit qualifizierter ¾-Mehrheit zugestimmt hat.76) Der Bundesgerichtshof anerkennt solche Kompetenzen nur bei „grundlegenden Entscheidungen“, „die so tief in die Mitgliedsrechte der Aktionäre und deren im Anteilseigentum verkörpertes Vermögensinteresse ___________ 72) Dieser verstanden als der finale Sinn des Zusammenschlusses der Gesellschafter (vgl. Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 23 Rz. 34) in Abgrenzung zum Unternehmensgegenstand i. S. v. § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG, womit der konkrete Tätigkeitsbereich gemeint ist. 73) Kort, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 2, 1. 74) Windbichler, Gesellschaftsrecht, § 29 Rz. 6. 75) Vgl. auch Richter, in: Semler/Peltzer/Kubis, Hdb. Vorstand, § 5 Rz. 5 f. 76) BGH, Urt. v. 26.4.2004 – II ZR 155/02 (Gelatine I) unter III. 2. b) der Entscheidungsgründe.

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F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

eingreifen, dass der Vorstand vernünftigerweise nicht annehmen kann, er dürfe sie in ausschließlich eigener Verantwortung treffen, ohne die Hauptversammlung zu beteiligen“.77) In der Gelatine-Entscheidung hat er den Ausnahmecharakter ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten betont und präzisiert, solche könne es nur bei Geschäftsführungsmaßnahmen geben, die „an die Kernkompetenz der Hauptversammlung rühren, über die Verfassung der Gesellschaft zu bestimmen, und in ihren Auswirkungen einem Zustand nahezu entsprechen, der allein durch eine Satzungsänderung herbeigeführt werden kann“.78) Die Erheblichkeitsschwelle, ab der eine ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeit greift, soll bei Maßnahmen erreicht sein, die 70 – 80 % des Gesellschaftsvermögens betreffen.79) (b)

Geschäftsführungsbefugnis

975 Im Verhältnis der Organe ist allein der Vorstand zur Geschäftsführung befugt. Die Hauptversammlung kann über Fragen der Geschäftsführung nur entscheiden, wenn der Vorstand es verlangt (vgl. § 119 Abs. 2), sonst nicht; der Aufsichtsrat ist von der Geschäftsführung ausgeschlossen (vgl. § 111 Abs. 4 Satz 1). 976 Das bedeutet aber nur im – mit der Rede vom „Grundsatz der Allzuständigkeit“80) bezeichneten – Ausgangspunkt, dass die Vorstandsmitglieder alle Geschäfte der Gesellschaft selbst wahrzunehmen haben. Denn: Kein Grundsatz ohne Ausnahme. Diese liegt hier in der sowohl vom Vorstand auf einzelne Vorstandsmitglieder81) als auch von diesen auf Mitarbeiter nachgeordneter Unternehmensebene oder Externe zulässigen Delegation von Geschäftsführungsaufgaben und stellt in der Praxis den Regelfall dar, da die Entlastung der Vorstandsmitglieder i. d. R. notwendig ist. 977 Allerdings scheidet eine Delegation in einem herausgehobenen Bereich der Geschäftsführung – nämlich soweit es Leitungsaufgaben (vgl. § 76 Abs. 1)82) betrifft – insoweit aus, als hier zwingend der Gesamtvorstand den Willen der Gesellschaft bildet, also die anstehenden Fragen letztverbindlich entscheidet. Hier

___________ 77) BGH, Urt. v. 25.2.1982 – II ZR 174/80 (Holzmüller) unter I. 2. c) der Entscheidungsgründe. 78) BGH, Urt. v. 26.4.2004 – II ZR 155/02 (Gelatine I) unter III. 2. a) cc) der Entscheidungsgründe. 79) Hoffmann, in Spindler/Stilz, AktG, § 119 Rz. 27, dort kann in Rz. 21 ff. vertieft zu diesem Thema und auch zu sonstigen ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenzen nachgelesen werden. 80) Schmidt-Husson, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler, Corporate Compliance, § 6 Rz. 4. 81) Insoweit erfolgt die Gestaltung mittels Satzung oder Geschäftsordnung, vgl. § 77 Abs. 1 Satz 2. 82) Vgl. Kap. F. Rz. 981 ff.

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Glock/Merkel

III. Amtsphase

dürfen nur die Entscheidung des Vorstands vorbereitende und umsetzende Maßnahmen delegiert werden.83) Soweit eine Delegation zulässig ist, führt sie nicht dazu, dass die (originär all)zu- 978 ständigen Vorstandsmitglieder in jeder Hinsicht frei werden. Die Pflicht, die übertragene Aufgabe zu erledigen, trifft fortan zwar den – selbstverständlich ordnungsgemäß auszuwählenden und in die Aufgabe einzuweisenden84) – Delegatar. Als Ausdruck des Grundsatzes der Gesamtverantwortung, der eine Verantwortung jedes Vorstandsmitglieds für die Geschäftsleitung im Ganzen bezeichnet,85) tritt an deren Stelle aber die Pflicht, zu überwachen, ob der Delegatar sie ordnungsgemäß erledigt. Die Mitglieder eines mehrköpfigen Vorstands sind nur gemeinschaftlich zur Geschäftsführung befugt (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1) – Grundsatz der Gesamtgeschäftsführung. Das bedeutet, es darf keine Geschäftsführungsmaßnahme vorgenommen werden, der nicht alle Vorstandsmitglieder (zuvor) zugestimmt haben (Einstimmigkeitsprinzip)86); eine Ausnahme gilt bei Gefahr im Verzug, dann kann ein Beschluss nämlich ohne nicht erreichbare Vorstandsmitglieder gefasst werden.87) Das AktG sieht für die Beschlussfassung keine Form vor, oft aber die Satzung oder eine Vorstandsgeschäftsordnung.88) Das Gesetzesmodell der Gesamtgeschäftsführung ist disponibel. Die Praxis zieht 979 i. d. R. flexiblere Gestaltungen vor, die in der Satzung oder Vorstandsgeschäftsordnung zu regeln sind (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1). Zu Gebot steht insbesondere der Eintausch des Mehrheitsprinzips, das seinerseits im Verhältnis von Regelungsmaterie und erforderlicher (einfacher, qualifizierter) Mehrheit reguliert werden kann, und die Einräumung von Einzelgeschäftsführungsbefugnissen an einzelne Vorstandsmitglieder, so im Rahmen einer Ressortverteilung.89) § 77 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 erteilt der Möglichkeit einer Willensbildung gegen die Mehrheit eine Absage, insbesondere dem früheren Alleinentscheidungsrecht des Vorstandsvorsitzenden. Die Begründung eines Rechts zum Stichentscheid90) ist grundsätzlich ebenso zulässig wie die eines Vetorechts.91)

___________ 83) 84) 85) 86) 87) 88) 89) 90) 91)

Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rz. 20 m. w. N. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 101 ff. Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 8 Rz. 5 m. w. N. Hüffer/Koch, AktG, § 77 Rz. 6. Hüffer/Koch, AktG, § 77 Rz. 6, übergangene Vorstandsmitglieder sind baldigst zu unterrichten; sie können unausgeführten Maßnahmen noch widersprechen. Näher vgl. etwa Richter, in: Semler/Peltzer/Kubis, Hdb. Vorstand, § 5 Rz. 80 ff. Näher vgl. etwa Fleischer, in Spindler/Stilz, AktG, § 77 Rz. 10 ff. BGH, Urt. v. 11.1983 – II ZR 33/83, BGHZ 89, 48, 59 (für eine mitbestimmte GmbH). Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 77 Rz. 16.

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F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

980 Die Vorstandsmitglieder unterliegen den für ihre Geschäftsführungsbefugnis getroffenen Beschränkungen x

der Satzung (insbesondere die zwingende Festlegung des Unternehmensgegenstands, § 23 Abs. 3 Nr. 2),

x

des Aufsichtsrats (insbesondere die Anordnung der Arten von Geschäften, die nur mit der Zustimmung des Aufsichtsrats vorgenommen werden dürfen, § 111 Abs. 4 Satz 2,92)

x

der Hauptversammlung (Entscheidungen über Fragen der Geschäftsführung, die der Vorstand verlangt hat, § 119 Abs. 2) und

x

der Geschäftsordnung des Vorstands und ggf. der des Aufsichtsrats,

soweit diese im Rahmen der Vorschriften über die Aktengesellschaft liegen (vgl. § 82 Abs. 2). (2)

Aufgabe: Leitung

981 Schon erwähnt wurde, Leitung ist ein herausgehobener Teilbereich der Geschäftsführung.93) Das AktG regelt die Leitung extra, und zwar an der Spitze der Vorschriften zum Vorstand (§ 76 Abs. 1). Danach ist die Leitung94) – wenn Hauptversammlung und Aufsichtsrat schon von der Geschäftsführung ausgeschlossen sind – erst recht allein Aufgabe des Vorstands; sie fällt in dessen Exklusivzuständigkeit95) und ist nach dem sog. Prinzip der Gesamtleitung stets vom Gesamtvorstand, d. h. allen Vorstandsmitgliedern gemeinsam wahrzunehmen; weder kann der Gesamtvorstand Leitungsaufgaben abgeben noch ein Vorstandsmitglied solche an sich ziehen.96) 982 Für die Leitung wird besonders betont, dass der Vorstand sie ausdrücklich unter eigener Verantwortung vorzunehmen hat.97) (a)

Bestimmung der Leitungsaufgaben

983 Aus den vorstehenden Feststellungen ergibt sich die Bedeutsamkeit, Leitungsaufgaben von Geschäftsführungsaufgaben im Übrigen abzugrenzen.

___________ 92) Derlei Zustimmungsvorbehalte kann schon die Satzung enthalten. Dann kann der Aufsichtsrat die Vorbehalte allenfalls erweitern, schweigt die Satzung, muss der AR tätig werden, vgl. näher bei Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 111 Rz. 69 f. 93) Fleischer, ZIP 2003, 1, 2 und 3 m. w. N. 94) Es herrscht Einigkeit, dass es um die Leitung des Unternehmens geht, dessen Rechtsträger die Gesellschaft ist, näher Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rz. 5. 95) Fleischer, ZIP 2003, 1. 96) Hüffer/Koch, AktG, § 77 Rz. 18. 97) Vgl. dazu Kap. F. Rz. 986.

268

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III. Amtsphase

Eindeutig um Leitungsaufgaben handelt es sich, soweit der Vorstand98) aus- 984 drücklich als Träger bestimmter Pflichten angesprochen wird,99) so etwa in x

§ 83 (Vorbereitung und Ausführung von Hauptversammlungsbeschlüssen),100)

x

§ 90 (Berichte an den Aufsichtsrat),

x

§ 91 (Organisation und Buchführung),

x

§ 92 (Vorstandspflichten bei Verlust, Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit),

x

§ 110 Abs. 1 (Einberufung des Aufsichtsrats),

x

§ 118 Abs. 2 (Teilnahme an Hauptversammlung),

x

§ 121 Abs. 2 (Einberufung Hauptversammlung),

x

§ 124 Abs. 3 Satz 1 (Beschlussvorschläge für Hauptversammlung),

x

§ 170 (Vorlage von Jahresabschluss und Lagebericht an Aufsichtsrat),

x

§ 245 Nr. 4 (Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen).

Soweit eine solche ausdrückliche gesetzliche Zuteilung fehlt, weist die Rede da- 985 von, Leitung sei ein herausgehobener Teil der Geschäftsführung, allerdings nur die Richtung. Zum einen handelt es sich eben um Geschäftsführung,101) die sich zum anderen durch ihre besondere Bedeutung für das Unternehmen auszeichnet.102) Die an betriebswissenschaftlichen Erkenntnissen orientierte Bestimmung von Leitungsaufgaben wird insoweit typologisch vorgenommen;103) die Aufgabenbereiche, die für das Unternehmen von entsprechender besonderer Bedeutung sind, sind z. B. nach Kubis:104) x

Unternehmensplanung

x

Unternehmenskoordinierung

x

Unternehmenskontrolle

___________ 98) In diesem Zusammenhang ist oft die Rede vom Gesamtvorstand, womit betont wird, dass es um die Gesamtheit seiner Mitglieder geht. 99) Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rz. 19. 100) Vgl. dazu Kap. F. Rz. 1016 ff. 101) Vgl. dazu Kap. F. Rz. 972. 102) So hat der BGH die im Zusammenhang mit der Einberufung der Hauptversammlung stehende Aufgabe – in der Bekanntmachung der Tagesordnung zu jedem Tagesordnungspunkt Vorschläge zur Beschlussfassung zu machen (vgl. § 124 Abs. 3 Satz 1) – als den Gesamtvorstand treffende Pflicht, also Leitungsaufgabe, eingeordnet, und das in erster Linie mit der wegen ihres Informationscharakters für die Aktionäre besonderen Bedeutung dieser Maßnahme begründet, vgl. BGH, Urt. v. 12.11.2001 – II ZR 225/99, BGHZ 149, 158. 103) Etwa Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rz. 18. 104) Kubis, in: Semler/Peltzer/Kubis, Hdb. Vorstand, § 1 Rz. 179 ff.; so auch etwa Hüffer/ Koch, AktG, § 76 Rz. 9 m. w. N.

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F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

x

Führungsstellenbesetzung

x

Im Konzern: Konzernbestimmung105)

(b)

Eigenverantwortlichkeit

986 Dass der Vorstand das Unternehmen unter eigener Verantwortung zu leiten hat (vgl. § 76 Abs. 1), ist weniger Hinweis auf die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit seiner Mitglieder,106) sondern meint mehr, dass dem Vorstand ein weiter unternehmerischer Ermessenspielraum zusteht,107) innerhalb dessen er keinen Weisungen108) unterworfen ist, außer x

in der abhängigen Gesellschaft eines Vertragskonzerns (vgl. § 308 Abs. 2 Satz 1) oder

x

in der eingegliederten Gesellschaft (vgl. §§ 323 Abs. 1 Satz 2, 308 Abs. 2 Satz 1).109)

(aa) Ermessen 987 Leitung im unternehmerischen Bereich bedeutet typischerweise Ermessensausübung, was weniger der Fall ist, soweit es um das „rein organisatorische formale Funktionieren der Gesellschaft“ geht.110) Der Pflicht, die Gesellschaft zu leiten („hat …zu leiten“, vgl. § 76 Abs. 1), entspricht, soweit nicht klar umgrenzte Handlungspflichten bloß umzusetzen sind (sog. gebundene Entscheidungen), das mit „Leitungsermessen“ bezeichnete Recht, zwischen insoweit gegebenen verschiedenen Handlungsalternativen zu entscheiden. 988 Das Leitungsermessen des Vorstands ist zwar weit, aber nicht grenzenlos. Es ist von vornherein durch den Gesellschaftszweck und durch den – statutarisch wirksam bestimmten – Unternehmensgegenstand (vgl. § 23 Abs. 3 Nr. 2) begrenzt.111) Keinen Zweifeln kann unterliegen, dass der Vorstand den Bestand und die dauerhafte Rentabilität des Unternehmens zu gewährleisten hat;112) dagegen ist von jeher umstritten, ob seinem Handeln eine interessenpluralistische oder eine vorrangig dem Shareholder-Value verpflichtete Zielkonzeption ___________ 105) Wenn der Vorstand eines herrschenden Unternehmens beschließt, dieses und zumindest ein von diesem beherrschtes Unternehmen unter einheitliche Leitung zu stellen, fällt ihm damit auch die auf das beherrschte Unternehmen bezogene Leitung zu. 106) In verantwortlichkeitsrechtlicher Hinsicht spricht insbesondere § 93 Abs. 1 die Vorstandsmitglieder an – als diejenigen, die das Unternehmen de facto leiten. 107) Vgl. zu dessen Grenzen Kap. F. Rz. 988. 108) Davon zu unterscheiden sind die den Vorstandsmitgliedern für die Geschäftsführungsbefugnis zulässig auferlegten Beschränkungen (vgl. § 82 Abs. 2). 109) Vgl. Kap. F. Rz. 989 ff. 110) Richter, in: Semler/Peltzer/Kubis, Hdb. Vorstand, § 4 Rz. 26. 111) Vgl. dazu Kap. F. Rz. 956. 112) Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rz. 27 m. w. N.

270

Glock/Merkel

III. Amtsphase

zugrunde liegt.113) Nach der h. M. hat der Vorstand die Interessen der Aktionäre, Arbeitnehmer und Öffentlichkeit (sog. Shareholder) abzuwägen und auszugleichen, ohne dass denen der Aktionäre per se der Vorrang zukommt.114) (bb) Grundsätzliche Weisungsfreiheit Der Vorstand ist im Rahmen seiner Leitungskompetenz rechtlich niemandes 989 Weisung unterworfen, außer in der mittels eines Beherrschungsvertrags beherrschten Gesellschaft, in welcher der Vorstand verpflichtet ist, die Weisungen des herrschenden Unternehmens zu befolgen (vgl. § 308), ebenso in der eingegliederten Gesellschaft, in der das für die Weisungen der Hauptgesellschaft gilt (vgl. § 323). Das Weisungsrecht umfasst sowohl im Vertrags- als auch im Eingliederungskonzern den gesamten Bereich der Geschäftsführung (inklusive Leitung) und Vertretung.115) Solange die Weisungsfreiheit des Vorstands respektiert wird, sind Ansinnen 990 unbedenklich, Einfluss auf dessen Entscheidungen zu nehmen; im Bereich der übergeordneten Fragen der Unternehmensführung gehören solche vielmehr sogar zu den Aufgaben des Aufsichtsrats.116) Gesetzgeber und Rechtsprechung haben den Aufsichtsrat zunehmend an den Vorstand herangerückt;117) der Aufsichtsrat kontrolliert den Vorstand hinsichtlich seiner unternehmerischen Entscheidungen nicht mehr nur nachträglich, sondern berät und begleitet ihn kontrollierend. So soll dem Aufsichtsrat nach Ziffer 3.2 DCGK eine beratende Kontrolle zukommen, indem der Vorstand die strategische Ausrichtung des Unternehmens mit dem Aufsichtsrat abstimmt – nachdem er sie mit dem Aufsichtsrat entwickelt hat, vgl. Ziffer 4.1.2 DCGK – und mit ihm in regelmäßigen Abständen den Stand der Strategieumsetzung erörtert. Wie autonom der Vorstand das Unternehmen tatsächlich leitet, hängt davon ab, 991 wie stark Hauptversammlung und Aufsichtsrat sind, was mit der Verteilung des Aktienbesitzes und mit den in den Organen handelnden Personen zu tun hat. (c)

Unterbesetzer Vorstand

Dass Leitungsaufgaben stets vom Gesamtvorstand wahrzunehmen sind, wirft 992 die Frage auf, ob ein unterbesetzter Vorstand und damit die Gesellschaft noch handlungsunfähig ist. Dürfen dann die amtierenden Vorstandsmitglieder das Unternehmen leiten? ___________ 113) 114) 115) 116) 117)

Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rz. 22 ff. Hüffer/Koch, AktG, § 76 Rz. 28 ff. Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308 Rz. 38. BGH, Urt. v. 25.3.1991 – II ZR 188/89 im 1. Leitsatz. Siehe v. Werder/Lutter, in: Kremer/Bachmann/Lutter/v. Werder, DCGK, Rz. 507.

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271

F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

993 Der Bundesgerichtshof118) hat diese kontrovers diskutierte Frage für einen Fall beantwortet, in dem der Vorstand einer Gesellschaft mit einem Grundkapital von mehr als drei Mio. € (damals noch DM) nach der Satzung aus zwei Mitgliedern bestehen musste, im maßgeblichen Zeitpunkt aber nur noch aus einem Mitglied bestand, von dem die fraglichen Beschlussvorschläge stammten. Das Gericht hat den unterbesetzten Vorstand für insoweit handlungsunfähig und daher dessen Beschlussvorschläge (vgl. § 124 Abs. 3 Satz 1) für rechtswidrig erkannt. Es hat das mit § 76 Abs. 2 Satz 2 begründet, wonach die Gesellschaft angesichts der statutarischen Vorgabe zwingend einen zumindest zweiköpfigen Vorstand hätte haben müssen. 994 Erstens regelt § 76 Abs. 2 Satz 2 aber nicht die Rechtsfolge einer Unterbesetzung, sondern im Zusammenspiel mit der Satzung, die Mindestzahl der Vorstandsmitglieder. Zweitens kann bezweifelt werden, ob die grundsätzliche119) Versagung der Handlungsfähigkeit sachgerecht ist:120) Manche meinen, den Gesamtvorstand bildeten stets die amtierenden Vorstandsmitglieder, andere unterscheiden nach dem Gegenstand der Entscheidung: Bei Maßnahmen mit rechtsgeschäftlichem Charakter sei ein unterbesetzter Vorstand nicht mehr handlungsfähig, im Übrigen schon. (3)

Aufgabe: Vertretung

995 Der Vorstand vertritt die Gesellschaft nach außen „gerichtlich und außergerichtlich“, und zwar aktiv121) wie passiv122) (vgl. § 78 Abs. 1); ihm ist dementsprechend umfassende Vertretungsmacht eingeräumt. Vertretungshandeln der Vorstandsmitglieder wird der Gesellschaft als eigenes Handeln zugerechnet.123) Die Zurechnung erfolgt nach Maßgabe des Vertretungsrechts der §§ 164 ff. BGB.124) Die Rechtsfolgen des Vorstandshandels treten mit Wirkung unmittelbar für und gegen die Gesellschaft ein, wenn es in ihrem Namen125) und im Rahmen bestehender Vertretungsmacht erfolgt, was wegen der unbeschränkbaren Vertretungsmacht126) des Vorstands (vgl. 82 Abs. 1) i. d. R. der Fall sein wird.

___________ 118) 119) 120) 121) 122) 123) 124) 125)

BGH, Urt. v. 12.11.2001 – II ZR 225/99, ZIP 2002, 172 – 174. BGH, Urt. v. 25.3.1991 – II ZR 188/89, vgl. 2. Leitsatz. Vgl. für den Streitstand Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rz. 115 ff. Das heißt bei der Abgabe von Willenserklärungen. Das heißt bei der Entgegennahme von Willenserklärungen. Hüffer/Koch, AktG, § 78 Rz. 3. Hüffer/Koch, AktG, § 78 Rz. 9. Das wird nach § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB oft (was schon § 80 [Angaben auf Geschäftsbriefen] forciert) nicht ausdrücklich geschehen müssen, sondern sich aus den Umständen ergeben. 126) Zu den Ausnahmen, vgl. Hüffer/Koch, AktG, § 78 Rz. 8 ff.

272

Glock/Merkel

III. Amtsphase

(a)

Reichweite der Vertretungsmacht

Die Vertretungsmacht des Vorstands ist zwar umfassend (vgl. §§ 78 Abs. 1 996 Satz 1, 82 Abs. 1), aber nicht grenzenlos. Keine Vertretungsmacht hat der Vorstand, soweit das AktG ein anderes Organ mit der Vertretung betraut. So vertritt der Aufsichtsrat die Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern (vgl. § 112). Das AktG sieht zudem Fälle vor, in denen die Vertretungsmacht zwischen dem Vorstand und einem anderen Organ gewissermaßen aufgeteilt ist: Hier kann der Vorstand die Gesellschaft nur gemeinsam mit dem Aufsichtsrat vertreten,127) z. B. § 246 Abs. 2 Satz 2 (Anfechtungsklage gegen die Gesellschaft), § 249 Abs. 1 Satz 1 (Nichtigkeitsklage), § 253 Abs. 2 (Nichtigkeit des Beschlusses über die Bilanzgewinnverwendung), § 254 Abs. 2 Satz 1 (Anfechtung des Beschlusses über die Bilanzgewinnverwendung) oder nur, wenn die Hauptversammlung zugestimmt hat: x

Verzicht auf Ersatzansprüche (vgl. §§ 50 Satz 1, 53 Satz 1, 93 Abs. 4 Satz 3, 116 Satz 1, 117 Abs. 4, 309 Abs. 3 Satz 1, 310 Abs. 4, 317 Abs. 4, 318 Abs. 4)

x

Nachgründung (vgl. § 52 Abs. 1 Satz 1)

x

Übertragung des gesamten Gesellschaftsvermögens (vgl. § 179a Abs. 1 Satz 1)

x

Abschluss/Änderung von Unternehmensverträgen (vgl. §§ 293 Abs. 1 Satz 1, 295 Abs. 1 Satz 1)

x

Eingliederung (vgl. § 319 Abs. 2 Satz 1)

x

Umwandlungen (für Verschmelzungsvertrag, vgl. § 13 Abs. 1 Satz 1 UmwG, für Spaltung, vgl. §§ 125 Satz 1, 13 Abs. 1 Satz 1 UmwG)

Fehlt die Zustimmung, ist ein gleichwohl vorgenommenes Handeln des Vor- 997 stands schwebend unwirksam, bis es von der Hauptversammlung genehmigt oder die Genehmigung von ihr verweigert wird; im ersten Fall wird es wirksam, im zweiten final unwirksam.128) Die Fälle ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten („Holzmüller“-129) 998 und „Gelatine“-130) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs131) betreffen nicht die Vertretung, sondern die von der der Zustimmung der Hauptversammlung abhängige Befugnis zur Geschäftsführung, also das Innenverhältnis: Der Vorstand kann ein zustimmungspflichtiges Geschäft mit Wirkung für die Gesellschaft vornehmen, darf es aber nicht; den Vorstandsmitgliedern droht bei Miss___________ 127) Sog. Doppelvertretung, wo die Organe gesondert beschließen, aber letztlich eine Übereinstimmung bestehen muss. 128) Dies und das Weitere folgt dann aus §§ 177 ff. BGB. 129) BGH, Urt. v. 25.2.1982 – II ZR 174/80, ZIP 1982, 568 – 575. 130) BGH, Urt. v. 26.4.2004 – II ZR 155/02, ZIP 2004, 993 – 999. 131) Vgl. etwa die Darstellung bei Hoffmann, in: Spindler/Stilz, AktG, § 119 Rz. 21 ff.

Glock/Merkel

273

F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

achtung – bei Vorliegen der jeweiligen weiteren Voraussetzungen – ihre Abberufung, Vertragskündigung und Inanspruchnahme auf Schadensersatz. (b)

Prinzip der Gesamtvertretung – Gestaltungsmöglichkeiten

999 Außer bei Passivvertretung (vgl. § 78 Abs. 2 Satz 2) und beim Antragsrecht nach § 15a Abs. 1 InsO132) gilt Gesamtvertretung, wenn davon nicht per Satzung oder durch den statutarisch dazu ermächtigten Aufsichtsrat (vgl. § 78 Abs. 3 Satz 2) abgewichen wird (vgl. § 78 Abs. 2 Satz 1). 1000 Dass alle Vorstandsmitglieder nur gemeinsam zur Vertretung berechtigt sind, erweist sich i. d. R. als wenig praktisch und führt bei mehrköpfigem Vorstand, wenn nur ein Vorstandsmitglied vorübergehend verhindert ist, dazu, dass die Gesellschaft nicht wirksam vertreten werden kann.133) 1001 § 78 Abs. 3 Satz 1 nennt die Einzelvertretung und sog. unechte Gesamtvertretung, bei der ein Vorstandsmitglied mit einem Prokuristen auftritt, beispielhaft dafür, wodurch die Gesamtvertretung ersetzt werden kann.134) Nach § 78 Abs. 4 Satz 1 können gesamtvertretungsberechtigte Vorstandsmitglieder einzelne von ihnen zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder bestimmter Arten von Geschäften ermächtigen; das gilt sinngemäß, wenn ein einzelnes Vorstandsmitglied in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung der Gesellschaft befugt ist. (c)

Wissenszurechnung

1002 Nicht selten kommt es auf die Kenntnis bzw. das Kennenmüssen135) bestimmter Umstände an (z. B. bei § 932 BGB (gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten), § 15 HGB (Publizität des Handelsregisters), wofür auf den Kenntnishorizont der handelnden Personen abgestellt werden muss. 1003 Umstritten ist, wonach eine Zurechnung stattfindet: Ob auf der Grundlage des § 166 BGB (regelt die Wissenszurechnung bei der Vertretung) oder auf der des § 31 BGB (regelt die Haftung des Vereins für seine Organe). Für die Praxis ist die „Zurechnungs“-Rechtsprechung des Bundesgerichthofs maßgeblich. Entgegen seiner früheren Linie rechnet er das Wissen der Organpersonen der Gesellschaft nicht mehr notwendig zu, denn im Zentrum seiner Erwägungen steht inzwischen die Annahme, dass der Rechtsverkehr davon ausgehen können muss, dass die durch Arbeitsteilung bedingte „Wissensaufspaltung“ in einer Organisation durch ___________ 132) Jedes Vorstandsmitglied kann für die Gesellschaft einen Insolvenzantrag stellen, vertritt diese dann insofern allein. 133) Hüffer/Koch, AktG, § 78 Rz. 11 m. w. N. 134) Für weitere Gestaltungsmöglichkeiten siehe etwa Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 78 Rz. 33 ff. 135) Unkenntnis infolge fahrlässiger Nicht-zur-Kenntnisnahme (vgl. § 122 Abs. 2 BGB).

274

Glock/Merkel

III. Amtsphase

eine entsprechend organisierte interne Kommunikation überwunden wird. Für jede Organisationsform besteht daher die Pflicht, für eine „ordnungsgemäße gesellschaftsinterne Kommunikation“ zu sorgen.136) Auf der Ebene der „konkret Wissenden“ konkretisiert sie sich zu x

einer Informationsweiterleitungs- und

x

einer Informationsabfragepflicht.

Eine Zurechnung findet statt, wenn eine dieser Pflichten verletzt wird. Dieser 1004 Ansatz gilt, da eine Wissensaufspaltung auf allen Unternehmensebenen zu besorgen ist, für alle Unternehmensebenen, auch den Vorstand.137) Die Informationsweiterleitungspflicht greift, wenn im Unternehmen Wissen 1005 entsteht, das für andere im Unternehmen erkennbar relevant ist. Die Gesellschaft ist, falls solches Wissen nicht weitergeleitet wird, bis es dort anlangt, wo es darauf erkennbar ankommt, infolge dann platzgreifender Zurechnung zu behandeln, als wäre es dort vorhanden gewesen.138) Die Informationsabfragepflicht verlangt, dass ggf. nach erkennbar anderswo innerhalb der Organisation vorhandenen und für den eigenen Bereich wesentlichen Informationen nachgefragt wird.139) (4)

Überwachungsaufgabe

Der Vorstand hat die Aufgabe, zu überwachen, was im und außerhalb des Un- 1006 ternehmens geschieht, soweit davon erhebliche Wirkungen auf das Unternehmen ausgehen können; andernfalls er nicht wohlerwogen für die Gesellschaft „handeln“ kann. Die Aufgabe ist ihrer Bedeutung entsprechend als originäre Führungsfunktion (Unternehmenskontrolle)140) eine dem (Gesamt)Vorstand vorbehaltene Leitungsaufgabe.141) Für das Vorstandsmitglied stellt sie eine Kernpflicht dar,142) deren Verletzung – unter den weiteren Voraussetzungen – zu einer Schadensersatzpflicht gegenüber der Gesellschaft führt. Die Überwachungsaufgabe ist bei auf das Unternehmen bezogener Betrach- 1007 tung143) die Konsequenz einer horizontal im Vorstand144) wie vertikal auf nach___________ 136) 137) 138) 139) 140) 141) 142) 143)

BGH, Urt. v. 2.2.1996 – V ZR 239/94 unter II. C. 2. a. im letzten Absatz. So die h. L., vgl. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 78 Rz. 55 m. w. N. BGH, Urt. v. 2.2.1996, VZR 239/94, unter II. C. 2. a) der Entscheidungsgründe. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 78 Rz. 54. Vgl. zu diesen Funktionen Kap. F. Rz. 985. Kubis, in: Semler/Peltzer/Kubis, Hdb. Vorstand, § 1 Rz. 263. Pelz, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler, Corporate Compliance, § 5 Rz. 41. Der Vorstand muss daneben auch den Markt, das finanzielle und sonst unternehmensrelevante Umfeld beobachten, vgl. Kubis, in: Semler/Peltzer/Kubis, Hdb. Vorstand, § 1 Rz. 268. 144) Siehe Kap. F. Rz. 1008 ff.

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275

F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

geordneter Unternehmensebene in aller Regel vollzogenen Arbeitsteilung,145) die den originär allzuständigen Vorstand146) angesichts der vielfältigen und komplexen Anforderungen des Wirtschaftslebens notwendigerweise entlastet, aber nie von jeder Verantwortung befreit. (a)

Horizontale Arbeitsteilung

1008 § 77 Abs. 1 Satz 2 eröffnet dem Satzungs- oder Vorstands-Geschäftsordnungsgeber, vom i. d. R. zumindest wenig praktikablen Grundsatz der Gesamtgeschäftsführung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1) abzuweichen, also davon, dass der Vorstand keine Geschäftsführungsmaßnahme treffen darf (Ausnahmen: Einberufung der Hauptversammlung, vgl. § 121 Abs. 2 Satz 1 und bei Gefahr im Verzug,147) der nicht alle seine Mitglieder zugestimmt haben.148) Darüber hinaus kann z. B. einzelnen Vorstandsmitgliedern für einen oder mehrere bestimmte Bereiche Einzelgeschäftsführungsbefugnis eingeräumt werden.149) Bereiche können z. B. nach Sparten, Regionen oder Funktionen zugeschnitten werden. Innerhalb eines Ressorts darf und muss dasjenige Vorstandsmitglied, dem es zugewiesen ist, die anfallenden Aufgaben selbstständig wahrnehmen,150) außer x

es handelt sich um eine – stets dem Gesamtvorstand vorbehaltene – Leitungsentscheidung,

x

ein anderweit vergebenes Ressort ist unmittelbar betroffen,

x

es handelt sich um ein Geschäft, auf das die mit der Ressortzuteilung einhergehende Einzelgeschäftsführungsbefugnis sich nicht erstreckt (ausdrücklich vorbehaltene Geschäfte).

1009 Andererseits ist das Vorstandsmitglied – mit den vorstehenden Ausnahmen – von der Geschäftsführung in den Ressorts ausgeschlossen, die anderweit vergeben sind.151) Das geht aber nie so weit, dass es sich um das, was im „fremden“ Ressort geschieht, gar nicht mehr zu kümmern hätte. 1010 Der – aus mehreren Mitgliedern bestehende – Vorstand hat die Pflicht der Selbstkontrolle.152) Diese ergibt sich aus dem Grundsatz der Gesamtverantwortung, wonach jedes Vorstandsmitglied für die „Geschäftsleitung im Ganzen“ ___________ 145) Siehe Kap. F. Rz. 1012. 146) BGH, Urt. v. 15.10.1996 – VI ZR 319/95 unter II. 2. b) der Entscheidungsgründe (für einen GmbH-Geschäftsführer). 147) Dann sind nach h. M. § 115 Abs. 2 HGB und § 744 Abs. 2 BGB entsprechend anwendbar, vgl. nur Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 77 Rz. 9 m. w. N. 148) Siehe hierzu Kap. F. Rz. 978. 149) Es gibt zahlreiche Kombinations- und Gestaltungsmöglichkeiten, vgl. etwa Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 77 Rz. 11 ff. 150) Richter, in: Semler/Peltzer/Kubis, Hdb. Vorstand, § 5 Rz. 22. 151) Richter, in: Semler/Peltzer/Kubis, Hdb. Vorstand, § 5 Rz. 78. 152) Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 8 Rz. 10.

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III. Amtsphase

verantwortlich ist.153) Bei einer Geschäftsverteilung im Vorstand, wenn also nicht mehr alle Vorstandsmitglieder gemeinsam für alles zuständig sind, gilt das folgende, die bleibende Restverantwortung ausdrückende Pflichtenprogramm: Die Vorstandsmitglieder haben sich über die Tätigkeit ihrer Vorstandskollegen in den aus ihrer Sicht fremden Ressorts, zunächst laufend informiert zu halten; es trifft sie die Pflicht zur Überwachung und Kontrolle der Vorstandskollegen.154) Für einen reibungslosen und angemessenen Informationsfluss ist Sorge zu tragen, ohne den diese Pflicht leerlaufen müsste.155) Ihr wird i. d. R bereits genügt,156) indem die Vorstandsmitglieder die Tätigkeit der Kollegen und Vorkommnisse in den fremden Ressorts in den Vorstandssitzungen verfolgen.157) Jedes Vorstandsmitglied hat von sich aus über hinreichend erhebliche Angelegenheiten seines Ressorts zu berichten, umgekehrt bestehen Auskunftsansprüche.158) Werden Umstände erkennbar, die an der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung berechtigt zweifeln lassen, ist eine Klärung herbeizuführen: Beim ressortleitenden Kollegen ist nachzufragen, der Auskunft geben muss. Die Angelegenheit ist ggf. dem Gesamtvorstand vorzutragen,159) der betreffenden Maßnahme zu widersprechen, notfalls ist der Aufsichtsrat zu informieren.160) Gegen eine Intervention mag zwar das Interesse an einer vertrauensvollen Zusammenarbeit stehen; je erheblicher die Angelegenheit und umso größer die Verdachtsmomente, desto deutlicher muss es aber zurückstehen und desto eher besteht eine Pflicht zu entsprechendem Eingreifen. Die Intensität, mit der die Kollegen zu überwachen sind, hängt von den kon- 1011 kreten Umständen und der danach gebotenen Sorgfalt ab; es kommt insbesondere an auf die Art, Größe und Organisation des Unternehmens, die Gefährlichkeit der Angelegenheit (deren Bedeutung und Fehleranfälligkeit) und das Maß, in dem das Vorstandsmitglied angesichts seiner Fähigkeiten und Kenntnisse die Gewähr bietet, die ihm übertragene Aufgabe ordnungsgemäß wahrzunehmen.161) Die Anforderungen sind nicht zu überspannen.162) Sonst würde der mit der Ressortverteilung zulässig erstrebte Entlastungseffekt ausgehöhlt und ggf. einer Misstrauenskultur Vorschub geleistet, die für ein kollegiales Zusammenwirken unter Anerkennung der jeweiligen Ressortkompetenzen nicht för___________ 153) 154) 155) 156) 157) 158) 159) 160) 161) 162)

Etwa BGH, Urt. v. 15.10.1996 – VI ZR 319/95, BGHZ 133, 370, 376 f. Richter, in: Semler/Peltzer/Kubis, Hdb. Vorstand, § 4 Rz. 91. Etwa Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 77 Rz. 18. Vgl. auch Kap. F. Rz. 1011. Hüffer/Koch, AktG, § 77 Rz. 15. MünchGesR-Wiesner, AG, § 22 Rz. 25. Richter, in: Semler/Peltzer/Kubis, Hdb. Vorstand, § 5 Rz. 51. Hüffer/Koch, AktG, § 77 Rz. 15 a. Näher Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 77 Rz. 50 ff. Hüffer/Koch, AktG, § 77 Rz. 15a.

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F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

derlich wäre.163) Soweit ein angemessener Informationsfluss institutionalisiert ist, dürfen die Vorstandsmitglieder grundsätzlich – solange keine gegenteiligen Hinweise zu ihnen dringen – darauf vertrauen, dass die Kollegen, „ihre“ Geschäfte ordnungsgemäß führen.164) (b)

Vertikale Arbeitsteilung

1012 Das Vorstandsmitglied darf in seinem Ressort anfallende Aufgaben grundsätzlich delegieren.165) Jeder Delegatar ist sorgfältig auszuwählen, zu instruieren und zu überwachen.166) Die Intensität, mit der das zu erfolgen hat, hängt wieder von den konkreten Umständen ab. Allerdings sind die Anforderungen hier, wo es um die Delegation an nachgeordnete Mitarbeiter geht, strenger als bei horizontaler Arbeitsteilung unter Gleichgeordneten.167) (5)

Einzelaufgaben

1013 Der AktG hebt einzelne Aufgaben hervor, indem es sie einzeln regelt. Davon werden hier diejenigen kurz dargestellt, die einen unmittelbaren Hauptversammlungsbezug aufweisen; wovon die mit „Krisenbezug“ gesondert betrachtet werden.168) (a)

Einberufung der Hauptversammlung (§ 121 Abs. 2 Satz 1 AktG)

1014 Der Vorstand beruft die Hauptversammlung ein, und zwar außer in den durch Gesetz oder Satzung bestimmten Fällen dann, wenn das Wohl der Gesellschaft es erfordert; es genügt ein mit einfacher Mehrheit gefasster Beschluss (vgl. § 121 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1); zur Einberufung ist er bei Vorliegen eines Einberufungsgrundes ebenso berechtigt wie verpflichtet;169) für das zu beachtende Verfahren.170) Im Übrigen kann die Hauptversammlung von in den durch Gesetz oder Satzung bestimmten Personen einberufen werden (vgl. § 121 Abs. 2 Satz 2), etwa vom Aufsichtsrat nach § 111 Abs. 3 dann, wenn das Wohl der Gesellschaft es erfordert. ___________ 163) Richter, in: Semler/Peltzer/Kubis, Hdb. Vorstand, § 5 Rz. 51. 164) Schmidt-Husson, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler, Corporate Compliance, § 6 Rz. 13 f. 165) Leitungsaufgaben, für die kennzeichnend ist, dass sie exklusiv dem Gesamtvorstand zugewiesen sind, können nicht geteilt, also schon nicht einem Geschäftsbereich zugeschlagen werden, vgl. Schmidt-Husson, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler, Corporate Compliance, § 6 Rz. 15 m. w. N. 166) Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 100 ff. 167) Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 77 Rz. 49. 168) Vgl. dazu Kap. F. Rz. 1049 ff. 169) Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 121 Rz. 5. 170) Siehe Kap. C. Rz. 80 ff.

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III. Amtsphase

§ 122 berechtigt Aktionäre, die zumindest 5 % des Grundkapitals vereinen, die 1015 Einberufung vom Vorstand zu verlangen; erfüllt ihr entsprechender Antrag die gesetzlichen bzw. statutarischen Erfordernisse, ist jener verpflichtet, die Hauptversammlung unverzüglich einzuberufen.171) (b)

Vorbereitung und Ausführung von Hauptversammlungsbeschlüssen (§ 83 AktG)

Wenn die Hauptversammlung es verlangt, hat der Vorstand Maßnahmen, die in 1016 ihre Zuständigkeit fallen (vgl. § 83 Abs. 1 Satz 1), und Verträge vorzubereiten, die nur mit ihrer Zustimmung wirksam werden; solche hat er auf deren Verlangen auch abzuschließen (vgl. § 83 Abs. 1 Satz 2). Der Vorstand ist derart nur verpflichtet, wenn das Verlangen der Hauptversammlung in einem mit der jeweils erforderlichen Mehrheit gefassten Beschluss Ausdruck findet (vgl. § 83 Abs. 1 Satz 3). Die Hauptversammlungszuständigkeiten172) sind, soweit nicht in § 119 Abs. 1 1017 Nr. 1 bis 8 genannt, im AktG verstreut, einige finden sich im UmwG; die Hauptversammlung ist auch zuständig für unter die „Holzmüller173)/Gelatine“174)Rechtsprechung175) des Bundesgerichtshofs fallende Maßnahmen176) und für Fragen der Geschäftsführung (nur), wenn der Vorstand insoweit eine Entscheidung von ihr verlangt (vgl. § 119 Abs. 2). Im Übrigen sind – im Rahmen des durch § 23 Abs. 5 (sog. Satzungsstrenge) Zulässigen – Zuweisungen der Satzung zu beachten. Hat die Hauptversammlung im Rahmen ihrer Zuständigkeit eine (ausführungs- 1018 bedürftige) Maßnahme gesetzmäßig beschlossen,177) hat der Vorstand sie zudem auszuführen bzw. zu unterlassen, wenn das Beschlussinhalt ist (vgl. § 83 Abs. 2). Nicht gesetzmäßig sind nichtige und anfechtbare Beschlüsse; solche muss und darf der Vorstand nicht ausführen (str.).178) (c)

Berichtspflichten

Der Vorstand ist der Hauptversammlung insbesondere berichtspflichtig nach 1019 § 179a Abs. 2 Satz 5 (Erläuterung des Vertrags, durch den die Gesellschaft sich zur Übertragung des ganzen Gesellschaftsvermögens verpflichtet), § 186 Abs. 4 ___________ 171) 172) 173) 174) 175) 176) 177) 178)

Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 122 Rz. 27. Aufzählung bei Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 83 Rz. 4. BGHZ 83, 122 ff. BGHZ 158, 30 ff. Vgl. dazu III. 1. a. bb. (1)(a) a. E. der Entscheidungsgründe. Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 83 Rz. 4. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 83 Rz. 9 f. H. M. vgl. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 83 Rz. 9 f.

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F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

(Bericht über den Grund für den Ausschluss des Bezugsrechts bzgl. neuer Aktien), § 203 Abs. 2 (Bericht wie gemäß § 186 Abs. 4, wenn Vorstand zum Bezugsrechtsausschluss ermächtigt ist), § 293a (Bericht über den Unternehmensvertrag) und § 319 Abs. 3 (Eingliederungsbericht). cc)

Verhaltensanforderungen an die Vorstandsmitglieder

1020 Im Anschluss an die Darstellung der dem Vorstand gestellten Aufgaben, werden nun die das Verhalten der sie wahrnehmenden Vorstandsmitglieder steuernden Pflichten (Verhaltensanforderungen) betrachtet. (1)

Sorgfaltspflicht

1021 § 93 Abs. 1 Satz 1 bestimmt, dass die Vorstandsmitglieder „bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden“ haben. Darin liegt zum einen der für Vorstandsmitglieder geltende Verschuldensmaßstab: Ein Vorstandsmitglied, das diese Sorgfalt nicht anwendet, verhält sich schuldhaft.179) Zum anderen liegt darin nach h. M. zugleich die generalklauselartige Umschreibung der den Vorstandsmitgliedern gestellten allgemeinen Verhaltenspflichten;180) die Vorschrift erfüllt damit eine Doppelfunktion.181) Soweit es darum geht, was das Vorstandsmitglied in einer Situation konkret zu tun bzw. zu lassen hat, kommt es auf die Vorschrift in ihrer Funktion als Pflichtenquelle insofern an, als daraus – soweit keine speziellere Regelung eingreift (z. B. §§ 93 Abs. 3, 80, 81, 83, 88, 90, 92) – Einzelpflichten durch Konkretisierung abzuleiten sind.182) (a)

Legalitätspflicht

1022 Oberste Sorgfaltspflicht der Vorstandsmitglieder ist, die Gesetze zu beachten, allen voran das AktG sowie die Satzung und Geschäftsordnung.183) Sie haben darüber hinaus alle Rechtsnormen zu beachten, denen die Gesellschaft, die durch ihr Handeln am Rechtsverkehr teilnimmt, unterworfen ist;184) anerkannte Grundsätze der Geschäftsmoral zählen allenfalls mittelbar insofern dazu, als deren Nichtbeachtung dem Gesellschaftsinteresse zuwiderlaufen kann.185)

___________ 179) 180) 181) 182) 183) 184) 185)

280

Vgl. dazu Kap. F. Rz. 1118 f. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 10. Nur etwa Krieger/Sailer-Coceani, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 93 Rz. 6. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 10 m. w. N. Bürger/Israel, in: Bürgers/Körber, AktG, § 93 Rz. 7. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 23. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 25.

Glock/Merkel

III. Amtsphase

(b)

Überwachungspflicht

Die Vorstandsmitglieder haben mittels angemessener Kontrolle dafür Sorge zu 1023 tragen, dass die Gesellschaft sich, einerlei durch wen sie handelt, gesetzestreu verhält.186) (c)

Sorgfältige Unternehmensführung

Die Vorstandsmitglieder sind über die Gesetzeseinhaltung (Legalitätspflicht)187) 1024 und Überwachung188) hinaus zu sorgfältiger Unternehmensführung verpflichtet. Sie haben die Geschäfte stets so zu führen, wie es ein dem Amt gewachsener gewissenhafter Geschäftsleiter eines Unternehmens vergleichbarer Art und Größe in der konkreten Situation tun würde.189) Abgesehen von etwa im Anstellungsvertrag enthaltenen Vorgaben, gehören hier auch gesicherte betriebswirtschaftliche Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmensführung her; die die Sorgfaltsanforderungen konkretisieren können,190) Umstritten ist, ob die Regelungen des Deutschen Corporate Governance Kodex die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder konkretisieren können. Die besseren Argumente sprechen angesichts der Möglichkeit von Vorstand und Aufsichtsrat, von den Kodex-Regelungen abzuweichen (vgl. § 161), dafür, den Kodex-Regelungen eine solche Funktion abzusprechen.191) (d)

Business-Judgement-Rule des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG

Im Bereich unternehmerischer Entscheidungen gewinnt das Pflichtenprogramm 1025 der Vorstandsmitglieder schließlich durch die sog. Business-Judgement-Rule des § 93 Abs. 1 Satz 2 (negativ) an Kontur, und zwar in dem Maß, in dem sie jenen einen unternehmerischen Gestaltungsspielraum eröffnet; die Vorschrift geht auf die prominente „ARAG/Garmenbeck“-Entscheidung des Bundesgerichtshofs192) zurück. Danach liegt keine Pflichtverletzung vor, wenn das Vorstandsmitglied x

bei einer unternehmerischen Entscheidung193)

___________ 186) Zur vorstandsinternen Selbstkontroll- und Überwachungspflicht bei horizontaler Delegation vgl. Kap. F. Rz. 1008 ff. bzw. bei vertikaler Delegation Rz. 1012. 187) Vgl. Kap. F. Rz. 1022. 188) Vgl. Kap. F. Rz. 1023. 189) Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 41. 190) Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 50 m. w. N. 191) Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 46; anders aber für die Vorstandsmitglieder, die ihr Anstellungsvertrag jeweils auf die Kodex-Bestimmungen verpflichtet, vgl. Kap. F. Rz. 965. 192) BGH, Urt. v. 21.4.1997 – II ZR 175/95, ZIP 1997, 883 ff. 193) Siehe Kap. F. Rz. 1027 f.

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281

F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

x

vernünftigerweise annehmen durfte,194) –

auf der Grundlage angemessener Informationen195)



zum Wohl der Gesellschaft zu handeln.196)

1026 Diesen ausdrücklichen Voraussetzungen werden hinzugefügt: Kein übergroßes Risiko197) und Freiheit von Interessenkonflikten.198) Unter diesen Voraussetzungen bewegt ein Vorstandsmitglied sich in einem sog. „Safe-Harbour“.199) Der Umkehrschluss, bei Fehlen einer der vorgenannten Voraussetzungen liegt eine Pflichtverletzung vor, lässt sich indessen nicht ziehen.200) (aa) Unternehmerische Entscheidung 1027 Einen „Safe-Harbour“ kann es nur in dem durch die Ausübung von Ermessen geprägten Bereich bewusst getroffener unternehmerischer Entscheidungen geben. Der Bundesgerichtshof201): „[…] dem Vorstand [muss] bei der Leitung der Geschäfte des Gesellschaftsunternehmens ein weiter Handlungsspielraum zugebilligt werden [muss], ohne den eine unternehmerische Tätigkeit schlechterdings nicht denkbar ist. Dazu gehört neben dem bewussten Eingehen geschäftlicher Risiken grundsätzlich auch die Gefahr von Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen, der jeder Unternehmensleiter, mag er auch noch so verantwortungsbewusst handeln, ausgesetzt ist.“ 1028 Innerhalb dieses Handlungsspielraums geht es um unternehmerische Entscheidungen, bei denen die – keiner Erfolgshaftung unterliegenden – Vorstandsmitglieder des Schutzes vor Inhaftungnahme bedürfen; das nur glücklose Vorstandsmitglied haftet nicht.202) Immer dann, wenn das Verhalten des Vorstandsmitglieds dagegen durch rechtlich zwingende, keinen Beurteilungsspielraum belassende Vorgaben determiniert ist (sog. gebundene Entscheidungen), ist von vornherein kein Raum für einen „Safe-Harbour“.

___________ 194) 195) 196) 197) 198) 199) 200) 201) 202)

282

Siehe Kap. F. Rz. 1029. Siehe Kap. F. Rz. 1030. Siehe Kap. F. Rz. 1031. Siehe dazu Kap. F. Rz. 1031. Das Vorstandsmitglied muss sachlich unbefangen sein, was nicht der Fall ist, wenn es in einem Interessenkonflikt steht, vgl. Hüffer/Koch, AktG, § 93 Rz. 25. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 65. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 65 m. w. N. In der wegbereitenden „ARAG“-Entscheidung des BGH, Urt. v. 21.4.1997 – II ZR 175/95 unter II. 2. b) aa) der Entscheidungsgründe. Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, Rz. 186.

Glock/Merkel

III. Amtsphase

(bb) Vernünftigerweises „Annehmendürfen“ Bei unternehmerischen Entscheidungen hängt die Frage, ob die Vorstandsmit- 1029 glieder sich pflichtgemäß oder pflichtwidrig verhalten, davon ab, ob sie nach den im Entscheidungszeitpunkt gegebenen Umständen vernünftigerweise annehmen dürfen, dass die im Folgenden behandelten Voraussetzungen203) vorliegen (nur wenn ja: keine Pflichtverletzung). Solche Gutgläubigkeit setzt voraus, dass das Vorstandsmitglied meint, es handle korrekt,204) nämlich auf angemessener Informationsgrundlage und zum Gesellschaftswohl, was sich darüber hinaus als – objektiv – zumindest noch nachvollziehbar erweisen muss.205) (Į)

Handeln auf angemessener Informationsgrundlage

Zunächst muss das Vorstandsmitglied in vorstehendem Sinn annehmen dürfen, 1030 auf angemessener Informationsgrundlage zu handeln. Die Frage lautet: Hat das Vorstandsmitglied die Entscheidungsgrundlagen – aus Ex-ante-Sicht206) – sorgfältig, d. h. der konkreten Situation angemessen ermittelt?207) Die Antwort darauf hängt u. a. von der Art und Bedeutung der Entscheidung, dem Zeitfaktor und davon ab, wie gut Informationen verfügbar sind,208) und muss stets im Einzelfall gegeben werden. (ȕ)

Handeln zum Gesellschaftswohl

Weiter muss das Vorstandsmitglied im dargestellten Sinn annehmen dürfen, 1031 zum Wohl der Gesellschaft zu handeln. Das Vorstandsmitglied hat sich bei allem, was es unternimmt oder im Sinn einer Auswahlentscheidung bewusst unterlässt,209) von dem Interesse langfristiger Rentabilität und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens leiten zu lassen.210) Es ist eine Geschmacksfrage, ob Entscheidungen, die ein übergroßes Risiko bergen, als von vornherein mit dem Gesellschaftswohl unvereinbar aufgefasst oder herausgegriffen und als eigene (Negativ-)Voraussetzung „Kein übergroßes Risiko“ formuliert werden.211)

___________ 203) 204) 205) 206) 207) 208) 209) 210) 211)

Siehe Kap. F. Rz. 1030 und 1031. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 71. Hüffer/Koch, AktG, § 93 Rz. 23. Das heißt angesichts der bei Vornahme der Entscheidung gegebenen Umstände; nachträglich gewonnene Erkenntnisse werden nicht berücksichtigt, denn hinterher ist man immer klüger. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 70. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 70. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 73. Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, AktG, § 93 Rz. 15. Vgl. Kap. F. Rz. 1026.

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283

F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

(2)

Treuepflicht

1032 Von den vorstehend behandelten Sorgfaltspflichten zu unterscheiden, sind die organschaftlichen Treuepflichten, denen die Vorstandsmitglieder unterliegen; sie erfasst § 93 Abs. 1 Satz 2 (Business-Judgement-Rule)212) nicht.213) (a)

Allgemeines

1033 Die Vorstandsmitglieder werden als oder wie Treuhänder214) für die Gesellschaft tätig, deren Vermögen ihnen zum Umgang anvertraut ist.215) Sie sind ihr – nicht etwa den Aktionären – daher zu loyalem Verhalten verpflichtet.216) Sie haben daher bei allen das Interesse der Gesellschaft betreffenden Angelegenheiten nur deren Wohl zu verfolgen, weder ein eigenes noch ein Drittinteresse.217) 1034 Es geht um die Pflicht der Vorstandsmitglieder, der Gesellschaft keine in ihren Geschäftskreis fallenden Geschäftschancen vorzuenthalten,218) ferner um die Pflichten, keine unangemessenen, einem Drittvergleich nicht standhaltenden Eigengeschäfte219) (wäre das Geschäft auch mit einem externen Dritten so geschlossen worden?220) mit der Gesellschaft vorzunehmen, nicht unerlaubt Mittel der Gesellschaft in Anspruch zu nehmen.221) Schließlich dürfen Vorstandsmitglieder ihre Stellung nicht ausnutzen, Vorteile von Dritten für sich oder andere Dritte zu fordern oder anzunehmen.222) Von diesen Pflichten soll nur die sog. Geschäftschancenlehre kurz näher betrachtet werden. Danach fällt eine Geschäftschance jedenfalls dann in den Geschäftskreis der Gesellschaft und ist damit für diese nicht zum eigenen Vorteil wahrzunehmen, wenn das Geschäft im Bereich des statutarischen Unternehmensgegenstands oder des ggf. weitergehenden Tätigkeitsbereichs liegt.223) Sonst kommt es darauf an, ob das Geschäft erkennbar von Vorteil für die Gesellschaft wäre.224) Für das Eingreifen der Treuebindung spielt es nach der Rechtsprechung grundsätzlich keine Rolle,

___________ 212) 213) 214) 215) 216) 217) 218) 219) 220) 221) 222) 223) 224)

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Vgl. dazu Kap. F. Rz. 1025 ff. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 67. Fleischer, in: Spindler/Stilz. AktG, § 93 Rz. 114. Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, Rz. 210. Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, Rz. 210. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 114 m. w. N. Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, Rz. 212 ff. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 131 ff. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 125. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 153. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rz. 154. Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, Rz. 213. Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, Rz. 213.

Glock/Merkel

III. Amtsphase

ob das Vorstandsmitglied von der Geschäftschance geschäftlich oder privat Kenntnis erhalten hat.225) (b)

Wettbewerbsverbot

Speziellen Ausdruck findet die Treuepflicht im mit „Wettbewerbsverbot“ über- 1035 schriebenen § 88. Danach ist den Vorstandsmitgliedern für die Dauer ihres Amts, soweit nicht vom Aufsichtsrat erlaubt, der Betrieb eines Handelsgewerbes, das Geschäfte-Machen im Geschäftszweig der Gesellschaft (vgl. § 88 Abs. 1 Satz 1) und die Betätigung als Vorstandsmitglied, Geschäftsführer oder persönlich haftender Gesellschafter einer anderen Handelsgesellschaft (vgl. § 88 Abs. 1 Satz 2), also einer OHG oder KG untersagt. Bezweckt ist sowohl der Schutz der Gesellschaft vor Wettbewerbshandlungen 1036 einzelner Vorstandsmitglieder als auch davor, dass diese ihre Arbeitskraft anderweit als nur für die Gesellschaft einsetzen; der letztgenannte Aspekt wird als Hauptzweck ausgemacht,226) nur das Verbot des Geschäfte-Machens im Geschäftszweig der Gesellschaft als „echtes“ Wettbewerbsverbot qualifiziert.227) Die Vorschrift knüpft an die Organstellung an, beginnt also – an sich simpel – 1037 mit der Bestellung und endet mit erfolgter Amtsbeendigung.228) Allerdings wird teilweise vertreten, dass die Verbote des § 88 Abs. 1 auch nach einer Abberufung in Kraft bleiben, wenn die Gesellschaft „sich zur Fortzahlung der Bezüge, ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Beschäftigung, bereit erklärt hat“,229) wobei es freilich nur darauf ankommen kann, ob die Gesellschaft die Bezüge weiterzahlt oder nicht. Die Ansicht ist zweifelhaft, allenfalls – m. E. aber auch dann eher nicht – zu erwägen, wenn die Gesellschaft das abberufene Vorstandsmitglied weiter beschäftigt.230) Nach h. M. gilt das Wettbewerbsverbot jedenfalls nach erfolgter Abberufung nicht mehr, wenn die Gesellschaft zudem den Anstellungsvertrag gekündigt hat, und zwar auch dann nicht, wenn über die Wirksamkeit der Kündigung gestritten wird.231) Im Fall einer Amtsniederlegung endet das Wettbewerbsverbot nach zutreffen- 1038 der h. M.232) nur, wenn sie rechtmäßig ist.233) Die Vorstandsmitglieder sollen ___________ 225) 226) 227) 228) 229) 230) 231) 232) 233)

BGH, NJW 1986, 585, 586. Hüffer/Koch, AktG, § 88 Rz. 1 m. w. N. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 88 Rz. 1 m. w. N. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 88 Rz. 8 und 9. So OLG Frankfurt, Urt. v. 5.11.1999 – 10 U 257/98, vgl. 2. Orientierungssatz und unter I. der Entscheidungsgründe. Hüffer/Koch, AktG, § 88 Rz. 2 m. w. N. Etwa Thüsing, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 4 Rz. 86. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 88 Rz. 12 m. w. N. Etwa Hüffer/Koch, AktG, § 88 Rz. 2 m. w. N.; vgl. bzgl. Amtsniederlegung Kap. F. Rz. 1185.

Glock/Merkel

285

F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

sich nämlich nicht auf unrechtmäßige Weise den die Gesellschaft schützenden Beschränkungen entziehen können. 1039 Unter dem Vorbehalt der Einwilligung durch den Aufsichtsrat ist verboten: Der Betrieb eines Handelsgewerbes (vgl. §§ 1 ff. HGB), irrelevant ist also jedenfalls, ob es im Geschäftszweig der Gesellschaft liegt,234) ebenso ein in deren tatsächlichen Geschäftszweig fallendes Geschäfte-Machen, also jede auf Gewinnerzielung gerichtete Teilnahme am geschäftlichen Verkehr, außer sie erfolgt rein zur Befriedigung eigener Privatbedürfnisse;235) keine Rolle spielt, ob das Geschäfte-Machen für eigene oder fremde Rechnung unternommen wird. Schließlich gilt das branchenunabhängige Tätigkeitsverbot des § 88 Abs. 1 Satz 2, das die Wahrnehmung von Aufsichtsratsmandaten aber nicht erfasst.236) 1040 Die möglichen Rechtsfolgen eines verbotswidrigen Verhaltens: Allen voran kann die Gesellschaft vom Vorstandsmitglied Unterlassung verlangen.237) Nach § 88 Abs. 2 Satz 1 kann sie zudem einen ihr (kausal) entstandenen Schaden ersetzt verlangen, aber nur, wenn ein Verschulden des Vorstandsmitglieds vorliegt.238) § 88 Abs. 2 Satz 2 schließlich gibt der Gesellschaft alternativ zu einem Schadensersatzanspruch das (Eintritts-)Recht, den verbotswidrig erzielten Geschäftsgewinn an sich zu ziehen, wofür kein Schaden nachgewiesen werden muss. Strittig ist, ob das Eintrittsrecht ein Verschulden des Vorstandsmitglieds voraussetzt.239) 1041 § 88 Abs. 3 enthält eine spezielle abgestufte Verjährungsregelung. (c)

Verschwiegenheitspflicht

1042 Speziellen Ausdruck findet die Treuepflicht auch in der in § 93 Abs. 1 Satz 3 geregelten Verschwiegenheitspflicht. Danach haben die Vorstandsmitglieder gegenüber Dritten Stillschweigen zu wahren über ihnen im Zusammenhang mit ihrer Vorstandstätigkeit bekanntgewordene vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft.240) Die Pflicht gilt während der Amtszeit und – solange die folgend dargestellten Voraussetzungen vorliegen – darüber zeitlich unbegrenzt hinaus. Der Verrat von Geheimnissen ist nach § 404 strafbewehrt. 1043 Ein Geheimnis der Gesellschaft betrifft gesellschaftsbezügliche Tatsachen, die nur ein eng begrenzter Personenkreis kennt, also nicht solche, die offenkundig ___________ Hüffer/Koch, AktG, § 88 Rz. 3. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 88 Rz. 20. Hüffer/Koch, AktG, § 88 Rz. 4. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 88 Rz. 33. Hüffer/Koch, AktG, § 88 Rz. 6. Pro: Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 88 Rz. 13; contra: Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 88 Rz. 37 m. w. N. 240) Dazu zählen auch Großaktionäre und Banken, vgl. MünchGesR-Wiesner, AG, § 25 Rz. 52.

234) 235) 236) 237) 238) 239)

286

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III. Amtsphase

sind. Die Gesellschaft muss bei zumindest anzunehmendem Geheimhaltungswillen ein anerkennenswertes Geheimhaltungsinteresse an den Tatsachen haben;241) Ein Geheimhaltungsinteresse ist anzuerkennen, wenn die Verbreitung der Kenntnis der Tatsachen geeignet ist, der Gesellschaft materiell oder immateriell zu schaden.242) Vertrauliche Angaben sind Informationen, deren Weitergabe der Gesellschaft zum Nachteil gereichen können, auch wenn sie kein Geheimnis (mehr) darstellen.243) Als weitere Quellen für Mitteilungsverbote seien genannt: §§ 77 ff. BDSG, § 14 WpHG und § 17 UWG. Das Vorstandsmitglied, das die Verschwiegenheitspflicht verletzt, macht sich – 1044 unter den weiteren u. g. Voraussetzungen244) – schadensersatzpflichtig, ggf. sogar strafbar (vgl. § 404) und kann womöglich abberufen und gekündigt werden. b)

Schaubild zum Aufgabenprogramm

Das folgende Schaubild zeigt, wie sich das Aufgabenprogramm des Vorstands 1045 bzw. seiner Mitglieder zusammensetzt: Aufgaben

Geschäftsführung/Leitung

Vertretung

Vorstand Dessen Mitglieder = „Handlungsträger“

Einzelaufgaben

Aufgaben + Verhaltenanforderungen = Rechte- und Pflichtenprogramm der Vorstandsmitglieder

Verhaltensanforderungen

Treuepflichten

Sorgfaltspflichten

2.

Die Aktiengesellschaft in der Krise (Aufgaben mit „Krisenbezug“)

Heute ist man als Vorstandsmitglied angesichts der Vehemenz, mit der das 1046 Thema der Managerhaftung nicht zuletzt im Zusammenhang mit Unternehmenszusammenbrüchen in den Fokus von Öffentlichkeit, Gesetzgebung und ___________ 241) 242) 243) 244)

Körber, in: Fleischer, Hdb. Vorstand, § 10 Rz. 4 m. w. N. Körber, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 10 Rz. 5. Körber, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 10 Rz. 8. Vgl. dazu Kap. F. Rz. 1089.

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287

F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

Rechtsprechung gerückt ist,245) sicher ohne Weiteres hinlänglich dafür sensibilisiert, über das „Ob“, „Wann“ und „Wie“ krisenbezüglicher Rechtspflichten Bescheid wissen zu müssen. Im Folgenden wird ein Überblick gegeben. a)

Begriff der Krise

1047 Das AktG benutzt den Begriff der Krise nicht. Unter Krise wird hier verstanden, wenn die Gesellschaft insolvenzreif, d. h. zahlungsunfähig (vgl. § 17 InsO) oder überschuldet ist (vgl. § 19 InsO). Die Betriebswirtschaftslehre unterteilt Unternehmenskrisen in folgende Phasen: Von der strategischen Krise, über die Erfolgs-/Ertrags-, die Liquiditätskrise bis zur (rechtlichen) Insolvenz. 1048 Im Zeitablauf lassen sich folgende rechtliche „Phasen“ ausmachen: x

x

x

Krisenvorfeld bis Insolvenzreife:246) –

„proaktives“ Risikomanagement (vgl. § 91 Abs. 2)247)



Einberufungs-/Anzeigepflicht (vgl. § 92 Abs. 1)248)



bei Insolvenzreife: Insolvenzantragspflicht (vgl. § 15a InsO) und Zahlungsverbot (vgl. § 92 Abs. 2)249)

Ab Insolvenzantragsstellung bis Insolvenzverfahrenseröffnung:250) –

Nach Antragsstellung prüft das Insolvenzgericht, ob die Voraussetzungen vorliegen, um das Insolvenzverfahren zu eröffnen. Es ordnet ggf. bereits Sicherungsmaßnahmen an (vgl. § 21 InsO).251)



Das Gericht beschließt die Verfahrenseröffnung oder lehnt sie entweder mangels Masse ab (vgl. § 26 InsO) – dann Abwicklung gemäß §§ 264 ff. – oder weil kein Eröffnungsgrund (= keine Insolvenzreife) vorliegt (vgl. § 16 InsO).252)

Rechtliche Stellung in der Insolvenz:253) –

Wird das Verfahren eröffnet, wird die Gesellschaft zwecks geordneter Gläubigerbefriedigung nach den Vorschriften der InsO abgewickelt („liquidiert“). Die Abwicklung mündet in die Vollbeendigung der Gesellschaft, die dann im Handelsregister gelöscht wird.

___________ 245) Vgl. zur Entwicklung der Managerhaftung etwa Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, Rz. 1 ff. 246) Siehe Kap. F. Rz. 1049 ff. 247) Siehe Kap. F. Rz. 1050 ff. 248) Siehe Kap. F. Rz. 1054 ff. 249) Siehe Kap. F. Rz. 1057 ff. 250) Siehe Kap. F. Rz. 1073 ff. 251) Siehe Kap. F. Rz. 1074 ff. 252) Siehe Kap. F. Rz. 1076 ff. 253) Siehe Kap. F. Rz. 1077 ff.

288

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III. Amtsphase

b)



Gemäß § 80 Abs. 1 InsO geht das auf die Insolvenzmasse bezogene Verwaltungs- und Verfügungsrecht mit dem Eröffnungsbeschluss auf den Insolvenzverwalter über oder



es erfolgt eine Abwicklung gemäß §§ 264 ff.254) Aufgaben im Krisenvorfeld bis zur Insolvenzreife

Im AktG geht es zunächst um im Vorfeld einer Insolvenz greifende Pflichten, 1049 nämlich zum einen die Pflicht zur Früherkennung „bestandsgefährdender Entwicklungen“ (vgl. § 91 Abs. 2), zum anderen die Anzeigepflicht bei hälftigem Verlust des Grundkapitals (vgl. § 92 Abs. 1). aa)

Risikomanagement255)

§ 91 Abs. 2 verpflichtet den Vorstand, geeignete Maßnahmen zu treffen, um 1050 den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh zu erkennen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten.256) Die Vorschrift hebt klarstellend hervor, was schon nach §§ 76, 93 Abs. 1 gilt,257) konkretisiert also die Leitungsverantwortung des Vorstands.258) Erfasst sind nur Vorgänge (Veränderungen/Prozesse), die sich auf die Vermö- 1051 gens-, Ertrags- oder Finanzlage der Gesellschaft wesentlich nachteilig auswirken können,259) d. h. nach wohl h. M., die „ein Insolvenzrisiko hervorrufen oder zumindest erheblich steigern“;260) dafür muss eine „gewisse Wahrscheinlichkeit“ sprechen.261) Beispiele sind risikobehaftete Geschäfte (v. a. Derivat- und Termingeschäfte), Unrichtigkeiten der Rechnungslegung und Gesetzesverstöße;262) freilich müssen die Risiken (Risikopotentiale) zuerst identifiziert sein, andernfalls können in deren Veränderung liegende betreffende Entwicklungen nicht festgestellt werden. Für Risiken, die zwar kein die Schwelle des § 92 Abs. 2 übersteigendes Potential erreichen, aber doch hinreichend erheblich sind, hat der Vorstand nach §§ 76, 93 aufmerksam zu sein.263) ___________ 254) Siehe Kap. F. Rz. 1081 f. 255) Die Pflicht hierzu besteht schon in der „gesunden“ Gesellschaft, wird hier aber wegen ihres „Krisenbezugs“ gleichwohl an dieser Stelle besprochen. 256) Bei börsennotierten Gesellschaften ist auch § 317 Abs. 4 HGB zu beachten. Danach hat der Abschlussprüfer auch zu prüfen, ob die ergriffenen Maßnahmen § 91 Abs. 2 genügen. Speziell für Kreditinstitute gilt § 26a KWG, für Versicherungsunternehmen § 64a VAG. 257) Spindler, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 19 Rz. 6. 258) Hüffer/Koch, AktG, § 91 Rz. 1. 259) RegE-Begr. BT-Drucks. 13/9712, S. 7. 260) Spindler, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 19 Rz. 9 m. w. N. 261) Krieger/Sailer-Coceani, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 91 Rz. 9. 262) RegE-Begr. BT-Drucks. 13/9712, S. 15. 263) Spindler, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 19 Rz. 10 a. E.

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F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

1052 § 91 Abs. 1 verlangt eine Früherkennung der erfassten Entwicklungen. Der Vorstand muss so früh informiert sein, dass er die bestandsgefährdende Entwicklung stoppen kann, bevor sie sich zu einer konkreten Bestandsgefährdung auswächst.264) Das hat er mittels „geeigneter Maßnahmen“ zu gewährleisten, d. h. solcher, die erwarten lassen, dass er in diesem Sinn rechtzeitig von den Entwicklungen Kenntnis erlangt.265) Welche Maßnahmen insoweit zu treffen sind, kann indes nur auf das konkrete Unternehmen (Größe, Branche, Struktur, Risikopotentiale, Kapitalmarktzugang) bezogen festgestellt werden. Dem Vorstand steht insoweit ein pflichtgemäß auszuübendes Leitungsermessen zu.266) 1053 Der Wortlaut von § 91 Abs. 2 („insbesondere“) legt nahe, dass das verlangte Überwachungssystem der Risikofrüherkennung dient.267) Entstehungsgeschichtlich268) ergibt sich aber, dass es einzurichten ist, nur um zu überwachen, ob die zur Risikofrüherkennung beschlossenen Maßnahmen umgesetzt werden und greifen.269) bb)

Einberufungs- und Anzeigepflicht (§ 92 Abs. 1 AktG)

1054 Zeigt sich bei Aufstellung der Jahres-, bzw. einer Zwischenbilanz oder ist bei pflichtgemäßem Ermessen ein das Gesellschaftsvermögen auf die Hälfte des gezeichneten Grundkapitals schmälernder270) Verlust (oder kumulierte Verluste) anzunehmen – dazu ist der Verlust dem gesamten offen ausgewiesenen Eigenkapital gegenüberzustellen und sind die für die Jahresbilanz geltenden Ansatzund Bewertungsregeln anzuwenden –271), hat der Vorstand die Hauptversammlung unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern einzuberufen und über den Verlust zu informieren. 1055 So sollen die Aktionäre über eine drohende Krise informiert werden, um über Gegenmaßnahmen (Kapitalherabsetzung mit folgender -erhöhung oder Auflösung) entscheiden zu können.272) 1056 Die Pflicht ist gemäß § 401 Abs. 1 strafbewehrt. Das Vorstandsmitglied, das sie verletzt, wird danach mit Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft.

___________ 264) 265) 266) 267) 268) 269) 270) 271) 272)

290

Hüffer/Koch, AktG, § 91 Rz. 7. Hüffer/Koch, AktG, § 91 Rz. 7. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 91 Rz. 33. So wird es z. T. auch vertreten, vgl. zum Meinungsstand Hüffer/Koch, AktG, § 91 Rz. 8 f. Vgl. Fassung des RefE des KonTraG, ZIP 1996, 2129, 2131. Spindler, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 19 Rz. 13 f. Krieger/Sailer-Coceani, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 92 Rz. 3 m. w. N. H. M. etwa Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 20 Rz. 6 m. w. N. bzw. 7. MünchGesR-Wiesner, AG, § 25 Rz. 100.

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III. Amtsphase

cc)

Insolvenzantragspflicht und Zahlungsverbot

(1)

Insolvenzantragspflicht (§ 15a InsO)

Durch das am 1.11.2008 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des 1057 GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) wurde die bis dahin in § 92 Abs. 2 geregelte Insolvenzantragspflicht des Vorstands rechtsformneutral in § 15a InsO verortet. (a)

Eingreifenszeitpunkt

Gemäß § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO müssen die Vorstandsmitglieder (oder die 1058 Abwickler) unverändert dann, wenn die Gesellschaft zahlungsunfähig i. S. v. § 17 InsO oder überschuldet i. S. v. § 19 InsO „wird“ – also ab dem Zeitpunkt, ab dem sie das eine oder andere geworden ist, – „ohne schuldhaftes Zögern“, d. h. grundsätzlich sofort, einen Insolvenzantrag beim Insolvenzgericht stellen. Die Pflicht trifft jedes Vorstandsmitglied einzeln. Der Zusatz in § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO, dass Insolvenzantrag „spätestens aber 1059 drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung“ zu stellen sei, räumt dem Vorstandsmitglied keine Schonfrist ein, binnen der es den Zeitpunkt der Antragsstellung wählen darf. Vielmehr ist es nur dann von der Pflicht, den Antrag sofort zu stellen, befreit, wenn im Zeitpunkt des Kriseneintritts (Insolvenzreife) mit einer Sanierung innerhalb von drei Wochen objektiv ernstlich zu rechnen ist, d. h. damit, dass die eingetretene Krise spätestens dann wieder beseitigt sein wird. Die Aussichten und Vorteile eines Sanierungsversuchs sind gegen die Nachteile, die nicht eingeweihten Kunden bei einem Scheitern des Versuchs durch zwischenzeitliche Vermögensbewegungen entstehen können, nach pflichtgemäßem Ermessen abzuwägen.273) Für erfolgversprechende Sanierungsversuche steht ein „Spielraum“ von maximal drei Wochen zur Verfügung. Ist die Krise nach deren Ablauf nicht überwunden, zeigt sich also, dass die angestellte Prognose sich nicht bewahrheitet, ist sofort Insolvenzantrag zu stellen. Er ist ggf. früher, nämlich sofort dann zu stellen, wenn sich schon während des Laufs der Drei-Wochen-Frist zeigt, dass die Maßnahmen, deren Ergreifung die Sanierung zunächst erwarten lassen durften, zumindest nicht innerhalb der drei Wochen zum Ziel führen werden.274) Keine Einigkeit herrscht bzgl. der Frage, ob die Antragspflicht bereits greift, 1060 sobald die der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zugrunde liegenden Tatsachen erkennbar zu Tage treten oder erst ab dem Zeitpunkt, zu dem das Vorstandsmitglied davon Kenntnis erlangt bzw. böswillig nicht erlangt; dementsprechend wird diskutiert, wann – ggf. (vgl. vorstehend) – die Drei-WochenFrist beginnt. Richtigerweise kommt es jeweils auf den Zeitpunkt der objekti___________ 273) BGH, Urt. v. 9.7.1979 – II ZR 118/77, NJW 1979, 1823 ff. (4. Leitsatz). 274) Linker, in: HambKomm-InsO, § 15a Rz. 17.

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291

F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

ven Erkennbarkeit der Krisentatsachen an, also darauf, wann ein seinen Sorgfaltspflichten nachkommendes Vorstandsmitglied den Kriseneintritt erkannt hätte.275) Sonst würden die Gläubiger, deren gemeinschaftlicher Befriedigung das Insolvenzverfahren dient, namentlich die dazu zur Verfügung stehende Masse, nicht hinreichend geschützt. Sie könnte geschmälert werden, nur weil der Kriseneintritt sorgfaltswidrig nicht erkannt wird. 1061 Daher müssen die Vorstandsmitglieder die Lage der Gesellschaft permanent überwachen. Das ergibt sich aber nicht etwa aus § 15a InsO, sondern gehört zu ihren aktienrechtlichen Aufgaben. Bei Anzeichen einer krisenhaften Entwicklung kann die Pflicht entstehen, eine Zwischenbilanz oder einen Vermögensstatus,276) ggf. eine Überschuldungsbilanz aufzustellen, wenn erst dann beurteilt werden kann, ob Insolvenzantrag zu stellen ist. (b)

Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung

1062 Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn die Gesellschaft ihre Zahlungspflichten, soweit einredefrei und fällig, nicht mehr mit den ihr unmittelbar zur Verfügung stehenden (liquiden) Mitteln erfüllen kann. In Abgrenzung zur unbeachtlichen bloßen Zahlungsstockung liegt Zahlungsunfähigkeit nur vor, wenn mit der Wiedererlangung der Fähigkeit, den Zahlungspflichten nachzukommen, nicht binnen der nächsten drei Wochen begründet gerechnet werden kann.277) Eine sich unterhalb von 10 % aller Zahlungspflichten haltende Liquiditätslücke, ist unbeachtlich.278) Steht die Zahlungsunfähigkeit nicht anderweitig fest,279) ist wie folgt vorzugehen: Ergibt ein – bei entsprechenden Anzeichen aufzustellender – Liquiditätsstatus (Finanzplan), dass die zu dem bestimmten Stichtag fälligen Zahlungspflichten nicht durch die liquiden Mittel der Gesellschaft gedeckt sind, kann entweder eine unbeachtliche Zahlungsstockung oder Zahlungsunfähigkeit vorliegen. Um zu ermitteln, was der Fall ist, sind in dem Finanzplan die binnen der nächsten drei Wochen voraussichtlich erfolgenden Einzahlungen taggenau und die binnen dieses Zeitraums voraussichtlich erfolgenden Auszahlungen fälligkeitstaggenau zu erfassen.280) Es erscheint i. d. R. ratsam, diese Prüfungen durch einen Sachverständigen vornehmen zu lassen.

___________ 275) BGH, Urt. v. 29.11.1999 – II ZR 273/98, BGHZ 143, 184, 185 f.; BGH, Urt. v. 6.6.1994 – II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, 199; Gietl, in: Wimmer/Dauernheim/Wagner/Gietl, Hdb. des FA-InsO, Kap. 9 Rz. 139, Linker, in: HambKomm-InsO, § 15a Rz. 16. 276) BGH, Urt. v. 20.2.1995 – II ZR 9/94, ZIP 1995, 560 ff. (für GmbH-GF). 277) BGH, Urt. v. 24.5.2005 – IX ZR 123/04, ZIP 2005, 1426, 1428; 278) BGH, Urt. v. 24.5.2005 – IX ZR 123/04, ZIP 2005, 1426, 1430. 279) Etwa weil sie (unwiderlegt) gem. § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO zu vermuten ist, da die Gesellschaft ihre Zahlungen eingestellt hat. 280) BGH, ZInsO 2006, 1212.

292

Glock/Merkel

III. Amtsphase

Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen der Gesellschaft die bestehenden 1063 Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, außer die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich (vgl. § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO). Grundsätzlich ist – ggf. auch schon bei ersten Krisensymptomen, aber zumindest dann, wenn z. B. eine Zwischenbilanz eine Unterdeckung ausweist – eine Überschuldungsbilanz erforderlich: Zu prüfen ist, ob die Gegenüberstellung von Aktiva (inkl. stiller Reserven) und Passiva eine sog. rechnerische Überschuldung ergibt; die Ansetzung der Aktiva erfolgt zu Liquidationswerten.281) Ist das der Fall, ist eine sog. Fortführungsprognose nach im Einzelnen strengen Anforderungen anzustellen,282) bei der gefragt wird, ob die Gesellschaft fortführungswillig und das Unternehmen mittelfristig überlebensfähig,283) also vor allem zahlungsfähig ist. Kann das bejaht werden, besteht keine Überschuldung, sonst steht sie fest.284) Ab 2014 soll der strengere alte Überschuldungsbegriff285) wieder gelten. Danach muss eine positive Fortführungsprognose einer Überschuldung nicht entgegenstehen. Die Pflicht ist gemäß § 15a Abs. 4 InsO strafbewehrt. Danach wird mit Geld- 1064 oder mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft, wer einen Insolvenzantrag nicht, nicht richtig (!) oder nicht rechtzeitig stellt. § 15a InsO ist zudem Schutzgesetz i. S. d. schadensersatzrechtlichen Anspruchs- 1065 grundlage des § 823 Abs. 2 BGB, allerdings nur zu Gunsten von Gesellschaftsgläubigern, nicht der Aktionäre.286) (2)

Zahlungsverbot (§ 92 Abs. 2 AktG)

Gemäß § 92 Abs. 2 Satz 1 darf der Vorstand keine Zahlungen mehr leisten, 1066 nachdem die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft eingetreten ist. Unter „Zahlung“ sind – dem Zweck der Vorschrift entsprechend, die Schmälerung der Insolvenzmasse zu verhindern287) – alle das Gesellschaftsvermögen mindernden Leistungen, nicht nur Geldzahlungen zu verstehen.288) Das Verbot greift bereits mit Eintritt der Insolvenzreife.289)

1067

___________ 281) BGH, Urt. v. 9.10.2006 – II ZR 303/05, ZIP 2006, 2171. 282) Schröder, in: HambKomm-InsO, § 19 Rz. 19 und 21. 283) Dabei wird von einem Prognosezeitraum von 1 – 2 Jahren ausgegangen, Fleischer, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 92 Rz. 55. 284) So auf der Grundlage des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes seit 18.10.2008 bis 31.12.2013. 285) Vgl. dazu etwa Amelung, in: Kraemer/Vallender/Vogelsang, Fach 2 Kap. 2 Rz. 46. 286) Pelz, in: Bürgers/Körber § 92 Rz. 29 m. w. N. 287) Etwa Krieger/Sailer-Coceani, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 92 Rz. 14. 288) Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 92 Rz. 22. 289) BGH, Urt. v. 16.3.2009 – II ZR 280/07.

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F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

1068 Der Eintritt der Insolvenzreife – d. h. die der Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung zugrunde liegenden Tatsachen – muss dem sorgfältigen Vorstand zudem erkennbar sein.290) 1069 Gemäß dem bereits angesprochenen § 92 Abs. 2 Satz 2 gilt das Verbot nach Satz 1 nicht bzgl. solcher Zahlungen, die auch nach eingetretener Insolvenzreife mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind. Von dieser Ausnahme werden insbesondere Zahlungen erfasst, die insofern masseneutral sind, als ihnen eine entsprechende Gegenleistung gegenübersteht, und wie erwähnt dasjenige, was im Rahmen aussichtsreicher, fristgerechter Sanierungsversuche aufzuwenden „geschäftsleitersorgfältiger“ Entscheidung entspricht.291) 1070 Problematisch war, wie die Pflichtenkollision auszulösen ist, die sich einerseits aus dem in Rede stehenden Zahlungsverbot, andererseits aus § 266a StGB ergibt,292) der das Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen unter Strafe stellt und in Verbindung mit § 823 Abs. 2 BGB eine deliktische Pflicht zu deren Abführung begründet. Allerdings hat der Bundesgerichtshof inzwischen entschieden, es könne Organvertretern nicht angesonnen werden, das Zahlungsverbot des § 92 Abs. 2 Satz 1 zu erfüllen und so fällige Leistungen an die Sozialkassen (oder die Steuerbehörden) nicht zu erbringen, wenn sie sich dadurch strafrechtlicher Verfolgung aussetzen. Daher müsse deren sozialrechtskonformes (oder steuerrechtskonformes) Verhalten im Rahmen der bei § 92 Abs. 2 Satz 2 anzustellenden Prüfung als mit den Pflichten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar angesehen werden.293) 1071 Gegen das Zahlungsverbot verstoßende Vorstandsmitglieder sind der Gesellschaft gemäß § 93 Abs. 3 Nr. 6 zum Ersatz des in der Masseverkürzung liegenden Schadens verpflichtet.294) 1072 Mit dem MoMiG ist § 92 Abs. 2 ein dritter Satz hinzugefügt worden, wonach das Verbot gemäß Satz 1 sich auf Zahlungen an Aktionäre erstreckt, soweit sie zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten, außer diese Folge war bei Beachtung der gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 geschuldeten Sorgfalt nicht erkennbar.

___________ 290) Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 92 Rz. 28 m. w. N. 291) Vgl. dazu Kap. F. Rz. 1059. 292) Als Täter tauglich sind auch die für den Arbeitgeber i. S. v. § 14 StGB verantwortlich Handelnden, also die Organpersonen. 293) BGH, Urt. v. 14.5.2007 – II ZR 48/06 unter II. 1. b) der Entscheidungsgründe, bestätigt durch BGH, Urt. v. 25.01.2011 – II ZR 196/09. 294) Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 92 Rz. 72 f.

294

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III. Amtsphase

c)

Verfahrensablauf ab Insolvenzantragsstellung bis Insolvenzverfahrenseröffnung

Der an das Insolvenzgericht zu richtende Antrag leitet das Eröffnungsverfahren 1073 ein (vgl. § 11 InsO). aa)

Antragsprüfung durch das Gericht/Sicherungsmaßnahmen

Das Gericht prüft auf den Antrag hin, ob ein Eröffnungsgrund (vgl. § 16 InsO) 1074 und ob genügend Masse vorhanden ist, also das Vermögen der Gesellschaft voraussichtlich ausreicht, um die Verfahrenskosten zu decken (vgl. § 26 InsO). Es kann – vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens – Maßnahmen treffen, um 1075 eine nachteilige Veränderung der Vermögenslage des Schuldners zu verhüten (z. B. einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen und Verfügungsbeschränkungen erlassen, vgl. §§ 21 ff. InsO). bb)

Beschluss über die Insolvenzverfahrenseröffnung

Liegen die Eröffnungsvoraussetzungen vor, ergeht ein das eigentliche Insol- 1076 venzverfahren einleitender Eröffnungsbeschluss. Damit verliert die Gesellschaft das Verwaltungs- und Verfügungsrecht über das zur Insolvenzmasse gehörende, also im Zeitpunkt der Eröffnung vorhandene (und während des Verfahrens hinzuerworbene) Vermögen, das bisher weitgehend in die Zuständigkeit des Vorstands fiel.295) Berechtigt ist insoweit nun der Insolvenzverwalter (vgl. § 80 Abs. 1 InsO).296) d)

Rechtliche Stellung in der Insolvenz

Allgemein bleiben der Gesellschaft neben dem Recht, dem Gericht einen Insol- 1077 venzplan vorzulegen (vgl. § 218 Abs. 1 InsO) eine Reihe von in der InsO geregelten Rechten, die auf Anhörung/Unterrichtung, Antragstellung, Anwesenheit, Einsichtnahme und Beschwerde gerichtet sind. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens berührt mit der damit verbundenen 1078 Ernennung des Insolvenzverwalters durch das Gericht „nur“ das vermögensrechtliche Programm (vgl. § 80 Abs. 1 InsO), nicht aber die Verfassung der Gesellschaft. Insbesondere bleiben die Vorstandsmitglieder im Amt, das nicht der Insolvenzverwalter, sondern nach wie vor nur der Aufsichtsrat beenden kann. Die Gesellschaft wird mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zwar aufge- 1079 löst (vgl. § 262 Abs. 1 Nr. 3), bleibt aber bis ihre Abwicklung beendet und sie letztlich im Handelsregister gelöscht worden ist (vgl. § 273) rechtlich existent. ___________ 295) Zu den Aufgaben des Vorstands vgl. Kap. F. Rz. 969 ff. 296) Außer im Fall der Eigenverwaltung gem. § 270 Abs. 1 InsO.

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295

F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

1080 Gemäß § 113 Satz 1 InsO kann der Insolvenzverwalter indessen „ohne Rücksicht auf eine vereinbarte Vertragsdauer“ die Anstellungsverträge von Vorstandsmitgliedern kündigen, gemäß Satz 2 unter Einhaltung einer Höchstfrist von drei Monaten. Dieses Sonderkündigungsrecht297) findet sich in § 87 Abs. 3 bestätigt, der im Zusammenhang mit § 113 Satz 3 InsO zu sehen ist, wonach der Gekündigte Schadensersatz wegen der vorzeitigen Dienstverhältnisbeendigung verlangen kann. Gemäß § 87 Abs. 3 ist der Ersatzanspruch nämlich auf den Schaden begrenzt, der binnen zwei Jahren seit dem durch die Verwalterkündigung bewirkten Ablauf des Dienstverhältnisses entsteht.298) e)

Abwicklung gemäß §§ 264 ff. AktG

1081 Hat das Insolvenzgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt, wird die Gesellschaft gemäß § 262 Abs. 1 Nr. 4 aufgelöst. Ihre Abwicklung erfolgt dann gemäß der §§ 264 ff. Die Abwicklung kommt den Vorstandsmitgliedern als Abwickler zu (vgl. § 265 Abs. 1), außer die Hauptversammlung bestellt (teilweise) andere Personen zu Abwicklern (vgl. § 265 Abs. 2 Satz 1). Nicht vom Gericht bestellte Abwickler kann die Hauptversammlung jederzeit abberufen (vgl. § 265 Abs. 5). 1082 Die Pflichten der Abwickler bestimmt vornehmlich § 268. Nach dessen Abs. 1 haben die Abwickler die laufenden Geschäfte zu beenden, Forderungen einzuziehen, das übrige Vermögen geldlich umzusetzen und die Gläubiger zu befriedigen. „Innerhalb ihres Geschäftskreises“ haben sie im Übrigen die Rechte und Pflichten des Vorstands (vgl. § 268 Abs. 2 Satz 1), d. h. verdrängen den Vorstand komplett, da es im Stadium der Abwicklung keinen anderen Geschäftskreis gibt.299) Das Amt des Vorstandsmitglieds, das nicht Abwickler wird, endet.300) IV.

Zivilrechtliche Haftung des Vorstands

Glock/Bauer

1083 Vorstandsmitglieder sind während ihrer Amtszeit entsprechend dem organschaftlichen Aufgabenprogramm in ein dichtes Netz von Pflichten eingewoben. Das Zivilrecht gibt die wesentlichen Rahmenbedingungen für die Ausübung der Vorstandsarbeit einer Gesellschaft vor. Verstößt das Vorstandsmitglied gegen dieses System von Verantwortlichkeiten, führt der Verstoß je nach Einzelfall gegenüber der Gesellschaft, den Aktionären oder Dritten zu einer Haftung für entstandenen Schaden. ___________ 297) Eine außerordentliche Kündigung bleibt dem Verwalter gem. § 626 BGB unter dessen Voraussetzungen unbenommen. 298) Davon ausgenommen sind nach h. M. Leistungen i. S. v. § 87 Abs. 1 Satz 4, vgl. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87 Rz. 77 m. w. N. 299) Bachmann, in: Spindler/Stilz, AktG, § 268 Rz. 15. 300) Bachmann, in: Spindler/Stilz, AktG, § 265 Rz. 8.

296

Glock/Bauer

IV. Zivilrechtliche Haftung des Vorstands

Das System der zivilrechtlichen Haftung eines Vorstandsmitglieds lässt sich in 1084 die Haftung gegenüber x

Gesellschaft (Binnenhaftung),

x

Aktionären und

x

Dritten (Außenhaftung)

unterteilen. 1.

Die Haftung gegenüber der Gesellschaft (Binnenhaftung)

§ 93 Abs. 1 ist die zentrale Norm für das Gefüge der Pflichten des Vorstands- 1085 mitglieds. Sie legt den Maßstab der Sorgfaltspflichten eines Vorstandsmitglieds fest. Das Vorstandsmitglied entspricht der gesetzlichen Sorgfaltspflicht, wenn seine Tätigkeit dem Wirken „eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters“ entspricht. In § 93 Abs. 2 bis 4 finden sich den Pflichtenmaßstab flankierende Schadensersatzansprüche, die nur der Gesellschaft selbst zustehen und vom Aufsichtsrat für diese geltend gemacht werden (§ 112). Ausnahmsweise ist die Möglichkeit des direkten Zugriffs eines Gläubigers auf 1086 das pflichtwidrig handelnde Vorstandsmitglied nach § 93 Abs. 5 bei Vorliegen von besonderen Voraussetzungen gegeben. Eine Einzelklagemöglichkeit eines Aktionärs gegen den Vorstand ist nicht ge- 1087 regelt.301) Eine Minderheit von Aktionären kann jedoch bei Gericht die Zulassung beantragen, im eigenen Namen die in § 147 Abs. 1 Satz 1 geregelten Ersatzansprüche der Gesellschaft geltend zu machen (§ 148 Abs. 1). Der Anspruch auf Schadensersatz nach § 93 Abs. 2 ist zwingend. Er kann daher 1088 weder durch Anstellungsvertrag noch Satzung abbedungen werden.302) Auch eine Milderung oder Verschärfung des Haftungsmaßstabs ist nach herrschender Meinung nicht zulässig.303) Zulässig ist allerdings eine Verschärfung von einzelnen nicht-organbezogenen Pflichten durch besondere Regelung im Anstellungsvertrag. Nach § 93 Abs. 2 haftet ein Vorstandsmitglied gegenüber der Gesellschaft nur 1089 dann, wenn es x

den Status eines Vorstandsmitglieds hat,304)

x

eine organbezogene Pflicht verletzt hat,

x

dies schuldhaft getan hat,

___________ 301) Hierzu vgl. Kap. F. Rz. 1151 ff. 302) Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 11 Rz. 5. 303) Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 11 Rz. 7, MünchGesR-Wiesner, AG, § 26 Rz. 8. 304) Siehe Kap. F. Rz. 1090 ff.

Glock/Bauer

297

F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

x

ein Schaden bei der Gesellschaft entstanden ist und

x

der Schaden aufgrund der Pflichtverletzung des Vorstandsmitglieds hervorgerufen wurde (sog. Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden).

a)

Status als Vorstandsmitglied

1090 Gemäß § 93 Abs. 2 haftet, wer Vorstandsmitglied i. S. d. Norm ist. So einfach wie diese Voraussetzung auch klingen mag. Gesetzgeber, Rechtsprechung und Literatur fassen den Begriff zum Schutz der Gesellschaft, Aktionäre und Gläubiger weiter, als er landläufig benutzt wird. 1091 Das Haftungsregime für ein Vorstandsmitglied beginnt, sobald die Bestellung durch das Vorstandsmitglied angenommen wurde, und endet mit der tatsächlichen Beendigung der Tätigkeit als Vorstandsmitglied.305) Die Haftung greift selbst dann, wenn das Vorstandsmitglied das Amt angenommen hat, es aber pflichtwidrig nicht ausübt.306) Unbeachtlich ist, ob der Organstellung ein wirksamer Anstellungsvertrag zugrunde liegt. Die Haftung greift schließlich auch bereits vor Eintragung des Vorstandsmitglieds ins Handelsregister.307) Nach herrschender Meinung haftet ebenso das im Gründungsstadium mitwirkende, pflichtwidrig handelnde Vorstandsmitglied, wobei die Haftung nach § 48 vorgeht.308) Scheidet das Vorstandsmitglied aus seinem Amt aus, übt es jedoch die Vorstandstätigkeit mit Billigung des Aufsichtsrats weiterhin tatsächlich aus, indem es leitend für die Gesellschaft tätig wird, haftet es wie ein förmlich bestelltes Vorstandsmitglied.309) 1092 Stellvertretende310) (§ 94) und gerichtlich bestellte Organmitglieder (§ 85) sind von der Organhaftung nicht ausgenommen. Zu unterscheiden vom wirksam bestellten Vorstandsmitglied sind: x

faktische Vorstandsmitglieder,311)

x

Vorstandsmitglieder kraft Rechtsscheins312) und

x

fehlerhaft bestellte Vorstandsmitglieder.313)

___________ Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 11 Rz. 13f. MünchGesR-Wiesner, AG, § 26 Rz. 7. Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 11 Rz. 13. Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 11 Rz. 13. Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 11 Rz. 13. Stellvertretende Vorstandsmitglieder i. S. v. § 94 AktG sind Vorstandsmitglieder mit allen Rechten und Pflichten. Sie treten für den Fall der Verhinderung nicht an die Stelle der ordentlichen Vorstandsmitglieder, sondern nehmen in der internen Vorstandsordnung „nur“ eine hinter den ordentlichen Vorstandsmitgliedern eher nachgeordnete Position ein. 311) Person, die tatsächlich Vorstandsaufgaben wahrnimmt, bei der es aber an einem förmlichen Bestellungsakt fehlt. 312) Person, bei der es zum einen an einem förmlichen Bestellungsakt fehlt und die zum anderen tatsächlich nicht als Organ tätig wird, aber nach außen einen solchen Eindruck hinterlässt. 313) Personen, bei denen der förmliche Bestellungsakt wegen eines Mangels nicht wirksam ist.

305) 306) 307) 308) 309) 310)

298

Glock/Bauer

IV. Zivilrechtliche Haftung des Vorstands

Zur Behandlung dieser Fallgruppen wird auf die einschlägige Literatur verwie- 1093 sen.314) b)

Pflichtverletzung

aa)

Grundsatz

Grundvoraussetzung für einen Schadensersatzanspruch nach § 93 Abs. 2 ist 1094 eine Pflichtverletzung des Vorstandsmitglieds. Als Pflichtverletzungen i. S. v. § 93 Abs. 2 kommen nur organbezogene Pflichten 1095 in Betracht, weil die Verantwortlichkeiten der Vorstandsmitglieder auf ihrer Amtsstellung und nicht auf dem Anstellungsvertrag beruhen.315) § 93 Abs. 1 bestimmt den Maßstab der Sorgfaltspflicht eines Vorstandsmit- 1096 glieds. Ein Vorstandsmitglied ist danach verpflichtet, bei der Geschäftsführung die Sorgfalt eines gewissenhaften und ordentlichen Geschäftsleiters anzuwenden. Fehlt es bei dem vorgeworfenen Verhaltenen an einem Sachzusammenhang zur Tätigkeit als Vorstand, scheidet eine organschaftliche Haftung nach § 93 Abs. 2 aus. Konkret bedeutet die generalklauselartige Formulierung von § 93 Abs. 1 für das Vorstandsmitglied die Verpflichtung zur Förderung des Gesellschaftszwecks im Rahmen der Satzung, Gesetze und verbindlichen Beschlüsse von Aufsichtsrat und Hauptversammlung.316) Da dem Vorstand die Gesellschaft leitet und damit den wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft verantwortet, ein solcher aber ohne ein gewisses unternehmerisches Risiko regelmäßig nicht eintreten kann, wird dem Vorstandsmitglied ein Handlungsspielraum gewährt. Überschreitet es diesen Rahmen nicht, kann es für den Misserfolg einer Entscheidung nicht verantwortlich gemacht werden. Aus der allgemeinen Sorgfaltspflicht ergeben sich einzelne Pflichten für das Vorstandsmitglied, die es bei der Leitung der Gesellschaft zu beachten hat.317) Verstößt das Vorstandsmitglied bei der Amtsführung gegen den in § 93 Abs. 1 1097 festgelegten Sorgfaltsmaßstab, liegt eine Pflichtverletzung i. S. d. § 93 Abs. 2 vor. bb)

Verantwortung bei Kollegialentscheidungen

Die Haftung des Vorstandsmitglieds setzt ein individuelles, pflichtwidriges Ver- 1098 halten voraus. Dessen Feststellung bereitet insbesondere bei Kollegialentscheidungen Schwie- 1099 rigkeiten. Vorstandsbeschlüsse geben die wesentlichen Handlungsrichtlinien ___________ 314) Hierzu ausführlich Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 11 Rz. 15 ff., MünchGesR-Wiesner, AG, § 26 Rz. 7 ff. 315) Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 11 Rz. 2. 316) MünchGesR-Wiesner, AG, § 25 Rz. 1. 317) Siehe hierzu die Darstellungen in Kap. F. Rz. 1021 ff.

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299

F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

vor, die im Zuge der Umsetzung zu einem Schaden der Gesellschaft oder Dritten führen können. 1100 Der Vorstandsbeschluss ist Ausdruck der zustimmenden Vorstandsmehrheit, also lediglich eines Teils des Vorstands. Bei der Bestimmung der Pflichtverletzung gilt es daher das Stimmverhalten jedes Mitglieds des Gremiums in den Blick zu nehmen. (1)

Verantwortung bei Zustimmung

1101 Stimmt ein Vorstandsmitglied einem rechtswidrigen Vorstandsbeschluss zu, handelt es grundsätzlich pflichtwidrig (§ 93 Abs. 1 Satz 1).318) 1102 Die Ausnahmen sind selten: Das Vorstandsmitglied kann sich ggf. entlasten, wenn die Zustimmung durch Vorlage falscher Informationen erschlichen wurde, oder der Druck auf das zustimmende Vorstandsmitglied das Niveau des entschuldigenden Notstands (vgl. § 35 StGB) erreicht hat.319) (2)

Verantwortung bei Überstimmung

1103 Welche Verantwortung trägt ein überstimmtes Vorstandsmitglied? Wie sieht ein pflichtgemäßes Stimmverhalten bei einem rechtswidrigen, schadensstiftenden Beschluss aus? Im Fall eines zur Abstimmung stehenden rechtswidrigen, schadensstiftenden Beschlusses, ist es die Pflicht eines sorgfältigen und treuen Vorstandsmitglieds, gegen den Beschluss zu stimmen. Das Vorstandsmitglied trifft nach zutreffender herrschender Meinung dann nicht nur kein Verschulden, es fehlt vielmehr bereits an einer Pflichtverletzung.320) 1104 Das Beschlussverfahren sollte daher bei den Abstimmungen des Vorstands das Führen eines Protokolls vorsehen. Das Protokoll müsste dann neben den JaStimmen auch die Gegenstimmen namentlich mit aufführen. 1105 Eine Pflicht zur Herbeiführung der Beschlussunfähigkeit besteht nicht.321) (3)

Pflicht zum Eingriff gegen die Umsetzung von rechtswidrigen Beschlüssen

1106 Ist ein überstimmtes Vorstandsmitglied verpflichtet sich auch aktiv gegen die Umsetzung von rechtswidrigen, gesellschaftsschädigenden Beschlüssen einzusetzen? Die Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit gebietet, dass ein überstimmtes Vorstandsmitglied einen Beschluss des Vorstands mitzutragen hat.322) Dieser ___________ 318) 319) 320) 321) 322)

300

MünchGesR-Wiesner, AG, § 26 Rz. 13. Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 11 Rz. 40. So klar Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 11 Rz. 41. Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 11 Rz. 42. MünchGesR-Wiesner, AG, § 22 Rz. 15.

Glock/Bauer

IV. Zivilrechtliche Haftung des Vorstands

Grundsatz erfährt jedoch bei einem pflichtwidrigen, gesetz- oder satzungswidrigen Beschluss eine wichtige Ausnahme. In solchen Fällen verdrängt die Legalitätspflicht die Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit und verpflichtet zum Einschreiten gegen die Umsetzung rechtswidriger, schadensstiftender Beschlüsse.323) Welche Maßnahmen hat ein Vorstandsmitglied jedoch in einem solchen Fall zu 1107 ergreifen? Gesetzgeber, Rechtsprechung und Literatur geben dem Praktiker kein einheitliches Bild. Allenfalls lassen sich einige wenige gefestigte Tendenzen feststellen: Das überstimmte Vorstandsmitglied ist verpflichtet, eindringlich auf die Rechts- 1108 widrigkeit eines Beschlusses mit einer schriftlichen, an den Vorstand gerichteten Gegenvorstellung hinzuweisen.324) Dies ist auch aus Beweisgründen ratsam. Hiervon kann nur abgesehen werden, wenn das Vorstandsmitglied vor der Beschlussfassung deutlich und klar die Einwände gegen den Beschluss vorgetragen hat, der Vorstand trotzdem an dem Beschlussverhalten festhält und ein nochmaliger Widerspruch daher keinen Erfolg verspricht. Lässt sich der Vorstand trotz Gegenvorstellung nicht umstimmen, ist schließ- 1109 lich der Aufsichtsrat zu informieren.325) Das ergibt sich aus der Verpflichtung der Vorstandsmitglieder gegenüber dem Aufsichtsrat, gesellschaftsbezogene Angelegenheiten nicht zu verschweigen, da nur so der Aufsichtsrat seiner Aufgabe zur Überwachung des Vorstands nachkommen kann (§ 111 Abs. 1 Satz 1).326) Hält der Vorstand an der Umsetzung eines rechtswidrigen Beschlusses weiter 1110 fest, ist das Vorstandsmitglied nach wohl herrschender Literatur327) nicht verpflichtet, berechtigt, sein Amt zur Vermeidung von Haftungsfolgen niederzulegen. Die Ablehnung einer Pflicht zur Amtsniederlegung folgt nach Wiesner328) aus dem Umstand, dass das Vorstandsmitglied die Umsetzung der beschlossenen Maßnahme regelmäßig durch die Amtsniederlegung nicht verhindern könne. Fleischer329) meint, dass ein Verbleib im Vorstand mehr helfe als ein stillschweigender Rückzug aus dem Vorstandskollegium, sodass entgegen dem Bundesfinanzgerichtshof die Androhung und Durchführung einer Amtsniederlegung nicht im Sinne einer Pflicht geboten erscheine. Die Berechtigung zur Amtsniederlegung im Einzelfall bedarf jedoch einer genauen Prüfung. ___________ 323) Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 11 Rz. 43, MünchGesR-Wiesner, AG, § 22 Rz. 15. 324) MünchGesR-Wiesner, AG, § 22 Rz. 15. 325) MünchGesR-Wiesner, AG, § 22 Rz. 15. 326) Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 77 Rz. 32. 327) Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 11 Rz. 47. MünchGesR-Wiesner, AG, § 22 Rz. 15. 328) MünchGesR-Wiesner, AG, § 22 Rz. 15. 329) Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 11 Rz. 47.

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301

F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

1111 Ebenfalls keine rechtssicheren Antworten existieren auf die Fragen, ob und wenn ja, inwiefern Dritte vom Vorstandsmitglied eingeschaltet werden dürfen (oder gar müssen), um die Umsetzung des rechtswidrigen, schadensstiftenden Beschlusses zu verhindern. Rechtsprechung, Lehre und Literatur haben noch keine gesicherten Rechtsansichten entwickelt.330) Einhellig ist die Auffassung, dass das Vorstandsmitglied zunächst das für die Gesellschaft mildeste Mittel (wie z. B. die Information des Aufsichtsrats) wählen muss.331) Daher ist wohl von dem Vorstandsmitglied zu verlangen, dass es alle in Betracht kommenden Maßnahmen zu ergreifen hat, die nicht zur Einschaltung von Dritten, wie z. B. Behörden oder Gerichten, führen, um so die Umsetzung des schadensstiftenden Beschlusses zu verhindern.332) 1112 Viel diskutiert wird die Pflicht zur Anzeige gegenüber Behörden oder der Information der Öffentlichkeit.333) Sicher ist allenfalls die sich ohnehin aus § 138 StGB ergebende Pflicht von jedermann zur Anzeige der dort katalogartig aufgelisteten Straftaten (z. B. Geld- oder Wertpapierfälschung, § 138 Abs. 1 Nummer 4 StGB), wenn man von diesen glaubhaft erfährt.334) 1113 Noch nicht höchstrichterlich geklärt ist auch, ob das überstimmte Vorstandsmitglied verpflichtet ist gegen einen rechtswidrigen, schadensstiftenden Beschluss mit einer Klage vorzugehen. 1114 Der Bundesgerichtshof hat für das Aufsichtsratsmitglied entschieden, dass sich aus dessen organschaftlicher Stellung „zumindest auch das Recht [ergibt], darauf hinzuwirken, dass das Organ, dem es angehört, seine Entscheidung nicht in Widerspruch zu Gesetzes- und Satzungsrecht trifft. Kann es dieses Ziel im Rahmen der Diskussion und Entscheidungsfindung nicht erreichen, ist es berechtigt, eine Klärung auf dem Klagewege anzustreben“.335) Nach richtiger Auffassung336) ist diese Rechtsprechung auch auf den Vorstand anzuwenden. Je nach Art, Umfang und insbesondere (gravierender) Höhe der durch die Beschlussausführung drohenden Schäden für die Gesellschaft, dürfte sich das Recht zur Klageerhebung, zu einer Pflicht verdichten.337)

___________ Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 77 Rz. 33. Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 11 Rz. 50. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 77 Rz. 33. Vgl. Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 11 Rz. 51. Vertiefend zur Diskussion der Anzeigepflicht siehe Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 77 Rz. 34; Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 11 Rz. 51. 335) BGH, Urt. v. 21.4.1997 – II ZR 175/95 = ZIP 1997, 883 – 887. 336) Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 11 Rz. 52. 337) So auch Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 11 Rz. 52.

330) 331) 332) 333) 334)

302

Glock/Bauer

IV. Zivilrechtliche Haftung des Vorstands

Enthält sich das Vorstandsmitglied von der Stimmenabgabe oder ist es bei der- 1115 selben verhindert, ändert dies nichts an der Verpflichtung zur Einhaltung der Handlungsrichtlinien in dem jeweiligen besonderen Einzelfall.338) cc)

Entscheidungen des ressortverantwortlichen Vorstandsmitglieds

Von Kollegialentscheidungen sind Entscheidungen abzugrenzen, die das Vor- 1116 standsmitglied allein für sein Ressort fällt. Insbesondere in großen Gesellschaften wird die Vorstandsarbeit in Ressorts aufgeteilt. Das Vorstandsmitglied ist für sein Ressort (operatives Geschäft, Finanzen, Personal etc.) grundsätzlich vollständig selbst verantwortlich. Die Aufteilung in Ressorts berührt jedoch nicht die Verantwortung des gesamten Vorstands für die nicht delegier- und teilbare Leitung der Gesellschaft.339) Bei den anderen Vorstandsmitgliedern verbleibt für die ihnen nicht zugewiesenen 1117 Ressorts eine Restverantwortung in Form einer Kontroll- und Überwachungspflicht,340) die bei besonderen Anhaltspunkten zum Einschreiten verpflichtet. c)

Verschulden

Das Vorstandsmitglied ist nur dann zum Schadensersatz nach § 93 Abs. 2 ver- 1118 pflichtet, wenn es ein Verschulden trifft. Das Verschulden muss sich dabei auf die Pflichtwidrigkeit des Verhaltens des Vorstandsmitglieds beziehen. Das Vorstandsmitglied haftet grundsätzlich bereits bei einfacher bzw. leichter Fahrlässigkeit.341) Persönliche Unfähigkeit oder auch fachliche Unkenntnis können das Vorstands- 1119 mitglied nicht entlasten.342) Es hat für die Fähigkeiten und Kenntnisse einzustehen, die die Vorstandstätigkeit objektiv erfordert.343) Treten bei der Vorstandstätigkeit Fragen auf und fehlt dem Vorstandsmitglied die zur Beantwortung notwendige Sachkunde, verletzt es seine Pflichten nur dann nicht schuldhaft, „wenn es zur Klärung der anstehenden Fragen den Rat eines unabhängigen, fachlich qualifizierten Berufsträgers einholt, diesen über sämtliche für die Beurteilung erheblichen Umstände ordnungsgemäß informiert und nach eigener Plausibilitätskontrolle der ihm daraufhin erteilten Antwort folgt“.344) ___________ 338) 339) 340) 341) 342) 343) 344)

Hierzu Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 11 Rz. 53f. MünchGesR-Wiesner, AG, § 22 Rz. 24. MünchGesR-Wiesner, AG, § 22 Rz. 24. Fleischer, in: Spindler Stilz, AktG, § 93 Rz. 206. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 205. Wellhöfer, in: Wellhöfer/Peltzer/Müller, § 2 Rz. 30. OLG Stuttgart, Urt. v. 25.11.2009 – 20 U 5/09, ZIP 2009, 2386 – 2391; BGH, Urt. v. 14.5.2007 – II ZR 48/06, BGH, ZIP 2007, 1265 ff.; BGH, Urt. v. 20.9.2011 – II ZR 234/09, Rz. 18.

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303

F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

1120 Vorstandsmitglieder haften nur für eigenes Verschulden.345) Ein Vorstandsmitglied, dem vorgeworfen wird, der Gesellschaft durch pflichtwidriges und schuldhaftes Verhalten geschadet zu haben, kann sich nicht damit verteidigen, das es vorträgt ein anderer Vorstandskollege habe den Schaden der Gesellschaft mitverschuldet.346) Ebenso wenig kann es einwenden, der Aufsichtsrat sei seiner Überwachungspflicht nicht in ausreichendem Maße nachgekommen.347) 1121 Ein Eigenverschulden eines Vorstandsmitglieds kann jedoch auch vorliegen, wenn eine Beteiligung an rechtswidrigen Beschlüssen vorliegt oder es gegen die Pflicht zur Kontrolle bzw. Überwachung der Ressorts der Vorstandskollegen verstößt.348) Weiter in Betracht kommt ein Verschulden des Vorstandsmitglieds bei der (fehlerhaften) Auswahl, Überwachung oder Einweisung von Mitarbeitern.349) d)

Schaden

1122 Der Gesellschaft muss ferner ein Schaden entstanden sein (§§ 249 ff. BGB). Der Schaden ist die Differenz zwischen der Vermögenslage nach Eintritt des schädigenden Ereignisses und derjenigen, die vorläge, wäre das schädigende Ereignis nicht eingetreten. Damit ist nicht nur die Schmälerung des Gesellschaftsvermögens umfasst, sondern ebenso der entgangene Gewinn, der ohne die pflichtwidrige Handlung des Vorstandsmitglieds zu erwarten gewesen wäre (§ 252 BGB). 1123 Reine Vermögensgefährdungen hingegen stellen noch keinen Vermögensschaden dar, sondern können sehr wohl strafrechtlich im Rahmen von Untreue relevant sein.350) e)

Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden

1124 Die Pflichtverletzung muss kausal für den entstandenen Schaden, also der Grund für diesen sein. Schadensfolgen, die außerhalb „aller“ Lebenswahrscheinlichkeit liegen, scheiden daher aus. 1125 Eine Pflichtverletzung ist nicht kausal, wenn der Schaden auch bei rechtmäßigem Verhalten eingetreten wäre, wofür das Vorstandsmitglied jedoch die Darlegungs- und Beweislast trägt. ___________ 345) Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 207. 346) OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.11.1996 – 6 U 11/95, ZIP 1997, 27 – 37; BGH, Urt. v. 14.3.1983 – II ZR 103/82, NJW 1983, 1856. 347) OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.11.1996 – 6 U 11/95, ZIP 1997, 27 – 37; Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 11 Rz. 59; BGH, Urt. v. 20.9.2011 – II ZR 234/09, Rz. 20 ff. 348) Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 207. 349) Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 207. 350) Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 213.

304

Glock/Bauer

IV. Zivilrechtliche Haftung des Vorstands

Der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens ist bei der Verletzung von 1126 Kompetenz-, Organisations- und Verfahrensregeln verwehrt.351) Bei Kollegialentscheidungen ist die Kausalitätsfrage oft schwierig. Dies illust- 1127 riert das folgende Beispiel: Ein fünfköpfiger Vorstand trifft mit vier Ja-Stimmen und einer Nein-Stimme eine pflichtwidrige Entscheidung. Die geschädigte Gesellschaft nimmt letztlich all die Vorstandsmitglieder wegen Schadensersatzes in Anspruch, die mit „Ja“ gestimmt hatten. Jedes Vorstandsmitglied verteidigt sich damit, dass, selbst wenn es die Entscheidung abgelehnt hätte, es zu der schadensträchtigen Entscheidung gekommen wäre. Die eigene Zustimmung sei daher nicht kausal für den Schaden. Bei einem Fall der Binnenhaftung352) wird eine solche Verteidigung mit Ver- 1128 weis auf den aus § 93 Abs. 2 abgeleiteten Gedanken der Solidarhaftung der Vorstandsmitglieder353) abgelehnt. Das Vorstandsmitglied kann sich nicht auf den Rechtsgedanken des rechtmäßigen Alternativverhaltens berufen. f)

Darlegungs- und Beweislast

In einem Gerichtsprozess geht es letztlich immer darum, welche der Parteien 1129 was darzulegen und zu beweisen hat. Im Zivilprozessrecht gilt eine „ungeschriebene Grundregel“:354) Der Anspruchs- 1130 steller trägt die Beweislast für die rechtsbegründenden, der Anspruchsgegner für die den Anspruch rechtsvernichtenden, rechtshindernden oder rechtshemmenden Tatbestandsvoraussetzungen.355) Wenn streitig sein sollte, ob das Vorstandsmitglied mit der Sorgfalt eines gewissenhaften und ordentlichen Geschäftsleiters gehandelt hat, wird diese Regel in Form einer Beweislastumkehr durchbrochen. Aus Gründen der Sachnähe ist es an dem Vorstandsmitglied, Sachverhalte darzulegen und zu beweisen, die für ein pflichtgemäßes oder zumindest nicht schuldhaftes Organhandeln sprechen (§ 93 Abs. 2 Satz 2). Im ersten Zugriff hat die Gesellschaft im Prozess daher „nur“356) x

ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten des Vorstandsmitglieds,

x

den Eintritt und die Höhe eines Schadens der Gesellschaft357) und

x

die Kausalität zwischen Vorstandshandeln und Schaden358)

1131

___________ Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 11 Rz. 65, a. a. O. Haftung zwischen Vorstandsmitglied und Gesellschaft. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 219. Greger, in: Zöller, ZPO, Vor § 284 Rz. 17a. Greger, in: Zöller, ZPO, Vor § 284 Rz. 17a. Nach Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 11 Rz. 70; BGH, Urt. v. 4.11.2002 – II ZR 224/00 (zitiert nach juris). 357) Hierzu weiter auch Krieger/Sailer-Coceani, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 93 Rz. 341. 358) Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 221, Krieger/Sailer-Coceani, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 93 Rz. 40. 351) 352) 353) 354) 355) 356)

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305

F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

darzulegen und zu beweisen.359) Ausreichend ist, wenn die Gesellschaft zur Darlegung der Pflichtwidrigkeit Umstände darlegt, die in der Gesamtschau ergeben, dass das Vorstandsmitglied möglicherweise pflichtwidrig gehandelt hat.360) 1132 Hierauf ist es an dem Vorstandsmitglied, darzulegen und zu beweisen, dass sein Verhalten nicht pflichtwidrig oder schuldhaft ist.361) Dasselbe gilt für den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens.362) Dem Vorstandsmitglied ist daher zu raten, in der Phase der Entscheidungsvorbereitung die Umstände zu dokumentieren, von denen ausgehend das Vorstandsmitglied vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage ausreichender und angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft gehandelt zu haben.363) 1133 Nach herrschender Meinung364) gelten diese Grundsätze auch für ausgeschiedene Vorstandsmitglieder. g)

Berechtigung zur Geltendmachung der Forderung

1134 Schadensersatzansprüche gegen Vorstandsmitglieder macht der Aufsichtsrat für die Gesellschaft geltend (vgl. § 112). 1135 Verspricht die klageweise Geltendmachung des Anspruchs Erfolg, darf er davon ausnahmsweise nur absehen, „wenn gewichtige Gründe des Gesellschaftswohls dagegen sprechen und diese Umstände die Gründe, die für eine Rechtsverfolgung sprechen, überwiegen oder ihnen zumindest gleichwertig sind. Anderen außerhalb des Unternehmenswohles liegenden, die Vorstandsmitglieder persönlich betreffenden Gesichtspunkte darf der Aufsichtsrat nur in Ausnahmefällen Raum geben“.365) 1136 Unter den Voraussetzungen von § 93 Abs. 5 können Gläubiger der Gesellschaft Ersatzansprüche der Gesellschaft im direkten Durchgriff auf die Vorstandsmitglieder geltend machen. Hierdurch soll die Befriedigung der Ansprüche der Gläubiger möglichst vereinfacht werden. Gläubiger dürfen auf die Vorstandsmitglieder direkt durchgreifen, wenn: x sie Inhaber einer gegen die Gesellschaft gerichteten Forderung sind, die auf Geld gerichtet ist oder in eine solche Forderung übergehen kann, die Forderung durch die Gesellschaft nicht befriedigt wird, das Vorstandsmitglied seine Pflichten nicht nur leicht fahrlässig, sondern mindestens grob fahrlässig verletzt hat, und x die Gesellschaft selbst einen Anspruch gegen ihre Organmitglieder hat. ___________ x x

359) 360) 361) 362)

OLG Stuttgart, Urt. v. 25.11.2009 – 20 U 5/09, ZIP 2009, 2386 – 2391. MünchGesR-Wiesner, AG, § 26 Rz. 24. OLG Stuttgart, Urt. v. 25.11.2009 – 20 U 5/09, ZIP 2009, 2386 – 2391. MünchGesR-Wiesner, AG, § 26 Rz. 22, 24; Krieger/Sailer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 93 Rz. 41. 363) Krieger/Sailer-Coceani, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 93 Rz. 41; Lutter, ZIP 2007, 841, 846. 364) Mit weiteren Ausführungen vgl. Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 11 Rz. 73. 365) BGH, Urt. v. 21. April 1997 – II ZR 175/95, 4. Leitsatz.

306

Glock/Bauer

IV. Zivilrechtliche Haftung des Vorstands

Ein Aktionär der Gesellschaft ist bis auf wenige Ausnahmen366) nicht berech- 1137 tigt, Schadensersatzansprüche der Gesellschaft im Namen der Gesellschaft oder in eigenem Namen geltend zu machen. Aktionäre können jedoch bei Gericht die Zulassung beantragen, im eigenen Namen die in § 147 Abs. 1 Satz 1 bezeichneten Ersatzansprüche der Gesellschaft geltend zu machen (§ 148), sofern die Anteile der beantragenden Aktionäre im Zeitpunkt der Antragstellung zusammen den einhundertsten Teil des Grundkapitals oder einen anteiligen Betrag von 100.000 € erreichen. Die Klage richtet sich auf Leistung an die Gesellschaft. Ferner hat die Hauptversammlung die Möglichkeit, mit einfacher Stimmenmehrheit die Geltendmachung der Ansprüche zu beschließen (§ 147 Abs. 1 Satz 1). h)

Die neun Sondertatbestände des § 93 Abs. 3 AktG

§ 93 Abs. 3 beschreibt neun besonders hervorgehobene Tatbestände. Liegt ein 1138 Tatbestand vor, sind Vorstandsmitglieder „namentlich zum Ersatz (von Schaden) verpflichtet“. § 93 Abs. 3 ist eine eigenständige Anspruchsgrundlage.367) Nach dieser sind Vorstandsmitglieder zum Ersatz verpflichtet, wenn entgegen dem Aktiengesetz x

Einlagen an die Aktionäre zurückgewährt werden (Nr. 1),

x

den Aktionären Zinsen oder Gewinnanteile gezahlt werden (Nr. 2),

x

eigene Aktien der Gesellschaft oder einer anderen Gesellschaft gezeichnet, erworben, als Pfand genommen oder eingezogen werden (Nr. 3),

x

Aktien vor der vollen Leistung des Ausgabebetrags ausgegeben werden (Nr. 4),

x

Gesellschaftsvermögen verteilt wird (Nr. 5),

x

Zahlungen entgegen § 92 Abs. 2 geleistet werden (Nr. 6),

x

Vergütungen an Aufsichtsratsmitglieder gewährt werden (Nr. 7),

x

Kredit gewährt wird (Nr. 8) oder

x

bei der bedingten Kapitalerhöhung außerhalb des festgesetzten Zwecks oder vor der vollen Leistung des Gegenwerts Bezugsaktien ausgegeben werden (Nr. 9).

Abweichend von den grundsätzlich geltenden Gesetzmäßigkeiten zieht das 1139 Vorliegen einer der Katalogtatbestände das Folgende nach sich: x

Gesellschaftsgläubiger können bereits bei leichter Fahrlässigkeit gegen Organmitglieder vorgehen (93 Abs. 5 Satz 2).

___________ 366) Vgl. §§ 117 Abs. 1 Satz 2, 309 Abs. 4 Satz 1, 310 Abs. 4, 317 Abs. 4, 318 Abs. 4. 367) Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 256.

Glock/Bauer

307

F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

x

In Höhe der abgeflossenen (§ 93 Abs. 1 Nr. 1 – 3, 5 – 9) oder vorenthaltenen Mittel (§ 93 Abs. 1 Nr. 4) wird ein Schaden der Gesellschaft vermutet.368)

i)

Haftungsausschluss durch Hauptversammlungsbeschluss (§ 93 Abs. 4 AktG)

1140 Handelt der Vorstand auf der Grundlage eines wirksamen, also gesetzmäßigen Beschlusses der Hauptversammlung und führt dieses Handeln zu einem Schaden für die Gesellschaft, sieht § 93 Abs. 4 den Ausschluss der Haftung vor. 1141 Der Haftungsausschluss wird nach herrschender Meinung jedoch nur gewährt, wenn das Vorstandsmitglied den Beschluss der Hauptversammlung nicht pflichtwidrig, insbesondere durch Mitteilung falscher Informationen herbeigeführt hat,369) oder es nicht pflichtwidrig versäumt hat, einen nichtigen oder anfechtbaren Hauptversammlungsbeschluss durch Erhebung einer entsprechenden Klage zu beseitigen.370) 1142 Der Hauptversammlungsbeschluss muss der den Schaden begründenden Vorstandshandlung zeitlich vorausgehen. Handelt das Vorstandsmitglied bereits vor dem Beschluss der Hauptversammlung, beruhte die Handlung sonst nicht auf diesem.371) Die Billigung des Handelns des Vorstands durch die Hauptversammlung genügt indes nicht, um den Ausschluss der Haftung des Vorstandsmitglieds herbeizuführen. 1143 Erforderlich ist ein formeller, gesetzmäßiger, daher also weder nichtiger noch anfechtbarer Hauptversammlungsbeschluss.372) Gesetzmäßig zustande gekommen ist der Beschluss auch nur dann, wenn er sich im Rahmen der originären Kompetenzen der Hauptversammlung hält.373) Im Fall von Maßnahmen der Geschäftsführung wird sich ein Vorstandsmitglied daher nur dann auf einen Hauptversammlungsbeschluss berufen können, wenn die Maßnahme der Hauptversammlung zur Entscheidung durch Beschluss nach § 119 Abs. 2 vorgelegt wurde.374) 1144 „Vorsichtige“ Vorstände werden öfters die Gelegenheit ergreifen, ihre Haftung auszuschließen, indem sie der Hauptversammlung die Maßnahme der Hauptversammlung zum Beschluss nach § 119 Abs. 2 unterbreiten.

___________ 368) 369) 370) 371) 372)

OLG Stuttgart, Urt. v. 25.11.2009 – 20 U 5/09, ZIP 2009, 2386 – 2391. Ausführlich Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 11 Rz. 91. Vgl. Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 11 Rz. 92. Vgl. § 93 Abs. 4 Satz 1 AktG. Fleischer, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 11 Rz. 87 ff.; MünchGesR-Wiesner, AG, § 26 Rz. 41. 373) MünchGesR-Wiesner, AG, § 26. Rz. 41. 374) MünchGesR-Wiesner, AG, § 26 Rz. 39.

308

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IV. Zivilrechtliche Haftung des Vorstands

j)

Verjährung

Schadensersatzansprüche gegen Vorstandsmitglieder verjähren nach fünf Jah- 1145 ren, es sei denn die Gesellschaft ist zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung börsennotiert (§ 93 Abs. 6). In diesem Fall verjähren die Ansprüche erst in zehn Jahren. Die Frist kann nicht durch Vertrag oder Satzung abgeändert werden.375) Die Verjährungsfrist beginnt mit der Entstehung des Anspruchs, also zu dem Zeitpunkt der objektiv ersten Möglichkeit der klageweisen Durchsetzung gegenüber dem Vorstandsmitglied376) bzw. frühestens mit Eintritt des Schadens bei der Gesellschaft.377) Die Kenntnis der Gesellschafter von dem entstandenen Schadensersatzanspruch ist für den Beginn der Verjährungsfrist unerheblich.378) k)

Vergleich und Verzicht

Drei Jahre nach Entstehung eines Schadensersatzanspruchs kann die Gesell- 1146 schaft auf die Geltendmachung verzichten oder sich hierzu vergleichen (§ 93 Abs. 4 Satz 3). Ein wirksamer Vergleich oder Verzicht setzt zwingend voraus, dass: x

die Hauptversammlung durch Beschluss zustimmt sowie

x

eine Aktionärsminderheit379) nicht zur Niederschrift widerspricht.

1147

Die zeitliche Beschränkung auf drei Jahre gilt nach § 93 Abs. 4 Satz 4 nicht, 1148 wenn das ersatzpflichtige Vorstandsmitglied zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht, oder wenn die Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird. l)

Haftung von mehreren Vorstandsmitgliedern

Hat nicht nur ein Vorstandsmitglied, sondern haben mehrere Vorstandsmit- 1149 glieder pflichtwidrig gehandelt, haften sie gegenüber der Gesellschaft nach § 93 Abs. 2 i. V. m. §§ 421 ff. BGB als sog. Gesamtschuldner. Dies bedeutet, dass die Gesellschaft von jedem einzelnen der betroffenen Vorstandsmitglieder verlangen kann, die Schadensersatzforderung voll oder zum Teil zu erfüllen. Ausgleichspflichtig untereinander sind die Vorstandsmitglieder je nach Bean- 1150 spruchung nach Maßgabe von § 426 BGB nach gleichen Teilen, außer die Höhe des Haftungsanteils variiert nach dem individuell unterschiedlichen Grad des Verschuldens und dem Grad der Pflichtverletzung (vgl. § 254 BGB). Voraus___________ 375) 376) 377) 378) 379)

Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 303g. OLG Stuttgart, Urt. v. 25.11.2009 – 20 U 5/09, ZIP 2009, 2386 – 2391. MünchGesR-Wiesner, AG, § 26 Rz. 50. BGH, Urt. v. 21.2.2005 – II ZR 112/03, ZIP 2005, 852 – 854. Aktionärsminderheit = Minderheit, deren Anteile zusammen mindestens ein Zehntel des Grundkapitals erreichen.

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309

F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

setzung bleibt jedoch, dass jedes Vorstandsmitglied für sich die Haftungsvoraussetzungen erfüllt.380) So kann z. B. ein Vorstandsmitglied seine Sorgfaltspflicht in seinem Ressort verletzt haben, während ein Vorstandskollege „nur“ seine Pflicht zur Überwachung dieses Ressorts verletzt hat. 2.

Haftung gegenüber Aktionären

1151 Neben den bereits dargestellten Möglichkeiten zur Erzwingung der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft gegenüber den Vorstandsmitgliedern381) zur Leistung an die Gesellschaft, kommt eine Haftung des Vorstandsmitglieds gegenüber Aktionären nach § 117 Abs. 1 und 2 in Betracht. 1152 Eine deliktische Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB scheidet aus, da das Mitgliedsrecht des Aktionärs kein Recht auf rechtmäßiges Verhalten der Vorstandsmitglieder enthält.382) 1153 Im Übrigen können § 823 Abs. 2 BGB und § 826 BGB Grundlage für Ansprüche der Aktionäre gegen Vorstandsmitglieder sein.383) Wir verweisen hierzu auf die folgenden Ausführungen. 3.

Haftung gegenüber Dritten (Außenhaftung)

1154 Neben der (Binnen)Haftung des Vorstandsmitglieds gegenüber der Gesellschaft und deren Aktionären besteht auch die Möglichkeit der Haftung gegenüber Dritten. Sie kann auf Vertrag, Vertrauen oder Gesetz beruhen. Im Einzelnen ergeben sich folgende Haftungskomplexe:384) a)

Vertragliche Haftung

1155 Ein Vorstandsmitglied kann im Rahmen eines erbrachten Garantieversprechens, einer Bürgschaft oder eines Schuldbeitritts vertraglich gegenüber Dritten haften müssen.385) b)

Vorvertragliche Haftung

1156 Wirkt das Vorstandsmitglied aufgrund wirtschaftlichen Eigeninteresses an einem Vertragsabschluss mit Vertragspartnern der Gesellschaft mit, also wird es wirtschaftlich gleichsam in eigener Sache tätig, kann sich eine Haftung aus einem

___________ 380) 381) 382) 383) 384) 385)

MünchGesR-Wiesner, AG, § 26 Rz. 26. Vgl. Kap. F. Rz. 1134 ff. MünchGesR-Wiesner, AG, § 26 Rz. 64. Ausführlich MünchGesR-Wiesner, AG, § 26 Rz. 62 ff. Die Darstellung der Haftungskomplexe erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 309.

310

Glock/Bauer

IV. Zivilrechtliche Haftung des Vorstands

vorvertraglichen Verhältnis (§ 280 Abs. 1 i. V. m. § 311 Abs. 3 BGB) zwischen dem Vorstandsmitglied und dem Vertragspartner ergeben.386) Eine weitaus größere Bedeutung erfährt der Bereich der Inanspruchnahme per- 1157 sönlichen Vertrauens.387) c)

Haftung aus Delikt

Ein weiterer Haftungskomplex für Vorstandsmitglieder gegenüber Dritten er- 1158 gibt sich aus Delikt bzw. unerlaubter Handlung. Die Fallgruppen lauten im Einzelnen: x

Verletzung von Verkehrspflichten (§§ 823, 831, 31 BGB)

x

Insolvenzverschleppung (§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 92 Abs. 2)

x

Haftung aus Delikt gegenüber Aktionären388)

x

Haftung durch Verletzung von Schutzgesetzen (z. B. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 130 OWiG, 266a StGB)

x

Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformationen (§ 826 BGB)

x

Haftung wegen Verletzung von immateriellen Güterrechten oder Wettbewerbsverstößen

x

Haftung für Verschmelzungsschäden (§ 25 Abs. 1 UmwG)

x

Haftung für das Nichtabführen von Steuern (§ 69 AO)

x

Haftung aufgrund Verletzung von Organisationspflichten

x

Haftung für fehlerhafte Entsprechenserklärung gemäß § 161389)

d)

§ 93 Abs. 5 AktG

Gläubiger der Gesellschaft erhalten ggf. über § 93 Abs. 5 einen Anspruch gegen 1159 das pflichtwidrig handelnde Vorstandsmitglied.390) 4.

D&O-Versicherung

Vor dem Hintergrund der gezeigten mannigfaltigen Haftungsrisiken eines Vor- 1160 standsmitglieds ist es aus Sicht eines Vorstandsmitglieds ratsam, dass die Ge___________ 386) BGH, Urt. v. 5.4.1971 – VII ZR 163/69, BGHZ 56, 81 ff. 387) Die Fallgruppe liegt vor, wenn das Vorstandsmitglied aus seiner Rolle als Geschäftsleiter der Gesellschaft heraustritt und auf besondere Kenntnisse und Fähigkeiten oder verwandtschaftliche Beziehungen zu dem Verhandlungspartner verweist. Weiterführend Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 312; MünchGesR-Wiesner, AG, § 26 Rz. 68. 388) Siehe dazu Kap. F. Rz. 1151 ff. 389) Es sind Fälle denkbar, die zur Haftung eines Vorstandsmitglieds führen. Anspruchsgrundlage für die Haftung wäre wohl § 826 BGB. Dennoch stellen sich für die anspruchsstellende Gesellschaft Beweisfragen, die diese höchstwahrscheinlich nicht beantworten kann. 390) Siehe dazu Kap. F. Rz. 1136 f.

Glock/Bauer

311

F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

sellschaft zur weitgehenden Absicherung des Vorstandsmitglieds (meist auf Rechnung der Gesellschaft) eine „Directors-and-Officers-Liability“-Versicherung (D&O-Versicherung) abschließt.391) Die Versicherung deckt Vermögensschäden ab, die der Gesellschaft (Binnenhaftung) oder Dritten (Außenhaftung) durch eine Pflichtverletzung des Vorstandsmitglieds entstehen. 1161 Ab dem 5.8.2009 ist aufgrund des am selben Tag in Kraft getretenen Gesetzes zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) für alle Neu-D&OVerträge, zwingend ein Selbstbehalt zu vereinbaren (§ 93 Abs. 2 Satz 3).392) Ab dem 1.7.2010 gilt dies auch für alle Altverträge (§ 23 Abs. 1 EGAktG). Nach Auffassung des Bundesjustizministeriums soll hierdurch „eine Verhaltenssteuerung für mehr Nachhaltigkeit erreicht werden“.393) Der Selbstbehalt setzt sich aus zwei Werten zusammen. Zum einen ist eine prozentuale Quote festzulegen, zu der sich das Vorstandsmitglied an jedem Schadensfall zu beteiligen hat, wobei die Quote mindestens 10 Prozent betragen muss. Zum anderen ist eine „absolute Obergrenze“394) zu vereinbaren, die mindestens die Höhe des Eineinhalbfachen der jährlichen Festvergütung beträgt (§ 93 Abs. 2 Satz 3), und für alle Schadensfälle in einem Jahr zusammen gilt. Bei Änderung der Festvergütung sind die D&O-Verträge jährlich anzupassen.395) 1162 Die Verpflichtung zur Vereinbarung eines Selbstbehalts ist in § 93 geregelt, der die Binnenhaftung des Vorstandsmitglieds normiert. Das lässt den Schluss zu, dass die Pflicht zur Vereinbarung eines Selbstbehalts nur für die Binnenhaftung gelten soll. V.

Die Trennungsphase

Glock/Merkel

1163 Bei der Trennung von Gesellschaft und Vorstandsmitglied sind, soll sie vollständig vollzogen werden, entsprechend der vorhandenen Bindungen zwei Ebenen zu beachten: x

die auf das Vorstandsamt bezogene organschaftliche Ebene und

x

die auf den Anstellungsvertrag bezogene vertragliche Ebene.

1164 Quintessenz der sog. Trennungstheorie ist,396) dass Amt (Bestellung) und Vertrag (Anstellung) grundsätzlich getrennt voneinander zu beurteilen sind, auch wenn eine Abberufung,397) die auf einen Grund gestützt wird, der auf den Willen schließen lässt, sich vom Vorstandsmitglied auch bzgl. des Vertrags zu trennen, ___________ 391) 392) 393) 394) 395) 396) 397)

312

Ausführlich Wellhöfer, in: Wellhöfer/Peltzer/Müller, § 7 Rz. 21 ff. BT-Drucks. 16/13433, S. 11. Presseerklärung des Bundesjustizministeriums vom 18. Juni 2009. BT-Drucks. 16/13433, S. 11. BT-Drucks. 16/13433, S. 11. Siehe Kap. F. Rz. 942 ff. Siehe dazu Kap. F. Rz. 1168 ff.

Glock/Merkel

V. Die Trennungsphase

als konkludente Vertragskündigung ausgelegt werden kann, und umgekehrt, eine Vertragskündigung i. d. R. als konkludente Abberufung.398) Gelegentlich finden sich in Anstellungsverträgen von Vorstandsmitgliedern 1165 sog. Kopplungsklauseln (z. B. „Die Anstellung erfolgt für die Dauer der Bestellung“)399). Antizipiert wird, dass die Gesellschaft nach einer Abberufung oft nicht nur keine rechte Verwendung für das Vorstandsmitglied mehr hat, sondern es meist auch gar nicht mehr im Unternehmen haben will; darauf, dass die Gesellschaft dem Ex-Vorstandsmitglied eine andere Tätigkeit nicht einseitig zuweisen kann,400) kommt es dann logischerweise nicht an. Die Gesellschaft bleibt aber solange zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet, wie der (sie dazu verpflichtende) Vertrag das Amt überdauert. Enthält der Vertrag eine Kopplungsklausel, endet er zwar nicht schon zugleich mit dem Amt, außer es liegt ein zur fristlosen Kündigung berechtigender wichtiger Grund i. S. v. § 626 BGB vor, aber „immerhin“ mit dem regelmäßig vor dem regulären Vertragslaufzeitende liegenden Zeitpunkt des Ablaufs der einschlägigen Frist des § 622 BGB.401) 1.

Amtsbeendigung

Das Vorstandsamt und damit das Recht und die Pflicht der Vertretung und 1166 Geschäftsführung einschließlich der Leitung können folgendermaßen enden: x

durch Ablauf der Zeit, für die das Amt begründet worden ist (max. fünf Jahre, vgl. § 84 Abs. 1 Satz 1),

x

einvernehmlich durch Abschluss eines Aufhebungsvertrags, zu dem darin bestimmten Zeitpunkt,

x

einseitig –

durch Widerruf der Bestellung durch die Gesellschaft („Abberufung“), vgl. § 84 Abs. 3,



durch Amtsniederlegung durch das Vorstandsmitglied.

Im Übrigen endet das Amt, wenn das Vorstandsmitglied stirbt, eine der in § 76 1167 Abs. 2 bestimmten Eignungsvoraussetzungen oder seine unbeschränkte Geschäftsfähigkeit (vgl. § 76 Abs. 3 Satz 1) verliert. Es endet schließlich mit dem Ende der Gesellschaft, sei es im Fall einer Umwandlung (z. B. Verschmelzung, wobei nur dann, wenn diese in der Variante „durch Neugründung“ erfolgt, die Mitglieder der Vorstände aller verschmolzenen Gesellschaften ihr Amt verlieren), ___________ 398) Thüsing, in: Fleischer, Hbd. Vorstandsrecht, § 5 Rz. 1. 399) Der Vertrag wird unter die auflösende Bedingung des (Fort-)Bestands der Bestellung gestellt (vgl. § 158 Abs. 2 BGB), vgl. dazu auch schon Kap. F. Rz. 944 f. 400) Siehe dazu Kap. F. Rz. 1194 ff. 401) BGH, Urt. v. 11.5.1981 – II ZR 126/80 unter II. 1 der Entscheidungsgründe.

Glock/Merkel

313

F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

sei es, die abgewickelte Gesellschaft erlischt (vgl. § 273 Abs. 1 Satz 2) oder wird wegen Vermögenslosigkeit gelöscht (vgl. § 2 LöschungsG). a)

Die Abberufung

1168 Nach § 84 Abs. 3 Satz 1 kann der Aufsichtsrat402) die Bestellung zum Vorstandsmitglied (ebenso die Ernennung zum Vorstandsvorsitzenden) aus wichtigem Grund widerrufen, kurz: das Vorstandsmitglied abberufen. Dafür ist der Zugang einer entsprechenden Erklärung beim Vorstandsmitglied erforderlich. Die Erklärung muss auf einem wirksamen Beschluss des Aufsichtsrats beruhen. Bei fehlendem oder fehlerhaftem Beschluss kann Heilung analog § 244 durch (neuen) Beschluss erfolgen;403) insoweit ist einstweiliger Rechtsschutz eröffnet, anders, wenn das Vorliegen eines wichtigen Grundes bestritten wird.404) 1169 Bei Vorstandsmitgliedern einer mitbestimmten Gesellschaft gilt ein besonderes Verfahren, wofür hier nur auf § 31 MitbestG verwiesen wird.405) 1170 Ein gemäß § 83 Abs. 3 Satz 1 erforderlicher wichtiger Grund liegt vor,406) wenn der Gesellschaft die Fortsetzung des Organverhältnisses mit dem Vorstandsmitglied bis zum regulären Amtszeitende unzumutbar ist.407) Nach herrschender,408) aber wohl unzutreffender Sicht, hat die Unzumutbarkeitsprüfung durch eine Abwägung der Interessen der Gesellschaft gegen das Interesse des Vorstandsmitglieds, im Amt zu bleiben und die dafür streitenden Umstände zu erfolgen;409) zugunsten des Vorstandsmitglieds schlagen danach auch z. B. dessen Lebensalter, Anschluss-Karrieremöglichkeiten etc. ins Gewicht. Dafür, dass es für die Unzumutbarkeitsfrage dagegen allein auf das Gewicht der Interessen der Gesellschaft ankommt, sprechen indessen zwei Erwägungen:410) Erstens genießt das Vorstandsmitglied durch das in aller Regel bestehende Anstellungsverhältnis einen namentlich durch § 626 BGB vermittelten Kündigungsschutz, bei dem seine Interessen im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung in die Waagschale fallen. Zweitens enthält § 84 Abs. 3 – anders als § 626 BGB – nicht nur keinen Hinweis darauf, dass eine Abwägung Platz zu greifen habe, ___________ 402) Aus § 107 Abs. 3 Satz 3 ergibt sich, dass der Gesamtaufsichtsrat zuständig ist. Danach kann über die Abberufung (wie auch schon über die Bestellung) nämlich kein Ausschuss des Aufsichtsrats beschließen. 403) Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rz. 34 m. w. N. 404) Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rz. 34. 405) Etwa MünchGesR-Wiesner, AG, § 20 Rz. 40 f. 406) Beispiele für wichtige Gründe zur Abberufung: MünchGesR-Wiesner, AG, § 20 Rz. 64. 407) Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rz. 26 m. w. N. 408) Vgl. Nachweise bei Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84 Rz. 100. 409) Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rz. 26 m. w. N. 410) Etwa Thüsing, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 5 Rz. 9; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 84 Rz. 49.

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Glock/Merkel

V. Die Trennungsphase

sondern weist mit den in § 84 Abs. 3 Satz 2 (exemplarisch) genannten Gründen vielmehr in die der h. M. entgegensetzte Richtung.411) Liegt ein zur Abberufung berechtigender („wichtiger“) Grund vor, steht die 1171 Abberufung im (pflichtgemäßen) Ermessen des Aufsichtsrats.412) Er ist nicht verpflichtet, das Vorstandsmitglied abzuberufen, auch dann nicht, wenn die Hauptversammlung diesem ihr Vertrauen aus einem nicht offensichtlich unsachlichen Grund entzogen hat.413) Dieser letztgenannte Abberufungsgrund fußt darauf, dass die – auf den Zweck 1172 der Verwaltung des ihm durch die Aktionäre anvertrauten Kapitals angelegten – Machtbefugnisse des Vorstands nur solange gerechtfertigt erscheinen, als die in der Hauptversammlung zusammentretenden Aktionäre ihm mehrheitlich vertrauen.414) Der Vertrauensentzug bildet nur dann keinen Abberufungsgrund, wenn er aus einem offensichtlich unsachlichen Grund erfolgt. So, wenn er nur zum Vorwand dient, willkürlich, völlig haltlos oder wegen der verfolgten Zwecke als rechtswidrig anzusehen ist, da er gegen Treu und Glauben verstößt.415) Regelmäßig wird auch der mit einem Umstand begründete Vertrauensentzug rechtsmissbräuchlich sein, den die Hauptversammlung kannte, als sie positiv über die Entlastung (vgl. § 120) des betreffenden Vorstandsmitglieds beschlossen hat.416) Im Übrigen nennt § 84 Abs. 3 Satz 2 die grobe Pflichtverletzung und die Unfä- 1173 higkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung beispielhaft als Abberufungsgründe. Dem Vorstandsmitglied muss kein Verschulden zur Last fallen.417) Ein wichtiger – zur fristlosen Kündigung des Anstellungsverhältnisses berechtigender – Grund i. S. v. § 626 BGB ist stets auch ein zur Abberufung berechtigender Grund i. S. v. § 84 Abs. 3,418) was aber nicht auch umgekehrt gilt. § 626 BGB stellt die höhere Hürde dar: Der Kündigungsschutz ist größer als der „Abberufungsschutz“. Das kann auch nicht wundern, da § 84 Abs. 3 im Interesse der Gesellschaft gewährleisten soll, dem Vorstandsmitglied die ihm mit seiner Bestellung eingeräumten weitgehenden Machtbefugnisse wieder entziehen zu können, die ihm der Anstellungsvertrag nicht vermittelt. Umgekehrt begründet dem Vorstandsmitglied nicht das Amt, sondern der Vertrag Gegenleistungsansprüche (Vergütung, Versorgung), deren Schutz § 626 BGB vorbehalten ist. ___________ Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84 Rz. 101. Etwa nur OLG Stuttgart, Urt. v. 13.3.2002 – 20 U 59/01 im 1. Leitsatz. BGH, Urt. v. 28.4.1954 – II ZR 211/53, BGHZ 13, 188, 193. Thüsing, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 5 Rz. 26. BGHZ 13, 188, 193; WM 1956, 1182; WM 1961, 569, 573; WM 1962, 811; WM 1975, 787, 789. 416) Thüsing, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 5 Rz. 27. 417) Peltzer, in: Semler/Peltzer, Hdb. Vorstand, § 2 Rz. 106. 418) BGH, NJW-RR 1996, 156. 411) 412) 413) 414) 415)

Glock/Merkel

315

F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

1174 Als grobe Pflichtverletzung i. S. v. § 84 Abs. 3 Satz 2 kommt z. B. das Ausnutzen des Amts zum persönlichen Vorteil419) oder z. B. ein besonders schwerer Verstoß gegen die Berichtpflicht gemäß § 90420) und im Übrigen jedes hinreichend gravierende Fehlverhalten des Vorstandsmitglieds in Frage.421) Unfähig zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung ist, wer diese tatsächlich (z. B. weil ihm die nötigen Kenntnisse fehlen)422) oder rechtlich (z. B. weil Eigenschaften, die die Satzung verlangt, verlorengehen)423) nicht leisten kann. 1175 Die Abberufung ist gemäß § 84 Abs. 3 Satz 4 mit Zugang der Widerrufserklärung wirksam, bis ihre Unwirksamkeit rechtskräftig festgestellt ist. Das gilt indessen nur, wenn strittig ist, ob ein wichtiger Grund für die Abberufung vorliegt; deren Wirksamkeit soll dann aus Gründen der Rechtssicherheit nicht in der Schwebe sein. Stets erforderlich ist wie schon gesagt aber, dass ein wirksamer Abberufungsbeschluss vorliegt; fehlt ein solcher, ist die erklärte Abberufung – bei gegebener Heilungsmöglichkeit424) – von vornherein unwirksam,425) z. B. wenn der Beschluss entgegen § 107 Abs. 3 Satz 2 nicht vom Gesamtaufsichtsrat, sondern einem Ausschuss gefasst worden ist. Feststellung i. S. v. § 84 Abs. 3 Satz 4 meint nur diejenige, durch rechtkräftiges Endurteil im Hauptsacheverfahren.426) Entsprechende Klagen abberufener Vorstandsmitglieder haben Seltenheitswert, schon deshalb, da oft absehbar ist, dass in der verbleibenden regulären Amtszeit kein solches Urteil erstritten werden könnte. 1176 Steht bei einer Abberufung ausnahmsweise sicher fest, dass kein wichtiger Grund vorliegt, gibt es keinen Grund, sie zunächst als wirksam zu behandeln; so, wenn die Abberufung willkürlich427) ist, ihr also kein, geschweige ein wichtiger Grund zur Seite steht bzw. dies offensichtlich ist428) bzw. sie „die Rechtswidrigkeit auf der Stirn trägt“.429) Ob das immer schon der Fall ist, wenn die Gesellschaft das Fehlen eines wichtigen Grundes eingesteht,430) erscheint zwei___________ 419) 420) 421) 422) 423) 424) 425) 426)

427) 428) 429) 430)

316

BGH, Urt. v. 23.9.1985 – II ZR 246/84, ZIP 1985, 1484 f. (GmbH-GF). LG München, Urt. v. 11.11.2004 – 5HK O 6764/04, 5 HKO 6764/04 im 1. Leitsatz. Für Einzelfälle vgl. etwa bei Seibt, in: Schmidt/Lutter, § 84 Rz. 49a. OLG Stuttgart, GmbHR 1957, 59, 60. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84 Rz. 105. Vgl. dazu Kap. F. Rz. 1168. Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rz. 25. Einstweiliger Rechtsschutz scheidet aus, wenn nur gerügt wird, ein wichtiger Grund liege nicht vor. Ein Antrag auf Erlass einer entsprechenden einstweiligen Verfügung wäre dann bereits unzulässig, vgl. Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rz. 34. BGH, Urt. v. 14.7.1980 – II ZR 161/79 unter 2. d) der Entscheidungsgründe. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84 Rz. 127. Thüsing, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 5 Rz. 31. Thüsing, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 5 Rz. 31.

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V. Die Trennungsphase

felhaft, da das Eingeständnis auf einer irrigen Beurteilung beruhen kann, ohne dass der Gesellschaft dieser Einwand abgeschnitten sein muss. Davon sollte die Unwirksamkeit rechtsmissbräuchlicher Abberufungen unter- 1177 schieden werden. Auf die Offensichtlichkeit – die trotzdem gegeben sein kann – kommt es hier nicht an; denn das gesamte Recht ist von dem Prinzip durchwirkt, treuwidrige Rechtshandlungen nicht anzuerkennen. Der Aspekt der Rechtssicherheit tritt hier zurück. Rechtsmissbräuchlichkeit liegt z. B. vor, wenn die Abberufung maßregelnde Reaktion auf eine zulässige Rechtsausübung des Vorstandsmitglieds ist.431) b)

Die Amtsniederlegung

Das Pendant zur Abberufung ist der gesetzlich nicht geregelte, aber anerkannte432) 1178 Beendigungsgrund der Amtsniederlegung durch das Vorstandsmitglied. aa)

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs

Der Bundesgerichtshof hat sich, soweit ersichtlich, mit der Frage, wann die Nie- 1179 derlegung wirksam ist, also das Amt beendet, bisher nur für GmbH-Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder einer Genossenschaft,433) nicht eigens für solche einer Aktiengesellschaft befasst. Nach einer Entscheidung aus 1980434) wirkt eine Amtsniederlegung auch dann 1180 sofort, wenn über deren „objektive Berechtigung“, also die Frage Streit besteht, ob der (danach noch)435) vom Geschäftsführer geltend zu machende Grund, einen wichtigen, die Niederlegung nämlich rechtfertigenden Grund bildet. Denn bei „Zweifeln über die Beendigung organschaftlicher Vertretungsmacht aus wichtigem Grund“ sei dem Interesse der Gesellschaft, ihrer Organe und des Rechtsverkehrs, sogleich Klarheit über die Vertretungsverhältnisse zu haben – kurz der Rechtssicherheit – Vorrang gegenüber etwaigen Interessen der Gesellschaft am Fortbestand des Amts einzuräumen. Das Gericht geht also zunächst von der Erforderlichkeit eines wichtigen Grundes aus, der sich in einer die berührten Interessen berücksichtigenden Abwägung als gegeben zu erweisen hat, nur dass das allseits bestehende Interesse an Rechtssicherheit – das in § 84 Abs. 3 Satz 4 unmittelbar für die Abberufung zum Ausdruck kommt – das Erfordernis

___________ 431) 432) 433) 434) 435)

Thüsing, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 5 Rz. 31. Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rz. 36 m. w. N. BGH, Urt. v. 13.2.1984 – II ZR 2/83, WM 1984, 532 – 534. BGH, Urt. v. 14.7.1980 – II ZR 161/79, NJW 1980, 2415 ff. (für GmbH-GF). Vgl. dazu Kap. F. Rz. 1181 f.

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F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

eines wichtigen Grundes in Zweifelsfällen gewissermaßen suspendiert,436) bis die Zweifel ggf. rechtskräftig beseitigt sind. 1181 1993 hat der Bundesgerichtshof437) – unter Aufrechterhaltung der Maßgeblichkeit des Gesichtspunkts der Rechtssicherheit – erkannt, es sei „nicht gerechtfertigt, die Wirksamkeit der Amtsniederlegung davon abhängig zu machen, mit welcher möglicherweise schon in sich selbst unschlüssigen, also objektiv keinen wichtigen Grund enthaltenden Begründung der Geschäftsführer seine Erklärung versieht“. Der Geschäftsführer war, wie es dem Leitbild des § 38 Abs. 1 GmbHG entspricht, seinerseits frei abberufbar. Ausdrücklich nicht hat das Gericht sich dazu verhalten, was bei einem GmbH-Geschäftsführer gilt, der – wie es zwingend für die Abberufung eines Vorstandsmitglieds gilt (vgl. § 84 Abs. 3 Satz 1) – seinerseits nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes abberufen werden kann. 1182 Dem Bundesgerichtshof ist zuzustimmen: Es ist unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit in der Tat überflüssig, eine Begründung bei der Niederlegung zu verlangen, wenn deren Qualität als wichtiger Grund nicht ohne Weiteres sofort sicher beurteilt werden kann. Dann herrscht nämlich – wenn die Wirksamkeit der Niederlegung strittig ist – bis zu einer verbindlichen Klärung durch die Gerichte die Rechtsunsicherheit, die zu Recht auch vom Bundesgerichtshof für nicht hinnehmbar gehalten wird. Die Forderung nach irgendeiner Begründung stellte sich indessen als Förmelei dar. 1183 Der für die Entscheidungen maßgebliche Gedanke der Rechtssicherheit greift allerdings auch bei solchen GmbH-Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern, die ihrerseits nur aus wichtigem Grund abberufen werden können. Unseres Erachtens sollte ihm auch hier der Vorzug vor einem etwaigen Interesse der Gesellschaft am Fortbestand zukommen, d. h. die BGH-Rechtsprechung auch auf Vorstandsmitglieder erstreckt werden.438) bb)

Erfordernis eines wichtigen Grundes?

1184 Zum Teil wird im Anschluss an die dargestellte Rechtsprechung vertreten, eine Amtsniederlegung sei stets wirksam, auch unabhängig von einer Begründung.439) Das ist nicht wörtlich, sondern nur für die allerdings den Regelfall darstellenden Fälle gemeint, die § 84 Abs. 3 Satz 4 bei der Abberufung erfasst: nämlich

___________ 436) Bei der Abberufung gem. § 84 Abs. 3 Satz 4 mit (potentiell) vorläufiger Wirkung, vgl. dazu, dass das bei der Amtsniederlegung nicht recht passt, Kap. F. Rz. 1187. 437) BGH, Urt. v. 8.2.1993 – II ZR 58/92, NJW 1993, 1198 1199 m. w. N. (für GmbH-GF). 438) So auch etwa Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rz. 36 m. w. N. 439) Mertens, in: Kölner Komm AktG, § 84 Rz. 163; auch Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rz. 36; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 84 Rz. 56.

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V. Die Trennungsphase

wenn sonst eine „zweifelhafte Schwebelage entstünde;“440) rechtsmissbräuchlichen Niederlegungen wird die Wirksamkeit unisono versagt.441) Thüsing442) tritt denen, die eine Amtsniederlegung unter Hinweis darauf für stets 1185 wirksam halten entgegen,443) dass die Gesellschaft ein Vorstandsmitglied ohnehin nicht zwingen könne, sein Amt fortzuführen (vgl. § 888 Abs. 3 ZPO, wonach Dienste nicht vollstreckt werden können): Das Interesse der Gesellschaft am Fortbestand des Amts könne in der Fortgeltung des Wettbewerbsverbots des § 88 liegen, das im Fall der Amtsniederlegung nach h. M. nämlich nur endet, wenn sie berechtigt ist.444) Das ist auf dem Boden dieser h. M. richtig, nur dürfte die Gesellschaft, der es 1186 dann nicht um die Amtsfortführung (also Dienste des Vorstandsmitglieds), sondern um die Feststellung geht, dass das Wettbewerbsverbot nach wie vor gilt, auch genau nur diese Feststellung bei Gericht beantragen. Die Frage nach der Berechtigung der Niederlegung ist dann inzident zu prüfen. Erweist sie sich als unberechtigt, weil kein (wichtiger) Grund sie rechtfertigt, steht fest, dass das Wettbewerbsverbot von der Niederlegung unberührt geblieben ist. Die Frage nach der Wirksamkeit der Amtsniederlegung dagegen ist dann nicht Streitgegenstand, über sie wird folglich nicht verbindlich entschieden. Hier zeigt sich, dass § 84 Abs. 3 Satz 4, der die Wirksamkeit rechtssicherheits- 1187 bedingt (vorläufig) anordnet, bei der Niederlegung nicht recht passt. Während das abberufene Vorstandsmitglied (zumal wenn tatsächlich kein wichtiger Grund vorliegt) interessiert sein mag, ins Amt zurück zu kommen, wird die Gesellschaft kein Interesse haben, dass das Amt mit dem ausweislich seiner Amtsniederlegung Dienstunwilligen wieder auflebt,445) von § 888 Abs. 3 ZPO zu schweigen. Die Abwägung, durch die die Antwort auf die Frage, ob ein wichtiger Grund 1188 vorliegt oder nicht, bei der Abberufung herauszuschälen ist, verschiebt sich bei der Amtsniederlegung u. E. daher von der Wirksamkeit, wo es darauf nicht ankommt (str.),446) auf die Berechtigung, wo es, etwa neben der Frage der Fortgeltung des Wettbewerbsverbots, darum geht, ob das ehemalige Vorstandsmitglied sich, indem es sein Amt niedergelegt hat, angesichts seines Anstellungsvertrags gegenüber der Gesellschaft schadensersatzpflichtig gemacht hat.447) ___________ 440) Mertens, in: Kölner Komm AktG, § 84 Rz. 163. 441) Mertens, in: Kölner Komm AktG, § 84 Rz. 163; auch Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rz. 36; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 84 Rz. 56. 442) Dieser, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 5 Rz. 35. 443) Vgl. etwa Mertens, in: Kölner Komm AktG, § 84 Rz. 163. 444) Vgl. dazu Kap. F. Rz. 1038. 445) Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84 Rz. 129. 446) A. A. Kort, in: Großkomm. z. AktG, § 84 Rz. 224 und 226 m. w. N. 447) Vgl. nur etwa Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 84 Rz. 56.

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F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

cc)

Unwirksamkeit der Amtsniederlegung

1189 Liegt ein wichtiger Grund für die Amtsniederlegung offensichtlich nicht vor, gibt es keinen Grund, sie (auch nur vorläufig) als wirksam zu behandeln. Nur dürften solche Fälle in der Praxis nicht vorkommen. 1190 Die Niederlegung ist ohne Weiteres unwirksam, wenn sie rechtsmissbräuchlich ist, z. B. wenn die Gesellschaft durch sie handlungsunfähig würde,448) dies insbesondere in „insolvenznahen Situationen“;449) man mag hier von einer Amtsniederlegung „zur Unzeit“ sprechen. Rechtsmissbräuchlichkeit liegt auch vor, wenn das Vorstandsmitglied mit der Niederlegung zunächst gedroht hat, um seine Wiederbestellung zu erwirken450) oder z. B. einen besser dotierten Anstellungsvertrag. 2.

Vertragsbeendigung

a)

Allgemeines

1191 Die Abberufung lässt den Anstellungsvertrag unberührt;451) außer er ist per sog. Kopplungsklausel an das Fortbestehen des Amts gebunden.452) Gleiches gilt für eine Amtsniederlegung, mit der auch nicht etwa die Kündigung des Anstellungsvertrags verbunden werden muss.453) Die Gesellschaft kann nach der Amtsniederlegung allerdings berechtigt sein, den Anstellungsvertrag ihrerseits zu kündigen,454) wenn ihr kein rechtfertigender Grund zur Seite steht.455) Die Gesellschaft kann dann unter den Voraussetzungen des § 628 Abs. 2 BGB Schadensersatz vom ehemaligen Vorstandsmitglied verlangen. 1192 Gemäß § 84 Abs. 3 Satz 5 gelten für die Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag die allgemeinen Vorschriften. Das heißt, der Vertrag kann unter den Voraussetzungen des § 626 BGB außerordentlich fristlos oder – wenn ein entsprechendes Kündigungsrecht besteht – gemäß § 620 BGB unter Einhaltung der einschlägigen Frist des § 622 BGB ordentlich gekündigt werden. Gemäß § 620 Abs. 2 BGB besteht ein ordentliches Kündigungsrecht nicht bei Dienstverträgen, ___________ 448) 449) 450) 451)

452) 453) 454) 455)

320

Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84 Rz. 141 m. w. N. Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 84 Rz. 56. Thüsing, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 5 Rz. 37. Das Dienstverhältnis wandelt sich auch nicht etwa in ein Arbeitsverhältnis, außer das ist ausdrücklich vereinbart, vgl. für GmbH-GF: BAG, Urt. v. 6.5.1999 – 5 AZB 22/98 unter II. 2. der Entscheidungsgründe. Vgl. dazu Kap. F. Rz. 944 f. (dann endet der Vertrag aber auch erst nach Ablauf der nach § 622 BGB einschlägigen Frist). Etwa MünchGesR-Wiesner, AG, § 20 Rz. 55. Thüsing, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 5 Rz. 35. BGH, Urt. v. 14.7.1980 – II ZR 161/79 unter 1. der Entscheidungsgründe (ein „ungerechtfertigter Versuch“, sich den Amtsaufgaben zu entziehen, könne der Gesellschaft einen Grund zur außerordentlichen Kündigung des Anstellungsverhältnisses geben).

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V. Die Trennungsphase

die auf eine bestimmte Dauer geschlossen werden, außer es ist vereinbart worden.456) Vorstandsdienstverträge werden in aller Regel für die Dauer der Amtszeit befristet geschlossen, dann besteht kein ordentliches Kündigungsrecht, wenn es nicht extra vereinbart worden ist. Einen Hinweis ist ein junges Urteil des Bundesgerichtshofs wert, wonach GmbH 1193 und Geschäftsführer die Geltung des arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzes nach dem KSchG wirksam vereinbaren können, das nämlich nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG für Organvertreter nicht gilt.457) So kann es also auch für GmbHGeschäftsführer Kündigungsschutz geben. Das wird dann auch für Vorstandsmitglieder, allerdings mit der Einschränkung gelten müssen, dass die durch § 84 Abs. 1 Satz 1 und 5 gesicherte Freiheit des Aufsichtsrats nicht beeinträchtigt wird, (nach max. fünf Jahren) über die Wiederbestellung und -anstellung des Vorstandsmitglieds zu entscheiden. Daher dürfte Kündigungsschutz hier nur im Rahmen der Vertragslaufzeit vereinbart werden können, welche die diese Freiheit gewährleistende Höchstgrenze beachtet.458) Die Vereinbarung sollte das klar zum Ausdruck bringen, insbesondere nicht den Eindruck erwecken, der Vertrag wäre nach Ablauf der zulässigen Laufzeit (womit er nämlich zwingend endet, wenn der Aufsichtsrat ihn nicht verlängert) erst noch zu kündigen, was einen Kündigungsgrund verlangte. b)

Pflicht zu einer Alternativbeschäftigung nach Abberufung?

Das abberufene Vorstandsmitglied wird, wenn der Anstellungsvertrag nicht 1194 außerordentlich gekündigt werden kann, von der Gesellschaft meist freigestellt; die im Vertrag vereinbarte Vergütung ist dann fortzuzahlen. Erfolgt keine Freistellung und ist im Vertrag ausschließlich die Leistung von Vorstandsdiensten vereinbart, geht es um die Frage, ob das ehemalige Vorstandsmitglied zur Leistung anderer Dienste unterhalb der Vorstandsebene verpflichtet ist. Sie stellt sich freilich nicht, wenn der Vertrag für die Zeit nach einer Abberufung eine Alternativbeschäftigung vorsieht. Ist die Alternativbeschäftigung im Vertrag nicht genau festgelegt, enthält er also nur eine entsprechende „Versetzungsklausel“, sollte diese nur wirksam sein, wenn sie eine adäquate Tätigkeit garantiert.459) ___________ 456) 457) 458) 459)

Palandt-Weidenkaff, BGB, § 620 Rz. 10. BGH, Urt. v. 10.5.2010, NZA 2010, 889. So wohl auch Rasmussen-Bonne/Raif, ArbRAktuell 2010, 544, 545 f. Damit wird für die Übertragung der BAG-Rechtsprechung (Urt. v. 11.4.2006 – 9 AZR 610/05) bzgl. Versetzungsklauseln in Arbeitsverträgen plädiert, mittels der dem Arbeitnehmer eine andere als die vereinbarte Art der Tätigkeit (nicht nur ein anderes Aufgabengebiet innerhalb der vereinbarten Tätigkeitsart) zugewiesen werden können soll. Dort fordert das Gericht, dass die Klausel die Versetzungsmöglichkeiten ausdrücklich auf gleichwertige Tätigkeiten beschränkt. Für den Fall der Abberufung eines Vorstandsmitglieds scheidet eine Gleichwertigkeitsgarantie indes aus; hier kann es nur darum gehen, dass die im Vergleich zu der bisherigen Vorstandstätigkeit notwendig ungleichwertige Alternativbeschäftigung keinen unangemessenen Rückschritt in der betrieblichen Hierarchie bedeutet.

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F. Der Vorstand und die Hauptversammlung

1195 Was bei einem Anstellungsvertrag gilt, der ausschließlich die Leistung von Vorstandsdiensten vorsieht, ist nicht abschließend geklärt. Der Bundesgerichtshof hatte entschieden, dass jedenfalls das Vorstandsmitglied, das seine Abberufung verschuldet hat, zur Verrichtung einer anderen angemessenen, seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechenden Tätigkeit mit Leitungscharakter verpflichtet ist. Lehnte es eine solche ab, schaffte es ggf. einen wichtigen Grund zur Kündigung des Vertrags. 1196 2010 hat der Bundesgerichtshof allerdings die Klage eines GmbH-Geschäftsführers abgewiesen, der nach seiner Abberufung in einer seiner früheren Tätigkeit vergleichbaren Funktion weiterbeschäftigt werden wollte.460) In der dazu bisher nur vorliegenden Pressemitteilung Nr. 191/2010 vom 11.10.2010 heißt es, eine Tätigkeit unterhalb der Organebene sei typischerweise nicht vereinbart und der Geschäftsführer könne sie daher nicht verlangen. Etwas anderes könne gelten, wenn der Vertrag die Möglichkeit einer anderen Beschäftigung vorsehe. 1197 Es scheint, der Bundesgerichtshof halte an seiner bisherigen Sicht nicht fest. Denn, wenn ein abberufener GmbH-Geschäftsführer – was dann auch für Vorstandsmitglieder gelten muss – nur die in seinem Vertrag vereinbarte Beschäftigung verlangen kann, darf auch die Gesellschaft von ihm keine andere Tätigkeit verlangen können. Der Bundesgerichtshof dürfte daher künftig auch die Pflicht zu einer Alternativbeschäftigung unabhängig davon ablehnen, ob das Vorstandsmitglied seine Abberufung verschuldet hat.461) 1198 Das Ex-Vorstandsmitglied, das zu einer anderen (angemessenen) Tätigkeit aufgefordert wird, sollte diese aber zumindest vorläufig unter Vorbehalt aufnehmen und im Klageweg die Feststellung zu erstreiten suchen, zu deren Verrichtung nicht verpflichtet zu sein. Dabei kann ihm bis zum Abschluss des Verfahrens die Anerkennung eines auf seine Arbeitsleistung bezogenen Zurückbehaltungsrechts helfen, wenn die Weisung, die neue Tätigkeit zu verrichten, in erster Instanz als rechtswidrig beurteilt worden ist.462)

___________ 460) BGH, Urt. v. 11.10.2010 – II ZR 266/08. 461) So schon Kothe-Heggemann/Dahlbender, GmbHR 1996, 650, 651; Jaeger, NZA 1998, 961, 966. 462) So jetzt für die rechtswidrige Versetzung eines Arbeitnehmers siehe LAG Niedersachsen, Urt. v. 14.6.2010 – 12 Sa 1251/09. Diese Rechtsprechung sollte auf Organvertreter und den in Rede stehenden versetzungsähnlichen Fall übertragen werden.

322

Glock/Merkel

G. Hauptversammlungsprotokolle/Aufzeichnungen Herdina

Aufsatzliteratur: Arnold/Carl/Götze, Aktuelle Fragen bei der Durchführung der Hauptversammlung, AG 2011, 357; Beck, Aktuelles zur elektronischen Hauptversammlung, RNotZ 2014, 160; Beck, Versammlungsleitung ohne Aufsichtsratsvorsitzenden, AG 2014, 275; Blanke, Praktische Erleichterungen für die Tätigkeit von Vorständen nicht börsennotierter Aktiengesellschaften, BB 1995, 681; Deilmann/Otte, Auswirkungen des ARUG auf die Feststellung des Beschlussergebnisses in der Hauptversammlung, BB 2010, 722; Drinhausen/Marsch-Barner, Zur Rechtsstellung des Aufsichtsratsvorsitzenden als Leiter der Hauptversammlung einer börsennotierten Gesellschaft, AG 2014, 757; Faßbender, Die Hauptversammlung aus notarieller Sicht, RNotZ 2009, 425; Grumann/Gillmann, Aktienrechtliche Hauptversammlungsniederschriften und Auswirkungen von formalen Mängeln, NZG 2004, 839; Hamos, Protokollierung der Hauptversammlungsbeschlüsse in der kleinen Aktiengesellschaft, AG 2015, 732; Herrler/Reymann, Die Neuerungen im Aktienrecht durch das ARUG – Unter besonderer Berücksichtigung der Neuregelungen zum Recht der Hauptversammlung und zur Kapitalaufbringung bei der AG (Teil 1), DNotZ 2009, 815; Hoffmann-Becking, Gesetz zur „kleinen AG“ – unwesentliche Randkorrekturen oder grundlegende Reform?, ZIP 1995, 1; Kanzleiter, Die Berichtigung der notariellen Niederschrift über die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft und die Zulässigkeit mehrerer Niederschriften, DNotZ 2007, 804; Krieger, Muss der Hauptversammlungsnotar die Stimmauszählung überwachen?, ZIP 2002, 1597; Krieger, Berichtigung von Hauptversammlungsprotokollen, NZG 2003, 366; Leitzen, Die Protokollierung des Abstimmungsergebnisses in der Hauptversammlung der börsennotierten AG bei verkürzter Beschlussfeststellung, ZIP 2010, 1065; Merkner/Sustmann, Worauf bezieht sich § 130 II 2 Nr. 2 AktG: Auf das Grundkapital oder das vertretene Grundkapital, NZG 2010, 568; Polte/Haider-Giangreco, Die Vollversammlung der Aktiengesellschaft, AG 2014, 729; Priester, Aufgaben und Funktion des Notars in der Hauptversammlung, DNotZ 2001, 661; Reul, Die notarielle Beurkundung einer Hauptversammlung, AG 2002, 543; Rieder, Hauptversammlungsprotokoll, Entsprechenserklärung und vieles andere mehr – Grundsätzliches zur HV-Praxis im BGH-Fall Kirch ./. Deutsche Bank, GWR 2009, 25; Roeckl-Schmidt/Stoll, Auswirkungen der späteren Fertigstellung der notariellen Niederschrift auf die Wirksamkeit von Beschlüssen der Hauptversammlung, AG 2012, 225; Scholz/Wenzel, Das Grundkapital i. S. d. § 130 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 AktG, AG 2010, 443; Schrick, Nachträgliche Änderung eines privatschriftlichen Hauptversammlungsprotokolls der nicht börsennotierten Aktiengesellschaft, AG 2001, 645; Schulte, Die Niederschrift über die Verhandlung der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft, AG 1985, 33; Sigel/ Schäfer, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft aus notarieller Sicht, BB 2005, 2137; Wilhelmi, Der Notar in der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, BB 1987, 1331.

I.

Notarielle Niederschrift

1.

Entstehungsgeschichte und Zweck

Vor dem Hintergrund des „Aktienschwindels“ und des dadurch bedingten Ver- 1199 trauensverlustes in die Gesellschaftsform Aktiengesellschaft während der 70er Jahre des 19. Jahrhunderts hat der Gesetzgeber mit der Aktienrechtsnovelle vom 18.7.18841) die Pflicht zur öffentlichen Beurkundung aller Beschlüsse der Hauptversammlung eingeführt. Mit der Novelle vom 10.5.1897 wurde diese Ver___________ 1)

Gesetz betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften v. 18.7.1884, RGBl. 1884, Nr. 22, S. 123.

Herdina

323

G. Hauptversammlungsprotokolle/Aufzeichnungen

pflichtung im damaligen § 259 Abs. 1 Satz 1 wie folgt konkretisiert: „Jeder Beschluss der Generalversammlung bedarf zu seiner Gültigkeit der Beurkundung durch ein über die Verhandlung gerichtlich oder notariell aufgenommenes Protokoll.“ 1200 Diese Regelung entsprach im Wesentlichen dem § 130 Abs. 1, wonach jeder Beschluss der Hauptversammlung durch eine über die Verhandlung notariell aufgenommene Niederschrift zu beurkunden ist.2) 1201 Zweck der Vorschrift des § 130 Abs. 1 ist die Dokumentation der Willensbildung in der Hauptversammlung im Interesse der Rechtssicherheit. Das Erfordernis der notariellen Beurkundung „soll eine mit der Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde ausgestattete Unterlage schaffen, in der die Wahrnehmungen des Notars über die beurkundeten Vorgänge festgehalten werden.“3) 1202 Sofern es z. B. in Anfechtungs- und Nichtigkeitsprozessen Streit über die Art des Zustandekommens von Hauptversammlungsbeschlüssen gibt, kann vorbehaltlich eines Gegenbeweises4) die notarielle Niederschrift als Beweis herangezogen werden (§ 415 ZPO). 1203 Im Interesse der Beteiligten sowie im öffentlichen Interesse soll die notarielle Niederschrift auch Aufschluss darüber geben, ob die Beschlüsse in einem geordneten Verfahren entsprechend den satzungsmäßigen und gesetzlichen Vorgaben zustande gekommen sind.5) Dabei ist aber zu beachten, dass die Niederschrift nicht als Beweis verwendet werden kann, soweit es um die Beurteilung der Gesetzmäßigkeit dieser Vorgänge geht. 1204 Die Niederschrift, wie nachfolgend im Einzelnen dargestellt wird, ist allerdings weder ein Wortprotokoll noch eine Darstellung sämtlicher von den Hauptversammlungsteilnehmern vorgetragener Äußerungen. Vielmehr ist die Niederschrift über die Hauptversammlung und deren Beschlüsse ein Ergebnisprotokoll, das die Wahrnehmungen des Notars wiedergibt.6) Insbesondere bei einer Hauptversammlung, bei der kritische Themen auf der Tagesordnung stehen

___________ 2) 3) 4)

5) 6)

324

Siehe ausführlich Schulte, AG 1985, 33 m. w. N. Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 6; Preuß, in: Armbrüster/Preuß/Renner, Komm. z. BeurkG, § 37 Rz. 7. BGH, Urt. v. 8.11.1993 – II ZR 26/93, ZIP 1993, 1867, 1869; vgl. dazu EWiR 1994, 111 (Rittner); MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 41 Rz. 2; Terbrack/Lohr, in: Heidel, Aktienrecht, § 130 Rz. 4. Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 1, Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 35 Rz. 1; BGH, Urt. v. 19.9.1994 – II ZR 248/92, ZIP 1994, 1597, 1599. H. M. MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 41 Rz. 3; Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 1; zu den sich ergebenden Problemen im Fall einer vollständig elektronischen Hauptversammlung vgl. Beck, RNotZ 2014, 165.

Herdina

I. Notarielle Niederschrift

(z. B. ein Squeeze-out) ist daher zu überlegen, ob nicht die Anfertigung eines stenografischen Protokolls oder von Tonbandprotokollen zweckmäßig ist.7) 2.

Beurkundungspflichtige Vorgänge

Nach der zwingenden Regelung des § 130 besteht eine Beurkundungspflicht 1205 nur für bestimmte Vorgänge, zu denen insbesondere Hauptversammlungsbeschlüsse sowie bestimmte Minderheits- und Auskunftsverlangen eines Aktionärs, dem gegenüber die Auskunft verweigert wurde, gehören. a)

Beschlüsse der Hauptversammlung

Gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 ist jeder Beschluss der Hauptversammlung durch 1206 einen Notar zu beurkunden. Bei nicht börsennotierten Aktiengesellschaften reicht gemäß § 130 Abs. 1 Satz 3 eine vom Vorsitzenden des Aufsichtsrats zu unterzeichnende Niederschrift aus, soweit keine sog. Grundlagenbeschlüsse (mindestens 3/4-Mehrheit) zu fassen sind. Der Wortlaut des § 130 Abs. 1 Satz 3 enthält allerdings keinen Hinweis darauf, ob die qualifizierte Kapital- oder Stimmenmehrheit maßgeblich für die Beurkundungsbedürftigkeit ist. Nach ganz h. M. ist hier die qualifizierte Kapitalmehrheit gemeint.8) Bedarf es solcher Grundlagenbeschlüsse bei einer nicht börsennotierten Akti- 1207 engesellschaft, stellt sich weiterhin die Frage, ob sich das Formerfordernis nur auf den konkreten Beschluss oder auf die gesamte Hauptversammlung bezieht. Die bislang ganz herrschende Meinung ging davon aus, dass alle Beschlüsse der Hauptversammlung notariell beurkundet werden müssen, wenn nur für einen Teil der Beschlüsse eine Beurkundungspflicht besteht.9) Eine Aufspaltung in eine notarielle und eine privatschriftliche Niederschrift wurde zudem aus praktischen Erwägungen wegen des Risikos von Widersprüchen zwischen den Niederschriften für nicht sinnvoll gehalten. Der BGH10) hat sich jedoch der Gegenauffassung,11) wonach kein Grund ersichtlich ist, sämtliche Beschlüsse der Hauptversammlung der Beurkundungspflicht zu unterwerfen, angeschlossen. ___________ 7) Der Einsatz von Stenografen empfiehlt sich dabei insbesondere auch für die Aufnahme der von den Aktionären gestellten Fragen. 8) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 28; Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 14b, Terbrack/ Lohr, in: Heidel, Aktienrecht, § 130 Rz. 7; Hoffmann-Becking, ZIP 1995, 7; siehe auch Faßbender, RNotZ 2009, 427, der die Frage offen lässt, aber aus praktischen Erwägungen empfiehlt, sämtliche Beschlüsse für die das Gesetz eine qualifizierte Mehrheit fordert, notariell beurkunden zu lassen. 9) Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 10; Hoffmann-Becking, ZIP 1995, 7; Priester, DNotZ 2001, 663; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 49 m. w. N. 10) BGH, Urt. v. 19.5.2015 – II ZR 181/14, AG 2015, 669, 670; nunmehr folgend: Winkler, BeurkG, § 37 Rz. 21. 11) Blanke, BB 1995, 682; Lutter, AG 1994, 440; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 130 Rz. 153 ff.; ausführlich dazu Hamos, AG 2015, 732.

Herdina

325

G. Hauptversammlungsprotokolle/Aufzeichnungen

Dementsprechend besteht nun die Möglichkeit, die Niederschrift in einen notariell beurkundeten und einen vom Vorsitzenden des Aufsichtsrats unterzeichneten Teil aufzuteilen. 1208 Beurkundungsbedürftig sind alle in der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse. Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob es sich um Sach-, Wahl- oder Verfahrensbeschlüsse (z. B. Geschäftsordnungsbeschlüsse), die angenommen oder abgelehnt werden, handelt.12) 1209 Versammlungsleitende, in der Entscheidungskompetenz des Versammlungsleiters liegende Maßnahmen sind dagegen nicht beurkundungspflichtig.13) Angesichts des Wortlauts von § 130 Abs. 1, der auf das Vorliegen eines Beschlusses abstellt, unterliegen versammlungsleitende Maßnahmen, die gerade keinen Beschlusscharakter aufweisen, nicht dieser Norm. 1210 Ebenso nicht beurkundungspflichtig sind informelle Befragungen der Hauptversammlung durch den Versammlungsleiter.14) Für sog. geplant beschlusslose Hauptversammlungen (z. B. bei Anzeige des Verlusts der Hälfte des Grundkapitals gemäß § 92 Abs. 1 AktG) gilt, dass es weder eines notariellen Protokolls noch der Niederschrift eines Versammlungsleiters bedarf.15) Wegen des nicht vorhersehbaren Ablaufs einer derartigen Hauptversammlung ist jedoch davon abzuraten, keine Niederschrift zu erstellen.16) 1211 Ein notarielles Protokoll oder eine privatschriftliche Niederschrift sind auch zu erstellen, wenn alle Aktionäre erschienen oder vertreten sind (Vollversammlung) oder wenn es sich um die Hauptversammlung einer Ein-Personen-Gesellschaft handelt. Verzichtbar ist allerdings die sonst erforderliche Beifügung der Einberufungsbelege, sofern seitens der Anwesenden kein Widerspruch erhoben wird.17) 1212 Die in § 138 beschriebenen Sonderbeschlüsse fallen dagegen unter den Anwendungsbereich des § 130 Abs. 1.18) Dies folgt aus dem in § 138 Satz 2 enthaltenen Verweis auf die Bestimmungen über Hauptversammlungsbeschlüsse. ___________ 12) Ganz h. M. siehe Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 2 m. w. N.; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 12. 13) Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 2; Zimmermann, in: Happ, Aktienrecht, 10.18 Rz. 8.4. 14) Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 12. 15) Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 13. 16) Zimmermann, in: Happ, Aktienrecht, 10.18 Rz. 8.5 bezogen auf notarielle Niederschrift; Faßbender, RNotZ 2009, 429; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 13. 17) MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 41 Rz. 6; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 74; Terbrack/Lohr, in: Heidel, Aktienrecht, § 130 Rz. 9. 18) Hüffer/Koch, AktG, § 138 Rz. 4; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 138 Rz. 28; Zöllner, in: Kölner Komm AktG, 1. Aufl., § 138 Rz. 6; MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 41 Rz. 5; Mülbert, in: Großkomm z. AktG, § 130 Rz. 12.

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I. Notarielle Niederschrift

b)

Minderheitsverlangen

Neben Beschlüssen sind die in § 130 Abs. 1 Satz 2 genannten Minderheitsver- 1213 langen in die Niederschrift aufzunehmen, also x

das Verlangen einer Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals oder den Nennbetrag von 1 Mio. € erreichen, auf Einzelentlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats (§ 120 Abs. 1 Satz 2) sowie

x

das in § 137 geregelte Antragsrecht, bei einem Vorschlag zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern nach § 127, bei Vorliegen von Anteilen, die zusammen den zehnten Teil des vertretenen Grundkapitals erreichen, vor dem Vorschlag des Aufsichtsrats, über den Vorschlag des Aktionärs abzustimmen.

c)

Auskunftsverweigerung/Widerspruch

Neben den in § 130 aufgeführten Punkten muss der Notar gemäß § 131 Abs. 5 1214 im Fall einer Auskunftsverweigerung auf Verlangen des Aktionärs Frage19) und Verweigerungsgrund in die Niederschrift aufnehmen. Dies wird dann problematisch, wenn Aktionäre ganze Fragenkataloge zu Protokoll geben wollen.20) In diesen Fällen kann der Notar verlangen, dass ihm die Fragen schriftlich überreicht werden. Dabei ist dem Aktionär von der Gesellschaft ggf. eine Schreibhilfe zur Verfügung zu stellen.21) In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass der Aktionär im Rahmen der Online-Teilnahme ggf. nur einzelne seiner Aktionärsrechte ausüben kann. So kann den Aktionären z. B. nur die Ausübung des Stimmrechts nicht aber die Ausübung des Rede- und Fragerechts im Wege der Online-Teilnahme ermöglicht werden.22) Problematisch kann auch die Protokollierung von Online-Erklärungen sein. Es empfiehlt sich, hier von der vom Gesetzgeber eröffneten Möglichkeit Gebrauch zu machen und das (Online-)Widerspruchsrecht auszuschließen. Wird den Aktionären aber die Möglichkeit gegeben, z. B. das Recht zur Stellung von Minderheitsanträgen oder die Anfechtungsbefugnis nach § 245 Nr. 1 auf elektronischem Weg auszuüben, dann muss sichergestellt werden, dass der Protokollführer diese Information erhält und sie in seiner Niederschrift berücksichtigt.23)

___________ 19) Zur Pflicht des Notars, auch die Frage in die Niederschrift aufzunehmen vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.11.2012 – 21 W 33/11, ZIP 2012, 2502, 2506. 20) Zu der Frage, ob und wie die Beurkundung ggf. auf mehrere Notare aufgeteilt werden kann, ausführlich Faßbender, DNotZ 2009, 451 ff. 21) Faßbender, RNotZ 2009, 437; Priester, DNotZ 2001, 666; siehe auch LG Hannover, Beschl. v. 19.8.2009 – 23 O 90/09, AG 2009, 914 zu Art und Weise der Protokollierung nach § 131 Abs. 5; ausführlich zur Auskunftsverweigerung auch Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 17. 22) Faßbender, RNotZ 2009, 455. 23) Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 29.

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G. Hauptversammlungsprotokolle/Aufzeichnungen

1215 Beurkundungspflichtig sind darüber hinaus Widersprüche von Aktionären. Dies gilt z. B. für x

den Widerspruch eines Aktionärs gegen einen Hauptversammlungsbeschluss (§ 245 Nr. 1 AktG),24)

x

den Widerspruch von Aktionären gegen die Wahl von Abschlussprüfern gemäß § 318 Abs. 3 Satz 2 HGB,

x

den Widerspruch einer Minderheit von Aktionären, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen gegen Verzicht auf oder Vergleich über bestimmte Ersatzansprüche (§§ 50 Abs. 1, 93 Abs. 4, 116 AktG),

x

den Widerspruch einer Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des bei einem Sonderbeschluss der außenstehenden Aktionäre vertretenen Grundkapitals erreichen, soweit es sich bei dem Sonderbeschluss um die Zustimmung zu einem Verzicht auf oder einem Vergleich über Ansprüche handelt,

x

d)



auf Ausgleich (§ 302 Abs. 3 Satz 3 AktG),



auf Ersatz wegen Pflichtverletzung bei Erteilung von Weisungen (§§ 309 Abs. 3 Satz 1, 310 Abs. 4, 323 Abs. 1 AktG),



auf Ersatz wegen ausgleichsloser Erteilung nachteiliger Weisungen (§§ 317 Abs. 4, 318 Abs. 4 AktG),

den Widerspruch einer Minderheit im Rahmen einer Verschmelzung (§ 29 UmwG), einer Spaltung (§ 125 Abs. 1 Satz 1 UmwG mit Ausnahme der Ausgliederung, die von dem Verweis auf § 29 UmwG in § 125 Abs. 1 Satz 1 ausdrücklich ausgenommen ist) oder einer Umwandlung der Rechtsform (§ 207 Abs. 1 Satz 1 UmwG). Der Widerspruch ist dabei Voraussetzung für den Anspruch auf Barabfindung.25) Ungeschriebene obligatorische Angaben

1216 Fraglich ist, inwieweit der Notar über die gesetzlichen Vorgaben hinaus weitere Umstände in die Niederschrift aufzunehmen hat. 1217 Ein Teil der Literatur vertritt die Ansicht, dass aus der Niederschrift alles ersichtlich sein müsse, was zur Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit und Wirksamkeit der Beschlüsse erheblich sein kann.26) ___________ 24) Hier ist zu beachten, dass dem Aktionär bei der Online-Teilnahme unter Umständen nur das Stimmrecht, nicht aber das Recht, Widerspruch zu Protokoll zu erklären, eingeräumt wird; siehe zu den Einzelheiten die Darstellung in Kap. D. Rz. 286 ff. 25) Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 29 Rz. 15 f. 26) Wilhelmi, BB 1987, 1334 ff.; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 71 m. w. N.; Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, § 130 Rz. 12.

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I. Notarielle Niederschrift

Eine Mindermeinung nimmt dagegen an, dass es keine über die gesetzlichen 1218 Regelungen hinausgehende Beurkundungspflicht gibt.27) In der neueren Literatur wird dagegen zwischen der aktienrechtlichen Lage und 1219 den Amtspflichten des Notars differenziert. Die wohl überwiegende Meinung in der Literatur lehnt es vor dem Hintergrund der Nichtigkeitsfolge des § 241 Abs. 1 AktG zwar ab, den Umfang der Protokollierungspflicht über den gesetzlich vorgegebenen Inhalt des § 130 Abs. 2 auszudehnen. Gleichwohl wird jedoch unter beurkundungsrechtlichen Gesichtspunkten eine Verpflichtung des Notars zur Beurkundung von Sachverhalten bejaht, von denen die Beständigkeit und Wirksamkeit des Beschlusses abhängt.28) Hergeleitet wird diese Verpflichtung aus der Stellung des Notars als Amtsperson, der als unabhängiger und rechtskundiger Träger eines öffentlichen Amts verpflichtet ist, auf den seiner Betreuung zugewiesenen Rechtsgebieten den Rechtsfrieden zu sichern.29) Dieser Auffassung ist auch unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte und des Schutzzwecks des § 130 zu folgen. Zu den Vorgängen, bei denen eine Beurkundungspflicht des Notars wegen ihrer 1220 Erheblichkeit für den Bestand und die Wirksamkeit des Beschlusses bejaht wird, gehören dabei z. B.: x

Geschäftsordnungsmaßnahmen des Versammlungsleiters wie etwa Redezeitbeschränkungen, Wortentzug, Saalverweis oder die Nichtgewährung des Teilnahmerechts,

x

Anträge von Aktionären, die vom Versammlungsleiter ohne Abstimmung zurückgewiesen werden, sowie

x

Feststellungen zur Einhaltung von Stimmverboten.30)

Bei der Bestimmung des Umfangs der Beurkundungspflicht ist insbesondere zu 1221 berücksichtigen, dass es gerade nicht die Aufgabe des Notars ist, die Hauptversammlung vollständig wiederzugeben. Die Niederschrift soll vielmehr die vom Notar wahrgenommenen Tatsachen wiedergeben. Für Vorgänge, die nicht offensichtlich relevant für den Bestand und die Wirksamkeit eines Beschlusses ___________ 27) Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 130 Rz. 38; OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.3.2003 – 16 U 79/02, AG 2003, 510, 513. 28) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 71; Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 5; im Ergebnis auch: Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 38; siehe auch: Terbrack/Lohr, in: Heidel, Aktienrecht, § 130 Rz. 34; Zimmermann, in: Happ, Aktienrecht, 10.18 Rz. 2.48, insoweit mit der Einschränkung auf „unmittelbar“ beschlussrelevante Vorgänge; Priester, DNotZ 2001, 668. 29) In diese Richtung auch Preuß, in: Armbrüster/Preuß/Renner, Komm. z. BeurkG, § 37 Rz. 8 und 14. 30) Siehe Faßbender, RNotZ 2009, 445; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 16 und 38; ausführlich hierzu Butzke, HV, N Rz. 32 f.; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 11 und 64.

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G. Hauptversammlungsprotokolle/Aufzeichnungen

sind, besteht weder aktien- noch beurkundungsrechtlich eine Verpflichtung zur Beurkundung.31) e)

Freiwillige Angaben

1222 Dem Notar steht es darüber hinaus frei, über den gesetzlich geforderten Mindestinhalt hinaus in die Niederschrift weitere Angaben aufzunehmen. Dies erscheint aus Beweisgründen und/oder infolge Zweckmäßigkeitsüberlegungen bei einer Vielzahl von Tatsachen sinnvoll. In der Praxis finden sich – abhängig vom jeweiligen Einzelfall – regelmäßig Angaben zu folgenden Punkten:32) x

Zum Beginn und Ende der Hauptversammlung.

x

Zu den teilnehmenden Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern, dem Versammlungsleiter sowie dem teilnehmenden Vertreter des Abschlussprüfers.

x

Zur Erstellung und Zugänglichmachung des Teilnehmerverzeichnisses.

x

Zu den Erläuterungen des Versammlungsleiters hinsichtlich des Ablaufs der Hauptversammlung, z. B. zur Präsenzerfassung, Zu- und Abgangskontrollen, Präsenzbereich, Vollmachterteilung.

x

Zu den in der Hauptversammlung ausliegenden Unterlagen, neben dem Jahresabschluss z. B. Unternehmensverträge, Verschmelzungsunterlagen etc.

x

Zu den Erläuterungen hinsichtlich des Jahresabschlusses und des Berichts des Aufsichtsrats.

1223 Insgesamt ist bei der Aufnahme freiwilliger Angaben jedoch zu beachten, dass von dieser Möglichkeit nicht unbegrenzt Gebrauch gemacht werden sollte. Zwar ist es für den Notar im Zweifelsfalle, insbesondere unter Haftungsgesichtspunkten, zweckmäßig, eher zu viel als zu wenig zu protokollieren, jedoch ergibt sich aus Sinn und Zweck von § 130 auch, die Niederschrift nicht mit unnötigen und überflüssigen Angaben zu überfrachten. 3.

Notar

1224 § 130 Abs. 1 verlangt für die dargestellten beurkundungspflichtigen Vorgänge eine notariell aufgenommene Niederschrift. Der beurkundende Notar wird im Regelfall vom Vorstand namens der Gesellschaft beauftragt, die folglich auch die für die Tätigkeit des Notars anfallenden Kosten trägt. Erfolgt die Einberufung der Hauptversammlung gemäß § 122 durch ein Minderheitsverlangen, so fallen die Kosten zunächst der Minderheit zur Last. Je doch erwächst den Ak-

___________ 31) Faßbender, RNotZ 2009, 445; siehe auch Ziemons, in: Schmitt/Lutter, § 130 Rz. 38 f. 32) Siehe hierzu Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 6; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 72; Sigel/Schäfer, BB 2005, 2143.

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I. Notarielle Niederschrift

tionären gemäß § 122 Abs. 4 ein Freistellungs- und ggf. Erstattungsanspruch gegen die Gesellschaft.33) a)

Amtsbereich

Das Aktienrecht enthält keine Regelung über die örtliche Zuständigkeit des 1225 Notars. Die Tätigkeit des Notars ist räumlich durch die Bundesnotarordnung (BNotO) und das Standesrecht der Notare begrenzt. Der Notar darf seine Tätigkeit grundsätzlich nur in seinem Amtsbereich, d. h. dem Amtsgerichtsbezirk, in dem er seinen Amtssitz hat, ausüben (§ 10 BNotO). Mit der Beurkundung der Hauptversammlung kann demgemäß jeder Notar, in dessen Amtsbereich die Hauptversammlung abgehalten wird, beauftragt werden. Außerhalb seines Amtsbereichs kann der Notar dagegen nur tätig werden, wenn 1226 besondere berechtigte Interessen „der Rechtssuchenden“ dies gebieten (§ 10a Abs. 2 BNotO).34) Besondere berechtigte Interessen liegen z. B. dann vor, wenn eine besondere Vertrauensbeziehung und die Art des Amtsgeschäfts im Einzelfall die Beurkundung außerhalb des Amtsbereichs rechtfertigen.35) Eine derartige besondere Vertrauensbeziehung wird dabei weder automatisch durch die Tätigkeit als „Hausnotar“ begründet, noch erfordert die Protokollierung einer normalen Hauptversammlung eine besondere Vertrauensbeziehung.36) Der Gesellschaftswunsch, einen besonders fachkundigen Notar zu beauftragen, reicht für sich alleine ebenfalls nicht aus. Ein besonderes berechtigtes Interesse kann ganz ausnahmsweise anzunehmen sein, wenn mit besonderen Konfliktsituationen in der Hauptversammlung gerechnet wird, für deren Bewältigung oder Vermeidung ein in Hauptversammlungsfragen besonders kompetenter Notar erforderlich ist, der aufgrund seiner spezifischen Kenntnisse über die zur Beschlussfassung kommenden Sachverhalte besonders mit den Umständen des Einzelfalls vertraut ist.37) Noch strenger sind die Voraussetzungen, wenn der Ort der Hauptversamm- 1227 lung nicht nur außerhalb des Amtsbereichs, sondern außerhalb des Amtsbezirks (das meint den Oberlandesgerichtsbezirk, in dem der Notar seinen Amts___________ 33) MünchGesR-Bungert, AG, § 36 Rz. 37. 34) Siehe auch Nummer IX. Grundsätze zu Beurkundungen außerhalb des Amtsbereichs und der Geschäftsstelle, Richtlinienempfehlungen der Bundesnotarkammer vom 29.1.1999, geändert durch Beschl. v. 28.4.2006, abrufbar unter: https://www.bnotk.de/_downloads/ Richtlinien/Empfehlungen_BNotK.pdf. 35) Nummer IX 1 d) der Grundsätze zu Beurkundungen außerhalb des Amtsbereichs und der Geschäftsstelle, Richtlinienempfehlungen der Bundesnotarkammer vom 29.1.1999, geändert durch Beschl. v. 28.4.2006, abrufbar unter: https://www.bnotk.de/_downloads/ Richtlinien/Empfehlungen_BNotK.pdf. 36) Püls, in: Schippel/Bracker, BNotO, § 10a Rz. 9. 37) Grundsätzlich zu den Voraussetzungen Püls, in: Schippel/Bracker, BNotO, § 10a Rz. 9; Faßbender, RNotZ 2009, 431.

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G. Hauptversammlungsprotokolle/Aufzeichnungen

sitz hat, § 11 Abs. 2 BNotO) des Notars, der mit der Beurkundung der Hauptversammlung beauftragt werden soll, liegt. In diesem Fall ist seine Tätigkeit nur legitimiert, wenn Gefahr in Verzug ist oder die Aufsichtsbehörde es genehmigt (§ 11 Abs. 2 BNotO). Eine solche Genehmigung wird nur in ganz seltenen Ausnahmefällen erteilt werden können, denn es sind nur wenige Sachverhalte denkbar, die eine Beurkundung außerhalb des Amtsbezirks rechtfertigen können.38) 1228 Verstößt der Notar gegen die geschilderten Beschränkungen, beeinträchtigt dies die Gültigkeit der Niederschrift über die Hauptversammlung (§ 11 Abs. 3 BNotO, § 2 BeurkG) allerdings nicht. 1229 Vor diesem Hintergrund ist es daher empfehlenswert, in der Satzung entsprechende Regelungen für den Ort der Hauptversammlung vorzusehen, um sicherzustellen, dass ein in der Beurkundung von Hauptversammlungen erfahrener Notar am jeweiligen Hauptversammlungsort vorhanden ist. Damit lassen sich die vorstehend beschriebenen Probleme vermeiden. b)

Ausschluss von der Beurkundungstätigkeit

1230 In § 3 BeurkG sind eine Reihe von Gründen normiert, welche einen Ausschluss des Notars von der Beurkundungstätigkeit vorsehen. Dagegen finden die in den §§ 6, 7 BeurkG aufgeführten Ausschlussgründe grundsätzlich keine Anwendung,39) es sei denn, im Rahmen der Hauptversammlung sind Willenserklärungen zu beurkunden. Dies ist dann der Fall, wenn in der Hauptversammlung z. B. Verzichtserklärungen nach den §§ 8 Abs. 3, 9 Abs. 3 UmwG abgegeben werden.40) 1231 Der Notar ist von der Beurkundung ausgeschlossen, wenn er oder ein Sozius des Notars i. S. v. § 3 Abs. 1 Nr. 4 BeurkG Mitglied des Vorstands der Gesellschaft ist (§ 3 Abs. 1 Nr. 6 BeurkG). 1232 Eine Mitwirkung ist außerdem ausgeschlossen, wenn er zu der Gesellschaft in einem ständigen Dienst- oder ähnlichen ständigen Geschäftsverhältnis steht (§ 3 Abs. 1 Nr. 8 BeurkG). Dies ist nicht schon beim sog. „Hausnotar“ der Fall, also einem Notar der regelmäßig Beurkundungen für die Gesellschaft vornimmt. Abzustellen ist hier auf die Weisungsbefugnis des Dienstherrn gegenüber dem Notar, die auch in diesen Fällen nicht gegeben ist, sodass eine Tätigkeit des Hausnotars zulässig ist.41)

___________ 38) Ausführlich Püls, in: Schippel/Bracker, BNotO, § 11 Rz. 3; Faßbender, RNotZ 2009, 432. 39) Faßbender, RNotZ 2009, 432; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 51. 40) Litzenburger, in: BeckOK BeurkG, § 6 Rz. 1; siehe auch Armbrüster, in: Armbrüster/ Preuß/Renner, Komm. z. BeurkG, § 6 Rz. 2. 41) Armbrüster, in: Armbrüster/Preuß/Renner, Komm. z. BeurkG, § 3 Rz. 102 ff.; Winkler, BeurkG, § 3 Rz. 157; in diese Richtung auch Litzenburger, in: BeckOK BeurkG, § 3 Rz. 26.

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I. Notarielle Niederschrift

§ 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG enthält ein weiteres für die Praxis relevantes Mitwir- 1233 kungsverbot des Notars. Danach ist der Notar von der Beurkundung ausgeschlossen, wenn er selbst oder eine mit ihm beruflich verbundene Person in der Angelegenheit bereits außernotariell tätig geworden ist. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 BeurkG hat der Notar nach einer eventuellen Vorbe- 1234 fassung i. S. v. § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG zu fragen und die Antwort in der Urkunde zu vermerken. Die Frage nach der Vorbefassung richtet sich dabei an die Verwaltung der Gesellschaft und nicht an die Aktionäre, die eine solche Frage nicht beantworten können. Allerdings wird das Thema der Vorbefassung in der Regel nur bei den sog. Anwaltsnotaren relevant werden, denn notarielle Tätigkeiten im Vorfeld der Hauptversammlung begründen kein Mitwirkungsverbot. Zumindest soweit die Beurkundung der Hauptversammlung durch einen Anwaltsnotar erfolgt, ist es in der Praxis üblich, die Frage nach der Vorbefassung nach der Auflistung der zur Hauptversammlung Erschienenen in die Niederschrift aufzunehmen.42) Bei Nur-Notaren spielt die Vorbefassung nach § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG keine Rolle, da hier durch die berufsständischen Regeln, wie das Verbot der Ausübung eines weiteren Berufs (§ 8 Abs. 2 Satz 1 BNotO) und das Verbot gemischter Sozietäten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 BNotO) bereits weitgehend das Entstehen von Konfliktsituationen im Sinne einer Vorbefassung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG vermieden wird. Bei einem Nur-Notar ist die Frage- und Vermerkpflicht gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 BeurkG daher verzichtbar.43) Ist der Notar Mitglied des Aufsichtsrats, ist er nach h. M. ebenfalls von der Be- 1235 urkundung ausgeschlossen, obwohl der Aufsichtsrat kein von § 3 Abs. 1 Nr. 6 erfasstes vertretungsberechtigtes Organ darstellt.44) Der in der Literatur vertretenen Gegenansicht,45) der Notar sei nicht ausgeschlossen und habe lediglich den Vorstand darauf hinzuweisen und zu belehren, dass der Vorstand seine Tätigkeit ablehnen könne, ist nicht zu folgen. Der Schutzzweck des § 3 BeurkG gebietet zur Vermeidung von Interessenkollisionen, die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat ebenfalls von dem Beurkundungsverbot zu erfassen. Ist der Notar mit einem Mitglied des Vorstands/Aufsichtsrats verwandt oder verschwägert, ist er

___________ 42) In der Niederschrift der Hauptversammlung vom 3. Mai 2017 der Commerzbank AG heißt es: „Die Frage des amtierenden Notars nach einer Vorbefassung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG wurde von dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats verneint.“ 43) Armbrüster, in: Armbrüster/Preuß/Renner, Komm. z. BeurkG, § 3 Rz. 85 und 93. 44) Siehe Faßbender, RNotZ 2009, 433 m. w. N.; Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 9; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 15; Terbrack/Lohr, in: Heidel, Aktienrecht, § 130 Rz. 14; Wilhelmi, BB 1987, 1331, 1332. 45) Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff, AktG, § 130 Rz. 52; so auch Armbrüster; in: Armbrüster/Preuß/Renner, Komm. z. BeurkG, § 3 Rz. 76, Mitwirkungsverbot nur, wenn Aufsichtsrat ausnahmsweise gesetzliche Vertretungsbefugnisse hat; ebenso Winkler, BeurkG, § 3 Rz. 92; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 52.

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G. Hauptversammlungsprotokolle/Aufzeichnungen

nicht von der Beurkundungstätigkeit ausgeschlossen.46) Gehört der Notar einem Beratergremium der Gesellschaft an, besteht ebenso kein Mitwirkungsverbot.47) 1236 Ist der Notar Aktionär der Gesellschaft und nimmt an der Hauptversammlung teil oder vertritt er in der Hauptversammlung einen Aktionär, ist er dagegen von der Beurkundung ausgeschlossen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 BeurkG).48) Die bloße Aktionärsstellung des Notars ohne Teilnahme an der Hauptversammlung rechtfertigt dagegen keinen Ausschluss,49) es sei denn, der Notar ist mit mehr als 5 % der Stimmrechte oder mit einem anteiligen Betrag des Haftkapitals von mehr als 2.500 € an der Gesellschaft beteiligt. In diesem Fall ist der Notar gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 9 BeurkG von der Beurkundung ausgeschlossen, denn es fehlt ihm an der notwendigen Unbefangenheit. 1237 Wird der Notar trotz Beurkundungsverbot tätig, begründet dies keine Nichtigkeit der Hauptversammlungsbeschlüsse, die Urkunde bleibt wirksam. § 241 Nr. 2 findet keine Anwendung, weil die Beurkundung trotz ihres Mangels den Anforderungen des § 130 genügt.50) Der Verstoß gegen die in § 3 enthaltenen Mitwirkungsverbote führt allerdings für den Notar zu berufsrechtlichen Konsequenzen.51) c)

Pflichten des Notars

1238 Es ist unstreitig, dass den Notar neben der Aufnahme der Niederschrift noch gewisse Prüfungs- und Hinweispflichten im Hinblick auf den ordnungsgemäßen Ablauf der Hauptversammlung treffen.52) Abgeleitet werden diese Pflichten vor

___________ 46) Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 9; a. A. Armbrüster, in: Armbrüster/Preuß/Renner, Komm. z. BeurkG, § 3 Rz. 41, Mitwirkungsverbot folgt nicht aus Nr. 6, sondern, weil es sich um eine eigene Angelegenheit des Angehörigen handelt, aus 2, 2a oder Nr. 3. 47) Armbrüster, in: Armbrüster/Preuß/Renner, Komm. z. BeurkG, § 3 Rz. 76; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 39; siehe auch Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 52, die das Vorliegen eines Mitwirkungsverbots schon bei Mitgliedschaft im Aufsichtsrat verneint. 48) H. M. Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 9 m. w. N.; Terbrack/Lohr, in: Heidel, Aktienrecht, § 130 Rz. 14; Armbrüster, in Armbrüster/Preuß/Renner, Komm. z. BeurkG, § 3 Rz. 44 ff.; a. A. Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff, AktG, § 130 Rz. 51, nur bei Beurkundung Widerspruch zur Niederschrift. 49) Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 9; Werner, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 84. 50) Unstreitig: Faßbender, RNotZ 2009, 432; Armbrüster, in: Armbrüster/Reuss/Renner, Komm. z. BeurkG, § 3 Rz. 2; so auch: Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 10. 51) Armbrüster, in: Armbrüster/Reuss/Renner, Komm. z. BeurkG, § 3 Rz. 2 f.; ausführlich Litzenburger, in: BeckOK BeurkG, § 3 Rz. 31 ff. 52) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 59 f.; Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 12; Terbrack/ Lohr, in: Heidel, Aktienrecht, § 130 Rz. 19 ff.; ausführlich dazu auch Zimmermann, in: Happ, Aktienrecht, 10.18 Rz. 2.40 ff.; Kubis: in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 34; ausführlich auch Butzke, HV, N Rz. 7 f.

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I. Notarielle Niederschrift

allem aus der Stellung des Notars als Träger eines öffentlichen Amtes.53) Denn weder enthält § 130 diesbezüglich eine Regelung, noch ist § 17 BeurkG, der dem Notar bei der Beurkundung von Willenserklärungen umfassende Prüfungs-, Belehrungs- und Hinweispflichten auferlegt, anwendbar.54) Der Umfang und die Reichweite der dem Notar obliegenden Prüfungs- und 1239 Hinweispflichten sind im Detail streitig. Als generelle Regel gilt, dass der Notar verpflichtet ist, den Versammlungsleiter bzw. die Gesellschaft auf schwerwiegende offensichtliche Verstöße gegen Gesetz und Satzung hinzuweisen.55) Die Prüfungs- und Hinweispflicht des Notars erstreckt sich insbesondere auf 1240 folgende Punkte:56) x

Ordnungsgemäße Einberufung der Hauptversammlung.

x

Ordnungsgemäßheit von Zugangskontrolle und Teilnehmerverzeichnis.

x

Beachtung von Stimmverboten.

x

Ordnungsgemäße Durchführung der Abstimmungen (ohne die Verpflichtung, die Auszählung der Stimmen zu überwachen).

x

Feststellung der Beschlüsse.

x

Möglichkeit der Aktionäre, nicht beantwortete Fragen oder Widerspruch gegen festgestellte Beschlüsse protokollieren zu lassen.

Stellt der Notar bei den beschriebenen Punkten Mängel fest, so ist der Ver- 1241 sammlungsleiter unverzüglich darauf hinzuweisen.57) Nach wohl überwiegender Meinung in der Literatur ist der Notar nicht berechtigt, die Beurkundung abzulehnen, wenn er Gesetzes- oder Satzungsverstöße erkennt. Vielmehr muss der Notar die Beurkundung auch vornehmen, wenn er der Auffassung ist, dass der Beschluss aufgrund rechtlicher Mängel unwirksam ist.58) ___________ 53) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 59; Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 12; Zimmermann, in: Happ, Aktienrecht, 10.18 Rz. 2.40; Terbrack/Lohr, in: Heidel, Aktienrecht, § 130 Rz. 22. 54) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 59; Hüffer/Koch, AktG, § 130, Rz. 12; Terbrack/ Lohr, in: Heidel, Aktienrecht, § 130 Rz. 19. 55) Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 12; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 59; Winkler, BeurkG, § 37 Rz. 26; Butzke, HV, N Rz. 7 ff., zu den Hinweispflichten; OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.3.2003 – 16 U 79/02, AG 2003, 510, 512; OLG Hamburg, Urt. v. 8.8.2003 – 11 U 45/03, AG 2003, 698, 699; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 34 ff.; Sigel/ Schäfer, BB 2005, 2137. 56) Siehe hierzu im Einzelnen Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 12; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 16, 34 und 60; Terbrack/Lohr, in: Heidel, Aktienrecht, § 130 Rz. 21; Sigel/ Schäfer, BB 2005, 2137 ff.; Butzke, HV, N Rz. 8; kritisch zur Reichweite Zimmermann, in: Happ, Aktienrecht, 10.18 Rz. 2.42. 57) Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 12; Butzke, HV, N Rz. 9; Terbrack/Lohr, in: Heidel, Aktienrecht, § 130 Rz. 22; Winkler, BeurkG, § 37 Rz. 26. 58) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 61; Terbrack/Lohr, in: Heidel, Aktienrecht, § 130 Rz. 24; Butzke, HV, N Rz. 12; a. A. Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 13, für Beschlüsse, die „evident und nach allgemein geteilter Auffassung nichtig sind“.

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G. Hauptversammlungsprotokolle/Aufzeichnungen

1242 Dies hindert den Notar nicht daran, etwaige Bedenken gegen die Wirksamkeit der Beschlussfassung in die Niederschrift aufzunehmen. Das wird sich schon zur Vermeidung von Haftungsrisiken für den Notar häufig empfehlen. Bei offensichtlichen Satzungs- oder Gesetzesverstößen ist er dazu auch verpflichtet.59) Abzulehnen hat der Notar die Beurkundung allerdings dann, wenn seine Mitwirkung an Handlungen verlangt wird, mit denen erkennbar unerlaubte oder unredliche Zwecke verfolgt werden (§ 4 BeurkG).60) 4.

Inhalt der Niederschrift (§ 130 Abs. 2 AktG)

1243 Gemäß § 130 Abs. 2 sind folgende Pflichtangaben in die Niederschrift aufzunehmen: x Ort und Zeit der Versammlung. x Name des Notars. x Art der Abstimmung. x Ergebnis der Abstimmung. x Feststellung des Versammlungsleiters über die Beschlussfassung. 1244 Für börsennotierte Gesellschaften gelten bei der Feststellung über die Beschlussfassung zusätzliche Erfordernisse.61) Danach muss die Niederschrift bei diesen Gesellschaften auch Angaben zu folgenden Punkten enthalten: x Die Zahl der Aktien, für die gültige Stimmen abgegeben wurden. x Den Anteil des durch die gültigen Stimmen vertretenen Grundkapitals. x Die Zahl der für einen Beschluss abgegebenen Stimmen, Gegenstimmen und ggf. die Zahl der Enthaltungen. 1245 Die Regelung des § 130 Abs. 2 ist insoweit lex specialis gegenüber den §§ 36 ff. BeurkG.62) a)

Ort und Zeit der Versammlung

1246 In der Niederschrift sind Ort und Zeit der Versammlung anzugeben (§ 130 Abs. 2). Bei der Angabe des Orts ist in der Literatur streitig, ob hier die Angabe der Stadt oder Gemeinde genügt, in der die Versammlung stattgefunden hat,63) ___________ 59) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 61; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 40, für den Fall der Beurkundung von rechtswidrigen Beschlüssen; Liebscher, in: Henssler/ Strohn, AktG, § 130 Rz. 8; ausführlich Faßbender, RNotZ 2009, 431. 60) Siehe hierzu ausführlich Butzke, HV, N Rz. 11; Wilhelmi, BB 1987, 1333. 61) Siehe hierzu im Einzelnen: Begründung Regierungsentwurf ARUG, BT-Drucksache 16/11642, S. 32; Leitzen, ZIP 2010, 1065 ff.; Deilmann/Otte, BB 2010, 722 ff. 62) Siehe Kanzleiter, DNotZ 2007, 807 zu den Rechtsgrundlagen der Beurkundungstätigkeit; siehe auch Zimmermann, in: Happ, Aktienrecht, 10.18 Rz. 2.36; Preuß/Happ, in: Armbrüster/ Preuß/Renner, Komm. z. BeurkG, § 37 Rz. 11; a. A. Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 2. 63) So Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 15; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 92; Noack/ Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 130 Rz. 93.

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oder ob zusätzlich Straße und Hausnummer in die Niederschrift aufzunehmen sind.64) Im Hinblick auf die Prüfung der Übereinstimmung der tatsächlichen Gegebenheiten der Hauptversammlung mit den Angaben in der Einladungsbekanntmachung empfiehlt es sich, den Hauptversammlungsort in der Niederschrift entsprechend den Angaben in der bekannt gemachten Einladung aufzuführen.65) Dies entspricht auch der üblichen Praxis. Davon zu unterscheiden sind Abweichungen des tatsächlichen Versammlungsorts von dem in der bekannt gemachten Einladung angegebenen Ort. Ein solcher Wechsel des Versammlungsorts ist dagegen, nebst der für den Wechsel maßgebenden Umstände (insbesondere Begründung für den Ortswechsel, Hinweismaßnahmen, Beschwerden von Aktionären), in der Niederschrift zu vermerken.66) Anzugeben ist ferner der Tag der Hauptversammlung. Streitig ist hier, ob die An- 1247 gabe des kalendarischen Tages ausreicht,67) oder ob zusätzlich zwingend die Uhrzeit68) des Beginns der Hauptversammlung in der Niederschrift aufzuführen ist. In der Praxis wird üblicherweise die Uhrzeit des Beginns und des Endes der Hauptversammlung in der notariellen Niederschrift vermerkt.69) Hat die Hauptversammlung allerdings an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen stattgefunden, ist dies zwingend in der Niederschrift anzugeben. In diesen Fällen muss sich aus der Niederschrift ergeben, welche Beschlüsse an welchem Tag gefasst worden sind.70) b)

Name des Notars

In der Literatur ist streitig, ob die Angabe des Vor- und Zunamens des Notars 1248 erforderlich71) ist oder die des Nachnamens genügt.72) Um eine klare Unterscheidungsfähigkeit zu gewährleisten, sollten Vor- und Nachname angegeben ___________ 64) So z. B. Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 44; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 10; Drinhausen, in: Hölters, AktG, § 130 Rz. 27. 65) Faßbender, RNotZ 2009, 440. 66) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 44; Faßbender, RNotZ 2009, 440. 67) Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 15; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 130 Rz. 99; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 10. 68) So Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 45; a. A. z. B. Zimmermann, in: Happ, Aktienrecht, 10.18 Rz. 4. 69) Sigel/Schäfer, BB 2005, 2141; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 10, zweckmäßig, aber nicht zwingend erforderlich. 70) Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 15; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 10; Zimmermann, in: Happ, Aktienrecht, 10.18 Rz. 7.1; Wilhelmi, BB 1987, 1331, 1333. 71) Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 130 Rz. 15; Ziemons, in: Schmidt/ Lutter, § 130 Rz. 9; wohl auch Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 93, der vorsorglich Angabe von Vor- und Zunamen empfiehlt. 72) Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 130 Rz. 102; Wilhelmi, BB 1987, 1331, 1333; Winkler, BeurkG, §§ 37 Rz. 3, 9 Rz. 3; Preuß, in: Armbrüster/Preuß/Renner, Komm. z. BeurkG, § 37 Rz. 5, § 9 Rz. 5, der die Angabe des Vornamens nur als Tradition sieht; Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 16, wenn durch Nachnamen Individualisierung möglich ist.

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G. Hauptversammlungsprotokolle/Aufzeichnungen

werden. Einigkeit besteht jedenfalls darüber, dass die Unterschrift allein nicht die fehlende Angabe des Namens ersetzen kann.73) c)

Art der Abstimmung

1249 In der Niederschrift ist die Art der Abstimmung anzugeben. Zur Angabe der Abstimmungsart gehört die Form der Abstimmung und nach herrschender Ansicht auch die Art und Weise der Stimmenauszählung.74) Die Form der Abstimmung richtet sich nach den Bestimmungen in der Satzung der jeweiligen Gesellschaft, sofern diese keine Regelung enthält, nach den Festlegungen des Versammlungsleiters. In die Niederschrift aufzunehmen ist dann die Grundlage für die Art der Abstimmung (Satzung oder Festlegung durch Versammlungsleiter) und die Form der Stimmabgabe, also beispielsweise Stimmzettel, EDVStimmkarten, elektronische Abstimmungsgeräte, Handaufheben oder durch Zuruf der Aktionäre.75) In der Praxis ist es nicht unüblich, dass die Stimmen der gemäß § 134 Abs. 3 Satz 3 bevollmächtigten Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft vorab in dem für die Stimmerfassung verwendeten Computersystem hinterlegt werden und der Stimmrechtsvertreter diese im Rahmen der Abstimmung dann freigibt. Ist dies der Fall, dann muss die notarielle Niederschrift diese von der Stimmabgabe der übrigen Aktionäre abweichende Stimmabgabe enthalten.76) 1250 In der Niederschrift der Hauptversammlung 2017 der Münchener Rückversicherung AG findet sich hierzu z. B. die Aussage: „Die Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft und die Stimmboten der Bankenvertreter und Aktionärsvereinigungen mit virtuellen Stimmkarten, bei denen die Stimmabgabe im Abstimmungssystem hinterlegt ist, wurden aufgefordert, ihre Stimmen am Wortmeldetisch freizugeben.“ 1251 Nach herrschender Ansicht sind in die Niederschrift daneben Angaben zur Stimmenauszählung aufzunehmen.77) Dies umfasst die Angabe, ob nach Additionsverfahren (nur die Ja-Stimmen werden gezählt) oder Subtraktionsverfahren (nur die Nein-Stimmen und die Enthaltungen unter Abzug derselben von der Präsenz werden gezählt) abgestimmt wurde, sowie die Art der Stimmenzählung (z. B. ___________ 73) Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 16; Winkler, BeurkG, §§ 37 Rz. 3, 9 Rz. 3. 74) Siehe dazu Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 17, Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 35 Rz. 4; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 95 ff.; Faßbender, RNotZ 2009, 442 m. w. N; Sigel/Schäfer, BB 2005, 2137, 2142; siehe aber: Winkler, BeurkG, § 37 Rz. 23, der Angaben zur Auszählung nicht für grundsätzlich erforderlich hält. 75) Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 17; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, §§ 130 Rz. 14, 129 Rz. 77; Faßbender, RNotZ 2009, 425, 442; MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 41 Rz. 10; Winkler, BeurkG, § 37 Rz. 23. 76) Faßbender, RNotZ 2009, 425, 442. 77) Faßbender, RNotZ 2009, 442; Zimmermann, in: Happ, Aktienrecht, 10.18 Rz. 32.11; Hüffer/ Koch, AktG, § 130 Rz. 17; a. A. Terbrack/Lohr, in: Heidel, Aktienrecht, § 130 Rz. 28.

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I. Notarielle Niederschrift

elektronisch, durch Stimmzähler oder manuell durch den Versammlungsleiter durch Addition zugerufener Stimmen). Gegebenenfalls kann auch der Ort der Abstimmung (Hauptsaal oder auch in Nebenräumen) noch angegeben werden.78) Bei den Gesellschaften, die von der Möglichkeit der Briefwahl und/oder der 1252 Online-Teilnahme Gebrauch machen sind hierzu ebenfalls Angaben in die Niederschrift aufzunehmen. Die Niederschrift muss dann Angaben dazu enthalten, wie die Abstimmung online erfolgt und wie die Stimmen in das Abstimmungsergebnis einfließen.79) Die Niederschrift der ordentlichen Hauptversammlung 2017 der Münchener Rück-Versicherung enthält z. B. die folgenden Ausführungen zur Online-Abstimmung: „Aktionäre und Aktionärsvertreter, die über das Internet an der Hauptversammlung online teilnehmen, wurden gebeten, auf dem Onlineformular bei jedem Abstimmungspunkt zu markieren, ob sie mit Ja oder Nein stimmen, oder sich der Stimme enthalten wollen. Dieses kann bereits jetzt im Online-Formular vermerkt werden. Der Vorsitzende wies darauf hin, dass nach der Eröffnung der Möglichkeit zur Stimmabgabe, diese mit dem Knopf „Stimmabgabe absenden“ elektronisch an die Gesellschaft versandt werden kann.“ Der Notar ist aber nicht verpflichtet, die Stimmenauszählung und die Ermitt- 1253 lung des Abstimmungsergebnisses zu überwachen.80) Diese Tätigkeiten fallen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht unter die „Art der Abstimmung“ i. S. v. § 130 Abs. 2.81) Unabhängig von der fehlenden Verpflichtung aus § 130 Abs. 2 zur Überwa- 1254 chung der Stimmenauszählung, folgt aber aus den dem Notar obliegenden Prüfungs- und Hinweispflichten eine Pflicht zur Plausibilitätskontrolle hinsichtlich Funktionsweise und Funktionsfähigkeit der eingesetzten Kommunikationstechnologie für Teilnahme und Stimmauszählung. Empfehlenswert und sinnvoll ist es, wenn der Notar z. B. in einem Probelauf vor der Hauptversammlung prüft, ob die technischen Anlagen der Gesellschaft funktionsfähig und funktionsstabil sind und die notwendige Kapazität aufweisen.82) In der Praxis ist feststellbar, dass dies in den Hauptversammlungen auch weiterhin so praktiziert wird. Diese Plausibilitätsprüfung und die Aufnahme der Ergebnisse ___________ 78) Zimmermann, in: Happ, Aktienrecht, 10.17 Rz. 31.17, der die Angabe dann für zwingend hält, wenn die Hauptversammlung zeitgleich in mehreren Räumen stattfindet, die Stimmabgabe aber nur im Versammlungsbericht möglich ist; kritisch hierzu Faßbender, RNotZ 2009, 442. 79) Zimmermann, in: Happ, Aktienrecht 10.18 Rz. 17.2 f. 80) BGH, Urt. v. 16.2.2009 – II ZR 185/07, ZIP 2009, 460, Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 19a, Preuß, in: Armbrüster/Preuß/Renner, Komm. z. BeurkG, § 37 Rz. 9; Winkler, BeurkG, § 37 Rz. 23; Sigel/Schäfer, BB 2005, 2140 f. 81) BGH, Urt. v. 16.2.2009 – II ZR 185/07, ZIP 2009, 460, so auch schon Krieger, ZIP 2002, 1597; Reul, AG 2002, 543. 82) Faßbender, RNotZ 2009, 456; Zimmermann, in: Happ, Aktienrecht, 10.18 Rz. 2.31.

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G. Hauptversammlungsprotokolle/Aufzeichnungen

dieser Prüfung in der Niederschrift haben vor allem mit zunehmender Nutzung der Möglichkeit der Online-Teilnahme an Bedeutung gewonnen.83) Denn bei fehlender physischer Anwesenheit der Aktionäre kann deren Interesse in Bezug auf einen ordnungsgemäßen Ablauf der Hauptversammlung und das ordnungsgemäße Zustandekommen der Beschlüsse dann vor allem durch die Niederschrift des Notars befriedigt werden.84) Die Niederschrift der Hauptversammlung der Münchener Rück-Versicherung vom 26.4.2017 enthält z. B. am Ende ausführliche Feststellungen des beurkundenden Notars zur Briefwahl und zum Verfahren bei der Online-Stimmabgabe. 1255 Diskutiert wird in der Literatur, ob die Niederschrift Angaben zur Feststellung der Stimmenkraft, also der Anzahl der Stimmen, die die Aktionäre in der Hauptversammlung repräsentiert haben, enthalten muss. Nach herrschender Meinung85) wird eine solche Angabe zumindest bei unübersichtlichen Stimmenverhältnissen als erforderlich angesehen, denn maßgebend ist die Anzahl der abgegebenen Stimmen und nicht die Zahl der Aktionäre.86) 1256 Festzuhalten in der Niederschrift sind auch eventuelle Stimmrechtsverbote und die gewählte Verfahrensweise, diese zu beachten.87) In der Regel wird hierbei in der Niederschrift aufgeführt, dass der Versammlungsleiter auf die Beachtung der Stimmverbote hingewiesen hat, bzw. die betreffenden Stimmen von der Präsenz abgesetzt worden sind. Offensichtliche Missachtungen von Stimmverboten muss der Notar in seiner Niederschrift dokumentieren.88) d)

Ergebnis der Abstimmung

1257 Beim Ergebnis der Abstimmung ist zwischen dem ziffernmäßigen Ergebnis (Zahl der abgegebenen Stimmen) und der rechtlichen Konsequenz aus dem ziffernmäßigen Ergebnis (Annahme oder Ablehnung des Antrags) zu differenzieren.89) 1258 Die Angabe des ziffernmäßigen Ergebnisses umfasst die Zahl der Ja- und NeinStimmen. Die bloße Angabe von Kapitalbeträgen, genügt den Anforderungen des § 130 Abs. 2 nicht.90) Die Feststellung des Notars zum Abstimmungser___________ 83) Siehe hierzu ausführlich Faßbender, RNotZ 2009, 456. 84) Faßbender, RNotZ 2009, 456. 85) Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 130 Rz. 165; Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 19a; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 104. 86) Faßbender, RNotZ 2009, 425, 443. 87) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 16; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 49. 88) Faßbender, RNotZ 2009, 425, 443; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 48. 89) Sigel/Schäfer, BB 2005, 2137, 2142. 90) BGH, Urt. v. 4.7.1994 – II ZR 144/93, ZIP 1994, 1171, 1172, vgl. auch EWiR 1994, 1051 (Petzold); Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 18; in Ausnahmefällen reicht es aus, statt der Anzahl der Ja- und Nein-Stimmen Prozentzahlen in die Niederschrift aufzunehmen, wenn im Ergebnis keine Zweifel über Annahme oder Ablehnung des Antrags und die Ordnungsmäßigkeit der Beschlussfassung verbleiben, BGH, Urt. v. 10.10.2017 – II ZR 375/15, ZIP 2017, 2245, vgl. auch EWiR 2018, 39 (Seibt).

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gebnis stützt sich dabei auf das ihm vom Versammlungsleiter mitgeteilte Ergebnis.91) Die auf die Aktien entfallenden Kapitalbeträge sind allerdings dann in die Nie- 1259 derschrift aufzunehmen, wenn vom Gesetz eine Mehrheit des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals verlangt wird, oder die Stimmberechtigung vom Nennbetrag abweicht.92) Streitig ist, ob auch die Zahl der Enthaltungen in der Niederschrift anzuführen 1260 ist. Die herrschende Meinung93) verneint ein solches Erfordernis mit der Begründung, die Enthaltungen seien ohne rechtliche Bedeutung (§ 133 Abs. 1); zudem ergibt sich dies auch aus dem Umkehrschluss aus § 130 Abs. 2 Nr. 3.94) Dem kann ohne Weiteres gefolgt werden, sofern das Additionsverfahren Anwendung findet, da bei diesem Verfahren die Enthaltungen für die Ermittlung des Abstimmungsergebnisses nicht benötigt werden. Dagegen werden beim Subtraktionsverfahren je nach Bestimmung des Vorsit- 1261 zenden neben den Enthaltungen entweder die Ja- oder Nein-Stimmen gezählt. Die Ermittlung des Ergebnisses erfolgt durch Subtraktion der gezählten Stimmen und der Enthaltungen von der Gesamtzahl der in der Hauptversammlung vertretenen Stimmen, sodass die Enthaltungen bei Anwendungen dieses Verfahrens als notwendiger Berechnungsfaktor für das Abstimmungsergebnis relevant sind. Auch die herrschende Meinung empfiehlt daher, die Enthaltungen bei Abstimmungen nach dem Subtraktionsverfahren in die Niederschrift aufzunehmen, ohne allerdings eine rechtliche Verpflichtung anzunehmen.95) Soweit die Abstimmung jeweils nach verschiedenen Aktiengattungen erfolgt, 1262 ist das Ergebnis der getrennten Abstimmung auf jeden Fall dann anzugeben, wenn die getrennte Abstimmung und Auszählung aufgrund einer unterschiedlichen Stimmkraft der Aktien erfolgte oder Sonderbeschlüsse (§ 138 Satz 1) ge-

___________ 91) MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 41 Rz. 11; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 20; Preuß, in: Armbrüster/Preuß/Renner, Komm. z. BeurkG, § 37 Rz. 9. 92) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 18; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 104. 93) Siehe Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 19a; Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 130 Rz. 24; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 114; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 130 Rz. 169 ff., der weitergehend nur die Aufnahme des rechtlichen Abstimmungsergebnisses, also die Dokumentation, ob und ggf. mit welchem Inhalt der Beschlussantrag angenommen worden ist, ohne Angabe des zahlenmäßigen Abstimmungsergebnisses, für ausreichend hält. 94) Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 19a. 95) Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 19a; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 18; MarschBarner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 35 Rz. 5; Butzke, HV, N Rz. 26; Fassbender, RNotZ 2009, 443; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 102.

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G. Hauptversammlungsprotokolle/Aufzeichnungen

fasst wurden. Eine getrennte Angabe ist dagegen nicht erforderlich, wenn es sich um einen bloßen Zählmodus ohne Bedeutung für das Ergebnis handelt.96) 1263 Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang weiterhin, dass die Aktionäre gemäß §°118 Abs.°2 ihre Stimme auch per Briefwahl schriftlich oder im Wege elektronischer Kommunikation abgeben können. Für die Niederschrift ist dies insoweit von Bedeutung als auch die Briefwahlstimmen zu den abgegebenen Stimmen gemäß § 133 Abs. 1 gehören. Bei Anwendung des Subtraktionsverfahrens ist die Zahl der Ja-Stimmen aus den Briefwahlstimmen den Ja-Stimmen der teilnehmenden Aktionäre hinzuzurechnen.97) In die Niederschrift ist daher aufzunehmen, dass ein Teil der Aktionäre per Briefwahl abgestimmt hat. Zu den anzugebenden Tatsachen gehören dann sowohl die Anzahl der per Briefwahl abgegebenen Stimmen als auch die Art und Weise wie sie bei der Ermittlung des Abstimmungsergebnisses berücksichtigt werden.98) 1264 Die Annahme oder Ablehnung des Antrags ist die rechtliche Folgerung aus der Zahl der Ja- und Nein-Stimmen sowie den Enthaltungen und ist als eigene Wahrnehmung des Notars in die Niederschrift aufzunehmen.99) 1265 Auch wenn der Notar nicht verpflichtet ist, die Stimmenauszählung und die Ermittlung des Abstimmungsergebnisses zu überwachen, muss er aber tätig werden, wenn er auf Fehler und Unregelmäßigkeiten aufmerksam wird. Weicht die Wahrnehmung des Notars bezüglich des Ergebnisses der Abstimmung also von dem durch den Versammlungsleiter festgestellten Ergebnis der Abstimmung ab, so ist dies in der Niederschrift zu vermerken.100) Entsprechendes gilt auch, wenn Abweichungen durch teilnehmende Aktionäre geltend gemacht werden. e)

Feststellung des Versammlungsleiters über die Beschlussfassung

1266 Erforderlich ist weiterhin die Feststellung des Versammlungsleiters über die Beschlussfassung. Der Versammlungsleiter hat zu verkünden, dass ein Beschluss mit dem näher bezeichneten Inhalt mit der dafür notwendigen Mehrheit gefasst oder nicht gefasst worden ist. Nicht ausreichend ist hier die bloße Fest-

___________ 96) Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 20; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 130 Rz. 174 f.; Zimmermann, in: Happ, Aktienrecht, 10.18 Rz. 39.7. 97) Begründung Regierungsentwurf ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 27. 98) Zimmermann, in Happ, Aktienrecht 10.18 Rz. 17.8. In der Praxis scheint die Angabe der Anzahl der per Briefwahl abgegebenen Stimmen allerdings nicht üblich zu sein. 99) Sigel/Schäfer, BB 2005, 2140. 100) Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 130 Rz. 181; Fassbender, RNotZ 2009, 444; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 56 und 63; Mülbert, in Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 48; Preuß, in: Armbrüster/Preuß/Renner, Komm. z. BeurkG, § 37 Rz. 9.

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I. Notarielle Niederschrift

stellung der abgegebenen Ja- und Nein-Stimmen.101) Der Beschluss ist in diesem Fall gemäß § 241 Nr. 2 nichtig. Die Verkündung des gefassten Beschlusses durch den Vorsitzenden ist dabei 1267 ein konstitutives Merkmal für die Beschlussfassung.102) Die Beschlussfeststellung in Verbindung mit der notariellen Beurkundung verleiht dem Beschluss erst seine rechtliche Wirksamkeit.103) Der Notar muss, auch wenn er die Feststellung des Vorsitzenden als unrichtig ansieht, diese in die Niederschrift aufnehmen.104) Ein solcher Beschluss kann nur mittels Anfechtungsklage und -urteil vernichtet werden. Weicht die Wahrnehmung des Notars bezüglich des Ergebnisses der Abstimmung also von dem durch den Versammlungsleiter festgestellten Ergebnis der Abstimmung ab, ist dies allerdings in der Niederschrift zu vermerken. Eine Ausnahme vom Erfordernis der Feststellung, die im Regelfall ausdrücklich 1268 getroffen werden muss, besteht für Beschlussfassungen des Alleinaktionärs. Hier ist es ausreichend, wenn der Alleinaktionär seine Beschlüsse erklärt und diese zu Protokoll genommen werden.105) f)

Erweiterte Angaben bei börsennotierten Gesellschaften

Für börsennotierte Gesellschaften gelten erweiterte Pflichten im Hinblick auf die 1269 Feststellung der Beschlussfassung. Die Feststellung über die Beschlussfassung hat für jeden Beschluss auch x

die Zahl der Aktien, für die gültige Stimmen abgegeben wurden (§ 130 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1),

x

den Anteil des durch die gültigen Stimmen vertretenen Grundkapitals (§ 130 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2),

x

die Zahl der für einen Beschluss abgegebenen Stimmen, Gegenstimmen und ggf. die Zahl der Enthaltungen

anzugeben (§ 130 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3).106)

1270

___________ 101) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 21; Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 22; MünchGesRHoffmann-Becking, AG, § 41 Rz. 11. 102) Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 109; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 22; Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 11; Terbrack/Lohr, in: Heidel, Aktienrecht, § 130 Rz. 33. 103) BGH, Urt. v. 23.9.1996 – II ZR 126/95, ZIP 1996, 2071, 2074; OLG Düsseldorf, OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.4.1997 – 6 U 20/96, ZIP 1997, 1153, 1161; vgl. dazu EWiR 1998, 151 (Kort); Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 22; Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 23. 104) Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 110; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 130 Rz. 181; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 63; so auch Preuß, in: Armbrüster/ Preuß/Renner, Komm. z. BeurkG, § 37 Rz. 9 und 14 f., der zwischen Beurkundungs- und Vermerkpflicht differenziert. 105) Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 106; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 130 Rz. 220; a. A. Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 23. 106) Siehe im Einzelnen: Begründung Regierungsentwurf ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 32; Leitzen, NZG 2010, 1065 ff.; Deilmann/Otte, BB 2010, 722 ff.

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G. Hauptversammlungsprotokolle/Aufzeichnungen

1271 Maßgebend für die Angabe nach § 130 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ist die Gesamtzahl der abgegebenen gültigen Stimmen, das heißt der Ja- und Nein-Stimmen. Wenn jede Aktie eine Stimme gewährt und alle Stimmen gültig sind, dann sind Anzahl der Stimmen und Anzahl der Aktien identisch. Enthaltungen zählen dagegen nicht zu den abgegebenen Stimmen und sind daher in die Zahl der Aktien, für die gültige Stimmen abgegeben wurden, nicht einzurechnen.107) 1272 Die in der Vergangenheit bei der Angabe nach § 130 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 diskutierte Frage, ob für die Berechnung des Anteils des durch die gültigen Stimmen vertretenen Grundkapitals auf das bei der Beschlussfassung vertretene Grundkapital108) oder das gesamte satzungsmäßige Grundkapital109) abzustellen ist, hat sich mit Inkrafttreten der Aktienrechtsnovelle 2016 erledigt. Der Gesetzgeber hat nun klargestellt, dass in § 130 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 der Anteil des Grundkapitals am eingetragenen Grundkapital gemeint ist.110) 1273 Im Rahmen der Angabe nach § 130 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 sind die Ja- und NeinStimmen anzugeben. Enthaltungen sind nur anzugeben, wenn nach dem Subtraktionsverfahren abgestimmt wurde, es also für die Feststellung des Abstimmungsergebnisses auf die Enthaltungen ankommt.111) 1274 Der Versammlungsleiter hat gemäß § 130 Abs. 2 Satz 3 die Möglichkeit, auf diese umfassende Feststellung zu verzichten und sich auf die Feststellung zu beschränken, dass die erforderliche Mehrheit erreicht wurde, soweit kein Aktionär die umfassende Feststellung verlangt.112) Nach der Intention des Gesetzgebers soll damit das Verlesen langer Zahlenkolonnen vermieden und der zeitliche Ablauf der Hauptversammlung gestrafft werden.113) Eine ausreichende Information der Aktionäre wird durch die vorgeschriebene Internet-Veröffentlichung der Abstimmungsergebnisse gemäß § 130 Abs. 6 gewährleistet. In der Praxis werden parallel dazu in der Regel aber die ausführlichen Ergebnisse der Abstimmungen im Versammlungssaal mittels Großbildschirm oder Beamer für die Aktionäre sichtbar gemacht.114)

___________ 107) Deilmann/Otte, BB 2010, 722; Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 23a; Scholz/Wenzel, AG 2010, 444; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 27; Arnold/Carl/Götze, AG 2011, 349, 356. 108) So Deilmann/Otte, BB 2010, 722 f. 109) So Merkner/Sustmann, NZG 2010, 569; Scholz/Wenzel, AG 2010, 444 f.; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 28. 110) Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 23a. 111) Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 23a; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 29. 112) Zur Entstehungsgeschichte vgl. Leitzen, ZIP 2010, 1065 ff. 113) Beschlussempfehlung Rechtsausschuss ARUG, BT-Drucks. 16/3098, S. 39, kritisch hierzu: Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 30 ff. 114) In diesem Sinne auch Arnold/Carl/Götze, AG 2011, 349 (357), die eine ausführliche Beschlussfeststellung empfehlen.

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I. Notarielle Niederschrift

§ 130 Abs. 2 Satz 3 betrifft nur den Inhalt der Feststellung durch den Versamm- 1275 lungsleiter. Auswirkungen im Hinblick auf die notarielle Niederschrift ergeben sich nur dadurch, dass die zusätzlichen Angaben gemäß § 130 Abs. 2 Satz 2 nicht protokolliert werden müssen, wobei es sich aber empfiehlt, die Tatsache, dass kein Aktionär eine umfassende Feststellung verlangt hat, in die Niederschrift aufzunehmen. Dagegen wird die Verpflichtung des Notars gemäß § 130 Abs. 2 Satz 1 zur Aufnahme des Ergebnisses der Abstimmung, also der Anzahl der Jaund Nein-Stimmen, in die notarielle Niederschrift nicht berührt. Fehlen die Angaben zum Ergebnis der Abstimmung i. S. v. § 130 Abs. 2 Satz 1 im notariellen Protokoll, ist der entsprechende Beschluss gemäß § 241 Nr. 2 AktG nichtig.115) Eine börsennotierte Gesellschaft ist ferner verpflichtet, die festgestellten Ab- 1276 stimmungsergebnisse – einschließlich der oben genannten Angaben – innerhalb von sieben Tagen nach der Hauptversammlung auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen (§ 130 Abs. 6). 5.

Verfahren der Erstellung der Niederschrift

In der Praxis wird durch den Notar – häufig unterstützt von der zuständigen 1277 Fachabteilung der Gesellschaft – vor der Hauptversammlung ein ausführlicher Entwurf der Niederschrift angefertigt. Dabei handelt es sich um eine zulässige116) und zweckmäßige Vorgehensweise, die dem Notar die Gelegenheit gibt, dem Gang der Hauptversammlung sorgfältig zu folgen und die in dem Entwurf enthaltenen Angaben zu überprüfen und ggf. zu ergänzen. Dies wird insbesondere bezüglich unerwarteter Ereignisse, aber auch wegen der Beschlussergebnisse notwendig sein. Gerade bei sehr großen Hauptversammlungen kann es beim Notar z. B. bei einer Vielzahl von Widersprüchen, die zu Protokoll gegeben werden, zu Kapazitätsengpässen kommen. In der Praxis gibt es unterschiedliche Lösungen, um diesem Problem zu begegnen, die von der Hinzuziehung von Hilfspersonen, z. B. für die Aufnahme von nicht beantworteten Fragen sowie Widersprüchen, bis zum Einsatz eines zweiten Notars reichen.117) Die Niederschrift braucht nicht bis zum Ende der Hauptversammlung abge- 1278 schlossen zu sein, sondern es genügt auch eine Fertigstellung nach Schluss der

___________ 115) Leitzen, ZIP 2010, 1067. 116) Faßbender RNotZ 2009, 435 m. w. N.; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 19; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 63; Zimmermann, in: Happ, Aktienrecht, 10.18 Rz. 2.29 f.; MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 41 Rz. 23; Preuß, in: Armbrüster/Preuß/Renner, Komm. z. BeurkG, § 37 Rz. 11; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 130 Rz. 289; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130, Rz. 62. 117) Siehe dazu Arnold/Carl/Götze, AG 349, 357.

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G. Hauptversammlungsprotokolle/Aufzeichnungen

Hauptversammlung.118) Da der Vorstand gemäß § 130 Abs. 5 verpflichtet ist, die Niederschrift unverzüglich nach der Hauptversammlung beim Handelsregister einzureichen, folgt daraus für den Notar, dass die Niederschrift alsbald im Anschluss an die Hauptversammlung fertigzustellen und zu unterzeichnen ist.119) Die Frage, ob ein vom Tag der Hauptversammlung abweichendes Errichtungsdatum in die Niederschrift aufzunehmen ist, wurde vom Bundesgerichtshof120) dahingehend entschieden, dass Ort und Tag der Wahrnehmungen des Notars nicht mit dem Tag der Errichtung bzw. Fertigstellung der Niederschrift übereinstimmen müssen. Wird das abweichende Errichtungsdatum nicht in der Urkunde angegeben, führt dies nicht zur Nichtigkeit der Urkunde. 1279 Der Bundesgerichtshof hat in diesem Urteil weiterhin klargestellt, dass nachträgliche Änderungen und Ergänzungen zulässig sind, so lange sich die Urkunde noch im Gewahrsam des Notars befindet und er sich ihrer nicht entäußert hat. Eine – vorsorgliche – Unterzeichnung der während der Hauptversammlung angefertigten Aufzeichnungen und erst anschließende Finalisierung der Niederschrift unter Vornahme von Änderungen und Ergänzungen ist damit rechtlich statthaft. Erst mit der Ausgabe von Ausfertigungen oder Abschriften der vom Notar autorisierten Endfassung der Niederschrift ist der Beurkundungsvorgang gemäß § 44a BeurkG abgeschlossen.121) 1280 Gemäß § 130 Abs. 4 ist die Niederschrift vom Notar eigenhändig zu unterzeichnen. Dabei soll die Amtsbezeichnung beigefügt werden (§ 13 Abs. 3 BeurkG).122) Die Unterzeichnung kann auch nach Ende der Hauptversammlung erfolgen.123) 1281 Der Hauptversammlungsniederschrift sind als Anlage die Belege über die Einberufung (§ 130 Abs. 3) beizufügen. Damit wird sichergestellt, dass über den In___________ 118) Preuß, in: Armbrüster/Preuß/Renner, Komm. z. BeurkG, § 37 Rz. 11; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130, Rz. 62 f.; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 130 Rz. 308; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 64; BGH, Urt. v. 16.2.2009 – II ZR 185/07, ZIP 2009, 460; Roeckl-Schmidt/Stoll, AG 2012, 225 f. 119) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 64; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130, Rz. 63 und 128. 120) BGH, Urt. v. 16.2.2009 – II ZR 185/07, ZIP 2009, 460. 121) BGH, Urt. v. 16.2.2009 II ZR 185/07, ZIP 2009, 460; Rieder, GWR 2009, 25; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 71; Krieger, NZG 2003, 366; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 24; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 63; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 130 Rz. 308 ff.; ausführlich zur Frage der Auswirkungen der späteren Fertigstellung auf die Wirksamkeit der gefassten Beschlüsse Roeckl-Schmidt/Stoll, AG 2012, 225. 122) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 68; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 67. 123) OLG München, HRR 1937 Nr. 1109; Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 26; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 130 Rz. 308; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 67; Preuß, in: Armbrüster/Preuß/Renner, Komm. z. BeurkG, § 37 Rz. 11.

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I. Notarielle Niederschrift

halt dieser Dokumente später kein Streit entsteht.124) Die früher noch verlangte Beifügung des Teilnehmerverzeichnisses ist dagegen nicht mehr erforderlich,125) sondern vielmehr durch die Verpflichtung des Unternehmens, dem Aktionär gemäß § 129 Abs. 4 Einsicht zu gewähren, ersetzt worden. Im Fall der Veröffentlichung der Einberufung im Bundesanzeiger ist ein Papierausdruck der entsprechenden Internetseite aus dem Bundesanzeiger beizufügen. Erfolgt die Einberufung in weiteren Gesellschaftsblättern, so ist ein Belegexemplar beizufügen.126) Bei Einberufung durch eingeschriebenen Brief (§ 121 Abs. 4) sind neben einem Musterexemplar sämtliche Einlieferungsbelege beizufügen. Sofern die Satzung die Einberufung per Telefax oder E-Mail gestattet, sind sämtliche Telefaxe bzw. E-Mails nebst den zugehörigen Sendeberichten beizufügen.127) Auf die beigefügten Anlagen ist in der Niederschrift zu verweisen. Die Beifügung der Anlagen erfolgt durch dauerhafte Verbindung der Dokumente mit der Niederschrift durch Schnur und Prägesiegel (§ 44 BeurkG i. V. m. § 37 Abs. 1 Satz 2 und 3 BeurkG, §§ 18 Abs. 2 Satz 1, 30 Abs. 2 DNotO).128) Die Belege über die Einberufung sind entbehrlich, wenn sie unter Angabe ihres Inhalts in der Niederschrift aufgeführt werden. Sind sämtliche Aktionäre in der Versammlung anwesend und hat die Versammlung auf sämtliche Form- und Fristvorschriften verzichtet, bedarf es keiner Beifügung der Einberufungsbelege bzw. Aufnahme entsprechender Angaben in die Niederschrift.129) Die Regelung des § 130 Abs. 3 ist nicht abschließend, vielmehr ergibt sich kraft 1282 besonderer gesetzlicher Anordnung die Verpflichtung zur Beifügung weiterer Anlagen. Dies betrifft: x

Nachgründungsverträge (§ 52 Abs. 2 Satz 7),

x

Unternehmensverträge (§ 293g Abs. 2 Satz 2),

x

Vermögensübertragende Verträge (§ 179a Abs. 2 Satz 6),

x

Verschmelzungs- oder Spaltungsverträge (§§ 125 i. V. m. 13 Abs. 3 Satz 2 UmwG),

___________ 124) Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 117; ebenso: Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 130 Rz. 308, die diese Anforderung jedoch aufgrund der elektronischen Registerführung für mittlerweile teilweise überholt halten. 125) Siehe hierzu Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 24; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 74. 126) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 72 f.; a. A. Zimmermann, in: Happ, Aktienrecht, 10.18 Rz. 51.3. 127) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 72 f.; Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 24; Drinhausen, in: Hölters, AktG, § 130 Rz. 37; a. A. Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 73; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 119; Zimmermann, in: Happ, Aktienrecht, 10.18 Rz. 51.5, die eine Beifügung mit dem Argument für entbehrlich halten, dass diese Belege keinen Nachweis für die Einberufung erbringen sondern nur für deren Rechtzeitigkeit. 128) Siehe Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 24; Faßbender, RNotZ 2009, 447; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 75. 129) Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 24; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 74.

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G. Hauptversammlungsprotokolle/Aufzeichnungen

x

Verträge zur Vermögensübertragung (§§ 176 Abs. 1 i. V. m. 13 Abs. 3 Satz 2 UmwG).130)

1283 In der Praxis üblich ist die Beifügung weiterer Anlagen, die die Wahrnehmung des Notars teilweise ersetzen. Dies betrifft etwa umfangreiche Fragenkataloge von Aktionären, die dem Notar übergeben werden oder die von den Aktionären als unbeantwortet zu Protokoll gegebenen Fragen (ggf. einschließlich der von der Verwaltung gegebenen Antworten), aber auch z. B. den Aktionären ausgehändigte Dokumente mit organisatorischen Hinweisen zur Vollmachterteilung und Stimmabgabe.131) Im Fall von Vollversammlungen ist darüber hinaus nicht unüblich, dass auch die Stimmrechtsvollmachten der Aktionäre der Niederschrift beigefügt werden, um damit gleichzeitig auch den Nachweis für das Vorliegen der Voraussetzungen der Vollversammlung zu führen.132) 1284 Eine Beifügung von Jahres- und Konzernabschluss ist dagegen auch dann nicht erforderlich, wenn in der Niederschrift freiwillig darauf Bezug genommen wird. Die Verpflichtung zur Offenlegung im Bundesanzeiger gemäß § 325 HGB sorgt hier für hinreichende Publizität.133) Dessen ungeachtet ist eine freiwillige Beifügung grundsätzlich möglich.134) 1285 Die Hauptversammlung wird grundsätzlich in deutscher Sprache abgehalten, soweit alle anwesenden teilnahmeberechtigten Personen (einschließlich des Notars) damit einverstanden sind, kann die Hauptversammlung jedoch auch in einer anderen Sprache durchgeführt werden. Im Fall des Widerspruchs eines der Teilnahmeberechtigten, kann die Hauptversammlung nur dann in einer anderen Sprache abgehalten werden, wenn eine Simultanübersetzung durch einen vereidigten Dolmetscher erfolgt.135) Die Sprache der Hauptversammlung ist dabei von der Sprache der Niederschrift zu unterscheiden. 1286 Gemäß § 5 Abs. 1 BeurkG ist die Niederschrift über die Hauptversammlung grundsätzlich in deutscher Sprache zu erstellen. Auf Verlangen kann die Niederschrift jedoch auch in einer anderen Sprache angefertigt werden, vorausgesetzt der Notar ist dieser Sprache hinreichend mächtig (§ 5 Abs. 2 BeurkG). ___________ 130) Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 25; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 75; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 74. 131) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 76 f.; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 125; Zimmermann, in: Happ, Aktienrecht, 10.18, Rz. 51.8, mit dem Hinweis, dass sofern Teile der Niederschrift in Anlagen ausgegliedert sind, diese Anlagen zwingender Bestandteil der Niederschrift sind. 132) Polte/Haider-Giangreco, AG 2014, 729, 736. 133) Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 25; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 74; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 124; grundsätzlich auch Terbrack/Lohr, in: Heidel, Aktienrecht, § 130 Rz. 36, mit der Ausnahme, soweit die Hauptversammlung über die Feststellung des Jahresabschlusses beschließt. 134) Drinhausen, in: Hölters, AktG, § 130 Rz. 37; Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 25. 135) Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, § 130 Rz. 24; Faßbender, RNotZ 2009, 425, 453; ausführlich zur Sprache der Hauptversammlung Drinhausen/Marsch-Barner, AG 2014, 757, 762 f.

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I. Notarielle Niederschrift

Voraussetzung hierfür ist, dass alle Beteiligten (d. h. die anwesenden Organmitglieder, der Versammlungsleiter, die Aktionäre und Aktionärsvertreter) dies verlangen bzw. keiner der Niederschrift in fremder Sprache widerspricht.136) Die Sprache der Niederschrift muss dabei nicht mit der Sprache der Hauptversammlung übereinstimmen.137) Notwendig ist es jedoch, bei der Einreichung zum Handelsregister eine Über- 1287 setzung der Niederschrift beizufügen, da andernfalls die Publizitätsfunktion der Einreichung gefährdet wird.138) 6. Einreichung der Niederschrift zum Handelsregister/Einsichtnahme Nach § 130 Abs. 5 ist der Vorstand verpflichtet, unverzüglich nach der Haupt- 1288 versammlung eine öffentlich beglaubigte, im Falle des Absatzes 1 Satz 3 eine vom Vorsitzenden des Aufsichtsrats unterzeichnete Abschrift der Niederschrift und ihrer Pflichtanlagen auf elektronischem Weg (§ 12 Abs. 2 HGB, § 39a BeurkG zum Handelsregister einzureichen.139) Da die Einreichung beim Handelsregister nur noch auf elektronischem Wege möglich ist, wird in vielen Fällen auch die privatschriftliche Niederschrift über einen Notar beim Handelsregister eingereicht, sofern die Gesellschaft nicht über die entsprechenden technischen Einrichtungen für die elektronische Einreichung verfügt. Die Urschrift der Niederschrift verbleibt gemäß § 45 Abs. 1 BeurkG beim No- 1289 tar. Im Fall des privatschriftlichen Protokolls verbleibt das Original bei der Gesellschaft.140) Das Recht, Ausfertigungen oder Abschriften der Niederschrift vom Notar zu 1290 verlangen und die Urschrift einzusehen, steht nur demjenigen zu, der die Aufnahme der Niederschrift verlangt hat (§ 51 Abs. 1 Nr. 2). Im Regelfall steht dies daher nur der Gesellschaft zu. Ausnahmsweise kann dies dem Aufsichtsrat (§ 111 Abs. 3) oder einer Aktionärsminderheit (§ 122 Abs. 3) zustehen, wenn diese die Einberufung der Hauptversammlung vorgenommen und dann auch den Notar mit der Erstellung der Niederschrift beauftragt haben.141) ___________ 136) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 67; Mülbert, in: Großkomm z. AktG, § 130 Rz. 66; Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, § 130 Rz. 24. 137) Fassbender, RNotZ 2009, 454; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 130 Rz. 298; Mülbert, in: Großkomm z. AktG, § 130 Rz. 66; Zimmermann, in: Happ, Aktienrecht, 10.18 Rz. 4.3 f, mit dem zutreffenden Hinweis, dass für börsennotierte Gesellschaften dieser Weg aus praktischen Gründen ausscheidet. 138) Zimmermann, in: Happ, Aktienrecht, 10.18 Rz. 4.3; Mülbert, in: Großkomm z. AktG, § 130 Rz. 66; Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, § 130 Rz. 24; kritisch: Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 130 Rz. 299; a. A. Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 67, die eine Übersetzung nur bei eintragungsbedürftigen Beschlüssen für erforderlich hält. 139) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 78; Mülbert, in: Großkomm z. AktG, § 130 Rz. 126 und 131; MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 41 Rz. 31 f. 140) Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 27a.; Mülbert, in: Großkomm z. AktG, § 130 Rz. 130 f.; Sigel/ Schäfer, BB 2005, 2137, 2143. 141) Faßbender, RNotZ 2009, 449, Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 79.

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G. Hauptversammlungsprotokolle/Aufzeichnungen

1291 Wegen der Einsichtsmöglichkeiten beim Registergericht ist die praktische Bedeutung der Einsichtsgewährung bei der Gesellschaft gering. Aktionäre haben grundsätzlich gegen die Gesellschaft keinen Anspruch auf Erteilung von Abschriften oder Einsichtnahme in die Urschrift.142) Ein Recht auf Einsichtnahme ergibt sich auch nicht aus § 810 BGB, da es an einem zu erkennenden rechtlichen Interesse fehlt.143) 1292 Die Gesellschaft kann die Aktionäre hinsichtlich eines derartigen Verlangens auf die jedermann zustehende Möglichkeit der Einsichtnahme gemäß § 9 Abs. 1 HGB und das Verlangen von Ausdrucken gemäß § 9 Abs. 4 HGB verweisen.144) 1293 Ein anderes Ergebnis kann sich unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nur dann ergeben, wenn die Gesellschaft dies zusagt oder es einer bisherigen Übung bei der Gesellschaft entspricht, Abschriften der Hauptversammlungsprotokolle zu versenden.145) II.

Einfache Niederschrift

1294 Bei nicht börsennotierten Gesellschaften bedarf die Niederschrift nicht der Mitwirkung eines Notars, soweit in der Hauptversammlung keine Grundlagenbeschlüsse gefasst werden (§ 130 Abs. 1 Satz 3). Der Begriff der nicht börsennotierten Gesellschaft bestimmt sich nach § 3 Abs. 2, das bedeutet, die Aktien der Gesellschaft dürfen nicht zum Handel im regulierten Markt (§ 32 ff. BörsG) zugelassen sein. 1295 Eine privatschriftliche Niederschrift ist ferner nur möglich, wenn keine Grundlagenbeschlüsse gefasst werden. Der Begriff Grundlagenbeschlüsse meint dabei alle Beschlüsse für die das Aktiengesetz eine qualifizierte Kapitalmehrheit fordert.146) Dies sind z. B.: x Satzungsänderungen (§ 179 Abs. 2), x

Kapitalmaßnahmen (§§ 182 Abs. 1, 222 Abs. 1),

x

die Beschlüsse zu Unternehmensverträgen (§ 293 Abs. 1),

x

der Beschluss zur Eingliederung (§ 319 Abs. 2).

1296 Kein Grundlagenbeschluss in diesem Sinne ist z. B. die Abberufung eines Aufsichtsrats, weil die in § 103 Abs. 1 Satz 2 verlangte 3/4-Mehrheit, die Mehrheit der ___________ 142) Sigel/Schäfer, BB 2005, 2144; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 138. 143) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 81; wohl auch Faßbender, RNotZ 2009, 425, 449; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 138; a. A. die wohl h. M. Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 78 m. w. N.; Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, § 130 Rz. 63; MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG § 41 Rz. 34. 144) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 81. 145) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 81. 146) Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 14b; Terbrack/Lohr, in: Heidel, Aktienrecht, § 130 Rz. 7 m. w. N.; vgl. darüber hinaus Rz. 1203 ff. m. w. N.

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II. Einfache Niederschrift

abgegebenen Stimmen meint.147) Die früher noch umstrittene Frage, ob Grundlagenbeschlüsse im Sinne der Holzmüller/Gelatine-Rechtsprechung des BGH einer privatschriftlichen Protokollierung zugänglich sind, scheint mittlerweile weitgehend im Sinne der Notwendigkeit einer notariellen Beurkundung geklärt zu sein. Begründet wird dies neben dem Verweis auf den Willen des Gesetzgebers auch mit der Betonung des Erfordernisses der 3/4-Mehrheit durch den BGH in der Gelatine-Entscheidung als Beleg für den strukturändernden Charakter.148) § 130 Abs. 1 Satz 3 regelt nur die Unterzeichnung der Niederschrift durch den 1297 Vorsitzenden des Aufsichtsrats, sagt aber nichts darüber, wer die Niederschrift aufzunehmen hat. Richtigerweise ist an dieser Stelle der Versammlungsleiter gemeint, der sich bei der Aufnahme der Niederschrift einer Hilfskraft bedienen darf.149) Der Gesetzgeber ist bei der Einführung des § 130 Abs. 1 Satz 3 von der üblichen Praxis ausgegangen, dass der Vorsitzende des Aufsichtsrats auch der Versammlungsleiter der Hauptversammlung ist. Ist ausnahmsweise nicht der Vorsitzende des Aufsichtsrats bzw. dessen Stellvertreter Versammlungsleiter so trifft allein den tatsächlichen (z. B. von der Hauptversammlung gewählten oder der Satzung bestimmten) Versammlungsleiter die Verpflichtung zur Aufnahme der Niederschrift. Hinsichtlich des Inhalts der Niederschrift bestehen beim privatschriftlichen 1298 Protokoll keine Besonderheiten gegenüber dem notariellen Protokoll. Auch der Inhalt des privatschriftlichen Protokolls muss den Anforderungen des § 130 Abs. 1 und Abs. 2 entsprechen.150) Der Zweck des § 130 Abs. 1 Satz 3 gebietet es, beim privatschriftlichen Proto- 1299 koll dieselben Berichtigungsmöglichkeiten zuzulassen, wie sie bei der notariellen Niederschrift möglich sind.151) Insoweit dürften die vom Bundesgerichtshof152) zur notariellen Niederschrift aufgestellten Grundsätze hinsichtlich nachträglicher Änderungen und Berichtigungen in entsprechender Weise auch für die privatschriftliche Niederschrift gelten. Die Niederschrift ist vom Vorsitzenden des Aufsichtsrats zu unterzeichnen, 1300 der damit die Verantwortung dafür übernimmt, dass das Protokoll inhaltlich richtig und ordnungsgemäß angefertigt ist. Dies gilt nur, wenn der Aufsichts___________ 147) OLG Karlsruhe, Urt. v. 9.10.2013 – 7 U 33/13, AG 2014, 127 mit Anm. Beck, AG 2014, 275. 148) Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 14c; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 29 m. w. N.; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 81; Hamos, AG 2015, 734; a. A. Terbrack/ Lohr, in: Heidel, Aktienrecht, § 130 Rz. 7. 149) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 31; Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 14e; Lutter, AG 1994, 439. 150) Siehe hierzu Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 32, Grumann/Gillmann, NZG 2004, 840. 151) Ausführlich Schrick, AG 2001, 645 ff.; Grumann/Gillmann, NZG 2004, 842, Fn. 34; Krieger, NZG 2003, 371; Mülbert, in: Großkomm z. AktG, § 130 Rz. 91. 152) BGH, Urt. v. 16.2.2009 – II ZR 185/07, ZIP 2009, 460, 461 ff.; siehe auch Rz. 1277 ff.

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G. Hauptversammlungsprotokolle/Aufzeichnungen

ratsvorsitzende entsprechend der üblichen Praxis auch Versammlungsleiter war. War dagegen der Stellvertreter des Aufsichtsratsvorsitzenden oder eine dritte Person Versammlungsleiter, so ist die Niederschrift durch diese zu unterzeichnen.153) Die Gegenauffassung,154) die auch für den Fall, dass eine dritte Person als Versammlungsleiter fungiert, die Unterzeichnung der Niederschrift durch den Vorsitzenden des Aufsichtsrats bzw. dessen Stellvertreter fordert, überzeugt nicht und führt insbesondere dann zu unbefriedigenden Ergebnissen, wenn weder der Aufsichtsratsvorsitzende noch sein Stellvertreter an der Hauptversammlung teilgenommen haben. Auch das privatschriftliche Protokoll dient wie die notarielle Beurkundung grundsätzlich dazu, die Willensbildung in der Hauptversammlung zu dokumentieren und für nachhaltige Rechtssicherheit aller Beteiligten zu sorgen, wenn auch der Beweiswert des privatschriftlichen Protokolls geringer als der eines notariellen Protokolls ist. Anders als die notarielle Niederschrift unterliegt die privatschriftliche Niederschrift der freien Beweiswürdigung gemäß § 286, 416 ZPO.155) Die Beweisfunktion auch der privatschriftlichen Niederschrift gebietet es aber, die Niederschrift auch durch den tatsächlichen Versammlungsleiter – und zwar auch nur durch diesen156) – unterzeichnen zu lassen. III.

Rechtsfolgen bei Verstoß

1301 Unterbleibt eine nach § 130 Abs. 1 Satz 1 erforderliche notarielle Beurkundung, fehlen in der Niederschrift die nach § 130 Abs. 2 Satz 1 vorgeschriebenen Angaben oder fehlt die Unterschrift des Notars nach § 130 Abs. 4, so sind die von diesen Fehlern betroffenen Beschlüsse der Hauptversammlung gemäß § 241 Nr. 2 nichtig.157) Dies gilt in entsprechender Weise für das privatschriftliche Protokoll (auch bei Vollversammlung).158) 1302 Unterläuft dem Versammlungsleiter dagegen bei der Feststellung nach § 130 Abs. 2 Satz 2 ein Fehler und wird die fehlerhafte Feststellung entsprechend in ___________ 153) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 33; Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 14e; siehe auch OLG Karlsruhe, Urt. v. 9.10.2013 – 7 U 33/13, ZIP 2014, 376, 380 f.; ausführlich für den Fall der Vollversammlung dazu auch Polte/Heider-Giangreco, AG 2014, 729, 734 f., allerdings mit der Einschränkung, dass für die Sitzungsleitung das in der Satzung vorgesehene Verfahren eingehalten sein muss. 154) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 48; Hamos, AG 2015, 738; vgl. zum Streitstand auch Beck, AG 2014, 274, 278. 155) MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 41 Rz. 2; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 4. 156) Soweit von Polte/Haider-Giancaro, AG 2014, 729, 735 eine vorsorgliche Unterzeichnung durch den nicht anwesenden Aufsichtsratsvorsitzenden bzw. dessen Stellvertreter gefordert wird, überzeugt dies vor dem Hintergrund der Beweisfunktion nicht. 157) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 37 und 88; Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 30; siehe auch Beck, in: RNotZ 2014, 165 f. zu den Auswirkungen technischer Probleme – im Fall einer vollständig elektronischen Hauptversammlung – auf die Niederschrift. 158) Hamos, AG 2015, 739 m. w. N.; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 88 m. w. N.

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IV. Stenografisches Protokoll, Ton- und Bildaufnahmen in der Hauptversammlung

die Niederschrift aufgenommen, führt dies nicht zur Nichtigkeit gemäß § 241 Nr. 2. Derartige Verstöße sind vom Gesetzgeber bewusst von der Nichtigkeitsfolge ausgenommen worden, da die Regelung nur dem Ziel dient, die Transparenz für die Aktionäre zu erhöhen.159) Ist die Niederschrift inhaltlich unrichtig, hat also der Notar nicht das tatsächlich Geschehene in der Hauptversammlung beurkundet, so sind die betroffenen Beschlüsse gleichfalls nichtig. Keinen Mangel der Beurkundung stellt es dar, wenn das Beschlussergebnis durch den Versammlungsleiter falsch ermittelt oder falsch verkündet wurde. Wird wegen eines solchen Fehlers ein unrichtiges Abstimmungsergebnis protokolliert, so ist der Beschluss anfechtbar.160) Eine Heilung der Nichtigkeit ist möglich bei Beschlüssen, die in das Handelsregister einzutragen sind.161) Die Heilung tritt dann mit deren Eintragung ein (§ 242 Abs. 1). Eine unterbliebene oder fehlerhafte Beurkundung von Minderheitsverlangen oder Widersprüchen hat auf deren Wirksamkeit keine Auswirkungen, erschwert der Minderheit bzw. dem Aktionär jedoch den Beweis, dass diese Erklärungen in der Hauptversammlung abgegeben wurden.162) Wurden die Einberufungsbelege nicht oder nicht vollständig beigefügt, begründet dies keine Nichtigkeit, da § 130 Abs. 3 nicht als Nichtigkeitsgrund in § 241 Nr. 2 genannt ist. Eine Anfechtung gemäß § 243 Abs. 1 scheidet in der Regel ebenfalls aus, da ein bereits gefasster Beschluss nicht auf der fehlenden Beifügung von Anlagen der Niederschrift beruhen kann.163) Ein Verstoß gegen die Pflicht zur unverzüglichen Einreichung der Niederschrift zum Handelsregister (§ 130 Abs. 5) kann zu einem Zwangsgeld führen (§ 14 HGB). IV.

Stenografisches Protokoll, Ton- und Bildaufnahmen in der Hauptversammlung

1.

Stenografisches Protokoll

1303

1304

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1306

1307

Von der Niederschrift i. S. v. § 130 zu unterscheiden sind Protokolle, die von 1308 der Gesellschaft angefertigt werden. Die Gesellschaft ist grundsätzlich berech___________ 159) Begründung Regierungsentwurf ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 39f.; Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung nach dem ARUG, Rz. 302; Herrler/Reymann, DNotZ 2009, 823. 160) MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 41 Rz. 50; Terbrack/Lohr, in: Heidel, Aktienrecht, § 130 Rz. 40. 161) MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 42 Rz. 37 ff. Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 130 Rz. 149. 162) Terbrack/Lohr, in: Heidel, Aktienrecht, § 130 Rz. 40; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 37; Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 31; BGH, Urt. v. 16.2.2009 – II ZR 185/07, ZIP 2009, 460, 463. 163) Butzke, HV, N Rz. 37; Terbrack/Lohr, in: Heidel, Aktienrecht, § 130 Rz. 41; Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 32.

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G. Hauptversammlungsprotokolle/Aufzeichnungen

tigt, ein stenografisches Protokoll der Hauptversammlung anfertigen zu lassen bzw. Fragen und Redebeiträge von Aktionären durch Stenografen protokollieren zu lassen.164) Eine rechtliche Verpflichtung, ein derartiges Protokoll anfertigen zu lassen, besteht jedoch nicht.165) Die Anfertigung derartiger Protokolle durch die Gesellschaft bedarf nicht der Zustimmung des Versammlungsleiters, der Aktionäre oder derjenigen, die in der Hauptversammlung Wortbeiträge leisten.166) 1309 Dies gilt in entsprechender Weise für die Mitschriften von Aktionären. In der Hauptversammlung anwesende Aktionäre sind ebenfalls grundsätzlich berechtigt, Mitschriften über die Hauptversammlung anzufertigen, ohne dass hierfür die Zustimmung des Versammlungsleiters oder der anderen Aktionäre notwendig ist.167) Darauf hinzuweisen ist jedoch, dass derartige Niederschriften im Unterschied zum notariellen Protokoll kein förmliches Beweismittel darstellen.168) 2.

Ton- und Bildaufnahmen

1310 Die Gesellschaft ist daneben grundsätzlich auch berechtigt, Ton- und Bildaufzeichnungen der Hauptversammlung vorzunehmen. Voraussetzung dafür ist, dass der Versammlungsleiter vorher ausdrücklich auf die Ton- bzw. Bildaufzeichnung hingewiesen hat. Weiterhin ist die Ton- bzw. Bildaufnahme nur zulässig, wenn die Aktionäre, die einen Redebeitrag leisten, dieser nicht widersprechen. Der Versammlungsleiter muss daher jedem Redner die Gelegenheit geben, der Aufzeichnung zu widersprechen.169) 1311 Dieses Widerspruchsrecht betrifft nicht die Bild- oder Tonübertragung der Hauptversammlung in Nebenräume oder in das Back-Office. Diese ist ohne Weiteres zulässig, um den Aktionären auch außerhalb des Versammlungssaals die Verfolgung der Hauptversammlung zu ermöglichen bzw. den Mitarbeitern im Back-Office die Aufnahme der Fragen für die Vorbereitung der Antworten des Vorstands zu ermöglichen.170) ___________ 164) MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 37 Rz. 51; Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, § 130 Rz. 70. 165) Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 33. 166) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 101; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 82; Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 33; Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 35 Rz. 16 f.; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 129 Rz. 268. 167) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 100; Butzke, HV, N Rz. 44; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 84; Wicke, in: Spinder/Stilz, AktG, § 130 Rz. 70. 168) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 100. 169) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 101; Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 35 Rz. 19; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 83; MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 37 Rz. 50, der dies allerdings für den Fall einer angeordneten Übertragung verneint; siehe auch BGH, Urt. v. 19.9.1994 II ZR 298/1992, ZIP 1994, 1597. 170) Marsch-Barner, in Marsch-Barner/Schäfer, § 35 Rz. 21; Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, § 130 Rz. 70; Zimmermann, in: Happ, Aktienrecht, 10.18 Rz. 15.1.

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IV. Stenografisches Protokoll, Ton- und Bildaufnahmen in der Hauptversammlung

Die geschilderten Grundsätze betreffen nur die von der Gesellschaft veranlassten 1312 Ton- und Bildaufzeichnungen. Für Bild- und Ton-Aufzeichnungen der Hauptversammlung durch Aktionäre ist die Zustimmung der anderen Aktionäre sowie des Versammlungsleiters erforderlich, da nur dann nicht in unzulässiger Weise in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der anderen Teilnehmer eingegriffen wird.171) Die vorstehend beschriebenen Grundsätze hinsichtlich der von der Gesell- 1313 schaft veranlassten Ton- und Bildaufzeichnungen finden jedoch keine Anwendung, wenn von den Möglichkeiten des § 118 Abs. 4 Gebrauch gemacht wird.172) Danach können die Satzung oder eine Geschäftsordnung für die Hauptversammlung vorsehen oder den Vorstand oder den Versammlungsleiter dazu ermächtigen, vorzusehen, die Bild- und Tonübertragung der Versammlung zuzulassen. In diesen Fällen scheint es dann auch gerechtfertigt für entsprechende Aufzeichnungen von Aktionären von dem Zustimmungserfordernis des Versammlungsleiters und der anderen Aktionäre abzusehen, vorausgesetzt eine solche Übertragung findet auch tatsächlich statt.173) Enthalten Satzung oder Geschäftsordnung für die Hauptversammlung eine der- 1314 artige Regelung, dass der Versammlungsleiter, bei entsprechender Ankündigung in der Einladung zur Hauptversammlung, die Übertragung zulassen kann, dann können die Aktionäre sich nicht auf ihr Persönlichkeitsrecht berufen und einer Bild- oder Tonübertragung widersprechen.174) Welches Medium (z. B. FirmenFernsehen oder Internet) für die Ton- und Bildübertragung genutzt und bis zu welchem Grad die Öffentlichkeit hergestellt wird (unbeschränkt oder nur für Aktionäre durch z. B. passwortgesicherten Zugang bei Übertragung im Internet), kann frei bestimmt werden.175) 3.

Abschriften/Auszüge von Ton- oder Bildaufnahmen/stenografischen Protokollen

Nach herrschender Meinung haben die Aktionäre keinen Anspruch auf Ein- 1315 sichtnahme oder auf Aushändigung des vollständigen Protokolls bzw. der voll___________ 171) BGH, 19.9.1994 II ZR 248/92, ZIP 1994, 1597, 1600; Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/ Schäfer, § 35 Rz. 19; Butzke, HV, N Rz. 49; Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, § 130 Rz. 70. 172) Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 35 Rz. 20; Butzke, HV, N Rz. 49; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 83; MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 37 Rz. 49. 173) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 100; Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, § 130 Rz. 70; MünchGesR-Hoffmann-Becking, AG, § 37 Rz. 50. 174) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 83; Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 33 Rz. 18; Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 33; Zimmermann, in: Happ, Aktienrecht, 10.18 Rz. 15.2. 175) Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 33 Rz. 18; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, § 129 Rz. 260.

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G. Hauptversammlungsprotokolle/Aufzeichnungen

ständigen Ton- oder Bildaufnahme.176) Die Aktionäre haben aber einen Anspruch auf die Erteilung von Auszügen die ihre Fragen und Redebeiträge sowie die Antworten und Stellungnahmen der Verwaltung enthalten.177) Dies hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass die Aktionäre sich jeweils die Fragen und Redebeiträge aller anderen Aktionäre zu eigen machten, um ein möglichst vollständiges Wortprotokoll zu erhalten.178) Erfolgt eine Übertragung der Hauptversammlung aufgrund einer Ermächtigung gemäß § 118 Abs. 4, dann hat der Aktionär einen uneingeschränkten Anspruch auf Erteilung einer Abschrift der Tonaufnahme.179) Die Gesellschaft kann von dem Aktionär die Erstattung der anfallenden Kopier- und Versandkosten verlangen.180) Wird bestimmten Aktionären Einsichtnahme in das stenografische Protokoll gewährt oder werden Abschriften zur Verfügung gestellt, dann gilt allerdings der Grundsatz der Gleichbehandlung gemäß § 53a; das heißt, in diesen Fällen muss auch anderen Aktionären unter gleichen Voraussetzungen die gleiche Möglichkeit offenstehen.181)

___________ 176) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 83; Butzke, HV, N Rz. 45; Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 33; BGH, Urt. v. 19.9.1994 – II ZR 248/92, ZIP 1994, 1597 f.; differenzierend in Bezug auf das Recht zur Einsichtnahme und das Recht auf Abschrifterteilung Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 103f. 177) BGH, Urt. v. 19.9.1994 – II ZR 248/92, ZIP 1994, 1597, 1600 Ziemons, in: Schmidt/ Lutter, § 130 Rz. 66; Mülbert, in: Großkomm z. AktG, § 130 Rz 157; Hüffer/Koch, AktG, § 130 Rz. 33. 178) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 82; laut Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 35 Rz. 16 begründet das pauschale Zu-eigen-Machen der Fragen und Redebeiträge anderer Aktionäre aber keinen Anspruch auf Aushändigung des vollständigen Protokolls; ebenso Butzke, HV, N Rz. 47. 179) Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 104; Wicke, in: Spindler/Stilz, AktG, § 130 Rz. 71. 180) Ziemons, in: Schmidt/Lutter, § 130 Rz. 82; Marsch-Barner, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 35 Rz. 16; Butzke, HV, N Rz. 45 und 50; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 106. 181) Mülbert, in: Großkomm z. AktG, § 130 Rz. 159; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 105.

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H. Rechtsstreitigkeiten Ruppert

Aufsatzliteratur: Baums/Drinhausen, Weitere Reform des Rechts der Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen, ZIP 2008, 145; Baums/Keinath/Gajek, Fortschritte bei Klagen gegen Hauptversammlungsbeschlüsse? Eine empirische Studie, ZIP 2007, 1629; Baums/Drinhausen/Keinath, Anfechtungsklagen und Freigabeverfahren. Eine empirische Studie, ZIP 2011, 2329; Bayer, Das Freigabeverfahren gem. § 246a AktG i. d. F. des ARUG als Instrument zur Bekämpfung räuberischer Aktionäre – Rechtsdogmatik, Rechtstatsachen, Rechtspolitik, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 91; Bayer/Hoffmann/ Sawada, Beschlussmängelklagen, Freigabeverfahren und Berufskläger, ZIP 2012, 897; Bayer/ Hoffmann, „Berufskläger“ in der aktuellen rechtspolitischen Diskussion, ZIP 2013, 1193, 1200; Bilda, Zur Dauer der Spruchstellenverfahren, NZG 2000, 296; Drinhausen/Keinath, Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrichtlinie (ARUG) – Weitere Schritte zur Modernisierung des Aktienrechts, BB 2008, 2078; Fleischer, Bagatellfehler im aktienrechtlichen Beschlussmängelrecht, ZIP 2014, 149; Göz/Holzborn, Die Aktienrechtsreform durch das Gesetz für Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts – UMAG, WM 2006, 157; Helm/Manthey, Missbräuchliche Anfechtungsklagen im Aktienrecht – Rechtsvergleiche und Lösungsansätze, NZG 2010, 415; Henn, Erhebung der Anfechtungsklage vor dem unzuständigen Gericht, AG 1989, 230; Henze, Aspekte und Entwicklungstendenzen der aktienrechtlichen Anfechtungsklage in der Rechtsprechung des BGH, ZIP 2002, 97; Kläsener/Wasse, Erste Freigabebeschlüsse nach dem ARUG – Erkenntnisse, Probleme und Konsequenzen für die Praxis, AG 2010, 203; Kersting, Die aktienrechtliche Beschlussanfechtung wegen unrichtiger, unvollständiger oder verweigerter Erteilung von Informationen, ZGR 2007, 319; Koch, Das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG), ZGR 2006, 769; Martens, Der Ausschluß des Bezugsrechts: BGHZ 33, S. 175, in: Festschrift Robert Fischer, 1979, S. 446; Noack, ARUG: das nächste Stück der Aktienrechtsreform in Permanenz, NZG 2008, 441; Noack, Briefwahl und Online-Teilnahme an der Hauptversammlung: der neue § 118 AktG, WM 2009, 2289; Noack/Zetzsche, Die Informationsanfechtung nach der Neufassung des § 243 Abs. 4 AktG, ZHR 170 (2006), 218; Quack, Das Rederecht des Aktionärs in der Hauptversammlung – Eine Selbstverständlichkeit?, in: Festschrift Beusch, 1993, S. 663; Riegger/Wilske, Auf dem Weg zu einer allgemeinen Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten?, ZGR 2010, 733; Rothley, Die Neuregelung des Beschlussmängelrechts durch das ARUG, GWR 2009, 312; Schockenhoff, Die nachgeschobene Nichtigkeitsklage gegen den Hauptversammlungsbeschluss einer AG, ZIP 2008, 1946; Seibert/Florstedt, Der Regierungsentwurf des ARUG, ZIP 2008, 2145; Spindler, Die Reform der Hauptversammlung und der Anfechtungsklage durch das UMAG, NZG 2005, 825; Verse, Das Beschlussmängelrecht nach dem ARUG, NZG 2009, 1127; Weißhaupt, Informationsmängel in der Hauptversammlung: die Neuregelungen durch das UMAG, ZIP 2005, 1766; Wiedemann, Rechtsethische Maßstäbe im Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, ZGR 1980, 147.

I.

Auskunftserzwingungsverfahren

1.

Allgemeines

Das in § 132 geregelte Auskunftserzwingungsverfahren dient der Durchsetzung 1316 des Auskunftsanspruchs des Aktionärs nach § 131 und bezweckt einen beschleunigten Rechtsschutz.1) Es ist ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit2) ___________ 1) 2)

Zur Diskussion, ob das Ziel der Verfahrensbeschleunigung erreicht wird, siehe Hüffer/ Koch, AktG, § 132 Rz. 1. Geregelt im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG).

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H. Rechtsstreitigkeiten

und ersetzt eine sonst mögliche Leistungsklage des Aktionärs.3) Da die unberechtigte Auskunftsverweigerung auch ein Anfechtungsgrund i. S. d. § 243 Abs. 1 ist, kann unabhängig vom Auskunftserzwingungsverfahren zusätzlich eine Anfechtungsklage erhoben werden.4). Aufgrund dieser Parallelität wird das Auskunftserzwingungsverfahren in der Praxis wenig genutzt; steigende Bedeutung erfährt es allerdings im Zusammenhang mit der Vorbereitung von Organhaftungsklagen.5) Die gerichtliche Entscheidung nach § 132 entfaltet keine Bindungswirkung für den Anfechtungsprozess.6) Dafür sprechen insbesondere der Wortlaut des § 132 und die Gesetzessystematik. 2.

Gerichtliche Zuständigkeit

1317 Zuständig ist gemäß § 132 Abs. 1 ausschließlich das Landgericht am Sitz der Gesellschaft. Die Bundesländer können gemäß §§ 71 Abs. 4 Satz 1, Abs. 2 Nr. 4 b GVG die örtliche Zuständigkeit für Bezirke mehrerer Landgerichte auf eines von ihnen konzentrieren.7) Soweit eine Kammer für Handelssachen gebildet ist, entscheidet diese nach Anrufung durch Kläger oder Beklagte gemäß §§ 71 Abs. 2 Nr. 4b, 95 Abs. 2 Nr. 2, 96 Abs. 1, 98 Abs. 1 GVG.8) 1318 Die örtliche und sachliche Zuständigkeit hat das angerufene Gericht von Amts wegen zu überprüfen (§§ 132 Abs. 3 Satz 1, 99 Abs. 1 AktG i. V. m. § 26 FamFG) und die Angelegenheit gemäß § 3 Abs. 1 FamFG ggf. an das zuständige Gericht zu verweisen. Entscheidet das örtlich unzuständige Gericht, so hat dies keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Entscheidung, da nach § 2 Abs. 3 FamFG keine Rechtsmittel gegeben sind. Auch gegen die Entscheidung des sachlich unzuständigen Gerichts sind Rechtsmittel aufgrund der Regelung in §§ 65 Abs. 4, 72 Abs. 2 FamFG ausgeschlossen.9)

___________ 3)

4) 5) 6)

7) 8)

9)

358

Hüffer/Koch, AktG, § 132 Rz. 1; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 132 Rz. 1; BGH, Urt. v. 7.4.1960 – II ZR 143/58, BGHZ 32, 161 f. = NJW 1960, 1150; BGH, Urt. v. 23.11.1961 – II ZR 4/60, BGHZ 36, 124 = NJW 1962, 104. H. M. BGH, Urt. v. 29.11.1982 – II ZR 88/81, ZIP 1983, 163; Spindler, in: Schmidt/ Lutter, AktG, § 132 Rz. 44 m. w. N.; Hüffer/Koch, AktG, § 132 Rz. 2 m. w. N. Hüffer/Koch, AktG, § 132 Rz. 1. H. M. BGH, Urt. v. 16.2.2009 – II ZR 185/07, ZIP 2009, 460; Hüffer/Koch, AktG, § 132 Rz. 2; Kersting, in: Kölner Komm AktG, § 132 Rz. 12; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 132 Rz. 45 mit umfangreichen Nachweisen zum Streitstand. Nachweise dazu, welche Bundesländer von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht haben bei Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 132 Rz. 4, Fn. 13. Die bisherige Regelung der funktionalen Zuständigkeit in § 132 Abs. 1 Satz 2 wurde durch Art. 74 Nr. 11a FGG-ReformG v. 17.12.2008 (BGBl. I S. 2587) aufgehoben. H. M. Hüffer/ Koch, AktG, § 132 Rz. 3 m. w. N. So Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 132 Rz. 5 m. w. N.; Kubis, in MünchKommAktG, § 132 Rz. 7.

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I. Auskunftserzwingungsverfahren

3.

Antrag

Das Verfahren gemäß § 132 Abs. 1 findet nur auf Antrag statt. Dieser kann 1319 formlos gestellt werden, z. B. durch Telefax, E-Mail (§ 14 Abs. 2 FamFG) oder mündlich (auch telefonisch, sofern der Erklärende identifizierbar ist) zu Protokoll der Geschäftsstelle (§ 25 FamFG).10) Ein Anwaltszwang besteht nicht (§ 10 FamFG). Antragsberechtigt ist nach § 132 Abs. 2:

1320

11)

x

Jeder Aktionär, der eine Auskunft in der Hauptversammlung begehrt und diese nicht, unzutreffend oder nur unvollständig12) erhalten hat; eine OnlineTeilnahme genügt.13) Den Aktionär trifft bei pauschalen oder auf eine Vielzahl von Informationen gerichteten Fragen, auf die er eine aus seiner Sicht unzureichende Pauschalantwort erhalten hat, eine Nachfrageobliegenheit in Bezug auf die noch fehlenden detaillierten Informationen.14) Ausreichend ist es, wenn der Aktionär sich das Auskunftsverlangen eines anderen Aktionärs in der Hauptversammlung ausdrücklich zu eigen macht; eine pauschale Bezugnahme genügt nicht.15)

x

Der Vertreter des Aktionärs, der für den Aktionär in der Hauptversammlung Auskunft verlangt hat, soweit er eine besondere Vollmacht für das Auskunftserzwingungsverfahren hat.16)

x

Jeder in der Hauptversammlung erschienene Aktionär, wenn über den Tagesordnungspunkt, auf den sich die Frage bezog, Beschluss gefasst wurde und er Widerspruch zur Niederschrift erklärt hat.17)

Insbesondere von der Rechtsprechung wird vertreten, ein Auskunftserzwin- 1321 gungsverfahren sei nicht möglich, wenn der Aktionär in der Hauptversammlung

___________ 10) Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 132 Rz. 6; Kersting, in: Kölner Komm AktG, § 132 Rz. 47. 11) Zum Verlust der Aktionärseigenschaft während des Verfahrens siehe Hüffer/Koch, AktG, § 132 Rz. 4a. 12) H. M. Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 132 Rz. 9 mit umfangreichen Nachweisen zum Streitstand. 13) Kersting, in: Kölner Komm AktG, § 132 Rz. 34; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 132 Rz. 8. 14) BGH, Beschl. v. 5.11.2013 – II ZB 28/12, ZIP 2013, 2454, 2459; Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 21 jeweils m. w. N. 15) BGH Urt. v. 16. A 2.2009 – II ZR 185/07, BGHZ 180, 9, 26, Rz 34; LG Frankfurt, Beschl. v. 18.1.2005 – 3-5 O 83/04, ZIP 2005, 303; KG, Beschl. v. 16.7.2009 – 23 W 69/08, ZIP 2010, 698, 700; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 132 Rz. 8 m. w. N. 16) Ganz h. M. OLG Hamburg, AG 1970, 51; Hüffer/Koch, AktG, § 132 Rz. 5 m. w. N. 17) Hüffer/Koch, AktG, § 132 Rz. 5; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 132 Rz. 10.

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359

H. Rechtsstreitigkeiten

eine unrichtige Auskunft erhalten hat.18) Die Gegenansicht19) gewährt dagegen Rechtsschutz nach § 132. Ihr ist beizupflichten, da in der Erteilung einer unrichtigen Auskunft zugleich die Verweigerung der richten Auskunft liegt. 1322 Zum Inhalt des Antrags gibt es keine zwingenden Vorgaben. Aus dem Antragsprinzip folgt, dass anzugeben ist, welche konkrete Auskunft verlangt wird. Aus § 23 Abs. 1 FamFG ergeben sich weitere Soll-Anforderungen.20) Danach soll der Antrag begründet und vom Antragsteller oder seinem Bevollmächtigten unterschrieben werden. Des Weiteren sollen die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angegeben, Urkunden im Original oder in Abschrift beigefügt und die Personen benannt werden, die als Beteiligte in Betracht kommen. Hierbei ist nicht am Wort zu kleben, sondern das Gewollte zu ermitteln. Ein gestellter Feststellungsantrag ist z. B. als Leistungsantrag auszulegen und nicht etwa abzuweisen, wenn sich aus dem Vorbringen ergibt, dass die Gesellschaft zur Auskunft verpflichtet werden soll.21) 1323 Der Antrag muss gemäß § 132 Abs. 2 Satz 2 innerhalb von zwei Wochen nach der Hauptversammlung gestellt werden. Es handelt sich um eine materiellrechtliche Ausschlussfrist;22) verspätete Anträge sind unbegründet, eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist ausgeschlossen.23) Die Fristberechnung erfolgt gemäß §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB. Die Frist kann auch durch Einreichung bei einem unzuständigen Gericht gewahrt werden.24) 1324 Die Rücknahme des Antrags ist jederzeit zulässig, auch nach der Entscheidung des Gerichts, solange diese noch nicht rechtskräftig ist, und beendet das Verfahren. Die Zustimmung der Gesellschaft ist zumindest bis zum Erlass der Ent-

___________ 18) KG, Beschl. v. 16.7.2009 – 23 W 69/09, AG 2010, 254 f.; OLG Dresden, Beschl. v. 1.12.1998 – 7 W 426/98, AG 1999, 276; LG Dortmund, Beschl. v. 1.10.1998 – 20 AktE 8/98, AG 1999, 133; LG Köln, Urt. v. 2.4.1990 – 91 O 132/89, AG 1991, 38. 19) LG München I, Beschl. v. 28.5.2010 – 5 HKO 14307/07, AG 2010, 919, 920; Hüffer/Koch, AktG, § 132 Rz. 4a; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 132 Rz. 9; Kersting, in: Kölner Komm AktG, § 132 Rz. 6 und 36; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 132 Rz. 16; MünchGesRHoffmann-Becking, AG, § 38 Rz. 60; Quack, in: Festschrift Beusch, S. 663, 668 ff. 20) Kersting, in: Kölner Komm AktG, § 132 Rz. 48 f.; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 132 Rz. 6 m. w. N. 21) OLG Koblenz, Beschl. v. 19.7.1995 – 6 W 274/95, AG 1996, 34 f.; Hüffer/Koch, AktG, § 132 Rz. 4; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 132 Rz. 6 m. w. N. 22) BayObLG, Beschl. v. 8.9.1994 – 3 Z BR 87/94, AG 1995, 328; Kersting, in: Kölner Komm AktG, § 132 Rz. 43; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 132 Rz. 11; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 132 Rz. 18. 23) Hüffer/Koch, AktG, § 132 Rz. 5; Kersting, in: Kölner Komm AktG, § 132 Rz. 43; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 132 Rz. 11 m. w. N. 24) BayObLG, Beschl. v. 4.4.2001 – 3 Z BR 70/00, NZG 2001, 609; OLG Dresden, Beschl. v. 1.12.1998 – 7 W 426/98, AG 1999, 275; Kersting, in: Kölner Komm AktG, § 132 Rz. 45; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 132 Rz. 11.

360

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I. Auskunftserzwingungsverfahren

scheidung nicht erforderlich.25) Nach Erlass der Entscheidung bedarf es nach § 22 Abs. 1 Satz 2 FamFG der Zustimmung der übrigen Beteiligten, wobei die Gesellschaft wohl regelmäßig mangels Interesse an einer Sachentscheidung zustimmen wird.26) 4.

Gerichtliches Verfahren

Das Verfahren richtet sich aufgrund der Verweisung in §§ 132 Abs. 3, 99 Abs. 1 1325 grundsätzlich nach den Regelungen des FamFG sofern nicht die speziellen Vorschriften des § 99 Abs. 2–5 eingreifen. Insbesondere § 99 Abs. 3 (mit Ausnahme von Satz 3) ist vorrangig anzuwenden. Im Verfahren gilt der Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 26 FamFG. Es gibt keine Beweisführungs- und Darlegungslast. Dagegen besteht gemäß § 27 FamFG eine Pflicht zur Verfahrensförderung. Der Antragsteller hat daher vorzutragen, inwiefern Auskünfte fehlen oder nicht ausreichen.27) Auch die Verweigerungsgründe müssen von der Gesellschaft plausibel dargelegt werden; pauschale Begründungen wie z. B. Wettbewerbs- oder Vertraulichkeitsgründe sind nicht ausreichend; die Darlegung anhand abstrakt, branchentypischer Erwägungen hat zumindest zu erfolgen.28) Das Landgericht entscheidet gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 99 Abs. 3 1326 Satz 1 durch Beschluss. Dieser muss begründet sein. Der Beschlusstenor muss so präzise gefasst sein, dass aus ihm die Zwangsvollstreckung erfolgen kann.29) Zur Entscheidung ist nur die Kammer berufen, eine Übertragung auf den Vorsitzenden ist nicht zulässig. Gegen den Beschluss des Landgerichts kann gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. 1327 § 99 Abs. 3 Satz 2 innerhalb eines Monats nach schriftlicher Bekanntmachung30) (§ 63 Abs. 1 FamFG) Beschwerde beim Landgericht eingelegt werden, sofern sie für zulässig erklärt wurde (§ 132 Abs. 3 Satz 2). Gemäß § 132 Abs. 3 Satz 3 ___________ 25) H. M. BayObLG (2. ZS), Beschl. v. 16.5.1973 – BrReg 2 Z 15/73 und 17/73, BayObLGZ 1973, 106, 108; Hüffer/Koch, AktG, § 132 Rz. 4; Kersting, in: Kölner Komm AktG, § 132 Rz. 50; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 132 Rz. 13 m. w. N. 26) Kersting, in: Kölner Komm AktG, § 132 Rz. 50 m. w. N. zum Streitstand. 27) Siehe dazu Hüffer/Koch, § 132 Rz. 7; Kersting, in: Kölner Komm AktG, § 132 Rz. 60 ff.; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 132 Rz. 17 m. w. N.; BGH, Beschl. v. 14.1.2014 – II ZB 5/12, ZIP 2014, 671, 674, 677; LG Frankfurt, Beschl. v. 23.9.2008 – 3-5 O 110/08, AG 2009, 92; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.7.1991 – 19 W 2/91, WM 1991, 2148; vgl. dazu EWiR 1992, 115 (Gehling). 28) OLG Stuttgart, Beschl. v. 29.2.2012 – 20 W 5/11, AG 2012, 377, 381; Hüffer/Koch, AktG, § 132 Rz. 7. 29) Hüffer/Koch, AktG, § 132 Rz. 6; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 132 Rz. 21; Kersting, in: Kölner Komm AktG, § 132 Rz. 73. 30) Ist die schriftliche Bekanntmachung unterblieben, beginnt die Frist spätestens fünf Monate nach Erlass des Beschlusses.

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361

H. Rechtsstreitigkeiten

ist § 70 Abs. 2 FamFG entsprechend anwendbar, sodass die Beschwerde zuzulassen ist: x

Bei grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache, wenn also die aufgeworfene Rechtsfrage in einer unbestimmten Zahl von Fällen von tatsächlicher, rechtlicher oder wirtschaftlicher Bedeutung sein kann,

x

zur Fortbildung des Rechts, wenn also die Entscheidung für die Auslegung der Vorschrift oder zur Schließung von Gesetzeslücken notwendig ist, oder

x

wenn dies zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist, wenn also von einer Entscheidung eines gleich- oder höherrangigen Gerichts abgewichen wird.31)

1328 Die nachträgliche Zulassung der Beschwerde ist nur zulässig, wenn ohne Weiteres erkennbar ist, dass die Zulassung ursprünglich bereits beschlossen, aber versehentlich nicht ausgesprochen worden ist und es sich demzufolge nur um eine bloße Berichtigung handelt.32) 1329 Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht vorgesehen. Die Beschwerde ist bei dem Landgericht einzureichen, das die angegriffene Entscheidung getroffen hat (§ 64 Abs. 1 FamFG). Die Beschwerdeschrift muss gemäß § 99 Abs. 3 Satz 4 von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Hält das Landgericht die Beschwerde für begründet, hat es dieser abzuhelfen. Hält es sie für unbegründet, ist die Beschwerde unverzüglich dem Oberlandesgericht vorzulegen (§ 68 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Die Entscheidung des Beschwerdegerichts kann mit der Rechtsbeschwerde (§§ 70 ff. FamFG) angegriffen werden, sofern diese im Beschluss des Beschwerdegerichts zugelassen wurde. Es gelten die gleichen Grundsätze wie bei der Beschwerde. Sie kann nur auf die Verletzung eines Rechts durch die Entscheidung gestützt werden. Für dieses Verfahren besteht Anwaltszwang (§ 10 Abs. 4 Satz 1 FamFG). 1330 Wird dem Antrag stattgegeben, so ist die Auskunft auch außerhalb der Hauptversammlung zu geben. Der Antragsteller hat somit ein Wahlrecht, ob er nach Eintritt der Rechtskraft sofortige Auskunft verlangen will oder die Auskunft in der nächsten Hauptversammlung gegeben werden soll.33) Mit Rechtskraft des Beschlusses treten zwei Wirkungen ein: x

Der Vorstand der betreffenden Gesellschaft hat den Beschluss unverzüglich zum Handelsregister einzureichen (§ 99 Abs. 5 Satz 3 i. V. m. § 132 Abs. 3 Satz 1). Damit wird sichergestellt, dass die nicht am Verfahren beteiligten Aktionäre ihr Auskunftsrecht nach § 131 Abs. 5 ausüben können.

___________ 31) So Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 132 Rz. 22; Bumiller/Harders, FamFG, § 70 Rz. 12 – 15. 32) OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.5.2014 – 5-26 W 7/14, AG 2014, 755. 33) H. M. Kersting, in: Kölner Komm AktG, § 132 Rz. 93; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 132 Rz. 34 m. w. N.

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II. Anfechtungsklage

x

Dem Vorstand obliegt die Pflicht zur Auskunftserteilung. Der Anspruch ist gemäß § 888 ZPO sofort vollstreckbar.

Die Verfahrenskosten bestimmen sich nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 GNotKG. Der 1331 Geschäftswert wird gemäß § 79 Abs. 1 GNotKG von Amts wegen festgesetzt. Das Gericht bestimmt gemäß § 132 Abs. 5 nach billigem Ermessen, welchem Beteiligten die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Verfahrens aufzuerlegen sind. Dies ist in der Regel die unterlegene Partei, wobei jedoch in Ausnahmefällen, z. B. wenn eine Auskunftsverweigerung erst im Verfahren begründet wird, das Gericht auch der obsiegenden Partei die Kosten auferlegen kann.34) Gegen die Kostenentscheidung ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben. II.

Anfechtungsklage

1.

Allgemeines

Hauptversammlungsbeschlüsse,35) die nicht gegen die in § 241 aufgeführten 1332 Vorschriften und Grundsätze verstoßen, und damit automatisch nichtig sind,36) können wegen formeller oder inhaltlicher Mängel gemäß § 243 ff. angefochten werden. Die Geltendmachung des Anfechtungsrechts erfolgt im Wege der Anfechtungsklage gemäß § 246. Für Aufsichtsratswahlen, Gewinnverwendungsund Kapitalerhöhungsbeschlüsse enthalten die §§ 250 – 255 besondere Regelungen, die die Anfechtbarkeit und Nichtigkeit dieser Beschlüsse modifizieren. Anfechtbare Beschlüsse sind bis zur rechtskräftigen Feststellung der Nichtigkeit durch Urteil im Rahmen des Anfechtungsprozesses weiter wirksam. Das Anfechtungsrecht dient der Rechtssicherheit und der Kontrolle der Mehrheitsmacht.37) 2.

Gerichtliche Zuständigkeit

Zuständig für die Anfechtungsklage ist gemäß § 246 Abs. 3 Satz 1 ausschließ- 1333 lich das Landgericht am Sitz der Gesellschaft. Soweit eine Kammer für Handelssachen gebildet ist, entscheidet diese gemäß § 246 Abs. 3 Satz 2. Die Bundesländer können gemäß §§ 246 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. 148 Abs. 2 Satz 3 und 4 die örtliche Zuständigkeit für Bezirke mehrerer Landgerichte auf eines von ihnen konzentrieren.38) ___________ 34) BGH, Urt. v. 23.11.1961 – II ZR 4/60, BGHZ 36, 121, 131 f.; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 132 Rz. 40; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz. 108. 35) Sowie Sonderbeschlüsse gemäß § 138 Satz 2. 36) Siehe Kap. H. Rz. 1382 ff. 37) Heidel, in: Heidel, Aktienrecht, § 243 Rz. 1. 38) Nachweise dazu, welche Bundesländer von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht haben, bei Hüffer/Koch, AktG, § 246 Rz. 37.

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363

H. Rechtsstreitigkeiten

1334 Ob die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts durch Satzungsklausel oder durch Schiedsvereinbarung gemäß § 1029 ZPO vereinbart werden kann, ist umstritten.39) Der Bundesgerichtshof hat 2009 in einer Entscheidung zum GmbHRecht40) seine vorherige generell ablehnende Haltung gegenüber Schiedsklauseln bei Beschlussmängelstreitigkeiten aufgegeben und sowohl die Vereinbarung von Schiedsvereinbarungen in der Satzung als auch außerhalb der Satzung dann für grundsätzlich zulässig erachtet, wenn sie dem Rechtsschutz durch staatliche Gerichte gleichwertige Mitwirkungsrechte für alle ihr unterworfenen Gesellschafter gewährt. Erforderlich ist danach, dass die Schiedsabrede mit Zustimmung aller Gesellschafter in der Satzung verankert oder anderweitig vereinbart wurde, sämtliche Gesellschafter über Einleitung und Verlauf des Schiedsverfahrens informiert sind und an der Auswahl und Bestellung der Schiedsrichter mitwirken können, sofern die Auswahl der Schiedsrichter nicht durch eine neutrale Stelle erfolgt. Außerdem muss gewährleistet sein, dass alle denselben Streitgegenstand betreffenden Beschlussmängelstreitigkeiten bei einem Schiedsgericht konzentriert werden.41) Teilweise wird die Übertragung dieser Grundsätze auf das Aktienrecht mit Hinweis auf den in § 23 Abs. 5 verankerten Grundsatz der Satzungsstrenge abgelehnt.42) Diese Auffassung verkennt, „dass die Zuständigkeit für den Rechtsschutz nicht zur nach § 23 Abs. 5 AktG zwingenden Verfassung der Gesellschaft gehört und dass die Schiedsfähigkeit von Rechtsstreitigkeiten spezieller in den §§ 1025 ff ZPO geregelt ist“.43) Allerdings wird aufgrund der vom Bundesgerichtshof vorgegebenen engen Voraussetzungen ein Schiedsverfahren wohl nur bei geschlossenem und überschaubarem Aktionärskreis möglich sein.44) Die Aufnahme einer Schiedsklausel in die Satzung ist daher aufgrund der nicht eindeutigen Rechtslage und der Haltung der Rechtsprechung zu dieser Frage nicht zu empfehlen. Sofern trotzdem eine Schiedsklausel vereinbart werden soll, ist die Aufnahme der von der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. (DIS) in ihren ergänzenden Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten (DIS-ERGeS) entworfene Musterklausel zu empfehlen. Aufgrund des darin enthaltenen dynamischen Verweises auf die jeweils gültige Fassung der DIS-ERGeS, entfällt dann für den Fall weiterer konkretisierender Rechtsprechung der Anpassungsbedarf für die Satzung.45) ___________ 39) Zum Streitstand vgl. Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 72 sowie Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 246 Rz. 48. 40) BGH, Urt. v. 6.4.2009 – II ZR 255/08, ZIP 2009, 1003. 41) BGH, Urt. v. 6.4.2009 – II ZR 255/08, ZIP 2009, 1005. 42) Hüffer/Koch, AktG, § 246 Rz. 18 m. w. N. 43) So Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 246 Rz. 48 mit entsprechenden Nachweisen. 44) Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 246 Rz. 48; Riegger/Wilske, ZGR 2010, 748; Henze, ZIP 2002, 100. 45) Siehe hierzu ausführlich Riegger/Wilske, ZGR 2010, 747 f.; die Musterklausel ist abrufbar auf der Internetseite der DIS unter: http://www.dis-arb.de.

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II. Anfechtungsklage

3.

Anfechtungsbefugnis

In § 245 ist die Anfechtungsbefugnis von Aktionären, Vorstand sowie einzel- 1335 nen Mitgliedern des Vorstands und des Aufsichtsrats geregelt. Die Norm bezweckt eine Begrenzung des zur Anfechtung berechtigten Personenkreises unter Gewährleistung der Anfechtungsbefugnis als subjektives Recht innerhalb dieser Grenzen. Sie ist zwingend und kann durch Satzungsbestimmungen weder erweitert noch eingeengt werden.46) Missbraucht der Aktionär seine Anfechtungsbefugnis, verwirkt er diese. Dies ist z. B. der Fall, wenn er die Gesellschaft in grob eigennütziger Weise zu einer Leistung veranlassen will, auf die er keinen Anspruch hat und die er billigerweise auch nicht verlangen kann, sog. „Abkauffälle“,47) oder wenn die Anfechtungsklage als Druckmittel in einem Schadensersatzprozess eingesetzt wird.48) Die Rechtsprechung ist mit der Annahme eines Rechtsmissbrauchs zurückhaltend. Die Einführung des Freigabeverfahrens im Beschlussmängelrecht gemäß § 246a hat die Problematik missbräuchlich erhobener Anfechtungsklagen allerdings deutlich gemindert.49) Fehlt die Anfechtungsbefugnis, die dogmatisch als Kontrollrecht und Gestaltungsrecht anzusehen ist, ist die Klage unbegründet.50) a)

Erschienener Aktionär

Nach § 245 Nr. 1 ist zur Anfechtung jeder in der Hauptversammlung erschie- 1336 nene Aktionär befugt, wenn er die Aktien schon vor der Bekanntmachung der Tagesordnung erworben hatte und gegen den anzufechtenden Beschluss Widerspruch zur Niederschrift erklärt hat. Ist die Online-Teilnahme zugelassen, gilt auch der online teilnehmende Aktionär als erschienen.51) Bei der Aktionärseigenschaft kommt es nicht auf die Anzahl der Aktien an; die Innehabung einer einzigen Aktie begründet ein Anfechtungsrecht. Inhaber stimmrechtsloser Vor___________ 46) Hüffer/Koch, AktG, § 245 Rz. 1. 47) BGH, Urt. v. 22.5.1989 – II ZR 206/88, ZIP 1989, 980; BGH, Urt. v. 18.12.1989 – II ZR 254/88, AG 1990, 262; KG, Urt. v. 29.10.2010 – 14 U 96/09, ZIP 2011, 123, 124; LG Frankfurt, Urt. v. 6.6.2008 – 3-5 011/08, ZIP 2008, 1591; Hüffer/Koch, AktG, § 245 Rz. 27; ausführlich hierzu mit Beispielen auch Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 94 ff. 48) OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.12.1995 – 5 W 42, 43/95, AG 1996, 136; Hüffer/Koch, AktG, § 245 Rz. 27; Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 94. Weitere Beispiele missbräuchlicher Anfechtungsklagen bei Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 245 Rz. 43 sowie Hüffer/Koch, AktG, § 245 Rz. 27. 49) Vgl. Bayer/Hoffmann, ZIP 2013, 1193, 1200 f.; Bayer/Hoffmann/Sawada, ZIP 2012, 897 ff.; Baums/Drinhausen/Keinath, ZIP 2011, 2329, 2332 und 2341. 50) H. M., vgl. BGH, Beschl. v. 11.6.2007 – II ZR 152/06, ZIP 2007, 2122; Hüffer/Koch, AktG, § 245 Rz. 2 und 30 m. w. N.; a. A. Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 245 Rz. 2 und 51, der die Klage für unzulässig hält. 51) Hüffer/Koch, AktG, § 245 Rz. 12; zu den Einzelheiten der Online-Teilnahme siehe Kap. D. Rz. 278 und 286.

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H. Rechtsstreitigkeiten

zugsaktien sind ebenso anfechtungsbefugt wie von Stimmrechtsverboten betroffene Aktionäre. Gewähren die Aktien hingegen auch die sonstigen Verwaltungsrechte nicht, z. B. bei Verletzung von Mitteilungspflichten gemäß §§ 20 Abs. 7, 21 Abs. 4 AktG und § 28 WpHG, bei Verstoß gegen übernahmerechtliche Pflichten nach § 59 WpÜG sowie beim Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft gemäß §§ 71b, 71d Satz 4 entfällt auch die Anfechtungsbefugnis.52) 1337 Besteht eine Rechtsgemeinschaft an einer Aktie, bedarf es gemäß § 69 Abs. 1 der Erklärung der Anfechtung durch den gemeinsam bestellten Vertreter. Pfandgläubiger und Nießbraucher haben hingegen kein Anfechtungsrecht; dieses verbleibt beim Aktionär.53) 1338 Die Aktionärseigenschaft muss bereits im Zeitpunkt der Einberufung der Hauptversammlung vorliegen.54) Dem Gesamtrechtsnachfolger wird der Vorbesitz seines Rechtsvorgängers jedoch zugerechnet.55) Die Aktionärseigenschaft muss nur bis zur Rechtshängigkeit der Klage bestehen; ein danach eintretender Verlust hat in entsprechender Anwendung des § 265 ZPO keine Auswirkungen auf die Anfechtungsbefugnis, solange der Kläger an der Fortführung des Anfechtungsprozesses ein Interesse hat.56) 1339 Weitere Voraussetzung nach § 245 Nr. 1 ist, dass der Aktionär in der Hauptversammlung erschienen sein muss. Neben dem persönlichen Erscheinen sind die Online-Teilnahme sowie die offene Stellvertretung ebenso wie die verdeckte Stellvertretung im Namen dessen, den es angeht, ausreichend. Der Legitimationsaktionär ist zur Anfechtung befugt, wenn – was im Einzelfall festzustellen ist – seine Ermächtigung auch die Anfechtung umfasst und er in der Hauptversammlung seine Opposition deutlich gemacht hat57). Klagt der Legitimations___________ 52) Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 76 m. w. N.; Heidel, in: Heidel, Aktienrecht, § 245 Rz. 4; Hüffer/Koch, AktG, § 245 Rz. 5; Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 1 Rz. 98. 53) Hüffer/Koch, AktG, § 245 Rz. 6 und 10; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 245 Rz. 4 f.; Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 77; Heidel, in: Heidel, Aktienrecht, § 245 Rz. 6a; siehe hierzu auch Kap. D Rz. 301. 54) Diese gesetzliche Regelung in § 245 Nr. 1 wurde durch das UMAG eingeführt. Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 245 Rz. 8 f. will die begrenzende Wirkung jedoch aus verfassungsrechtlichen Gründen dann aufweichen, wenn ein später hinzugekommener Aktionär eigene subjektive Rechte geltend macht. 55) Hüffer/Koch, AktG, § 245 Rz. 7 und § 70 Rz. 5 zum Streitstand. 56) H. M. Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm. z. AktG, § 245 Rz. 23; Hüffer/Koch, AktG, § 245 Rz. 8 und 8a; Heidel, in: Heidel, Aktienrecht, § 245 Rz. 6; Mimberg, in: MarschBarner/Schäfer, § 37 Rz. 78; Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 1 Rz. 57 und 81 ff.; BGH, Urt. v. 9.10.2006 – II ZR 46/05, ZIP 2007, 2167; BGH, Urt. 25.2.1965 – II ZR 287/63, BGHZ 43, 266 f. = BB 1965, 516; BGH, Urt. v. 21.10.1968 – II ZR 181/66, AG 1969, 83. 57) OLG Stuttgart, Urt. v. 23.7.2003 – 20 U 5/03, ZIP 2003, 2024; Hüffer/Koch, AktG, § 245 Rz. 11 f.; Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 1 Rz. 85 f.

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II. Anfechtungsklage

zedent selbst, kann er sich auf das Erscheinen und den Widerspruch des Legitimationsaktionärs berufen.58) Der erschienene Aktionär muss, um anfechtungsbefugt zu sein, gegen den an- 1340 zufechtenden Beschluss Widerspruch zur Niederschrift erklärt haben. Der Online-Teilnehmer kann daher nur anfechten, wenn die Teilnahmebedingungen auch den Online-Widerspruch vorsehen. Ausreichend ist, dass er sich auf den Widerspruch seines Vertreters oder des Legitimationsaktionärs berufen kann.59) Dabei ist der Gebrauch des Wortes „Widerspruch“ nicht notwendig. Es muss lediglich deutlich gemacht werden, dass gegen die Gültigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses Einwendungen erhoben werden. Eine Begründung des Widerspruchs ist entbehrlich und hat keine präjudizierende Wirkung auf die Begründung der Anfechtungsklage. Ein genereller Widerspruch ist möglich, sofern deutlich gemacht wird, dass er sich gegen sämtliche Beschlüsse richtet.60) Sofern der Anfechtungsgrund während der Hauptversammlung nicht erkennbar war, ist der Widerspruch nach wohl herrschender Meinung jedoch entbehrlich.61) Der Widerspruch kann nur während der Dauer der Hauptversammlung erklärt 1341 werden. Er kann auch schon vor der jeweiligen Beschlussfassung und Beschlussverkündung eingelegt werden.62) Hat der Versammlungsleiter die Hauptversammlung für beendet erklärt, ist der Widerspruch unbeachtlich.63) Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn die Beendigung der Hauptversammlung für die Aktionäre abrupt und ohne Vorankündigung erfolgte. In diesem Fall genügt es, dass dem Gesellschaft der „Widerspruch“ alsbald zur Kenntnis gebracht wird.64) Ein Abwarten von mehreren Tagen dürfte nicht mehr ausreichend sein. Der Widerspruch muss zur Niederschrift erklärt werden. Hat der Notar Zwei- 1342 fel, ob Widerspruch erklärt wurde, hat er nachzufragen. Die Aufnahme in der ___________ 58) Hüffer/Koch, AktG, § 245 Rz. 12. 59) LG Frankfurt, Urt. v. 18.12.2012 – 3-05 O 96/12, ZIP 2013, 119, 120; OLG Stuttgart, Urt. v. 23.7.2003 – 20 U 5/03, ZIP 2003, 2024, dazu EWiR 2004, 45 (Wilhelm); Hüffer/ Koch, AktG, § 245 Rz. 13; Noack, WM 2009, 2289, 2291 f. 60) Hüffer/Koch, AktG, § 245 Rz. 14; Hüffer/Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 245 Rz. 38. 61) Hüffer/Koch, § 245 Rz. 16; Hüffer/Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 245 Rz. 37; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 245 Rz. 16; Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 82; Heidel, in: Heidel, Aktienrecht, § 245 Rz. 8. 62) BGH, Beschl. v. 11.6.2007 – II ZR 152/06, ZIP 2007, 2122; OLG Jena, Urt. v. 22.3.2006 – 6 U 968/05, ZIP 2006, 729; Hüffer/Koch, AktG, § 245 Rz. 14; Hüffer/Schäfer, in: MünchKommAktG, § 245 Rz. 40; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 245 Rz. 15; Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 1 Rz. 94; a. A. LG Frankfurt, Urt. v. 21.12.2005 – 3/9 O 98/03, ZIP 2006, 338; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 130 Rz. 9. 63) LG Köln, Urt. v. 24.5.1995 – 91 O 2/95, AG 1996, 37; allg. M. Hüffer/Koch, AktG, § 245 Rz. 14. 64) Hüffer/Koch, AktG, § 245 Rz. 14; Hüffer/Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 245 Rz. 37 und 40; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 245 Rz. 15; Mimberg, in: Marsch-Barner/ Schäfer, § 37 Rz. 81.

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Niederschrift ist nicht Voraussetzung der Anfechtungsbefugnis; der Kläger kann den Widerspruch auch in anderer Form nachweisen.65) b)

Nicht erschienener Aktionär

1343 Nach § 245 Nr. 2 ist jeder nicht in der Hauptversammlung erschienene Aktionär zur Anfechtung befugt, wenn er zur Hauptversammlung zu Unrecht nicht zugelassen worden ist oder die Versammlung nicht ordnungsgemäß einberufen oder der Gegenstand der Beschlussfassung nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden ist. Einer Erhebung des Widerspruchs bedarf es in diesen Fällen nicht. Ein Aktionär ist nicht erschienen, wenn er weder persönlich noch online an der Hauptversammlung teilgenommen hat, weder unmittelbar noch mittelbar vertreten worden ist und seine Stimmrechte auch nicht durch einen Legitimationsaktionär ausgeübt wurden. 1344 Erscheint der Aktionär nur zeitweise, kann er sich nicht auf § 245 Nr. 2 berufen, sondern wird wie ein durchgängig anwesender Aktionär behandelt. Er muss dann gegen bereits gefasste Beschlüsse nachträglich Widerspruch einlegen oder bei vorzeitigem Verlassen der Hauptversammlung Widerspruch gegen die Tagesordnungspunkte einlegen, welche noch im Laufe der Hauptversammlung behandelt werden.66) 1345 Wurde der Aktionär unberechtigt nicht zur Hauptversammlung zugelassen, steht ihm die Anfechtungsbefugnis nach § 245 Nr. 2 zu. Dies ist z. B. der Fall, wenn der Aktionär sich ordnungsgemäß zur Hauptversammlung angemeldet hat und ihm die Teilnahme verweigert wurde. Dies gilt auch für die Online-Teilnahme, wobei jedoch technische Probleme gemäß § 243 Abs. 3 Nr. 1 keinen Anfechtungsgrund darstellen. Eine Zutrittsverweigerung ist dann nicht unberechtigt, wenn zumutbare Personen- oder Gepäckkontrollen verweigert werden.67) Ist die Zutrittsverweigerung aufgrund eines von dem depotführenden Kreditinstitut und nicht von der Gesellschaft zu vertretenen Fehlers erfolgt, kann sich der Aktionär nicht auf eine unberechtigte Zutrittsverweigerung berufen. Ein solcher dem Kreditinstitut zuzurechnender Fehler wäre z. B. die verspätet weitergeleitete Eintrittskarte68). Allerdings ist hier zu beachten, dass das Vorlegen der Eintrittskarte ___________ 65) Hüffer/Koch, AktG, § 245 Rz. 15; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 245 Rz. 17; Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 81. 66) Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 84; Hüffer/Koch, AktG, § 245 Rz. 17; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 245 Rz. 19; Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 1 Rz. 101. 67) Hüffer/Koch, AktG, § 245 Rz. 18; a. A. OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.2.2007 – 5 W 43/06 AG 2007, 357 f., das zwar das Recht Personen- und Gepäckkontrollen zu verlangen bestätigt hat, aber die Zumutbarkeit der konkreten Ausgestaltung durch Einsichtnahme in Taschen verneint hat, da eine Durchleuchtung der Taschen effektiver und weniger belastend sei; wohl zustimmend: Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 245 Rz. 20. 68) Hüffer/Koch, AktG, § 245 Rz. 18.

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keine Voraussetzung für die Teilnahme und die Ausübung des Stimmrechtes ist. In der Praxis wird in derartigen Fällen üblicherweise eine Ersatzeintrittskarte ausgestellt, sodass ein solcher Fehler im Regelfall nicht zur Nichtzulassung führt. Der unberechtigten Nichtzulassung zur Hauptversammlung ist die ungerechtfertigte Verweisung des Aktionärs aus dem Versammlungssaal gleichzusetzen; § 245 Nr. 2 findet ebenfalls Anwendung.69) Der Erhebung eines Widerspruchs bedarf es in diesem Fall nicht, da die Entscheidungsfreiheit über die Einlegung des Widerspruchs durch die Saalverweisung eingeschränkt wurde.70) Erfolgte die Saalverweisung hingegen zu Recht, kann § 245 Nr. 2 nicht angewendet werden, da der Aktionär es sich selbst zuzuschreiben hat, dass er nicht weiter teilnehmen durfte. In diesem Fall kann er nur Beschlüsse anfechten, denen er widersprochen hat.71) Wurde der Aktionär nur von einzelnen Abstimmungen ausgeschlossen, findet 1346 nach herrschender Meinung72) § 245 Nr. 2 hingegen keine Anwendung. Dies ist zutreffend, da der Aktionär jederzeit die Möglichkeit hat, Widerspruch zu erheben. Der Versammlungsleiter sollte den Aktionär mit Ausspruch des Verweises jedoch ausdrücklich auf die Möglichkeit des Einlegens eines Widerspruchs hinweisen.73) Nach § 245 Nr. 2 ist der Aktionär ohne Widerspruchseinlegung zur Anfech- 1347 tung befugt, wenn er zur Hauptversammlung nicht erscheint und diese nicht ordnungsgemäß einberufen worden ist. Als Einberufungsfehler ist ein Verstoß gegen die Vorschriften der §§ 121, 122 und 123 ebenso anzusehen wie eine Verletzung der Mitteilungspflichten nach den §§ 125 – 127.74) Hat das depotführende Kreditinstitut gegen seine Pflicht aus § 128 zur Weiterleitung von Mitteilungen nach § 125 verstoßen, ist dies dagegen nicht der Gesellschaft anzulasten. Eines Widerspruchs bedarf es schließlich ebenfalls nicht bei Bekanntmachungs- 1348 fehlern, d. h. Verstößen gegen § 124 Abs. 1 – 3, sofern der Aktionär in der Haupt-

___________ 69) Hüffer/Koch, AktG, § 245 Rz. 18; Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 84. 70) Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 1 Rz. 102 ff.; Mimberg, in: Marsch-Barner/ Schäfer, § 37 Rz. 84; Hüffer/Koch, AktG, § 245 Rz. 17 m. w. N. 71) BGH, Urt. v. 11.11.1965 – II ZR 122/63, BGHZ 44, 245, 250 ff. = NJW 1966, 43; OLG München, Beschl. v. 28.7.2010 – 7 AktG 2/10, AG 2010, 842, 843; Hüffer/Koch, in AktG, § 245 Rz. 18; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 245 Rz. 21; Hüffer/Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 245 Rz. 44; Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 245 Rz. 36; K. Schmidt, in: Großkomm. z. AktG, § 245 Rz. 24; a. A. Heidel, in: Heidel, Aktienrecht, § 245 Rz. 15. 72) Siehe v. Godin/Wilhelmi, AktG, § 245 Rz. 4; i. d. S. Hüffer, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/ Kropff, AktG, § 245 (Stand: 06/1984) Rz. 39. 73) Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 1 Rz. 105. 74) H. M. Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 1 Rz. 107; Hüffer/Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 245 Rz. 48; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 245 Rz. 22; Hüffer/ Koch, AktG, § 245 Rz. 19 m. w. N. zum Streitstand.

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versammlung nicht erscheint oder diese vor der entsprechenden Beschlussfassung verlassen hat.75) c)

Sondervorteil

1349 Nach §§ 245 Nr. 3, 243 Abs. 2 steht jedem Aktionär, der die Aktien schon vor der Bekanntmachung der Tagesordnung erworben hatte, die Anfechtungsbefugnis zu, wenn ein anderer Aktionär mit der Ausübung des Stimmrechts für sich oder einen Dritten Sondervorteile zum Schaden der Gesellschaft oder der anderen Aktionäre zu erlangen suchte und der Beschluss geeignet ist, diesem Zweck zu dienen.76) d)

Vorstand

1350 Dem Vorstand als Kollegialorgan steht nach § 245 Nr. 4 die Anfechtungsbefugnis ohne weitere Voraussetzungen zu. Dies gilt auch dann, wenn der Vorstand den Beschluss selbst vorgeschlagen oder, sofern er Aktionär ist, diesem zugestimmt hat. Hat der anfechtbare Beschluss schädliche Auswirkungen auf die Gesellschaft, besteht für den Vorstand eine Pflicht zur Anfechtung.77) Die Anfechtungsbefugnis geht auf den Abwickler (§§ 245 Nr. 4, 264 Abs. 2, 268) und für den Fall, dass der anzufechtende Beschluss sich auf die Insolvenzmasse auswirkt, den Insolvenzverwalter über.78) e)

Strafbare Handlung oder Ordnungswidrigkeit

1351 Würden die Mitglieder des Vorstands oder des Aufsichtsrats durch die Ausführung des Hauptversammlungsbeschlusses eine strafbare Handlung oder eine Ordnungswidrigkeit begehen oder sich schadensersatzpflichtig machen, steht ihnen nach § 245 Nr. 5 ebenfalls die Anfechtungsbefugnis zu. Notwendig ist, dass die Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedschaft im Zeitpunkt der Klageerhebung besteht und die Ausführung des Beschlusses mit den dargestellten Sanktionen belegt ist. Dabei ist nicht erforderlich, dass die Verantwortlichkeit gerade den Kläger betrifft. Es genügt, wenn es sich z. B. um allgemeine Haftungstatbestände handelt.79) ___________ 75) Hüffer/Koch, AktG, § 245 Rz. 20; Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 84 und 87; Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 1 Rz. 108; einschränkend Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 245 Rz. 23: nur der vom Bekanntmachungsfehler betroffene Beschluss kann angefochten werden. 76) Zur unzulässigen Verfolgung von Sondervorteilen als Anfechtungsgrund siehe Kap. H. Rz. 1365. 77) Allg. M. siehe nur Hüffer/Koch, AktG, § 245 Rz. 36 f. m. w. N. 78) H. M. Hüffer/Koch, AktG, § 245 Rz. 37 m. w. N. 79) H. M. Hüffer/Koch, AktG, § 245 Rz. 39 – 41 m. w. N.

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4.

Anfechtungsgründe

a)

Grundsätzliches

Hauptversammlungsbeschlüsse können wegen formeller oder inhaltlicher Mängel 1352 gemäß § 243 ff. angefochten werden. Erforderlich ist ein Verstoß gegen Gesetz oder Satzung. Gesetz i. S. v. § 243 Abs. 1 ist jede Rechtsnorm, da auf den materiellen Geset- 1353 zesbegriff des Art. 2 EGBGB abzustellen ist.80) Ein Verstoß gegen die Generalklausel des § 242 BGB („Treu und Glauben“) oder das sich aus dem Gleichheitsgrundsatz des § 53a ergebende Gebot der Gleichbehandlung genügt dabei ebenso wie ein Verstoß gegen geschriebene oder ungeschriebene Rechtsnormen. Dies umfasst insbesondere auch Rechtsverordnungen, für die Gesellschaft einschlägige Satzungen öffentlich-rechtlicher Körperschaften,81) gewohnheitsrechtliche Normen sowie im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung entwickelte und anerkannte Prinzipien.82) Auch die Verletzung von gesetzlichen Sollvorschriften begründet nach herrschender Meinung einen Anfechtungsgrund, sofern es sich bei diesen Vorschriften nicht nur um unbedeutende Ordnungsvorschriften handelt.83) Allerdings wird sich in diesen Fällen meist die Frage stellen, ob die Gesetzesverletzung Relevanz für das Beschlussergebnis hatte.84) Von der Anfechtbarkeit ausdrücklich ausgenommen sind die in § 243 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 2 genannten Gesetzesverletzungen sowie nach § 30g WpHG eine Verletzung der §§ 30a – 30f WpHG Der Verstoß gegen Satzungsbestimmungen stellt ebenfalls einen Anfechtungs- 1354 grund dar, sofern es sich nicht um bedeutungslose Bestimmungen handelt.85) Es muss sich um eine Satzungsbestimmung mit kooperativem Charakter oder um eine materielle Satzungsbestimmung handeln; formelle Satzungsbestimmungen mit schuldrechtlichem Charakter genügen nicht.86) Als Verstoß sind anzusehen z. B. die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds, welches die von der Satzung geforderten persönlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, die Zulassung von Personen ___________ 80) Hüffer/Koch, AktG, § 243 Rz. 5; Heidel, in: Heidel, Aktienrecht, § 243 Rz. 7; Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 38. 81) So Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 38; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 243 Rz. 126; Hüffer/Koch, AktG, § 243 Rz. 5; Heidel, in: Heidel, Aktienrecht, § 243 Rz. 7. 82) Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 38; Hüffer/Koch, AktG, § 243 Rz. 5; Butzke, HV, O Rz. 20. 83) RG, Urt. v. 24.9.1942 – II 5/42, RGZ 170, 83, 97; Hüffer/Koch, AktG, § 243 Rz. 6; Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 39; Würthwein, in: Spindler/Stilz, AktG, § 243 Rz. 62; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 243 Rz. 138 ff. 84) Siehe hierzu Kap. H. Rz. 1357. 85) RG, Urt. v. 24.9.1942 – II 50/42, RGZ 170, 83. 86) Hüffer/Koch, AktG, § 243 Rz. 7; Würthwein, in: Spindler/Stilz, AktG, § 243 Rz. 70; K. Schmidt, in: Großkomm. z. AktG, § 243 Rz. 15.

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H. Rechtsstreitigkeiten

zur Ausübung des Stimmrechts, obwohl sie entgegen den Satzungsbestimmungen ihren Anteilsbesitz nicht ordnungsgemäß nachgewiesen haben, die Beschlussfeststellung, obwohl eine in der Satzung festgelegte Kapitalmehrheit nicht erreicht wurde,87) oder der Beschluss der Entlastung trotz Fehlens eines von der Satzung bei einer kleinen Aktiengesellschaft vorgeschriebenen Lageberichts.88) Rechtsprechung und Teile der Literatur stellen außerdem die Verletzung von Stimmbindungsverträgen, obwohl es sich um schuldrechtliche Absprachen handelt, den Satzungsverstößen gleich, wenn sich sämtliche Gesellschafter gebunden haben.89) 1355 Die Verletzung sonstiger schuldrechtlicher Verträge sowie Verstöße gegen die Geschäftsordnung oder die Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) werden hingegen nicht von § 243 Abs. 1 erfasst.90) b)

Formelle Mängel

1356 Ein formeller Mangel, auch Verfahrensmangel genannt, liegt dann vor, wenn der Hauptversammlungsbeschluss unter Verstoß gegen Gesetz oder Satzung zustande gekommen ist. Dies betrifft insbesondere Mängel der Einberufung oder der Durchführung der Hauptversammlung. Wegen der Einzelheiten wird auf die entsprechenden Ausführungen in vorstehenden Kapiteln verwiesen. Bei formellen Mängeln hat § 243 Abs. 1 jedoch weitere Einschränkungen erfahren. Nach § 243 Abs. 4 Satz 1 kann wegen der dort beschriebenen Informationsmängel nur dann angefochten werden, „wenn ein objektiv urteilender Aktionär die Erteilung der Information als wesentliche Voraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung seiner Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte angesehen hätte.“ Bei Informationsmängeln in der Hauptversammlung kann gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 nicht angefochten werden, wenn eine Bewertungsrüge im Spruchverfahren vorgesehen ist. 1357 Darüber hinaus ist § 243 Abs. 1 dahingehend einschränkend auszulegen, dass Verfahrensmängel nur dann die Anfechtbarkeit zur Folge haben, wenn sie für das Beschlussergebnis relevant geworden sind. Die ältere Rechtsprechung hatte zur Einschränkung auf die Voraussetzung der potentiellen Kausalität abgestellt ___________ 87) Hüffer/Koch, AktG, § 243 Rz. 7. 88) BGH, Beschl. v. 26.11.2007 – II ZR 227/06, AG 2008, 83; OLG Nürnberg, Urt. v. 20.9.2006 – 12 U 3800/04, AG 2007, 295, 297; Hüffer/Koch, AktG, § 243 Rz. 7. 89) So BGH, Urt. v. 20.1.1983 – II ZR 243/81, AG 1983, 249; BGH, Urt. v. 27.10.1986 – II ZR 240/85, ZIP 1987, 293 (für GmbH), vgl. dazu EWiR 1987, 53 (Riegger); OLG Hamm, Urt. v. 12.4.2000 – 8 U 165/99, NZG 2000, 1036 f.; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 243 Rz. 23; zum weiteren Meinungsstand – kritisch: Hüffer/Koch, AktG, § 243 Rz. 9 f., der nur ausnahmsweise bei Rechtsmissbrauch eine Anfechtbarkeit bejaht. 90) LG Hannover, Urt. v. 17.3.2010 – 23 O 124/09, ZIP 2010, 833, 835; LG München I, Urt. v. 22.11.2007 – 5 HK O 10614/07, ZIP 2007, 2360; Hüffer/Koch, AktG, § 243 Rz. 5 und 7 f.; Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 40 und 41a jeweils m. w. N.

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und die Ursächlichkeit des Verfahrensverstoßes für das Beschlussergebnis verlangt. Der beklagten Gesellschaft wurde die Möglichkeit eingeräumt, einen Ursachenzusammenhang zwischen Normverletzung und Beschlussergebnis auszuräumen.91) Nach erheblicher Kritik in der Literatur92) hat sich die neuere Rechtsprechung nunmehr der dort vertretenen Lehre von der Relevanz der Verfahrensfehler angeschlossen, die auf den Zweck der jeweils betroffenen Verfahrensbestimmung abstellt.93) Die Relevanz des Verfahrensmangels wird bei Einberufungfehlern und Ankündigungsmängeln in der Regel bejaht, sofern es sich nicht nur um offenkundige Schreibfehler oder marginale Ungenauigkeiten, wie z. B. die nicht ausreichende Präzisierung des ausgeübten Berufs eines Kandidaten für das Aufsichtsratsamt handelt. Gleiches gilt für Ordnungsmängel, die für die Aktionärsrechte ohne Bedeutung sind, wie z. B. die unzulässige Teilnahme Dritter oder Unrichtigkeiten des Teilnehmerverzeichnisses.94) Die Relevanz wird von der Rechtsprechung ebenfalls verneint im Falle eines Beschlussvorschlages eines Aufsichtrats, der aufgrund einer nichtigen Wahl fehlerhaft besetzt war.95) Beim Vorliegen von Bagatellmängeln wird teilweise auch angenommen, die fehlende Relevanz ergebe sich bereits daraus, dass der Aktionär den Mangel nicht während der Hauptversammlung gerügt und damit in zumutbarer Weise an der Mängelbeseitigung mitgewirkt habe.96) Eine derartige Mitwirkungspflicht wurde bisher schon vereinzelt unter dem Gesichtspunkt des widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) anerkannt.97) Diesem Ansatz ist i. S. v. mehr Transparenz und Rechtssicherheit bei der Beschlussfassung in Hauptversammlungen zuzustimmen, wenngleich die Rügeobliegenheit wohl nicht auf den Grundsatz der Relevanz, sondern

___________ 91) Vgl. BGH, Urt. v. 23.11.1961 – II ZR 4/60, BGHZ 36, 139 f.; BGH, Urt. v. 29.11.1982 – II ZR 88/81, BGHZ 86, 3 = AG 1983, 75. 92) Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 243 Rz. 60 ff.; Hüffer/Koch, AktG, § 243 Rz. 13; Hüffer/Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 243 Rz. 27 ff. m. w. N. 93) BGH, Urt. v. 12.11.2001 – II ZR 255/99, ZIP 2002, 172; BGH, Urt. v. 20.9.2004 – II ZR 288/02, ZIP 2004 1109; BGH, Urt. v. 18.10.2004 – II ZR 250/02, ZIP 2004, 2428; BGH, Beschl. v. 26.11.2007 – II ZR 227/06, ZIP 2008, 70; OLG Düsseldorf, Urt. v. 31.7.2003 – I-6 U 27/03, NZG 2003, 976; OLG München, Urt. v. 26.3.2008 – 7 U4782/07, ZIP 2008, 975; KG, Urt. v. 21.9.2009 – 23 U 46/09; AG 2010, 163; Hüffer/Koch, AktG, § 243 Rz. 13 m. w. N. 94) Vgl. Fleischer, ZIP 2014, 149, 151 mit entsprechenden Nachweisen zur Rechtsprechung. 95) BGH, Urt. v. 19.2.2013 – II ZR 56/12, ZIP 2013, 720; kritisch Rieckers, AG 2013, 383, 385; siehe hierzu auch Kap. C Rz. 103. 96) Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, Vor § 121 Rz. 24 f.; OLG München, Beschl. v. 10.4.2013 – 7 AktG 1/13, ZIP 2013, 931, dazu EWiR 2013, 563 (Ruppert); Fleischer, ZIP 2014, 149, 152 mit weiteren Beispielen aus der Rechtsprechung, die im Wesentlichen Mitwirkungsobliegenheiten beim Auskunftsrecht betreffen. 97) LG München I, Urt. v. 28.8.2008 – 5HKO 2522/08, ZIP 2009, 663 f.; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz. 75.

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eher auf die Treuepflicht der Aktionäre gegenüber der Gesellschaft gestützt werden sollte.98) 1358 Wie es sich auswirkt, dass der Gesetzgeber in dem durch das UMAG neu gefassten § 243 Abs. 4 Satz 1 auf das Kriterium der Wesentlichkeit abstellt, ist streitig.99) Teilweise wird mit Hinweis auf den Willen des Gesetzgebers, an die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshof anknüpfen zu wollen, vertreten, das Wesentlichkeitskriterium betone lediglich den nach der Relevanztheorie bestehenden Wertungsspielraum.100) Nach anderer Ansicht soll die Relevanztheorie dadurch eingeschränkt werden, dass nunmehr zusätzlich zu prüfen sei, ob der Verfahrensfehler auch wesentliche Bedeutung für die Ausübung der Verwaltungsrechte des Aktionärs habe.101) Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass für einen objektiv urteilenden Aktionär alle Informationen, die er zur sachgerechten Beurteilung des Beschlussvorschlags benötigt, auch wesentlich sind, sodass der ersten Auffassung zuzustimmen ist, dass mit der Einführung des Begriffs „wesentlich“ keine weitergehende Anforderung verbunden ist.102) c)

Inhaltliche Mängel

1359 Ein inhaltlicher Mangel liegt hingegen vor, wenn das Ergebnis der Beschlussfassung gegen Gesetz oder Satzung verstößt. Verletzt sein kann eine konkrete Einzelvorschrift oder eine Generalklausel, wie z. B. die mitgliedschaftliche Treuepflicht oder das sich aus § 53a ergebende Gleichbehandlungsgebot.103) Die sich hieraus ergebende sehr weitgehende Anfechtungsmöglichkeit ist nach herrschender Meinung einer Angemessenheitsprüfung (sog. materielle Beschlusskontrolle) zu unterziehen. Die materielle Beschlusskontrolle ist ein spätestens seit der Linotype-Entscheidung des Bundesgerichtshofs104) im Zusammenhang mit § 243 Abs. 1 etabliertes Rechtsinstitut. Schon in der ITT-Entscheidung105) hat der Bundesgerichtshof eine Rücksichtspflicht von Mehrheitsmacht, auf die Gesellschaftsinteressen der Minderheit einzuwirken, festgeschrieben. In der sog. Kali-&-Salz___________ 98) So auch Fleichser, ZIP 2014, 149, 157. 99) Siehe hierzu ausführlich Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 46b und b m. w. N. 100) Hüffer/Koch, AktG, § 243 Rz. 46a f.; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 243 Rz. 35; Koch, ZGR 2006, 794 f.; Würthwein, in: Spindler/Stilz, AktG, § 243 Rz. 250; Hüffer/ Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 243 Rz. 117; LG München, Urt. v. 31.1.2008 – 5 HK O 19782/06, ZIP 2008, 559. 101) Spindler, NZG 2005, 829; Weißhaupt, ZIP 2005, 1771; Noack/Zetzsche, ZHR 170 (2006), 226; Göz/Holzborn, WM 2006, 160. 102) Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 243 Rz. 35; Würthwein, in: Spindler/Stilz, AktG, § 243 Rz. 250; Kersting, ZGR 2007, 324. 103) Hüffer/Koch, AktG, § 243 Rz. 21. 104) BGH, Urt. v. 1.2.1988 – II ZR 75/87, ZIP 1988, 301 ff. – Linotype, vgl. dazu EWiR 1988, 529 (Drygala). 105) BGH, Urt. v. 5.6.1975 – II ZR 23/74, BGHZ 65, 15 – ITT.

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II. Anfechtungsklage

Entscheidung106) und im Holzmüller-Urteil107) wurde dieser Rechtsgedanke bestätigt. Auch in späteren Entscheidungen hat der Bundesgerichtshof108) an den entwi- 1360 ckelten Grundsätzen der materiellen Beschlusskontrolle festgehalten. Aufgrund der mitgliedschaftlichen Treuepflicht der Aktionäre untereinander, ist ein Eingriff in die Mitgliedschaft der Mitaktionäre durch einen Hauptversammlungsbeschluss nur gerechtfertigt, wenn er sachlich begründet und nach Abwägung des Gesellschaftsinteresses gegen die Interessen der betroffenen Aktionäre nicht unverhältnismäßig ist. Dies ist Gegenstand richterlicher Prüfung. Greift ein Beschluss in die Mitgliedschaft der Minderheitsaktionäre ein, ohne dass der Eingriff durch Gesellschaftsinteresse sachlich gerechtfertigt oder zwar gerechtfertigt, aber nach Abwägung des Gesellschaftsinteresses und der Interessen der betroffenen Minderheitsaktionäre unverhältnismäßig ist, liegt ein Verstoß gegen das Rechtsinstitut der materiellen Beschlusskontrolle i. S. v. § 243 Abs. 1 vor mit der Folge, dass der Beschluss gesetzeswidrig und somit anfechtbar ist.109) In Rechtsprechung und Literatur110) ist jedoch streitig, für welche Fallgruppen 1361 eine materielle Kontrolle von Gesellschafterbeschlüssen Anwendung findet. Fast einhellige Zustimmung in der Literatur111) finden die Urteile112) betreffend Kapitalerhöhung und genehmigtem Kapital unter Ausschluss des Bezugsrechts in der Aktiengesellschaft. Ein Eingriff in die Mitgliedschaft liegt beim Ausschluss des Bezugsrechts in der Gefahr einer Kapitalverwässerung der Beteiligung durch Ausgabe unterbewerteter neuer Aktien sowie in der Herabsetzung der Beteiligungsquote der Aktionäre und des damit verbundenen Verlusts an Einfluss auf die AG. Ein solcher Eingriff ist nur dann gerechtfertigt, wenn er den dargestellten Maßstäben der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit entspricht.113) Wenn jedoch der Gesetzgeber die Zulässigkeit der Beschlussfassung ausdrücklich geregelt und ggf. zum Schutz der Minderheit spezielle Maßnahmen vorgesehen hat, sollen diese Regelungen nach der herrschenden Meinung ___________ 106) BGH, Urt. v. 13.3.1978 – II ZR 142/76, BGHZ 71, 44 ff. – Kali-&-Salz. 107) BGH, Urt. v. 19.4.1982 – II ZR 55/81, ZIP 1982, 689 ff. – Holzmüller. 108) BGH Urt. v. 9.11.1992 – II ZR 230/91, ZIP 1992, 1728 ff, vgl. dazu EWiR 1993, 323 (Martens); BGH, Urt. v. 26.2.1996 – II ZR 77/95, BGHZ 132, 93 f. = ZIP 1996, 674. 109) Hüffer/Koch, AktG, § 243 Rz. 24; BGH, Urt. v. 26.2.1996 – II ZR 77/95, BGHZ 132, 93 f. = ZIP 1996, 674; OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.1.2003 – 6 U 60/02, ZIP 2003, 1749 f. 110) Nachweise bei Hüffer/Koch, AktG, § 243 Rz. 25 ff. 111) Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 243 Rz. 14; Hüffer/Koch, AktG, § 243 Rz. 25 m. w. N. 112) BGH, Urt. v. 13.3.1978 – II ZR 142/76, BGHZ 71, 44 ff.; BGH, Urt. v. 19.4.1982 – II ZR 55/81, ZIP 1982, 689 ff. 113) BGH, Urt. v. 16.2.1981 – II ZR 168/79, ZIP 1981, 399; einschränkend zust. Henze, Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Aktienrecht, S. 75; BGH, Urt. v. 23.6.1997 – II ZR 132/93, ZIP 1997, 500 ff, vgl. dazu EWiR 1997, 1013 (Hirte).

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H. Rechtsstreitigkeiten

immer vorgehen.114) So ist in § 186 Abs. 3 Satz 4 für die dort angeführten Fälle eine materielle Beschlusskontrolle angesichts der abschließenden gesetzlichen Regelung nicht gerechtfertigt. Vergleichbares gilt auch für den Bezugsrechtsausschluss bei Schaffung eines genehmigten Kapitals.115) Bei Genussrechten sind diese Grundsätze hingegen nur anzuwenden, wenn das Genussrecht aktienrechtliche Ausgestaltung erfahren hat und damit der Bezugsrechtsausschluss zu ähnlichen Rechtwirkungen wie bei der Kapitalerhöhung und dem genehmigten Kapital führt.116) 1362 Die materielle Beschlusskontrolle ist nicht auf den Bereich Bezugsrechtsausschluss beschränkt. In einer die Gesellschaftsform GmbH betreffenden Entscheidung wurde auch ein Beschluss, der die betreffende Gesellschaft zum abhängigen Unternehmen macht, der materiellen Beschlusskontrolle unterworfen.117) Dagegen finden die geschilderten Grundsätze bei Auflösungsbeschlüssen keine Anwendung,118) weil die im Gesetz genannten Voraussetzungen für die Auflösung abschließend sind. Nur so ist sichergestellt, dass die Freiheit der Gesellschafter zur Desinvestition der eingesetzten Mittel gewahrt ist. Dies gilt auch für Kapitalherabsetzungen119) sowie für die nachträgliche Einführung eines Höchststimmrechts.120) 1363 In Bezug auf Unternehmensverträge, Eingliederungen, Verschmelzungen und Abspaltungen soll nach der wohl herrschenden Meinung eine materielle Beschlusskontrolle nicht stattfinden, soweit die gesetzlichen Regelungen selbst den Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte vorsehen, ohne seine sachliche Rechtfertigung durch Gesellschaftsinteresse zu fordern, oder wenn die gesetzliche Zulässigkeit als normative Abwägung gegen Interessen der Minderheitsaktionäre verstanden

___________ 114) Hüffer/Koch, AktG, § 243 Rz. 24; Hüffer/Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 243 Rz. 57; OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.1.2003 – 6 U 60/02, ZIP 2003, 1749 f.; Mimberg, in: MarschBarner/Schäfer, § 37 Rz. 58 m. w. N. 115) BGH, Urt. v. 23.6.1997 – II ZR 132/93, ZIP 1997, 1500 f.; Hüffer/Koch, AktG, § 203 Rz. 27 ff. und § 243 Rz. 25. 116) BGH, Urt. v. 9.11.1992 II ZR 230/91, BGHZ 120, 146 ff. = NJW 1993, 400; Hüffer/ Koch, AktG, § 243 Rz. 25. 117) BGH, Urt. v. 16.2.1981 – II ZR 168/79, BGHZ 80, 69, 74; BGH, Urt. v. 1.2.1988 – II ZR 75/87, BGHZ 103, 190; OLG Stuttgart, Urt. v. 21.12.1993 – 10 U 48/93, ZIP 1995, 1519. 118) BGH, Urt. v. 1.2.1988 – II ZR 75/87, BGHZ 103, 190; OLG Stuttgart, Urt. v. 21.12.1993 – 10 U 48/93, ZIP 1995, 1519; Hüffer/Koch, AktG, § 243 Rz. 28. 119) BGH, Urt. v. 9.2.1998 – II ZR 278/96, ZIP 1998, 692; Hüffer/Koch, AktG, § 243 Rz. 28; Hüffer/Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 243 Rz. 62. 120) BGH, Urt. v. 19.12.1977 – II ZR 136/76, BGHZ 70, 117; Hüffer/Koch, AktG, § 243 Rz. 28; Hüffer/Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 243 Rz. 64.

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II. Anfechtungsklage

werden muss.121) Das Gesetz ermöglicht gerade bestimmte Umstrukturierungen und legt in vielen Bereichen abschließend fest, wie der Interessenkonflikt zwischen Mehrheit und Minderheit zu berücksichtigen ist (Abfindungsregeln, Mehrheitserfordernisse). Eine darüber hinausgehende materielle Beschlusskontrolle würde der Intention des Gesetzes widersprechen. Außerdem lassen sich eine Vielzahl der Umstrukturierungsbeschlüsse anhand der Kriterien der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit gar nicht überprüfen. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass jeder Hauptversammlungsbeschluss einer 1364 Missbrauchskontrolle unterworfen ist.122) Wird durch den Beschluss in die Rechtsstellung der Minderheit eingegriffen, muss dieser Eingriff erforderlich und verhältnismäßig sein. Zu prüfen ist, ob der Eingriff durch das Gesellschaftsinteresse geboten und im Gesellschaftsinteresse erforderlich war.123) Wann ein solcher Missbrauch der Mehrheitsmacht vorliegt, ist im Einzelnen umstritten. Ein Missbrauch der Mehrheitsmacht wird jedenfalls für den Fall einer Verschmelzung dann anzunehmen sein, wenn die Verschmelzung dazu genutzt wird, weitere nicht durch Verschmelzung bedingte Veränderungen der bestehenden Gesellschaftsstruktur durchzusetzen, z. B. wenn im Vorfeld der Verschmelzung Satzungsänderungen vorgesehen werden, die die Minderheit besonders belasten.124) Ein weiterer Anfechtungsgrund ist die in § 243 Abs. 2 ausdrücklich geregelte 1365 Verfolgung von Sondervorteilen durch Ausübung des Stimmrechts für sich selbst oder einen Dritten. Als Sondervorteil wird dabei ohne Rücksicht auf die Art und Weise der Erlangung jeder Vorteil verstanden, sofern es bei einer Gesamtwürdigung als sachwidrige Bevorzugung erscheint, dem Aktionär oder einem Dritten den Vorteilserwerb zu gestatten oder den bereits vollzogenen Erwerb hinzunehmen.125) Ob eine sachwidrige Bevorzugung vorliegt, ist anhand eines Fremdvergleichs zu beurteilen. Die herrschende Meinung nimmt dies an, wenn der Vorteil nicht allen zufließt, die sich gegenüber der Gesellschaft in vergleichbarer Lage befinden.126) Neben direkten Zuwendungen ist hier auch an den Ver___________ 121) H. M. Hüffer/Koch, AktG, § 243 Rz. 26 f.; Hüffer/Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 243 Rz. 63; OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.1.2003 – 6 U 60/02, ZIP 2003, 1749 f.; OLG Stuttgart, Urt. v. 12.5.1999, AG 2000, 230 f.; a. A. Wiedemann, ZGR 1980, 156 f.; Martens, in: Festschrift Robert Fischer, S. 446 zum Beherrschungsvertrag. 122) BGH, Urt. v. 1.2.1988 – II ZR 75/87, ZIP 1988, 301 ff.; Mimberg, in: Marsch-Barner/ Schäfer, § 37 Rz. 58. 123) MünchGesR-Austmann, AG, § 42 Rz. 68. 124) Drygala, in: Lutter, UmwG, § 13 Rz. 54 ff. m. w. Beispielen. 125) BGH, Urt. v. 9.2.1998 – II ZR 278-96, BGHZ 138, 71, 80 f.; BGH, Beschl. v. 20.4.2009 – II ZR 148/07, AG 2009, 534; LG Hamburg, Urt. v. 8.6.1995 – 405 O 203/94, AG 1996, 234; LG Stuttgart, Urt. v. 8.3.1994 – 4 KfH 06/94, ZIP 1994, 631 = AG 1994, 567, vgl. dazu EWiR 1994, 429 (Grunewald); Hüffer/Koch, AktG, § 243 Rz. 35. 126) So Hüffer/Koch, AktG, § 243 Rz. 35; Hüffer/Schäfer, in; MünchKomm-AktG, § 243 Rz. 79; Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer § 37 Rz. 62 m. w. N.

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H. Rechtsstreitigkeiten

zicht der Gesellschaft auf eigene Erwerbschancen zu denken.127) Als Beispiele für solche Sondervorteile sind zu nennen:128) x

Abschluss eines Betriebspachtvertrags mit dem Mehrheitsgesellschafter unter Umgehung einer ernsthaften oder besseren Offerte des Minderheitsgesellschafters, sofern nicht die schlechten Konditionen durch andere Gesellschaftsbelange ausgeglichen werden.

x

Günstige, schnelle Unternehmensübernahme, die von Mehrheitsgesellschaftern im Wege des Auflassungsbeschlusses erstrebt wird und Interessen der Minderheitsaktionäre nicht oder nur unzureichend berücksichtigt.

x

Vereinbarung in einem mit dem Beschlussgegenstand (Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag) eng verknüpften separaten Vertrag zugunsten des Vorstands der abhängigen Gesellschaft, dass dieser im Falle einer Kündigung des Dienstvertrags ein Anspruch auf die Gesamtvergütung für die restliche Laufzeit seines Dienstvertrags und seiner Bestellung als Mitglied des Vorstands hat, wobei im Hinblick auf die Boni, Tantiemen oder sonstigen leistungsbezogenen Teile der Vergütung von einer Zielerreichung von 100 % ausgegangen wird, ohne Rücksicht auf die tatsächliche Zielerreichung.129)

1366 Die Anfechtung wegen Verfolgung eines Sondervorteils ist jedoch ausgeschlossen, wenn der Schaden der anderen Aktionäre angemessen ausgeglichen wird und dies im Beschluss selbst aufgenommen wird. 5.

Bestätigungsbeschluss

1367 Ein anfechtbarer oder bereits angefochtener Hauptversammlungsbeschluss kann durch einen weiteren Beschluss der Hauptversammlung gemäß § 244 bestätigt werden. Bei einem nichtigen Beschluss ist dies nicht möglich, insoweit kommt nur die Wiederholung bzw. Neuvornahme des Beschlusses in Betracht.130) Dies gilt auch nach Eintritt der Rechtskraft eines aufgrund einer Anfechtungsklage für nichtig erklärten Beschlusses, da die Nichtigkeit dann endgültig feststeht.131) Der Erst- und Bestätigungsbeschluss müssen inhaltlich identisch sein. Informationsrechte bestehen nur in Bezug auf die Behebung der Rechtsverletzung des Erstbeschlusses.132) Die Bestätigung bewirkt, dass der Inhalt des anfechtbaren Beschlusses als verbindliche Regelung der jeweiligen Gesellschaftsangelegen___________ 127) Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 62; Hüffer/Koch, AktG, § 243 Rz. 35. 128) BGH, Urt. v. 1.2.1988 – II ZR 75/87, ZIP 1988, 301; OLG Frankfurt, Urt. v. 28.2.1973 – 13 U 2/72, AG 1973, 136; Hüffer/Koch, AktG, § 243 Rz. 36 m. w. Beispielen. 129) OLG München, Beschl. v. 14.12.2011 – 7 AktG 3/11, ZIP 2012, 773. 130) Allgem. M. BGH, Urt. v. 15.12.2003 – II ZR 194/01, ZIP 2004, 310; BGH, Urt. v. 20.9.2004 – II ZR 288/02, ZIP 2004, 2093; Hüffer/Koch, AktG, § 244 Rz. 2. 131) LG Frankfurt, Urt. v. 12.11.2013 – 3-05 O 151/13, ZIP 2013, 2405, 2406. 132) LG Frankfurt, Urt. v. 12.11.2013 – 3-05 O 151/13, ZIP 2013, 2405, 2406 und 2409.

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II. Anfechtungsklage

heit anerkannt wird.133) Die Anfechtbarkeit des Beschlusses wird für die Zukunft geheilt und die Anfechtung kann gemäß § 244 nicht mehr geltend gemacht werden.134) Wenn sich zwischen Ausgangsbeschluss und Bestätigungsbeschluss die Sach- oder Rechtslage ändert, ist dies nach herrschender Meinung unbeachtlich. Es kommt auf den Zeitpunkt des Ausgangsbeschlusses an.135) Einer bereits erhobenen Anfechtungsklage wird durch den Bestätigungsbeschluss der Boden entzogen, was, wenn der Anfechtungskläger nicht die Erledigung der Hauptsache erklärt, zur Klageabweisung führt. Diese Heilungswirkung des Bestätigungsbeschlusses kann nur durch eine weitere Anfechtung auch dieses Beschlusses innerhalb der Anfechtungsfrist abgewendet werden, wenn der Bestätigungsbeschluss ebenfalls an einem formellen oder inhaltlichen Mangel leidet. Ein Bestätigungsbeschluss ist insbesondere bei formellen Mängeln zu empfehlen, da diese bei der Fassung des Bestätigungsbeschlusses vermieden werden können.136) Für die Beschlussvorschläge gilt § 124 Abs. 3 entsprechend.137) Auch bei einem durch den Versammlungsleiter fehlerhaft festgestellten Beschluss handelt es sich nach der Rechtsprechung um einen Verfahrensfehler, der durch Bestätigung geheilt werden kann.138) Bei inhaltlichen Mängeln des Ausgangsbeschlusses hingegen, werden diese auch auf den Bestätigungsbeschluss durchschlagen. Eine Anfechtung des Bestätigungsbeschlusses ist als nachträgliche objektive Klagehäufung anzusehen139) und kann auch durch Erweiterung der ursprünglichen Klage erfolgen.140) 6.

Gerichtliches Verfahren

Die nach § 245 anfechtungsberechtigten Personen können Kläger des Anfech- 1368 tungsprozesses sein. Beklagter ist grundsätzlich die Gesellschaft (§ 246 Abs. 2). ___________ 133) BGH, Urt. v. 15.12.2003 – II ZR 194/01, BGHZ 157, 210 f. = ZIP 2004, 310; Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 64; Hüffer/Koch, AktG, § 244 Rz. 2; Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 1 Rz. 535. 134) BGH, Urt. v. 15.12.2003 – II ZR 194/01, BGHZ 157, 210 f. = ZIP 2004, 310; Hüffer/Koch, AktG, § 244 Rz. 5 f. m. w. N. 135) BGH, Urt. v. 15.12.2003 – II ZR 194/01, BGHZ 157, 210 f. = ZIP 2004, 310; OLG München, Urt. v. 8.8.1997 – 23 U 1974/97, ZIP 1997, 1746 f.; Hüffer/Koch, AktG, § 244, Rz. 2. 136) Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 65; Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 1 Rz. 539. 137) LG Frankfurt, Urt. v. 12.11.2013 – 3-05 O 151/13, ZIP 2013, 2405, 2407. 138) BGH, Urt. v. 12.12.2005 – II ZR 253/03, ZIP 2006, 227, 228; OLG Stuttgart, Urt. v. 10.11.2004 – 20 U 16/03, AG 2005, 130; Hüffer/Koch, AktG, § 244 Rz. 2; Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 1 Rz. 540 f.; kritisch hierzu Mimberg, in: Marsch-Barner/ Schäfer, § 37 Rz. 65a. 139) H. M. Vgl. Hüffer/Koch, AktG, § 244 Rz. 9 m. w. N. 140) Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 65.

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H. Rechtsstreitigkeiten

Ist diese etwa durch Verschmelzung oder Aufspaltung erloschen, so ist die Klage gegen den oder die übernehmenden Rechtsträger als Rechtsnachfolger der erloschenen Gesellschaft zu richten (§ 28 i. V. m. § 125 UmwG). Richtiger Beklagter ist im Falle der Auflösung die Abwicklungsgesellschaft, im Falle der Insolvenz der Insolvenzverwalter, sofern sich die Anfechtungsklage auf die Insolvenzmasse auswirkt; ist die Insolvenzmasse nicht betroffen oder wird sogar vermehrt, bleibt die Gesellschaft richtiger Beklagter. 1369 Erhebt ein Aktionär Anfechtungsklage, wird die Gesellschaft durch den Vorstand und den Aufsichtsrat vertreten. Im Falle der Auflösung wird die Gesellschaft durch den Abwickler vertreten. Bei einer Anfechtungsklage des Vorstands oder von Vorstandsmitgliedern erfolgt die Vertretung durch den Aufsichtsrat. Klagt ein Aufsichtsratsmitglied, vertritt der Vorstand allein die Gesellschaft. Die Klage ist an dem zuständigen Landgericht des Sitzes der Gesellschaft zu erheben (§ 246 Abs. 3). Erhebt ein Aktionär Anfechtungsklage, ist die Zustellung an Vorstand und Aufsichtsrat zu bewirken. Dabei genügt die Zustellung an jeweils ein Mitglied des Vorstands und des Aufsichtsrats (§ 171 Abs. 3 ZPO). Zustellung an Prokuristen oder sonstige Mitarbeiter ist nicht ausreichend. Die Zustellung an den Aufsichtsrat bzw. ein Aufsichtsratsmitglied kann sich in der Praxis schwierig gestalten, da anders als beim Vorstand eine (Ersatz-)Zustellung in den Räumen der Gesellschaft nicht möglich ist. Es kommt also nur eine Zustellung unter der Privatadresse oder – sofern das Aufsichtsratsmitglied Vorstand einer anderen Gesellschaft ist – eine Ersatzzustellung in Geschäftsräumen dieser Gesellschaft in Betracht.141) 1370 Die Anfechtungsfrist beträgt gemäß § 246 Abs. 1 einen Monat. Sie beginnt mit dem Ablauf des Tages, an dem der angegriffene Beschluss gefasst wird. Dauert die Hauptversammlung länger als einen Tag wird vertreten, dass entgegen des eindeutigen Wortlauts des Gesetzes, auf das Ende der Hauptversammlung abzustellen sei, da bis dahin auch Widerspruch zur Niederschrift erklärt werden kann.142) Solange nicht sicher ist, ob die Rechtsprechung dieser Auffassung folgen wird, sollte jedoch auch in diesem Fall der Tag der Beschlussfassung der Berechnung der Anfechtungsfrist zugrunde gelegt werden. Der Tag der Beschlussfassung wird gemäß § 187 Abs. 1 BGB nicht mitgerechnet. Das Fristende bestimmt sich nach § 188 Abs. 2 BGB. Fällt das Fristende auf einen Samstag, Sonn- oder gesetzlichen Feiertag, endet gemäß § 193 BGB die Frist erst mit ___________ 141) Vgl. hierzu KG, Urt. v. 11.2.2005 – 14 U 193/93, AG 2005, 583; Mimberg, in: MarschBarner/Schäfer, § 37 Rz. 116; Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 1 Rz. 20 ff.; Hüffer/Koch, AktG, § 246 Rz. 34 m. w. N. 142) So Hüffer/Koch, AktG, § 246 Rz. 22; Hüffer/Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 246 Rz. 39; K. Schmidt, in: Großkomm. z. AktG, § 246 Rz. 16; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 246 Rz. 22; Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 110; MünchGesRAustmann, AG, § 42 Rz. 99; Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 1 Rz. 125; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 246 Rz. 10; a. A. Henn, AG 1989, 230, 232.

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II. Anfechtungsklage

Ablauf des nächsten Werktages. Die Anfechtungsfrist gilt als gewahrt, wenn die Anfechtungsklage innerhalb dieser Frist bei Gericht eingereicht und die Klageschrift demnächst zugestellt wird. Vom Kläger zu vertretende Verzögerungen der Zustellungen, z. B. durch unvollständige Anschriften oder verspätete Zahlung des Gerichtskostenvorschusses, gehen zu seinen Lasten.143) Die Anfechtungsfrist ist eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist. Für sie gibt 1371 es keine Hemmung oder Unterbrechung. Die Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind nicht anwendbar. Innerhalb der Anfechtungsfrist müssen die Klagegründe und ein bestimmter Antrag in den Prozess eingeführt werden. Dabei ist es nicht erforderlich, schon alle Einzelheiten vorzubringen. Ausreichend ist, dass die Anfechtungsgründe in ihrem wesentlichen tatsächlichen Kern dargelegt werden.144) Nachgeschobene Anfechtungsgründe bleiben im späteren Prozess dann ohne Beachtung.145) Die Gesellschaft darf unmittelbar nach Ablauf der einmonatigen Anfechtungs- 1372 frist noch vor Zustellung eine eingereichte Klage einsehen und Auszüge und Abschriften erhalten, um sich auf ein mögliches Freigabeverfahren146) vorzubereiten.147) Gemäß § 246 Abs. 4 muss der Vorstand die Erhebung der Klage und den Ter- 1373 min zur mündlichen Verhandlung unverzüglich in den Gesellschaftsblättern bekannt machen. Diese Bekanntmachungspflicht hat einerseits eine Warnfunktion für die Öffentlichkeit, nicht auf den dauernden Fortbestand des angefochtenen Hauptversammlungsbeschlusses zu vertrauen und soll andererseits den Aktionären Gelegenheit geben, als Nebenintervenient beizutreten.148) Der Beitritt kann sowohl auf Kläger- als auch auf Beklagtenseite erfolgen und ist auch dann möglich, wenn der Beitretende selbst nicht zur Anfechtung befugt ist oder die Anfechtungsfrist versäumt hat. Die Nebenintervention auf Klägerseite ist nur innerhalb eines Monats nach Bekanntmachung der Klage möglich.149) Im Anfechtungsprozess gilt grundsätzlich die Dispositionsmaxime. Das Ge- 1374 richt ist an den Vortrag und die Anträge der Parteien gebunden. Die Parteien können daher alle Prozesshandlungen vornehmen oder auf diese verzichten, ___________ 143) BGH, Urt. v. 8.2.2011 – II ZR 206/08, AG 2011, 335; BGH, Urt. v. 16.2.2009 – II ZR 185/09, BGHZ 180, 9; BGH, Beschl. v. 9.12.2005, XII ZB 118/04, NJW 2005, 1195; KG, Urt. v. 11.2.2005 – 14 U 193/93, AG 2005, 583; OLG Frankfurt/M., Urt. v. 13.12.1983 – 5 U 110/83, ZIP 1983, 1204; Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 1 Rz. 127. 144) H. M. Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 1 Rz. 131; Hüffer/Koch, AktG, § 246 Rz. 26 m. w. N. zur Rechtsprechung und Literatur. 145) H. M. Hüffer/Koch, AktG, § 246 Rz. 26. 146) Siehe hierzu Kap. H. Rz. 1399 ff. 147) Hüffer/Koch, AktG, § 246 Rz. 38a. 148) Hüffer/Koch, AktG, § 246 Rz. 40. 149) Hüffer/Koch, AktG, § 246 Rz. 40; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 246 Rz. 37.

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H. Rechtsstreitigkeiten

auch wenn dies praktisch die Bestätigung oder Vernichtung des Hauptversammlungsbeschlusses zur Folge hat.150) In der Literatur wird allerdings überwiegend die Auffassung vertreten, dies gelte nicht für das Anerkenntnis, da die Wirksamkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses nicht in die Dispositionsbefugnis der Gesellschaft falle.151) Dem ist zuzustimmen, da die „Entscheidung der Hauptversammlung nicht durch Verwaltungsorgane ausgehebelt werden“152) darf. Aus dem gleichen Grund ist auch eine vergleichsweise Bestätigung oder Vernichtung des Hauptversammlungsbeschlusses ausgeschlossen.153) Um rechtsmissbräuchliche Gestaltungen wie den bereits erwähnten „Abkauf“ des Klagerechts zu erschweren, sind börsennotierte Gesellschaften gemäß §§ 248a, 149 Abs. 2 und 3 verpflichtet, jede Beendigung des Anfechtungsprozesses unverzüglich in den Gesellschaftsblättern bekannt zu machen. Dies gilt auch im Falle der subjektiven Klagehäufung bei sukzessiver Verfahrensbeendigung durch Ausscheiden einzelner Kläger. Anzugeben sind die Art der Verfahrensbeendigung, alle mit ihr im Zusammenhang stehenden Vereinbarungen einschließlich Nebenabreden im vollständigen Wortlaut sowie die Namen der Beteiligten. Etwaige Leistungen der Gesellschaft sowie ihr zurechenbare Leistungen Dritter sind gesondert zu beschreiben und hervorzuheben. Bekannt zu machen sind auch mögliche prozessvermeidende Absprachen z. B. Vereinbarungen, die an den Widerspruch der Kläger anknüpfen.154) Die Bekanntmachung ist in allen Fällen Wirksamkeitsvoraussetzung. 1375 Im Falle des Obsiegens der Klägerseite, wird der angefochtene Hauptversammlungsbeschluss rückwirkend mit Wirkung gegenüber jedermann vernichtet. Die auf dem angefochtenen Hauptversammlungsbeschluss beruhenden Durchführungsgeschäfte sind ebenfalls unwirksam. Sind diese Geschäfte bereits vollzogen, ist das Verfügungsgeschäft zwar wirksam, entbehrt jedoch eines Rechtsgrundes und ist daher nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung rückabzuwickeln. Dies gilt nicht, wenn der Hauptversammlungsbeschluss eine Geschäftsführungsangelegenheit betrifft, über die die Hauptversammlung nach Maßgabe der Holzmüller-Gelatine-Rechtsprechung beschlossen hat155) oder die Maßnahme bereits ins Handelsregister eingetragen und die Bestandskraft der Ein___________ 150) H. M. Hüffer/Koch, AktG, § 246 Rz. 15 ff. m. W. N.; a. A. Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 246 Rz. 28. 151) Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 246 Rz. 51; K. Schmidt, in: Großkomm. z. AktG, § 246 Rz. 75 ff., 78; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 246 Rz. 28; Hüffer/Koch, AktG, § 246 Rz. 17. 152) So Hüffer/Koch, AktG, § 246 Rz. 17. 153) Unstreitig Hüffer/Koch, AktG, § 246 Rz. 16 m. w. N. 154) Hüffer/Koch, AktG, § 248a Rz. 2. 155) Aufgrund der Vertretungsbefugnis des Vorstands ist die Nichtigkeit unbeachtlich, siehe Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 248 Rz. 11; Hüffer/Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 248 Rz. 24; K. Schmidt, in: Großkomm. z. AktG, § 248 Rz. 6; Hüffer/Koch, AktG, § 248 Rz. 7a.

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II. Anfechtungsklage

tragung festgestellt wurde. Die Eintragung ins Handelsregister und Feststellung der Bestandskraft kann trotz erhobener Anfechtungsklage dadurch erreicht werden, dass im Rahmen eines durchzuführenden Freigabeverfahrens nach § 246a festgestellt wird,156) dass die Erhebung der Klage der Eintragung ins Handelsregister nicht entgegensteht und Mängel des Hauptversammlungsbeschlusses die Wirkungen der Eintragung unberührt lassen. Neben den Strukturmaßnahmen nach dem Umwandlungsgesetz (§§ 16 Abs. 3, 125, 176, 198 UmwG), der Eingliederung nach §§ 319, 320, dem Squeeze-out nach § 327e Abs. 2 betrifft dies nach § 246a auch Hauptversammlungsbeschlüsse, die eine Maßnahme der Kapitalbeschaffung, der Kapitalherabsetzung oder einen Unternehmensvertrag zum Inhalt haben. In diesen Fällen kann der Kläger nur noch Schadensersatzansprüche geltend machen. Ein stattgebendes Urteil hat der Vorstand gemäß § 248 Abs. 1 Satz 2 unverzüg- 1376 lich nach formeller Rechtskraft zum Handelsregister einzureichen. Ist eine Satzungsänderung betroffen, ist auch der aktuelle Wortlaut, wie er sich unter Berücksichtigung des Urteils ergibt, mit der Bescheinigung eines Notars über diese Tatsache zum Handelsregister einzureichen. Daneben sind börsennotierte Gesellschaften – wie bereits erwähnt – gemäß §§ 248a, 149 Abs. 2 und 3 verpflichtet, jede Beendigung des Anfechtungsprozesses unverzüglich in den Gesellschaftsblättern bekannt zu machen.157) Zur Sicherstellung eines angemessenen Streitwerts der Anfechtungsklage sind 1377 die Regelungen des § 247 Abs. 1 heranzuziehen. Danach ist der Streitwert nach der Bedeutung der Sache für beide Parteien zu bestimmen. Dabei darf er jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder, wenn dieses Zehntel mehr als 500.000 € beträgt, diesen Betrag nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für den Kläger höher zu bewerten ist. Werden mehrere Beschlüsse angegriffen, liegt eine objektive Klagehäufung vor. Die Streitwerte für die jeweiligen Beschlüsse sind dann zu addieren.158) Das Gericht kann jedoch auf Antrag einer Partei nach § 247 Abs. 2 eine sog. Streitwertspaltung vornehmen und unterschiedliche Streitwerte für jede Partei feststellen. Dies ist dann möglich, wenn der nach § 247 Abs. 1 festzulegende Streitwert zu einer erheblichen Gefährdung der wirtschaftlichen Lage einer Partei führen würde, sodass ein vernünftiger Aktionär den Prozess nicht wagen würde.159) 7.

Exkurs: Positive Beschlussfeststellungsklage

Wurde in der Hauptversammlung ein Beschlussantrag unter Verstoß gegen Ge- 1378 setz oder Satzung abgelehnt, kann mit einer einfachen Anfechtungsklage nur ___________ 156) 157) 158) 159)

Siehe hierzu Kap. H. Rz. 1399 ff. Zu den Einzelheiten siehe Kap. H. Rz. 1374. Hüffer/Koch, AktG, § 247 Rz. 6 – 9 mit Beispielen. Hüffer/Koch, AktG, § 247 Rz. 13 m. w. N. und Beispielen.

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H. Rechtsstreitigkeiten

die Nichtigkeit dieses ablehnenden Beschlusses erreicht werden; der eigentlich zustande gekommene Beschluss wird dadurch nicht in Kraft gesetzt. Da durch die einfache Anfechtungsklage keine relevante Rechtsänderung eintritt, fehlt es bereits hierfür am Rechtsschutzbedürfnis und somit an der Zulässigkeit. In einem solchen Fall kann nach herrschender Meinung der Aktionär seine Anfechtungsklage mit dem Antrag auf gerichtliche Feststellung verbinden, dass der in der Hauptversammlung beantragte Beschluss zustande gekommen ist. Dies ist selbst dann möglich, wenn in der Hauptversammlung keine Stimme für den Beschlussantrag abgegeben wurde, sofern aufgrund der Treuepflicht der Aktionäre eine positive Stimmpflicht der Mehrheit besteht.160) Durch die Verbindung der unzulässigen Beschlussmängelklage mit der positiven Beschlussfeststellungsklage entsteht ein Rechtsschutzbedürfnis für alle Klagen, sodass dann die Zulässigkeit gegeben ist.161) Der Beschlussantrag ist dabei konkret zu benennen.162) Die fehlerhafte Ablehnung kann dabei z. B. auf der Nichtberücksichtigung von Stimmverboten gemäß §§ 136 Abs. 1, 142 Abs. 1 oder einem Stimmrechtsverlust nach §§ 20 Abs. 7, 21 Abs. 4, 71b AktG, § 28 WpHG sowie § 59 WpÜG, dem Berücksichtigen von Stimmen eines Legitimationsaktionärs, die nach § 135 Abs. 1 Satz 1 sowie Abs. 8 ungültig sind,163) der Berücksichtigung von treuwidrigen Stimmabgaben,164) aber auch auf einem Zählfehler durch den Versammlungsleiter beruhen.165) Eine Ausweitung auf Fälle, in denen der Versammlungsleiter das Zustandekommen eines bestimmten Beschlusses bereits durch Verhinderung der Abstimmung vereitelt, wird von der herrschenden Meinung zurecht abgelehnt,166) da nicht mit ausreichender Sicherheit (§ 286 ZPO) vorhergesagt werden kann, ob der Beschluss tatsächlich gefasst worden wäre. Da die positive Beschlussfeststellungsklage nicht isoliert, sondern nur mit der Anfechtungsklage zusammen erhoben werden kann, sind die dort genannten Voraussetzungen auch für den Beschlussfeststellungsantrag ein___________ 160) OLG Stuttgart, Urt. v. 8.7.2015 – 20 U 2/14, AG 2016, 370, 372; Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rz. 55 f., jeweils m. w. N. 161) OLG Stuttgart, Urt. v. 8.7.2015 – 20 U 2/14, AG 2016, 370, 371; Hüffer/Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 246 Rz. 17, jeweils m. w. N. 162) BGH, Urt. v. 13.3.1980 – II ZR 54/78, BGHZ 76, 197 ff. = DB 1980, 920; BGH, Urt. 26.10.1983 – II ZR 87/83, BGHZ 88, 329 f. = ZIP 1983, 1444; BGH, Urt. v. 20.1.1986 – II ZR 73/85, BGHZ 97, 28 ff. = ZIP 1986, 429; Hüffer/Koch, AktG, § 246 Rz. 42; Hüffer/ Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 246 Rz. 85; MünchGesR-Austmann, AG, § 42 Rz. 131 ff.; Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 2 Rz. 1. 163) OLG Hamm, Urt. v. 8.10.2012 – 1-8 U 270/11, ZIP 2013. 1024, 1026. 164) OLG Stuttgart, Urt. v. 8.7.2015 – 20 U 2/14, AG 2016, 370, 371; Bungeroth, in: MünchKomm-AktG, Vor 53a Rz. 44; Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rz. 56. 165) Vgl. Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 132; Heidel, in: Heidel, Aktienrecht, § 246 Rz. 12; OLG Hamm, Urt. v. 8.10.2012 – 8 U 270/11, ZIP 2013, 1024. 166) OLG Köln, Urt. v. 6.6.2012 – I-18 U 240/11, ZIP 2012, 1458, dazu EWiR 2012, 773 (Goslar); a. A. Heidel, in: Heidel, Aktienrecht, § 246 Rz. 12a.

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III. Nichtigkeitsklage

zuhalten. Für die gerichtliche Zuständigkeit und das gerichtliche Verfahren gelten die Ausführungen zur Anfechtungsklage entsprechend. III.

Nichtigkeitsklage

1.

Allgemeines

Die Nichtigkeitsklage gemäß § 249 ist eine spezielle Form der Feststellungs- 1379 klage. Mit ihr wird die Feststellung begehrt, dass der Hauptversammlungsbeschluss als von Anfang an nichtig anzusehen ist. Das Verfahren der Nichtigkeitsklage ist durch entsprechende Verweise weitgehend an das der Anfechtungsklage angenähert. Im Folgenden wird daher nur auf Besonderheiten eingegangen und im Übrigen auf die Ausführungen zur Anfechtungsklage verwiesen. Zu beachten ist auch hier, dass für Aufsichtsratswahlen, Gewinnverwendungs- und Kapitalerhöhungsbeschlüsse die §§ 250 – 255 besondere Regelungen enthalten, die die Anfechtbarkeit und Nichtigkeit dieser Beschlüsse modifizieren. Zur Erhebung der Nichtigkeitsklage ist gemäß § 249 Abs. 1 der Aktionär, der 1380 Vorstand als Organ oder ein einzelnes Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats berechtigt. Anderen Personen steht jedoch nach § 249 Abs. 1 Satz 2 die Möglichkeit offen, sich im Rahmen einer allgemeinen Feststellungsklage auf die Nichtigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses zu berufen, wenn sie ein Feststellungs- und Rechtsschutzinteresse haben. Die Bedeutung der Eigenschaft als Aktionär, Vorstand, Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied für § 249 Abs. 1 Satz 1 liegt also darin, tatbestandliche Voraussetzungen für die sinngemäße Anwendung der §§ 246 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 sowie 247 und 248 zu bezeichnen.167) Die Eigenschaft als Aktionär, Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied muss zum Zeitpunkt der Klageerhebung vorliegen und bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung fortdauern.168) Erwirbt der Kläger während des Prozesses diese Eigenschaft, sind auf eine erhobene allgemeine Feststellungsklage dann die Regelungen der Nichtigkeitsklage anzuwenden.169) Verliert der Kläger während des Prozesses diese Eigenschaft, sind die Rechtsfolgen für sein Prozessführungsrecht in Bezug auf die Nichtigkeitsklage umstritten. Der BGH hat hierzu die Auffassung vertreten, der Kläger verliere dann auch sein Prozessführungsrecht.170) Diese Auffassung wird im ___________ 167) So zutreffend Hüffer/Koch, AktG, § 249 Rz. 4; Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 139. 168) OLG Frankfurt, Urt. v. 19.2.1991, ZIP 1991, 657 ff.; Hüffer/Koch, AktG, § 249 Rz. 5; Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer § 37 Rz. 139. 169) H. M. OLG Stuttgart, Urt. v. 10.1.2001 – 20 U 91/99, AG 2001, 315, 316; Hüffer/Koch, AktG, § 249 Rz. 6 m. w. N. 170) BGH, Urt. v. 25.2.1965 – II ZR 287/63, BGHZ 43, 261, 266.

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H. Rechtsstreitigkeiten

Schrifttum und in neuerer unterinstanzlicher Rechtsprechung jedoch überwiegend abgelehnt. Teilweise wird die Auffassung vertreten, der Kläger könne in analoger Anwendung des § 265 I ZPO den Prozess fortführen.171) Nach anderer, auch hier vertretener Ansicht wird die Nichtigkeitsklage zur allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 ZPO, sodass der Kläger für die Prozessführung ein besonderes Feststellungs- und Fortführungsinteresse nachweisen muss.172) 1381 Die Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage setzt entgegen § 256 ZPO kein besonderes Feststellungsinteresse voraus; dieses wird bei den in § 249 Abs. 1 Satz 1 genannten Klageberechtigten unterstellt, da es sich für den Aktionär aus seiner Mitgliedschaft und für Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder aus ihrer korporationsrechtlichen Beziehung zur AG ergibt.173) Weiterhin erforderlich ist ein allgemeines Rechtsschutzinteresse, das grundsätzlich vermutet wird. Dieses kann ausnahmsweise fehlen, wenn der angegriffene Beschluss fehlerfrei wiederholt worden ist.174) 2.

Nichtigkeitsgründe

1382 Neben den in § 241 ausdrücklich genannten Nichtigkeitsgründen der §§ 192 Abs. 4, 212, 217 Abs. 2, 228 Abs. 2, 234 Abs. 3 und 235 Abs. 2 sind insbesondere die besonderen Regelungen der §§ 250 – 255 zu beachten. So werden z. B. für Wahlen zum Aufsichtsrat nach § 250 die allgemein geltenden Nichtigkeitsgründe des § 241 Nr. 3 und 4 eingeschränkt, aber auch spezifische, der Sicherung der Mitbestimmung und der Geschlechterquote dienende Nichtigkeitsgründe eingefügt. Es handelt sich dabei um die fehlerhafte Feststellung der Grundlagen, nach denen sich der Aufsichtsrat zusammensetzt, die Missachtung von Wahlvorschlägen, die Überschreitung der gesetzlichen Höchstzahl der Aufsichtsratsmitglieder oder deren mangelnde Wählbarkeit (z. B. aufgrund von unzulässiger Funktionsverknüpfung oder Bestellungshindernissen im Bereich der persönlichen Voraussetzungen) sowie den Verstoß gegen die Vorgaben zur Geschlechterquote. Ein Beschluss über die Verwendung des Bilanzgewinns kann dagegen aus allen in § 241 genannten Gründen sowie ergänzend nach § 253 auch dann nichtig sein, wenn er auf einem nichtigen Jahresabschluss beruht.

___________ 171) Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 249 Rz. 10; K. Schmidt, in: Großkomm. z. AktG, § 249 Rz. 15; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, AktG, § 249 Rz. 4. 172) OLG München, Urt. v. 8.7.209 – 7 U 1777/08, AG 2009. 912; Hüffer/Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 249 Rz. 13; Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 140. 173) Allgem. Auffassung BGH, Urt. v. 25.2.1965 – II ZR 287/63, BGHZ 43, 261, 266; Hüffer/ Koch, AktG, § 249 Rz. 11; Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 2 Rz. 49. 174) BGH, Urt. v. 27.9.1956 – II ZR 144/55, BGHZ 21, 354, 356; Hüffer/Koch, AktG, § 249 Rz. 11.

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III. Nichtigkeitsklage

Ergänzend erstreckt § 241 die Nichtigkeitsfolge auf alle Beschlüsse, die

1383

x

in einer Hauptversammlung gefasst worden sind, die unter Verstoß gegen § 121 Abs. 2 und 3 Satz 1 oder Abs. 4 einberufen war,

x

nicht nach § 130 Abs. 1 und 2 Satz 1 und Abs. 4 beurkundet sind,

x

mit dem Wesen der Aktiengesellschaft nicht zu vereinbaren sind oder durch deren Inhalt Vorschriften verletzt werden, die ausschließlich oder überwiegend zum Schutze der Gläubiger der Gesellschaft oder sonst im öffentlichen Interesse gegeben sind,

x

durch ihren Inhalt gegen die guten Sitten verstoßen,

x

aufgrund einer Anfechtungsklage durch Urteil rechtskräftig für nichtig erklärt worden sind oder

x

nach § 398 des FamFG aufgrund rechtskräftiger Entscheidung als nichtig gelöscht worden sind.

a)

Einberufungsmängel

Ein zur Nichtigkeit führender Einberufungsmangel nach § 241 Nr. 1 liegt vor, 1384 bei fehlender Einberufungsberechtigung, bei unterbliebener oder nicht ordnungsgemäßer Bekanntmachung sowie bei bestimmten inhaltlichen Fehlern der Einberufung.175) b)

Beurkundungsmängel

Ein zur Nichtigkeit führender Beurkundungsmangel nach § 241 Nr. 2 liegt vor, 1385 bei völligem Unterbleiben der Beurkundung, bei Fehlen von wesentlichen förmlichen und inhaltlichen Angaben sowie bei Fehlen der Unterschrift des Notars oder des Versammlungsleiters.176) c)

Verstöße gegen das Wesen der Aktiengesellschaft, gegen gläubigerschützende oder sonst im öffentlichen Interesse stehende Vorschriften

§ 241 Nr. 3 wird nach der wohl überwiegenden Meinung177) in umgekehrter 1386 Reihenfolge angewendet. Dies hat zur Folge, dass die erstgenannte Alternative (Unvereinbarkeit mit dem Wesen der Aktiengesellschaft) nur noch geringe praktische Bedeutung hat und ihr lediglich eine Auffangfunktion zukommt. ___________ 175) Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen zu den Rechtsfolgen in Kap. C. verwiesen. 176) Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen zu den Rechtsfolgen in Kap. F. verwiesen. 177) Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 241 Rz. 90 f.; Würthwein, in: Spindler/Stilz, AktG, § 241 Rz. 196 ff.; Hüffer/Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 241 Rz. 49 ff. m. w. N; a. A: Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 241 Rz. 24 m. w. N.

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H. Rechtsstreitigkeiten

1387 Als gläubigerschützende Vorschriften sind solche Gesetze und Rechtsverordnungen anzusehen, die ausschließlich oder überwiegend den Gläubigerschutz bezwecken. Schutzvorschriften in diesem Sinne sind z. B. die Regelungen zur ordentlichen Kapitalherabsetzung (§ 225), zur vereinfachten Kapitalherabsetzung (§ 233), zur Verteilung des Vermögens bei Abwicklung (§ 272), bei Unternehmensverträgen (§ 303), Eingliederung (§ 321), Verschmelzung (§ 22 UmwG), Spaltung (§§ 133, 134 UmwG) sowie der formwechselnden Umwandlung (§§ 204, 224, 249 UmwG) und außerdem das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57), das Verbot der verdeckten Gewinnausschüttung (§ 58), die Beschränkung hinsichtlich des Erwerbs eigener Aktien (§§ 71 ff.) sowie die Bildung und Verwendung der gesetzlichen Rücklage (§§ 150, 300, 301). Der Bundesgerichtshof178) hat unter Verweis auf die herrschende Meinung in der Literatur179) in Bezug auf einen Verstoß gegen § 57 Abs. 1 allerdings die Rechtsfolge der Nichtigkeit der Durchführungsgeschäfte mit Verweis auf die in § 62 enthaltene abweichende Rechtsfolgenregelung verneint. Diese bleiben wirksam; eine Rückabwicklung kann nicht verlangt werden. 1388 Bei den in § 241 Nr. 3 Alt. 3 genannten Vorschriften, die im öffentlichen Interesse gegeben sind, ist auf einen weit auszulegenden Begriff des öffentlichen Interesses180) abzustellen. Zu schwerpunktmäßig im öffentlichen Interesse gegebenen Vorschriften gehören z. B. die §§ 25 ff. MitbestG. Hauptversammlungsbeschlüsse, die diesen Normen entgegenstehen, sind nach § 241 Nr. 3 Alt. 3 nichtig.181) Teilweise wird vertreten, dass darüber hinaus auch satzungsändernde Beschlüsse nichtig sind, die unter Verstoß gegen die durch § 23 Abs. 5 gezogenen Grenzen der Satzungsautonomie getroffen worden sind.182) Dem ist wohl nur dann zuzustimmen, wenn die nach § 23 Abs. 5 zwingende Vorschrift zu dem „von einem öffentlichen Interesse getragenen aktienrechtlichen Regelungskern“183) gehört. § 241 Nr. 3 findet ebenso Anwendung für Fälle der Kompe-

___________ 178) BGH, Beschl. v. 12.3.2013 – II ZR 179/12, ZIP 2012, 1024, dazu EWiR, 2013, 297 (Wilsing/Meyer). 179) Siehe nur Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 57 Rz 222 ff. (insbes. 231) mit ausführlicher Darstellung zum Streitstand. 180) Allg. M. OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.11.1967 – 6 U 280/66, AG 1968, 19, 22; Hüffer/ Koch, AktG, § 241 Rz. 19; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 241 Rz. 106; Würthwein, in: Spindler/Stilz, AktG, § 241 Rz. 214; Hüffer/Schäfer, in: MünchKommAktG, § 241 Rz. 58. 181) BGH, Urt. v. 25.2.1982 – II ZR 123/81 BGHZ 83, 106, 109 = ZIP 1982, 434; BGH, Urt. v. 14.11.1983 – II ZR 33/83, BGHZ 89, 48, 50 = ZIP 1984, 55. 182) OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.11.1967 – 6 U 280/66, AG 1968, 22; a. A. Hüffer/Koch, AktG, § 241 Rz. 19. 183) Hüffer/Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 241 Rz. 61; vgl. auch Mimberg, in: MarschBarner/Schäfer, § 37 Rz. 21.

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III. Nichtigkeitsklage

tenzüberschreitung der Hauptversammlung, insbesondere solche, die in die Geschäftsführungszuständigkeit des Vorstands eingreifen.184) Ein Verstoß gegen das Wesen der Aktiengesellschaft gemäß § 241 Nr. 3 Alt. 1 1389 liegt dann vor, wenn durch den Beschluss die Grundprinzipien des Aktienrechts missachtet wurden. Dies umfasst die Organisationsstruktur und Kompetenzverteilung zwischen den Organen.185) Es handelt sich um Fälle, „in denen das von der Hauptversammlung Beschlossene ersichtlich keinen Bestand haben kann, ohne dass sich dieses Ergebnis auf bestimmte Vorschriften stützen ließe“.186) Hierunter sind z. B. die Einführung einer kumulativen Zustimmung von Hauptversammlung und Vorstand für die Übertragung vinkulierter Namensaktien,187) der Fall der Perplexität oder der versuchte Eingriff in Gläubigerrechte eines Dritten zu rechnen.188) d)

Verstoß gegen die guten Sitten

Nach § 241 Nr. 4 ist ein Beschluss der Hauptversammlung ferner dann nichtig, 1390 wenn er in seinem Inhalt gegen die guten Sitten verstößt. Der Beschluss muss „für sich allein genommen“ oder „für sich allein betrachtet sittenwidrig“ sein. Zweck oder Art seines Zustandekommens bleiben im Rahmen von § 241 Nr. 4 ohne Berücksichtigung. Dies gilt jedoch nach herrschender Meinung189) nicht für Fälle, in denen Personen geschädigt werden, die nicht anfechtungsbefugt sind. 3.

Heilung der Nichtigkeit

Die Nichtigkeit eines Beschlusses kann ausnahmsweise geheilt werden, wenn 1391 die Voraussetzungen des § 242 gegeben sind. Die Heilung hat zur Folge, dass die Nichtigkeit des Beschlusses nicht mehr geltend gemacht werden kann; der Beschluss wird rückwirkend ab Beschlussfassung als wirksam angesehen.190) ___________ 184) Hüffer/Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 241 Rz. 62; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 241 Rz. 109 ff.; Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 21; vgl. hierzu auch LG Heidelberg, Urt. v. 21.3.2017 – 11 O 11/16 KfH, ZIP 2017, 1160, 1162; a. A. Hüffer/Koch, AktG, § 241 Rz. 17, der hier einen Fall des § 241 Nr. 3, 1. Var. (Wesen der Aktiengesellschaft) annimmt. 185) Hüffer, AktG, § 241 Rz. 17; Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 1 Rz. 183; MünchGesR-Austmann, AG, § 42 Rz. 25 mit Beispielen. 186) Hüffer/Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 241 Rz. 67. 187) LG München I, Beschl. v. 27.2.2017 – 5 HK O 14748/16, BB 2017, 976, 977. 188) Hüffer/Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 241 Rz. 67; für den Fall der Perplexität zustimmend Würthwein, in: Spindler/Stilz, AktG, § 241 Rz. 235 ff.; a. A. Schwab, in: Schmidt/ Lutter, AktG, § 241 Rz. 26. 189) MünchGesR-Austmann, AG, § 42 Rz. 28; Hüffer/Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 241 Rz. 68 ff. (70); Hüffer/Koch, AktG, § 241 Rz. 21 m. w. N. 190) H. M. Hüffer/Koch, AktG, § 242 Rz. 7; Hüffer/Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 242 Rz. 3; MünchGesR-Austmann, AG, § 42 Rz. 37; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 242 Rz. 14 f.; Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 36; Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 1 Rz. 296 ff.; a. A. Heidel, in: Heidel, Aktienrecht, § 242 Rz. 5.

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H. Rechtsstreitigkeiten

1392 Beschlüsse, die aufgrund eines Einberufungsmangels oder Inhaltsmangels gemäß § 241 Nr. 1, 3 und 4 nichtig sind, können unter den Voraussetzungen des § 242 Abs. 2 geheilt werden. Hierfür ist es erforderlich, dass der Beschluss der Hauptversammlung ins Handelsregister eingetragen wird und seit dieser Eintragung drei Jahre vergangen sind. Die Fristberechnung richtet sich nach §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB. Nach der Rechtsprechung findet § 193 BGB keine Anwendung.191) Die weit überwiegende Meinung in der Literatur wendet hingegen § 193 analog an.192) Ist bei Ablauf der Frist eine Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage rechtshängig, verlängert sich die Frist nach § 242 Abs. 2 Satz 2 bis zur rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Erledigung.193) Im Falle der Nichtigkeit des festgestellten Jahresabschlusses enthält § 256 Abs. 6 spezielle Regelungen abhängig von der Art des Verstoßes. Zu beachten ist weiter, dass gemäß § 242 Abs. 2 Satz 3 die Registergerichte auch geheilte Beschlüsse unter den Voraussetzungen des § 398 FamFG von Amts wegen löschen können. Gemäß § 242 Abs. 3 ist diese Regelung des § 242 Abs. 2 entsprechend anwendbar auf verspätet eingetragene Beschlüsse in den Fällen der §§ 217 Abs. 2, 228 Abs. 2, 234 Abs. 3 oder 235 Abs. 2. 1393 Beschlüsse die aufgrund eines Einberufungsmangels nach § 121 Abs. 4 nichtig sind, können außerdem gemäß § 242 Abs. 2 Satz 4 durch bloße Genehmigung der von diesem Mangel betroffenen Aktionäre geheilt werden. Darüber hinaus ist zu beachten, dass nach § 121 Abs. 6 Einberufungsmängel im Falle der Vollversammlung der Wirksamkeit der gefassten Hauptversammlungsbeschlüsse nicht entgegenstehen. Voraussetzung für die Vollversammlung ist, dass alle Aktionäre erschienen oder vertreten waren und kein Aktionär der Beschlussfassung widersprochen hat. Der Widerspruch muss bis spätestens vor Bekanntgabe des Beschlussergebnisses durch den Versammlungsleiter erhoben worden sein.194) 1394 Beschlüsse, die aufgrund eines Beurkundungsmangels gemäß § 241 Nr. 2 nichtig sind, können unmittelbar durch Eintragung des jeweiligen Beschlusses der Hauptversammlung ins Handelsregister geheilt werden.

___________ 191) OLG Düsseldorf, Urt. v. 5.4.2001 – 6 U 91/00, AG 2003, 45 f. 192) Hüffer/Koch, AktG, § 242 Rz. 3; Casper, in: Spindler/Stilz, AktG, § 242 Rz. 7; Hüffer/ Schäfer, in: Münchener Komm z. AktG, § 242 Rz. 7; K. Schmidt, in: Großkomm. z. AktG, § 242 Rz. 11; Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 1 Rz. 291; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 242 Rz. 3; a. A. OLG Düsseldorf, Urt. v. 5.4.2001 – 6 U 91/00, AG 2003, 45 f.; Butzke, HV, O Rz. 37. 193) H. M. Hüffer/Koch, AktG, § 242 Rz. 4; Hüffer/Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 242 Rz. 8 und 12; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 242 Rz. 56 und 63 f. 194) OLG Stuttgart, Beschl. v. 7.6.2013 – 20 U 2/13, AG 2013, 845 m. w. N.

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III. Nichtigkeitsklage

4.

Verhältnis zur Anfechtungsklage

Nach dem von der herrschenden Lehre195) und Rechtsprechung196) vertretenen 1395 Begriff des Streitgegenstands, verfolgen Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage dasselbe Ziel: die richterliche Klärung der Nichtigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses für und gegen jedermann. Da ein der Klage stattgebendes Urteil die gleichen Rechtsfolgen hat, kommt es in der Praxis auf eine Abgrenzung beider Klageformen zueinander kaum an. Eine Verbindung von Nichtigkeits- und Anfechtungsklage in der Form, dass der Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit und hilfsweise auf Nichtigerklärung (Anfechtung) gestellt wird, ist zwar entbehrlich, aber unbedenklich.197) 5.

Gerichtliches Verfahren

Wie bereits eingangs ausgeführt, finden gemäß § 249 Abs. 1 die dort genannten 1396 Regelungen zum Anfechtungsprozess sinngemäß Anwendung. So richtet sich die Vertretung der Gesellschaft nach § 246 Abs. 2, die gerichtliche Zuständigkeit nach § 246 Abs. 3 Satz 1. Eine Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern bezüglich Erhebung der Nichtigkeitsklage und erstem Termin zur mündlichen Verhandlung hat entsprechend § 246 Abs. 4 zu erfolgen, und der Streitwert wird nach § 247 festgesetzt. Auch die Vorschriften über das Freigabeverfahren nach § 246 a gelten sinngemäß. Die Nichtigkeitsklage ist allerdings nicht fristgebunden, da § 249 Abs. 1 nicht 1397 auch auf § 246 Abs. 1 verweist. Dies gilt jedoch nicht für Nichtigkeitsklagen, die sich gegen spezielle Beschlüsse nach dem Umwandlungsgesetz richten. Gegen einen Verschmelzungs-, Spaltungs- oder Formwechselbeschluss kann nur innerhalb der in § 14 Abs. 1 UmwG genannten Monatsfrist Nichtigkeitsklage erhoben werden.198) Ausgeschlossen ist die Erhebung der Nichtigkeitsklage außerdem nach § 249 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 20 Abs. 2 UmwG für Hauptversammlungsbeschlüsse, mit denen die Voraussetzungen für eine Umwandlung nach § 1 UmwG geschaffen werden, z. B. einen Kapitalerhöhungs- oder Satzungsänderungsbeschluss, sobald der Umwandlungsbeschluss ins Handelsregister eingetragen wurde.199) ___________ 195) Hüffer/Koch, AktG, § 246 Rz. 12 f., Hüffer/Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 246 Rz. 21; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 246 Rz. 182 ff.; MünchGesR-Austmann, AG, § 42 Rz. 137. 196) BGH, Urt. v. 17.2.1997 – II ZR 41/96, ZIP 1997, 732; dagegen die frühere Rechtsprechung, wonach Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage auf unterschiedliche Rechtsschutzziele gerichtet sind: BGH, Urt. v. 23.5.1960 – II ZR 89/58, BGHZ 32, 322. 197) Hüffer/Koch, AktG, § 246 Rz. 13; Hüffer/Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 246 Rz. 22; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 246 Rz. 183. 198) Hüffer/Koch, AktG, § 249 Rz. 191; MünchGesR-Austmann, AG, § 42 Rz. 142; Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 143; Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 1 Rz. 133. 199) Hüffer/Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 249 Rz. 31; Mimberg, in: Marsch-Barner/ Schäfer, § 37 Rz. 143a; Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 249 Rz. 29.

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H. Rechtsstreitigkeiten

1398 Nach dem Wortlaut des Gesetzes wirkt – anders als das stattgebende Urteil bei Anfechtungsklagen – das stattgebende Urteil bei Nichtigkeitsklagen nicht für und gegen alle, sondern lediglich gegen alle Aktionäre, die Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats. Nach allgemeiner Meinung ist es jedoch nicht hinnehmbar, dass ein Hauptversammlungsbeschluss trotz der Feststellung seiner Nichtigkeit in anderen Rechtsbeziehungen als gültig anzusehen ist. Aus diesem Grund wird die Feststellung der Nichtigkeit – entgegen dem Gesetzeswortlaut – auf Dritte erstreckt.200) Zur Begründung werden entweder eine entsprechende Anwendung des § 248 Abs. 1 Satz 1 oder eine rechtsfortbildende Übertragung der Gestaltungswirkungen des Anfechtungsurteils herangezogen.201) IV.

Freigabeverfahren

1.

Allgemeines

1399 Viele Beschlüsse der Hauptversammlung erlangen erst mit der Eintragung ins Handelsregister Wirksamkeit. Ohne Eintragung kann die beschlossene Maßnahme nicht durchgeführt werden. Das Registergericht hat zu prüfen, ob der angemeldete Beschluss nichtig und damit nicht eintragungsfähig ist. Wenn gegen den Beschluss Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage erhoben wurde, neigen die Registergerichte dazu, das Eintragungsverfahren in der Regel gemäß §§ 21 Abs. 1, 381 FamFG bis zur Entscheidung über die Beschlussmängelklage auszusetzen,202) sofern diese nicht offensichtlich unbegründet ist. Die Erhebung der Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage hat in diesen Fällen also eine „faktische Registersperre“ zur Folge. Hat der betreffende Beschluss die Eingliederung (§§ 319, 320), den Squeeze-out (§ 327a) oder eine der Strukturmaßnahmen des Umwandlungsgesetzes (§§ 2 ff., 123 ff., 198 ff.) zum Inhalt, kann sogar von einer „formalen Registersperre“ gesprochen werden, da in diesen Fällen der Vorstand bei der Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister eine sog. Negativerklärung abgeben muss, die Voraussetzung für die Eintragung ist. 1400 Für die letztgenannten Fälle der „formalen Registersperre“ hat der Gesetzgeber der Gesellschaft schon seit Langem die Möglichkeit eröffnet, im Rahmen eines durchzuführenden Freigabeverfahrens gemäß §§ 319 Abs. 6, 320 Abs. 1 Satz 3, 327e Abs. 2 AktG sowie §§ 16 Abs. 3, 125, 198 Abs. 3 UmwG unter den dort genannten Voraussetzungen feststellen zu lassen, dass die Erhebung der Klage ___________ 200) H. M. BGH, Urt. v. 13.10.2008 – II ZR 112/07, ZIP 2008, 2215; MünchGesR-Austmann, AG, § 42 Rz. 143; Hüffer/Koch, § 249 Rz. 17; Hüffer/Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 249 Rz. 25; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm AktG, § 249 Rz. 51. 201) Vgl. zum Meinungsstand Hüffer/Schäfer, in: MünchKomm-AktG, § 249 Rz. 25; Hüffer/ Koch, AktG, § 249 Rz. 17; Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 145. 202) Vgl. Baums/Keinath/Gajek, ZIP 2007, 1648; Helm/Manthey, NZG 2010, 415; Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 172; Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 3 Rz. 2.

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IV. Freigabeverfahren

der Eintragung ins Handelsregister nicht entgegensteht. Mit diesem Freigabebeschluss kann die Gesellschaft die Eintragung des Beschlusses trotz anhängiger Klage erreichen. § 246a dehnt den Anwendungsbereich des Freigabeverfahrens auf bestimmte 1401 Fälle der „faktischen Registersperre“ aus. Dies betrifft Hauptversammlungsbeschlüsse, die eine Maßnahme der Kapitalbeschaffung, der Kapitalherabsetzung – auch durch Einziehung von Aktien gemäß § 237203) – (§§ 182 – 240) oder einen Unternehmensvertrag (§§ 291 – 307) zum Inhalt haben. Das Freigabeverfahren ist eröffnet, sobald Anfechtungs- oder Nichtigkeitskla- 1402 ge gegen einen der genannten Hauptversammlungsbeschlüsse erhoben ist.204) Streitig ist, ob es hierfür der Rechtshängigkeit durch Zustellung der Klageschrift gemäß § 253 I ZPO bedarf205) oder ob bloße Anhängigkeit ausreichend ist.206) Koch207) folgend, ist nach hier vertretener Auffassung darauf abzustellen, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung Rechtshängigkeit gegeben ist. Das Freigabeverfahren hat keine präjudizierende Auswirkung für die Anfech- 1403 tungs- oder Nichtigkeitsklage, ist jedoch gemäß § 246a Abs. 3 Satz 5 Halbs. 1 bindend gegenüber dem Registergericht, sodass die „Registersperre“ durchbrochen wird. Allerdings können – außer wenn es sich um einen Verschmelzungs-, Spaltungs- oder Formwechselbeschluss handelt, gegen den nur innerhalb der in § 14 Abs. 1 UmwG genannten Monatsfrist Nichtigkeitsklage erhoben werden kann – durch nachgeschobene Nichtigkeitsklagen immer wieder neue Registersperren ausgelöst werden.208) Ein Freigabebeschluss führt jedoch auch dazu, dass die im Anfechtungs- oder 1404 Nichtigkeitsverfahren festgestellte Nichtigkeit nur noch Schadensersatzansprüche des Klägers nach sich zieht.209) Der Zulässigkeit des Freigabeverfahrens steht nicht entgegen, dass der Hauptversammlungsbeschluss bereits ins Handelsregister eingetragen wurde. Die sich aus dem Freigabebeschluss gemäß §§ 246a Abs. 3 Satz 5, Abs. 4 Satz 2 sowie 242 Abs. 2 Satz 5 ergebenden weitreichenden Rechtswirkungen, insbesondere der Bestandsschutz der Eintragung, begründen ein Rechtsschutzinteresse der Gesellschaft an der Entscheidung im Freigabeverfahren.210) ___________ 203) 204) 205) 206)

207) 208) 209) 210)

OLG München, Beschl. v. 26.3.2015 – 23 AktG 1/15, AG 2015, 756. OLG Frankfurt, Beschl. v. 23.2.2010 – 5 Sch 2/09, AG 2010, 596. Dörr, in Spindler/Stilz, AktG, § 246a Rz. 14; Schwab, in Schmidt/Lutter § 246a Rz. 26. Befürwortend: Hüffer/Koch, AktG, § 246a Rz. 5 m. w. N., der jedoch auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Freigabeantrag abstellt; ablehnend: Schwab, in: Schmidt/ Lutter § 246a Rz. 37. Hüffer/Koch, AktG, § 246 Rz. 5. Schockenhoff, ZIP 2008, 1946. Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 182. OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.3.2010 – 5 Sch 3/09, ZIP 2010, 986 f.; Schwab, in: Schmidt/ Lutter, § 246a Rz. 28; Hüffer/Koch, AktG, § 246a Rz. 4 m. w. N.

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H. Rechtsstreitigkeiten

1405 Während des Freigabeverfahrens kann ein Bestätigungsbeschluss211) herbeigeführt und auf diese Weise bestehende Beschlussmängel beseitigt werden.212) Wird der Bestätigungsbeschluss erst nach erfolglosem Abschluss des Freigabeverfahrens gefasst, begründet der Bestätigungsbeschluss einen neuen Lebenssachverhalt und eröffnet dadurch die Möglichkeit für ein neues Freigabeverfahren.213) 2.

Freigabevoraussetzungen

1406 Der Freigabebeschluss kann ohne weitere Prüfung dann ergehen, wenn der Kläger nicht binnen einer Woche nach Zustellung des Antrags durch Urkunden nachweist, dass er seit Bekanntmachung der Einberufung einen anteiligen Betrag von mindestens 1.000 € am Grundkapital214) hält.215) Für den nachzuweisenden Anteilsbesitz ist auf den Tag der Bekanntmachung der Einberufung abzustellen.216) Nach herrschender Meinung muss der Besitz nicht bis zur Entscheidung über den Antrag fortbestehen. Ob stattdessen auf den Zeitpunkt der Bekanntmachung,217) den Zeitpunkt der Klageeinreichung218) oder Klageerhebung219) oder den Zeitpunkt der Zustellung des Freigabeantrags220) abzustellen ist, ist umstritten. Letztere Ansicht verdient mit Blick auf den Wortlaut den Vorzug.221) Das Quorum muss von jedem Kläger erfüllt werden.222) Mehrere ___________ 211) Siehe hierzu Kap. H Rz. 1367. 212) OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.11.2007 – 5 W 22/07, AG 2008, 167; Schwab, in: Schmidt/ Lutter § 246a Rz. 13. 213) OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.11.2007 – 5 W 22/07, AG 2008, 167. 214) KG, Beschl. v. 2.2.2015 – 23 AktG 1/14, AG 2015, 319; OLG Stuttgart, Beschl. v. 19.10.2009 – 20 AR 1/09, AG 2010, 89 f.; OLG Hamburg, Beschl. v. 11.12.2009 – 11 AR 2/09 sowie 11 AR 01/09, AG 2010, 214 f.; Rothley, GWR 2009, 312 f. 215) Die Verfassungsmäßigkeit dieses sog. Bagatellquorums ist umstritten; vgl. zum Streitstand Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 246a Rz. 8 ff. 216) OLG München, Beschl. v. 10.4.2013 – 7 AktG 1/13, ZIP 2013, 931, 932; OLG Nürnberg, Beschl. v. 25.7.2012 – 12 AktG 778/12, ZIP 2012, 2052; Hüffer/Koch, AktG, § 246 Rz. 20b. 217) So KG, Beschl. v. 2.2.2015 – 23 AktG 1/14, ZIP 2015, 974. 218) Bayer, in Festschrift Hoffmann-Becking, S. 91, 106. 219) Ehmann, in: Grigoleit, AktG, § 246a Rz. 7. 220) OLG Bamberg, Beschl. v. 9.12.2013 – 3 AktG 2/13, ZIP 2014, 77; Hüffer/Koch, AktG, § 246a Rz. 20b; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 246a Rz. 5. 221) So zutreffend Hüffer/Koch, AktG, § 246a Rz. 20b. 222) OLG Bremen, Beschl. v. 16.8.2012 – 2 U 51/12, AG 2013, 643, 644; OLG München, Beschl. v. 6.7.2011 – 7 AktG 1/11, AG 2012, 45, 46; OLG Stuttgart, Beschl. v. 21.2.2012 – 20 AktG 1/12, AG 2013, 604, 605 f.; OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.3.2010 – 5 Sch 3/09, ZIP 2010, 989; OLG Hamburg, Beschl. v. 11.12.2009 – 11 AR 1/09, AG 2010, 215; OLG München, Beschl. v. 4.11.2009 – 7 A 2/09, AG 2010, 170; Hüffer/Schäfer, in: MünchKommAktG, § 246 Rz. 23; Hüffer/Koch, AktG, § 246a Rz. 20a; Verse, NZG 2009, 1129; Kläsener/ Wasse, AG 2010, 203; Drinhausen/Keinath, BB 2008, 2081; a. A. Schwab, in: Schmidt/ Lutter, AktG, § 246a Rz. 12.

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IV. Freigabeverfahren

Aktionäre können ihren Anteilsbesitz bündeln, dies muss jedoch bereits vor der Einberufung erfolgt sein. Gleiches gilt für die Wertpapierleihe.223) Der Nachweis kann durch eine Depotbestätigung, die sich auf den maßgebli- 1407 chen Zeitraum bezieht, erfolgen.224) In der Rechtsprechung sind die konkreten Anforderungen an die Form der Urkunde streitig, sodass für den Aktionär ein hohes Risiko der nicht frist- oder ordnungsgemäßen Vorlage besteht.225) Bei Einzelverbriefung können auch die Aktienurkunden, ergänzt um einen Nachweis über den Erwerbszeitpunkt, vorgelegt werden.226) Streitig ist, ob auch ein mittelbarer Nachweis, z. B. ein Auszug aus dem Aktionärsverzeichnis oder Teilnahmeverzeichnis, ausreichend ist.227) Bei Namensaktien genügt auch ein Auszug aus dem Aktienregister oder der Nachweis, den Antrag auf Erteilung eines aktuellen Registerauszugs gestellt zu haben.228) Die Eintragung ins Aktienregister ist jedoch nicht erforderlich, sofern der Nachweis durch anderweitige Urkunden erbracht werden kann.229) Erreichen die Kläger das Quorum, kann der Freigabebeschluss ergehen, wenn 1408 entweder die Klage, mit der die Wirksamkeit des Hauptversammlungsbeschlusses angegriffen wird, unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist oder das alsbaldige Wirksamwerden des Hauptversammlungsbeschlusses vorrangig erscheint, weil die vom Antragsteller dargelegten wesentlichen Nachteile für die Gesellschaft und ihre Aktionäre nach freier Überzeugung des Gerichts die Nachteile für den Antragsgegner überwiegen. Letzteres ist nicht möglich, wenn eine besondere Schwere des Rechtsverstoßes vorliegt. Die Unzulässigkeit der Klage hat das Gericht abschließend gerichtlich zu prü- 1409 fen.230) Sofern die Entscheidung im Freigabeverfahren auf die Unbegründetheit ___________ 223) Hüffer/Koch, AktG, § 246 Rz. 20a f.; Verse, NZG 2009, 1129; Drinhausen/Keinath, BB 2008, 2082. 224) OLG Nürnberg, Beschl. v. 25.7.2012 – 12 AktG 778/12, ZIP 2012, 2052. 225) Vorlage eines Originals notwendig: OLG Bamberg, Beschl. v. 9.12.2013 – 3 AktG 2/13, ZIP 2014, 77; OLG Nürnberg, Beschl. v. 25.7.2012 – 12 AktG 778/12, ZIP 2012, 2052; OLG Hamm, Beschl. v. 6.6.2011 – I-8 AktG 2/11, ZIP 2011, 2257; Vorlage einer Kopie ausreichend, wenn Original in der mündlichen Verhandlung nachgereicht wird: OLG München, Beschl. v. 6.7.2011 – 7 AktG 1/11, ZIP 2011, 2199; Nachweispflicht nur bei Bestreiten: OLG Frankfurt, Beschl. v. 20.3.2012, 5 AktG 4/11, AG 2012, 414. 226) Hüffer/Koch, AktG, § 246 Rz. 20c. 227) Befürwortend: KG, Beschl. v. 2.2.2015 – 23 AktG 1/14, AG 2015, 319; ablehnend: OLG Hamm, Beschl. v. 6.7.2011 – 8 AktG 2/11, AG 2011, 826, 827; dem zustimmend: Hüffer/ Koch, AktG, § 246a Rz. 20c; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 246a Rz. 15. 228) KG, Beschl. v. 2.2.2015 – 23 AktG 1/14, AG 2015, 319; OLG Nürnberg, Beschl. v. 25.7.2012 – 12 AktG 778/12, ZIP 2012, 2052; Hüffer/Koch, AktG, § 246 Rz. 20 d m. w. N. 229) OLG München, Beschl. v. 10.4.2013 – 7 AktG 1/13, ZIP 2013, 931, 932. 230) LG Darmstadt, Beschl. v. 29.11.2005 – 12 O 491/05, AG 2006, 127, 128; Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 3 Rz. 37; Hüffer/Koch, AktG, § 246 Rz. 15; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 246a Rz. 2.

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H. Rechtsstreitigkeiten

der Klage gestützt werden soll, wird von Teilen der Literatur sowie der älteren Rechtsprechung vertreten, für das Kriterium der Offensichtlichkeit komme es auf den mit der Feststellung der Unbegründetheit verbundenen Prüfungsaufwand des Gerichts an, während die heute ganz herrschende Meinung zutreffend darauf abstellt, ob die Sach- und Rechtslage eindeutig ist.231) Hierbei ist eine vollständige rechtliche Würdigung des Sachverhaltes vorzunehmen.232) Für das Freigabeverfahren nach § 246a hat der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt, dass es auf die Eindeutigkeit der Sach- und Rechtslage ankommt.233) Vor dem Hintergrund des vom Gesetzgeber beabsichtigen Gleichklangs aller Freigabeverfahren muss dies auch für die anderen Freigabeverfahren gelten. Offensichtliche Unbegründetheit liegt dann vor, wenn mit hoher Sicherheit die Unbegründetheit der Klage vorhergesagt werden kann,234) z. B. weil die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zugunsten des Antragstellers bereits höchstrichterlich entschieden worden ist.235) Ausreichend ist auch, dass die Rechtsfragen aus Sicht des Gerichts eindeutig zu beantworten sind.236) Auch ein Bestätigungsbeschluss kann dazu führen, dass die Beschlussmängelklage offensichtlich unbegründet wird, wenn er die Fehler des Ausgangsbeschlusses beseitigt.237) Wird auch der Bestätigungsbeschluss mit Anfechtungsklagen angegriffen, müssen auch diese offensichtlich unbegründet sein.238) Offensichtliche Unbegründetheit ist dann nicht gegeben, wenn nach sorgfältiger Abwägung des unstreitigen und des hinreichend glaubhaft gemachten Tatsachenvortrags sowohl der Erfolg als auch die Abweisung der Klage vertretbar erscheinen.239) Fehlt eine ausreichende Glaubhaftmachung, kann offensichtliche Unbegründetheit auch angenommen werden, wenn nur ein geringer Ermittlungsaufwand erforderlich ist oder der Sachverhalt aufgrund von Feststellungen in anderen Verfahren ein-

___________ 231) OLG Frankfurt, Beschl. v. 13.3.2008 – 5 W 4/08, AG 2008, 667, 670; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.1.2004 – 16 W 63/03, AG 2004, 207 f.; OLG Frankfurt, Beschl. v. 10.2.2003 – 5 W 33/02, ZIP 2003, 1654; zum Streitstand Hüffer/Koch, AktG, § 246 Rz. 16. 232) OLG München, Beschl. v. 10.4.2013 – 7 AktG 1/13, ZIP 2013, 931, 932; OLG München, Beschl. v. 6.7.2011 – 7 aktG 1/11, AG 2012, 45, 47 m. w. N. 233) Vgl. Regierungsbegründung UMAG, BR-Drucks. 3/05, S. 60. 234) OLG Frankfurt, Beschl. v. 19.6.2009 – 5 W 6/09, AG 2010, 212 m. w. N. 235) Vgl. BGH, Beschl. v. 29.5.2006 – II ZB 5/06, BGHZ 168, 48; OLG Hamburg, Beschl. v. 14.6.2012 – 11 AktG 1/12, AG 2012, 639, 640. 236) OLG Stuttgart, Beschl. v. 2.12.2014 – 20 AktG 1/14, AG 2015, 163 f. 237) OLG München, Beschl. v. 14.11.2012 – 7 AktG 2/12, ZIP 2012, 2439; siehe hierzu Kap. H Rz. 1367. 238) OLG München, Beschl. v. 14.11.2012 – 7 AktG 2/12, ZIP 2012, 2439, 2441. 239) OLG München, Beschl. v. 4.11.2009 – 7 A 2/09, AG 2010, 170; Mimberg, in: MarschBarner/Schäfer, § 37 Rz. 179a; zum Umfang der Prüfungspflicht siehe Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 3 Rz. 40 f mit umfangreichen Nachweisen.

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IV. Freigabeverfahren

deutig ist, sodass eine abweichende Würdigung durch die Prozessgerichte ausgeschlossen erscheint.240) Auch bei offensichtlicher Begründetheit der Anfechtungsklage kann der Frei- 1410 gabebeschluss ergehen, wenn dies im überwiegenden Interesse der Gesellschaft und ihrer Aktionäre ist.241) Für die Entscheidung, ob das Interesse der Gesellschaft am alsbaldigen Wirksamwerden des Hauptversammlungsbeschlusses gegenüber dem Interesse des Klägers am Aufschub der Maßnahme bis zur endgültigen Klärung ihrer Wirksamkeit vorrangig erscheint, hat das Gericht eine Interessenabwägung vorzunehmen. Zunächst sind die von der antragstellenden Gesellschaft dargelegten wirtschaftlichen Nachteile für die Gesellschaft oder ihre Aktionäre242) im Falle der Nichtfreigabe gegen die vom klagenden Aktionär dargelegten wirtschaftlichen Nachteile, die ihm für den Fall des alsbaldigen Wirksamwerdens des angegriffenen Beschlusses drohen, abzuwägen. Der Gesetzgeber hatte bereits im Zusammenhang mit der Einführung des § 246a ausgeführt, dass die Begründetheit der Anfechtungsklage zugunsten des Anfechtungsklägers zu unterstellen sei.243) Die Rechtsprechung hat in der Folge ein Vollzugsinteresse vor allem bei quantifizierbaren finanziellen Belastungen angenommen,244) z. B. wenn ansonsten die Hauptversammlung wiederholt werden müsste, was mit Kosten von etwa 100.000 € verbunden sei, oder wenn durch die Nichteintragung einer Kapitalmaßnahme steuerliche Nachteile in Höhe von 120.000 € entstehen,245) bzw. wenn für die Durchführung einer erneuten Hauptversammlung sowie wegen des Fortbestehens der Börsennotierung Kosten in Höhe von insgesamt ca. 200.000 € entstehen.246) Auch zu erwartende Synergieeffekte aus einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag,247) aus der Übernahme einer anderen Gesellschaft, die mit der Kapitalerhöhung finanziert werden soll,248) aus einer Verschmelzung, die eine Kostenersparnis von ca. 900.000 € jährlich zur Folge hätte249) sowie der Fortbestand bilanzieller Über___________ 240) BGH, Beschl. v. 2.7.1990 – II ZB 1/90, BGHZ 112, 9, 24. 241) Regierungsbegründung ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 41; Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 3 Rz. 50. 242) OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.12.2008 – 6 W 24/08, AG 2009, 538, 539 f.; Regierungsbegründung ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 41; Hüffer/Koch, AktG, § 246 Rz. 21; Weber/ Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 3 Rz. 50. 243) Regierungsbegründung UMAG, BR-Drucks. 3/05, S. 60. 244) Hüffer/Koch, AktG, § 246 Rz. 21; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 246a Rz. 29 ff. mit umfangreichen Beispielen. 245) OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.12.2008 – 5 W 31/08, AG 2009, 204; OLG Frankfurt, Beschl. v. 6.2.2007, NZG 2007, 473. 246) OLG Hamm, Beschl. v. 22.9.2010 – 8 AktG 1/10, AG 2011, 136, 139. 247) OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.12.2008 – I-6 W 24/08, ZIP 2009, 520 f. 248) LG München I, Beschl. v. 12.1.2006 – 5 HK O 24759/05, BB 2006, 460. 249) OLG Hamm, Beschl. v. 11.11.2013 – 8 AktG 1/13, ZIP 2014, 125.

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schuldung oder drohende Insolvenz bei Nichteintragung250) wurden als ausreichend angesehen, sofern diese hinreichend substantiiert dargelegt und glaubhaft gemacht werden. Fehlt es hieran, kann dies nur dann in einem neuen Freigabeverfahren gegen den Bestätigungsbeschluss nachgeholt werden, wenn es sich um Umstände und Sachverhalte handelt, die maßgeblich erst nach dem ersten Beschluss entstanden sind.251) Es sollte daher große Sorgfalt auf den konkreten Vortrag der Nachteile und dessen Glaubhaftmachung gelegt werden. Auf Seiten des Antragsgegners können insbesondere individuelle Nachteile, wie z. B. Verwässerungsschäden bei fehlerhaften Kapitalerhöhungen oder individuelle steuerliche Nachteile in die Abwägung einfließen252). Auf dieser Grundlage fällt regelmäßig die Interessenabwägung zugunsten der Gesellschaft aus. 1411 Überwiegen die wesentlichen Nachteile auf Seiten der Gesellschaft, ist eine Freigabe jedoch dann abzulehnen, wenn die besondere Schwere der vom Anfechtungskläger behaupteten Rechtsverletzung dies gebietet, sodass es für die Rechtsordnung unerträglich wäre, den Beschluss ohne vertiefte Prüfung im Hauptsacheverfahren eintragen und umsetzen zu lassen. Dies ist der Fall, wenn elementare Aktionärsrechte verletzt werden, die durch Schadensersatz nicht angemessen korrigiert werden können.253) Das Vorliegen eines Nichtigkeitsgrundes reicht für sich betrachtet nicht aus.254) In Betracht kommen absichtliche Verstöße gegen das Gleichbehandlungsgebot und die Treuepflicht255), die massive Verletzung des Teilnahme- oder Stimmrechts256) z. B. durch eine Geheimversammlung,257) den unberechtigten Ausschluss des Mehrheitsaktionärs mit anschließender Kapitalerhöhung258) oder die gezielte Wertung von Nein-Stimmen als ungültig, um die erforderliche Mehrheit zu erreichen.259) Bei der Interessen___________ 250) KG, Beschl. v. 12.3.2010 – 14 AktG 1/09, AG 2010, 497; KG, Beschl. v. 6.12.2010 – 23 AktG 1/10 AG 2011, 170, 172; vgl. auch OLG München, Beschl. v. 16.1.2014 – 23 AktG 3/13, AG 2014, 546, 549, das jedoch die Vorlage eines schlüssigen Sanierungskonzeptes durch die Gesellschaft verlangt. 251) OLG München, Beschl. v. 14.11.2012 – 7 AktG 2/12, ZIP 2012, 2439, 2444. 252) Vgl. hierzu Hüffer/Koch, AktG, § 246a, Rz. 21; kritisch Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 246a Rz. 31 f. 253) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Gesetzentwurf der BReg., BT-Drucksache 16/13098, S. 42. 254) OLG Hamm, Beschluss vom 22.9.2010 – 8 AktG 1/10, AG 2011, 136. 255) KG, Beschl. v. 18.5.2010 – 14 AktG 1/10, AG 2010, 494; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 7.12.2010 – 4 AktG 476/10, AG 2011, 343. 256) OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.2.2007 – 5 W 43/06, ZIP 2007, 629; Seibert/Florstedt, ZIP 2008, 2152; Verse, NZG 2009, 1130; Noack, NZG 2008, 446; Baums/Keinath/Gajek, ZIP 2007, 1630 und 1647 f. 257) OLG Zweibrücken, Beschl. v. 7.12.2010 – 4 AktG 476/10, AG 2011, 343. 258) OLG München, Beschl. v. 30.8.2010 – 31 Wx 24/10, AG 2010, 842. 259) OLG München, Beschl. v. 16.1.2014 – 23 AktG 3/13, AG 2014, 546, 549.

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IV. Freigabeverfahren

abwägung sollte beachtet werden, dass die formellen und materiellen Rechte der Aktionäre nicht völlig leer laufen dürfen.260) Ein vorrangiges Vollzugsinteresse der Gesellschaft soll nach einer Entscheidung 1412 des OLG München dann nicht gegeben sein, wenn das Freigabeverfahren nicht zügig im Sinne eines Eilverfahrens betrieben wird. Dies sei dann anzunehmen, wenn zwischen Kenntnis von der Anfechtungsklage und Antragstellung ca. drei Monate verstrichen sind, ohne dass besondere Umstände die Verzögerung rechtfertigen.261) Dem ist jedoch mit dem OLG Frankfurt262) zu widersprechen, da das Vollzugsinteresse nicht schon dadurch entfällt, dass die Beschränkung der Handlungsfähigkeit durch die Registersperre einige Zeit hingenommen wird. 3.

Gerichtliches Verfahren

Das nur auf Antrag stattfindende Freigabeverfahren ist ein „summarisches Eil- 1413 verfahren sui generis“, das in den §§ 246a, 319 Abs. 6 AktG, § 16 Abs. 3 UmwG spezielle Regelungen erfahren hat.263) Zuständig für dieses Freigabeverfahren ist das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat, als erste und abschließende Instanz (§§ 246a Abs. 1 Satz 3, 319 Abs. 6 Satz 7 AktG, § 16 Abs. 3 Satz 7 UmwG).264) Die Gesellschaft wird nach herrschender Meinung allein durch ihren Vorstand vertreten.265) Der Freigabeantrag ist gegen sämtliche Anfechtungskläger zu richten,266) nach herrschender Meinung jedoch nicht gegen streitgenössische Nebenintervenienten.267) Die zur Begründung vorgebrachten Tatsachen sind glaubhaft zu machen. Die im Anfechtungsverfahren vom Kläger erteilte Prozessvollmacht umfasst auch seine Passivvertretung im Freigabeverfahren. Hiermit soll die von einzelnen Anfech___________ 260) So OLG Jena, Beschl. v. 12.10.2006 – 6 W 452/06, ZIP 2006, 1989; OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.2.2007 – 5 W 43/06, ZIP 2007, 629. 261) OLG München, Beschl. v. 4.11.2009 – 7 A 2/09, AG 2010, 170. 262) OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.3.2010 – 5 Sch 3/09, ZIP 2010, 990. 263) Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 37 Rz. 176. 264) Diese Regelung soll eine Verfahrensbeschleunigung bewirken, um missbräuchliche Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen zu unterbinden. Zur Zulässigkeit dieser Zuständigkeitsregelung siehe KG, Beschl. v. 10.12.2009 – 23 AktG 1/09, ZIP 2010, 180 f.; Baums/ Drinhausen, ZIP 2008, 153. 265) OLG Frankfurt, Beschl. v. 20.3.2012 – 5 AktG 4/11, AG 2012, 414; OLG Frankfurt, Beschl. v. 19.6.2009 – 5 W 6/09, AG 2010, 212, in ständiger Rechtsprechung; OLG Bremen, Beschl. v. 1.12.2008 – 2 W 71/08, AG 2009, 413; Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 3 Rz. 24; Hüffer/Koch, AktG, § 246a Rz. 6, jeweils m. w. N.; a. A. OLG München I, Beschl. v. 12.7.2007 – 5 HKO 9543/07, AG 2008, 340, 341 f.: Vertretung durch beide Organe erforderlich. 266) OLG Jena, Beschl. v. 12.10.2006 – 6 W 452/06, ZIP 2006, 1991; Hüffer/Koch, AktG, § 246a Rz. 6. 267) Zum Beispiel OLG Frankfurt, Beschl. v. 13.3.2008 – 5 W 4/08, AG 2008, 667, 668 f.; OLG Jena, Beschl. v. 12.10.2006 – 6 W 452/06, ZIP 2006, 1991; a. A. Schwab, in: Schmidt/ Lutter, AktG, § 246a Rz. 40 m. w. N. zum Streitstand.

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H. Rechtsstreitigkeiten

tungsklägern geübte Praxis, sich für Beschlussmängelklagen ausländischer Gesellschaften zu bedienen und dem deutschen Prozessbevollmächtigten ausdrücklich nur für das Anfechtungsverfahren Vollmacht zu erteilen, um auf diese Weise eine Verzögerung bei der Zustellung herbeizuführen, unterbunden werden.268) Das Gericht soll spätestens drei Monate nach Antragstellung entscheiden und kann in dringenden Fällen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen. Der Beschluss des Oberlandesgerichts ist unanfechtbar. Die Kosten des Freigabeverfahrens hat die unterlegene Partei zu tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO). Der Streitwert richtet sich gemäß § 246a Abs. 1 Satz 2 nach § 247. 4.

Rechtsfolgen bei begründetem Freigabebeschluss

1414 An die Freigabeentscheidung ist das Registergericht gebunden; es darf die Eintragung nicht in Bezug auf die der Freigabeentscheidung zugrunde liegenden Fragen verweigern. Durch die Eintragung ins Handelsregister erlangt die eingetragene Maßnahme Bestandskraft für und gegen jedermann. Hat die Anfechtungsklage später Erfolg, kann der Kläger nicht die Rückgängigmachung der Eintragung verlangen, sondern ist auf die Geltendmachung des ihm entstandenen Schadens beschränkt. Die Entscheidung in der Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage kann nicht mehr ins Handelsregister eingetragen werden. V.

Spruchverfahren

1.

Allgemeines

1415 Für bestimmte Fälle strukturändernder Maßnahmen sehen Aktien- und Umwandlungsgesetz für die außenstehenden Aktionäre Ausgleichs-, Abfindungsoder Zuzahlungsleistungen vor. Dies dient dem Schutz der vermögensrechtlichen Interessen der betroffenen Aktionäre. Hier stellt sich regelmäßig die Frage, ob die in den entsprechenden Hauptversammlungsbeschlüssen festgesetzten Kompensationsleistungen angemessen sind. Eine Anfechtung der diesen Leistungen zugrunde liegenden Hauptversammlungsbeschlüsse würde in der Regel zu einer faktischen Registersperre führen, sodass der Gesetzgeber das Anfechtungsklagerecht für diese Ansprüche ausgeschlossen hat. Stattdessen ist bei einem Streit um bewertungsabhängige Abfindungen ein spezielles gerichtliches Spruchverfahren durchzuführen, in dem das zuständige Prozessgericht auf Antrag die angemessene Kompensationsleistung festsetzt. Die Verfahrensregeln für das Spruchverfahren sind im Spruchverfahrensgesetz (SpruchG) geregelt. Grundsätzlich handelt es sich beim Spruchverfahren um ein Streitverfahren der

___________ 268) Regierungsbegründung ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 40; Hüffer/Koch, AktG, § 246a Rz. 9; Verse, NZG 2009, 1128.

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V. Spruchverfahren

freiwilligen Gerichtsbarkeit,269) von dem jedoch das SpruchG aufgrund der beabsichtigten Verfahrensbeschleunigung in vielen Fällen abweicht.270) Ein Spruchverfahren ist gemäß § 1 SpruchG in folgenden Fällen vorgesehen: x

Ausgleich und Abfindung für außenstehende Aktionäre bei Beherrschungsund Gewinnabführungsverträgen (§§ 304, 305).

x

Abfindung von ausgeschiedenen Aktionären bei Eingliederung von Aktiengesellschaften (§ 320).

x

Barabfindung von Minderheitsaktionären, deren Aktien durch Beschluss der Hauptversammlung auf den Hauptaktionär übertragen worden sind, sog. Squeeze-out (§§ 327a – f).

x

Zuzahlung an oder Barabfindung von Anteilsinhabern anlässlich der Umwandlung von Rechtsträgern (§§ 15, 34, 122h, 122i, 176 – 181, 184, 186, 196 oder 212 UmwG).

x

Zuzahlung an oder Barabfindung von Anteilsinhabern bei der Gründung oder Sitzverlegung einer SE (§§ 6, 7, 9, 11 und 12 SEAG).

x

Zuzahlung an Mitglieder bei der Gründung einer Europäischen Genossenschaft (§ 7 des SCEAG).

1416

Bei dieser gesetzlichen Aufzählung handelt es sich nicht um eine abschließende 1417 Regelung, vielmehr findet das Spruchverfahrensgesetz auch in anderen Fällen Anwendung, bei denen es um die bewertungsabhängige Höhe der Ansprüche geht, wie z. B. bei Streitigkeiten über den Ausgleich beim Wegfall von Mehrstimmrechten gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 6 Satz EGAktG, beim verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out gemäß § 62 Abs. 8 Satz 8 UmwG i. V. m. § 327f271) sowie bei der übertragenden Auflösung nach der Moto-MeterMethode.272) Anwendbar ist das Spruchverfahren auch in Fällen, in denen die Rechtsprechung das Erfordernis eines Barabfindungsangebots entwickelt hat. Bisheriger Hauptanwendungsfall war das Delisting. Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsprechung allerdings in seiner „Frosta“-Entscheidung273) aufgegeben.274)

___________ 269) Geregelt im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG). 270) Regierungsbegründung Spruchverfahrensneuordnungsgesetz, BT-Drucks. 15/371, S. 11; Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 38 Rz. 2; Hüffer/Koch, AktG, Anh. § 305 AktG, § 1 SpruchG Rz. 3. 271) Hüffer/Koch, AktG, Anh. § 305 AktG, § 1 SpruchG Rz. 6. 272) BVerfG, Beschl. v. 23.8.2000 – 1 BvR 68/95 Rz. 19 ff., ZIP 2000, 1670; H. M. Hüffer/ Koch, AktG, Anh. § 305 AktG, § 1 SpruchG Rz. 6. 273) BGH, Beschl. v. 8.10.2013 – II ZB 26/12, AG 2013, 877. 274) Vgl. Hüffer/Koch, AktG, Anh. § 305 AktG, § 1 SpruchG Rz. 7; kritisch hierzu Dreier, in: Dreier/Fritzsche/Verfürth, SpruchG, § 1 Annex zu § 1: Delisting Rz. 16 ff.

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2.

Gerichtliche Zuständigkeit

1418 Sachlich zuständig für das Spruchverfahren sind ausschließlich die Landgerichte (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SpruchG). Soweit eine Kammer für Handelssachen gebildet ist, entscheidet diese gemäß §§ 71 Abs. 2 Nr. 4e, 95 Abs. 2 Nr. 2 GVG. Örtlich zuständig ist ausschließlich das Landgericht am Sitz des Rechtsträgers, dessen Anteilsinhaber antragsberechtigt sind (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SpruchG). Maßgeblich ist daher der Gesellschaftssitz gemäß § 5 AktG; bei Doppelsitz das zuerst befasste Gericht (§ 2 Abs. 1 FamFG). Die Bundesländer können gemäß §§ 71 Abs. 4 Satz 1, Abs. 2 Nr. 4e GVG die örtliche Zuständigkeit für Bezirke mehrerer Landgerichte auf eines von ihnen konzentrieren.275) 3.

Antrag

1419 Das Spruchverfahren findet nur auf Antrag statt. Dieser kann formlos gestellt werden z. B. durch Telefax, E-Mail (§ 14 Abs. 2 FamFG) oder mündlich (auch telefonisch, sofern der Erklärende identifizierbar ist) zu Protokoll der Geschäftsstelle (§ 25 FamFG). Wird er schriftlich gestellt, ist er zu unterzeichnen (§ 23 Abs. 1 Satz 4 FamFG). Ein Anwaltszwang besteht nicht (§ 10 FamFG).276) 1420 Antragsberechtigt sind die in § 3 SpruchG für den jeweiligen Fall benannten Personen. Die Antragsberechtigung ist daher nach der Art der Maßnahme, deren Angemessenheit geprüft werden soll, zu bestimmen. Fehlt die Antragsberechtigung hat dies die Unzulässigkeit des Spruchverfahrens zur Folge.277) 1421 Die Antragsfrist beträgt gemäß § 4 Abs. 1 SpruchG drei Monate seit dem Tag der Bekanntmachung der registerrechtlichen Eintragung der jeweiligen Strukturmaßnahme. Das Versäumen der Antragsfrist führt zur Unzulässigkeit der Klage. Gleichzeitig stellt die Antragsfrist jedoch auch eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist dar, sodass ihr Versäumen auch die Unbegründetheit des Antrags zur Folge hat.278) 1422 Die Frist beginnt an dem Tag, an dem die Eintragung der jeweiligen Maßnahme bekannt gemacht wird. Die Bekanntmachung hat sich in den Fällen des § 1 Nr. 1 – 3 SpruchG nach § 10 HGB zu richten (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 – 3 SpruchG), während in den Fällen des § 1 Nr. 4 SpruchG hinsichtlich der rechts___________ 275) Nachweise dazu, welche Bundesländer von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht haben bei Klöcker, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 2 SpruchG Rz. 18 sowie Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 5 Rz. 55. 276) Klöcker, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 4 SpruchG Rz. 12. 277) Allg. M. Klöcker, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 3 SpruchG Rz. 1; Hüffer/Koch, AktG, Anh. § 305 AktG, § 1 SpruchG Rz. 6; Antczak/Fritzsche, in: Dreier/Fritzsche/Verfürth, SpruchG, § 3 Rz. 6; Wasmann, in: Kölner Komm AktG, § 3 SpruchG Rz. 1 m. w. N. 278) Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 38 Rz. 13; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.4.2005 – I 19 W 2/05 AktE, NZG 2005, 720; Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 5 Rz. 121; Hüffer/Koch, AktG, Anh. § 305 AktG, § 4 SpruchG Rz. 2; Klöcker, in: Schmidt/ Lutter, AktG, § 4 SpruchG Rz. 2 m. w. N.

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V. Spruchverfahren

begründenden Eintragung auf die §§ 19 Abs. 3 Satz 2 bzw. 201 Satz 2 UmwG abzustellen ist (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SpruchG). Im Übrigen gelten für die Fristberechnung §§ 187 Abs. 1, 188 BGB, da § 17 Abs. 1 SpruchG auf das FamFG verweist, welches wiederum in § 16 Abs. 2 über § 222 Abs. 1 ZPO auf Regelungen des BGB verweist. Fällt der Ablauf der Frist also auf einen Samstag, Sonnoder allgemeinen Feiertag, endet die Frist erst mit Ablauf des nächsten Werktags. Zur Fristwahrung genügt es, wenn die Antragsschrift gemäß § 4 Abs. 1 sowie die nach § 4 Abs. 2 SpruchG zu erstellende Antragsbegründung bei einem zuständigen Gericht eingehen. Die Einreichung bei einem unzuständigen Gericht ist nach herrschender Meinung zur Fristwahrung nicht ausreichend, sofern dieses nicht innerhalb der Frist an das zuständige Gericht abgibt.279) Da die Antragsfrist eine Ausschlussfrist ist, kommt nach herrschender Meinung weder eine Fristverlängerung280) noch eine Widereinsetzung in den vorherigen Stand in Betracht.281) Der Antrag ist gemäß § 4 Abs. 2 SpruchG zu begründen. Die Begründung muss 1423 innerhalb der dreimonatigen Antragfrist erfolgen. Es ist somit nicht notwendig, dass die Begründung zugleich mit dem Antrag eingereicht wird. Die Begründung muss folgende Angaben enthalten: x

Bezeichnung des Antragsgegners gemäß § 5 SpruchG.

x

Darlegung der Antragsberechtigung nach § 3 SpruchG. Nach Rechtsprechung und überwiegender Literaturmeinung ist zunächst die Darlegung ausreichend. Die Erbringung des Nachweises der Aktionärsstellung mittels Urkunden (Depotauszüge, Depotbescheinigungen, Auszug aus dem Aktienregister oder Aktienurkunden) ist nur dann für erforderlich, wenn die Aktionärsstellung bestritten wird.282)

___________ 279) OLG München, Beschl. v. 8.2.2010 – 31 Wx 148/09, ZIP 2010, 369 f.; OLG Frankfurt, Beschl. v. 4.5.2009 – 20 W 84/09, NZG 2009, 1225; OLG Frankfurt, Beschl. v. 18.10.2005 – 20 W 118/04, NZG 2006, 272; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.4.2005 – I 18 W 2/05 AktE, NZG 2005, 719; Hüffer/Koch, AktG, Anh. § 305 AktG, § 4 SpruchG Rz. 5; Klöcker, in: Schmidt/Lutter, § 4 SpruchG Rz. 8 m. w. N. auch zur Gegenmeinung, die § 3 FamFG für anwendbar hält. 280) Mit Ausnahme der speziellen Regelung in § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Satz 2 SpruchG. 281) OLG Frankfurt, Beschl. v. 6.3.2007 – 20 W 494/06, ZIP 2007, 839; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.4.2005 – I 19 W 2/05 AktE, NZG 2005, 720; Hüffer/Koch, AktG, Anh. § 305 AktG, § 4 SpruchG Rz. 2; Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 38 Rz. 13; Antczak/ Fritzsche, in: Dreier/Fritzsche/Verfürth, SpruchG, § 4 Rz. 5; Klöcker, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 4 SpruchG Rz. 11 m. w. N. auch zur Gegenauffassung. 282) BGH, Beschl. v. 25.6.2008 – II ZB 39/07, ZIP 2008, 1473; OLG München, Beschl. v. 26.7.2012 – 31 WX 250/11, AG 2012, 749, 750; OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.1.2008 – 20 W 443/07, ZIP 2008, 1036, in ständiger Rspr.; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9.2.2005. I-19 W 12/04 AktE, ZIP 2005, 1369; OLG Stuttgart, Beschl. v. 13.9.2004 – 20 W 13/04, ZIP 2004, 1907; Antczak/Fritzsche, in: Dreier/Fritzsche/Verfürth, SpruchG, § 4 Rz. 23; Hüffer/ Koch, AktG, Anh. § 305 AktG, § 4 SpruchG Rz. 7; a. A. Wasmann, in: Kölner Komm AktG, § 3 SpruchG Rz. 26; Klöcker, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 3 SpruchG Rz. 30 ff., § 4 SpruchG Rz. 18, jeweils m. w. N.

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403

H. Rechtsstreitigkeiten

x

Angaben zur Art der Strukturmaßnahme sowie der vom Gericht zu bestimmenden Kompensation nach § 1 SpruchG.

x

Konkrete Einwendungen gegen die Angemessenheit der Kompensation nach § 1 SpruchG oder ggf. gegen den als Grundlage für die Kompensation ermittelten Unternehmenswert, soweit hierzu Angaben in den in § 7 Abs. 3 SpruchG genannten Unterlagen enthalten sind (sog. konkrete Bewertungsrüge). Liegen dem Antragsteller diese Unterlagen nicht vor, kann er Abschriften verlangen und die Begründungsfrist angemessen verlängert werden. Die Anforderungen an diese Rüge dürfen nicht zu hoch angesetzt werden, da dem Antragsteller für detaillierte Darlegungen oft die hierfür erforderlichen Hintergrundinformationen fehlen werden. Der Antragsteller muss jedoch Umstände darlegen, die eine höhere Kompensationszahlung möglich erscheinen lassen, z. B. die fehlende Berücksichtigung wesentlicher Vermögensbestandteile oder eine fehlerhafte Abgrenzung betriebsnotwendigen und nicht notwendigen Vermögens, die Anwendung einer fehlerhaften Berechnungsmethode, die Zugrundelegung fehlerhafter Prognosen oder eines fehlerhaften Kapitalisierungszinssatzes.283) Pauschale, gänzlich unsubstantiierte Behauptungen sind nicht ausreichend.284)

1424 Fehlen diese Angaben bzw. wird der Antrag nur unzureichend begründet, so ist er als unzulässig zurückzuweisen.285) Als Soll-Angabe wird darüber hinaus die Zahl der vom Antragsteller gehaltenen Anteile gefordert. Relevant ist dies insbesondere im Hinblick auf die Berechnung des gerichtlichen Gegenstandswerts. 4.

Gerichtliches Verfahren

1425 Für antragsberechtigte Personen, die keinen eigenen Antrag auf Einleitung eines Spruchverfahrens stellen, hat das Gericht grundsätzlich nach § 6 Abs. 1 SpruchG einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen, der die Interessen dieser Personen im Verfahren vertritt, sofern die Anträge der antragstellenden Aktio___________ 283) Beispiele aus Hüffer/Koch, AktG, Anh. § 305, § 4 SpruchG Rz. 8. 284) Vgl. hierzu OLG Frankfurt, Beschl. v. 6.3.2007 – 20 W 494/06, ZIP 2007, 839; KG, Beschl. v. 24.1.2008 – 2 W 83/07, AG 2008, 451 f.; LG München I, Beschl. v. 31.7.2015 – 5 HK O 16371/13, ZIP 2015, 2124, 2126; LG Frankfurt, Beschl. v. 22.6.2005 – 3 – 8 O 171/02, AG 2005, 932; Bilda, NZG 2000, 298; Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 38 Rz. 17; Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 5 Rz. 127; Simon, SpruchG, § 4 Rz. 47 ff.; Regierungsbegründung Spruchverfahrensneuordnungsgesetz, BT-Drucks. 15/371, S. 13; Hüffer/Koch, AktG, Anh. § 305, § 4 SpruchG Rz. 8; zu den Bewertungsmethoden im Einzelnen Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 5 Rz. 133 ff. 285) Regierungsbegründung Spruchverfahrensneuordnungsgesetz, BT-Drucks. 15/371, S. 13; OLG Frankfurt, Beschl. v. 6.3.2007 – 20 W 494/06, ZIP 2007, 839; OLG München, Beschl. v. 11.12.2008 – 31 Wx 85/08, ZIP 2009, 1395; Hüffer/Koch, AktG, Anh. § 305, § 4 SpruchG Rz. 9 m. w. N.

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V. Spruchverfahren

näre nicht unzulässig sind.286) Die Bestellung ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Er ist formell Beteiligter im Verfahren und hat grundsätzlich die gleichen Rechte wie Antragsteller, insbesondere kann er Anträge stellen, neue Einwendungen vorbringen, Rechtsmittel einlegen und das Verfahren nach Rücknahme des Antrags durch den Antragsteller weiterführen.287) Das Gericht hat die Anträge der Antragsteller unverzüglich dem Antragsgeg- 1426 ner und dem gemeinsamen Vertreter zuzustellen und den Antragsgegner zur schriftlichen Erwiderung aufzufordern, in der insbesondere auch zur Höhe des Ausgleichs, der Zuzahlung oder der Barabfindung oder sonstigen Abfindung Stellung zu nehmen ist. Für die Erwiderung ist eine Frist von mindestens einem und höchstens drei Monaten zu setzen. Eine Verlängerung der Frist ist ausnahmsweise gemäß § 16 Abs. 2 FamFG entsprechend §§ 224 Abs. 2, 225 ZPO möglich. Der Antragsgegner hat außerdem die nach den gesetzlichen Vorschriften im Rahmen der jeweiligen Strukturmaßnahme erstellten Berichte und Prüfungsberichte bei Gericht einzureichen und bei entsprechendem Verlangen den Antragsstellern oder dem gemeinsamen Vertreter unverzüglich und kostenlos Abschriften zu erteilen (§ 7 Abs. 1 – 3 SpruchG). Die Erwiderung ist den Antragstellern und dem gemeinsamen Vertreter, unter 1427 Fristsetzung von mindestens einem und höchstens drei Monaten, für Einwendungen gegen die Erwiderung und die vorgelegten Berichte und Prüfungsberichte zuzuleiten (§ 7 Abs. 4 SpruchG). Fristverlängerung ist auch hier gemäß § 16 Abs. 2 FamFG entsprechend §§ 224 Abs. 2, 225 ZPO möglich. Alle Beteiligten unterliegen gemäß § 9 SpruchG umfassenden Verfahrensför- 1428 derungspflichten, deren Verletzung unter Umständen gemäß § 10 SpruchG eine Präklusion zur Folge haben kann. Dabei reicht für eine schuldhafte, verfahrensverzögernde Verspätung des Vorbringens von Sach- und Verfahrensanträgen sowie des Sachvortrags schon jede einfache Fahrlässigkeit aus.288) Das Gericht kann darüber hinaus nach § 7 Abs. 5 – 7 SpruchG weitere Maß- 1429 nahmen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung ergreifen, z. B. den Beteiligten die Ergänzung oder Erläuterung ihres schriftlichen Vorbringens oder die Vorlage weiterer Unterlagen aufgeben oder bereits vor dem ersten Termin eine Beweisaufnahme durch Sachverständige zur Klärung von Vorfragen anordnen.

___________ 286) LG München I, Beschl. v. 12.5.2011 – 5 HKO 14543/10, ZIP 2011, 1511. 287) Klöcker, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 6 SpruchG Rz. 19 und 23; Hüffer/Koch, AktG, Anh. § 305, § 6 SpruchG Rz. 6 und 9. 288) Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 38 Rz. 28; Klöcker, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 9 SpruchG Rz. 1; Regierungsbegründung Spruchverfahrensneuordnungsgesetz, BT-Drucks. 15/371, S. 16; kritisch hierzu Hüffer/Koch, AktG, Anh. § 305, § 10 SpruchG Rz. 6; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 10 SpruchG Rz. 6, die verfassungsrechtliche Bedenken haben und deshalb fordern, an das einfache Verschulden seien hohe Anforderungen zu stellen.

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H. Rechtsstreitigkeiten

1430 Das Verfahren ist so konzipiert, dass das Gericht gemäß § 8 Abs. 1 SpruchG auf der Basis einer möglichst frühzeitig anzuberaumenden mündlichen Verhandlung entscheiden soll. Hierbei soll – als Regelfall – auch das persönliche Erscheinen des im Rahmen der Strukturmaßnahme bestellten sachverständigen Prüfers angeordnet werden. Bleibt der für die Bemessung der Kompensationsleistung relevante Unternehmenswert auch nach der Anhörung des sachverständigen Prüfers streitig, ist dessen Feststellung im Rahmen einer formellen Beweisaufnahme erforderlich, wobei die Beweiserhebung in der Regel dann durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen geschieht. 1431 Das Spruchverfahren kann jederzeit durch Antragsrücknahme bzw. durch die von den Beteiligten erklärte Erledigung der Hauptsache beendet werden. 1432 Das Spruchverfahren endet mit einer gerichtlichen Entscheidung, die in Form eines mit Gründen versehenen Beschlusses ergeht (§ 11 Abs. 1 SpruchG). Das Gericht setzt darin, soweit dem Antrag des Antragstellers stattgegeben wird, die zu erbringende Kompensationsleistung fest. Zinsen sind nach herrschender Meinung nicht zwingend festzusetzen.289) Eine Verschlechterung ist grundsätzlich ausgeschlossen.290) 1433 Gegen die Entscheidung des Gerichts findet die Beschwerde vor dem Oberlandesgericht statt (§ 119 Abs. 1 Nr. 2 GVG). Der gemeinsame Vertreter ist allerdings nach herrschender Meinung nicht zur Einlegung der Beschwerde befugt.291) Die Beschwerde eröffnet gemäß § 65 Abs. 3 FamFG eine weitere Tatsacheninstanz und ermöglicht den Beteiligten somit einen vollständig neuen Tatsachen- und Rechtsvortrag. Die Beschwerdeschrift ist nach § 63 Abs. 1 und 3 FamFG innerhalb eines Monats seit Zustellung der Entscheidung durch einen Rechtsanwalt (§ 12 Abs. 1 Satz 2 SpruchG) beim dem die Entscheidung erlassenden Landgericht einzulegen. Für das Verfahren selbst besteht allerdings kein Anwaltszwang. Gegen die Entscheidung im Beschwerdeverfahren findet gemäß § 70 FamFG unter den dort genannten Voraussetzungen die zulassungsabhängige Rechtsbeschwerde statt.292) ___________ 289) OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.6.2009 – 26 W 1/07, AG 2009, 907, 912; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.7.2012 – I-26 W 11/11 (AktE), AG 2012, 716, 719; Dreier, in: Dreier/Fritzsche/ Verfürth, SpruchG, § 11 Rz. 15; Simon, SpruchG, § 11 Rz. 27; Hüffer/Koch, AktG, Anh. § 305 AktG, § 11 SpruchG Rz. 2; Puszkajler, in: Kölner Komm AktG, § 11 SpruchG Rz. 15; a. A. Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 38 Rz. 29; Klöcker, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 4 SpruchG Rz. 13 sowie § 11 Rz. 2. 290) H. M. LG Stuttgart, Urt. v. 13.5.1997 – 25 O 703/96, AG 1998, 103; Mimberg, in: MarschBarner/Schäfer, § 38 Rz. 29; Klöcker, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 11 SpruchG Rz. 1; kritisch Weber/Kersjes, Hauptversammlungsbeschlüsse, § 5 Rz. 250. 291) BGH, Beschl. v. 29.9.2015 – II ZB 23/14, ZIP 2016, 110 ff.; zum Streitstand Hüffer/Koch, AktG, Anh. § 305 AktG, § 12 SpruchG Rz. 3. 292) Zu den Einzelheiten der Beschwerde und der Rechtsbeschwerde in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit siehe Kap. H. Rz. 1327 ff.

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V. Spruchverfahren

Die Entscheidung des Landgerichts wird mit ihrer Rechtskraft wirksam und 1434 entfaltet gemäß § 13 SpruchG Wirkung für und gegen jedermann, d. h. insbesondere auch gegenüber den Anteilsinhabern, die die Kompensationsmaßnahme bereits angenommen haben. Dies gilt jedoch nicht für Anteilsinhaber, die ihren materiell-rechtlichen Anspruch auf Kompensation bereits im Vorfeld verloren haben, z. B. durch Klageabweisung, Erlassvertrag oder Verzichtserklärung im Rahmen eines Vergleichs.293) Damit die nicht am Verfahren beteiligten Antragsberechtigten von der rechtskräftigen Entscheidung Kenntnis erlangen, ist diese ohne Gründe gemäß § 14 SpruchG im Bundesanzeiger bekannt zu machen.294) Bei börsennotierten Gesellschaften ist in diesem Zusammenhang die Erforderlichkeit einer Ad-hoc-Mitteilung gemäß § 15 WpHG sowie der weiteren Pflichten gemäß § 30e WpHG zu prüfen.295) Nach § 11 Abs. 2 SpruchG soll das Gericht in jeder Lage des Verfahrens auf 1435 eine gütliche Einigung bedacht sein. Dies ist im Gegensatz zur früheren Rechtslage vor Inkrafttreten des SpruchG nun ausdrücklich gesetzlich vorgesehen und ermöglicht den gerichtlichen Vergleich. Voraussetzung ist allerdings eine Einigung aller Beteiligten. Aus der gerichtlichen Entscheidung kann mangels vollstreckungsfähigem Inhalt 1436 nicht vollstreckt werden; sofern der Antragsgegner nicht freiwillig leistet, müssen Leistungsansprüche im Wege der Leistungsklage an dem für das Spruchverfahren zuständigen Landgericht geltend gemacht werden (§ 16 SpruchG).296) Aus einem gerichtlichen Vergleich ist die Vollstreckung gemäß § 794 Abs. 1 ZPO allerdings möglich, sofern dieser einen vollstreckbaren Inhalt hat und nicht nur – wie die gerichtliche Entscheidung – feststellende oder gestaltende Wirkung entfaltet.297) Die Gerichtskosten hängen von dem nach § 74 Satz 1 Halbs. 2 GNotKG zu 1437 bestimmenden Geschäftswert ab. Dieser beträgt mindestens 200.000 € und höchstens 7,5 Mio. € und wird vom Gericht von Amts wegen festgesetzt. Schuldner der Gerichtskosten ist gemäß § 23 Nr. 14 GNotGK der Antragsgegner. Den Antragstellern können die Gerichtskosten ausnahmsweise gemäß § 15 Abs. 1 SpruchG aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise auferlegt werden,

___________ 293) Klöcker, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 13 SpruchG Rz. 4. 294) Klöcker, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 14 SpruchG Rz. 4 – 6. 295) Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 38 Rz. 30; Fritzsche, in: Dreier/Fritzsche/Verfürth, SpruchG, § 14 Rz. 25 ff.; Simon, SpruchG, § 14 Rz. 23 ff. 296) Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 38 Rz. 31. 297) Hüffer/Koch, AktG, Anh. § 305 AktG, § 11 SpruchG Rz. 6.

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H. Rechtsstreitigkeiten

z. B. bei missbräuchlicher Verfahrenseinleitung,298) bei eindeutig verspäteter299) oder in sonstiger Weise unzulässigen Antragstellung300) oder offensichtlich unzureichender Begründung.301) Die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller sind nach § 15 Abs. 2 SpruchG grundsätzlich von diesen selbst zu tragen, es sei denn, die vollständige oder teilweise Erstattung durch den Antragsgegner entspricht der Billigkeit. Ob dies so ist, hängt vom Ausgang des Verfahrens ab. Nur bei einer erheblichen Erhöhung der Kompensationsleistungen soll der Antragsgegner zur Erstattung verpflichtet sein. Ist die Erhöhung geringfügig, soll nach der Regierungsbegründung auch eine Teilung möglich sein.302) Den Antragstellern können die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners nicht auferlegt werden.303) 1438 Der nach § 6 SpruchG bestellte gemeinsame Vertreter kann Ersatz angemessener Auslagen und eine Vergütung für seine Tätigkeit verlangen. Angemessen sind Auslagen nur dann, wenn sie zur Verfolgung der Aufgabe notwendig sind und dem Verfahrenszweck entsprechen.304) Dies gilt nicht für überflüssige Übersetzungen von Urteilen oder Kosten eines Privatgutachtens zur Unternehmensbewertung für Sachverhalte, die das Gericht aufgrund des im Spruchverfahren geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes zu ermitteln hat.305)

___________ 298) BGH, Beschl. v. 13.12.2011 – II ZB 12/11, AG 2012, 173 Rz. 23; BayObLG, Beschl. v. 22.10.2003 – 3 Z BR 211/03AG 2004, 99 f.; Hüffer/Koch, AktG, Anh. § 305 AktG, § 15 SpruchG Rz. 4; Fritzsche, in: Dreier/Fritzsche/Verfürth, SpruchG, § 15 Rz. 16 f.; Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 38 Rz. 34 m. w. N. 299) OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.9.1995 – 19 W 4/95 AktE, AG 1996, 88. 300) OLG München, Beschl. v. 24.5.2012 – 31 Wx 553/11, ZIP 2012, 1180, dazu EWiR 2012, 607 f. (Linnerz). 301) BGH, Beschl. v. 13.12.2011 – II ZB 12/11, ZIP 2012, 266, 269. 302) Regierungsbegründung Spruchverfahrensneuordnungsgesetz, BT-Drucks. 15/371, S. 17 f.; Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 38 Rz. 28. 303) BGH, Beschl. v. 13.12.2011 – II ZB 12/11, ZIP 2012, 266, 268. 304) OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.4.1996 – 19 W 3/93 AktE, AG 1996, 426; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.7.2011 – I- 26 W 8/11 (AktE), AG 2011, 754; Hüffer/Koch, AktG, § 6 SpruchG Rz. 7. 305) OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.7.2011 – I- 26 W 8/11 (AktE), AG 2011, 754.

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Anlagenverzeichnis

Herdina/Ruppert/Schaaf

Anlage 1

Fristen- und Aktivitätenplan ....................................................... 411

Anlage 2

Satzung ......................................................................................... 419

Anlage 3

Einberufung der Hauptversammlung ......................................... 427

Anlage 4

Teilnehmerverzeichnis ................................................................. 439

Anlage 5

Anmeldeformular ......................................................................... 441

Anlage 6

Vollmacht und Weisungen an die Stimmrechtsvertreter ........... 445

Anlage 7

Widerruf Vollmacht/Stimmabgabe per Briefwahl ...................... 449

Anlage 8

Muster Gästekarte ........................................................................ 451

Anlage 9

Zugänglich zu machende Gegenanträge und Wahlvorschläge ............................................................................ 453

Anlage 10

Übersicht zu den Auskunftsrechten mit Rechtsprechungsund Literaturhinweisen ................................................................ 457

Anlage 11

Leitnotiz nebst Beilagen .............................................................. 469 Beilage 1 Widerspruch gegen die Reihenfolge der Redner ............................................................... 487 Beilage 2 Behandlung von nicht in der Tagesordnung angekündigten Angelegenheiten ............................ 488 Beilage 3 Störungen, Politisierung der Hauptversammlung ................................................ 489 Beilage 4 Störungen des Hauptversammlungsablaufs durch einen Redner ................................................. 490 Beilage 5 Generelle Redezeitbeschränkung ........................... 491 Beilage 6 Schließung der Rednerliste ..................................... 491 Beilage 7 Schluss der Debatte ................................................ 492 Beilage 8 Widerspruch zu Protokoll gegen HV-Beschluss .......................................................... 492 Beilage 9 Antrag auf Sonderprüfung gemäß § 142 AktG .............................................................. 492 Beilage 10 Anträge Aktionäre .................................................. 494

Herdina/Ruppert/Schaaf

409

Anlagenverzeichnis

Beilage 11 Beilage 12

Antrag auf Vertagung und Absetzung von Tagesordnungspunkten .......................................... 495 Unterbrechung/Vertagung der Hauptversammlung ................................................ 497

Anlage 12

Dividendenbekanntmachung ...................................................... 499

Anlage 13

Niederschrift der Hauptversammlung notariell börsennotiert ............................................................................... 501

Anlage 14

Niederschrift der Hauptversammlung privatschriftlich (kleine AG) .................................................................................. 521

Anlage 15

Niederschrift der Hauptversammlung privatschriftlich (Alleinaktionär) ........................................................................... 529

410

Herdina/Ruppert/Schaaf

Anlage 1 Fristen- und Aktivitätenplan für die ordentliche Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft Aufgabe/Aktivität

Termin/Zeitpunkt

Rechtsgrundlage

Allgemeine Hauptversammlungsorganisation:

Vor der Einberufung

Bildung eines Organisationsteams zur Vorbereitung der Hauptversammlung, Federführung bei Rechtsabteilung/Investor Relations Anmietung Versammlungsraum (abhängig vom Angebot des Vermieters des Versammlungsraums sind ggf. weitere Dienstleister zu beauftragen für Catering etc.)

Abhängig von der Größe der Hauptversammlung sowie Zeit und Ort der Hauptversammlung kann Anmietung des Versammlungssaals langfristig im Voraus erforderlich sein; empfehlenswert dürften 8 – 12 Monate vor der Hauptversammlung sein.

Beauftragung Hauptversammlungsdienstleister

frühzeitige Beauftragung ist zu empfehlen

Abhängig vom Leistungsum- frühzeitige Beauftragung ist zu fang des Hauptversammempfehlen lungsdienstleisters sind ggf. weitere Dienstleister zu beauftragen (EDV, Beschallung, Sicherheitspersonal etc.) Festlegung der Besetzung des Back-Office

frühzeitige Klärung der Verfügbarkeit der für das BackOffice benötigten Mitarbeiter

Vorbereitung Frage- und Antwortkatalog

frühzeitige Vorbereitung ist zu empfehlen

411

Anlage 1

Aufgabe/Aktivität

Termin/Zeitpunkt

Vorstandssitzung zur Vorbereitung der HV mit: Beschlussfassung über die Tagesordnung der HV

Vor der Einberufung

Ggf. auch schon vorherige Beschlussfassung über Budget für HV, Beauftragung bestimmter Dienstleister etc. Aufsichtsratssitzung zur Vorbereitung der HV mit: Beschlussfassung über die Tagesordnung der HV Bilanzpressekonferenz Übersendung Einberufung an Bundesanzeiger

412

Rechtzeitig vor Einberufungsdatum. Laut AGB Bundesanzeiger erfolgt die Veröffentlichung bei elektronischer Einreichung bis 14:00 Uhr spätestens am übernächsten Publikationstag. Publikationstage sind Montag bis Freitag.

Rechtsgrundlage

Fristen- und Aktivitätenplan

von der Einberufung bis zur Hauptversammlung

Aufgabe/Aktivität

Termin/Zeitpunkt

Rechtsgrundlage

Einberufung der Hauptver- mindestens 30 Tage plus sammlung im Bundesanzeiger Anmeldefrist Inhalt der Einberufung folgt aus § 121 Abs. 3 AktG.

§ 121 Abs. 4 AktG, § 123 Abs. 1 AktG, § 123 Abs. 2 AktG

Bei börsennotierten Gesellalsbald nach der Einberufung, schaften zwingend Veröffent- üblicherweise am Einberulichung der Tagesordnung fungstag und der Unterlagen zur Hauptversammlung auf der Homepage der Gesellschaft

§ 124a AktG

Bei nicht börsennotierten Ge- ab Einberufungstag sellschaften alternativ ggf. Auslegung von Unterlagen in den Geschäftsräumen, sofern keine Veröffentlichung auf der Homepage erfolgt

§ 175 Abs. 2 Satz 4 AktG

Erstellung des Entwurfs für den Leitfaden des Versammlungsleiters und ständige Aktualisierung bis zur Hauptversammlung Letzter Termin für den Zugang von Minderheitsverlangen für die Ergänzung der Tagesordnung

bei nicht börsennotierten Ge§ 122 Abs. 2 sellschaften 24 Tage/bei börsen- AktG, § 121 notierten Gesellschaften 30 Tage Abs. 7 AktG vor der Hauptversammlung (Tag des Zugangs und Tag der Versammlung rechnen nicht mit)

Veröffentlichung von Minderheitsverlangen im Bundesanzeiger.

unverzüglich nach Zugang, falls § 124 Abs. 1 bereits vor Einberufung einge- AktG gangen, dann bereits mit Einberufung

Bei börsennotierten Gesellschaften zwingend Veröffentlichung der Minderheitsverlangen auf der Homepage der Gesellschaft

alsbald nach Zugang, sofern der § 124 Abs. 1 Zugang nach Einberufung erAktG, § 124 a AktG folgt; falls Zugang bereits vor Einberufung erfolgt, dann bereits mit Einberufung

413

Anlage 1

Aufgabe/Aktivität

Termin/Zeitpunkt

Rechtsgrundlage

von der Einberufung bis zur Hauptversammlung

Ggf. Berücksichtigung von Minderheitsverlangen bei Formular für Weisungserteilung

414

Mitteilung der Einberufung an Kreditinstitute, Aktionärsvereinigungen, Aktionäre und Aufsichtsratsmitglieder

21 Tage vor der Hauptversamm- § 125 AktG, lung (Tag der Mitteilung und § 121 Abs. 7 Tag der Versammlung rechnen AktG nicht mit)

Falls Tagesordnung aufgrund von Minderheitsverlangen geändert wurde, bei börsennotierten Gesellschaften Mitteilung der geänderten Tagesordnung an Kreditinstitute, Aktionärsvereinigungen, Aktionäre und Aufsichtsratsmitglieder

21 Tage vor der Hauptversamm- § 125 AktG, lung (Tag der Mitteilung und § 121 Abs. 7 Tag der Versammlung rechnen AktG nicht mit)

Nachweisstichtag (Record Date) für die Aktionärseigenschaft

Bei Inhaberaktien: Beginn des 21. Tag vor der Hauptversammlung

Bei Eingang von Gegenanträgen und Wahlvorschlägen für Abschlussprüfer oder Aufsichtsratsmitglieder Zugänglichmachung derselben; bei börsennotierten Gesellschaften zusätzlich Einstellung auf der Homepage der Gesellschaft; ggf. mit Stellungnahme der Verwaltung

§ 126 Abs. 1 Eingang mindestens 14 Tage vor der Versammlung; Zugäng- Satz 1 und lichmachung unverzüglich nach § 3 AktG Prüfung der materiellen Zulässigkeit. Stellungnahme der Verwaltung kann auch nach Ablauf der 14-Tagefrist noch erfolgen.

§ 123 Abs. 4 AktG

Ablauf der Frist für die Über- 14 Tage vor der Hauptversendung von Gegenanträgen sammlung

§ 126 AktG, § 121 Abs. 7 AktG

Ablauf der Frist für die Über- 14 Tage vor der Hauptversendung von Wahlvorschlägen sammlung für den Abschlussprüfer oder Aufsichtsratsmitglieder

§ 127 AktG, § 121 Abs. 7 AktG

Fristen- und Aktivitätenplan

Aufgabe/Aktivität

Termin/Zeitpunkt

Rechtsgrundlage

Ablauf der Mindestfrist für die Einstellung von Auskünften der Gesellschaft auf deren Homepage

mindestens 7 Tage vor Beginn der Hauptversammlung und während der Dauer der Hauptversammlung

§ 131 Abs. 3 Nr. 7 AktG, § 121 Abs. 7 AktG

Ablauf Anmeldefrist

höchstens 6 Tage vor der Hauptversammlung

§ 123 Abs. 2 AktG, § 121 Abs. 7 AktG

von der Einberufung bis zur Hauptversammlung

Vorbereitung Dividendenbekanntmachung Ggf. in Zusammenarbeit mit Notar Erstellung des Entwurfs für die notarielle Niederschrift. Generalprobe

1 Tag vor der Hauptversammlung.

Insbesondere Prüfung Funktionsfähigkeit der für die Präsenzerfassung und Stimmauszählung sowie ggf. für die Erfassung und Beantwortung von Fragen eingesetzten EDV-Lösungen (auch für die Online-Teilnahme), Prüfung der Funktionsfähigkeit der Beschallung etc. Soweit erforderlich, Schulung der Mitarbeiter im BackOffice im Umgang mit EDVLösung zur Erfassung und Beantwortung von Fragen Einladung des Notars zur Generalprobe mit Vorführung und Erläuterung der eingesetzten EDV-Lösungen Übersendung der Dividenden- Bearbeitungszeiten und Veröfbekanntmachung an den Bun- fentlichungsdaten des Bundesanzeigers sind zu beachten desanzeiger

415

Anlage 1

Aufgabe/Aktivität

Termin/Zeitpunkt

Rechtsgrundlage

Hauptversammlung

Hauptversammlung Auslage der Einberufung der während der HauptversammHV nebst Tagesordnung, lung Beschlussvorschlägen und Vorstandsberichten (soweit erforderlich), frist- und formgerechte Einberufung wird vom Versammlungsleiter festgestellt

§ 130 AktG – Belege über die Einberufung sind der Niederschrift beizufügen

Zugänglichmachung von Jah- während der Hauptversammresabschluss (Einzel- und ggf. lung Konzernabschluss), Lagebericht, Bericht des Aufsichtsrats, Vorschlag über die Verwendung des Bilanzgewinns

§ 176 Abs. 1 AktG

Zugänglichmachung entweder durch Auslage in Papierform oder in elektronischer Form durch Gewährung Einsichtnahme an Computerbildschirm während der HauptversammBei börsennotierten Geselllung schaften zusätzlich Zugänglichmachung des erläuternden Berichts zu den Angaben nach § 289 Abs. 4 sowie § 315 Abs. 4 HGB

§ 176 Abs. 1 AktG

Ggf. Zugänglichmachung Un- während der Hauptversammterlagen zu Unternehmenslung verträgen

§§ 293 ff. AktG

Zugänglichmachung Teilnehmerverzeichnis vor der ersten Abstimmung

§ 129 Abs. 4 AktG

Teilnehmerverzeichnis kann elektronisch geführt werden. Zugänglichmachung durch Gewährung Einsichtnahme am Computerbildschirm oder durch Auslage Ausdruck

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während der Hauptversammlung

Nach der Hauptversammlung

Fristen- und Aktivitätenplan

Aufgabe/Aktivität

Termin/Zeitpunkt

Rechtsgrundlage

Veröffentlichung Dividendenbekanntmachung im Bundesanzeiger

Tag nach der Hauptversammlung

§ 30b Abs. 1 Nr. 2 WpHG – „unverzüglich“

Veröffentlichung der Abstim- innerhalb von 7 Tagen nach der Hauptversammlung mungsergebnisse auf der Homepage der Gesellschaft (gilt nur für börsennotierte Gesellschaften)

§ 130 Abs. 6 AktG, § 130 Abs. 2 Satz 2 AktG

Einreichung der Niederschrift unverzüglich nach der Hauptder Hauptversammlung zum versammlung Handelsregister, Einreichung ist nur auf elektronischem Weg möglich

§ 130 Abs. 5 AktG, § 12 Abs. 2 HGB

Ablauf Frist Auskunftser2 Wochen nach der Hauptverzwingungsverfahren, Aussammlung kunftserzwingungsverfahren ist nur möglich wenn Aktionär in der Hauptversammlung Widerspruch zu Protokoll erklärt hat

§ 132 Abs. 2 Satz 2 AktG

Ablauf Frist Anfechtungsklage gegen Beschlüsse der Hauptversammlung

innerhalb von 1 Monat nach Beschlussfassung

§ 246 Abs. 1 AktG

Ablauf Frist Nichtigkeitsklage

3 Jahre nach Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister

§ 242 Abs. 2 Satz 1 AktG

2 Jahre nach der HauptverAblauf der Frist für die Einsichtnahme in das Teilnehmer- sammlung verzeichnis Ablauf der Aufbewahrungsfrist für die an den Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft erteilten Vollmacht, Vollmacht ist nachprüfbar aufzubewahren

3 Jahre

§ 129 Abs. 4 AktG § 134 Abs. 3 AktG

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Anlage 2 Satzung Satzung der XYZ AG I. Allgemeines § 1 Firma, Sitz (1) Die Aktiengesellschaft führt die Firma „XYZ AG“. (2) Der Sitz der Gesellschaft ist Frankfurt am Main. § 2 Gegenstand (1) Gegenstand des Unternehmens ist […]. (2) Die Gesellschaft ist zu allen Geschäften und Maßnahmen berechtigt, die zur Erreichung des Gesellschaftszweckes notwendig oder nützlich erscheinen, insbesondere zur Errichtung von Zweigniederlassungen im In- und Ausland und zum Erwerb, zur Verwaltung und zur Veräußerung von Beteiligungen an anderen Unternehmen. § 3 Bekanntmachungen (1) Bekanntmachungen der Gesellschaft erfolgen durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger. (2) Die Gesellschaft ist berechtigt, Informationen an Aktionäre der Gesellschaft mit deren Zustimmung auch über elektronische Medien zu übermitteln. Zwingende gesetzliche Vorschriften, insbesondere über die Einberufung der Hauptversammlung, bleiben unberührt. § 4 Grundkapital und Aktien (1) Das Grundkapital beträgt 10.000.000 € und ist eingeteilt in 10.000.000 Stückaktien. (2) Die Aktien lauten auf den Namen. (3) Die Form der Aktienurkunden sowie der Gewinnanteil- und Erneuerungsscheine setzt der Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats fest. Die Gesellschaft kann einzelne Aktien in Aktienurkunden zusammenfassen, die eine Mehrzahl von Aktien verbriefen (Globalaktien, Globalurkunden). Der Anspruch auf Einzelverbriefung von Aktien ist ausgeschlossen. (4) Bei einer Kapitalerhöhung kann die Gewinnbeteiligung neuer Aktien abweichend von § 60 AktG festgesetzt werden. (5) Im Verhältnis zur Gesellschaft gilt als Aktionär nur, wer im Aktienregister eingetragen ist. 419

Anlage 2

II. Verfassung der Gesellschaft Vorstand § 5 Zusammensetzung (1) Der Vorstand besteht aus mindestens zwei Mitgliedern. (2) Über die Zahl der Vorstandsmitglieder, die Bestellung und den Widerruf der Bestellung sowie die Anstellungsverträge mit ihnen entscheidet der Aufsichtsrat. Der Aufsichtsrat kann einen Vorsitzenden und einen stellvertretenden Vorsitzenden des Vorstands ernennen. § 6 Geschäftsführung und Vertretung (1) Der Vorstand hat die Geschäfte nach Maßgabe des Gesetzes, der Satzung sowie der Geschäftsordnung zu führen. (2) Die Geschäftsordnung erlässt der Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats. (3) Die Gesellschaft wird durch zwei Vorstandsmitglieder oder durch ein Vorstandsmitglied gemeinschaftlich mit einem Prokuristen vertreten. § 7 Zustimmungspflichtige Geschäfte Die Geschäftsordnung für den Vorstand bestimmt die Geschäfte, zu deren Vornahme der Vorstand der Zustimmung des Aufsichtsrats bedarf. Der Aufsichtsrat kann bestimmen, dass noch andere Arten von Geschäften seiner Zustimmung bedürfen. Aufsichtsrat § 8 Aufgaben (1) Der Aufsichtsrat berät und überwacht den Vorstand bei seiner Geschäftsführung nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften und dieser Satzung. (2) Die Aufsichtsratsmitglieder haben über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die ihnen durch ihre Tätigkeit im Aufsichtsrat bekannt werden, Stillschweigen zu bewahren. Dies gilt insbesondere für vertrauliche Berichte und Beratungen. Diese Verpflichtung gilt auch nach dem Ausscheiden aus dem Amt. (3) Der Aufsichtsrat ist ermächtigt, Änderungen der Satzung, die nur die Fassung betreffen, vorzunehmen.

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Satzung

§ 9 Zahl, Wahl (1) Der Aufsichtsrat besteht aus […] Mitgliedern. […] Mitglieder werden von den Arbeitnehmern gewählt. (2) Die Aufsichtsratsmitglieder werden für die Zeit bis zur Beendigung der Hauptversammlung gewählt, die über ihre Entlastung für das 4. Geschäftsjahr nach dem Beginn der Amtszeit beschließt. Das Geschäftsjahr, in dem die Amtszeit beginnt, wird nicht mitgerechnet. Die Hauptversammlung kann für die Mitglieder der Aktionäre bei der Wahl eine kürzere Amtszeit bestimmen. (3) Jedes Aufsichtsratsmitglied kann sein Amt unter Einhaltung einer Frist von einem Monat durch eine an den Vorsitzenden des Aufsichtsrats oder an den Vorstand zu richtende schriftliche Erklärung ohne Angabe von Gründen jederzeit niederlegen. (4) Scheidet ein Mitglied vor Ablauf seiner Amtszeit aus dem Aufsichtsrat aus, ohne dass ein Ersatzmitglied nachrückt, wird ein Nachfolger für die restliche Amtszeit des ausgeschiedenen Mitglieds gewählt. § 10 Vorsitzender des Aufsichtsrats (1) Der Aufsichtsrat wählt für seine Amtszeit unmittelbar nach der ordentlichen Hauptversammlung, in der die Aufsichtsratsmitglieder der Aktionäre neu gewählt worden sind, aus seiner Mitte mit der gesetzlich vorgeschriebenen Mehrheit einen Aufsichtsratsvorsitzenden und einen Stellvertreter. Zu dieser Sitzung bedarf es keiner besonderen Einladung. (2) Scheidet der Vorsitzende oder sein Stellvertreter aus dem Aufsichtsrat oder aus seinem Amt aus, so hat der Aufsichtsrat unverzüglich eine Ergänzungswahl für die restliche Amtszeit des Ausgeschiedenen vorzunehmen. § 11 Einberufung von Sitzungen (1) Die Sitzungen des Aufsichtsrats werden durch den Vorsitzenden mit einer Frist von 14 Tagen in Textform einberufen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen und auch mündlich, telefonisch oder durch andere gebräuchliche Telekommunikationsmittel einberufen. (2) Mit der Einladung sind die Gegenstände der Tagesordnung mitzuteilen. Zu Punkten der Tagesordnung, die nicht rechtzeitig mitgeteilt wurden, kann in der Sitzung wirksam beschlossen werden, wenn kein Aufsichtsratsmitglied dem Verfahren widerspricht. § 12 Beschlüsse des Aufsichtsrats (1) Die Beschlüsse des Aufsichtsrats werden in Sitzungen gefasst. Der Vorsitzende kann auch zulassen, dass Mitglieder des Aufsichtsrats an einer Sitzung und Beschlussfassung im Wege der Telefon- oder Videokonferenz teilneh421

Anlage 2

men. Auf Anordnung des Vorsitzenden des Aufsichtsrats können Beschlüsse auch außerhalb von Sitzungen durch schriftlich, fernmündlich, durch Telefax, elektronisch oder in vergleichbarer Form übermittelte Stimmabgaben gefasst werden. Für Abstimmungen außerhalb von Sitzungen gelten die folgenden Bestimmungen sinngemäß. (2) Der Aufsichtsrat ist beschlussfähig, wenn nach Einladung sämtlicher Mitglieder mindestens die Hälfte der Mitglieder, aus denen er insgesamt zu bestehen hat, an der Beschlussfassung teilnimmt. Ein Mitglied nimmt auch dann an der Beschlussfassung teil, wenn es sich bei der Abstimmung der Stimme enthält. (3) Abwesende Aufsichtsratsmitglieder können an Abstimmungen dadurch teilnehmen, dass sie durch andere Aufsichtsratsmitglieder schriftlich, durch Telefax, elektronisch oder in vergleichbarer Form übermittelte Stimmabgaben (Stimmbotschaften) überreichen lassen. (4) Beschlüsse des Aufsichtsrats werden, soweit das Gesetz nicht zwingend etwas anderes bestimmt, mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. (5) Der Vorsitzende bestimmt die Reihenfolge, in der die Gegenstände der Tagesordnung behandelt werden, sowie die Art und Reihenfolge der Abstimmung. (6) Über die Verhandlungen und Beschlüsse des Aufsichtsrats sind Niederschriften anzufertigen, die vom Vorsitzenden der Sitzung oder – bei Abstimmung außerhalb von Sitzungen – vom Leiter der Abstimmung zu unterzeichnen sind. (7) Im Übrigen stellt der Aufsichtsrat seine Geschäftsordnung selbst fest. (8) Willenserklärungen des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse werden namens des Aufsichtsrats vom Vorsitzenden des Aufsichtsrats abgegeben. § 13 Ausschüsse (1) Der Aufsichtsrat kann aus seiner Mitte einen oder mehrere Ausschüsse bestellen. Den Ausschüssen können, soweit gesetzlich zulässig, Entscheidungsbefugnisse des Aufsichtsrats übertragen werden. (2) Jeder Ausschuss kann aus seiner Mitte einen Vorsitzenden wählen, wenn nicht der Aufsichtsrat einen Vorsitzenden bestimmt. (3) Für das Verfahren der Ausschüsse gelten die Regelungen der §§ 11, 12 entsprechend. Ergibt eine Abstimmung Stimmengleichheit, so hat bei einer erneuten Abstimmung über denselben Gegenstand, wenn auch sie Stimmengleichheit ergibt, der Vorsitzende zwei Stimmen. Auch die zweite Stimme kann gemäß § 12 Abs. 3 abgegeben werden.

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Satzung

§ 14 Vergütung (1) Die Mitglieder des Aufsichtsrats erhalten eine jährliche Vergütung in Höhe von […] €. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats erhält eine jährliche Vergütung in Höhe von […] €, der Stellvertreter eine jährliche Vergütung von […] €. (2) Für die Tätigkeit in den Ausschüssen des Aufsichtsrats erhalten der jeweilige Vorsitzende jeweils zusätzlich […] €, jedes andere Mitglied des jeweiligen Ausschusses […] €. Dies gilt nicht für den Vorsitz und die Mitgliedschaft in dem Ausschuss gemäß § 27 Abs. 3 MitbestG. Wenn ein Mitglied des Aufsichtsrats zur gleichen Zeit mehrere der in Satz 1 genannten Ämter innehat, erhält es die Vergütung nur für ein Amt, bei unterschiedlicher Vergütung für das am höchsten vergütete Amt. (3) Aufsichtsratsmitglieder, die nur während eines Teils des Geschäftsjahres dem Aufsichtsrat beziehungsweise einem Aufsichtsratsausschuss angehört haben, erhalten eine im Verhältnis der Zeit geringere Vergütung nach Abs. 1 bis Abs. 2. (5) Die feste Vergütung ist nach Ablauf des Geschäftsjahres zu zahlen. Die Gesellschaft erstattet den Aufsichtsratsmitgliedern die durch die Ausübung des Amtes entstehenden Auslagen einschließlich einer auf die Vergütung und den Auslagenersatz zu entrichtenden Umsatzsteuer. Die Gesellschaft kann zugunsten der Aufsichtsratsmitglieder eine Haftpflichtversicherung abschließen, welche die gesetzliche Haftpflicht aus der Aufsichtsratstätigkeit abdeckt. Hauptversammlung § 15 Ort Die Hauptversammlungen finden am Sitz der Gesellschaft, an einem anderen deutschen Wertpapier-Börsenplatz oder in einer deutschen Großstadt mit mehr als 250.000 Einwohnern statt. § 16 Einberufung Die Hauptversammlung wird vom Vorstand unter Angabe der Tagesordnung einberufen. Die Einberufung muss mindestens 30 Tage vor dem Tag, bis zu dessen Ablauf sich die Aktionäre anzumelden haben (§ 17), im Bundesanzeiger bekannt gemacht werden, soweit nicht kürzere Fristen gesetzlich zulässig sind. Dabei werden der Tag der Bekanntmachung und der letzte Tag, an dem sich die Aktionäre zur Hauptversammlung angemeldet haben müssen, nicht mitgerechnet. § 17 Teilnahme (1) Zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts sind diejenigen Aktionäre berechtigt, die im Aktienregister der Gesellschaft eingetragen sind und sich rechtzeitig vor der Hauptversammlung

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Anlage 2

angemeldet haben. Die Anmeldung kann auch unter Nutzung eines Internetdialogs erfolgen, wenn und soweit die Gesellschaft einen solchen anbietet. Die Anmeldung muss der Gesellschaft unter der in der Einberufung hierfür genannten Adresse spätestens 6 Tage vor der Hauptversammlung zugehen. In der Einberufung kann eine kürzere, in Tagen zu bemessende Frist vorgesehen werden. Der Tag der Hauptversammlung und der Tag des Zugangs sind nicht mitzurechnen. (2) Das Stimmrecht kann durch Bevollmächtigte ausgeübt werden. Die Erteilung der Vollmacht, ihr Widerruf und der Nachweis der Bevollmächtigung gegenüber der Gesellschaft bedürfen der Textform. Die Einzelheiten der Vollmachtserteilung gegenüber der Gesellschaft werden zusammen mit der Einberufung der Hauptversammlung bekannt gemacht, in der auch eine Erleichterung von der Textform bestimmt werden kann. § 135 AktG bleibt unberührt. (3) Der Vorstand kann vorsehen, dass die Aktionäre an der Hauptversammlung auch ohne Anwesenheit an deren Ort und ohne einen Bevollmächtigten teilnehmen und sämtliche oder einzelne ihrer Rechte ganz oder teilweise im Wege elektronischer Kommunikation ausüben können (Online-Teilnahme). Er kann Umfang und Verfahren im Einzelnen regeln. Macht der Vorstand von dieser Ermächtigung Gebrauch, sind die näheren Einzelheiten in der Einberufungsbekanntmachung mitzuteilen. (4) Der Vorstand kann vorsehen, dass Aktionäre ihre Stimmen, auch ohne an der Hauptversammlung teilzunehmen, schriftlich oder im Wege elektronischer Kommunikation abgeben dürfen (Briefwahl). Er kann das Verfahren der Briefwahl im Einzelnen regeln. Macht der Vorstand von dieser Ermächtigung Gebrauch, sind die näheren Einzelheiten in der Einberufungsbekanntmachung mitzuteilen. (5) Die Gesellschaft kann die Übertragung der Hauptversammlung ganz oder in Teilen in Bild und Ton über elektronische oder andere Medien zulassen. Hierauf ist in der Einberufungsbekanntmachung zur Hauptversammlung hinzuweisen. (6) Mitglieder des Aufsichtsrats, die ihren Wohnsitz außerhalb der Bundesrepublik Deutschland haben, können an der Hauptversammlung per Videoübertragung teilnehmen. § 18 Vorsitz (1) Der Vorsitzende des Aufsichtsrats oder ein von ihm bestimmtes anderes Aufsichtsratsmitglied leitet die Hauptversammlung. Für den Fall, dass weder der Vorsitzende des Aufsichtsrats noch ein von ihm bestimmtes Mitglied des Aufsichtsrats den Vorsitz übernimmt, wird der Versammlungsleiter von den anwesenden Mitgliedern des Aufsichtsrats gewählt. 424

Satzung

(2) Der Versammlungsleiter leitet die Versammlung, bestimmt die Reihenfolge der Verhandlungsgegenstände sowie Art und Form der Abstimmung. Der Versammlungsleiter ist ermächtigt, das Frage- und Rederecht der Aktionäre zeitlich angemessen zu beschränken. Er ist insbesondere ermächtigt, für das Rede- und Fragerecht zusammengenommen einen zeitlichen Rahmen für den ganzen Hauptversammlungsverlauf, für einzelne Tagesordnungspunkte und für einzelne Redner zu setzen. (3) Wenn dies in der Einladung zur Hauptversammlung angekündigt ist, kann der Versammlungsleiter die Bild- und Tonübertragung in einer von ihm näher zu bestimmenden Weise zulassen. § 19 Stimmrecht, Mehrheitserfordernisse (1) Jede Stückaktie gewährt eine Stimme. (2) Die Hauptversammlung fasst ihre Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen, soweit nicht das Gesetz oder die Satzung zwingend eine größere Mehrheit erfordert. In den Fällen, in denen das Gesetz – in nicht zwingender Form – eine Mehrheit des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals vorschreibt, genügt die einfache Mehrheit des vertretenen Grundkapitals. Rechnungslegung und Gewinnverwendung § 20 Geschäftsjahr Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr. § 21 Jahresabschluss und ordentliche Hauptversammlung (1) Der Vorstand hat innerhalb der ersten drei Monate des Geschäftsjahres für das vergangene Geschäftsjahr den Jahresabschluss und den Lagebericht aufzustellen und diese Unterlagen zusammen mit dem Vorschlag, den er der Hauptversammlung für die Verwendung des Bilanzgewinns machen will, dem Aufsichtsrat vorzulegen. §§ 298 Abs. 3 und 315 Abs. 3 HGB bleiben unberührt. (2) Nach Eingang des Berichts des Aufsichtsrats hat der Vorstand unverzüglich die ordentliche Hauptversammlung einzuberufen, die innerhalb der ersten acht Monate eines jeden Geschäftsjahres stattzufinden hat. Sie beschließt über die Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats, über die Wahl des Abschlussprüfers und die Verwendung des Bilanzgewinns. (3) Vorstand und Aufsichtsrat sind ermächtigt, bei der Feststellung des Jahresabschlusses den Jahresüberschuss, der nach Abzug der in die gesetzliche Rücklage einzustellenden Beträge und eines Verlustvortrags verbleibt, zum Teil oder ganz in andere Rücklagen einzustellen. Die Einstellung eines größeren

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Anlage 2

Teils als der Hälfte des Jahresüberschusses ist nicht zulässig, soweit die anderen Gewinnrücklagen nach der Einstellung die Hälfte des Grundkapitals übersteigen würden. (4) Der Bilanzgewinn wird an die Aktionäre verteilt, soweit die Hauptversammlung nicht eine andere Verwendung beschließt. (5) Die Hauptversammlung kann im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen zusätzlich zu oder anstelle der Barausschüttung auch eine Sachausschüttung beschließen. Sonstiges § 22 Gründungsaufwand Der Gründungsaufwand zulasten der Gesellschaft beträgt […] € (in Worten: […]).

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Anlage 3 Einberufung der Hauptversammlung XYZ AKTIENGESELLSCHAFT Frankfurt am Main Wertpapier-Kenn-Nummer: […] ISIN: […] Sehr geehrte Damen und Herren Aktionäre, wir laden Sie hiermit ein zur ordentlichen Hauptversammlung der XYZ Aktiengesellschaft, die am [Wochentag], dem [Tag/Monat/Jahr], ab 10:00 Uhr (MESZ) in der [Veranstaltungsort/Politische Gemeinde/Straße], stattfindet. Tagesordnung: 1. Vorlage des festgestellten Jahresabschlusses und des Lageberichts (einschließlich des erläuternden Berichts zu den Angaben nach § 289 Absatz 4 und Absatz 5 Handelsgesetzbuch) der XYZ Aktiengesellschaft für das Geschäftsjahr […], Vorlage des gebilligten Konzernabschlusses und des Konzernlageberichts (einschließlich des erläuternden Berichts zu den Angaben nach § 315 Absatz 2 Nr. 5 und Absatz 4 Handelsgesetzbuch) für das Geschäftsjahr […], des Berichts des Aufsichtsrats, des Corporate Governance- und des Vergütungsberichts zum Geschäftsjahr […]. Die genannten Unterlagen sind auf unserer Internetseite: [www.xyz.de/ hauptversammlung] zugänglich und können in den Geschäftsräumen am Sitz der XYZ Aktiengesellschaft, [Adresse] eingesehen werden. Sie werden den Aktionären auf Anfrage auch zugesandt. Darüber hinaus werden die Unterlagen den Aktionären während der Hauptversammlung zugänglich gemacht und erläutert. Der Aufsichtsrat hat den vom Vorstand aufgestellten Jahresabschluss und den Konzernabschluss gebilligt; damit ist der Jahresabschluss gemäß § 172 Aktiengesetz festgestellt. Die Hauptversammlung hat zu diesem Tagesordnungspunkt daher keinen Beschluss zu fassen.

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Anlage 3

2. Verwendung des Bilanzgewinns für das Geschäftsjahr […] Vorstand und Aufsichtsrat schlagen vor, den Bilanzgewinn aus dem abgelaufenen Geschäftsjahr […] in Höhe von […] € wie folgt zu verwenden: [Geschäftsjahr] Dividende je Stückaktie

[…] €

Gewinnvortrag

[…] €

Bilanzgewinn

[…] €

3. Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr […] Vorstand und Aufsichtsrat schlagen vor, die im Geschäftsjahr […] amtierenden Mitglieder des Vorstands für diesen Zeitraum zu entlasten. 4. Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr […] Vorstand und Aufsichtsrat schlagen vor, die im Geschäftsjahr […] amtierenden Mitglieder des Aufsichtsrats für diesen Zeitraum zu entlasten. 5. Wahl des Abschlussprüfers, des Konzernabschlussprüfers für das Geschäftsjahr […] sowie des Prüfers für die prüferische Durchsicht von Zwischenabschlüssen und Zwischenlageberichten. Der Aufsichtsrat schlägt vor, die […] Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Frankfurt am Main, zum Abschlussprüfer und Konzernabschlussprüfer für das Geschäftsjahr […] sowie zum Prüfer für die prüferische Durchsicht von Zwischenabschlüssen und Zwischenlageberichten zum 30. Juni […] 30. September […] und zum 31. März […] zu bestellen. Der Wahlvorschlag stützt sich auf die Empfehlung des Prüfungsausschusses. 6. Wahl zum Aufsichtsrat a) Herr […] hat sein Mandat im Aufsichtsrat mit Wirkung zum [Tag/Monat/ Jahr] niedergelegt. Für ihn wurde Frau […] durch Beschluss des Amtsgerichts [Ort] vom [Tag/Monat/Jahr] bis zum Ablauf der Hauptversammlung, die über die Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr […] entscheidet, als Mitglied des Aufsichtsrats der Gesellschaft bestellt. Die Bestellung von Frau […] endet somit mit Ablauf der Hauptversammlung am […]. Der Aufsichtsrat schlägt vor, Frau [Name Vorname], [Wohnort], [ausgeübter Beruf/konkretes Unternehmen der Tätigkeitsausübung] gemäß § […] der Satzung mit Wirkung ab Beendigung dieser Hauptversammlung für die Dauer der noch verbleibenden Amtszeit des ausgeschiedenen Herrn […], demnach bis zu der Hauptversammlung, die über die Entlastung der Aufsichtsratsmitglieder für das Geschäftsjahr […] beschließt, als Aufsichtsratsmitglied der Anteilseigner zu wählen.

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Einberufung der Hauptversammlung

Mitgliedschaften von Frau […] in anderen gesetzlich zu bildenden Aufsichtsräten: […] […] Frau […] übt keine Mitgliedschaften in vergleichbaren in- und ausländischen Kontrollgremien von Wirtschaftsunternehmen aus. b) Herr […] hat sein Mandat im Aufsichtsrat mit Wirkung zum Ablauf der Hauptversammlung [Tag/Monat/Jahr] niedergelegt. Der Aufsichtsrat schlägt vor: Herrn [Name Vorname], [Wohnort], [ausgeübter Beruf/konkretes Unternehmen der Tätigkeitsausübung] gemäß § […] der Satzung mit Wirkung ab Beendigung dieser Hauptversammlung für die Dauer der noch verbleibenden Amtszeit des ausgeschiedenen Herrn […], demnach bis zu der Hauptversammlung, die über die Entlastung der Aufsichtsratsmitglieder für das Geschäftsjahr […] beschließt, als Aufsichtsratsmitglied der Anteilseigner zu wählen. Mitgliedschaften von Herrn […] in anderen gesetzlich zu bildenden Aufsichtsräten: […] […] Herr […] übt keine Mitgliedschaften in vergleichbaren in- und ausländischen Kontrollgremien von Wirtschaftsunternehmen aus. Angaben zu Tagesordnungspunkt 6 Der Aufsichtsrat der XYZ Aktiengesellschaft setzt sich nach den §§ 96 Abs. 1, 101 Abs. 1 AktG in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 3 MitbestG 1976 sowie § […] der Satzung aus je […] Vertretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer und gemäß § 96 Abs. 2 Satz 1 AktG zu mindestens 30 % aus Frauen (also mindestens …) und zu mindestens 30 % aus Männern (also mindestens …) zusammen. Die Geschlechterquote ist vom Aufsichtsrat insgesamt zu erfüllen, wenn nicht gemäß § 96 Abs. 2 Satz 3 AktG die Seite der Anteilseigner oder Arbeitnehmervertreter der Gesamterfüllung widerspricht. Gesamtzahl der Aktien und Stimmrechte im Zeitpunkt der Einberufung Das Grundkapital der XYZ Aktiengesellschaft beträgt im Zeitpunkt der Einberufung der Hauptversammlung […] € und ist eingeteilt in […] Stückaktien mit grundsätzlich ebenso vielen Stimmrechten.

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Anlage 3

Voraussetzungen für die Teilnahme an der Hauptversammlung und für die Ausübung des Stimmrechts Zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts sind diejenigen Aktionäre berechtigt, die sich bei der XYZ Aktiengesellschaft c/o HV-Dienstleister [Straße] […] Frankfurt am Main Telefax: […] E-Mail: [[email protected]] unter Nachweis ihres Anteilsbesitzes spätestens bis [Tag/Monat/Jahr], 24:00 Uhr (MESZ) (Zeitpunkt des Zugangs) angemeldet haben und für die angemeldeten Aktien zum Ende des [Tag/Monat/Jahr] im Aktienregister eingetragen sind. Zur Anmeldung ist das den Aktionären übersandte Anmeldeformular zu verwenden, das auch weitere Informationen zum Anmeldeverfahren enthält. Aktionäre, die im Aktienregister eingetragen sind, können sich alternativ ab dem […] unter Nutzung des zugangsgeschützten HV-Portals für Aktionäre unter der Internetadresse: [https://www.xyz-ag.de/hv-portal/] zur Hauptversammlung anmelden. Aktionäre, die bereits für den elektronischen Versand der Hauptversammlungsunterlagen registriert sind, verwenden hierfür ihre Zugangsdaten (Aktionärsnummer und Passwort). Alle übrigen Aktionäre, die im Aktienregister verzeichnet sind, erhalten ihre Aktionärsnummer und einen zugehörigen Zugangscode mit dem Einladungsschreiben zur Hauptversammlung per Post zugesandt. Die Aktien werden durch eine Anmeldung zur Hauptversammlung nicht blockiert; Aktionäre können deshalb über ihre Aktien auch nach erfolgter Anmeldung weiterhin frei verfügen. Eine Verfügung kann jedoch Auswirkungen auf die Teilnahmeberechtigung und die Berechtigung zur Ausübung des Stimmrechts haben, da für die Teilnahme- und Stimmberechtigung der Aktienbestand zum Zeitpunkt der Hauptversammlung maßgeblich ist. Dieser wird dem Bestand des Aktienregisters am […], 24.00 Uhr (MESZ) (= technisch maßgeblicher Bestandsstichtag, sog. Technical Record Date) entsprechen, da aus abwicklungstechnischen Gründen zwischen dem Ablauf der Anmeldefrist d. h. vom […], 24.00 Uhr (MESZ) und dem Ende der Hauptversammlung, keine Umschreibungen im Aktienregister stattfinden.

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Einberufung der Hauptversammlung

Ist ein Kreditinstitut im Aktienregister eingetragen, so kann es das Stimmrecht für Aktien, die ihm nicht gehören, nur aufgrund einer Ermächtigung des Aktionärs ausüben. Verfahren für die Stimmabgabe bei Stimmrechtsvertretung Bevollmächtigung eines Dritten Aktionäre, die an der Hauptversammlung nicht persönlich teilnehmen möchten, können ihr Stimmrecht durch Bevollmächtigte, zum Beispiel durch eine Aktionärsvereinigung, ein Kreditinstitut oder eine andere Person ihrer Wahl, ausüben lassen. Auch in diesem Fall ist für eine rechtzeitige Anmeldung durch den Aktionär oder den Bevollmächtigten entsprechend den oben unter „Voraussetzungen für die Teilnahme an der Hauptversammlung und die Ausübung des Stimmrechts“ genannten Voraussetzungen Sorge zu tragen. Die Erteilung der Vollmacht, ihr Widerruf und der Nachweis der Bevollmächtigung gegenüber der Gesellschaft bedürfen der Textform oder erfolgen elektronisch unter [www.xyz-ag.de/hv-portal]. Eine Bevollmächtigung kann per E-Mail, postalisch oder per Fax an die oben unter „Anmeldung zur Hauptversammlung“ genannte Anschrift, E-Mail-Adresse bzw. Telefax-Nummer vorgenommen werden. Bitte verwenden Sie hierfür das den Anmeldeunterlagen beigefügte Antwortformular. Außerdem steht Ihnen hierfür unter [www.xyz-ag.de/ hv-portal] das HV-Portal zur Verfügung. Am Tag der Hauptversammlung kann dies unter [www.xyz-ag.de], unter der Telefax-Nr. […] oder an den Eingangsschaltern der Hauptversammlung erfolgen. Kreditinstitute, Aktionärsvereinigungen und andere in § 135 Absatz 8 und Absatz 10 in Verbindung mit § 125 Absatz 5 AktG gleichgestellte Personen und Institutionen können für ihre eigene Bevollmächtigung abweichende Regelungen für die Form der Vollmacht vorgeben. Die Aktionäre werden gebeten, sich in einem solchen Fall mit dem zu Bevollmächtigenden rechtzeitig wegen einer von ihm möglicherweise geforderten Form der Vollmacht abzustimmen. Eine persönliche Teilnahme des Aktionärs gilt ohne Weiteres als Widerruf der einem Dritten zu diesen Aktien erteilten Vollmacht. Als Service für die Aktionäre hat die Gesellschaft außerdem die Mitarbeiter Frau […] und Herr […] als Stimmrechtsvertreter benannt, die Sie ebenfalls zur Stimmabgabe bevollmächtigen können. Die Bevollmächtigung erfolgt nach den vorstehenden Maßgaben mit dem Anmeldeformular, das den Aktionären übersandt wird oder unter [www.xyz-ag.de/hv-portal]. Die Stimmrechtsvertreter üben das Stimmrecht im Fall ihrer Bevollmächtigung ausschließlich auf Grundlage der vom Aktionär erteilten Weisungen aus. Sollte zu einem Tagesordnungspunkt eine Einzelabstimmung durchgeführt werden, ohne dass dies im Vorfeld der Hauptversammlung mitgeteilt wurde, so gilt

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Anlage 3

eine Weisung zu diesem Tagesordnungspunkt insgesamt auch als Weisung für jeden Punkt der Einzelabstimmung. Wir bitten Sie zu beachten, dass die von der Gesellschaft benannten Stimmrechtsvertreter weder im Vorfeld noch während der Hauptversammlung Weisungen zu Verfahrensanträgen entgegennehmen können. Ebenso wenig nehmen die von der Gesellschaft benannten Stimmrechtsvertreter Aufträge oder Weisungen zu Wortmeldungen, zum Einlegen von Widersprüchen oder zum Stellen von Fragen oder Anträgen entgegen. Weisungen, die den Stimmrechtsvertretern über das Internet erteilt werden, können am Tag der Hauptversammlung unter [www.xyz-ag.de/ hv-portal] noch bis zum Ende der Generaldebatte geändert werden. Die persönliche Teilnahme eines Aktionärs oder eines bevollmächtigten Dritten an der Hauptversammlung gilt automatisch als Widerruf der zuvor an die von der Gesellschaft benannten Stimmrechtsvertreter erteilten Vollmacht und Weisungen. Stimmabgabe durch Briefwahl Aktionäre können ihre Stimme – auch ohne an der Hauptversammlung teilzunehmen – per Briefwahl abgeben. Zur Ausübung des Stimmrechts im Wege der Briefwahl sind nur diejenigen am Tag der Hauptversammlung im Aktienregister eingetragenen Aktionäre berechtigt, die rechtzeitig entsprechend den oben unter „Voraussetzungen für die Teilnahme an der Hauptversammlung und die Ausübung des Stimmrechts“ genannten Voraussetzungen spätestens am [Tag/ Monat/Jahr] angemeldet sind. Für die per Briefwahl ausgeübten Stimmrechte ist ebenfalls der zum Ende des [Tag/Monat/Jahr] im Aktienregister aufgeführte Aktienbestand maßgeblich. Die Stimmabgabe erfolgt entweder auf dem den Aktionären mit dem Einladungsschreiben übersandten Anmeldeformular, das an die oben genannte Anschrift zurückzusenden ist, oder elektronisch unter [www.xyz-ag.de/hv-portal]. Die Aktionäre, die bereits für den elektronischen Versand der Hauptversammlungsunterlagen registriert sind, verwenden hierfür ihre üblichen Zugangsdaten (Aktionärsnummer und Passwort). Die übrigen im Aktienregister eingetragenen Aktionäre erhalten die Zugangsdaten per Post mit dem Einladungsschreiben. Die Stimmabgabe per Briefwahl muss bei der Gesellschaft entweder auf dem vorgenannten Anmeldeformular bei der für die Anmeldung angegebenen Anschrift oder über das Internet unter [www.xyz-ag.de/hv-portal] bis zum [Tag/ Monat/Jahr] eingegangen sein. Über das Internet abgegebene Briefwahlstimmen können dort am Tag der Hauptversammlung noch bis zum Ende der Generaldebatte geändert werden. Die persönliche Teilnahme eines Aktionärs oder eines bevollmächtigten Dritten an der Hauptversammlung gilt automatisch als Widerruf der zuvor abgegebenen Briefwahlstimmen. Sollte zu einem Tagesordnungspunkt eine Einzelabstimmung durchgeführt werden, ohne dass dies im Vorfeld der Hauptversammlung mit-

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Einberufung der Hauptversammlung

geteilt wurde, so gilt eine Stimmabgabe zu diesem Tagesordnungspunkt auch als entsprechende Stimmabgabe für jeden Punkt der Einzelabstimmung. Bitte beachten Sie, dass – auch bei einer Stimmabgabe über das Internet unter Nutzung des HV-Portals: [www.xyz-ag.de/hv-portal] – eine Briefwahl für mögliche Abstimmungen über eventuelle erst in der Hauptversammlung vorgebrachte Gegenanträge oder Wahlvorschläge oder sonstige, nicht im Vorfeld der Hauptversammlung mitgeteilte Anträge einschließlich Verfahrensanträge nicht möglich ist. Ebenso wenig können im Vorfeld oder während der Hauptversammlung durch Briefwahl Wortmeldungen, Fragen, Anträge oder Wahlvorschläge entgegengenommen bzw. vorgebracht oder Widersprüche gegen Hauptversammlungsbeschlüsse eingelegt werden. Auch bevollmächtigte Kreditinstitute, Aktionärsvereinigungen und sonstige in § 135 Abs. 8 oder § 135 Abs. 10 des Aktiengesetzes in Verbindung mit § 125 Abs. 5 des Aktiengesetzes genannte Personen oder Institutionen können sich unter Einhaltung der genannten Fristen der Briefwahl bedienen. Die Gesellschaft stellt dafür auf Wunsch einen elektronischen Abgabeweg oder die entsprechenden Formulare zur Verfügung. Online-Teilnahme an der Hauptversammlung Die Aktionäre haben auch die Möglichkeit, über das Internet unmittelbar an der Hauptversammlung teilzunehmen (Online-Teilnahme). Dazu müssen die Aktionäre sich – persönlich oder durch Bevollmächtigte – spätestens bis zum [Tag/ Monat/Jahr] auf die unter „Voraussetzungen für die Teilnahme an der Hauptversammlung und die Ausübung des Stimmrechts“ beschriebene Art und Weise zur Hauptversammlung angemeldet und eine Eintrittskarte bestellt haben. Am [Angabe Tag der Hauptversammlung] können sie sich unter [www.xyz-ag.de/ online-hv/] mit ihren auf der Eintrittskarte angegebenen Zugangsdaten ab [Uhrzeit] zuschalten und ab Beginn der Hauptversammlung online teilnehmen. Für Eintrittskarten die auf juristische Personen oder Personengemeinschaften lauten, ist vor der Online-Teilnahme eine natürliche Person als Bevollmächtigter gegenüber der Gesellschaft auf einem der vorstehend beschriebenen Wege („Verfahren für die Stimmabgabe bei Stimmrechtsvertretung Bevollmächtigung eines Dritten“) nachzuweisen. Bei Online-Teilnahme können die Aktionäre die gesamte Hauptversammlung in Bild und Ton im Internet verfolgen, ihre Stimmen in Echtzeit abgeben und elektronisch das Teilnehmerverzeichnis der Hauptversammlung einsehen. Sofern ein Aktionär die Online-Teilnahme bereits vor den Abstimmungen zu Beschlusspunkten verlassen möchte, hat er die Möglichkeit die von der Gesellschaft benannten Stimmrechtsvertreter zur weisungsgebundenen Ausübung seiner Stimmrechte zu bevollmächtigen. Aus technischen und organisatorischen Grün-

433

Anlage 3

den ist eine darüber hinausgehende Ausübung von Teilnehmerrechten im Wege der elektronischen Kommunikation nicht möglich. Live-Internetübertragung Die Eröffnung der Hauptversammlung durch den Versammlungsleiter sowie der Vortrag des Vorstands werden live in Bild und Ton auf der Internetseite der XYZ AG unter [www.xyz.de/hauptversammlung] übertragen. Eine Videoaufzeichnung hiervon ist im Nachgang an die Hauptversammlung unter derselben Adresse abrufbar. Wortbeiträge der Hauptversammlungsteilnehmer werden nicht aufgezeichnet. Aktionäre, die an der Hauptversammlung nicht teilnehmen können, haben die Möglichkeit – entsprechend der Festlegung durch den Versammlungsleiter – die gesamte Hauptversammlung unter [www.xyz-ag.de/hv-portal] zu verfolgen. Der Zugang zum HV-Portal erfolgt mit den jeweiligen Zugangsdaten des Aktionärs (Aktionärsnummer und Zugangscode bzw. Passwort). Rechte der Aktionäre Anträge auf die Ergänzung der Tagesordnung nach § 122 Absatz 2 AktG Aktionäre, deren Anteile zusammen 5 % des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von 500.000 € (das entspricht […] Aktien) erreichen, können gemäß § 122 Absatz 2 AktG verlangen, dass Gegenstände auf die Tagesordnung gesetzt und bekannt gemacht werden. Die Antragsteller haben nachzuweisen, dass sie seit mindestens 90 Tagen vor dem Tag des Zugangs des Verlangens Inhaber der Aktien sind und dass sie die Aktien bis zur Entscheidung des Vorstands über den Antrag halten, wobei § 70 Aktiengesetz bei der Berechnung der Aktienbesitzzeit Anwendung findet. Der Tag des Zugangs des Verlangens ist nicht mitzurechnen. Eine Verlegung von einem Sonntag, einem Sonnabend oder einem Feiertag auf einen zeitlich vorausgehenden oder nachfolgenden Werktag kommt nicht in Betracht. Die §§ 187 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind nicht entsprechend anzuwenden. Jedem neuen Gegenstand muss eine Begründung oder eine Beschlussvorlage beiliegen. Das Verlangen ist schriftlich (§ 126 BGB) an den Vorstand zu richten und muss der Gesellschaft unter der nachfolgend angegebenen Adresse mindestens dreißig Tage vor der Hauptversammlung, also spätestens bis zum [Tag/Monat/Jahr] 24:00 Uhr (MESZ), zugehen. Später zugegangene Ergänzungsverlangen werden nicht berücksichtigt. Ein entsprechendes Verlangen ist an folgende Adresse zu senden: XYZ Aktiengesellschaft Vorstand [Straße] [Ort]

434

Einberufung der Hauptversammlung

Bekanntzumachende Ergänzungen der Tagesordnung werden – soweit sie nicht bereits mit der Einberufung bekanntgemacht wurden – unverzüglich nach Zugang des Verlangens im Bundesanzeiger bekannt gemacht. Sie werden außerdem unter der Internetadresse [www.xyz.de/hauptversammlung] bekannt gemacht und den Aktionären gemäß § 125 Abs. 1 Satz 3 Aktiengesetz mitgeteilt. Anträge und Wahlvorschläge von Aktionären nach §§ 126 Absatz 1, 127 AktG Aktionäre können Gegenanträge gegen einen Vorschlag von Vorstand und/oder Aufsichtsrat zu einem bestimmten Punkt der Tagesordnung stellen. Sie können auch Vorschläge zur Wahl von Abschlussprüfern oder Aufsichtsratsmitgliedern machen. Gegenanträge müssen mit einer Begründung versehen sein. Gegenanträge mit Begründung oder Wahlvorschläge sind ausschließlich an die nachstehend angegebene Adresse zu richten und müssen mindestens vierzehn Tage vor der Hauptversammlung, also spätestens bis zum [Tag/Monat/Jahr], 24:00 Uhr (MESZ), zugegangen sein: XYZ Aktiengesellschaft – Rechtsabteilung – [Straße] [Ort] Telefax: [Nummer] E-Mail: [[email protected]] Unter dieser Adresse rechtzeitig eingegangene Gegenanträge zu den Punkten dieser Tagesordnung und/oder Wahlvorschläge werden einschließlich des Namens des Aktionärs und der Begründung auf der Internetseite der XYZ Aktiengesellschaft: [www.xyz-ag.de/hauptversammlung] zugänglich gemacht. Etwaige Stellungnahmen der Verwaltung werden gleichfalls unter der genannten Internetadresse zugänglich gemacht. Anderweitig adressierte oder nicht fristgerecht eingegangene Gegenanträge oder Wahlvorschläge von Aktionären werden nicht berücksichtigt. Das Recht eines jeden Aktionärs, während der Hauptversammlung Gegenanträge zu den verschiedenen Tagesordnungspunkten auch ohne vorherige und fristgerechte Übermittlung an die Gesellschaft zu stellen, bleibt unberührt. Wir weisen darauf hin, dass Gegenanträge, die der Gesellschaft vorab fristgerecht übermittelt worden sind, in der Hauptversammlung nur Beachtung finden, wenn sie dort mündlich gestellt werden. Von einer Veröffentlichung eines Gegenantrags und seiner Begründung kann der Vorstand unter den in § 126 Absatz 2 AktG genannten Voraussetzungen absehen. Die Begründung braucht auch dann nicht zugänglich gemacht werden, wenn sie insgesamt mehr als 5.000 Zeichen beträgt.

435

Anlage 3

Für Vorschläge von Aktionären zur Wahl von Abschlussprüfern gelten die vorstehenden Sätze gemäß § 127 AktG sinngemäß. Wahlvorschläge von Aktionären brauchen jedoch nicht begründet zu werden. Der Vorstand braucht Wahlvorschläge von Aktionären außer in den Fällen des § 126 Absatz 2 AktG auch dann nicht zugänglich zu machen, wenn diese nicht die Angaben nach § 124 Absatz 3 Satz 4 AktG enthalten. Auskunftsrecht nach § 131 Absatz 1 AktG Jedem Aktionär ist gemäß § 131 Absatz 1 AktG auf Verlangen in der Hauptversammlung vom Vorstand Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben, soweit die Auskunft zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich ist. Die Auskunftspflicht des Vorstands erstreckt sich auch auf die rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen der Gesellschaft zu einem verbundenen Unternehmen sowie auf die Lage des Konzerns und der in den Konzernabschluss einbezogenen Unternehmen, da der Hauptversammlung zu Punkt 1 der Tagesordnung auch der Konzernabschluss und der Konzernlagebericht vorgelegt werden. Auskunftsverlangen sind in der Hauptversammlung grundsätzlich mündlich zu stellen. Von einer Beantwortung einzelner Fragen kann der Vorstand aus den in § 131 Absatz 3 AktG genannten Gründen absehen. Nach der Satzung der XYZ Aktiengesellschaft ist der Versammlungsleiter außerdem ermächtigt, das Frage- und Rederecht des Aktionärs zeitlich angemessen zu beschränken. Er kann insbesondere bereits zu Beginn oder während der Hauptversammlung den zeitlichen Rahmen für den ganzen Verlauf der Hauptversammlung, für die Aussprache zu den einzelnen Tagesordnungspunkten sowie für den einzelnen Frage- und Redebeitrag angemessen festsetzen (§ […] der Satzung). Weitergehende Erläuterungen Erläuterungen zu den Rechten der Aktionäre nach § 122 Abs. 2, § 126 Abs. 1, § 127, § 131 Abs. 1 Aktiengesellschaft finden sich auch unter der Internetadresse: [www.xyz.de/hauptversammlung]. Hinweis auf die Internetseite der Gesellschaft Die Einberufung der Hauptversammlung mit den gesetzlich geforderten Angaben und Erläuterungen ist auch über die Internetseite: [www.xzy.de/hauptversamm lung] zugänglich. Hier finden Sie zudem die weiteren Informationen gemäß § 124a des Aktiengesetzes.

436

Einberufung der Hauptversammlung

Abstimmungsergebnisse Die vom Versammlungsleiter festgestellten Abstimmungsergebnisse werden nach der Hauptversammlung innerhalb der gesetzlichen Frist auf der Internetseite der XYZ Aktiengesellschaft: [www.xyz-ag.de/hauptversammlung] bekannt gegeben. Frankfurt am Main, im >Monat/Jahr@ XYZ Aktiengesellschaft – Der Vorstand –

437

Anlage 4 Teilnehmerverzeichnis XYZ AG Teilnehmerverzeichnis Ordentliche Hauptversammlung am [Tag/Monat/Jahr] [Tag/Monat/Jahr], [Uhrzeit] EK-Nr. StK-Nr.

Name, Sitz, Wohnort

Vertreter, Wohnort

Stückaktien

Besitz

Aktion

110

001

Karl Müller, Frankfurt

Selbst

30

E

Zugang

3

002

Claudia Meier, Wiesbaden

Selbst

25

E

Zugang

22

003

Martin Lehmann Frankfurt

Klaus Lehmann Frankfurt

45

F

Zugang

97

148

Aktionärsvereinigung e. V. München

Ingo May Frankfurt

300

V

Zugang

131

149

Frank Schulze, Darmstadt

Selbst

5

E

Zugang

207

150

Andrea Schulte Selbst Frankfurt

150

E

Zugang

[…]

Summe Stückaktien

[…]

E = Eigenbesitz

EK-Nr.= Eintrittskarte-Nr.

F = Fremdbesitz

StK-Nr.= Stimmkarte-Nr.

V = Vollmachtbesitz

439

Anlage 5 Anmeldeformular für die Hauptversammlung XYZ AG Hauptversammlung am [Tag/Monat/Jahr] Aktionärsnummer: […] Aktienbestand […]

1. Eintrittskartenbestellung Die Eintrittskarte ermöglicht auch die Nutzung der Online-Teilnahme Bitte senden Sie die Eintrittskartenbestellung bis zum [Tag/Monat/Jahr] – bei uns eingehend – in beiliegendem Freiumschlag oder per Fax an [Fax-Nr.] zurück. Bitte beachten Sie, dass zusätzliche Vermerke außerhalb der angegebenen Felder nicht berücksichtigt werden können. … 1a Eintrittskartenbestellung für eingetragenen Aktionär Ich/Wir kommen selbst zur Hauptversammlung. Stellen Sie (je) eine Eintrittskarte auf meinen/unseren Namen aus. … 1b Eintrittskartenbestellung für Begleitperson Ich/Wir komme(n) selbst zur Hauptversammlung und bevollmächtige(n) zusätzlich eine Begleitperson. Die Stimmrechte sollen gleichmäßig auf die angeforderten Eintrittskarten aufgeteilt werden. … 1c Eintrittskartenbestellung für Bevollmächtigten zur Ausübung des Stimmrechts Ich/Wir kommen nicht selbst zur Hauptversammlung und bevollmächtige(n) nachfolgende Person mit der Ausübung des Stimmrechts. zu 1b Begleitperson/1c Bevollmächtigter

Name

Straße, Hausnummer

Vorname

Postleitzahl

Wohnort

Diese Vollmacht schließt Untervollmacht ein und darf an einen Dritten zur Ausübung übertragen werden.

441

Anlage 5

2. Briefwahl Bitte senden Sie Ihre Stimmabgaben bis zum [Tag/Datum/Jahr] – bei uns eingehend – in beigefügtem Freiumschlag – oder per Telefax an [Fax-Nr.] zurück. … Hiermit melde(n) ich/wir meinen/unseren Aktienbestand an und stimme(n) wie [umseitig] angegeben ab. Bitte unterzeichnen und wenden ĺ

3. Vollmacht und Weisung Die Stimmrechte sind nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen und der Satzung gemäß nachstehender Vollmacht und erteilter Weisung auszuüben. Ich/Wir bevollmächtige(n) die unten genannte Personen/Institutionen, das Stimmrecht in der Hauptversammlung gemäß meiner/unserer Weisung ohne Offenlegung meines/unseres Namens auszuüben, das heißt im Namen dessen, den es angeht. Diese Vollmacht schließt das Recht zur Untervollmacht ein. 3a) Vollmacht und Weisung an die Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft Bitte senden Sie Vollmacht und Weisung bis zum [Tag/Monat/Jahr] – bei uns eingehend – in beiliegendem Freiumschlag oder per Telefax an [Fax-Nr.] zurück. Ich/Wir bevollmächtige(n) hiermit die von der XYZ AG benannten Stimmrechtsvertreter Frau […] und Herrn […] je einzeln und weise(n) sie an, … in allen Punkten im Sinne der Verwaltung zu stimmen (Weisungen auf der Rückseite sind daher nicht zu beachten). … nicht in allen Punkten im Sinne der Verwaltung sondern entsprechend der Weisungen wie auf der Rückseite angegeben, abzustimmen. Bitte unterzeichnen und wenden ĺ

3b) Vollmacht und Weisung an ein Kreditinstitut oder eine Aktionärsvereinigung Wir bitten unsere Aktionäre sich vor Übertragung der Stimmrechte zu erkundigen, ob das Kreditinstitut bzw. die Aktionärsvereinigung ihre Stimmrechte zur Vertretung annimmt. Bitte senden Sie diese Vollmacht so rechtzeitig an das Kreditinstitut/die Aktionärsvereinigung, dass eine Anmeldung bis zum [Tag/Monat/Jahr] – bei uns eingehend – möglich ist. Der beigefügte Freiumschlag kann in diesem Fall nicht verwendet werden.

442

Anmeldeformular für die Hauptversammlung

Ich/Wir bevollmächtige(n) hiermit die von der XYZ AG benannten Stimmrechtsvertreter Frau […] und Herrn […] je einzeln und weise(n) sie an, … in allen Punkten im Sinne der Verwaltung zu stimmen (Weisungen auf der Rückseite sind daher nicht zu beachten). … nicht in allen Punkten im Sinne der Verwaltung sondern entsprechend der Weisungen wie auf der Rückseite angegeben, abzustimmen. Soweit ich/wir keine Weisungen erteilt habe(n), soll das Stimmrecht gemäß Abstimmvorschlag des Kreditinstituts/der Aktionärsvereinigung ausgeübt werden. Bitte unterzeichnen und wenden ĺ

BIC des Kreditinstituts

Name Kreditinstitut/Aktionärsvereinigung

Unterschrift(en) oder Erklärung gemäß § 126 b BGB des Aktionärs bzw. aller für die genannten Aktien eingetragenen Mitaktionäre Wichtig: Bei im Aktienregister eingetragenen Personengemeinschaften müssen alle Personen gemäß § 126 b BGB unterzeichnen. Stimmabgabe (Briefwahl) oder Weisungen für die Ausübung des Stimmrechts Bitte denken Sie an die Rücksendung bis spätestens [Tag/Monat/Jahr] – bei uns eingehend. Die nachfolgenden Weisungen sind nur auszufüllen, wenn Sie auf der Vorderseite nicht in allen Punkten im Sinne der Verwaltung markiert haben. Kreuzen Sie bitte in diesen Fällen in allen Fällen ein Kästchen an. Bitte nur mit schwarzem oder blauem Stift innerhalb des Kästchens ankreuzen. Zu jedem Tagesordnungspunkt kann nur ein Kästchen angekreuzt werden. Tagesordnungspunkte

Ja

Nein

Enthaltung

2.

Verwendung des Bilanzgewinns für das Geschäftsjahr […]

…

…

…

3.

Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr […]

…

…

…

4.

Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr […]

…

…

…

443

Anlage 5

5.

Wahl des Abschlussprüfers, des Konzernabschlussprüfers für das Geschäftsjahr […] und des Prüfers für die prüferische Durchsicht von Zwischenfinanzberichten

…

…

…

6a)

Wahl zum Aufsichtsrat – Frau […]

…

…

…

6b)

Wahl zum Aufsichtsrat – Herr […]

…

…

…

Die Weisungen beziehen sich auf die im Bundesanzeiger am [Tag/Monat/Jahr] veröffentlichten Beschlussvorschläge der Verwaltung. Anträge von Aktionären Die ggf. zugänglich zu machenden Gegenanträge bzw. Wahlvorschläge zur Tagesordnung finden Sie aktuell auf unserer Internet-Seite unter [www.xyz-ag.de/ hauptversammlung]. Dort finden Sie auch weitere Informationen darüber, was zu tun ist, wenn Sie sich einem Gegenantrag bzw. Wahlvorschlag anschließen möchten. Gegenanträge/Wahlvorschläge

Ja

Nein

Enthaltung

A

…

…

…

B

…

…

…

C

…

…

…

D

…

…

…

E

…

…

…

444

Anlage 6 Vollmacht und Weisungen an die Stimmrechtsvertreter VOLLMACHT UND WEISUNGEN AN DIE STIMMRECHTSVERTRETER DER XYZ AG, Frankfurt am Main Ordentliche Hauptversammlung am [Datum] Formular zur Stimmrechtsvertretung Dieses Formular ersetzt nicht die ordnungsgemäße Anmeldung zur Versammlung. Bitte beachten Sie auch die nachfolgenden Hinweise. Person des Erklärenden

(Vorname, Nachname bzw. Firma)

(Straße und Hausnummer)

(PLZ und Ort) bevollmächtige/n die von der Gesellschaft benannten Stimmrechtsvertreter, Frau [Vorname Name], Herrn [Vorname Name] – ohne Offenlegung meines/unseres Namens jeweils einzeln und mit dem Recht Untervollmacht zu erteilen – mich/uns in der ordentlichen Hauptversammlung der XYZ AG, Frankfurt am Main, am [Tag/Monat/ Jahr] zu vertreten und das Stimmrecht für ____________________ (Anzahl der Aktie(n)) Aktie(n), für die die Eintrittskarte mit der Nummer ____________________ ausgestellt wurde, gemäß nachstehenden Weisungen auszuüben. Die Vollmacht wird widerrufen durch persönliche Teilnahme des Vollmachtgebers an der Hauptversammlung. Weisungen Ich/wir erteile(n) Weisung wie nachstehend angegeben. 445

Anlage 6

Bitte erteilen Sie zu jedem Tagesordnungspunkt eine Weisung. Tagesordnungspunkte

Ja

Nein

Enthaltung

2.

Verwendung des Bilanzgewinns für das Geschäftsjahr […]

…

…

…

3.

Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr […]

…

…

…

4.

Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr […]

…

…

…

5.

Wahl des Abschlussprüfers, des Konzernabschlussprüfers für das Geschäftsjahr […] und des Prüfers für die prüferische Durchsicht von Zwischenfinanzberichten

…

…

…

6a)

Wahl zum Aufsichtsrat – Frau […]

…

…

…

6b)

Wahl zum Aufsichtsrat – Herr […]

…

…

…

Ort/Datum

Unterschrift bzw. Abschluss der Erklärung nach § 126b BGB

Vollmacht an einen Dritten Ich/Wir bevollmächtigen

(Vorname, Nachname bzw. Firma)

(Ort) mich/uns in der oben genannten Versammlung unter Offenlegung meines Namens zu vertreten. Die Ausübung umfasst die Ausübung sämtlicher versammlungsgebundener Rechte einschließlich der Erteilung einer Untervollmacht. Sie wird widerrufen durch persönliche Teilnahme des Vollmachtgebers an der Hauptversammlung

(Datum Unterschrift bzw. Abschluss der Erklärung nach § 126 b BGB)

446

Vollmacht und Weisungen an die Stimmrechtsvertreter

Hinweise zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Stimmrechtsvertretung Hinweise zum Vollmachtsformular: Das Vollmachtsformular ersetzt nicht die ordnungsgemäße Anmeldung zur Hauptversammlung. Bitte füllen Sie das Formular vollständig und leserlich aus. Die erforderlichen Angaben zur Person des Erklärenden entnehmen Sie bitte Ihrer Eintrittskarte, die Sie nach ordnungsgemäßer Anmeldung erhalten. Sofern eine eindeutige Zuordnung des Formulars zur Anmeldung aufgrund unleserlicher oder unvollständiger Angaben nicht möglich sein sollte, kann das Stimmrecht durch den Bevollmächtigten in der Hauptversammlung nicht ausgeübt werden. Persönliche Teilnahme an der Hauptversammlung oder Stimmrechtsvertretung durch einen Dritten Mit der Ihnen übersandten Eintrittskarte können Sie oder ein von Ihnen bevollmächtigter Dritter an der Hauptversammlung teilnehmen. Wenn Sie einen Dritten bevollmächtigen möchten, füllen Sie bitte die auf der Eintrittskarte aufgedruckte Vollmacht oder die auf der Homepage der Gesellschaft zur Verfügung gestellte Vollmacht aus und übergeben die Eintrittskarte Ihrem Bevollmächtigten, bzw. übermitteln die Vollmacht für Ihren Vertreter an die Gesellschaft (siehe unten stehende Adresse). Zur Bevollmächtigung eines Dritten ist das Formular nicht zwingend. Gemäß § 134 Abs. 3 Satz 3 AktG bedarf die Erteilung der Vollmacht, ihr Widerruf und der Nachweis der Bevollmächtigung gegenüber der Gesellschaft der Textform (§°126b BGB). Gemäß § 134 Abs. 3 Satz 4 AktG bietet die Gesellschaft ihren Aktionären an, den Nachweis über die Bestellung eines Bevollmächtigten per E-Mail an die Gesellschaft [E-Mail-Adresse] zu übermitteln. Wir bitten um Übermittlung der Vollmacht bis möglichst am [Wochentag, Tag, Monat, Jahr, Uhrzeit MESZ]. Der Nachweis kann auch per Post oder Telefax an die unten stehende Adresse/Telefax-Nr. gesendet werden. Hierbei gelten obige Ausführungen zur Zuordnung der Vollmacht zu einer Anmeldung. Auch nach Erteilung einer Vollmacht sind Sie zur persönlichen Teilnahme an der Hauptversammlung berechtigt. Die persönliche Teilnahme gilt als Widerruf der Vollmacht. Vollmacht/Weisungen an Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft Wenn Sie nicht selbst an der Hauptversammlung teilnehmen und auch keinen Dritten bevollmächtigen, können Sie unter Verwendung dieses Formulars Vollmachten/Weisungen an Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft erteilen. Erteilen Sie bitte zu allen Beschlussvorschlägen eine Weisung. Ihre Weisung bezieht sich auf den jeweils im Bundesanzeiger veröffentlichten Beschlussvorschlag. Doppelmarkierungen werden als ungültig gewertet. 447

Anlage 6

Die Bevollmächtigung der Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft und die Erteilung von Weisungen an Sie sind unter Verwendung des umseitigen Formulars bis [Wochentag/Tag/Monat/Jahr/Uhrzeit MESZ] zu übermitteln. Die Bevollmächtigung und Weisungserteilung an die von der Gesellschaft benannten Stimmrechtsvertreter per Post, per Telefax oder per E-Mail sind an folgende Adresse zu richten: XYZ AG c/o HV-Dienstleister, Adresse Telefax-Nr. […] E-Mail: […] Davon unberührt bleibt die Möglichkeit, die von der Gesellschaft benannten Stimmrechtsvertreter auch noch während der Hauptversammlung zu bevollmächtigen. Die Vollmacht für die von der Gesellschaft benannten Stimmrechtsvertreter und Weisungen zu den einzelnen Tagesordnungspunkten können ab dem [Tag/Monat/ Jahr] bis zum [Tag/Monat/Jahr/Uhrzeit (MESZ)] auch über die Internetseite der XYZ AG unter [www.xyz-ag.de/hv-portal] erteilt werden. Bis zum Ende der Generaldebatte besteht am Tag der Hauptversammlung noch die Möglichkeit, per Internet die erteilten Weisungen zu ändern oder die erteilte Vollmacht zu widerrufen. Auch nach Erteilung von Vollmacht/Weisungen an Stimmrechtsvertreter sind Sie zur persönlichen Teilnahme an der Hauptversammlung berechtigt. Die persönliche Teilnahme durch Sie oder Ihren Vertreter gilt als Widerruf der Vollmacht/Weisungen an die Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft. Eingegangene Gegenanträge und Wahlvorschläge von Aktionären gemäß §§ 126 Abs. 1 und 127 AktG sowie eine etwaige Stellungnahme der Verwaltung zu den Tagesordnungspunkten, zu denen Weisungen erteilt werden können, werden unverzüglich nach ihrem fristgerechten Eingang auf der Internetseite der Gesellschaft unter [www.xyz-ag.de/hauptversammlung] zugänglich gemacht. Bitte beachten Sie, dass Sie den von der Gesellschaft benannten Stimmrechtsvertretern zu Gegenanträgen keine Weisungen erteilen können. Bitte beachten Sie des Weiteren, dass die von der Gesellschaft benannten Stimmrechtsvertreter keine Vollmachten zur Einlegung von Widersprüchen gegen Hauptversammlungsbeschlüsse, zur Ausübung des Rede- und Fragerechts oder zur Stellung von Anträgen entgegennehmen. Für die Abstimmung über Anträge, zu denen es keine bekannt gemachten Vorschläge von Vorstand und/oder Aufsichtsrat gibt, stehen die von der Gesellschaft benannten Stimmrechtsvertreter nicht zur Verfügung. Sollten Sie also die Ausübung Ihrer Aktionärsrechte über den beschriebenen Rahmen hinaus wünschen, können Sie Ihre Rechte selbst ausüben oder einen Dritten bevollmächtigen. 448

Anlage 7 Widerruf Vollmacht/Stimmabgabe per Briefwahl XYZ AG Hauptversammlung am [Tag/Monat/Jahr] WIDERRUF DER VOLLMACHT/STIMMABGABE PER BRIEFWAHL zur Eintrittskarte Nummer […] über […] Aktien der XYZ AG Ich/Wir

(Vorname, Nachname bzw. Firma)

(Straße und Hausnummer bzw. Postfach)

(PLZ und Ort) widerrufe(n) hiermit meine/unsere … abgegebene(n) Briefwahlstimme(n) … den von der Gesellschaft benannten Stimmrechtsvertretern Frau [Vorname Nachname] und Herrn [Vorname Nachname] … am

Herrn/Frau Datum

Vorname, Nachname bzw. Firma

erteilte Vollmacht mich/uns in der ordentlichen Hauptversammlung der XYZ AG, Frankfurt am Main am [Tag/Monat/Jahr] zu vertreten und das Stimmrecht für mich/uns auszuüben.

Ort/Datum

Unterschrift(en)

Hinweise: Der Widerruf der Vollmacht bedarf gemäß § […] der Satzung der Textform (§ 126b BGB). Kreditinstitute, Aktionärsvereinigungen oder die, diesen nach

449

Anlage 7

§ 135 Abs. 8 AktG gleichgestellten Personen können für ihre eigene Bevollmächtigung bzw. deren Widerruf abweichende Regelungen für die Form vorsehen. Die Aktionäre werden gebeten, sich in diesem Fall mit dem zu Bevollmächtigenden rechtzeitig wegen der Form der Vollmacht abzustimmen. Die persönliche Teilnahme eines Aktionärs oder eines bevollmächtigten Dritten gilt automatisch als Widerruf der zuvor an Stimmrechtsvertreter erteilten Vollmacht und Weisungen bzw. abgegebenen Briefwahlstimmen. Sofern Sie die den von der Gesellschaft benannten Stimmrechtsvertretern erteilte Vollmacht widerrufen, übermitteln Sie den Widerruf bis zum [Tag/Monat/Jahr/ Uhrzeit MESZ] bitte an folgende Adresse: XYZ AG c/o [Dienstleister], Straße, Ort, Telefax: [Nummer] oder per E-Mail an [[email protected]]. Der Widerruf kann auch unter Nutzung des HV-Portals gemäß dem von der Gesellschaft festgelegten Verfahren unter der Internet-Adresse: [www.xyz-ag.de/ hv-portal/] bis zum [Tag/Monat/Jahr/Uhrzeit MESZ] erklärt werden. Alternativ ist ein Widerruf der Vollmacht auch am Zugangsschalter der Hauptversammlung möglich. Sofern Sie die einem Dritten erteilte Vollmacht widerrufen, können Sie den Widerruf gegenüber dem von Ihnen bevollmächtigten Dritten erklären oder auch gegenüber der Gesellschaft. Falls Sie den Widerruf gegenüber der Gesellschaft erklären, übermitteln Sie den Widerruf bis zum [Tag/Monat/Jahr/Uhrzeit MESZ] an folgende Adresse: XYZ AG c/o [Dienstleister], Straße, Ort, Telefax: [Nummer] oder per E-Mail an [[email protected]]. Alternativ kann die Vollmacht auch am Zugangsschalter der Hauptversammlung widerrufen werden. Abgegebene Briefwahl-Stimmen können schriftlich oder elektronisch widerrufen werden. Sofern Sie abgegebene Briefwahl-Stimmen widerrufen, übermitteln Sie den Widerruf an die Gesellschaft bis zum [Tag/Monat/Jahr/Uhrzeit MESZ] an folgende Adresse: XYZ AG c/o [Dienstleister], Straße, Ort, Telefax: [Nummer] oder per E-Mail an [[email protected]]. Der Widerruf der abgegebenen Briefwahl-Stimmen kann auch unter Nutzung des HV-Portals gemäß dem von der Gesellschaft festgelegten Verfahren unter der Internet-Adresse: [www.xyz-ag.de/hv-portal/] bis zum [Tag/Monat/Jahr/ Uhrzeit MESZ] erklärt werden.

450

Anlage 8 Muster Gästekarte

Fantasia AG

0031

Gastkarte Schaaf, Dr. Andreas Name, Vorname

65178 Wiesbaden

0031

zur ordentlichen Hauptversammlung am 28.05.2017 im Hotel Intercontinental in Berlin

Wohnort

Fantasia AG

Gastkarte

0031 0031

Einlasskontrollabschnitt zur ordentlichen Hauptversammlung am 28.05.2017

451

Anlage 9 Zugänglich zu machende Gegenanträge und Wahlvorschläge XYZ AG Letzte Aktualisierung: [Tag/Monat/Jahr] Nachfolgend finden Sie alle zugänglich zu machenden Anträge von Aktionären (Gegenanträge und Wahlvorschläge von Aktionären im Sinne von §§ 126, 127 AktG) zu den Punkten der Tagesordnung der Hauptversammlung der XYZ AG am [Tag/Monat/Jahr] sowie die Stellungnahme der Verwaltung zu diesen Anträgen. Die Anträge und deren Begründungen wurden von uns unverändert in das Internet eingestellt, soweit sie zugänglich zu machen sind. Sie können sich diesen Gegenanträgen oder Wahlvorschlägen anschließen, indem Sie in der Hauptversammlung bzw. im Wege der Briefwahl mit „Nein“, das heißt gegen den Vorschlag der Verwaltung, stimmen. Wenn Sie die von der XYZ AG benannten Stimmrechtsvertreter oder eine andere Person zur Ausübung ihres Stimmrechtes bevollmächtigen, müssen Sie diesen ggf. entsprechende Weisungen erteilen oder bereits erteilte Weisungen entsprechend anpassen. Der Aktionär [z. B. Name Aktionär oder ggf. Name Aktionärsvereinigung], [Ort] hat folgenden Gegenantrag zu Tagesordnungspunkt 3 übersandt: From: [Name Aktionär] Sent: [Datum] To: [[email protected]] Subject: Gegenantrag zur Hauptversammlung Gegenantrag zu Tagesordnungspunkt 3 – Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr […] Den Mitgliedern des Vorstandes wird die Entlastung verweigert. Begründung: Die vom Vorstand verfolgte Politik, sich von geschäftlichen Aktivitäten zu trennen, die nicht zum Kerngeschäft gehören, halte ich für verfehlt. Hier ist wertvolles Know-how verloren gegangen, das in Zukunft bei der Entwicklung neuer Produkte fehlen wird. Die vom Vorstand in der Vergangenheit zur Stärkung des Kerngeschäfts erworbenen Beteiligungen haben sich dagegen bisher als Fehlinves453

Anlage 9

titionen erwiesen. Die vom Vorstand behaupteten Synergien sind nicht geschaffen worden, vielmehr mussten in erheblichem Umfang zusätzlich Mittel aufgewendet werden, die nun für Investitionen fehlen. Angesichts dieser Leistung des Vorstands ist eine Entlastung abzulehnen. Machen Sie bitte meinen Gegenantrag gemäß Aktiengesetz zugänglich. Die Aktionäre bitte ich, meinem Gegenantrag zuzustimmen. Bitte bestätigen Sie mir den ordnungsgemäßen und fristgemäßen Eingang meines Gegenantrags. Mit freundlichen Grüßen [Name Aktionär]

Der Aktionär [Name Aktionär oder ggf. Name Aktionärsvereinigung] hat folgenden Gegenantrag zu Tagesordnungspunkt 6 „Wahl zum Aufsichtsrat“ übersandt: [Briefkopf Aktionär] An die XYZ Aktiengesellschaft – Rechtsabteilung – [Straße] [Ort] Gegenantrag zur Hauptversammlung der XYZ AG am [Tag/Monat/Jahr] zu Tagesordnungspunkt „Wahl zum Aufsichtsrat“ Der Vorschlag des Aufsichtsrats, Herrn […] in den Aufsichtsrat zu wählen, wird abgelehnt. Stattdessen schlage ich vor, mich selber in den Aufsichtsrat zu wählen. Begründung: Es bestehen erhebliche Zweifel daran, dass Herr […] über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten für die Ausübung des Aufsichtsratsmandats verfügt. Herr […] ist in der […] Branche tätig und hat dagegen keine Erfahrungen in den Geschäftsfeldern in denen unsere Gesellschaft tätig ist. Darüber hinaus ist Herr […] neben seiner Tätigkeit als Vorstand der […] bereits Mitglied in […] Aufsichtsräten. Angesichts der Zunahme von Art und Umfang der Aufgaben des

454

Zugänglich zu machende Gegenanträge und Wahlvorschläge

Aufsichtsrats in den letzten Jahren, ist es daher zweifelhaft, dass Herr […] angesichts seiner sonstigen Tätigkeiten dazu in der Lage ist, die für die Ausübung des Amts als Aufsichtsrat erforderliche Zeit aufzubringen. Ich bin […] Jahre alt, und als […] tätig. Ich bin seit […] Aktionär der Gesellschaft und verfüge über […] Berufserfahrung in der […] Branche. Im Aufsichtsrat der Gesellschaft befindet sich derzeit kein Vertreter der Kleinaktionäre, der die Kontrollfunktion unbelastet wahrnehmen kann. Mit freundlichen Grüßen [Name Aktionär] Stellungnahme der Verwaltung Wir halten die Gegenanträge für unbegründet und schlagen vor, sie abzulehnen. Zu Einzelfragen werden der Vorstand und – soweit sie in den Verantwortungsbereich des Aufsichtsrats fallen – der Aufsichtsrat in der Hauptversammlung Stellung nehmen. Der Vorstand

455

Anlage 10 Übersicht zu den Auskunftsrechten mit Rechtsprechungs- und Literaturhinweisen Gegenstand der Auskunft

Auskunftsrecht

Rechtsprechung/Literatur

Abfindungszahlungen an ausgeschiedene Mitarbeiter



KG, AG 1996, 135

Abhängigkeitsbericht Geschäfte eines abhängigen mit herrschendem Unternehmen

+

h. M. ja, soweit Voraussetzungen gem. § 131 erfüllt; siehe OLG Düsseldorf, WM 1991, 2148; Habersack/Verse, AG 2003, 366 m. w. N.; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rz. 164; a. A. OLG Frankfurt, AG 2003, 335; Decher, in: Großkomm. z. AktG, § 131 Rz. 411

Abhängigkeitsbericht nach § 312 in der – Hauptversammlung des abhängigen Unternehmens

KG, AG 1973, 25, 23 f.; OLG Frankfurt, NZG 2003, 224; dagegen Teile der Literatur siehe Bunte, Auskunftsrecht der Aktionäre bei berichtspflichtigen Vorgängen?, AG 1974 374 – 376

Abschlussprüfer Management-Letter an den Vorstand

+

Heidel, in: Heidel, Aktienrecht, § 131 Rz. 85

Abstimmungsempfehlung von Kreditinstituten über Depotkunden



BayObLG, ZIP 1996, 1945, 1949; LG München, AG 1996, 186; Decher, in: Großkomm. z. AktG, § 131 Rz. 131; Hüffer/ Koch, AktG, § 131 Rz. 11; Groß, AG 1997, 97, 105; LG München, AG 1994, 380

(auch wenn Gegenstand eines im Wege + der Ergänzung der Tagesordnung aufgenommenen Sonderprüfungsauftrag)

Ad-hoc-Mitteilungen

+

Mutter; Auskunftsansprüche des Aktionärs in der HV, S. 9 ff.

Aktien eigene der AG

+

BGH, AG 1987, 314, OLG Dresden, AG 1999, 274, 275; LG Frankfurt, AG 1984 296, 298 f., BGH, AG 1987, 344, 347

Aktionärsnamen (auf Einsicht in Teilnehmerverzeichnis kann verwiesen werden)





Aktionärsoptionen des Managements

+

OLG München, DB 2002, 2152

457

Anlage 10

Gegenstand der Auskunft

Auskunftsrecht

Aktionärsrichtlinie Umfang der Auskunftspflicht bei Fragen zur Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat und zur Rechtsstellung für Rechtsstreitigkeiten

Aktionärsstruktur

Rechtsprechung/Literatur Ausreichend, wenn die erfragten Umstände der Hauptversammlung im Großen und Ganzen durch die Aktionäre bekannt gemacht werden und die Aktionäre dem Grunde nach die wirtschaftlichen Auswirkungen dieses Geschäftsvorfalls für die AG erkennen können. Keine Verpflichtung, im Einzelnen darzulegen, bei welchem Rechtsstreit er eine Erfolgsaussicht für gegeben und in welcher Höhe er eine Rückstellung für geboten hält. LG Frankfurt, ZIP 2014 1435

+

+ Alle für den Abschluss von Unternehmensverträgen wesentlichen Angelegenheiten auch des anderen Vertragsteils

LG Berlin, AG 1994, 40, 42; LG Frankfurt, WM 1994, 1929, 1931; LG Heidelberg, AG 1996, 523, 525; Decher, in: Großkomm. z. AktG, § 131 Rz. 131 BGH, BGHZ 119, 1 ff.

Allgemeinpolitische Fragen





Angaben über Konzernverrechnungspreise und Konzernumlagen

+

OLG Karlsruhe, AG 1990, 82; LG Frankfurt/M., DB 1993, 2371

Angaben über Verluste

+

OLG Bremen, AG 1981, 229

Anlagepolitik (§ 131 Abs 3 Satz 1)





Anschaffungskosten

+

OLG Düsseldorf, AG 1992, 34; LG Ingolstadt, WM 1991, 685

Anschaffungskosten einer Beteiligung (u. U. aber § 131 Abs. 3 Nr. 1, wenn erhebliche Nachteile drohen)

+

OLG Düsseldorf, DB 1991, 2532; LG Berlin, AG 1991, 34

Anzahl Aufsichtsratsmandate

+

KG, ZIP 1995, 1592, 1594

458

Übersicht zu den Auskunftsrechten mit Rechtsprechungs- und Literaturhinweisen

Gegenstand der Auskunft

Auskunftsrecht

Rechtsprechung/Literatur

Anzahl der Mitarbeiter



LG München, AG 1993, 519; Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 19, sofern nicht Erleichterungen nach §§ 267 Abs. 1, 288 HGB in Anspruch genommen

Anzahl und Staffelung von Mitarbeitergehältern ab einer bestimmten Größenordnung



OLG Frankfurt, AG 2006, 460, 462

Arbeitnehmer Kosten der Gewährung von Bezugsrechten

+

OLG München, ZIP 2002, 1150

Arbeitnehmervergütung

Grds. nein, nur bei Anhaltspunkt für überhöhte Vergütung der Mitarbeiter.

LG München I, AG 1993, 519

Aufgliederung Depotanteil



LG Frankfurt/M., DStR 1995, 1160

– Aufgliederung der Anteile an Beteiligungen in Banken, Versicherungen und übrige Kapitalgesellschaften

BayObLG, AG 1996, 180, 181

Aufschlüsselung einzelner Bilanzposten

OLG Düsseldorf, DB 1991, 2532 (Umsatzerlöse eines Geschäftsbereiches); OLG Frankfurt, AG 1986, 233, 234

+

Aufsichtsratskandidaten

+

LG Hannover, AG 2009, 914

Auskünfte, die die Hauptversammlung unzumutbar blockieren können



LG Frankfurt/M., DStR 1995, 1160

Auskunftspflichten für Einzelangaben



(Urheberschaft einer Analyse) OLG Düsseldorf, WM 1991, 2148, 2153 (Details innerbetriebliche Kalkulation); LG Dortmund, AG 1987, 189; LG Mainz, AG 1988, 169, 171

Außerhalb des Geschäftsjahres liegende Vorfälle, die keine Auswirkung auf das Geschäftsjahr haben



OLG Zweibrücken, AG 1990, 496; Joussen, DB 1994, 2485

Bedingungen von Geschäften mit verbundenen Unternehmen

+

Meilicke/Heidel, DStR 1992, 113

459

Anlage 10

Gegenstand der Auskunft

Auskunftsrecht

Rechtsprechung/Literatur

Berufliche Erfahrungen und Umfang von Nebentätigkeiten von Organmitgliedern

+

Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 49; einschränkend OLG Düsseldorf, AG 1987, 21; LG München I, AG 1993, 519

Beteiligungen an börsennotierten Aktiengesellschaften mit einem Marktwert von 100 Mio. DM oder 5 % des Kapitals oder des Stimmrechts

+

BayObLG, ZIP 1996, 1945, 1948; KG, ZIP 1993, 1618, 1621; BayObLG, AG 1996, 180, 181

Beteiligungen Kauf- und Verkaufspreis +

OLG Düsseldorf, DB 1991, 2532 (Umsatzerlöse eines Geschäftsbereiches); OLG Frankfurt, AG 1986, 233, 234

Beteiligungsbesitz von mehr als 0,5 % an der Gesellschaft (soweit Information durch Einsichtnahme in Teilnehmerverzeichnis/Aktienbuch verschafft werden kann)



KG, AG 1994, 469, 473

Bezüge einzelner Vorstandsmitglieder



LG Berlin, AG 1991, 34; LG Köln, AG 1997, 188, Gesetz über die Offenlegung von Vorstandsvergütungen verpflichtet AG im Kern zur individualisierten Offenlegung, soweit es sich um börsennotierte Gesellschaft handelt; siehe dazu § 285, Satz 1 Nr. 9 lit a HGB bzw. § 314 Abs. 1 Nr. 6 lit a HGB; Auskunftsrecht besteht damit nicht, da es sich aus den veröffentlichten Angaben ergibt; bei fehlender Börsennotierung i. d. R. keine Verpflichtung, siehe Hüffer/Koch, AktG, § 88 Rz. 17

Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden (soweit Angaben im Anhang ausreichen, um Standard des § 264 Abs. 2 HGB zu erreichen)





Buchwert von Grund und Boden ohne



KG, AG 1994, 469, 473

460

Übersicht zu den Auskunftsrechten mit Rechtsprechungs- und Literaturhinweisen

Gegenstand der Auskunft

Auskunftsrecht

Gebäude, umbauter Raum der Gebäude, betriebsnotwendiger Bedarf an Räumen, Buchwert der betriebsnotwendigen und der übrigen Bauten, Quadratmeteranzahl und Grundfläche zum Feuerversicherungswert

Rechtsprechung/Literatur LG Mannheim, Urt. v. 21.12.1992 – 23 AktE 1/92 (unveröff.)

DCGK

+

LG Hannover, AG 2009, 914

Delisting

+

BGH, ZIP 2013, 2254; Heidel, in: Heidel, Aktienrecht, § 131 Rz. 85

Detailkontrolle von Personalentscheidungen betr. Anstellung und Ernennung Vorstandsvorsitzender



OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.7.2015 grds. nein, nur wenn begründete Anhaltspunkte für einen schwerwiegenden und eindeutigen Verstoß der Organe der AG vorliegen.

+ Die von der Gesellschaft oder ihren Konzernunternehmen oder ihren verbundenen Unternehmen gehaltenen Anteile an börsennotierten Gesellschaften, wenn diese mindestens 5 % des Grundkapitals oder der Stimmrechte bei der betreffenden Gesellschaft ausmachen oder einen Börsenwert von mindestens 100 Mio. DM haben.

BayObLG, ZIP 1996, 21, 70; BayObLG, AG 1996, 1945, 1948 (für von nicht verbundenen Vermögensverwaltungsgesellschaften treuhänderisch gehaltenen Anteile); KG, AG 1996, 516; die 10 %-Grenze ist durch die 5 %-Regelung in § 21 WpHG wohl überholt (so noch KG, AG 1994, 83; verneinend LG Frankfurt/M., DStR 1995, 1160

Due Dilligence-Prüfung nebst detailliertem Überblick über diesen Erwerb, Parteien und Überblick

+

BGH, Beschl. v. 5.11.2013 – II ZB 28/12; Beschwerdegericht OLG Frankfurt, ZIP 2012 2502

Einheitswert der unbebauten Grundstücke





Einzelheiten des Abhängigkeitsberichts





461

Anlage 10

Gegenstand der Auskunft

Auskunftsrecht

Rechtsprechung/Literatur

Einzelne Positionen der Bilanz oder GuV, sofern nicht unbedeutend.

+

Bay OLG, AG 1996 322, 323 (Verkaufspreis Immobilie, der 2/3 des Grundkapitals entspricht); OLG Düsseldorf, WM 1991, 2148, 2154 (Umsatzerlös eines einzelnen Geschäftsbereiches); LG Berlin, AG 1991, 34, 35 (Anschaffungskosten bei Beteiligungserwerb); OLG Frankfurt, 1986, 233, 234; OLG Frankfurt, AG 1991, 206 (Bierausstoß einer auch nicht alkoholischen Getränke herstellenden Brauerei)

Einzelposten des Jahresabschlusses; anders, wenn einzelnes Geschäft im Verhältnis zum Grundkapital und zum ausgewiesenen Gewinn von bedeutendem Umfang ist und Bilanz insgesamt prägt;

– +

BGH, BGHZ 32, 159, 163; BayObLG, ZIP 1996, 1251; LG München, AG 1996, 89

Entscheidungen gemäß § 119 Abs. 2 AktG (Erwerb anderer Gesellschaft)

+

LG München, AG 1993, 935

Entwicklung Umsatzerlöse

+

OLG Düsseldorf, AG 1992, 34, 36

Ersatzansprüche Verjährung



LG Frankfurt, AG 2007, 375, aufgehoben vom OLG Frankfurt, OLGR Frankfurt 2008, 769 Heidel, in: Heidel, Aktienrecht, § 131 Rz. 85

Ertragslage

+



Erwerb eigener Aktien

+

BGH, AG 1987, 344; OLG Dresden, AG 1999, 274, 275; LG Frankfurt, AG 1984, 296, 298 f.; OLG Frankfurt, AG 1991, 206, 207

Fairness Opinions

+

LG München, ZIP 2001, 1148

Gehaltsstruktur



LG Frankfurt/M., DStR 1995, 1160

Gesamtbezüge Aufsichtsrat/Vorstand

+

OLG Düsseldorf, NJW 1988, 1033

462

Übersicht zu den Auskunftsrechten mit Rechtsprechungs- und Literaturhinweisen

Gegenstand der Auskunft

Auskunftsrecht

Gesamtbezüge Mitglieder, Group Ex- + cecutive Committee, die nicht zugleich Mitglieder Vorstand sind;

Rechtsprechung/Literatur OLG Frankfurt, AG 2006, 460 f.

auch bezüglich Zusammensetzung der Vergütungskomponenten, aber bei individualisierten Bezügen;

+

Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 18 (relativ keine absoluten Beträge)

Gesamtbezüge für Tätigkeiten in AR oder im Beirat von Tochterunternehmen.

– +

OLG Frankfurt, AG 2006, 460 f.; OLG Düsseldorf, NJW 1988, 1033; LG Dortmund, AG 1999, 133; a. A. OLG Hamm, AG 1977, 233, 234

Gesamthöhe des Spendenaufkommens der Gesellschaft (soweit diesen Spenden gegenüber dem Bilanzgewinn nur untergeordnete Bedeutung zukommt, Auskunft über einzelne Spendenvorgänge nur bei besonderem Anlass)

+

OLG Frankfurt/M., AG 1994, 39

Gesamthöhe des Spendenaufkommens, + Einzelspende nur bei besonderem Anlass

Groß, AG 1997, 97, 105; OLG Frankfurt/M., AG 1994, 39 f.

Großaktionäre, Verträge mit Unterneh- + men, an denen Großaktionär beteiligt ist

LG Köln, DB 1999, 680; OLG Hamburg, AG 2001 359, 361; dagegen KG, AG 1973, 25, 26

Grundstückskaufpreis, wenn dieser im Verhältnis zu Grundkapital und ausgewiesenem Gewinn von bedeutendem Umfang ist (Grundstücksgeschäft in Höhe des 10-fachen Jahresgewinns).

+

BayObLG, DB 1996, 1125

Haftungsrisiko bei verbundenen Unternehmen

+

LG Frankfurt, ZIP 1994, 784

Höhe der Erträge aus der Auslösung von Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Forderungen





Höhe der steuerlich anerkannten Rückstellungen/Abschreibungen

+



Höhe des Anlagevermögens, Umlaufvermögens, Eigenkapitals, langfristigen Fremdkapitals

+ + + +

– – – –

463

Anlage 10

Gegenstand der Auskunft

Auskunftsrecht

Rechtsprechung/Literatur

Interne Kalkulation

+

LG Dortmund, AG 1987, 21, 22; OLG Zweibrücken, AG 1990, 496 f., aus Wettbewerbsgründen aber nicht für einzelne Produkte

Jahresergebnis der in den Konzernabschluss der Mutter einbezogenen Unternehmen

+

OLG Hamburg, BB 1994, 530

Kapitalerhöhung Sacheinlage

+

LG München, ZIP 2001, 1148, 1151

Kapitalerhöhung verschleierte Sacheinlage

+

LG Hannover, AG 1996, 37

Konzernumlagen, Konzernverrechnungspreise

+

OLG Karlsruhe, AG 1990, 82; LG Frankfurt/M., DB 1993, 2371; OLG Hamburg, AG 1976, 372 f.

Marktwert der Grundstücke und Gebäude in der AG bzw. im Konzern

– (streitig)

LG Berlin, AG 1994, 40, 41 f.; LG Frankfurt/M., WM 1994, 1929, 1930 und – 3/3 O 85/91 (unveröff.); Groß, AG 1997, 97, 105; a. A. KG, AG 1994, 469, 472

Nähere Erläuterungen bedeutender Bilanzansätze

+



Nennwert der von Konzernunterneh- + men gehaltenen Beteiligungen, wenn Beteiligung mindestens 5 % des Grundkapitals oder der Stimmrechte des Beteiligungsunternehmens umfassen oder einen Börsenwert von mindestens 100 Mio. DM haben.

BayObLG, ZIP 1996, 2170, 2171f; KG, AG 1996, 131, 133; die in KG AG 1994, 83 f. genannte 10 %-Grenze dürfte zwischenzeitlich überholt sein; verneinend LG Frankfurt/M., WM 1994, 1931

Offenlegung Bezüge Alleinvorstand



§ 286 i. V. m. HGB keine Offenlegung; ja im Einzelfall bei Entlastungsbeschluss, da seine Bezüge zugleich Gesamtaufwand Vorstand (Hüffer/Koch, AktG, § 131 Rz. 19)

Pensionsrückstellungen für einzelne Vorstandsmitglieder





464

Übersicht zu den Auskunftsrechten mit Rechtsprechungs- und Literaturhinweisen

Gegenstand der Auskunft

Auskunftsrecht

Persönliche Angelegenheiten der Auf- – sichtsratsmitglieder (hier: Motive Aufsichtsratsvorsitzender und Vorgänge in Aufsichtsratssitzung)

Rechtsprechung/Literatur OLG Stuttgart, AG 1995, 234, 235

Persönliche Angelegenheiten einzelner Verwaltungsratsmitglieder, soweit von Belang für ihre Tätigkeit (z. B. Beruf).

+

Zöllner, in: Kölner Komm AktG, § 131 Rz. 49

Pflicht des Aufsichtsrats in eigenen Angelegenheiten





Pläne oder noch laufende Verhandlun- – gen bezüglich abzuschließender Unternehmensverträge

KG, AG 1996, 421, 424

Prüfungsbericht bei formwechselnder + Umwandlung durch Zusammenfassung des Inhalts

LG Heidelberg, AG 1996, 523



über Aktienerwerb der Hauptaktionäre





über Buchwert, mit dem die Beteiligung des Hauptaktionärs an der Gesellschaft angesetzt ist.



Querulatorische Fragen (muss aber eindeutig feststehen)





Reservepolitik

+



Rohertrag, der durch Vertrieb des Pro- – dukts x. entstanden ist.



Sonderprüfungsberichte

OLG Köln, ZIP 1998, 994

+

Spenden an einzelne Spendenempfänger





(soweit Spenden im Rahmen des Üblichen) Wenn Spenden große Bedeutung zukommt und besonderer Anlass für Auskunft besteht.

+

OLG Frankfurt/M., AG 1994, 39 f.

Steuerbilanz und Ansätze in der Steuerbilanz





Steuern (§ 131 Abs. 3 Satz 1 auch Tarifbelastung des Eigenkapitals)



Kamprad, AG 1991, 396

465

Anlage 10

Gegenstand der Auskunft

Auskunftsrecht

Steuerrücklagen in der Bilanz, die von – dem in der Gewinn- und Verlustrechnung angesetzten Steueraufwand abweichen.

Rechtsprechung/Literatur BGH, ZIP-aktuell 1995, Nr. 204

Stille Reserven (§ 131 Abs. 1 Satz 1)





Strafbarkeit der Auskunft (§ 131 Abs. 1 Satz 1)





Tarifkalkulation



LG Dortmund, AG 1987, 189; LG Mainz, AG 1988, 169, 171; LG München, AG 1987, 185

Übernahme der Mithaftung für Verbindlichkeiten einer verbundenen Gesellschaft

+

LG Frankfurt/M., AG 1993, 520

Übernahme einer Firma

+

LG München I, AG 1993, 435, auf gesamte Vermögensverhältnisse der übernommenen Firma

Umfang der konzernfremden Aufsichts- – ratsmandate von Vorstandsmitgliedern –

soweit keine Anhaltspunkte vorge- streitig bracht werden, die objektive Zweifel an der Vereinbarkeit der Aufsichtsratstätigkeit mit der Vorstandstätigkeit begründet,



um Überlastung zu erkennen.

+

Umfang des Auskunftsrechts (teilweise oder vollständige Verlesung des zugrunde liegenden Vertrages)

+

Umstände, die Aktionäre wegen Kom- – plexität und Umfang in Hauptversammlung nicht verwenden können.

OLG Düsseldorf, WM 1986, 1435, 1436; LG München, AG 1993, 519; LG Frankfurt/M., WM 1994, 1929, 1931; Groß, AG 1997, 97, 105; Reuter, DB 1988, 2615, 2619; a. A OLG Düsseldorf, WM 1986, 1435; KG, WM 1995, 1920 BayObLG, AG 1996, 180, 181; KG, WM 1995, 1920, 1925 OLG München, ZIP 2015, 1680

LG Essen, AG 1999, 329, 332

Unklare Fragen (Rückfragepflicht)

+



Verlesung von Urkunden, soweit für ihr Verständnis notwendig.

+

OLG Koblenz, WM 1967, 1293

Verluste (im Einzelfall aber § 131 Abs. 3 Satz 1, erhebliche Nachteile)

+



466

Übersicht zu den Auskunftsrechten mit Rechtsprechungs- und Literaturhinweisen

Gegenstand der Auskunft

Auskunftsrecht

Rechtsprechung/Literatur

Verluste bei Enkelgesellschaft (soweit Tochtergesellschaft zwischengeschaltet ist)





Verrechnungspreis im Konzern

+

OLG Hamburg, AG 1970, 372

Verträge mit Unternehmen, an dem Großaktionär beteiligt ist.

+

Meilicke/Heidel, DStR 1992, 113

Verwendung der durch Kapitalerhöhung + erlangten Geldmittel, soweit Verdacht besteht, Kapitalerhöhung laufe auf eine verdeckte Sacheinlage hinaus.

LG Hannover, AG 1996, 37

Vorlage eines Jahresabschlusses in nicht abgekürzter Form

+

Wesentlicher Inhalt von Verträgen und + sonstigen Urkunden Wiederholung einer bereits gegebenen Auskunft



OLG Düsseldorf, BB 1992, 177 – LG Essen, BB 1962, 612, Bezugnahme auf die bereits gegebene Auskunft zulässig

467

Anlage 11 Leitnotiz nebst Beilagen Leitfaden für die ordentliche Hauptversammlung Begrüßung Meine sehr verehrten Damen und Herren, als Vorsitzender des Aufsichtsrats eröffne ich gemäß § X der Satzung die diesjährige ordentliche Hauptversammlung unserer Gesellschaft. Ich heiße unsere Aktionäre, die Aktionärsvertreter und die Gäste sowie die Damen und Herren der Presse im Namen des Aufsichtsrats und des Vorstands herzlich willkommen. Ferner begrüße ich die Herren […] als Vertreter der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft […]. Aus gesetzlichen und Sicherheitsgründen muss ich Sie darauf aufmerksam machen, dass das Rauchen in den Versammlungsräumen nicht gestattet ist. Außerdem bitte ich Sie, auf die Benutzung von Handys in den Versammlungsräumen zu verzichten, um den Ablauf der Hauptversammlung nicht zu stören. Ferner bitten wir Sie, die Aufzeichnung der Hauptversammlung auf Tonträgern oder Speichermedien zu unterlassen. Formalia: Bevor wir zur Erledigung der Tagesordnung übergehen, möchte ich zunächst einige Regularien der heutigen Hauptversammlung erläutern: Die notarielle Beurkundung der heutigen Hauptversammlung wird Herr Notar […] aus Wiesbaden vornehmen, der hier zu meiner Linken sitzt und den ich ebenfalls herzlich begrüßen möchte. Zum Präsenzbereich erkläre ich ausschließlich diesen Versammlungssaal „A“, die für Sie zugänglichen Nebenräume dieses Versammlungssaals, das Foyer und die Toiletten. Die Ein- und Ausgangskontrolle befindet sich die Treppe hinunter im Erdgeschoss. Die Abstimmung erfolgt jedoch ausschließlich in diesem Saal „A“. Falls Wortmeldungen vorliegen: Ich darf Sie bitten, Ihre Wortmeldungen bis zur Generaldebatte zurückzustellen und mir zunächst Gelegenheit zu geben, Hinweise zum Ablauf der Versammlung zu geben. Alle Mitglieder des Vorstands und – mit Ausnahme der Herren […] und […] – auch alle Mitglieder des Aufsichtsrats nehmen an dieser Hauptversammlung teil. Ferner begrüße ich die zur Neuwahl in den Aufsichtsrat vorgeschlagenen Da-

469

Anlage 11

men und Herren, mit Ausnahme von Herrn Z., der wegen eines unaufschiebbaren Termins leider verhindert ist und sich hierfür entschuldigen lässt. Feststellung der form- und fristgerechten Einberufung der HV: Diese Hauptversammlung ist bei gleichzeitiger Bekanntmachung der Tagesordnung durch Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger am […] und außerdem in der Börsen-Zeitung Nr. […] vom […] auf Seite […] form- und fristgerecht einberufen worden. Die Einladung zur Hauptversammlung mit den Beschlussvorschlägen wurde ab diesem Zeitpunkt auch auf der Website der Gesellschaft, die unter […] zu finden ist, veröffentlicht. Je ein Exemplar der Anzeigen im elektronischen Bundesanzeiger und der BörsenZeitung liegen Herrn Notar […] vor. Die Einladung zur Hauptversammlung mit den Beschlussvorschlägen nebst den getätigten Angaben gemäß § 121 Abs. 3 AktG ist allen Aktionären und Kreditinstituten fristgemäß übersandt worden. Die Gesellschaft hat ferner den nachfolgenden Gegenantrag bzw. Wahlvorschlag erhalten: Zum Tagesordnungspunkt 6 „Wahlen zum Aufsichtsrat“ hat Herr A. am […] einen Gegenantrag gestellt. Diesen haben wir nebst der Stellungnahme der Verwaltung auf der Internet-Seite unseres Unternehmens veröffentlicht. Dieser fristgemäß eingegangene Gegenantrag liegt ferner in Kopie am Wortmeldetisch und an dem Informationsstand im Foyer aus. Darüber hinaus sind keine Gegenanträge oder Wahlvorschläge eingegangen. Ich stelle fest, dass die Einberufung der Hauptversammlung gemäß Gesetz und Satzung ordnungsgemäß erfolgt ist. Ich möchte außerdem darauf hinweisen, dass am Wortmeldetisch und an unserem Informationsstand im Foyer zu Tagesordnungspunkt 1: 

der festgestellte Jahresabschluss […] und der Lagebericht einschließlich des erläuternden Berichts zu den Angaben nach § 289 Abs. 4 und Abs. 5 HGB für das Geschäftsjahr […] sowie der gebilligte Konzernabschluss und der Konzernlagebericht einschließlich des erläuternden Berichts zu den Angaben nach § 315 Abs. 4 HGB für das Geschäftsjahr […] und der Bericht des Aufsichtsrats sowie des Corporate Governance- und des Vergütungsberichts zum Geschäftsjahr ausliegen (siehe § 175 Abs. 2, insbesondere Abs. 2 Satz 4).

Die Gesellschaft hat diese Unterlagen auf ihrer Internetseite seit dem Tage der Einberufung veröffentlicht.

470

Leitnotiz nebst Beilagen

Hinweis auf Kaffee und Imbiss außerhalb des Saales: Meine sehr verehrten Damen und Herren, zunächst darf ich Sie darauf aufmerksam machen, dass im Foyer Kaffee für Sie bereitgehalten und ab 11:30 Uhr im Foyer bzw. in den Räumen „B“, „C“ und „D“ ein Imbiss gereicht wird. Informationen über unsere Gesellschaft und deren Tochterunternehmen bieten wir am Informationsstand an, der sich vor dem Eingang dieses Saales befindet. Mitarbeiter des Unternehmens stehen dort zu Ihrer Unterstützung auch in sonstigen Angelegenheiten gerne zur Verfügung. Der Ablauf der Hauptversammlung wird durch Lautsprecher auch in die für Sie zugänglichen Nebenräume dieses Saales sowie die im Präsenzbereich zugänglichen Toiletten übertragen. Aktionäre, die sich dort aufhalten, befinden sich – wie bereits erwähnt – im Präsenzbereich und nehmen somit weiter an der Versammlung teil. Live-Übertragung der Hauptversammlung Auf Anordnung des Versammlungsleiters wird die gesamte heutige Hauptversammlung für angemeldete Aktionäre unserer Gesellschaft mit Beginn der Hauptversammlung um 10:00 Uhr live über das Internet übertragen [www.gesellschaft. com/Hauptversammlung]. Die Live-Übertragung der Hauptversammlung ermöglicht keine Teilnahme an der Hauptversammlung i. S. d. § 118 Abs. 1 Satz 2 AktG. Abstimmungen: Im Hinblick auf das Abstimmungsprocedere möchte ich schon jetzt auf Folgendes hinweisen: Eine Erfassung der Stimmen der Aktionäre und Aktionärsvertreter ist nur hier im Saal „A“ möglich, sodass ich Sie vor den Abstimmungen bitten werde, sich in diesen Saal zu begeben. Als Leiter der Hauptversammlung habe ich die Art und die Form der Abstimmung festzulegen. Die Beschlüsse werden nach § X der Satzung der Gesellschaft mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Die Abstimmung erfolgt schriftlich unter Verwendung des Ihnen im Austausch gegen die Eintrittskarte zur Hauptversammlung ausgehändigten Stimmkartenbogens. Die Abstimmung erfolgt im Wege des Subtraktionsverfahrens, d. h. der Anteil der Ja-Stimmen errechnet sich durch Abzug der Stimmenthaltungen und der Nein-Stimmen von der sich aus dem Teilnehmerverzeichnis ergebenden jeweiligen Gesamtpräsenz. Alle nicht als Nein-Stimme oder Stimmenthaltung erfassten und als präsent registrierten Stimmen zählen als Ja-Stimme. Ich behalte mir

471

Anlage 11

jedoch vor, eine andere Art der Abstimmung festzulegen, wenn ich dies für zweckmäßig halte. Um einen zügigen Ablauf der Hauptversammlung zu gewährleisten, werden die Stimmen nicht für jede Abstimmung gesondert, sondern für alle Tagesordnungspunkte beginnend mit Tagesordnungspunkt 2 zusammen eingesammelt. Nach Aufruf der einzelnen Tagesordnungspunkte werde ich Ihnen den jeweils zu verwendenden Stimmabschnitt benennen. Vor Beginn der Abstimmungen werde ich Ihnen die Regularien der Abstimmung nochmals genauer erläutern. Verfahren für die Stimmabgabe durch Briefwahl Zur Ausübung des Stimmrechts im Wege der Briefwahl sind nur diejenigen Aktionäre berechtigt, die rechtzeitig angemeldet sind. Bevollmächtigte Kreditinstitute, Aktionärsvereinigung sowie Personen, Institute und Unternehmen, die diesen gemäß § 35 Abs. 8 AktG oder § 139 Abs. 10 i. V. m. § 125 Abs. 5 AktG gleichgestellt sind, können ebenfalls die Briefwahl nutzen. Die Stimmabgabe im Wege der Briefwahl erfolgt schriftlich oder im Wege der elektronischen Kommunikation und ist bis einen Tag vor der Hauptversammlung (Datum) möglich. Präsenz: Das Teilnehmerverzeichnis wird derzeit erstellt. Es wird nach der Fertigstellung zur Einsicht am Wortmeldetisch ausgelegt werden. Die Präsenz, d. h. die Gesamtzahl der heute vertretenen Aktien und Stimmen, wird ebenfalls zurzeit festgestellt. Sobald die Präsenz feststeht, werde ich sie Ihnen vor Eintritt in die Generaldebatte bekannt geben und die Präsenzliste am Wortmeldetisch ebenfalls zur Einsicht auslegen. Unmittelbar vor der ersten Abstimmung wird die dann aktuelle Präsenz erneut von mir bekannt gegeben. Veränderungen der Präsenz werden als Nachträge dokumentiert. Wer vorzeitig die Hauptversammlung verlassen möchte, den bitte ich, seine Stimmkarte unter schriftlicher Vollmachtserteilung an einen anderen Teilnehmer oder einen Mitarbeiter der Gesellschaft weiterzugeben. Seitens unserer Gesellschaft werden Frau C. oder Herr B. als Stimmrechtsvertreter zur Verfügung stehen. Bitte füllen Sie die Vollmachtserklärung aus und erteilen Sie zu sämtlichen Beschlussgegenständen auf der Tagesordnung Weisungen zur Ausübung der Stimmabgabe auf der Stimmkarte und übergeben Sie diese Unterlagen unseren Mitarbeitern an der Ausgangskontrolle, die diese Frau C. oder Herrn B. aushändigen werden. Ohne Weisungen ist die Vollmachtserteilung an die von der Gesellschaft zur Verfügung gestellten Stimmrechtsvertreter unwirksam. Die Stimmrechtsvertreter sind verpflichtet, weisungsgemäß abzustimmen.

472

Leitnotiz nebst Beilagen

Diejenigen Aktionäre oder Aktionärsvertreter, die nicht von der Möglichkeit einer Bevollmächtigung Gebrauch machen, bitte ich, sich bei der Präsenzkontrolle abzumelden, damit die Verminderung der von mir bekannt zu gebenden Präsenz festgestellt und der Versammlung mitgeteilt werden kann. Generaldebatte: Im Interesse einer zügigen Abwicklung der Hauptversammlung wird die Diskussion über alle Punkte der Tagesordnung im Anschluss an den Bericht des Vorstands in Form einer Generaldebatte stattfinden. In dieser Generaldebatte können alle Aktionäre und Aktionärsvertreter, die das Wort wünschen, zu allen Punkten der Tagesordnung zu Wort kommen und Fragen zu allen Tagesordnungspunkten stellen. Auf einen Block geeigneter Beiträge hin, spätestens nach Erledigung aller vorliegenden Wortmeldungen, wird der Vorstand bzw. Aufsichtsrat zu Ihren Fragen Stellung nehmen. Wenn alle Fragen beantwortet sind und keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen, wird die Debatte geschlossen und im Anschluss daran ohne weitere Aussprache über alle Tagesordnungspunkte abgestimmt werden. Wortmeldungen: Soweit Sie nach dem Bericht des Vorstandsvorsitzenden, Herrn Dr. E., zu den einzelnen Punkten der Tagesordnung Ausführungen zu machen wünschen, füllen Sie bitte das dafür vorgesehene Wortmeldeformular aus. Vordrucke hierfür liegen am Wortmeldetisch aus, der sich aus Ihrer Perspektive hier rechts vor der Bühne befindet. Wir bitten Sie, die Formulare dort auch wieder abzugeben, da nur so ein ordnungsgemäßer Ablauf der Diskussion, insbesondere im Hinblick auf die Reihenfolge der Wortmeldungen, gewährleistet werden kann. Es beschleunigt den Ablauf der Hauptversammlung, wenn Sie Ihre Wortmeldungen bereits jetzt abgeben. Damit Sie überall verstanden werden können, bitten wir Sie, Ihre Ausführungen nach dem Aufruf durch mich von dem hier vorne befindlichen Rednerpult aus zu machen. Weiterhin bitte ich Sie, im Interesse der anderen Aktionäre Ihre Wortbeiträge möglichst kurz zu fassen. Soweit dies im Verlauf der Hauptversammlung erforderlich werden sollte, behalte ich mir vor, die Dauer der Redebeiträge angemessen zu beschränken. Ich möchte nochmals darauf hinweisen, dass Tonbandaufzeichnungen durch Teilnehmer der Hauptversammlung nicht gestattet sind. Auch seitens der Gesellschaft erfolgt keine Tonbandaufzeichnung.

473

Anlage 11

Veränderungen im Aufsichtsrat und Vorstand: Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich Sie darüber informieren, dass seit der letzten Hauptversammlung am 31. Mai vergangenen Jahres sowohl personelle Veränderungen im Aufsichtsrat als auch im Vorstand eingetreten sind. Darstellung der Veränderungen Wahl einer neuen WP-Gesellschaft zum Abschlussprüfer: Neben den Wahlen zum Aufsichtsrat schlägt der Aufsichtsrat unter anderem auch die Wahl von […] Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als neuen Abschlussprüfer vor. Ich möchte Ihnen kurz den Hintergrund zu diesem Wahlvorschlag erläutern: Die […] Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft prüft weltweit die zur […] gehörenden Gesellschaften. Um eine einheitliche Anwendung von Bilanzierungsgrundsätzen sicherzustellen und um unnötige Reibungsverluste durch zwei unterschiedliche Prüfungsgesellschaften zu vermeiden, hat sich der Aufsichtsrat dazu entschlossen, der Hauptversammlung die Wahl eines neuen Abschlussprüfers vorzuschlagen. Darüber hinaus entspricht ein solcher Wechsel des Abschlussprüfers auch guter Corporate Governance, weil so nach recht langer Zeit ein völlig neuer Abschlussprüfer die Gesellschaft und den Konzern prüft. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang ferner darauf hinweisen, dass die […] Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft am […] im Hinblick auf den Wahlvorschlag des Aufsichtsrats für die Wahl des Abschlussprüfers die nach Ziffer 7.2.1 des Deutschen Corporate Governance Kodex erforderliche Unabhängigkeitserklärung abgegeben hat. Eintritt in die Erledigung der Tagesordnung: Meine Damen und Herren, ich möchte nun zur Erledigung der Tagesordnung übergehen. Die Tagesordnung der heutigen Hauptversammlung ist Ihnen bekannt gemacht und zugesandt worden. Ich verzichte daher auf eine Verlesung der Tagesordnung. Ich stelle die Tagesordnung hiermit fest und trete nunmehr in die Abwicklung der Tagesordnung ein. Um den Ablauf der Hauptversammlung zu vereinfachen, schlage ich – wie bereits erwähnt – vor, über die Punkte 1 – 6 der Tagesordnung in einer umfassenden Debatte, einer Generaldebatte, im Zusammenhang mit Punkt 1 der Tagesordnung zu diskutieren. Meine Damen und Herren, wir kommen nun zu Punkt 1 der Tagesordnung: „Vorlage des festgestellten Jahresabschlusses und des Lageberichts und des Berichts des Aufsichtsrats sowie des gebilligten Konzernabschlusses und des Konzernlageberichts für das Geschäftsjahr […]“

474

Leitnotiz nebst Beilagen

Im Zusammenhang mit diesem Tagesordnungspunkt werde ich Ihnen zunächst den Bericht des Aufsichtsrats erläutern und sodann wird Herr Dr. E. in seiner Rede den Jahres- und Konzernabschluss […] erläutern. Der Jahresabschluss und der Lagebericht sowie der Konzernabschluss und der Konzernlagebericht sind mit dem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers versehen. Die Prüfungsberichte des Abschlussprüfers lagen dem Aufsichtsrat bei den Beratungen hierüber vor. Dem Ergebnis der Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts ist der Aufsichtsrat auf Grund eigener Prüfungen beigetreten. Nach dem abschließenden Ergebnis der Prüfungen des Aufsichtsrats sind gegen den Jahresabschluss und den Lagebericht keine Einwendungen zu erheben. Der Aufsichtsrat hat den Jahresabschluss gebilligt; er ist somit gemäß § 172 AktG festgestellt. Hierzu verweise ich auch auf den Bericht des Aufsichtsrats, der auf den Seiten 8 – 12 unseres Geschäftsberichts abgedruckt ist. Der Aufsichtsrat ist auch hinsichtlich des Konzernabschlusses und des Konzernlageberichts auf Basis eigener Prüfungen dem Ergebnis der Prüfung des Abschlussprüfers beigetreten und erhebt gegen den Konzernabschluss und den Konzernlagebericht keine Einwendungen. Der Konzernabschluss ist damit gebilligt. Er hat ferner keine Einwendungen gegen den Bericht über die Beziehungen zu den verbundenen Unternehmen erhoben. Sogleich möchte ich Herrn Dr. E. das Wort für seinen Bericht erteilen. Bericht des Aufsichtsrats/Vergütungsbericht: Meine sehr verehrten Damen und Herren, erlauben Sie mir zunächst jedoch noch einige zusätzliche Bemerkungen aus der Sicht des Aufsichtsrats, wobei ich kurz den wesentlichen Inhalt des Berichts des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr […] erläutern möchte. Eine ausführliche Darstellung finden Sie auf den Seiten 8 – 12 des Geschäftsberichts: Der Aufsichtsrat hat sich auch im vergangenen Geschäftsjahr intensiv mit der Lage und der Perspektive des Unternehmens und des Konzerns beschäftigt. Der Aufsichtsrat nahm die ihm nach Gesetz und Satzung obliegenden Aufgaben wahr und überwachte die Geschäftsführung des Vorstands der […] AG fortlaufend. Er wurde vom Vorstand regelmäßig, zeitnah und umfassend unterrichtet. Aktuelle Ereignisse und die Entwicklung des Unternehmens wurden ausführlich beraten. Der Vorstand berichtete regelmäßig über aktuelle Projekte und deren Umsetzung. Abweichungen von den ursprünglich geplanten Zielen wurden erörtert und geprüft. Ferner stimmte der Vorstand die strategische Planung mit dem Aufsichtsrat ab. Der Aufsichtsrat war in alle Entscheidungen mit grundlegender

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Anlage 11

Bedeutung für das Unternehmen eingebunden. Die zu einzelnen Geschäften erforderliche Zustimmung hat der Aufsichtsrat nach sorgfältiger Prüfung erteilt. Im Geschäftsjahr […] fanden fünf Aufsichtsratssitzungen sowie drei Abstimmungen in Form des schriftlichen Umlaufverfahrens statt. Einen besonderen Schwerpunkt der Beratungen stellten die Umsetzung des bereits im Geschäftsjahr […] aufgelegten Strategieprogramms […] und dessen erste Auswirkungen dar. Die positiven Ergebnisse hat der Aufsichtsrat erfreut zur Kenntnis genommen. Der Aufsichtsrat hat fünf Ausschüsse eingerichtet, die Themen und Beschlüsse für das Plenum vorbereiten. Ferner wurden einzelne Befugnisse auf die Ausschüsse übertragen. Ich möchte ferner nun noch einer Empfehlung des Deutschen Corporate Governance Kodex nachkommen und Ihnen den Vergütungsbericht des Aufsichtsrats erläutern. Die […] AG hat die Anregungen und Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex weitestgehend umgesetzt. Soweit die […] AG den Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex nicht nachkommt, hat sie dies in der jährlichen Entsprechenserklärung offengelegt. Diese Entsprechenserklärung ist auch auf der Internet-Seite der Gesellschaft veröffentlicht und im Geschäftsbericht […] abgedruckt. Gemäß der im Corporate Governance Kodex in Ziffer 4.2.3 enthaltenen Empfehlung möchte ich die Hauptversammlung nunmehr über die Grundzüge des Vergütungssystems der Vorstände informieren. Dabei möchte ich Ihnen zunächst die Grundzüge des Vergütungssystems für das Geschäftsjahr […] darstellen und sodann auf die Veränderungen des Vergütungssystems eingehen, die sich für das Geschäftsjahr […] ergeben. Im Übrigen möchte ich hinsichtlich meiner Erläuterungen des Berichts des Aufsichtsrats auch auf die Ihnen vorliegenden umfassenden Ausführungen im Geschäftsbericht auf den Seiten 8 – 12 verweisen. Rede Vorstandsvorsitzender: Meine Damen und Herren, ich bitte jetzt den Vorstandsvorsitzenden, Herrn Dr. E., uns den Jahres- und Konzernabschluss […] zu erläutern. Ferner wird er zu den anderen, unsere Gesellschaft und den Konzern berührenden Fragen Stellung nehmen. Rede Herr Dr. E.: Ich danke Herrn Dr. E. für seine umfassenden Ausführungen und weise darauf hin, dass die relevanten Teile der Ihnen präsentierten Folien am Informationsstand vor dem Saal für Sie zur Mitnahme bereitliegen.

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Leitnotiz nebst Beilagen

Präsenzfeststellung: Inzwischen ist das Teilnehmerverzeichnis fertiggestellt worden. Es wird Ihnen das Teilnehmerverzeichnis überreicht. Von den insgesamt ausgegebenen […] Aktien der Gesellschaft sind nach dem Teilnehmerverzeichnis vertreten: […] Stück Aktien und somit […] Stimmen, entsprechend einem vertretenen Grundkapital von […] € bei einem Grundkapital von […] €. Das entspricht einer Präsenz von […] % des Grundkapitals. Unmittelbar vor der Abstimmung wird die aktuelle Präsenz erneut von mir bekannt gegeben. Teilnehmerverzeichnis: Ich übergebe das Teilnehmerverzeichnis hiermit dem Herrn Notar. Ein weiteres Exemplar liegt während der Versammlung am Wortmeldetisch zur Einsicht für die Teilnehmer der Hauptversammlung aus. Veränderungen in der Präsenz werde ich jeweils als Nachtrag zum Teilnehmerverzeichnis bekannt geben. Die Nachträge werden gleichfalls dem Herrn Notar übergeben und am Wortmeldetisch zur Einsicht ausgelegt. Meine Damen und Herren, ich möchte nun die Diskussion eröffnen und weise nochmals darauf hin, dass wir hier die Punkte 1 – 6 der Tagesordnung zusammen behandeln möchten. Ich bitte ferner auch darum, dass bei Wortmeldungen das am Wortmeldetisch ausliegende Formular ausgefüllt wird. Dies erleichtert die Organisation bezüglich der Behandlung der Wortmeldungen und gewährleistet den ordnungsgemäßen Ablauf der Diskussion, insbesondere auch im Hinblick auf die Reihenfolge der Wortmeldungen. Punkt 1 der Tagesordnung „Vorlage des Jahres- und Konzernabschlusses“ ist erfolgt. Zu den Punkten 1 – 6 der Tagesordnung darf ich auf die Ihnen bekannte Tagesordnung nebst Beschlussvorschlägen verweisen. Sollte Ihnen kein Exemplar der Tagesordnung vorliegen, erhalten Sie diese an unserem Informationsstand.

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Anlage 11

Generaldebatte: Meine Damen und Herren, ich eröffne nunmehr die Debatte zu den Punkten 1 – 6 der Tagesordnung. Diejenigen Aktionäre und Aktionärsvertreter, die sich zu Wort gemeldet haben, werden in der Reihenfolge ihrer Wortmeldungen aufgerufen, es sei denn, ich lasse eine abweichende Reihenfolge aus Zweckmäßigkeitsgründen zu. Sämtliche von einem Aktionär gestellten Fragen werden nach Möglichkeit zusammengefasst beantwortet, sobald Auskunft im erforderlichen Maß erteilt werden kann. Ich behalte mir jedoch vor, die Redebeiträge – je nachdem wie viele Wortmeldungen vorliegen – nach einer gewissen Anzahl von Rednern zu unterbrechen, damit der Vorstand die bis dahin gestellten Fragen insgesamt beantwortet, bevor weitere Redner aufgerufen werden. Bei allen Wortmeldungen bitte ich Sie, Ihren Namen zu nennen und anzugeben, für wen Sie sprechen. Ich darf ferner diejenigen Aktionäre und Aktionärsvertreter, die sich zu Wort gemeldet haben, bitten, nach Aufruf, ausschließlich damit die anderen Aktionäre Sie verstehen können, von dem Rednerpult hier vorne – aus Ihrer Blickrichtung links – aus zu sprechen. Schließlich möchte ich darauf hinweisen, dass der Gegenantrag zum Tagesordnungspunkt 6 mit der Stellungnahme der Verwaltung, der im Internet veröffentlicht wurde, in Kopie am Wortmeldetisch und am Informationsstand im Foyer ausliegt. Redebeiträge: Ich darf nun gemäß den vorliegenden Wortmeldungen Herrn/Frau […] bitten, das Wort zu ergreifen. Vielen Dank, Herr/Frau […]. Ich darf nunmehr Herrn/Frau […] um seinen/ihren Beitrag bitten. [Sobald Herr Dr. E. eine Fragengruppe beantworten möchte, teilt er dies Herrn ArV. mit. Herr ArV. wartet die Ausführungen des Redners ab und erteilt danach Herrn Dr. E. das Wort.] [Ggf. werden bei Fragen zu speziellen Themen, z. B. Rechnungslegung oder zur Entwicklung der Schadenversicherer, auch die Vorstandskollegen antworten. Sofern eine Frage den TOP Wahlen, Vorstandsvergütung oder andere Aufsichtsratsangelegenheiten betrifft, kann auch eine Beantwortung durch Herrn A. in Betracht kommen.] Beantwortung durch Herrn Dr. E. (ggf. auch ein anderes Vorstandsmitglied oder Herrn ArV.): Ich darf Sie, Herr Dr. E., bitten, die von Herrn/Frau […] gestellten Fragen zu beantworten. [Antwort durch Herrn Dr. E.] 478

Leitnotiz nebst Beilagen

Nach der Beantwortung Ich danke Herrn Dr. E. für die ausführliche und umfassende Beantwortung der gestellten Fragen. Ich darf Sie, Herr Dr. E., bitten, nun die von Herrn/Frau […] gestellten Fragen zu beantworten. [Antwort durch Herrn Dr. E.] Ich danke Ihnen, Herr Dr. E., für diese sehr umfassenden und – wie ich finde – informativen Ausführungen. [Es sind alle Fragen beantwortet und es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.] Es liegen keine weiteren schriftlichen Wortmeldungen vor. Darf ich fragen, ob dies ein zutreffender Eindruck ist, oder wünscht noch jemand das Wort? Das ist nicht der Fall. Sind damit alle Auskunftswünsche erfüllt oder werden noch weitere Antworten gewünscht? [Wenn weitere Wortmeldungen vorliegen.] Ich darf nun Herrn/Frau […] bitten, das Wort zu ergreifen. Vielen Dank, Herr/ Frau […]. Beantwortung durch Herrn Dr. E. (ggf. anderes Vorstandsmitglied oder Herrn D. ) Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen: Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich stelle somit fest, dass alle Fragen beantwortet sind und keine weiteren Auskünfte begehrt werden. Ich schließe daher die Diskussion zu den Punkten 1 – 6 der Tagesordnung. Regularien der Abstimmung: Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zu den Abstimmungen. Ich darf alle sich im Moment außerhalb dieses Saales aufhaltenden Aktionäre und Aktionärsvertreter bitten, zur Abstimmung hier in den Saal „A“ zu kommen. Eine Erfassung der Stimmen der Aktionäre und Aktionärsvertreter ist nur hier im Saal „A“ möglich. Als Leiter der Hauptversammlung habe ich die Art und die Form der Abstimmung festzulegen. Die Beschlüsse werden nach § […] der Satzung der Gesellschaft mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Die Abstimmung erfolgt schriftlich unter Verwendung des Ihnen im Austausch gegen die Eintrittskarte zur Hauptversammlung ausgehändigten Stimmkartenbogens. 479

Anlage 11

Die Abstimmung erfolgt im Wege des Subtraktionsverfahrens, d. h. der Anteil der Ja-Stimmen errechnet sich durch Abzug der Stimmenthaltungen und der Nein-Stimmen von der sich aus dem Teilnehmerverzeichnis ergebenden jeweiligen Gesamtpräsenz. Alle nicht als Nein-Stimme oder Stimmenthaltung erfassten und als präsent registrierten Stimmen zählen als Ja-Stimme. Ich behalte mir jedoch vor, eine andere Art der Abstimmung festzulegen, wenn ich dies für zweckmäßig halte. Um einen zügigen Ablauf der Hauptversammlung zu gewährleisten, werden die Stimmen nicht für jede Abstimmung gesondert, sondern für alle Tagesordnungspunkte beginnend mit Tagesordnungspunkt 2 zusammen eingesammelt. Nach Aufruf der einzelnen Tagesordnungspunkte werde ich Ihnen den jeweils zu verwendenden Stimmabschnitt benennen. Wollen Sie sich der Stimme enthalten oder mit Nein stimmen, so werfen Sie den Stimmkartenabschnitt in die entsprechend gekennzeichneten Stimmboxen. Die Nein-Stimmen und die Stimmenthaltungen werden dann jeweils gesondert eingesammelt. Hierzu werden Helferinnen und Helfer mit entsprechend gekennzeichneten Boxen im Versammlungsraum die Stimmen einsammeln. Möchten Sie mit „Ja“ stimmen, so geben Sie den betreffenden Stimmkartenabschnitt nicht ab. Nach Ermittlung der Abstimmungsergebnisse zu den einzelnen Tagesordnungspunkten werden diese bekannt gegeben und die jeweilige Beschlussfassung festgestellt. Es wird Ihnen das Teilnehmerverzeichnis überreicht: Mir liegt jetzt das endgültige Verzeichnis der erschienenen und vertretenen Aktionäre vor: Von den insgesamt ausgegebenen […] Aktien der Gesellschaft sind nach dem Teilnehmerverzeichnis vertreten: […] Stück Aktien und somit […] Stimmen, entsprechend einem vertretenen Grundkapital von […] € bei einem Grundkapital von […] €. Das entspricht einer Präsenz von […] % des Grundkapitals. Ich überreiche diesen Nachtrag dem Notar. Dieser Nachtrag liegt auch am Wortmeldetisch aus.

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Leitnotiz nebst Beilagen

Meine Damen und Herren, wie bereits erwähnt erfolgen die Abstimmungen ausschließlich in diesem Saal. Ich darf Sie nochmals bitten, in den Saal zu kommen. Um eine gleichbleibende Präsenz sicher zu stellen, bitte ich Sie, die Hauptversammlung während des Abstimmungsvorgangs nicht zu verlassen. Stimmrechtsverbot: Für die Ausübung des Stimmrechts weise ich zu den Punkten 3 und 4 der Tagesordnung „Entlastung des Vorstands bzw. des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr […]“ der Ordnung halber darauf hin, dass Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats nach § 136 des Aktiengesetzes jeweils bei der Beschlussfassung über ihre eigene Entlastung das Stimmrecht aus eigenen oder fremden Aktien nicht ausüben dürfen. Entsprechendes gilt für Dritte, soweit sie Stimmen von Vorstands- oder Aufsichtsratsmitgliedern vertreten. Die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats sind auf diesen Stimmrechtsausschluss hingewiesen worden und haben vor der Hauptversammlung Vorsorge getroffen, dass bei dem jeweiligen Entlastungsbeschluss entsprechend verfahren wird. Zu Punkt 1 der Tagesordnung sind keine Beschlüsse zu fassen. Ich gehe daher gleich zu Punkt 2 der Tagesordnung über: „Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns des Geschäftsjahres […]“ Vorstand und Aufsichtsrat schlagen vor, eine Dividende in Höhe von […] € (1,00 € je Stückaktie) auszuschütten und […] € den anderen Gewinnrücklagen zuzuführen. Ich darf Sie bitten, wenn Sie zu Punkt 2 der Tagesordnung mit Nein stimmen oder sich der Stimme enthalten wollen, den Stimmkartenabschnitt Nr. 2 bereitzuhalten. Helferinnen und Helfer werden die Nein-Stimmen und die Stimmenthaltungen nach dem Aufruf der Tagesordnungspunkte 2 – 5 und 6a) – 6d) einsammeln. Wir kommen jetzt zu Punkt 3 der Tagesordnung: „Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr […]“ Vorstand und Aufsichtsrat schlagen vor, den Mitgliedern des Vorstands (einschließlich der im Jahr […] ausgeschiedenen Vorstandsmitglieder) für das Geschäftsjahr […] Entlastung zu erteilen.

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Anlage 11

Ich darf Sie bitten, wenn Sie zu Punkt 3 der Tagesordnung mit Nein stimmen oder sich der Stimme enthalten wollen, den Stimmkartenabschnitt Nr. 3 bereitzuhalten. Helferinnen und Helfer werden die Nein-Stimmen und die Stimmenthaltungen nach dem Aufruf der Tagesordnungspunkte 2 – 5 und 6a) – 6d) einsammeln. Wir kommen jetzt zu Punkt 4 der Tagesordnung: „Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr […]“ Vorstand und Aufsichtsrat schlagen vor, den Mitgliedern des Aufsichtsrats (einschließlich der im Jahr […] ausgeschiedenen Aufsichtsratsmitglieder) für das Geschäftsjahr […] Entlastung zu erteilen. Ich darf Sie bitten, wenn Sie zu Punkt 4 der Tagesordnung mit Nein stimmen oder sich der Stimme enthalten wollen, den Stimmkartenabschnitt Nr. 4 bereitzuhalten. Helferinnen und Helfer werden die Nein-Stimmen und die Stimmenthaltungen nach dem Aufruf der Tagesordnungspunkte 2 – 5 und 6a) – 6d) einsammeln. Wir kommen jetzt zu Punkt 5 der Tagesordnung: „Wahl des Abschlussprüfers für die Prüfung des Jahresabschlusses […] und des Konzernabschlusses […]“ Der Aufsichtsrat schlägt vor, die […] Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit dem Sitz in Frankfurt am Main als Abschlussprüfer für den Jahresabschluss und den Konzernabschluss für das Geschäftsjahr 2007 zu wählen. Ich darf Sie bitten, wenn Sie zu Punkt 5 der Tagesordnung mit Nein stimmen oder sich der Stimme enthalten wollen, den Stimmkartenabschnitt Nr. 5 bereitzuhalten. Helferinnen und Helfer werden die Nein-Stimmen und die Stimmenthaltungen nach dem Aufruf der Tagesordnungspunkte 2 – 5 und 6a) – 6d) einsammeln. Wir kommen jetzt zu Punkt 6 der Tagesordnung: „Wahlen zum Aufsichtsrat“ Der Aufsichtsrat schlägt der Hauptversammlung vor, für die mit Ablauf dieser Hauptversammlung ausscheidenden Mitglieder des Aufsichtsrats folgende vorgeschlagenen Aufsichtsratmitglieder [Aufführung dieser Mitglieder] gemäß § 9 Ziffer 4 Satz 1 der Satzung für die noch verbleibende Amtsperiode, die bis zur Beendigung derjenigen Hauptversammlung dauert, die über die Entlastung für das Geschäftsjahr […] zu beschließen hat, in den Aufsichtsrat zu wählen. In der Einladung wurde darauf hingewiesen, dass der Aufsichtsrat sich nach den §§ 96 Abs. 1, 101 Abs. 1 AktG i. V. m. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 1 Satz 2 MitbestG 1976 sowie § 8 der Satzung aus je zehn Vertretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer zusammensetzt. Ich weise darauf hin, dass die Hauptversammlung an die Wahlvorschläge nicht gebunden ist. Die derzeitigen Man-

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Leitnotiz nebst Beilagen

date der vorgeschlagenen Aufsichtsratsmitglieder sind in der Einladung zu diesem Tagesordnungspunkt aufgeführt. Die zur Wahl vorgeschlagenen Damen und Herren sind mit Ausnahme von Herrn Z. persönlich anwesend. Ich möchte betonen, dass gemäß der Empfehlung in Ziffer 5.4.3 des Deutschen Corporate Governance Kodex Einzelabstimmungen über die Wahlvorschläge erfolgen werden. 6a) Ich darf Sie bitten, wenn Sie zu Punkt 6a) der Tagesordnung, der Wahl von Frau G. zum Mitglied des Aufsichtsrats, mit Nein stimmen oder sich der Stimme enthalten wollen, den Stimmkartenabschnitt Nr. 6a) bereitzuhalten. Helferinnen und Helfer werden die Nein-Stimmen und die Stimmenthaltungen zu den Tagesordnungspunkten 2 – 5 und 6a) – 6d) sogleich einsammeln. 6b) Ich darf Sie bitten, wenn Sie zu Punkt 6b) der Tagesordnung, der Wahl von Herrn H. zum Mitglied des Aufsichtsrats, mit Nein stimmen oder sich der Stimme enthalten wollen, den Stimmkartenabschnitt Nr. 6b) bereitzuhalten. Helferinnen und Helfer werden die Nein-Stimmen und die Stimmenthaltungen zu den Tagesordnungspunkten 2 – 5 und 6a) – 6d) sogleich einsammeln. 6c) Ich darf Sie bitten, wenn Sie zu Punkt 6c) der Tagesordnung, der Wahl von Herrn I. zum Mitglied des Aufsichtsrats, mit Nein stimmen oder sich der Stimme enthalten wollen, den Stimmkartenabschnitt Nr. 6c) bereitzuhalten. Helferinnen und Helfer werden die Nein-Stimmen und die Stimmenthaltungen zu den Tagesordnungspunkten 2 – 5 und 6a) – 6d) sogleich einsammeln. 6d) Ich darf Sie bitten, wenn Sie zu Punkt 6d) der Tagesordnung, der Wahl von Herrn Z. zum Mitglied des Aufsichtsrats, mit Nein stimmen oder sich der Stimme enthalten wollen, den Stimmkartenabschnitt Nr. 6d) bereitzuhalten. Helferinnen und Helfer werden die Nein-Stimmen und die Stimmenthaltungen zu den Tagesordnungspunkten 2 – 5 und 6a) – 6d) sogleich einsammeln. Meine Damen und Herren, die von Ihnen bereitgehaltenen Stimmkartenabschnitte zu den Tagesordnungspunkten 2 – 5 und 6a) – 6d) werden nun eingesammelt. Hierfür stehen Helferinnen und Helfer mit entsprechend gekennzeichneten Boxen bereit. 483

Anlage 11

[Pause] Hatte jeder von Ihnen Gelegenheit, seine Stimmkartenabschnitte abzugeben? Ich stelle fest, dass dies der Fall ist. Abstimmung zu TOP 2 – 5 und TOP 6a) – 6d) geschlossen Ich schließe hiermit die Abstimmung zu den Tagesordnungspunkten 2 – 5 und 6a) – 6d). Kurze Pause bis zur Ermittlung der Abstimmungsergebnisse: Meine Damen und Herren, da zur Ermittlung der Abstimmungsergebnisse einige Minuten benötigt werden, machen wir nun eine kurze Pause. Ich werde Sie nach Ermittlung der Abstimmungsergebnisse wieder in den Saal bitten. [Pause] Meine Damen und Herren, ich darf mit der Hauptversammlung fortfahren und Sie bitten, sich in den Saal „A“ zu begeben. Zwischenzeitlich liegen mir die Ergebnisse zu den durchgeführten Abstimmungen vor und ich gebe jetzt die Abstimmungsergebnisse zu den Tagesordnungspunkten 2 – 5 und 6a) – 6d) bekannt: Verkündung der Abstimmungsergebnisse: BITTE ABSTIMMUNGSERGEBNISSE LANGSAM VORLESEN! Die Präsenz bei der Abstimmung zu den Tagesordnungspunkten 2 – 5 betrug jeweils […] Stimmen, das sind […] % des Grundkapitals von […] Stückaktien. TOP 2 [Austauschblatt] Meine Damen und Herren, ich stelle fest, dass der Vorschlag des Vorstands und des Aufsichtsrats zu Punkt 2 der Tagesordnung „Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns des Geschäftsjahres […]“ bei einer Präsenz von […] % des Grundkapitals mit […] Ja-Stimmen gegen […] Nein-Stimmen bei […] Enthaltungen angenommen wurde und damit die vorgeschlagene Verwendung des Bilanzgewinns beschlossen wurde. 484

Leitnotiz nebst Beilagen

TOP 3 [Austauschblatt] Ich stelle fest, dass der Vorschlag des Vorstands und des Aufsichtsrats zu Punkt 3 der Tagesordnung „Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr […]“ bei einer unveränderten Präsenz mit […] Ja-Stimmen gegen […] Nein-Stimmen bei […] Enthaltungen angenommen wurde und damit den Mitgliedern des Vorstands Entlastung erteilt ist. Herr Dr. E. bedankt sich, auch im Namen seiner Vorstandskollegen, für die Entlastung. TOP 4 [Austauschblatt] Meine Damen und Herren, ich stelle fest, dass der Vorschlag des Vorstands und des Aufsichtsrats zu Punkt 4 der Tagesordnung „Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr […]“ bei einer unveränderten Präsenz mit […] Ja-Stimmen gegen […] Nein-Stimmen bei […] Enthaltungen angenommen wurde und damit dem Aufsichtsrat Entlastung erteilt ist. Ich bedanke mich auch im Namen der übrigen Mitglieder des Aufsichtsrats für die erteilte Entlastung und das damit zum Ausdruck gebrachte Vertrauen. TOP 5 [Austauschblatt] Meine Damen und Herren, ich stelle fest, dass der Vorschlag des Aufsichtsrats zu Punkt 5 der Tagesordnung „Wahl des Abschlussprüfers für die Prüfung des Jahresabschlusses […] und des Konzernabschlusses […]“ bei einer unveränderten Präsenz mit […] Ja-Stimmen gegen […] Nein-Stimmen bei […] Enthaltungen angenommen wurde und die […] Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft für das Geschäftsjahr […] zum Abschlussprüfer gewählt ist. Die […] Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat mich gebeten, Ihnen für den Fall der Wahl zum Abschlussprüfer für das entgegengebrachte Vertrauen zu danken.

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Anlage 11

TOP 6a) – 6d) [Austauschblätter] Meine Damen und Herren, ich stelle fest, dass der Vorschlag des Aufsichtsrats zu Punkt 6a) der Tagesordnung „Wahl von Frau G. in den Aufsichtsrat“ bei einer unveränderten Präsenz von […] % des Grundkapitals mit […] Ja-Stimmen gegen […] Nein-Stimmen bei […] Enthaltungen angenommen wurde und Frau G. zum Mitglied des Aufsichtsrats gewählt ist. Ich stelle fest, dass der Vorschlag des Aufsichtsrats zu Punkt 6b) der Tagesordnung „Wahl von Herrn H. in den Aufsichtsrat“ bei einer unveränderten Präsenz mit […] Ja-Stimmen gegen […] Nein-Stimmen bei […] Enthaltungen angenommen wurde und Herr H. zum Mitglied des Aufsichtsrats gewählt ist. Ich stelle fest, dass der Vorschlag des Aufsichtsrats zu Punkt 6c) der Tagesordnung „Wahl von Herrn I. in den Aufsichtsrat“ bei einer unveränderten Präsenz mit […] Ja-Stimmen gegen […] Nein-Stimmen bei […] Enthaltungen angenommen wurde und Herr I. zum Mitglied des Aufsichtsrats gewählt ist. Ich stelle fest, dass der Vorschlag des Aufsichtsrats zu Punkt 6d) der Tagesordnung „Wahl von Herrn Z. in den Aufsichtsrat“ bei einer unveränderten Präsenz mit […] Ja-Stimmen gegen […] Nein-Stimmen bei […] Enthaltungen angenommen wurde und Herr Z. zum Mitglied des Aufsichtsrats gewählt ist. Die anwesenden Gewählten haben mich ermächtigt, in ihrem Namen zu erklären, dass sie die Wahl gerne annehmen. Herr Z. hat schriftlich für den Fall seiner Wahl die Annahme erklärt. Ich danke der Hauptversammlung für diesen überzeugenden Vertrauensbeweis. Die Tagesordnung ist damit erledigt. Bevor ich nun die Versammlung schließe, möchte ich für den Aufsichtsrat und, wie ich unterstellen darf, auch für die Aktionäre dem Vorstand und allen Mitarbeitern Dank und Anerkennung für die geleistete Arbeit aussprechen.

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Leitnotiz nebst Beilagen

Ihnen allen, meine Damen und Herren, danke ich für Ihr Interesse an der Gesellschaft, für Ihre Diskussionsbeiträge und für Ihre Anregungen. Mein Dank gilt auch den Vertretern der Presse, die durch ihre heutige Anwesenheit das Interesse der Öffentlichkeit an unserer Gesellschaft gezeigt haben. Damit schließe ich die heutige ordentliche Hauptversammlung der […] AG und wünsche Ihnen einen guten Nachhauseweg. Beilagenverzeichnis Beilage 1:

Widerspruch gegen die Reihenfolge der Redner

Beilage 2:

Behandlung von nicht in der Tagesordnung angekündigten Angelegenheiten

Beilage 3:

Störungen, Politisierung der Hauptversammlung

Beilage 4:

Störungen des Hauptversammlungsablaufs durch einen Redner

Beilage 5:

Generelle Redezeitbeschränkung

Beilage 6:

Schließung der Rednerliste

Beilage 7:

Schluss der Debatte

Beilage 8:

Widerspruch zu Protokoll gegen HV-Beschluss

Beilage 9:

Antrag auf Sonderprüfung gemäß § 142 AktG

Beilage 10: Anträge Aktionäre Beilage 11: Antrag auf Vertagung und Absetzung von Tagesordnungspunkten Beilage 12: Unterbrechung/Vertagung der Hauptversammlung Beilage 1

Widerspruch gegen die Reihenfolge der Redner Überwiegend wird die Ansicht vertreten, dass der Vorsitzende an die Reihenfolge der Wortmeldungen nicht gebunden ist, sondern bei der Worterteilung davon abweichen kann, wenn dies sachdienlich erscheint. Der Versammlungsleiter muss bei der Festlegung der Reihenfolge der Redner also Minderheiten ausreichend zu Wort kommen lassen und darf nicht ohne Weiteres Sprecher, von denen Opposition gegen die Vorschläge der Verwaltung zu erwarten ist, an das Ende der Rednerliste setzen.

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Anlage 11

Meine Damen und Herren, ich bitte um Verständnis, dass sich die Reihenfolge der Redner nicht nach der zeitlichen Anmeldung der Wortmeldungen bestimmt. Um der Versammlung insgesamt eine bessere Übersicht zu geben, war es notwendig, mehrere inhaltlich zusammengehörende Beiträge zusammenzufassen. Beilage 2

Behandlung von nicht in der Tagesordnung angekündigten Angelegenheiten Voraussetzung für eine Zulassung eines Antrags zur Abstimmung ist, dass er durch die Tagesordnung gedeckt ist. Zur Vermeidung von Anfechtungen sollte jedoch in Zweifelsfällen zwischen einem Tagesordnungspunkt und etwaigen Ausführungen der Teilnehmer ein Zusammenhang angenommen werden. Die Hauptversammlung ist jedoch nicht gehindert, auch Angelegenheiten zu erörtern, die nicht mit der Tagesordnung bekannt gemacht worden sind. Sie darf hierzu jedoch keine Beschlüsse fassen (§ 124 Abs. 4 Satz 1 AktG). Zur Unterbindung von Ausführungen, die in keinem Zusammenhang mit der Tagesordnung stehen, kann der Sitzungsleiter abgestuft folgende Ordnungsmittel anwenden.

Abmahnung

Ich darf Sie bitten, sich in Ihren Ausführungen auf die Dinge zu beschränken, die Gegenstand der Tagesordnung dieser Hauptversammlung sind.

Ggf. wiederholte Abmahnung

Individuelle Redezeitbeschränkung Ich habe Sie wiederholt gebeten, sich in Ihren Erörterungen auf die Tagesordnung dieser Hauptversammlung zu beschränken. Da Sie meine Bitte ignoriert haben, beschränke ich jetzt Ihre Redezeit auf weitere (je nach Fortschritt der Hauptversammlung 2 – 5) Minuten in der Erwartung, dass Sie zur Sache kommen.

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Leitnotiz nebst Beilagen

Notfalls, wenn der Redner die Frist wesentlich überzieht oder weiterhin an der Sache vorbeispricht: Wortentzug Ich habe Ihnen, wie ich glaube, ausreichend Zeit gegeben, die Dinge, die Sie bewegen, vorzutragen. Da Sie sich nicht im Rahmen dieser Zeit gehalten haben, entziehe ich Ihnen im Interesse eines reibungslosen Ablaufs der Hauptversammlung das Wort. Bei weiteren Störungen siehe Beilage 4. Beilage 3

Störungen, Politisierung der Hauptversammlung Zum Beispiel durch unbefugtes Eindringen, Lärm, Tätlichkeiten, Verteilung von Flugblättern, Maskierungen, Zwischenrufe. Der Vorsitzende hat die Kompetenz, solche Ordnungsmaßnahmen zu treffen, die erforderlich, verhältnismäßig und geeignet sind, die Durchführung der HV zu gewährleisten.

Störung

Der Vorsitzende schaltet das Mikrofon ein, unterbricht den Redner und bittet dann, die Störungen zu unterlassen.

fortgesetzte Störung

Ich bitte Sie nochmals, die Störung […] zu unterlassen. Kommen Sie meiner Aufforderung nicht nach, bin ich gezwungen, Sie aus dem Versammlungsbereich zu verweisen.

weitere Fortsetzung

Sie gefährden durch Ihr Verhalten den Ablauf der Hauptversammlung. Ich weise Sie daher aus dem Versammlungsbereich und mache Sie darauf aufmerksam, dass Sie sich eines Hausfriedensbruches schuldig machen, wenn Sie den Versammlungsbereich nicht verlassen. Wollen Sie weiterhin in der Hauptversammlung vertreten sein, haben Sie die Möglichkeit, eine Vollmacht zur Ausübung Ihres Stimmrechts zu erteilen.

Weigerung des Verlassens

Ich bitte die Saalordner, den (die) Störer aus dem Versammlungsbereich zu führen.

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Anlage 11

Beilage 4

Störungen des Hauptversammlungsablaufs durch einen Redner Zum Beispiel bei Dauerrede, Beleidigungen usw. Der Vorsitzende ermahnt den Redner, seine Ausführungen sachlich vorzutragen und/oder seine Ausdrucksweise zu mäßigen, und/oder das Thema nicht dauernd zu wiederholen, und/oder zum Ende seiner Ausführungen zu kommen.

nach wiederholter Abmahnung

Da Sie meine Bitte, […], ignoriert haben, beschränke ich jetzt Ihre Redezeit auf weitere (je nach Fortschritt der Hauptversammlung 2 – 5) Minuten in der Erwartung, dass Sie sachlich vortragen, Ihre Ausdrucksweise mäßigen […] usw.

bleibt dies ohne Erfolg

Leider sind Sie meiner Aufforderung nicht nachgekommen. Ich bitte Sie, Ihre Ausführungen zu beenden und das Rednerpult zu verlassen.

danach Wortentzug

Ich entziehe Ihnen das Wort und bitte Sie, das Rednerpult zu verlassen.

weitere Schwierigkeiten

Meine Damen und Herren, wir müssen eine kurze Pause einlegen, bis die Ordnung wiederhergestellt ist. Das Ende der Pause werde ich über Lautsprecher bekannt geben. Bei Wortentziehung wird das Mikrofon durch den Aufsichtsratsvorsitzenden abgeschaltet.

verbleibt der Redner am Pult

Sie gefährden durch Ihr Verhalten die ordnungsgemäße Fortsetzung der Hauptversammlung. Bitte begeben Sie sich auf Ihren Platz, sonst muss ich Sie vom Rednerpult geleiten lassen.

weiteres Verbleiben

Ich bitte die Saalordner, den Herrn Redner vom Sprechpult zu seinem Platz zu geleiten.

weitere Störung

Wenn Sie die Versammlung weiterhin stören, muss ich Sie aus dem Versammlungsbereich weisen.

Störung wird fortgesetzt

Ihr Verhalten macht es unmöglich, die Hauptversammlung ordnungsgemäß fortzusetzen. Ich weise Sie deshalb hiermit aus dem Versammlungsbereich. Bitte verlassen Sie den Versammlungsbe-

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Leitnotiz nebst Beilagen

reich, sonst machen Sie sich eines Hausfriedensbruchs schuldig. Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass Sie, wenn Sie weiterhin vertreten sein wollen, die Möglichkeit haben, eine Vollmacht zur Ausübung Ihres Stimmrechts zu erteilen. Aktionär verlässt den Versammlungsbereich nicht

Ich bitte, den Herrn Redner aus dem Versammlungsbereich zu geleiten.

Beilage 5

Generelle Redezeitbeschränkung Zum Beispiel, wenn zu erwarten ist, dass die Hauptversammlung aufgrund einer Vielzahl von Wortmeldungen nicht bis 24:00 Uhr beendet werden kann, wenn Satzung bzw. Geschäftsordnung dies in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung zulassen. Meine Damen und Herren, aufgrund der fortgeschrittenen Zeit, es ist bereits […] Uhr, und einer Vielzahl von vorliegenden Wortmeldungen, ordne ich eine Redezeitbeschränkung von […] Minuten an, um den ordnungsgemäßen Ablauf der Hauptversammlung sicherzustellen. Ich bitte Sie auch, etwaige Fragen innerhalb dieses Zeitraumes zu stellen. Außerdem behalte ich mir vor, die Rednerliste zu schließen. Kurz vor Ablauf der gesetzten Frist Hinweis, Ausführungen fristgerecht zu beenden. Bei Erreich der Redezeitbegrenzung Hinweis, sofort zum Schluss zu kommen.

Beilage 6

Schließung der Rednerliste Meine Damen und Herren, mir liegen noch […] Wortmeldungen vor. Aus rechtlichen Gründen muss die Hauptversammlung bis Mitternacht beendet sein. Unter Berücksichtigung der mir noch vorliegenden Wortmeldungen, ist selbst bei kurzen Wortbeiträgen nicht gewährleistet, dass die Frist eingehalten würde. Ich schließe deshalb die Rednerliste. Weitere Wortmeldungen werden von mir nicht mehr entgegengenommen.

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Anlage 11

Beilage 7

Schluss der Debatte Meine Damen und Herren, es ist jetzt […] Uhr. Trotz der eingeleiteten Sitzungsmaßnahme allgemeine Redezeitbeschränkung und Schließung der Rednerliste, ist absehbar, dass die Hauptversammlung aufgrund der noch ausstehenden Redebeiträge nicht fristgerecht beendet werden kann. Es ist deshalb notwendig, dass ich die Debatte schließe. Ich bitte alle Redner, die noch nicht zu Wort gekommen sind, um ihr Verständnis für diese Maßnahme, die im Interesse der anwesenden Aktionäre ist.

Beilage 8

Widerspruch zu Protokoll gegen HV-Beschluss Es wurde von Frau/Herrn […] Widerspruch gegen die Tagesordnung eingelegt. Für die Beurkundung des Widerspruchs ist der protokollführende Notar zuständig. Ich bitte Sie, sich an diesen zu wenden. Im Interesse der Sache halte ich es für wünschenswert, wenn Sie dem Notar einen schriftlich formulierten Widerspruch überreichen würden. Eine Verpflichtung zur schriftlichen Formulierung besteht nicht.

Beilage 9

Antrag auf Sonderprüfung gemäß § 142 AktG Der Sonderprüfung unterliegen Vorgänge bei der Gründung oder der Geschäftsführung. Der sehr weit zu verstehende Begriff Geschäftsführung umfasst dabei nicht nur die Tätigkeit der Vorstandsmitglieder, sondern auch die der Aufsichtsratsmitglieder und der Angestellten der Gesellschaft. Sonderprüfungen können auch ohne vorherige Ankündigung in der Tagesordnung der Hauptversammlung beschlossen werden, soweit sie sich auf Gegenstände der Tagesordnung beziehen. Alle Maßnahmen der Geschäftsführung, die sich in dem zur Debatte stehenden Geschäftsjahr abgespielt haben oder haben sollen, stehen im Zweifel in einem Zusammenhang mit der Entlastung von Vorstand und/oder Aufsichtsrat, evtl. auch mit dem Jahresabschluss.

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Leitnotiz nebst Beilagen

Über Anträge aus dem Aktionärskreis, zu solchen Maßnahmen oder Vorgängen eine Sonderprüfung zu beschließen, ist demnach abzustimmen. Von der Prüfung betroffene Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder sind nicht stimmberechtigt, wenn die Prüfung sich auf Vorgänge erstrecken soll, die mit der Entlastung eines Mitglieds des Vorstands oder des Aufsichtsrats oder mit der Einleitung eines Rechtsstreits zwischen der Gesellschaft und ihnen zusammenhängen. Der Beschluss kann mit einfacher Mehrheit gefasst werden. Da über eine Sonderprüfung Beschluss gefasst werden muss, darf ich Sie zunächst bitten, den Gegenstand der Sonderprüfung präzise zu formulieren. Wenn dies geschehen ist: Ich verlese Ihnen jetzt folgenden Antrag des Aktionärs X.: Es soll gemäß § 142 Abs. 1 AktG eine Sonderprüfung stattfinden zu […]. Über diesen Antrag werde ich jetzt abstimmen lassen. Wird hierzu noch einmal das Wort gewünscht? Das ist nicht der Fall. Bei Präsenzveränderung Mir liegt vor dieser Abstimmung ein aktueller Nachtrag zum Teilnehmerverzeichnis vor. Danach beträgt die Präsenz […] % des Grundkapitals. Ich unterzeichne hiermit diesen Nachtrag und überreiche ihn dem Notar. Wir kommen zur Abstimmung. Ich darf Sie bitten, wenn Sie für eine Sonderprüfung […] sind oder sich der Stimme enthalten wollen; ich wiederhole: Wer für eine Sonderprüfung ist oder sich der Stimme enthalten will, den bitte ich, den Stimmkartenabschnitt Nr. 12 bereitzuhalten. Helferinnen und Helfer werden zuerst die Ja-Stimmen und danach die Stimmenthaltungen einsammeln. Durch Subtraktion der Ja-Stimmen und Enthaltungen von der Gesamtpräsenz werden die NeinStimmen ermittelt. 493

Anlage 11

Nachdem alle Stimmabschnitte zur Abstimmung über eine Sonderprüfung eingesammelt wurden: Meine Damen und Herren, hat jeder Gelegenheit gehabt, seinen Stimmabschnitt abzugeben? Das ist der Fall. Dann darf ich in der Tagesordnung fortfahren. Sobald mir das Abstimmungsergebnis vorliegt, werde ich es Ihnen bekannt geben. (Sollte die Sonderprüfung im Zusammenhang mit dem nachstehenden Tagesordnungspunkt stehen, empfiehlt es sich, das Abstimmungsergebnis „Sonderprüfung“ abzuwarten.) Verkündung des Abstimmungsergebnisses Abstimmung über eine Sonderprüfung Meine Damen und Herren, es liegt mir das Ergebnis der Abstimmung zur Sonderprüfung vor. Bei dieser Abstimmung betrug die Präsenz (ggf. unverändert) […] % des Grundkapitals. Ich stelle fest, dass der Antrag des Aktionärs […] auf Sonderprüfung mit

[…] Ja-Stimmen

= […] %

gegen […] Nein-Stimmen

= […] %

bei

[…] Enthaltungen

= […] %

und

[…] ungültigen Stimmen

= […] %

abgelehnt ist. Beilage 10

Anträge Aktionäre Antragsberechtigt sind neben den Aktionären/Aktionärsvertretern der Vorstand und der Aufsichtsrat als Gremium sowie die Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder je einzeln. Abgestimmt wird nur über solche Anträge, die in der HV gestellt werden (§ 126 Abs. 2 Nr. 7 AktG). Die vorherige Ankündigung des Antrags ist keine Voraussetzung für seine Zulassung

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Leitnotiz nebst Beilagen

zur Abstimmung. Es kommt nur darauf an, ob er durch die Tagesordnung gedeckt ist. Werden zu einem TOP mehrere Anträge gestellt, so hat der Sitzungsleiter die Reihenfolge nach dem Kriterium der Sachdienlichkeit zu bestimmen. Nach herrschender Meinung sind Verfahrensanträge, soweit der HV darüber eine Entscheidungskompetenz zukommt, vor Sachanträgen zur Abstimmung zu stellen. Bei zulässigen Gegenanträgen, die in einem Ausschließlichkeitsverhältnis stehen: Ich werde zunächst über den Vorschlag der Verwaltung zu diesem Tagesordnungspunkt abstimmen lassen. Findet dieser Vorschlag die Zustimmung der Mehrheit der Versammlung, so hat sich Ihr Gegenantrag erledigt. Beilage 11

Antrag auf Vertragung und Absetzung von Tagesordnungspunkten Nur die Hauptversammlung selbst kann eine Vertagung oder Absetzung einzelner Tagesordnungspunkte beschließen. Indessen ist die darin liegende Verweigerung einer Sachentscheidung nicht beliebig zulässig. Vielmehr muss der Vorsitzende den Antrag auf Sachentscheidung zur Abstimmung stellen, wenn kein sachlicher Grund für eine Vertagung oder Absetzung ersichtlich ist. Einer Beschlussfassung über den Verfahrensantrag „Vertagung“ bedarf es nicht. Herr/Frau ist vorab zur Begründung des Antrags aufzufordern. Ist keine plausible Begründung erfolgt, ist zu überprüfen, ob der Antrag ggf. übergangen werden kann. Herr/Frau […] hat den Antrag gestellt, die Beschlussfassung über den Punkt […] (die Punkte […]) unserer Tagesordnung, nämlich […] zu vertagen. Wird hierzu das Wort erwünscht? Das ist nicht der Fall. Bei Präsenzveränderung

495

Anlage 11

Mir liegt vor dieser Abstimmung ein aktueller Nachtrag zum Teilnehmerverzeichnis vor. Danach beträgt die Präsenz […] % des Grundkapitals. Ich unterzeichne hiermit diesen Nachtrag und überreiche ihn dem Notar. Ich stelle daher den Antrag des Aktionärs […] zur Abstimmung. Ich darf Sie bitten, wenn Sie für die Vertagung des Punktes […] (der Punkte […]) unserer Tagesordnung sind oder sich der Stimme enthalten wollen; ich wiederhole: Wer dafür ist, dass der Tagesordnungspunkt gemäß Antrag des Herrn/der Frau […] vertagt werden soll oder sich der Stimme enthalten will, den bitte ich, den Stimmkartenabschnitt Nr. 13 bereitzuhalten. Helferinnen und Helfer werden zuerst die Ja-Stimmen und danach die Stimmenthaltungen einsammeln. Durch Subtraktion der Ja-Stimmen und Enthaltungen von der Gesamtpräsenz werden die Nein-Stimmen ermittelt. Nachdem alle Stimmabschnitte zum Abstimmungspunkt eingesammelt wurden: Meine Damen und Herren, hat jeder Gelegenheit gehabt, seinen Stimmabschnitt abzugeben? Das ist der Fall. Dann darf ich Sie bitten, bis zum Vorliegen des Abstimmungsergebnisses zu warten. Verkündung des Abstimmungsergebnisses Damit stelle ich fest, dass der Antrag des Aktionärs […], Punkt […] (die Punkte […]) unserer Tagesordnung zu vertagen, bei einer Präsenz von […] % des Grundkapitals mit

[…] Ja-Stimmen

= […] %

gegen […] Nein-Stimmen

= […] %

bei

[…] Enthaltungen

= […] %

und

[…] ungültigen Stimmen

= […] %

von der Versammlung abgelehnt worden ist.

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Leitnotiz nebst Beilagen

Beilage 12

Unterbrechung/Vertagung der Hauptversammlung Der Vorsitzende kann die Hauptversammlung unterbrechen, wenn er dies für zweckmäßig hält. Wird dagegen von einem Aktionär ein entsprechender Antrag gestellt, so bedarf es einer Beschlussfassung durch die Hauptversammlung. Die Vertagung kann hingegen nur von der Hauptversammlung selbst beschlossen werden. Sehr geehrte(r) Herr/Frau […], Sie hatten vorgeschlagen, die Hauptversammlung zu unterbrechen. Dem Aufsichtsrat soll damit Gelegenheit gegeben werden, […] zu überdenken. Wir verstehen Ihr Vorbringen lediglich als Anregung, der wir nach Beratung in Vorstand und Aufsichtsrat nicht nachkommen möchten. Bestehen von Ihrer Seite dagegen Bedenken? Bei einem Antrag auf Unterbrechung (für Vertagung gilt Entsprechendes) Herr/Frau […] hat den Antrag gestellt, die Hauptversammlung vor dem TOP […] zu unterbrechen. Aufsichtsrat und Vorstand schlagen vor, ohne Unterbrechung in der Tagesordnung fortzufahren. Über den Antrag von Herrn/Frau […] werde ich jetzt abstimmen lassen. Wird hierzu noch einmal das Wort gewünscht? Das ist nicht der Fall. Bei Präsenzveränderung Mir liegt vor dieser Abstimmung ein aktueller Nachtrag zum Teilnehmerverzeichnis vor. Danach beträgt die Präsenz […] % des Grundkapitals. Ich unterzeichne hiermit diesen Nachtrag und überreiche ihn dem Notar. Wir kommen zur Abstimmung. Ich darf Sie bitten, wenn Sie für eine Unterbrechung der Hauptversammlung sind oder sich der Stimme enthalten wollen; ich wiederhole:

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Anlage 11

Wer für eine Unterbrechung der Hauptversammlung ist oder sich der Stimme enthalten will, den bitte ich, den Stimmkartenabschnitt Nr. 14 bereitzuhalten. Helferinnen und Helfer werden zuerst die Ja-Stimmen und danach die Stimmenthaltungen einsammeln. Durch Subtraktion der Ja-Stimmen und Enthaltungen von der Gesamtpräsenz werden die NeinStimmen ermittelt. Nachdem alle Stimmabschnitte zur Abstimmung über eine Unterbrechung der Hauptversammlung eingesammelt wurden: Meine Damen und Herren, hat jeder Gelegenheit gehabt, seinen Stimmabschnitt abzugeben? Das ist der Fall. Dann darf ich Sie um etwas Geduld bitten, bis wir das Abstimmungsergebnis ermittelt haben. Verkündung des Abstimmungsergebnisses Abstimmung über eine Unterbrechung der Hauptversammlung Meine Damen und Herren, es liegt mir das Ergebnis der Abstimmung über eine Unterbrechung der Hauptversammlung vor. Bei dieser Abstimmung betrug die Präsenz (ggf. unverändert) […] % des Grundkapitals. Ich stelle fest, dass der Antrag des Aktionärs auf Unterbrechung der Hauptversammlung mit

[…] Ja-Stimmen

= […] %

bei

[…] Enthaltungen

= […] %

und

[…] ungültigen Stimmen

= […] %

abgelehnt ist.

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= […] %

gegen […] Nein-Stimmen

Anlage 12 Dividendenbekanntmachung XYZ AG Frankfurt am Main Wertpapier-Kenn-Nummer: […] ISIN: […] Dividendenbekanntmachung Die ordentliche Hauptversammlung der XYZ AG vom [Tag/Monat/Jahr] hat beschlossen, vom Bilanzgewinn des Geschäftsjahres […] in Höhe von […] € a) einen Teilbetrag in Höhe von […] € zur Ausschüttung einer Dividende von […] € je dividendenberechtigter Stückaktie zu verwenden und b) den verbleibenden Teilbetrag in Höhe von […] € auf neue Rechnung vorzutragen. Gemäß § 58 Abs. 4 AktG ist der Anspruch auf Dividende am dritten auf die Hauptversammlung folgenden Geschäftstag fällig, somit am [Tag], den [Tag/ Monat/Jahr] Die Dividende wird unter Abzug von 25 % Kapitalertragsteuer sowie des darauf entfallenden Solidaritätszuschlags von 5,5 % (gesamt 26,375 %) und ggf. Kirchensteuer durch die Clearstream Banking AG, Frankfurt am Main, über die Depotbanken direkt auf die bei den einzelnen Depotbanken geführten Konten der Aktionäre gezahlt. ausgezahlt. Mit dem Steuerabzug gilt die deutsche Einkommensteuer für private Kapitalerträge als abgegolten. Unabhängig davon kann auf Antrag die Dividende zusammen mit den übrigen Kapitalerträgen in die Einkommensteuerveranlagung einbezogen werden, wenn dies zu einer niedrigeren individuellen Einkommensteuer führt. Der Abzug der Kapitalertragsteuer sowie des Solidaritätszuschlags entfällt bei unbeschränkt steuerpflichtigen Aktionären, die ihrer Depotbank eine sog. Nichtveranlagungsbescheinigung oder einen sog. Freistellungsauftrag mit ausreichendem Freistellungsvolumen vorgelegt haben. Bei ausländischen Aktionären kann sich die einbehaltene Kapitalertragsteuer einschließlich des Solidaritätszuschlags nach Maßgabe bestehender Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem betreffenden Staat ermäßigen. Frankfurt, den […] Der Vorstand 499

Anlage 13 Niederschrift der Hauptversammlung notariell börsennotiert Nummer […] der Urkundenrolle für […] Verhandelt [Ort], den [Tag/Monat/Jahr] Der unterzeichnende Notar im Bezirk des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main [Vorname Nachname] mit dem Amtssitz in [Ort], [Straße], hatte sich heute auf Ersuchen des Vorstands der XYZ AG, mit dem Sitz in Frankfurt am Main, in die [Veranstaltungsort], [Straße], [Ort], begeben, um in der dort stattfindenden ordentlichen Hauptversammlung dieser Gesellschaft nachstehendes Protokoll zu führen. Auf Nachfrage des unterzeichnenden Notars hin, verneinte die Verwaltung eine Vorbefassung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG. Zu dieser ordentlichen Hauptversammlung waren erschienen: I. vom Aufsichtsrat der Gesellschaft, der aus 1. Herrn [Vorname Nachname], [Wohnort], Vorsitzender, 2. Herrn [Vorname Nachname], [Wohnort], stellv. Vorsitzender 3. Frau [Vorname Nachname], [Wohnort] 4. Herrn [Vorname Nachname], [Wohnort] 5. Frau [Vorname Nachname], [Wohnort] 6. Herrn [Vorname Nachname], [Wohnort]

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Anlage 13

7. Herrn [Vorname Nachname], [Wohnort] 8. Herrn [Vorname Nachname], [Wohnort] 9. Frau [Vorname Nachname], [Wohnort] 10. Herrn [Vorname Nachname], [Wohnort] 11. Herrn [Vorname Nachname], [Wohnort] 12. Herrn [Vorname Nachname], [Wohnort] 13. Frau [Vorname Nachname], [Wohnort] 14. Herrn [Vorname Nachname], [Wohnort] 15. Herrn [Vorname Nachname], [Wohnort] 16. Frau [Vorname Nachname], [Wohnort] 17. Herrn [Vorname Nachname], [Wohnort] 18. Herrn [Vorname Nachname], [Wohnort] 19. Frau [Vorname Nachname], [Wohnort] 20. Herrn [Vorname Nachname], [Wohnort] besteht, die zu 1. bis 20. Genannten; II. vom Vorstand der Gesellschaft, der aus 1. Herrn [Vorname Nachname], [Wohnort], Vorsitzender 2. Frau [Vorname Nachname], [Wohnort] 3. Herrn [Vorname Nachname], [Wohnort] 4. Herrn [Vorname Nachname], [Wohnort] 5. Herrn [Vorname Nachname], [Wohnort] 6. Frau [Vorname Nachname], [Wohnort] 7. Herrn [Vorname Nachname], [Wohnort] 8. Herrn [Vorname Nachname], [Wohnort] besteht, die zu 1. bis 8. Genannten; III. die im Teilnehmerverzeichnis aufgeführten Aktionäre und Aktionärsvertreter, das allen Teilnehmern während der gesamten Hauptversammlung zugänglich gemacht worden ist. 1. Eröffnung Der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Herr […], eröffnete die Hauptversammlung um 10:00 Uhr und übernahm gemäß § […] der Satzung den Vorsitz. Er begrüßte die erschienenen Aktionäre, die Aktionärsvertreter, die Gäste sowie die Vertreter der Presse. Er begrüßte ferner diejenigen Aktionäre, die die Hauptversammlung im Internet verfolgen. Er erläuterte, dass die Hauptversammlung

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Niederschrift der Hauptversammlung notariell börsennotiert

auch in diesem Jahr wieder in voller Länge zeitgleich im Internet an die Aktionäre übertragen wird. Bis zum Beginn der Debatte ist die Übertragung der Hauptversammlung allgemein zugänglich. Alle Mitglieder des Vorstands und alle Mitglieder des Aufsichtsrats nahmen an dieser Hauptversammlung teil. Der Vorsitzende begrüßte weiterhin die zur Wahl in den Aufsichtsrat vorgeschlagenen Frau […] und Herrn […]. Bevor zur Erledigung der Tagesordnung übergegangen wurde, erläuterte der Vorsitzende zunächst die Formalien der Hauptversammlung. Er teilte mit, dass der amtierende Notar mit der Protokollierung beauftragt sei. Weiterhin teilte er mit, dass der amtierende Notar bei der Aufnahme von Protokollerklärungen von Frau Notarvertreterin […] unterstützt werde, die am Wortmeldetisch im Saal sitze. Der Vorsitzende wies dann darauf hin, dass der Ablauf dieser Hauptversammlung in Bild und Ton in die den Aktionären zugänglichen Bereiche der […], in die für die Presse reservierten Räumlichkeiten und in die Back Office-Bereiche übertragen werde. Der Vorsitzende wies zudem darauf hin, dass Ton- und Videomitschnitte und Kameraaufnahmen während der Hauptversammlung nur während seiner einleitenden Worte und bis zum Ende der Rede von [Name Vorstandsvorsitzender] zulässig seien. Diese Einschränkungen gälten ausdrücklich auch für die Vertreter der Medien. Auch die über das Internet teilnehmenden Aktionäre dürften keine Mitschnitte der Veranstaltung erstellen. Der Vorsitzende stellte nunmehr fest, dass die Einberufung der Hauptversammlung form- und fristgerecht erfolgt sei. Sie sei am […] im Bundesanzeiger veröffentlicht worden. Ein Ausdruck der Veröffentlichung im Bundesanzeiger ist dieser Niederschrift als Anlage 1 beigefügt. Seit der Einberufung der Hauptversammlung seien die nach § 124a AktG zu veröffentlichenden Unterlagen auf den Internetseiten der Gesellschaft zugänglich. Der Vorsitzende erklärte weiter, dass neben den Bekanntmachungen im Bundesanzeiger die Einberufung der Hauptversammlung gemäß § 125 AktG dem dort genannten Personenkreis form- und fristgerecht mitgeteilt worden sei. Die Mitteilung habe die vollständige Tagesordnung einschließlich der Beschlussvorschläge der Verwaltung umfasst. Die vollständige Tagesordnung einschließlich der Beschlussvorschläge liege am Wortmeldetisch zur Einsicht aus und sei zudem am Informationsstand vor dem Versammlungssaal erhältlich. Den online teilnehmenden Aktionären stehen die Unterlagen im HV-Portal und auf den Internetseiten der Gesellschaft zur Verfügung. Der Vorsitzende führte aus, dass fristgerecht eingegangene Gegenanträge von Aktionären zu den Tagesordnungspunkten zusammen mit einer Stellungnahme auf den Internetseiten der Gesellschaft zugänglich gemacht worden seien. Die Gegenanträge lägen außerdem in gedruckter Form am Wortmeldetisch und am

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Anlage 13

Informationsstand vor dem Saaleingang zur Einsicht aus. Die Gesellschaft habe folgenden Gegenantrag erhalten: Gegenantrag von Herrn […] zu Tagesordnungspunkt 6 a) vom [Tag/Monat/ Jahr]. Der Gegenantrag nebst Stellungnahme der Verwaltung ist als Anlage 2 dieser Niederschrift beigefügt. Darüber hinaus waren keine Gegenanträge eingegangen. Der Vorsitzende erklärte sodann, er bestimme diesen Saal, in dem auch der Notar anwesend war, und sämtliche für die Aktionäre und Aktionärsvertreter geöffneten und zugänglichen Nebenräume zum Präsenzbereich. Der Präsenzbereich sei nach außen hin begrenzt durch die Zugangs- und Abgangskontrollen. Der Ablauf der Hauptversammlung werde über Lautsprecher und Bildschirme im gesamten Präsenzbereich übertragen. So lange sich die Teilnehmer in diesem Bereich aufhielten, seien sie in der Hauptversammlung anwesend. Der Vorsitzende bat zu beachten, dass eine Stimmabgabe nur in dem von ihm festgelegten Abstimmbereich möglich sei. Als Abstimmbereich bestimmte er diesen Versammlungssaal. Der Vorsitzende bat die Teilnehmer, sich in den Abstimmbereich zu begeben, wenn er die Abstimmung eröffne. Durch die Übertragung der Hauptversammlung in die übrigen Räume würden die Teilnehmer immer rechtzeitig über die bevorstehenden Abstimmungen unterrichtet, sodass sie ihre Stimme innerhalb des Abstimmbereichs abgeben könnten Der Vorsitzende wies darauf hin, dass nach § […] der Satzung der Gesellschaft die Reihenfolge und die Art der Abstimmung vom Versammlungsleiter bestimmt würden. Er teilte mit, dass die Beschlüsse nach § […] der Satzung der Gesellschaft mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden. Gemäß § […] der Satzung gewähre jede Stückaktie eine Stimme. Die Abstimmung erfolge unter Verwendung des den Aktionären im Austausch gegen die Eintrittskarte zur Hauptversammlung ausgehändigten Stimmkartenbogens. Die Abstimmung erfolge wie in den vergangenen Jahren im Wege des Additionsverfahrens. Die weiteren Einzelheiten werde er den Aktionären vor Beginn der Abstimmung nochmals genauer erläutern. Die Aktionäre hätten auch in diesem Jahr ihr Stimmrecht wieder im Wege der Briefwahl ausüben können. Diese vorab übermittelten Briefwahlstimmen würden bei der Ermittlung der Abstimmungsergebnisse für die einzelnen Beschlüsse berücksichtigt. Der Vorsitzende gab bekannt, dass, er die Präsenz mitteilen werde, sobald das Teilnehmerverzeichnis fertig gestellt sei. Das Teilnehmerverzeichnis könne dann von den Teilnehmern an Bildschirmen eingesehen werden, die sich [Beschreibung des Standorts der Bildschirme] befänden. Ein ausgedrucktes Exemplar werde

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Niederschrift der Hauptversammlung notariell börsennotiert

zudem jeweils am Wortmeldetisch zur Einsicht ausgelegt. Das Teilnehmerverzeichnis werde laufend aktualisiert. Die online teilnehmenden Aktionäre könnten das Teilnehmerverzeichnis über das HV-Portal einsehen. Der Vorsitzende wies darauf hin, dass die Aktionäre bzw. Aktionärsvertreter in diesem Jahr wieder die Möglichkeit hätten, das Stimmrecht über Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft auszuüben, Die Gesellschaft habe Herrn […] und Frau […] als Stimmrechtsvertreter benannt. Die Stimmrechtsvertreter würden am Abstimmungsvorgang teilnehmen und die Stimmen nach den ihnen zuvor erteilten Weisungen abgeben. Aktionäre, die den Stimmrechtsvertretern im Vorfeld der Hauptversammlung Vollmacht und Weisungen erteilt hätten, aber dennoch zur heutigen Hauptversammlung persönlich erschienen oder durch einen anderen Bevollmächtigten vertreten seien und ihre Vollmacht widerrufen hätten, hätten wie die übrigen Aktionäre im Eingangsbereich einen Stimmkartenblock erhalten, sie könnten mit diesen Stimmkarten am Abstimmungsprozess teilnehmen. Die im Vorfeld bereits erteilten Weisungen seien damit jedoch hinfällig, d. h., ihre Stimmen würden nicht zusätzlich durch die Stimmrechtsvertreter vertreten. Aktionäre, die die Hauptversammlung vor Beendigung verließen, könnten einem Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft Vollmacht und Weisung zur Ausübung des Stimmrechts erteilen, oder einen anderen hier anwesenden Aktionär oder Dritte zur Ausübung des Stimmrechts bevollmächtigen. Für die Vollmachtsund Weisungserteilung könnten die Aktionäre das ausgehändigte Vollmachtsformular verwenden. Die Vollmacht und ggf. der Stimmkartenblock mögen bitte bei Verlassen der Hauptversammlung an der Ausgangskontrolle abgegeben werden. Für weitere Fragen verwies der Vorsitzende an die Mitarbeiter der Gesellschaft. Der Vorsitzende bat diejenigen Aktionäre oder Aktionärsvertreter, die nicht von der Möglichkeit einer Bevollmächtigung Gebrauch machen wollten, sich bei der Präsenzkontrolle abzumelden, damit die Verminderung der bekannt zu gebenden Präsenz festgestellt und der Versammlung mitgeteilt werden könne. Der Vorsitzende erklärte weiterhin, dass die Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat mündlich und schriftlich auf die gesetzlichen Stimmverbote hingewiesen worden seien. Der Vorsitzende wies darauf hin, dass die Diskussion über alle Punkte der Tagesordnung im Anschluss an den Bericht des Vorstands in Form einer Generaldebatte stattfinden werde. Er teilte mit, dass in der Generaldebatte alle Aktionäre und Aktionärsvertreter, die das Wort wünschten, zu allen Punkten der Tagesordnung zu Wort kämen und Fragen zu allen Tagesordnungspunkten stellen könnten. Spätestens nach Erledigung aller vorliegenden Wortmeldungen werde der Vorstand/Aufsichtsrat zu den Fragen Stellung nehmen. Der Vorsitzende bat darum, dass die Aktionäre, die sich zu den einzelnen Punkten der Tagesordnung zu Wort melden möchten, das dafür vorgesehene Wort-

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Anlage 13

meldeformular verwenden. Vordrucke hierfür lägen am Wortmeldetisch aus und müssten dort auch wieder abgegeben werden. Der Wortmeldetisch befinde sich aus Sicht der Aktionäre [Beschreibung Standort Wortmeldetisch] Er wies darauf hin, dass nur auf diese Weise ein ordnungsgemäßer Ablauf der Diskussion, insbesondere hinsichtlich der Reihenfolge der Wortmeldungen, gewährleistet werden kann. Der Vorsitzende bat, Wortmeldungen, auch zu späteren Tagesordnungspunkten, bereits jetzt abzugeben und Ausführungen vom Rednerpult aus zu machen. 2. Erledigung der Tagesordnung Nunmehr wurde in die Erledigung der Tagesordnung eingetreten: Der Vorsitzende berichtete zunächst, dass Herr […] mit Wirkung zum [Tag/ Monat/Jahrs] sein Amt als Aufsichtsrat niedergelegt hat. Der Vorsitzende berichtete weiter, dass das Registergericht am […] Frau […] zum Mitglied des Aufsichtsrats bestellt hat. Die Bestellung ist entsprechend der Empfehlung des Deutschen Corporate Governance Kodex bis zum Ende der Hauptversammlung befristet. Unter Tagesordnungspunkt 6 a) schlägt deshalb der Aufsichtsrat vor, für den Rest der ursprünglichen Amtszeit von Herrn […], also bis zur Beendigung der ordentlichen Hauptversammlung […], Frau […] als Vertreterin der Aktionäre in den Aufsichtsrat zu wählen. Der Vorsitzende stellte sodann Frau […] vor und begründete den Wahlvorschlag. Der Vorsitzende berichtete weiterhin, dass Herr […] mit Wirkung zum Ablauf dieser Hauptversammlung sein Amt als Aufsichtsrat niedergelegt hat. Unter Tagesordnungspunkt 6 b) schlägt deshalb der Aufsichtsrat vor, für den Rest der ursprünglichen Amtszeit von Herrn […], also bis zur Beendigung der ordentlichen Hauptversammlung […], Herr […] als Vertreter der Aktionäre in den Aufsichtsrat zu wählen. Der Vorsitzende stellte sodann Herrn […] vor und begründete den Wahlvorschlag. Er wies zudem darauf hin, dass die relevanten Angaben zu den für die Neuwahl vorgeschlagenen Mitgliedern des Aufsichtsrats ebenfalls der Einladung zu dieser Hauptversammlung entnommen werden könnten. Außerdem seien die Lebensläufe der Kandidaten seit der Einberufung der Hauptversammlung auf der Internetseite der XYZ AG sowie dem HV-Portal eingestellt und lägen zudem am Wortmeldetisch aus. Zu Punkt 1 der Tagesordnung: „Vorlage des festgestellten Jahresabschlusses und des Lageberichts (einschließlich des erläuternden Berichts zu den Angaben nach § 289 Absatz 4 und Absatz 5 Handelsgesetzbuch) der XYZ Aktiengesellschaft für das Geschäftsjahr […], Vorlage des gebilligten Konzernabschlusses und des Konzernlageberichts (einschließlich des erläuternden Berichts zu den Angaben nach § 315 Absatz 2

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Niederschrift der Hauptversammlung notariell börsennotiert

Nr. 5 und Absatz 4 Handelsgesetzbuch) für das Geschäftsjahr […], des Berichts des Aufsichtsrats, des Corporate-Governance- und des Vergütungsberichts zum Geschäftsjahr […].“ Der Vorsitzende erklärte, dass der Aufsichtsrat den vom Vorstand vorgelegten Jahresabschluss der XZY AG für das Geschäftsjahr […] und den Konzernabschluss für das Geschäftsjahr […] geprüft und in seiner Sitzung am [Tag/Monat/ Jahr] gebilligt habe. Der Jahresabschluss der XZY AG sei damit im Sinne des Gesetzes festgestellt. Der Vorsitzende stellte fest, dass die genannten Unterlagen seit dem Tag der Einberufung dieser Hauptversammlung auf den Internetseiten der XZY AG zugänglich sind und in den Geschäftsräumen der XZY AG zur Einsicht der Aktionäre auslagen. Außerdem seien die Unterlagen den Aktionären auf Verlangen auch zugesandt worden. Weiterhin seien die Unterlagen in gedruckter Form am Informationstisch vor dem Versammlungssaal erhältlich. Der Vorsitzende stellte des Weiteren ausdrücklich fest, dass die Buchführung, der Jahresabschluss und der Lagebericht der XYZ AG und des XYZ-Konzerns durch die von der Hauptversammlung im vergangenen Jahr gewählte Abschlussprüferin, die […] Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Frankfurt am Main, geprüft worden seien, dass die Prüfungen keinen Anlass zu Beanstandungen gegeben hätten und dass die Abschlussprüferin die uneingeschränkten Bestätigungsvermerke erteilt habe. Zur Tätigkeit des Aufsichtsrats im vergangenen Geschäftsjahr verwies der Vorsitzende auf den Bericht des Aufsichtsrats, der auf den Seiten […] bis […] des Geschäftsberichts abgedruckt sei. Darüber hinausgehende Informationen zur Corporate Govemance der Gesellschaft bat er, dem auf den Seiten […] bis […] des Geschäftsberichts abgedruckten gemeinsamen Bericht von Vorstand und Aufsichtsrat zu entnehmen, zu dem auch der auf den Seiten […] bis […] abgedruckte Vergütungsbericht gehöre. Der Vergütungsbericht sei zugleich Teil des Lageberichts. Der Vorsitzende gab dann einen ausführlichen Bericht zum System der Vorstandsvergütung. Zum Bericht des Aufsichtsrats führte der Vorsitzende aus, dass der Aufsichtsrat seine Beratungspflicht und Überwachungsaufgabe im vergangenen Geschäftsjahr im Plenum und in seinen Ausschüssen voll erfüllt habe. Nähere Angaben zur Sitzungsfrequenz des Plenums und der Ausschüsse, ihren Aufgaben und ihrer personellen Zusammensetzung seien den Seiten […] bis […] des Geschäftsberichts zu entnehmen. Im abgelaufenen Geschäftsjahr hätten insgesamt […] Aufsichtsratssitzungen – davon […] außerordentliche und […] in Form von Telefonkonferenzen – stattgefunden. Der Aufsichtsrat habe in seinen ordentlichen Sitzungen die aktuelle Geschäftslage der XYZ AG ausführlich mit dem Vorstand

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Anlage 13

erörtert. Einer der Schwerpunkte der Tätigkeit des Aufsichtsrats im abgelaufenen Geschäftsjahr sei […] gewesen. Der Jahresabschluss sei von Aufsichtsrat und Prüfungsausschuss intensiv geprüft worden, Die Jahresabschlussunterlagen und die Prüfungsberichte hätten allen Aufsichtsratsmitgliedern rechtzeitig vorgelegen. Die Abschlussprüfer hätten an den Bilanzsitzungen des Aufsichtsrats und des Prüfungsausschusses teilgenommen und die wesentlichen Prüfungsergebnisse erläutert. Anlass zu Beanstandungen habe es nicht gegeben. Der Aufsichtsrat habe den vom Vorstand aufgestellten Jahres- und Konzernabschluss gebilligt. Die Ausschüsse des Aufsichtsrates hätten insgesamt […] mal getagt. Auf Bitte des Vorsitzenden erläuterte Herr [Name Vorstandsvorsitzender] sodann den Jahres- und Konzernabschluss […] und nahm zu anderen, die Gesellschaft und den Konzern berührenden Fragen, sowie insbesondere zur Branchenentwicklung Stellung, einschließlich der Erläuterung der Pflichtangaben gemäß §§ 289 Abs. 4, 315 Abs. 4 HGB. Weiterhin wurden die zur Abstimmung stehenden Beschlussvorschläge erläutert. Der Vorsitzende dankte Herrn […] im Anschluss für seine Ausführungen. Er wies darauf hin, dass die Rede des Vorstandsvorsitzenden in gedruckter Form am Informationsstand vor dem Versammlungsraum erhältlich sei. Um […] Uhr stellte der Vorsitzende die Präsenz wie folgt fest: Vom Grundkapital der Gesellschaft in Höhe von […] € eingeteilt in […] Stückaktien sind […] Stückaktien vertreten. Dies entspricht einer Präsenz von […] %. Nachdem der Vorsitzende nochmals darauf hingewiesen hatte, dass die zu den Tagesordnungspunkten 1 bis 6 gestellten Fragen zusammengefasst in einer Generaldebatte beantwortet werden würden, eröffnete er die Diskussion zu den folgenden Tagesordnungspunkten gemäß den vorliegenden Wortmeldungen. Er bat die Aktionäre, die zu mehreren Tagesordnungspunkten sprechen wollten, Ihre Ausführungen zusammenzufassen und in einer angemessenen Zeit vorzutragen, um einen zügigen Ablauf der Hauptversammlung sicherzustellen. Er bat die Aktionäre ausdrücklich darum, ihre Beiträge auf die Gegenstände der heutigen Tagesordnung zu beschränken und ihre Anmerkungen und Fragen nach Möglichkeit in einem Vortrag vorzubringen. Er bat die Aktionäre bzw. Aktionärsvertreter, ihre Wortmeldungen jetzt am Wortmeldetisch abzugeben, wenn sie das Wort ergreifen wollten. Der Vorsitzende gab sodann bekannt, dass ihm bereits zahlreiche Wortmeldungen vorliegen. Erfahrungsgemäß würden noch weitere Wortmeldungen hinzukommen. Er ordne daher für alle Redner eine Begrenzung der Rede- und Fragezeit auf insgesamt zehn Minuten je Beitrag an. Er behielt sich eine erneute Begrenzung ausdrücklich vor. Der Vorsitzende bat um Verständnis für diese Maß-

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Niederschrift der Hauptversammlung notariell börsennotiert

nahme. Sie liege im Interesse aller Versammlungsteilnehmer an einer sachgerechten und zügigen Durchführung der Hauptversammlung. Er wies darauf hin, dass der Deutsche Corporate Govemance Kodex in Ziff. 2.2.4 vorsehe, dass der Versammlungsleiter für eine zügige Abwicklung der Hauptversammlung zu sorgen habe. Um dies zu gewährleisten, sei er als Versammlungsleiter gemäß § […] der Satzung der Gesellschaft ermächtigt, das Frage- und Rederecht der Aktionäre zeitlich angemessen zu beschränken. Die Beschränkung der Rede- und Fragezeit bedeute, so erläuterte der Versammlungsleiter weiter, dass jeder Redner, dem das Wort erteilt werde, pro Beitrag zehn Minuten zur Verfügung hat, um seine Ausführungen zur Tagesordnung vorzutragen und Fragen zu stellen. Zur zeitlichen Orientierung sei im Rednerpult eine Uhr installiert, die rückwärts läuft und die verbleibende Zeit anzeigt. Um die Einhaltung dieses zeitlichen Rahmens zu erleichtern und um die Gleichbehandlung aller Redner zu gewährleisten, werde außerdem das am Rednerpult deutlich sichtbar angebrachte Lichtsignal nach sieben Minuten rot blinken, um das bevorstehende Ende der Rede- und Fragezeit anzukündigen. Nach Ablauf der Redeund Fragezeit zeige ein rotes Dauerlicht das Überschreiten des Zeitrahmens von zehn Minuten an, Die Redner müssten dann ihren Beitrag beenden und könnten sich zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal zu Wort melden, soweit die Dauer der Hauptversammlung dies zulasse, Der Vorsitzende behielt sich vor, das Mikrofon nach Ablauf der Rede- und Fragezeit abzuschalten. Es stehe jedem Redner frei, ob und wie er die ihm zur Verfügung stehende Zeit mit Redebeiträgen oder mit Fragen zur Tagesordnung ausfüllen möchte. Er halte diese Maßnahme im Sinne einer vernünftigen Abwicklung dieser Hauptversammlung für geboten und zunächst auch für ausreichend, Er behalte sich aber vor, das Frage- und Rederecht weiter einzuschränken. Im Verlauf der Generaldebatte meldeten sich eine Vielzahl von Aktionären und Aktionärsvertretern – zum Teil mehrfach – wie folgt zu Wort: [Name Aktionär] [Name Aktionär] [Name Aktionär] […] Herr/Frau [Name Aktionär] erklärte, dass er/sie sich alle Fragen der anderen Aktionäre und Aktionärsvertreter zu eigen mache. Herr [Name Vorstandsvorsitzender] beantwortete ab […] Uhr ausführlich die Fragen der Aktionäre und Aktionärsvertreter. Herr [Name Versammlungsleiter] beantwortete die Fragen der Aktionäre und Aktionärsvertreter, soweit sie den Aufsichtsrat betrafen. Weitere Fragen wurden von den Vorstandsmitgliedern

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Anlage 13

Frau [Name Vorstandsmitglied] und Herrn [Name Vorstandsmitglied] beantwortet. Im Rahmen seines Redebeitrags stellte der Aktionär […] seinen bereits bekannt gemachten Gegenantrag zu Tagesordnungspunkt 6 a) Frau […] nicht in den Aufsichtsrat zu wählen. Sodann begründete er seinen Gegenantrag. Der Vorsitzende erklärte hierzu, dass er auf den Gegenantrag im Rahmen der Hinweise zur Abstimmung zurückkommen werde. Um […] Uhr stellte der Versammlungsleiter fest, dass nach seinen Unterlagen nunmehr alle Wortmeldungen zu den Tagesordnungspunkten der Hauptversammlung erledigt seien. Er wies sodann die Aktionäre, die die Hauptversammlung im Internet verfolgen, darauf hin, dass die Generaldebatte in Kürze beendet sein werde. Er wies weiter die Aktionäre, die über das Internet die von der Gesellschaft benannten Stimmrechtsvertreter bevollmächtigt oder Briefwahlstimmen abgegeben haben, darauf hin, dass nun letztmalig die Gelegenheit bestehe, die Briefwahlstimmen bzw. die Weisungen noch über das Internet zu ändern. Er fragte sodann die Aktionäre und Aktionärsvertreter, die Fragen gestellt haben, ob – mit Ausnahme der als unbeantwortet zu Protokoll gegebenen Fragen – alle Fragen beantwortet worden seien. Darauf erfolgte keine weitere Wortmeldung. Um […] Uhr schloss der Vorsitzende die Debatte. Vor der ersten Abstimmung gab der Vorsitzende die Präsenz wie folgt bekannt: Vom Grundkapital der Gesellschaft in Höhe von […] € eingeteilt in […] Stückaktien sind […] Stückaktien vertreten. Dies entspricht einer Präsenz von […] %. Zusätzlich lägen abgegebene Briefwahlstimmen zu weiteren […] Stückaktien vor, sodass insgesamt […] % des satzungsmäßigen Grundkapitals vertreten sind. 3. Abstimmungen Der Vorsitzende ging sodann über zur Abstimmung und bat alle sich im Moment außerhalb des Saals aufhaltenden Aktionäre und Aktionärsvertreter, zur Abstimmung in diesen Saal zu kommen. Er erläuterte die Regularien der Abstimmung und legte die Art und Form der Abstimmung für alle in der Hauptversammlung zu treffenden Beschlussfassungen nach den Tagesordnungspunkten […] bis […] im Einzelnen wie folgt fest: Die Abstimmung erfolge nach dem Additionsverfahren. Hierbei werden nur die Ja- und Nein-Stimmen ausgezählt. Stimmenthaltungen haben keinen Einfluss auf das Ergebnis und würden auch nicht gesondert erfasst. Von daher müssen sich alle Aktionäre und Aktionärsvertreter an den Abstimmungen beteiligen und ihre Stimmkarten abgeben, die zu allen oder auch nur zu einzelnen Tagesordnungspunkten mit Ja- oder Nein abstimmen wollen. Wer den Vorschlägen der Verwaltung zustimmen wolle, müsse also auf jeden Fall seine entsprechend

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Niederschrift der Hauptversammlung notariell börsennotiert

ausgefüllte Stimmkarte bei der Abstimmung abgeben. Die Stimmen der Aktionäre die weder auf Ja noch Nein lauten, würden als Enthaltungen gezählt. Entsprechendes gelte für die Aktionäre und Aktionärsvertreter, die über das Internet an der Hauptversammlung teilnehmen. Um die „Ja“- oder „Nein“Stimme abzugeben, müssen diese von Aktionären und Aktionärsvertretern im Onlineformular vermerkt werden und anschließend während des Abstimmungszeitraums mit dem Button „Abstimmen“ elektronisch an die Gesellschaft übermittelt werden. Sofern das Online-Formular keine Markierung enthält bzw. nicht abgesendet wird, werde dies als Enthaltung gewertet. Der Vorsitzende bat nochmals, zur Abstimmung in den Saal […] zu kommen, da die Stimmabschnitte aus organisatorischen Gründen nur hier eingesammelt werden können. Die Beschlussfassungen zu den Tagesordnungspunkten 2 bis 6 werden in einem Sammelgang zusammengefasst durchgeführt. Er werde die Tagesordnungspunkte dabei jeweils einzeln aufrufen. Nach der Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 2 bis 6 würden während einer Pause die Abstimmungsergebnisse ermittelt. Die Abstimmung erfolge mittels Stimmkarten aus dem Stimmkartenblock, den die Aktionäre im Tausch gegen die Eintrittskarte erhalten hätten. Zur Stimmabgabe seien dabei die Stimmkarten […] zu verwenden. Er werde die zu verwendenden Stimmkarten bei den einzelnen Beschlüssen jeweils nochmals nennen, zudem würden diese auf die Leinwand projiziert. Alle Stimmkarten enthielten zum betreffenden Tagesordnungspunkt jeweils Kästchen für „Ja“- und „Nein“Stimmen, die entsprechend angekreuzt werden könnten. Wird zu einem Tagesordnungspunkt sowohl das Ja-Kästchen als auch das NeinKästchen angekreuzt, wird die Stimme als ungültig gewertet. Wird kein Kästchen angekreuzt, gilt dieses als Stimmenthaltung. Stimmenthaltungen würden wie ungültige Stimmen nicht erfasst und auch nicht bekannt gegeben. Für das Ankreuzen soll – wie auch auf der Stimmkarte angegeben – kein Rotstift, sondern ein blauer oder schwarzer Stift benutzt werden. Ferner rief der Vorsitzende nochmals alle anwesenden Aktionäre und Aktionärsvertreter, die mit „Ja“ oder „Nein“ stimmen wollen, auf, in den Hauptversammlungssaal zu kommen und hier ihre entsprechend angekreuzten Stimmkarten abzugeben. Aktionäre und Aktionärsvertreter, die über das Internet an der Hauptversammlung online teilnehmen, wurden gebeten, auf dem Onlineformular bei jedem Abstimmungspunkt zu markieren, ob Sie mit „Ja“ oder „Nein“ stimmen oder sich der Stimme enthalten wollen. Dieses kann bereits im Online-Formular vermerkt werden. Der Vorsitzende wies darauf hin, dass nach der Eröffnung der Möglichkeit zur Stimmabgabe diese mit einem Klick auf den entsprechenden Absenden-Button elektronisch an die Gesellschaft versandt werden kann. Beginn und Ende des Abstimmungsvorgangs würden durch ein akustisches Signal angekündigt. Auf Aufforderung des Vorsitzenden werden die Abstimmungshel511

Anlage 13

ferinnen und -helfer durch die Reihen gehen und den Aktionären Gelegenheit geben, ihre Stimmkarten in den Sammelbehälter zu werfen. Die Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft und die Stimmboten der Bankenvertreter und Aktionärsvereinigungen mit virtuellen Stimmkarten, bei denen die Stimmabgabe im Abstimmungssystem hinterlegt ist, wurden aufgefordert, ihre Stimmen am Wortmeldetisch freizugeben. Ferner wies der Vorsitzende darauf hin, dass zu den Tagesordnungspunkten 3 „Entlastung Vorstand“ und 4 „Entlastung Aufsichtsrat“, die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats nach § 136 AktG jeweils bei Beschlussfassung über ihre eigene Entlastung das Stimmrecht aus eigenen oder fremden Aktien nicht ausüben dürfen. Ebenso wenig dürften Dritte das Stimmrecht aus Aktien ausüben, die den zu entlastenden Vorstands- bzw. Aufsichtsratsmitgliedern gehören. Die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats seien darauf hingewiesen worden und es wurde Vorsorge getroffen, dass bei den jeweiligen Beschlüssen entsprechend verfahren werde. Die Auszählung werde über elektronische Belegleser erfolgen. Der Vorsitzende informierte die Teilnehmer darüber, dass sich der amtierende Notar vorab von der Zuverlässigkeit der Belegleser überzeugt habe und die Ordnungsmäßigkeit der Stimmauszählung überwachen werde. Der Vorsitzende erklärte weiter, dass das Aktiengesetz für die Beschlussfeststellung vorsehe, dass er als Versammlungsleiter die Feststellung des Beschlussergebnisses für jeden Beschluss darauf beschränken könne, dass die erforderliche Mehrheit erreicht wurde, falls kein Aktionär eine umfassende Feststellung verlange. Dies diene der Erleichterung der Durchführung der Hauptversammlung, da es den Vorgang der Beschlussfeststellung im Sinne aller Aktionäre zeitlich deutlich abkürze. Der Vorsitzende führte aus, dass das jeweils zugrunde liegende Abstimmungsergebnis für die Teilnehmer mit dem gesamten Zahlenwerk jeweils auf die Leinwand projiziert und nach der Hauptversammlung auf den Internetseiten der Gesellschaft bekannt gemacht werde. Außerdem werde er die vollständigen Beschlussergebnisse dem Notar zur Aufnahme in das Protokoll der Hauptversammlung übergeben. Er stellte nunmehr die Frage an die Teilnehmer, ob gegen diese Form der Beschlussfeststellung Widerspruch erhoben werde. Dies war nicht der Fall. Der Vorsitzende erklärte, er gebe jetzt die Punkte 2 bis 6 der Tagesordnung bekannt, über die abgestimmt werde. Da der Wortlaut der Beschlussvorschläge zu den Tagesordnungspunkten 2 bis 6 im Bundesanzeiger am […] bekannt gemacht worden sei und den Teilnehmern in der übersandten Einladung vorliege, beschränke er sich darauf, die einzelnen Punkte zusammengefasst vorzutragen. Zur Abstimmung würden die Anträge genauso gestellt, wie sie im Bundesanzeiger bekannt gemacht wurden.

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Niederschrift der Hauptversammlung notariell börsennotiert

Ferner wies der Vorsitzende ausdrücklich darauf hin, dass der Wortlaut der Beschlussvorschläge der Verwaltung den Aktionären bei der Einberufung und in der Mitteilung nach § 125 AktG bekannt gegeben worden sei. Gemäß § 124a AktG sei der Text seit Einberufung der Hauptversammlung auch über die Internetseite der Gesellschaft zugänglich. Die Tagesordnung mit dem Wortlaut der jeweiligen Beschlussanträge liege darüber hinaus am Wortmeldetisch zur Einsicht aus und sei am Informationsstand vor dem Versammlungssaal erhältlich. Die Unterlagen seien zudem auch im HV-Portal eingestellt. Der Vorsitzende erklärte: Zu Punkt 1 der Tagesordnung waren keine Beschlüsse zu fassen. Zu Punkt 2 der Tagesordnung: „Verwendung des Bilanzgewinns für das Geschäftsjahr […]“ Zur Abstimmung stand der Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat, den Bilanzgewinn aus dem abgelaufenen Geschäftsjahr in Höhe von […] € wie folgt zu verwenden: Ausschüttung einer Dividende in Höhe von […] € je dividendenberechtigte Aktie

[…] €

Vortrag auf neue Rechnung

[…] €

Zu Punkt 3 der Tagesordnung: „Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr […]“ Zur Abstimmung stand der Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat, den im Geschäftsjahr […] amtierenden Mitgliedern des Vorstands Entlastung zu erteilen. Zu Punkt 4 der Tagesordnung: „Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr […]“ Zur Abstimmung stand der Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat, den im Geschäftsjahr […] amtierenden Mitgliedern des Aufsichtsrats Entlastung zu erteilen. Zu Punkt 5 der Tagesordnung: „Wahl des Abschlussprüfers für die Prüfung des Jahresabschlusses, des Konzernabschlusses und für die prüferische Durchsicht von Zwischenfinanzberichten“ Zur Abstimmung stand der Vorschlag des Aufsichtsrats, die […] Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit dem Sitz in Frankfurt am Main zum Abschluss- und 513

Anlage 13

Konzernabschlussprüfer für das Geschäftsjahr […] sowie zum Prüfer für die prüferische Durchsicht von Zwischenabschlüssen und Zwischenlageberichten zum 30. Juni […], 30. September […] und zum 31. März […] zu bestellen. Zu Punkt 6 der Tagesordnung: „Wahl zum Aufsichtsrat“ a) Zur Abstimmung stand der Vorschlag des Aufsichtsrats, Frau, [Name], [Wohnort] [Ausgeübter Beruf] gemäß § […] der Satzung für den Rest der noch verbleibenden Amtszeit von Herrn […], die bis zur Beendigung derjenigen Hauptversammlung dauere, die über die Entlastung für das Geschäftsjahr […] beschließt, zu wählen. Der Vorsitzende kam in diesem Zusammenhang auf den Gegenantrag von Herrn/Frau [Name Aktionär] zurück, und erläuterte, dass er zunächst über den Vorschlag des Aufsichtsrats abstimmen lassen werde. Wenn der Vorschlag des Aufsichtsrats von der Hauptversammlung angenommen wird, hat sich der Gegenantrag erledigt. b) Zur Abstimmung stand der Vorschlag des Aufsichtsrats, Herrn [Name], [Wohnort] [Ausgeübter Beruf] gemäß § […] der Satzung für den Rest der noch verbleibenden Amtszeit von Herrn […], die bis zur Beendigung derjenigen Hauptversammlung dauere, die über die Entlastung für das Geschäftsjahr […] beschließt, zu wählen. Der Vorsitzende erläuterte zu Tagesordnungspunkt 6, dass der Aufsichtsrat sich nach den §§ 96 Abs. 1, 101 Abs. 1 AktG in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 3 MitbestG 1976 sowie § 8 der Satzung aus je […] Vertretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer und gemäß § 96 Abs. 2 Satz 1 AktG zu mindestens 30 % aus Frauen (also mindestens …) und zu mindestens 30 % aus Männern (also mindestens …) zusammensetze. Die Geschlechterquote sei vom Aufsichtsrat insgesamt zu erfüllen, wenn nicht gemäß § 96 Abs. 2 Satz 3 AktG die Seite der Anteilseigner oder Arbeitnehmervertreter der Gesamterfüllung widerspricht. Die derzeitigen Mandate der vorgeschlagenen Aufsichtsratsmitglieder seien in der Einladung zu diesem Tagesordnungspunkt aufgeführt.

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Die zur Wahl vorgeschlagenen Herr […] und Frau […] waren persönlich anwesend. Der Vorsitzende wies sodann nochmals darauf hin, dass Stimmkarten nur im Hauptversammlungssaal eingesammelt werden und bat daher alle Aktionäre und Aktionärsvertreter, die mit „Ja“ oder mit „Nein“ stimmen wollen, in den Versammlungssaal zu kommen und hier ihre entsprechend angekreuzten Stimmkarten abzugeben. Er bat zudem die über das Internet online zugeschalteten Teilnehmer, sich für die Absendung ihrer Stimmen bereit zu halten. Es ertönte dann ein akustisches Signal (Gongschlag). Der Vorsitzende bat nun die Abstimmungshelfer und -helferinnen, die Stimmkarten […] einzusammeln, was geschah. Er bat weiterhin die über das Internet zugeschalteten Teilnehmer, jetzt ihre Stimmen durch Drücken des AbsendenButton elektronisch abzugeben. Während des Abstimmungsvorgangs fragte der Vorsitzende wiederholt nach, ob alle Aktionäre oder Aktionärsvertreter Gelegenheit hatten, ihre Stimme abzugeben. Daraufhin ergab sich keine Wortmeldung, was der Vorsitzende feststellte. Er stellte zudem fest, dass auch alle über das Internet zugeschalteten Teilnehmer nun ausreichend Zeit zur Stimmabgabe gehabt hätten. Nachdem alle Stimmen abgegeben und eingesammelt waren, beendete der Vorsitzende die Abstimmung. Er teilte mit, dass die Auszählung der Stimmen durch den Notar […] überwacht werde. Es ertönte wiederum ein akustisches Signal (Gongschlag). Danach verließen die Abstimmungshelfer und -helferinnen den Saal. Der Vorsitzende gab nach Beendigung der Abstimmung und einer daran anschließenden Pause von […] Uhr bis […] Uhr das Ergebnis der Abstimmung zu den Tagesordnungspunkten 2 bis 6 bekannt. Der Vorsitzende verkündete nun die Abstimmungsergebnisse wie folgt: Der Vorsitzende erklärte: Ich kann Ihnen nunmehr das Ergebnis der Abstimmung über den Beschlussvorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat zu Punkt 2 der Tagesordnung – Verwendung des Bilanzgewinns für das Geschäftsjahr […] – mitteilen: Ich stelle fest und verkünde, dass der Beschlussvorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat zu Punkt 2 der Tagesordnung, den im Geschäftsjahr […] erzielten Bilanzgewinn in Höhe von […] € für die Ausschüttung einer Dividende in Höhe von […] € je Stückaktie zu verwenden und einen Betrag in Höhe von […] € auf neue Rechnung vorzutragen mit der erforderlichen Mehrheit angenommen wurde. Der Vorsitzende erläuterte, dass die Dividende am [Angabe dritter Geschäftstag nach Hauptversammlungsbeschluss sofern Bankarbeitstag] für Namensaktien, die sich in Girosammelverwahrung befinden bzw. nicht in Urkunden verbrieft sind, direkt auf das Konto der betreffenden Aktionäre ausgezahlt werde. 515

Anlage 13

Der Vorsitzende erklärte: Ich kann Ihnen nunmehr das Ergebnis der Abstimmung über den Beschlussvorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat zu Punkt 3 der Tagesordnung – Entlastung der Mitglieder des Vorstands – mitteilen: Ich stelle fest und verkünde, dass der Beschlussvorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat zu Punkt 3 der Tagesordnung, die im Geschäftsjahr amtierenden Mitglieder des Vorstands für diesen Zeitraum zu entlasten, mit der erforderlichen Mehrheit angenommen und den im Geschäftsjahr […] amtierenden Mitgliedern des Vorstandes Entlastung für diesen Zeitraum erteilt wurde. Der Vorsitzende erklärte: Ich komme nun zu dem Ergebnis der Abstimmung über den Beschlussvorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat zu Punkt 4 der Tagesordnung – Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats: Ich stelle fest und verkünde, dass der Beschlussvorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat zu Punkt 4 der Tagesordnung, die im Geschäftsjahr […] amtierenden Mitglieder des Aufsichtsrats für diesen Zeitraum zu entlasten, mit der erforderlichen Mehrheit angenommen und den im Geschäftsjahr […] amtierenden Mitgliedern des Aufsichtsrats Entlastung für diesen Zeitraum erteilt wurde. Der Vorsitzende erklärte: Ich komme nun zu dem Ergebnis über den Beschlussvorschlag des Aufsichtsrats zu Punkt 5 der Tagesordnung – Wahl des Abschlussprüfers, des Konzernabschlussprüfers für das Geschäftsjahr […] sowie des Prüfers für die prüferische Durchsicht von Zwischenfinanzberichten für das Geschäftsjahr […]. Ich stelle fest und verkünde, dass der Beschlussvorschlag des Aufsichtsrats zu Punkt 5 der Tagesordnung, die […] Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zum Abschlussprüfer und zum Konzernabschlussprüfer für das Geschäftsjahr […] und zum Prüfer für die prüferische Durchsicht von Zwischenabschlüssen und Zwischenlageberichten zum 30. Juni […], zum 30. September […] und zum 31. März […] zu bestellen, mit der erforderlichen Mehrheit angenommen wurde. Der Vorsitzende erklärte: Ich komme nun zu dem Ergebnis über den Beschlussvorschlag des Aufsichtsrats zu Punkt 6 a) der Tagesordnung – Wahl von Frau […] in den Aufsichtsrat. Ich stelle fest und verkünde, dass der Beschlussvorschlag des Aufsichtsrats zu Punkt 6 a) der Tagesordnung, Frau […] in den Aufsichtsrat zu wählen, mit der erforderlichen Mehrheit angenommen wurde. Der Vorsitzende stellte sodann fest, dass damit der Gegenantrag von [Name Aktionär] erledigt sei.

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Der Vorsitzende erklärte: Ich komme nun zu dem Ergebnis über den Beschlussvorschlag des Aufsichtsrats zu Punkt 6 b) der Tagesordnung – Wahl von Herrn […] in den Aufsichtsrat. Ich stelle fest und verkünde, dass der Beschlussvorschlag des Aufsichtsrats zu Punkt 6 b) der Tagesordnung, Herrn […] in den Aufsichtsrat zu wählen, mit der erforderlichen Mehrheit angenommen wurde. Der Vorsitzende erklärte weiter im Namen der erschienenen Gewählten, dass diese die Wahl gerne annehmen. Dem amtierenden Notar wurden die vollständigen Abstimmungsergebnisse übergeben, die im Übrigen für die Teilnehmer auf der Leinwand hinter dem Podium während der Verkündung der Abstimmungsergebnisse bekannt gemacht wurden. Die vollständigen Abstimmungsergebnisse werden hiermit gemäß § 130 Abs. 2 Satz 1 AktG wie folgt protokolliert: Zu Tagesordnungspunkt 2: Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns ergab die Abstimmung bei […] Aktien für die gültige Stimmen abgegeben wurden, dies entspricht […] % des durch die gültigen Stimmen vertretenen Grundkapitals […]

Ja-Stimmen (das entspricht […] %)

[…]

Nein-Stimmen (das entspricht […] %).

Zu Tagesordnungspunkt 3: Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstands ergab die Abstimmung bei […] Aktien für die gültige Stimmen abgegeben wurden, dies entspricht […] % des durch die gültigen Stimmen vertretenen Grundkapitals […]

Ja-Stimmen (das entspricht […] %)

[…]

Nein-Stimmen (das entspricht […] %).

Zu Tagesordnungspunkt 4: Beschlussfassung über die Entlastung des Aufsichtsrats ergab die Abstimmung bei […] Aktien für die gültige Stimmen abgegeben wurden, dies entspricht […] % des durch die gültigen Stimmen vertretenen Grundkapitals […]

Ja-Stimmen (das entspricht […] %)

[…]

Nein-Stimmen (das entspricht […] %).

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Anlage 13

Zu Tagesordnungspunkt 5 Wahl des Abschlussprüfers für den Jahresabschluss und den Konzernabschluss für das Geschäftsjahr […] und zum Prüfer für die prüferische Durchsicht von Zwischenfinanzberichten für das Geschäftsjahr […] ergab die Abstimmung bei […] Aktien für die gültige Stimmen abgegeben wurden, dies entspricht […] % des durch die gültigen Stimmen vertretenen Grundkapitals […]

Ja-Stimmen (das entspricht […] %)

[…]

Nein-Stimmen (das entspricht […] %).

Zu Tagesordnungspunkt 6 a) Wahl von Frau […] in den Aufsichtsrat ergab die Abstimmung bei […] Aktien für die gültige Stimmen abgegeben wurden, dies entspricht […] % des durch die gültigen Stimmen vertretenen Grundkapitals […]

Ja-Stimmen (das entspricht […] %)

[…]

Nein-Stimmen (das entspricht […] %).

Zu Tagesordnungspunkt 6 b) Wahl von Herrn […] in den Aufsichtsrat ergab die Abstimmung bei […] Aktien für die gültige Stimmen abgegeben wurden, dies entspricht […] % des durch die gültigen Stimmen vertretenen Grundkapitals […]

Ja-Stimmen (das entspricht […] %)

[…]

Nein-Stimmen (das entspricht […] %).

Der Vorsitzende gab bekannt, dass die Ergebnisse der Abstimmungen im Anschluss an die heutige Hauptversammlung auch auf den Internetseiten der Gesellschaft abrufbar sind. 4. Beendigung der Hauptversammlung Der Vorsitzende erklärte die Tagesordnung der ordentlichen Hauptversammlung für erledigt. Er bedankte sich sodann bei den Anwesenden für das Erscheinen und ihre Beteiligung und wies auf die nächste ordentliche Hauptversammlung hin. Voraussichtlich werde sie am [Tag/Monat/Jahr], ab 10:00 Uhr, in Frankfurt am Main, und zwar erneut in der […], stattfinden. Der Vorsitzende schloss die Hauptversammlung um […] Uhr.

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5. Widersprüche, Fragen Widerspruch zu Protokoll wurde erklärt von [Name Aktionär] [Stimmkarte-Nr.] in eigenem Namen und als Vertreter von [Name Aktionär], [Stimmkarte-Nr.] gegen alle Beschlussfassungen der Hauptversammlung zu den oben genannten Tagesordnungspunkten. Herr/Frau […] gab die nachfolgend aufgelisteten Fragen als unbeantwortet zu Protokoll: […] […] 6. Feststellungen des Notars Der amtierende Notar hat sich von Folgendem aufgrund eigener Wahrnehmung überzeugt: Die Tagesordnung sowie die unter Tagesordnungspunkt 1 aufgeführten Unterlagen haben während der ganzen Dauer der Hauptversammlung ausgelegen. Das Teilnehmerverzeichnis wurde über eine EDV-Anlage erstellt. Die mit einem Barcode versehenen Eintrittskarten der Aktionäre wurden bei der Eingangskontrolle zum Präsenzbereich mittels Scannern in die EDV-Anlage eingelesen. Das Teilnehmerverzeichnis wurde den Aktionären und Aktionärsvertretern von Beginn der Hauptversammlung an […] Bildschirmen zugänglich gemacht, und lag jeweils als Ausdruck am Wortmeldetisch zur Einsichtnahme für die Aktionäre und Aktionärsvertreter aus. Mitarbeiter der Gesellschaft halfen den Teilnehmern bei der Einsichtnahme. Die Zu- und Abgänge auch der online teilnehmenden Aktionäre wurden laufend berücksichtigt. Die online teilnehmenden Aktionäre konnten das Teilnehmerverzeichnis über das HV-Portal einsehen. Sämtliche Ausgänge des Versammlungsraums, also des gesamten durch die Präsenzkontrolle erfassten Bereichs, wurden von dem von der Gesellschaft beauftragten Personal überwacht, sodass die Teilnehmer den Versammlungsraum nur über die Präsenzkontrollen verlassen konnten. Alle Abstimmungen erfolgten in der festgelegten Abstimmungsform mit den festgestellten und vom Vorsitzenden verkündeten Abstimmungsergebnissen. Die Teilnehmer hatten am Eingang ihre Eintrittskarten jeweils gegen einen Stimmblock getauscht. Für die Stimmabgabe zu den Tagesordnungspunkten 2 bis 6 enthielt der Stimmblock als erste Stimmkarte die Stimmkarte […] Die Stimmkarte […] enthält zum jeweiligen Tagesordnungspunkt jeweils „Ja“- und „Nein“-Kästchen, die entsprechend angekreuzt werden können. Die Stimmkarten wurden im Hauptversammlungssaal mittels verschlossenen Kästen mit Schlitzen eingesammelt. Die Kästen waren zur Kontrolle nummeriert. Sämtliche Kästen wurden in den Zählraum gebracht. Dort wurden die Stimmkarten entnommen und in ein Lesegerät eingelegt. Der Einlesevorgang (Stimmblock-Stimmkarten519

Anlage 13

nummer, Zahl der Ja- bzw. Nein-Stimmen) konnte optisch auf den dort befindlichen PC-Bildschirmen verfolgt werden. Die Online-Teilnehmer konnten sich unter Angabe ihrer Aktionärsnummer, ihrer Eintrittskartennummer und einer auf der Eintrittskarte abgedruckten PIN im HV-Portal zur Teilnahme an der Hauptversammlung anmelden. Das Abstimmformular entsprach in der Gestaltung dem vorstehend beschriebenen Stimmkartenblock. Die Stimmabgabe durch online teilnehmende Aktionäre geschah durch Anklicken des Absenden-Buttons. Alle elektronisch abgegebenen Stimmen wurden technisch gesondert erfasst und nach Beendigung des Abstimmvorgangs auf den Rechner des Abstimmsystems überspielt, auf dem auch die Ergebnisse der Präsenzabstimmungen, der Briefwahl, der Stimmrechtsvertreter sowie der Banken und Aktionärsvereinigungen erfasst wurden. Die von den Stimmrechtsvertretern der Gesellschaft, Frau […] und Herrn […] vertretenen Stimmen sowie die Stimmen aus während der Hauptversammlung erteilten Vollmachten von die Hauptversammlung vorzeitig verlassenden Teilnehmern waren bereits zu Beginn der Abstimmung entsprechend den erteilten Weisungen in der auszählenden EDV-Anlage hinterlegt. Nach nochmaliger Überprüfung der entsprechenden EDV-Ausdrucke auf die Übereinstimmung der Stimmabgabe mit den Weisungen haben die Stimmrechtsvertreter zu Beginn des Auszählungsvorgangs die Auszählung der von ihnen abgegebenen Stimmen freigegeben. In entsprechender Weise haben Vertreter von Banken und Aktionärsvereinigungen bzw. deren Stimmboten für die von ihnen vertretenen und entsprechend ihren Weisungen ebenfalls im Abstimmungssystem hinterlegten Stimmen am Wortmeldetisch freigegeben. Weiterhin waren die von Aktionären per Briefwahl abgegebenen Stimmen in der EDV-Anlage hinterlegt. Diese, in Urschrift bei dem Notar verbleibende Niederschrift, wurde vom Notar aufgenommen und von ihm eigenhändig wie folgt unterschrieben Notar: – [Vorname Nachname] –

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Anlage 14 Niederschrift der Hauptversammlung privatschriftlich (kleine AG) Niederschrift über die ordentliche Hauptversammlung der XYZ AG am [Tag/Monat/Jahr] Zu dieser ordentlichen Hauptversammlung waren erschienen: I. Vom Aufsichtsrat der Gesellschaft, der aus 1. Herrn [Vorname Nachname], [Wohnort], Vorsitzender, 2. Frau [Vorname Nachname], [Wohnort] stellv. Vorsitzender, 3. Herrn [Vorname Nachname], [Wohnort] 4. Herrn [Vorname Nachname], [Wohnort] 5. Herrn [Vorname Nachname], [Wohnort] 6. Frau [Vorname Nachname], [Wohnort] besteht, die zu 1. bis 6. Genannten. II. Vom Vorstand der Gesellschaft, der aus 1. Herrn [Vorname Nachname], [Wohnort], Vorsitzender, 2. Frau [Vorname Nachname], [Wohnort] 3. Herrn [Vorname Nachname], [Wohnort] besteht, die zu 1. bis 3. Genannten. III. Die im Teilnehmerverzeichnis nebst Nachträgen aufgeführten Aktionäre und Aktionärsvertreter (Anlage 1). 1. Eröffnung Der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Herr [Vorname Name], übernahm den gemäß § […] der Satzung den Vorsitz und eröffnete die Hauptversammlung um […] Uhr. Er begrüßte die erschienenen Aktionäre und Aktionärsvertreter. Alle

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Anlage 14

Mitglieder des Vorstands und alle Mitglieder des Aufsichtsrats nahmen an dieser Hauptversammlung teil. Der Vorsitzende verwies darauf, dass die ordnungsgemäße Einberufung dieser Hauptversammlung gemäß § […] der Satzung durch Einladungsschreiben vom […] (Anlage 2) mit eingeschriebenen Briefen vom gleichen Tage an die namentlich bekannten Aktionäre erfolgt sei. Diesen Briefen wurde die Tagesordnung beigefügt (Anlage 3). Der Vorsitzende stellte fest, dass danach die ordentliche Hauptversammlung form- und fristgerecht einberufen sei. Bevor zur Erledigung der Tagesordnung übergegangen wurde, erläuterte der Vorsitzende zunächst die Formalien der Hauptversammlung. Zum Präsenzbereich der Hauptversammlung erklärte er den Versammlungssaal, das davor liegende beschallte Foyer, in dem sich die Zu- und Abgangskontrolle befinden, und die unmittelbar daran angrenzenden Sanitärräume. Der Ablauf dieser Hauptversammlung werde über Lautsprecher im Präsenzbereich übertragen. Der Vorsitzende bat zu beachten, dass eine Stimmabgabe aus organisatorischen Gründen nur im Versammlungssaal möglich sei. Der Vorsitzende wies darauf hin, dass die Gesellschaft von dieser Hauptversammlung keine Aufzeichnung oder stenografische Mitschrift erstelle. Der Vorsitzende erläuterte, dass nach § […] der Satzung der Gesellschaft die Reihenfolge und die Art der Abstimmung vom Versammlungsleiter bestimmt würden. Er teilte mit, dass die Beschlüsse nach § […] der Satzung der Gesellschaft mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden, sofern das Gesetz oder die Satzung keine größere Mehrheit vorsehen. Gemäß § […] der Satzung gewähre jede Stückaktie eine Stimme. Der Vorsitzende wies darauf hin, dass an der Abstimmung nur diejenigen Aktionäre teilnehmen können, die bei der Zugangskontrolle als Teilnehmer registriert worden sind. Wenn ein Teilnehmer die Hauptversammlung vorzeitig verlassen wolle, könne er einen anderen anwesenden Teilnehmer oder einen Dritten mit der Ausübung seines Stimmrechts betrauen. Die Erteilung der Stimmvollmacht müsse schriftlich erfolgen. Die Vollmacht könne durch Ausfüllen eines Vollmachts-Vordrucks, der sich auf dem Stimmkartenbogen befinde, erteilt werden. Die Stimmkarten seien dem Bevollmächtigten zu übergeben. Den ausgefüllten, abgetrennten Vollmachts-Vordruck bitte er, den Mitarbeitern am Ausgang auszuhändigen, damit die Vollmacht zu den Unterlagen der heutigen Hauptversammlung genommen werden könne. Wenn jemand die Hauptversammlung verlassen wolle, ohne jemanden zur Stimmabgabe zu bevollmächtigen, werde er gebeten, beim Passieren der Ein- und Ausgangskontrolle den Stimmkartenbogen vorzuweisen, damit erfasst werden könne,

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Niederschrift der Hauptversammlung privatschriftlich (kleine AG)

dass er nicht weiter an den Abstimmungen teilnehme. Die Stimmen würden von diesem Zeitpunkt an von der Präsenz abgezogen. Die Abstimmung erfolge wie in den vergangenen Jahren durch Zuruf im Wege des Subtraktionsverfahrens. Dies bedeute, dass nur die „Nein-Stimmen“ und die Stimmenthaltungen gezählt und danach aufgrund der Präsenz die „Ja-Stimmen“ errechnet würden. Die weiteren Einzelheiten werde er den Aktionären vor Beginn der Abstimmung nochmals genauer erläutern. Der Vorsitzende gab bekannt, dass das Teilnehmerverzeichnis nach Fertigstellung zur Einsicht ausgelegt werde. Die Präsenz, das heißt die Gesamtzahl der heute hier vertretenen Aktienstimmen, werde er vor der ersten Abstimmung bekannt geben. Veränderungen in der Präsenz würden als Nachträge dokumentiert. Der Vorsitzende erklärte weiterhin, dass die Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat mündlich und schriftlich auf die gesetzlichen Stimmverbote hingewiesen worden seien. Der Vorsitzende wies darauf hin, dass die Diskussion über alle Punkte der Tagesordnung im Anschluss an den Bericht des Vorstands in Form einer Generaldebatte stattfinden werde. Er teilte mit, dass in der Generaldebatte alle Aktionäre und Aktionärsvertreter, die das Wort wünschten, zu allen Punkten der Tagesordnung zu Wort kämen und Fragen zu allen Tagesordnungspunkten stellen könnten. Spätestens nach Erledigung aller vorliegenden Wortmeldungen werde der Vorstand/Aufsichtsrat zu den Fragen Stellung nehmen. Der Vorsitzende bat darum, dass die Aktionäre, die sich zu den einzelnen Punkten der Tagesordnung zu Wort melden möchten, das dafür vorgesehene Wortmeldeformular verwenden. Vordrucke hierfür lägen am Wortmeldetisch aus und müssten dort auch wieder abgegeben werden. Der Wortmeldetisch befinde sich aus Sicht der Aktionäre [Beschreibung Standort Wortmeldetisch]. Der Vorsitzende bat, Wortmeldungen, auch zu späteren Tagesordnungspunkten, bereits jetzt abzugeben und Ausführungen vom Rednerpult aus zu machen. 2. Erledigung der Tagesordnung Nunmehr wurde in die Erledigung der Tagesordnung eingetreten: Zu Punkt 1 der Tagesordnung: „Vorlage des festgestellten Jahresabschlusses und des Lageberichts der ABC Aktiengesellschaft für das Geschäftsjahr […] sowie des Berichts des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr […].“ Der Vorsitzende stellte fest, dass der Jahresabschluss der Gesellschaft und der Lagebericht des Vorstands für das Geschäftsjahr […] nebst dem Bericht des Aufsichtsrats und der Vorschlag des Vorstands für die Verwendung des Bilanzgewinns innerhalb der Einberufungsfrist in den Geschäftsräumen der Gesellschaft ausge-

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Anlage 14

legen haben und heute hier ausliegen. Außerdem sei allen Aktionären, sofern sie es angefordert haben, ein Exemplar des Geschäftsberichts zugesandt worden. Der Vorsitzende stellte weiter fest, dass der Jahresabschluss unter Einbeziehung der Buchführung und des Lageberichts mit dem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers versehen sei. Die Prüfung des Jahresabschlusses, des Lageberichts und des Gewinnverwendungsvorschlags des Vorstands sei durch den Aufsichtsrat erfolgt und habe keinen Anlass zu Beanstandungen gegeben. Der Aufsichtsrat habe den Jahresabschluss in seiner Sitzung vom [Tag/Monat/Jahr] gebilligt; er sei somit gemäß § 172 AktG festgestellt. Zur Tätigkeit des Aufsichtsrats im vergangenen Geschäftsjahr verwies der Vorsitzende auf den Bericht des Aufsichtsrats, der auf den Seiten […] und […] des Geschäftsberichts abgedruckt sei. Auf Bitte des Vorsitzenden erläuterte Herr [Name Vorstandsvorsitzender] sodann den Jahresabschluss […] und nahm zu anderen, die Gesellschaft berührenden Fragen, sowie insbesondere zur Branchenentwicklung, Stellung. Weiterhin wurden die zur Abstimmung stehenden Beschlussvorschläge erläutert. Der Vorsitzende dankte Herrn [Name Vorstandsvorsitzender] im Anschluss für seine Ausführungen. Um […] Uhr stellte der Vorsitzende die Präsenz wie folgt fest. Von den insgesamt ausgegebenen […] Aktien der Gesellschaft sind […] Stückaktien und somit […] Stimmen vertreten. Dies entspricht bei einem Grundkapital von […] €, einem vertretenen Grundkapital von […] € und entspricht einer Präsenz von […] %. Der Vorsitzende wies darauf hin, dass er Veränderungen in der Präsenz jeweils als Nachtrag zum Teilnehmerverzeichnis bekannt geben werde. Nachdem der Vorsitzende darauf hingewiesen hatte, dass die zu den Tagesordnungspunkten 1 – 5 gestellten Fragen zusammengefasst in einer Generaldebatte beantwortet werden würden, eröffnete er die Diskussion zu den folgenden Tagesordnungspunkten gemäß den vorliegenden Wortmeldungen. Die Aktionäre und Aktionärsvertreter stellten sodann ihre Fragen. Herr [Name Vorstandsvorsitzender] beantwortete ab […] Uhr ausführlich die Fragen der Aktionäre und Aktionärsvertreter. Herr [Name Vorsitzender] beantwortete die Fragen der Aktionäre und Aktionärsvertreter, soweit sie den Aufsichtsrat betrafen. Um […] Uhr stellte der Vorsitzende fest, dass nach seinen Unterlagen nunmehr alle Wortmeldungen zu den Tagesordnungspunkten der Hauptversammlung erledigt seien. Er fragte die Aktionäre und Aktionärsvertreter, die Fragen

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gestellt haben, ob alle Fragen beantwortet worden seien. Darauf erfolgte keine weitere Wortmeldung. Um […] Uhr schloss der Vorsitzende die Debatte. 3. Abstimmungen Der Vorsitzende ging sodann über zur Abstimmung und bat alle sich im Moment außerhalb des Saals aufhaltenden Aktionäre und Aktionärsvertreter, zur Abstimmung in diesen Saal zu kommen. Er erläuterte die Regularien der Abstimmung und legte die Art und Form der Abstimmung für alle in der Hauptversammlung zu treffenden Beschlussfassungen nach den Tagesordnungspunkten 2 – 5 im Einzelnen wie folgt fest: Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten werden nach § […] der Satzung der Gesellschaft mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Die Abstimmung erfolge durch Zuruf. Er bat daher die Aktionäre sowie die Aktionärsvertreter, die gegen die zur Abstimmung gestellten Vorschläge sind oder die sich der Stimme enthalten wollten, nach Aufruf der zur Abstimmung gestellten Vorschläge die Hand zu heben und ihm die Zahl der Gegenstimmen bzw. Stimmenthaltungen sowie die Nummern der Stimmkarten zuzurufen. Er wies weiterhin darauf hin, dass die den von der Gesellschaft benannten Stimmrechtsvertretern gegebenen Weisungen den durch Zuruf abgegebenen Nein-Stimmen bzw. Enthaltungen hinzugerechnet würden. Es wird nach dem Subtraktionsverfahren abgestimmt, d. h. der Anteil der JaStimmen errechnet sich durch Abzug der Stimmenthaltungen und der NeinStimmen von der sich aus dem Teilnehmerverzeichnis ergebenden jeweiligen Gesamtpräsenz. Er behalte sich jedoch vor, eine andere Art der Abstimmung festzulegen, wenn er dies für zweckmäßig halte. Nach Ermittlung der Abstimmungsergebnisse zu den einzelnen Tagesordnungspunkten werden diese bekannt gegeben und die Beschlussfassung festgestellt. Der Vorsitzende bat nochmals, zur Abstimmung in den Versammlungssaal zu kommen und die Hauptversammlung während des Abstimmungsvorgangs nicht zu verlassen, damit eine gleich bleibende Präsenz der Hauptversammlung gewährleistet sei. Ferner wies der Versammlungsleiter darauf hin, dass zu den Tagesordnungspunkten 3 „Entlastung Vorstand“ und 4 „Entlastung Aufsichtsrat“ die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats nach § 136 AktG jeweils bei Beschlussfassung über ihre eigene Entlastung das Stimmrecht aus eigenen oder fremden Aktien nicht ausüben dürfen. Ebenso wenig dürften Dritte das Stimmrecht aus Aktien ausüben, die den zu entlastenden Vorstands- bzw. Aufsichtsratsmitgliedern gehören. Die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats seien darauf hingewiesen worden und es wurde Vorsorge getroffen, dass bei den jeweiligen Beschlüssen entsprechend verfahren werde.

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Anlage 14

Nunmehr gab der Vorsitzende das aktuelle Teilnehmerverzeichnis wie folgt bekannt. Von den insgesamt ausgegebenen […] Aktien der Gesellschaft sind […] Stückaktien und somit […] Stimmen vertreten. Dies entspricht bei einem Grundkapital von […] €, einem vertretenen Grundkapital von […] € und entspricht einer Präsenz von […] %. Das Teilnehmerverzeichnis wurde daraufhin am Wortmeldetisch zur Einsicht der Aktionäre ausgelegt. Der Vorsitzende kam nun zu den Beschlusspunkten der Tagesordnung und wies zunächst noch einmal darauf hin, dass zu Punkt 1 der Tagesordnung keine Beschlüsse zu fassen sind. Er rief dann zunächst Punkt 2 der Tagesordnung auf. Zu Punkt 2 der Tagesordnung: „Verwendung des Bilanzgewinns für das Geschäftsjahr […].“ Zur Abstimmung stand der Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat, den Bilanzgewinn aus dem abgelaufenen Geschäftsjahr in Höhe von […] € wie folgt zu verwenden: Ausschüttung einer Dividende in Höhe von […] € je dividendenberechtigte Aktie […] € Vortrag auf neue Rechnung […] € Der Vorsitzende fragte, ob hierzu nochmals das Wort gewünscht werde. Das war nicht der Fall. Daraufhin stellte der Vorsitzende den Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat zur Abstimmung. Bei einer Präsenz von […] Stimmen ergab die Abstimmung: […]

Ja-Stimmen

[…]

Nein-Stimmen

[…]

Enthaltungen

Der Vorsitzende gab das Ergebnis der Abstimmung bekannt und stellte fest, dass der Beschlussvorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat zu Punkt 2 der Tagesordnung, den im Geschäftsjahr […] erzielten Bilanzgewinn in Höhe von […] € für die Ausschüttung einer Dividende in Höhe von […] € je Stückaktie zu verwenden und einen Betrag in Höhe von […] € auf neue Rechnung vorzutragen, angenommen worden ist. Im Anschluss rief der Vorsitzende Punkt 3 der Tagesordnung auf.

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Niederschrift der Hauptversammlung privatschriftlich (kleine AG)

Zu Punkt 3 der Tagesordnung: „Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr […].“ Zur Abstimmung stand der Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat, den im Geschäftsjahr […] amtierenden Mitgliedern des Vorstands Entlastung zu erteilen. Bei einer Präsenz von […] Stimmen ergab die Abstimmung: […] Ja-Stimmen […] Nein-Stimmen […] Enthaltungen Der Vorsitzende gab das Ergebnis bekannt und stellte fest, dass der Beschlussvorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat zu Punkt 3 der Tagesordnung, die im Geschäftsjahr amtierenden Mitglieder des Vorstands für diesen Zeitraum zu entlasten, angenommen und den im Geschäftsjahr […] amtierenden Mitgliedern des Vorstands damit Entlastung für diesen Zeitraum erteilt worden ist. Nunmehr rief der Vorsitzende Punkt 4 der Tagesordnung auf. Zu Punkt 4 der Tagesordnung: „Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr […].“ Zur Abstimmung stand der Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat, den im Geschäftsjahr […] amtierenden Mitgliedern des Aufsichtsrats Entlastung zu erteilen. Bei einer Präsenz von […] Stimmen ergab die Abstimmung: […] Ja-Stimmen […] Nein-Stimmen […] Enthaltungen Der Vorsitzende gab das Ergebnis bekannt und stellte fest, dass der Beschlussvorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat zu Punkt 4 der Tagesordnung, die im Geschäftsjahr […] amtierenden Mitglieder des Aufsichtsrats für diesen Zeitraum zu entlasten, angenommen und den im Geschäftsjahr amtierenden Mitgliedern des Aufsichtsrats damit Entlastung für diesen Zeitraum erteilt worden ist. Der Vorsitzende rief nun Punkt 5 der Tagesordnung auf. Zu Punkt 5 der Tagesordnung: „Wahl des Abschlussprüfers für die Prüfung des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr […].“ Zur Abstimmung stand der Vorschlag des Aufsichtsrats, die […] Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit dem Sitz in Frankfurt am Main zum Jahresabschlussprüfer für das Geschäftsjahr […] zu wählen.

527

Anlage 14

Bei einer Präsenz von […] Stimmen ergab die Abstimmung: […]

Ja-Stimmen

[…]

Nein-Stimmen

[…]

Enthaltungen

Der Vorsitzende gab das Ergebnis bekannt und stellte fest, dass der Beschlussvorschlag des Aufsichtsrats zu Punkt 5 der Tagesordnung, die […] Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zum Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr […] zu wählen, bei unveränderter Präsenz angenommen und die […] Wirtschaftsprüfungsgesellschaft damit zum Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr […] gewählt worden ist. 4. Beendigung der Hauptversammlung Der Vorsitzende erklärte die Tagesordnung der ordentlichen Hauptversammlung für erledigt. Er bedankte sich sodann bei den Anwesenden für das Erscheinen und ihre Beteiligung und wies auf die nächste ordentliche Hauptversammlung hin. Voraussichtlich werde sie am [Tag/Monat/Jahr], ab 10:00 Uhr, in Frankfurt am Main, und zwar erneut in der […] stattfinden. Der Vorsitzende schloss die Hauptversammlung um […] Uhr. Ort, Datum [Name Vorsitzender]

528

Anlage 15 Niederschrift der Hauptverhandlung privatschriftlich (Alleinaktionär) NIEDERSCHRIFT über die ordentliche Hauptversammlung der Muster AG mit Sitz in Frankfurt am [Tag/Monat/Jahr] [Ort] Es waren erschienen, I. vom Vorstand der Gesellschaft, 1. Herr [Vorname Nachname], [Wohnort] 2. Frau [Vorname Nachname], [Wohnort] II. vom Aufsichtsrat der Gesellschaft 1. Herr [Vorname Nachname], [Wohnort] Vorsitzender 2. Frau [Vorname Nachname], [Wohnort] stellv. Vorsitzende 3. Herr [Vorname Nachname], [Wohnort] III. von den Aktionären der Gesellschaft die alleinige Aktionärin Muster-Beteiligung GmbH, eingetragen im Handelsregister Frankfurt unter der Registernummer HRB […], vertreten durch Herrn [Vorname Nachname], mit Stimmrechtsvollmacht vom [Tag/Monat/ Jahr] (Anlage I). Der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Herr [Vorname Nachname], übernahm die Leitung der Hauptversammlung und eröffnete die Hauptversammlung um […] Uhr. Das als Anlage 2 dieser Niederschrift beigefügte Teilnehmerverzeichnis wurde vor der ersten Abstimmung vom Vorsitzenden als richtig festgestellt und blieb sodann für die Zeit der Dauer der Hauptversammlung zur Einsicht ausgelegt. 529

Anlage 15

Der Versammlungsleiter stellte ferner fest, dass gemäß dem Teilnehmerverzeichnis der anwesende Aktionärsvertreter das gesamte Aktienkapital der Gesellschaft in einem Umfang von […] vertritt und es sich somit um eine Vollversammlung handelt. Der Aktionärsvertreter erklärte daraufhin namens der von ihm ordnungsgemäß vertretenen alleinigen Aktionärin, dass sie hier und heute die ordentliche Hauptversammlung abhalten wolle und ausdrücklich auf die Einhaltung aller durch Gesetz oder Satzung für die Einberufung, Vorbereitung und Durchführung der Hauptversammlung vorgeschriebenen Formen, Fristen und Beschlussvorschläge verzichte sowie der Fassung von Beschlüssen ausdrücklich nicht widerspreche. Der Aktionärsvertreter erklärte weiterhin ausdrücklich den Verzicht auf das Recht zur Anfechtung sämtlicher auf der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse. Der Versammlungsleiter stellte sodann die Tagesordnung fest: 1. Vorlage des festgestellten Jahresabschlusses und des Lageberichts für das Geschäftsjahr […] sowie des Berichts des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr […]. 2. Verwendung des Bilanzgewinns für das Geschäftsjahr […]. 3. Entlastung der im Geschäftsjahr […] amtierenden Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr […]. 4. Entlastung der im Geschäftsjahr […] amtierenden Mitglieder des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr […]. 5. Wahl des Abschlussprüfers für das Geschäftsjahr […]. Der Versammlungsleiter bestimmte, dass die Abstimmung durch Handzeichen erfolgen soll. Zu Punkt 1 der Tagesordnung: „Vorlage des Jahresabschlusses und des Lageberichts für das Geschäftsjahr […] sowie des Bericht des Aufsichtsrats.“ Der Versammlungsleiter wies darauf hin, dass der festgestellte Jahresabschluss für das Geschäftsjahr […] mit dem Lagebericht und dem Bericht des Aufsichtsrats der Hauptversammlung vorlag. Auf eine Verlesung wurde verzichtet. Der Versammlungsleiter teilte mit, dass der Jahresabschluss vom Vorstand aufgestellt, vom Aufsichtsrat gebilligt und damit festgestellt ist. Weiterhin erläuterte der Versammlungsleiter, dass zu diesem Tagesordnungspunkt kein Beschluss zu fassen sei und erklärte damit Tagesordnungspunkt 1 für erledigt.

530

Niederschrift der Hauptverhandlung privatschriftlich (Alleinaktionär)

Zu Punkt 2 der Tagesordnung: „Verwendung des Bilanzgewinns“ Der Versammlungsleiter erläuterte, dass im Geschäftsjahr […] ein Bilanzgewinn in Höhe von […] € erzielt wurde. Die Hauptversammlung beschloss auf Vorschlag des Vorstands und des Aufsichtsrats: Vom Bilanzgewinn in Höhe von […] € wird eine Dividende in Höhe von […] € […] je Stückaktie an die Aktionäre ausgeschüttet und ein Betrag in Höhe von […] € auf neue Rechnung vorgetragen. Der Vertreter der Aktionäre fasste den Beschluss wie vorgeschlagen ohne Änderungen mit allen vorhandenen Stimmen. Der Versammlungsleiter stellte nach der Abstimmung den Beschluss und das Ergebnis der Abstimmung fest und verkündete das Ergebnis des Beschlusses. Zu Punkt 3 der Tagesordnung: „Entlastung der im Geschäftsjahr […] amtierenden Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr […].“ Die Hauptversammlung beschloss auf Vorschlag des Vorstands und des Aufsichtsrats: Den im Geschäftsjahr […] amtierenden Mitgliedern des Vorstands wird für das Geschäftsjahr […] Entlastung erteilt. Der Vertreter der Aktionäre fasste den Beschluss wie vorgeschlagen ohne Änderungen mit allen vorhandenen Stimmen. Der Versammlungsleiter stellte nach der Abstimmung den Beschluss und das Ergebnis der Abstimmung fest und verkündete das Ergebnis des Beschlusses. Zu Punkt 4 der Tagesordnung: „Entlastung der im Geschäftsjahr […] amtierenden Mitglieder des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr […].“ Die Hauptversammlung beschloss auf Vorschlag des Vorstands und des Aufsichtsrats: Den im Geschäftsjahr […] amtierenden Mitgliedern des Aufsichtsrats wird für das Geschäftsjahr […] Entlastung erteilt. Der Vertreter der Aktionäre fasste den Beschluss wie vorgeschlagen ohne Änderungen mit allen vorhandenen Stimmen. Der Versammlungsleiter stellte nach der Abstimmung den Beschluss und das Ergebnis der Abstimmung fest und verkündete das Ergebnis des Beschlusses.

531

Anlage 15

Zu Punkt 5 der Tagesordnung: „Wahl des Abschlussprüfers für das Geschäftsjahr […].“ Die Hauptversammlung beschloss auf Vorschlag des Aufsichtsrats: Die […] Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wird zum Abschlussprüfer für den Jahresabschluss für das Geschäftsjahr […] gewählt. Der Vertreter der Aktionäre fasste den Beschluss wie vorgeschlagen ohne Änderungen mit allen vorhandenen Stimmen. Der Versammlungsleiter stellte nach der Abstimmung den Beschluss und das Ergebnis der Abstimmung fest und verkündete das Ergebnis des Beschlusses. Weitere Beschlüsse wurden nicht gefasst. Nachdem sich niemand mehr zu Wort meldete, erklärte der Versammlungsleiter die Tagesordnung für abgehandelt und schloss die Hauptversammlung um […] Uhr. [Ort], [Datum] Der Vorsitzende des Aufsichtsrats

[Vorname, Nachname]

532

Stichwortverzeichnis Abberufung

944, 1037, 1164 f., 1168 ff., 1191, 1194 ff. – Abberufungsbeschluss 1156, 1175 Abstimmung s. a. Additionsverfahren und Subtraktionsverfahren – Auszählmethoden 579 ff. – Entscheidung des HV-Leiters 579, 591 ff. – Eventualabstimmung 575 – geheime Stimmabgabe 565 – Hilfsmittel 579, 750 – konzentratives Verfahren 519, 570 ff. – nach Aktiennennbeträgen 587, 834 – Niederschrift 67 f., 194, 597 f., 812, 1259 ff.; Anlagen S. 501 ff. – per Zuruf 586 – Schweigen von Aktionären 591 ff. – Verfahren 569 ff. – Verkündung des Abstimmungsergebnisses 597 ff., 1266 ff. – Veröffentlichung 1276 Abschlussprüfer – Auskünfte 742 – Teilnahmepflicht 354 f. – Wahl 193 f. Additionsverfahren – Anwendung 580 Aktien – Nießbrauch 308 – Pfändung 306 – Rechtsgemeinschaft 301 ff. – Sicherungsübereignung 307 – Verpfändung 306 – Vorzugsaktien 870 f. Aktienregister – Verwaltung 51

Aktionäre s. a. Legitimation – Auskunftsrechte 721 ff. – Meinungsäußerung und Kritik 6 – Teilnahmerecht 273 ff. – Rederecht 275 Aktionärsforum 253 f. Aktionärsvertreter – Aktionärsvereinigungen 336 ff. – Kreditinstitute 331 ff. – Abstimmungsvorschläge 265 – Erteilung von Weisungen 270 – Legitimation 400 ff. – sonstige geschäftsmäßig Handelnde 336 ff. – Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft 326 ff.; Anlagen S. 445 ff. – Deutscher Corporate Governance Kodex 329 f. – Person 327 f. – Weisungen 329 f. – Vertretung – aufgrund sonstigen Rechtsverhältnisses 342 – gesetzliche 339 ff. – kraft Ermächtigung 343 ff. – kraft Vollmacht 264, 309 ff. – Beschränkung 311 ff. – Bevollmächtigter 314 f. – Hinweis in der Einberufung 163 ff. – Form 316 ff. – Formulare 164, 322 – mehrere Bevollmächtigte 312 – Umfang 323 ff. – Vollmacht, Muster Anlagen S. 445 ff.

533

Stichwortverzeichnis

Amtsniederlegung 1038, 1110, 1166, 1178 ff. Anfechtung – Anfechtungsgegenstand 1332 – fehlerhafte Beschlüsse 542 f. – fehlerhafte Wahl des Aufsichtsrats 126 – Kausalität/Relevanz 1357 – Missbrauchskontrolle, Mehrheitsmacht 1359 ff. – Verletzung der Auskunftspflicht 812 Anfechtungsklage – Anfechtungsbefugnis 1335 ff. – erschienener Aktionär 1336 ff. – nicht erschienener Aktionär 1343 ff. – Sondervorteil 1349 – strafbare Handlung oder Ordnungswidrigkeit 1351 – Vorstand 1350 – Anfechtungsfrist 1370 ff. – Anfechtungsgegenstand 1332 – Anfechtungsgründe 1352 ff. – Inhaltsmängel 1359 ff. – materielle Beschlusskontrolle 1359 ff. – Sondervorteil 1365 f. – Verfahrensmängel/formelle Mängel 1356 – Kausalität/Relevanz 1357 – Bestätigungsbeschluss 1367 – gerichtliches Verfahren 1368 ff. – gerichtliche Zuständigkeit 1418 f. – Widerspruch 1340 ff. Anmeldung 392 ff. – Anmeldestelle 397 – Form 396 – Frist 394 f.; Anlagen S. 435 f. – Online-Teilnahme 393 – Zugang 397 f. 534

Anstellungsvertrag 942 ff., 962 ff., 1037, 1088, 1091, 1095, 1163, 1173, 1191 ff. Antrag s. a. Aktionäre – Ablehnung 572 – Ankündigung 538 f. – Anträge, Reihenfolge 544 – Antragsberechtigung 537 – eilbedürftiger 551 – Form 537 f. – Gegenanträge 219 ff. – Hinweis in der Einberufung 165; Anlagen S. 435 f. – Kompetenz des HV-Leiters 544 – Verfahrensantrag 550 f. – Voraussetzungen 538 f. – Zurückweisungsgründe 540 ff. Aufsichtsrat s. a. Wahlen – Abberufung von Mitgliedern 460 – Teilnahme per Bild- oder Tonübertragung 348 – Teilnahmepflicht 347 ff. Auskunft – Allgemeines 721 ff. – Auskunftserzwingungsverfahren 723, 815 ff., 828 – Auskunftsrecht Anlagen S. 457 ff. – Hinweis in der Einberufung 166; Anlagen S. 441 ff. – außerhalb der HV 819 ff. – Berechtigte 731 ff. – Fragenkatalog 47, 727 – Gegenstand 771 ff. – organisatorische Maßnahmen 724 ff. – schriftliche Beantwortung 825 ff. – Stimmrecht 731 – Übersicht Anlagen S. 457 ff. – Übertragbarkeit 732 – Umfang 760 ff.

Stichwortverzeichnis

– Verlesung von Schriftstücken 759 – Verpflichtete 739 ff. – Vorlaufzeit 729 – Wartezeit 729 – Wiederholung von Auskünften 819 Auskunftserzwingung – Antrag 1319 ff. – Antragsberechtigung 1320 ff. – Art der Auskunft 1321 f. – Form der Auskunft 1330 – gerichtliches Verfahren 1325 ff. – gerichtliche Zuständigkeit 1317 f. – Rechtsmittel 1327 f. Auskunftsverweigerung – Begründung 812 ff. – Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden 796 ff. – gerichtliche Überprüfbarkeit 814 ff. – Rechtsfolgen 812 ff. – Rechtsmissbrauch 811 – steuerliche Wertansätze/Höhe einzelner Steuern 789 ff. – stille Reserven 789 ff. – Strafbarkeit 800 ff. – Unterschied zwischen dem Wert von Gegenständen nach der Jahresbilanz und deren höherem Wert 771 ff.

Beendigung – Entscheidung des HV-Leiters 604 ff. – Fortsetzungsbeschluss 609 ff. – Widerspruch der HV 609 ff. Bekanntmachung s. a. Einberufung – Verlangen der Aktionärsminderheit 104 ff., 201 ff. Berichtspflichten, Vorstand 1009

Beschlüsse der HV – Arten 891 ff. – Aufgaben des HV-Leiters 1266 f. – Begriff 888 – Beschlussantrag 896 ff. – negativer 897 – positiver 897 ff. – Beurkundung 1206 ff. – Gegenstände 169 ff. – Rechtsnatur 889 f. – Wirksamkeit 1267 – Zustandekommen 894 Beschlussfassung s. a. Stimmabgabe – Abstimmungsverfahren 903 ff. – Beschlussfähigkeit 895 – Beschlussvorschlag 172 f. – Beurkundung 67 – erweiterte Angaben 1269 ff. – vertretenes Grundkapital 1272 f. – Feststellung des Versammlungsleiters 1266 ff. – Beschränkung Feststellung 1274 – Feststellung von Mehrheit 910 ff. – mangelhafte/rechtswidrige 540 ff. – ordnungsgemäße 910 – positive/negative 896 ff. Bestellung 942, 963, 1091 Beurkundungspflicht 1205 ff. – bei Auskunftsverweigerung 1214 – beschlusslose HV 1210 – Grundlagenbeschlüsse 1216 f. – von Beschlüssen 1206 ff. – von freiwilligen Angaben 1222 ff. – von Maßnahmen des HV-Leiters 1209 – von Minderheitsverlangen 1213 535

Stichwortverzeichnis

– von ungeschriebenen obligatorischen Angaben 1216 ff. – des Widerspruchs gegen HV-Beschluss 1215 Bevollmächtigung s. Aktionärsvertreter und Legitimation Briefwahl 299, 1263; s. a. Abstimmung und Stimmrecht Business-Judgement-Rule 1025 ff., 1032

Delegation von (Vorstands)Aufgaben 976 ff., 1012 Deutscher Corporate Governance Kodex 272, 329 f., 960, 965, 1024 Dienstvertrag s. Anstellungsvertrag

EDV – Einsatzarten 58 ff. – Überprüfung durch den Notar 1254 f.; Anlagen S. 512 und 519 f. Einberufung 80 ff. – Bekanntmachung 133 ff. – eingeschriebener Brief 134 f. – Bundesanzeiger 133 f., 138 – sonstige Gesellschaftsblätter 133, 137 – Berechtigung 94 ff. – durch Aktionäre 104 ff. – Aktionärsminderheit 104 ff. – Form und Inhalt 108 ff. – Nachweis der Mindestbeteiligung 106 ff. – Pflichten des Vorstands 113 f. – Schranken 111 f. – Sonderfälle 120 – Verlangen 104 ff. – durch Aufsichtsrat 101 ff. – durch Dritte 121 ff. – durch Vorstand 94 ff. – fehlende 124 ff. 536

– – – –

Beschluss 94 ff., 113 f. Form 133 ff. Frist 131 ff. Gründe 81 ff. – freiwillige 91 ff. – gesetzliche 81 f. – satzungsgemäße 87 f. – Wohl der Gesellschaft 89 f. – Inhalt 144 ff.; s. a. Tagesordnung – Mindestangaben 145 ff. – zwingende Angaben bei börsennotierten Gesellschaften 146 ff. – kraft gerichtlicher Ermächtigung 115 ff. – unterbliebene 93 Einfache Niederschrift 1294 ff. – Änderung 1299 – Aufnahme 1297 – Grundlagenbeschlüsse 1294 ff. – Unterzeichnung 1300 ff. Eintragung im Aktienregister s. a. Legitimation und Umschreibestopp – Wirkung 303, 380 Ergänzungs- und Bekanntmachungsverlangen der Minderheit 201 ff. Entlastung – Beschluss 546 ff. – Vorstand/Aufsichtsrat 91, 460, 546, 760, 774 ff., 878 Eventualabstimmung s. Abstimmung

Fragerecht – Aktionäre 625, 632 – Entzug 659 ff. – Missbrauch 657 ff. – Schranken 630 ff. Freigabeverfahren – Beschluss 1404, 1414 – Bestandskraft 1414

Stichwortverzeichnis

– Freigabevoraussetzungen 1406 ff. – Bagatellquorum 1406 – offensichtliche Unbegründetheit der Klage 1408 – Unzulässigkeit der Klage 1409 – vorrangiges Vollzugsinteresse 1412 – gerichtliches Verfahren 1413 – Registersperre – faktische 1399, 1401, 1415 – formale 1399 f.

Gäste – Entfernung aus HV bei Störungen 369 – Zulassung 366 ff. Gegen-/Oppositionsantrag – Ankündigung 219 ff., 545 – Begriff 220 – Begründung 223, 228, 232, 232, 244 ff. – erfolgloser früherer Antrag 242 – Form 225 – Frist 223, 226 – Gesetzes- und Satzungsverstoß 235 ff. – Hinweis in der Einberufung 165; Anlagen S. 435 f. – Nichterscheinen antragstellender Aktionäre bzw. deren Vertreter in HV 243 – Stellungnahme der Verwaltung 249 – Strafbarkeit des Vorstands 234 – Voraussetzung 219 ff. – wiederholte Antragstellung 240 f. – Zugänglichmachung 228 ff. – Zusammenfassung 247 f. Gelatine-Entscheidung 85, 176, 184, 974, 998, 1017

Geschäftschancenlehre 1034 Geschäftsführung – Begriff 972 – Einstimmigkeitsprinzip 978 – Gesamtgeschäftsführung, Grundsatz 955, 971, 978 f., 1008 – Gesamtverantwortung, Grundsatz 978, 1010 – Geschäftsführungsbefugnis 975 ff. – Grundlagengeschäfte 972, 973 Geschäftsordnung HV 170 – Allgemeines 699 – Erlassverfahren 703 – Notwendigkeit 714 ff. – Regelungsgegenstand 702 – Regelungskompetenz 703 ff. Geschäftsordnung Vorstand 948, 960 ff., 963 f., 979 f. Gleichbehandlungsgrundsatz 47, 294, 368, 526, 696 ff., 826 ff., 1295, 1353, 1359

Hauptversammlung – – – – – – – – – –

Absage abweichender Verlauf 78 Aufgabe 5 ff. Beendigung 608 ff. Dienstleistungen 52 ff. Dokumentation 504, 1199 ff. Eröffnung 487 Grundlagenentscheidungen 11 Kompetenzen 11 Maßnahmen – im Vorfeld 46 f., 75 ff. – laufende 12 ff. – Übertragung im Internet 288 ff. – Nichtzulassung von Aktionären 283, 371 – Rechtsstellung 11 – Sprache 1285 537

Stichwortverzeichnis

– Übertragung im Internet 288 f., 1314 – Unterbrechung 606 ff. – Vertagung 604 ff. – Vorbereitung 38 ff. – Zuständigkeit – gesetzliche 12 ff. – satzungsgemäße 23 – ungeschriebene 27 ff. – Zustimmung 27 – Zweck 5 ff. Hauptversammlungsleiter s. a. Wahl(en) – Abberufung 459 ff. – Bestimmung 447 ff., 450 ff. – Kompetenzen 363, 368, 440, 471 ff., 911, 917, 1297 ff. – Leitungsbefugnisse 487 ff. – Ordnungsbefugnisse 612 ff. – rechtliche Herleitung seiner Befugnisse 429 ff. – Unterzeichnungspflichten 429, 1300 Hauptversammlungsprotokoll s. a. Einfache Niederschrift und Notarielle Niederschrift – Abschriften 504, 1290 ff. – Einsichtnahme 1290 ff. Hinterlegung 382 ff., 385, 390 – von Inhaber-/Namensaktien 163 Holzmüller-Entscheidung 85, 176, 184, 974, 998, 1017, 1359

Insolvenzreife, Krise

1047 ff. – Einberufungs-/Verlustanzeigepflicht 1054 ff. – Insolvenzantragspflicht 1057 ff. – Insolvenzverwalter 1048, 1075 f., 1078, 1080 – Überschuldung 1063 – Zahlungsunfähigkeit 1062 – Zahlungsverbot 1066 ff.

538

Internet s. a. Online-Teilnahme – Hinweis in der Einberufung 168 – Übertragung 288 f., 1314 – Zugänglichmachung der Einberufung 139 ff.

Kopplungsklausel

944 f., 1191

Legalitätspflicht 1022, 1024, 1106 Legitimation s. a. Hinterlegung – Aktionäre 378 ff. – Aktionärsvereinigungen 401 – Aktionärsvertreter 399 ff. – Bankbescheinigung 382 ff. – bei Gegenanträgen 221 – bei Inhaberaktien 379 – bei Namensaktien 380, 391 – geschäftsmäßig Handelnde 401 – Kreditinstitute 401 – Nachweis 382 ff., 400 – Sprache 388 – Prüfung 403 – Übermittlung Nachweis 402 f. Leitnotiz – des HV-Leiters 486 – Inhalt 486, 504 Leitung, Vorstandsaufgabe 981 ff. – Eigenverantwortlichkeit 986 ff. – Gesamtleitung 981 – Gesamtverantwortung 978, 1010 – Leitungsaufgaben 983 ff. – Leitungsermessen 978 f., 1052 Listenwahl – Anforderungen 916 – Zulässigkeit 920 Mitteilungspflichten – Direktversendung an Aktionäre 206 f. – Empfänger 207 f. – Form und Frist 210 ff. – Gegenstand 208 f.

Stichwortverzeichnis

– im Vorfeld der HV 206 ff. – Satzungs- und Gesetzesverstoß 235 – Übermittlung durch Kreditinstitute 256 ff. – Kosten 261

Nichtigkeitsklage – Feststellungs-/Rechtsschutzinteresse 1380 f. – gerichtliches Verfahren 1396 ff. – Heilung 1391 ff. – Klageberechtigung 1380 – Nichtigkeitsgründe 1382 – Beurkundungsmängel 1363 – Einberufungsmängel 1384 – gläubigerschützende Normen 1387 – im öffentlichen Interesse stehende Normen 1388 – Wesen der AG 1389 – Verstoß gegen die guten Sitten 1390 – Verhältnis zur Anfechtungsklage 1379, 1395 Nießbrauch s. Aktien Notar 356, 1224 ff. – Amtsbereich 1225 ff. – Aufgaben 67 ff. – Ausschluss 1230 ff. – Beauftragung 1224 ff. – Pflichten 1238 ff. – Überwachung Stimmenauszählung 1253 f. – Prüfungs- und Hinweispflichten 70 ff., 1240 ff. Notarielle Niederschrift s. a. Beurkundungspflicht – Abschriften 1290 ff. – Änderung 1279 – Anlagen 1281 ff. – Beweiskraft 1201 f.

– Einreichung zum Handelsregister 1286 – Einsichtnahme 1290 ff. – Entstehungsgeschichte 1199 – Erstellung 1277 ff. – Fehler 1301 ff. – Inhalt 1243 ff. – Art der Abstimmung 1249 ff. – Ergebnis der Abstimmung 1257 ff. – Name Notar 1248 – Ort und Zeit 1246 f. – Pflichtangabe 1243 ff. – Sprache 1286 f. – Unrichtigkeit 1303 – Unterzeichnung 1280 – Zweck 1301

Öffentlichkeitsarbeit

56 f. Online-Teilnahme 273 f., 286 ff., 372, 1336 – Begriff 293 f. – Satzung 286 f. Ordnungsmaßnahmen 612; s. a. Rederecht – Abmahnung 685 – allgemeine Redezeitbeschränkung 630 ff. – individuelle Redezeitbeschränkung 687 ff. – Saalverweis 285 – Schluss der Debatte 671 – Schluss der Rednerliste 666 – Sicherheitskontrollen 283, 614 ff. – Wortentzug 691

Personenschutz s. Sicherheit Pfändung s. Aktien Positive Beschlussfeststellungsklage 1378 Poststreik – Folgen 498 f. 539

Stichwortverzeichnis

Presse s. Öffentlichkeitsarbeit und Teilnahmerecht – Medien

Record Date (Nachweisstichtag) 386 – Hinweis in der Einberufung 163 f. Rederecht – Schluss der Debatte 671 ff. – Schluss der Rednerliste 666 f. – Schranken 637 ff. – Wortentzug 214 f., 691 Redezeit – allgemeine Beschränkung 630 ff., 691 – individuelle Beschränkung 687 ff. – Rahmenbedingungen durch Satzung 635

Saalverweis

s. Ordnungsmaßnahmen Schutzgemeinschaften – Gespräche im Vorfeld der HV 45 ff., 730 Shareholder Value 988 Sicherheit – Kontrollen 65, 283, 614 ff. Sicherungsübereignung s. Aktien Sorgfaltspflichten Vorstand – Legalitätspflicht 1022, 1024, 1106 – sorgfältige Unternehmensführung 1024 – Überwachungspflicht 1006 f., 1010 f., 1023, 1117, 1121, 1150 Spruchverfahren – Antrag 1419 ff. – Anwendungsbereich 1415 ff. – gerichtliches Verfahren 1425 ff. – gerichtliche Zuständigkeit 1418 – konkrete Bewertungsrüge 1423 Stammaktien s. Aktien und Auskunft Stenografisches Protokoll 1308 ff. 540

Stichentscheidsrecht 979 Stimmabgabe – Anfechtung 907 – Hinweis in der Einberufung 163 – Rechtsnatur 903 – unterschiedliche 908 – Widerruf 907 – Zugang 904 Stimmkarten – Verwendung 61 Stimmrecht 854 ff.; s. a. Aktionär, Aktionärsvertreter und Auskunft – Abstimmungsvorschläge durch Kreditinstitute 265 ff. – Ausübung durch Kreditinstitute 331 ff. – Beginn 835 – Briefwahl 164, 299, 1263 – Höchststimmrecht 849 ff. – Mehrstimmrecht 842 ff. – Proxy-Voting 326 ff. – Verbot 881 ff., 1378 – Vorbereitung der Stimmrechtsvertretung 263 – Vorzugsaktien ohne 859 ff. – Weisungen 270 Subtraktionsverfahren – Anwendung 61, 581 ff. – Beschlussfassung 899 – Niederschrift 1260 f. – Vorteile 584 ff.

Tagesordnung – Absetzung von Tagesordnungspunkten 535 – Abwicklung 508 – Änderung der Reihenfolge 508 ff. – Behandlung nicht angekündigter Angelegenheiten 533 – Beschlussvorschlag 131 ff., 202

Stichwortverzeichnis

– Ergänzungsverlangen 165, 201 ff., 213 f. – Gegenstand 169 ff. – Inhalt – Allgemeines 169 – Aufsichtsratswahlen 185 ff. – Kapitalerhöhung 175 – Satzungsänderung 174 – Wahl des Abschlussprüfers 193 f. – zustimmungsbedürftige Verträge/Strukturmaßnahmen 176 ff. – Reihenfolge der Wortmeldungen 522 ff. – Vertagung und Absetzung von Tagesordnungspunkten 535 – Wiederaufnahme bereits abgeschlossener Tagesordnungspunkte 529 Technik – Einsatz 64, 140, 290, 618 Teilnahmerecht – Aktionäre 273 ff. – Aktionärsvertreter 309 ff. – aufgrund Satzungsbestimmung 361 – aufgrund von Sonderstellungen 357 ff. – Aufsichtsrat/Vorstand 347 ff. – Ausübungsmöglichkeiten 274 ff. – bei verpfändeten/sicherungsübereigneten Aktien 306 ff. – Beschränkungen 281 ff. – Deutscher Corporate Governance Kodex 272 – Gäste 368 ff. – Inhalt 273 – Medien 363 ff. – Mitarbeiter/Berater 362 – Notar 356 – Sonderfälle 300 ff.

– sonstige Teilnehmer 366 ff. – Verhältnis zum Stimmrecht 279 – Versammlungsleiter 353 Teilnahmepflicht – Abschlussprüfer 354 – ausgeschiedene Vorstandsmitglieder 352 – Vorstand/Aufsichtsrat 347 Teilnehmerverzeichnis – Aktualisierung 422 – Aufstellung 416 ff. – Einsichtnahme 423 ff. – Erstellung 419 ff., 421 – Form 420 – Inhalt 407 ff. – nicht ordnungsgemäße Führung 427 f. – Publizität 423 ff. – Übersendung Kopie/Ausdruck 423 – Zugänglichmachung 423 ff. – zur Aufstellung verpflichtete Personen 416 ff. – Zweck 405 f. Ton- und Bildaufnahmen – Abschriften 1315 – Dokumentationsmittel 504 – durch Aktionär 1312 – durch Verwaltung 1310 Trennungstheorie 942 ff., 1163 f. Treuepflicht 1032 ff.

Überschuldung

s. Insolvenzreife Umschreibestopp – Eintragung ins Aktienregister 163 – Folgen 163 – Hinweis in der Einberufung 163 – Zeitraum 163 – Zulässigkeit 163 Unterbesetzter Vorstand 992 ff. 541

Stichwortverzeichnis

Verlustanzeigepflicht

s. Insolvenzreife Versammlungsort 151 ff. – im Ausland 154 ff. – Verlegung 157 Verschwiegenheitspflicht 1042 ff. Vertagung – als Entscheidung des HV-Leiters 535 – als Minderheitsrecht 536 – Rechtsfolgen 157 Vertretung s. a. Aktionärsvertreter – Aufgabe des Vorstands 995, 1166 – Gesamtvertretung, Grundsatz 955, 999 ff. – im Namen dessen, den es angeht 410 – Umfang bei Namens- und Inhaberaktien 344, 379 ff. Vetorecht 979 Vorbereitung der HV – Ablaufplan 42 – Allgemeines 38 – Generalplan 43 – Koordinatoren 39 – Personalplan 43 Vorstand – Abberufung 460, 1168 ff. – Anstellung 942, 962 ff., 1037, 1088, 1091, 1095, 1163, 1173, 1191 ff. – Aufgaben 969 ff. – Bestellung 942, 963, 1091 – Business-Judgement-Rule 1025 ff. – Delegation von Aufgaben 976 ff., 1012 – Deutscher Corporate Governance Kodex 960, 965, 1024 – Eintragung ins Handelsregister 95 ff. – Geschäftsführung 971 ff. 542

– Geschäftsordnung, Vorstand 948, 960 ff., 963 f., 979 f. – Haftung, zivilrechtliche 1083 ff. – Darlegungs- und Beweislast 1129 ff. – D&O-Versicherung 1160 ff. – gegenüber Aktionären 1151 ff. – gegenüber Dritten, Außenhaftung 1154 ff. – gegenüber Gesellschaft, Binnenhaftung 1085 ff. – Geltendmachung 1134 ff. – von mehreren Vorstandsmitgliedern 1149 f. – Haftungsausschluss 1140 ff. – Kausalität 1129 ff. – Pflichtverletzung 1094 ff. – bei Kollegialentscheidung 1098 ff. – bei Ressortentscheidung 1116 f. – Schaden 1122 f. – Sonderanspruchsgrundlagen 1138 f. – Status als Vorstandsmitglied 1090 ff. – Vergleich und Verzicht 1146 ff. – Verjährung 1145 f. – Verschulden 1118 ff. – Kopplungsklausel 944 f., 1191 – Legalitätspflicht 1022, 1024, 1106 – Leitung 981 ff. – Rechtsquellen 948 – Sorgfaltspflicht 1021 – Teilnahmepflicht an der Hauptversammlung 347 ff. – Treuepflicht 1032 ff. – Trennungstheorie 942 ff., 1164 – unterbesetzter 992 ff.

Stichwortverzeichnis

– Verschwiegenheitspflicht 1042 ff. – Weiterbeschäftigungspflicht/ -sanspruch nach Abberufung s. Abberufung – Wettbewerbsverbot 1035 ff. – Widerruf der Bestellung s. Abberufung – Wissenszurechnung 1002 ff. – Zahl der Vorstandsmitglieder 938 Vorzugsaktien s. Aktien

Wahlen

s. a. Listenwahl – Anfechtung 928 – der Aktionärsvertreter im Aufsichtsrat 920 – der Aufsichtsratsmitglieder 915 ff. – des Abschlussprüfers 915 – des HV-Leiters 451 ff.

– des Sonderprüfers 915 – Satzungsbestimmungen 916 – Verfahren 916 ff. – Wahlvorschläge 250 ff., 917 Weiterbeschäftigungspflicht/ -anspruch nach Abberufung s. Abberufung Wettbewerbsverbot 1035 ff. Widerruf der Bestellung s. Abberufung Wissenszurechnung 1002 ff. Wortmeldungen – Reihenfolge 522 ff. – Worterteilung 523 – Zurückstellung 526

Zahl der Vorstandsmitglieder 938 Zahlungsunfähigkeit s. Insolvenzreife Zahlungsverbot s. Insolvenzreife

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