Judentum Urchristentum Kirche. Festschrift für Joachim Jeremias

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Judentum Urchristentum Kirche. Festschrift für Joachim Jeremias

Table of contents :
INHALTSVERZEICHNIS
I. JUDENTUM
Von Gott gezeugt
Giljonim und sifre minim
Der Siebenarmige Leuchter und der Titusbogen
II. URCHRISTENTUM
Jesu Worte über den Sabbat
Er wird Nazoräcr heißen (zu Mc 1 24 Mt 2 23) *
Quis e t Unde? An Analysis of Mt 1—2
Die Stadt der Mörder (Mt 227)
Bethsaida und Gennesar Eine traditions- und redaktionsgeschichtliche Studie zu Mc 4—8
Marie-Madeleine et les Disciples au Tombeau selon Joh 20 1-18
Quellenanalyse und Kompositionsanalyse in Act 15
Gottesdienst im Alltag der Welt (zu Rm 12)
Zur Leib-Christi-Vorstellung im Epheserbrief
Sohnschaft und Leiden
Zum Aufbau des Hebräerbriefes
III. KIRCHE
Unbekannte Gleichnisse Jesu aus dem Thomas-Evangelium
Die Rücksicht auf die Reaktion der Nicht-Christen als Motiv in der altchristlichen Paränese
Die Beichte im alten Mönchtum

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F E S T S C H R I F T FÜR J O A C H I M J E R E M I A S

JUDENTUM URCHRISTENTUM KIRCHE

FESTSCHRIFT FÜR JOACHIM JEREMIAS HERAUSGEGEBEN VON

WALTHER

ELTESTER

i960

VERLAG ALFRED TÖPELMAN N • BERLIN

B E I H E F T E ZUR

ZEITSCHRIFT

FÜR D I E N E U T E S T A M E N T L I C H E UND DIE

WISSENSCHAFT

K U N D E DER Ä L T E R E N

HERAUSGEGEBEN

VON

WALTHER

BEIHEFT

KIRCHE

ELTESTER

26

OHNE AUSDRÜCKLICHE GENEHMIGUNG DES VERLAGES IST ES NICHT GESTATTET, DIESES BUCH ODER TEILE DARAUS AUF PHOTOMECHANISCHEM WEGE (PHOTOKOPIE. MIKROKOPIE) ZU VERVIELFÄLTIGEN

(PRINTED IN GERMANY)

SATZ UND DRUCK: WALTER DE GRUYTER & CO., BERLIN

JOACHIM DEM

J E R E M I A S

SECHZIGJÄHRIGEN

G E W I D M E T Z U M 20. S E P T E M B E R

i960

VON FREUNDEN, SCHÜLERN, KOLLEGEN

INHALTSVERZEICHNIS

I. J U D E N T U M Seite OTTO MICHEL u n d

OTTO B E T Z , V o n

Gott

gezeugt

3

KARL GEORG KUHN, G i l j o n i m u n d sifre m i n i m

24

WALTHER ELTESTER, Der Siebenarmige Leuchter und der Titusbogen

. . . .

62

II. U R C H R I S T E N T U M EDUARD LOHSE, Jesu Worte über den Sabbat

79

EDUARD SCHWEIZER, Er wird Nazoräer heißen

90

KRISTER STENDAHL, Quis et unde ? An Analysis of Mt 1— 2

94

KARL HEINRICH RENGSTORF, HARALD HEGERMANN,

Die

Stadt

der Mörder

Bethsaida und Gennesar(Mc

( M t 2 2 7)

106

4—8)

130

PIERRE BENOIT, Marie-Madeleine et les disciples au tombeau selon Joh 20 1-18 . 141 ERNST HAENCHEN, Q u e l l e n a n a l y s e u n d K o m p o s i t i o n s a n a l y s e in A c t 1 5 .

.

.

. 163

ERNST KÄSEMANN, Gottesdienst im Alltag der Welt (zu RM 12)

166

CARSTEN COLPE, Zur L e i b - C h r i s t i - V o r s t e l l u n g i m E p h e s e r b r i e f

172

GÜNTHER BORNKAMM, S o h n s c h a f t und L e i d e n

188

WOLFGANG NAUCK, Z u m A u f b a u des H e b r ä e r b r i e f e s

199

III. K I R C H E CLAUS-HUNNO HUNZINGER, Unbekannte Gleichnisse Jesu aus dem Thomas-Evangelium

209

WILLEM CORNELIS VAN UNNIK, D i e R ü c k s i c h t auf die R e a k t i o n der N i c h t - C h r i s t e n

als Motiv in der altchristlichen Paränese HERMANN DÖRRIES, Die Beichte im alten Mönchtum

221 234

INHALTSVERZEICHNIS (nach dem Alphabet der Verfassernamen)

Seite BENOIT, PIERRE, Marie-Madeleine et les disciples au tombeau selon Joh 201-18 B E T Z , OTTO, u n d M I C H E L , OTTO, V o n

Gott

. 141

gezeugt

3

BORNKAMM, GÜNTHER, S o h n s c h a f t u n d L e i d e n

188

COLPE, CARSTEN, Zur Leib-Christi-Vorstellung im Epheserbrief

172

DÖRRIES, HERMANN, Die Beichte im alten Mönchtum

234

ELTESTER, WALTHER, Der Siebenarmige Leuchter und der Titusbogen . . . . HAENCHEN, ERNST, Q u e l l e n a n a l y s e und K o m p o s i t i o n s a n a l y s e in A c t 1 5 .

.

.

62 . 153

HEGERMANN, HARALD, B e t h s a i d a u n d G e n n e s a r ( M c 4 — 8 )

130

HUNZINGER, CLAUS-HUNNO, Unbekannte Gleichnisse Jesu aus dem Thomas-Evangelium

209

KÄSEMANN, ERNST, Gottesdienst im Alltag der Welt (zu Rm 12)

165

KUHN, KARL GEORG, G i l j o n i m und sifre m i n i m

24

LOHSE, EDUARD, Jesu Worte über den Sabbat

79

M I C H E L , OTTO, u n d

B E T Z , OTTO, V o n

Gott

gezeugt

3

NAUCK, WOLFGANG, Z u m A u f b a u des H e b r ä e r b r i e f e s RENGSTORF, K A R L HEINRICH,

Die S t a d t

der Mörder

199 ( M t 2 2 7)

106

SCHWEIZER, EDUARD, E r wird Nazoräer heißen

90

STENDAHL, KRISTER, Quis et unde ? An Analysis of Mt 1—2

94

VAN UNNIK, WILLEM CORNELIS, Die R ü c k s i c h t auf die R e a k t i o n der N i c h t - C h r i s t e n

als Motiv in der altchristlichen Paränese

221

JUDENTUM

Von Gott gezeugt Aus dem Institutum Judaicum, Tübingen von O t t o M i c h e l und O t t o B e t z dargebracht

a) D e r k ö n i g l i c h e G o t t e s s o h n im A l t e n O r i e n t Die Anschauung, ein Mensch könne von Gott gezeugt sein, begegnet uns vor allem in altorientalischen Texten. In Ägypten ist der König göttlich von Geburt; ja »die wunderbare Geburt ist dem König die natürliche«1. Der Kronprinz wird von Gott mit der Königin gezeugt, wobei man sich allerdings meist den Gott im königlichen Vater verkörpert denkt 2 . Dennoch kann dem König preisend zugerufen werden: . . . » D u hast keinen Vater, der dich erzeugt hat unter den Menschen«, . . . »du hast keine Mutter, die dich geboren hat unter den Menschen« 3 ! Auch nach sumerisch-akkadischer Überlieferung hat der König einen Gott, z. B. Anu oder Enlil, zum Vater. I . E N G N E L L meint, er entspringe einem Upös yd|ios, in dem König und Königin die Gottheiten darstellten4. Beim Thronbesteigungsfest am Neujahrstag werde der König seiner menschlichen Hülle entkleidet und offenbare seine 1 G. VAN DER LEEUW, Phänomenologie der Religion, Tübingen 1903, S. 103 zitiert von I. E N G N E L L , Studies in Divine Kingship in the Ancient Near East, Uppsala 1943, S. 4. 2 Nach der in mythischer Form erzählten Überlieferung von der Herkunft der Könige der 5. Dynastie wurden diese Könige vom Sonnengott R e " leiblich gezeugt und von der Priesterin des R e 1 geboren (E. OTTO, Ägypten, Der Weg des I'haraonenreiches, Stuttgart 1955, S. 72f.). Mit der Bezeichnung »Sohn des Re', die von Chephren an für den König obligatorisch wird, tritt eine gewisse Distanzierung dem Gott gegenüber ein, mit dem der König bis dahin gleichgesetzt worden war

(E. OTTO

a. a. O.

S.

72.).

K . SETHE, Pyramidentexte 3, S. 208. Man wird an Hbr 7 3 erinnert, wonach Melchisedek »ohne Vater, ohne Mutter . . ., vielmehr dem Sohne Gottes ähnlich gemacht ist«. Nach I. E N G N E L L geht diese Aussage auf eine alte Tradition vom göttlichen Ursprung des Stadtkönigs von Jerusalem zurück (a. a. O. S. 78). 3

4

a. a. O. S. 16f. 1*

4

O. M i c h e l — O . B e t z

wahre göttliche Natur; er verkörpere nun den Sonnengott und könne sich als Sonnengott bezeichnen5. Eine gewisse Ausnahme bildet der hethitische König, der erst mit seinem Tode ein Gott wird6. Dagegen regiert bei den West-Semiten ein göttlicher König7. In den Ugarittexten tritt das freilich nicht so deutlich hervor, wie VIROLLEAUD und ENGNELL wahrhaben möchten 8 ; ihre Exegese beruht manchmal auf Mißverständnissen der schwierigen und lückenhaften Texte 9 . Jedoch wird Kerets Sohn von den Göttinnen Aschera und Anat gesäugt 10 und Keret selbst kann »Sohn Eis, Sprößling von Lutpan und Kadesch« genannt werden11. Das Motiv des iepös yapios ist besonders deutlich ausgeführt in dem Kultdrama Schachar und Schalim (Morgenund Abenddämmerung), die beide von El gezeugt werden12.

b) G o t t als V a t e r des a l t i s r a e l i t i s c h e n K ö n i g s Im AT enthalten besonders die Ps 2 und 110, deren Hintergrund das Thronbesteigungsfest bildet, Anklänge an das altorientalische Gottkönigtum; gerade diese Stellen sind wichtige Belege für den Christusglauben des NTs geworden. 5 So sagt Hammurabi: »Ich bin der Sonnengott von Babylon (anaku samsu bäbili) CH V, 4 ff. Allerdings ist schwer festzustellen, ob eine solche Aussage noch realistisch gemeint ist. Sie war das auf jeden Fall bei den Königen der Akkad-Dynastie. Wenn aber z. B . Assurbanipal sich als »Geschöpf Assurs und der Belit« (binutu Assur u. Belit Annalen I, 1) bezeichnet und berichtet, die Götter hätten seinen »Namen« schon »im Mutterleib« zum Hirtentum über Assur geschaffen (ib. Z. 5), so ist dabei vor allem an die Erwählung des Königs gedacht. E r ist »Geschöpf der Hände Assurs« (binfit qätä Assur Ann. V I I , 16), als sein »Erzeuger« gilt der leibliche Vater (Ann. I, 8 : abu banüa). 6 Nach I. E N G N E L L (a. a. O. S. 58) gibt es allerdings auch bei den Hethitern die Vorstellung, der König sei die Frucht einer Verbindung von Göttern. 7 So nennt sich Mesa, der König von Moab, »Sohn des Kamos,« ferner weist der Name des Königs von Damaskus, Ben-Hadad, auf diese Vorstellung hin (I. ENG-

NELL

a. a. O. 8

Vgl.

S.

80).

I. ENGNELL

a. a. O.

S.

134.

Das Gebet, in dem der oberste Gott El als »Stier El, mein Vater« angeredet ist, wird nicht von Dan-El, einem Menschen, sondern von dem Gott Baal verrichtet. Vgl. den Text bei G. R . DRIVER, Canaanite Myths and Legends, Edinburgh 1956, Aqhat II, 17, 23ff. 10 Keret I I I , I I 25 — 28. Auch Marduk wurde von Göttinnen gesäugt (G. R . 9

DRIVER

a. a. O.

S. 37,

Anm.

9).

Keret II, I, 10f., 20f. 12 Wahrscheinlich wurde dieses Kultdrama am Wochenfest aufgeführt und stellt einen der Fruchtbarkeitskulte dar, auf die das AT so oft anspielt (G. R . DRIVER a. a. O. S. 23). 11

Von Gott gezeugt

5

Ps 2 schildert einen Aufstand der Völker, eine Konspiration der Fürsten gegen das Regiment Jahwes und Seines Gesalbten (vv. 1-3). Aber Gott lacht ihrer und erinnert daran, Er selbst habe den Davididen auf dem Zion eingesetzt (v. 4). Und dieser bestätigt Gottes Machtwort : »Jahwe hat zu mir gesprochen: .Mein Sohn bist du, heute habe Ich dich gezeugt! Fordere von mir, und Ich werde dir die Heiden geben als dein Erbe, die Enden der Erde als deinen Besitz!« (vv. 7f.). Mit der Formel: »Mein Sohn bist du!« wird nach orientalischem Recht eine Adoption vollzogen13. Die ihr folgende Aussage: »Heute habe Ich dich gezeugt!« besagt, der Adoptierte solle wie ein leiblicher Sohn gehalten werden. Als solcher tritt er in die Rechte des Erben ein, und der Adoptivsohn Jahwes erhält die Erde als Erbe zugesprochen14. Der König steht ganz nahe bei Gott, er ist gleichsam dessen Stellvertreter. J a , in Ps 45, einem hymnischen Gruß an den Hochzeit feiernden König, wird er selbst als »Gott« angeredet (v. 7; vgl. I Reg 2 1 10).

Die Gottnähe des Königs feiert auch der Ps 110, den H. SCHMIDT auf die Investitur des Königs und die Thronfahrt Gottes bezieht 15 . In ihm wird der König aufgefordert, sich auf Jahwes Thron, zu Seiner Rechten, zu setzen (v. 1). Ob dieser Nähe zum heiligen Gott kann er in einem zweiten Spruch zum ersten Priester des Volkes ernannt werden und gleicht nun in seiner doppelten Würde dem Herrscher aus grauer Vorzeit: Melchisedek (v. 4). In diesen Zusammenhang gehört auch das von Nathan verkündigte Orakel für David (II Sam 7). Auf das Ansinnen des Königs, Jahwe ein »Haus«, den Tempel, zu bauen, antwortet dieser mit der Verheißung, E r Seinerseits werde dem Könige ein »Haus« errichten: Davids Dynastie (v. 11). Dem Thronfolger wird Gott das Königtum bestätigen (v. 12); ja, E r will ihm ein Vater, und dieser soll Ihm ein Sohn sein (v. 14 a). Der Schluß der Zusage zeigt deutlich den Sinn dieser Adoptionserklärung: Gott will den sich verfehlenden Davididen züchtigen, jedoch Seine Gnade nicht gänzlich von ihm weichen lassen, wie E r sie Saul entzog (vv. 14 b-15). E r will ihn erziehen, wie ein menschlicher Vater seinen Sohn erzieht. Schon dieser kurze Überblick zeigt, wie sich die Königsideologie des Alten Israel von der seiner Nachbarreiche unterscheidet. Zwar gebraucht der Kultdichter ähnliche Formeln, jedoch ist der König von Gott adoptiert, nicht gezeugt. Der » Gottessohn« in I I Sam 7 14 ist, wie in v. 12 unmißverständlich hervorgehoben wird, Davids Sohn nach dem Fleisch 1 6 . Vgl. Codex Hammurabi ( X I I b, 44 ff; § 170f). In Ps 2 12 ist nicht vom »Sohn« ( 1 3 ) die Rede; vielmehr ist der Text korv. 12a ist mit 11b zusammenzuschließen: TVI*!1?

13 14

rupt.

15



Die Psalmen, H A T Bd. 15, Tübingen 1934, S. 5.

ss;.

6

O. M i c h e l —O. B e t z

c) D i e G o t t e s s o h n s c h a f t

nach Septuaginta, Targum Midrasch

und

Wie hat man nun den Gedanken der Gottessohnschaft, der in diesen Stellen der Schrift ausgesprochen wird, im Spätjudentum aufgenommen und wiedergegeben? Die S e p t u a g i n t a übersetzt Ps 2 i wörtlich: Yiös |iou ei ov, gyco y e y e v v q K c c CTE, und so wird dieses Wort, auf Christus bezogen, in Act 13 33 und Hbr 1 5 zitiert 1 7 . In v. 12 liest sie: »Küsset den Sohn!«, lenkt jedoch vom Trais auf die ihrer Zeit so wichtige ucciSeia: »Nehmet Erziehung an!« 1 8 . Wörtlich übersetzt ist die Stelle Ps 45 7, in welcher der König als Gott bezeichnet wird, und so übernimmt sie wieder der Hebräerbrief (1 s). Der schwierige 3. Vers des 110. Ps erhält eine eigenartige Übersetzung. Der hebräische Text meint wahrscheinlich: »Aus der Morgenröte Schoß kommt dir geschritten dein Jungvolk gleich dem Tau!« 1 9 ; die Septuaginta sagt: EK y a a T p ö s Trpö EGoaqiöpou s ^ e y e v v r i a a CTE: Gott selbst hat den König vor Anbruch des Morgens aus dem Mutterschoß hervorgehen lassen! Feierlichen Klang hat die Nathanweissagung in der griechischen Version 2 0 . Sie konnte in eschatologisch gerichteten Kreisen an die Erfüllung der Zeiten erinnern, ein Eindruck, der durch die vom masoretischen Text her nicht geforderte Anfangswendung K a i i c r r a i verstärkt wird. Das d v a c r r r i a c o ließ sich mit der a v ä c r r a a i s verbinden, und so ist es wohl möglich, daß die alte christologische Formel, die Paulus eingangs des Römerbriefes zitiert, an I I Sam 7 12 ff. orientiert ist 2 1 . Deutlich beschreiben darin die christlichen Interpretamente das Wann und Wie der Erhebung in den Stand der Gottessohnschaft: der endzeitliche Davidide wird Gottessohn mit seiner Auferstehung von den Toten. Im Gegensatz zur Zeugung aus dem Leibe Davids geschieht crr)|JEpov

17 Vgl. auch H b r 0 5 7 28, ferner Mt 3 17 I I P t r 1 17. Allerdings bestätigt Ps 2 7 in Mt 3 17 nicht etwa die wunderbare Zeugung, die zur Geburt Jesu führt, sondern dessen Adoption in der Taufe, und nach Act 13 33 wird Jesus mit der Auferstehung zum Gottessohn. 18 Spd^cccrÖE TroaSeias. Dementsprechend wird die in v. 12b ausgesprochene Begründung: . . . »damit ihr nicht u m k o m m t auf dem Weg!« (d. h. auf dem Weg eures bösen Vorhabens) auf den Gottesweg des rechten Wandels bezogen: »Damit ihr nicht untergeht, fern vom Weg der Gerechtigkeit!«'. 1 9 So H. S C H M I D T a. a. O. S. 2 0 2 f . ; er denkt dabei an die Heerscharen der morgendlichen Prozession. 2 0 Kai Icrrai äcxv TTÄripcoöcöaiv ai fiiaepai uou Kai Koijrr|0f|CTq HETÖ TCÖV TraTtpcov CTOU Kai CCVaCnT|CTGO TOCTTTEplJaCTOUHSTaCTEÖs ECTTai EK Tfjs KOlAiaSCTOU,Kai ETOIH&CTCO Tfiv ßaaiAEiav aÜTOü.sycb l a o n a i airrcö Eis iraTEpa Kai aÜTÖs laTai uoi eis ulöv ( I I Sam 7 12. 14).

21 . . . TTEpl TOÜ uioü aÜTOÜ TOÖ yEVOHEVOU EK CTTTEp^aTOS AauiS KCCTCC a a p K a TOÜ öpiaösvTOs uioü 8EOÜ EV Suväpsi Kcrra TTVEÖpa ayicocrOvris dvaaTCCCTECos VEKpcöv ( R m 1 3 f.).

Von Gott gezeugt

7

dieser schöpferische Akt Gottes durch die Kraft des heiligen Geistes (Rm 1 3). Anders als die Septuaginta sind T a r g u m und M i d r a s c h deutlich bestrebt, die Aussagen von der Gottessohnschaft als bloße Vergleiche zu kennzeichnen 22 . Dies gilt für den König wie für das Volk Israel, das besonders in den Midraschim den König hie und da in den Hintergrund drängt. Die Stelle J e r 31 9: »Zum Vater bin Ich Israel geworden, und Ephraim — Mein Sohn ist er« gibt der Targum wieder: »Ich selbst bin Israel wie ein Vater geworden und Ephraim ist geliebt (3 , 3n) vor Mir« 23 . Dementsprechend wird die Gottessohnschaft in Ps 2 7 abgeschwächt: »Teuer (T^f]) wie ein Sohn dem Vater bist du Mir, unschuldig, wie wenn Ich dich heute erschaffen hätte« 24 , v. 12 interpretiert der Targum ähnlich wie die Septuaginta; aus der Aufforderung: »Küsset den Sohn!« wird die Mahnung: »Nehmet die Lehre an!« 25 . Nach ihm erklärt Gott in I I Sam 7 14, E r werde dem Davididen wie ein Vater (3X3) und dieser werde Ihm wie ein Sohn C|33) sein; in Ps 89 28 wird die Zusage der Gottessohnschaft durch einen Zusatz gänzlich beseitigt 26 . Auch der M i d r a s c h verfährt ähnlich. Er bezieht einen großen Teil des 2. Psalms auf das Volk Israel 27 . Dies gilt auch für den v. 7, der mit E x 4 22 verbunden wird: »Mein erstgeborener Sohn ist Israel!« (§9, 14 b) 2 8 . Allerdings fehlt die messianische Deutung nicht. Denn nach R. Juda (um 350) meint die Zusage der Sohnschaft in v. 7: Alle Tröstungen, die in der Tora ausgesprochen sind, werden an dem König Messias verwirklicht, weil er sich mit der Tora beschäftigt. Und das Wort von der Zeugung bezieht R. Huna (um 350) auf die Stunde, in der Gott nach den Leiden, die von den Vätern aller Zeit, den Frommen 2 2 Das zeigt auch ein Vergleich der bei P. B I L L E R B E C K , Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch, Bd. I I I , München 1956, S. 16, Abschn. 2 gegebenen Beispiele von Septuaginta-Übersetzungen mit den kurz davor aufgeführten Wiedergaben durch die Targumim. 2 3 Die späteren Targume scheinen noch vorsichtiger geworden zu sein. Die Stelle Deut 14 l : »Söhne seid ihr Jahwe, eurem Gott« gibt Targ. Onkelos wieder durch: »Söhne seid ihr vor Jahwe eurem Gott«, Targ. Jeruschalmi I dagegen: »Wie geliebte Söhne seid ihr vor Jahwe, eurem Gott«. 24

N3N1? 1 3 3 a'OH. Vgl. den Zusatz äycnrriTOS in Mt 3 17 par.!

NJSVlN iV^p.. Ps 8 9 2 8 : »So will Ich ihn zum Erstgeborenen machen«; Targum: »Auch Ich will ihn zum Erstgeborenen unter den Königen des Hauses Juda machen!« 26

(BILLERBECK

III,

S.

16).

So wird zwar in 2 12 (§ 17) 1 3 als »Sohn« verstanden, jedoch durch ein Königsgleichnis so erklärt: Gott wolle, die Ihm zugedachte Ehrung der Völker solle Israel zufallen. 27

28

Vgl. dazu den Midrasch H L 7, 3 (127a), wo die Worte 1 3 Iplffr in Ps 2 12

verstanden werden: »Küsset das reine (13) Korn!« = »Huldigt Israel!« BECK

I I I , S. 674f.).

(BILLER-

8

O. M i c h e l — O. B e t z

der hadrianischen Religionsverfolgung und schließlich der messianischen Generation getragen wurden, den Messias als eine neue Kreatur schaffen wird (Htt^TTl nX'H?); das »Heute« des göttlichen Zeugens ist Einbruch des Eschaton 29 . Abschließend wird unter Hinweis auf I Reg 1 6 die Gottessohnschaft des Messias ausdrücklich nicht als eine leibliche interpretiert30. Die Stelle II Sam I n wird von den Rabbinen nicht auf den Messias bezogen31. Zusammenfassend läßt sich sagen: Vor allem die Rabbinen neigen dazu, die Aussagen über die Gottessohnschaft abzuschwächen. Sie wandeln sie in Vergleiche oder deuten sie als bloße Bilder, wobei sie auch Worte, die allein dem König gelten, auf ganz Israel beziehen. d) D e r G o t t e s s o h n u n d die H e i l s g e m e i n d e in

Qumran

Nun geben auch Zeugnisse darüber Auskunft, wie man diese wichtigen alttestamentlichen Stellen in Qumran verstanden hat. Sie sind vor kurzem von J . M. A L L E G R O unter dem Titel »Fragments of a Qumran Scroll of Eschatological Midrasim« veröffentlicht worden 32 . Am Schluß der 1. Kolumne dieses Dokuments, das interpretierte Testimonia enthält, ist gerade noch der erste Vers von P s 2 zitiert; die nur lückenhaft erhaltene Deutung zeigt unmißverständlich, daß der Psalm eschatologisch ausgelegt wurde. Dabei steht die Gemeinde im Vordergrund: aus dem Aufstand der Völker gegen Jahwe und Seinen Gesalbten wird der Ansturm gegen »die Erwählten Israels am Ende der Tage». Ferner läßt der stark zerstörte Anfang der 2. Kolumne soviel erkennen, daß dabei die von Beliaal den Frommen bereitete Bedrängnis gemeint ist 3 3 . Man hat also, wie das auch im Mi2 9 P. B I L L E R B E C K , Bd. II, S . 287 erwägt, ob mit der Neuschaffung an die Heilung vom Leiden des Aussatzes gedacht sei, das den Messias vor seinem öffentlichen Auftreten geplagt h ä t t e ; aber R. Huna spricht j a nicht speziell von den Leiden des Messias, sondern allgemein von denen der messianischen Generation (IIIT

rrtfan

Der Ausleger versteht die Stelle I Reg 1 6 so, als habe Absaloms Mutter den Adonja geboren, und bemerkt dann, daß das ja nicht zutreffe (vgl. II Sam 3 4). E r harmonisiert diese — nur im eigenen Mißverstehen begründete — Differenz der Schriftaussagen damit: Adonja sei ganz ähnlich wie Absalom aufgetreten und werde darum gleichsam Bruder Absaloms genannt. Genau so sei auch Ps 2 7 in übertragenem Sinne gemeint. 30

3 1

BILLERBECK

III,

S.

677.

J B L 77 (1958), S. 3 5 0 - 3 5 4 . 3 3 Col 2 l f . : »Das ist die Zeit der Läuterung, die (kommt) . . . unter Beliaal«. Die Sekte lebt in einer solchen Zeit. Sie bestimmt, wer in den von ihr verwirklichten Gottesbund eintreten wolle, dürfe nicht von Gott weichen unter dem Eindruck von Schrecken und Furcht und der »läuternden Drangsal . . . die durch das Regiment Beliaals verursacht wird« (1QS 1, 17f.). 32

Von Gott gezeugt

9

drasch Tehillim geschieht, den Psalm auf Gottes Volk bezogen, das jedoch nicht mehr von ganz Israel, sondern nur von den aus Israel Erwählten dargestellt wird. Daß auch die messianische Deutung nicht gefehlt hat, wird weiter unten nachgewiesen. Im gleichen Fragment wird auch das N a t h a n o r a k e l eschatologisch ausgelegt. Dabei erscheint wieder das Heilsvolk mit der ihm durch Beliaal verursachten Drangsal, daneben aber auch der davidische Messias. Die Exegese der Sekte behandelt die Verse II Sam 7 10-14, in denen zwei Gaben verheißen sind: eine sichere Stätte für Israel und das Haus der davidischen Dynastie. Die sichere Stätte für Israel bildet den Schwerpunkt der Auslegung. Die Sekte, deren ewigwährende Existenz erster Artikel ihres Credos ist, bezieht Nathans Weissagung auf sich selbst: die Heilsgemeinde von Qumran ist das »sichere Haus in Israel« 34 . Sie bildet das von Gott erbaute l e b e n d i g e H e i l i g t u m der Endzeit, eine Tatsache, die in der Übersetzung des Herausgebers freilich nicht richtig zum Ausdruck kommt 35 . Dieser aus Menschen bestehende Tempel, in dem die geistlichen Opfer der Gesetzeswerke dargebracht werden (Z. 6), ist gleichzeitig eine Fluchtburg der Frommen, die anders als der erste Tempel, von keinem Feind erstürmt werden wird (Z. 5). 34 Der Ausleger identifiziert die in v. 10 erwähnte Stätte für Israel mit dem in v. 11 dem König verheißenen »Haus«: dieses Haus ist nicht Davids Dynastie, sondern die ewig bestehende Heilsgemeinde der Endzeit. Er schlägt ferner eine Brücke zu I Sam 2 35: Mit dem Lehrer der Gerechtigkeit und dessen Gemeinde ist das Wort erfüllt, Gott werde Sich einen treuen Priester bestellen und diesem ein »sicheres Haus« bauen. In CD 3, 19 heißt es von der Sekte: »Und Er baute ihnen ein sicheres Haus in Israel, wie seinesgleichen von alters her bis jetzt niemals bestanden hat«. Dieses Haus ist Gottes wahres Heiligtum, das kein Unreiner betreten darf, da die heiligen Engel in ihm weilen (Z. 3f.). Diese Deutung wird durch das Zitat Ex 15 17 b und die Bestimmungen Deut 23 3 f. und Hes 44 9 belegt. Dabei ist interessant, daß an Ex 15 17 b der folgende Vers angeschlossen wird: » J a h w e wird für immer König sein!«: Gott selbst ist der ewige König, und auch das messianische Regiment steht im Schatten der Gottesherrschaft. Ferner fehlt in den Ausschlußbestimmungen der Eunuch (vgl. Deut 23 l ) : Sollte das Zufall sein? vgl. Mt 19 12 und Act 8 27ff.!. " Die wichtige Zeile 6 lautet: X13 D,"T,t3j?0 DTTI1? OTN SHpÜ XI1? Dm 1 ? "IDNVI min ine 1 ? ni 1 ?. Allegro bezieht diese Aussage offenbar auf Davids Ansinnen, Gott einen Tempel zu bauen und übersetzt: »And he purposed to build for him a man-made sanctuary in which sacrifices might be made to him (that there might be) before him works of the Law« (a. a. O. S. 352). In Wahrheit aber ist Gott Subjekt dieses Satzes, der vom lebendigen Heiligtum der Sekte spricht, und die Übersetzung muß lauten: »Aber Er hatte die Absicht, Sich ein Heiligtum von Menschen zu bauen, die Ihm darin den Weihrauch der Gesetzeswerke darbringen, die sie vor Ihm tun«.

10

O. M i c h e l — O . B e t z

Die Feinde Israels werden in I I Sam 7 10 » Söhne des Irrtums« genannt, und diese Bezeichnung bestärkt den Exegeten der Sekte in seiner eschatologischen Deutung und beschwört vor ihm den Antagonismus W a h r h e i t — I r r t u m , G o t t — B e l i a a l herauf. Nicht Völker wie Midian, Moab und die Philister, die Israel in der Richterzeit bedrängten, sind gemeint, sondern die » Söhne Beliaals«, die das wahre Israel d e r » S ö h n e des Lichtes« straucheln lassen 3 6 , in Sünde stürzen und ihrem Meister, dem Satan, überliefern wollen (Z. 7 — 9 ) . Aber das Nathanorakel wird auch auf den M e s s i a s bezogen. Der verheißene Davidide ist nicht Salomo, sondern der »Davidssproß, der am Ende der Tage aufstehen wird« (Z. 11). E r nur kann der Regent sein, dessen Thron Gott selbst für immer errichten wird; der Messias allein ist nicht nur Davids, sondern auch Gottes Sohn (Z. 10f.). Der Ausleger zitiert die Verse II Sam 7 11-14, jedoch in stark verkürzter Form. E r beginnt mit v. 111>, der Ankündigung von Gottes Hausbau, fährt fort mit der »Aufrichtung« des Davididen und dessen ewig dauernden Regiments (vv. i2aßt>) und endet mit v. 14a, der Zusicherung der Vaterschaft Gottes. Ausgelassen ist das Wort vom Tempelbau durch den Thronfolger (v. 13) — Gott selbst erbaut ja Sein Heiligtum —• ferner die der messianischen Deutung hinderliche Zeitbestimmung von Davids Tod (v. 12 aa), aber auch die Notiz v. 12 ay, nach welcher der verheißene Herrscher aus dem Leibe des Königs hervorgehen soll, und schließlich der Hinweis auf die Erziehung, mit der in v. 14 b Art und Zweck der göttlichen Adoption erklärt sind. Es verbleibt lediglich das Faktum der Gottessohnschaft des Messias, das somit einer neuen Deutung offen stünde. Diese wird jedoch nicht vollzogen. Der Ausleger berichtet vielmehr, der davidische Messias werde nicht allein erscheinen, sondern von dem »Toraforscher« begleitet sein; dieser ist der auch sonst im gleichen Atemzug genannte priesterliche Messias. Die Ankunft des endzeitlichen Davidsprosses markiert die große W e n d e : Israel, die »gefallene Hütte Davids« 3 7 , wird im Auftrag Gottes vom Messias wieder aufgerichtet, d. h. die angefochtene Heilsgemeinde befreit und zum Sieg geführt. Denn der Messias steht auf, um »Israel zu erlösen« (Z. 13). E r ist der R e t t e r des Gottesvolkes, den Matthäus im Davididen J e s u s gekommen sieht 3 8 . so richtig in der P h o t o k o p i e .

Allegros U m s c h r i f t hat irrtümlicher-

weise V o t w i 1 ? . 37

Z. 12 n a c h A m 9 11. Gerade im B l i c k auf A m 9 n , wo mit der »Hütte Davids«

das Volk gemeint ist, mag der Ausleger das »Haus Davids« in I I S a m 7 1 1 auf das Volk der Heilsgemeinde bezogen h a b e n .

A m 9 11 ist auch in C D 7, 16 zitiert, dort

j e d o c h a u f die T o r a g e m ü n z t (vgl. Z. 1 5 ) . W i c h t i g ist der Vergleich mit Act 16 16! 3 8 Mt 1 21 . . . kccAecteis tö övopa aÜTOÜ Getto tcöv änapTioov ocütcöv. Der

aÜTOÜ

'It|ctoüv . . . aÜTÖs y ä pctcocteitöv Xaöv

S e k t e gilt der davidische Messias als ein großer

Krieger (vgl. CD 7, 21), M a t t h ä u s hingegen definiert die R e t t u n g als E r l ö s u n g von den

Sünden.

Von Gott gezeugt

11

Der Messias ist somit eng verbunden mit der Gemeinde. Das zeigt auch die Deutung des Judaspruches im Jakobsegen (Gen 49 io) 3 9 . Die Füße, zwischen denen der königliche Herrscherstab liegt, sind die »Tausende Israels« (Z. 3), der »Bund des Königtums«, der im »Messias der Gerechtigkeit « zum Ziele kommt, ist auf das Gottesvolk bezogen (Z. 4), und im fragmentarischen Schluß werden die »Männer der Einung« und die »Versammlung der Männer« erwähnt. Schließlich fehlt auch hier der »Toraforscher« nicht (ib). e) D i e Z e u g u n g des M e s s i a s Von diesem Midrasch der Sekte her muß die schwierige Stelle der Gemeinderegel verstanden werden, nach der G o t t den M e s s i a s z e u g e n wird (1QS a 2, 11). Diese Aussage steht zu Beginn eines Abschnitts mit der Überschrift : »Das ist die Sitzungs (-Ordnung) der angesehenen Männer, die zur Versammlung des Rates der Einung berufen sind« (1QS a 2, 11). Es folgt ein Satz, der offenbar als Zeitbestimmung zu verstehen ist: die Ordnung gilt, »wenn Gott (?) den Messias bei ihnen zeugen wird«40. Z. 14 und 20 verraten, daß es sich dabei um den »Messias von Israel« handelt, also den Davidsproß. Das rechte Verständnis des Textes ist durch manche Lücken erschwert, doch besteht zu phantastischen Rekonstruktionen keinerlei Anlaß41. Auch die Skepsis des Herausgebers scheint uns nicht gerechtfertigt zu sein. Er bemerkt, die Lesung TVV1 sei praktisch sicher, neigt jedoch dazu, dem Vorschlag J . T. M I L I K S zu folgen, der in T ^ T * ein Schreiberversehen für die ursprüngliche Lesung "^Vi"1 sieht : »Gott wird mit ihnen den Messias bringen«42. Aber das Argument eines Schreiberversehens ist ja etwas fatal, vor allem an solch einer bedeutsamen Stelle. Könnte nicht die Lesung DFIS TVi"1 die Meinung der Sekte richtig wiedergeben? Denn nach der eschatologischen Deutung des Nathanorakels hat der Messias nicht nur David, sondern auch Gott zum Vater, andererseits gehört er zum lebendigen Heiligtum der Gemeinde. J a , der Satz : »Gott wird bei ihnen den Messias zeugen« scheint das Ergebnis der nicht mehr erhaltenen Auslegung von Ps 2 i zu sein : Inmitten der Drangsal, die durch den Ansturm der Gottlosen verursacht wird, J B L 7 5 ( 1 9 5 C ) , S . 174f. ist wenig wahrscheinlich, daß W I K zum folgenden Satz zu ziehen ist: »Mit ihnen soll kommen der Priester usw.« (so M. SMITH, God's Begetting the Messiah in l Q S a , NT S 5 [1959], S. 219). Richtig verbinden D . B A R T H É L É M Y , Qumran Cave 1, Oxford 1955, S. 1 1 7 und A . D U P O N T SOMMEK, Les Écrits Esséniens découverts près de la Mer Morte, Paris 1959, S. 123. 11 Eine solche bietet M . S M I T H a. a. O . 39

Veröffentlicht von J.

40

DDK

42

D. BARTHÉLÉMY

RRŒNN I M S

M.ALLEGRO,

1*7X1 T V R

a. a.

O.

DM.

ES

12

O. M i c h e l —O. B e t z

schenkt Gott »den Erwählten Israels am Ende der Tage« 43 den Messias als ihren Retter. Darum gilt es durchzuhalten bis zur Zeit, »da Gott bei ihnen den Messias zeugen wird« (1QS a 2, 11), bis zu dem großen Tag, da Er spricht: »Heute habe Ich dich gezeugt!« (Ps 27). Die präpositionale Bestimmung oriN meint, der Messias werde nicht irgendwo in Israel, sondern »bei ihnen«, d . h . im Schoß der Gemeinde geboren. Israel als völkische und nationale Größe ist nach Ansicht der Sekte keines Retters wert. Gottes Erwählung umgreift nicht mehr wie im AT das ganze Volk, sondern zieht eine Grenze, die mitten durch dieses Volk verläuft. Sie sondert aus ihm das wahre Israel, die Einung der einzelnen Erwählten, das geistliche Israel im Gegensatz zur völkischen Einheit des »Israel nach dem Fleisch«. Die neue Grenze fällt zusammen mit der der beiden Geisterreiche: des Reiches des Lichtes und der Wahrheit und des Reiches der Finsternis und des Irrtums (vgl. 1QS 3, 1 3 - 4 , 26). f) G o t t e s s ö h n e u n d T e u f e l s s ö h n e in d e n

Qumranschriften

Wie versteht nun die Sekte den Satz, Gott werde den Messias zeugen ? Ist er lediglich ein Bild für das »Aufstehenlassen« des Retters oder meint er eine wunderbare Erzeugung des Messiaskindes, wie sie Matthäus und Lukas berichten? Um diese Frage beantworten zu können, ist es notwendig, den Sinn der sonst in den Qumranschriften gemachten Aussagen über die »Sohnschaft« zu prüfen. Die neue, allein maßgebliche Zugehörigkeit zu einem der beiden Geisterreiche wird als »Sohnschaft« beschrieben. Die Erwählten sind »Söhne des göttlichen Wohlgefallens«44, die Verworfenen die »Söhne des Verderbens«45; den »Söhnen des Lichtes«46 stehen die »Söhne der Finsternis«47 gegenüber, den »Söhnen der Wahrheit«48, der »Gerechtigkeit«49 die »Söhne des Irrtums« 50 , der »Schuld«51. Die Sohnschaft bezeichnet den Ursprung und damit die Art der Menschen: »Im Born des Lichtes entspringen die Geschlechter der Wahrheit, im Quell der Finsternis die Geschlechter des Irrtums« (1QS 3, 19). Sie dient als Bild für die enge Beziehung zu einer guten oder bösen Macht, die das ganze Wesen bestimmt. Auch eine metaphysische Person kann als Vater von Menschen bezeichnet werden. So gibt es »Söhne Beliaals« (1QH 4, 10), wie sie der oben besprochene Midrasch zu II Sam 7 erwähnt (Kol. 1,8). Die Teufelssohnschaft äußert sich darin, daß man den Frommen zum Straucheln 13

Midrasch 4 Q zu Ps 2, Kol. 1, 19. 45 " 1QH 4, 32f; 11, 9. CD 13, 14. 46 1QS 1, 9; 3, 13. 24; 1QM 1, 1. 3. 9. 11.13. 47 1QS 1, 10; 1QM 1, 1. 10. 16; 3, 6. 9; 13, 16; 14, 17; 16, 9. 48 1QS 4, 5. 6; 1QM 17, 8; 1QH 6, 29; 7, 29f.; 9, 35; 10, 26; 11, 11. 4 50 51 » 1QS 3, 20; 22; 9, 14. 1QH 5, 8. 1QH 6, 30; 7, 11.

Von Gott gezeugt

13

bringt und dadurch Beliaals Beute werden läßt (ib). Damit treibt man das Werk Beliaals und seiner Dämonen, die sogar die »Söhne der Gerechtigkeit« in Sünde und allerlei Plage stürzen und die »Söhne des Lichtes« straucheln lassen (1QS 3, 21—-24). Die Sohnschaft ist auch in diesen Wendungen bildlich gemeint: Das Teufelskind ist der vom Teufel beherrschte Mensch52. Eine ähnliche Bedeutung wie »Beliaalssöhne« hat die in Hymne 3 gebrauchte Bezeichnung »Kreaturen der Otter« (1QH 3, 17). Die »Otter« ist die »alte Schlange«, der Teufel (vgl. Apc 12 9) 53 . Auch eine »von der Otter Schwangere« wird dort erwähnt (1QH 3, 12). J a , dieses ganze Gebet der Sekte zeigt, daß die Wendungen von der Sohnschaft nicht ganz abgeblaßt sind, sondern die Vorstellung von Zeugen und Gebären in sich schließen. Die »von der Otter Schwangere« ist das Gegenbild zum Beter, der sich einer schwangeren Frau vergleicht, die in großen Wehen das »Volk Seiner Kraft«, die Heilsgemeinde zur Welt bringt 54 . Auch in Prosatexten werden ähnliche Vorgänge geschildert. Nach dem »Mysterienbuch«, das wie die Hymne 3 eschatologische Ereignisse berichtet, wird das »Geheimnis der Zukunft enthüllt«, wenn die »Geschöpfe des Irrtums« (nVlS? vTVia) eingeschlossen werden und das Böse sich verzieht vor der Gerechtigkeit wie sich die Finsternis vor dem Licht verzieht« (Kol. 1, 5). Hier wird an die Katastrophe erinnert, die in 1QH 3, 18 beschrieben ist: »Die Höllentore schließen sich über der vom Irrtum Schwangeren und die ewigen Riegel über allen Geistern der Otter« 55 . Die »Geschöpfe des Irrtums« des Mysterienbuches sind gleichsam die Ausgeburten einer Gestalt wie der »vom Irrtum Schwangeren« in 1QH 3. 6 2 Beliaal berät sich mit dessen Herzen (1QH 6, 21 f.), seine Geister regieren in ihm (CD 12, 2), und so richtet sich dessen Trachten auf »Nichtsnutziges« d. h. Teuflisches (1QH 2, 16f.; 4, 13). Als neutestamentliche Parallele ist vor allem Mt 16 23 zu nennen: Petrus ist ein »Satan«, ein Widersacher und Verführer, in dem Augenblick, da er Jesus von seinem Leidensweg abhalten -will. Das Bild von der Teufelssohnschaft fehlt; doch kann der Satan in den Menschen einziehen, in dessen Herzen Wohnung machen (Lc 22 3 Joh 13 27; vgl. CD 12, 2; 1QS 4, 23). 53

= »Otter« ist in den Hodajoth Wechselsbegriff für

ton*» ; es steht in 1QH 2, 27f. neben KW und meint dort das Nichts (DDK) im Sinne einer bösen verderbenbringenden Macht; die HS7SK TTTl (1QH 3, 18) sind gleichbedeutend mit den VSPVa TlTI (CD 12, 2), den Dämonen. 5 4 Die »von der Otter Schwangere« wird darum wohl den großen Gegenspieler des Lehrers der Gerechtigkeit, den »Lügenmann«, meinen; weiter unten wird sie die »vom Irrtum Schwangere« genannt (1QH 3, 18). 5 5 Vorbild dieser Szene ist sicherlich der Bericht vom Untergang der Rotte Korah. Wie diese vom »Mund der Erde« verschlungen wurde (Num 16 29-34), so werden die Gottlosen der Endzeit nach einem den ganzen Kosmos erschütternden Beben vom Schlund der Hölle erfaßt und darin für immer verschlossen. Die auf den Felsen gegründete Heilsgemeinde entgeht diesem Geschick: das weiß man in Qumran wie im Kreis der Jünger Jesu (1QH 6, 25ff.; Mt 16 18).

14

O. M i c h e l —O. B e t z

Dagegen vermeidet die Sekte die Bezeichnung »Gottessöhne«. Aber die Sache der Gottessohnschaft ist gegeben. Im Prolog des Jubiläenbuches verheißt Gott dem Mose, die Israeliten, die sich in der Endzeit bekehren und Seine Gebote erfüllen, werden »Söhne des lebendigen Gottes«, denn Gott ist »ihr Vater in Wahrheit und Gerechtigkeit« (Jub. 1, 25). Hier scheint es, als sei die Adoptionsformel von II Sam 7 14 kollektiv verstanden: »Ich werde dann ihr Vater und sie werden meine Kinder sein« (Jub. 1, 24) 56 . Der Beter der Hodajoth und Lehrer der Sekte preist Gott als einen Vater für »alle Kinder Seiner Wahrheit«, der sich über sie freut wie eine Säugende über den Säugling und alle Seine Geschöpfe an der Brust birgt (1QH 9, 34—36). Im Rückblick auf sein eigenes Leben bekennt er, Gott »kenne ihn von seinem Vater her und habe ihn von Mutterleibe an geheiligt« (1QH 9, 29f.). Und dieses innige Verhältnis wiederholt sich, denn der Lehrer seinerseits wird den Schülern zum Vater und zu einer Amme, die sie wie den Säugling am Busen hält (1QH 7, 20—22). Mit all diesen Bildern wird eine geistliche Kindschaft beschrieben. Ihr geistlicher Charakter wird in Zusätzen herausgestellt: man redet von den Gottessöhnen als den »Söhnen Seiner Wahrheit«, Gott ist der Vater der Frommen »in Wahrheit und Gerechtigkeit«. Die geistliche Sohnschaft hebt die leibliche nicht auf, denn der einzelne Gerechte hat leibliche Eltern, ist ein Mensch von Fleisch und Blut, »vom Weibe geboren« 57 . Aber angesichts des Eschaton werden die leiblichen Bindungen unwichtig; entscheidend ist die Berufung zur Gotteskindschaft, die in der Zugehörigkeit zur geistlichen Familie der Qumrangemeinde sichtbar zum Ausdruck kommt 58 . Auch die enge Bindung an die rettende Lehre kann in den Bildern von der Kindschaft bezeugt werden. Sie führt oft zu einer paradoxen Weitung des Vergleichs: der Lehrer, ja Gott selbst, kann nicht nur als Vater, sondern auch als Mutter und Amme erscheinen (1QH 7, 20—22; 9, 35f.). Das bislang aus gnostischen Texten bekannte Bild von den Brüsten, die dem Säugling-Schüler die Milch der wahren Lehre spenden (vgl. Od. Sal. 8, 16; 19, 1—3), war schon vorher in der Qumransekte bekannt und geht vielleicht auf die Stelle Num 1 1 1 2 zurück 59 . 56 57

wa 'ikawnomu 'abba wa'ümuntu yikawnuni wglida. n f N Tl*?? 1QH 11, 21; 13, 14; 18, 12f. 16.

Auch die Rabbinen kennen die geistliche Sohnschaft. Nach Xed. 3 2 a I, S. 344) mußten Abrahams leibliche Kinder 210 Jahre lang in Ägypten dienen zur Strafe dafür, daß der Erzvater seine geistlichen Söhne, die Gelehrtenschüler, zwangsweise zu profanen Diensten herangezogen hatte. Die Knechte, »die in seinem Hause geboren waren« (irro Gen 14 14), werden als Abrahams geistliche Söhne und Toraschüler verstanden. 5U Nach ihr vergleicht sich Mose einer Amme und das unmündige Volk Säuglingen, die an die Brust gelegt werden müssen; auch die Motive von der Schwanger58

(BILLERBECK

Von Gott gezeugt

g) D i e Z e u g u n g

KOCTC* TTVEGHOC

15

und die J u n g f r a u e n g e b u r t

M. D I B E L I U S urteilt in seiner Untersuchung: »Jungfrausohn und Krippenkind« 60 , die göttliche Zeugung Jesu habe in frühchristlichen Kreisen zuerst als ein Theologumenon ohne erzählende Einkleidung existiert; die legendäre Ausgestaltung sei — ähnlich wie dies bei den Glaubenssätzen von Höllenfahrt und Auferstehung Jesu geschah — erst später vollzogen worden (S. 37—40). Im Unterschied zu heidnischen Theogoniesagen werde der Vorgang von der Zeugung Jesu nicht geschildert, sondern nur angedeutet, die Erzeugung Jesu KOCTOC Trveupa sei vom hellenistischen Judentum her zu begreifen, das Jungfrauenmotiv erweise sich als heidnischen Ursprungs (S. 45). Unsere Untersuchung der Qumrantexte hat ergeben, daß vor den ersten Christen die Sekte vom Toten Meer das Theologumenon von der göttlichen Zeugung des Messias besaß (1QS a 2, 11) und daß die Stelle Ps 2 7 als dessen Vorbild zu gelten hat. Wie man sich in Qumran den Vorgang der Zeugung gedacht hat, wird nirgends gesagt; nur so viel ist deutlich, daß der Messias aus dem Schoß des wahren Israel der Heilsgemeinde, mitten in der Drangsal der letzten Zeit, geboren wird. Darüber hinaus gestattet die Analogie zur geistlichen Kindschaft der Gläubigen den Schluß, daß es sich bei der Zeugung des Messias um einen Akt des schöpferischen Gottesgeistes handeln muß: wie die Gemeinde durch den Lehrer geboren wird als »Volk Seiner (i. e. der göttlichen) Kraft« (1QH 3, 10), so wird wohl auch der Messias aus Gottes »Kraft« gezeugt werden, d. h. so, wie Lukas das von Jesus sagt 61 . Die Kraft Gottes ist gleichbedeutend mit Gottes heiligem Geist (1QH 7, 6f.; Lc I35). Falls die hier gezogenen Schlüsse richtig sind, ist es nicht notwendig, für die Vorstellung von der Zeugung Jesu KOCTOC TTVEÜ|ioc das hellenistische Judentum zu bemühen: sie war schon — wenn auch nicht so deutlich — in Qumran vorhanden. J a , selbst die Art, wie Lukas die Herabkunft der göttlichen Kraft auf Maria beschreibt, hat die deutlichste Parallele nicht im hellenistischen, sondern im rabbinischen Judentum; das hat D. D A U B E gezeigt 62 . Wie steht es aber mit dem Motiv der J u n g f r a u e n g e b u r t ? schaft und der Geburt klingen in diesemWorte an. Wenn man sich vergegenwärtigt, daß in den apokalyptischen Kreisen die Endzeit als Wiederaufnahme der idealen Wüstenzeit und der Lehrer der letzten Tage nach dem Bilde des Lehrers Mose gezeichnet wird, ist es wohl möglich, daß solch eine Stelle Keimzelle des Gedankens von der geistlichen Familie werden konnte. Heidelberg 1932 ( = Botschaft u. Geschichte, Ges. Aufsätze I, 1953). Gabriel verkündet Maria: irveOucc öyiov emAeuaETOct iirl oi, Kai Süvanis üyiCTTOu ETriCTKiaaei aoi L c 1 35. 6 2 D. DAUBE, Evangelisten und Rabbinen, ZNW 48 (1957), S. 1 1 9 f . Das itncn V. TAYLOR, The Gospel according t o St. Mark (1952), 174. 11 Alles bei T A Y L O R (Anm. 1 0 ) . 12 II Esr 8 2 8 : »ihr seid d e m Herrn heilig und die Geräte sind heilig«! Jer 2 3: Israel als Erstlingsfrucht (wenn nicht anders zu i n t e r p u n k t i e r e n ist!). 13 L e v 21 6 f. v o n den Priestern, N u m 15 40 v o n d e n G o t t e s G e s e t z e n Gehors a m e n , Jes 5 8 1 3 v o n den S a b b a t e n . 14

L e v 5 15 6 2 9 (22) 19 8 20 3 N u m 19 20; vgl. Mal 2 11 I Macc 3 51. L e v 21 23; vgl. a u c h P s 59 (60) 8 88 ( 8 9 ) 3 6 107 (108), 8 u n d sehr o f t bei E z e c h i e l ; TOC &yicc TOÖ 0eoü b e z e i c h n e t I Chr 26 28 die g e w e i h t e n G e g e n s t ä n d e . 16

16 17 18

P s 82 (83) 4 109 (110) 3 ? T o b 8 15 B A ; vgl. 1 1 1 4 : ot S y i o i crou öyyeAoi. D a n 7 18. 22. 25 n e b e n Aaös a y i o s l i y i o r o u 7 27 G. D a n 3 35; vgl. H o s 1112 (12 1): Aaös &yio; 6EO0.

92

E. S c h w e i z e r

Das Fehlen des Artikels dürfte nicht gewichtig sein; denn solange nicht betont werden soll, daß er der einzige ist, der diesen Titel mit Recht trägt, muß das Subjektsprädikat ja indeterminiert bleiben19. Im hebräischen Text steht dafür TtJ und A übersetzt mit Na£ipocïos20.

Daß die Simsongeschichte noch lebendig war und daß sein Nasiräat als Vorbild des endzeitlichen Propheten angesehen wurde, beweist, wie schon längst erkannt wurde, Le 1 5 ff. 21 . Dasselbe zeigt Pseudo-Philo, Ant. Bibl. 42, 3, wo die Geburt Simsons als des »sanctificatus Domino Deo« angekündigt wird 22 . Schon A. LOISY23 hat zur Erklärung von Mt 2 23, nicht aber von Mc 1 24, auf J c c 13 5 L X X hingewiesen, jedoch nur auf den Text von A, während der B-Text den einzigen Beleg für Wiedergabe eines hebräischen TTJ durch ôyioç darstellt 24 . Wir können die F o l g e r u n g e n ziehen. Das Zusammenstehen der Bezeichnungen Jesu als »Nazarener« und als »der Heilige Gottes« in Mc 1 24 ist nicht zufällig, wenn man erkennt, daß NaÇipocîoç und äyiosöeoüin Ri 137 I617 nur Ubersetzungsvarianten sind24a. Na£apr|v6ç ist die einzige von Markus verwendete Form 25 . Es kann also in seiner Tradition dem durchaus auch ein NocÇcopccïoç oder der aramäische Ausdruck ('''ixi?), der von anderen mit NaÇcopocïos wiedergegeben wurde, entsprochen haben. Heißt dies, daß die Bezeichnung also doch nicht von Nazaret abzuleiten ist, sondern auf eine Anschauung zurückgeht, die in Jesus einen Nasiräer nach dem Vorbild Simsons sah ? Dieser Schluß ist nicht absolut notwendig. Abgesehen von den Argumenten MOORES und SCHAEDERS, die die Möglichkeit der Ableitung von Nazaret erwiesen und die Gegenargumente bis zu einem gewissen Grade entkräftet haben, besitzt auch der Einwand M. GoGUELS26 immer noch seine Gültigkeit, daß es, soviel wir erkennen, zur Zeit Jesu keine Nasiräer mehr gab, daß hingegen der Täufer wie 1 9 Außerdem zeigen Dan 7 18. 22. 25, wie sämtliche Kombinationen mit und ohne Artikel durcheinander gehen. 2 0 Dasselbe gilt für 13 7; vgl. 13 5. 21

P.WINTER

hat

zuletzt

in

Novum

Test.

1

(1956),

184-199

darauf

hin-

gewiesen. Sein besonderes Verdienst besteht darin, daß er auf Pseudo-Philos Ant. Bibl. hinwies, die zeigen, wie der Stoff noch lebendig war und weiter geformt wurde. Vgl. aber auch Sir 46 13, wo Samuel als »Nasiräer Jahwes« erscheint {die L X X hat nur noch irpoq>r|Tr|S Kupiou). 2 3 In Les évangiles synoptiques I (1907), 376 (und 449). Dasselbe gilt von H . H . SCHAEDER, T h W b IV 883, 37ff. 2 4 Sonst von Personen: SOÇCTOQEÎÇ, f|yictauévoç, T|ûynsvos oder NaÇa(EI)paîoç bzw. bei Symm. NaÇripaïoç. 211 Ein Parallelbeispiel bei J . JEREMIAS, ZNW 50 (1959), 271. 2 6 Trotz den handschriftlichen Varianten wird dies auch für 10 47 gelten. 2 6 Das Leben Jesu (1934), 108 und Anm. 346. 22

„ E r wird Nazoräer heißen" (zu Mc 1 24 Mt 2 23)

93

Jakobus im Lichte der a l t t e s t a m e n t l i c h e n Nasiräer betrachtet wurden. Das heißt also, daß Jesus kaum aus einer Nasiräersekte kam, wohl aber im Lichte der alttestamentlichen Nasiräeraussagen, vermutlich besonders der Simsonstellen, betrachtet wurde. Das ließe sogar vermuten, daß es schon vor Markus eine Geburtsgeschichte gab, die derjenigen von Simson noch näher stand; doch bleibt dies natürlich völlig Konjektur. Für die Entstehung des Titels »Nazoräer«, die uns hier beschäftigt, sind also beide Möglichkeiten denkbar: a) solche Betrachtung Jesu nach dem Vorbild alttestamentlicher Nasiräer (analog Sir 46 13 für Samuel), führte dazu, ihn als »Nasiräer = Heiligen Gottes« zu bezeichnen, wobei die Verbindung zu Nazaret erst ein späteres Stadium der Entwicklung ausmachte; b) der Anklang der Herkunftsbezeichnung »Nazarener« an »Nasiräer« führte sekundär dazu, Jesus im Lichte von Jdc 16 n als »Heiligen Gottes« zu verstehen. Wenn unsere Hypothese richtig ist, dann ist nun klar: a) daß die Verbindung von Jesus und Nasiräertum nicht erst bei Mt 2 23, sondern schon vor Markus vollzogen worden ist, b) daß die Identifikation von »Nasiräer« und »Nazoräer« bzw. »Nazarener« wahrscheinlich erst auf griechischem Sprachboden erfolgt ist 27 . Das heißt also: Entweder ist Jesus a) früh schon als der Nasiräer und der Heilige Gottes bezeichnet worden, und die griechische Wiedergabe hat die Verbindung mit Nazaret und die spezielle Bildung des Adjektives Noc^copocios hervorgerufen, oder er ist b) früh der Nazarener genannt worden, und die griechisch sprechende Gemeinde hat darin den Anklang an Jdc 16 17 entdeckt. Das müßte eine judenchristliche Diasporagemeinde gewesen sein, die die L X X benutzte und unter dem Noc£ipccios noch den »Heiligen Gottes« verstand. Aber hätte eine solche Gemeinde sich noch mit dem analogielosen, die Würde Jesu keineswegs eindeutig bezeichnenden Titel »der Heilige Gottes« begnügt? Geht dieser nicht wie die altertümliche Vorstellung von den Dämonen, die ihn unter dem Zwang des Wirkens Jesu ausrufen, eher in ein primitives Stadium der Bekenntnisbildung zurück, in dem die Gemeinde noch nach den adäquaten Titeln tastete ? Da bei der Möglichkeit b) außerdem noch die Schwierigkeit in Kauf genommen werden muß, daß 2 durch £ wiedergegeben wurde und daß einT (6) verschwand28, ist die Möglichkeit a) doch wahrscheinlicher. 27

Hebräisches TTl (aramäisches

ist schwerlich mit

(aramäisch

'"IS) ?) verbunden worden, wohl aber Na^ipaTo; mit Na^copaios. Beides ist freilich möglich, wie die Belege bei S C H A E D E R (Anm. 5) zeigen. Aber es muß dann doppelte Ausnahmebildung angenommen werden. Daß Nazaret 1T1S3 hieß, ist trotz später direkter Bezeugung nicht zu bezweifeln ( M E D E B I E L L E 28

[Anm. 2] 306ff.).

Quis et U n d c ? An Analysis of Mt 1—2 by K r i s t e r

Stendahl

(Harvard Divinity School, Cambridge, Mass., USA.)

The tendency to harmonize the material in the different gospels is deeply rooted in the Christian tradition and manifests itself especially in the treatment of what we are used to call the Infancy or Nativity Narratives in Mt 1—2 and Lk 1—2. In spite of comments and observations to the contrary, the study of Mt 1—2 labours under the conscious or unconscious presupposition that Mt here is doing — in his own manner, to be sure — what Lk is doing in his two first chapters, i. e. giving an account of the birth of Jesus 1 . This presupposition is constantly reinforced by the quaestio facti. Only within this presupposed framework of " B i r t h Narratives", the differences between Mt and Lk — or, as it mostly happens, between Lk and Mt 2 — are 1 I f this be what L k actually is aiming at. In any case, he diifers substantially from Mt in the epic breadth; this is in accordance with his introductory remarks (11-4) and manifests itself already in chs. 1 — 2. The descriptive element goes together with the explicit stress on the place of the event in Jewish history (1 5) and World history (21, cf. 31-2). See further M. DIBELIUS, Jungfrauensohn und Krippenkind, S H A Phil.-hist. Kl. 22: 4, 1932 ( = M. DIBELIUS, Botschaft und Geschichte I, 1953, 1 — 78). The tendency to describe what originally was believed is one of the creative forces in the development of Nativity Gospels, see O. CULLMANN, Kindheitsevangelien, in E . HENNECKE, Neutestamentliche Apokryphen (1959 3 ), 272 — 4. I t is significant t h a t L k — not Mt — shows the first signs of "filling in the g a p s " in the historical continuum (Lk 2 40, the visit to Jerusalem at the age of twelve; and 2 52). It is also only in L k t h a t the Virgin birth serves as an explicit reason for Jesus being Son of God: 5I6 . . . ( I 3 5 ) , see H. CONZELMANN, Die Mitte der Zeit (Beitr. z. hist. Theol. 17, 1954 1 ), 148f. — DIBELIUS summarizes the aim of the Lucan account: »Die beiden Legenden vom Jungfrauensohn und vom Krippenkind verdeutlichen so die beiden Tendenzen christlicher Predigt: das Wunder der Erlösung zu beschreiben bald als übermenschliche Erscheinung, die das Gesetz menschlicher Lebensvorgänge außer Kraft setzt, bald als Gabe Gottes in den engen R a u m irdischen Daseins«, op. cit., 80 (78). — For a more recent analysis of L k 2 1-20 as a totality, see K . H. RENGSTORF, " D i e Weihnachtserzählung des Evangelisten L u k a s " , in S t a t crux dum volvitur Orbis, (Festschr. H. Lilje, 1959), 5 — 30; cf. also R. Mc L.WILSON, " S o m e Recent Studies in the Lucan Infancy Narratives", in T U 73 (1959), 235 — 53, especially its reference to R . LAURENTIN, " T r a c e s d'allusions etymologiques en Luc 1 - 2 " , Biblica 37 (1956), 4 3 5 - 6 6 ; 38 (1957), 1 - 2 3 ; also Structure et Theologie de

Luc 1 - 2

(Paris 1957).

Quis et unde ?

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properly discussed. These differences are well known and need only be pointed out in their main features: 1. Mt. The genealogy comes first, runs from Abraham to Jesus called Christ; it is revised — leaving out e. g. three of the kings mentioned in the OT (Ahaziah, Joash and Amaziah), and with obviously too few generations in its third part — according to a pattern (3 Xl4), and follows the ruling Davidic line. Its most distinctive feature is the mentioning ofj the four women: Tamar, Rahab, Ruth and Bath-Sheba (r) TOU Oupiou). Lk. The genealogy has no relation to the Birth Narrative; it is connected with the uios u o u of the Bath Qol at the baptism of Jesus (3 22). The genealogy runs in the opposite direction, from MTICTOOS . . . GOV uios, ¿>S E V O H ^ E T O , 'lcooT|