Studien zur vor- und frühgeschichtlichen Archäologie: Festschrift f. Joachim Werner z. 65. Geburtstag [1] 3406003443, 9783406003448

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German Pages 657 [760] Year 1974

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Studien zur vor- und frühgeschichtlichen Archäologie: Festschrift f. Joachim Werner z. 65. Geburtstag [1]
 3406003443, 9783406003448

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MÜNCHNER BEITRÄGE ZUR VOR- UND FRÜHGESCHICHTE ERGÄNZUNGSBAND l/l Herausgegeben von Georg Kossack und Günter Ulbert

STUDIEN ZUR VOR- UND FRÜHGESCHICHTLICHEN ARCHÄOLOGIE FESTSCHRIFT FÜR JOACHIM WERNER ZUM 65. GEBURTSTAG

Herausgegeben von Georg Kossack und Günter Ulbert TEILI ALLGEMEINES, VORGESCHICHTE RÖMERZEIT

VERLAG C. H.BECK MÜNCHEN

Redaktion: Volker Bierbrauer, München; Georg Kossack, Kiel; Amei Lang, Kiel; Günter Ulbert, München

ISBN 3 406 00344 3 (Zwei Teilbände) © C. H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung (Oscar Beck) München 1974 Gesamtherstellung: Passavia Druckerei AG Passau Printed in Germany

INHALT TEIL I

Zum Geleit

IX

Schriftenverzeichnis Joachim Werner Verzeichnis der Münchner Dissertationen und Habilitationsschriften zur Vor- und Frühgeschichte und Provinzialrömischen Archäologie

XIII

XXII

ALLGEMEINES UND VORGESCHICHTE

GEORG KOSSACK, KIEL Prunkgräber. Bemerkungen zu Eigenschaften und Aussagewert

3

HERMANFRID SCHUBART, MADRID Zur Gliederung der El Argar-Kultur

35

HERMANN MÜLLER-KARPE, FRANKFURT Ein frühetruskisches Stiergefäß

49

WALTER TORBRÜGGE, REGENSBURG Hallstattzeitlidbe Terrakotten von Fischbach-Schirndorf in der Oberpfalz

57

HANS PETER UENZE, MÜNCHEN Hügelgräber der Hallstatt- und Latenezeit bei Höresham

73

LUDWIG PAULI, MÜNCHEN Der Goldene Steig

115

MANFRED MENKE, MÜNCHEN „Rätische" Siedlungen und Bestattungsplätze der frührömischen Kaiserzeit im Voralpenland

141

VI

Inhalt

RÖMERZEIT

JOCHEN GARBSCH, MÜNCHEN Ein Flügelfibelfragment vom Lorenzberg bei Epfach. Bemerkungen zu Fibeln der Frauentracht von Raetien und Juvavum 163 MARTIN HELL, SALZBURG Ein Depotfund mit römischem Bronzegeschirr aus Zell am See in Salzburg

185

HANS-JÖRG KELLNER, MÜNCHEN Drei Grazien aus Bayern

191

GÜNTER ULBERT, MÜNCHEN Straubing und Nydam. Zu römischen Langschwertern der späten Limeszeit

197

BERNHARD OVERBECK, MÜNCHEN Numismatische Zeugnisse zu den spätrömischen Gardehelmen

217

ROBERT KOCH, HEILBRONN Spätkaiserzeitliche Fibeln aus Südwestdeutschland

227

ERWIN KELLER, MÜNCHEN Zur Chronologie der jüngerkaiserzeitlichen Grabfunde aus Südwestdeutschland und Nordbayern 247

Tafeln 1-24 Beilage l

TEIL II

FRÜHMITTELALTER

HORST W. BÖHME, MAINZ Zum Beginn des germanischen Tierstils auf dem Kontinent

295

HAYO VIERCK, MÜNSTER Werke des Eligius

309

Inhalt

Vll

GUDULA ZEtLER, HOFHEIM

Zum Wandel der Frauentracht vom 6. zum 7. Jahrhundert in Austrasien

381

IRMINGARD OTTINGER, AUGSBURG Waffenbeigabe in Knabengräbern

387

SlEGMAR VON SCHNURBEIN, MÜNSTER

Zum Ango

411

WILFRIED MENGHIN, NÜRNBERG Schwertortbänder der frühen Merowingerzeit

435

RENATE PJRLING, KREFELD Ein Spangenhelm des Typs Baldenheim aus Leptis magna in Lybien

471

SYNA UENZE, MÜNCHEN Gegossene Fibeln mit Scheinumwicklung des Bügels in den östlichen Balkanprovinzen .

.

. 483

URSULA KOCH, HEILBRONN Mediterrane und fränkische Glasperlen des 6. und 7. Jahrhunderts aus Finnland

495

ULRIKE GIESLER, MÜNCHEN Datierung und Herleitung der vogelförmigen Riemenzungen. Ein Beitrag zur Archäologie der frühen Karolingerzeit

521

OTTO VON HESSEN, FLORENZ Byzantinische Schnallen aus Sardinien im Museo Archeologico zu Turin

545

VOLKER BIERBRAUER, MÜNCHEN Alamannische Funde der Frühen Ostgotenzeit aus Oberitalien

559

FRAUKE STEIN, SAARBRÜCKEN Franken und Romanen in Lothringen

579

GERHARD FINGERLIN, FREIBURG Ein alamannisches Reitergrab aus Hüfingen

591

HERMANN DANNHEIMER, MÜNCHEN Aus der Siedlungsarchäologie des frühen Mittelalters in Bayern

Tafeln 25-48 Beilagen 2-11 und A, B

629

Gedruckt mit Hilfe der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften in Ingelheim am Rhein

ZUM GELEIT

Die ,Festschrift' ist eine so deutsche Literaturgattung, daß der Begriff draußen im Fremdwort erscheint: Articles of Antiquity in Festschriften, an Index compiled by Dorothy Rounds; Harvard University Press, Cambridge/Massachusetts 1962. Hier ist auf XX, 560 Seiten eine weltweite Ernte altertumskundlicher Festschriftartikel der Zeit von 1863 bis 1960 in die bibliographische Scheune gebracht. Von den 736 Festschriften eignen ,uns' 353, Frankreich und den USA je 61, der Schweiz 28 und Südafrika nur 3. In jenem knappen Jahrhundert haben wir 261 Personen und 92 Institute oder Gesellschaften festschriftlich geehrt. Die persönlichen Ehrungen geschahen durch 206 Sonderbände und durch 55 "Widmungsbände laufender Serien wie im vorliegenden Falle. In der HarvardBibliographie erörtert der Appendix 'Dealing with Festschriften' noch mancherlei über Wesen und Motive dieser Büchersorte. Doch genug: Joachim Werner hat selbst bereits 3 Festschriften herausgegeben und bisher wohl 29 Festschriftenbeiträge geliefert. Die Werner-Festschrift ist also einem besonderen Kenner der Literaturgattung gewidmet. 29 Doktoranden und Habilitanden des Instituts für Vor- und Frühgeschichte an der LudwigMaximilians-Universität haben sich hier zusammengetan, um mit Beispielen ihres eigenen Schaffens dem Ordinarius Joachim Werner gebührenden Dank und Respekt zu bekunden: zum 65jährigen Geburtstag des unermüdlichen Lehrers, Mentors und Förderers des Fachnachwuchses, des vielseitigen und vorbildlichen Gelehrten und Forschers, des einsatzbereiten Vertreters und Mitarbeiters in zahlreichen Fachgremien. Von den Beiträgen zur Werner-Festschrift kann man schwerlich behaupten, sie zeigten ,das unverwechselbare Gepräge' der Münchner Schule. Dagegen merkt man wohl viel von umfassender Anregung, gründlicher Ausbildung und persönlicher Freiheit zur Eigenentwicklung für den Dienst an Hochschulen, Denkmalämtern und Museen. Eigentlich könnte hier abgedruckt werden, was Joachim Werner 1965 in seiner Ansprache zum 30jährigen Münchner Lehrstuhl- und Institutsjubiläum und im Andenken an seinen Vorgänger Hans Zeiß über das Fach und den Studienbetrieb dargetan hat. Hierzu wirkt die Festschrift wie eine Bilanz, doch nicht als ,nostalgischer' Rückblick: sie bietet zukunftsweisende Proben gegenwärtiger Leistung. Hoffentlich verübelt es Joachim "Werner nicht, daß hier ein knapper biographischer Abriß folgt. Er repräsentiert nun einmal mit einigen wenigen Generationsgenossen ein besonders schwungvolles, freilich auch konfliktreiches Kapitel der Fachgeschichte, wo noch um weitere Ausbildungsmöglichkeiten, um die Fundierung sonstiger fachlicher Einrichtungen und oft genug ,in jenen Jahren' zugleich um die Wahrung der wissenschaftlichen und menschlichen Integrität gerungen werden mußte. Am Ausbau des Faches zum heutigen Stand in Lehre, Forschung und Organisation hat er aufgrund eigener vielfältiger Erfahrung wesentlichen Anteil. Joachim "Werner wurde am 23. XII. 1909 in Berlin geboren. Schon der Schüler interessierte sich für Bodenaltertümer (Bibl. Nr. 1). Nach der Reifeprüfung am Staatlichen Französischen Gymnasium begann er 1928, Vorgeschichte, Klassische Archäologie, Mittlere und Alte Geschichte zu studieren: SS 1928, WS 1929/30 und SS 1930 in Berlin bei Ebert, Rodenwaldt, Holtzmann, Zahn, Unverzagt und Stein; WS 1928/29 und SS 1929 in Wien bei Menghin, Franz, Egger und Reisch; WS 1930/31 bis WS 1932/33 in Marburg bei v. Merhart, Jacobsthal, v. Premerstein und Stengel. Er

X

Zum Geleit

promovierte am 7. XII. 1932 in Marburg bei v. Merhart mit der von Zeiß (Frankfurt) angeregten und begutachteten Dissertation über ,Münzdatierte austrasische Grabfunde' (Bibl. Nr. 16). Nach kurzer Beschäftigung bei Grabungen in Oberbaden nahm Joachim Werner 1933/34 an der deutschen Warka-Expedition in Mesopotamien teil und reiste anschließend als Stipendiat des Deutschen Archäologischen Instituts im Iraq, in Syrien, Palästina, Griechenland, der Türkei, Bulgarien, Rumänien, Jugoslawien, Ungarn, Österreich und Italien. Dann übertrug ihm 1935 die RömischGermanische Kommission Assistenzgeschäfte, und 1938 wurde er bei ihr beamteter Assistent. Er war 1935 bei der deutschen Grabung in Hermopolis, zur Bearbeitung der Sammlung Diergardt in Köln und auf einer Studienreise in Jugoslawien, 1936 bei der deutsch-bulgarischen Grabung von Sadowetz, 1938 studienhalber in Dänemark. Ende Februar 1938 habilitierte sich Joachim Werner an der Universität Frankfurt mit der Schrift über jZierscheiben des Thorsberger Moorfundes', wobei Sprockhoff (Frankfurt) und Zeiß (München) als Referenten fungierten. Er erhielt einen Lehrauftrag, wurde am 19. VII. zum Dozent ernannt und als solcher der Universität Frankfurt zugewiesen. Am 26. VIII. 1939 wurde er zum Heeresdienst einberufen. Als ihm am 1. I. 1942 der Lehrstuhl für Vor- und Frühgeschichte an der ,Reichsuniversität' Straßburg übertragen worden war, schied er aus dem Dienst der RömischGermanischen Kommission. Vom Katastrophenjahr 1945 muß wohl nicht eigens die Rede sein. Die schwere Übergangszeit nutzte er in der Schweiz für die Bearbeitung des alamannischen Gräberfeldes von Bülach (Bibl. Nr. 91): ,Helvetiae hospitali - Fortunae reduci'. 1946 kam Joachim Werner zur Vertretung des Zeiß'schen Lehrstuhls nach München und wurde 1948 Vorstand des Instituts für Vor- und Frühgeschichte, als auf die Heimkehr von Hans Zeiß nicht mehr zu hoffen war. Als Helfer beim Wiederaufbau bewährten sich der damalige Assistent Milojcic und der Kanzleiangestellte Kossack. Die früheren Institutsräume in der ,Alten Akademie' waren zerbombt. Bis in den Herbst 1950 war man mit dem Institut in einer Baubaracke an der Veterinärstraße und im ,Haus des Rechts' an der Ludwigstraße zu Gast. Dann wurde das Institut an der Arcis-, bzw. Meiserstraße in räumlicher und sonstiger Hinsicht allmählich auf den heutigen Stand gebracht. Die einst von Hans Zeiß aufgebaute, in der Auslagerung erhalten gebliebene Bibliothek wurde zum Grundstock einer der bedeutendsten deutschen Fachbüchereien. Hier wird im Einklang mit einer der natürlichen Aufgaben des Münchner Instituts namentlich auch der Schriftenaustausch mit den Ostländern gepflegt. Zwischen 1952/53 und 1973/74 gab es in München 2 Ehrenpromotionen und 29 Doktorprüfungen mit erfreulich unterschiedlichen Dissertationsthemen. Zwischen 1947 und 1971 fanden 6 Habilitationen statt. So sind nun zahlreiche Fachstellen mit einstigen Angehörigen des Werner'schen Instituts besetzt. Die planmäßige Ergänzung von Vorlesungen und Seminarübungen durch Exkursionen, Lehr- und Forschungsgrabungen hat sich als wirksames Mittel gegen bloß theoretisierenden Fachbetrieb erwiesen und machte die Teilnehmer auch mit den äußeren Erfordernissen solcher Vorhaben vertraut. Und wenn nicht alles trügt, prägte sich den Beteiligten sogar die Verpflichtung ein, ihre Grabungsergebnisse in angemessener Frist zu publizieren. Mit den ,Münchner Beiträgen zur Vor- und Frühgeschichte' wurde 1951 eine Schriftenreihe eröffnet, die mit vielen ihrer teils sehr stattlichen Bände die bayerische Vor- und Frühgeschichte sehr erheblich bereichert hat, doch auch Fundgruppen und Denkmälerkomplexe eines weiteren Raumes einbezieht. Seit 1957 bietet die ,Kommission zur archäologischen Erforschung des spätrömischen Raetien' bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften für die Verfolgung dringender, ebenfalls über die Landesgrenzen hinausführender Spezialprobleme den nötigen Rückhalt. Sie hat zugleich an den ,Münchner Beiträgen' nicht geringen Anteil. Den Bemühungen Joachim Werners ist

Zum Geleit

XI

auch zu verdanken, daß sein Institut über eine eigene Abteilung für Provinzialrömische Archäologie verfügt und daß 1967 ein Institut für Vorderasiatische Archäologie entstand, das nun freundnachbarlich den Prähistorikern die wünschenswerten Aus- und Einblicke auch in dieser Richtung ermöglicht. Darüber hinaus kommt es den Institutsangehörigen zugute, daß ihr Ordinarius nicht nur auf Vertrags- und Studienreisen oder auf Fachtagungen regen Kontakt mit den ausländischen Kollegen unterhält und seinen Schülern und Mitarbeitern auch hierdurch fruchtbare Anregungen und weiträumige Beziehungen vermittelt. Seit 1953 ist Joachim Werner Mitglied der Bayerischen Akademie der "Wissenschaften und hier seit längerem mit verantwortungsvollen Pflichten befaßt. Vom 1. IX. 1956 bis zum 31. VIII. 1957 fungierte er als Dekan der Philosophischen Fakultät. Im Frühjahr 1965 war er als Gastprofessor an der University of California in Berkeley. In- und ausländische Erweise hoher Anerkennung seines vielseitigen Wirkens wurden ihm schon mehrfach zuteil. Ist nun dieser Band der ,Münchner Beiträge' eine echte ,Festschrift'? Ja, wenn ihre Einzelabschnitte insgesamt betrachtet auch von der Persönlichkeit etwas merken lassen, die einst so zielstrebig das Studium absolvierte und nicht minder zielstrebig den Berufsweg beschritt, um sich dann im Münchner Institut für Vor- und Frühgeschichte als Lehrer und Forscher, literarisch und organisatorisch voll zu entfalten. Joachim Werner ist keineswegs ein einseitiger Spezialist ohne allgemeinere Interessen. Doch im Fachbereich hat er es sich nie bequem gemacht, und mit seinen kritischen Meinungen ist er sich selbst und anderen wohl auch nicht immer bequem. Lebenslauf und Leistung ergeben aber ein erstaunlich harmonisches Gesamtbild. Joachim Werners Schaffenslust läßt noch viel von ihm erhoffen. Glückauf! Otto Kunkel

SCHRIFTENVERZEICHNIS

JOACHIM W E R N E R

Die Titel sind nach Erscheinungsjahren - jeweils in der Folge Einzelschriften, Aufsätze, lexikalische Beiträge, Besprechungen, Nachrufe - geordnet. Zugrunde liegt das Schriftenverzeichnis, das anläßlich des 60. Geburtstages von J. Werner in gedruckter Form erschienen ist (Neumünster 1969).

1927 1. Ein Steinzeitfund bei Colpin, Kr. BeeskowStorkow. Kreiskalender Beeskow-Storkow 1927, 4 S., 5 Abb.

1929 2. Tierdarstellungen des 10. Jahrhunderts aus slawischem Gebiet. Sudeta 5,1929,156-164,4 Abb.

1930 3. Spätrömische Gürtelgarnituren in KeilschnittTechnik aus Niederösterreich, österr. Jahreshefte 26,1930,53-63, 9 Abb. 4. Ein germanischer Schnallenbeschlag im KaiserFriedrich-Museum. Amtl. Ber. aus den Preußischen Kunstsammlungen 51,1930,59-61,6 Abb.

1931 5. Die germanische Siedlung auf dem Wederberg in Cablow, Kr. Beeskow-Storkow. Kreiskalender Beeskow-Storkow 1931,3-12, 6 Abb., l Plan.

1932 6. Bogenfragmente aus Carnuntum und von der unteren Wolga. Eurasia Septentrionalis Antiqua 7, 1932,33-58,10 Abb.

1933 7. Fund bosporanischer Münzen in der Dzungarei. Eurasia Septentrionalis Antiqua 8, 1933, 249250. 8. Ausgrabungen bei Grunow (Niederlausitz). Lübbener Kreiskalender 1933,51-56, 6 Abb. 9. Silbermünzen Theoderichs d. Gr. von Mengen (Oberbaden). Blätter f. Münzfreunde 68,1933, 674 bis 679. 723-725, Taf. 399. - Wiederabdruck in: Bad. Fundber. 3,1933-1936, 89-96,6 Abb. 10. zusamm. mit W. Jörns: Die Grabungen in dem alamannischen Gräberfeld von Mengen (Oberbaden). Nachrichtenbl. f. deutsche Vorzeit 9, 1933, 198-200.

11. Archäologische Zeugnisse für merowingischen Handel in Ostpreußen. Germania 17, 1933, 277283, Taf. 26, 2 Abb.

1934 12. Eine burgundische Siedlung bei Schneeberg, Kr. Beeskow-Storkow. Mannus 26, 1934, 340-344, 4 Abb. 13. Zur Stellung der Ordosbronzen. Eurasia Septentrionalis Antiqua 9, 1934 (E. H. Minns z. 60. Geburtstag) 259-269, 8 Abb. 14. A. Alföldi, Funde aus der Hunnenzeit und ihre ethnische Sonderung. Arch. Hung. 9 (1932). Germania 18,1934, 236-238. 15. M. Rostovtzeff, Caravan Cities (1932). Germania 18, 1934, 302. 1935 16. Münzdatierte austrasische Grabfunde. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit 3. Berlin 1935.157 S., 43 Taf., 2 Abb. 17. Bronzestatuette eines Germanen im Museum Bukarest. Germania 19, 1935,147-148, l Abb. 18. Zu den Schatzfunden von Wiggensbach und Rembrechts. Germania 19, 1935, 159-160, l Abb. 19. Hunnen, Awaren und eurasiatischer Tierstil. Ostasiatische Zeitschr. 10, 1935, 227. 20. Germanische Schmuckbrakteaten der Völkerwanderungszeit aus Südwestdeutschland. Blätter f. Münzfreunde 70,1935,189-195,15 Abb. 21. Die Runenfibel von Bad Ems, Hessen-Nassau. Germania 19, 1935, 329-330, l Abb. 22. J. Martinez Santa-Ollala, Necropolis visigoda de Herrera de Pisuerga (1933). Seminarium Kondakovianum 7,1935, 271-275. 23. E. Beninger und H. Freising, Die germanischen Bodenfunde in Mähren (1933). Germania 19, 1935, 269-271. 1936 24. Kampanisches Bronzegeschirr von Costesti. Anuarul Institutului de Studii Clasice 2, 1933/35 (1936) 164-168, Taf. 8-9, 4 Abb.

XIV

Schriftenverzeichnis Joachim Werner

25. Zur Herkunft und Zeitstellung der Hemmoorer Eimer und der Eimer mit gewellten Kanneluren. Bonner Jahrb. 140/41, 1936, 395-410, Taf. 8-9, 2 Abb. 26. Zwei römische Bronzeeimer von Neuburg a. d. Donau. Germania 20,1936, 258-261, Taf. 5556, l Abb. 27. Rädchensigillata von Schlufter bei Gotha, Thüringen. Germania 20,1936, 203, l Abb. 28. Zwei byzantinische Pektoralkreuze aus Ägypten. Seminarium Kondakovianum 8, 1936, 183-186, Taf. 5. 29. Die byzantinische Scheibenfibel von Capua und ihre germanischen Verwandten. Acta Archaeologica 7, 1936, 57-67, 13 Abb. 30. B. Nerman, Die Völkerwanderungszeit Gotlands (1935). Die Jomsburg l, 1936, 244-246. 31. A. Moortgat, Die bildende Kunst des alten Orient und die Bergvölker (1932). Eurasia Septentrionalis Antiqua 10, 1936, 262-264.

1937 32. Eine merowingische Bügelfibel von Seeberg bei Gotha, Thüringen. Germania 21, 1937, 43-44, l Abb. 33. Merowingische Handelsbeziehungen nach Ostpreußen. Germania 21, 1937,190. 34. Beiträge in: Bericht über die Ausgrabungen der deutschen Hermopolis Expedition 1935. Mitt. d. deutschen Inst. f. ägyptische Altertumskunde in Kairo 7, 1937, 27-30 und 51-53, 3 Abb. 35. S. Pfeilstücker, Spätantikes und germanisches Fundgut in der frühangelsächsischen Kunst (1936). Beiblatt z. Anglia 48,1937, 289-290. 1938 36. Die römischen Bronzegeschirrdepots des 3. Jahrhunderts und die mitteldeutsche Skelettgräbergruppe. Marburger Studien, Gero Merhart von Bernegg gewidmet (Darmstadt 1938) 259-267, Taf. 107-122. 37. Ein frühalamannischer Grabfund von Bökkingen (Württemberg). Germania 22, 1938, 114117, l Abb. 38. Ein germanischer Halsring aus Gellep. Festschrift f. Aug. Oxe (Darmstadt 1938) 260-265. 4 Abb. 39. Italisches und koptisches Bronzegeschirr des 6. und 7. Jh. nordwärts der Alpen. Mnemosynon Th. Wiegand (München 1938) 74-86, Taf. 2629. 40. O. Paret, Die frühschwäbischen Gräberfelder von Groß-Stuttgart und ihre Zeit (1937). Germania 22,1938, 136-137. 1939 41. Die Bedeutung des Städtewesens für die Kulturentwicklung des frühen Keltentums. Die "Welt als Geschichte 5, 1939, 380-390,11 Abb.

42. Ein Bronzeeimer mit gewellten Kanneluren von Eining. Germania 23,1939,192-194, l Abb. 43. Ein hunnisches Lager der Han-Zeit in Transbaikalien. Sinica 14,1939,193-196, 4 Abb. 44. Fränkischer Schmuck aus rheinischen Reihengräberfeldern. Rheinische Vorzeit in Wort und Bild 2,1939, 64-69, 6 Abb. 45. F. Kuchenbuch, Die altmärkisch-osthannöverschen Schalenurnenfelder der spätrömischen Zeit (1938). Germania 23, 1939, 65-67. 46. A. Radnoti, Die römischen Bronzegefäße aus Pannomen (1938). Germania 23,1939,197-199. 47. G. Körner, Die südelbischen Langobarden zur Völkerwanderungszeit (1938). Germania 23, 1939, 67-68. 48. H. Rupp, Die Herkunft der Zelleneinlage und die Almandinscheibenfibeln im Rheinland (1937). Göttingische Gelehrte Anzeigen 201, 1939, 242-245.

1940 49. Die Zierscheiben des Thorsberger Moorfundes. In: O. Plassmann [Hrg.], Kleine Kostbarkeiten aus Kunst und Geschichte (Berlin 1940) 52-61, 2 Abb. 1941 50. Die beiden Zierscheiben des Thorsberger Moorfundes. Ein Beitrag zur frühgermanischen Kunst- und Religionsgeschichte. Röm.-German. Forschungen 16. Berlin 1941. 77 S., 30 Taf., 16 Abb. 51. Ornamentacion de cuerdas trenzadas en la joyeria visigoda del tiempo de las invasiones. Corona de Estudios que la Sociedad espanola de antropol., etnogr. y prehist. dedica a sus Martires l (Madrid 1941) 347-353, Taf. 49-54. 52. Studien zur Vor- und Frühgeschichte, Carl Schuchhardt zum 80. Geburtstag dargebracht (1940). Deutsches Archiv f. d. Geschichte d. Mittelalters 4, 2, 1941, 591-592. 1942 53. Zur Besiedlungsgeschichte Mitteldeutschlands in der Spätlatene- und frühen Kaiserzeit. Germania 26, 1942, 148-154. 54. Die Ausgrabung des westgotischen Gräberfeldes von Castiltierra (Prov. Segovia) im Jahre 1941. Forsch, und Fortschr. 18,1942, 108 f., l Abb. 55. L. Schmidt, Geschichte der deutschen Stämme. Die Ostgermanen2 (1941). Deutsches Archiv f. d. Geschichte d. Mittelalters 6, l, 1942, 301-302. 56. K. Waller, Der Galgenberg bei Cuxhaven (1938). Germania 26,1942, 214-216. 1943 57. Der Fund von Ittenheim. Ein alamannisches Fürstengrab des 7. Jahrhunderts im Elsaß. Straßburg 1943. 36 S., 11 Taf., 5 Abb.

Schriftenverzeichnis Joachim Werner 58. Römische Schminkkästchen aus Nymwegen. Ein Nachtrag zur Thorsberger Scheibe. Germania 27,1943, 96-97, Taf. 22. 59. Das Seminar für Vor- und Frühgeschichte und provinzialrömische Archäologie an der Reichsuniversität Straßburg. Nachrichtenbl. f. deutsche Vorzeit 19, 1943, 48-52, Taf. 8. 60. F. Maurer, Nordgermanen und Alemannen (1942). Deutsche Literaturzeitung 1943, 253-263.

1946 61. Las Exavaciones del Seminario de Historia Primitiva del Hombre, en 1941, en el cementerio visigodo de Castiltierra (Segovia). Cuadernos de Historia primitiva l, 1946. 1-5, Taf. 1-4.

1948 62. Hallazgos de origen bizantino en Espana. Cuadernos de Historia primitiva 3, 1948, 107-112, Taf. 27-28.

1949 63. Eberzier von Monceau-le-Neuf (Dep. Aisne). Ein Beitrag zur Entstehung der völkerwanderungszeitlichen Eberhelme. Acta Archaeologica 20, 1949, 248-257, 8 Abb. 64. Zu den auf öland und Gotland gefundenen byzantinischen Goldmünzen. Fornvännen 44, 1949, 257-286, 2 Abb. 65. Eine nordfranzösische Tierfibel von Basel (Bernerring). Ur-Schweiz 13,1949, 60-68, Abb. 4146. 66. Das Fürstengrab von Wittislingen in Bayerisch-Schwaben. Der Zwiebelturm 4,1949,79-83, 6 Abb.

1950 67. Das alamannische Fürstengrab von Wittislingen. Münchner Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte 2. München 1950. 94 S., 20 Taf., 33 Abb. 68. Die langobardischen Fibeln aus Italien. Berlin 1950. 72 S., 60 Taf. 69. Römische Trinkgefäße in germanischen Gräbern der Kaiserzeit. Festschrift f. E. Wähle (Heidelberg 1950) 168-176, l Abb. 70. Zur Entstehung der Reihengräberzivilisation, ein Beitrag zur Methode der frühgeschichtlichen Archäologie. Archaeologia Geographica l, 1950, 23-32, 7 Abb. Wieder abgedruckt in: Siedlung, Sprache und Bevölkerungsstruktur im Frankenreich, Wege der Forschung 49 (Darmstadt 1973) 285321, mit einem Nachtrag (1972) und ergänzten Literaturzitaten, ebd. 321-325. 71. Zur Herkunft der frühmittelalterlichen Spangenhelme. Prahlst. Zeitschr. 34/35, 1949/50, 178193,2 Abb., Taf. 4-9. 72. Die Schwerter von Imola, Herbrechtingen

XV

und Endrebacke. Acta Archaeologica 21, 1950, 4581, 8 Abb., 9 Taf. 73. Slawische Bügelfibeln des 7. Jahrhunderts. Reinecke-Festschrift (Mainz 1950) 150-172, Taf. 27-43, 5 Abb. 74. C. H. V. Sutherland, Anglo-Saxon Gold Coinage in the Light of the Crondall Hoard (1948). Germania 28,1944/50, 275-279. 75. A. Molinero Perez, La necropolis visigoda de Duraton (Segovia), Acta Arqueol. Hispan. 4 (1948). Germania 28,1944/50, 279-281, l Abb. 76. H. Roosens, De merowingische Begraafplaatsen in Belgie (1949). Hist. Zeitschr. 170,1950, 627628.

1951 77. Die ältesten Gürtelhaken. Festschrift f. Gustav Schwantes (Neumünster 1951) 151-156, 8 Abb. 78. Der römische Schatzfund in Straubing. Atlantis 33, 1951, 222-229, 12 Abb. 79. Ein römischer Schatzfund von Straubing in Niederbayern. Ur-Schweiz 15, 1951, 13-16, 2 Abb. 80. Das Grab von München-Ramersdorf und die Zeitstellung der Niemberger Fibeln. Jahresschr. f. mitteldeutsche Vorgeschichte 35, 1951, 144-148, 2 Taf., 2 Abb. 81. Eine ostpreußische Bügelfibel aus dem Hennegau. Germania 29,1951,58-62, Taf. 5,2 Abb. 82. Ein fränkisches Bügelfibelpaar aus Munningen (Ldkr. Nördlingen). Germania 29, 1951, 7678, l Abb. 83. H. Roosens, De merowingische Begraafplatsen in Begie (1949). Germania 29, 1951, 101-103. 84. E. T. Leeds, A Corpus of Early Anglo-Saxon Square Headed Brooches (1949). The Arch. Journal 106,1949 (1951) 116-117. 85. O. Klindt-Jensen, Foreign Influences in Denmarks Early Iron Age (1950). Germania 29, 1951, 271-274.

1952 86. Mykenae — Siebenbürgen — Skandinavien. Atti del I. Congresso internazionale di Preistoria e Protostoria mediterrana 1950 (Florenz 1952) 293308, 9 Abb. 87. Die Bronzegürtel von S0nder Skjoldborg, Amt Thisted. Kuml 2,1952,133-143, 8 Abb. 88. Opus interrasile an römischem Pferdegeschirr des 1. Jahrhunderts. Festschrift R. Egger l (Klagenfurt 1952) 423-434, 2 Abb.. 2 Taf. 89. Ein langobardischer Schild von Ischl an der Alz, Gemeinde Seeon (Oberbayern). Bayer. Vorgeschichtsbl. 18/19,1951/52, 45-58, Taf. 3-6, 3 Abb. 90. Langobardische Grabfunde aus Reggio Emilia. Germania 30, 1952, 190-193, l Abb., Taf. 9. 90a. Langobardischer Einfluß in Süddeutschland

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Schriftenverzeichnis Joachim Werner

während des 7. Jahrhunderts im Lichte archäologischer Funde. Atti del I. Congresso internazionale di Studi Longobardi 1951 (Spoleto 1952) 521-524, 2Taf.

1953 91. Das alamannische Gräberfeld von Bülach. Monographien zur Ur- und Frühgeschichte der Schweiz 9. Basel 1953. VIII, 144 S., 14 Abb., 39 Taf., 3 Pläne. 92. Slawische Bronzefiguren aus Nordgriechenland. Abhandl. d. deutschen Akad. d. Wissenschaften. Berlin, Kl. f. Gesellschaftswissenschaften 1952, 2. Berlin 1953. 8 S., 6 Taf. 93. Keltisches Pferdegeschirr der Spätlatenezeit. Saalburg-Jahrb. 12, 1953, 42-52, 9 Abb. 94. Zu älterkaiserzeitlichen Glasbechern (Eggers Form 185-187). Germania 31, 1953, 61-64, 3 Abb. 95. Zur Verbreitung der Messingeimer vom Hemmoorer Typus. Bonner Jahrb. 153, 1953, 126— 127. 96. Zu fränkischen Schwertern des 5. Jahrhunderts (Oberlörick-Samson-Abingdon). Germania 31,1953, 38-44, Taf. 6-7, l Abb. 97. Das langobardische Gräberfeld von Varpalota bei Veszprem. Congres International des Sciences Prehistoriques et Protohistoriques. Actes de la IIP Session 1950 (Zürich 1953) 317. 98. P. C. J. A. Boeles, Friesland tot de elfde Eeuw2 (1951). Hist. Zeitschr. 175,1953, 170-171. 99. O. Schlüter, Die Siedlungsräume Mitteleuropas in frühgeschichtlicher Zeit (1952). Hist. Zeitschr. 176,1953,180-181. 100. M. Jahn, Die Abgrenzung von Kulturgruppen und Völkern in der Vorgeschichte (1952). Hist. Zeitschr. 176,1953, 400. 101. P. V. Glob, Ard og Plov i Nordens Oldtid (1951). Hist. Zeitschr. 176, 1953, 401. 102. W. Coblenz, Grabfunde der Mittelbronzezeit Sachsens (1952). Hist. Zeitschr. 176, 1953, 402. 103. H. J. Eggers, Der römische Import im freien Germanien (1951). Hist. Zeitschr. 175, 1953, 166-167. 104. Aus der Schatzkammer des antiken Trier. Neue Forschungen und Ausgrabungen. Festgabe z. 150jährigen Bestehen d. Ges. f. nützliche Forsch. 1801-1951. Trierer Zeitschr. 19, 1950. Hist. Zeitschr. 175, 167-168. 105. P. Wuilleumier, A. Audin und A. LeroiGourhan, L'Eglise et la Necropole Saint-Laurent dans le Quartier Lyonnais de Choulans (1949). Hist. Zeitschr. 175,1953, 171-172. 106. E. Salin, La Civilisation Merovingienne d' apres les Sepultures, les Textes et le Laboratoire l (1950). Hist. Zeitschr. 175, 1953, 333-335. 107. D. Mclntyre und E. Kitzinger, The Coffin of Saint Cuthbert (1950). Hist Zeitschr. 175, 1953, 173-174.

1954 108. Waage und Geld in der Merowingerzeit. Sitzungsber. Bayer. Akad. d. Wissenschaften, Phil.hist. Kl. 1954, 1. München 1954. 40 S., 9 Abb., 2 Taf. 109. Die Bronzekanne von Kelheim. Bayer. Vorgeschichtsbl. 20, 1954, 43-73, 8 Abb., 2 Karten, 4 Taf. 110. Fibeln aus Aquileia. Origines, Raccolta di Scritti in onore di Mons. G. Baserga. Rivista arch. di Como 1954, 151-160, 3 Abb. 111. Leier und Harfe im germanischen Frühmittelalter. Aus Verfassungs- u. Landesgeschichte, Festschrift f. Th. Mayer l (Konstanz 1954) 9-15, l Taf. 112. Zur ornamentgeschichtlichen Einordnung des Reliquiars von Beromünster. Frühmittelalterliche Kunst in den Alpenländern, Akten zum 3. internationalen Kongreß f. Frühmittelalterforschung (Ölten und Lausanne 1954) 107-110, Abb. 53-55. 113. Eine merowingische Scheibenfibel mit Grubenemail aus Oberpöring. Münchner Jahrb. d. bildenden Kunst, 3. Folge 5, 1954, 23-28, 2 Taf., l Abb. 114. Neue Wege vorgeschichtlicher Methodik? Forsch, und Fortschr. 28, 1954, 246-248. 115. F. Maurer, Nordgermanen und Alemannen3 (1952). Deutsche Literaturzeitung 75, 1954, 214218.

1955 116. Das alamannische Gräberfeld von Mindelheim. Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte 6. Kallmünz 1955. 40 S., 4 Abb., 46 Taf. 117. Die Nauheimer Fibel. Jahrb. Röm.-German. Zentralmus. Mainz 2, 1955,170-195, 7 Abb., 2 Karten. 118. Pfeilspitzen aus Silber und Bronze in germanischen Adelsgräbern der Kaiserzeit. Hist. Jahrb. 74, 1955 (Festschr. f. F. Schnabel) 38-43, l Abb. 119. Zur Ausfuhr koptischen Bronzegeschirrs ins Abendland während des 6. und 7. Jahrhunderts. Vierteljahresschr. f. Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 42, 1955, 353-356, l Abb. 120. Byzantinische Gürtelschnallen des 6. und 7. Jahrhunderts aus der Sammlung Diergardt. Kölner Jahrb. f. Vor- u. Frühgeschichte l, 1955, 36-48, 6 Abb., 2 Karten, 5 Taf. 121. Bügelfibeln des 6. Jahrhunderts aus Domburg, Zeeland. Berichten van de Rijksdienst voor het oudheidkundig Bodemonderzoek in Nederland 6, 1955, 75-77, l Abb., l Taf. 122. A. J. Brjussov, O&rki po istorii plemen evropeiskoi casti SSSR v neoliticeskuju epochu (1952). Hist. Zeitschr. 180, 1955, 155-156. 123. F. Holste, Die Bronzezeit in Süd- und West-

Schriftenverzeichnis Joachim Werner deutschland (1953). Hist. Zeitschr. 179, 1955, 163 bis 164. 124. O. Tschumi, Urgeschichte des Kantons Bern (1953). Hist. Zeitschr. 180,1955,154. 125. P. E. Schramm, Herrschaftszeichen und Staatssymbolik l (1954). Das historisch-politische Buch 3,1955,176-177. 126. W. Schulz, Leuna, ein germanischer Bestattungsplatz der spätrömischen Zeit (1953). Hist. Zeitschr. 179,1955, 622. 127. N. Aberg, Den historiska Relationen mellan Folkvandringstid och Vendeltid (1953). Hist. Zeitschr. 179, 1955, 178-179. 127a. E. Grohne, Mahndorf. Frühgeschichte des Bremischen Raumes (1953). Hist. Zeitschr. 179, 1955, 623. 128. P. Paulsen, Schwertortbänder der Wikingerzeit (1953). Hist. Zeitschr. 179,1955, 393-394. 129. S. W. Kiselev, Drevnjaja istorija Juznoi Sibiri (1951). Hist. Zeitschr. 180, 1955, 155. 130. Robert Beltz. Neue Deutsche Biographie 2 (1955) 34.

1956 131. Beiträge zur Archäologie des Attila-Reiches. Abhandl. d. Bayer. Akad. d. Wiss., Phil.-hist. Kl. NF 38 A-B. München 1956. 138 S., 2 Abb., 75 Taf. 132. Spätrömische Befestigung auf dem Schloßberg in Füssen (Allgäu). Germania 34, 1956, 243248, 2 Abb., Taf. 18-19. 133. Fränkische Schwerter des 5. Jahrhunderts aus Samson und Petersfinger. Germania 34, 1956, 156-158, l Abb. 134. mit J. Breuer, H. Roosens und A. Dasnoy: Le cimetiere franc de Haillot. Arch. Belgica 34, 1957 = Ann. Soc. archeol. de Namur 48,1956, 299339 mit Abb. 22-29 und Taf. 5-12. 135. Die archäologischen Zeugnisse der Goten in Südrußland, Ungarn und Spanien. I Goti in Occidente. III. Settimane di Studio del Centro Italiano sull'alto Medioevo (Spoleto 1956) 127-130. 136. H. Hinz, Vorgeschichte des nordfriesischen Festlandes (1954). Hist. Zeitschr. 181, 1956, 673674. 137. A. Marschall, K. J. Narr, R. v. Uslar, Die vor- und frühgeschichtliche Besiedlung des Bergischen Landes (1954). Hist. Zeitschr. 181, 1956, 674-675. 138. P. Wuilleumier, Lyon. Metropole des Gaules (1953). Hist. Zeitschr. 181,1956, 681. 139. Gladys R. Davidson, Corinth, The Minor Objects (1952). Byzantinische Zeitschr. 1956, 140 bis 142.

1957 140. Vorbericht über die Ausgrabungen auf dem Lorenzberg bei Epfach, Ldkr. Schongau (Ober-

XVII

bayern). Germania 35, 1957, 327-337, Taf. 23-26, Beilage 5 und 4 Abb. 141. Die älteste christliche Kirche Bayerns. Neue Ausgrabungen auf dem Lorenzberg bei Epfach im Landkreis Schongau. Unser Bayern 6, 1957, 21-22, 4 Abb. 142. Zwei gegossene koptische Bronzeflaschen aus Salona. Antidoron Mich. Abramic l, Vjesnik Split 56/59, 1954/57, 115-128, l Abb. 2 Karten, l Taf. 143. Gutachten Ohningen-Eschenz. G. Tellenbach, Studien und Vorarbeiten zur Geschichte des großfränkischen und frühdeutschen Adels (Freiburg 1957) 228-230. 144. Byzantinische Gürtelschnalle aus Riva San Vitale (Kt. Tessin). Sibrium 3, 1956/57, 79 und Taf. E. 145. Bronzener Gürtelbesatz des späten 7. Jahrhunderts von Pfahlheim (Kr. Aalen). Fundber. aus Schwaben NF 14,1957, 112-117, Taf. 38-40. 146. M. Stenberger, Vallhagar. A Migration Period Settlement on Gotland (1955). Göttingische Gelehrte Anzeigen 211, 1957, 216-225. 147. D. Csalläny, Archäologische Denkmäler der Awarenzeit in Mitteleuropa (1956). Südost-Forschungen 16, 1957, 204-205.

1958 148. Abodiacum. Die Ausgrabungen auf dem Lorenzberg bei Epfach, Ldkr. Schongau (Oberbayern). Neue Ausgrabungen in Deutschland (Berlin 1958) 409-424,11 Abb., l Beilage. 149. Römische Fibeln des 5. Jahrhunderts von der Gurina im Gailtal und vom Crepault bei Truns (Graubünden). Der Schiern 32, 1958 (Festgabe f. Oswald Menghin) 109-112, 2 Abb. 150. Neue Daten zur Verbreitung der artifiziellen Schädeldeformation im 1. Jahrtausend n. Chr. Germania 36, 1958, 162-164. 151. Kirmukarmu - Monza - Roes - Vendel XIV, Studien zu mitteleuropäischen und skandinavischen Metallarbeiten aus der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts. Suomen Museo 65, 1958, 29-43, 6 Taf., l Abb. 152. Eine ostgotische Prunkschnalle von KölnSeverinstor (Studien zur Sammlung Diergardt II). Kölner Jahrb. f. Vor- und Frühgeschichte 3, 1958, 55-61, 7 Abb., l Taf. 153. Archäologische Bemerkungen zum byzantinischen Handel mit Westeuropa im 7. Jahrhundert. Konstanzer Arbeitskreis f. mittelalterliche Geschichte, Protokoll der Arbeitstagung Byzanz und das Abendland, 24.-27. März 1958 (Konstanz 1958) 59-68. 154. H.-J. Kellner, Das spätrömische Kellmünz (1957). Bayer. Vorgeschichtsbl. 23,1958,231-232.

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Schriftenverzeichnis Joachim Werner

1959 155. Studien zu Grabfunden des 5. Jahrhunderts aus der Slowakei und der Karpatenukraine. Slovenska Archeologia 7, 1959, 422-438, 7 Abb., 6 Taf., 2 Karten. 156. Reihengräberfunde und germanische Stammesgebiete des 6. Jahrhunderts. Konstanzer Arbeitskreis f. mittelalterl. Geschichte, Protokoll d. Arbeitstagung über die deutschen Stämme, 16.-19. März 1959 (Konstanz 1959) 2-9. 157. Vorwort zu M. Degani, II tesoro romano barbarico di Reggio Emilia (Firenze 1959) 8-13. 158. Frühkarolingische Silberohrringe von Rastede (Oldenburg). Beiträge zur Tierornamentik des Tassilokelches und verwandter Denkmäler. Germania 37,1959,179-192, 5 Abb., Taf. 24-26. 159. Gero Merhart von Bernegg, 17. 10. 1886 bis 4. 3. 1959. Der Schiern 33, 1959, 93-96. 160. Gero Merhart von Bernegg, 17. 10. 1886 bis 4. 3. 1959. Bayer. Vorgeschichtsbl. 24, 1959, 276-278. 161. Hans Zeiss. Geist und Gestalt, biogr. Beiträge zur Geschichte d. Bayer. Akad. d. Wiss. l (1959) 181-185. 162. Max Ebert. Neue Deutsche Biographie 4 (1959) 258-259.

1960 163. Die frühgeschichtlichen Grabfunde vom Spielberg bei Erlbach, Ldkr. Nördlingen, und von Fürst, Ldkr. Laufen a. d. Salzach. Bayer. Vorgeschichtsbl. 25,1960,164-179, 3 Abb., Taf. 12-17. 164. Kriegergräber aus der 1. Hälfte des 5. Jh. zwischen Scheide und Weser. Bonner Jahrb. 158, 1958 (1960) 372-413, 21 Abb., Taf. 72-83. 165. Neues zur Frage der slawischen Bügelfibeln aus südosteuropäischen Ländern. Germania 38, 1960, 114-120, Taf. 28-30. 166. C. Weibull, Die Auswanderung der Goten aus Schweden (1958). Gnomon 32, 1960, 482-483. 167. Kostrzewski Number, Palaeologia 4 (Osaka 1955). Welt der Slawen 5/2,1960, 220-221. 168. O. Klindt-Jensen, Bornholm i Folkvandringstiden (1957). Prähist. Zeitschrift 38, 1960, 142-151, 3 Abb. 169. B. Nerman, Grobin-Seeburg, Ausgrabungen und Funde (1958). Germania 38,1960, 242-246.

1961 170. Katalog der Sammlung Diergardt. Völkerwanderungszeitlicher Schmuck 1: Die Fibeln. Berlin 1961. II, 68 S. 55 Taf. 171. Bronzenes Pferdekopfszepter der Hallstattzeit aus Pfedmerice bei Hradec Krälove. Pamätky Archeol. 52, 1961 (Festschr. f. J. Böhm) 384-389, 4 Abb.

172. Bemerkungen zu norischem Trachtzubehör und zu Fernhandelsbeziehungen der Spätlatenezeit im Salzburger Land. Mitt. Ges. f. Salzburger Landeskunde 101, 1961, Festschrift M. Hell, 143-160, 6 Abb. 173. Fernhandel und Naturalwirtschaft im östlichen Merowingerreich nach archäologischen und numismatischen Zeugnissen. VIII. Settimane di Studio del Centro italiano di Studi sull'alto medioevo, Moneta e Scambi nell'alto medioevo (Spoleto 1961) 557-618,15 Abb., l Taf. 174. Fernhandel und Naturwirtschaft im östlichen Merowingerreich nach archäologischen und numismatischen Zeugnissen. 42. Ber. Rom. Germ. Komm. 1961 (1962) 307-346, Taf. 55-58, 15 Abb. 175. Ostgotische Bügelfibeln aus bajuwarischen Reihengräbern. Bayer. Vorgeschichtsbl. 26, 1961, 68-75, Taf. 5-12. 176. Frühkarolingische Schwanenfibel von Boltersen, Kreis Lüneburg. Lüneburger Blätter 11/12, 1961, 2-4, 2 Taf. 177. Frühkarolingische Gürtelgarnitur aus Mogorjelo bei Capljina (Herzegovina). Glasnik zemalskog Muzeja u Sarajevu NS 15/16, 1960/61, 235-247, 5 Abb., Taf. 1-2. 178. Karl Christ, Antike Münzfunde Südwestdeutschland (1960). Gnomon 33, 1961, 502-509. 179. F. T. Wainwright, The Problem of the Picts (1955). Histor. Zeitschr. 193,1961, 645-647.

1962 180. Die Langobarden in Pannonien. Beiträge zur Kenntnis der langobardischen Bodenfunde vor 568. Abhandl. d. Bayer. Akad. d. Wiss., Phil.-hist. KL, NF 55 A-B. München 1962. 195 S., 71 Taf., l Karte, 32 Abb. 181. Ein reiches Laetengrab der Zeit um 400 n. Chr. aus Fecamp (Seine-Maritime). Arch. Belgica 61, 1962 (Miscellanea arch. in honorem J. Breuer) 145-154, 3 Taf., 2 Abb. 182. Die Herkunft der Bajuwaren und der „östlich-merowingische" Reihengräberkreis. Aus Bayerns Frühzeit, Friedrich Wagner zum 75. Geburtstag (München 1962) 229-250, l Abb. Wieder abgedruckt in: Zur Geschichte der Bayern, Wege der Forschung 60 (Darmstadt 1965) 12-43, l Abb. 183. Ein fränkischer Rüsselbecher aus Straubing. Jahresber. d. bayer. Bodendenkmalpflege 3, 1962, 92-94, 3 Abb.

1963 184. Aquileia - Velem - Hrazany. Palmettenförmige Gürtelschließen aus pannonischen und boischen Oppida. Alt-Thüringen 6, 1962/63 (Gotthard Neumann zum sechzigsten Geburtstag) 428-435, 4 Abb.

Schriftenverzeichnis Joachim Werner 185. Tiergestaltige Heilsbilder und germanische Personennamen. Bemerkungen zu einer archäologisch-namenkundlichen Forschungsaufgabe. Deutsche Vierteljahresschrift f. Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 37, 1963, 377-383, 2 Abb. 186. mit G. Annibaldi: Ostgotische Grabfunde aus Acquasanta, Prov. Ascoli Piceno (Marche). Germania 41,1963, 356-373, 11 Abb., Taf. 37-48. 187. Zikaden aus dem fränkischen Frauengrab im Kölner Dom. Germania 41, 1963, 392-395, 2 Abb. 188. Nachruf auf Gian Piero Bognetti. Jahrb. d. Bayer. Akad. d. Wiss. 1963, 222-225, l Abb.

1964 189. Herkuleskeule und Donar-Amulett. Jahrb. Rom. Germ. Zentralmuseum Mainz 11,1964,176197, 9 Abb., Taf. 20. 190. Frankish Royal Tombs in the Cathedrals of Cologne and Saint-Denis. Antiquity 38, 1964, 201216,13 Abb., Taf. 29-36. 191. Der münzdatierte fränkische Grabfund von Wonsheim (Rheinhessen). Varia Archaeologica, Festschrift f. W. Unverzagt. Dt. Akad. d. Wiss. Berlin, Sehr. Sektion Vor- und Frühgesch. 16 (Berlin 1964) 214-218, l Abb., Taf. 41-42. 192. Bemerkungen zu den Langschwertern von Blucina und Tournai. Sbornik Karel Tihelka, CSAV-Arch. Üstav (Brno) 3, 1963/64 (Festschr. K. Tihelka) 151-154, Taf. 24-26. 193. Le ricerche di Gian Piero Bognetti sulla civiltä longobarda. Problemi della civiltä e dell' economia longobarda. Scritti in memoria di Gian Piero Bognetti (Milano 1964) 13-17.

1965 194. Figürliche Darstellungen im freien Germanien und ihre provinzialrömischen Vorbilder. Le rayonnement des civilisations grecque et romaine sur les cultures peripheriques. VIII. Congres international d'acheologie classique, Paris 1963 (Paris 1965) 213-216, 4 Abb., Taf. 30. 195. Zu den alamannischen Burgen des 4. und 5. Jahrhunderts. Speculum Historiale. Festschrift f. J. Spörl (Freiburg/München 1965) 439-453, 3 Abb. 196. Nachruf auf Friedrich Wagner. Zeitschr. f. bayer. Landesgesch. 28, 1965, 929-930.

1966 197. Das Aufkommen von Bild und Schrift in Nordeuropa. Sitzungsber. Bayer. Akad. d. Wiss., Phil.-hist. Kl. 1966, 4. München 1966. 47 S., 16 Abb., 17 Taf. 198. Spätrömische Schwertortbänder vom Typ Grundremmingen. Bayer. Vorgeschichtsbl.31,1966, 134-141, 5 Abb.

XIX

199. Zu den donauländischen Beziehungen des alamannischen Gräberfeldes am alten Gotterbarmweg in Basel. Helvetia Antiqua, Festschrift f. E. Vogt (Zürich 1966) 283-292, 6 Abb. 200. Diskussionsbemerkungen: 1. Die westlichen Beziehungen des großmährischen Fundstoffs, 2. Zur Frage der gegossenen „awarischen" Gürtelgarnituren. F. Graus, J. Filip, A. Dostäl (Hrg.), Das Großmährische Reich. Tagung Brno-Nitra 1963 (Prag 1966) 115-117. 201. Zum Stand der Erforschung über die archäologische Hinterlassenschaft der Awaren. Beiträge zur Südosteuropa-Forschung, 1. Internationaler Balkanologenkongreß in Sofia (München 1966) 307-315, 3 Abb. - Wieder abgedruckt in: Studijnö Zvesti, Arch. Ustav SAV 16,1968 (Symposium über die Besiedlung des Karpatenbeckens im 7.-8. Jahrhundert in Nitra) 279-286, 3 Abb. 202. Scavi di Invillino, Relazione sommaria. Aquileia Nostra 37, 1966,113-116. 203. Zum Cundpald-Kelch von Petöhaza, mit Beiträgen von H. Fromm und B. Bischoff. Jahrb. d. Rom. Germ. Zentralmuseums Mainz 13,1966,265278, 6 Abb., Taf. 30. 204. A. Sos, Die Ausgrabungen Geza Fehers in Zalavär. Archaeologia Hungarica N. S. 41, 1963. Byzantinische Zeitschr. 59,1966, 381-382. 205. I. Kovrig, Das awarenzeitliche Gräberfeld von Alattyän. Archaeologica Hungarica N. S. 40, 1963. Byzantinische Zeitschr. 59, 1966, 382-384.

1967 206. D. Csalläny, Archäologische Denkmäler der Gepiden im Mitteldonaubecken, 454-568 u. Z. Archaeologia Hungarica N. S. 38,1961. Bonner Jahrb. 167,1967, 498-500. 207. (Ansprache zur) Feierstunde im Institut für Vor- und Frühgeschichte 20. November 1965 anläßlich des 30. Jubiläums der Lehrstuhls- und Institutsgründung und des 70. Geburtstags von Hans Zeiss (f). Ludwig-Maximilians-Universität, JahresChronik 1965/66 (1967) 66-72.

1968 208. Die kaiserzeitliche Siedlung Nauen-Bärhorst und das Problem der frühmittelalterlichen Dörfer. Zur Geschichte und Volkskunde Mitteldeutschlands l, Festschrift f. Fr. v. Zahn (Köln-Graz 1968) 347-352, 2 Abb. 209. Bewaffnung und Waffenbeigabe in der Merowingerzeit. Ornament! militari in Occidente nell' Alto Medioevo, XV. Settimane di Studio del Centro Italiano sull'Alto Medioevo, 1967 (Spoleto 1968) 95-108 u. 199-205, 8 Abb. Wieder abgedruckt in: Siedlung, Sprache und Bevölkerungsstruktur im Frankenreich, Wege der Forschung 49 (Darmstadt 1973) 326-338, l Abb.

XX

Schriftenverzeichnis Joachim Werner

210. Namensring und Siegelring aus dem gepidischen Grabfund von Apahida (Siebenbürgen). Kölner Jahrb. f. Vor- u. Frühgeschichte 9, 1967/68, 120-123, l Abb., Taf. 32. 211. Die Ausgrabungen im langobardischen Kastell Ibligo-Invillino (Friaul). Vorbericht über die Kampagnen 1962, 1963 und 1965, zusammen mit G. Fingerlin u. J. Garbsch. Germania 46, 1968, 73110, 15 Abb., Taf. 18-27, 3 Beilagen. - Übersetzt als: Gli Scavi nel Castello Longobardo di Ibligo-Invillino (Friuli). Relazione preliminare delle campagne del 1962, 1963 e 1965. Aquileia Nostra 39, 1968, 57-136, 15 Abb., Taf. 1-10, 3 Beilagen. 212. Das Messerpaar aus Basel-Kleinhimingen, Grab 126. Zu alamannisch-fränkischen Eßbestekken. Provincialia, Festschrift f. R. Laur-Belart (Basel-Stuttgart 1968) 647-663, 2 Abb., 4 Taf. 213. Pagan-Christian Syncretism in Germanic Art (6th to 7th Centuries A. D.). Atti del convegno intern, sul tema: Tardo Antico e Alto Medioevo, la forma artistica nel passaggio dall'antichitä al medioevo (Rom 4.-7. 4. 1967), Accademia Naz. dei Lincei 365, 1968, H. 105, 32. 214. Dendrochronologie und Frühgeschichte. Kunst-Chronik 21, 1968, 187-188. 215. Nachruf auf Ernst Sprockhoff. Jahrb. der Bayer. Akad. d. Wiss. 1968,192-197, l Taf.

1969 216. Der Lorenzberg bei Epfach. Die spätrömischen und frühmittelalterlichen Anlagen. Unter Mitwirkung v. H. Dannheimer, H. J. Kellner u. G. Pohl. Epfach 2, Veröffentlichungen der Kommission zur archäologischen Erforschung des spätrömischen Raetien 2. Münchener Beiträge zur Voru. Frühgeschichte 8. München 1969. XIII u. 291 S., 103 Abb., Taf. A-H im Text, 70 Taf., 4 Beil. 217. Sporn von Bacharach und Seeheimer Schmuckstück. Bemerkungen zu zwei Denkmälern des 9. Jahrhunderts vom Mittelrhein. Siedlung, Burg und Stadt, Studien zu ihren Anfängen, Festschrift f. P. Grimm. Dt. Akad. d. Wiss. Berlin, Sehr. Sektion Vor- und Frühgesch. 25 (Berlin 1969) 497506, 4 Abb., Taf. 25-26. 218. Diskussionsbemerkungen zu den Vorträgen von V. D. Baran und K. D. Kasparova in: Congres International d'archeologie slave, Warschau 1965, 2 (Warschau 1969) 286-287. 219. Nachruf auf R. Egger. Jahrb. d. Bayer. Akad. d. Wiss. 1969, 225-230, l Taf.

1970 220. Geschichte der Franken bis zur Mitte des 6. Jahrhunderts. Geschichte der deutschen Stämme bis zum Ausgang der Völkerwanderung. Auf der Grundlage des Werkes von Ludwig Schmidt unter Mitwirkung von Joachim Werner neu bearbeitet

von Erich Zöllner (München 1970} VIII u. 278 S., l Stammtaf., 2 Karten. 221. Spätkaiserzeitliche Funde in Westfalen 3: Bemerkungen zu den Bronzefunden [von Erin]. Bodenaltertümer Westfalens 12,1970, 75-80, Taf. 2022, l Abb. 222. Das Grab des Frankenkönigs Childerich in Tournai. Bayer. Akad. d. Wiss., Phil.-hist. Kl., Sitzungsber. 1970, 6, S. 6-10. 223. Zur Verbreitung frühgeschichtlicher Metallarbeiten (Werkstatt - Wanderhandwerk - Handel - Familien Verbindung). Early Medieval Studies l (Helgö-Symposium 1968). Antikvariskt Arkiv 38, 1970, 65-81, 9 Taf., 7 Abb. 224. Zur Zeitstellung des Bootsgrabes von Snape (Suffolk). Actes du VIP Congres international des Sciences Prehistoriques et Protohistoriques Prag 1966 (Prag 1970) 997-998, l Abb. 225. Artikel ,Airan'. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde l, 2 (1970) 116.

1971 226. Neue Analyse des Childerich-Grabes von Tournai. Hauptprobleme der Siedlung, Sprache und Kultur des Frankenreiches. Kolloquium Bonn 1969. Rheinische Vierteljahresbl. 35, 1971, 43^46. 227. Zur Herkunft und Ausbreitung der Anten und Sklavenen. Actes du VHP Congres international des Sciences Prehistoriques et Protohistoriques Belgrad 1971 (Belgrad 1971) 243-252, l Abb. 228. Artikel ,Apahida' § 1. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde l, 3 (1971) 365. 229. Proxima Thule. Sverige och Europa under forntid och medeltid. Festschr. f. Gustav VI Adolf (Stockholm 1962). Erasmus 23,1971, 40-42.

1972 230. Vor- und frühgeschichtliche Archäologie in Bayern (München 1972) 20-29 (Abschnitt: Grundlagen, Methoden, Aufgaben) und S. 156-167 (Abschnitt: Von der Antike zum Mittelalter). 231. Kproischozdeniju i rasprostraneniju Antov i Sklavenov. Sovetskaja Archeologija (Moskau) 1972, 4, 102-115, 6 Abb. 232. Zwei prismatische Knochenanhänger („Donar-Amulette") von Zlechov. Festschr. f. V. Hruby. Casopis Moravskeho Musea (Brunn) 57, 1972, 133-140, 4 Abb. 233. Nachruf auf Nandor Fettich. Finnisch-ugrische Forschungen 39,1972,149-152. 234. Gedenkworte auf Friedrich Baethgen. Jahrb. Bayer. Akad. d. Wiss. 1972, 72-76.

1973 235. Langobardischer Münzanhänger in Brakteatentradition von Cividale - S. Giovanni. Studi

Schriftenverzeichnis Joachim Werner Storici in onore di Ottorino Bertolim (Pisa 1973) 827-834, 2 Taf. 236. Zusammen mit W. Schlesinger, Über den Adel im Frankenreich. Siedlung Sprache und Bevölkerungsstruktur im Frankenreich. Wege der Forschung 49 (Darmstadt 1973) 545-550 (Wiederabdruck der Diskussionsbemerkungen auf dem Kolloquium Bonn 1969. Rheinische Vierteljahresbl. 35,1971, 51 f., 91 f., 96 ff.)- - Vgl. ferner Nr. 70 und 241. 237. Christliche Denkmäler und alamannische Kunst der vorkarolingischen Zeit. Katalog der Ausstellung Suevia Sacra. Frühe Kunst in Schwaben (Augsburg 1973) 35-37, 65-80, 19 Abb., 5 Taf., l Farbtaf., l Karte. 238. P. Paulsen, Alamannische Adelsgräber von Niederstotzingen (Kreis Heidenheim). Veröffentl. d. Staatl. Amtes f. Denkmalpfl. Stuttgart A12 (1967). Germania 51, 1973, 278-289, 2 Abb., Taf. 25-26. 239. Bemerkungen zur mitteldeutschen Skelettgräbergruppe Hassleben-Leuna. Zur Herkunft der ingentia auxilia Germanonim des gallischen Sonderreiches in den Jahren 259-274 n. Chr. In: Festschrift f. W. Schlesinger Bd. l (hrsg. v. W. Beumann) (1973) 1-30. 240. Bewaffnung und Waffenbeigabe in der Merowingerzeit. In: Siedlung, Sprache und Bevölkerungsstruktur im Frankenreich, Wege der Forschung 49 (Darmstadt 1973) 326-338 {= Wiederabdruck von Nr. 209). 241. Zur Entstehung der Reihengräberzivilisation. Ein Beitrag zur Methode der frühgeschichtlichen Archäologie. In: Siedlung, Sprache und Bevölkerungsstruktur im Frankenreich, Wege der Forschung 49 (Darmstadt 1973) 285-325 (= Wiederabdruck von Nr. 70; mit einem Nachtrag zum Forschungsstand 1972 und Ergänzungen zu den Anmerkungen: S. 321—325).

XXI

1974

242. Nomadische Gürtel bei Persern, Byzantinern und Langobarden. In: La civiltä dei Longobardi in Europa. Atti del Convegno Internaz. Rom/Cividale 1971. Accademia Nazionale dei Lincei, Anno CCCLXXI, Quaderno 189 (Rom 1974) 109-139, Taf. 1-16. TÄTIGKEITSBERICHTE Kommission zur archäologischen Erforschung des spätrömischen Raetien der Bayer. Akad. d. Wissenschaften: Jahrb. d. Bayer. Akad. d. Wissenschaften 1958, 108-109; 1959, 99-100; 1960, 93-95; 1961, 108-110; 1962,113-114; 1963, 93-94; 1964, 84 bis 85; 1965, 87-88; 1966, 84-85; 1967, 94-95; 1968, 89-90; 1969,117-118 mit l Farbtafel; 1970,116 bis 117; 1971,123-124; 1972,152-153; 1973,156-158. Kommission f. Namensforschung der Bayer. Akad. d. Wissenschaften: Jahrb. d. Bayer. Akad. d. Wissenschaften 1967, 90-91; 1968, 86; 1969, 113; 1970, 112; 1971, 118-119; 1972, 147-148; 1973, 151-152. BUCHANZEIGEN Hist. Zeitschr. 170,1950, 618-620.628.630-631; 171, 1951, 183-184. 188-190. 400. 405-406. 409 bis 410; 172, 1951, 162-163. 166-168. 173-176; 173, 1952, 616-617. 620. 623-625. 627. 631-632. 636; 174, 1952, 172. 176. 183-184. 677. 679. 690. 695. 700; 175, 1953, 390-391. 396-399. 401-404; 176, 1953, 168-169. 399-402. 406-408. 412-414. 420; 178, 1954, 157-158. 160-161. 166-167. 169. 171-172. 175; 179, 1955, 161. 165-166. 171-172. 176. 179-180. 380-381. 389. 619; 180, 1955, 156 bis 159. 166. 169-172. 387. 395-396; 181, 1956, 423-425. 436. 684.

HERAUSGEBERTÄTIGKEIT

FESTSCHRIFTEN

SCHRIFTENREIHE

1. Reinecke-Festschrift (Mainz 1950), zusammen mit G. Behrens. 2. Festschrift f. Ernst Sprockhoff zum 60. Geburtstag. Jahrb. Rom. Germ. Zentralmuseum Mainz 2-3, 1955-56, zusammen mit H.-J. Eggers. 3. Aus Bayerns Frühzeit. Friedrich Wagner zum 75. Geburtstag, Hrsg. für die Kommission für Bayer. Landesgeschichte. Schriftenreihe zur Bayer. Landesgeschichte 62 (München 1962).

Münchner Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte l (1951) - 17 (1974); 19 (1974); 21-22 (1974).

SCHRIFTLEITUNG Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte l (1952)-4 (1954).

V E R Z E I C H N I S D E R M Ü N C H N E R DISSERTATIONEN UND HABILITATIONSSCHRIFTEN ZURVOR- UND FRÜHGESCHICHTE UND PROVINZIALRÖMISCHEN ARCHÄOLOGIE

DISSERTATIONEN 1952/53 Hans-Jörg Kellner: Die römischen Fundmünzen aus dem nördlichen Teil von Raetien (Untersuchungen zum römischen Geldumlauf). Veröffentlichung: Die Fundmünzen der römischen Zeit in Deutschland, Abteilung I, l Oberbayern (1960); I, 2 Niederbayern (1970); I, 5 Mittelfranken (1963); 1,7 Schwaben (1962). 1953 Jürgen Driehaus: Die Formen der Altheimer Kultur im Rahmen der europäischen Kupferzeit. Veröffentlichung: Die Altheimer Gruppe und das Jungneolithikum in Mitteleuropa (1960).

1954/55 Renate Pirling: Die mittlere Bronzezeit in Württemberg. 1956 Walter Schähle: Das Fürstengrab von Pouan bei Arcy-sur-Aube.

1956/57 Walter Torbrügge: Die Bronzezeit in der Oberpfalz. Veröffentlichung: Die Bronzezeit in der Oberpfalz. Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte, Heft 13 (1959); Die Bronzezeit in Bayern. Stand der Forschung zur relativen Chronologie. 40. Bericht der Römisch-Germanischen Kommission 1959, 1-78. Günter Ulbert: Die frührömischen Kastelle Aislingen und Burghöfe. Veröffentlichung: Die römischen Donaukastelle Aislingen und Burghöfe. Limesforsdiungen Band l (1959).

Veröffentlichung: Die germanischen Funde der späten Kaiserzeit und des frühen Mittelalters in Mittelfranken. Germanische Denkmäler der Völkerwanderungszeit A 7 (1962). 1960 Norbert Walke: Das römische Donaukastell Straubing-Sorviodurum. Veröffentlichung: Das römische Donaukastell Straubing-Sorviodurum. Limesforschungen Band 3 (1965). 1961

Frauke Stein: Adelsgräber des 8. Jahrhunderts im rechtsrheinischen Deutschland. Veröffentlichung: Adelsgräber des achten Jahrhunderts in Deutschland. Mit einem Beitrag von Friedrich Prinz. Germanische Denkmäler der Völkerwanderungszeit A 9 (1967). 1962/63 Gerhard Fingerlin: Die alamannischen Gräberfelder Güttingen und Merdingen. Veröffentlichung: Die alamannischen Gräberfelder von Güttingen und Merdingen in Südbaden. Germanische Denkmäler der Völkerwanderungszeit A 12 (1971). Robert Koch: Bodenfunde der Völkerwanderungszeit und der Merowingerzeit aus dem Main-Tauber-Gebiet. Veröffentlichung: Bodenfunde der Völkerwanderungszeit aus dem Main-Tauber-Gebiet. Germanische Denkmäler der Völkerwanderungszeit A 8 (1967). Hans Peter Uenze: Die Latenezeit in der Oberpfalz. Veröffentlichung (Auszug): Zur Frühlatenezeit in der Oberpfalz. Bayerische Vorgeschichtsblätter 29, 1964, 77-118.

1957

Hermann Dannheimer: Die germanischen Funde der späten Kaiserzeit und des frühen Mittelalters aus dem Regierungsbezirk Mittelfranken.

1963

Jochen Garbsch: Die norisch-pannonische Frauentracht im 1. und 2. Jahrhundert n. Chr.

Verzeichnis der Münchner Dissertationen und Habilitationsschriften Veröffentlichung: Die norisch-pannonische Frauentracht im 1. und 2. Jahrhundert. Münchner Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte 11 (1965). 1964/65 Ursula Koch, geb. Behling: Grabfunde der Merowingerzeit aus dem Donautal von Kelheim bis Vilshofen. Veröffentlichung: Die Grabfunde der Merowingerzeit aus dem Donautal um Regensburg. Germanische Denkmäler der Völkerwanderungszeit A 10 (1968). 1967

Erwin Keller: Die spätrömischen Grabfunde Südbayerns (mit einem Beitrag zur Chronologie des 4. nachchristlichen Jahrhunderts). Veröffentlichung: Die spätrömischen Grabfunde in Südbayern. Münchner Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte 14 (1971). 1968

Eva Oberndörfer, geb. Lahn: Bajuwarische Reihengräber an Salzach und Saalach.

xxm

Zeugnisse. Teil 2: Die Fundmünzen der römischen Zeit im Alpenrheintal und Umgebung. Münchner Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte 21 (1973). Ludwig Pauli: Studien zur Golasecca-Kultur. Veröffentlichung: Studien zur Golasecca-Kultur. Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Römische Abteilung 19. Ergänzungsheft (1971). Hayo Vierck: Nordenglisch-westskandinavische Trachtbeziehungen im 5. und 6. Jahrhundert. Gudula Zeller, geb. Zimmermann: Die Grabfunde der Merowingerzeit aus dem nördlichen Rheinhessen. Veröffentlichung (Auszug): Das Gräberfeld von Hahnheim. Mainzer Zeitschrift 67,1972, 3-30. 1969/70 Akio Ito: Zur Chronologie der frühsillazeitlichen Gräber in Südkorea. Veröffentlichung: Zur Chronologie der frühsillazeitlichen Gräber in Südkorea. Abhandlungen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, philosophisch-historische Klasse, Neue Folge Heft 71 (1971). 1970

1968/69 Horst W. Böhme: Zur Chronologie der Grabfunde des 4. bis 5. Jahrhunderts zwischen Elbe und Loire. Veröffentlichung: Germanische Grabfunde des 4. bis 5. Jahrhunderts zwischen Elbe und Loire. Studien zur Chronologie und Bevölkerungsgeschichte. Münchner Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte 19 (1974).

Hermann Friedrich Müller: Ein alamannisches Gräberfeld von Hemmingen. Siegmar von Schnurbein: Das große römische Gräberfeld von Regensburg (Hauptfach Provinzialrömische Archäologie). Veröffentlichung (Auszug): Die Lampen des Gräberfeldes von Regensburg. Bayerische Vorgeschichtsblätter 36, 1972, 258-282.

1969

1971

Volker Bierbrauer: Die ostgotischen Grab- und Schatzfunde in Italien. Veröffentlichung: Die ostgotischen Grab- und Schatzfunde in Italien (Spoleto 1974).

Wilfried Menghin: Zweischneidige Langschwerter aus germanischen Gräbern des 5.-7. Jahrhunderts n. Chr. Veröffentlichung (Auszug): Aufhängevorrichtung und Trageweise zweischneidiger Langschwerter aus germanischen Gräbern des 5-7. Jahrhunderts. Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg 1973,7-56.

Astrid Böhme, geb. Schönberger: Die Fibeln der Kastelle Saalburg und Zugmantel. Ein Beitrag zur Typologie und Chronologie der mittelkaiserzeitlichen Fibeln des obergermanisch-rätischen Limes (Hauptfach Provinzialrömische Archäologie). Veröffentlichung: Die Fibeln der Kastelle Saalburg und Zugmantel. Saalburg Jahrbuch 29, 1972, 5112. Bernhard Overbeck: Geschichte des Alpenrheintales auf Grund der archäologischen Zeugnisse. Veröffentlichung: Geschichte des Alpenrheintales in römischer Zeit auf Grund der archäologischen

1971/72 Irmingard Ottinger: Der Goldberg bei Türkheim, Bericht über die Ausgrabungen 1942-1944 und 1958-1961. 1973/74 Gudrun Schneider, geb. Schnekenburger: Chur-

XXIV

Verzeichnis der Münchner Dissertationen und Habilitationsschriften

raetien im 4. bis 8. Jahrhundert auf Grund archäologischer Zeugnisse. 1974/75 Ulrike Giessler: Sporen und Sporenbeigabe von der

jüngeren Kaiserzeit bis um 800 n. Chr. im germanisch besiedelten Raum West- und Mitteleuropas. Syna Uenze: Die römischen und frühbyzantinischen Kleinfunde der Kastellanlagen bei Sadowetz (Bezirk Pleven, Bulgarien).

EHRENPROMOTIONEN

1953

1972

Prof. Dr. h. c. Ing. Martin Hell, Salzburg.

Dr. h. c. Prinz Otto von Hessen, Florenz.

HABILITATIONSSCHRIFTEN

1947

1964

Vladimir Milojcic: Chronologie der jüngeren Steinzeit Mittel- und Südosteuropas (1949).

Günter Ulbert: Der Lorenzberg bei Epfach. Die frührömische Militärstation. Münchner Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte 9 (1965).

1955

1966

Georg Kossack: Südbayern während der Hallstattzeit. Römisch-Germanische Forschungen 24 (1959).

Walter Torbrügge: Vor- und frühgeschichtliche Flußfunde. Zur Ordnung und Bestimmung einer Denkmälergruppe. 51. bis 52. Bericht der RömischGermanischen Kommission 1970/71, 1—146.

1957 Hermann Müller-Karpe: Beiträge zur Chronologie der Urnenfelderzeit nördlich und südlich der Alpen. Römisch-Germanische Forschungen 22 (1959).

1971 Hermanfrid Schubart: Die Kulturen der Bronzezeit im Südwesten der iberischen Halbinsel.

ALLGEMEINES UND VORGESCHICHTE

GEORG KOSSACK, KIEL PRUNKGRÄBER Bemerkungen zu Eigenschaften und Aussagewert

FRAGESTELLUNG Wie Menschen in prähistorischer Zeit zusammenlebten, ist seit langem Gegenstand philosophischer Erwägung. Konkretere Beiträge lieferte die Beschreibung von rezenten Bevölkerungsgruppen, deren Kultursysteme man für besonders alt gehalten hat. Da Umwelt, Wirtschaftsform und Zivilisationsniveau wechseln, prägen sie das Gesellungsleben auf das Mannigfaltigste. Dennoch zeigt vergleichende Betrachtung, daß es, abgesehen von den Verhaltensweisen, die sich aus Abweichungen im Wertdenken der verschiedenartigen Sozialgefüge herleiten lassen, auch noch ein bestimmtes Grundverhalten gibt, das um so eindeutiger faßbar scheint, je höher die Ansprüche sind,, denen sich die Gruppe gegenübergestellt sieht: harte Bedingungen der Natur, Veränderungen im Produktionsprozeß, Kontakte mit verwickelt aufgebauten Fremdkulturen oder Überschichtungsvorgänge durch Eroberung bieten besonders günstige Möglichkeiten, das Grundverhalten bei solchen Vorgängen zu ermitteln. Ergänzend versucht die biologische Forschung, die sich neuerdings mit den sozialen Leistungen des Menschen zu beschäftigen beginnt, typische Gegenwirkungen auf Herausforderungen mit Verhaltensnormen zu erklären, wie sie aus dem Tierreich bekannt sind1. Machtstreben, Rangbegehren, Imponiergehabe, Neigung, den Territorialbesitz zu wahren und die Gruppenzugehörigkeit zur Schau zu stellen, alle diese und andere Eigenschaften sind unbestreitbar auch im Menschen angelegt und können die Lebensäußerungen einer Gemeinschaft maßgeblich beeinflussen. Bliebe es bei dieser Einsicht, käme man freilich über Binsenwahrheiten nicht hinaus. Archäologisch bedeutsam wird der Ansatz erst, wenn man sich fragt, wie es zu erklären sei, daß derartige Wesenszüge sich offenbar nur unter gewissen Voraussetzungen in der Gestaltung oder Auswahl des Sachbesitzes spiegeln und dann mitunter gebündelt oder vereinzelt dominieren. Der Archäologe mag dieser Fragestellung skeptisch gegenüberstehen. Im Gegensatz zur schriftlichen Überlieferung findet er in seinem Stoff Formen des menschlichen Zusammenlebens nicht direkt manifestiert. Er muß sie auf dem Umweg über Siedlungsweise, Art der Tracht, Schmuckbedürfnis,, Kampftechnik, Grabritus und andere Erscheinungen erst erschließen, wobei er sich häufig genug auf Schlüsse aus historisch bekannten Zuständen angewiesen sieht. Andererseits hat er den Vorteil, jenes Grundverhalten im Gegenständlichen und im Grabungsbefund als Niederschlag bestimmter Zwangslagen oder Wertvorstellungen zu begreifen. Siedlung und Grabdenkmal spielen als Quellen hier eine verschiedene Rolle, weil aus Wohnweise und Wirtschaftsart sich gewisse Einrichtungen des Gesellungslebens ziemlich unmittelbar ableiten lassen, während die andere Quelle diese Einrichtungen, beeinflußt durch religiöse Reflexion, Wertdenken und wirtschaftliche Möglichkeiten, nur als verzeichnetes Abbild der Wirklichkeit zu überliefern scheint. 1

O.Koenig, Kultur und Verhaltensforschung (1970).

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Georg Kossack

Das Kieler Institut ist von der Siedlungsart als Spiegel sozialer Verhältnisse ausgegangen und hat sich in jahrelanger Geländearbeit mit der Frage befaßt, wie eine kleine Bevölkerungsgruppe an der Westküste des Landes, auf einer engen, natürlich begrenzten Siedlungsinsel zusammengedrängt, mit den Herausforderungen fertig geworden ist, welche eine siedlungsfeindliche Umwelt an sie gestellt hat2. Anzahl der Höfe, Bevölkerungsgröße, Umfang der Wirtschaftsfläche und Wirtschaftsweise standen in einer festen Beziehung zueinander. Zusammen mit der technischen Ausrüstung und den Kenntnissen und Fertigkeiten der Bewohner bildeten sie die Faktoren, welche der Art des Zusammenlebens eine besondere Richtung gaben, das Gemeinschaftsleben allmählich veränderten und das Traditionsgefüge beeinflußten. Aber dieses Zusammenwirken erklärt noch nicht, wie es möglich gewesen ist, trotz vieler Naturkatastrophen Jahrhunderte hindurch an dieser Lebenszelle festzuhalten, Störungen des biologischen Gleichgewichts, die ohne Expansion, Abwanderung oder Seuchen unvermeidbar waren, zu überwinden und dennoch den zivilisatorischen Status zu halten oder zu verbessern. Unter außergewöhnlicher Dauerbelastung hielten solche Gruppen augenscheinlich enger zusammen als dort, wo die Lebensbedingungen günstiger waren. Weil das Zusammengehörigkeitsgefühl derartig entwickelt war, mag auch der Wille, an einem Territorium festzuhalten, besonders ausgeprägt gewesen sein. Die Umsetzung dieser elementaren Eigenschaften in bestimmte Verhaltensnormen und deren Wirksamkeit in der Auseinandersetzung der Bevölkerung mit ihrer Umwelt einzuschätzen, das ist die Aufgabe, die wir uns bei unseren siedlungsgeschichtlichen Untersuchungen gestellt haben. Dies führt zugleich zu dem viel verwickeiteren zweiten Problemkreis zurück, welcher die Grabdenkmäler als Spiegel mannigfaltiger Verhaltensweisen zum Inhalt hat. Ebenso wie sich in der Siedlungsgeschichte die Ursachen für bestimmte Verhaltensweisen am klarsten aufdecken lassen, wenn sie unter Ausnahmebedingungen wirksam wurden, so liegt es auch bei der Untersuchung von Bestattungssitten nahe, zuerst an jene Prunkgräber zu denken, die offensichtlich als Reaktion der Nachwelt auf den Tod außergewöhnlicher Zeitgenossen verstanden werden dürfen. Trotz der Vielfalt der Gebräuche bei der Errichtung des Grabes (Topographie, Architektur) und bei der Behandlung und Ausstattung des Toten, trotz ihrer weiten Verbreitung und trotz ihrer Anwendung in den verschiedenartigsten Kulturzonen über Jahrtausende hinweg bieten die Prunkbestattungen so viele gemeinsame Züge, daß sie im Gegensatz zum lokalen und zeitbedingten Brauchtum als Einheit wirken: selbst wenn man auf monumentalen Grabbau verzichtete, richtete man dennoch den Grabraum in besonderer Weise her (Behang oder Bemalung der Wände, Kammer als Totenwohnung) und bettete den Toten ungewöhnlich (Lade, Sarkophag, Wagen, Schiff). Wo sonst Verbrennung üblich war, legte man Wert auf die Unversehrtheit des Körpers; ihn zu erhalten, wurde bisweilen Mumifizierung angewandt, bezeichnenderweise auch dann, wenn die dazu notwendige Technik erst kurze Zeit bekannt war. Durchgängig sind es jedoch die Requisiten gehobenen Lebensstandards, die das Prachtgrab kennzeichnen, meist Ergebnisse kunstgewerblich hervorragender Leistungen und Einfuhrgut aus fremden Ländern. Bewaffnung wurde zwar nicht immer mitgegeben, aber wo dies der Fall war, wählte man Prunkstücke aus. öfters begegnet Reitzeug. Dazu kommen mitunter Pferde, und zwar keineswegs überall unter dem Einfluß reiternomadischer Lebensweise. Auffallend häufig hatte man dem Toten ein Brettspiel zugedacht, bisweilen auch ein Musikinstrument. "Wichtig schien ferner die Art der Kleidung; denn erhielt sie sich, finden wir immer wieder kostbare Stoffe (Seide, Brokat u. a.). Trachtzubehör und Schmuck fehlen in Frauengräbern fast nie, auch Reinigungsgerät spielte eine gewisse Rolle (Besteck, Waschschüssel, Kanne, Kamm). 2

55. Ber. RGK. 1974.

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Schließlich beobachtet man Fleischstücke und Getränke und dementsprechend Eß- und Trinkgeschirr, das öfters, in ganzen Sätzen mitgegeben, ewigem Gelage dienen konnte. Gegenstände zu magischen Zwecken und Herrschaftszeichen sind zwar vergleichsweise selten, aber sie erhöhen den Rang auch derjenigen Inventare, die bis auf diese Wertspeicher gleichartig ausgestattet sind. Eine genaue Abgrenzung dessen, was als Prunkgrab zu gelten habe, läßt vermutlich nicht einmal der Vergleich mit den alltäglichen Bestattungen zu. Wir können nicht sicher sein, ob schon einzelne Merkmale ausreichen, die Bezeichnung zu vergeben, ob erst ein Merkmalsverbund sie rechtfertigt und wie groß dann der Spielraum bemessen sein darf. Bei dieser Sachlage wird der Fachausdruck „Fürstengrab" der Kompliziertheit der Erscheinung keineswegs gerecht. Das Wort meint nur die Anhäufung von Besitz in den Händen eines einzelnen oder des Sozialverbandes, dem er sich zugehörig fühlte, und umschreibt einseitig seine Machtmittel, in die Arbeit anderer lenkend einzugreifen und ihre Ergebnisse für sich auszunutzen. Wie immer der oft bemerkenswerte Reichtum erworben worden sein mochte, er scheint der Person oder seiner Gruppe eine besondere Stellung im Gefüge der Gemeinschaft eingeräumt zu haben; auf der sozialen Stufenleiter placierte man infolgedessen die auf solche Weise Ausgezeichneten an höchster Stelle. Die Schlüssigkeit der Folgerungen, die man aus dieser Ableitung gewöhnlich zieht, braucht man wohl gar nicht erst zu prüfen, solange man die Eigenschaften der Quelle noch nicht kennt. Denn man darf vermuten, daß in der Idee, welche den Prunkgräbern zugrunde lag, verschiedene Absichten und Einstellungen zusammenliefen: religiöse Gedanken, sofern sie auf das Ergehen nach Verlassen der Erde abzielten, auch soziale Wertvorstellungen,, Ansprüche rechtlicher Art und die Möglichkeit, wirtschaftliche Hilfsquellen diesseitiger Nutzung zu entziehen. Gerade weil hier mehrere Bereiche sich gedanklich wie sachlich überschneiden und das Geschehen auf die Person bezogen und ritualisiert erscheint, bieten die Prunkgräber ein hervorragendes Mittel, typische Verhaltensweisen unter besonderen Bedingungen bloßzulegen. Versuche, das Ideengeflecht in einzelne Stränge zu zerlegen, führten entweder zu sehr allgemeinen Aussagen oder erzielten nur Teilergebnisse, die sich nicht verallgemeinern lassen. Tatsächlich scheint es aufs Ganze gesehen wenig ergiebig, ein spezifisch religiös begründetes Motiv zu finden, ein Recht auf Mitgabe der beweglichen Habe überall vorauszusetzen oder immer gleiche Sozialverhältnisse anzunehmen. Dagegen sprechen schon die weite Verbreitung der Erscheinung, ihr Vorkommen in ungleichen Kultursystemen (staatlich aufgebaute, bäuerliche, nomadische) und ihr verschiedenes Alter, das von der frühen Metallzeit bis in das hohe Mittelalter, ja vereinzelt bis in die Neuzeit reicht3. Selbst wenn es gelänge, die Prachtgräber aus ihrer Isolierung herauszunehmen und sie topographisch wie chronologisch auf Denkmäler zu beziehen, die als eindeutiger Ausdruck wirtschaftlicher und sozialer Leistungen gelten dürfen wie Bergbau auf Salz, Kupfer und Eisen oder befestigte Siedlungen („Herrensitze"), blieben solche Befunde Ausnahmen. Man muß dann begründen, warum

3 Auf eine bemerkenswerte Fundgruppe aus Jakutien weist mich R. Kenk, Kiel (jetzt Gießen) hin: I. Konstantinow, Zachoronenija s konem v Jakutii in: J. Mocanov (Hrg.), Po sledam drewnych kultur Jakutii (1970) 183 ff. Es handelt sich um Gräber des 18. Jh. von Cappanda bei Lenin am mittleren Lenalauf. Typisch die Bestattung der Grabung 1969: bei einem männlichen Skelett Kleidungsreste (u. a. Pelze), Köcher mit Pfeilen, Sattel, Steigbügel, Gürtelteile, Glasflasche, Teekessel von 1732, Zaumzeug. Davon entfernt vier Pferde mit

Beigaben. Mündliche wie schriftliche Überlieferung sichert das Zeremoniell: beim Begräbnis werden zwei oder drei Pferde mitgeführt, das prunkvoll geschmückte wird getötet und mit dem Verstorbenen bestattet, die anderen Tiere abseits. Konstantinow verknüpft den Brauch mit einer alttürkischen Sitte. Die turksprechenden Vorfahren der Jakuten hätten sie an die Lena gebracht. - Das Beispiel ist wichtig für die Beantwortung der Frage nach dem Verhältnis von Prunkgrab und interethnischem Kontakt, dazu unten S. 21 Anm, 80.

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in diesem Falle Rohstoffgewinnung zur Anlage von Prunkgräbern führen mußte, in jenem dagegen nicht, warum hier die Befestigung der Wohnstätten mit der Anhäufung von Sachwerten in Einzelgräbern zusammenging, dort Wechselseitigkeit fehlt. So richtig es ist, aus den lokalen Verhältnissen möglichst viele Hinweise auf Wirtschaft und Gesellungsleben zu gewinnen 4, für so falsch halte ich es, sie als notwendige Argumente bei der Frage nach der Motivation für die Anlage von Prachtgräbern einzubringen. Denn selbst wenn man vermutet oder weiß, daß Kupfer, Eisen oder Salz abgebaut, verarbeitet und in Umlauf gebracht worden ist, wie will man dann erklären, daß ein technisch-wirtschaftlicher Vorgang nur unter bestimmten Bedingungen in Wertvorstellungen umgesetzt erscheint und im religiösen Verhalten Ausdruck fand? Die Frage läßt sich an lokalem Befund nicht beantworten, mag er auch quellenkundlich günstige Ansatzpunkte bieten. Erst der Vergleich verschieden alter Vorkommen aus abweichenden Kultursystemen gestattet es, feste Merkmale aufzuspüren und mit ihnen die Eigenschaften der Quelle zu beschreiben. Man möge sich nicht irre machen lassen von der räumlichen Weitverbreitung und den zeitlichen Riesenabständen der Einzelfälle. Für sich allein genommen sind sie natürlich eingebunden in das Kulturgefüge ihrer Zeit, stellen insofern eine geschichtliche Individualität dar und dürfen nicht ohne weiteres gleichwertig nebeneinander gesehen werden. Gibt es aber Züge, die trotz abweichender Kultursysteme, großer Zeitabstände und immer wieder wechselnder regionaler Bedingungen regelhaft wiederkehren, dann darf man in diesen Übereinstimmungen eine Manifestation jenes Grundverhaltens sehen, mit dem die einzelne Person oder die Personengruppe auf außergewöhnliche Lagen reagierte.

KÖNIGSGRÄBER UND DYNASTISCHES BEWUSSTSEIN

Einzelfälle auf ihr Verhältnis zum Ganzen zu prüfen, kann nur eine monographische Behandlung leisten, die seit längerem vorbereitet wird5. Hier geht es statt dessen darum, auf einige besonders bemerkenswerte Beispiele hinzuweisen, die möglichst mannigfaltige Informationen geben, in erster Linie aus historisch bekannten Verhältnissen stammen und sich auf Personen beziehen, deren 4

Grundlegend für eine Kleinlandschaft R. Schindler, Studien zum vorgeschichtlichen Siedlungs- und Befestigungswesen des Saarlandes (1968) 89 ff. - Vgl. ferner J. Driehaus, „Fürstengräber" und Eisenerze zwischen Mittelrhein, Mosel und Saar. Germania 43,1965, 32 ff. 5 Die Grundgedanken wurden bereits im Habiiitationskolloquium des Verf. vor der Münchener Philosophischen Fakultät im Sommersemester 1955 vorgetragen, angeregt durch die Lektüre von M. Rostovtzeff, Gesellschaft und Wirtschaft im römischen Kaiserreich l (1929) 299 Anm. 15: „eine Sammlung und Untersuchung der hervorragenden Mausoleen in den verschiedenen Provinzen würde einen anziehenden und sehr nützlichen Beitrag zu unserer Kenntnis der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der römischen Kaiserzeit liefern". Solche vergleichenden Untersuchungen stehen, soweit ich sehe, bis heute aus. Das gilt erst recht für die Prunkgräber aus den antiken Randkulturen. - Meine Studien von neuem aufzunehmen, ermutigte mich die Lektüre des Werkes

von F. Graus, Volk, Herrscher und Heiliger im Reich der Merowinger (1965). Es setzt sich mit den für die Merowingerzeit so kontroversen Begriffen wie „charismatisches Königtum", „Adel" und „Gefolgschaft" auseinander und bietet die wichtigste Literatur. Gewinn zog ich ferner aus der Arbeit von F. Irsigler, Untersuchungen zur Geschichte des frühfränkischen Adels. Rhein. Arch. 70 (1969; im folgenden abgekürzt: Irsigler, Adel). Auch die Vortragsreferate und Diskussionsbeiträge des Bonner Kolloquiums „Hauptprobleme der Siedlung, Sprache und Kultur des Frankenreiches", abgedruckt in: Rhein. Vierteljahresbl. 35, 1971, l ff., haben mich gefördert. - Für Diskussionsmöglichkeit und Nachweise habe ich Kieler Kollegen zu danken: H. Braunert, H. Hinz, E. Hoffmann, E. Hubala, R. Kenk, A. Lang, W. Martini, H. Mayer, M. Müller-Wille, K. Schauenburg und H. Wegener, ferner E. Bakka (Bergen) und D. Ellmers (Bremerhaven).

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sozialer Status dokumentarisch gesichert ist. Das trifft in hohem Maße auf jene Prunkgräber zu, in denen Könige bestattet worden sind. Da sie fast immer in einer Herrscherfolge standen und anzunehmen ist, daß sich dynastisches Bewußtsein auch auf die Gestaltung der Nekropole ausgewirkt hat, sollte sich diese Kette in einer kontinuierlichen Belegung des Bestattungsplatzes wiederfinden lassen. Bekanntlich gibt es solche Fälle in Staatsbildungen mit monarchischer Verfassung und ortsfester Zentralgewalt, in Großreichen wie Stadtstaaten vornehmlich des Vorderen Orients, am frühesten belegt in Ägypten während der ersten Dynastien des Alten Reichs 6 und in Mesopotamien vor der Akkadzeit7, beide Male zwar nicht gleichartig ausgeprägt, aber doch in gewissen Zügen übereinstimmend: dem König, als Gott auf Erden geltend8, geht das Gefolge nach, ausgestattet mit jenen Gütern, welche das Diesseits in das andere Dasein transponiert vorzustellen halfen. Nach diesem Muster richteten sich in Ägypten die Mitglieder der politischen Führungsspitze, wie aus dem Verhalten der Gaufürsten hervorgeht, die seit der fünften Dynastie begannen, sich in ihren eigenen Verwaltungsbezirken prunkvoll beerdigen zu lassen 9, oft weitab vom zentralen Königsfriedhof. Noch viel stärker auf das Herrscherhaus bezogen stellen sich die Mausoleen dar, freilich in späterer Zeit einsetzend und fast allein in der Architektur des Grabes oder im reliefierten Bildprogramm des Sarkophages monumental, kaum noch in Umfang und Güte des Totenzubehörs. Man denkt dabei zunächst an die über 300 Jahre lang benutzte Alexandrinische Ptolemäernekropole, mit der seit der Translatio der Mumie Alexanders der Kult des Königs als eines Gottes bis in die römische Kaiserzeit hinein verbunden war10. Man hat dann ferner wegen der Meisterwerke in der Reliefkunst die phönikische Königsnekropole von Ayaa ostwärts Sidon im Auge zu behalten n. Es handelt sich um jene neun unterirdischen Nischenkammern, die auf Tabnit zurückgehen (Ende 6. Jahrhundert v. Chr.), der Priester der Astart war wie schon sein Vater, den er in einer Inschrift nennt, verbunden mit dem Fluch auf Störenfriede (er trage „kein Silber, kein Gold, keine Schätze" bei sich). Die Belegung der Grüfte reicht bis Abdalonymos, der von Alexander als Herrscher eingesetzt worden war und als Grabherr des berühmten Alexandersarkophages in Betracht kommt (um 300). Über die späteren Mausoleen im eigentlichen Sinne, wie eines der namengebende Maussolos als monumentales Denkmal der Hekatomnidendynastie in Halikarnassos errichtet hat, muß hier nicht mehr die Rede sein; Verbreitung und Überlieferung des Baugedankens bis in die römische Kaiserzeit sind bekannt. Aber ich frage mich, ob Prunkgräber, die an ein und derselben örtlichkeit eine länger andauernde und lückenlose Reihe bilden, nicht vergleichsweise selten, ja Ausnahmen gewesen sind. Kann man ferner die Deutung der bisher behandelten Befunde auf diejenigen Fälle übertragen, bei denen zwar über längere Zeit hin reichende Grabanlagen kontinuierliche Belegung und fortdauerndes Brauchtum vermuten lassen, eine vollständige Herrscherreihe dagegen nicht überliefert ist?

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Lit. in: The Cambridge Ancient History l, 2 ('1971)

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C. Wolley, Ur Excavations 2. The Royal Cemetery (1934). Zur Chronologie neuerdings grundlegend H. Nissen, Zur Datierung des Königsfriedhofes von Ur. Beitr. z. ur- u. frühgesch. Archäol. d. Mittelmeer-KuIturraumes 3 (1966). Dazu M. Mallowan in: The Cambridge Ancient History l, 2 (31971) 245. 8 Religionskundlich wichtige Aspekte der Königsgräber von Ur A. Moortgat, Tammuz. Der Unsterblichkeitsglaube in der altorientalischen Bildkunst (1949); ders. in: Ägypten und Vorderasien im Altertum (1950) 249 ff.

9 H. Brunner, Die Anlagen der ägyptischen Felsgräber bis zum Mittleren Reich. Ägyptol. Forsch. 3 (1936). 10 H. Thiersch, Jahrb. d. Dt. Arch. Inst. 25, 1910, 55 ff.; M. Bernhard in: Rev. Arch. 1956,129 ff. P. Fräser, Ptolemaic Alexandria (1971) l, 32 ff.; 2,102 ff. 11 O. Hamdy Bey u. T. Reinach, Une necropole h Sidon (1892). Gesamtplan leicht erreichbar in: H. Bossert, Altsyrien (1951) 113 Abb. 374; V. v. Graeve, Der Alexandersarkophag und seine Werkstatt. Istanbuler Forsch. 28 (1970). Vgl. die Kontroverse zwischen F. Studniczka, Jahrb. d. Dt. Arch. Inst. 9, 1894, 204 ff. (Kontinuität), und F. Winter, Arch. Anz. 1894, l ff.

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In Wirklichkeit ist eine Herrscherreihe ja nicht einmal für die Königsgräber von Ur sicher zu belegen. Der Friedhof setzte hier am Beginn der dritten frühdynastischen Periode ein, wurde auch in der Akkadzeit noch benutzt und endete während der dritten Dynastie von Ur. Die vielzitierten Prachtbegräbnisse gehören keiner der drei Dynastien an. Sie stammen aus einer Zeit, die, noch vor der ersten gelegen und von ihr durch die Herrschaft eines Dynasten aus Lagas getrennt, nur durch drei oder vier Königsnamen repräsentiert wird7. Mir scheint es bei einer solchen freilich nicht ganz unbestrittenen Chronologie schwierig, Belegungsfolge und Dauer einer ältesten „Dynastie" von Ur einigermaßen zur Deckung bringen zu wollen. Koinzidenz ist auch in Sidon bezweifelt worden,, wo inschriftliche Zeugnisse tatsächlich so selten sind, daß von einer lückenlosen Belegung allein durch das Herrscherhaus ohne weitere Anhaltspunkte nicht gut die Rede sein konnte. Man verglich das Erzählgut der Reliefs mit Ereignissen im Leben der Könige, bemerkte Störungen in den Lageverhältnissen der Sarkophage und kam zu der Überzeugung, die Nekropole sei in den Besitz einer reichen Kaufmannsfamilie übergegangen, die sich die kostbaren Prunksärge beschaffen konnte. Erst in neueren Studien11 wird wieder eine kontinuierliche Benutzung innerhalb der Dynastie vertreten. Noch unsicherer stellen sich die meisten anderen Befunde aus dem chronologisch wie geographisch weit gespannten Kreis der Königsfriedhöfe dar. In Mykenai schienen die Gräber auf eine starke Befestigung mit Palastanlage bezogen zu sein. Aber wir wissen heute, daß dies noch nicht für die frühen Prunkbestattungen gelten kann, weder für die Schachtgräber (A und B) noch für die ältesten Felskammergräber, und daß während der Spätzeit der Befestigung und der größten Ausdehnung des Palastes keine Prachtgräber mehr errichtet wurden, ausgenommen die nach Atreus und Klytämnestra genannten Tholoi, deren Datierung jedoch umstritten ist12. Lückenlose Belegung ist zwar bei den Schachtgräbern anzunehmen, auch bei den Kammergräbern zu vermuten, die reiche Materialien aller drei späthelladischen Stufen lieferten, bei den Tholoi aber gar nicht nachprüfbar. Ob eine Dynastie in Mykenai über längere Zeit bestand, läßt sich bestenfalls aus späterer Überlieferung erschließen. Im phrygischen Gordion besteht zwar ähnlich wie in Mykenai ein enger Zusammenhang zwischen „Königsgräbern" und befestigtem Palast, aber man kann nicht einmal vermutungsweise sagen, daß sie allein für die Angehörigen der Dynastie, deren Geschichte freilich legendäre Züge trägt, erbaut worden sind und daß sie deren Regierungszeit ausfüllen13. Selbst in Sardes, wo die viel besser bezeugte Memnadendynastie, die Lydien zum Range einer Großmacht befördert hat, über 150 Jahre die Herrschaft besaß, bietet das zugehörige Gräberfeld Bintepe14 in unserem Zusammenhang bisher noch keine befriedigenden Daten15. Die Königsgräber der Achämeniden, auf mehrere benachbarte Plätze verteilt (Pasargadai, Naqsh-i Rustam und Persepolis), bilden bekanntlich erst recht keine geschlossene Reihe, obwohl man wenigstens bei einigen weiß, wer in ihnen begraben worden ist. Mit der wechselnden Wahl der örtlichkeit für die Hofhaltung kann die Verlegung der Grabplätze nicht zusammenhängen, weil sie sich um Persepolis zu konzentrieren scheinen, Persepolis aber niemals die Rolle der politischen Zentrale zufiel, vielmehr Ekbatana und Susa

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G. Mylonas, Mycenae and the Mycenaean Age (1966) 19 ff. (Befestigung). 58 ff. (Palast). 90 ff. (Schachtgräber). 111 ff. (Kammergräber). 120 ff. (Tholoi). Vgl. noch F. Matz, Handb. d. Archäol. 2 (1950) 279 ff. 13

G. u. A. Körte, Gordion. Ergänzungsh. 5 Jahrb. d. Dt. Arch. Inst. (1904). R. Young, Amer. Journal of Arch. 61, 1957, 319 ff.; 62, 1958, 139 ff.; 64, 1960, 227 ff.; 68, 1964, 279 ff.; 70, 1966, 267 ff.; 72, 1968, 321 ff. Kurz

zusammenfassend ders., Gordion. A Guide of the Excavations and Museum (1968). 14 Plan leicht erreichbar bei Bessert, Altanatolien (1942) 23 ff. Abb. 153. 15 Vgl. die Berichte über neuere Ausgrabungen in Sardes von G. Hanfmann: Bull. Amer. Schools of Oriental Research 157, 1960, 10 ff.; 166, 1962, 24 ff.; 170, 1963, 52 it.; 174, 1964, 52 ff.; 177, 1965, 27 ff.; 182, 1966, 27 ff.; 186,1967, 37 ff.

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als Metropolen galten und die Residenz der Könige selbst an keinen bestimmten Ort gebunden war16. Ähnlich beweglich in der Wahl des Fürstensitzes, stellt auch die ältere Odrysendynastie in Thrakien die Forschung vor unüberwindliche Schwierigkeiten. Obwohl zusammenhängende Namenreihen überliefert sind17, lassen sich dem Herrscherhaus aus dem Kernbereich (unteres Tonzos- und mittleren Hebrostal) und der Blütezeit des Staats überhaupt keine Begräbnisplätze zuordnen. Allenfalls kommen die Kuppelgräber von Mezek (Svilengrad) und Kirklareli (Lozengrad) in Betracht, die während der Regierungszeit Seuthes II. oder Kotys I. (erste Hälfte 4. Jahrhundert) errichtet worden sein mögen18. Ältere Anlagen, die aus der Zeit nach dem Skythenfeldzug des Dareios und dessen Vertreibung aus Thrakien, also aus den Tagen des Teres, Sitalkes oder Medokos stammen könnten, sind hier unbekannt. Einige der wenigen örtlichkeiten, wo vom Ende des 6. bis an das Ende des 5. Jahrhunderts anscheinend ohne Unterbrechung Hügelbau nachzuweisen ist, liegt bei Duvanlij 19 nördlich des oberen Hebros. Diese Landschaft scheint anfänglich noch nicht zum Odrysenland gehört zu haben,, sondern wurde wohl erst unter Sitalkes in dessen Machtbereich einbezogen. Als dann viel später nach der Unterwerfung durch Lysimachos Seuthes III. (323-311) weitab vom Zentrum des Geschehens im oberen Tonzostal unweit vom Schipkapaß seinen befestigten Palast errichtet hatte 20 , stellten sich nahebei auch monumentale Prachtbestattungen21 ein (Koprinka, Kazanläk). Sie scheinen aber allein der Wende vom 4. zum 3. Jahrhundert anzugehören, während die Stadt selbst erst am Ende des 3. Jahrhundert zugrunde ging. Ein letztes Beispiel für die Diskordanz zwischen Herrscherfolge und Belegungsdauer in königlichen Grüften bietet Vice in türkisch-Thrakien22, wo eine der prächtigsten und am reichsten ausgestatteten Grabkammern aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. zum Vorschein kam. Unbestreitbar gehört sie zum Stadtbereich des alten Bizye23, der „arx regum Thraciae", wie Plinius die Niederlassung bezeichnet hat, eine alte Gründung im Astenland, deren Bedeutung bis in das S.Jahrhundert v. Chr. zurückreicht. Aber aus so früher Zeit fehlt es hier an Gräbern königlichen Ranges. Jenes späte Denkmal wurde vermutlich kurz vor der Eingliederung Thrakiens in das Imperium um die Jahrhunderthälfte errichtet, sollte ein unabhängiger Herrscher in ihm bestattet worden sein. Anders sind die Fundverhältnisse im Bosporanischen Königreich, dessen Hauptstadt Pantikapaion aus einer griechischen Kolonie erwachsen war 24 . Die Spartokidendynastie kam wahrscheinlich aus Thrakien, wo nicht allein das Namengut der Könige, sondern auch die Architektur der sepulkralen Monumente gute Parallelen hat. An Prachtgräbern herrscht in Pantikapaion seit dem 4. Jahrhundert v. Chr. wahrlich kein Mangel, man findet sie in allen folgenden Jahrhunderten bis in die Zeit nach 16

Zur Topographie der Gräber und zur Stellung von Persepolis R. Frye, Persien. Kindlers Kulturgesch. (1962) 199 ff.; D. Stronach in: Iran 2, 1964, 21 ff.; L. van den Berghe in: Vorderasiatische Archäologie (Festschr. A. Moortgat) (1964) 243 ff.; H. v. Gall in: Arch. Anz. 1966, 19 ff. C. Nylander in: Iranica Antiqua 6, 1966, 140 ff., bes. 144 ff. 17 Zur Geschichte Thrakiens B. Lenk, RE VI A 421 ff. Leicht erreichbar J. Wiesner, Die Thraker. Urban-Bücher 41 (1963) 116 ff. 18 Mezek: B. Filov, Izvestija Arch. Sofia (Bull. Inst. Arch. Bulgare) 11, 1937, l ff. 107 ff. (dt. Text). Kirklareli: M. Mansel, Die Kuppelgräber von Kirklareli in Thrakien. Türk Tarih Kurumu Yayinlarindan 6. Ser. 2 (1943).

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Filow, Die Grabhügelnekropole bei Duvinlij in Südbulgarien (1934). 20 Kurzer Überblick über die Geschichte von Seuthopolis, die einzige Residenz, die bisher von thrakischen Königen bekannt geworden ist, bei C. Dannof, RE Suppl. 9,1370 ff., hier auch Plan und Lit. 21 V. Mikov, Anticnata grobnica pri Kazanläk (1954); K. Zuglev in: Godisnik Sof. Univ. phil. Fak. 47, 1950/51 - 1951/52, H. 2, 217 ff.; 49, 1955, H. 2, 35 ff. (Koprinka}. 22 Mansel, Izvestija Arch. Sofia (Bull. Inst. Arch. Bulgare) 13, 1939, 154 ff. Arch. Anz. 1941, 151 ff. - Zum Inventar neuerdings H. Nuber, 53. Ber. RGK. 1972, 169 ff. 23 RE III l, 552. 24 RE Suppl. 9,1119 ff. mit neuerer Lit.

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dem Zerfall des Hunnenreichs25. Einige der Großanlagen namentlich der Frühzeit könnte man aus verschiedenen Gründen Angehörigen des königlichen Hauses zuschreiben - schon Umfang und Güte der Architektur oder der Ausstattung legen dies nahe -, tatsächlich belegen läßt sich eine solche Verbindung aber erst für die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts n. Chr. (Rheskupores III.). Von anderen Gräbern weiß man wenigstens etliche Male, daß angesehene und vermögende Familien der Stadt gewissen Kulten ihrer Zeit aufgeschlossen waren und sich derlei Aufwand leisten konnten. Wie aus diesen wenigen Beispielen hervorgeht, hingen Beginn und Ende der Grabsitte keineswegs immer und notwendigerweise von der Bildung oder vom Untergang der Dynastien ab, sofern sie überhaupt Ausdruck monarchischer Repräsentation gewesen ist. Nicht einmal dort, wo die Führungsspitze ortsgebunden in Erscheinung trat, ist Übereinstimmung zwischen Dynastiendauer und Belegungsfolge der Gräber als Regel festzustellen. Wo die Hofhaltung die örtlichkeit gewechselt hat, ist es erst recht nicht möglich. Das ist genau das Bild, welches die archäologische Überlieferung für das frühe Mittelalter im abendländischen Kulturbereich zu erkennen gibt. Das Vorbild von Byzanz als Residenzstadt der Kaiser, Gottes Stellvertreter, welche seit Justinian fast lückenlos bis in das 10. Jahrh. in der Apostelkirche Konstantins bestattet worden sind, blieb im germanischen Westen fast ohne formenden Widerhall, obgleich wenigstens bei den Langobarden Pavia zur politischen Zentrale vorrückte, den königlichen Palast erhielt und die meisten Königsgräber, auf verschiedene Kirchen verteilt, aufgenommen hat26. Einen Versuch in dieser Richtung unternahm noch Chlodwig. Nachdem er, in Reims getauft, in der alten Bischofsstadt Tours (St. Martin) vom Kaiser das Konsulatspatent empfangen hatte und sich dort, angetan mit den Zeichen seiner neuen Würde (Purpurrock, Mantel, Diadem), als christlicher Monarch vom Volke feiern ließ, wählte er Paris zum Sitze seiner Herrschaft (cathedram regni, Gregor II 38). Ebendort errichtete er eine basilica sanctorum apostolorum über dem Grabe der Hl. Genofeva (II 43), jene Kirche, in der er, wie seine Gattin, eine seiner Töchter und zwei seiner Enkel beerdigt wurden27. Damit war jedoch die Überlieferung an Ort und Stelle bereits abgerissen,, die imitatio imperii, soweit man sie sich in diesen Handlungen widerspiegeln sieht, wirkungslos geworden. Andere Kirchen in der Metropole, in unmittelbarer Nachbarschaft oder weit davon entfernt, nahmen die späteren Könige und ihre Verwandten auf, kaum jemals übrigens in lückenloser Folge28. Nach Tournai, wo das Grab des ersten Merowingerkönigs vor den Mauern der Römerstadt gelegen war, ist kein einziges Mitglied der Dynastie zurückgekehrt; die Sepultur war in Vergessenheit geraten. Traditionsreicher scheinen sich die Häuser von Kent (Canterbury) und Wessex (Winchester) dargestellt zu haben, aber gesicherte Grabfolgen sind selbst in Winchester nicht vor dem 8. oder 9. Jahrhundert festzustellenM. In Skandinavien, wo die Missionierung das Königshaus bekanntlich nicht vor dem 10. Jahrhundert erreicht hat, wird das Verhältnis von Einzelgrab und Königssepultur in einer Kirche nirgend deutlicher als in dem Gegensatz zwischen Jelling (Mitteljütland) und Roskilde (Seeland) unweit von Lejre, sagenhaftem Königssitz der Skjöldunge und jener heidnischen Opferstätte, die Thietmar von Merseburg erwähnt. In Jelling ließ Gorm der Alte seiner Gemahlin Thyra einen Runenstein und einen Riesentumulus errichten, der mit einem heiligen Bezirk verbunden war. Man hatte wohl beabsichtigt, Gorm selbst an ihrer Seite zu bestatten, weil die Totenkammer für ein 25 Rostowzeff, Skythien und der Bosporus l (1931) 148 ff.; M. Ebert, Südrußland im Altertum (1921) 306 ff.; V. Gajdukevic, Das Bosporanische Reich (1971) 256 ff. 26 K. Krüger, Königsgrabkirchen. Münstersche Mittelalter-Schr. 4 (1971) 337 ff., bes. 366 ff.

" a. a. O. 40 ff. « a. a. O. 30 ff. 2 » a. a. O. 251 ff.

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Doppelgrab eingerichtet war. Noch Harald widmete dort seinen Eltern jenen berühmten Stein, dessen Bildfeld der gekreuzigte Heiland einnimmt und auf dessen Inschrift er sich als christlichen Herrscher nennt. Er verlegte seine Hofhaltung vermutlich nach Roskilde, jedenfalls erbaute er an diesem Platz eine Kirche, in der er auch begraben wurde (986). Möglicherweise ließ er seine Eltern dorthin überführen, worauf der Grabungsbefund im Thyrahügel hinzudeuten scheint30. Sicher gilt das für seinen Sohn Sven Gabelbart, der in England gefallen (1014) und vorerst in York bestattet war, bis er, in seine Heimat zurückgebracht, in Roskilde seine letzte Ruhe fand31. Seit Waldemar I. (1182) nahm unter veränderten politischen Verhältnissen die Kirche von Ringsted auf Seeland die königliche Gruft auf 32 , sie verblieb dort bis in den Beginn des 14. Jahrhunderts. Gab man die Beigabensitte in Königsgräbern mit wenigen Ausnahmen33 während des frühen Mittelalters auf dem Kontinent auf, folgte man darin antikem Brauch und religiöser Überzeugung. Statt Prachtentfaltung bei der Ausstattung war es die Grablege in der Kirche, vielfach „ad sanctos", die den Königen jene repräsentative Nähe zum himmlischen Weltenlenker sicherte, welche ihrem Rang nach der Vorstellung der Gläubigen entsprach. Mochte die Wahl der Kirche auf Wechselbeziehungen zwischen königlicher Sippe, regnum und Patron beruhen und bei wiederholter Benutzung auch aus familiärem Zusammengehörigkeitsgefühl begründet worden sein, als monarchische Institution wie in Byzanz läßt sich die Herrschergrablege bei den Germanen des frühen Mittelalters in der Regel noch nicht bezeichnen, obgleich Ansätze zu einer imitatio imperii belegbar scheinen. Weit von solcher Vorstellung entfernt, noch überwiegend in heidnischem Brauchtum wurzelnd, erweisen sich die frühmittelalterlichen Königsgräber außerhalb der Kirchen: das Grab des Childerich (481), des Westgoten Theoderich (?) bei Pouan (451), Redwalds von East Anglia in Sutton Hoo (vor 627)34 und der Eltern Harald Blauzahns in Jelling (nach 935), deren Tumulus sich ein Kultbezirk anschloß. Es ist dies eine Gruppe, der noch namenlose Bestattungen zugeordnet werden können, deren königlicher Status aber durch spätere Überlieferung wahrscheinlich ist: Alt Uppsala, Grabstätte einiger weniger Könige des Ynglingargeschlechts (?) aus dem 5-7. Jahrhundert, nahebei ein später berühmt gewordenes Heiligtum, der Ottarshügel bei Vendel (um 500), Borre und Oseberg in Vestfold (9. Jahrhundert)35. Teils handelt es sich um Einzelgräber, teils um Friedhöfe, deren Belegungsdauer immer nur eine kurze Zeitspanne füllt, soweit man heute weiß, so daß an keiner Stelle von einer längeren Königsreihe die Rede sein kann. Prachtgräber königlichen Ranges wie der monumentale Tumulus von Zurän bei Brunn und die Funde von Blucina (Mähren) und Apahida (bei Klausenburg)36 vermehren die Zahl der Einzelgräber dieser Zeit beträchtlich. 30 Kurzer Überblick bei J. Brandsted, Nordische Vorzeit 3 (1963) 335 it., bes. 340 f., ausführliche Lit.-Angaben 441 f. 31 E. Hoffmann, Kiel, stellte folgende Liste für Roskilde zusammen: Harald Blauzahn (985), Adam von Bremen II 28. - Sven Gabelbart (1014), Simeon von Durham, opera omnia 2 (1885 [Hrg. T. Arnold]) 146 über Tod in Gainsbury. Überführung nach Dänemark: Thietmar von Merseburg VII 37. Gesta Cnutonis II 3 (Scr. min. Hist. Dan. 2) 398 f. - Sven Estridson (1074), Chron. Roskilde 10 (Scr. min. Hist. Dan. 1) 23. - Knut Magnusson (1157). 32 Nach Mitt. von Hoffmann nennen die Scr. min. Dan. 2, 83 ff. („tabula Ringstadensis") Waldemar I (1182), Knut VI (1202), Waldemar II (1241), Waldemar d. J. (1231), Erich Plogpenning (1250), Erich Menved (1319) und Verwandte.

33 G. Haseloff, Die Funde aus dem Sarkophag der Königin Theodolinda in Monza. Germania 30, 1952, 368 ff. Vielleicht noch G. Monaco, Oraficierie langobarde a Parma (1955). 34 Krüger (wie Anm. 26) 38 f. (Tournai). 260 ff. (Sutton Hoo); E. Salin u. A. France-Lanord, Sur le tresor barbare de Pouan (Aube). Gallia 14,1956, 65 ff. 35 Zu Alt-Uppsala B. Almgren in: Sveagold und 'Wikingerschmuck. Ausstellungskataloge d. Rom. Germ. Zentralmus. Mainz 3 (1968) 95 ff. 88 Zu den mährischen Einzelgräbern auswertend J. Werner, Die Langobarden in Pannonien. Abhdl. d. Bayer. Akad. d. Wiss., Phil.-Hist. Kl. NF 55 (1962) 105 ff. Zu Zurän noch Krüger (wie Anm. 26} 343 ff. Apahida: K. Horedt u. D. Protase, Das zweite Fürstengrab von Apahida (Siebenbürgen). Germania 50, 1972, 174 ff.

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Dies bestätigt in aller Schärfe, was aus den anderen Befunden ohnehin hervorzugehen schien, daß nämlich die Ausbildung des Prachtgrabs nicht allein in der dynastischen Bindung wurzelte, sondern in der Regel von den Eigenschaften des Herrschers selbst abhing, von seinem Rangbewußtsein und von seinem persönlichen Bezug zur Gottheit. Wo käme das eindrucksvoller zur Geltung als bei jenem Grabdenkmal Antiochos I. von Kommagene (34 v. Chr.), der sich auf einem der höchsten Gipfel der Tauruskette, also weithin sichtbar auf dem Nemrud Dag „in nächster Nähe der himmlischen Throne" (Inschrift) einen Riesentumulus aufschütten und vor ihm das iranisch-griechische Pantheon mit seinem Selbstbildnis in monumentaler Plastik aufstellen ließ. Es war ein sepulkrales Heiligtum, wie es bereits sein Vater, Mithridates L, im benachbarten Arsameia am Nympheios (Kähtaf ay) errichtet hatte und wie es noch bei Gerger am Euphrat in ähnlicher Art bekannt geworden ist, allemal durch Inschriften als Stätten des Ahnenkults gesichert („Hierothesia")37. Unbestreitbar war in der herrschenden Familie ein starkes dynastisches Zusammengehörigkeitsgefühl lebendig, aber es wirkte sich bezeichnenderweise auch hier nicht derart aus, daß die Grabmäler eine gemeinsame Nekropole bildeten. Jedes für sich allein wurde zum Mittelpunkt des Ahnenkults, freilich kolossalisch überzogen und durch inschriftlich fixierte Verordnungen buchstäblich versteinert. Wo derart hybrid anmutende Formen erreicht sind, ist der Einblick in das kultische Geschehen leicht gemacht, den die sonst stummen Zeugen für die Kenntnis der geistigen Wurzeln herrschaftlicher Ausdrucksformen im Totenkult verweigern. Das Gebot zur Verehrung der Ahnen, die der Gottheit nahe sind,, ist einer der entscheidenden Faktoren bei der Anlage solcher Monumente. Rangdenken und „Imponiergehabe" als biologisch tradierte Eigenschaften scheinen in dieser exponierten Lage auf das Entschiedenste herausgefordert, sie manifestieren sich in Denkmälern außergewöhnlichen Zuschnitts. Daß noch andersartige äußere Bedingungen zum Zustandekommen der Quelle beigetragen haben, wird noch Gegenstand weiterer Erörterung sein. Die Resultate dieser raschen Überschau veranlassen zu der Überlegung, wie weit archäologische Erkenntnis in dem hier behandelten Zusammenhang reicht. Hat man es mit ortsgebundenen, vermeintlich stetig belegten Prachtbegräbnissen zu tun, fehlt aber schriftliche Fixierung fortlaufender Königsreihen, gibt diese der archäologische Befund erst recht nicht her. Sind unterbrochene Folgen von Prachtgräbern oder nur einzelne Monumente festzustellen, kann es sich gleichwohl um Königsgräber handeln, weil sich dynastische Bindung im Grabungsbefund nicht spiegeln muß: aus der Belegungsdauer allein läßt sich die Stabilität der herrschaftlichen Institution in der Regel nicht erschließen. Sind endlich Königsreihen überliefert oder kann man sie aus den literarischen Quellen wiederherstellen, gibt es nur wenige Fälle, in denen es zu einer kontinuierlichen Errichtung von Prunkgräbern gekommen ist, sei es in Nekropolen, sei es in Mausoleen oder Kirchen. 37

K. Human u. O. Puchstein, Reisen in Nordsyrien und Kleinasien (1890) 353 ff.; F. Dörner u. R. Naumann in: Istanbuler Forsch. 10 (1939); Dörner u. T. Goell a.a.O. 23 (1963); Goell in: Bull. Amer. Schools of Oriental research 147, 1957, 4 ff. - Bilder von Nemrud

Dag: R. Girshman, Iran. Universum d. Kunst (1962) 57 ff. Abb. 71-80. - Zur religionsgeschichtlichen Stellung M. Nilsson, Geschichte der griechischen Religion 2 (21961) 170f.

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Vieles von dem, was bisher an Einsichten zu gewinnen war, finden wir bei Prunkbegräbnissen wieder, die man nicht sicher oder unter keinen Umständen mit Königen verbinden kann. Die Forschung hat sich seit langem mit solchen Prunkbegräbnissen beschäftigt und sie wegen ihrer kostbaren und mannigfaltigen Ausstattung auch mit Einfuhrgut teils bloß chronologisch ausgewertet, teils als Beleg für eine gesellschaftliche Stufung angesehen: die Bestatteten werden danach als Mitglieder einer Gruppe aufgefaßt, welche das politische, militärische, wirtschaftliche und religiöse Leben getragen, das Kulturgeschehen tonangebend beeinflußt habe. Das ist vermutlich richtig, nur fragt sich, ob diese Aussage umkehrbar erscheint, ob die Führungsspitze folglich immer dies Mittel der Repräsentation ergriff. Man darf das getrost verneinen, auch ohne umständliche Beweise dafür anzubieten, welche ja die Literatur der Alten in Fülle liefert. Demnach müssen Gründe vorgelegen haben, wenn der archäologische Befund solche imposante Offenbarung des sozialen Status zu erkennen gibt. Wie sich dieser Verband jeweils zusammensetzte, ob überall gleichartig und allein auf familiären Bindungen beruhend oder aus verschiedenartigen Bevölkerungsteilen, und in welchem Umkreis und wie lange er sich bei den Zeitgenossen Hochschätzung zu verschaffen in der Lage war, ist viel schwieriger zu sagen. Fehlen schriftliche Nachrichten, gibt es nur das Kriterium der Wiederkehr und der Dauerhaftigkeit der Grabform, woraus man den Geltungsbereich und die Stabilität der Gruppe veranschlagen kann, die sich derart darzustellen pflegte. Die Zusammensetzung der Verbände scheint mannigfaltig, soweit inschriftliche Zeugnisse darüber unterrichten und soweit es aus dem gesamten Material erschließbar ist. So weiß man, daß wohlhabende Familien, denen Grundbesitz gehörte, die über Produktionsmittel verfügten, am Fernhandel beteiligt waren oder bedeutende Ämter innehatten, Prunkgräber erbauten. Wann diese „Privatgräber" üblich wurden, ist nicht untersucht, aber wir kennen sie in Ägypten bereits im Alten Reich, in Griechenland sicher seit archaischer Zeit, und wir verfolgen sie über Beispiele aus der griechischen Einflußsphäre bis in die hellenistische und römische Epoche. Man denke hier nur an das Grabmal des Bäckers Eurysaces bei der Porta maggiore in Rom38. Die Spätzeit Roms hat dann noch einmal vornehmlich in den Provinzen besonders eindrucksvolle Zeugen hinterlassen, von der Igeler Säule bis zu den Grabtürmen von Palmyra. Vermutlich reicht dieser Strang der Überlieferung bis ins Mittelalter, aber weil Grabarchitektur und Beigabensitte sich grundlegend gewandelt hatten, ist es unmöglich, allein archäologische Kriterien anzuwenden. Wenn beispielsweise in der Rangstaffelung militärischer Verbände damals sich nicht nur familiäre Herkunft, sondern auch Vermögen ausdrückte, wird man Versuchen, den Grad der Vollständigkeit in der Bewaffnung aus Kriegergräbern als Maßstab für den sozialen Status der Bestatteten zu werten, skeptisch gegenüberstehen39. Aistulf (749-757) ergänzte die langobardische Gesetzessammlung durch ein Waffenstatut und berücksichtigte dabei auch diejenigen, „die Handel treiben und vermögend sind (die größeren, mächtigen sollen Panzer, Pferde, Schild und Lanze 38 Rostovtzeff, Gesellschaft und Wirtschaft im römisehen Kaiserreich l (1929) 208 f. u. Taf. 4; E. Nash, Bildlexikon zur Topographie des alten Rom (1962) 329 ff. u. Abb. 1096 ff. 39 Werner, Bewaffnung und Waffenbeigabe in der Merowingerzeit. Settimane di Studio del Centro ital. di

studi sull'alto medioevo (Spoleto) 15 (1968) 95 ff. Vgl. bes. die Diskussionsbemerkungen 204 f. Wieder abgedruckt in: F. Petri (Hrg.), Siedlung, Sprache und Bevölkerungsstruktur in Frankreich. Wege der Forschung 49 (1973) 326 ff. - Ausführlicher für die Spätzeit M. Last in: Nachr. aus Nieders. Urgesch. 38, 1969,55 ff.

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halten"), stufte also die Kaufleute je nach Vermögen in ähnlicher Rangfolge wie die Bevölkerung vom Land40. In die gleiche Richtung weist eine englische Quelle des 11. Jahrhunderts41. Sie trennt zwischen Gerechtsamen und Aufgaben des Adels und bloßem Besitz, der sich wieder in der Art der Bewaffnung spiegelt. Selbst wenn ein Mann vom Lande Helm, Panzer und Schwert mit Goldgriff sein eigen nannte, aber weder Grundbesitz noch Kirche hatte und am Hofe des Königs keine Dienste tat, blieb er gleichwohl Bauer. Diese Zeugnisse sind freilich spät, sie mögen für die Merowingerzeit:, deren Grabfunde die einzige reichlicher fließende Quelle für die soziale Diagnose sind, nicht passen. Aber man muß dann sagen, wann das vermeintliche Vorrecht der Herrenschicht auf repräsentative Zusammenstellung ihrer Grabbeigaben von reichen Bauern oder Händlern gleichsam usurpiert erscheint. Für diese frühe Periode wird es ohnehin schwer genug sein, Adel und grundbesitzendes Bauerntum allein mit Hilfe ihrer materiellen Habe und ihres Grabritus deutlich zu scheiden. Ob es in der älteren Merowingerzeit, insbesondere bei den Franken, überhaupt einen Adel gab, ist bekanntlich noch immer kontrovers und wird es vermutlich bleiben 42. Adel in strengem Sinn war nicht an die Einzelperson gebunden, er war ein Rechtsstand, in den man hineingeboren oder vom König hineinberufen wurde. Hält man an der juristischen Definition fest, muß man aufhören, den Begriff auf die Verhältnisse vor dem 7. Jahrhundert anzuwenden, auch wenn man nicht bezweifelt, daß es bei den Germanen seit altersher Familien mit Standesgefühl und Geltung bei den Zeitgenossen gegeben hat. Es verleitet zu einem Zirkelschluß, wenn man bei der Suche nach merowingischem Adel aus Mangel an literarischen Quellen auf Prachtgräber dieser Zeit zurückgreift, weil hier Ansprüche einer gehobenen Lebensführung, ja herrschaftlicher Qualität manifestiert erscheinen und gewisse Übereinstimmungen mit gleichzeitigen Königsgräbern bestehen 43: der Archäologe bezeichnet sie als Adelsgräber, nicht weil er sie zu personalisieren vermag, sondern weil er darin kritiklos dem Historiker folgt, der den Adelsbegriff selbst verwendete, als es darum ging, die sozialen Verhältnisse bei den Germanen der römischen Kaiserzeit aus zeitgenössischen Berichten zu erschließen und als Vorläufer der späteren Zustände zu erläutern. Niemand leugnet, daß von Adel, wie immer man den Begriff definieren, welche Attribute man mit ihm verbunden wissen will, tatsächlich erst die Rede sein darf, wenn eine gewisse Konstanz des Personalverbandes und seiner Geltung nachzuweisen ist. Abgrenzung nach unten oder soziale Durchlässigkeit, Herrschaft über Land und Leute kraft autonomer Gewalt oder ermöglicht durch Königsdienst, wirtschaftliche Stärke durch Verfügungsrecht über Grund und Boden oder nur Akkumulation von Sachgütern durch Geschenk oder Raub, letztlich eine noch im Magischen wurzelnde Glücksvorstellung, alle diese Eigenschaften, deren scheinbar gegensätzliche Ausdrucksformen durchaus miteinander vereinbar sind, haben bei weitem nicht das gleiche Gewicht in der Argumentation wie der Nachweis der Dauerhaftigkeit der als edel empfundenen Familien, wobei weniger an ihre biologische Substanz zu denken ist als vielmehr an ihren Ahnenstolz und ihren Rang, Voraussetzungen ihrer Macht. Aber wie läßt sich solche Stetigkeit erweisen, wenn die Personenforschung44 aus Mangel an Namengut und einleuchtenden Argumenten für verwandtschaftliche Beziehungen ein 40

H. Hinz, Kiel, weist mich hin auf F. Beyerle, Die Gesetze der Langobarden 2: Novellen. Germanenrechte 3 (1962) 104 f. („Waffenstatut"). 41 Hinz, Zu den Adelsgräbern des 8. Jh. Offa 27,1970 (1971) 31 ff., bes. 48 f. 42 Die Lit. in den Anm. 5 genannten Arbeiten von Graus und Irsigler. Sprachgeschichtliches kurz zusammengefaßt von H. Kühn in: J. Hoops, Reall. d. germ.

Altkde, l (21972) 58 ff. Wichtig der besonnene hist. Überblick von R. Wenskus a. a. O. 60 ff. 4S Vgl. die Diskussionsbemerkungen von W. Schlesinger und E. Ennen in: Rhein. Vierteljahresbl. 35,1971, 91 f. 98. 102. Die Stellungnahme Schlesingers wieder abgedruckt in: Petri [wie Anm. 39] 545 ff., bes. 550. 44 Lit. bei Irsigl'er, Adel 68 f. Anm. 213. 214.

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Ende hat? Schon die Lückenhaftigkeit der literarischen Überlieferung limitiert die reale Lebensspanne der führenden Geschlechter: bald treten sie aus dokumentationslosem Dunkel ins Dämmerlicht früher Schriftlichkeit, bald verschwinden sie aus den Annalen, ohne daß sich Bildung und Zerfall solcher Familien mit diesen Zufallsdaten zur Deckung bringen ließen. Viel weiter führt der archäologische Befund auch nicht. Unbestreitbar hat es im Altertum und im Mittelalter vornehme Familien von Geblüt gegeben, die sich in Prachtgräbern bestatten ließen. Allein die Via Appia ist voll davon. Aber neben Grüften, die hier so bedeutenden Familien wie den Scipionen dienten, steht einsam der Rundbau der Caecilia Metalla 45. Sie war als Schwiegertochter eines der wohlhabendsten und politisch einflußreichsten Männer (M. Licinius Crassus) vermögend genug, sich auch beim Bau des Grabmals luxuriös zu zeigen. Sie entstammte einem Geschlecht, das bis ins 5. Jahrhundert v. Chr. hinaufreichte und seit dem 3. Jahrhundert zur Nobilität gehörte. Dennoch erscheint das Grabmal dem Zusammenhang mit der stolzen Ahnenreihe gleichsam entrückt und war wohl auch nicht als Familiengruft gedacht. Bei Grabreihen, die Ausfallstraßen säumen, ist es begreiflich, wenn man bedeutende Monumente berühmter Einzelpersonen vom Ortsfriedhof getrennt hat. Man hatte solche Monumente ja auch an Grabwegen innerhalb geschlossener Nekropolen isoliert, deren Anlage dem Bauplan der Städte nachgebildet wurde. Aber man kennt dies Verhalten auch ohne Bindung an die Gräberstraße und muß es dann für um so bemerkenswerter halten, als isolierte Einzelgräber oder Grabgruppen fast immer außergewöhnliche Bauten sind oder Prunkinventare enthalten, die größeren Gräberfelder solcher örtlichkeiten dagegen nur in besonderen Fällen. Beispiele dafür gibt es aus verschiedenartigen Kultursystemen und verschiedenen Zeitaltern, obgleich der Mangel an chronologisch differenzierten Kartierungen die Eindeutigkeit der Befunde häufig in Frage stellt, vornehmlich im mediterranen Kulturbereich; sind die Bestattungsplätze ihrer Lage und Zeitfolge nach sorgfältig beschrieben wie bisweilen in Etrurien, erzielt man allerdings einzigartige Ergebnisse. Aus altetruskischer Zeit erwähne ich Tarquinia46. Der Zentralfriedhof lag gegenüber dem Stadthügel auf den Monterozzi, aufgeschlossen durch jene Straße, die zum heutigen Corneto führt, gesäumt von Tumuli und Kammergräbern reichen Inhalts und bedeutender architektonischer Gestaltung. Aber solche Monumente finden sich auch außerhalb der Nekropole auf den Hügeln im Umkreis der Stadt, in exclusiver Lage auf dem Monte Quagliere und andernorts, meist einzeln oder in geringer Anzahl. Zu nennen wäre ferner Cerveteri-Caere47; die Stadt der Lebenden erhob sich auf dem Plateau zwischen Monte Abetone und dem Höhenzug der Banditaccia, wo lange Zeit hindurch benutzte Bestattungsplätze lagen, deren Grabmäler wieder an Straßen aufgereiht waren und die Stadt der Toten bilden sollten. Südwestlich zu Füßen des Plateaus nahe einem villanovazeitlichen Gräberfeld (del Sorbo) gibt es indessen noch eine andere Gräbergruppe, die nur aus wenigen Tumuli besteht, darunter die Tomba Regolini Galassi als das hervorragendste Denkmal der Frühzeit. Schließlich bietet Vetulonia48 eindrucksvolle Muster für die topographische Situation, die ich im Auge habe. Nordwestlich wie nordöstlich der Stadt legte man mehrere zum Teil sehr umfangreiche 45 H. Kahler, Rom und seine Welt (1958) Taf. 43; E. Curtius, A. Nawrath u. E. Nash, Das antike Rom '(1944) 63 Abb. 169. 48 Einer der wenigen Plätze, bei denen nach der noch immer nützlichen Beschreibung durch G. Dennis, The Cities and Cemeteries of Etruria l (1883) 301 ff. modern der Forschungsstand geschildert ist: M. Pallotino in:

Mon. Ant. 36, 1937, 5 ff., bes. 111 ff. mit Abb. 16-21. Topographie auf den Monterozzi: Taf. 4-6. " Dennis a. a. 0.227 ff. Plan: Studi Etruschi 11,1937, Taf. 5 nach S. 34. 48 A. Minto Studi Etruschi 5, 1931, 11 ff. bietet ein ausführliches Fundverzeichnis und einen Plan,

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Gräberfelder an, das bekannteste und älteste auf dem Poggio alla Guardia (und al Bello). Es reicht weit in die Villanovazeit zurück. Randlich verbreitet, einzeln gelegen oder in kleinen Gruppen, findet man jene Steinkreisgräber und Tumuli des 7. Jahrhunderts, deren Bauweise und deren reiche Inventare ihnen im Vergleich zu den gewöhnlichen Bestattungen eine Sonderstellung geben: im Nordwesten der circolo di Bes, nordöstlich der circolo dei Monili, beide etwa gleich alt, im Südosten auf einer Bergnase die jüngere Tomba del Duce; ostwärts des Franchettales hebt sich aus einer Gruppe von Steinkreisgräbern, Kammern, Schachtgräbern und Tumuli (Pelliccie, tre Navicelle u.a.) der mächtige Hügel della Pietrera heraus, mit 60 m Durchmesser und 14 m Höhe der größte dort überhaupt; weit südlich, am Berghang ziemlich abgesondert, die Tomba del Littore, ein Hügel mit Schachtgrab und Einzelbestattung, unter dessen reichen Funden ein Rutenbündel mit Doppelbeil Rang und vielleicht auch Amt des Toten kennzeichnet. Aus dem griechischen Kulturraum sei in unserem Zusammenhang allein Olynth49 genannt. Die Stadt verfügte über mehrere Gräberfelder in nächster Nähe, aber einen Kilometer entfernt hatte man kurz vor der Zerstörung der Stadt (348) einen Tumulus errichtet, der eine Kammer aus Quadermauerwerk enthielt. Vorbild waren die monumentalen Grabanlagen dieser Zeit. Dem Charakter der Landstadt folgend kam es nur zu schlichter Ausführung; dennoch galt der Bau als feierliche Anerkennung der Leistung eines einzelnen. Viel eindrucksvoller stellen sich solche Denkmäler in den griechischen Kolonien dar, beispielhaft in Pantikapaion50, von dem schon die Rede war. Die Nekropole des 6. bis 1. Jahrhunderts v. Chr. ergrub man im Bereich des Mithridatesberges, dem Kern der Stadt. Westwärts zog sie sich bis zu dem fast 3 km entfernten Zolotoi-Kurgan hin, ein Rundkuppelbau mit 18m langem Dromos, 100 m über dem Meer, 16 m hoch und deshalb für alle, die Kertsch zu Schiff anliefen oder sich auf andere Weise der Metropole näherten, ein Wahrzeichen ersten Ranges. Das stattliche Bauwerk wurde im 4. Jahrhundert v. Chr. errichtet. In den gleichen Zeitraum gehören die quadratische Kammer mit falschem Gewölbe im Kurgan Kul Oba, den man weiter westlich liegen sah und der Bestattungen des skythischen Bevölkerungsanteils aufgenommen hatte, ferner die Steinkammern unter Hügeln auf Juz Oba, einem langgestreckten Höhenzug im Süden, und die repräsentative Gewölbegruft im Melek Cesme-Kurgan, der einer in hellenistischer Zeit begonnenen zweiten Nekropole nördlich der Polis auf dem Glinistsche benachbart ist. Was sich hier ausdrückt, ist der gleiche Vorgang wie bei den Etruskern, die Absonderung vornehmer Einzelpersonen von der Gemeinschaft, zu deren Führungsschicht sie zählten. Archäologisch gibt es keine Möglichkeit, mehr als diese Tatsache festzustellen: weil sie sich durch den Bau aufwendiger Grabanlagen mit kostbarster Ausstattung außerhalb der Nekropolen den traditionellen Riten des Ortes entzogen, läßt sich nicht sagen, wie dauerhaft ihr Ansehen war. Da es sich um städtische Sozialverbände handelt, ist Ortskonstanz vorauszusetzen. Dieser Gesichtspunkt scheint mir insofern wichtig, als die Vereinzelung von Prunkgräbern in antiken Randkulturen entweder mit kurzfristigen Siedlungsverlagerungen, die man tatsächlich dort in gewissem Umfang anzunehmen hat, oder mit der Mobilität der Führungsschicht begründet werden kann: Landadel hatte bei Streubesitz bis ins hohe Mittelalter keinen festen Wohnsitz. Angesichts der gleichartigen topographischen Verhältnisse in Stadtkulturen glaube ich jedoch nicht, solchen Argumenten entscheidendes Gewicht beimessen zu müssen. Parallelen finden sich beispielsweise in der Lage frühlatenezeitlicher Prunk49 D. Robinson, Excavations at Olynthos 11: Necrolynthia (1942) 117 ff. mit Taf. 53-58. Zur Geschichte und Verbreitung des Grabtyps C. Kurtz u. J. Boardrnan, Greek Burial Customs (1971) 195 Abb. 40.

50 Grundlegende Lit. Anm. 25. Dazu G. Zvetaeva in: Materialy Moskau-Leningrad 19, 1951, 63 ff. (Geschichte der Stadtnekropolen); 56, 1957, 227 ff. (Kurgane, u. a. Karte von 1853 auf Abb. l, S. 230).

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Begräbnisse zwischen Mittelrhein und Mosel51, wohin bekanntlich viele Erzeugnisse griechischen und etruskischen Kunstgewerbes aus Italien gelangten und den Grabinventaren ihren Reichtum gaben. Neben isoliert gelegenen Einzelgräbern oder kleinen Grabgruppen52 kommen ebensolche Hügel in der Nähe gleich alter Gräberfelder vor53, schließlich Tumuli mit weniger wertvollen, aber noch immer überdurchschnittlichen Funden am Rande der üblichen Ortsfriedhöfe54, die bei einigem Umfang längere Zeit hindurch belegt sind. In keinem Falle, auch dort nicht, wo zwei oder drei solcher Prachtbegräbnisse zusammenliegen, läßt sich dagegen Belegungsstetigkeit über Generationen sichern; sie alle gehören ein und derselben Periode an. Einzelgräber oder kleinere Grabgruppen mit prunkvoller Ausstattung (und vornehmlich Körperbeerdigung) sind auch bei den Germanen während der römischen Kaiserzeit verbreitet gewesen55, freilich nicht in allen germanisch besiedelten Gebieten und nirgends durchgängig, so daß von lokaler Traditionsbildung keine Rede sein kann. Die meisten Plätze wurden allerdings nicht erschöpfend untersucht; deshalb vermag man nur selten eine Verbindung zu gleich alten Ortsfriedhöfen herzustellen. In Rondsen bei Graudenz scheint es der Fall zu sein56, die beiden Prachtgräber sind 500 m vom Zentralfriedhof entfernt und erst während dessen später Belegungsphase in den Boden gekommen. Espe auf Fünen57, ein Einzelgrab, findet in Lundeh0j den Partner, eines der am längsten benutzten Gräberfelder der Insel überhaupt. Auch die Gruppe von Leuna bei Merseburg (vier reiche von elf Gräbern insgesamt) ist einem größeren Friedhof eng benachbart58; beide wurden zwar 51

Eine vergleichende Untersuchung gibt es nicht. Karte bei Driehaus (wie Anm. 4) 37 Abb. 3. Für das Saar-Moselgebiet auch Schindler (wie Anm. 4) 139 Abb. 57. - Kataloge bei P. Jacobsthal u. a. Langsdorf, Die Bronzeschnabelkannen (1929) 20 ff. und Jacobsthal, Early Celtic Art (21969) 167 ff. 62 Laumersheim, Kr. Frankenthal, Pfalz: Germania 28, 1944/50, 38 ff. - Bad Dürkheim, Kr. Neustadt a. d. W., Pfalz: Jacobsthal u. Langsdorf a. a. O. 22. - Rodenbach, Kr. Kaiserslautern, Pfalz: a. a. O. 26. - Reinheim, Kr. St. Ingbert, Saarland: J. Keller, Das Keltische Fürstengrab von Reinheim l (1965). - Weiskirchen, Kr. Merzig-Wadern, Saarland: Jacobsthal u. Langsdorf a. a. O. 28. 58 Schwarzenbach, Kr. St. Wendel, Saarland: H. Baldes u. G. Behrens, Birkenfeld. Kataloge West- und Süddt. Altertumssmlg. 3 (1914) 51 f. Karte bei Schindler (wie Anm. 4) 145 Abb. 59. - Theley, Kr. St. Wendel, Saarland: Schindler a. a. O. 108 ff. 111 Abb. 36 (Karte). A. Haffner, Das Fürstengrab von Theley, Kr. St. Wendel. Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern 5: Saarland (1966) 205 ff. Zur Hügelgruppe in der Flur Giesberg ders., Das Frühlatene Gräberfeld von Theley. Beitr. z. saarländischen Arch. u. Kunstgesch. 11. Ber. d. staatl. Denkmalpfl. im Saarland 1964, 121 ff. Besseringen, Kr. Merzig-Wadern, Saarland: Jacobsthal u. Langsdorf a. a. O. 21 f. Schindler (wie Anm. 4) 138 f. mit Abb. 57 (Karte). 54 Rascheid, Ldkr. Trier, Forsthaus Königsfeld: W. Dehn, Vorgeschichtliche Denkmäler und Funde um Hermeskeil. Trierer Zeitschr. 20, 1951, l ff., bes. 10 ff. mit Abb. 5 (Karte). Schnabelkanne und Becken aus Hügel D x: a. a. O. 20 f. Abb. 10-11. - Hoppstädten, Kr. 2 Festschrift Werner

Birkenfeld, Flur Hasselt: G. Behrens, Birkenfelder Bodenfunde. Trierer Zeitschr. 19, 1950, 10 ff.; L. Kilian, Hügelgräber bei Hoppstädten: a. a. O. 24-26, 1956/58, 59 ff. Karte Taf. 13 mit Eintragung des randlich gelegenen Hügels 2; dessen Inventar Taf. 18-21, 4. - Remmesweiler, Kr. St. Wendel, Saarland: Jacobsthal u. Langsdorf a. a. O. 25; Karte bei Schindler a. a. 0.151 Abb. 61, ferner in: Ber. d. staatl. Denkmalpfl. im Saarland 1967, 75 Abb. 1. Benachbart Marpingen, topographische Situation bei Schindler a. a. O. 151 f., Funde abgebildet von Haffner in: Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern 5: Saarland (1966) 37 f. 55 Da durchgehend mit römischem Einfuhrgut ausgestattet, alles Material bei H. Eggers, Der römische Import im Freien Germanien l (1951). Kurzer tabellarischer Überblick ders., Zur absoluten Chronologie der römischen Kaiserzeit im Freien Germanien. Jahrb. RGZM. 2, 1955, 205 Abb. 6. 58 W. La Baume in: Mannus Ergänzungsbd. 6, 1928, 39 ff. Die wichtige Lit. über den gesamten Fundkomplex jetzt zusammengestellt in: Rondsen-Rzadz, Gräberfeld und Fürstengräber. Wege d. vor- u. frühgesch. Forsch, l (1972) (Hrg. R. Hachmann u. F. Stein). " E. Albrectsen, Fynske Jernaldergrave 2 (1956) 75 it. mit Karte Abb. l auf S. 11. 58 W. Schulz in: Jahresschr. Halle 34, 1950, 154 ff.; ders., Leuna. Sehr. d. Sekt. f. Vor- u. Frühgesch. d. Dt. Akad. d. Wiss. Berlin l (1953) 9 f. - Wichtig die Feststellung, daß unter den vielen Gräbern des größeren Friedhofes nur eines reicher ausgestattet war. Aber obwohl es aus der Zeit der Leunaer Prunkgräber stammt, in denen Drehscheibenware geläufig ist, fehlt diese hier vollständig.

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gleichzeitig angelegt, aber während die Prachtbestattungen bestenfalls den Zeitraum einer Generation einnehmen, hatte man den anderen Platz drei bis vier Menschenalter hindurch belegt. Anderwärts lassen sich solche wichtigen topographischen Bezüge nur vermuten59, dennoch werden sie die Regel sein. Bei entsprechendem Umfang scheinen Grabgruppen mit reichen Inventaren, deren Anteil am Gesamtbestand dann erheblich schwankt, die Grablege wohlhabender Einzelhöfe darzustellen, woran man bei den fünf benachbarten Fundplätzen an der Ostküste Seelands gedacht hat (Nordrup, Varpelev und Himling0je)60. Auch Häven in Mecklenburg61 wäre hier zu nennen, vielleicht noch Haßleben bei Weimar62. Aber wo Prunkgräber weit und breit vereinzelt bleiben oder wo es sich nur um wenige und stets sehr aufwendige Inventare handelt, dürfte die Isolierung andere Ursachen gehabt haben. Muster für diesen Typus bieten Avaldsnes auf Karm0y in Rogaland, Jesendorf in Mecklenburg, Sackrau in Schlesien oder Sträze, Ostrovany (Osztropataka) und Cejkov in der Slowakei63. Welche Gründe auch immer zur "Wahl dieser Bestattungsplätze veranlaßt haben mögen, hinsichtlich der Belegungsdauer gilt für sie das gleiche wie für alle anderen: während die Funde aus den üblichen Dorffriedhöfen häufig genug einen oder mehrere Zeitabschnitte füllen, sehe ich bei den allermeisten unserer Fälle keine Möglichkeit, die Zeitspanne, während der man an diesen örtlichkeiten prunkvoll bestattet hat, für länger als eine Generation zu halten. Eine Ausnahme scheint Lübsow (Pommern) zu sein64, wo an zwei verschiedenen Stellen der Gemarkung jeweils zwei bis drei reiche Gräber aufeinanderfolgen (B l und B 2), ferner noch Store Dal in östfold65, wo das älterkaiserzeitliche Prunkgrab zu den ältesten Bestattungen eines durchschnittlichen Ortsfriedhofes zählt, der erst während der Wikingerzeit aufgegeben wurde. Wie man sieht, fordern die abweichenden Lageverhältnisse zu differenzierter Diagnose auf. Sichere Anhaltspunkte für die Beantwortung der Frage nach der Stabilität der führenden Familien lassen sich indessen aus den archäologischen Befunden augenscheinlich nicht gewinnen. Etwas anders liegen die Dinge bei den Prunkgräbern aus der Völkerwanderungs- und Merowingerzeit. Wieder stehen Einzelgräber kleineren Fundverbänden mit Prunkausstattungen gegenüber, nur verschiebt 59 In Lübsow (Pommern) sowohl auf dem „Sandberg" wie auf der Flur „Tunnholt" Brandgräber der Spätlatenezeit, Reste wohl umfangreicherer Friedhöfe: Eggers in: Prahlst. Zeitschr. 34/35, 1949/50, 2. Hälfte (1953) 58 ff., bes. 80. - Wichulla: G. Raschke in: Altschlesien 8, 1939, 52 ff., bes. 54. 60 Zur Topographie, zum Verhältnis zwischen Prunkgräbern und Gräberzahl der Friedhöfe sowie zur Frage der Siedlungsart Werner, Die beiden Zierscheiben des Thorsberger Moorfundes. Rom. Germ. Forsch. 16 (1941) 50 ff. 61 Topographie: H. Schach-Dörges, Die Bodenfunde des 3. bis 6. Jh. nach Chr. zwischen unterer Elbe und Oder. Offa-Bücher 23 (1970) 205 Abb. 51 (LangenJarchow, Ortsteil Häven). Neue Funde publiziert A. Hollnagel in: Bodendenkmalpflege in Mecklenburg. Jahrb. 1968 (1970) 265 ff. Vgl. ferner E. Schuldt a. a. O. 1972 (1973) 213 ff. 62 Im Bereich des Gräberfeldes kamen Siedlungsgruben zum Vorschein, von denen eine eines der Skelettgräber überschnitten haben soll. Die Funde stammen aus dem 1. Jh. n. Chr. Ist die stratigraphische Beobachtung richtig, muß man mit längerer oder wiederholter Besiedlung rechnen. Nimmt man Kontinuität

an, sind die Gräber nach dem heutigen Bestand an Inventaren zu urteilen erst in einem späten Abschnitt der Siedlung angelegt worden. Von 20 bekannten Bestattungen sind fünf sehr reich. - Schulz u. R. Zahn, Das Fürstengrab von Haßleben. Rom. Germ. Forsch. 7 (1933) 26 f.; R. v. Uslar, Westgermanische Bodenfunde. Germ. Denkm. d. Frühzeit 3 (1938) 203 ff. 63 Avaldsnes: Eggers, Rom. Import 91 (wie Anm. 55) 91 Nr. 316. - Jesendorf: a.a.O. 114 Nr. 882. SchachDörges (wie Anm. 61) 192 f. - Sackrau: Eggers a. a. O. 109 Nr. 768. 769. - Sträze: a. a. O. 148 f. Nr. 1978-1980. V. Ondrouch, Bohat6 hroby z doby rfmskej na Slovensku (1957) 83 ff. 240 ff. - Ostrovany: Eggers a. a. O. 148 Nr. 1966. - Cejkov: a. a. O. 147 Nr. 1944. 64 Eggers in: Prähist. Zeitschr. 34/35, 1949/50, 2. Hälfte (1953) 58 ff., bes. 60 Abb. l, B. Nach Eggers gehören beide Grabgruppen ein und derselben Ortschaft an, weil die Gemarkung, von sumpfigen Randniederungen umgeben, wohl immer eine wirtschaftliche Einheit gewesen sei. Ob allerdings mit kontinuierlicher Belegung zu rechnen ist, entscheidet selbst Eggers nicht. 65 J. Petersen, Store Dal. Norske Oldfunn l (1916); E. Sprockhoff in: Bonner Jahrb. 158, 1958, 295 ff., bes. 298 ff. mit Taf. 61.

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sich ihr Mengenverhältnis im Verlauf der Zeit. Auch werden die Kleinfriedhöfe länger belegt als in der Kaiserzeit, wobei der Beigabenreichtum zurückgeht und sich dem Durchschnitt anpaßt. Selten kennt man ihr topographisches Verhältnis zu den landläufigen Reihengräberfriedhöfen66, die nun zum ersten Mal selbst in größerem Umfang Prunkbegräbnisse aufnehmen. Einzelgräber sind vornehmlich in den Jahrzehnten um 400 weit verbreitet, und zwar in sehr verschiedenartigen Kultursystemen. Von Szeged-Nagyszeksos (Theiß) und Untersiebenbrunn (Marchfeld) über Fürst (Salzach) und Eßlingen-Rüdern (Württemberg) bis nach Wolfsheim (Rheinhessen) sind Impulse des Hunnenreiches spürbar67, das in Kunstgewerbe, Bewaffnung und magischem Denken aus reiternomadischen Quellen schöpfte und die werdende merowingische Kultur des Westens tief beeinflußt hat. Die gleich alten Einzelgräber vom Rhein bis nach Nordgallien verdanken ihr zivilisatorisches Niveau dem Zusammenleben von römischer Bevölkerung und Germanen. Während das reiche Waffengrab von Frankfurt-Praunheim (Ebel) einem von den Alamannen wiederbenutzten römischen Gutshof zugeordnet wurde, waren es in Mainz-Kostheim und in Vieuxville bei Lüttich Bestattungen wohl fränkischer Krieger, der eine „frei", der andere Foederat68. In keinem dieser Fälle weiß man allerdings sicher, ob sie nicht von kleineren oder umfangreicheren Gräberfeldern stammen, wie man sie ja in Nordgallien aus der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts mehrfach kennt (Vermand, Monceau-le-Neuf u. a.)69. Bemerkenswerterweise enthielten sie jedoch solche aufwendigen Inventare nur ganz vereinzelt, auch wenn die Zahl der Gräber insgesamt jeweils sehr hoch war. Bereits während der römischen Kaiserzeit entsprachen kleine Grabgruppen mit Prunkinventaren der Neigung vornehmer Familien, sich einen eigenen Bestattungsplatz zu schaffen. Man darf deshalb annehmen, daß die Beispiele aus der Völkerwanderungszeit älterer Übung folgten70. Kann man bei der Zuordnung des wallonischen Gräberfeldes von Haillot noch zweifeln71, gehört Großörner am Ostharzrand sicher zu der Gattung72; etwa über 20 Gräber scharen sich hier um zwei besonders reich ausgestattete Kammern aus der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts. Diese sind von den übrigen ärmlicheren Bestattungen räumlich abgesondert und jeweils von Pferdegräbern umgeben. ee w_ Winkelmann gibt die Entfernung des Prunkgrabes von Beckum in Westfalen (um 600) vom Ortsfriedhof, der Bestattungen des 6. und 7. Jh. enthielt, mit 250 m an: Das Fürstengrab von Beckum. Sonderdruck aus: Die Glocke 1962, letzte S. 67 Zu der Fundgruppe insgesamt Werner in: Bayer. Vorgeschichtsbl. 25, 1960,169 ff. 68 Frankfurt-Praunheim: K. Woelke, Das Museum für heimische Vor- und Frühgeschichte (1937) 11 ff. Gutshof: Werner in: Speculum Historiale (Festschr. f. H. Dannenbauer) (1965) 439 ff., bes. 445 ff. mit Abb. l auf S. 444. - Mainz-Kostheim: Behrens, Das frühchristliche und merowingische Mainz (1950) 29 Abb. 48. Werner in: Bonner Jahrb. 158, 1958, 398 (die Abb. wiederholt auf S. 397 Abb. 20) erörtert die Stammeszugehörigkeit und hält Burgunder, Alamannen oder Franken für möglich. Zur Lage des Grabes K. Weidemann in: Jahrb. RGZM. 15, 1968, 186 ff. mit Abb. 19. - Vieuxville: J. Breuer u. H. Roosens, Le cimetiere franc de Haillot. Archaeol. Belgica 61 (Miscellanea arch. in hon. J. Breuer) (1962) 145 ff. 69 Zur Denkmälergruppe Werner, Zur Entstehung der Reihengräberzivilisation. Arch. Geographica l, 1950/51, 23 ff., bes. 25.

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Nahe dem Kleinfriedhof von Großörner in Thüringen (Lit. Anm. 72) ein Prunkgrab des 4. Jh. H. Grössler in: Jahresschr. Halle l, 1902, 182 ff. - Vgl. fetner die Situation in Deersheim bei Halberstadt. Hier ein spätrömisches Grab südlich des Ortes. J. Schneider in: Ausgrabungen u. Funde 16, 1971, 37 f., vermutlich der Rest eines Friedhofes; völkerwanderungszeitliches Gräberfeld nördlich der Ortschaft (z. T. sehr reiche Körperbeerdigungen und Brandbestattungen, auch Pferdegräber), ders. a. a. O. 10, 1965, 35 ff.; 11, 1966, 41 ff.; 15, 1970, 44 ff. - Ich halte einen siedlungsgeschichtlichen Zusammenhang keineswegs für ausgeschlossen, so daß mit einer lokalen Überlieferung bestimmter Regeln in der Anlage der Bestattungsplätze für die Führungsschicht zu rechnen ist. 71 Breuer u. Roosens (wie Anm. 68). 72 B. Schmidt, Thüringische Hochadelsgräber der späten Völkerwanderungszeit. Varia Archaeologica (Festschr. f. W. Unverzagt). Sehr. d. Sekt. f. Vor- u. Frühgesch. d. Dt. Akad. d. Wiss. Berlin 16 (1964) 195 ff. Zur Belegungszeit ders., Die späte Völkerwanderungszeit in Mitteldeutschland. Veröff. d. Landesmus, f. Vorgesch. in Halle 18 (1961) 44 Abb. 24.

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Zum gleichen Typ zählen Orsoy (Niederrhein), Beckum (Westfalen) und Niederstotzingen (Württemberg)73, Kammergräber in Verbindung mit Pferdebestattungen aus dem 6. und 7. Jahrhundert und immer fast ausschließlich Krieger. Die Belegung ist an diesen Plätzen meist von längerer Dauer, drei Generationen werden für Niederstotzingen und Beckum angegeben. Das trifft auch auf Grabgruppen in oder bei Kirchen zu, ausgenommen Prachtinventare, wie sie unter dem Kölner Dom zum Vorschein kamen74. Typische Beispiele bieten dagegen Arlon in belgisch-Luxemburg und Cividale in Friaul75; neben den üblichen Reihengräberfriedhöfen sind in Cividale innerhalb wie außerhalb der Stadt sogar mehrere auf Kirchen bezogene Grabgruppen bekanntgeworden, eine davon ist an Hand des Gisulf-Sarkophages als Grabgelege der herzoglichen Familie identifizierbar. Wie die römerzeitlichen Kleinfriedhöfe setzen sich auch die merowingischen trotz längerer Benutzung niemals nur aus Prunkgräbern zusammen. Mehr noch, sie bleiben mitunter vereinzelt, während die anderen Inventare einen durchschnittlichen oder ärmlichen Eindruck machen, wenn man sie aus ihrem Kontext löst. Gelegentlich sind die repräsentativen Grabausstattungen die ältesten, so in Arlon (Grab 10), Niederstotzingen (Gräber 12 und 9), Beckum und Morken am Niederrhein (Kammergrab 2)76. Ob in diesen kleinen Friedhöfen immer nur Mitglieder ein und derselben Familie beerdigt wurden, läßt sich nicht sagen. Aber ob es zutrifft oder nicht, das Prunkgrab galt hier nicht mehr in allen Fällen als Statussymbol; statt dessen war es offenbar der Bestattungsplatz selbst, der dem Rang und dem Ansehen der Toten entsprach. Bei Grablegen in oder bei Kirchen ist das begreiflich, war es doch der Patron oder der Märtyrer, dessen Nähe man suchte. Anderwärts hatte der dort zuerst Bestattete wohl eine derartige Verehrung genossen, daß sich eine Tradition zu bilden vermochte und Gleichrangige, aus welchen Familien sie auch stammen mochten, der Ehrwürdigkeit des Platzes teilhaftig werden wollten, indem sie sich an der Seite des Traditionsträgers beerdigen ließen. Innerhalb der größeren Reihengräberfelder den Stellenwert des Prachtinventars zutreffend einzuschätzen, ist so gut wie unmöglich, einerlei ob sie römische Friedhöfe fortsetzten wie in KrefeldGellep77 oder neu angelegt worden sind. Bei frühen Neugründungen fällt auf, daß Prunkgräber häufig zu den ältesten Bestattungen zählen, eindeutig belegbar bei Reihengräberfeldern aus den Jahrzehnten um 500, während reiche Inventare der Spätzeit, vornehmlich des 7. Jahrhunderts, auf Friedhöfen erscheinen, die mitunter Generationen vorher begonnen worden sind78. Da die frühen 73

Orsoy, K. Böhner in: Bonner Jahrb. 149, 1949, 146 fi. - Beckum, Lit. Anm. 66. H. Ament, Fränkische Adelsgräber von Flonheim. Germ. Denkm. d. Völkerwanderungszt. Ser. B 5 (1970) 135 Abb. 13 (Plan). 134 Anm. 5 mit ergänzenden Mitteilungen. - Niederstotzingen, P. Paulsen, Alamannische Adelsgräber von Niederstotzingen (Kreis Heidenheim). Veröff. d. staatl. Amtes f. Denkmalpfl. Stuttgart, Reihe A 12 (1967). - Zur ganzen Gruppe bereits ausführlich Ament a. a. O. 74 O. Doppelfeld in: Germania 38, 1960, 89 ff.; 42, 1964,156 ff. 75 Roosens u. J. Alenus-Lecerf, Sepultures merovingiennes au „vieux cimeti£re" d'Arlon. Arch. Belgica 88 (1965). Cividale: M. Brozzi in: Jahrb. RGZM. 15, 1968, 134 ff. Erweiterter Plan: Führer durch das RömischGermanische Zentralmuseum in Mainz 1: Das Frühe Mittelalter (1970) 159 oben. Gisulf: N. Aberg, Die Goten und Langobarden in Italien (1923) 152 f. L. Lindenschmit, Handbuch der deutschen Altertumskunde l (1880-1889) 74 Abb. 6.

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Zu Morken zuletzt Hinz, Kreis Bergheim. Arch. Funde u. Denkm. d. Rheinlandes 2 (1969) 141 ff. 77 R. Pirling in: Germania 42, 1964, 188 ff. mit älterer Lit. 78 Frühe Friedhöfe mit Prunkgräbern: Werner, Münzdatierte austrasische Grabfunde. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit 3 (1935) 30 ff.; ders. in: Arch. Geographica l, 1950/51, 31 Anm. 4.; ders., Das alamannische Fürstengrab von Wittislingen. Münchner Beitr. z. Vor- u. Frühgesch. 2 (1950) 73. Bequeme Zusammenstellung bei Irsigler, Adel 193 ff. - Späte Friedhöfe: Wittislingen, Werner a. a. O. Nachträge durch H. Dannheimer u. J. Seitz in: Bayer. Vorgeschichtsbl. 25, 1960, 179 ff. Zur Gesamtsituation noch F.Stein, Adelsgräber des achten Jahrhunderts in Deutschland. Germ. Denkm. d. Völkerwanderungszeit. Ser. A 9 (1967) 165 f. Gammertingen, Stein a. a. O. 179. Beerlegen (Flandern), Ament a. a. 0.145 ff. mit Lit. u. Plan.

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Reihengräberfelder von den Prunkgräbern auszugehen scheinen, hat man in den hier Bestatteten auch die Gründer der Siedlungen sehen wollen. Wo die Inventare räumlich begrenzbare Gruppen bilden und außerdem noch durch fundleere Zonen von den späteren Bestattungen abgesondert sind, liegt der Gedanke an familiäre Bindung natürlich nahe. Aber sicher ist es nicht, weil Umfang und Qualität der Beigaben wechseln und es nur selten gelingt, eine kontinuierliche Reihe aufzustellen. Bleibt ein kostbares Inventar allein79, fragt sich schon, was mit diesem Befunde anzufangen sei. Soll man annehmen, die führende Familie sei mit diesem Toten erloschen oder habe sich bald nach Gründung des Dorfes eine eigene Sepultur anderwärts eingerichtet oder auch andere Ausdrucksmittel für ihren Status gefunden? Alles das ist möglich, nur garantiert der Archäologe nicht, der Ort sei zur Zeit der ältesten Bestattung und auch noch später im Besitz einer adligen Familie gewesen. Man hat eben keine Möglichkeit, begründet zu behaupten, vornehme Leute hätten in der Regel ihren Stand und ihre Zusammengehörigkeit stets auch im Bestattungszeremoniell ausgedrückt, soweit es die Ausstattung der Gräber und die Belegungsdauer einer womöglich abgesonderten Sepultur betrifft. Da Prunkgräber auch dann selten oder sogar vereinzelt bleiben, wenn sie auf Friedhöfen erscheinen, entfällt eine wesentliche Eigenschaft, die man bei einem Adelsgrab erwarten sollte, nämlich die Überlieferung der Ausdrucksform an Ort und Stelle. Diese Feststellung klingt trivial. In Wirklichkeit ist sie es nicht, wenn man bei der Deutung frühmittelalterlicher Prunkbestattungen als Adelsgräber ein gewichtiges Merkmal des Adels selbst, die Stabilität des Personenverbandes, im archäologischen Befund nur äquilibristisch wiederfinden kann. Es ließe sich einwenden, Konstanz an Ort und Stelle sei während der Merowingerzeit noch gar nicht oder nicht immer sicher anzunehmen. Aber dem widersprechen, wie angedeutet, einerseits die kleineren Gräbergruppen von mehr oder weniger langer Belegungsdauer, andererseits die reichen Inventare auf größeren Dorffriedhöfen. Im Grunde genommen hatten sich die Verhältnisse damals gegenüber den beschriebenen älteren Befunden noch nicht wesentlich verändert: wie in der römischen Kaiserzeit und in der Lat£neperiode gab es reiche Einzelgräber, wenngleich auch seltener, ferner Kleinfriedhöfe, die zwar länger benutzt wurden, aber jeweils auch nur einige wenige Prunkbestattungen enthielten, und schließlich größere Gräberfelder mit reichen Inventaren, die anfangs in der Regel die ältesten Bestattungen darstellen, später dagegen auch während der Belegung des Friedhofs in den Boden kamen. Noch immer konnte sich Ranggefühl in einer Isolierung der Begräbnisplätze äußern, ohne freilich auf Dauer und stets am Prunkgrab festzuhalten. Das war im Bereich mediterraner Städte schon in früher Zeit nicht anders. Auch prähistorische Kulturen liefern eine beträchtliche Anzahl bezeichnender Beispiele für dieses Verhalten80. Deshalb darf man vermuten, daß es nicht von der Existenz vornehmer Familien 79 G. Fingerlin, Grab einer adligen Frau aus Güttingen (Ldkrs. Konstanz). Bad. Fundber., Sonderh. 4 (1964). 80 Ein sehr interessanter, mit der Besiedlungsgesichte der Landschaft zusammenhängender Fall wird von Vik in Sogn, Norwegen, beschrieben: E. u. P. Fett, Det f0rhistoriske Vik, in: O. Hoprekstad (Hrsg.), Bygdabol for Vik l (1951) 67 ff. E. Bakka, Bergen, referiert dankenswerterweise auf meine Bitte hin Befund und Deutung, wie sie die Verf. schildern: Vik in Sogn ist eine von der Natur fest umrissene Siedlungskammer: von Gebirgen umgeben, führt ein Tälchen von der Bucht im Sognefjord wenige Kilometer nach Süden, um sich dort zu teilen. Die alten Höfe liegen auf Terrassen und an den Talhängen, einige auch auf dem Talboden.

Zentral in Vik, da, wo sich das Tal verzweigt, liegen auf einer weiten Terrasse die beiden Höfe Hove und Voll. Sie bilden eine topographische Einheit und dürfen als das siedlungsgeschichtlich primäre Zentrum angesehen werden. Dafür sprechen die mittelalterliche Kirche auf Hove und der Ortsname selbst (Dat. Sing, von hof, heidnischer Tempel). Die Terrassenkante entlang reihen sich acht (früher neun) römerzeitliche Grabhügel, Moahaugadn genannt, deren Größe und beherrschende Lage die dominierende Stellung der alten Besitzer vermuten lassen. Hove-Voll ist als Häuptlingshof anzusehen. Während der in Norwegen allgemein zu beobachtenden Siedlungsexpansion in der spätrömischen Zeit erscheinen in Vik auf den Nebenterrassen

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allein abhing, wenn das Bestattungsritual eine „standesgemäße" Ausrüstung des Toten veranlaßte. Diese Vermutung scheint auch insofern berechtigt, als Prunkgräber nach Zeit und Raum sich nicht gleichmäßig verteilen, vielmehr in bestimmten Zeiten und in bestimmten Arealen häufen. Natürlich sind der Bau besonders monumentaler Anlagen und die Anhäufung wertvoller Sachgüter in den Händen einzelner ohne adäquate Leistungen nicht denkbar. Sind solche wirtschaftlichen Maßnahmen aber bloß als Spiegel sozialer und politischer Verhältnisse aufzufassen oder wurde die Disposition gewisser Sozialverbände, ihren Status zur Schau zu stellen, erst durch psychisch begründete Extremlagen aktiviert, wie sie beispielsweise Kriegsglück, Begegnung mit fremdartig empfundenen Einrichtungen und Meinungen oder andersartige Auseinandersetzung mit der historischen Umwelt hervorzurufen vermag?

VORAUSSETZUNG UND FORMEN DER

VERWIRKLICHUNG

Da kunstgewerblich Qualitätvolles, oft Einfuhrgut aus fremden Ländern, in der Inventargestaltung dominiert, fragt man gewöhnlich, auf welche Weise die Kostbarkeiten erworben wurden, wenn man klären will, wie der Aufwand zustande kam. War es Gewinn beim Gütertausch (Handel), war es Beute oder Plünderungsgut, Kauf von Händlern oder Wanderhandwerkern, oder war es gar Eigenproduktion der Hauswirtschaften, zu deren Gesinde dann noch handwerklich Tätige gehörten? Für alle diese Möglichkeiten gibt es Beispiele aus der antiken oder mittelalterlichen Literatur, außerdem kann die eine oder andere aus den archäologischen Befunden selbst erschlossen werden. Wertstücke ließen sich tatsächlich auf vielerlei Art erwerben. Aber selbst wenn jeder Einzelfall daraufhin geprüft wäre, das ideologisch Entscheidende bei der Verwirklichung des Ritus entzieht sich, fürchte ich, dennoch unmittelbarer Wahrnehmung im Sachbefund. Ausgenommen sind Fälle, wo „kapitalistisches" Gehabe die Gewohnheiten alter Familien nachahmt und sich ein scheinbar adäquates Statussymbol zu schaffen sucht, wie es jener Bäcker Eurysaces bei der Porta maggiore tat81 oder es heute reiche Bürger von Los Angeles im „Flüsternden Hain" erstreben (Evelyn Waugh, The Loved One). Soll die Frage nach der Art des Erwerbs überhaupt sinnvoll sein, muß zwischen ihr und der Person, die im Prunkgrab ausgezeichnet werden sollte, eine innere Beziehung bestanden haben. Diese Voraussetzung scheint mir im Geschenk gegeben, das Empfänger wie Spender ehrt, Rangproportionen zur Schau stellt und das Wertgefüge konserviert. Woher immer der Gegenstand stammen mochte, den man übergab, ob selbst verfertigt, eingetauscht oder gar gestohlen; worum Höfe, die mit Namentypen auf -heim (Stadheim, Seim) und -vin (H0nsi, Tryti) zu verbinden und deshalb siedlungsgeschichtlich als sekundär anzusehen sind. Tatsächlich gehören die hier aufgefundenen Gräber in die jüngere römische Eisenzeit. Die Grabinventare bei diesen Höfen haben einen guten Standard, ja sie bieten sogar etwas mehr; es gibt reich ausgestattete 'Waffengräber, Gräber mit Gold und Silberschmuck, mit Prunkgürteln und mit römischen Bronzekesseln als Urnen. Sie „deuten erhebliches Vermögen an und auch den Willen, es zu zeigen, ferner gewisse Verbindungen nach außen" (a. a. O. 79). In markantem Kontrast zu diesen Prunkgräbern der neu gegründeten Höfe sind die gleichzeitigen Gräber in

den mächtigen Moahaugadn auf dem alten Häuptlingshof Hove/Voll auffallend einfach ausgestattet. Es handelt sich um Brandgräber mit Bärenklauen, Knochengegenständen (Kamm, Haarnadel, Pfeilspitzen, Spielsteine, Löffel u. a.), wenigen Eisen- und Bronzeresten und einigen Tonscherben. „Die Beigabensitte weist in ältere Zeiten zurück und zeigt uns ein Geschlecht, das schon viele Generationen hindurch auf dem Hof gesessen und an der Sitte der Vorväter festgehalten hat" (a. a. O. 81). Nur die Größe und Lage der Grabhügel lassen vermuten, daß man es hier mit vornehmen Mitgliedern der Häuptlingsfamilie zu tun hat. 81 Lit. Anm. 38.

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auch immer es sich bei der Sachlieferung in "Wirklichkeit gehandelt haben mag, um eine besondere Art des Gütertausches unter Gleichrangigen, um eine Zwangsabgabe von Abhängigen oder ein Hilfsmittel, handfeste politische Ziele zu erreichen: kleidete man die Übertragung von Besitz in die Form des Geschenks, dachte man in den Kategorien des Prestiges82. Wieder ist die Literatur der Alten voll davon. Eine amüsante Episode, aber immerhin charakteristisch, bringt Xenophon (Anabasis VII 3, 15 ff.)- Er nimmt Dienste bei dem Thraker Seuthes an, wird Tischgenosse, also in die „Gefolgschaft" aufgenommen und soll Geschenke überreichen, trägt aber nichts Nennenswertes bei sich. Die Lage ist peinlich. Schon vor der Tür werden seine Offiziere ausgefragt, was sie geben wollten, Trinkbecher, persische Teppiche, ein Pferd? Xenophon selbst, der Vornehmste von allen, sei gehalten, Seuthes in hervorragender Weise zu ehren, denn je mehr er gäbe, desto größer seien die Wohltaten, die er erwarten dürfe. Kaum im Bankettsaal, kaschiert ein Grieche seine Mittellosigkeit geschickt, indem er Seuthes preist: es sei ein alter und sehr schöner Brauch, daß die Besitzenden den König beschenkten, um ihn zu ehren, daß aber denen, die nichts besäßen, der König etwas gäbe, „damit auch ich", so pointiert er, „dir etwas schenken und dich ehren kann" (VII 3, 28). Xenophon, endlich an der Reihe, sich zu offenbaren, bleibt in seiner Verlegenheit nichts anderes übrig, als sich selbst und seine Leute als Geschenk zu übergeben, wodurch er sich der Schutzgewalt des Thrakers unterstellte. Als König des Odrysenreiches soll jener Seuthes später übrigens Einkünfte im Wert von 400 Silbertalenten bezogen haben, nicht gerechnet die Gold- und Silbergeschenke in mindestens gleicher Größenordnung (Thukydides II 97); wenn man im 5. Jahrhundert mit zwei Obolen den Lebensunterhalt für einen Tag bestritt83, läßt sich ermessen, was da zusammenkam: Seuthes hätte auf eigene Kosten 4000 Menschen ernähren können. Freilich lassen die Quellen in antiken Randkulturen ein anderes Verhältnis zum Eigentum vermuten, als man es aus der kapitalistischen Wirtschaftsordnung kennt. Wer am Erworbenen festhielt, statt es zu verteilen, konnte schwerlich mit Gefolgschaft rechnen. Extreme gab es zum Verschwenderischen und zum Geiz. Der Arvernerkönig Luernios erwarb sich die Gunst der Menge, indem er vom "Wagen herab unter die Zehntausende, die ihm nachliefen, Gold und Silber schleuderte; beim Gelage warf er dem Sänger einen Goldsack zu, worauf der ihn als Wundertäter pries. Athenaios hat das aus Poseidonios überliefert (IV 152 d-f) und als Beispiel für die Verschiedenheit der Sitten beim Gastmahl angeführt, wobei er sich auch eben jener Stelle bediente, die wir aus Xenophons Anabasis zitierten (IV 150 f.). Daß Geiz dagegen zu einem unrühmlichen Ende führt, lehrten Gregor von Tours (II 42) die unerquicklichen Verhältnisse am Hof des Königs von Cambrai, die Chlodwig, der diesen Rivalen beseitigen wollte, nicht verborgen blieben. Denn Ragnachar nahm zwar die Geschenke seines Gefolges an, erwiderte sie aber nicht. Chlodwig schürte den Ärger der Betrogenen, indem er ihnen goldglänzende Armringe und Wehrgehänge schickte, freilich nur Talmi, was diesen entging. So zog er Ragnachars Leute auf seine Seite. Sie ließen ihren Herrn beim Entscheidungskampf im Stich und lieferten ihn dem Sieger aus. Das Treueverhältnis war gröblich verletzt, aber es entsprach auch weder Rang noch Würde, Dienste unbelohnt zu lassen. Mit diesen wenigen Beispielen will ich nicht so verstanden werden, als ob Besitz an Sachgütern kein Gewicht beizumessen sei. Das Gegenteil ist richtig. Aber wichtiger noch scheint die Einführung in das Besitzrecht durch den Schenkungsakt, wenn man so will die Investitur, und die Schaustellung 82 Zur Rolle des Geschenkwesens bei den Franken: Irsigler, Adel 216 ff. Vgl. ferner als Beispiel E. Davidson u. Schulz, Die Warnenschwerter des Ostgotenkönigs Theoderich. Jahresschr. Halle 45, 1961, 252 ff. - Eine zusammenfassende Studie über die sozialpsychologi-

sehe und wirtschaftliche Bedeutung der Ehrengeschenke im Altertum gibt es nicht. Vgl. unten S. 27 mit Anm. 94. Neuerdings F. Fischer in: Germania 51, 1973, 436 ff. 83

K. Christ, Antike Numismatik (1967) 19,

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der Rangabzeichen oder der Insignien, beide Ausdrücke hier nicht im Sinne positiven Rechts gemeint, sondern nur gewählt, um die Handlung selbst in den Vordergrund zu rücken: der Hervorragende soll ausgezeichnet werden, sein Rang bestätigt oder gar erhöht, der Beschenkte so gut wie der, der gibt. So wolle es der Brauch, wie sich der Grieche in Seuthes' Lager ausdrückt. Damit ist freilich wieder nicht gesagt,, daß der Erwerb von Wertstücken durch Schenkung sich beim Tode des Geehrten notwendigerweise in der Inventargestaltung des Grabes hätte niederschlagen müssen. Aber kam es dann zur Anlage von Prunkgräbern, bleibt sie in der Regel unerklärbar, wenn kostbare Ausstattung lediglich als materielles Besitztum aufgefaßt wird, man Rangbewußtsein also nicht für eine Ursache, sondern für die Folge des Reichtums hält. Daß dieser Schluß in dem meisten Fällen falsch sein wird, zeigt sich, wo fremde Ausdrucksmittel für die Repräsentation des sozialen Status übernommen und in das eigene Rangdenken einverleibt worden sind. Erinnern wir uns jener Prunkgewänder, die in merowingerzeitlichen Quellen beschrieben werden und die man auch in gleich alten Gräbern sowohl der königlichen Familie als auch der Aristokratie findet84. Manches davon wie vitta (Stirnband) und Schleier entstammt nämlich der römischen Frauentracht85 . Hier war sie seit altersher bei Braut und Matrone in der privaten Sphäre üblich, wenngleich auch bei der Verleihung dieses alltäglichen Requisits die Beziehung zum Sakralen nie verlorenging, ja als weihevolle Handlung durch Übernahme in den kirchlich-christlichen Ritus erneuert wurde. Wenn der Ausgräber die golddurchwirkte Stirnbinde des Frauengrabes unter dem Kölner Dom als Zeichen der Braut ansieht86, bestätigt er den Zusammenhang zwischen römischem Vorbild und fränkischer Entlehnung auch von der speziellen Zweckbestimmung her, was dem Vorgang historisches Gewicht gibt. In noch viel höherem Maße gilt dies von jenen Gewändern und Ornamenten, welche der Amtstracht des Kaiserhauses oder der hohen Beamtenschaft nachgebildet sind: paludamentum, tunica, Goldstickerei an Kleidersäumen, Gold- und Edelsteinbesatz87. Entscheidende Bedeutung kommt hier dem Childerichgrab zu, wie man seit langem weiß. Die Stellung des Königs leitete sich einerseits von der „Investitur" durch das Paludamentum her, aus römischer Hand empfangen, andererseits beruhte sie auf den Traditionen und auf dem Führungsanspruch der Sippe selbst (Stierkopf, goldener Handgelenkring)88. Als Übermittler des Paludamentum kommt einer der beiden magistri militum in Frage, die in Gallien die kaiserliche Gewalt ausübten und in deren Diensten Childerich als Foederat gestanden hatte. Dem äußeren Erscheinungsbild nach glich er damit dem älteren Stilicho, wie er bewaffnet auf dem Elfenbeindyptychon aus dem Monzaer Domschatz abgebildet ist89; Stilicho indessen hatte als magister utriusque militiae zu seiner Zeit ein ungleich höheres Amt inne, das oberste Reichskommando. Dennoch darf man bei der symbolisierenden Kleidung Childerichs von einer imitatio sprechen und braucht nicht auszuschließen, daß sie zum sozialen Faktor wurde. Sicher sind wir in dieser Auffassung allerdings erst bei seinem Nachfolger Chlodwig, dem nun vom oströmischen Kaiser konsularische Würde und königliche Insignien verliehen wurden: Chlamys (Plaudamentum), tunica und diadema, etwa die gleichen Rangabzeichen, die er selber trug. Deshalb darf man erwarten, daß auch die Investitur nach byzantinischem Zeremoniell erM

Irsigler, Adel 217 ff. Stein (wie Anm. 78) 118; J. Marquart, Das Privatleben der Römer l (1886) 46 Anm. 3. 8 « Doppelfeld in: Germania 38,1960,109. 87 A. Alföldi, Die monarchische Repräsentation im römischen Kaiserreiche (1970) 143 ff. 175 ff. 88 Werner, Neue Analyse des Childerichgrabes von 85

Tournai. Rhein. Vieteljahresschr. 35, 1971, 43 ff. Dazu die Bemerkungen von E. Zöllner a. a. 0.49 f. 89 R. Delbrueck, Die Consulardiptychen und verwandte Denkmäler (1929) 243 Abb. l u. Taf. 63; Kähler (wie Anm. 45) Taf. 271 oben rechts; Führer durch das Römisch-Germanische Zentralmus. 1: Das Frühe Mittelalter (1970) 25.

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folgt war: das politische Schwergewicht hatte sich inzwischen vom Westen nach dem Bosporus verlagert; von dort empfing Chlodwig, worauf er Anspruch zu haben glaubte90. Wie immer man das Verhältnis des Frankenkönigs zu Byzanz oder Rom beurteilen will, mit der feierlichen Einkleidung wuchs der Träger solcher Würde in jene Rolle hinein, welche die Tracht in der Führungsschicht des Imperiums auszudrücken hatte. Selbst wenn sich die Stellung des Trägers mit der Übernahme in der Werteskala der Insignien verschoben haben sollte, blieb das Gewand dennoch eines der wirksamsten Mittel, in der gleitenden Rangabfolge Distanz zu schaffen, die zunächst vielleicht nur scheinbare Differenziertheit des Sozialgefüges zu demonstrieren und sie damit als Wirklichkeit hinzustellen. Unter diesem Aspekt scheint es unerheblich zu sein, ob die Impulse zur Gestaltung des fränkischen Ornats letztlich von Westrom oder von Byzanz ausgingen, wo derlei monarchische Repräsentation in Tracht und Trachtzubehör als Mittel des Selbstverständnisses, der Tradition und Propaganda ein geschichtlicher Faktor war. Man sollte ferner nicht vergessen, daß exotische Einfuhrware im Frankenreich die Geltung des Gewandes und seines Trägers ins schier Unerreichbare hob wie beispielsweise das Seidenkleid der Arnegunde91. Mag es nur ein Artikel aus dem Warenangebot eines levantinischen Händlers gewesen sein, lediglich als guten Kauf wird man es gewiß nicht betrachtet haben; der Gedanke an ein persönliches Geschenk aus der Hand des Kaisers lag für den schaulustigen Zeitgenossen vermutlich näher. Mit diesen merowingerzeitlichen Beispielen sollte an die Nachahmung fremden Brauchtums als Faktor für die Verfeinerung der Wertskala und deren Manifestation erinnert werden. Dabei ist charakteristisch, daß es sich um Bauernvölker handelt, die sich auf dem "Wege zur Staatlichkeit befanden und ihn in der Auseinandersetzung mit dem Imperium beschriften. Mir scheint dies ein entscheidender Gesichtspunkt zu sein, da er sich genauso noch auf zahlreiche Fälle aus anderen Kulturbereichen anwenwenden läßt. Ich will damit nicht so verstanden werden, als sei Staatlichkeit unerläßliche Bedingung für die Selbstdarstellung der Führungsschicht im Totenritual. Daß es in weiten Teilen der Alten Welt tatsächlich so gewesen ist, läßt sich nicht bestreiten. Aber in den antiken Randkulturen scheint diese Selbstdarstellung von andersartigen Faktoren ausgelöst worden zu sein, unter denen die eindringliche Berührung mit Fremdphänomenen und deren Nachahmung wohl die wichtigsten sind: häufig begegnen Prunkgräber in den Kontaktstreifen zwischen Hochkultur und bäuerlicher oder nomadischer Gesittung oder in jenen Zonen, in denen ungleichartige Kultursysteme aufeinandertrafen. Allemal kann dann bezeichnenderweise von einer stetigen Überlieferung der Quelle am Ort, regional oder über größere Räume hinweg keine Rede sein. Sie setzt gewöhnlich ein, wenn die Impulse zur Änderung des Rituals bewegen, sie versiegt, wenn die Anregung verarbeitet, der Umformungsvorgang abgeschlossen war. Aus der römerzeitlichen Lebenssphäre der Germanen sind genügend Beispiele dafür bekannt und hier auch schon beschrieben worden. Wir erinnern uns der Diskordanz in der Verbreitung der Prunkgräber aus der älteren und aus der jüngeren Kaiserzeit und beobachten ferner, daß sie vornehmlich in peripheren Räumen in den Boden kamen, nur vereinzelt und sehr spät unmittelbar im Vorfeld der Reichsgrenze, wo man sie doch während der Gesamtdauer des Nahkontakts erwarten sollte. Auch diese Eigenschaft wiederholt sich: Prunkbestattungen findet man im konsolidierten Merowingerreich nur selten im Zentrum des politischen Geschehens ihrer Zeit. 90 Die letzthin vielfach erörterten Probleme, die mit dem Begriff der „imitatio imperii" verbunden sind, faßte R. Hiestand in einem Habilitationsvortrag vor der Kieler Philosophischen Fakultät am 26. 6. 72 zusammen und durchdachte sie neu. Ich habe Herrn Dr.

Hiestand für reiche Belehrung zu danken, 9t A. France-Lanord u. M. Fleury, Das Grab der Arnegundis in Saint-Denis. Germania 40, 1962, 341 ff. 347. 352 f.

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Deshalb darf man möglicherweise Entlehnung, Instabilität, Diskordanz in der Verbreitung bei längerer Dauer der Sitte und periphere Lage als Merkmalskomplex betrachten, wenn wir nach dem Zustandekommen der Quelle außerhalb der Hochkulturen fragen. Bemerkenswerte Einblicke in diese Problematik gestatten zwei Gräbergruppen am Rande des altweltgeschichtlichen Kreises, die eine im kaukasischen Iberien, die andere in Südengland. Beide sind trotz abweichender Ausgangslage und verschiedener Zeitstellung insofern miteinander verwandt, als römisches Einfuhrgut die Zusammensetzung der Prunkinventare beeinflußt hat, aber doch auch wieder nur so lange, wie es als begehrenswert empfunden wurde und die Lebensgewohnheiten, die es nach Meinung der Empfänger ausdrückte, als Maßstab für außergewöhnlichen Standard gelten durften. Die georgische Grabstätte gehört zu der römerzeitlichen Metropole des iberischen Königreichs (Karthli), die nordwestlich Tiflis nahe der Mündung des Aragvi, der von der Wasserscheide am Kazbek kommt, in den Kurafluß bei Mzkheta am Amaziskhevi errichtet worden war92. Unter vielen hundert Bestattungen, die bis in das Mittelalter reichen, ragen zehn besonders prachtvolle Inventare aus Steinkisten oder Sarkophagen hervor, die inmitten des Fundplatzes alle dicht beieinander auf ein Gebäude bezogen waren, das möglicherweise mit dem Totenkult zu tun hatte. Es steht nicht weit von einem Bad entfernt, das, nach römischem Vorbild und wohl auch von römischen Handwerkern erbaut, zum Palastbezirk der Residenz zu rechnen ist. Der Inhalt der betreffenden Gräber besteht größtenteils aus heimischem Kunstgewerbe; Edelmetall, bunte Steine ä cabochon, Email und Glaspaste sind Elemente polychromen Stils, der im iranisch-pontischen Bereich entstanden war und weit darüber hinaus Verbreitung fand. Dazu tritt römischer Import, vornehmlich Metallgeschirr und Münzen des zweiten und dritten Jahrhunderts n. Chr. Der ungewöhnliche Aufwand wird durch Beigaben besonderer Art verständlich: geschnittene Steine tragen beschriftete Porträts jener pitiaxes (eristhavi), die im Range unmittelbar dem König folgten und ihn als Satrapen zu vertreten hatten. Deshalb haben wir es an dieser bevorzugten Stelle sicher mit der Sepultur der Führungsgruppe zu tun. Aber mit der Identifizierung beginnt erst das Problem, das hier erörtert werden muß. Untersucht man nämlich die Dauer der Belegung, die von der zweiten Hälfte des 2. bis in die Mitte des 3. Jahrhunderts reicht, deckt sie sich weder mit dem Alter der politischen Institution noch mit der Zeitspanne, in der römischer Einfluß wirksam war. Das Amt der pitiaxes geht wahrscheinlich in viel frühere Zeit zurück, die Verbindungen zu Rom setzten bereits nach dem Feldzug des Pompeius ein (65/64 v. Chr.) und gewannen während der langwierigen und harten Auseinandersetzungen mit den Parthern rasch an Intensität. Rom scheute keine Mühe, gegen diesen potentiellen Gegner in den kaukasischen Klientelstaaten Flankenschutz zu haben. Eine Inschrift Vespasians, in der Nähe von Mzkheta aufgefunden, besagt, der Kaiser habe Baumeister und Handwerker nach Iberia geschickt, um Festungen gegen die nördlichen Barbaren zu errichten, ähnlich dem Vorgehen von Nero bei den Armeniern zum Wiederaufbau ihrer Hauptstadt Artaxata. Außerdem verlief von der Kolchis bis zum Kaspisee das Kuratal entlang eine wichtige Handelsstraße, welche das Land und mit ihm das Reichsgebiet dem Fernverkehr innerhalb Asiens erschloß und die es aus diesem Grunde zu schützen galt93. Um so bemerkenswerter scheint es mir zu sein, wenn in Mzkheta kunstgewerblich so Auserlesenes erst verhältnismäßig spät in die Gräber geriet, die politisch tonangebende 92

A. Apakidze, G. Gobedziswili, A. Kalandadze u. G. Lomtatidze, Archeologifekich pamjatniki ArmazisChevi po raskopkam 1937-1946. Mzcheta l (1958). Kurzer Abriß bei D. Lang, The Georgians. Ancient Peoples and Places (1966) 83 ff. - Silberschalen auch bei S. Amiranaschwili, Kunstschätze Georgiens (1971) 27 Abb. 13;

29 Abb. 14. - Zum römischen Bronzegeschirr in Georgien O. Lordkipanidse in: Sovetskaia Arch. 1964, l, 199 ff. 93 G. Droysen, Allgemeiner Historischer Handatlas (1886) Karte 9 (hellenistische Zeit),

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Schicht sich also bis zu diesem Zeitpunkt im Bestattungsritual nicht erkennbar darzustellen pflegte. Unter welchen anderen Bedingungen kamen die Prunkinventare zustande, wenn die Gunst der verkehrsgeographischen Lage, die hierarchische Ordnung im sozialen Leben und der vorteilhafte Kontakt mit der Schutzmacht keine ausreichende Grundlage dafür boten? Wie man sich eine Lösung denken kann, deuten zwei Silberschalen aus den Gräbern von Mzkheta an, die eine mit der Büste Hadrians, die andere mit dem reliefierten Bildnis seines Lieblings Antinous. Aus der vita Hadriani der Historia Augusta (17, 8 f. 11 f. 21, 13)94 geht hervor, daß sich die Iberer der besonderen Wertschätzung des Kaisers erfreuten; er überschüttete ihren König Pharasmanes mit Geschenken, obwohl dieser es aus Hochmut verschmäht hatte, vor ihm zu erscheinen, um einen Freundschaftsvertrag abzuschließen. Gleichwohl kommt es noch während der Regierungszeit Hadrians (Cassius Dio 69, 15, 3) oder, wahrscheinlicher, unter seinem Nachfolger Antoninus Plus (vita Antonini Pii 9, 6; Fasten von Ostia) zu einem Besuch des Pharasmanes in Rom: der Kaiser erlaubt ihm, auf dem Capitol zu opfern, stellt ein Reiterstandbild von ihm im Tempel der Bellona auf und sieht einer Übung in Waffen zu, die Pharasmanes, sein Sohn und andere iberische principes ausrichten. Die bevorzugte Behandlung und die Verbindungen zum römischen Hof werden nicht ohne Wirkung auf die Georgier geblieben sein: mit reichen Geschenken aus der Hand des Kaisers zurückgekehrt, dürften sie und ihre Nachfahren den Ruhm gepriesen haben, welcher der Gesandtschaft zuteil geworden war und welcher dann die Neigung der Vornehmen, ihr Gruppenbewußtsein zur Schau zu stellen, auch im Begräbnisritual mobilisierte. Freilich ist dies nur eine unter anderen Erklärungen für die Entstehung der Prunkgrabsitte in Mzkheta. Aber sie hat insofern einige "Wahrscheinlichkeit für sich, als es die Zeit der hadrianischen und antoninischen Friedensherrschaft war, welche der Geltung und inneren Festigung der östlichen Klientelstaaten zugute kam, so daß sich hier ein prunkvolles Zeremoniell im Totenbrauchtum der Führungsschicht niederschlagen konnte. Da es bis in die Mitte des 3. Jahrhunderts üblich blieb, aus welcher Zeit die jüngsten Münzen stammen, könnte die Aufgabe der Sitte mit jenen Verheerungen und Plünderungen zusammenhängen, welche bei der Eroberung Transkaukasiens für das aufsteigende Sasanidenreich durch Schahpur I. (239/71)95 auch Iberien treffen mußten. In England (Bedford, Hertford, Essex)98 gehören die Prunkgräber der „Aylesford-Swarling-Culture" an, eine spätlatenezeitliche Formengesellschaft97, die etwa den Zeitraum zwischen den Feldzügen Caesars und der Eroberung der Insel durch Claudius einnimmt. Die Prunkgräber, meist Schächte, nur vereinzelt an einem Hügel kenntlich, verteilen sich, nach dem Import zu urteilen, auf die Jahrzehnte um Chr. Geb., an keiner Stelle aber über längere Dauer; wo sie zu mehreren auftreten, ist ihre Zeitstellung die gleiche. Die Ausstattung ist bemerkenswert reich, nicht nur an Gerät und Metallgeschirr, sondern auch an Keramik, unter der neben Weinamphoren Trinkbecher den größten Anteil an den Geschirrsätzen haben. Offensichtlich sollten die Beigaben ein Gelage nach 94

Frdl. Beratung durch H. Braunert, Kiel. Zum Besuch des Pharasmanes in Rom: Th. Mommsen, Römische Geschichte 5 (31886) 404 Anm. 4. Fasten von Ostia: H. Nesselhauf in: Athenaeum 36,1958,219 ff. (= 'Armee Epigr. 1959, 58). H.-G. Pflaum in: Bonner HistoriaAugusta Colloquium 1968/69. Antiquitas, Reihe 4, 7 (1970) 180. - Über die psychologisch relevanten Auswirkungen und Aufwendungen bei einem solchen Besuch eines orientalischen Potentaten am römischen Kaiserhof vgl. man die Vorgänge beim Aufenthalt des Armeniers Tiridates bei Nero: W. Schur, Die Orient-

politik des Kaisers Nero. Klio, Beih. 15 (1923) 33 f.; A. Vezin, Das Evangelium Jesu Christi (21938) 306. 95 Frye (wie Anm. 16) 422 ff. 534 Anm. 20. 96 1. Stead, La T£ne III Burial at Welwyn Gard City. Archaeologia 101, 1967, l ff. Wichtig auch P. Laver, The Excavations of a Tumulus at Lexden, Colchester. a. a. O. 76,1927, 241 ff. 97 A. Birchall, The Aylesford-Swarling-Culture. Proc. Prehist. Soc. NS 31, 1965, 241 ff.; Eggers, Römische Bronzegefäße in Britannien. Jahrb. RGZM. 13, 1966, 67 ff.

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römischem Muster ermöglichen, das freilich nur unbeholfen kopiert, nicht als funktionales Ganzes übernommen wurde. Man kennt derlei Versuche ja aus verschiedenen Zeitaltern und Kultursystemen; aber obwohl hier wie auch sonst in solchen Fällen Einzelteile der Service nach Gutdünken oder eigenen Regeln zusammengestellt erscheinen, sticht die Inventargestaltung doch derart gegen die Gewohnheiten des Volkes ab, daß von einer besonderen Darstellungsart in den Prunkbegräbnissen gesprochen und deshalb ein Zusammengehörigkeitsgefühl der Führungsschicht in dem betreffenden Gebiet vermutet werden darf („Welwyn-Type-Burials" zwischen Verulamium und Camulodunum). Sie hatte sich offenbar römischem Einfluß geöffnet und nutzte das Ergebnis der Kontakte zur Artikulation des Rangs und damit auch zur Konfrontation mit der Bevölkerung im Lande. Der Romanisierungsprozeß begann augenscheinlich an der Spitze der sozialen Pyramide und setzte schon geraume Zeit vor der Okkupation durch Claudius ein. Die Ursachen für die zeitliche Begrenzung der Sitte liegen auf der Hand: Caesars Unternehmen, deren Schockwirkung auf die politische Führung wir in unserem Zusammenhang nicht ermessen können, erschlossen Teile Britanniens dem Gütertausch mit den Emporien des Kontinents; die Lebensansprüche wuchsen mit dem Angebot der Ware, namentlich in der tonangebenden Bevölkerungsschicht; sie konnte auf solch adaptive Weise die ihr gemäßen Ausdrucksmittel als soziale Sperre brauchen. Dies ging so lange, bis mit der Einbeziehung Britanniens in das Imperium und mit der Vulgarisierung des römischen Lebensstils die Rezeption fremder Güter und Gebräuche keine Ausnahmestellung mehr gewährleistete und andere Wege beschritten werden mußten, sollte der Kastengeist lebendig bleiben. Beide Beispiele zeigen uns,, in wie hohem Maße der Beginn der Prunkgrabsitte von Faktoren abhängen kann, die eine bestimmte historische Konstellation auslöst, insbesondere die Begegnung gesellschaftlich geschichteter Verbände mit Hochkulturen. Rangbegehren, „Imponiergehabe" und die innere Notwendigkeit, zu demonstrieren, daß man zur Elite zählt, können in der Auseinandersetzung mit den als andersartig und überlegen empfundenen Partnern durch Entlehnung von Sachgütern und Gebräuchen richtungsgebend herausgefordert werden und ihren Niederschlag auch im aufwendigen Totenbrauchtum der Führungsspitze finden. Der Vorgang ist als Gruppenphänomen nicht unbekannt; sozialpsychologisch98 kann man in ihm eine bestimmte Art der Sozialisation, ja in gewissem Umfang sogar einen unbewußten Abwehrmechanismus sehen: in der Gegenüberstellung mit höher organisierten Kultursystemen werden jene natürlichen Eigenschaften als Mittel des Selbstwertstrebens aktiviert; durch Adaption fremder Sachkultur und fremder Gebräuche identifiziert man sich bis zu einem gewissen Grade mit dem Stärkeren, teilt aber die eigene Geltung durch Ritualisierung des Vorbilds den Stammesgenossen mit. Das geht gewöhnlich solange, wie die Konfrontation zur stilisierenden Selbstdarstellung der Elite zwingt. Bei wechselnder Dauer kommt es infolgedessen im achäologischen Befund zur Diskontinuität in der Überlieferung der Quelle. Außerdem treten bei der Anwendung der Prunkgrabsitte im Lauf der Zeit regionale Verschiebungen ein, die nichts anderes zu bedeuten brauchen als eine Verlagerung der Auseinandersetzung in Gebiete, die der Prozeß noch nicht ergriffen hatte. Diese Theorie muß nicht überall anwendbar sein. So berücksichtigt sie nicht die Möglichkeit, daß auch interne Vorgänge wie Veränderungen in den Produktionsverhältnissen zu sozialer Differenzierung und überhöhter Selbstdarstellung der Oberschicht führen können und bei einer Wirtschaft 98 Wenn man Kulturkontakte unter dem Gesichtspunkt des sozialen Lernens untersucht, wird man die theoretischen Ansätze von L. Fester berücksichtigen müssen: A Theory of Cognitive Dissonance (1957). Auf

einen quellenkundlich prüfbaren historischen Vorgang angewandt: V. Rittner, Kulturkontakte und soziales Lernen im Mittelalter (1973); ebd. 222 f. Anm. 38 BeSchreibung der für uns wesentlichen Züge der Theorie.

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mit kapitalistischen Zügen tatsächlich auch geführt haben (Bäcker Eurysaces), obgleich das auf archäologischem Wege eindeutig zu belegen die Mittel überfordert, die derzeit zur Verfügung stehen. Aber unsere Überlegungen erklären doch zahlreiche Fälle vornehmlich aus dem Kontaktbereich zwischen Hochkultur und Barbarikum. Sie machen ferner begreiflich, daß Prunkgräber in Zeiten des kulturellen Wandels aufzutreten pflegen und häufig sogar Periodengrenzen kennzeichnen. Es scheint so, als ob die Verhaltensweise der Elite zur Nachahmung wenigstens derjenigen Ausdrucksmittel reizte, die jedermann zugänglich waren: stilbildende Kraft in der Formung des Sachbesitzes fällt der Aufnahme von Fremdgut allemal zu. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit selbst über größere Gebiete war gewöhnlich erstaunlich hoch. Vermutlich war das mit ein Grund dafür, daß die einmal gefundenen Normen in der Gestaltung des Prunkgrabs anscheinend nur dort über längere Zeit den Wertvorstellungen der führenden Familien entsprachen, wo ein starres Sozialsystem eine Tabuisierung der Regeln begünstigte. Welche Schlüsselstellung Prunkgräbern zufällt, wenn man Ursachen und Verlauf des Kulturwandels kennenlernen will, zeigt die Nekropole von Salamis auf Cypern, jener Stadt an der Ostküste der Insel, die während des 11. Jahrhunderts v. Chr. an die Stelle des nahen Enkomi getreten war". Gräber aus so früher Zeit bleiben dort vereinzelt, die Belegung setzte, soweit wir heute wissen, erst Mitte des 8. Jahrhunderts ein und läßt sich dann bis an das Ende des 4. Jahrhunderts verfolgen. Allerdings handelt es sich nicht um das Gräberfeld der Stadtbevölkerung in ihrer Gesamtheit, sondern offensichtlich um das der Oberschicht, wie man der Aufwendigkeit des Grabbaus entnehmen kann (unterirdische Kammergräber in Quaderbauweise mit Dromos, Felskatakomben). Bisher hat man weit über hundert Bestattungsplätze modern untersuchen können. Aber obwohl sehr viele bereits in alter Zeit oder durch sorglose Ausbeute früherer Archäologen geplündert waren, ergeben sich doch schon jetzt vorzügliche Einblicke in die Anordnung der ganzen Anlage. Sie spiegelt die historisch bedeutsamen Geschicke der Insel wider, die in ein Netz von Beziehungen zwischen Griechenland und der vorderasiatischen Staatenwelt verflochten war und im Güteraustausch, den damals Phöniker und Griechen in Händen hatten, eine wichtige Rolle spielte. Die zentrale Nekropole fand sich südwestlich der Stadt an jener Stelle, die man nach den Felskammern Cellarka nennt. Diese setzten in der Zeit um 700 ein, man legte sie unter äußerster Raumnutzung in dichter Folge an und bestattete in ihnen jeweils mehrfach und über längere Zeit, verwendete sie also vermutlich als Familiengrüfte. Dagegen trifft man etwas entfernt auf eine Reihe von Einzelgräbern verschiedener Zeitstellung, insgesamt zehn, zwei davon mit einem Tumulus bedeckt, das eine (3,1964) am Ende des 7., das andere als bedeutender Kenotaph im letzten Viertel des 4. Jahrhunderts errichtet, aber beide ohne inneren chronologischen Zusammenhang mit der Grabgruppe. Von den restlichen acht Gräbern enthält eines (l, 1954) noch spätgeometrische Keramik euböischer Herkunft und eine kostbare Halskette aus Bergkristall- und Goldblechperlen, im Dromos zwei Pferde und Reste eines Wagens. Die Art der Totenbehandlung, Leichenverbrennung, ist auf Cypern fremd und wird Einwanderern aus Griechenland zugeschrieben. Eine Nachbestattung, diesmal Körperbeerdigung, aber wieder von Pferd und Wagen begleitet, datiert in das frühe 7. Jahrhundert. Nach diesem Muster sind alle übrigen Gräber hergerichtet, das nächst jüngere stammt aus dem fortgeschrittenen 8., keines ist jünger als das 7. Jahrhundert. Unter den Funden der am reichsten ausgestatteten Kammer (79,1966) tritt wertvoller Import hervor, phönikische Elfenbeinarbeiten, blattvergoldet und mit 99 V. Karagheoris, Excavations in the Nekropolis of Salamis l (1967). 2 (1970). Kurzfassung: ders., Salamis in Cyprus. New Aspects of Antiquity (1969).

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blauen Glasplättchen belegt, und syrisch-urartäische Bronzekessel mit Greifen-, Sphingen-, und Stierprotomen. Im Ornament dominieren assyrische und ägyptisierende Motive. Sie begegnen auch auf Pferdegeschirr, das man bei den Pferdeskeletten in den Dromoi reichlich fand und das auf den bekannten Palastreliefs Assyriens überzeugende Parallelen hat. Tatsächlich sind die Beziehungen dorthin bemerkenswert eng gewesen. Denn was auf den Reliefs als Bildfolge erscheint, sieht man in den Grabinventaren von Salamis ins Gegenständliche umgesetzt: der feierliche Aufzug aus Pferd und Wagen, in den mitunter mehrfach vor den Grabtüren aufgestellten Gespannen versinnbildlicht; die Thronszene, durch die Beigabe von prächtig verzierten Stühlen repräsentiert; das Symposion, dessen dingliches Zubehör durch ein Ruhebett aus Elfenbein, mannigfaltiges Metall- und Tongeschirr, selbst Küchengerät (Bratroste) vertreten ist. Bildprogramm und Inventargestaltung ähneln sich trotz verschiedenartiger Ausdrucksmittel in ihrem gedanklichen Gehalt derart, daß man Unabhängigkeit in den zugrunde liegenden Vorstellungen schwerlich wird vertreten wollen. Wie weit sie verbreitet waren, zeigen etruskische Beispiele aus Gräbern der gleichen Zeit, was ja seit langem bekannt ist100 und mit Recht geltend gemacht wird, wenn man das Werden der orientalisierenden Periode nicht allein mit der Einfuhr von Gegenständen und der Übertragung von Ornamentsystemen, sondern auch mit der Ausbreitung von Ideengut aus Urartu, Assyrien und den Randstaaten des östlichen Mittelmeerraumes erklären will. Während in Etrurien die Prachtgräber mit Beigaben des orientalisierenden Stils zwar Veränderungen am Ende der spätgeometrischen Epoche widerspiegeln, aber keineswegs als markanten Wechsel, fixieren auf Cypern die älteren Prunkinventare mit Ausstattungsstücken vorderasiatischen Charakters tatsächlich den Beginn des archaischen Zeitalters, wenngleich aufwendiger Grabbau in Salamis selbst schon früher einsetzte (3, 1964). Den Grund für diesen Umschlag sieht man überzeugend in der besonderen Art der Beziehungen, die Cypern seit der Regierungszeit Sargons II. (721-705) zu Assyrien unterhielt101. Wie inschriftlichen Zeugnissen im Palast von Chorsabad und auf einem Siegesdenkmal des Königs in Kition auf Cypern selbst zu entnehmen ist, huldigte eine Reihe cyprischer Stadtkönige dem Herrscher, sandte ihm kostbaren Tribut und erkannte auf diese "Weise seine Oberhoheit an (709 v. Chr.). Das wiederholte sich während der Regierung Asarhaddons (680-669), der auf einer Inschrift im Palast von Niniveh 673/72 Städte wie Könige der Insel namentlich bezeichnete, seine Suprematie also erneut zum Ausdruck brachte. Unter seinem Nachfolger Assurbanipal (668-626), der 667 für Cypern die gleichen Namen abschreiben ließ, während er die Liste für Syrien und Palästina den veränderten politischen Gegebenheiten anpaßte, scheint die Oberherrschaft erloschen zu sein. Man hat daraus geschlossen, daß sich die Insel zwischen dem Ende des 8. und der späten ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts Assyrien unterworfen hatte und dieses Joch erst unter Assurbanipal abschütteln konnte, während dessen Regierungszeit die Großmacht bekanntlich ihrer Auflösung entgegenging. Lebhafteste Beziehungen der Insel zu Assyrien während der in Rede stehenden Periode sind unbestreitbar. Waren sie tatsächlich derart, wie sie die inschriftlichen Zeugnisse schildern, versteht man, warum sich die herrschende Schicht einer so bedeutenden Hafenstadt wie Salamis in ihren Lebensgewohnheiten nach dem stärkeren, politisch entscheidenden Partner richtete und sich selbst noch im Bestattungsritual mit ihm so weit identifizierte, daß man in den Palästen der Lebenden eine Imitation des Zeremoniells von Chorsabad oder Niniveh erwartet. Es wäre ferner begreiflich, wes100

Kossack, Gräberfelder der Hallstattzeit an Main und fränkischer Saale. Materialh. z. Bayer. Vorgesch. 24 (1970) 161 ff.

101

E. Gjerstad, The Swedish Cyprus Expedition 4, 2 (1948) 449 ff.

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halb sich die Prunkgrabsitte ungefähr auf eben die Zeitspanne beschränkte, in der Assyrien für Cypern ein Machtfaktor ersten Ranges war und jene Veränderungen eintraten, mit denen das archaische Zeitalter hier begann.

FOLGERUNGEN Einzelfälle zu beschreiben hilft bekanntlich in erster Linie Vorgänge aufklären, die unter unwiederholbaren Bedingungen abliefen, in ihren Ergebnissen sich also nicht ohne weiteres verallgemeinern lassen. Dennoch scheint mir der Befund in Salamis auf typische Züge im Verhalten der Oberschicht hinzuweisen, Züge, die man häufiger wiederfinden kann und die tatsächlich für die Kenntnis der Eigenschaften und des Aussagewerts der Prunkgräber wichtig sind. Daß diese bedeutende Quelle keineswegs kontinuierlich fließt, sondern nur unter bestimmten Voraussetzungen, bewahrheitet sich auch hier. "Weiter bestätigt sich die Diskrepanz in der realen Geltungsdauer der Führungsgruppe und der Zeitspanne ihrer Selbstdarstellung durch Anwendung der Prunkgrabsitte. Wir sehen abermals: setzt sie ein, muß sich der Zeitpunkt durchaus nicht mit dem Beginn der Gruppenbildung decken; sie spiegelt vielmehr eine schon bestehende Rangfolge und stilisiert sie nur. Mit der rituellen Überhöhung der Person oder der Gruppe, der sie sich zugehörig fühlte, war eine Trennung von der Gemeinschaft verbunden, die sich in der räumlichen Absonderung der Prachtbegräbnisse vom Ortsfriedhof äußerte. Eine solche Ausgliederung aus dem Verband der Nekropole wiederholt sich mehrfach, ist aber selten ein Element von Dauer. Wo es der Fall war, wuchs dem bevorzugten Bestattungsplatz selbst allmählich höhere Bedeutung zu als das Mittel hergab, den Rang des Toten durch ungewöhnliche Ausstattung zur Schau zu stellen. Vereinzelt hatte dynastisches Bewußtsein für Stetigkeit der Prunkgrabsitte am Ort gesorgt. Aber sie war dann, wenn wir richtig urteilen, an zentralistisch regierte Staatsgebilde theokratischer Art geknüpft. Könige scheinen beim Begräbnis in der Regel nämlich nicht anders behandelt worden zu sein als Angehörige vornehmer Familien. Schrieb man ihnen besondere Nähe zur Gottheit zu und wurde das Rangdenken in solcher exponierten Lage hochgradig herausgefordert, kam es gelegentlich zu einer bis ins Hybride gesteigerten Demonstration des Eigenwerts. Aber von diesen Ausnahmen abgesehen, unterlagen Königsgräber und Bestattungen der Führungsschicht der gleichen Norm: zu einem bestimmten Zeitpunkt treten sie in das Quellenbild ein, bald danach verlassen sie es wieder, ohne daß Beginn und Aufgabe der Sitte, Prunkgräber anzulegen, mit der Entstehung und dem Zerfall des politischen Amtes oder der elitären Gruppe übereinstimmten. Deshalb die Frage, die meine Überlegungen ausgelöst hat: unter welchen besonderen Bedingungen gibt der archäologische Befund den Status der Oberschicht zu erkennen, sofern er im Prunkgrab seinen Niederschlag gefunden hat? Salamis gibt die gleiche Antwort wie die „Welwyn-Type-Burials" Ostenglands und Mzkheta in Georgien. Der Kontakt zu Hochkulturen und bestimmte politische Konstellationen veranlaßten die Oberschicht zu einer Identifizierung mit dem als überlegen eingeschätzten Partner. Sie bemühte sich, durch Entlehnung auffallender Bereiche der Sachkultur und erlernbarer Bräuche die eigene Stärke zu veranschaulichen, sich den Stammesgenossen gegenüber unnahbar in Respekt zu setzen und sie durch angemessenes Benehmen davon zu überzeugen, sie genössen den Vorzug, ihr herrschaftliches Leben nach dem Verlassen dieser Welt zu Füßen der himmlischen Throne fortzusetzen. Die Mittel stimmen überein: aufwendiges Zeremoniell bei feierlichem Anlaß (Prozession mit Pferd und Wagen); „ewiges Gelage" mit den vornehmen Trinksitten der Fremden; kostbare Kleidung und Trachtzube-

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hör in kunstgewerblich hervorragender Gestaltung; Ornament mit symbolhaftem Gehalt; edles Material als Hinweis auf die Möglichkeit, Reichtum zu erwerben und auch zu verteilen. Wie weit derlei Gehabe in den Funktionszusammenhang des aufnehmenden Kultursystems integriert wurde, steht hier nicht zur Untersuchung. Aber trotz der gewöhnlich jeweils nur geringen Zeitdauer der Sitte, elitäre Gruppen im Bestattungsritual darzustellen, bemerkt man wenigstens im Bereich antiker Randkulturen, daß sie in der Regel mit einem Kulturwandel zusammenging. Die Auseinandersetzung mit Fremdphänomenen veränderte augenscheinlich das überlieferte Gefüge. Dieser Vorgang trug rückwirkend dazu bei, die Prunkgrabsitte als Manifestation des Rangs aufzugeben, wenn das Vorbild vulgarisiert war. Deshalb kennzeichnet fremdländisches Einfuhrgut die Gräber nur so lange als Prunkbestattungen, wie es selten blieb, also noch nicht als Requisit alltäglichen Lebens galt. Vielleicht erklärt dies auch, warum man Prunkinventare in geographisch abgelegenen Zonen besonders häufig finden kann. Insofern lassen sich Prunkgräber als Ausdruck eines in Gang gesetzten Kulturwandels auffassen, der durch Konfrontation verursacht, durch immer wieder wechselnde Umstände ausgelöst und von der Führungsschicht maßgeblich beeinflußt wurde. Daß freilich nicht allein die Berührung mit Hochkulturen, sondern genauso auch interethnische Begegnung zur Selbstdarstellung der Elite führen konnte, deuten viele archäologische Befunde an; aber aus Mangel an literarischen Zeugnissen fällt es schwer, Ursachen, Verlauf und Ergebnis des Kontaktes einleuchtend zu beschreiben. Ich bin am Ende meines Essays angelangt. Ihn J. Werner zu widmen, lag insofern nahe, als er bei imponierender Weite des Blickfelds über eine heute kaum mehr erreichbare Kenntnis unseres Quellenstoffs verfügt und sie dazu nutzt,, der Forschung Verfahren vorzuschlagen, die im Umgang mit frühgeschichtlichen Problemen erprobt sind und den Spielraum verringern helfen, mit dem archäologisches Urteil wohl immer rechnen muß. Aus seinen Arbeiten geht ferner hervor, wie untauglich Begriffe zur Erklärung von Sachverhalten sein müssen, für die sie nicht geschaffen oder nicht mehr brauchbar sind, weil wissenschaftliche Übereinkunft sie enger faßt als der allgemeine Sprachgebrauch. Daß es nötig ist, auf diese Selbstverständlichkeit hinzuweisen, charakterisiert den Stand jener Forschungsrichtung, die es sich zum Ziel setzt, aus archäologischen Quellen soziale und wirtschaftliche Tatbestände, Gefüge und Veränderungen zu erschließen. Man hat es sich ja angewöhnt, das tatsächlich Beobachtete mit Hilfe antiker, mittelalterlicher oder moderner Begriffe zu benennen und durch den Bedeutungsinhalt, welcher der Bezeichnung innewohnt, auch zu erklären. Auf die Frage beispielsweise, wie die Verbreitung gewisser Gegenstände zustande gekommen sei, antwortet man häufig: „durch Handel", denkt dabei aber an gar nichts anderes als an Verteilung, obgleich in jedem Lexikon zu finden ist, daß „Handel" fachgerecht eine besondere Art von Gütertausch kennzeichnet, der einen Gewinn für den erbringen soll, der ihn auf eigenes Risiko betreibt. Indem man den Ausdruck „Handel" wählt, stellen sich Assoziationen ein, und man interpretiert schon. Fehlt es an Grundlagen für die Beurteilung und verwendet man den Begriff dennoch, entwertet man ihn und fördert die Erkenntnis um keinen Schritt. Denn es leuchtet ein, daß eine sichere Aussage über die Art des Gütertausches nur möglich wäre, wüßten wir Genaueres über die wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhänge. Da uns solche Gefüge noch weitgehend unbekannt sind, drücken wir uns metaphorisch aus: in der Fachsprache des Archäologen steckt eine Fülle gleichnishafter Bezeichnungen, ein sicheres Zeichen dafür, daß man nur ahnt, wovon man spricht. Ähnlich ist es zu beurteilen, wenn man ungewöhnlich reich ausgerüstete Bestattungen, die häufig mit aufwendiger Bauart zusammengehen, „Adels- oder Fürstengräber" nennt. Man meint damit freilich anfänglich nichts weiter als eine Akkumulation von Sachgütern und Arbeit. Da hier wirtschaftliche und soziale Leistun-

Prunkgräber

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gen zusammenfließen, aktiviert durch religiöse Überzeugung und zwar zugunsten eines einzelnen oder einer Personengruppe, sieht man im „Fürstengrab" nun schon weitergehend Ansprüche herrschaftlicher Qualität verwirklicht, die nur einer privilegierten Schicht adäquat scheinen. Das führt dann schließlich dazu, den Adelsbegriff des hohen Mittelalters bei der Deutung auch prähistorischer Befunde zu benutzen. Ich fürchte, dies ist eine Vereinfachung, die weder die Quelle selbst zum Sprechen bringt noch der Sozialstruktur antiker Randkulturen und der Mentalität ihrer Führungsschicht angemessen ist. Statt dessen kommt es in erster Linie darauf an, die Eigenschaften der Prunkgrabsitte näher zu beschreiben, die Kriterien auf ihr Gewicht zu prüfen, welche die Topographie der Prachtgrabnekropolen liefert, insbesondere ihr Lageverhältnis zu den gleichzeitigen Ortsfriedhöfen, und die Merkmale zu nutzen, die in der Art der Verbreitung und in der Häufigkeit enthalten sind. Ein wesentliches Mittel zur Beurteilung scheint mir ferner die Dauerhaftigkeit des Brauchs zu sein, weil ein hervorragendes Kennzeichen seiner Überlieferung Lückenhaftigkeit ist. Bei dieser Frage habe ich zunächst den einzelnen Bestattungsplatz im Auge, meine aber genauso auch die Stabilität der Sitte innerhalb der Zonen, in denen sie vorkommt. Schließlich ist es die Art der Inventargestaltung, die wichtige Einsichten gestattet. Sie erst klärt bei vergleichender Untersuchung darüber auf, welche Verhaltensmuster im Bestattungsritual zum Ausdruck kommen, auf welche Ursachen die Imitation fremder Gebräuche und fremder Sachkultur zurückzuführen ist und welche Rolle die Entlehnung beim "Wandel der Kulturen spielte.

3 Festschrift Werner

HERMANFRID SCHUBART, MADRID ZUR G L I E D E R U N G DER EL A R G A R - K U L T U R

Ein Thema der Iberischen Halbinsel scheint sich zunächst nicht in den Rahmen dieser Festgabe zu fügen, doch hat sich Joachim "Werner - wie seine Schüler wohl wissen - in seinen Vorlesungen mehrfach mit der El Argar-Kultur beschäftigt. So hofft der Verfasser, dem Jubilar, mit dem er sich seit zwei Jahrzehnten freundschaftlich verbunden fühlt, durch diese Zeilen ein Zeichen seines besonderen Dankes nicht nur für anregende Gespräche über die wichtigste Bronzezeit-Kultur der Iberischen Halbinsel, sondern auch dafür geben zu können, daß er in einem weiter gefaßten Kolleg zu München einen Teil der folgenden Überlegungen zur Gliederung der El Argar-Kultur entwickeln konnte. Als die Brüder E. und L. Siret 1887/90 ihre bedeutsamen Forschungsergebnisse vorlegten1, schufen sie zugleich die bis heute entscheidende Grundlage für die Erforschung der El Argar-Kultur. Sie waren nicht nur die Entdecker großer Nekropolen, die übrigens bis heute die am besten publizierten Fundkomplexe geblieben sind, sondern erkannten bereits die El Argar-Kultur als Einheit, grenzten sie gegen andere Kulturen ab und untersuchten ihre einzelnen Elemente. Sie teilten Beobachtungen zur Trennung von Männer- und Frauengräbern ebenso mit wie solche über die Fundkombinationen2. Für den wichtigsten Platz, El Argar selbst, wurden auf Grund der Ausdehnung und der 950 bis zur Publikation freigelegten Gräber die Zahl der Bewohner und eine Zeitspanne von 100 bis 300 Jahren für das Bestehen der Siedlung kalkuliert3. Diese Zeitspanne wurde auch damit begründet, daß zwar eine soziale Differenzierung beobachtet werden könnte, aber keine chronologische im Sinne einer sich weiter entwickelnden Zivilisation4. Die El Argar-Kultur wurde bei Siret und in der Literatur der Folgezeit chronologisch als Einheit verstanden. Unter den wenigen Ansätzen zu einer chronologischen Untergliederung der El Argar-Kultur sei hier der von P. Bosch-Gimpera5 hervorgehoben, da dieser Gliederungsversuch bereits wesentliche Ergebnisse späterer Arbeiten andeutet. Auf eine Stufe El Argar la (1800-1600?), die durch die Siedlung von El Oficio charakterisiert wird, folgt die eigentliche Blüte der Kultur mit der Stufe Ib (1600? bis 1400), die insbesondere durch die Siedlung und die Bestattungen von El Argar selbst ausgefüllt wird. Siedlung und Gräberfeld von Fuente Alamo charakterisieren schließlich die Stufe II (1400 bis vielleicht gegen 1100 oder 1000 v. Chr.), in der zuerst Schwerter und Glasperlen auftreten6. Wenn gerade in dieser Formenzuweisung Bosch-Gimpera Richtiges erkannt hat, besteht die Schwäche seiner Gliederung doch darin, daß er jeweils ganze Plätze bzw. Gräberfelder für seine Stufen charakteristisch sein läßt und damit seine eigenen Erkenntnismöglichkeiten einschränkt. Alle drei 1

E. u. L. Siret, Las primeras edades del metal en el Sudeste de Espana. Resultados obtenidos en las excavaciones hechas por los autores desde 1881 a 1887 (1890), französische Ausgabe 1887. - Der vorliegende Aufsatz beschränkt sich auf die innere Ordnung der El Argar-Kultur und die relative Chronologie, ausgehend vor allem von der erwähnten Siret-Publikation. Über die mediterranen Beziehungen der El Argar-Kul-

tur handelt ein Artikel des Verf. in Madrider Mitt. 14, 1973, 41 ff. 2 Siret a. a. 0.172. 3 Siret a. a. O. 205. 4 Siret a. a. O. 205. 5 P. Bosch-Gimpera, La Edad del Bronce de la Penmsula Iberica. Archivo Espanol Arqu. 27,1954, 45 ff. * Bosch-Gimpera a. a. O. 49 f.

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Hermanfrid Schubart

genannten Plätze El Argar, El Oficio und Fuente Alamo sind nämlich durch die gesamte El ArgarZeit hin besiedelt gewesen, wie Gräber der Früh- und Spätzeit beweisen. Erst die Analyse der geschlossenen Grabfunde, wie sie B. Blance vornahm7, konnte eine sichere Grundlage für eine Stufengliederung der El Argar-Kultur geben. Blance ist es denn auch gelungen, eine ältere Stufe A mit Flachgräbern, d. h. Steinkisten, Grubengräbern und Gräbern mit lockerem Steinschutz, von einer Stufe B mit vorwiegenden Gefäßbestattungen abzutrennen8. Die Fundkombinationen weisen trianguläre Nietdolche mit meist drei bis fünf bogenförmig auf dem Heftabschluß verteilten Nieten, Stabdolchklingen der El Argar-Form, Goldschmuck, Armschutzplatten und Knöpfe mit V-förmiger Durchbohrung als die überwiegenden Formen der Stufe A aus. Zur Stufe B gehören schmalere Nietdolche mit fast parallelen Schneiden und von abgerundet quadratischem Heft mit zwei, vier oder sechs Nieten, Schwerter, deren Heftenden den Nietdolchen nachgebildet sind, Flachbeile, Silberfunde, darunter auch Diademe, und Perlen, „segmented beads" aus Glas wie Knochen9. Dem El Argar-Stabdolch der Stufe A steht eine wenn auch seltenere Stabdolchform in der Stufe B gegenüber, die nach den Fundorten Montejfcar oder Ecija bezeichnet wird, aber auch sowohl in El Argar selbst wie in der Bronzezeit-Kultur des iberischen Südwestens begegnet10. Während so mit Hilfe von Kleinfunden eine Stufengliederung geschaffen worden ist, die auch weiterhin Gültigkeit haben wird, selbst wenn auf Grund einer breiteren Materialvorlage noch einzelne Korrekturen angebracht werden können11, wurde eine Neuuntersuchung der Keramik nicht durchgeführt, „da Siret nur eine Typentafel, nicht aber die in den Gräbern tatsächlich gefundene Keramik publiziert hat"12. Für die Mehrzahl der geschlossenen Grabfunde nennt Siret in der Tat nur die Typennummern, so daß vorläufig jede Untersuchung der Keramik von dieser Typenuntergliederung Sirets auszugehen hat13, wenngleich für eine ganze Reihe von Fundkomplexen von Fuente Alamo, La Pernera, Ifre, Zapata und El Argar selbst Tongefäße mit Grabbezeichnungen abgebildet werden14. Nach Vorlage der großen Publikation hat L. Siret noch mindestens weitere 80 Gräber in El Argar selbst untersucht, deren Inventare sich teilweise in den Museen von Barcelona und Madrid erhalten haben und die aufzunehmen der Verfasser Gelegenheit hatte15. Schließlich runden Neufunde das Bild ab, wenngleich ihre Zahl außerordentlich gering ist, da in den letzten Jahrzehnten keine größere El Argar-Siedlung mit der darin liegenden Nekropole vollständig unter7

B. Blance, Die Anfänge der Metallurgie auf der Iberischen Halbinsel. Studien zu den Anfängen der Metallurgie 4 (1971) 121 ff. (im folgenden abgekürzt: Blance, Metallurgie). - Eine parallele, zu ähnlichen Ergebnissen führende Untersuchung des Verf. wurde nur in einer Zusammenfassung veröffentlicht: Zum Beginn der El Argar-Kultur. Atti del VI Congresso Intern, delle Scienze Preistoriche e Protostoriche Rom 1962, 2 (1965) 4 f. 8 Blance, Metallurgie 122 ff. - Eine in manchem übersichtlichere Zusammenfassung der Ergebnisse durch Blance in: Revista Guimaräes 74,1964,129 ff. 9 Blance, Metallurgie 124 ff. 10 Blance a. a. O. 147 und unabhängig davon Schubart, Las alabardas tipo Monteji'car. Festschr. Pericot (1973) 247 ff.; ders., Die Bronzezeit im Südwesten der Iberischen Halbinsel. Madrider Forsch. 9 (1974). 11 z. B. im Hinblick auf die Verteilung der Edelmetallfunde. Ein Corpus der nach Herausgabe der SiretGräberfelder gemachten El Argar-Funde ist in Vorbereitung. - Pfriemen begegnen wir im El Argar-Kreis sowohl

in Steinkisten, wie in Pithosgräbern. In Argar selbst haben von 63 Steinkisten und Grubengräbern 37 Pfriemen, von etwa 160 Pithosgräbern 74, ein Zahlenverhältnis, das es nicht zuläßt, die Pfriemen überwiegend zu El Argar A zu zählen (Blance, Rev. Guimaräes 74, 1964, 131 f.). Auch liegen Pfriemen sowohl mit frühen wie späteren Dolchklingenformen zusammen. Dabei scheinen frühere Pfriemen gedrungener und von kräftigem Querschnitt zu sein, besitzen zudem bisweilen eine Mittelschwellung, während spätere Pfriemen schlanker wirken. Zu letzteren müssen dann ebenfalls die schlanken Pfriemen der Südwest-Bronzezeit gezählt werden. - Die Datierungsschwierigkeit wird auch bei S. Junghans, E. Sangmeister u. M. Schröder, Studien zu den Anfängen der Metallurgie 2, ] (1968) 115 deutlich. 12 Blance, Metallurgie 127. 18 Siret a. a. 0.171 Taf. 18. 14 Siret a. a. O. Taf. 64 ff. 5.17 f. 19 ff. 22 ff. 55. 15 Den Leitungen der Archäologischen Museen von Barcelona und Madrid gilt der besondere Dank des Verf.

Zwr Gliederung der El Argar-Kultur

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sucht worden ist. In dieser Situation erhebt sich erneut die Frage, welchen Beitrag die Keramik zur Gliederung der El Argar-Kultur zu geben vermag. In der Publikation von Siret ist schon zu lesen, daß die Männergräber selten mehr als ein Beigefäß enthielten, die Frauengräber hingegen für gewöhnlich zwei Gefäße, ein größeres und ein kleineres16. In der Tat enthalten von den 43 Gräbern mit Beilbeigabe, die sich in El Argar fanden, 39 Gräber auch Keramik, davon 34 Gräber nur je ein Beigefäß. Bei den vier Gräbern mit je zwei Gefäßen handelt es sich um Doppelbestattungen. Auch Grab 189 mit drei Gefäßen enthielt außer der männlichen Bestattung mit Beil eine weibliche mit Pfriemen, der sicherlich zwei der Beigefäße zugewiesen werden können17. - Nicht so eindeutig ist die Situation bei den Stabdolch-Gräbern, die auch als Männerbestattungen zu verstehen sind. Zwar gibt es hier einzelne Gräber mit nur einem Beigefäß, doch sind Stabdolchgräber mit zwei Beigefäßen, dabei stets einem größeren und einem wesentlich kleineren, noch häufiger, wie gerade die im Siret-Atlas nicht mehr publizierten Gräber von El Argar selbst zeigen (Abb. 2. 3)18. Da Stabdolche zur Stufe El Argar A und Flachbeile im Bereich der Grabfunde zur Stufe B gehören,, da sich also in der Ausrüstung des Mannes, jedenfalls in der Grabausstattung Stabdolch und Beil ablösen, könnte auch sonst im Grabbrauch ein gewisser Wandel eingetreten sein. Während in der Stufe A mehrfach zwei Gefäße beigegeben werden, erscheint in den Männergräbern der Stufe B nur je ein Beigefäß. Möglicherweise spielt hier allerdings auch soziale Differenzierung eine gewisse Rolle, da es sich bei den Stabdolchgräbern der Stufe A mehrfach, wie etwa bei Grab l von Fuente Alamo19, um besonders reiche Gräber handelt. Wenn man davon ausgeht, daß der Pfriemen, der abgesehen von einigen Doppelbestattungen niemals mit dem Beil kombiniert auftritt, als das sicherste Indiz für Frauenbestattungen gilt, haben die Frauengräber in der Tat zu fast zwei Dritteln zwei oder mehr Beigefäße. Von 92 Gräbern, die sowohl Keramik- als auch Pfriemenbeigaben enthalten, ergaben nur 28 ein Beigefäß, hingegen 56 deren zwei. Acht weitere Frauengräber hatten drei oder vier Gefäßbeigaben. Unter den von Siret bekanntgegebenen Grabverbänden von El Argar haben rund 120 zwei Gefäße, hingegen rund 160 nur je ein Gefäß. Wenn von dem eben bei den Frauengräbern mit Pfriemen gewonnenen Ergebnis ausgegangen wird, daß sich Gräber mit einem Beigefäß zu Gräbern mit zwei Beigefäßen wie 1:2 verhalten, wenn andererseits berücksichtigt wird, daß bei den Männergräbern mit Stabdolchen auch zwei Beigefäße vorkommen, kann doch ungefähr an eine gleiche Verteilung der Gräber auf die Geschlechter gedacht werden20, wobei sowohl Kindergräber wie die große Zahl der offenbar ärmeren, nicht publizierten Gräber von El Argar, von denen es rund 700 gegeben haben muß, leider unberücksichtigt bleiben. Den Beobachtungen über die Gefäßkombinationen sei zunächst eine Beschreibung der Gefäßtypen nach Siret beigegeben (Abb. l)21. In El Argar treten die Umbruchgefäße der Form 5 am häufigsten (110 Exemplare) auf, gefolgt von den Bechern beider Formen (68 Exemplare) und den großen Töpfen (65 Exemplare). Schalen bzw. Kümpfe der Formen l (46 Exemplare) und 2 (44 Exemplare) bilden gemeinsam eine ebenfalls große Gefäßgruppe. Seltener sind dann die niedrigen Töpfe der Form 3 (35 Exemplare) und nur in wenigen Stücken vertreten das Fußgefäß (10 Exemplare) wie der Doppelkonus (ein Exemplar). — Die wichtigsten Grabgefäße stellen offenbar die Umbruchgefäße und die großen Töpfe dar, die viel16

Siret a. a. 0.172. Siret a. a. O. Taf. 32. 18 Vgl. unten S. 43, Anm. 33. 34 u. Abb. 2. 3. 19 Siret a. a. O. Taf. 66,1. 20 Man braucht sich also wohl nicht vorzustellen 17

(Siret a. a. O. 206), daß die Mehrzahl der Männer im Kampfe fiel und ohne Grab in der heimischen Siedlung blieb. 21 Siret a. a. O. 171 u. Taf. 18; Blance, Metallurgie 127 u. Taf. 21.

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Hermanfrid Schubart

Abb. 1. Typentafel der Keramikformen, nach Siret. Form 1: Schale mit ausladendem Rand, gerundetem Gefäßkörper, bisweilen mit einer Tendenz zu konischer Gefäßwandung und flachem Boden. Form 2: Schale bzw. Kumpf mit einziehendem Rand und gerundetem Gefäßkörper. Form 3: Niedriger Topf mit einziehendem, aber nicht abgesetztem Rand, bisweilen mit Fußbildung. Form 4: Großer Topf von Kugel- oder Eiform mit ausladendem und abgesetztem Rand. Form 5: Umbruchgefäße aller Variationen. Form 6: Doppelkonus, Sonderform des Um-

bruchgefäßes mit einziehendem und nicht abgesetztem Rand bei enger Mündung. Form 7: Fußgefäß oder „Pokal", schlanke Form; 7bis gedrungene Form. Form 8: Becher. a) Füße von Pokalen, die als Becher Verwendung fanden, meist mit kräftig ausladendem Rand. b) Becher mit Standfläche, die im Gegensatz zur Form 8a von vornherein als Becher hergestellt wurden.

fach allein in den Gräbern auftreten, so die Umbruchgefäße der Form 5 in 61% und die großen Töpfe der Form 4 in 37% der Fälle. Diese großen Grabgefäße werden häufig durch ein kleineres begleitet, die großen Töpfe insbesondere durch Becher der Form 8. Allein 25 Gräber bieten die Kombination großer Topf mit Becher der Form 8, weitere 17 die Kombination Umbruchgefäß mit Becher. An die Stelle des Bechers können als kleinere Beigefäße entweder Schalen der Form l (zwölf-

Zur Gliederung der El Argar-Kultur

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mal mit Form 5 und sechsmal mit Form 4) oder niedrige Töpfe der Form 3 (neunmal mit Form 5 und achtmal mit Form 4) treten. Nur in vier Gräbern gibt es die Gefäßformen 4 und 5 gemeinsam (Grab 446, 471, 578 und 648); dabei handelt es sich um zwei Flachgräber und zwei Pithosbestattungen, welch letztere sich durch mehr als zwei Keramikbeigaben auszeichnen, wie sie in insgesamt acht Fällen und jeweils nur bei Frauengräbern in El Argar belegt sind. Die Schale mit einziehendem Rand, wie sie Form 2 darstellt, nähert sich offenbar in Gestalt und Funktion den geschlossenen Gefäßformen 4 und 5, denn sie tritt allein 28mal ohne weitere Beigefäße als einzige Grabbeigabe auf, was schon 64% ihres Vorkommens überhaupt ausmacht. Weitere zwölf Gefäße der Form 2 werden vom Becher der Form 8 begleitet (27%), was der häufigen Kombination von großem Topf der Form 4 und Becher der Form 8 entspricht. Der niedrige Topf Form 3 tritt wesentlich seltener allein auf, begleitet vielmehr als kleineres Beigefäß die größeren geschlossenen Gefäße 4 und 5 in 17 Fällen. Form 6 ist außerordentlich selten und liegt im alten Material von El Argar nur einmal vor und geht in der Doppelbestattung des Grabes 244 mit einem Umbruchgefäß Form 5 zusammen22. Von den zehn Fußgefäßen der Form 7 tritt nur eines allein in einem Grabe auf; die anderen neun Gefäße verteilen sich auf acht Gräber, von denen wiederum fünf besonders reich, d. h. mit mehr als zwei Gefäßen ausgestattet sind. Insgesamt begegnen solche Keramik-reichen Gräber in El Argar nur achtmal. Die einzigen drei Gräber mit je vier Gefäßen, die aus El Argar bekannt wurden, enthalten stets die Form 7. Fußgefäße sind also offensichtlich eine Zugabe zu reich ausgestatteten Gräbern. Im Totenkult müssen sie eine besondere Rolle gespielt haben, wie die mehrfach belegte Stellung auf oder neben den Gräbern bezeugt23, sei es als Libationsgefäß oder für Rauchopfer. Daß Fußgefäße trotzdem in der Gebrauchskeramik von größerer Bedeutung waren, als die wenigen Grabbeigaben belegen, zeigen die Becher der Form 8a, bei denen es sich ja durchweg um abgebrochene Füße von Pokalen handelt. Diese Verbindung der Form 8 a mit den Fußgefäßen ist besonders bei chronologischen Betrachtungen zu berücksichtigen. Für ihre Funktion im Bestattungsritus sollten diese abgebrochenen Füße jedoch als Becher betrachtet werden, da nur so ihre Verbindung mit den größeren Grabgefäßen deutlich wird. - Von den 68 Bechern der Formen 8a und 8b treten nur elf allein ohne weitere Gefäße auf. Die Becher begleiten sonst als kleinere Beigefäße die sich stärker schließenden Schalen der Form 2 (18%), die großen Töpfe (37%) und die Umbruchgefäße (25%). Wie auch der Doppelkonus in die Rolle des großen Grabgefäßes eintritt, das seinerseits von einem kleineren Beigefäß begleitet ist, zeigen die Gräber l, 7 und 10 von Fuente Alamo sowie Grab 975 von El Argar, in welchen vier Gräbern die großen doppelkonischen Gefäße jeweils von einem sehr kleinen Umbruchgefäß der Form 5 begleitet werden, das bei diesen Gräbern die Rolle des Bechers oder der kleinen Schale übernimmt24. Eine Verteilung der Gefäßformen auf Flachgräber, d. h. Steinkisten, Grubengräber und Gräber mit lockerem Steinschutz, einerseits und auf die Gefäßbestattungen andererseits25 ergibt 74 Gefäße für die Flachgräber und rund 300 Gefäße für die Pithosgräber, also ein Gesamtverhältnis wie l: 4. 22 Siret a. a. O. Taf. 33. Das Gefäß aus Grab 678 (a. a. O Taf. 34) tendiert offenbar trotz des Fehlens eines Randes eher zu Form 5. Auch Grab 42 von El Oficio enthielt kein Gefäß der Form 6, eher der Form 3 (a. a. O. Taf. 62, 84; 63). 23 Siret a. a. O. Taf. 48, 372; 41, 468; 38, 509; 49, 523 (El Argar); J. Marti'nez Santa Olalla u. a. (La Bastida de Totana) in: Informes y Memorias Excav. Arqu. 16,1947, 102 (Grab 41).

!4 Siret a. a. O. Taf. 66. 65; Schubart, Festschr. Pericot (1973) Abb. 2. " Eine solche Zusammenstellung findet sich bei Blance, Metallurgie 128, jedoch leider mit falschen Additionswerten (obere Spalte 74 statt 72, untere Spalte 306 statt 606) und deshalb in der Folge mit irriger Prozentangabe.

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Abb. 2. El Argar, Grab 994. Museo Arqueolögico Nacional Madrid. - Keramik M. l : 3, Metall M. l: 2.

Die einzelnen Gefäßformen weichen in ihrer Verteilung stark von diesem Gesamtverhältnis ab. Die häufigste Gefäßform, das Umbruchgefäß, steht mit 39 Exemplaren bei den Flachgräbern und nur 71 Exemplaren, also noch nicht einmal der doppelten Anzahl, bei den Pithosbestattungen. Der Typus 5 macht bei den Flachgräbern mehr als 50% der Keramik überhaupt aus, bei den Pithoi immerhin noch 23%! Umgekehrt verhält es sich bei den großen Töpfen der Form 4, die in den älteren Gräbern nur mit acht Exemplaren, in den jüngeren mit 57 auftreten. Hier ist also ein deutliches Übergewicht im Bereich der Pithosbestattungen zu beobachten. Das Verhältnis weicht mit

Zwr Gliederung der El Argar-Kultur

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Abb. 3. El Argar, Grab 999. - Keramik M. 1:3, Metall M. 1:2.

l: 7 stark vom Gesamtverhältnis l: 4 ab. Ähnlich steht es mit den Bechern, bei denen sieben Vertreter in den Flachgräbern 61 Bechern aus den Pithoi gegenüberstehen; ein Verhältnis wie 1:9! Auch die Formen l bis 3 sind in der Pithos-Phase wesentlich stärker als in der Flachgrab-Stufe vertreten26. Die Zahl der Fußgefäße ist recht gering, doch wird auch hier deutlich, daß die Fußgefäße in der Pithos-Phase dominieren. Das wird noch klarer, wenn man diejenigen Becher, die sich von den Abbildungen bei Siret her eindeutig als zur Form 8 a gehörig erweisen, als Füße von Pokalen mit zu Form 7 zählt. Klare Vertreter der Form 8 a gibt es in der Steinkiste 76, in den Pithosgräbern 70,103,104 wie 398 (Taf. 1) und in dem von der Form her unbestimmten Grab 102. Statt wie 3 : 7 verhalten sich die Fußgefäße aus Flachgräbern zu jenen aus Pithosbestattungen wie 4: 11, also fast wie 1:3. Die Fußgefäße gehören also überwiegend der jüngeren Stufe an, wie auch ihre sonstigen Begleitfunde belegen. Damit und auf Grund der oben genannten Zahlen für die Becher ist auch Form 8 eher spät anzusetzen. Das nur durch wenige Exemplare vertretene große doppelkonische Gefäß (Form 6) gehört jedenfalls schon der Stufe A an, wie Grab 24427 und Grab 97528 von El Argar belegen. Bei Grab 244 handelt es sich um eine Steinkiste, die als datierende Funde Dolch und Stabdolch enthielt. Auffallend an der Tongefäßkombination ist hier, daß es sich bei dem Umbruchgefäß der Form 5 um ein großes Gefäß handelt, während der Doppelkonus sehr klein ist und „Becherfunktion" vertritt. Da allerdings Grab 244 zwei Bestattungen enthielt, ist diese Kombination möglicherweise wieder aufzulösen. Grab 975 ist ebenso wie Grab l von Fuente Alamo29 durch Stabdolch und Dolch als chrono28 27

Blance, Metallurgie 128. Siret a. a. O. Taf. 33.

28

29

Vgl. Anm. 24. Siret a. a. O. Taf. 66,1.

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Abb. 4. El Argar, Grab 1009. - Keramik M. l: 3, Metall M. l: 2.

logisch früh bestimmt30. Der Stufe B gehört jedoch Grab 7 von Fuente Alamo an, möglicherweise auch Grab 10 von demselben Fundplatz31, das von zwei Klingen begleitet wird, von denen wiederum eine eine Stabdolchklinge (der Montejicar-Form?) sein könnte. Wenn Grab 10 zunächst chronologisch nicht sicher bestimmbar bleibt, ist für die Doppelkoni das Verhältnis von A: B wie 3: l, also mit einem deutlichen Schwerpunkt in der Flachgrabzeit. Auch die klassischen Umbruchgefäße der El Argar-Kultur sind in der Flachgrab-Stufe relativ häufiger, wenn auch absolut in geringerer Zahl vertreten. Es hat Versuche zur Definition und Untergliederung dieser Leitform der El Argar-Kultur gegeben32, doch haben diese Versuche zu einer Stufengliederung der El Argar-Kultur bisher nicht beigetragen. - Einige der von Siret erst nach seiner Publikation ausgegrabenen und bisher unpublizierten Grabinventare geben jedoch Hinweise auf eine chronologische Differenzierung der Umbruchgefäße, denen im folgenden nachgegangen werden soll: die Gräber 994 (Abb. 2), 999 (Abb. 3) und 1009 (Abb. 4) sind durch die jeweils in ihnen enthaltenen Stabdolchklingen der El Argar A-Form mit weit ausladender Heftplatte in die ältere Stufe der El Argar-Kultur datiert. Für einen solchen Zeitansatz spricht auch die große Dolchklinge aus Grab 994 mit ausladender, abgerundeter Heftplatte und drei im Dreieck angeordneten Nieten, auch wenn das Grab weiter einen kleinen silbernen Spiralring enthält, wie er sonst für die Stufe B typisch ist, aber schon in älterem Zusammenhang begegnet. Grab 1009 enthält nur ein Umbruchgefäß, doch bieten die beiden anderen Gräber die auch sonst in El Argar typische Kombi30

Siret a. a. O. Taf. 34, Text zu Grab 678; vgl. Anm. 22. 31 Beide Gräber bei Siret a. a. O. Taf. 65.

»Vgl. E. Cuadrado, Utiles y Armas de El Algar. I Congr. Nac. Arqu. Almerii 1949 (1950) 103 ff.

Zur Gliederung der El Argar-Kultur

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nation eines größeren Beigefäßes, das von einem wesentlich kleineren begleitet wird. Hier enthalten also, auf welche Möglichkeit schon oben hingewiesen wurde, zwei durch Stabdolche als Männergräber ausgewiesene Bestattungen, deren Grabform selbst wir leider nicht kennen, zwei Beigefäße, was bei den jüngeren Männergräbern der Stufe B nicht mehr vorzukommen pflegt. Auch die Stabdolchgräber von El Argar 102533 und von Herren'as in der Provinz Almeria34 bieten die Kombination zweier Beigefäße, wobei sowohl das große wie das wesentlich kleinere Umbruchgefäße der Form 5 sind. Bei den großen Umbruchgefäßen der Gräber 994,999 und 1009 (Abb. 2-4) fällt nun auf, daß der Umbruch durchweg relativ hoch ist und sich häufig der Gefäßmitte nähert oder sogar, wie bei dem Gefäß aus Grab 994, in der Gefäßmitte liegt. In Grab 999 entspricht selbst das kleine Beigefäß dieser bei den großen Umbruchgefäßen zu beobachtenden Tendenz in der relativen Höhe des Umbruchs. Weiter ist diesen drei Gefäßen ein stark einschwingender Gefäßoberteil und eine im Verhältnis zur Höhe weite Mündung eigen. Bei dem Beigefäß des Grabes 999 führt diese Tendenz schon zu einer Annäherung an Schüsselformen. Wenn unter diesem Gesichtspunkt die Siret-Publikation erneut überprüft wird, fallen einige weitere Gräber ins Auge, deren Umbruchgefäße zu den oben erwähnten von El Argar in Beziehung gesetzt werden können. In dem gut ausgestatteten und für die Stufe El Argar A beispielhaften Grab l von Fuente Alamo85 fand sich außer dem großen Doppelkonus ein kleines Beigefäß, dessen Umbruch ebenfalls dicht unter der Gefäßmitte liegt. Anzuschließen ist ferner Grab 129 von El Argar, eine Frauenbestattung in einer Steinkiste, in der das große, breit gelagerte Gefäß mit relativ hohem Umbruch von einem kleinen Becher stark zylindrischer Tendenz begleitet wird36. Wenngleich die Becher in der Stufe B überwiegen, widerspricht dieser Befund doch nicht der durch die Grabform wie durch die Form der Dolchklinge mit 3 Nieten gegebenen Datierung in die Stufe A. Bei Grab 15 von Zapata sind die schmale Armschutzplatte und in zweiter Linie auch die stark gerundete Form der Dolchklinge Belege für eine frühe Datierung, wie sie in unserem Zusammenhang besonders für die Beigefäße von Interesse ist. Das große Umbruchgefäß aus Grab 15 von Zapata ist wiederum sehr breit gelagert und besitzt einen relativ hoch liegenden Umbruch, während der des kleinen Beigefäßes stärker in die untere Hälfte verschoben ist37. Andere Umbruchgefäße aus frühen Gräbern der El Argar-Kultur wären in ihrer Tendenz hier anzuschließen, wenngleich bei ihnen der Umbruch dann doch weiter in die untere Gefäßhälfte rückt. Grab 1025 von El Argar und das Grab von Herrerias mögen als Beispiele erwähnt sein38. Demgegenüber besitzt das Umbruchgefäß der Stufe El Argar B einen fast durchweg tiefliegenden Umbruch, was sich bei der wesentlich größeren Zahl der Gräber dieser Stufe — es sei nochmals an das Verhältnis l: 4 erinnert - sowohl bei Siret als auch sonst wesentlich leichter beobachten läßt. Ausgegangen sei hier wiederum von zwei unpublizierten Beispielen, den Gräbern 1026 (Abb. 5) und 1030 (Abb. 6) von El Argar, die durch ihre Metallbeigaben - besonders deutlich durch die späte Dolchklingenform des Grabes 1026 - in die Stufe von El Argar B datiert werden. Bei diesen beiden Gefäßen, ebenso wie bei den in der Folge zu nennenden, fällt neben dem tiefliegenden Umbruch auf, daß die Gefäße im Gegensatz zu den Beispielen der Stufe A schlanker sind, bei engerer Mündung und straffer aufgebauter Gefäßform. Diese konische Tendenz im Gefäßoberteil wird auch mitunter im niedrigen,, sonst meist stark gerundeten Gefäßunterteil spürbar (Abb. 6). Eine ähnliche »"Schubart, Festschr. Pericot (1973) 247 ff. 253 Abb. 6. 34 Museo Arqueolögico Nacional Madrid, Gufa (1965) Taf. 2; es handelt sich um ein Steinkistengrab.

M

Siret a. a. O. 66,1. « Siret a. a. O. Taf. 37.55. 37 Siret a. a. O. Taf. 20, 15. 38 Vgl. oben Anm. 33. 34.

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Abb. 5. El Argar, Grab 1026. - Keramik M. l : 3, Metall M. 1:2.

Abb. 6. El Argar, Grab 1030. - Keramik M. l: 3, Metall M. l : 2.

Tendenz bei den flachen Schalen der Form l kann möglicherweise ebenfalls einen Hinweis auf eine Datierung in die Stufe B geben. Das Pithosgrab 51 von El Argar, ein durch ein silbernes Diadem und kleine Silberringe unter den Perlen einer Halskette ausgezeichnetes Frauengrab, das als Pithosgrab, aber auch durch das Diadem in die Stufe B datiert wird, bietet ein gutes Beispiel für die Form der späten Umbruchgefäße (Taf. l)39, die auch sonst vielfach in Pithosgräbern der Nekropole von El Argar40 liegen. Hierher gehören weiter das Beil-Grab 2 von Ifre41, das durch ein Fußgefäß spät datierte Grab 6 von La Pernera42, Grab 19 von Zapata43, das durch eine späte Dolchklinge datiert ist, sowie die Pithosgräber l, 9,12,18, 34,45 39

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Siret a. a. O. Taf. 43, 51. Gräber 40, 50, 69, 70, 85, 88, 107, 121, 123, 125, 138 u. 143: Siret a. a. O. Taf. 29. 37. 48.50.55.

Siret a. a. O. Taf. 18, 2. Siret a. a. O. Taf. 5, 6 t-u. 43 Siret a. a. O. Taf. 20,19.

Zur Gliederung der El Argar-Kultur

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Abb. 7. Guadix, Umbruchgefäße. Museo Arqueologico Barcelona. - M. l : 3.

und 47 von La Bastida bei Totana in der Provinz Murcia44, die alle schlankere Umbruchgefäße mit tieferem Umbruch enthielten, wie sie hier von Guadix, Prov. Granada, abgebildet sind (Abb. 7). Es läßt sich also festhalten, daß in mehreren Gräbern der Stufe A Gefäße mit etwa mittelhohem Umbruch gefunden wurden, denen in der Stufe B Gefäße mit überwiegend tiefliegendem Umbruch gegenüberstehen. Ein tieferer Umbruch begegnet schon in der Stufe A, wie einige Beispiele, u. a. die Kleingefäße, aber auch größere Beigefäße belegen45. Man wird also den tiefliegenden Umbruch allein nicht immer als ein Kriterium für späte Datierung verwenden dürfen, jedoch den mittelhohen Umbruch für eine Datierung in die Stufe A. Selbstverständlich sollte aber auch dabei nach Möglichkeit von einer größeren Zahl von Gefäßen oder von Fundkombinationen ausgegangen werden. Ohnehin haben die vorausgehenden Betrachtungen nur Gewicht für die Grabkeramik, die sich von der Siedlungskeramik zumindest teilweise unterscheidet, wie schon die bei Siret wiedergegebenen Tafeln mit Siedlungsmaterial deutlich machen46. Bei allen großen Unterschieden, die sich zwischen der El Argar-Grabkeramik und der Siedlungsware aus den El Argar-Schichten der nun nach modernen Methoden gegrabenen Siedlung des Cerro de la Virgen bei Orce bemerken lassen47, gibt es doch gerade in Orce einige Umbruchgefäße, die in unserem Zusammenhang von Interesse sind. In der jüngsten Glockenbecherschicht, die möglicherweise mit dem an der Küste bereits etwas früher einsetzenden El Argar A parallel geht48, liegt ein Umbruchgefäß, das sich der Schüsselform nähert, mit einem sogar über der Gefäßmitte liegenden Umbruch49. Aus der Schicht III A, die mit El Argar A gleichgesetzt wird, stammt die große Randscherbe eines Gefäßes, dessen Umbruch ebenfalls entweder etwas über oder in der Gefäßmitte gelegen haben muß50. In der Schicht III B (= El Argar B?) fanden sich Umbruchgefäße anderer Formen mit nun wieder sehr hoch liegendem Umbruch51. Dabei muß es offen bleiben, ob es sich hier um eigene Entwicklungslinien in der Siedlungskeramik handelt oder ob hier bereits eine Tendenz zu hoch, oft dicht unter dem Rand gelegenem Umbruch spürbar wird, wie sie sich sonst erst in der späten Bronzezeit wiederfindet. 44

Martmez Santa-Olalla u. a. in: Informes y Memorias Excav. Arqu. 16,1947 Taf. 26, 2 (Grab 1); 25, 2; 27 (Grab 9); 36, l (Grab 12); 32 (Grab 18); 28, 2 (Grab 34); 36,2 (Grab 45); 31, 2 (Grab 47). 45 Vgl. Anm. 38. 46 Siret a. a. O. Taf. 14,16. 18. 20. 23-27. 62.

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W. Schule u. M. Pellicer, El Cerro de la Virgen, Orce (Granada) 1. Exe. Arqu. Esp. 46, 1966 Abb. 41 ff. 48 Schubart, Madrider Mitt. 14, 1973, 57. 49 Schule u. Pellicer (wie Anm. 47) Abb. 33,1. 5 » Ebd. Abb. 41,1. 51 Ebd. Abb. 47.

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Abb. 8. Funde der El Argar-Kultur, Stufe A. a Armschutzplatte, Callosa de Segura, Prov. Alicante; b. c Goldringe, Fuente Alamo, Prov. Almeria, b Grab l, c Grab 18; d Fingerring, El Argar, Prov. Almeria, Grab 994; e. g. h Dolchklingen, e El Argar, Grab 996, g El Oficio, Prov. Almerfa, Grab 222, h El Argar, Grab 994; f Elfenbeinknopf mit V-förmiger Durchbohrung, El Argar, Grab 202; i. p Stabdolche, i El Argar, Grab 999, p Callosa de Segura, Prov. Alicante; k. 1. m. o Umbruchgefäße, El Argar, k. m Grab 999, l Grab 994, o Grab 975; n Kumpf, El Argar, Grab 994. - Museo Arqueolögico Nacional Madrid: d. e. g. h. i. k. 1. m. n. o.; Museo Arqueolögico Barcelona: a. p; nach E. u. L. Siret, Atlas, Taf. 66. 41: b. c. L - Keramik M. l: 6, Metall Stein, Knochen M. l: 4.

Es ist damit bereits die Frage nach dem Ende von El Argar und nach seinem mehrfach vermuteten Fortleben bis zu der nach unseren bisherigen Kenntnissen im 8. Jahrhundert v. Chr. einsetzenden phönizischen Kolonisation, damit bis in die frühe Eisenzeit, gestellt, wenngleich ihre Beantwortung in diesem Rahmen zu weit führen würde52. Hier mag abschließend nur auf jene Funde eingegangen werden, die bereits im Siret-Atlas selbst publiziert sind, um deutlich zu machen, daß auch im Südosten der Iberischen Halbinsel eine jungbronzezeitliche Stufe existiert, die nur deshalb so spät bekannt geworden ist, weil sie sich nicht mehr durch Grabfunde in der Siedlung belegen läßt. Bei Siret sind nun schon Grabfunde dieser späten Bronzezeit von insgesamt fünf Plätzen, die alle im Verbreitungsgebiet der älteren El Argar-Kultur liegen, publiziert53. Diese Grabfunde vom Qurenima52 Schule u. Pellicer Catalan, El Cerro del Real (Galera, Granada), El corte estratigrafico 9. Exe. Arqu. Esp. 52,1966,33 ff.

53 Siret a. a. O. Taf. 6, 1-3 (Parazuelos); 10, 20-29 (Campos); 12, l (Caldero de Mojäcar); 12, 2 (Barranco Hondo); 12,3 (Qurenima).

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Abb. 9. Funde der El Argar-Kultur, Stufe B. a Flachbeil, El Argar, Prov. Almerfa; b. c Dolchklingen, b Los Eriales, Prov. Granada, c Guadix, Prov. Granada; d Silberdiadem, El Argar, Grab 51; e Stabdolch, Montejfcar, Prov. Granada; f Schwertklinge, Puertollano, Prov. Ciudad Real; g Silberscheibe, El Argar, Grab 678; h Silberring, Los Eriales; i Bronzering, El Argar, Grab 977; k Topf, El Argar, Grab 980; 1. m. o Umbruchgefäße, l El Oficio, Prov. Almena, m. o Guadix; n Glasperlen, Fuente Alamo, Prov. Almen'a, Grab 9; p. q. r Fußgefäße (r als Becher-Beigabe), p El Argar, q Guadix, r El Argar, Grab 977; s Schale, Guadix. - Museo Arqueologico Nacional Madrid: a. b. f. h. k. 1. m. p; Museo Arqueolögico Barcelona: i. o. q. r. s; Museo Arqueolögico Provinzial Granada: e; Museo Diocesano Vieh: c; nach E. u. L. Siret, Adas, Taf. 43.34.68: d. g. n. - Keramik M. l: 6, Metall M. l : 4, Glas M. 1:2.

Typ stehen vorläufig vereinzelt da, doch dürften weitere Forschungen reiches Material zutage fördern können. Diesen Gräbern der ausgehenden Bronzezeit und wohl noch einer ihnen vorausgehenden Unterstufe der jüngeren Bronzezeit entspricht auch Siedlungsmaterial, das sich, wenn schon nicht in El Argar selbst, so doch in verschiedenen Siedlungen der El Argar-Kultur gefunden

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Hermanfrid Schubart

hat, so in El Oficio54, in Fuente Alamo55 und in Lugarico Viejo56. Zu dieser jungbronzezeitlidlen Keramik gehören Schüsseln mit hoch liegendem Umbruch, bisweilen mit einer horizontalen Griffleiste, die zweimal senkrecht durchbohrt ist, verzierte Gefäße, die in ihrer Technik an BoquiqueKeramik erinnern, sowohl in den Punktreihen, wie insbesondere in den girlandenartigen Verzierungen57. Die Besiedlung der El Argar-Plätze im Südosten der Iberischen Halbinsel bricht also nach der Stufe El Argar B nicht plötzlich ab; sie setzt sich vielmehr bis in die Jungbronzezeit hinein fort, und es wird der Forschung der nächsten Jahre sicherlich gelingen, diese Stufe C klarer herauszuarbeiten und zu untergliedern. 54

Siret a. a. O. Taf. 62, 76-79. 81. 82. Siret a. a. O. Taf. 65,111.113.115.117.119.122. 56 Siret a. a. O. Taf. 16 o (auch 16 p?). 67 Boquique-verzierte Keramik hat sich neuerdings in großer Zahl in Purullena (Granada) gefunden (freund55

liehe Mitteilung F. Molina u. E. Parejas), wo die entsprechenden Siedlungsschichten auf El Argar-Straten mit Siedlungsbestattung in Schächten - dabei Fußgefäße der Form 7 - folgen. - Zur Stratigraphie der Jungbronzezeit vgl. Anm. 52.

HERMANN MÜLLER-KARPE, FRANKFURT EIN F R Ü H E T R U S K I S C H E S STIERGEFÄSS

Vor wenigen Jahren hielt J. Werner vor der Bayerischen Akademie der Wissenschaften einen Vortrag über „das Aufkommen von Bild und Schrift in Nordeuropa"1, in dem er in Weiterführung seiner 1941 erschienenen Untersuchung über die Thorsberger Zierscheiben und anknüpfend an eine Studie von H. Zeiß über „das Heilsbild in der Germanischen Kunst des frühen Mittelalters" anhand des inzwischen vermehrten Denkmälerbestandes und einiger weiterführender Detailforschungen den Fragen nachgeht, wann in Nordeuropa dasfigürlicheBild - zunächst im Sinne eines Heilsbildes, wie Zeiß es umschrieb - eine Rolle zu spielen begann, in welcher geistigen Situation dies geschah und ob „parallele Vorgänge in anderen Bereichen" bekannt seien, die Licht auf das kulturgeschichtliche Phänomen der Bildrezeption bei den Germanen Mittel- und Nordeuropas fallen lassen. Bei dem letzteren hatte er vor allem die Schrift im Auge, die, in Gestalt der Runen von den Germanen zusammen mit dem Bild gebraucht, offenbar im Rahmen eines mit der Bildaufnahme geistig und historisch zusammenhängenden Prozesses kennengelernt und angenommen wurde; darüber hinaus aber wies er in diesem Zusammenhang auch auf in gewisser Hinsicht vergleichbare Vorgänge anderer Zeiten und Kulturen hin, in erster Linie auf die Art und Weise, wie im 6. Jahrhundert v. Chr. in den Hallstattbereich Bildwerke mediterranen Ursprungs - er nennt den Krater von Vix - gelangten und in der Folgezeit die Entstehung einer eigengearteten keltischen Bildkunst anregten. Analog stellen sich die Verhältnisse bei den früheisenzeitlichen Etruskern dar. Wenn Werner zur Veranschaulichung der ,barbarischen' Kultur und Gesittung einerseits der frühkaiserzeitlichen Germanen und andererseits der späthallstattzeitlichen Kelten auf die bemerkenswerte Übereinstimmung im lineargeometrischen Dekor auf ritzverzierter Keramik einerseits von Wilanow b. Warschau und andererseits vom Mont Lassois in Burgund verweist2 - freilich ohne damit etwas über eine unmittelbare Tradition aussagen zu wollen —, so könnte diese Gegenüberstellung von lineargeometrischer Keramikdekoration durch eine entsprechende Musterkollektion von Keramik der älteren VillanovaKultur des 9. Jahrhunderts v. Chr. erweitert werden. Die hier augenfällige strukturelle und z. T. ins einzelne gehende Übereinstimmung (die wiederum nicht als Ausdruck eines genetisch-historischen Zusammenhangs zu interpretieren ist) entspricht einer allgemeinen kulturellen Analogie, die bei aller Eigenständigkeit der westmittelitalischen älteren Früheisenzeitkultur, der späten Hallstattkultur und der Kultur der frühkaiserzeitlichen Germanen doch gewisse gemeinsame Züge in der Siedlungsweise, den Wirtschaftsformen, den Sozialverhältnissen, der Bewaffnung und den Schmucksitten in die Erscheinung treten läßt. Diese Seiten der toskanischen Früheisenzeitkultur sind es, die die Forschung im Auge hat, wenn sie von den bodenständig-italischen Wurzeln der etruskischen Kultur spricht. Daß es dann im 8. und 7. Jahrhundert zur Entstehung dieser konkreten etruskischen Kultur gekommen ist, wird in entscheidendem Maß einem umfassenden und vielschichtigen Kontakt mit dem ägäischen und ost»Sitzber. Bayer. Akad. Wiss., Phil. Hist. Kl. 1966 H. 4. 4 Festschrift Werner

2

Ebd. 10 Abb. 2; 11 Abb. 3.

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Hermann Müller-Karpe

mediterranen Bereich verdankt. Mag auch noch immer unklar sein, durch welche historischen Bewegungen und Verhältnisse diese kulturellen Einflüsse im einzelnen vermittelt wurden, welchen Anteil dabei Einwanderer und Kolonisten, Wirtschaftsexpeditionen und Händler, Wanderhandwerker und tatkräftige, auswärtige Verbindungen knüpfende einheimische Fürsten hatten, und schließlich inwieweit diese Kontakte unmittelbarer Art waren und inwieweit von der Mitte des 8. Jahrhunderts an die griechischen Kolonien in Unteritalien und Sizilien eine Mittlerrolle spielten, so steht doch fest, daß diesen ,orientalischen' Einflüssen das westliche Mittelitalien neben der Entstehung einer urbanen Kultur mit ihren sozialen, wirtschaftlichen, politischen und zivilisatorischen Implikationen auch die Kenntnis und Adaption einer Schrift sowie einer entwickelten Figuralkunst verdankt. Was Werner für die kaiserzeitlichen Germanen aus dem archäologisch aufzeigbaren Vorgang, der schließlich im 3. Jahrhundert n. Chr. zur Verwendung von Bild und Schrift als Ausdruck eigener Vorstellungen führte, erschloß: ein durch die Kontakte mit der römischen Welt begründetes neues Persönlichkeitsbewußtsein anfänglich wohl des Adels, dann aber der Gesamtbevölkerung, steht offenbar auch hinter dem Phänomen des Beginns von Bild und Schrift im Raum zwischen Arno und Tiber in den ersten Jahrhunderten des letzten vorchristlichen Jahrtausends und kennzeichnet recht eigentlich den Vorgang, der sich historisch als „Entstehung der Etrusker" darstellt. Und ähnlich wie bei den Germanen und — analog — bei den Kelten, so lassen sich aufgrund der einzig zur Verfügung stehenden archäologischen Quellen auch bei den Etruskern diese für ihre geschichtliche Stellung und Entwicklung entscheidenden Geschehnisse im einzelnen nicht erhellen. Soweit die literarischen Belege unmittelbar und mittelbar zurückreichen, beleuchten sie die Etrusker in ihrer späten, voll entwickelten Ausprägung, ohne etwas über den Werdeprozeß auszusagen. Als sicher darf gelten, daß bei der hier in Betracht zu ziehenden Entwicklung des Persönlichkeitsbewußtseins, die mit der Festigung der allgemeinen kulturellen Ordnung und der ihr entsprechenden politischen und sozialen Strukturen Hand in Hand ging, der religiöse Aspekt eine Rolle spielte, wie dies ähnlich Werner für die kaiserzeitlichen Germanen unterstrich. Bei den in dieser Hinsicht aufschlußreichen etruskischen Bildwerken werden wir uns nicht auf die eigentliche Früheisenzeitkultur, deren Frühstufe allgemein ins 9. Jahrhundert zu setzen ist, beschränken dürfen; vielmehr verdienen hier die einschlägigen Zeugnisse der unmittelbar vorangehenden späten Protovillanovastufe, wie sie einerseits in der südetrurischen Allumiere-Gruppe und andererseits in der ältesten Phase der latinischen Gruppe Rom-Albanerberge I vertreten ist, besondere Beachtung. Die in der Forschung seit langem gebührend herausgestellten Verwandtschaftsbeziehungen zwischen diesen beiden, allgemein ins 10. Jahrhundert zu datierenden Gruppen, die an der Wurzel einerseits des Etruskertums und andererseits des historischen Rom stehen, werden bekräftigt durch eine bei den letzten Grabungen in Allumiere zutage gekommene (noch unpublizierte) Hausurne, die älter ist als alle bis dahin aus Etrurien bekannten Hausurnen und die denen der Stufe Rom-Albanerberge I an die Seite gestellt werden kann. Die vor eineinhalb Jahrzehnten umrissene religionskundliche Interpretation dieser Hausurnen als Nachbildungen von Kultbauten3 ist inzwischen durch die Entdeckung eines Hausmodells in einem älteren Früheisenzeitgrab von Sala Consilina bestätigt worden4, das durch seine Akrotere und Vogelfiguren auf dem First unmißverständlich zu erkennen gibt, daß das hier nachgebildete Gebäude eine kultische Bedeutung hatte. Ergänzend zu dem, was seinerzeit über die ägäischen Beziehungen der allumierezeitlichen Bronzetassen 3 Müller-Karpe, Vom Anfang Roms. Rom. Mitt., 5. Erg. H. (1959) 87 ff.

4 K. Kilian in: Mostra della Preistoria e della Protostoria nel Salernitano (1962) 71 Abb. 19.

Ein frühetruskisches Stiergefäß

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mit Rinderprotomen aus dem Tolfa-Depot festgestellt wurde5, kann heute darauf hingewiesen werden, daß auch die auf den Riesenfibeln dieses Depots begegnenden Vogelschleifen, für die es anderwärts in der Protovillanovakultur - aber auf der Apenninhalbinsel nichts aus älterem Zusammenhang - Vergleichbares gibt, in Griechenland in ganz ähnlicher Ausprägung bekannt ist, und zwar in herausgetriebener Punktreihentechnik auf einer Bronzeschale aus einem spätmykenischen Grab von Pylos6, die jedenfalls älter ist als alle vergleichbaren Vogeldarstellungen auf donauländischen und italischen Toreutikerzeugnissen. Sie ist offensichtlich der bisher einzige Beleg einer mykenischen Tradition dieses Vogelmotivs im Bereich der Bronzetreibkunst, wie sie prinzipiell durch das Vorkommen ähnlicher Vogelschleifen auf bemalter mykenischer Keramik für Griechenland zu erschließen war7, und wie sie als Ausgangsform sowohl der donauländischen als auch der apenninischen Protovillanova- (und Früheisenzeit)-Darstellungen zu bewerten ist8. Wie die Vogelschleifen der auf den Tolfa-Fibeln auftretenden Art spielen in den mittelitalischen Früheisenzeitkulturen Doppelvogelprotomen als Sinnträger religiöser Vorstellungen eine Rolle. Im Hinblick darauf verdient ein bisher von der Forschung hierzu nicht herangezogener bronzener Nadelkopf in Form einer solchen Doppelvogelprotome Beachtung, der in einem SH I-zeitlichen Frauengrab von Kirrha in Phokis in der Brustgegend der Bestatteten gefunden wurde9. Nächst dem Vogelmotiv tritt in Etrurien von der Allumiere-Stufe an das Rind als religiöses Symbol auf. Ohne daß hier auf die etruskischen Rinderdarstellungen insgesamt eingegangen werden kann und sogar die Frage dahingestellt bleiben soll, inwieweit diese Rinderbilder - Kuh oder Stier — auf eine einheitliche kultische oder mythische Vorstellung und inwiefern auf deren mehrere bezogen sind, sei im folgenden die Aufmerksamkeit gelenkt auf ein bisher unpubliziertes Stiergefäß aus einem Fossagrab der Grotta-Gramicca-Nekropole von Veji (Abb. l)10. Es besteht aus rotbraunem Ton, ist gut geglättet und weist einen trichterförmigen Einguß oberhalb des Schwanzes sowie einen kleineren runden Ausguß am Maul auf, weiterhin einen großen Rückenhenkel, darunter auf jeder Seite eine doppelt gewinkelte Rippe und je eine Halbmondrippe unterhalb der durchlochten Ohren. Wird man die letzteren Halbmondrippen kaum anders denn als Zierstücke deuten können, wie auch die Ohrlöcher für die Anbringung eines Schmuckes aus Metall oder organischem Stoff sprechen, so mögen die Rippenschleifen auf dem Leib als schematische Vogeldarstellungen aufgefaßt werden, wie sie ähnlich an vielen Denkmälergattungen der westmittelitalischen Früheisenzeitkultur begegnen. Dieses Stiergefäß gehört zum Inventar eines Grabes (Nr. 546), das durch dicke Bogenfibeln, glatte und mit Vogelbesatz versehene Sanguisugafibeln, dunkelblaue Glasperlen mit weißen Ringen sowie einen feintonigen Spinnwirtel als Frauengrab bestimmt werden kann. Hinsichtlich der Zeitstellung lassen die fünf Fibeln in Verbindung mit zwei Brillenhenkeltassen mit Bauchbuckeln und zwischengeschalteten Zickzackmustern eine hinreichend sichere und präzise Einordnung in die Gesamtabfolge der Früheisenzeitgräber von Veji und damit allgemein der westmittelitalischen Früheisenzeitkultur zu. Es ist die Phase zwischen der älteren Früheisenzeitstufe, die durch dicke Bogenfibeln gekenn5

Miiller-Karpe a. a. O. 66 f. Mus. Chora, Grabung von S. Marinatos. Unpubliziert. - In diesem Zusammenhang sei auf eine soeben bekanntgewordene sikulische Fußschale mit Bretthenkel der bronzezeitlichen Thapsos-Stufe von Thapsos hingewiesen, die auf dem Bretthenkel zwei eingeritzte Vögel jeweils über einem Ringbuckel zeigt: G. Voza in: Atti della 15 Riunione Scientifica Verona-Trento 1972 (1973) 143 Abb. 5. 6

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Vgl. Germania 41,1963,13. Vgl. zuletzt A. Jockenhövel in: Beiträge zu italienischen und griechischen Bronzefunden. Prähist. Bronzefunde 20, l (1973) 81 ff. 9 L. Dor, J. Jannovay, H. u. M. van Effenterre, Kirrha. Etüde de prehistoire phocidienne (1960) Taf. 59. 10 Museum Villa Giulia Rom. Für die Erlaubnis zur Publikation bin ich Prof. M. Moretti zu Dank verpflichtet. 8

Hermann Müller-Karpe

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Abb. 1. Frühetruskisches Stiergefäß aus Veji, Grotta Gramicca Grab 546. M. l : 2.

zeichnet und durch die Osta-Gräber von Cumae allgemein ins 9. Jahrhundert v. Chr. datiert wird, und andererseits der voll ausgeprägten zweiten Früheisenzeitstufe, für die Sanguisugafibeln typisch sind. Solche Übergangsinventare sind von Veji, Tarquinia und anderen etruskischen Nekropolen ebenso bekannt wie von Rom (das Ende der Stufe Rom-Albanerberge II b bezeichnend) und Kampanien (vor allem Sala Consilina)11. Inwieweit bei diesen Inventaren eine Zugehörigkeit eventuell noch zum 9. Jahrhundert in Betracht zu ziehen ist und inwieweit bereits zum 8. Jahrhundert - woran wohl im allgemeinen zu denken ist —, läßt sich schwer ausmachen. Innerhalb der weitverzweigten Familie ober- und mittelitalienischer Früheisenzeitgefäße mit mehr oder weniger ausgeprägter Bovidengestalt12 ist dieses Vejenter Exemplar m. W. das einzige, bei dem das Geschlecht angegeben ist. Daß den Bovidengefäßen eine symbolische Bedeutung eigen ist, wird in der Forschung allgemein angenommen. In dieser Hinsicht verdient Beachtung, daß in Grab 817 derselben Veji-Nekropole ein ebenso deutlich als Stier gekennzeichneter Bovide auf einer Halbkreisbulla dargestellt ist. Diese am Hals getragenen Bullae haben ausgesprochen Amulettcharakter. Daß unser Stiergefäß aus dem Veji-Grab 546 Ohrschmuck aufwies und zusätzlich Vogeldarstellungen trägt, beides von anderen italischen Bovidengefäßen wohlbekannt, unterstreicht den Symbolcharakter dieses Stückes. Bezüglich seiner Verwendung besteht kein Zweifel darüber, daß es für Libationshandlungen bestimmt war, wie sie nachweislich bei den Etruskern - ebenso wie bei den Römern zusammen mit dem Brand- und Rauchopfer zu den regelmäßigen Bestandteilen sowohl des Totenais auch des Götteropfers gehörten. Im allgemeinen wurden das Trank- bzw. allgemein Schüttopfer 11

Veji: M. Moretti, A. De Agostino, J. Ward-Perkins, R. Staccioli, J. CIose-Brooks, M. Amorelli-Falconi, A. Vianello, D. Ridgway in: Not. Scavi 1963, 77 ff.; Ward-Perkins, Staccioli, Close-Brooks, A. Cavallotti Batchvarova ebd. 1965, 49 ff.; 1967, 87 ff.; M. Franco, P. Mallett, A. Wacher ebd. 1970, 283 ff. - Tarquinia: H. Hencken, Tarquinia, Villanovans and Early Etruscans. Bull. Am. School of Prehist. Research 23, 1968, l u. 2. - Rom: Müller-Karpe, Zur Stadtwerdung Roms. Rom. Mitt., 8. Erg. H. (1962) 22 ff. 79 ff. - Sala Consilina: Kilian, Archäologische Forschungen in Lukanien 1. Rom. Mitt, 10. Erg. H. (1964); ders., Archäolo-

gische Forschungen in Lukanien 3. Ebd. 15. Erg. H. (1970). 12 G. Kossack, Studien zum Symbolgut der Urnenfelder- und Hallstattzeit Mitteleuropas. Rom. Germ. Forsch. 20 (1954) 56 ff. 117 ff.; Hencken (wie Anm. 11) l, 212. 261. 335. 387; 2, 525 ff. - Este: Müller-Karpe, Beiträge zur Chronologie der Urnenfelderzeit nördlich und südlich der Alpen. Rom. Germ. Forsch. 22 (1959) Taf. 91, B 2. - Cerveteri: Mus. Villa Giulia, - Veji: Not. Scavi 1965, 139 Abb. 58; 228 Abb. 115; ebd. 1967, 177 Abb. 56, 6; 198 Abb. 66,1.

Ein frühetruskisches Stiergefäß

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mit einer Spendeschale dargebracht13, wie sie als Grabbeigabe und in Opferdepositionen oft erscheint und wie sie bei Statuetten in der linken, ausgestreckten Hand dargestellt ist, während dann die rechte eine Gebetsgeste zeigt. Auch die sardinischen Bronzestatuetten dieses Typs halten als Opfergefäß zumeist eine Schale, einigemal allerdings auch eine flache Platte mit Kuchen oder Früchten14; demgegenüber ist eine Figur bekannt, die statt dessen in der ausgestreckten Linken einen Vogel hält15, wobei nicht sicher ist, ob hier ein wirklicher Vogel gemeint ist (Vögel wurden nachweislich als Opfergabe benutzt) oder ein vogelförmiges Ritualgefäß. Tierförmige Ritualgefäße sind bereits auf altorientalischen Darstellungen mitunter abgebildet. Zoomorphe Gefäße oder Gefäße mit zoomorphen Formdetails spielen seit dem Neolithikum in vielen Kulturen eine gewisse Rolle16; auch in Italien sind solche Bildungen vor der Früheisenzeit nicht fremd. Dennoch ist nicht daran zu zweifeln, daß allein mit dem Hinweis darauf die mittelitalischen Bovidengefäße der Früheisenzeitkulturen und innerhalb dieser unser vergleichsweise frühes Exemplar von Veji nicht hinreichend erklärt werden können. Für die bemalten italo-geometrischen Tiergefäße, deren ältestes Beispiel aus der ,Tomba del Guerriero' von Tarquinia stammt, ist eine Abhängigkeit von ägäischen und cyprischen Formen seit langem herausgestellt worden17. Das Stiergefäßgrab 546 ist um einiges älter als die ,Tomba del Guerriero'; aber die prähellenischen Gräber von Cumae führen vor Augen, daß bereits vor Gründung der ältesten großgriechischen Kolonien ägäisches und orientalisches Kulturgut - darunter auchfigürlicheDarstellungen - an die Westküste Italiens gelangt ist und - wie etwa die italo-geometrischen Nachahmungen echter griechischer Skyphoi von Veji und anderwärts in Etrurien zeigen - das einheimische Kunstgewerbe anregte. Die Entdeckung einer Bronzefigur ,sardinischen' Typs in einem älter-früheisenzeitlichen Grab von Vulci18 wirft - wenn auch mehr indirekt - ein bezeichnendes Licht auf die Anfänge dieser Figuralkunst, die von ostmediterranen Vorbildern nicht getrennt werden kann. Für die auf Sardinien zum Vorschein gekommenen Bronzefiguren ist gewiß eine Herstellung in dortigen Werkstätten anzunehmen; dennoch steht fest, daß auch in Etrurien figürliche Bronzearbeiten in einigem Umfang gegossen wurden, vermutlich gerade in Vulci, wo diese Kunstart späterhin in besonderer Blüte stand. Vielleicht ist es kein Zufall, daß ausgerechnet von Vulci - und nur von hier - sowohl bronzene Schwertscheiden als auch Bronzemesser der Früheisenzeit vorliegen, die ausnahmsweise gegossene figürliche Aufsätze aufweisen19. Die kürzlich publizierte umbrische Bronzekollektion von ,Contigliano' aus dem Beginn der Früheisenzeit20 enthält neben dem Fragment eines kyprischen Dreifußes — wie im bekannten Depot von Piediluco — eine gegossene Tierfigur aus Bronze, die als Glied in der von den Bovidenprotomen der Tolfa-Tassen ausgehenden Traditionsreihe westmittelitalienischer Bronzefiguren bemerkenswert ist, und dies vor allem wegen der durch den kyprischen Dreifuß angedeuteten Kontakte mit dem ägäisch-ostmediterranen Bereich. Der bronzene Löwenkopf aus dem in die Zeit um 700 v. Chr. gehörigen Veji-Grab 87l21 steht zwar am Beginn der Reihe 13

Vgl. Müller-Karpe (Hrg.), Beiträge zu italienischen und griechischen Bronzefunden. Prähist. Bronzefunde 20, l (1973) 96. 14 G. Lilliu, Sculture della Sardegna Nuragica (1966) Nr. 48.52. 60. 61. 72. 74. 76. 77.118.120. 122.144. 15 Lilliu a. a. O. Nr. 180. 18 Vgl. Müller-Karpe, Handbuch der Vorgeschichte 2 (1968) 137. 301. 379; 3 (1974) 548 ff. 750. 17 A. Akerström, Der geometrische Stil in Italien (1943) 79. 82. 18 R. Bartoccini, Atti del VIII Congresso Intern. Arch. Class. Rom (1958) 26 f. u. Taf. 17; Lilliu a. a. O. Nr. 111.

19

V. Bianco Peroni, Die Schwerter in Italien. Prähist. Bronzefunde 4, l (1970) Nr. 259; dies., Die Messer in Italien. Prähist. Bronzefunde 7, 2 (1974) Nr. 143. 20 L. Ponzi Bonomi in: Bull. Paletn. Ital. 79, 1970, 95 ff. 21 W. Brown, The Etruscan Lion (1960) 12 f.; J. Strem, Problems Concerning the Origin and Early Development of the Etruscan orientalizing Style (1971) 27. 65. 140 f.; Müller-Karpe (Hrg.), Beiträge zu italienischen und griechischen Bronzefunden. Prähist. Bronzefunde 20, l (1973) 89 ff. u. Taf. 23, 4.

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Hermann Müller-Karpe

orientalisierender Bronzefiguren in Etrurien; aber dies bezieht sich nur auf seine stilistische Kennzeichnung, nicht auf die Bezeugung von Beziehungen mit dem ,Orient' überhaupt. Im ägäisch-orientalischen Bereich treten Stiergefäße in der Früheisenzeit ebenso wie in der Bronzezeit entweder als Ganzfiguren- oder als Protomengefäß auf und beide jeweils - entsprechend den italischen Früheisenzeitstücken - sowohl als Rhyton als auch als Becher bzw. Situla22. Kennzeichnend bei den letzteren Gefäßarten ist der Umstand, daß sie nur eine einzige Mündung aufweisen, durch die das Gefäß gefüllt und geleert wurde; demgegenüber zeichnen sich Rhyta dadurch aus, daß sie zu einer Einfüllöffnung eine besondere, kleinere Ausgußöffnung besitzen, die bei Ganzfigurenwie bei Tierkopfgefäßen am Maul angebracht zu sein pflegt. Neben Bildungen aus Stein bestehen die diesbezüglichen Tiergefäße entweder aus Ton oder aus Metall. Der oben genannte orientalisierende Löwenkopf aus dem Veji-Grab 871 von Grotta Gramicca war offensichtlich auch ein Gefäß und zwar ein Becher, wie solche - als Löwen- oder als Stierkopf vom samischen Heraion, aus Anatolien und aus dem Assyrerreich bekannt sind23. Dienten diese Tierkopfgefäße unverkennbar als Trinkbecher - auf einem Wandrelief im assyrischen Palast des Saigon II. in Chorsabat sind sie in dieser Bedeutung dargestellt -, so wurden die mykenischen Tierkopfgefäße — ebenfalls Stier und Löwe — als Rhyta verwendet24, während die annähernd gleichzeitigen althethitischen Stiergefäße wieder in die Kategorie der Becher gehören. Beide Arten sind im Prinzip nicht voneinander zu trennen. Es besteht kein Zweifel an einer Tradition von den bronzezeitlichen Stücken (wie denen aus den Schachtgräbern Mykenais und aus dem Hethiterreich) und den assyrisch-orientalisierenden Stücken des 8. Jahrhunderts. Das dürfte auch für die allgemeine Verwendung und Bedeutung dieser Gefäße gelten. In dieser Hinsicht bezeichnend sind die aus der hethitischen Großreichzeit stammenden textlichen Belege des (als babylonisches Lehnwort im Hethitischen erscheinenden) Begriffes BIBRU25. Damit bezeichnet werden Tierfiguren, und zwar - wie aus dem Kontext hervorgeht - entweder ,reine' Figuren oder tierförmige Gefäße. Hier sind drei Bedeutungen zu unterscheiden: einigemal bezeichnet BIBRU offenbar ein tiergestaltiges Götterbild bzw. -symbol; in anderen Fällen wird aus einem BIBRU einem Gott (der offenbar in einem anthropomorphen Kultbild gegenwärtig war) „zu trinken gegeben" (bezeichnenderweise erscheint in diesem Zusammenhang nie das Wort sipant = libieren), so daß die in diesen hethitischen Tiergefäßen dem Gott dargebrachten Getränke nicht ausgeschüttet, sondern nur vor diesen hingestellt wurden. Eine dritte Bedeutung drückt sich in Textstellen aus, in denen von einem Trank aus einem BIBRU berichtet wird, durch den dem Trinkenden, falls er ,rein' ist, Segen, falls er ,schuldig' ist, Verderben zuteil werden soll, also ein Gottesurteil. Offenkundig nimmt auch in den letzteren Fällen die Form des Tiergefäßes auf die Gestalt (d. h. das Symbol bzw. das Attribut) der betreffenden Gottheit Bezug. Dies gilt zweifellos ebenso für die mykenischen Stierkopfrhyta und ihre Vorläufer, die frühminoischen Tonrhyta in Ganzstiergestalt, bei denen mitunter durch sonnenartige Darstellungen und durch Zufügung von Menschen zusätzliche Hinweise auf kosmische und mythische Dimensio-

22

K. Tuchelt, Tiergefäße in Kopf- und Protomengestalt. Untersuchungen zur Formengeschichte tierförmiger Gießgefäße (1962). - Die Bezeichnung ,Rhyton' auf Athenäus zurückgehend, der damit Gefäßarten offenbar recht unterschiedlicher Form belegte, wurde von E. Buschor in: Münchener Jahrb. 11,1919, 26 auf Rinngefäße eingeengt. Diese spezielle Verwendungsart wird seitdem im allgemeinen als kennzeichnend für die so benannten Gefäße angesehen.

23

Brown (wie Anm. 21); Tudielt a. a. 0.57 ff. G. Karo in: Jahrb. d. Dt. Arch. Inst. 26, 1911, 249 ff.; ders., Die Schachtgräber von Mykene (1930) Taf. 117-121; A. Evans in: Archaelogia 65, 1914, 79 ff.; ders., The Palace of Minos at Knossos 2 (1928) Abb. 331 ff.; Ch. Seltman in: Studies presented to D. Robinson l (1951) 6 ff.; Tuchelt (wie Anm. 22} 36 ff. ra Tuchelt a. a. O. 49 ff. 24

Ein frühetruskisches Stiergefäß

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nen des religiösen Symbolgehaltes gegeben sind28. Werden wir uns mit dieser letzteren, ganz allgemein gehaltenen Formulierung hinsichtlich der inhaltlichen Bedeutung der minoischen Stierrhyta begnügen müssen, ohne daß aus den als Vorbilder anzusehenden orientalischen Stierfiguren sowie den in orientalischen Mythen auftretenden Stiergestalten — erinnert sei nur an den Himmelsstier des Gilgames-Epos — gültiger Aufschluß über die nähere Kennzeichnung der ägäischen Formen abzuleiten wäre, so dürfte analog auch bei dem früheisenzeitlichen Stierrhyton von Veji aus dem typologischen Anschluß an griechisch-orientalische Bildungen zwar eine allgemeine inhaltlich-thematische Beurteilung erschließbar sein, nicht aber eine ins einzelne gehende religionskundliche Erhellung. Werner hat in mehreren Untersuchungen über die Art und Weise, wie bei den kaiserzeitlichen und frühmittelalterlichen Germanen Bildtypen aus dem mediterranen Kulturkreis übernommen und weiterentwickelt wurden, auf die dabei bestehende vielschichtige Problematik hingewiesen, auf die ähnlich auch das Bemühen einer religionskundlichen Erforschung der frühen etruskischen Bildwerke stößt. 26

Vgl. Müller-Karpe, Handbuch der Vorgeschichte 3 (1974).

WALTER TORBRÜGGE, REGENSBURG HALLSTATTZEITLICHE TERRAKOTTEN VON F I S C H B A C H - S C H I R N D O R F IN DER OBERPFALZ

Von der großen Nekropole bei Fischbach-Schirndorf im Landkreis Schwandorf i. Bayern sind einige ungewöhnliche Funde und Befunde schon bekannt gemacht worden1. Seit 1962 wurden über 140 Gräber aufgedeckt, die von der Urnenfelder- bis in die frühe Latenezeit reichen2. Germanische Brandgräber der Kaiserzeit und karolingische Reihengräber schließen sich an3. Die Masse der Grabanlagen gehört jedoch in die beiden Stufen C und D der Hallstattzeit, unter ihnen überwiegen die sogenannten Steindeckengräber. Sie haben zu Tongefäßen mit figürlichen Zeichnungen aus älteren Grabungskampagnen4 neuerdings auch vier menschliche Tonstatuetten freigegeben. Je ein Figurenpaar stammt aus den einander benachbarten Bauten 110 und 111, für die ein endgültiger Fundbericht noch nicht vorgelegt werden kann5. Alle Beigaben gehören in die Stufe Ha C8. Unter den zahlreichen Tongefäßen aus Grabanlage HO7 findet sich eine ovale graubraune Schale mit gezipfelten Handhaben und einem Muster aus feinen Haarrillen auf der ehemals graphitierten 1

Der Fundort liegt in der Ortsflur Schirndorf, Gde. Fischbach, ehemals Ldkr. Burglengenfeld. In der Literatur sind beide Ortsnamen gebräuchlich. Vgl. bes. A. Stroh, Bemerkungen zum hallstattzeitlichen Totenkult in der Oberpfalz. Germania 48, 1970, 123 ff.; ders., Fischbach. Ein Beitrag zur schriftlosen Geschichte der Oberpfalz. Verhandl. Hist. Ver. Oberpfalz 110, 1970, 181 ff.; ders., Zur Mehrschichtigkeit hallstattzeitlicher Grabanlagen in der Oberpfalz. Arch. Korrespondenzbl. 2,1972, 129 ff.; ders., Die Oberpfalz 1970, 101 ff. 272 ff.; 1971, 35 ff. 121 ff.; W. Torbrügge und H. P. Uenze, Bilder zur Vorgeschichte Bayerns (1968) 175. 256 f. 260 f. (weiterhin abgekürzt: Torbrügge u. Uenze, Vorgeschichte Bayerns). 2 Erste Funde bei der Feldbestellung 1960 und 1962, eine Versuchsgrabung 1962, planmäßige Grabungen mit Mitteln der DFG unter A. Stroh seit 1964. Das umfangreiche Fundmaterial wird in der Prähistorischen Staatssammlung München aufgearbeitet und soll in absehbarer Zeit in den Materialh. z. bayer. Vorgesch. vorgelegt werden. 5 Bes. Stroh, Fischbach (wie Anm. 1). 4 Torbrügge, Europäische Vorzeit. Kunst im Bild (1968) 116; ders., Figürliche Zeichnungen der Hallstattzeit aus Nordostbayern und ihre Beziehungen zur antiken Welt. Festschr. f. M. Spindler (1969) l ff., bes. 5 Abb. 1; 10 Abb. 7; 12 Abb. 8 u. 9; ders. u. Uenze, Vorgeschichte Bayerns 273 Abb. 248. 5 Die Angaben stützen sich auf das Grabungsprotokoll von Stroh 1971, doch stimmen die Hügelnummern

nicht mit dem Plan in Stroh, Fischbach (wie Anm. 1) 187 überein. Die Funde selbst sind zum großen Teil noch in Bearbeitung. Für die Erlaubnis zur vorweggenommenen Publikation danke ich A. Stroh, für freundliche Hilfe in der Staatssammlung H. P. Uenze. 6 Leitformen sind unter anderem ein Eisenschwert mit Flügelortband, Schälchennadeln mit Halsrippen oberpfälzischer Form und weißgelbe ovale Tonschöpfer mit Hebelgriff. - Eine Unterteilung in die Phasen Ha C l und C 2 läßt sich in Nordostbayern nicht nachweisen und bleibt entgegen der bequemlichen Annahme von I. Kilian-Dirlmaier, 50. Ber. RGK 1969, 97 ff,, bes. 107 ff. zweifelhaft, wie Verf. an anderer Stelle darlegen wird. 7 Die Anlage besaß einen Steinkranz aus vorwiegend plattigen Steinen von etwa 15 m Dm, verwaschene Spuren deuten auf einen Ringgraben von etwa 18 m Dm. Im Innenraum unklare Pfostenlöcher und Dunkelstellen sowie Scherbengruppen. Innenpackung bei rund 5,8 m Dm nach außen nicht scharf begrenzt, Dicke im Schnitt 28 cm. In ihr die rechteckige Kammer von 2,8 : 3,2 m abgesetzt. Keramische Ausstattung in regelhaftem Abstand zur steinernen Außenwand, der den Holzbau zur Stützung der Decke bezeichnen muß. Zwei Häufchen Leichenbrand, Eisenschwert mit Flügelortband, Schälchenkopfnadeln u. a. Ungewöhnlich drei Schalen, deren hohler Fuß als Klapper dient, und zwei gefäßförmige Klappern mit geschlossenem Deckel. Starke Störungen.

Walter Torbrügge

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Abb. 1. Schale aus Grabanlage 110 von Fischbach-Schirndorf. M. l: 2.

Innenseite (Abb. l)8. Ihrem Rand waren zwei Menschenstatuetten aus gleichartigem Ton aufgesetzt, und zwar offensichtlich mit Hilfe einer Klebemasse nach dem Brand. Graphitspuren sind nicht festzustellen. Beide Figuren sind wie die Keramik im Fundbereich sichtlich durch den Pflug zerscherbt worden. Die besser erhaltene Gestalt zeigt noch ein Ohr mit Durchbohrung für Hängeschmuck (Abb. 2) und kann deshalb wohl als weiblich gedacht werden9. Sonst sind keine Geschlechtsmerkmale kenntlich. Der Körper ist ziemlich flach, fast brettartig gebildet, die Beine mit klumpigen Füßen 8

Eine vergleichbare Schale ohne Figurenaufsatz mit schwarzen Tupfen auf rotem Innengrund aus einem Grabhügel der Stufe Ha C im Hühnerholz bei Sonderhof, Gde. Ronheim, Ldkr. Donauwörth: Bayer. Vorgeschichtsbl. 11, 1933,120 u. Taf. 11, 2. - Zwei ähnliche Schalen mit innerem Graphitmuster von Gufflham, Ldkr. Altötting, werden von G. Kossack, Südbayern während der Hallstattzeit. Rom. Germ. Forsch. 24 (1959) 190 f. u. Taf. 116, 3 (im folgenden abgekürzt:

Kossack, Südbayern) in die Stufe Ha D gesetzt. Dazu aber Uenze in dieser Festschrift S. 105. - Zeichnung Abb. \-6 von M. Vaeßen, München. 9 Aus der einschlägigen Literatur sind mir Figuren mit Ohrschmuck oder durchlochten Ohren und männlichen Geschlechtsmerkmalen nicht bekannt. H. Müller-Karpe, Vom Anfang Roms (1959) 51 (im folgenden abgekürzt: Müller-Karpe, Anfang Roms) setzt weibliches Geschlecht bei durchlochten Ohren voraus.

Hallstattzeitliche Terrakotten von Fischbach-Schirndorf in der Oberpfalz

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sind kaum gegliedert. In der Aufsicht scheint sich eine leichte Vorwölbung der Schulterpartie anzudeuten, die Bruchstellen erlauben indessen keinen bündigen Schluß auf die Armhaltung. Von der zweiten Statuette ist bisher nur das Unterteil bis zur Leibesmitte ausfindig gemacht worden10. Die Figuren aus Grabanlage lll11 sind aus lichterem Ton und merklich größer gefertigt als ihre Gegenstücke (Abb. 3. 4). Auch sie sind allem Anschein nach vom Pflug demoliert worden, wie zahlreiche kleinstückige Scherben aus ihrer Nachbarschaft wahrscheinlich machen. Offen bleibt, ob sie ebenfalls zu einem einzigen Gefäß gehört haben12, doch wäre solche Annahme begründet. "Wieder sind Körper und Arme brett- oder bandförmig geformt. Ein Kopf wird durch Profilverdickung markiert (Abb. 4), der andere durch einen kunstlosen Nasenzinken (Abb. 3). Geschlechtsmerkmale fehlen. Erhalten sind jeweils ein rechter und ein linker Arm. Bei antithetischer Aufstellung ließe sich nach dem Spiegelbild die vorgewinkelte Haltung auch für die verlorenen Arme vermuten. Vergleichbare Statuetten finden sich in dem bekannten Ensemble von Tonfiguren aus Hügel l bei Gemeinlebarn in Niederösterreich13. Auf der Schulter großer Kegelhalsgefäße waren Pferde - offenbar mit und ohne Reiter - und ein Hirsch14 sowie mindestens 17 Menschlein beiderlei Geschlechts aufgesteckt. Mit den Fischbacher Modellen stimmen sie vor allem im geometrisch-steifen Gesamtgestus und in der flachen Leibesform überein15. In einem Falle sind Hals und Kopf gleichartig zu einer plumpen Säule ausgezogen, wennschon zusätzlich durch Punktaugen und Halsringriefen markiert (Abb. 5J16. Die Armhaltung variiert. Nur eine Frauengestalt winkelt den rechten Arm wie in Fischbach-Schirndorf vor, streckt aber die Linke gerade nach oben, wie um den plattenförmigen Gegenstand auf ihrem Kopf festzuhalten17. Zwei andere Frauen tragen winzige Gefäße auf dem Kopf18. Die anthropomorphe Plastik der Stufe Ha C beschränkt sich in Süddeutschland19 auf eine kaum daumenlange Reiterfigur von Speikern in Mittelfranken20 und eine handhohe Statuette mit apo10 Unter Umständen werden bei der Restaurierung noch weitere Reste auftauchen, wie das Beispiel aus Grabanlage 111 zeigt, vgl. dazu Anm. 12. 11 Ein Steinkranz von etwa 11,6 m Dm stand wenig hinter einem Kreisgraben. Die steinerne Innenpackung war rundlich und offensichtlich stark gestört. Eine Kammer mit Hauptbestattung scheint etwas eingetieft, in ihr fanden sich außer Leichenbrand auch Schwanenhalsnadeln, die ovalen Schöpfer mit Hebelgriff und die Figürchen. Auf einer dünnen steinernen Deckschicht ruhte ein Skelett aus mindestens einer Nachbestattung genau über der Kammer, zu ihm gehörte eine weitere Schwanenhalsnadel. Eine zweite Nachbestattung bleibt unklar, offenbar starke Störungen. 12 Die Figur ohne Unterteil (Abb. 4) wurde laut Fundzettel als „Vogelkopfhenkel" ohne eigene Fundnummer geführt und erst nachträglich bei planmäßiger Suche nach dem Gegenstück zur bekannten Figur von H. Koschik in einer Henkeltasse entdeckt. 13 J. Szombathy, Die Tumuli von Gemeinlebarn. Mitt. Prähist. Komm. Wien l, 1903, 49 ff. - Auch hier ist die Datierung in die Stufe Ha C durch ein eisernes Schwert gegeben. 14 So Szombathy a. a. O. 59 f. Abb. 38. 15 Szombathy a. a. O. 57 beschreibt die Figur Taf. 2, 2 als „flach modellirt, so daß sie bei 11 Cm. Höhe und 2.5 Cm. Körperbreite nur l Cm. Dicke hat". 16 a. a. O. 58 Abb. 27.

17

a. a. 0.59 Taf. 2,2. a. a. 0.59 Taf. 2,5. 6. 19 Zum anthropomorphen Schema in Bronzeanhängern der Urnenfelder- und Hallstattzeit auch im Kontinuitätszusammenhang mit dem östlichen Hallstattkreis bes. G. Kossack, Studien zum Symbolgut der Urnenfelder- und Hallstattzeit Mitteleuropas. Rom. German. Forsch. 20 (1954) bes. 41 f. 93 f. (weiterhin abgekürzt: Kossack, Symbolgut). Das räumlich wie zeitlich weitgespannte Motiv der Gesichtsmaske oft angezogen, so bei Kossack a. a. O. 62 Anm. l unter Hinweis auf ein Tongebilde von Siefersheim in Rheinhessen, das man als Maske bestreiten kann (Germania 10, 1927, 109 Abb. 2), und eine Tonmaske von Bretzenheim a. d. Nahe, Kr. Kreuznach, deren Datierung unsicher ist (Germania 17, 1933, 285 ff.)- Die steinerne Großplastik entstammt einem anderen Ideenkreis um das Totendenkmal und konzentriert sich vorerst nur auf ein südwestdeutsches Teilgebiet, vgl. H. Zürn, Hallstattforschungen in Nordwürttemberg. Veröff. d. Staatl. Amtes f. Denkmalpfl. Stuttgart R. A 16 (1970) 69 ff. (J. Röder); A. Beck, Arch. Korrespondenzbl. l, 1971, 101 ff. (Tübingen-Kilchberg). Datierung nach Ha C ist in keinem Falle zu sichern. 20 Torbrügge u. Uenze, Vorgeschichte Bayerns 275; Bayer. Vorgeschichtsbl. 26, 1961, 235 f. u. Taf. 27; Germania 40,1962, 403 Abb. 1. 18

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Walter Torbrügge

Abb. 2. Tonfigur von Schale Abb. l in Vorder- und Rückansicht. M. l : 1.

Abb. 3. Tonfigur aus Grabanlage 111 von Fischbach-Schirndorf in Vorder- und Seitenansicht. M. l : 1.

Hallstattzeitliche Terrakotten von Fischbach-Schirndorf

in der Oberpfalz

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Abb. 4. Tonfigur aus Grabanlage 111 von Fischbach-Schirndorf in Vorder- und Seitenansicht. M. l: 1. /^->x

Abb. 5. Tonfigur aus Hügel l von Gemeinlebarn (nach J. Szombathy). M. l : 1.

krypher Fundgeschichte von Pfaffenhof in der Oberpfalz21. Beide Figuren sind nur obenhin zu vergleichen22. Formal schließen die Statuetten von Gemeinlebarn und Fischbach-Schirndorf an ähnlich brettförmige Musterbilder aus Italien und Griechenland mit ägäischen und orientalischen Urformen an23. Ihre vielgestaltige Stilisierung24 sagt freilich wenig zur Funktion der barbarischen Repliken, die hier ohnehin nicht diskutiert werden soll25. Für alle Gruppen scheint eine Ableitung von südosteuro21 Torbrügge u. Uenze, Vorgeschichte Bayerns 274; Abhandig. Naturhist. Ges. Nürnberg 30, 1961/62, 220 ff. 22 Der Tonreiter von Speikern im Ldkr. Lauf a. d. Pegnitz ist eigens gefertigt, seiner Funktion aber wenig angepaßt. Zu vergleichen sind die mit Hilfe einer harzigen Masse aufgeklebten Reiter von Gemeinlebarn (s. Anm. 13) und ein Bronzereiter mit gleicher Armhaltung auf einem Zierbeil von Hallstatt: K. Kromer, Das Gräberfeld von Hallstatt (1959), Grab 641. - Die 18,8 cm hohe Statuette von Pfaffenhof im jetzigen Ldkr. Amberg, ehemals Sulzbach-Rosenberg, ist rundlich ausgeformt. Ihre Arme sind bogenförmig vorgestreckt, als wollten sie einen jetzt verlorenen Gegenstand umfassen, der in einer tiefen Rille um die Hälfte befestigt sein könnte. Unter Vorbehalt darf man dabei an ein Gefäß denken. Anhaltspunkte für die ehemalige Aufstellung sind nicht mehr zu finden. Die stark beschädigte Vor-

derseite hat zur Vermutung geführt, daß es sich um ein Spielzeug aus Kinderhand handeln müsse. 23 Über italische Statuetten des 10. und 9. Jahrhunderts u. a. MüIIer-Karpe, Anfang Roms, bes. 51 ff.; über griechische Terrakotten vom 11. bis 8. Jahrhundert mit Entwicklung aus protogeometrischer Stufe u. a. H.-V. Herrman, Olympia (wie Anm. 70), bes. 59. 73 f. mit aller einschlägigen älteren Literatur; W.-D. Heilmeyer, Frühe Olympische Tonfiguren. Olympische Forsch. 7 (1972), bes. 56 ff. 60 ff. 24 Zur Gebets- oder Adorantenhaltung und zum Epiphaniegestus u. a. Müller-Karpe, Anfang Roms 76 ff.; Heilmeyer, Tonfiguren (wie Anm. 23) 56; Herrmann, Olympia (s. Anm. 70) 34. 73 f. - Natürlich steht hier ein allgemeiner oder spezieller Bezug zu bestimmbaren griechischen Götterfiguren ohnehin nicht zur Diskussion. 25 Daß die Fischbacher Statuetten einen festen Sym-

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Walter Torbrügge

päischen Idolformen aus bronzezeitlicher und letzten Endes neolithischer Wurzel ausgeschlossen26. Erst recht kann man spezielle Motive wie das der Trägerin mit vorgehaltenem Gefäß nicht auf einen ostalpin-westungarisch-nordbalkanischen Ursprung zurückführen, der für die anthropomorphe Kleinplastik Mitteleuropas relevant geworden wäre27. Allerdings findet auch die Figuralszene von Gemeinlebarn mit Reitern, Hirsch und Adorantinnen gewisse Entsprechungen im westungarischen Sopron, doch weist gerade hier die zeichnerische Umsetzung auch wieder eindeutig griechische Stileigentümlichkeiten auf28. Unverkennbar ist die Bildidee des Terrakottenzuges in ostalpinen Denkmälern aus Metall vorgeformt29, die ihrerseits unter italischem Einfluß stehen30. Die europäische bolgehalt besessen haben und damit mindestens Fragmente einer Kultidee darstellen, ergibt sich schon aus der Nachbarschaft der Grabanlagen 110 und 111. Offensichtlich sollte in den Figuren doch eine gemeinsame Bildvorstellung der lebenden Nachbarn über den Tod hinaus bewahrt und wirksam werden. Als eine Art Tafelaufsatz aus ganz und gar profanem Geschirrbesitz ist das Schalengebilde jedenfalls kaum zu denken. Bei intentioneller Verwendung im Totenkult könnte dieselbe Idee zugrunde liegen, die mit plastischen oder gezeichneten Menschenpaaren an italischen Hausurnen aus älterer Zeit zum Ausdruck kommt: Müiler-Karpe, Anfang Roms 41 ff. u. Taf. 18; vgl. auch ebd. 91 mit Bezug auf Schale von Bisenzio. Realiter könnte dem eine Doppelbestattung mit zwei Häufchen Leichenbrand in Grabanlage 110 entsprechen (s. Anm. 7), wie sie in Fischbach-Schirndorf mehrfach nachgewiesen ist: Stroh, Bemerkungen zum hallstattzeitlichen Totenkult (wie Anm. 1). Aus Kultstätten nördlich der Alpen ist mir nur tönerne Pferdeplastik bekannt: V. Saldovä, Pamatky Arch. 59, 1968, 395 Anm. 223. Die Fundumstände einiger mitteleuropäischer Figuren sind immerhin merkwürdig, so bei Dechsel, Kr. Landsberg a. d. Warthe, wo die Figur mit Beigefäßen gesondert im Gräberfeld eingegraben war: M. Ebert, Reall., Bd. 2, 350 Taf. 174. Süddeutsche Heiligtümer vom Typ der Brandopferplätze mit Hallstattfunden sind schlecht beobachtet: W. Krämer, Helvetia Antiqua. Festschr. f. Emil Vogt (1966) 111 ff.; die ebd. 114 Anm. 15 erwähnten sogenannten venetoillyrischen Relieffigürchen aus Bronze stellen Faustkämpfer mit Hanteln in den Händen dar, die dem Bereich der späthallstattzeitlichen Situlenkunst einzuordnen sind: vgl. G. v. Merhart, Mannus 24, 1932, 56 ff. Abb. 4-7 mit F.-W. v. Hase, Neue Ausgrabungen u. Forsch, in Niedersachsen 6, 1970, 41 ff., bes. 44 u. Taf. 5,2. 26 Kossack, Symbolgut 63 sieht die „wenigen Idole der spätgeometrischen Stufe" als fremd an und führt sie auf den Einfluß balkanischer Bevölkerungsgruppen zurück, die vom 13. bis zum 8. Jahrhundert in mehreren Zügen nach Griechenland gelangt seien. Dagegen bestreitet Müller-Karpe, Anfang Roms 53 f. aus stilistischen wie chronologischen Gründen zu Recht einen Zusammenhang zwischen den ältesten früheisenzeitlichen Figuren in Italien und den noch älteren Idoltypen der südpannonischen Werschetz-Gruppe. 27 Kossack, Symbolgut 59 läßt für das Zentralmotiv

einer weiblichen Figur mit Gefäß auf dem Kopf ostmittelmeerische Herkunft gelten, sondert aber ebd. 60 eine weibliche Gestalt mit vorgehaltenem Gefäß als besonderen Typus ab. Sein Auftreten in Italien und verstreut über Mitteleuropa soll sich im Zusammenhang mit der Verbreitung anderer Formen der materiellen und geistigen Kultur aus einem gemeinsamen ostalpin nordwestbalkanischen Ursprung erklären. In gleicher Weise sei zum Beispiel der Gedanke der Hausurnen isoliert nach Italien sowie nach Nord- und Mitteldeutschland gelangt, obwohl es im gedachten Ausgangsgebiet überhaupt keine Hausurnen gibt: Müller-Karpe, Anfang Roms 45 f.; vgl. auch J. Bergmann, Germania 51, 1973, 54 ff. Als reale Basis solcher Einflußströme wird die überlegene Metalltechnik in den Ostalpen und auf dem Nordwestbalkan angesehen. Dabei bezieht Kossack sich jedoch auf Materialien der Urnenfelderzeit, in der die Gestalt der Gefäßträgerin innerhalb des fraglichen Gebietes noch gar nicht nachzuweisen ist. Eine Bronzefigur von Velem St. Vid in Westungarn bei Kossack, Symbolgut Taf. 13, 6 ist nicht Modell für italische Formen, sondern höchstens ihre hallstattzeitliche Replik. Dasselbe gilt für die wenigen a. a. O. 60 Anm. l genannten mitteleuropäischen Belege. Italische Vorläufer wie von San Lorenzo Vecchio (a. a. O. Taf. 13, 9) stammen aller Wahrscheinlichkeit nach schon aus dem 10. Jahrhundert: vgl. Müller-Karpe, Anfang Roms 25. 51 u. Taf. 11, 6. Im übrigen tritt die Figur der Trägerin und sehr wohl auch des Trägers mit vorgehaltenem Gefäß im gesamten mediterranen Bereich einschließlich Iberien in mannigfacher Stilisierung auf, so daß von Entstehung der Bildidee in einem prähistorischen Urnenfelder- oder Hallstattkreis ohnehin nicht die Rede sein kann. 28 S. Gallus, Die figuralverzierten Urnen vom Soproner Burgstall. Arch. Hungarica 13, 1934, bes. 30 ff. Ein donauländischer Schöpfungsakt steht weder für den Bildinhalt noch für die Zeichentechnik in Rede. 29 Zum bronzenen Plattenwagen von Strettweg in der Steiermark W. Schmidt, Der Kultwagen von Strettweg (1934); Kossack, Symbolgut 29« - Zu den Aufsteckfiguren aus Blei von Frög in Kärnten R. Pittioni, Urgeschichte des Österreichischen Raumes (1954), bes. 632 mit älterer Literatur und Materialbegründung. 30 Torbrügge, Figürliche Zeichnungen (wie Anm. 4) 11 nennt die Figuren von Frög mißverständlich einen „eigentümlichen Endpunkt des Motivs im Alpenraum";

Hallstattzeitliche Terrakotten von Fischbach-Schirndorf in der Oberpfalz

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Streuung der variablen Motivkombinationen steht auf einem eigenen Blatt31. Von einem „geschlossenen Kulturstrom" mit der Überlieferung ganzer Ideenkomplexe kann dabei kaum die Rede sein32. Solche Hilfskonstruktionen gehen von der widerlegbaren Annahme aus, daß materielle und immaterielle Faktoren nicht in Gegenrichtung wirksam werden könnten33. Sie lösen in diesem Falle im Grunde mit toreutischen Argumenten und folglich mit unzureichenden Mitteln die sogenannte italische Faszination nur durch eine andere Faszination ab34. Jedenfalls lassen sich gediegene Gegenstücke zur Fischbacher Schale vorerst nur in Italien finden. Sogar das Gedankenschema von der Kombination der menschlichen Gestalt oder ihrer „Abbreviatur"35 erscheint hier in Form anthropomorpher Füße unter ovaler Schale mit gezipfelten Handhaben schon Jahrhunderte früher36. Natürlich verzweigt sich diese Grundidee vielfältig vom neolithischen bis zum latenezeitlichen Stiefelgefäß37. Trotzdem bleibt das Formdetail der Schale bezeichGegenstücke aus Bronze finden sich auch in Bologna: O. Montelius, La Civilisation Primitive en Italie (1895 -1910) l, 410 Abb. d-g; vgl. ebd. Taf. 87. 88. Über den Zusammenhang zwischen dem Kultwagen von Strettweg und den italischen Plattenwerken hat sich schon M. Hoernes, Mitt. Prahlst. Komm. Wien l, 1903, 189 ff. 209 ff. hinlänglich gsäußert. Obschon die Chronologie durchweg zu hoch ansetzt, bleibt die Quintessenz ebd. 211 von der „culturellen Abhängigkeit der nördlichen Länder von Italien" gültig. Kossack, Symbolgut 74 u. a. hebt dagegen die „donauländischen Elemente" in den Plattenwerken hervor, namentlich die Vogelplastik und die Kombination von Mensch und Vogelbarke. Selbst wenn es sich dabei wirklich um eine donauländische Figurenwelt aus der Urnenfelderzeit handeln sollte, wäre der Ausgangspunkt für die anthropomorphe Plastik in Italien selbst ohne Belang (s. Anm. 27). Sie gewinnt jedenfalls erst in Italien Modellcharakter für hallstattzeitliche Figurationen in Bronze wie Strettweg, in Blei wie Frög und in Ton wie Gemeinlebarn. 31 Hierzu die wiederum isolierten Komplexe mit Zeichnungen auf Gesichtsurnen in Ostdeutschland und die sehr verschiedenartigen Bereiche der ligurischen und nordischen Felszeichnungen. Zur weitläufigen Bildbeziehung mit ausführlichen Literaturverweisen neuerdings auch L. Pauli, Ein latenezeitliches Steinrelief aus Bormio am Stilfser Joch. Germania 51,1973, 85 ff. 32 So Kossack, Symbolgut 32 ff. immer in bezug auf die gedachte Ausgangsregion. Im angenommenen Strom aus späturnenfelder- und frühhallstattzeitlichen Elementen ist aber gerade die anthropomorphe Kleinplastik und Zeichnung als Ausdruck einer besonderen Ideenwelt im prähistorischen Bereich erst sehr spät zu belegen und höchstens als Randprodukt von im Grunde mediterranen Komplexen anzusehen (vgl. Anm. 27. 30). 83 Kossack, Symbolgut 3 nimmt die Verbreitung bestimmter Metallprodukte und -techniken auch als Maßstab für die Übertragung Urnenfelder- und hallstattzeitlichen Symbolgutes. Indessen folgt das eine nicht zwangsläufig aus dem anderen. Spezielle griechische Gußverfahren sind schon gegen Ende der Stufe Ha B über Südostfrankreich im westlichen Hallstattkreis be-

kannt geworden, ohne daß auch Formen der sogenannten geistigen Kultur im merklichen Ausmaß nachgeströmt wären: vgl. z. B. H.-J. Hundt, Die Bronzeräder von Haßloch. Mitt. Hist. Ver. Pfalz 67, 1969, 14 ff., bes. 29 f. Der Bezug ebd. 30 f. auf späthallstattzeitliche Funde griechischer Herkunft in Frankreich und Südwestdeutschland scheint angebracht, wenn man ganz simpel den Zeitgeist berücksichtigt, beispielsweise eine mythische Sperre gegen eine Bildwelt, die auch von Osten her erst in der Stufe Ha C ins Land gelangt ist; vgl. Kossack, Symbolgut 82 zur geringen figürlichen Gestaltung im Pfahlbaukreis. Unabhängig von solch theoretischen Überlegungen hat Hundt, Jahrb. RGZM. 12, 1965, 41 ff. in produktionsgeschichtlichen Untersuchungen über den bronze- und urnenfelderzeitlichen Schwertguß die Überlegenheit südostbayerischer Werkstätten belegt und das technische Primat der donauländischen überzeugend bestritten, ohne ebd. 57 starke südöstliche Kultureinflüsse zu leugnen. Man wird daher Gußverfahren auf der westlichen und Treibtechniken auf der östlichen Seite (s. Anm. 34) kaum noch religionsgeschichtliche Nebenwirkungen zuschreiben wollen. 34 Kossack, Symbolgut, bes. 60 zur Toreutik u. ebd. 62 ff. zur balkanisch-donauländischen Herkunft bestimmter Symbolformen in Griechenland und Italien. 35 So gedankenreich und spekulativ zu Augenornament und Gesichtsurnen als weiterem Aspekt des Gedankenschemas schon Hoernes, Zur prähistorischen Formenlehre. Mitt. Prähist. Komm. Wien l, 1903, 91 ff. 181 ff., bes. 213; zu Kanopen und Masken auch Kossack, Symbolgut 73; zu Gesichtsurnen W. La Baume, Die pommerellischen Gesichtsurnen (1963). 36 Ein recht kleines Exemplar aus Brandgrab C vom Forum Romanum von H. Müller-Karpe, Anfang Roms Taf. 8,12 etwa ins 10. Jahrhundert projiziert. 37 Vgl. Kossack, Symbolgut 7. 32 f. 80 f. mit Betonung donauländischen Primats. Im Zusammenhang wäre auch das Brauchtum mit Menschenfüßen und die Schuh-Symbolik zu betrachten, die R.-A. Maier, Versuche über Traditionen des „Stoffwerts" von Tierknochen und Traditionen primitiven „Tierdenkens" in der Kultur- und Religionsgeschichte (1969), bes. 24 in Analogie zum Tierfuß-Brauchtum stellt.

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nend, die ja wohl kaum als hallstattzeitliche Eigenschöpfung nördlich der Alpen angesehen werden kann. Deutlicher tritt der Zusammenhang in einer dreifüßigen Schale von Bisenzio in Etrurien hervor (Abb. 6), derem Rand eine tönerne Frauenfigur mit bronzenem Ohrschmuck aufgesetzt ist36. Im Kerameikos sind die Henkel von Schalen und Kannen mehrfach als sitzende brettchenförmige Klagefrauen ausgeformt39. Um direkte Vorlagen für mitteleuropäische Produkte handelt es sich gewiß nicht, sondern höchstens um die zeit- und ortsbedingte Variation eines weithin geläufigen Grundschemas. Es schließt sicher auch die italischen Zwillings- und Drillingsgefäße ein, denen sich eine kleine Menschenfigur aufzustützen scheint40, und gleicherweise noch das geometrisch verzierte Kugelgefäß mit drei röhrenförmigen Mündungen von Novilara, dem eine Frauenfigur als Henkel dient41. Die anthropomorphe Kleinplastik der frühen Hallstattzeit muß freilich auch im Kontext mit der tiergestaltigen Plastik und dem gezeichneten oder getriebenen Bild gesehen werden. Dabei sind spätere Figuralprodukte beiseite zu lassen, weil sie großenteils nur neue Absatzkreise für schematisiertes Kunsthandwerk umreißen42. Ohnehin konzentriert sich aber alle figürliche Zeichnung und Bemalung in Süddeutschland auf Nordostbayern43. Die tönerne Pferdeplastik44, Tonrasseln in Ge38 Montelius, Civilisation Primitive (wie Anm. 30) Taf. 255, 2; H. Müller-Karpe, Anfang Roms Taf. 18, 4 u. 59 f. zur möglichen Sonderbedeutung von dreifüßigen Platten und flachen Schalen im Grabritus. 39 K. Kubier, Kerameikos. Ergebnisse der Ausgrabungen 6: Die Nekropole des späten 8. bis frühen 6. Jahrhunderts (1970) 149. 164. 381-383, Kat. Nr. 97/98. 106. 107 u. Taf. 80. 93-95. 40 Montelius (wie Anm. 30) Taf. 280, 2. 14. 41 a. a. O. Taf. 150, 5; Hoernes (wie Anm. 35) 187 f. Abb. 4. 42 Kursorisch Kossack, Symbolgut 77 f. ohne zeitliche Schichtung der einzelnen Motive und Formen, so daß ihre jeweils unterschiedliche Verbreitung verwischt wird. Neben der frühen Figuralkunst Notdostbayerns steht beispielsweise die Halbmondfibel mit Vogelköpfen der Stufe Ha D mit hauptsächlich südbayerischer Verbreitung, die zugleich den Zusammenhang mit ostalpinen Trachtsitten spiegelt: vgl. Kossack, Südbayern 82 Taf. 154 D 1. 2. In gleicher Weise werden dort späte Gürtelbleche aus vorwiegend westlicher Produktion eingeschlossen: vgl. Kilian-Dirlmeier (wie Anm. 6) 97 ff. Außer Betracht müssen hier die Ton- und Bronzegefäße mit Tierkopf bleiben und die wenigen späten Tierfibeln der Stufe Ha D, die mit der Kombination von Pferd und Vogel wie von Pillhausen im Ldkr. Riedenburg alte und neue Bildmotive verbinden: Torbrügge u. Uenze, Vorgeschichte Bayerns 270 f. Abb. 243. 245. Pferd und Vögel aus Bronze als Einzelfigürchen u. a. im Fürstengrab „Römerhügel" bei Pflugfelden-Ludwigsburg: O. Paret, Urgeschichte Württembergs (1921) 69 Abb. 13. 43 Zur figürlichen Bemalung in der Oberpfalz Torbrügge, Die Hallstattzeit in der Oberpfalz 1. Text und Gesamtkatalog (im Druck; im folgenden abgekürzt: Torbrügge, Hallstattzeit 1) Taf. 63, 24 (Dürn, Ldkr. Parsberg). - ZurfigürlichenZeichnung in der Oberpfalz s. Anm. 4 (Fischbach) und Torbrügge, Figürliche Zeich-

nungen (wie Anm. 4) 6 Abb. 2; 15 Abb. 11; ders., Europäische Vorzeit (wie Anm. 4) 10 Abb. 10; 180; ders., Hallstattzeit l Taf. 16, 36; 25, 7; 41, 2. 3; 53, 12. 13; 151, 8. 9; ders., Die Hallstattzeit in der Oberpfalz 2. Die Funde und Fundplätze in der Gemeinde Beilngries. Materialh. z. bayer. Vorgesch. 20 (1965) Taf. 33, 3; 46, 5; 80 (im folgenden abgekürzt: Torbrügge, Hallstattzeit 2); ders. u. Uenze, Vorgeschichte Bayerns 265 Abb. 237; 271 f. Abb. 246. 247. 44 Speikern, Ldkr. Lauf: s. Anm. 20 (Pferd mit Reiter); Beckerslohe bei Kirchensittenbach, Ldkr. Hersbruck: K. Hörmann, Aus der Vorgeschichte der Heimat (1925) bes. 53 ff. u. Taf. 4 (Pferd mit Rückenschale); Zainingen, Kr. Münsingen: Zürn, Katalog Zainingen. Veröff. d. Staatl. Amtes f. Denkmalpfl. Stuttgart R. A 4 (1957) 12 u. Taf. 33, 1. 2; Torbrügge, Europäische Vorzeit (wie Anm. 4) 114 (zwei weibliche und zwei männliche Tiere); ein verlorenes „Tongebilde" aus der Nähe von Pegnitz ist nicht mehr sicher zu bestimmen: Hörmann a. a. O. 54 („20-30 cm hohes Tonpferd roher Arbeit"); bei den Bruchstücken einer vierfüßigen Tierfigur von Pfaffenhof, Ldkr. Amberg (ehemals SulzbachRosenberg) handelt es sich entgegen Saldovä, Pamätky Arch. 59, 1968, 395 („Prohof") kaum um ein Pferd: Torbrügge, Figürliche Zeichnungen (wie Anm. 4) 17 Anm. 34; ders., Hallstattzeit l Taf. 143, 11. Nach den Resten eines langen Halses und einer mutmaßlichen Rückenöffnung von Röhrenform besteht eher Ähnlichkeit mit Widdergefäßen wie Kossack, Symbolgut Taf. 5, 7 (Schmiedeberg, Kr. Angermünde}, doch fehlen gerade die Kopfpartien. - Eine Liste böhmischer Tonpferde gibt Saldovd a. a. O. 395. In den größeren Zusammenhang gehören natürlich auch bronzene Pferdefiguren wie von Hallstatt mit Reiter (s. Anm. 22) oder Obfany bei Brunn: Torbrügge, Europäische Vorzeit (wie Anm. 4) 120, die nicht mit den nordischen Bronzepferdchen gleichgestellt werden können. Eine interessante Blechvariante stammt von Löberschütz, Ldkr. Jena: K. Simon,

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stak handgroßer Vögel45 und kleine Aufsteckvögel aus Ton46 streuen etwas weiter, halten sich aber grundsätzlich nördlich der Donau. Die einzige nominell südbayerische Vogelklapper wurde im Landkreis Neu-Ulm wenige Kilometer südlich des Flusses aufgedeckt47. Ebenso sparen die Breitrandschalen mit gestempeltem Vogel- oder Pferdebild Südbayern aus48. Diese Aussparung betrifft aber auch Gerätschaften von besonderer Funktion wie die tönernen Trinkhörner49 und die Zwillings- und Drillingsgefäße als kommunizierende Röhren, bei denen die massive Verbindung schon Mißverständnis der Funktion und damit plumpe Nachahmung der ungewöhnlichen Form anzudeuten scheint50. Südbayerische Drillingsgefäße stammen nur aus dem Landkreis Neuburg an der Donau, wiederum aus einer Nekropole knapp südlich des Stromes51, und von Karlstein bei Reichenhall52. Die Region Hallstatt-Salzburg-Reichenhall setzt sich jedoch vom südbayerischen Hallstattgebiet scharf durch eine breite, ziemlich fundarme und stellenweise ganz fundleere Zone ab53. Ihre engen Verbindungen zum östlichen Hallstattkreis54 und die Teilhabe an seinen Fernbeziehungen stehen außer Frage. Kontakte zwischen Nordostbayern und dem Salzburger Becken, wie sie unter anderem beim Salz- und Graphithandel vorausgesetzt werden müssen, können Südbayern höchstens randlich berührt haben55. Hier mögen die italischen Affinitäten Nordbayerns eingeschlossen sein, wie die ovale Schale von Gufflham im Landkreis Altötting andeuten könnte56. Die oben aufgezählten Formen und FiguDie Hallstattzeit in Ostthüringen 1: Quellen. Forsch, z. Vor- u. Frühgesch. Leipzig 8 (1972) 97 Taf. 61, 6. 45 Zur Chronologie und Bedeutung Kossack, Symbolgut 50 f. mit Fundliste Anm. 3 und Verbreitungskarte Taf. 24. Für Böhmen ist ein Bruchstück von Litice nachzutragen: J. Eisner, Sbornik mest. hist. musea v Plzni 8, 1923, 10 Abb. 6; für die Oberpfalz kommen Bruchstücke von zwei weißgelben Hälsen mit schwarzer Bemalung von Mittelreinbach, Ldkr. Amberg (ehemals SulzbachRosenberg) hinzu: Torbrügge, Hallstattzeit l Taf. 148, 1.2. 46 Kossack, Symbolgut passim u. 100 ff. mit Fundliste H auch zu bronzenen Vogelfiguren. 47 Kossack a. a. O. 78 Anm. 3; ders., Südbayern 183 Nr. 126 u. Taf. 33, 25. 48 Kossack, Symbolgut, bes. 49 f. 112 ff. mit Fundliste I Nr. 10. 11. 16. 17. 30. 62; unter Nr. 16 (Hallstatt) auch Schalen mit plastischen Bronzevögeln. Für Böhmen eine Breitrandschale mit Vogelstempel nachzutragen von Dysina: Saldovä, Pamatky Arch. 59, 1968, 347 Abb. 24; 396; für Bayerisch-Schwaben eine Breitrandschale mit Pferdestempel von Donauwörth: Torbrügge u. Uenze, Vorgeschichte Bayerns 270 Abb. 244; eine unverzierte Breitrandschale stammt von Lengenfeld, Ldkr. Parsberg: Torbrügge, Hallstattzeit l Taf. 78, 2. 49 Zu Trinkhörnern Kossack, Symbolgut 56 ff. ohne genaue zeitliche Schichtung der Urnenfelder- und hallstattzeitlichen Exemplare, seine Verbreitungskarte ebd. Taf. 26 führt deshalb unter dem Typ ebd. Taf. 14, 12 auch einen späturnenfelderzeitlichen Bronzebeschlag von Steinkirchen, Ldkr. Deggendorf, der sich auf ebd. Taf. 14, 8 doch anders darstellt als das einzige bayerische Trinkhorn aus Ton von Döckingen, Ldkr. Gunzenhausen: AuhV. S (1911) 401 Nr. 1303. Zu Nachträgen vgl. u. a. F. Horst, Zeitschr. f. Arch. 4, 1970, 177 ff., 5 Festschrift Werner

bes. 184 Abb. 5 c; 188 Abb. 9 mit Verbreitungskarte zum Mittelelbe-Havel-Gebiet. 50 Die allgemeine Verbreitung im Osthallstattkreis und in Italien braucht nicht näher belegt zu werden, aus der Oberpfalz stammen je ein Drillingsgefäß als kommunizierende Röhre von Beilngries und von Staufersbuch, Ldkr. Beilngries: Torbrügge, Hallstattzeit l Taf. 16, 38; ders., Hallstattzeit 2, 65 Taf. 16, 10. - Zur möglichen Funktion wenig originell R. Fink in: H. Dannheimer u. Fink, Fundort Bayern (1968) 93. Die besondere Bedeutung der Form erhellt jedenfalls aus einem Drillingsgefäß mit Inschrift vom Forum Romanum: Montelius Civilisation Primitive (wie Anm. 30) Taf. 358, 10 a.b. B. Stümpel, Mainzer Zeitschr. 65, 1970, 162 ff. Abb. 14 B nennt ein Drillingsgefäß im Zusammenhang mit einem Latenegrab von Dalheim, Ldkr. Mainz. 51 Kossack, Südbayern 174 Nr. 102 u. Taf. 44, 8. 52 a. a. O. 192 Nr. 155. Die als möglich angenommene Herkunft aus einem Haus der jüngsten Urnenfelderzeit ist mindestens unwahrscheinlich. 53 a. a. O. Taf 149. Zu primären und sekundären Siedlungsräumen in diesem Zusammenhang ebd. bes. 67 f. 54 Hier wird die Zonenteilung nach Kossack, Südbayern Taf. 150 zugrunde gelegt. Eine Übersicht zu anderen Systemen bei W. Angeli, Krieger und Salzherren. Ausstellungskataloge d. RGZM. Mainz, 4 (1970) 24 f. Abb. 1. Die Termini nordwest-, nordost- und nordsüdalpin werden großenteils nach freiem Ermessen verwendet. 55 Ausführlich dazu Kossack, Südbayern, bes. 77 ff. Zum mutmaßlichen Handel mit Graphit bis ins Reichenhaller Becken schon in der Bronzezeit Hundt, Bayer. Vorgeschichtsbl. 31,1966,34 ff., bes. 45 ff. 56 s. Anm. 8.

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ren besitzen ihre Basis jedenfalls im östlichen Hallstattkreis57, woraus sich letzten Endes auch ihre formale Verwandschaft mit Gegenstücken aus den antiken Randbereichen versteht. Die Pferdeplastik ist von Beginn an mit griechischen Deckelpferdchen verglichen worden58, und der Pferdestempel von Donauwörth59 stimmt schließlich nicht zufällig haargenau mit Pferdereliefs auf einem Tongefäß von Villanova überein60. Unbestreitbar verbindet sich die Zeichnung von Leierspielern auf einem Kegelhalsgefäß von Fischbach-Schirndorf61 über eine gleichartige Zeichnung in Sopron mit der geometrischen Vasenmalerei Griechenlands62. Barbarische Umstilisierung von Vasenbildern ist bei einem anderen Fischbacher Gefäß mit Reiter- und Figurenfries mindestens wahrscheinlich63, zumal eine ähnliche Szene in Graphitmalerei von Rabensburg in Niederösterreich den danubischen Verbindungsweg deutlich genug bezeichnet64. Vermutlich gehören auch schwarz gemalte Menschenfiguren auf einer roten Schüssel von Dürn in der Oberpfalz65 in diese Reihe,, wie denn überhaupt griechische Muster und Malverfahren ebenso nachhaltig auf den Dekor der Stufe Ha C wie Ha D eingewirkt zu haben scheinen66. Vielleicht versteht sich sogar noch ein Rollrädchenfries von Vögeln im Wechsel mit Menschengestalten auf einem Urnendeckel von Pettenkof en67 als Abklatsch bemalter griechischer Grabkeramik88. Die verschiedenen Zeichenweisen im prähistorischen Bereich spielen eine untergeordnete Rolle, sie kommen im Vergleich zum klassischen Muster allesamt nicht über die gedankliche Rekonstruktion des Bildes hinaus69. Von Sopron aus können immerhin noch feine stilistische Einzelheiten, die sich im Westen vergröbert oder verloren haben, bis nach Böotien zurückverfolgt werden70. 57

s. Anm. 44—49 mit der weiterführenden Literatur. Hörmann (wie Anm. 44), bes. 54 f. stellt zwar Vergleiche zwischen dem Schalenpferd aus der Beckerslohe (s. Anm. 44) und antiken Statuetten an, behauptet aber vollkommenen Formengegensatz. Gleichwohl stammt das beste Gegenstück mit Schale aus Falerii in der Provinz Rom: Montelius, (Zivilisation Primitive (wie Anm. 30) Taf. 310, 4. 69 s. Anm. 48. Das Pferd zeigt eine gezackte Mähne, wie sie in Italien üblich und nicht als Ableitung aus dem Halskamm mancher Vogelstempel zu verstehen ist, vgl. Kossack, Symbolgut 50 u. Taf. 8, 3. 60 Hoernes (wie Anm. 35) 109 Abb. 51. 52 auch zur Übertragung solcher metallischen Muster auf Ton als Kennzeichen für einheimische Erfindung. 61 Torbrügge, Figürliche Zeichnungen (wie Anm. 4) 11 ff. Abb. 8.9. 62 Torbrügge a. a. O.; Gallus, Sopron (wie Anm. 28) bes. 39 u. Taf. 4, 1; 6, 3; 7, 1; 14, 1. Die Leier ebd. Taf. 14, l wird vielfach für einen Brettchenwebstuhl oder Stickrahmen gehalten, weil der Spieler neben einer Weberin und einer Spinnerin steht, so von G. Crowfoot in: Ch. Singer, E. Holmyard u. R. Hall (Hrsg.), A History of Technology (1967) 443 Abb. 280. Auf dem fraglichen Gefäß sind jedoch auch zwei Adorantinnen gezeichnet, außerdem trägt der Spieler eine andersartige Gewandung und scheint am Kinn durch einen kleinen Schrägstrich markiert wie andere Figuren durch eine Art Schnabel am runden Kopf, der nach Gallus a. a. O. 33 aus Nase und Kinnbart in der Vasenmalerei abzuleiten ist. 83 Torbrügge, Figürliche Zeichnungen (wie Anm. 4) S ff. Abb. 1. 10. 68

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L. Franz, JPEK. 3, 1927, 96 f. hält einen solchen Zusammenhang ebenfalls für möglich. - Vgl. auch die nach Gemeinlebarner Muster andersartig schematisierte Figurenzeichnung auf Kalenderberg-Keramik von Reca, Bez. Galanta in der Südwest-Slowakei: Filip, Handbuch (wie Anm. 85) 2 (1969) 1129. 65 Torbrügge, Hallstattzeit l Taf. 63, 24. 66 P. Reinecke, AuhV. 5 (1911) 403. 408 macht auf „gewisse Übereinstimmungen" aufmerksam, die jedoch kaum weiter verfolgt worden sind. Nur der Musterschatz und die Techniken der literarischen Vorzugsstufe Ha D sind gründlicher nach auswärtigen Vorlagen durchgearbeitet: W. Kimmig, Germania 49, 1971, 25 ff. mit zahlreichen Literaturhinweisen. 67 Torbrügge, Figürliche Zeichnungen (wie Anm. 4) 15 Abb. 11. 88 Vgl. Kubier, Kerameikos (wie Anm. 39) Kat. Nr. 14 u. Taf. 9. Torbrügge, Figürliche Zeichnungen (wie Anm. 4) 15 Anm. 33. 69 Speziell Torbrügge, Figürliche Zeichnungen (wie Anm. 4) 5 ff.; Gallus, Sopron (wie Anm. 28) 21 ff.; grundsätzlich F. van Schelteina, Die Kunst des Abendlandes 1: Die Kunst der Vorzeit (1950). 70 Gallus, Sopron (wie Anm. 28) 30 ff. Zum Motiv des Faustkampfes ebd. 34 ff. 41 u. bes. Taf. 6, 2; 9, 1-4 ist neuerdings eine böotische Kleinplastik aus Ton zu vergleichen, die R. Hampe u. H. Gropengießer, Aus der Sammlung des Archäologischen Instituts der Universität Heidelberg (1967) 28. 95 Taf. 8 in das späte 7. oder frühe 6. Jahrhundert datieren. Zum weit höheren Alter des Themas in der spätgeometrischen Kunst aber Herrmann, Olympia. Heiligtum und Wettkampfstätte (1972), bes. 78. 80 f. - Die vornehmlich böotischen Stilzüge

Hallstattzeitliche Terrakotten von Fiscbbach-Schirndorf in der Oberpfalz

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Daß in diesem weitläufigen Beziehungsnetz ausgerechnet Fischbach-Schirndorf merkwürdig hervortritt, ist bei der gegenwärtigen Fundstatistik kaum einleuchtend zu begründen. Allerdings liegt die Fundregion dem Zugriff reiternomadischer Gruppen, die das Land zu Beginn der Hallstattzeit entscheidend umgeformt haben, besonders offen. Joachim Werner hat in einer anderen Festschrift ihre böhmische Assimilierung skizziert71. Dieselben Gruppen — wenn man nicht wie üblich den neutralen, aber ganz und gar unpersönlichen und in diesem Falle bedeutungslosen Terminus Elemente vorzieht - müssen das urnenfelderzeitliche Bildtabu aufgehoben und fremde Musterbilder ins Land gebracht haben72. In diesem Zusammenhang scheint sich der ungewöhnliche Fundbestand von Fischbach-Schirndorf wenigstens zum Teil aus der Position des Ortes im Schnittpunkt mehrerer prähistorischer Leitlinien zu erklären. Die Fundregion liegt am Südwestrand der Oberpfälzer Senke, in der das Naabtal die Jurahöhen im Westen vom kristallinen Massiv des Oberpfälzer Waldes im Osten trennt (Beilage l). Wenig nördlich greift das Massiv jedoch weit über den Fluß hinweg auf den Jura aus und teilt die Senke in zwei Klima- und Verkehrsgebiete73. Diese Mittelgebirgsschwelle überragt die Mulden im Süden immerhin bis zu 270 m und ist als natürliches Waldgebiet noch heute dünner besiedelt als das Umland. Im Norden mit Einschluß der Weidener Bucht beginnt der Winter merklich früher als im Süden, der Frühling später. Auch ist hier der „Böhmische" bekannt, ein kalter Fallwind aus den Hochlagen des Waldes. Südlich des Massivs schiebt sich die Bodenwöhrer Bucht als weiter Trichter nach Westen bis in das obere Vilstal vor, von wo zwei Talungen über die schmälste Stelle der Alb in die Hersbrucker Bucht auf dem Fränkischen Stufenland führen. Diese Linie legt das alte Straßennetz fest, tritt aber schon in der prähistorischen Fundverteilung deutlich hervor74. Von noch größerer Bedeutung scheint die Fortsetzung der Bodenwöhrer Bucht nach Osten in die Cham-Further Senke, die schließlich bei knapp 400 m Höhe in das Pilsener Becken leitet 7S. Auf der Höhe von Fischbach öffnet sich mit dem unteren Regental zwischen Jurahügeln und Vorderem Bayerischen Wald ein kurzer, kilometerbreiter Korridor nach Süden ins Donautal. Zentraler Ort der Region ist der Schloßberg, über 100 m hoch im Zwickel zwischen Naab und Vilsmündung nur wenige Kilometer westsüdwestlich Fischbach gelegen76. Ein vorgeschichtliches Ringwallsystem ist vorerst nicht zu sind wohl infolge ihrer relativen Langlebigkeit in die frühe Hallstattzeit Westungarns eingesickert, sicher nicht auf Grund besonderer Beziehungen zwischen beiden Landschaften. 71 J. Werner, Bronzenes Pferdekopfszepter der Hallstattzeit aus Pfedmerice bei Hradek Krälov6. Pamdtky Arch. 52, 1961, 384 ff. - Zu reiternomadischen Szeptern auch G. Jacob-Friesen, Eine Pferdekopfkeule der frühen Eisenzeit aus Siebenbürgen. Studien zur europäischen Vor- und Frühgeschichte. Festschr. H. Jankuhn (1968) 66 K. 72 Zum religionsgeschichtlichen Hintergrund der Anthropomorphisierung schon Kossack, Symbolgut, bes. 82 f.; vgl. Torbrügge, Figürliche Zeichnungen (wie Anm. 4) 20 ff. 73 D. Manske, Die Einteilung der Oberpfalz in Planungsregionen. Ein geographischer Beitrag zur Landesplanung (1972) 1-6. Vgl. Klima-Atlas von Bayern. Deutscher Wetterdienst in der US-Zone (1952), bes. Karte 51 zur Begünstigung nach mittleren jährlichen Niederschlagsmengen. 74 Zu Altstraßen in der mittleren Oberpfalz A. Dollacker, Verhandl. Hist. Ver. Oberpfalz 88, 1938, 74 £f.;

genauer unter örtlichem Bezug H. Dannheimer, Lauterhofen im frühen Mittelalter. Materialh. z. bayer. Vorgesch. 22 (1968) 11 ff.; zur Fundmassierung Torbrügge, Die Bronzezeit in der Oberpfalz, Materialh. z. bayer. Vorgesch. 13 (1959) Kartenbeilage; ders. Hallstattzeit l, Kartenbeilage; H. Hennig, Die Grab- und Hortfunde der Urnenfelderkultur aus Ober- und Mittelfranken. Materialh. z. bayer. Vorgesch. 23 (1970) 17 Abb. 1. "Dieser Tiefenzone folgen die Bahnverbindung Nürnberg - Furth im Wald - Prag und die B 85/20. Nördlich davon gibt es allerdings noch eine Reihe anderer Pässe, die ehemals Straßenbenutzung hatten. 78 Genauer Schloß-, Hirmes- und Kirchberg in den Gden. Kallmünz und Traidendorf, vgl. bes. Reinecke, Der Ringwall von Kalimünz. Die Oberpfalz 50, 1956, 231 ff.; Stroh, Ausgrabungen in dem Ringwall bei Kallmünz. Die Oberpfalz 52, 1958, 25 ff.; ders., Vor- und frühgeschichtliche Wallanlagen am Schloßberg bei Kallmünz. Exkursionsführer der Verbandstagung (Westund Süddeutscher Verband f. Altertumsforschg.) 1963 in Passau (1963) 43 ff.; Torbriigge, Bronzezeit (wie Anm. 74) 121 f. Nr. 55.

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datieren77, die Besiedlung der Höhe läuft vom Neolithikum bis ins Mittelalter78. Es fällt auf, daß sich auf der gesamten Hochfläche auch außerhalb der Wälle keine Grabhügel finden, die sonst auf allen umliegenden Berghängen und -rücken anzutreffen sind79. In der Bodenwöhrer Bucht sind die Siedlungsmöglichkeiten durch feuchte Niederungen eingeschränkt, wirtschaftlichen Nutzen bringt heute vielerorts die Fischzucht in zahlreichen kleinen und großen Weihern80. Indessen ist die Bewohnbarkeit keineswegs so sehr gemindert, wie P. Reinecke noch in den dreißiger Jahren glauben konnte81. Die intensive Beobachtung während der letzten Jahre hat bis weit in die Cham-Further Senke hinein mehr direkte und indirekte Siedelspuren aufgedeckt, als auf einer einfachen Wegetrasse zu erwarten sind82. Manche Perioden sind mit geradezu spektakulären Funden vertreten83. Natürlich liegt dem auch Durchgangsverkehr zugrunde, angezeigt etwa von einem westkeltischen Goldstater aus Weiding nahe Cham84. Im übrigen sind die 77

Bes. Torbrügge a. a. O. (wie Anm. 74) 122 Nr. 55 D und E; zu anderszeitlichen und wenigen hallstattzeitlichen Scherben aus dem östlichen prähistorischen Randwall Torbrügge, Hallstattzeit l Nr. 69 B. 78 Müller-Karpe, Funde von bayerischen Höhensiedlungen. Katal. d. Prahlst. Staatssmlg. München 3 (1959) 7 ff. Hallstattzeitliche Lesefunde und Scherben aus unübersichtlichen Grabungen stammen von der beackerten Südspitze zwischen der mittelalterlichen Burg und einem mutmaßlich ungarnzeitlichen Abschnittswall von beträchtlicher Höhe über die Spornspitze, aus dem auch eine späthallstattzeitliche Fußzierfibel kommt: Bayer. Vorgeschichtsbl. 23, 1958, 172 Abb. 25, 2 („Latenezeit"). Von der hochmittelalterlichen Burg, bis 1230 Reichszollstätte, zogen sich ehemals beiderseits der Bergspitze Mauern bis in das Vils- und Naabtal herunter. Zwischen ihnen, den Flußufern und den Berghängen war der erstmals 983 genannte Marktflekken auf engem Terrain eingeschachtelt: Reclams Kunstführer. Deutschland 1: Bayern (1970) 423 f. 79 Stroh, Fischbach (wie Anm. 1) 183. 80 Vgl. Topographischer Atlas Bayern, hg. v. Bayer. Landesvermessungsamt (1968) Bl. 77. 81 Reinecke, Die Grenzen vor- und frühgeschichtlicher Besiedelung Nordostbayerns. Bayer. Vorgeschichtsfreund 9, 1930, 3 ff., bes. 9-11; ebd. 9 Anm. 3 bestreitet er Siedlung bis Cham. Aus vorgefaßter Meinung hat Reinecke auch die Erforschung der sogenannten Chamer Gruppe regelrecht hintertrieben, weil nach seiner Meinung im fraglichen Gebiet keine Siedlung möglich gewesen sei: H. Wolf, „Knöbling-SSW, die eponyme Siedlung der endneolithischen Chamer Gruppe und die weiteren vorgeschichtlichen Fundstellen im Gebiet des Gradabteilungsblattes 6841-Roding. Festschr. Gymnasium-Studienheim Cham 1923-1973 (1973) 149 Anm. 2. 82 Wolf, Chamer Gruppe (wie Anm. 81) 201 mit ausführlichen Literaturangaben in Anm. 86; ders., Eine westkeltische Goldmünze aus Weiding und andere jüngerlatenezeitliche Funde aus der Cham-Further Senke. Bayer. Vorgeschichtsbl. 35, 1970, 69 ff., bes. 70. Einzuschließen ist auch die Reinecke noch unbekannte Viereckschanze bei Nößwartling, Ldkr. Cham: K. Schwarz, Atlas der spätkeltischen Viereckschanzen

Bayerns. Pläne und Karten (1959) Bl. 79. Weiter sind hier zu nennen die Ringwallanlagen auf dem Lamberg bei Chammünster, Ldkr. Cham, die zum Teil karolingisch-ottonisch sind, zum Teil auch vorgeschichtlich sein könnten: Wolf, Verhandl. Hist. Ver. Oberpfalz 107, 1967, 139 ff.; Jahresber. d. Bayer. Bodendenkmalpflege 8/9, 1967/68,135 f. 140 Abb. 26. - Zur neolithischen Besiedlung auf Grund der Abdrücke von Getreidespelzen in der Chamer Gruppe und Gebrauchsglanz an steinernen Sichelschneiden Wolf, Chamer Gruppe (wie Anm. 81) 200 Anm. 71. Da die Güte des sandigen und steinigen Lehmbodens in der weiteren Umgebung nur gering ist, vermutet Wolf in den Siedlern Stein-Prospektoren. Nach B. Sielmann, Zur Interpretationsmöglichkeit ökologischer Befunde im Neolithikum Mitteleuropas. Germania 49, 1971, 231 ff., bes. 236 erscheint aber „die unbedeutende Rolle, die etwa W. Torbrügge Boden und Klima in ihrem Einfluß auf die Wirtschaftsstruktur prähistorischer, Anbau und Viehzucht treibender Populationen zuschreiben möchte, ... in dieser (ökologischen) Betrachtungsweise nicht gerechtfertigt". In diesem Fall scheinen allerdings die Tatsachen eher gegen ökologische Betrachtungsweisen zu sprechen, die schlichtweg von der Fundkartenoberfläche ausgehen. Im übrigen bezieht sich die angezogene Stelle bei Torbrügge (wie Anm. 74) 47 vornehmlich auf den Quellenwert der Denkmäler und nicht auf ökologische Binsenweisheiten, die ebd. 16 (f. mit der Beschreibung der natürlichen wirtschaftlichen Möglichkeiten in den Teilräumen der Oberpfalz zu ihrem Recht gekommen sind. 83 So die Altsteinzeit mit dem Faustkeil von Pösing, Ldkr. Roding: Bayer. Vorgeschichtsbl. 27, 1962, l ff.; G. Freund, Die ältere und mittlere Steinzeit in Bayern. Jahresber. d. Bayer. Bodendenkmalpflege 4, 1963, 9 ff., bes. 25 ff. Abb. 6. 7. Für die Chamer Gruppe ist die Region immerhin eponym (s. Anm. 81). Zu einer westkeltischen Goldmünze von Weiding Wolf, Goldmünze (wie Anm. 82). Die Hallstattzeit selbst ist nur mit spärlichen Funden bis Cham vertreten: Wolf, Eine frühmittelalterliche, latene- und hallstattzeitliche Kulturschicht unter der Stadtmauer von Cham. Verhandl. Hist. Ver. Oberpfalz 111,1971, 211 ff. 84 s. Anm. 82 und 83. Während Reinecke, Besiede-

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Abb. 6. Schale von Bisencio mit aufgesetzter Tonfigur (nach O. Montelius). o. M.

Beziehungen von hüben nach drüben archäologisch so offenkundig, daß allzu oft von böhmischoberpfälzischen Einheiten geredet wird85. Die Lage am Knotenpunkt der böhmischen Route mit der natürlichen Verbindung vom Donautal in das nördliche Hinterland hebt die Region noch in der Stufe Ha D sichtlich über die sonst eher ärmlichen Verhältnisse in der Oberpfalz heraus. Hier massiert sich offenbar alles Hab und Gut fremder Herkunft, das auf einen gewissen "Wohlstand oder auf eine Art Umschlagplatz deuten könnte. Aus der Nachbarschaft von Fischbach stammen die Reste eines Bronzebeckens mit Kreuzhenkelattaschen86, das zweifellos aus einem südöstlichen Hallstattbereich bezogen wurde87, und das einzige nordostbayerische Bronzebeil mit oberständigen Lappen88. Da weitum keine Dolche lung Nordostbayerns (wie Anm. 81) 9 Anm. 3 die meisten Funde aus der Umgebung anzweifelte, wollte er aber ebd. 13 eine frühkaiserzeitliche Münze aus der Nähe von Neunburg vorm Wald als Beweis für den Durchzug des Sentius Saturninus gelten lassen, der während des Feldzuges des Tiberius gegen das Markomannenreich im Jahre 6 nach Chr. hier nach Böhmen marschiert sein müsse. 85 Stellvertretend für viele, sachlich meist unbegründete Einheitsformeln etwa Henning (wie Anm. 74) 42: „nordostbayerische Untergruppe des böhmischen Komplexes"; J. Filip, Enzyklopädisches Handbuch zur Urund Frühgeschichte Europas l (1966) 512: „oberpfälzisch-

böhmische (auch ostbayerisch-böhmische, böhmischoberpfälzische oder bayerische) Hügelgräberkultur". 88 Zwei große Grabhügel in der Waldung Archenleiten bei Schmidmühlen, ehemaliger Kreisteil Burglengenfeld. Von hier stammen auch wenige Fundstücke der Bronze- und Latfenezeit. Eine Grabung von 1864 ist nicht genau beschrieben. Die Gefäßreste stammen aus Hügel 2. Zur Situation Torbriigge, Bronzezeit (wie Anm. 74) 124 Nr. 66; zum Gefäß G. v. Merhart, Studien über einige Gattungen von Bronzegefäßen. Festschr. d. RGZM. Mainz 2 (1952) l ff., bes. 65 Taf. 7, 5. 87 Kossack, Südbayern 74 u. Taf. 155, C 1. 88 Mit Bronzestift und Tongefäßen aus Hügel l der

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bekannt sind, stellt es wie im Gebiet seiner alpinen Hauptverbreitung wohl auch die einzige Waffe von ritterlichem Rang dar89. Endlich findet sich in der Nachbarschaft der einzige Goldschmuck der Oberpfalz, ein klitzekleiner längsgeriefter Blechring90. Noch in der frühen Latenezeit liegen die Dinge ähnlich. Der Südimport Nordbayerns beschränkt sich auf zwei steilwandige Becken aus dem Samsbacher Forst am Eingang zum unteren Regental91. Auf diese Bronzen reduziert sich die Teilhabe der Oberpfalz an einer angeblichen Fürstengräberzone, die nach oft repetierter Lehrmeinung „um das eigentliche Süddeutschland herum" vom Ostfuß der Alpen bis zur Loire reichen soll92. Die Vorstellung beruht schlichtweg auf Unkenntnis der Fundstatistiken und der naturräumlichen Zusammenhänge93, denn zwischen den reichen Frühlatenegräbern des Westens und den vergleichsweise armen Gräbern der Oberpfalz besteht überhaupt keine direkte Verbindung. Die Samsbacher Bronzen sind vielmehr Randerscheinung einer ebenfalls reichen, aber durchaus selbständigen Ostprovinz, zu deren Hauptorten sicher der Dürrnberg bei Hallein zählt94. kleinen Nekropole in der Waldung Archenleiten (s. Anm. 86). Zum Beil Reinecke, AuhV. 5 (1911) 400 Nr. 1285 als typisch für seine dritte Hallstattstufe (= Ha C). Diese Datierung leitet sich wohl aus dem Zusammenfund ähnlicher Beile mit typischen Ha C-Formen wie in Hallstatt Grab 607 mit Schwert ab, kann für Süddeutschland aber nicht wahrscheinlich gemacht werden. Die unklaren Verhältnisse in der Waldung Archenleiten deuten für beide Hügel eher eine Nachbelegung bronzezeitlicher Grabstätten in der Stufe Ha D an, wie es in der Oberpfalz durchweg die Regel ist, während sich Ha C-Gräber nirgendwo an bronzezeitliche Bestattungen anlehnen. - Der sehr variable Beiltypus ist auf dem Dürrnberg bei Hallein in Grab 46/2 mit Röhrenkanne noch für die frühe Latenezeit zu belegen: Penninger, Dürrnberg (wie Anm. 94). 89 Kossack, Südbayern 93 ff. 111 geht auf die Waffenfunktion nicht näher ein, da aus Südbayern ebenfalls nur eine einzige Waffe dieser Art stammt: edb. 232 Nr. 380 u. Taf. 106, 6. Die besondere Wertschätzung der Bronzen ergibt sich indessen schon aus ihrer Verzierung, den Gebrauch im Reiterkampf zusammen mit Wurfspeeren zeigt das Gürtelblech von Vaüe: Krieger und Salzherren. Ausstellungskataloge d. RGZM. Mainz 4 (1970) 185 Nr. 129. 191 f. u. Taf. 53. 54. Waffencharakter belegen eindeutig Bronzebeschläge für den Stiel eines punzverzierten ösenbeiles von Babenhausen, Kr. Dieburg: Fundber. aus Hessen 5-6, 1965-66, 126 f. Undifferenziert zu Form, Material, Gewicht und Funktion unter Bezug auf andersartige Werkzeugbeigaben in Hallstatt M. Primas, Zum eisenzeitlichen Depotfund von Arbedo (Kt. Tessin). Germania 50,1972, 76 ff., bes. 83 ff. 90 Grabhügel im Forstbezirk Burglengenfeld, Distr. Raffa, Abt. Schönleiterschacht, mit mehreren Bestattungen. In Grab 2 mit einigen Bronzen und einem Spinnwirtel der kleine Goldring aus schmalem, längsgerippten Blechband von nur 1,0 cm Dm am Kopf eines Skelettes: Torbrügge, Hallstattzeit l Taf. 27, 4; W. Kersten, Prahlst. Zeitschr. 24, 1933, 120 Anm. 51. Zu den wenigen Goldfunden in Bayern vgl. Kossack, Südbayern 70 Taf. 156, A 2.

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Fünf Grabhügel im Samsbacher Forst, Abt. Siebeneichen, mit hauptsächlich bronzezeitlichen Funden. Der Fundort ist auch unter „Loisnitz" bekannt: Torbrügge, Bronzezeit (wie Anm. 74) 119 f. Nr. 50; zu den Becken Reinecke, AuhV. 5 (1911) 285; Kersten (wie Anm. 90) 135.151.137 Abb. 9-11; U. Schaaf, Marburger Beiträge zur Archäologie der Kelten. Festschr. f. W. Dehn. Fundber. aus Hessen, Beih. l (1969) 198 Nr. 8. 92 Dehn, Zu den Lenzburger Kannen. Germania 42, 1964, 73 ff. bes. 75 f.; seine Formulierungen nahezu wörtlich wiederholt u. a. in: Marburger Beiträge (wie Anm. 91) 135; vgl. J. Driehaus, Bonner Jahrb. 166,1966, 46 u. F. Schwappach, Latenestudien. Hamburger Beitr. z. Arch. l, H. 2 (1971) 131 ff., bes. 166 mit Anm. 118. 88 Ebenso wenig besteht im „eigentlichen Süddeutschland" eine ausgesprochene FlachgräbeKone als postulierter Gegensatz zur Fürstengräberzone mit vorzugsweise Grabhügelbestattungen, höchstens bilden sich bestimmte kleine Flachgrabregionen aus, denen stellenweise aber noch in der mittleren Latenezeit Hügelregionen gegenüberstehen: F. Fischer, Fundber. aus Schwaben 18, l, 1967, 61 ff., bes. 82 ff. Abb. 9-12. Im übrigen sind gerade Teile des südlichen Schwabens beiderseits der bayerisch-württembergischen Landesgrenze in der frühen Latenezeit einfach siedlungsleer, wie der Fundmangel zeigt: Uenze, Vor- und Frühgeschichte im Landkreis Schwabmünchen. Katal. d. Prahlst. Staatssmlg. München 14 (1971) 42 f. 94 Eine Verbreitungskarte der westlichen Fürstengräber mit Schwerpunkt im Gebiet der sogenannten Hunsrück-Eifel-Kultur bei Kimmig u. H. Hell, Vorzeit an Rhein und Donau (1958) 73 kann um einige Punkte ergänzt werden: Schaaf, Arch. Korrespondenzbl. l, 1971, 167 ff. (Worms-Herrnsheim); ders., Marburger Beiträge (wie Anm. 91) 195. 200 (etruskische Henkel von Fellbach und Schwetzingen). - Zum Dürrnberg E. Penninger, Der Dürrnberg bei Hallein 1. Katalog der Grabfunde aus der Hallstatt- und Latenezeit. Münchner Beitr. z. Vor- u. Frühgesch. 16 (1972). Ähnlich isoliert wie die Becken aus dem Samsbacher Forst auch ein Grab von Sunzing a. Inn in Oberösterreich mit zwei Becken und Schnabelkanne, das Uenze, Vor- und Früh-

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Freilich erklären die natürlichen Vorzüge einer Fundregion nicht schon die Häufung bestimmter Bildmotive an einem Ort. Für Fischbach-Schirndorf mag man allenfalls gelten lassen, daß die besonderen Forschungsumstände auch eine Art archäologisches Konzentrat bewirkt haben: überhöhten Fundanfall im Vergleich zum Umland, in dem das Ungewöhnliche schon auf Grund der Fundmasse öfter hervortreten muß als in weniger gründlich durchsuchten Nekropolen. Dadurch wird eine gewisse Isolierung vorgetäuscht, weil weite Bezugsebenen mit vielen Zwischenstationen verschüttet bleiben. Allerdings zeigt der Vergleich solcher Konzentrate auch, daß die lebenden Ortsbewohner je nach ihren Mitteln, Beziehungen und Vorlieben aus dem Gesamtbestand hallstattzeitlicher Güter und Muster eine recht unterschiedliche Auswahl getroffen haben. Aus den über 300 Gräbern von Beilngries im Altmühltal95 stammen gleichwohl nur zwei Tongefäße mit figürlichen Zeichnungen96, dafür aber eine Reihe anderer Raritäten97 und vor allem eiserne Feuerböcke und Bratspieße98, die als einzige von etruskischer Art nördlich der Alpen" die italischen Beziehungen Nordostbayerns schon in der Stufe Ha C handfest unterstreichen. Grundlage für den Erwerb besonderer Güter oder Vorlagen bleibt die wirtschaftliche oder politische Macht. In Beilngries wie in Fischbach-Schirndorf muß es sich nach den Maßstäben der Hallstattzeit um volkreiche Siedlungen gehandelt haben, deren langer Bestand über mehrere Perioden einen gewissen Wohlstand sehr wahrscheinlich macht100. Ähnlich zeichnen sich auch Gemeinlebarn101 und Sopron an der uralten Süd-Nordstraße zwischen Leithagebirge und Neusiedlersee durch günstige Umstände des Ortes aus102. Trotzdem kann hier die Formel vom archäologischen Konzentrat nicht begründen, warum die Zeichenmotive vom Leierspieler, von Wagen, Hirsch, Reiter und vielleicht auch Klagefrauen entlang der Donauachse bisher nur in Sopron und FischbachSchirndorf so massiert übereinstimmen. An einen Zufall möchte man ebenso wenig glauben wie an spezielle, gleichsam persönliche Verbindungen zwischen beiden Zentralorten, die sich überdies sonst ganz in den Habitus ihrer jeweiligen Region einfügen. Merkwürdig mutet zwar an, daß sich zu den seltenen gefäßförmigen Klappern aus Grabanlage 110 in Fischbach-Schirndorf103 wiederum ein Gegenstück in Sopron findet104. Bessere Vergleichsstücke sind jedoch aus Nynice in Westböhgeschichte im Landkreis Griesbach (1963) 30 wohl zu Recht als Zwischenstation zwischen dem Dürrnberg und Böhmen mit entsprechenden Importstücken ansieht: vgl. Schaaf a. a. 0.187 ff., bes. Abb. 3. 85 Torbrügge, Hallstattzeit 1. 96 a. a. O. Taf. 33, 3; 46, 5; 80. Auch bei Beilngries handelt es sich um vergleichsweise überhöhten Fundbestand infolge der jahrzehntelangen Grabungen eines einzigen Mannes, vgl. ebd. 20. Seine eigenwilligen Verfahrensweisen ebd. 27 ff. und nachträgliche Einbußen ebd. 31 ff. machen überdies gewisse Verluste auch bei Gefäßzeichnungen wahrscheinlich. 97 a. a. O. Taf. 19, 3 (tönerne Aufsteckvögel}; Taf. 17, 8; 35, 20; 45, 1. 8; 64, 27 (Tonrädchen und -ringe); Taf. 16,10 (Drillingsgefäß). 98 a. a. O. Taf. 27,8-14; 28. 99 St. Piggott, Firedogs in Iron Age Britain and Beyond. The European Community in Later Prehistory. Studies in Honour of C. Hawkes (1971) 245 ff., bes. 259. 266. 100 An beiden Orten gehen urnenfelderzeitliche Bestattungen voraus und folgen Nachbestattungen der Latenezeit auf eigentlichem Siedelboden in günstigen Talbecken, die zugleich Verkehrslandschaften sind. Der

sonst ungewöhnliche Anschluß von Ha C-Nekropolen an Urnenfelder ist auch im primären Siedlungsraum Donautal festzustellen: Kossack, Südbayern, bes. 62 ff. u. Taf. 149. 101 Ygj_ Szombathy (wie Anm. 13) zu dem ausgedehnten Gräberfeld der frühen Bronzezeit und einem Urnenfeld in Nähe der Fundstelle sowie zur Nachbarschaft der römischen und der neuzeitlichen Straße und der Eisenbahn. 102 Hier liegen an die 200 Grabhügel auffällig am Weg zur prähistorischen Befestigung „Burgstall", die die Feldforschung bis in jüngste Zeit angezogen haben: E. Patek, Ardi. Ert. 99, 1972, 206 ff. 103 s. Anm. 7. Es handelt sich um zwei kleine graphitierte Behälter nach Art der Kegelhalsgefäße mit Löchern auf dem Hals und im festgeschlossenen Deckel. Beide sind graphitiert und tragen bescheidene Rollrädchenmuster. Eines besitzt Doppelhenkel. Bauchdurchmesser um 7-8 cm. 104 Gallus (wie Anm. 28) 4 Taf. l, 5. Ein birnenförmiger Behälter, der sich unverkennbar von Kegelhalsgefäßen ableitet, aber nur mit tiefen Rillendreiecken verziert ist und einen überkragenden Deckel trägt. Bauchdurchmesser um 6 cm.

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men zu notieren105. Damit wird das Phänomen der isolierten Übereinstimmung doch wieder auf ein sehr weitmaschiges Beziehungsnetz zurückgeführt, in dem Fischbach-Schirndorf auf Grund seiner danubischen wie böhmischen Kontakte allerdings besonderen Rang einzunehmen scheint. 105 Saldovä, Pamätky Arch. 59, 1968, 327 Abb. 15, 9. 10; 395. In Gestalt kleiner, verschleifter Kegelhalsgefäße mit geschlossenem Deckel, der ein Loch besitzt, und

jeweils mehreren Bodenlöchern. Eines rillen- und riefenverziert. Bauchdurchmesser um 5 und 4,5 cm.

HANS PETER UENZE, MÜNCHEN H Ü G E L G R Ä B E R DER HALLSTATT- UND LATENEZEIT BEI HÖRESHAM

Am Dürrnberg bei Hallein konnten in den letzten Jahrzehnten rund ein halbes Hundert frühlatenezeitlicher (LT-A) Bestattungen unter Grabhügeln freigelegt werden, wodurch unsere Vorstellungen vom Bestattungsbrauchtum der Frühlatenezeit und nicht zuletzt unsere Kenntnisse vom Formenreichtum jener Epoche eine nicht geringe Bereicherung erfuhren1. Demgegenüber wurden in Südbayern, worunter nachfolgend der südlich der Donau gelegene Teil Bayerns verstanden wird, seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges nur sechs frühlatenezeitliche Grabhügel aufgedeckt, die sämtlich zu einer Nekropole bei der Ortschaft Höresham (Gde. Hirten a. d. Alz, Ldkr. Altötting/Oberbayern) gehören. Diese Bestattungen nun werden, wie man aus weiter unten zu erläuternden Gründen voraussagen kann, für die nächsten Jahre die einzigen hinlänglich sorgfältig untersuchten und dokumentierten der Frühlatenezeit in Südbayern bleiben. Aus diesem Grunde seien sie hier, vermehrt um die Berichte der älteren Grabungen im gleichen Grabhügelfeld und in einer Nachbarnekropole, als Hintergrund für das ungleich reichhaltigere - und damit für die frühlatenezeitlichen Verhältnisse des angrenzenden Bayern jedoch atypische — Material des Dürrnberges vorgelegt2.

FUNDBERICHTE Die Hügelgräber von Höresham liegen auf der Niederterrasse am Ostufer der Alz, die bei Seebruck den Chiemsee verläßt und nach stark gewundenem Verlauf schließlich unmittelbar nordwestlich des Marktes Marktl in den Inn mündet (Abb. 1). In jenem Bereich wird der Südosten Bayerns durch die drei Flußtäler von Inn, Alz und Salzach gegliedert, die mit nur wenigen Kilometern Abstand in der gleichen Richtung von Südwesten nach Nordosten annähernd parallel zueinander verlaufen. Auf der Niederterrasse nordwestlich, nördlich und nordöstlich von Höresham, rund 60 m unterhalb der rißeiszeitlichen Altmoränenhöhe, befinden sich drei Grabhügelgruppen, vorwiegend im Wald gelegen. Bei diesem Wald handelt es sich heute um 1

E. Penninger, Der Dürrnberg bei Hallein 1. Katalog der Grabfunde aus der Hallstatt- und Latenezeit, Erster Teil. Münchner Bei«, z. Vor- u. Frühgesch. 16 (1972) (im folgenden abgekürzt: Penninger, Dürrnberg). 2 Vorberichte erschienen in Jahresber. d. Bayer. Bodendenkmalpfl. l, 1960, 64 f. und bei J. Dirscherl, Garching an der Alz. Aus der Geschichte einer Heimat l (1967) 66 ff. (im folgenden abgekürzt: Dirscherl, Garching}. - Herrn Professor G. Kossack hat der Verfasser

Fichten- und Kiefernbestände, während nach einem Bericht von 1862 hier „einige uralte Eichen gefällt" wurden. Der seinerzeitige Bezirksamtmann von Burghausen, Georg Wiesend, schrieb in jenem Jahr, der Ackerbau habe bei den in der Feldflur gelegenen Hügeln „wohl erst vor 20-30 Jahren recht begonnen"3. Von jenen drei Grabhügelgruppen umfaßt die nordwestlich von Höresham in der Waldung „Steinfeldholz", Fl. Nr. 537, gelegene Nekropole 25 weit gestreute Grabhügel, von denen im Jahre 1904 bereits 9 angegraben waren. Dazu kommen noch ein paar weitere, die bei der Anlage eines Feldes in den Jahren 1957 und 1958 eingeebnet worden sind. Diese Gruppe bestand ehemals aus etwas mehr als 30 Hügeln, Wesentlich kleiner ist sehr herzlich für die Überlassung des Materiales zur Publikation zu danken; Herr J. Gregor erstellte die Bestimmung der menschlichen und tierischen Skelettreste; Herr Dr. E. Keller war bei den Angaben zur Lage und Anzahl der Grabhügel behilflich; die Zeichnungen wurden von Frau A. Schmeling gefertigt. 3 Bericht G. Wiesend vom 10. 5. 1862 an den Historischen Verein von Oberbayern.

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Abb. 1. Skizze von Südostbayern mit Lage von Höresham. M. l: 1000 000.

eine weitere Gruppe, die genau nördlich von Höresham unmittelbar südlich des Lötschau-Hofes situiert ist. Rund 400 m ostsüdöstlich der erstgenannten Hügel zeigen sich hier im Wiesengelände der Flur „Biber" auf Fl. Nr. 432 dicht beieinander 4 durch Ackerbau stark verzogene Hügel. Von dieser Gruppe 800 m nordöstlich liegt eine dritte Gruppe in zwei Teilen im Forst „Unter-Schönbuch". Sie besteht im südwestlichen Teil aus 20 Hügeln auf Fl. Nr. 701 und 702 sowie in dem rund 150-200 m nordöstlich bis ostnordöstlich gelegenen nordöstlichen Teil aus 7 Hügeln auf Fl. Nr. 699. Alle drei Gruppen gehörten früher zur Gemeinde Gufflham. Heute liegen die beiden ersteren im Gemeindege-

biet von Hirten, die letztere in jenem von Burgkirchen. Grabungen in diesen Hügelnekropolen sind seit 1862 bekannt. Der verhältnismäßig geringe Abstand der drei Hügelgruppen voneinander und ihre Lage im Wald führten dazu, daß aus den alten Berichten in der Regel nicht immer deutlich wird, um welche dieser Hügelgruppen es sich im Einzelfall bei der jeweiligen Untersuchung gehandelt hat. Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang, daß die 4 Hügel der mittleren Gruppe (bei dem LötschauHof) in der älteren Literatur und in den Grabungsberichten keinerlei Erwähnung gefunden haben, und das, obwohl die Flur „Biber" heißt und wegen

Hügelgräber der Hallstatt- und Latenezeit bei Höresham römischer Funde in Webers Inventar Oberbayerns auch aufgenommen wurde4. Über Untersuchungen oder Grabungen in dieser Gruppe ist nichts bekannt. Wie es möglich ist, daß diese in der Feldflur noch nicht 300 m nördlich von Höresham gelegenen Hügel übersehen wurden, erscheint heute unerklärlich, wenn man nicht annimmt, daß sich hierin lediglich die einseitige Wahl des Zugangsweges zu den Grabhügelgruppen zeigt: Bei den Ausgräbern des vorigen Jahrhunderts bzw. der Zeit um die Jahrhundertwende handelte es sich nämlich ausnahmslos um in Burghausen ansässige Leute. Diese fuhren offensichtlich immer mit der Eisenbahn bis zum Haltepunkt Burgkirchen und wanderten dann ausschließlich auf einem Fußweg im Alztal selbst, überquerten bei Obermühl bzw. beim Magerl-Anwesen den Alzkanal und benutzten

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dann solange die Waldwege in Richtung Höresham, bis sie auf die jeweiligen Grabhügel stießen. Die in der Feldflur gelegenen Hügel beim LötschauAnwesen kamen ihnen auf diese Art nicht zu Gesicht. Ausgehend von den Grabungen des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege (= LfD) in den Jahren 1958 und 1959 werden nachfolgend alle bisher bekannt gewordenen Grabungen in den Hügelgruppen bei Höresham besprochen. Wegen der bereits geschilderten Schwierigkeiten mit der Lokalisierung der Hügel aufgrund der unzulänglichen alten Angaben werden die Grabungen nicht nach Hügelgruppen getrennt vorgelegt, sondern nur entsprechend den einzelnen Grabungsunternehmen.

Grabungen des LfD in den Jahren 1958 und 1959 Die Grabungen wurden durch den Bau einer Hochspannungsleitung ausgelöst, für die in dem Waldstück „Steinfeldholz" eine Schneise geschlagen werden mußte. Der Grundbesitzer hatte daraufhin 1957 im Bereich der Schneise den größten Teil des Bodens gerodet und dabei drei Grabhügel eingeebnet. Durch das Eingreifen des zuständigen Kreisheimatpflegers J. Dirscherl wurde die Zerstörung weiterer im Schneisenbereich gelegener Hügel verhindert und die Ausgrabung des LfD veranlaßt. Hügel 1/1959 Der im März 1959 untersuchte Grabhügel war im Jahre 1957 bereits völlig abgetragen worden und gab sich nur noch als eine runde, helle Verfärbungsstelle (heller Lehmboden vom ehemaligen Hügelaufbau) von 8 m Durchmesser innerhalb des dunkleren Ackerbodens zu erkennen. In der durchpflügten Hügelerde wurden in sekundärer Lage einzelne Rollsteine des aus Steinen und Hanglehm errichteten ehemaligen Hügels angetroffen. Aus Zeitmangel konnte nicht die gesamte Verfärbung, sondern nur eine quadratische Fläche von 4 m Seitenlänge in der Mitte dieser runden Verfärbung untersucht werden. In 0,27 m Tiefe unter der heutigen Ackeroberfläche wurde der gewachsene Boden, ein graugrüner Niederterrassenschotter, erreicht. Etwa in der Mitte der untersuchten Fläche hob sich vom gewachsenen Boden sehr deutlich eine rostrote, unregelmäßig geformte Verfärbung von 2,80 m Länge in Nord-Süd-Richtung bei 2,00 bis 2,20 m Breite ab, die Füllung des ehemaligen Grabschachtes (Abb. 2A). Im Südwestviertel des Grab4

schachtes zeigte sich die Störungsstelle einer früheren Ausgrabung, die rund 1,50 m Durchmesser hatte und bis in 0,62-0,67 m Tiefe unter die Akkeroberfläche hinabreichte. Ihre Füllerde war mit Humus und Rollsteinen durchsetzt. Die Füllung des Grabschachtes selbst bestand aus rostrotem, nur wenig Steine führendem Verwitterungslehm, sie war stellenweise mit Humus durchzogen und enthielt außer zwei sehr kleinen Scherben (von einer älteren Siedlung) keinerlei Funde. In rund 1,00-1,05 m Tiefe unter der Ackeroberfläche, d. h. also in einer von der Raubgrabung ungestörten Tiefenlage, wurde ein Süd-Nord orientiertes Skelett (mit dem Schädel im Süden) angetroffen (Abb. 2B; Taf. 2A). Das noch verhältnismäßig gut erhaltene Skelett (Taf. 2A) eines Mannes befand sich in Rückenlage mit gestreckten Beinen und gestrecktem rechtem Arm, der linke Unterarm war über den Leib gelegt, der Schädel lag etwas abgesunken auf der rechten Schläfe. Schädel und Unterschenkel wurden nicht in der gleichen Tiefe wie die übrigen Teile des Skelettes sondern jeweils in einer leichten Vertiefung angetroffen (Abb. 2B; Taf. 2A). Nach Meinung des Ausgräbers hat an der Stelle der Vertiefungen ehemals organisches Material (wie Moos oder ähnliches) gelegen. Im linken Beckenbereich (Taf. 2B) wurden zwei Fragmente eines eisernen Gürtelhakens angetroffen (Abb. 3, 2) mit dem Hakenende nach links, im rechten Beckenbereich die Bruchstücke von einem, nach dem Grabungsfoto (Taf. 2B) zu urteilen aber eher von zwei Eisenringen, die mit einer Manschette ehemals am Ledergürtel befestigt waren (Abb. 3, 11). Neben dem rechten Oberschenkel lag ein

F. Weber, Die vorgeschichtlichen Denkmale des Königreiches Bayern l: Oberbayern (1909) 8.

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Abb. 2 A. Höresham. Plan des Hügels 1/1959 mit Untersuchungsfläche, Grabschacht und Störung. M. l: 100. - B. Profilschnitt durch die Grabgrube von Hügel 1/1959 und Ansicht der Grabgrabe mit Bestattung. M. l: 40. Erklärung der Ziffern: l Gefäß; 2 Gürtelring; 3 Messer; 4 Gürtelhaken.

Tierknochen, etwa 15 cm neben dem rechten Knie ein eisernes Messer (Abb. 3, 1), rund 10 cm neben dem Oberkörper ein zerdrücktes, auf die Seite gekipptes Gefäß (Abb. 4, 1). Nach der Bergung des Skelettes fand sich unter dem Schädel noch ein eisernes Toilettebesteck (Abb. 3,3.4). Aus der Feststellung, daß in der Grabgrube keinerlei Rollsteine oder heller Lehm vom ehemali-

gen Hügelaufbau angetroffen wurden, ist zu schließen, daß die Grabgrube ehemals nicht als Grabkammer mit einer Holzdecke ausgestaltet worden war, sondern daß der Grabschacht nach der Beisetzung zunächst mit dem rostroten, fast steinfreien Verwitterungslehm gefüllt wurde und danach der Grabhügel errichtet wurde.

Abb. 3. Höresham. Beigaben. 1-4. 11 Hügel 1/1959; 5 Hügel 6/1958; 6. 8-10 Hügel 4/1958; 7 Hügel 2/1959. M. l : 2.

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INVENTAR Jahresber. d. Bayer. Bodendenkmalpfl. l, 1960, 64 f.; 50 Abb. 1; Dirscherl, Gardimg 66. 64 Abb. 25; OA LfD (W. Titze). Prähistorische Staatssammlung München, Inv. Nr. 1960, 770. Kegelhalsgefäß, handgearbeitet, auf der Schulter und am oberen Rand des Halses je eine Doppelreihe von Stempeln: unten Doppelkreisstempel, oben Kreisstempel; dunkelbraun bis graubraun, Glimmer im Ton; Vs ergänzt; H. 16,3-16,7 cm (Abb. 4, 1). Reste eines eisernen Toilettebesteckes: Ringchen mit dem Oberteil einer Pinzette und dem Oberteil eines Kratzerchens, ferner das Unterteil eines „Ohrlöffelchens"; L. 6,6 bzw. 6,2 cm (Abb. 3, 3. 4). Klingenbruchstück eines Eisenmessers mit geringen Holzresten des ehemaligen Griffes; L. 12,7 cm (Abb. 3, l). Vier Fragmente von einem oder eher zwei dünnen Eisenringen mit schmaler Manschette; Dm. ehemals ca. 7,7 cm (Abb. 3,11). Durchbrochener eiserner Gürtelhaken, leicht ergänzt; L. 7,9 cm (Abb. 3, 2). 2 sehr kleine dunkelgraubraune bzw. grauschwarze Einzelscherben, handgearbeitet. „Die Knochen sind sehr stark destruiert, die Epiphysen der Langknochen fehlen meist. Der Schädel ist verdrückt und unvollständig. Eine Präparation wurde nicht vorgenommen. Es liegen im Einzelnen folgende Skelettreste vor: Calotte mit Basis; Schädelbruchstücke; Maxilla; Mandibula; 2 Humeri; 2 Ulnae; 2 Radii; 2 Femora; 2 Tibiae; Fibulareste; Hand- und Fußknochen (Calcaneus); 2 Claviculae; 2 Scapulae; Vertebrae (Atlas, Epistropheus); Pelvis (AcetabulumBereich). Anthropologische Beschreibung: 1. Geschlecht (G. Y. Acsädi, J. Nemeskeri, History of human life Span and mortality [1970]): Protuberantia occipitalis externa (0), Mandibularwinkel (+2), Mentum (+2), Incisura ischiadica major (+1), Processus mastoideus (+2). Diese Aufteilung zusammen mit dem robusten, gut gewölbten Schädel (ohne Tuberae), ausladendem Occipitale, kräftigen Kiefern, großen Kieferbögen und Zähnen sowie einem kleinsten Humerusumfang von 65 mm weisen deutlich auf ein männliches Individuum hin. 2. Alter (O. Necrasov, M. Vladescu, A. Rudescu, H. Schmidt, C. Vulpe, Sur Revolution de la Synostose des Sutures craniennes et son Application ä l'estimations de Tage. Ann. roum. d'Anthrop. 3,1966,24-33; Acsädi,u. Nemeskeri a. a. O.; D. R. Brothwell, Digging up bones [1965]): Die Suturen Ci_3, 82-4 und LI sind ganz geschlossen, die SiLa etwa halb und La ist noch offen. Das ergibt ein Alter von ca. 40-50 Jahren.

Die Spongiosastruktur des Femurs entspricht mit Stufe V einem Alter zwischen 56,9 und 78,7 Jahren (calculated ränge ± 3 S.D) oder einem mittleren Alter von 63,3 ± 2,17 Jahren (mean age ± S.D). Die Zähne sind stark abradiert (teilweise bis zur Wurzel); die 1. Molaren zeigen Stufe 5, ebenso wie die zweiten, die 3. Molaren etwa 4+ (Schwierigkeit durch Schief biß). Das Alter ist hier mit ca. 45 Jahren anzusetzen. Berücksichtigt man alle möglichen Fehlerquellen bei der Altersdiagnose (Dolichocephalie, Nahrung usw.), so kommt man etwa auf ein Alter von 45-60 Jahren für dieses Individuum. Metrische Aufnahme: Es konnten nur folgende Maße abgenommen werden: Kinnhöhe 31 mm; Unterkieferwinkelbreite 98 mm (geschätzt); kleinster Humerusumfang 65mm (männlich); Radiuslänge 24cm (geschätzt) entspricht etwa einer Körpergröße von 168,5 cm. Pathologie und Variabilität: Eine leichte Schiefstellung einiger Processi artularis könnten eine rheumatische Erkrankung andeuten. Sonst wurde allerdings keine Zackenbildung beobachtet. Die Kiefer zeigen eine mittlere bis schwere Resorption der Alveolarränder (Zahnfleischentzündung). Außer einem ausgeprägten Schiefbiß tritt bei einigen Zähnen Karies auf. Ein kleines Osteom ist am linken Mg, ein Granulom beim intra vitam verlorenen rechten MI zu sehen. Die oberen dritten Molaren sind sehr lang ausgezogen und schmal (schiefstehend), die unteren sind erstaunlich groß. Zusammenfassung: Bei dem menschlichen Individuum von Höresham, Hügel l handelt es sich um einen senilen, kräftigen Mann mit einer geschätzten Körpergröße von 168,5 cm. Es treten die normalen Kiefererkrankungen auf, ohne Hinweise auf andere Krankheiten" (I. Gregor). Hügel 2/1959 Grabung 1959 Der ebenfalls im März 1959 untersuchte Hügel von 10 m Durchmesser war einerseits „völlig abgetragen" (so ein Hinweis auf der Zeichnung), andererseits „hob sich der Platz nicht mehr gut von der humosen Ackerkrume ab. Eine mächtige Erhebung ließ den ehemaligen Hügel noch erkennen" (Grabungsbericht). Der Hügelrest wurde in seiner Mitte wiederum mit einer quadratischen Fläche von 4 m Seitenlänge untersucht. In der durchpflügten Hügelerde fanden sich noch viele verlagerte Rollsteine, so daß auf einen ehemaligen Stein-Erde-Hügelaufbau geschlossen werden konnte. Nachdem der gewachsene Boden erreicht war, zeichnete sich im Kies des Niederterrassenschotters eine ovale Verfärbung von

Hügelgräber der Hallstatt- und Latenezeit bei Höresham 2,70 m Durchmesser in West-Ost-Richtung bei 1,80 m Durchmesser in Nord-Siid-Richtung ab. In dem lockeren Boden dieser Verfärbung, der ehemaligen Grabgrube, lagen mehr Rollsteine als Erde; diese Einfüllung der früher bereits ausgenommenen Grabgrube ist nach Angabe des Ausgräbers bei der Rodung der Waldschneise (d. h. nach 1957) erfolgt. Beim Ausräumen der bis zu ihrer Sohle gestörten Grabgrube, die 0,70 m in den Kies des gewachsenen Bodens eingetieft war bzw. bis in 1,10 m Tiefe unter die Ackeroberfläche reichte, fanden sich drei Knochen sowie drei Gefäßscherben. An der Grubensohle konnten keine muldenförmigen Vertiefungen an den beiden Enden der Grabgrube wie in Hügel l festgestellt werden, was aber auf die Störung durch die frühere Grabung zurückgehen kann. Diese drei kleinen Scherben, welche die gesamte Fundausbeute der amtlichen Untersuchung darstellen, sind von größter Bedeutung, gelingt es doch durch sie, den Hügel 2 mit einer Ausgrabung von 1906 zu parallelisieren. Im Museum Burghausen werden unter der Inventarnummer 3151 b drei Scherben eines stempelverzierten Frühlatenegefäßes verwahrt (Abb. 4, 5), die laut Angaben des Inventares „am 21. Juni 1918 von Hermann Paur, kgl. Studienrat in München, geschenkt wurden". Sie stammen angeblich „aus dem Nachlasse einer Tante des Stifters (C. von Braunmühl) und wurden in den Hügelgräbern bei Uffing am 23. 5.1886 gefunden". Würden diese Angaben zutreffen, so läge mit diesen Scherben das einzige Beispiel für Keramikbeigabe aus Frühlatenegräbern des westlichen Oberbayern vor. Die Angaben entsprechen jedoch nicht den Tatsachen, sie sollten vielmehr eine alte Fundunterschlagung decken. Die gleichen Scherben werden nämlich bereits in K. Stecheies Schrift von 1911 abgebildet5 und in einer Publikation von 1906 erwähnt6. Sie waren bereits am 31. Mai 1906 schon einmal (zusammen mit anderen Stücken) unter der Inventarnummer 1395 b inventarisiert worden. Diese Scherben nun (Abb. 4,5) rühren von dem nämlichen Gefäße her wie die bei der Grabung des Jahres 1959 geborgenen. Nachdem es sich in beiden Fällen um denselben Hügel handelt, sei hier bereits jene Untersuchung angeschlossen. Grabung 1906 Der östlich des Verbindungsweges Magerl-Höresham gelegene Hügel (= Hügel 2 des Museums5 K. Stechele, Vor- und Frühgeschichtliches aus dem Heimatbezirke. Beigabe z. Jahresber. d. Kgl. Humanist. Gymnasiums Burghausen f. d. Schuljahr 1910/11 (1911) 60 Abb. 7 h (im folgenden abgekürzt: Stechele, Heimatbezirk).

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inventares und der Notizen Stecheies bzw. Hügel l nach dem Bericht A. Steiers in den Prähistorischen Blättern7 wurde am 18. April 1906 untersucht. Nach den gleichlautenden Angaben der damaligen Ausgräber Steier und Stechele besaß der von 30—40jährigen Fichten und Föhren bestandene Hügel einen Durchmesser von 8 m bei 0,45 m Höhe. Der Hügel war angeblich abwechselnd aus Lagen von großen Rollsteinen und Lehmschichten von 5 bis 10 cm Stärke aufgebaut. Die Grabgrube „von ca. 2 m Länge und über l m Breite" (Steier) reichte 0,80 m in den gewachsenen Boden hinein und war bis unten hin mit einer „immer wieder von Steinsetzungen unterbrochenen Lehmschicht" (Steier und Plan Stechele) gefüllt (Taf. 3). Bereits in rund 0,4 m Tiefe von der Hügeloberfläche fanden sich in der Gegend der Hügelmitte „11 Scherben, graphitierte Masse" (Grabungsnotiz Stechele) bzw. „ziemlich nahe beisammen viele Scherben von verschiedenen Gefäßen sowie mehrere Fragmente eines mit Girlanden und Kreisen ornamentierten schwarzen Gefäßes, das zum Teil zusammengesetzt werden konnte" (Steier). Auf der Sohle der Grabgrube stieß man dann auf ein WestOst gerichtetes Skelett (Füße im Osten), dessen Schädel, beide Unterarmknochen, die linke Bekkenhälfte sowie der linke Oberschenkelknochen fehlten. Die Oberarmknochen zusammen mit den jeweiligen Schulterblättern „lagen unverhältnismäßig weit (über l m) von einander". Das rechte Schlüsselbein wurde an der Stelle angetroffen, wo sich die Knochen des rechten Unterarmes hätten befinden müssen, das linke Schlüsselbein lag bei Wirbeln und Rippen in der Region, wo der Schädel zu erwarten gewesen wäre. An Beigaben wurden auf der rechten Beckenhälfte ein eiserner Koppelring sowie ein „eisernes Blättchen von 2 qcm, vielleicht von einem Gürtelbeschlag stammend", gefunden. In gleicher Tiefe wie das Skelett stieß man auf der Grabgrubensohle rechts neben dem Becken auf die Randscherbe eines Graphittongefäßes fAbb. 4, 8). Die Bestattung wurde also auch bereits bei der Grabung von 1906 nicht mehr in ungestörter Lage angetroffen, wie bereits die Ausgräber erkannten. Steier vermutete, jene frühere Grabung müsse nach dem Alter der auf dem Hügel stehenden 30—40jährigen Bäume entsprechend lange zurückliegen, wobei er an die Untersuchung des ehemaligen Burghausener Bezirksamtmannes Wiesend von 1862 dachte. o Prähist. Bl. 18,1906, 67. 7 Prähist. Bl. 18,1906,66 f.

Abb. 4. Höresham. Beigaben, l Hügel 1/1959; 2-4 Hügel 4/1958; 5. 8 Hügel 2/1959; 6. 7 Hügel 5/1958. M. l: 4.

Hügelgräber der Hallstatt- und Latenezeit bei Höresham INVENTAR Altbayer. Monatsschr. 6, 1906, 125 f.; Steier, Prähist. Bl. 18, 1906, 66 f. u. Taf. 8; Stachele, Heimatbezirk 32. 60 Abb. 7h; OA LfD (Stechele/Titze). Historisches Stadtmuseum Burghausen, Inv. Nr. 1395 a-e (zum Teil nicht auszuscheiden). 3151 b. Prähistorische Staatssammlung München, Inv. Nr. 1960, 771. Funde in Burghausen: Eiserner Koppelring; Dm. 2,7 cm (Abb. 3, 7). „Kleines Eisenplättchen, ca. 2 cm2 groß" (nicht auszuscheiden). Randscherbe eines großen handgearbeiteten Graphittongefäßes mit einer Doppelreihe von Fingernageltupfen auf der Schulter; grobschuppiger Graphitton, im Ton auch einzelne Steinchen; Rd. 32,0 cm (Abb. 4, 8). Drei Scherben, davon zwei anpassend, eines scheibengearbeiteten Gefäßes mit Stempelverzierung: zweimal übereinander angebrachter Bogenstempel und paarweise angebrachter Doppelkreisstempel; auf der Innenseite Drehrillen; schwarzgrau bis dunkelgraubraun; Quarzkörnchen und feiner Glimmer im Ton; gr. Dm. 27,8 cm (Abb. 4,5). „11 Stück Urnenscherben verschiedener Gefäße" (zum Teil zu dem vorstehenden Gefäß gehörig, Rest nicht auszuscheiden). Funde in München: Eine Schulterscherbe und eine Wandscherbe des vorstehend genannten sdieibengearbeiteten Gefäßes (Abb. 4,5). Kleine Wandscherbe eines handgearbeiteten Gefäßes (vorlat&nezeitlich), braun; sehr viel Quarzsand im Ton, Oberfläche innen und außen sandigrauh. „Die Knochenreste bestehen aus einem kräftigen Epistropheus und einem Mittelfußknochen. Eine sichere Geschlechtsbestimmung ist kaum möglich, wobei eine Bestimmung als Mann mit geringfügig größerer Wahrscheinlichkeit anzusetzen ist. Das Alter kann mit erwachsen angegeben werden. Zusätzlich liegt ein Tibiarest vom Schwein vor, der deutliche Nagespuren (Mäuse?) aufweist" (J. Gregor). Hügel 3/1959 Der im März 1959 untersuchte Hügel war vor Grabungsbeginn restlos abgetragen worden. Das hellgelbe Material der ehemaligen Hügelaufschüttung hob sich vom anstehenden Erdreich deutlich ab. So war der Hügeldurchmesser, der einst 12 m betrug, sicher zu bestimmen. In der durchgepflügten Hügelerde und auf der alten Oberfläche wurden Rollsteine von der ehemaligen Steinpackung angetroffen. Somit ist ein Hügelaufbau aus Erde und Steinen gesichert. 6 Festschrift Werner

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Von der Bestattung wurden in 0,20 m Tiefe unter der Ackeroberfläche, das heißt auf der alten Oberfläche situiert, nur noch Teile eines frühlatenezeitlichen Gefäßes gefunden, die 1,0 m nordöstlich einer schmalen Störungsgrube von 1,40 m Länge in Nord-Süd-Richtung bei 0,40 m Breite lagen. 3,0 m nordnordwestlich der Gefäßscherben wurde eine flache Mulde mit Holzkohlen angetroffen. INVENTAR OA LfD (W. Titze). Prähistorische Staatssammlung München, Inv. Nr. 1960, 772. Wandscherben vom Unterteil einer Schale, vermutlich Drehscheibenware (keine Drehrillen sichtbar), schwarzgrau; Glimmer und viel Quarzsand im Ton. Etwas Holzkohle, zumeist dünne zweigartige Stückchen von 5 mm Durchmesser. 2 kleine Wandscherben eines dickwandigen Gefäßes, vom Aussehen und Ton her frühlatenezeitlich, schwarzgrau; Glimmer und viel Quarzsand im Ton (ohne nähere Angaben, zu Hügel 3 gehörig?). Hügel 4/1958 Der ovale Hügel von 10,5 m Durchmesser in WestOst- und 9,0 m in Nord-Süd-Richtung wurde in der Zeit vom 9.-21. 6.1958 untersucht. Der Hügel war durch einen Nord-Süd ziehenden Suchgraben von 1,20 m Breite und durch einen Trichterkessel (etwas nördlich vom Mittelpunkt) bereits angegraben (Abb. 5 A). Um diesen alten Grabungstrichter, der bis zur alten Oberfläche reichte, wurde eine Fläche von 4 : 4 m Größe untersucht. Es zeigte sich dabei, daß der noch 0,60m hohe, in seiner Nordhälfte durch den Aushub der früheren Grabung noch um 0,20 m höhere Hügel aus Lehm und Rollsteinen aufgebaut war (Abb. 5 B). Nach Abgrabung des bis auf den Trichterkessel ungestörten Hügelaufbaues fand sich auf der gesamten alten Oberfläche häufig Holzkohle, nach Angaben des Ausgräbers „eine schwarze Holzkohleschicht". Nachdem dann noch eine 0,30-0,40 m starke rostrote Verwitterungslehmschicht durchstoßen war, zeichnete sich im anstehenden graugrünen Kies (= Niederterrassenschotter) eine Ost-West gerichtete Grabgrube von 2,75 : 1,55 m Ausmaß ab (Abb. 5 A-CJ. Diese Grabgrube, die schräg abfallende Wände besaß, reichte 0,9 m tief unter die ehemalige Oberfläche hinab. In der rollsteinfreien Einfüllung des Grabschachtes kamen häufig Holzkohlestückchen von der alten Oberfläche zum Vorschein. Spuren eines ehemaligen Holzeinbaues oder Sargspuren waren in der Grabgrube nicht zu er-

Abb. 5 A. Höresham. Plan des Hügels 4/1958 mit Untersuchungsfläche, Grabschacht und Störungen. M. l: 100. B. Profilansicht des Hügels 4/1958. M. l : 80. - C. Schnitt durch die Grabgrube des Hügels 4/1958 und Ansicht der Grabgrube mit Bestattung. M. l : 40. Erklärung der Ziffern: l Gefäß; 2 Schwert; 3. 4 Koppelringe; 5 Hiebmesser, dabei Tierknochen; 6 Pfriem.

Hügelgräber der Hallstatt- und Latenezeit bei Höresham kennen. Am Boden der Grabgrube wurde eine OstWest gerichtete Körperbestattung (mit dem Schädel im Osten) freigelegt (Abb. 5 C). Südlich des Schädels stand eine Linsenflasche. Das in Rückenlage befindliche Skelett eines Mannes war stark vergangen, nur die Langknochen waren etwas besser erhalten; der Schädel wurde zerdrückt angetroffen. Zwischen dem rechten Arm und dem rechten Oberschenkel fand sich ein eisernes Schwert, mit dem Schwertriemenhalter nach unten liegend. Unmittelbar südlich vom Schwertoberteil (in Höhe des Schwertriemenhalters) wurde ein eiserner „Koppelring" gefunden. Zwischen den Oberschenkeln lag ein kleiner eiserner Ring (vielleicht vom Schwertgurt). Bei dem linken Fußknöchel stieß man auf einen eisernen Pfriem (?), der noch in einem Knochengriff steckte. Südlich des Skelettes befand sich senkrecht zur Skelettachse bei Knochen eines Schweines ein eisernes Hiebmesser. Einige weitere Tierknochen waren nach Angaben des Grabungsberichtes „durch Nagetiere in höhere Lage gebracht worden (Gesamtfläche 40 : 70 cm)". Die Grabgrube war an beiden Enden etwas abgetieft, und zwar 8 bzw. 15 cm (Abb. 5 C), so daß die Unterschenkel stark abgesunken waren. Unter dem Schädel lagen in der Mulde am Ostende der Grabgrube ein paar Rollsteine. Ein Längsschnitt durch den Hügel (Abb. SB) ergab auf zwei Seiten einen Graben von 0,5 bzw. 0,7 m Breite am Hügelrand, so daß mit einem den Hügel einfassenden Kreisgraben gerechnet werden darf.

INVENTAR Jahresber. d. Bayer. Bodendenkmalpfl. l, 1960, 64 f.; 50 Abb. 1; Dirscherl, Garching 66 Abb. 26; 67 Abb. 27; 68 Abb. 28; OA LfD (Titze). Prähistorische Staatssammlung München, Inv. Nr. Nr. 1960, 733. Dickwandige Linsenflasche, wohl keine Drehscheibenware (keine Drehrillen sichtbar und etwas unregelmäßig geformt) sondern nur nachgedreht; auf der Schulter durch zwei umlaufende Linien getrennt drei bandartige Verzierungszonen: zuoberst ein Tannenzweigmuster aus länglichen Stempeleindrücken, in der Mitte alternierend angeordnet zwei Reihen von kleinen runden Dellenstempeln, unten eine Reihe von Doppelkreisstempeln; dunkelbraun bis graubraun; H. 29,0-29,7 cm (Abb. 4, 2). Eisernes Schwert, Klinge leicht ergänzt; L. 68,4 cm (Abb. 4, 3). Eiserne Schwertscheide, Schwertriemenhalter mit rundlichen Attaschen; unter dem Schwertriemen-

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halter läuft ein schmaler Bronzeblechstreifen durch, der in der Mitte der Vorderseite eine kreisförmige Erweiterung mit sternförmiger Punzverzierung und Kerben am Rande trägt und dessen sich verschmälernde überlappende Enden unter dem Schwertriemenhalter liegen; am Oberteil der Scheidenrückseite haften Gewebereste an; das Blech der Rückseite greift falzartig über den Rand der Vorderseite; L. 62,8 cm (Abb. 4, 4). Eisernes Hiebmesser, in der Griffplatte drei größere und in der Klinge zwei kleinere Nietlöcher zur Befestigung des Griffes. Die bei der Grabung in den genannten drei größeren Nietlöchern des Griffes noch erhaltenen eisernen Niete mit Plattenköpfen gingen bei den Konservierungsmaßnahmen in Verlust. Am Ende der Griffplatte ein durch zwei Eisenniete befestigtes Eisenband und eine ebenfalls durch zwei Niete befestigte Knaufscheibe; Klinge leicht ergänzt; L. 41,2 cm (Abb. 3, 9). Eiserner „Koppelring"; durch die Korrosion heute nicht mehr geschlossen; Dm. 3,0 cm (Abb. 3, 8). Geschlossener kleiner Eisenring (= Schwertgurtring?); Dm. 4,0 cm (Abb. 3,10). Eiserner Pfriem (?) mit Knochengriff; L. 8,9 cm (Abb. 3, 6). Sehr schlecht erhaltene Skelettreste eines menschlichen Individuums. „Es liegen an Resten vor: 2 Femurdiaphysen mit Gelenkresten (kräftig); l Tibia, l Tibiarest; l Patella; Fibula-Reste; l Tarsus; 2 Humerusdiaphysen (sehr kräftig); Phalangen, l Mittelhandknochen; Beckensplitter; l Frontale mit dickem Knochen, mit sehr großen Arcus superciliaris und tief eingesenkter Nasenwurzel; sehr breite Processi mastoidei; Occipitale mit ausgeprägten Lineae nuchae; ein eckiges Unterkieferbruchstück; 20 Zähne, die Incisivi und Praemolaren relativ wenig, die Molaren sehr stark abgeschliffen. Die Nähte sind z. T. innen verknöchert, außen erst halb. Am Unterkiefer zeigt sich ein durchgebrochener Abszeß unterhalb des linken ersten Schneidezahnes. Es kann hier mit Bestimmtheit gesagt werden, daß es sich um einen Mann handelt, der höchstwahrscheinlich matur (ca. 40 Jahre alt) war. Bei den Tierresten handelt es sich um einen Femur (mit Epiphysenfugen), einen Calcaneus, einen Astragalus und weitere Reste von einem jungen Schwein (unter 3V2 Jahre alt") (J. Gregor).

Hügel 5/1958 Der in der Zeit vom 21.-26. 4.1958 untersuchte, leicht ovale Hügel wies einen Durchmesser von

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Abb. 6. Höresham. Plan des Hügels 5/1958 mit Untersuchungsfläche, Grabschacht und Störungen. M. l: 100.

12,50 : 13,00 (bzw. 12,50 : 14,00) m auf8 (Abb. 6). Der noch etwa l m hohe Hügel war von einem Nordwest-Südost verlaufenden Suchschnitt von 0,8-1,3 m Breite durchzogen und wies westlich 8

Grabungsbericht und Grabungsplan enthalten hierzu unterschiedliche Angaben.

des Mittelpunktes außerdem noch einen schon stark verebneten ovalen Trichterkessel auf. Im Bereich des Trichterkessels wurde eine rechteckige Fläche von 3,15 : 3,70 m Größe untersucht.

Hügelgräber der Hallstatt- und Latenezeit bei Höresham Der Hügelaufbau bestand aus „rostrotem kiesigem Lehm"9. In der Tiefe der alten Oberfläche wurden vereinzelt Streuscherben der alten Grabung gefunden. Nach Erreichung des gewachsenen Bodens zeichnete sich eine in den Boden eingetiefte Ostnordost-Westsüdwest orientierte Grabgrube von 2,50: 1,75 m Größe ab. Im Gegensatz zum Trichterkessel, der nach den in diesem Punkte etwas unklaren Unterlagen wohl nicht bis zum gewachsenen Boden, dem graugrünen Kies, reichte, hatte der Suchschnitt den Boden der Grabgrube in rund 0,25 m Tiefe unter der Kiesoberkante bzw. in 0,45 m Tiefe unter der alten Oberfläche erreicht. Dabei war eine Ost-West orientierte Körperbestattung (Schädel einst im Osten) fast vollständig beseitigt worden, von der 1958 nur noch in einer 0,15 m tiefer als der sonstige Grabschacht hinabreichenden Stelle am Westende der Grabgrube ein Schienbein mit zugehörigem Wadenbein gefunden werden konnte. Auch im Bereich des Ostendes (d. h. des ehemaligen Kopfendes) war die Grabgrube an einer Stelle etwas tiefer angelegt worden, und zwar 0,20 m tiefer. Reste des Schädels wurden hier allerdings nicht angetroffen. Südlich der Körperbestattung, soweit sie aus den Knochen bzw. der Abgrabung für den Schädel zu erschließen war, wurden an zwei parallel zur ehemaligen Bestattungsachse gelegenen und rund l m voneinander entfernten Stellen Restscherben gefunden. Die Lage eines „kleineren", heute nicht mehr vorhandenen „Eisenfragmentes" ist nicht bekannt. INVENTAR O A LfD (Titze). Prähistorische Staatssammlung München, Inv. Nr. I960, 774. l kleine Rand-, 2 kleine Wand- und l Bodenscherbe einer Braubacher Schale, Drehscheibenware; auf der Innenseite innerhalb einer eingerissenen Bogenlinie Abdruckverzierung; außen gelbgrau, innen gelbbraun; feiner Glimmer und feine Körnchen im Ton (Abb. 4, 7). Randscherbe eines kleinen handgearbeiteten Schälchens; gelb bis gelbgrau; Glimmer und etwas feiner Graphit im Ton; Rd. 7,5 cm (Abb. 4, 6). l kleine Rand- und l kleine Wandscherbe einer weiteren Schale; vermutlich Drehscheibenware; dunkelgrau; feiner Glimmer und Körnchen im Ton. l kleine Wandscherbe einer weiteren Schale (?); dunkelgrau bis grau; feiner Glimmer und Körnchen im Ton. Kleineres Eisenfragment (nicht auszuscheiden). 9

Offensichtlich steht in dem als ersten untersuchten Hügel 5/1958 die Bezeichnung „kiesig" für „Rollsteine" in den später ausgegrabenen Hügeln, denn an anderer

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Hügel 6/1958 Der in der Zeit vom 8.-18. 7.1958 untersuchte, leicht ovale Hügel von 14 m Durchmesser und 0,70 m Höhe lag mit einer Hälfte im Wald, mit der anderen im Schneisenbereich, letztere wollte der Grundbesitzer abtragen. Von Südwesten führte ein bis auf das Niveau der heutigen Ackeroberfläche hinabreichender Suchschnitt zum Hügelmittelpunkt, wo er sich zu einem großen Grabungstrichter erweiterte. Der Hügel wurde mit einer T-förmigen Fläche untersucht. Hierbei konnte zwar noch die ehemalige Grabgrube von 1,9 m Länge in Südwest-Nordost-Richtung bei 1,5 m Breite festgestellt werden, die 0,8 m tief unter die alte Oberfläche hinabreichte, sie erwies sich jedoch durch die alte Ausgrabung bis zu ihrem Boden gestört. Von der ehemaligen Bestattung fanden sich nur noch ein paar Restscherben und ein profilierter Eisenknopf. Ein den Hügel einfassender Kreisgraben, der teilweise schon oberflächlich zu erkennen war, wurde durch mehrere Schnitte und eine flächige Abdeckung untersucht. Der Graben wies 1,60 bis 2,00 m Breite auf und war in der Regel 0,3-0,4 m tief in den Terrassenschotter eingegraben worden. Seine Füllung bestand aus eingeflossenem Humus und (auf der Hügelseite) aus abgeschwemmter Hügelerde. Dieser Kreisgraben unterscheidet sich in seiner Breite und Tiefe so auffällig von dem bei Hügel 4 festgestellten Kreisgraben, daß der Verdacht nicht auszuschließen ist, daß es sich hierbei nicht um eine alte, mit der Errichtung des Grabhügels gleichzeitige Anlage, sondern um eine Grabungsmaßnahme des vorigen Jahrhunderts handelt (vgl. unten: Ausgrabungen des Burghausener Vereines). Eine sichere Beurteilung ist nicht möglich, da die Grabungsdokumentation hinsichtlich Hügelaufbau und Kreisgraben eine Reihe von Unklarheiten enthält.

INVENTAR O A LfD (Titze). Prähistorische Staatssammlung München, Inv. Nr. 1960, 775. Eiserner Zierknopf (?) mit senkrecht zur Mittelachse verlaufender Durchbohrung; L. 2,9 cm (Abb. 3, S). 9 kleine Scherben einer dickwandigen Schale oder Schüssel; Drehscheibenware; außen gelbgrau, Stelle des Fundberichtes heißt es: „Der Boden war in Richtung des ehemaligen Suchschnittes stark verschlickt und mit grobem Kies durchsetzt."

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Hans Peter Uenze

innen gelbbraun; Glimmer und viel Quarzsand im Ton. Wandscherbe einer Schale; außen und innen

grau; Tonkern gelb, Glimmer und feine Quarzkörnchen im Ton; innen und außen graphitiert.

Grabung G. Wiesend 1862 In seinem Bericht vom 10. Mai 1862 an den Historischen Verein von Oberbayern notierte Bezirksamtmann Georg Wiesend 9 Grabhügel nahe der Terrassenkante in einer von Ost nach West gereihten Gruppe beieinanderliegend, „in Abständen von 30-60 Schritten (rund 22,5-45,0 m)10 unregelmäßig situiert und es wäre möglich, daß - da nördlich der Fluß stark angerissen hat - hier noch mehrere solche Erhöhungen einstmals standen". Die Höhe der Grabhügel betrug damals 3^4,5 Fuß (rund 0,9 bis 1,35 m), ihr Durchmesser 15-38 Fuß (rund 4,35 bis 11,0 m). Alle Grabhügel waren „oben etwas abgeplattet und mit Fichten und Föhren im Alter bis zu 30 Jahren bestockt". Wiesend hielt bereits fest, daß die Hügel aus „Lehmerde mit wenig Steinen untermischt aufgerichtet sind, welche an Ort und Stelle gar nicht vorkommt, sondern von der weiter entfernt gelegenen Anhöhe beigefahren worden sein mußte". Von den von ihm erkannten neun Grabhügeln ließ Wiesend zwei der größten und einen kleineren öffnen. Hügel 1/1862 Der kreisrunde Hügel besaß eine Höhe von 4,5 Fuß (rund 1,35 m) bei einem Durchmesser von 38 Fuß (rund lim) und bestand aus Lehmerde mit nur wenigen Steinen (Taf. 4, 1). Auf dem Kiesboden in der Hügelmitte wurde „in einer kleinen Vertiefung stehend eine große Vase von gelblichem mit Graphit untermischtem, außen mehr schwarzem Ton gefunden ..., gefüllt mit derselben Erde, welche der Hügel enthielt, nirgends eine Spur von Kohlen oder Asche. Dies Gefäß war bereits durch den Druck der darüber gehäuften Erde zerdrückt, die Masse überhaupt sehr mürbe... Indeß war die Form so lange die Vase noch nach unten und an einer Seite mit Erde verbunden war, doch so vollkommen und kennbar, daß ich sie mit aller Sicherheit zeichnen konnte (Taf. 4,4)... Ganz nahe dabei lag das größere Bruchstück einer flachen Schale (Taf. 4, 5)". 10

Die Übertragung dieser und der nachfolgend genannten alten Maßangaben auf m- und cm-Basis erfolgte anhand der Zusammenstellung bei H.-J. von Alberti, Maß und Gewicht. Geschichtliche und tabellarische Darstellungen von den Anfängen bis zur Gegenwart (1957) 228 ff.

INVENTAR Flaschenförmiges (?) Gefäß, die Form bei der Grabung angeblich noch gesichert und von Wiesend gezeichnet: „Gelblicher mit Graphit untermischter, außen mehr schwarzer, mürber Ton; die Höhe betrug 2 Schuh (rund 0,6 m), der größte Durchmesser 11 Zoll (rund 27 cm), die Wandstärke 2 Linien (0,4 cm), nirgend eine Spur von Verzierungen" (verschollen, Taf. 4, 4). „Größeres Bruchstück einer flachen Schale aus braunem, viel härterem Ton von 3 Zoll (7,3 cm) Durchmesser" (verschollen, Taf. 4, 5).

Hügel 2/1862 Ebenfalls 4,5 Fuß (rund 1,35 m) hoch bei 30 Fuß (rund 8,7 m) Durchmesser und ebenfalls aus Lehmerde aufgeschüttet (Taf. 4,2). Im Hügelinneren wurde „gegen den Mittelpunkt des Hügels zu ein Kreis von durchaus großen - wahrscheinlich aus dem Flußbett der Alz gewonnenen — Kieselsteinen in der Schwere von 15-40 Pfund mauerartig, aber ohne Mörtelbindung gebildet, mit einer Dichtigkeit (= Dicke) von 2-3 Schuh (rund 0,6-0,9 m) gefunden, vom Kiesboden bis fast an die Oberfläche reichend. Dieser Steinwall hatte einen äußeren Umkreis von 12 Schuh (= 3,48 m) (zu ergänzen: im Durchmesser) und ließ innen einen Raum von 4 Schuh (rund 1,2 m)11 (im Durchmesser) frei, der ganz mit Erde angefüllt war (Taf. 4,3). In einer Höhe von mehr als 2,5 Fuß (rund 0,75 m) vom Boden aufwärts an der östlichen inneren Seite des Steinkreises stand eine Urne... Unmittelbar daneben lag eine menschliche Hirnschale von überaus großem Umfang und Dicke, dann etwas seitwärts und tiefer die Hälfte eines menschlichen Unterarmknochens. In gleicher Höhe mit dieser Urne, ebenfalls aufrecht auf die Erde gestellt und gerade noch innerhalb des Steinkreises, wurde eine 11

Die Maßangaben dieses Hügels enthalten soviele Unstimmigkeiten, daß neben der Möglichkeit von Schreibfehlern auch damit zu rechnen ist, daß die Beobachtungs- und Maßangaben des Berichtes teilweise nicht auf eigenen Beobachtungen Wiesends beruhen, sondern auf solchen seiner Ausgräber.

Hügelgräber der Hallstatt- und Latenezeit bei Höresham zweite, der vorigen ganz gleiche Urne ausgegraben. Beide Gefäße waren bereits zerdrückt, die Teile etwas verschoben, ihre Form konnte aber noch ziemlich genau komponiert werden. Sie enthielten nichts als dieselbe Erde, welche sie umgab, und mit Ausnahme eines kleinen Stückchens ganz harter Kohle fand man keine Spur von Kohle, Asche oder Metall". Aus dem Bericht Wiesends geht bei aller Unklarheit hinsichtlich des Steinkranzes im Hügelinneren doch mit wünschenswerter Deutlichkeit hervor, daß die von ihm angetroffene Bestattung mit den beiden Gefäßen eine Nachbestattung war, die wohl bei der Anpflanzung des Waldes bereits gestört worden war. Weiterhin zeigt sich, daß Wiesend nicht bis auf den Boden des Hügels, bis zur Erstbestattung hin hat graben lassen.

INVENTAR Gefäß, „weitbauchig und nach unten wieder enge zulaufend. Die Höhe betrug l Schuh (rund 29 cm), der größte Durchmesser 9 Zoll (21,9 cm), die Wandstärke 1,5 Linien (rund 0,3 cm), aus demselben mürben Ton wie die Vase im ersten Hügel" (verschollen, Taf. 4, 6). „Gefäß, dem vorigen ganz gleich" (verschollen).

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Hügel 3/1862 „3 Schuh (rund 0,9 m) hoch, Durchmesser 15 Schuh (= 4,35 m), oben stark abgeplattet. Dieser enthielt einen Steinkreis wie der vorige, nur viel enger und aus kleineren Steinen bestehend, sonst außer einigen Scherben eines kleinen braunen Tongefäßes garnichts". INVENTAR „Scherben eines kleinen braunen Gefäßes" (verschollen). Die Funde aus den drei von Georg Wiesend untersuchten Grabhügeln sind verschollen. In den Folgejahren müssen dann, wie aus einem Hinweis in der Publikation der Grabung von 1906 hervorgeht (siehe Hügel 2/1959), weitere Schürfungen in den Hügeln erfolgt sein. Über den Verbleib der Fundausbeute ist jedoch ebensowenig bekannt wie über die Raubgräber selbst. Die nächsten offiziellen, dokumentierten Grabungen wurden von Lehrer Stechele aus Burghausen in seiner Eigenschaft als „Archivar, Conservator und Berichterstatter des hiesigen Museums" ausgeführt12. Die ihm in der Literatur verliehene Bezeichnung „Vorstand des historischen Vereins Burghausen"13 scheint nach dem angeführten Selbstzeugnis dagegen nicht zuzutreffen.

Grabungen des Museums- und Altertumsvereins Burghausen Die Grabungen des Burghausener Vereines in den Jahren 1904 bis 1908 wurden im wesentlichen von dem bereits genannten Lehrer Stachele vorgenommen. Über diese Grabungen unterrichten neben den schematischen Plänen Stecheies, bei denen die Profile zum Teil stark überhöht sind und die sich daher nicht zeichnerisch verwerten lassen14, sehr knappe Grabungsnotizen des Ausgräbers sowie ausführliche Grabungsberichte F. Webers (vgl. die unten jeweils angegebene Literatur). Zwischen den aus den Plänen zu entnehmenden Maßen der Hügelgräber und den bei Weber gegebenen Maßen bestehen teilweise große Unterschiede (so zum Beispiel bei der Grabung von 1904, s. u.), die auf fehlerhafte Umrechnung der Maße in den Plänen Stecheies durch Weber zurückgehen. Einzelheiten in 12

So bezeichnete er sich selbst im Grabungskurzbericht vom 10. 5. 1904 an die „Academische Commission zur Erforschung der Urgeschichte Bayerns". - Daneben hatte er übrigens noch 39 (!) Wochenstunden Schulunterricht zu geben. 13 Beitr. z. Anthr. u. Urgesch. Bayerns 16,1907,119.

den publizierten Grabungsberichten Webers über Bewuchs des Hügels und Beschaffenheit der Hügelerde (z. B. „Lehmboden, in welchem vereinzelt Holzkohlestückchen eingestreut waren") bzw. Tiefenangaben und Lageangaben der Funde, die weder aus dem Plan noch aus den knappen Grabungsnotizen Stecheies zu entnehmen sind, machen deutlich, daß ehemals noch ein weiterer, ausführlicher Grabungsbericht Stecheies vorhanden gewesen sein muß. Letzterer, bei dem es sich um das von Stechele erwähnte „Fundprotokoll" handeln dürfte, wurde von Weber nach seiner literarischen Auswertung dann vermutlich beseitigt, zumindest ist der Verbleib der ausführlichen Grabungsberichte unbekannt. Die Feststellung, daß es ehemals noch ausführlichere Grabungsberichte gegeben hat, die We14

So z. B. bei dem Hügel von 1904 (Taf. 5): Profilansicht in der Höhe im Maßstab l : 50, in der Längenausdehnung dagegen l : 100; in der Aufsicht die Bestattung (d. h. die Lage der Beigaben zueinander) im Maßstab l : 50, die Hügelbegrenzung dagegen im Maßstab l : 100!

Hans Peter Uenze ber vorgelegen haben, ist von nicht geringer Bedeutung: Ein aus der Zeichnung zu entnehmender Kreisgraben um den im Jahre 1904 untersuchten Hügel (Taf. S), der in Stecheies Grabungsnotiz nicht erwähnt wird, wird bei Weber als Grabungsmaßnahme genannt und hat so als Nachweis für Kreisgräben in jener Nekropole auszuscheiden. Grabung 1904 Nach dem Bericht Webers fand die Grabung vom 15. 4.1904 „in der Hügelgruppe bei Höresham, nördlich der Lötschau, von welcher schon früher einige Hügel abgedeckt wurden" statt, während Stecheies Bericht keine Angaben zum Fundplatz enthält. In Webers Inventar von 190915, das für den Landkreis Altötting auf den Angaben Stecheies aus dem Jahre 1904 beruht, wird jener Hügel dagegen der Hügelgruppe im Forst Unter-Schönbuch zugewiesen. Nach Weber wies der Hügel eine Höhe von l m bei einem Durchmesser von 28 m auf und war mit Fichtenstämmen bewachsen. Nach der Zeichnung Stecheies (Taf. 5) betrug die Höhe des Hügels dagegen nur 0,75 m, sein Durchmesser 6,25 m (bzw. 7 m, wenn man den Arbeitsgraben um den Hügel mitrechnet). Ein Grabungsfoto des Burghausener Holzhändlers Georg Lohner, der ebenfalls dem Museumsverein von Burghausen angehörte, beweist jedoch, daß der Hügel rund 12-14 m Durchmesser besaß. Es muß daher in Stecheies Zeichnung für den Hügeldurchmesser ein Maßstab von l: 100 angenommen werden, woraus ein Durchmesser von 14 m (inklusive Außengraben des Ausgräbers) resultiert. Bei der Untersuchung des Hügels, der laut Plan an seinem Südrand gestört gewesen zu sein scheint, wurden eine Haupt- und eine Nachbestattung angetroffen. Nachfolgend wird der auf dem Fundprotokoll Stecheies basierende Grabungsbericht Webers angeschlossen: „Es wurde an der Peripherie ein 20 cm tiefer Graben gezogen16 und sodann die Moosdecke abgezogen (Taf. 5). Unter dieser kamen zunächst zwei Lagen von Findlingen17, darunter Lehmboden, in welchem vereinzelt Kohlenstückchen eingestreut waren. In Tiefe von 0,48 m stieß man auf die Nachbestattung: Reste eines durch die 15

Weber (wie Anm. 4) 5 („Lötschau"). Nachdem der Originalfundbericht („Fundprotokoll") nicht mehr erhalten ist, so bleibt unbekannt, ob hierin ein Grund für die Anlage dieses Kreisgrabens gegeben wurde. Die Möglichkeit, daß eine um den Hügel umlaufende muldenförmige Vertiefung Stechele zum Ausheben seines „Kreisgrabens" veranlaßte, ist natürlich nicht ganz auszuschließen, aber nach dem Befund des Hügels 4/1958 ist wohl doch damit zu rechnen, daß 16

Baumwurzeln zerstörten ... Gefäßes ... (Taf. S, 1). 0,8 m südöstlich davon lag ein Bronzearmreif... (Taf. 5, 2). 9 cm südöstlich daneben eine eiserne Gürtelschließe mit der abgerundeten Spitze nach "Westen (Taf. 5,3), daneben ein stark oxydierter Armreif von Eisen von 7 cm Durchmesser, von dem nur die Hälfte erhoben werden konnte (Taf. 5,4). 0,4 m vom ersten Bronzering gegen Westen folgte ein zweiter gleicher Sorte (Taf. S, S). Zwischen dem Tongefäß und dem ersten Bronzering lag ein Eisenmesser mit aufgebogener Spitze nach Nordwest (Taf. 5, 6). Innerhalb dieser Beigabengruppe waren 3 Röhrenknochensplitter eingestreut (Taf. 5, 7-9). - Hauptbestattung: 10 cm tiefer als die drei Röhrenknochensplitter kamen nach Osten noch eine rechtsseitige obere Rippe, südlich davon ein Schädelknochen, nördlich Röhrenknochen zum Vorschein (Taf. 5,11.15.17.18), so daß hieraus die Lage des Skeletts, das zum größten Teil vergangen ist, markiert erscheint. Weiter nach Osten folgte noch eine (Nord-Süd gerichtete) Reihe von Tongefäßen (Taf. 5, 13. 12. 10. 14)1S..." Nach dem Plan Stecheies wurde 0,75 m südlich des Hügelmittelpunktes noch ein weiteres Gefäß angetroffen (Taf. 5, 16). Auch Webers Grabungsbericht weist an dieser Stelle auf ein Gefäß hin, dagegen wird dieses Gefäß in Stecheies Grabungsnotiz nicht erwähnt. Das Stück gelangte auch nicht in die Burghausener Sammlung. Nach einem entsprechenden Vorkommnis bei einer anderen Grabung des Burghausener Vereines (Hügel 2/1959) ist zu vermuten, daß das Stück von einem der Mitausgräber für die eigene Sammlung abgezweigt wurde. Aus den Zeichnungen und dem Bericht läßt sich eine hallstattzeitliche Hauptbestattung entnehmen, bei der es sich um eine Süd-Nord orientierte Körperbestattung handelte (Kopf im Süden), die auf der Westseite des Grabes beigesetzt wurde, während der Geschirrsatz in rund 1,5 m Entfernung dazu in einer Reihe auf der Ostseite aufgebaut war und mit einem Gefäß noch auf die Südseite übergriff. Die starke Störung des Skelettes dürfte mit der Beisetzung der Nachbestattung in Zusammenhang stehen. Bei der frühlatenezeitlichen Nachbestattung ist aus der Lage der Beigaben ebenfalls eine Süd-Nord orientierte Körperbestattung (Kopf im Süden) zu erschließen. es keine sichtbaren Kreisgräben mehr gab. Man darf in der Anlage des „Kreisgrabens" daher wohl eine Grabungsmaßnahme Stecheies sehen. 17 Hierunter sind wohl große Rollkiesel aus dem Alzbett zu verstehen. 18 Bei dem von Gefäß 14 auf dem Plan (Taf. 5) sich nach Süden erstreckenden Gebilde dürfte es sich um Scherben eines oder mehrerer weiterer Gefäße gehandelt haben.

Hügelgräber der Hallstatt- und Latenezeit bei Höresham INVENTAR

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Im Jahre 1905 wurden zwei Grabhügel untersucht. Von ihnen war Hügel l nach dem Bericht Webers in der unteren Lötschau gelegen. Hügel 2 lag nach den Angaben des Museumsinventares in der oberen Lötschau, nach Stecheies Abhandlung von 1911 gehörte er zu der südwestlichsten Gruppe des Unter-Schönbucher Waldes, womit er die Hügel im Steinfeldholz meint.

Höhe über dem Waldboden gehabt hätte. Diese Dimensionen sind völlig unwahrscheinlich, es muß vielmehr davon ausgegangen werden, daß der Hügeldurchmesser in der Zeichnung (wie im Falle des Hügels von 1904) in einem anderen Maßstab eingetragen wurde und daß der Hügel einen erheblich größeren Durchmesser besessen hat. Diese Zeichnung ist also als Plan- oder Profildarstellung nicht zu verwerten. Das zeigt sich auch darin, daß die Keramikbeigaben der neolithischen Hauptbestattung wie die der hallstattzeitlichen Nachbestattung in gleicher Höhe der Hügelaufschüttung (in der Hügelmitte, rund 0,55 m unter der Oberfläche) eingetragen sind. An Fundberichten existiert nur die Fassung Webers: „Der Hügel war mit großen Steinen ohne eigentlichen Steinbau gewölbt. In der Mitte fand sich eine Gruppe von Tongefäßen... ohne Metallbeigaben. Im Hügel zerstreut kamen kleine Knochensplitterchen und Knochenrestchen, was auf ein Brandgrab schließen läßt". In der Nähe eines der sehr weit zerstreut liegenden Knochensplitterchen fanden sich laut Plan auch noch ein paar Scherben. Aus der Zeichnung geht hervor, daß die Untersuchung dieses Hügels wiederum mit dem Ausheben eines den Hügel einfassenden Grabens begann, wobei jedoch in diesem Falle deutlich ist, daß es sich dabei um eine reine Grabungsmaßnahme handelte, für die vom Befund her kein Anlaß vorlag. Dieser Graben wurde - sofern die Tiefenangabe der Zeichnung zutrifft - von der Waldbodenoberfläche ab rund 0,4 m tief ausgehoben, wobei in rund 0,2 m Tiefe der Schotterboden erreicht wurde. Laut Zeichnung handelte es sich bei der untersten Schicht der Hügelaufschüttung um „spekkigen Lehm" mit zahlreichen großen Steinen. Aufgrund der völlig unzulänglichen Grabungsdokumentation und Grabungsmethode bleibt unklar, ob außer einer Körper- auch eine Brandbestattung vorliegt und ob die geringen Knochenreste zu der neolithischen Haupt- oder der späthallstattzeitlichen Nachbestattung gehörten. Aus der Tatsache, daß die Beigaben - entgegen der Angabe in Webers Bericht - nicht sofort (d. h. 1905) in das Museum Burghausen gelangten, sondern nach Eintragung des Inventarbuches dem Museum erst am 4. März 1908 „gelegentlich des Besuches der Heimatler geschenkt wurden", läßt sich entnehmen, daß Stechele nicht der Grabungsleiter war, sondern dieselbe im Auftrage eines anderen Mitgliedes des Burghausener Vereines nur dokumentiert hat. Der Auftraggeber dürfte damals der Holzhändler G. Lohner gewesen sein.

Hügel 1/1905

INVENTAR

Zu der Untersuchung liegt ein Plan von der Hand Stecheies im Maßstab l: 20 vor, wonach der Hügel einen Durchmesser von 4,0 (!) m bei 0,9 m

Weber, Beitr. z. Anthr. u. Urgesch. Bayerns 16, 1907, 129; Kossack, Südbayern 190 Nr. 146; OA LfD (Stechele).

F. Weber, Beitr. z. Anthr. u. Urgesch. Bayerns 16, 1907, 119; G. Kossack, Südbayern während der Hallstattzeit. Rom. Germ. Forsch. 24 (1959) 190 Nr. 146 u. Taf. 115, 8-12 (im folgenden abgekürzt: Kossack, Südbayern); O A LfD (Stechele u. Weber). Mus. Burghausen, Inv. Nr. 1151 a-k. Hauptbestattung: Nr. 10: Drittel eines kleinen Schälchens, Boden fehlt; außen auf der Gefäßwand noch 3 (von ehemals wohl 6) Dellendreiergruppen; hellbraun; Rd. 10,2 cm (Taf. 6, 1). Nr. 12: Schälchen mit auf der Innenseite schwach stufenartig abgesetztem Unterteil und schwach abgestrichener Lippe; gelbbraun; innen die Lippe und außen das Oberteil graphitiert; minimal ergänzt; Rd. 17,2 cm (Taf. 6, 3). Nr. 13: Trichterrandschüssel mit abgesetztem Unterteil; gelbgrau bis gelbbraun; außen der Rand graphitiert; leicht ergänzt; Rd. 23,0-23,5 cm (Taf. 6, 4). Nr. 14: Flaches Schälchen mit Omphalos; gelbgrau bis gelbbraun; innen ganz graphitiert; leicht ergänzt; Rd. 15,0-15,3 cm (Taf. 6, 2). Nr. 16: Kleineres Gefäß (verschollen). Nachbestattung: Nr. 1: Handgearbeitetes doppelkonisches Gefäß, sehr unregelmäßig gearbeitet; grau; Graphit im Ton; 3/5 ergänzt; H. 19,2 cm (Taf. 6, 6). Nr. 2 und 5: l Paar geschlossene Bronzearmringe; Dm. 7,0 und 7,1 cm (Abb. 7, 8. 9). Nr. 3: Eiserner Gürtelhaken; L. 8,5 cm (nicht auszuscheiden; Abb. 7, 11: vergrößerte Umzeichnung nach fotografischer Vorlage). Nr. 4: Eiserner Armring; Dm. 7 cm (nicht auszuscheiden). Nr. 6: Eisernes Messer „mit aufgebogener Spitze und durchlochter Griffzunge, an welcher ein Holzrest sich vorfand"; L. 12 cm (nur noch in ganz geringen Fragmenten erhalten). Grabung 1905

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Mus. Burghausen, Inv. Nr. 1893 (hallstattzeitlich). 1894 (neolithisdi). Hauptbestattung: 2 neolithisdie Gefäße mit je vier über Kreuz stehenden Schnurösenhenkeln, rot bis rötlichbraun. Nachbestattung: Hochhalsgefäß, schwarzgrau bis schwarzbraun; 2 /s ergänzt; H. 28,0 cm (Taf. 6,10). Schale mit schwach S-förmigem Profil; braun, innen ehemals vielleicht graphitiert; 2/s ergänzt; Rd. 20,2-20,5 cm (Taf. 6, 8). Hügel 2/1905 Die Fundausbeute des 2. Hügels wurde dem Museum Burghausen in einer ersten Lieferung am 4. April 1905 und der Rest dann am 15. Mai 1905 von Holzhändler G. Lohner geschenkt mit dem Hinweis: „Gefunden bei einer Nachlese aus einem durchstochenen Grabhügel der oberen Lötschau am 2. 4. 1905". Diese Angaben machen deutlich, daß Stachele (entgegen Webers Bericht) nicht der Grabungsleiter war, als „ein früher durch Grabungsdurchschnitt zerstörter Hügel vollständig geöffnet wurde, wobei seitlich vom Graben verschiedene Bronzebeschläge mit durchgehenden Nieten und Stücke eines Bronzebleches mit Ornamenten, drei Fibelbruchstücke, Stücke eines Armreifes mit Strichverzierung, Knochenfragmente und Tonscherben zum Vorschein kamen". Zu diesen Fundangaben des Weberschen Berichtes gibt es von Stechele selbst keinerlei Originalunterlagen mehr. Aus dem Beigabenmaterial lassen sich für jenen Hügel eine späthallstattzeitliche und (zumindest) eine frühlatenezeitliche Bestattung entnehmen. Ob die Späthallstattbestattung jedoch die älteste Bestattung in diesem Hügel war, ist aufgrund des Dokumentationsstandes nicht zu klären.

INVENTAR Weber, Beitr. z. Anthr. u. Urgesch. Bayerns 16, 1907, 129 f.; Stechele, Heimatbezirk 31; Kossack, Südbayern 190 Nr. 146. Mus. Burghausen, Inv. Nr. 1285. 1297. 1395. Hallstattbestattung: Mehrere Fragmente eines schmalen Bronzegürtelbleches mit Treibverzierung; am Rand läuft eine Rippe entlang, darauf gereiht stehende U-förmige Ornamente; je zwei U-Ornamente sind durch ein Paar von ovalen Buckelornamenten zusammengefaßt; in der Mitte verläuft eine lockere Reihe von Kreisaugenornamenten; zum Gürtel gehört eine große Zwinge aus zwei rechteckigen Bronzeplätt-

chen von 2,9 cm Länge (die der ehemaligen Gürtelbreite entsprechen dürfte), die durch zwei Bronzestifte miteinander verbunden sind; fernerhin Reste von mindestens vier kleinen, sehr schmalen Bronzezwingen von ehemals rund 1,7 cm Länge; aus der freien Länge der Bronzestifte ergibt sich eine Dicke des Ledergürtels von ehemals rund 0,6 cm (Abb. 7, 10). Lat^nebestattung: Fragment einer einteiligen Bronzedrahtfibel; L. 3,7 cm (Abb. 7, 5). Fragment einer mehrteiligen Bronzefibel mit eiserner Achse, Bonzeachsendknöpfen und einem Bronzeringchen außen vor den Achsendknöpfen; die Achsendknöpfe tragen in der Mitte eine schwache umlaufende Ritzkerbe (= Imitation von Bronzehohlkugeln!); L. 2,9 cm (Abb. 7,4). Fragment einer mehrteiligen Bronzefibel mit eiserner Achse; L. noch 1,8 cm (Abb. 7, 6). Nicht näher zuweisbar: „Zwei Stücke eines Bronzearmreifes, der äußere Rand leicht gerippt bzw. mit Strichverzierung, 5 mm Reif stärke" (nicht auszuscheiden). „Ein gebogenes Bronzestück" (nicht auszuscheiden). „Fünf Stück Knochenfragmente" (nicht auszuscheiden). „Tonscherben" (nicht auszuscheiden). Grabung 1906 Am 16. und 17. bzw. 17. und 18. April jenes Jahres nahm Stechele im Auftrage des Burghausener Vereines wiederum eine Untersuchung in zwei Grabhügeln der Nekropole im Steinfeldholz vor, d. h. an jedem Tag wurde ein Hügel durchgegraben. Weber berichtet, es habe sich dabei um Nachuntersuchungen in früher bereits angegrabenen Hügeln gehandelt. Stechele fertigte die Protokolle, Pläne und Zeichnungen der Fundobjekte an. Von den Zeichnungen und dem Plane erstellte er auf Bitten des Gymnasiallehrers Dr. August Steier aus Burghausen eine Kopie, die jener, der ihm bei der Grabung assistiert hatte, für einen Aufsatz in den von J. Naue herausgegebenen Prähistorischen Blättern verwendete. Hügel 1/1906 (= Steier Grab II) An Funddokumentation über den westlich des Verbindungsweges Magerl-Höresham gelegenen Hügel liegen vor: ein Plan (im Maßstab l: 100) von Stechele, ein ausführlicher Bericht Steiers in den Prähistorischen Blättern und eine summarische Behandlung der Grabung durch Weber. Nachfolgend wird vorwiegend der Bericht Steiers verwendet. Der

Hügelgräber der Hallstatt- und Latenezeit bei Höresham

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Abb. 7. Höresham. Beigaben, l Grabung 1907; 2. 3. 7 Grabung 1908; 4-6. 10 Hügel 2/1905; 8.9.11 Grabung 1904. M. l : 2.

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Hügel, von Hügel 2 ca. 200 m entfernt, trug 30- bis 40jährigen Baumbestand und besaß einen Durchmesser von ca. 10 m bei 0,7 m Höhe (bzw. 0,9 m Höhe nach Stachele). Er war aus feinem Lehm aufgeschüttet und oben von einer Rollsteinsetzung abgeschlossen. Soweit stimmen Stecheies und Steiers Fassung überein. Bei der Tiefenangabe der Funde gehen sie dann allerdings weit auseinander: Während nach Stachele die beiden Gefäße und das Bronzeringfragment in der Hügelmitte in 0,9 m Tiefe, d. h. in Höhe der alten Oberfläche, angetroffen wurden, berichtet Steier: „Schon ca. 0,10 m unter der Steinsetzung fanden sich Kohlenteilchen über die ganze Grabfläche zerstreut; eine regelrechte Brandschicht war nicht vorhanden, auch zeigten sich keinerlei Knochenreste. Rund 0,20 m unter der Steinsetzung wurde ein Napf gefunden... der ganz erhoben werden konnte. Unmittelbar unter dem Napfe lag in schiefer Stellung eine Urne, deren obere Bauchwand eingedrückt war, so daß das Gefäß nur zum Teil erhoben und zusammengesetzt werden konnte. In der Nähe fanden sich Fragmente eines weiteren Gefäßes sowie verschiedenartige Scherben. Dicht dabei lag ein Teil einer Bronzespange. Obwohl noch bis auf den gewachsenen Boden gegraben wurde, konnten weitere Funde nicht gemacht werden". Sofern die Angaben Steiers zutreffen, kamen die Funde dieser gestörten Bestattung nicht auf der alten Oberfläche, sondern in der Hügelaufschüttung zum Vorschein, gehörten also zu einer Nachbestattung. Während die beiden erhaltenen Gefäße in die Frühlatenezeit zu setzen sind, könnte es sich bei den weiteren nur von ihm aufgeführten (nicht aber von Stachele auf seinem Plan eingezeichneten bzw. vermerkten und auch nicht in das Burghausener Museum gelangten) Scherben um Reste einer durch die Frühlatenebestattung gestörten späthallstattzeitlichen Hauptbestattung handeln.

INVENTAR Steier, Prahlst. Bl. 18, 1906, 67 f. Taf. 8, 3-5; Weber, Altbayer. Monatsschr. 6,1906,125 f.; Stechele, Heimatbezirk 32; Kossack, Südbayern 191 Nr. 147; O A LfD (Stechele). Mus. Burghausen, Inv. Nr. 1394. Handgearbeitetes Gefäß mit trichterförmigem Rand; dunkelgraubraune bis schwarzbraune Oberfläche, Tonkern braun bis rötlichbraun; Glimmer und feiner Graphit im Ton; 3/s ergänzt; Rd. 25,5 cm (Taf. 6, 7). Handgearbeitetes vollständiges Omphalosschälchen; unregelmäßig gearbeitet, viel grobschuppiger Graphit im Ton; Rd. 12,8-13,5 cm (Taf. 6, 5).

Fragment eines Bronzearmringes, glatter Ringkörper; Dm. ehemals wohl ca. 7,0 cm (nicht auszuscheiden). „Fragment eines weiteren Gefäßes" (verschollen). „Verschiedenartige Scherben" (verschollen).

Hügel 2/1906 (= Steier Grab 1) Zu der Untersuchung in dem östlich des Verbindungsweges Magerl-Höresham gelegenen Hügel 2 siehe oben unter Hügel 2/1959 der LfD-Grabung.

Grabung 1907 Im Sommer des Jahres wurde ein Hügel untersucht. Zur Lage teilte Stechele in seinem Grabungsprotokoll vom 22.12.1907 mit, der Hügel habe nördlich der Lötschau gelegen, auf dem dem Protokoll beigefügten Plan notiert er südwestlich der Lötschau, in seiner Schrift von 1911 gibt er an, der Burghausener Verein habe einige der Hügel der „Mittelund Südgruppe in Unter schönbuch" untersucht. Schließlich gibt er im Fundprotokoll zu dem benachbarten Hügel der Grabung von 1908 an, der Hügel habe im Walde Unterschönbuch unterhalb der Lötschau gelegen. Nach den Angaben Webers gehörte der Hügel von 1907 zur nordöstlichen Gruppe im Unterschönbuchwald. Für den 1908 untersuchten Hügel, der zur gleichen Nekropole wie jener von 1907 gehörte, gibt Weber an „nordöstliche Gruppe von 20 Hügeln im Unterschönbuchwald am Wege von Obermühle nach Lötschau". Aus diesen widersprüchlichen Angaben ist wohl doch zu schließen, daß es sich nicht um einen der Hügel im „Steinfeldholz" oder der Flur „Biber" handelt, die Stechele 1911 mit der Bezeichnung Unterschönbuch Südgruppe versah. Webers Bezeichnungen dürften auf eine Nachfrage wegen der widersprüchlichen Angaben zurückgehen und in dem Sinne zu verstehen sein, daß es sich um die nordöstlich von der bisher untersuchten Hügelnekropole (nämlich jener im Steinfeldholz) gelegene Gruppe von 20 Hügeln im Forst Unter-Schönbuch handelte. An Grabungsdokumentation ist das Grabungsprotokoll mit Plan und Fundliste von der Hand Stecheies vorhanden. Einzelheiten enthält weiter seine Schrift von 1911, während Webers Bericht zu allgemein ist. Der Hügel besaß rund 10 m Durchmesser bei rund l m Höhe und wies in der Mitte eine trichterförmige Mulde auf. Mit einer früheren Ausgrabung dürfte es weiterhin zusammenhängen, daß die „für diese Hügel übliche Klaubsteindecke" nur an der Hügelperipherie auf 2,5 m Breite vorhanden war

Hügelgräber der Hallstatt- und Latenezeit bei Höresham und in der Mitte auf rund 4,5 m Breite aussetzte. Diese „bis zu 30 Pfund schweren, von der nahen Alz herbeigeschafften Steine saßen festverkeilt im lehmigen, mit Rollkies vermischten Erdreich". Etwas südöstlich der Hügelmitte stieß man auf dem Boden, d. h. in rund l m Tiefe, auf „eine Art Steinpflasterung", über der sich eine Brandschicht befand. Nach der Zeichnung scheint die Pflasterung bzw. Brandschicht eine Ausdehnung von rund 3 : 3 m besessen zu haben. Im Nordosteck der Brandschicht, 0,5 m südlich des Hügelmittelpunktes, fanden sich an einer Stelle 12 zusammengeschmolzene Bronzefragmente von „Fibeln, Gehänge und Spangen". Südlich schlössen die beiden Griffschalen und das Eisenmesser an. Die anderen Gefäße standen südöstlich von diesen Beigaben. In der gleichen Tiefe wie diese Brandbestattung wurden in der Hügelmitte am Rande des Steinpflasters bzw. der Brandschicht an zwei rund 0,4 m auseinanderliegenden Stellen Röhrenknochenstücke angetroffen, aus deren Lage man eine West-Ost orientierte Bestattung erschließen könnte.

INVENTAR Weber, Altbayer. Monatsschr. 8, 1908, 53; Stechele, Heimatbezirk 28; Kossack, Südbayern 190 Nr. 146 u. Taf. 116; OA LfD (Stachele). Mus. Burghausen, Inv. Nr. 1827-1841 (zum Teil nicht auszuscheiden). Große ovale Griffschale, gelbgrau bis gelbbraun; an den Schmalseiten je eine gesattelte, in zwei schwalbenschwanzförmige Enden auslaufende Handhabe (die eine Handhabe ist ergänzt); auf der Innenseite Riefenverzierung, wobei wegen des starken Ergänzungsgrades des Gefäßes und der seinerzeitigen etwas zu unvorsichtigen Restaurierungstechnik unklar bleibt, ob das Riefenornament ehemals nicht noch reichhaltiger war; in einigen der Riefen haben sich Reste der ehemaligen Graphitierung erhalten; gr. Dm. 47,6 cm (Taf. 7,1). Der vorstehenden entsprechende ovale Griffschale, gelbgrau bis gelbbraun; das Stück ist stark ergänzt, aus den oben genannten Gründen bleiben auch hier Unsicherheiten hinsichtlich der Vollständigkeit des Riefenornamentes; von der Riefengraphitierung haben sich nur ganz geringe Reste erhalten; gr. Dm. 47,3 cm (Taf. 8,1). Kegelhalsgefäß, braun; innen der Rand und außen das Oberteil kirschrot bemalt; außen der Rand graphitiert; auf der Schulter hängende graphitierte Dreiecke und 3 Graphitwinkelbänder; ca. 2/5 ergänzt; H. 40,2-41,2 cm (Taf. 8, 2). Kegelhalsgefäß, gelbgrau, gelbbraun, graubraun mit Rollrädchenverzierung: am Halsansatz oben

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ein umlaufendes Linienpaar, auf dem Hals senkrechte dreilinige Strichgruppen, auf der Schulter zuoberst ein umlaufendes dreiliniges Strichgruppenband, daran hängend sich überschneidende vierlinige Winkelbänder, in den Rhomben Dellenrosetten; außen das Oberteil und innen der Rand graphitiert; 3/s ergänzt; H. 26,9 cm (Taf. 6, 11). Oberteil eines gelben Kegelhalsschüsselchens, innen der Rand rot bemalt; außen der Hals graphitiert, Schulter und Unterteil rot bemalt; aus wenigen Scherben rekonstruiert; Rd. 16,0 cm (Taf. 7,5). Gelbgraues Kegelhalsschüsselchen mit scharf abgesetztem Unterteil und einziehendem Fuß; innen der Rand rot bemalt, außen der Hals graphitiert, der Rest rot bemalt; 3/s ergänzt; Rd. 11,0 cm (Taf. 7, 6). Halbkugelige Schale mit schwach ausgeprägter Halskehle, graubraun; innen ganz graphitiert; J/4 ergänzt; Rd. 24,5 cm (Taf. 7, 8). Kleine Schale mit schwach abgesetztem konischem Oberteil und deutlich abgesetzter Fußpartie, graubraun bis dunkelgraubraun; auf der Schulter umlaufend dreifache Girlandenbögen in Rollrädchentechnik mit Dellenstempeln in den Zwickeln; innen und außen ganz graphitiert; Vs ergänzt; Rd. 16,5-17,5 cm (Taf. 6, 9). Schälchen mit Omphalos und stark gekehltem Gefäßunterteil, gelbbraun; außen oberhalb des Bodens 3 umlaufende schmale Riefen; innen und außen ganz graphitiert; Vz ergänzt; Rd. 14,5 cm (Taf. 7, 2). Gelbgraues bis gelbbraunes Schälchen mit Rollrädchenverzierung auf der Außenseite: zuoberst ein umlaufendes Linienpaar, daran hängend dreilinige V-förmige (ineinander gestellte) Ornamente, von denen das innere mit Dellenstempeln gefüllt ist, während an der Spitze des äußeren zwei Dellenstempel stehen; zumindest an einer Stelle noch ein giebelförmiges (dreiliniges) Winkelmotiv; außen oberhalb des Bodens drei umlaufende Riefen; Boden fehlt; innen ganz und außen zumindest der Rand graphitiert; Vz ergänzt; Rd. 11,2-11,8 cm (Taf. 7, 3). „Scherben eines dünnwandigen Gefäßes, Außenseite rötlich, Innenseite schwärzlich" (nicht auszuscheiden). „Scherben eines Gefäßes aus rötlichem, weichem, porösem Ton" (nicht auszuscheiden). „Schwärzliche, graphitierte Scherben" (nicht auszuscheiden). „Rottonige poröse Gefäßscherben" (nicht auszuscheiden). Eisernes Messer mit geschweifter Klinge und leicht abgebogener Griffzunge; L. 30,0 cm (Abb. 7, D„12 kleinere zusammengeschmolzene Bronzefragmente von Fibeln, Gehänge und Spangen" (nicht auszuscheiden).

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Grabung 1908 Der Hügel gehörte zur gleichen Gruppe wie der 1907 untersuchte, und zwar der Nekropole von 20 Hügeln auf Fl. Nr. 701 und 702 im Forst Unter-Schönbuch. Über die Untersuchung, die 6 Tage lang dauerte, unterrichten das Grabungsprotokoll Stecheies, eine Fundliste mit Zeichnungen der Beigaben und schließlich der Hügelplan (im Maßstab l : 100), letzterer liegt in doppelter Ausfertigung vor. Der Hügel, nach Stechele der größte der ganzen Nekropole, besaß einen Durchmesser von 16 m bei 1,35 m Höhe. In seiner Nordhälfte wies er zwei vom Rand zur Mitte vorstoßende muldenförmige ältere Grabungsschnitte auf, die bis in rund 0,9 m Tiefe unter den Scheitelpunkt des Hügels hinabreichten. In 0,9 m Tiefe unter der Oberfläche wurde im ganzen Hügelbereich eine dicke Steinpackung aus großen Klaubsteinen angetroffen. Oberhalb dieser Steinpackung bestand der Hügelaufbau aus einer Lehmschüttung mit weniger großen Klaubsteinen. Im Nordostviertel des Hügelzentrums wurden in dieser Lehmschüttung an zwei Stellen in jeweils 0,7 m Tiefe Kohlenstückchen gefunden, bei dem einen befanden sich außerdem noch schwärzliche Scherben. Unter der Steinpackung, die aus mehreren Steinlagen bestand, stieß man im Hügelzentrum auf der alten Oberfläche liegend auf eine „Kohlen- und Aschenschicht", die laut Zeichnung rund 4,5 m Durchmesser besessen zu haben scheint und auf der Zeichnung rundliche bis quadratische Form besitzt. In der Mitte dieser Brandschicht wurden auf einem Haufen beieinanderstehend 10 Gefäße freigelegt. In dem größten dieser Gefäße, einem Kegelhalsgefäß, befand sich nach Stecheies Angaben bei der Ausgrabung eine eiserne Lanzenspitze, in deren Tülle noch Reste des Holzschaftes erhalten waren. Zwischen den Gefäßen wurde ein kleinerer Bronzering gefunden. 0,5 m westlich der Gefäßgruppe lag ein eisernes Messerfragment. Am Nordrand der Aschenschicht wurden rund 1,8 m nordöstlich des Hügelmittelpunktes „verweste Knochen" in der gleichen Tiefe wie die Brandschicht angetroffen. 0,4 m westlich davon stieß man auf der Brandschicht auf eine Bronzenadel (Abb. 7, 3), die nach der Grabzeichnung in Nordost-(Kopfteil)-Südwest-Richtung lag. Noch einmal 0,9 m westlich der Nadel stieß man dann wiederum in der gleichen Tiefe auf „gekreuzte Röhrenknochenstückchen". Aus diesen drei Angaben könnte sich eine Ost-West orientierte Körperbestattung (Kopf im Osten) ergeben. Auf diese Körperbestattung würde sich das in gleicher Tiefe angetroffene Gefäß (Taf. 9,2) beziehen, das 0,5 m entfernt von der Gruppe der übrigen Gefäße aufgestellt war, zwischen der Bronzenadel und den zuerst genannten Skelettresten, doch etwas südlich von der Lageachse der hier postulierten Körperbestattung. Eines der

Gefäße (Taf. 7, 7) zeigt Einwirkung des Leichenfeuers. Die eiserne Lanzenspitze, die angeblich in dem größten Gefäß gefunden wurde, bezeugt, sofern die Fundangabe zutrifft, durch ihre Deponierung in einem Gefäß, daß sie nicht als Beigabe einer Körperbestattung gedient hat.

INVENTAR Weber, Altbayer. Monatssdir. 9, 1909/10, 57t.; 57 Abb. 1; Stechele, Heimatbezirk 28; Kossack, Südbayern 160 f. Nr. 146 u. Taf. 117; OA LfD (Stechele). Mus. Burghausen, Inv. Nr. 1969-1982 (zum Teil nicht auszuscheiden). „Graugelbes Kegelhalsgefäß von 40 cm Höhe, 53 cm größtem Durchmesser und 32 cm Randdurchmesser (nicht auszuscheiden; Abb. 8,1 - nach Vorlage Stechele). In dem vorstehenden Gefäß: Unvollständige eiserne Lanzenspitze, in der Tülle bei der Bergung noch Reste des Holzschaftes; L. ehemals 27 cm (Abb. 7,2 mit Ergänzungen nach Vorlage Stechele). Braunes bis gelbbraunes Trichterrandgefäß; außen und innen der Rand graphitiert; Schulter und Bauch außen kirschrot bemalt, darauf Graphitbänder: jeweils zwei ineinander gestellte Rhomben und in den Zwickeln zwei ineinander gestellte hängende sowie zwei ineinander gestellte stehende Dreiecke; die rot bemalte Zone wird unten von einem umlaufenden Graphitstreifen abgeschlossen; Unterteil stark ergänzt, sonst nur wenig ergänzt; Rd. 29-31 cm (Taf. 9,4). Halbkugelige Schale mit abgestrichenem Rand, graubraun, außen teilweise auch gelbbraun gefleckt; ehemals innen und außen ganz graphitiert; wo die Farbe auf der Außenseite gelbgrau ist, fehlt die Graphitierung: das Gefäß ist also wohl teilweise leicht sekundär gebrannt, d. h. mit dem Leichenfeuer in Berührung gekommen; ca. Vs ergänzt; Rd. 20,4 cm (Taf. 7,7). Rötlichbraune bis gelbbraune Stufenschale mit abgestrichenem Rand; auf dem Rand Strichgruppen in Rollrädchentechnik; auf der Gefäßwand zuoberst dreilinige Girlanden in Ritztechnik, unten begleitet von einer Punktreihe; auf der Gefäßwand oberhalb der ersten Wandungsstufe Strichgruppen in Rollrädchentechnik; der Boden ist viergeteilt mit Rollrädchenstrichgruppen wechselnder Richtung; innen ganz und außen der Rand graphitiert; 2/s ergänzt; Rd. 29,0 cm (Taf. 9,6). Rötlichbraune bis gelbbraune Stufenschale mit abgestrichenem Rand, Gegenstück zur vorgenannten Stufenschale; die Verzierung und Graphitierung

Hügelgräber der Hallstatt- und Latenezeit bei Höresham

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Abb. 8. Höresham. Keramik der Grabung 1908 (nach Vorlage Stechele).

ist durch unsachgemäße Konservierung weitgehend abgewaschen bzw. verwaschen; ilz ergänzt; Rd. 28,5 cm (Taf. 9,5). Graubraune Schale mit Rollrädchenverzierung auf der Außenseite: ineinander gestellte Rhomben aus dreilinigen Bändern, die Zwickel zwischen den Rhomben sind mit kleinen Dellenstempeln gefüllt; außen und innen ganz graphitiert; leicht ergänzt; Rd. 20,7-21,7 cm (Taf. 7,9). „Rote Schale, außen verziert (nach der Zeichnung mit Rollrädchen und Dellenstempeln), innen graphitiert; H. 10,0 cm; Rd. 20,0 cm" (nicht auszuscheiden; Abb. 8,2 — nach Vorlage Stechele). Hellbraunes Schälchen mit schwacher Halskehle und Omphalos; auf der Außenseite oberhalb des Bodens drei umlaufende Riefen; außen auf der Schulter eine Doppelreihe von hängenden Bogenstempeln, oberhalb der obersten Bodenriefe eine Doppelreihe von stehenden Bogenstempeln; innen auf der Gefäßwand um den Boden schwache Hori-

zontalriefen; innen und außen ganz graphitiert (der Graphit ist im Gegensatz zu den anderen Gefäßen sehr gut erhalten); leicht ergänzt; Rd. 11,7 cm (Taf. 7,4). Gelbgraues bis gelbbraunes halbkugeliges Schälchen mit schwacher Bodendelle; innen und außen ganz graphitiert; leicht ergänzt; Rd. 14,5-14,7 cm (Taf. 9,1). Dunkelgraubraunes Schälchen mit abgestrichenem Rand und Omphalos; innen und außen ganz graphitiert; V4 ergänzt; Rd. 16,0-17,0 cm (Taf. 9,3). Gelbgraues Trichterrandgefäß; außen das Oberteil und innen der Rand graphitiert; H. 22,8 cm (Taf. 9,2). Kleiner geschlossener Bronzering, unregelmäßig gegossen; Dm. 1,9 cm (Abb. 7, 7). „Eisernes Messerfragment; L. 6 cm" (nicht auszuscheiden). Mehrknopfnadel aus Bronze, Schaftoberteil gerippt; L. 27,2 cm (Abb. 7,3).

KOMMENTAR

Für die Auswertung des Fundmaterials von Höresham, soweit es in die Frühlatenezeit gehört, fällt der südbayerische Raum fast vollständig aus. Ursache dafür ist weder der Forschungsstand noch der unzulängliche Publikationsstand,, diese Erscheinung geht vielmehr auf die Quellenlage zurück: Es gibt in Südbayern, worauf weiter unten näher eingegangen werden soll, außerordentlich wenig Gräber der Frühlatenezeit. Aus diesem Grunde müssen, so eintönig es auch ist, notgedrungen immer wieder die Funde und Befunde des Dürrnberges bei Hallein zum Vergleich herangezogen werden. Dabei lassen sich aber die Verhältnisse des Dürrnberges aus zwei Gründen nur bedingt vergleichen: einmal weil die Bewohner dieses kleinräumigen Besiedlungsgebietes durch die Monopolstellung des Salzhandels überdurchschnittlich vermögend waren und zum anderen, weil es sich bei ihnen um im Bergbau tätige und in irgendeiner Form auch am Salzhandel beteiligte Leute handelte, von deren Lebensführung sich jene der Ackerbau betreibenden Bevölkerung von Höresham grundlegend unterschieden haben wird.

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Wenden wir uns bei der Auswertung der Funde zunächst Hügel 1/1959 zu. Das handgearbeitete Kegelhalsgefäß dieses Grabes (Abb. 4, 1), in Bayern ein Unikum, könnte der Form nach eine Weiterentwicklung der Hochhalsgefäße der späten Hallstattzeit in Südbayern sein, für die als Beispiel ein Gefäß aus Hügel 1/1920/21 von Unterleiten19 (Gde. Götting, Ldkr. Bad Aibling/Obb.)20 angeführt sei. Doch zeigt das Vergleichsmaterial vom Dürrnberg, daß es sich bei diesem Höreshamer Gefäß nicht um eine bayerische Weiterentwicklung handelt. Von der Gefäßform und den Gefäßproportionen her entspricht dem Höreshamer Gefäß unter dem Dürrnberger Material am besten ein Kegelhalsgefäß aus Grab 35/121. Eine gute Parallele stammt aus Grab 32/4, die Übereinstimmung erstreckt sich hier auch auf die Dekoration: Auf der Schulter findet sich eine umlaufende Reihe von Kreisstempeln22. Nur durch die Länge der umgelegten Lippe unterscheidet sich das Dürrnberger Stück. Typologisch älter wirkt demgegenüber das Kegelhalsgefäß aus Grab 3623, bei dem der Halsteil nicht hoch bzw. betont genug ist. Das Beigefäß zu dem Kegelhalsgefäß aus Grab 36 (ein Schälchen) trägt übrigens eine dem Höreshamer Gefäß sehr gut entsprechende Stempelzier: Doppelkreisstempel mit (in diesem Falle unterhalb) anstoßenden kleinen Kreisstempeln. Typologisch weiterentwickelt wirken die Kegelhalsgefäße aus den Gräbern 10/124, 3525, 3626 und 4l27. Die Beigabe von Toilettebestecken (Abb. 3, 3. 4) ist in frühlatenezeitlichem Zusammenhang in Bayern vorerst singulär. Nachdem dieses Fundmaterial in der Regel jedoch aus unsystematischen Grabungen des vorigen Jahrhunderts stammt, will das Fehlen jener Stücke, sofern sie wie im Höreshamer Falle aus Eisen bestanden, bei dem schlechten Erhaltungszustand derartiger kleiner Objekte im Grabe nichts besagen. Auffällig ist dagegen, daß Toilettebestecke auch am Dürrnberg außerordentlich selten sind! Ein dort gefundenes, aus Bronze gefertigtes Beispiel aus Grab 44/128 gehört zu einem nach LT-B zu datierenden Komplex. Eine weitere Bronzepinzette an einem Ringchen rechnet zu den Beigaben aus gestörten Bestattungen in Grab 5329. Die Fragmente von dem oder eher den großen Eisenringen mit schmaler Manschette (Abb. 3,11) müssen nach der Fundlage (Taf. 2 B) ehemals an einem Gürtel befestigt gewesen sein. Entsprechende Stücke treten auch sonst gelegentlich auf, so etwa in Hügel l von Oberwildenau/Hannersgrün (Ldkr. Neustadt a. d. Waldnaab/Opf.) in drei Exemplaren30. An außerbayerischen Parallelen sei auf das Fragment eines völlig gleichen Ringes verwiesen, das als Streufund in Grab 32 des Dürrnberges zum Vorschein kam31. Wohl zur gleichen Gruppe gehörig ist ein Eisenring, der in der Bauchregion des Skelettes in Grab 39/4 des Dürrnberges gefunden wurde32. In dem gestörten Grab 4 des Dürrnberges kamen zwei derartige, allerdings wohl etwas unterschiedliche Eisenringe zum Vorschein, bei denen die Befestigungsvorrichtung besser erhalten ist33. Etwas kleiner ist ein Stück von Schwend Hügel 334 (Ldkr. Sulzbach-Rosenberg/Opf.). An diese dünnstabigen Eisenringe lassen sich dann ebenfalls aus Nordbayern zwei große und ein kleines Exemplar, sämtlich erheblich massiver, anschließen, die aus einer alten Grabung bei Leidingshof (Gde. Siegritz, Ldkr. Ebermannstadt/Ofr.) stammen35. Ebenfalls zwei große und ein kleines Exemplar fanden sich in dem Schwert19

Kossack, Südbayern Taf. 112,5. Für die Landkreiseinteilung wird hier und nachfolgend noch der Stand vor der Gebietsreform vom 1. Juli 1972 verwendet. 21 Penninger, Dürrnberg Taf. 32, 6. 22 Penninger, Dürrnberg Taf. 28 E 3. 23 Penninger, Dürrnberg Taf. 29 E 4. 24 Penninger, Dürrnberg Taf. 8 B 5. 25 Penninger, Dürrnberg Taf. 31 C 6. 26 Penninger, Dürrnberg Taf. 29 E 3. 20

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Penninger, Dürrnberg Taf. 39 B 5. Penninger,Dürrnberg Taf. 42 A3. 29 Penninger, Dürrnberg Taf. 60, 4. 30 Museum Regensburg, Inv. Nr. 1955/45. 31 Penninger, Dürrnberg Taf. 29 D 2. 32 Penninger, Dürrnberg Taf. 37 D 4. 33 Penninger, Dürrnberg Taf. l E 9.10. 34 Prähistorische Staatssammlung München, Inv, Nr. 1895/189,2. 35 Prähistorische Staatssammlung München, Inv. Nr. 28

Hügelgräber der Hallstatt- und Latenezeit bei Höresham

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grab von Erkertshofen36 (Ldkr. Hilpoltstein/Mfr.). Im Querschnitt ist der Ringkörper der letztgenannten Ringe allerdings nicht wie bei den bisher aufgeführten Ringen rundstabig, sondern langgezogen-tropfenförmig. Ein entsprechendes Einzelstück rührt aus einer alten Grabung von Süßberg Grab 737 (Gde. Eitlbrunn, Ldkr. Regensburg/Opf.) her. Ein Ringpaar jenes Typs wurde neben zahlreichen anderen Objekten in einer 0,25 m dicken Brandschicht (ohne Leichenbrand!) in Grab 12 des Dürrnberges38 angetroffen. Vier verzierte und - im Gegensatz zu den bisher aufgeführten - aus Bronze gefertigte Exemplare fanden sich schließlich in dem Dürrnberger „Fürstengrab" 44/239. Grab 12 des Dürrnberges enthielt auch einen durchbrochenen eisernen Gürtelhaken40, der sich nur durch das Fehlen der Hülse am Riemenende des Gürtelhakens von dem Gürtelhaken aus Hügel 1/1959 von Höresham (Abb. 3,2) unterscheidet. Aus Südbayern stammt außer dem Höreshamer Exemplar nur noch ein einziger weiterer durchbrochener Gürtelhaken. Dieser aus einer Grabung Naues von 1888 in einem Grabhügel bei Riedhausen41 (Gde. Seehausen, Ldkr. Weilheim/Obb.) herrührende Gürtelhaken ist allerdings etwas kleiner. Zu den Beifunden zählt außer einer Certosafibel auch das Fragment eines Eisenringes mit zwei Manschetten (?). Bei der „seitlich offenen Eisentülle mit zwei hindurchgesteckten Eisenbändern" unter den Beigaben aus gestörten Bestattungen des Grabes 53 vom Dürrnberg42 dürfte es sich um den Rest eines etwas andersartigen durchbrochenen, breiten eisernen Gürtelhakens handeln, von dem ein etwas besser erhaltenes Exemplar zu dem bereits genannten Komplex von Leidingshof43 zählt. Ein Parallelstück von allerdings auffällig geringeren Ausmaßen in Länge und Breite fand sich nicht in Gebrauchslage, sondern parallel zur Körperachse bei der linken Oberkörperhälfte des Männergrabes 46/1 vom Dürrnberg44. Die Stege dieser durchbrochenen Gürtelhaken sind offensichtlich als stark stilisierte Tierdarstellungen zu interpretieren, wie beispielsweise aus dem übergroßen und überbreiten Gürtelhaken des vorgenannten Erkertshofener Grabes45, aus einem Gürtelhaken von Linz46, den Bronzegürtelbeschlägen des Grabes 44/2 vom Dürrnberg47 oder dem Gürtelhaken von Hölzelsau bei Kufstein48 deutlich wird. Das Klingenbruchstück eines Eisenmessers (Abb. 3,1) ist nichtssagend und braucht daher nicht weiter behandelt zu werden. Die zwei sehr kleinen dunkelgraubraunen bzw. grauschwarzen Einzelscherben aus der Füllung des Grabschachtes hängen mit einer älteren Siedlung der Umgebung zusammen und sind zufällig mit der herbeitransportierten Humuserde bzw. dem Lehm beim Zufüllen des Grabschachtes in denselben gelangt. Entsprechend den angeführten Parallelen aus den Gräbern des Dürrnberges ergibt sich für Hügel 1/1959 von Höresham damit eine Datierung in die Latenestufe A.

IV 347-348. - G. Hager u. J. Mayer, Die vorgeschichtlichen, römischen und merovingischen Altertümer. Kataloge des Bayerischen Nationalmuseums 4 (1892) Taf. 5,7. 36 Prähistorische Staatssammlung München, Inv. Nr. 1968,538 e. 37 Prähistorische Staatssammlung München, Inv. Nr. 1900/53,4. 88 Penninger, Dürrnberg Taf. 11 A 10.11. 89 Penninger, Dürrnberg Taf. 43,18. 40 Penninger, Dürrnberg Taf. 11 A 9. 41 Prähistorische Staatssammlung München, Inv. Nr. 1889, 66. 42 Penninger, Dürrnberg 90 Taf. 60,12. 7 Festschrift Werner

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Prähistorische Staatssammlung München, Inv. Nr. IV 346. - Hager u. Mayer (wie Anm. 35} Taf. 5, 9. 44 Penninger, Dürrnberg Taf. 50 A 4. 45 Prähistorische Staatssammlung München, Inv. Nr. 1968,538 c. 46 J. Reitinger, Oberösterreich in ur- und frühgeschichtlicher Zeit. Ur- und Frühgeschichte Oberösterreichs l (1969) 226 Abb. 191. 47 Penninger, Dürrnberg Taf. 43, 6-8. 48 Prähistorische Staatssammlung München, Inv. Nr. 1966, 787. - P. Reinecke, Wiener Prähist. Zeitschr. 10, 1923, 28 ff. 29 mit Abb. - W. Torbrügge u. H. P. Uenze, Bilder zur Vorgeschichte Bayerns (1968) 277 Abb. 254. H. Dannheimer u. R. Fink, Fundort Bayern (1968) 111.

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Hügel 2/1959, der zugleich Hügel 2/1906 entspricht, war bereits bei der Erstausgrabung im Jahre 1906 nicht mehr ungestört, sondern ausgeraubt angetroffen worden. Das zeigte sich neben der Störung des Skelettes einmal darin, daß die Füllung des Grabschachtes nicht rollsteinfrei war wie in Hügel 1/1959 und Hügel 4/1958, sondern bis unten hin mit einer „immer wieder von Steinsetzungen unterbrochenen Lehmschicht" gefüllt war, wie es bei der nachträglichen Zufüllung eines Grabschachtes zu erwarten ist. Das Auftreten der elf Scherben verschiedener Gefäße, die ehemals mit Sicherheit zur Grabausstattung gehört haben, „ziemlich nahe beisammen" in der oberen Hügelaufschüttung paßt zwar zur Zufüllung eines Grabungsschachtes im Anschluß an eine „Untersuchung", nicht aber zu einer solchen im Anschluß an eine antike Beraubung des Grabes, die der Waffen- oder Schmuckausstattung gegolten hätte. Daraus ergibt sich, daß es sich bei der Störung um eine Grabung des 19. Jahrhunderts gehandelt haben wird, wobei lediglich auffällt, daß man die Mühe nicht gescheut hat, den Grabungstrichter wieder zuzuwerfen. Bemerkenswert unter den Funden aus diesem Hügel ist zunächst die Randscherbe eines großen handgearbeiteten Graphittongefäßes (Abb. 4, 8), einer sogenannten Graphittonsitula. Derartige Graphittongefäße, die auf der Schulter eine Leiste mit Fingertupfen oder Abdruck- bzw. Stempelverzierung tragen oder die gleiche Verzierung auch einfach auf der Gefäßwand aufweisen49, gehören zur Siedlungskeramik und treten weder in Nord- noch in Südbayern50 oder am Dürrnberg51 als Grabkeramik52 der Frühlatenezeit auf: Bei den wenigen in der Literatur angeführten Beispielen handelt es sich immer nur um eine größere Gefäßscherbe, niemals jedoch um ein ganzes Gefäß, wie man es bei Grabkeramik erwarten müßte. Die geringe Zahl (am Dürrnberg unter 58 Gräbern mit weit über 100 Bestattungen nur ein einziges Beispiel!) beweist schließlich, daß es sich bei diesen Scherben von Graphittonsitulen keineswegs um die Überreste bestimmter Bestattungszeremonien handelt. Es muß also davon ausgegangen werden, daß die Scherbe jener Höreshamer Graphittonsitula ebenfalls nur versehentlich auf den Boden des Grabschachtes gelangt ist. Der Typ des Höreshamer Gefäßes selbst weicht mit der sehr deutlich ausgeprägten Halskehle und dem ausbiegenden Rand (wodurch das Gefäß ein S-Profil erhält) und der unverdickten Lippe deutlich von dem an sich schon sehr variationsreichen Typ der Graphittonsitulen ab53, während es für die Fingertupfendoppelreihe Parallelen aus Niederbayern gibt54. Das scheibengearbeitete Gefäß mit Stempelverzierung in Form von doppelten Bögen und Doppelkreispaaren (Abb. 4, 5) zeigt die für das östliche Frühlatenegebiet geläufige „Bogenkette mit Rreisendigungen"55. Ob es Zufall ist, daß vom Dürrnberg ein entsprechendes Ziermuster (wie auch eine gute Parallele zu der Gefäßform) bisher nicht bekannt wurde, während dort Gruppen von Kreisstempeln am unteren Ende der Bögen geläufig sind, bleibt bis zum Erscheinen der weiteren 49 Beispiele derartiger Graphittonsitulen bei I. Kappel, Die Graphittonkeramik von Manching. Die Ausgrabungen in Manching 2 (1969) 52 Abb. 15, 1; 60 ff. mit Abb. 16-20. - Zur frühlat&iezeitlichen Graphittonkeramik allgemein: Kappel a. a. O. 58 ff. 60 Das einzige weitere Gegenbeispiel von Stein a. d. Traun (Ldkr. Traunstein) (M. Hell, Wiener Prähist. Zeitschr. 29, 1942, 59 Abb. 2) ist ohne Beweiskraft, da von ihm nur „etwa die Hälfte des Gefäßes" angetroffen wurde, entsprechend unserer großen Randscherbe von Höresham. 51 Ein Stück aus Grab 40 vom Dürrnberg (Penninger, Dürrnberg Taf. 39 A 15) stammt nicht aus dem Grab selbst, sondern aus einer mit Siedlungsmaterial gefüll-

ten Spalte in der Felsoberfläche (unterhalb des Bestattungsniveaus); auch hierbei handelt es sich wieder nur um eine Scherbe! 52 Insoweit ist die Liste bei Kappel (wie Anm. 49) 203 zu korrigieren. 63 Man vergleiche Kappel a. a. O. 60 ff. mit Abb. 16 -20. 64 Kappel a. a. O. 62 Abb. 18,1.19. 56 F. Schwappach, Stempelverzierte Keramik von Armorica. Marburger Beiträge zur Archäologie der Kelten. Festschr. W. Dehn. Fundber. aus Hessen, Beih. l (1969) 252 ff., bes. 253; O.-H. Frey u. F. Schwappach, World Archaeology 4, 1973, 343. 347 Abb. 16, 4.

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Diirrnberg-Publikationen abzuwarten. Gleiches gilt für die Überprüfung der Angabe, wonach es sich dort bei den unterbrochenen Bogenornamenten nicht wie allgemein üblich um Stempel, sondern um eine Verzierung in Rollrädchentechnik handeln soll58. Dem rundstabigen eisernen „Koppelring" jenes Grabes (Abb. 3, 7) einem im früh- und älterlatenezeitlichen Fundmilieu geläufigen Typ, dürfte einst ein weiterer entsprochen haben. Derartige Ringe, wie sie beispielsweise vom Dürrnberg sowohl massiv57, als auch aus Eisenblech58, aus Bronze59 oder massiv aus Eisen und mit einer Manschette zur Befestigung60 vorliegen, hängen mit der Schwertgürtung zusammen und werden in der Regel im Grab beim Schwert angetroffen. In Grab 41 vom Dürrnberg wurde nun ein derartiges (massives) „Koppelring"paar gefunden61, und zwar im Bereich des Beckenzentrums und nicht neben dem Körper, wo man es hätte erwarten müssen, wenn dem Verstorbenen ein Schwert mitgegeben worden wäre. Jenes Grab, das weiterhin nur noch ein Gefäß und zwei Bronzefibeln enthielt, war offensichtlich ungestört. Da nun vom Dürrnberg in den Gräbern 39/4 und 42/2 weitere Beispiele für schwertlose Gräber mit „Koppelringen" im Becken vorliegen62, so braucht das Fehlen von Waffen in unserem Höreshamer Hügel 2/1959 durchaus nicht auf die Raubgräber des vorigen Jahrhunderts zurückgehen. Bei den damaligen Grabungsund Bergungsmethoden sollte man eher annehmen, daß ein Stück der Waffe im Boden geblieben wäre und dann bei der Untersuchung Stecheies oder jener des LfD aufgefunden worden wäre. Nach dem Dürrnberger Befund der Gräber 41, 39/4 und 42/2 ist vielmehr davon auszugehen, daß es einem gelegentlich praktizierten Ausstattungstyp entspricht, wenn Männer ohne Schwert, wohl aber mit dem Schwertgurt beigesetzt wurden. Die Datierung des Höreshamer Hügels 2/1959 ist nur über das stempelverzierte Gefäß (Abb. 4, 5) möglich, das in technischer Hinsicht (Drehscheibenware) wie auch in der Gefäßform und in der Ornamentik erheblich weiterentwickelt ist als das handgearbeitete Gefäß aus Hügel 1/1959. Am Dürrnberg sind handgearbeitete Kegelhalsgefäße jenes Typs mit Vogelkopffibeln und ostalpinen Tierkopffibeln verknüpft63,, während scheibengearbeitete „fkschenförmige" Gefäße bzw. Schüsseln mit enger Mündung mit Certosa- und Marzabottofibeln bzw. frühen LT-B-Fibeln einhergehen64. Hügel 3/1959 entzieht sich der Beurteilung, da die Bestattung hier einst zu ebener Erde und nicht in einer Grabgrube erfolgt war und der alt angegrabene Hügel bei der Rodung vollständig zerstört worden war. Die geringen Reste von einem bzw. zwei zur ehemaligen Grabausstattung gehörigen Tongefäßen, einer Schale und eines dickwandigen Gefäßes (bei letzterem ist die Zugehörigkeit durch die Grabungsdokumentation nicht gesichert), erlauben aufgrund ihrer Machart zwar die Datierung in die Frühlatenezeit, doch sonst keine nähere Bestimmung. Hügel 4/1958 erbrachte dagegen wieder eine ungestörte Bestattung. Die Flasche aus diesem Grab f Abb. 4,2) ist, wie aus dem Fehlen der Drehrillen auf der Innenseite und den Unregelmäßigkeiten der Außenseite hervorgeht, nicht auf der Drehscheibe hergestellt, sondern offensichtlich nur hand56

z. B. Grab 37/2: Penninger, Dürrnberg 70 Nr. 15. 16. 20 Taf. 34,15.16; 35 A 19. 57 Grab 10/2: Penninger, Dürrnberg Taf. 9 A 7; Grab 13: Taf. 13, 6; Grab 39/2: Taf. 36, 7; Grab 41: Taf. 39 B 3. 4. 58 Grab 45: 3 Exemplare: Penninger, Dürrnberg Taf. 49 A 4-6. 69 z. B. Grab 10/1: 3 Exemplare: Penninger, Dürrnberg Taf. 8 A 3-5.

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Grab 46/2: Penninger, Dürrnberg Taf. 51,11.12. Penninger, Dürrnberg 74 Taf. 39 B. 62 Grab 39/4 mit 2 Eisenringen sehr unterschiedlicher Größe: Penninger, Dürrnberg Taf. 37 D 3. 4. - Grab 42: Penninger, Dürrnberg Taf. 88. 63 z. B. in Grab 41: Penninger, Dürrnberg Taf. 39 B 1.2. e4 Keramik zwischen den Gräbern 10/1 und 10/2: Penninger, Dürrnberg Taf. 8 B; 9 B. 61

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gemacht und dann wohl nachgedreht worden. Für die Frühlatenezeit Bayerns handelt es sich dabei um eine einmalige Form. Auf dem Dürrnberg zeigt sich dagegen ebenfalls eine Tendenz zu übergroßen, schweren, flaschenartigen Gefäßen65. Eine genaue Entsprechung zur Gefäßform der Höreshamer Flasche fehlt wiederum auf dem Dürrnberg66. Doch lassen sich hinsichtlich der Verzierung wieder Übereinstimmungen aufzeigen. So findet sich ein recht ähnliches umlaufendes Ornament aus großen und kleinen Kreisstempeln auf einer „vielleicht handgemachten" Schale aus Grab 3667. Eine nahezu identische Verzierung von großen Kreisaugenstempeln mit oben schräg anstoßenden kleinen Kreisstempeln tritt auf einer Tonschnabelkanne aus Grab 34 auf68. Das eiserne Schwert (Abb. 4,3) ist das erste Schwert der Frühlatenezeit aus Südbayern überhaupt. In der Form des auf die Schwertscheide (Abb. 4, 4) aufgenieteten Schwertriemenhalters mit rundlichen Attaschen ist das Schwert mit jenem aus Grab 39/2 des Dürrnberges zu vergleichen69. Bei beiden Schwertscheiden findet sich übrigens eine unter dem Schwertriemenhalter hindurchlaufende Zwinge, die bei dem Dürrnberger Stück allerdings nur aus Eisen besteht. Unter den zahlreichen frühlatenezeitlichen Hiebmessern vom Dürrnberg ist der Typ mit ehemaligem Griffbelag aus Holz nur in einem Exemplar vertreten70, während alle anderen Hiebmesser eiserne Griffschalen aufweisen. Demgegenüber gehören neben dem Höreshamer Hiebmesser (Abb. 3, 9) von den vier weiteren bisher bekannten Stücken aus Südbayern noch zwei zu dem Typ mit hölzernem Griffbelag71 und nur die beiden letzten dem Typ mit eisernen Griffschalen72 an. Die kleinen Eisenringe des Höreshamer Hügels 4/1958 (Abb. 3, 8. 10) unterscheiden sich in ihrer Größe recht auffällig voneinander (Dm. 3,0 und 4,0 cm). Bei dem kleineren von ihnen (Abb. 3, 8) liegt die Deutung vom Typ und von der Höreshamer Fundsituation her auf der Hand: Er ist einer jener bereits früher genannten, bei der Befestigung des Schwertriemens an der Schwertscheide verwendeten „Koppelringe". Schwieriger ist der größere Eisenring von Höresham (Abb. 3,10) zu interpretieren. Nach dem Grabungsbericht wurde er zwischen den Oberschenkeln angetroffen. Einerseits erscheint es möglich, daß es sich bei ihm um das ungleiche Gegenstück zu dem erstgenannten Ring handelt73, das entweder bei der Bergung verräumt wurde oder aber tatsächlich im Grab aus unbekanntem Grunde vor der Ausgrabung zwischen den Oberschenkeln zu liegen kam. Andererseit aber möchte man auch nicht ausschließen, daß das ehemalige Gegenstück zu dem „Koppelring" (Abb. 3, 8) vor oder bei der Bergung in Verlust geraten ist und daß der größere Ring ehemals zum Gürtel oder zum Schwertgurt gehörte74. 65 Grab 15 (Penninger, Dürrnberg Taf. 14, 25); Grab 20/1 (Taf. 20, 10); Grab 28/2 (Taf. 25 A 6); Grab 28/1 (Taf. 26, 26); Grab 37/2 (Taf. 34, 16; 35 A 17); Grab 42/2 (Taf. 20 C 2); Grab 43/2 (Taf. 41 B 5); Grab 53 (Taf. 60, 14); Grab 53/1 (Taf. 61 A 15); Grab 56 (Taf. 63, 17). - Dazu sind auch die Tonschnabelkannen zu rechnen: Grab 34 (Taf. 30,17.18); Grab 52/2 (Taf. 58 A 7); Grab 56 (Taf. 63, 16). 66 Am ehesten ist noch ein zeichnerisch stark rekonstruiertes Gefäß aus Grab 53 zu vergleichen, das sich allerdings in der Bildung des betonten Gefäßunterteiles unterscheidet (Penninger, Dürrnberg Taf. 60, 14), während das Höreshamer Gefäß ein zusammengestaucht wirkendes Unterteil aufweist. 67 Penninger, Dürrnberg Taf. 29 E 5. 68 Penninger, Dürrnberg Taf. 30,18. 68 Penninger, Dürrnberg Taf. 36, 8. 70 Grab 42/2: Penninger, Dürrnberg Taf. 40 B 2.

71 Roseninsel im Starnberger See: Prähistorische Staatssammlung München, Inv. Nr. EM 302. - Zwischen Aidling und Riegsee (Ldkr. Weilheim): Prähistorische Staatssammlung München, Inv. Nr. 1888,242. 72 Fischen-Pähl, Gruppe Ic, Hügel 7 (Ldkr. Weilheim): J. Naue, Die Hügelgräber zwischen Ammer- und Staffelsee (1887) Taf. 17, 8. - Wilzhofen-Wielenbach, Gruppe V b, Hügel 17 (Ldkr. Weilheim): Naue a. a. O. Taf. 17,9. - Kossack, Südbayern Taf. 100,12. 73 So wurden in der Bauchgegend des Grabes 39/4 vom Dürrnberg ebenfalls zwei Eisenringe sehr unterschiedlicher Größe angetroffen: Penninger, Dürrnberg Taf. 37 D 3. 4. - Auch die Ringe beim Schwertgriff in Grab 44/1 sind ungleich groß: Penninger, Dürrnberg Taf. 42 A 7. 8. 74 Man vergleiche dazu die Lage der Bronzeringe in Grab 44/1: Penninger, Dürrnberg Taf. 42 A 4. 7. 8; 91.

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Der eiserne Pfriem (?) mit Knochengriff (Abb. 3, 6), beim linken Fuß gefunden, ist vorläufig singulär und entzieht sich der Beurteilung. Die Datierung des Hügels 4/1958 von Höresham erfolgt einmal über das Hiebmesser (Abb. 3, 9), bei dem es sich um einen geläufigen LT-A-Typ handelt, und weiterhin aufgrund der Flasche und ihrer Verzierung (Abb. 4, 2), die man am Dürrnberg in den LT-A-Horizont stellen würde. Die Bestattung des Hügels 5/1958 erwies sich bei der Ausgrabung als durch eine Raubgrabung des vorigen Jahrhunderts völlig zerstört. Zu den ehemaligen Beigaben rechnen Scherben zweier Schalen, von denen nur die der einen die zeichnerische Rekonstruktion erlauben (Abb. 4, 7). Es handelt sich dabei um eine der von W. Dehn zusammengestellten Braubacher Schalen75. Die Anzahl der bayerischen Exemplare hat sich seit 1951 etwas vermehrt, so aus Südbayern um ein Stück von der Roseninsel76 im Starnberger See, das mit seiner Verzierung von in Reihen angeordneten feinen Einstichen bzw. Abdrücken mit der Höreshamer Scherbe zu vergleichen ist. Auf den Braubacher Schalen des Dürrnberges treten dagegen derartig einfache Verzierungen nicht auf, sie zeigen vielmehr Kreisstempel und „Rollrädchen"-Girlanden. Die Randscherbe eines kleinen handgearbeiteten Schäfchens (Abb. 4, 6), die durch leichten sekundären Brand gelb bis gelbgrau gefärbt ist, stammt dagegen wie die kleine Wandscherbe eines weiteren Gefäßes offensichtlich aus der zugehörigen Siedlung und ist zufällig beim Humus- bzw. Lehmtransport an die Stelle des Hügels 5/1958 bzw. in seinen Grabschacht geraten. Von den Beigaben der restlos zerstört angetroffenen Bestattung in Hügel 6/19S8 sind die Scherben zweier Gefäße aufgrund ihrer Machart und ihres Aussehens in die Frühlatenezeit zu setzen. Für eine weitergehende Bestimmung sind sie jedoch nicht charakteristisch genug. Bei dem profilierten Eisenknopf mit kurzem nietartigem Ende zur Befestigung auf einer Unterlage (Abb. 3, 5) könnte man daran denken, daß das Stück neuzeitlich ist und erst bei der Raubgrabung des vorigen Jahrhunderts in den Boden gelangte. Andererseits aber findet sich eine recht gute Entsprechung aus Bronze unter den Beigaben aus gestörten Bestattungen des Grabes 53 vom Dürrnberg77. Dem Dürrnberger Stück ist dabei zum Unterschied ein längerer Nietstift zu eigen. Ferner tritt bei ihm eine separate Unterlagscheibe auf, während bei dem Höreshamer Exemplar eine stärkere Verdikkung des Eisenknopfes am Nietende offensichtlich die Funktion der Unterlagscheibe übernahm. Im Unterschied zu dem Dürrnberger Eisenknopf besitzt das Höreshamer Stück in der Mitte noch eine Durchbohrung. Die ehemalige Funktion des Dürrnberger Eisenknopfes, in dessen Nähe eine flache, undurchbohrte Eisenscheibe von 6,6 cm Durchmesser mit kurzem Fortsatz78 gefunden wurde, ist ebenfalls unbekannt. Die Gefäße aus den Grabungen Wiesend von 1862 (Taf. 4, 4-6) sind entgegen den Angaben Wiesends in der dargestellten Form unmöglich. Nachdem die Stücke heute nicht mehr erhalten sind, können sie nur nach der von Wiesend beschriebenen Tonbeschaffenheit vermutungsweise in die Frühlatenezeit gesetzt werden. Diese Datierung kann nach der Fundsituation zutreffen. Bei den Funden der Grabung von 1904 vertreten unter den Gefäßen der Hauptbestattung (Taf. 6, 1-4) das halbkugelige Schälchen mit den Dellendreiergruppen (Taf. 6,1) wie das innen graphitierte 75

W. Dehn, Bonner Jahrb. 151,1951, 83 ff. Prähistorische Staatssammlung München, alter Bestand, Inv. Nr. „R. I. Seh.". 76

" Penninger, Dürrnberg Taf. 60, 7. Penninger, Dürrnberg Taf. 60, 8.

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Omphalosschälchen (Taf. 6, 2) und das innen und außen teilweise graphitierte Schälchen (Taf. 6,3) in der Späthallstattzeit Bayerns übliche Typen. Für die Trichterrandschüssel mit abgesetztem Unterteil (Taf. 6,4) lassen sich Parallelen aus dem östlichen Südbayern anführen, so etwa aus Hügel 3/1911 von Buch am Erlbach79 (Ldkr. Landshut/Ndb.) oder von Hügel 4/1920/21 von Götting80 (Ldkr. Bad Aibling/Obb.). Die einfachen rundstabigen Bronzearmringe der Nachbestattung in jenem Höreshamer Hügel (Abb. 7, 8.9) finden auf dem Dürrnberg ihre besten Vergleichsstücke in einem am rechten Unterarm getragenen Armringpaar aus Grab 55/281, dem Grab eines 6-12 Jahre alten Mädchens, das weiterhin enthält: zwei kleine Certosafibeln; eine Drahtfibel mit in der Seitenansicht symmetrisch gebogenem Bügel, mit großen Spiralwindungen und profiliertem Fuß; zwei sekundär zusammengebogene Armringe mit ösenenden; noch einen Beinring mit ösenenden; einen kästchenförmigen Gürtelhaken aus Eisenblech sowie diverse Teile eines Halsschmuckes, der dem Kind über Kopf und Hals gelegt zu sein scheint. Diese massiven, exakt gearbeiteten Armringe nun, die sich deutlich von den in späthallstättischer Tradition stehenden massiven, plump gegossenen Armringen82 und auch von den gleichmäßig starken, doch wesentlich dünneren (und dadurch häufig etwas deformierten) Bronzearmringen83 unterscheiden, treten in Südbayern beispielsweise in einem Fundkomplex von Oberhaching84 (Ldkr. München) zusammen mit Halsringen mit ösenenden und aufgeschobenen blauen Glasperlen auf. Ein den Höreshamer Armringen recht gut entsprechendes, nur noch ein wenig dickeres Armringpaar stammt aus dem Grabfund von Richterskeller85 (Gde. Schönleiten, Ldkr. Regensburg/Opf.). Dieser Komplex ist mit der Nachbestattung des Höreshamer Hügels von 1904 durch das Vorkommen des gleichen eisernen Gürtelhakentypes86 verknüpft (Abb. 7, II)87, der in Südbayern und auf dem Dürrnberg nicht vertreten ist. Die drei Komplexe von Dürrnberg Grab 55/2, Richterskeller und Höresham Grabung 1904 - Nachbestattung sind untereinander noch dadurch verbunden, daß außer den betreffenden Armringen noch weitere Armringe getragen wurden - so in Höresham ein den Bronzearmringen ähnlicher, verschollener eiserner Armring - und weiterhin dadurch, daß in Grab 55/2 des Dürrnberges und in Richterskeller kleine Certosafibeln vorkommen (während in Höresham keine Fibeln mitgegeben wurden). Bei der Keramikbeigabe unterscheiden sich die drei Grabkomplexe dann aber sehr auffällig: in Höresham ein ganz einfaches handgearbeitetes Gefäß (Taf. 6, 6), in Richterskeller scheibengearbeitete und stempelverzierte Stücke88 und im Dürrnberger Grab keinerlei Keramik, offensichtlich weil es sich um ein Kindergrab handelt. Das doppelkonische, handgefertigte und sehr unregelmäßig gearbeitete Gefäß von Höresham (Taf. 6, 6), dessen Ton Graphit enthält, ist ein Beispiel für „Hausmacherkeramik" im Gegensatz zu den aus einer oder verschiedenen Töpferwerkstätten stammenden Gefäßen (Abb. 4, 1. 2). Die typologische Stellung jenes Gefäßes (Taf. 6, 6) im Verhältnis zu den anderen Höreshamer Gefäßen ist nicht mit Sicherheit auszumachen. Das Fehlen eines abgesetzten Halsteiles und eines einziehenden Gefäßunterteiles läßt sich einerseits als typologische "Weiterentwicklung gegenüber dem Kegelhals79

Kossack, Südbayern Taf. 122,1. Kossack, Südbayern Taf. 112,10. 81 Penninger, Dürrnberg Taf. 62 B 13.14. 82 z. B. Hügel 56 im Staatswald Mühlhart, (Gde. Schöngeising, Ldkr. Fürstenfeldbruck/Obb.): Kossack, Südbayern Taf. 67, 11. - Bayer. Vorgeschichtsbl. 29, 1964,98 Abb. 9,2. 83 z. B. Dürrnberg Grab 12: Penninger, Dürrnberg Taf. 11 Pi. 6.7. - Grab 14: Penninger, Dürrnberg Taf. 11 B 6. 7. 80

84 Prähistorische Staatssammlung München, Inv. Nr. 1940,17.18. 85 Bayer. Vorgeschichtsbl. 29,1964,92 Abb. 7,5. 6. 88 Bayer. Vorgeschichtsbl. 29,1964,92 Abb. 7, 8. 87 Das nicht auszuscheidende, wohl in Verlust geratene Stück wurde nach einem Foto umgezeichnet. Wegen der perspektivischen Verzerrung der Vorlage ist unsere Abbildung hier mit entsprechendem Vorbehalt zu betrachten. 88 Bayer. Vorgeschichtsbl. 29,1964, 93 Abb. 8,5. 6.

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gefäß aus Hügel 1/1959 (Abb. 4,1) interpretieren, kann andererseits aber auch lediglich auf handwerklichem Unvermögen bei der Gefäßherstellung („Hausmacherkeramik"!) beruhen. - Die Zuweisung der Nachbestattung aus der Grabung von 1904 in die Frühlatenezeit ergibt sich aus den oben angezogenen Parallelfunden. Hügel 1/1905 enthielt außer einer neolithischen Erstbestattung noch eine hallstattzeitliche Nachbestattung, zu der lediglich ein Hochhalsgefäß (Taf. 6, 10) und eine ehemals innen vielleicht graphitierte Schale mit schwach S-förmigem Profil (Taf. 6, 8) rechnen. Das Hochhalsgefäß zählt zu den Leitformen der späten Hallstattzeit in Südbayern89, und auch die außen unverzierte Schale wird man wegen ihrer im Vergleich mit den nach Ha-C zu datierenden Schalen90 breiteren Standfläche in diese Stufe setzen müssen. Hügel 2/1905 ist aus mehreren Gründen besonders schlecht zu beurteilen: einerseits war der Hügel alt angegraben, andererseits wurde die Grabung offensichtlich nicht von Stechele vorgenommen sondern von anderen Mitgliedern des Burghausener Museums- und Altertumsvereines. Das hatte zur Folge, daß die Ausgrabung nicht mit der Genauigkeit Stecheies erfolgte und daß keinerlei Grabungsdokumentation angefertigt wurde. Ausgerechnet in jenem Hügel aber kamen die einzigen latenezeitlichen Fibeln von Höresham sowie ein hallstattzeitliches Gürtelblech zum Vorschein. Nachdem ein Teil der seinerzeit ergrabenen Funde heute im Museum Burghausen nicht mehr auszuscheiden ist, so bleibt unbestimmt, ob ein in Stücken angetroffener „Armreif mit Strichverzierung" und Tonscherben von der hallstattzeitlichen Bestattung oder von einer frühlatenezeitlichen herrühren. Schließlich ist nicht zu klären, ob die zu dem hallstattzeitlichen Gürtelblech gehörige Bestattung die ehemalige Hauptbestattung des Hügels darstellt oder nur die älteste Nachbestattung und ob schließlich die frühlatenezeitlichen Fibeln von einer oder mehreren Nachbestattungen stammen. Die Reste des Gürtelbleches aus Bronze (Abb. 7,10) belegen einen besonders schmalen Gürtel bei dem es weder für die Konstruktionsteile aus verschiedenartigen Zwingen noch für die Ornamentik des Gürtelbleches selbst in Bayern oder Hallstatt eine gute Parallele gibt91. Lediglich für den einen schmalen Zwingentyp läßt sich vom Dürrnberg aus Grab 43/2 ein Vergleichsstück nennen92. Da jenes Stück im Bereich einer völlig gestörten Vorbestattung dieses Grabes gefunden wurde, so läßt sich nicht entscheiden, ob es sich bei ihm um den geringen Rest eines ähnlichen Gürtels wie Höresham oder um den eines anderen Giirteltyps handelt. Beim Dekor fällt unser Stück völlig aus dem Rahmen des in Bayern üblichen heraus: Bei gereihten Ornamenten wie unserem Fries aus U-Haken (für die es keinerlei Parallelen gibt und bei denen es sich um die Höreshamer Umsetzungen von sonst üblichen Bögen handelt!) und den ebenfalls singulären ovalen Buckelornamenten sollte diese Randverzierung vom Mittelfeld durch Rippen abgetrennt sein93. Während das bayerische Hallstattmaterial keine Vergleichsstücke für das Höreshamer Blech enthält, kann man ein Gürtelblech aus Grab 711 von Hallstatt selbst als (nicht erreichtes) Vorbild heranziehen94: das nur 3,4cm breite Blech aus Hallstatt zeigt am Rand eine Reihe von je zwei ineinander gestellten auf dem Kopf stehenden Bögen mit einem Perlbuckel in der Mitte; an jedem Ende der äußeren Bögen steht jeweils ein weiterer Perlbuckel (in Höresham gibt es nur für jeweils vier Bogenenden zusammen einen 89

Typentafel bei Kossack, Südbayern Taf. 17, 21. z. B. die Typentafeln bei Kossack, Südbayern Taf. 15, 7. 8; 16,10-13. 91 1. Kilian-Dirlmeier, 50. Ber. RGK. 1969, 97 ff. ohne Beleg. 92 Penninger, Dürrnberg Taf. 41 B 1. 90

"3 Kilian-Dirlmeier, 50. Ber. RGK. 1969, 124; Beiläge 2 (Gruppe E); Beilage 9 (Gruppe III). M Kilian-Dirlmeier a. a. O. Beilage 2 (Gruppe E 12); K. Kromer, Das Gräberfeld von Hallstatt (1959) Taf. 151,10 a. b.

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Perlbuckel); daran schließt eine längslaufende Rippe an (bei dem Höreshamer Stück durch Vereinfachung entfallen), jenseits derer eine Perlbuckelreihe folgt (diese Buckelreihe wurde in Höresham direkt an die lockere Buckelreihe bei den Bogenenden herangeführt, so daß hier Buckelpaare entstanden sind); in der Mitte dann ein Reiterfries (in Höresham eine Reihe von winzigen Kreisaugen sowie am rechten Ende des Fragmentes nur noch im Ansatz erhalten: ein X-förmiges Rippenornament mit einem Kreisauge als Mittelpunkt). Bei den bayerischen Gürtelblechen mit gereihten Ornamenten zeigt sich eine Vorliebe für längslaufende Rippenpaare und Rippengruppen95, wohingegen bei der entsprechenden Gürtelblechgruppe aus Hallstatt neben Exemplaren mit Rippengruppen auch Stücke mit wenigen Rippen vorkommen96. Nachdem nun außerdem in Bayern das Motiv des Bogens mit Buckel bzw. Kreisaugen an den Enden bei den Gürtelblechen mit gereihten Dekorelementen nicht auftritt und bei den Exemplaren mit Ornamentfeldern nur in stark weiterentwikkelter Form, so darf man daraus wohl den Schluß auf handwerkliche Abhängigkeit des Höreshamer Gürtelblechs von der oberösterreichisch-hallstättischen Gürtelblechgruppe ziehen. Von den drei nur in Fragmenten erhaltenen Bronzefibeln des Hügels 2/1905 fehlt bei allen Stücken der Fibelfuß. Eine genaue Beurteilung der Fibeln ist somit nicht möglich. Den typologisch ältesten Eindruck macht dabei das Exemplar mit dem fast blechartig dünnen Bügel (Abb. 7,6), bei dem man die Abstammung von hallstattzeitlichen Paukenfibeln noch erahnen kann. Deutlich frühlatenezeitlichen Charakter besitzt dann bereits das Fragment mit massivem Bügel (Abb. 7, 4), und das letzte Fragment (Abb. 7,5) dürfte bereits einen typologisch jüngeren Typ vertreten bzw. zu ihm hinleiten. Wegen der unzulänglichen und widersprüchlichen Grabungsdokumentation bleibt bei dem alt angegrabenen Hügel 1/1906 unklar, ob die darin angetroffenen Funde die Beigaben einer Nachbestattung darstellen oder ob sie zur einzigen Beisetzung in diesem Hügel gehören. Deutlich erscheint lediglich, daß die Lage der beiden erhaltenen Gefäße (Taf. 6, 5. 7) zueinander ebenso auf Maßnahmen der Raubgräber des vorigen Jahrhunderts zurückgeht wie der fragmentarische Zustand des Bronzearmringes. Da sich aus den Berichten noch Scherben von mindestens zwei weiteren Gefäßen entnehmen lassen, so liegt nach den Höreshamer Keramikausstattungssitten der Frühlatenezeit der Schluß nahe, daß die nachstehend behandelten Objekte und die verschollenen Stücke nicht zu einer gemeinsamen Bestattung gehörten. Das handgearbeitete Gefäß mit Trichterrand, dessen Ton neben Glimmer auch etwas feinen Graphit enthält (Taf. 6, 7), ist in Bayern singulär. Unter den Dürrnberger Funden liegt mit dem deutlich auf der Drehscheibe gefertigten Gefäß aus dem nach LT-B 2 zu datierenden Grab 48/297 lediglich eine entfernte Parallele in Form eines typologischen Nachkommen vor. Während das erstgenannte Gefäß jenes Höreshamer Hügels ein Produkt aus einer Keramikwerkstatt darstellt, ist das unregelmäßig gearbeitete Omphalosschälchen, dessen Ton viel grobschuppigen Graphit enthält (Taf. 6, S), offensichtlich wieder ein „Hausmacherprodukt". In seiner primitiven Machart und wegen der Graphitbeimengung des Tones erinnert es an das doppelkonische Gefäß aus der Nachbestattung des Hügels von 1904 (Taf. 6, 6). Auf dem Dürrnberg gibt es dazu keine Parallele, doch liegen derartige in hallstättischer Tradition (vgl. Taf. 6, l. 2) stehende Schalen unter dem frühlat&nezeitlichen Siedlungsmaterial Südbayerns vor98. Der verschollene Armring besaß nach der Zeichnung einen ovalen Querschnitt, läßt sich sonst aber nicht näher beurteilen. 95

Kilian-Dirlmeier a. a. O. Beilage 9 (Gruppe III). Kilian-Dirlmeier a. a. O. Beilage 2, Gruppe E 9. 10 und als Gegensatz Beilage 2, Gruppe E 8.12-14. 97 Penninger, Dürrnberg Taf. 55 A 7. 96

"8 z. B. Wallersdorf (Ldkr. Landau a. d. Isar/Ndb.): Prähistorische Staatssammlung München, Inv. Nr. 1927, 44.

Hügelgräber der Hallstatt- und Latenezeit bei Höresham

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In dem Hügel aus der Grabung von 1907, dessen reichhaltiger Geschirrsatz nach Stecheies Planskizze nicht gereiht, sondern gruppenartig beieinander aufgestellt worden ist, muß nach Stecheies Hinweis, daß 12 zusammengeschmolzene Bronzefragmente von Schmuck und Trachtzubehör in einer Gruppe zusammenliegend angetroffen wurden, eine Brandbestattung erfolgt sein. Bei den in gleicher Tiefe wie diese Brandbestattung gelegenen Röhrenknochen handelt es sich also entweder um Reste einer Körperbestattung, deren Beigabenlosigkeit auf eine Raubgrabung des vorigen Jahrhunderts zurückgeht, oder aber um die Tierknochen von einer Fleischbeigabe. Die beiden ovalen Griffschalen dieser Bestattung, deren Riefenverzierung ehemals graphitiert war (Taf. 7,1; 8,1), zählen zu den ganz seltenen Gefäßformen der Hallstattstufe C in Bayern: eine ovale Griffschale, die auf der gesamten Innenseite mit Tupfenmalerei versehen ist, stammt aus einer HaC-Brandbestattung bei Sonderhof99 (Gde. Ronheim, Ldkr. Nördlingen/Schw.). Ein weiteres Exemplar aus einer alten Ausgrabung bei Igensdorf (Ldkr. Forchheim/Ofr.) wird in der Sammlung der Naturhistorischen Gesellschaft in Nürnberg verwahrt100. Jüngst nun wurden zwei entsprechende Schalen bei der Untersuchung des hallstattzeitlichen Gräberfeldes von Schirndorf101 (Gde. Fischbach, Ldkr. Burglengenfeld/Opf.) aufgefunden. Das Kegelhalsgefäß mit roter Bemalung, Graphitwinkelbändern und Graphitdreiecken (Taf. 8, 2) ist der Stufe Ha-C zuzuweisen. Gleiches gilt für die zwei graphitierten Schälchen mit umlaufenden Riefengruppen auf der Gefäßaußenseite wenig oberhalb des Bodens (Taf. 7, 2. 3), ein Gefäßtyp, der an Alz und Isar nicht unbekannt ist102 und der durch den Siedlungskomplex von Altdorf-Ergolding103 (Ldkr. Landshut/Ndb.) in die ältere Hallstattperiode datiert ist. Ein mit Bodenaußenriefen und Rollrädchenornament sowie Dellenabdrücken verziertes Schälchen, das aufgrund der Gefäßform und der Ziertechnik mit unserem Höreshamer Stück (Taf. 7, 3) recht gut vergleichbar ist, stammt wiederum aus einem nach Ha-C datierten Komplex von Buch am Erlbach104 (Ldkr. Landshut/Ndb.). Die dreilinigen Rollrädchengirlanden mit Dellenabdrrücken der Höreshamer Schale (Taf. 6, 9) haben in Südbayern eine Parallele auf einem älterhallstattzeitlichen Gefäß von Pullach105 (Ldkr. München). Das eiserne Messer mit geschweifter Klinge besitzt ein gutes Vergleichsstück in dem hallstattzeitlichen Schwertgrab von Hart an der Alz106 (Gde. Garching, Ldkr. Altötting/Obb.). Einen späthallstättischen Charakter hat dagegen die innen graphitierte Schale mit schwach ausgeprägter Halskehle bzw. mit schwach ausgeprägtem S-Profil (Taf. 7, 8). Als späthallstättisch gilt auch das Motiv der Dellenrosette auf dem Kegelhalsgefäß (Taf. 6, II)107. Wegen der großen Anzahl der mitgegebenen Gefäße (14 Stücke!), wegen des Brandritus und der doch noch sehr ausgeprägten Ha-C-Keramikeigenschaften wird man die (Haupt-)Bestattung des 1907 untersuchten Hügels noch in die Stufe Ha-C setzen wollen, wobei man wegen einzelner Späthallstatt-Tendenzen bei der Keramik wohl die ausgehende Stufe Ha-C ins Auge fassen darf. Im Falle des bei der Grabung 1908 untersuchten Hügels treten wegen der Ungenauigkeit der Grabungsdokumentation die gleichen Schwierigkeiten wie bei dem im Jahre 1907 ausgegrabenen Hügel 99

Bayer. Vorgeschichtsbl. 11,1933,120 Taf. 11,2. Inv. Nr. 8171/25. 101 Hügel 110. - Vgl. Beitrag W. Torbrügge S. 57 f. 102 Brück (Gde. Emmerting, Ldkr. Altötting/Obb.): Kossack, Südbayern Taf. 118, 15. - Zwischen Wallersdorf (Ldkr. Landau) und Haunersdorf (Ldkr. Deggendorf): Kossack, Südbayern Taf. 129, 22. 100

los

Kossack, Südbayern Taf. 125,9. Kossack, Südbayern Taf. 123,2. 105 Kossack, Südbayern Taf. 16, 6; 84,6. 106 Dirscherl, Garching 60 Abb. 22; 61 Abb. 23. 107 Kossack, Südbayern 36. 104

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auf. Auch hier scheint sich am Nordrand des wiederum regellos (?) in einer Gruppe beieinander stehenden Gesdiirrsatzes in gleicher Tiefe eine West-Ost gerichtete Körperbestattung zu ergeben. Nachdem aber auch für diese Körperbestattung keinerlei Beigaben auszumachen sind und weder aus der Grabungszeichnung noch aus der Beschreibung eine Beraubung durch eine frühere Grabung hervorgeht, so sind die an zwei Stellen in rund 1,5 m Entfernung voneinander angetroffenen „verwesten Knochen" bzw. „gekreuzten Röhrenknochenstückchen" wohl doch als Tierknochen, d. h. als Überreste ehemaliger Fleischbeigaben, zu interpretieren. Die getrennte Lage von Tierknochen und Messer wie in den 1907 und 1908 untersuchten Hügeln wurde übrigens auch in dem bereits genannten 1957 ausgegrabenen Hügel von Hart a. d. Alz108 beobachtet. Von den Beigaben dieses Grabes spricht das innen und außen graphitierte Schälchen mit einem Riefenpaar außen am Gefäßfuß (Taf. 7, 4) wie die entsprechenden Schälchen aus dem 1907 untersuchten Hügel (Taf. 7, 2. 3) für die Datierung der Bestattung in die Stufe Ha-C. Gleiches gilt für das innen mit Rollrädchenornamenten und geritzten Girlanden verzierte Stufenschalenpaar (Taf. 9, 5. 6), zu dem es Parallelen in Niederbayern109 und Oberösterreich110 gibt. Letztlich gehört jene im östlichen Oberbayern und in Niederbayern vertretene Gruppe mit Rollrädchen verzierter Stufenschalen dann mit den entsprechenden Schalen aus der Oberpfalz111 zusammen. Das Motiv der in Graphitmalerei auf rotem Grund ausgeführten ineinander gestellten Rhomben bzw. Winkel auf dem Trichterrandgefäß (Taf. 9, 4) kehrt in einer sehr guten Entsprechung auf einem älterhallstattzeitlichen Kegelhalsgefäß von Mindelheim Hügel II112 wieder und in anderer Ziertechnik auf einem Trichterrandgefäß des gleichen Hügels113. Das Motiv von ineinander gestellten Rhomben mit einem Sanduhrmuster in den Zwickeln, das die Höreshamer Schale in Rollrädchen- und Dellenstempeltechnik zeigt (Taf. 7, 9), findet sich in Mindelheim Hügel 7 in einem Ha-CGrabverband114, desgleichen in einem Hügel mit einer Bestattung der nämlichen Zeitstufe von Bad Wörishofen115 (Ldkr. Mindelheim). Sofern die Fundangaben zutreffen, wurde die eiserne Lanzenspitze (Abb. 7, 2) in einem Kegelhalsgefäß (Abb. 8, 1) gefunden. Derartige lange Lanzenspitzen mit breitem Blatt vertreten einen Typ, „der am häufigsten in Waffengräbern der älteren Junghallstattzeit (Ha-D 1) erscheint"116, tritt aber möglicherweise auch schon in der Stufe Ha-C auf117. Wegen der außergewöhnlichen Fundlage jenes Höreshamer Stückes, die natürlich auch auf eine Nachbestattung zurückgehen könnte, bleibt die Lanzenspitze für die Datierung des Höreshamer Fundkomplexes von 1908 besser unbeachtet,, der aufgrund der Keramikparallelen, der großen Anzahl der Gefäße und des Brandbestattungsritus in die Periode Ha-C zu setzen ist. Die Mehrknopfnadel (Abb. 7, 3) schließlich gehört zu einem in Bayern ungewöhnlichen, in Oberösterreich118 und in Hallstatt selbst119 dagegen beliebten Nadeltyp etwas anderen Aussehens, des108

Dirscherl, Garching 56 Abb. 18; 59 Abb. 20. 21; 60 Abb. 22. 109 Buch am Erlbach (Ldkr. Landshut): Kossack, Südbayern Taf. 123, 1. - Kelheim „Galgenacker": Kossack, Südbayern Taf. 143,9. 110 Gilgenberg „Gansfuß" (B. H. Braunau): Reitinger (wie Anm. 46) 179 Abb. 152. 111 Zahlreiche Beispiele bei Torbrügge, Die Hallstattzeit in der Oberpfalz 2. Die Funde und Fundplätze in der Gemeinde Beilngries. Materialh. z. Bayer. Vorgesch. 20 (1965). 112 Kossack, Südbayern Taf. 27, 8.

113

Kossack, Südbayern Taf. 26,1. Kossack, Südbayern Taf. 20,7. 115 Kossack, Südbayern Taf. 31,5. 6. 116 Kossack, Südbayern 21. 117 vgl. Kossack, Südbayern 21. 118 z. B. Gilgenberg „Gansfuß" (B. H. Braunau): Reitinger, Die ur- und frühgeschichtlichen Funde in Oberösterreich (= Ur- und Frühgeschichte Oberösterreichs 2) (1968) 109 Abb. 81,11. 119 Zahlreiche Beispiele bei K. Kromer, Das Gräberfeld von Hallstatt (1959); Reitinger (wie Anm. 118) 146 Abb. 110. 114

Hügelgräber der Hallstatt- und Latenezeit bei Höresham

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sen Ausstrahlungen neben Höresham nur noch in Brück120 (Gde. Emmerting, Ldkr. Altötting) und im Ldkr. Weilheim121 vorkommen. Auf dem Gebiet des Bestattungsbrauchtums und der Ausstattungssitten sind die Beisetzungen der Stufe Ha-C in den 1907 und 1908 untersuchten Hügeln wegen ihrer unzulänglichen Ausgrabung und Dokumentation kaum auswertbar. So wurde bei dem 1957 untersuchten, ebenfalls in die ältere Hallstattperiode gehörigen Grabhügel von Hart an der Alz (Gde. Garching, Ldkr. Altötting/Obb.) eine Grabkammer von 2,0 : 2,5 m Größe122 festgestellt. Dagegen konnten entsprechende Beobachtungen bei den Hügeln von 1907 und 1908 nicht gemacht werden, es sei denn, die Brandschicht auf „einer Art Steinpflasterung" (von vielleicht 3:3 m Ausmaß) in dem Hügel von 1907 bzw. die „Kohlen- und Aschenschicht" (von vielleicht 4,5 m Durchmesser) in dem Hügel von 1908 wären als Reste von Grabkammern zu interpretieren. Ob die Geschirrsätze jener beiden Hügel in der Tat so ohne Reihung beieinanderstanden, wie es aus Stecheies Dokumentation hervorgeht, oder ob ihre Anordnung nicht doch dem 1957 festgestellten Schema entsprach, ist nicht mehr zu klären. Immerhin besteht insoweit Übereinstimmung zwischen den drei Inventaren, daß die Tierknochen von der Fleischbeigabe (wenn die oben vorgetragene Interpretation der „Skelettreste" zutrifft) immer nördlich des Geschirrsatzes angetroffen wurden. Bei der Keramikausstattung enthalten die beiden Höreshamer Gräber auffälligerweise mehr und qualitätvoller verzierte Gefäße als das Schwertgrab von Hart an der Alz123. Bei dem Hügel 2/1862 erscheint es denkbar, daß die „Steinmauer" des Berichtes "Wiesend unterhalb der vermutlich frühlatenezeitlichen Nachbestattung (Taf. 4, 2) eine hallstattzeitliche Grabkammereinfassung war. Nachdem jene Grabung nicht bis auf den Hügelboden ausgedehnt worden ist, ist eine Klärung nicht möglich. Bestattungen der späten Hallstattzeit (Ha-D) wurden dreimal festgestellt, und zwar ausschließlich bei Grabungen des Burghausener Vereines: im Falle des 1904 ergrabenen Hügels war jener Hügel seinerzeit für diese Bestattung eigens errichtet worden; bei Hügel 1/1905 handelte es sich um eine Nachbestattung in einem neolithischen Hügel und schließlich Hügel 2/1905, wo aufgrund der völlig unzulänglichen Grabungsdokumentation eine Beurteilung nicht möglich ist. Nicht zufällig mag es dabei sein, daß der unter Hügel 1/1904 in Süd-Nord-Orientierung beigesetzten Person (für die jener Hügel errichtet wurde) fünf Gefäße mitgegeben wurden, während der in Hügel 1/1905 Nachbestattete nur zwei Gefäße für das Jenseits erhielt. Am häufigsten wurden bei den verschiedenen Grabungsunternehmen in den Höreshamer Nekropolen Bestattungen der Frühlatenezeit angetroffen. Aufgrund der Befunde aus den Untersuchungen des LfD lassen sich sogar auch die unvollkommenen oder ungenauen Beobachtungen der älteren Ausgrabungen interpretieren. Eigens in der Frühlatenezeit errichtete Hügel, wo die Bestattungen nicht auf der alten Oberfläche sondern in einem Schachtgrab erfolgt sind, liegen vor in: Hügel l/ 1959; 2/1959 (= 2/1906); 4/1958; 5/1958; 6/1958; vermutlich auch 1/1862. Dazu kommt ein in der Frühlatenezeit errichteter Hügel mit Bestattung auf der alten Oberfläche: Hügel 3/1959. Schließlich liegen noch ein paar Beispiele von frühlatenezeitlichen Nachbestattungen in älteren Grabhügeln vor: Grabung 1904; Hügel 2/1905; 1/1906 und wahrscheinlich 2/1862. 120

Kossack, Südbayern Taf. 119, 43. Kossack, Südbayern Taf. 98,11; 99,1; 111,19. 122 Bayer. Vorgeschichtsbl. 23, 1968, 165; Dirscherl, Garching 57. 56 Abb. 18. - Eine Beurteilung dieser Grabkammer mit ihrer Rollsteinüberdeckung (im Ver121

hältnis zur Steindecke des Hügels) ist anhand der Vorberichte nicht möglich. 123 Man vergleiche die Höreshamer Gefäße (Taf. 6, 9. 11; 7-9) mit jenen bei Dirscherl, Garching 62 Abb. 24.

10S

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Grabschächte unter frühlatenezeitlichen Grabhügeln wurden in Höresham erstmalig in Bayern festgestellt, kommen auf dem Dürrnberg jedoch mehrfach vor124. Zunächst erscheint eine derartige Bestattungssitte ungewöhnlich, sie findet jedoch ihre Erklärung, wenn man sie im Zusammenhang mit der Sitte der Nachbestattung in älteren Grabhügeln sieht: hier wurde der Verstorbene ebenfalls in eine Grube hinabgelassen. Dieses Versenken des Toten in einen Grabschacht erweist sich nun nicht so sehr als eine die Arbeit des Grabhügelbauens ersparende Maßnahme, sondern als neues Bestattungsritual, das seinen Siegeszug dann in der älteren und mittleren Latenezeit (LT-B und LT-C) antrat. In der Frühlatenezeit Bayerns war dagegen die ältere (hallstattzeitliche) Sitte, wonach das Grab des Verstorbenen ein äußerlich kenntlicher Grabhügel sein mußte, noch vorherrschend. Bei jener Höreshamer Siedlungsgemeinschaft war aber offensichtlich die neue Sitte des Versenkens bereits so stark, daß man hier bei der Errichtung von Grabhügeln den Verstorbenen in der Regel zuvor in einen Grabschacht niederließ. Vergleicht man das Inventar der Höreshamer Grabschachtbestattungen unter Grabhügeln mit dem aus den anderen Frühlatönegräbern, so zeigt sich, daß die verzierte Keramik (Abb. 4,1.2. 5. 7) allein in den Schachtgräbern gefunden wurde, während die Keramik aus den Nachbestattungen (Taf. 6, 5-7) unverziert ist und zum Teil sehr unsorgfältig gearbeitet wurde („Hausmacherware"). Andererseits lagen die Höreshamer Männerbeisetzungen ausschließlich in den Schachtgräbern, während die Frauengräber nur als Nachbestattungen vorkommen. Ob jedoch diese beiden Beobachtungen auf ehemalige Bestattungsbräuche oder chronologische Unterschiede zurückgehen, oder ob es sich dabei um ein durch die kleine Zahl bedingtes zufälliges Ergebnis ohne Bedeutung handelt, ist vorläufig nicht zu entscheiden. Hier bleiben weitere Grabungen in jener Nekropole abzuwarten. Die Orientierung der Bestattungen variiert sehr: Süd-Nord (Hügel 1/1959 und Grabung 1904); Südwest-Nordost (Hügel 6/1958); West-Ost-Richtung schließlich (Hügel 2/1959; Hügel 4/1958 und Hügel 5/1958). Der Kopf war dabei zweimal an das Südende (Hügel 1/1959 und Grabung 1904), einmal an das Westende (Hügel 2/1959) und zweimal an das Ostende (Hügel 4/1958 und Hügel 5/1958) des Grabes gelegt worden. Dabei fällt auf, daß die Gräber mit älter wirkender Keramik und zwar sowohl bei einem zur Feinkeramik gehörenden Gefäß (Abb. 4, 1) wie bei dem deutlich handgearbeiteten Gefäß (Taf. 6, 6) die hallstattzeitliche Süd-Nord-Orientierung bevorzugen, während die Gräber mit jüngerer Keramik (Hügel 4/1958 und 2/1959) West-Ost-Richtung zeigen. Eine ähnliche Beobachtung läßt sich auf dem Dürrnberg treffen: hier gibt es Beispiele, wo ältere Bestattungen in einem Grabschacht Nord-Süd orientiert, die jüngeren aber west-östlich ausgerichtet sind125. Bei der dort festzustellenden Regellosigkeit der Orientierung, es kommen Gräber mit dem Kopf im Norden neben solchen mit dem Kopf im Osten, im Süden und im Westen vor, überwiegt die Nord-Süd-Richtung der Bestattungen126 (wobei Kopflage im Norden und Kopflage im Süden gleich häufig zu sein scheinen). Es wurden dort zwar mehrere mittellatenezeitliche Gräber in Nord-Süd-Richtung aufgedeckt, doch bisher keinmal eine Nord-Süd gerichtete Nadibestattung über einer West-Ost orientierten Erstbestattung. Gegenüber dieser Regellosigkeit weist der im Vergleich zu den Höreshamer Gräbern jüngere Friedhof (LT-B 1) von Nebringen (Kr. Böblingen) in seiner Ausrichtung der Gräber wesentlich größere Einheitlichkeit auf: hier überwiegen die Süd124 Offensichtlich ist dies bei den Gräbern 16, 19 und 32. - Wahrscheinlich werden sich bei der Bearbeitung des Dürrnberger Materiales noch weitere Beispiele für ein Versenken der Verstorbenen in Gruben, d. h. die Niederlegung auf einem unter der angrenzenden ErdOberfläche liegenden Niveau, ergeben. Hierzu bleiben

die weiteren Dürrnberg-Publikationen abzuwarten. 125 Grab 1: Penninger, Dürrnberg Taf. 67: Kopf im Osten. - Grab 10: Penninger, Dürrnberg Taf. 72: Kopf im Westen. 126 Penninger, Dürrnberg Taf. 67 ff. und Beilage 2.

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Nord-Bestattungen mit dem Kopf im Süden (17 Fälle), während Ost-West gerichtete Beisetzungen nur viermal vorkommen127. Der lediglich bei einem Hügel (4/1958), und hier auch nur durch zwei Schnitte nachgewiesene Kreisgraben um den Hügel ist singulär in Höresham und auch in der Frühlatenezeit im übrigen Bayern und läßt sich somit nicht weiter auswerten. Gleiches gilt für die bisher nur in Höresham beobachteten Vertiefungen an den Enden der Grabschächte. Hinsichtlich der Ausstattung der Gräber fällt auf, daß sich weder die Ausstattung der Männer- noch die der Frauengräber in Höresham wiederholt. Jedes Grab scheint einen eigenen Ausstattungstyp zu vertreten (hierfür dürfte die kleine Anzahl der Bestattungen verantwortlich sein): so wurde bei dem durch die anthropologische Bestimmung als Mann bestimmten Skelett in Hügel 1/1959 von einem breiten Gürtel ein breiter durchbrochener Gürtelhaken und große Eisenringe mit Manschetten (Abb. 3, 2. 11) gefunden. Waffen waren diesem Verstorbenen nicht mitgegeben worden. Die gleiche Feststellung gilt für den Fundkomplex des Grabes 12 vom Dürrnberg, welcher neben zahlreichen anderen Objekten die gleichen Gürtelteile enthält128. Zu einem nicht näher bekannten, andersartigen Gürteltyp gehören dann Zweiergarnituren von kleinen Eisenringen,, den sogenannten Koppelringen-, die im Beckenbereich von waffenlosen Gräbern aufgefunden werden wie in Höresham Hügel 2/1959 oder in den Dürrnberger Gräbern 41 und 42/2129. Ganz gleiche Ringe kommen nun in den Gräbern, die Schwerter enthalten - wie Höresham Hügel 4/1958 - ebenfalls vor. "Wie oben bereits erwähnt, liegen sie in der Regel am Schwertriemenhalter, so auch in Hügel 4/1958 von Höresham. Häufig tritt hier dann noch ein weiterer Ring auf, der in der Beckenregion liegt130. Im Falle des Grabes 10/1 vom Dürrnberg lagen gar alle drei Ringe im Beckenbereich131, während beim Schwert kein „Koppelring" angetroffen wurde. Aus diesen verschiedenartigen Beobachtungen ergibt sich dann der Schluß, daß es einem bestimmten Ausstattungsschema entsprach, wenn der Mann mit um den Leib gegürtetem (oder auf den Leib gelegtem) Schwertgurt beigesetzt wurde, von dem man die Waffe selbst entnommen hatte, so daß neben den Lederteilen lediglich die „Koppelringe" zurückblieben. Interessant ist nun die Beobachtung, daß beide Gürteltypen, die in der Frühlatenezeit zeitlich nebeneinander herliefen und von denen sich nur jener mit den „Koppelringen" in die Zeit der Lat&nestufen B und C fortgesetzt hat, sowohl in waffenführenden Gräbern wie in waffenlosen Gräbern vorkommen. Die Übereinstimmung dieser vier Ausstattungstypen am Dürrnberg und in Höresham (wo freilich nur drei nachgewiesen wurden) besagt jedoch nichts, es handelt sich dabei offensichtlich um ein Brauchtum von sehr weiter Verbreitung, wie schon aus den oben angeführten bayerischen Parallelen hervorgeht. Auch unter Auslassung der durch das Salzmonopol bedingten Unterschiede (Importwaren, Schilde, Helm, Wagen usw.) differiert das Ausstattungsbrauchtum, wie es uns in den Männergräbern von Höresham und vom Dürrnberg entgegentritt, in einem wichtigen Punkt: in den Männergräbern des Dürrnberges, und zwar bei allen vier Ausstattungsgruppen, werden in der Regel zwei Fibeln angetroffen132, während in den Männergräbern von Höresham keine Fibeln lagen, womit sich Höresham zu dem in Bayern herrschenden Brauchtum als zugehörig erweist. 127

W. Krämer, Das keltische Gräberfeld von Nebringen (Kr. Böblingen). Veröffentl. d. Staatl. Amtes f. Denkmalpfl. Stuttgart, Reihe A 8 (1964) Beilage 2. 128 Penninger, Dürrnberg Taf. 11 A. 129 Penninger, Dürrnberg Taf. 39 B; 86; 88.

13

° Dürrnberg Grab 44/1: Penninger, Dürrnberg Taf.

91. 131

Penninger, Dürrnberg Taf. 72. Eine Ausnahme davon macht jedoch Grab 16/1 und vielleicht auch das „Fürstengrab" 44/2! 132

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Die Ausstattungssitten in den Höreshamer Frauengräbern sind schwieriger zu beurteilen, da hier nur ein Grab ungestört ist (Grabung 1904, Nachbestattung), wohingegen die anderen entweder gestört angetroffen wurden oder nicht dokumentiert sind. Die Nachbestattung des 1904 ausgegrabenen Hügels vertritt einen Ausstattungstyp, der sich allein auf Armringe beschränkt, während Fibeln und Halsringe oder sonstiger Halsschmuck fehlen. Dieser Ausstattungstyp wurde in den letzten Jahren in Nordbayern mehrfach festgestellt133 und ist auch auf dem Dürrnberg zumindest einmal belegt134. In Höresham könnte ihm auch noch die Bestattung aus Hügel 1/1906 zuzurechnen sein. Um so bedauerlicher ist es daher, daß über Hügel 2/1905, der drei Frühlatenefibeln erbrachte, keinerlei Dokumentation vorliegt. Männer- und Frauengräber sind in Höresham mit Keramik ausgestattet. Durch diese Sitte schließt sich das Land zwischen Inn135 und Salzach an den Dürrnberger-Salzburger Raum136 an und grenzt sich andererseits deutlich vom übrigen Südbayern ab, wo nach den alten Grabungen - aber bestätigt durch einen Neufund von 1972 bei Heimstetten137 (Ldkr. München) - die Keramikausstattung nicht üblich war. In Höresham dagegen entsprach die Beigabe von Gefäßen einer lokalen Tradition, was sich beispielsweise auch in der gleichartigen Gefäßkombination in einem späthallstattzeitlichen Grab (Hügel 1/1905: Taf. 6, 8. 10) und in einem frühlatenezeitlichen Grab (Hügel 1/1906: Taf. 6, 5. 7) zeigt. Wenn am Dürrnberg bei Hallein die Keramikausstattung in den Gräbern in der Regel soviel reichhaltiger ist, so mag dies einerseits darauf beruhen, daß die dortige Bevölkerung wohlhabender war. Für eine derartige Interpretation spricht beispielsweise auch die Beobachtung, daß an jenem Platz immer nur Feinkeramik mitgegeben wurde, nicht aber wie in Höresham „Hausmacherware". Andererseits aber hat es den Anschein, als ob die Anzahl der einem Verstorbenen mitgegebenen Gefäße auf dem Dürrnberg im Laufe der Zeit während der langandauernden Besiedlungsperiode schwankte. Abschließend sei noch kurz auf die Bedeutung des Höreshamer Fundmateriales und seine Stellung in der südbayerischen Frühlatenekultur eingegangen. Vorstehend mußten die bei den Grabungen auf dem Dürrnberg gewonnenen Funde und Befunde sehr oft als Vergleich und Erklärung für das Höreshamer Fundgut herangezogen werden, weil aus den mehrfach betonten Gründen einerseits jenes Material allein nicht sehr aussagefähig ist und andererseits Südbayern hierfür ausfällt. Ein noch ausstehender, wertender Gesamtvergleich der Befunde und Funde von beiden Plätzen, der über die bisher angeführten zahlreichen Übereinstimmungen im Detail hinausgeht, zeigt dann aber auch einige bedeutsame Unterschiede138: während am Dürrnberg zahllose Beispiele für eine mehrfache Belegung des gleichen Grabschachtes vorliegen, eine bei neueren Ausgrabungen in Nordbayern139 ebenfalls festgestellte Beisetzungspraktik, wurde in keinem der Höreshamer Frühlatenegräber eine Nachbestattung angetroffen. Desgleichen kommen hier die Brandschichten und Brandsdiüttungen 133 Unpubliziert: Speikern (Ldkr. Lauf an der Pegnitz/ Mfr.) und Weißenbrunn (Ldkr. Nürnberg). 134 Grab 52/2: Penninger, Dürrnberg Taf. 58 A. 135 Schädling (Gde. Edling, Ldkr. Wasserburg/Obb.) 2 Gräber: Funde im Museum Wasserburg und in der Prähistorischen Staatssammlung München, Inv. Nr. 1939,11-15. 188 Zu den Dürrnberger Funden noch Salzburg-Maxglan: Wiener Prähist. Zeitschr. 17,1930,57 ff.

187 Ein in den Übergang von Hallstatt nach FrühIat£ne zu setzendes Grab. 13S Die Unterschiede in der Ausstattung, die auf die verschiedenartige Wirtschaftsform und die daraus resultierende unterschiedliche „Finanzkraft" beider Bevölkerungsgruppen zurückgehen, müssen hier natürlich unberücksichtigt bleiben: Import, Wagen, Helm, Produkte eines außerörtlichen Kunsthandwerkes, Feinkeramik „Hausmacherware". 139 vgl. Anm. 133.

Hügelgräber der Hallstatt- und Latenezeit bei Höresham

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des Dürrnberges nicht vor, auf und in denen unverbrannte Objekte liegen140. Eine Brandschüttung ohne Beigabe, wie mehrfach auf dem Dürrnberg, fand sich dagegen auch in Hügel 3/1959 (falls es sich dabei nicht um Reste der Rodung von 1957 handelt). Fibeln, wie sie in Männergräbern des Dürrnberges die Regel sind, und Armringe, die dort in Männergräbern mehrfach vorkommen, gehören in Höresham nicht zur Männerausstattung. Zwar treten die Parallelen zu dem handgearbeiteten Gefäß aus Hügel 1/1959 (Abb. 4,1) nicht in Bayern, sondern nur auf dem Dürrnberg auf, doch zeigen sich andererseits Unterschiede in den Ornamenten der stempelverzierten Keramik (Abb. 4, 7). Betrachtet man ferner das Fehlen einer direkten Parallele zu der Flasche von Höresham (Abb. 4, 2) unter dem Material vom Dürrnberg, so wird deutlich, daß es sich bei der Keramik von Höresham um eigenständige Produkte eines Werkstättenkreises handelt, dem die im Salzburgischen zu jener Zeit üblichen Produkte bekannt waren und der sie dann dem eigenen Geschmack gemäß und nach bestem Können nachahmte. Weiterhin unterscheidet sich die Bevölkerung von Höresham hinsichtlich ihrer Bestattungsbräuche und Ausstattungssitten so auffällig von den auf dem Dürrnberg zur gleichen Zeit üblichen Praktiken, daß daraus die Eigenständigkeit beider Bevölkerungsgruppen deutlich wird. Nachdem die gewissermaßen im Vorfeld des Dürrnberges gelegenen Hügelgräber von Salzburg-Maxglan wieder andere Bestattungssitten zeigen (Brandbestattung)141, so wird deutlich, daß die Befunde des Dürrnberges grundsätzlich isoliert betrachtet werden müssen und für Südbayern nicht verallgemeinert werden dürfen. Die Bedeutung der Höreshamer Funde für die Frühlatenekultur in Bayern ergibt sich einerseits bereits daraus, daß in Höresham die einzigen sorgfältig ausgegrabenen und hinlänglich dokumentierten Grabhügelbestattungen der Frühlatenezeit aus Südbayern vorliegen. Andererseits erläutert ein Blick auf die Gesamtverbreitungskarte der frühlatenezeitlichen Fundstellen Südbayerns im Vergleich zu den hallstattzeitlichen (Abb. 9)U2, daß die Anzahl der Fundpunkte von Ha-D nach LT-A ganz außerordentlich stark zurückgegangen ist. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Besiedlung nicht mehr wie noch in der Hallstattzeit annähernd gleichmäßig das ganze Land erfaßt hatte. Manche Regionen, wie beispielsweise der südwärts der Donau gelegene Teil Bayerisch-Schwabens, sind nunmehr unbesiedelt143. Es sei beiläufig festgehalten, daß sich die gleiche Feststellung auch für die westlich an diesen Teil Bayerisch-Schwabens angrenzende Region Baden-Württembergs treffen läßt144. In anderen Bereichen Südbayerns setzte sich die Besiedlung dagegen in einzelnen Siedlungskammern fort. In dem uns interessierenden Gebiet des südöstlichen Südbayern meidet die Besiedlung während der Frühlatenezeit wie auch schon in der Hallstattzeit den Unterlauf der Salzach (nördlich von Salzburg)145 und bevorzugte stattdessen das Alztal146. Der einzige Fundpunkt vom Unterlauf des Inn nach der Einmündung der Salzach findet sich dann auf seinem Ostufer147 - während die bayerische Seite fundleer bleibt. - Schließlich erlaubt die Verbreitungskarte auch eine Prognose für den Anfall zukünftigen Frühlatönematerials in Südbayern: bei der Seltenheit frühlat&ne140

Grab 12: (Penninger, Dürrnberg Taf. 73); Grab 32/2 (Taf. 82); Grab 39/2 (Taf. 87). 141 M. Hell, Wiener Prähist. Zeitschr. 17,1930,57 ff. 142 Die Eintragungen auf der Karte für die Hallstattzeit beruhen auf der Karte bei Kossack, Südbayern Taf. 149. 148 Ob diese Region nun tatsächlich unbesiedelt war oder nur unbesiedelt erscheint, weil die Fundchance für vorgeschichtliche Objekte bei einer stark verminderten Bevölkerung naturgemäß stark abnimmt, ist in diesem Zusammenhang bedeutungslos.

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F. Fischer, Fundber. aus Schwaben N. F. 18/1, 1967, 82 Abb. 9. 145 Yg]_ neben Abb. 9 auch noch die Karte: Reitinger (wie Anm. 118) Beilage 2. 146 Neben den Fundplätzen in unserer Region isv dann noch das leider nur unvollständige und daher schlecht zu beurteilende Material von Stein an der Traun (Ldkr. Traunstein/Obb.) anzuführen: Wiener Prähist. Zeitschr. 29,1942,57 ff. 147 Vgl. Anm. 145.

A « l •

Hallstattzeitl. Siedlung Grabhügelgruppe Ha-C Grabhügelgruppe Ha-D Grabhügelgruppe Ha-C und Ha-D O Grabhügel, Zeitstufe unbekannt x Frühlatenezeitl. Fundplatz

Abb. 9. Verbreitungskarte der hallstatt- und frühlatfenezeitlichen Fundstellen in Südbayern. Nach Kossack, mit Ergänzungen. M. 1:1250 000.

Hügelgräber der Hallstatt- und Latenezeit bei Höresham

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zeitlicher Gräber in Südbayern, sowohl der isoliert angetroffenen wie jener der als Nachbestattungen in älteren Hügeln aufgefundenen, ist die Wahrscheinlichkeit ganz gering anzusetzen, daß hier in den nächsten Jahren noch einmal Frühlatenebestattungen aufgedeckt werden. Das hallstatt- und frühlatenezeitliche Fundmaterial von Höresham entstammt einer recht eigenständigen Siedlungsgemeinschaft am Unterlauf der Alz, die innerhalb eines größeren Siedlungsareales lebte, das von Hart an der Alz im Westen bis zum öttinger Forst im Osten reichte. Zu den Fundstellen der Frühlatenezeit auf dem östlichen Alzufer gehört neben den Höreshamer Hügelgruppen auch eine Siedlung auf der Höhe von Margarethenberg (Gde. Hirten)148. Nachdem in den verschiedenen Nekropolen bei Höresham nur jeweils einige Grabhügel geöffnet worden sind, so bleibt unbestimmt, ob alle Zeitstufen von Ha-C bis LT-A in allen Hügelgruppen gleichmäßig vertreten sind, ob also hinter diesen verschiedenen Nekropolen auch verschiedene Ansiedlungen standen. Ebensogut wäre es möglich, daß die ältere Siedlung irgendwo in der Umgebung der Gruppe im Forst Unter-Schönbuch situiert war (Hügel 1904,1907 und 1908), im Verlaufe der späten Hallstattzeit aufgegeben und dann eine neue weiter flußaufwärts wohl auf der Löß-Hochterrasse oberhalb Höresham angelegt wurde149. Bis zu einer neuen Grabung müssen derartige Überlegungen Spekulationen bleiben. Sicher ist hingegen, daß für die Lage der Grabhügel am Rand der Alzterrasse eine ausgeprägte Sichtlage angestrebt worden ist und dafür die Mühe des weiteren Transportweges für den zur Aufschüttung des Hügels verwendeten Lehm in Kauf genommen wurde. Durch alle Perioden ihres Bestehens zeigt sich bei dieser Siedlungsgemeinschaft ein deutlicher Kontakt mit dem oberösterreichisch-salzburgischen Raum150 (Ha-C: Keramik und Nadeltyp; Ha-D: Gürtelblechverzierung; LT-A: Keramik), andererseits aber wird auch immer eine eigenständige Umbildung dieser Einflüsse offenkundig (Ha-C: Nadelform; Ha-D: Gürtelblechverzierung; LT-A: lokale Bestattungssitten und eigenständige Keramikverzierung und -formen). Und so, wie man keineswegs diesen südöstlichen Einflüssen erlag, sondern sie nach eigenem Geschmack und Können umbildete, war man auch für Neuerungen und Anregungen aus anderen Bereichen offen. Dies zeigt sich nicht nur in der Frühlatenezeit, wo man die übliche Männertracht und die gebräuchlichen Ausstattungssitten anwandte oder wie auch anderswo die Produktion von Graphittonkeramik151 ausführte, sondern auch in der älteren Hallstattperiode, wo hier die bisher sonst nur aus Nordbayern bekannte Gefäßform der ovalen Griff schalen (Taf. 7,1; 8,1) in eigener Ausprägung angefertigt wurde. 148 Prähistorische Staatssammlung München, Inv. Nr. 1952, 582 (Bayer. Vorgeschichtsbl. 21, 1956, 157). - Dazu Neufunde nach freundl. Auskunft von R.-A. Maier. 149 Die Vermutung zur Lage der Siedlung stützt sich einmal auf die Lage der bekannten Siedlung von Margarethenberg und zum anderen darauf, daß die Hügel aus Lehmerde aufgeschüttet sind. Wie schon Wiesend 1862 erkannte, steht Lehm im Bereich der Hügel aber nicht an, sondern mußte aus größerer Entfernung her-

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Festschrift Werner

beitransportiert werden. Nachdem nun in dieser herbeigeholten Erde Siedlungsscherben gefunden wurden (Hügel 5/1958), ist die Lage der Siedlung auf der Alzniederterrasse auszuschließen. i«» Zu einer genauen Beurteilung fehlt hier eine Aufarbeitung des österreichischen Materiales. ist Der piatz ;st auf 6' 32. Pfedni Porici, Bez. Pffbram, Böhmen. Arch. Stud. Mat. l, 1964,183 f. Abb. l, 8; 2,1965,100. 33.-35. Hradiste, Bez. Stradonice, Böhmen. J. Bfen, Sbornik Närodn. Musea v Praze 18, 1964,

253 Taf. 17, 668 a. 668 b. 669. 36. Nowa Huta-Mogila, Bez. Krakow, Polen. J. Wielowiejski a. a. O. 42 Abb. 7. A238b 21. Gurina, Bez. Hermagor, Kärnten. S. Foltiny, Neues aus Alt-Villach 5,1968,14 ff. u. Taf. 2,2. 22.-2S. Großer St. Bernard, Kt. Wallis. Coll. du Grd. St. Bernard, Mus. Inv. 138. 24. Kempten (631.26; bisher A 238 Fragment 18). W. Schleiermacher, Cambodunum-Kempten (1972) Abb. 77,10. 25. Brück, Bez. Zell am See, Salzburg. M. Hell, Arch. Austriaca 52,1972, 38 f. Abb. 6,1. 26-27. Trier, St. Mathias, Grab 937. Trier, Rhein. Landesmus, (frdl. Mitt. A. Haffner). 28. Naumburg (742; bisher A 238, 41). Frdl. Mitt. K. Peschel. A238c 102.-103. Salzburg, Birglstein. München, Staatl. Antikenslg. Inv. N I 569 u. 572. 104. Salzburg (Mus. Stuttgart aus Slg. Haßler, Ulm). Mainz, RGZM Inv. N. 4550. 105. Sticna, Bez. Ljubljana, Slowenien. Mainz, RGZM Inv. 0. 36788. 106. Dolnj Praprece, Bez. Novo Mesto, Slowenien. Varstvo Sporn. 15,1970 (1972) 149 f. Abb. 107. Ungarn (evt. Sopron; aus Slg. Mautner, Budapest). Mainz, RGZM Inv. 0.16829. 108.-109. Ungarn (aus Schweiz. Landesmus. Zürich). Mainz, RGZM Inv. 0. 21325,21326. 110. Ungarn. Leiden, Mus. Inv. 1900/4.17 (frdl. Mitt. H. Böhme). 111. Fundort unbekannt. Mainz, RGZM Inv. 0. 39405. 112. Fundort unbekannt. Peskaf a. a. O. 59. 74 f. 158 Taf. 4, 1. 113. Ludanice, Bez. Topolcany, Slowakei (738; bisher A 238 Fragment 1). 114. Törökbälint, Korn. Pest. Foltiny, The Hungarian Archaeol. Collection of the American Mus. of Nat. Hist. in New York (1969) 62 Taf. 16, 21.

A238d 30. Salzburg, Birglstein. München, Staatl. Antikenslg. Inv. K I 59. 31. Salzburg (266. 10; bisher A 238 d/e 24). 32. Goldegg/Pongau, Salzburg. Chur, Raet. Mus. (frdl. Mitt. B. Overbeck). 33. Piichov, Slowakei (754. 2; bisher A 238 Fragment 20). A238e 42. Fundort unbekannt (aus Slg. Franz, Innsbruck). Mainz, RGZM Inv. 0. 39404. A238f 7. Epfach, Lorenzberg, Ldkr. Schongau. München, Prähist. Staatsslg. Inv. 1958, 1235. 8. Kempten (630. 27; bisher A 238 Fragment 47). A 238 h 27. Salzburg, Universitätshof. Salzburg, Mus. C. A. (frdl. Mitt. F. Moosleitner). 28. Fundort unbekannt. Frankfurt, Mus. (frdl. Mitt. A. Böhme). 29. Uherske Hradiste, Mähren. Peskaf a. a. O. 47. 75. 158 Taf. 4, 2. 30. Fundort unbekannt. Peskar a. a. O. 60. 75. 158 Taf. 4, 3. 31. Äugst, Kt. Baselland. Äugst, Römerhaus u. Mus. Inv. 1958, 4156 (frdl. Mitt. E. Riha). 32. Celje, Slowenien. Celje, Mus.

A 238 i 6.-10. Salzburg, Birglstein. München, Staatl. Antikenslg. Inv. N I 555, 561, 564, 567, 568. 11.-12. Leonhardspfunzen, Ldkr. Rosenheim, Grab 65. Rosenheim, Mus. Inv. R 773. 13.-14. Leonhardspfunzen, Ldkr. Rosenheim, Grab 76 (287. 1; bisher A 238 o 1-2). Rosenheim, Mus. Inv. R 829-830. 15. Augsburg (622.1; bisher A 238 Fragment 85). 16-17. Karlstein, Ldkr. Berditesgaden (233. 14; bisher A 238 o 24-25). 18. Karlstein, Ldkr. Berditesgaden (233. 24; bisher A 238 o 54). 19. Karlstein, Ldkr. Berchtesgaden (233. 51; bisher A 238 o 46). 20-21. Karlstein, Ldkr. Berchtesgaden (233. 97; bisher A 238 o 31-32). 22. Karlstein, Ldkr. Berchtesgaden (233. 102; bisher A 238 Fragment 23). 23-24. Enns, Oberösterreich (210. 5; bisher A 238 o 63-64). 2S.-26. Schalkham, Salzburg (251; bisher A 238 o 33-34). 27. Salzburg (266. 6; bisher A 238 o 90). 28-29. Vadiendorf, Ldkr. Traunstein (295; bisher A 238 o 84-85).

Ein Flügelfibelfragment

vom Lorenzberg bei Epfach

A 238 k

28.-Z9. Salzburg, Birglstein. München, Staatl. Antikenslg. Inv. N I 555 u. 568. 30. Salzburg, Universitätshof. Salzburg, Mus. C. A. (frdl. Mitt. F. Moosleitner). 31.-32. Edling, Ldkr. Wasserburg. Steffan a. a. O. 152 Abb. 59. S3.-35. Graben, Ldkr. Traunstein. (Frdl. Mitt. W. Czysz). S6.-37. Karlstein, Ldkr. Berchtesgaden (233. 23; bisher A 238 d 5). 38.-S9. Karlstein, Ldkr. Berchtesgaden (233.95; bisher A 238 n 4-5).

183

11.-12. Fundort unbekannt. Peskaf a. a. O. 63. 75. 159 Taf. 5, 1-2. 13.-14. Fundort unbekannt. Peskar a. a. O. 61. 75.160 Taf. 6,2; 161 Taf. 7,3. A 238 i, n oder o 1. Salzburg, Birglstein. München, Staatl. Antikenslg. Inv. K148. A 238 i, k, l oder o 1. Salzburg, Birglstein. München, Staatl. Antikenslg. Inv. N1563.

A 238 l

A 238 i, k, l, n oder o

15. Salzburg, Birglstein. München, Staatl. Antikenslg. Inv. N1547. 16. Fundort unbekannt. Linz, Oberösterr. Landesmus. A 238 m

18. Salzburg, Birglstein. München, Staatl. Antikenslg. Inv. K145.

31. Salzburg, Birglstein. München, Staatl. Antikenslg. Inv. N I 546. 32. Celje, Slowenien, Grab 2. Kolsek a. a. O. Y 150, 10. A 238 n 42. Novo Mesto, Slowenien, Grab 27. (Frdl. Mitt. T. Knez.) 43. Fundort unbekannt. A. de Ridder, Les Bronzes Ant. du Louvre 2 (1915) 69 Nr. 1956 Taf. 89. A 238 m oder n 5. Fundort unbekannt (aus Slg. Franz, Innsbruck). Mainz, RGZM Inv. 0.39406.

A238q 16. Miklavz, Bez. Maribor, Slowenien. S. Pahic, Arh. Vestnik 20,1969, 66 Abb. 12 a. 17. Uhersky Brod, Mähren. Peskaf a. a. O. 49. 75.161 Taf. 7,1. A 238 s

10. Ungarn. J. Garbsch, Jahrb. RGZM. 10,1963, 197 ff. Taf. 35. A 238 u

15. Fundort unbekannt. Wiesbaden, Mus. Inv. 3253 (frdl. Mitt. A. Böhme). A238v

A 238 o

119.-120. Mauerkirchen, Ldkr. Rosenheim, Grab 2. München, Prähist. Staatsslg. Inv. 1971, 1360 a. 121.-127. Salzburg, Birglstein. München, Staatl. Antikenslg. Inv. N I 543 (= RGZM N. 5797), 544, 545 (= RGZM N. 5798), 549, 552, 554, 562. 128. Hallstatt, Oberösterreich. Linz, Oberösterr. Landesmus. (= RGZM N. 5476). 129.-130. Gurina, Bez. Hermagor, Kärnten. S. Foltiny, Neues aus Alt-Villach 5,1968,14 ff. Taf. 2,1. 3. 131.-132. Graben, Ldkr. Traunstein. (Frdl. Mitt. W. Czysz). 133. Ungarn. Foltiny, Mitt. d. Anthropol. Ges. Wien 102,1972,40 ff. Taf. 1. A 238 n oder o 3.-10. Salzburg, Birglstein. München, Staatl. Antikenslg. Inv. N I 550, 551, 553, 556, 559, 560, 565, 566.

37. Köm. Fejer. Leiden, Mus. Inv. M 98/11. 14 (frdl. Mitt. H. Böhme). 38. Ungarn. Mainz, RGZM Inv. O. 21578. A 23 8 Fragmente (Zahl der Köpfe nicht feststellbar). 39.-4S. Salzburg, Birglstein. München, Staatl. Antikenslg. Inv. K137,40-43,46,47, 60, o. Nr. 49. Uherske Hradiste, Mähren. Peskaf a. a. O. 47.161 Taf. 7,2. A 238 unbekannter Form 5Z.-53. Götzendorf, Bez. Hartberg, Steiermark. Pro Austria Romana 22, 1972, 18 f. 54. Sommerein, Bez. Bruck/L., Niederösterreidi. Mitt. österr. Arbeitsgem. f. Ur- u. Frühgesch. 15, 1964, 46. 55. Many, Korn. Fejer. Folia Arch. 17,1965, 92 f. Abb. 28.

MARTIN HELL, SALZBURG EIN D E P O T F U N D MIT R Ö M I S C H E M B R O N Z E G E S C H I R R AUS Z E L L A M SEE IN SALZBURG

Im Jahre 1952 hat der Maschinenbauer Peter Brandstätter in Zell am See im salzburgischen Pinzgau bei dem Grundaushub für sein Haus Nr. 9 in der Bergstraße einen Depotfund von zerbrochenem römischem Bronzegeschirr entdeckt (Abb. 1. 2; Taf. 11), worüber damals kurz berichtet wurde1. Der Fund lag in einer Bodenmulde von 0,6 m Tiefe und 0,7 m Weite auf der Grundparzelle „Fuchslehen" Nr. 44/15, K. G. Zell am See. Nachstehend soll dieser wichtige Depotfund, der noch immer seiner Präparierung harrt, dargestellt werden. Die Erhaltung ist an und für sich gut, die Patina glatt und grün, die Abnützung aber weit fortgeschritten, wodurch die Deutung des Figurenschmuckes beeinträchtigt wird. Insgesamt enthält der Fund fünf Bronzegefäße.

Abb. 1,1. Kanne mit kleeblattförmiger Mündung. Erhaltene Höhe 14,5 cm. Bauchweite 13,5 cm. Mündungsdurchmesser 9,3 cm. Abb. l, 2. Kanne mit kleeblattförmiger Mündung. Höhe 13,0 cm. Bauchweite 11 cm. Mündungsdurchmesser 8 cm. Abb. l, S. Kanne mit enger Mündung. Ohne Rand und Unterteil. Hals abgesetzt. Halsdurchmesser 4,7 cm. Bauchweite 14 cm. Höhe 12 cm. Abb. 2, 3. Rest einer Griffschale. Rand ausgelegt und verstärkt. Randweite 21,7 cm. Abb. 2,1. Kasserolle. Ohne Boden. Rand verstärkt, darunter zwei dünne Wülste. Randweite 21 cm. Abb. 2,5. Gefäßboden. Wohl zur Griffschale Abb. 2,3 gehörend. Standfuß. Auf der Oberseite ein erhabenes Medusenhaupt mit Schlangenhaaren und versilberten Pupillen in Perlkreis, Durchmesser 6,7 cm. Standboden auf der Unterseite mit drei tiefen konzentrischen Kreisrillen, von denen die oberste mit Blei ausgegossen ist.

Abb. 2, 2. Kasserollengriff. Zur Kasserolle Abb. 2, l gehörend. Das Griffende kreisförmig, eine Scheibe mit zentralem Loch von einem Perlkreis umgeben. Griffbreite 3,6 cm, Durchmesser der Endscheibe 8,4 cm. Auf der Oberfläche Rechteckstempel: CIPIPO [....] Abb. l, 3. Henkel. Wohl zur Kanne Abb. l, l gehörend. Am oberen und unteren Ende bärtige Masken. Länge insgesamt 13,7 cm. Breite des Kopfbügels 7,6 cm. Abb. l, 4. Henkel. Zur Kanne Abb. l, 5 gehörend? Auf der Oberseite drei Eroten. Die Gestalt auf der Attasche hält im rechten Arm eine Gans, der Erote in der Mitte mit erhobenem rechten und gesenktem linken Arm. Abb. 2,4. Griff. Zur Griffschale Abb. 2,3 gehörend. Im Querschnitt rund, profiliert und längs gerieft. Am Ende ein jugendlich-weiblicher Kopf. Erhaltene Länge 14,2 cm.

Die Kasserolle Abb. 2, l mit Griff Abb. 2,2 stammt aus der Offizin des bekannten campanischen Meisters P. CIPIVS POLYBIVS, dessen Bronzegefäße in claudisch-neronischer Zeit hergestellt worden sein müssen2. 1

M. Hell in: Pro Austria Romana 3,1952, 6. A. Radnöti, Die römischen Bronzegefäße von Pannonien. Diss. Pannonicae 2, 6 (1932) 92; H. J. Eggers, Der römische Import im freien Germanien (1951) Typ 2

142; M. den Boesterd, The Bronze Vessels. Description of the Coll. in the Rijksmus, G. M. Kam at Nijmegen 5 (1956) 7 f. Nr. 14-19.

Abb. 1. Zell am See (Salzburg). Römischer Depotfund. M. l : 2.

Ein Depotfund mit römischem Bronzegeschirr aus Zell in Salzburg

Abb. 2. Zell am See (Salzburg). Römischer Depotfund. M. l: 2.

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Martin Hell

Die Kannen mit kleeblattförmiger Mündung Abb. l, 1.2 (Trifoliarkannen) wird man allgemein ins späte 1. und in das 2. Jahrhundert n. Chr. datieren können8. Das Schalenbruchstück Abb. 2,3 und der massive Griff Abb. 2,4 gehören wohl zusammen, wahrscheinlich auch das Bodenstück Abb. 2,5 mit Medusenhaupt. Die Griffattasche in Form eines Löwenkopfes und der jugendlich-weibliche Kopf am Griffende zusammen mit der Schalenform reihen unser Stück in eine Gruppe vorwiegend aus westlichen Zusammenhängen stammender Schalen ein4. Ein nahezu identisches Stück stammt aus Overasselt, Holland5. Nach Nuber gehören sie in die 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr. Möglicherweise bildeten die Griffschale Abb. 2,3-5 und das Kannenbruchstück Abb. l, 5 zusammen ein geschlossenes Service (Service Typ G Canterbury)6. Man wird danach die Deponierung des Fundes von Zell am See frühestens ans Ende des 1., eher jedoch ins 2. Jahrhundert n. Chr. datieren können. Der in seiner Zusammensetzung an sich schon bedeutsame Fund wirft darüberhinaus durch seinen topographischen Bezug ein bezeichnendes Licht auf den antiken Transitverkehr über die Alpen. Bekannt ist die Römerstraße über den Radstädter Tauern mit ihren vielen Meilensteinen, die dem Meridian von Salzburg folgt. Es ist die Linie von Aquileia gegen Norden, die nach Juvavum (Salzburg) führt und sich dort gabelt: einerseits nach Nordost gegen Lentia (Linz) an die Donau, andererseits gegen Nordwest nach Augusta Vindelicum (Augsburg). Nun wird aber durch die Forschungen der jüngsten Zeit immer mehr eine zweite, stark benützte transalpine Weglinie faßbar, die 60 km westlich der Radstädter Tauern im Zuge der heutigen Glocknerstraße am Hochtor die Alpen überquert. Der Paß der Radstädter Tauern liegt 1738 m ü. d. M., das Hochtor an der Glocknerstraße 2575 m ü. d. M. Die Römerstraße über den Radstädter Tauern ist dem Lauf der Salzach verbunden, für die Straße über das Hochtor hingegen ist die Saalach bestimmend, der größte Zufluß der Salzach. Im Talbecken von Salzburg münden beide Flüsse zusammen. Der von Norden kommende Verkehr erreicht im Salzburger Becken den Nordrand der Alpen. Die Talweite öffnet sich als breites Tor in das Gebirge. Sie wird durchflossen von der von Süden kommenden Salzach, die hier auch die von Südwesten aus dem Pinzgau fließende Saalach aufnimmt. Beide Flußtäler erweisen sich als Träger transalpinen Verkehrs, der schon für die urgeschiditliche Zeit nachgewiesen ist, so etwa für das Gasteiner Tal7. Auch die übrigen Pässe vieler salzburgischen Tauerntäler müssen schon in vorgeschichtlicher Zeit begangen worden sein. Verfolgt man die Saalachlinie von ihrer Mündung in die Salzach in südwestlicher Richtung flußaufwärts, so kommt man in das Talbecken von Bad Reichenhall, Oberbayern, in das reiche archäologische Fundgebiet um Karlstein, wo Siedlungs- und Gräberfunde von der Bronzezeit über die römische Epoche bis ins Frühmittelalter entdeckt wurden8. Weiter flußaufwärts seien noch folgende Fundorte genannt: in der kleinen Talweite von Unken fand man in Oberrain eine Felsnische mit einem neolithischem Werkplatz, beim Maiskogl eine 3 Radn6ti (wie Anm. 2) Nr. 72-73; Eggers (wie Anm. 2) Typ 125-126; den Boesterd (wie Anm. 2) Nr. 232 bis 239. Zum Henkel Abb. l, 3 vgl. auch AuhV. 5 (1911) Taf. 64,1173 a. b. 4 H. U. Nuber, Kanne und Griflfschale. 53. Ber. RGK. 1972, 65 f. (die neueste Zusammenstellung mit zahlt. Lit.). 5 den Boesterd (wie Anm. 2) Nr. 70; zu einer nahezu identischen Griffschale vgl. den Boesterd, Ein neuer rö-

mischer Grabfund mit Bronzegefäßen in: Archäologie en Historie (Festschr. H. Brunsting [1973]) 233 ff. • Nuber (wie Anm. 4) 60 ff. 7 Hell, Fundnachträge zur Urgeschichte des Gasteinertales in Salzburg. Arch. Austriaca 43,1968,140 f. 8 Zu den neuen Ausgrabungen und Forschungen M. Menke in: Arch. Korrespondenzbl. l, 1971, 113 ff.; Führer zu vor- u. frühgesch. Denkmälern 19 (1971) 140 ff.

Ein Depotfund mit römischem Bronzegeschirr aus Zell in Salzburg

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Wohnsiedlung und Hinweise auf Salzbergbau der Hallstattzeit, an der Bundesstraße nach Lofer zwei römische Münzen, im Talkessel von Lofer ein römisches Grab und eine Bronzestatuette, in St. Martin ein Grab der Urnenfelderzeit, am Paß Luftenstein einen Depotfund der Urnenfelderzeit. Weiter sind zu nennen: das Tal von Saalfelden (Steinbeil, Bronzenadel), der Biberg bei Saalfelden (keltisches Oppidum, römische Funde), Zell am See (unser Depotfund), Brück an der Glocknerstraße (Gräber der Hallstattzeit und frühe römische Gräber), auf der Paßhöhe der Glocknerstraße „Hochtor" (Bronzedolch, keltisch-römische Hufeisen, römische Tonlampe)9. Die Fortsetzung der Saalachlinie, die hier salzburgischen Boden verläßt, führt über Heiligenblut nach Aguntum (bei Lienz, Osttirol) an die Dräu und weiter drauabwärts nach Teurnia St. Peter im Holz), wo sie sich mit der Straße über den Radstädter Tauern auf kärntnerischem Boden vereinigt. Die angeführten Fundorte weisen darauf hin, daß auch in römischer Zeit die Saalachlinie als transalpine Verkehrsstraße stark benutzt worden sein mußte. Sie wurde nicht als Staatstraße erster Ordnung ausgebaut wie die Strecke über den Radstädter Tauern, ist daher eher als Vicinalstraße anzusprechen. Beim Bau der Glocknerstraße im Jahre 1930 hat man Altstraßenspuren entdeckt, die möglicherweise auf die römische Zeit zurückgehen. Das hier vorgelegte römische Bronzegeschirr von Zell am See stellt somit nicht nur den bedeutendsten Depotfund, sondern auch eine wichtige Wegmarke der Saalachlinie als zweite transalpine Verkehrsroute römischer Zeit im Lande Salzburg dar. 9 Bei der Herkulesstamette vom Hochtor handelt es sich nach neuesten Nachforschungen nicht um einen echten Paßfund: R. Fleischer in: Pro Austria Romana 23, 1973, 18 f. Hierzu berichtet derselbe in: Pro Austria Romana 24, 1974, 13: „...demnach ergibt sich kein konkreter Anhaltspunkt für eine Manipulation des Fundes der Statuette, wenn auch nicht alle Zweifel in dieser Angelegenheit beseitigt sind." Die alte Fundortangabe dürfte daher doch wohl stimmen.

Den keltisch-römischen Hufeisen, die sich an der Saalachlinie auffällig häufen, wurde von je her besondere Aufmerksamkeit geschenkt: Hell, Keltische Hufeisen aus dem Pinzgau, Salzburg. Arch. Austriaca 53, 1973, 25 f. Auch in Linz a. D. fand man entsprechende Hufeisen in gesicherten römischen Kulturschichten: P. Karnitsch, Die Kastelle von Lentia. Linzer archäologische Forsch. Sonderh. 2,2 (1972) 202 Abb. l, 2.

HANS-JÖRG KELLNER, MÜNCHEN DREI GRAZIEN AUS BAYERN

Das Gräberfeld an der nach Osten zum Donauübergang führenden Straße beim römischen Kastell Pförring (Celeusum)1 war erst vor wenigen Jahren durch die intensivere Bodenbewirtschaftung und das damit verbundene tiefere Pflügen entdeckt worden. Sehr viele Brandgräber sind in der Zwischenzeit durch den Ackerbau zerstört oder durch mehr oder minder befugte private „Bergungen" entnommen worden. Infolgedessen existiert kein Gräberplan, und auch die geretteten Grabinventare entbehren der wissenschaftlichen Zuverlässigkeit. Lediglich 3 beieinanderliegende Gräber konnte die Prähistorische Staatssammlung (J. Garbsch) durch telefonische Benachrichtigung des Grundbesitzers und raschen Einsatz exakt bergen2. Eine Menge Material gelangte durch Überlassung in die Prähistorische Staatssammlung, anderes und auch unbekanntes befindet sich in den verschiedensten Privatsammlungen. Bei einem der Grundbesitzer wurde durch diese Vorgänge großes Interesse an der Frühgeschichte seines Bodens geweckt, so daß er besonders auf Funde achtete und sie regelmäßig vorlegte. Im Ergebnis dieser Zusammenarbeit brachte er im Frühjahr 1973 den von ihm beim Pflügen in vielen Teilen aufgelesenen Spiegel, der wegen seiner Rückseitendarstellung hier nun behandelt werden soll. Der Spiegel bestand neben dem Spiegelblatt aus einer Zierrückseite aus getriebenem Bronzeblech mit Spuren von Vergoldung. Dieses in viele und zum Teil recht kleine Teile zerbrochene dünne Bronzeblech wurde in mühsamer Arbeit von R. Raab, dem Werkstattleiter der Prähistorischen Staatssammlung, gereinigt, zusammengefügt und ergänzt3, so daß sich die Darstellung genau erkennen und die ursprüngliche Schönheit erahnen läßt. Verbunden waren die beiden runden Scheiben durch eine etwa 2 mm dicke Masse, die nach der Untersuchung im Labor des Römisch-Germanischen Zentralmuseums (D. Ankner) zum wesentlichen Teil aus Calciumcarbonat, daneben aus etwas Magnesiumcarbonat, Siliciumdioxyd und Eisen- und Kupferoxyden besteht. Das bedeutet, daß zum Kitten der beiden Teile Kalkmörtel mit sehr wenig Sandbeimengung verwendet worden war. Der Spiegel ist zweifellos einer der schönsten und interessantesten römischen Funde der letzten Zeit aus Bayern. Deshalb scheint er mir besonders als Geburtstagspräsent für den Jubilar geeignet, auch wenn es natürlich nicht möglich war, in der kurzen mir zur Verfügung stehenden Zeit alle Fragen wissenschaftlich befriedigend zu behandeln; dies gilt sowohl für die sich aus der Darstellung ergebenden ikonographischen Probleme als auch für die Beschaffung eigentlich zum Vergleich nötiger Abbildungsvorlagen. So muß ich mich auf die Vorlage des Fundes und die Skizzierung der Probleme beschränken in der Hoffnung, auf so manche offenen Fragen später Antwort geben 1

J. Fink, Das Kastell Pförring. ORL. B Nr. 75 (1902); H.-G. Simon, Zur Anfangsdatierung des Kastells Pförring. Bayer. Vorgeschichtsbl. 35, 1970, 94-105. - Das Gräberfeld gehörte früher zum größeren Teil zur Nachbargemeinde Forchheim, Ldkr. Beilngries/Opf., jetzt ganz zu Pförring, Ldkr. Eichstätt/Obb.

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Publikation für die Bayer. Vorgeschichtsbl. in Vorbereitung. 3 Herrn R. Raab möchte ich für seine Bemühungen ebenso danken wie Frau Dr. G. Zahlhaas, die mir mit manchen Anregungen und einer Reihe von Literaturangaben sehr behilflich war.

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Abb. 1. Pförring, Ldkr. Ingolstadt. Römischer Spiegel. Dicke 1,7 mm innen, 2 mm außen. Links konvexe, rechts konkave Seite. M. 1:2.

zu können. Etwas erleichtert wird mir dies durch jenes merkwürdige Gesetz der Serie, das mir, nachdem es hierzulande bisher solche Spiegel weder als Funde noch in Museen gab, unmittelbar nach dem Auftaudien des Pförringer Spiegels noch vier weitere Spiegel der selben Art in die Prähistorische Staatssammlung gebracht hat, die nun ebenfalls hier bekanntgegeben werden sollen. Der Spiegel hat einen Durchmesser von 9,3 cm. Das Spiegelblatt (Dm. 9 cm) ist beiderseits glatt und in der für römische Spiegel charakteristischen Weise verzinnt (Abb. 1); es war in mehrere Teile zerbrochen und durch starke Ausblühungen erheblich beschädigt, so daß die Suche nach einer Lötstelle für den Griff vergeblich blieb. Nur eine noch festzustellende vorgeritzte Merkstelle (Abb. l rechts) deutet wohl auf den ehemaligen Griff hin. Die Rückseite (Taf. 12, 1) zeigt innerhalb eines 5-6 mm breiten umschließenden Rundwulstes die drei Grazien im bekannten orthodoxen Schema, und zwar die in der Mitte stehende von rückwärts, während die beiden außen stehenden von vorne dargestellt sind (Taf. 12). Die beiden letzteren tragen keine Bekleidung, während die mittlere einen Mantel in der Weise lose übergeworfen hat, daß er in einem weiten Bogen von Schulter zu Schulter unterhalb des Gesäßes herumführt und dabei den ganzen Rücken freiläßt. Die Haltung von Körper und Kopf der drei Grazien lehnt sich eng an bekannte Darstellungen an, unterscheidet sich lediglich durch insgesamt größere Steifheit. Die beiden rechten Grazien tragen eine hochgesteckte Frisur mit Knoten, die linke, deren Gesichtsausdruck an sich eher knabenhaft erscheint, hat wohl dieselbe Frisur, die lediglich durch die ungeschickte perspektivische Verkürzung Ähnlichkeit mit einer männlich kurzgeschnittenen Frisur zeigt. In den Händen der äußeren Figuren sehen wir links Ähren und rechts einen Zweig, ganz wie auf den beiden Bleispiegeln aus Zadar4 und auf dem Wandgemälde von Pompeji (Taf. 14, l)5. Die drei Grazien stehen auf einer Basislinie, unterhalb derer im Abschnitt rechts ein Vogel, links ein runder Spiegel mit Griff erscheint. Soweit bis jetzt beschrieben weicht die Darstellung kaum von dem ab, was wir bei der Wiedergabe der drei Grazien erwarten können. Lediglich ein Mantel bei der mittleren Figur begegnet sonst nicht. Dennoch sind Mäntel im Zusammenhang mit den Drei-Grazien-Gruppen nicht selten; bei nicht wenigen sind die Mäntel rechts und links abgelegt6. Als Ablage dienen in diesen Fällen 4

R. Valenti, II museo nationale di Zara (Roma 1932) Abb. S. 28 oben rechts; M. Suid, Muzeji i Zbirke Zadra (1954) Abb. S. 70. - Da die Perlrandverzierung bei dem zuerst zitierten Spiegel ganz durchläuft, bei dem zweiten nur in der oberen Hälfte, muß es sich um zwei Exemplare handeln.

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Pompeji, Leben und Kunst in den Vesuvstädten. Ausstellungskatalog (1973) Nr. 271 m. Abb. S. 201. 6 R. Lullies, Zur Drei-Grazien-Gruppe. Mitteilungen des Dt. Arch. Inst, l, 1948, 45-52, Taf. 7; E. Schmidt, Über einige Fälle der Übertragung gemalter Figuren in Rundplastik. Festschr. P. Arndt (1925) 102-107,

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(z. B. Taf. 14, 2) große und hohe Gefäße, deren Stelle auf unserem Spiegel rechts und links am Bildrand je ein girlandengeschmückter Altar einnimmt. Zwei Girlanden nehmen auch den Zenith des Bildrundes ein und werden nach jeder Seite von einer Vorhangdraperie fortgesetzt. Eine Vorhangdrapierung in Verbindung mit den drei Grazien ist durchaus nichts Ungewöhnliches; es genügt, auf die Sarkophage aus Rom, Palazzo Mattei und aus dem Columbarium der Livia Augusta nebst den entsprechenden Bemerkungen von W. Deonna7 zu verweisen. Das, was die Darstellung so ungewöhnlich macht, sind einige kleine und unscheinbare Attribute. Rechts erscheinen zwischen Altar und der äußeren Figur ein Bogen und ein Köcher8 an den Altar gelehnt, auf dem deutlich ein Helm wiedergegeben ist. Diese zu den drei Grazien so gar nicht passenden militärischen Attribute werden auf der linken Seite ergänzt durch einen Schild; ob auf dem linken Altar ebenfalls ein Helm war, läßt sich wegen der starken Beschädigung nicht mit Sicherheit ausmachen. Und hier nun fehlen Parallelen und versagt jede Deutung; denn was sollen selbst bei einer völligen Entmythologisierung die Personifikationen von Hygieia, Zoä und Chara mit Waffen? Die Wiedergabe des Drei-Grazien-Motivs auf der vergoldeten Rückseite eines Bronzespiegels kommt als eine besondere Verwendung zu dem von Deonna9 zusammengestellten vielseitigen Gebrauch des Motives hinzu. Durch die ähnliche Technik scheint dem Pförringer Stück der DreiGrazien-Spiegel im Seattle Art Museum10 eng verwandt (Taf. 16,l).Die Frage, ob die Drei-GrazienGruppe vom erfindenden Künstler zuerst als vollplastische Figurengruppe in Stein (Taf. 14, 3) oder als Malerei gestaltet wurde, ist viel diskutiert worden11. Als Reliefplastik kommt sie auf Sarkophagen, in Weihereliefs und auf Statuen der Aphrodite von Aphrodisias als Gewanddekor vor. Auf der Rückseite von Bleispiegeln war sie bereits Deonna bekannt; seine Liste kann durch die beiden Spiegel in Zadar13 und einen weiteren im Museum Split14 ergänzt werden. Auch als Verzierung auf Lampenspiegeln begegnet das Motiv. Dank der Liebenswürdigkeit der Staatlichen Museen zu Berlin kann eine erst jüngst veröffentlichte Tonlampe hier nochmals abgebildet werden (Taf. 15, l)15. Nicht selten erscheinen die drei Grazien auch auf der Rückseite von Münzen. Zu den von Deonna16 gegebenen Hinweisen sei aus dem 2. und 3. Jahrhundert nach Chr. je ein Beispiel aufgeführt: Großbronze der Crispina von Aphrodisias17 (Taf. 15, 2) und Mittelbronze der Otacilia Severa von Magnesia am Mäander18 (Taf. 15, 4). Für die Verwendung des Motivs der drei Grazien auf geschnittenen Steinen, in Wandmalereien und Mosaiken kann auf Deonna19 verAbb. 12-14. - Bei dem später nochmals erwähnten DreiGrazien-Mosaik von Narhkuyu ist nur rechts von den Gestalten ein Mantel abgelegt. Alle drei Figuren tragen Hals- und Armschmuck, die mittlere noch eine Brustbinde. 7 W. Deonna, Le groupe des trois graces nues et sä descendance. Revue Archtologique 31, 1930, 274-332, bes. 297. 8 Wenn auch der Köcher nicht deutlich ist, so wird es sich doch wohl nicht um ein Parazonium handeln. 9 Deonna (wie Anm. 7). 10 Art Quarterly 31, 1968, 91. Die Darstellung der Gruppe auf diesem Spiegel zeigt wesentliche Unterschiede, vor allem in der Beistellung der beiden Amphoren, und wirkt, vielleicht infolge des größeren Durchmessers von 18,4 cm, insgesamt etwas gröber. Der Spiegel kann kaum aus derselben Werkstatt stammen. Für die Übermittlung des Fotos und die Erlaubnis zur Wiedergabe ist dem Seattle Art Museum zu danken. 13 Festschrift Werner

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s. Anm. 6 und 7. Deonna (wie Anm. 7) 287. 1S s. Anm. 4. 14 Für den Hinweis habe ich J. Garbsch zu danken. 15 Inv. Nr. TC. 930; G. Heres, Die römischen Bildlampen der Berliner Antiken-Sammlung (1973) Nr. 250, Taf. 30. 16 Deonna (wie Anm. 7) 288. 17 K. Kraft, Materialien und Entwürfe zu einem System der kaiserzeitlichen Münzprägungen Kleinasiens (1971) Taf. 92,14. 18 Münzen und Medaillen AG. Basel, Auktion 41 (1970) Nr. 386. - Zur Liste von Deonna kommen noch die Mittelbronzen des Gallienus von Serdica; N. Mouchmov, Les monnaies et les ateliers monetaires de Serdica (1926) Nr. 518-519. Weiter sei abgebildet auf Taf. 15, 3 eine Großbronze des Balbinus von Tarsos. 19 Deonna (wie Anm. 7) 288 ff. 12

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wiesen werden. "Wenn wir nun bei den Drei-Grazien-Mosaiken jenes von Barcelona20 einem unveröffentlichten von Narhkuyu zwischen Silifke und Mersin gegenüberstellen, so wird ein Problem, das durch die vielseitige Verwendung des Motivs besonders sinnfällig auftritt, recht deutlich. Es ist dies die Frage, ob und mit welchen Vorbildern die antiken Künstler gearbeitet haben. Für Musterbücher, wie etwa bei mittelalterlich-neuzeitlichen Künstlern, fehlt bisher ein Nachweis durch Funde oder in der Literatur. Und doch muß ihnen etwas ähnliches zur Verfügung gestanden haben, denn wie sonst sollte es den Künstlern der verschiedensten Art in so weit auseinanderliegenden Teilen des Reiches und zu so verschiedenen Zeiten möglich gewesen sein, ein so beliebtes Motiv in immer ähnlicher Ausführung und gleicher Haltung wiederzugeben? Ich glaube, daß gerade dieses Drei-Grazien-Motiv besonders geeignet ist, Vorbildersammlungen oder -kataloge auch für die römische Kaiserzeit zu erschließen. Schon Deonna hat bei seiner Behandlung der drei Grazien den engen Zusammenhang dieses Motivs mit der Darstellung des Urteils des Paris, bei dem die drei Göttinnen wegen der Schönheit rivalisieren, angesprochen21. So ist es ein amüsanter Zufall, daß der zweite neue Spiegel eine Szene zeigt, die als Teil einer größeren Darstellung des Urteils des Paris angesprochen werden kann22. Der Spiegel kommt aus Privatbesitz und soll in der Gegend von Izmir gefunden worden sein. Auch hier waren wohl das Spiegelblatt und die getriebene Rückseite in viele Teile zerbrochen, was dann vermutlich einen der Vorbesitzer dazu veranlaßt hat, die Fragmente des getriebenen Bron/ebleches auf einen nicht zugehörigen, unverzierten römischen Spiegel mit einer Lochreihe am Rand aufzukleben. Der hierbei verwendete Klebstoff ließ sich auf keine Weise lösen, so daß die Montage trotz störender Fehler belassen werden mußte. Eine Nachkonservierung erbrachte auch hier Spuren von Vergoldung, so daß die Technik der Herstellung der Spiegelrückseite und ihre Verzierung die gleiche gewesen sein muß, wie bei dem zunächst behandelten Drei-Grazien-Spiegel. Der zweite Spiegel hat heute einen Durchmesser von 9,5 cm; er muß aber durch den anzunehmenden Randwulst ursprünglich größer gewesen sein. Dargestellt ist (Taf. 13, 1) eine Gruppe von drei weiblichen Figuren, die mit Wahrscheinlichkeit als Teil einer Darstellung des Urteils des Paris betrachtet werden können. Links steht nach rechts schauend Athena, die mit einem Chiton bekleidet ist und einen hellenistischen Kammhelm trägt. Sie hält in der linken Hand einen schräggestellten Speer und lehnt mit dem linken Arm auf einem runden Schild. Dieser steht auf einem Altar, auf dessen untere Stufe Athena mit dem linken Fuß tritt und der gleichzeitig als Sitz für Aphrodite in der Mitte der Gruppe dient. Aphrodite wendet sich ebenfalls nach rechts und ist nur mit einem lose um die Hüften und über das linke Bein fallenden Mantel bekleidet. Ihr linker, ausgestreckter Arm trägt einen Kalathos und hält in der Hand einen Zweig. Zwischen Aphrodite und der rechts am äußeren Bildrand stehenden dritten Gestalt rankt sich ein Granatapfel(?)-Baum bis zum oberen Rand empor. Von der dritten Figur, die stark zerstört ist, läßt sich nur sagen, daß sie mit einem Chiton bekleidet ist und sich mit dem linken Arm auf eine Halbsäule stützt. Unter der Standlinie für die Gruppe können wir noch schwach rechts einen Spiegel mit Griff und links eine Fackel erkennen. Die Darstellung entspricht bis auf Einzelheiten einem Spiegel im Museum of Fine Arts Boston (Taf. 13, 2)2S. Der größere und besser erhaltene Spiegel in Boston weicht von unserer Darstellung 20

Deonna (wie Anm. 7) 292 Abb. 2. Deonna (wie Anm. 7) 320. 22 Prähistorische Staatsslg. Inv. Nr. 1973, 1189. 23 M. Comstock and C. Vermeule, Greek, Etruscan and Roman Bronzes in the Museum of Fine Arts Boston 21

(1971) 492 Nr. 400 A. Für den Münchner Spiegel wurde die hier vorgeschlagene Deutung als Parisurteil übernommen. Aufgrund der Attribute ist jedoch eine Szene des Proserpina-Mythos denkbar. - Bei dem Relief des Parisurteils in der Villa Medici aus der späterantoni-

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eigentlich nur dadurch ab, daß die rechts stehende Figur unbekleidet ist und deshalb in der Publikation als Nymphe bezeichnet wurde. Nachdem aber auf unserem Spiegel die Figur vollständig bekleidet ist, bestünde eigentlich kein Grund, sie nicht als Hera anzusprechen. Gar manche Details unseres doch stärker beschädigten Spiegels werden durch den Vergleich mit dem Exemplar in Boston deutlicher erkennbar. Die dritte hier zu behandelnde Spiegelrückseite kommt aus dem Münchner Kunsthandel. Über ihren Fundort oder auch nur die Fundgegend war nichts bekannt, da der Vorbesitzer ebenfalls Händler war. Die nur leicht beschädigte Spiegelrückseite aus getriebenem und dann vergoldetem Bronzeblech (Dm. 10,5 cm) sollte zusammengehören mit einem Spiegelblatt, das sich nach der Konservierung als 4 mm kleiner im Durchmesser erwies als die Rückseite und damit in ihrem Verhältnis zum Zierblech etwa dem Spiegel von Pförring entspricht. Dennoch kann die Zusammengehörigkeit keineswegs als gesichert betrachtet werden24. Dargestellt sind (Taf. 12, 2) ein sitzender Jüngling und ein großer Adler, so daß wir nicht umhin können, die Szene auf Ganymed zu beziehen. Der prinzliche Hirtenknabe sitzt fast etwas ablehnend rückwärts geneigt am linken Bildrand auf einem Felsen (?) nach rechts. Der Mantel hängt ihm um die Schultern und mit einem Zipfel zwischen den Beinen herab. Ganymed neigt seinen lockigen Kopf dem Adler entgegen, die linke Hand hat er dem Adler an den Kopf gelegt, die Rechte ist auf den Sitz gestützt. Vor dem Knaben sitzt mit geschlossenen Flügeln, den Kopf erhoben, der Adler. Hinter dem Vogel ist ein Felsen oder ein Mauerwerk angedeutet, auf dem der zur Szene gehörige Eros nach halbrechts steht und aus dem sich ein Baum nach oben rankt. Obwohl hier Ganymed dem Adler kein Trinkgefäß zu reichen scheint,, ist die Darstellung doch von der wiederholt begegnenden Trinkszene abzuleiten, die zuletzt ausführlich R. Herbig behandelt hat25. Zur Szene mag man auch eine Glaspaste in der Staatlichen Münzsammlung München26 vergleichen. Auffallend und einstweilen ohne Beispiel ist der Umstand, daß der Adler hier seine Flügel geschlossen hat. Die drei hier vorgelegten Spiegel gehören zu einer Gruppe von Spiegeln mit besonders schön verzierter und vergoldeter Rückseite, von der sich allerdings nur wenige Exemplare erhalten haben. Verbunden wird die Gruppe durch die Attribute im Abschnitt unter der Standlinie von Spiegel l und 2 und durch die Wiedergabe des Baumes mit seinen Blättern in Spiegel 2 und 3. Auch sonst finden sich noch manche Gemeinsamkeiten, wie z. B. die ungekonnt ungeschickte "Wiedergabe mancher zu dick gewordener Arme und Beine, die Drapierung der Gewänder u. a. m. Nahe stehen der Gruppe die Bleispiegel, deren gröberes Material jedoch deutliche Unterschiede bedingte. Über die Datierung der Spiegel läßt sich wenig sagen, da in keinem Fall Fundumstände bekannt sind. Der Drei-Grazien-Spiegel stammt zweifellos aus einem Brandgrab des Friedhofs beim Kastell Pförring. Soviel sich den bisher bekannten schlichten Grabinventaren und Beigaben aus diesem Friedhof entnehmen läßt, wurde er im 2. Jahrhundert nach Chr. belegt. Dem entspricht auch die in Boston gegebene Datierung des dortigen Spiegels mit ca. 100-200 n. Chr. Wenn wir nun die Haartracht der beiden rechten Grazien für die Datierung heranziehen wollen, so entsprechen die Frisuren denen der Kaiserinnen Faustina der Jüngeren und vielleicht noch Lucilla. Damit kämen wir zu einer Entstehungszeit kurz nach der Mitte des Jahrhunderts, was durchaus gut denkbar wäre. Während der Drucklegung des Beitrages tauchten noch zwei weitere Spiegel der vorgestellten irischen Zeit erscheinen einige Figuren in der linken Hälfte ähnlich gruppiert wie auf den Spiegeln; J. Sieveking, Das römische Relief. Festschr. P. Arndt (1925) 33 Abb. 8. 24 Prähistorische Staatsslg. Inv. Nr. 1973, 162-163. 13*

25 R. Herbig, Ganymed und der Adler. Ganymed, Heidelberger Beiträge zur antiken Kunstgeschichte (1949) 1-9. M Antike Gemmen in deutschen Sammlungen I, 2 (1970) Nr. 1446.

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Gruppe auf und konnten von der Prähistorischen Staatssammlung erworben werden. Wegen der Seltenheit dieser Stücke seien sie noch kurz an dieser Stelle bekanntgemacht. Bei beiden ist leider der Fundort unbekannt; es darf vielleicht ihre Herkunft aus dem Osten des Römischen Reiches vermutet werden. Die Spiegelscheiben selbst sind gut erhalten, während die Rückseiten einige Beschädigungen erlitten haben. Auch von der ursprünglichen Vergoldung zeugen nur noch Reste. An der Zusammengehörigkeit von Rückseite und Spiegelblatt besteht jedoch kein Zweifel, da die z. T. noch vorhandene Kittmasse die Hohlräume der Darstellungen genau ausfüllte. Inv. 1973, 1223 (Taf. 16, 2). Der Spiegel hat einen Durchmesser von 8,8 cm; von dem 0,8 cm breiten Randwulst sind nur noch kleinere Partien erhalten. Im Mittelpunkt der Szene ist ein Kind dargestellt, das einen Arm hebt und das von einer rechts hockenden weiblichen Person über ein weites, konisches Gefäß gehalten wird, für das man sich der Rippenzier nach ein Metallgefäß als Vorbild zu denken haben wird. Hinter Gefäß und Kind befindet sich eine Rundsäule. Links steht leicht nach vorn geneigt und mit der linken Hand an die Säule gelehnt eine zweite weibliche Gestalt, die mit der Rechten aus einem gerippten Krug Flüssigkeit in das Becken gießt. Beide Frauen sind voll bekleidet und tragen einen Schleier über dem Kopf. Rechts am Bildrand sitzt erhöht, mit dem Rücken zum Beschauer, Kopf und Schultern nach links gewandt, eine dritte weibliche Gestalt, die bis auf eine Brustbinde nackt ist. Ganz links schließlich rankt sich eine Weinrebe empor, deren letztes Blatt das obere Ende der Säule verdeckt. Im zur Hälfte zerstörten Abschnitt kann man links gerade noch einen Vogel mit rückwärts gewandtem Kopf erkennen. Es handelt sich bei der Darstellung um eine Szene aus der Kindheit des Bacchus, wobei hier nicht der Platz für nähere Deutung sein kann27. Es mag genügen, auf die ganz ähnlichen Szenen auf den Sarkophagen in der Glyptothek in München und im Capitolinischen Museum Rom zu verweisen28. Angemerkt sei noch, daß am Spiegelblatt über der Säule oben etwa in der Mitte eine ca. 4,5 cm lange Lötspur die Stelle eines jetzt verlorenen Griffes anzeigen könnte. Inv. 1973,1224-1225 (Taf. 16, 3). Der Spiegel hat einen Durchmesser von 10 cm; am Rand weist eine ca. 0,4 cm breite und 4,5-5 cm lange Lötspur auf die Stelle des Griffes hin. Von der Verbindungsmasse zur getriebenen Rückseite war fast nichts mehr erhalten. Wie schon bei anderen Exemplaren beobachtet, ist auch hier die Rückseite mit 10,4 cm etwas größer. Auf den 0,6 cm breiten Randwulst folgt zwischen zwei Perlkreisen ein Kreis aus Eierstäben, der die Darstellung der Vorderfront eines Tempels einschließt. Auf sechs Stufen stehen vier kannelierte Säulen mit korinthischem Kapitell, die eine Giebelarchitektur tragen. Zwischen den beiden mittleren Säulen ist unter einem Spitzgiebel Diana im kurzen Jagdkleid mit Halbstiefeln dargestellt. In der Linken hält sie einen Bogen, in der Rechten Blätter (oder eher eine Schleuder?). Links steht - kleiner - unter einem gewölbeartigen Abschluß mit Kranz eine männliche Gestalt mit Mantel und Speer nach rechts gewandt, rechts eine wohl weibliche Gestalt in Halbstiefeln mit umgehängtem und geöffnetem Mantel und links gewandtem Kopf. Die Deutung für die beiden Seitenfiguren kann wohl im Kreise der Nymphen, Genien oder Heroen, die mit dem Kult der Diana in Verbindung stehen, gesucht werden. Als letztes gilt es noch auf den Oktopus hinzuweisen, der als Winkelfüllung links vom Spitzgiebel erscheint. Die Darstellung von Tempeln in ähnlicher Weise kommt in der römischen Münzprägung vor und war besonders in Kleinasien beliebt29. 27 Eine eingehende Würdigung ist im Rahmen einer größeren Arbeit über die ganze Gruppe von Spiegeln durch Zahlhaas zu erwarten. 28 R. Turcan, Les sarcophages romains a representa-

tions dionysiaques (1966) Taf. 8 c und 17 b, sowie S. 413 ff. 29 P. Franke, Kleinasien zur Römerzeit (1968) Nr. 174 und 279.

GÜNTER ULBERT, MÜNCHEN STRAUBING UND NYDAM Zu römischen Langschwertern der späten Limeszeit

Der Einfluß der provinzialrömischen Kultur auf die Welt der jenseits der römischen Reichsgrenzen an Rhein und Donau in Mittel- und Nordeuropa wohnenden Völker war bedeutend. Ihn zu erkennen in seiner ganzen Spannweite von der bloßen Übernahme und Nachahmung bis zur Umformung und eigenständigen Weiterentwicklung der einströmenden materiellen und geistigen Güter einer hochentwickelten Zivilisation: dieser Problematik eines bedeutenden Kapitels frühgeschichtlicher Forschung hat J. Werner einen großen Teil seiner wissenschaftlichen Arbeit gewidmet. Der Bogen ist weit gespannt von der Habilitationsschrift „Die beiden Zierscheiben des Thorsberger Moorfundes 194l"1 zur Studie „Das Aufkommen von Bild und Schrift in Nordeuropa 1966"2, die ein mit Spannung erwartetes Werk gleichen Themas ankündigt. Der Bedeutung der provinzialrömischen Kultur als dem in den beiden ersten Jahrhunderten n. Chr. gebenden und inspirierenden Teiles war sich Werner immer bewußt. Die chronologische, stilistische und geographische Ordnung der römischen Altertümer bildete stets die Ausgangsbasis, auf der weiter aufgebaut wurde. In schönster Weise demonstriert Werner in diesen Arbeiten die enge Verbindung von vor- und frühgeschichtlicher und provinzialrömischer Archäologie in Zielsetzung und Methode: eine Zusammenschau und Einheit verschiedener Disziplinen, die heute in der Zersplitterung und Spezialisierung innerhalb der Altertumswissenschaften selten geworden ist. Die nachfolgende Studie, die den Gesamtkomplex römisch-germanischer Kulturbeziehungen von einem kleinen Teilaspekt aus beleuchten soll, ist geschrieben in Würdigung dieser übergreifenden Wissenschaftsauffassung.

ZUR FORSCHUNGSSITUATION

Es ist auch heute noch kaum abzuschätzen, in welchem Umfang römische Industrieerzeugnisse aus Italien, Gallien und aus den Rheinprovinzen ins Barbarikum exportiert wurden. Daß der Zustrom erheblich gewesen sein muß, läßt das bisher registrierte archäologische Fundmaterial nur erahnen8. 1

Werner, Die beiden Zierscheiben des Thorsberger Moorfundes. Ein Beitrag zur frühgermanischen Kunstund Religionsgeschichte. Röm.-Germ. Forsch. 16 (1941). 2 Werner, Das Aufkommen von Bild und Schrift in Nordeuropa. Sitzungsber. Bayer. Akad. d. Wiss., Phil.Hist. Kl. 1966, H. 4. 'Aus der umfangreichen Literatur zu einzelnen Fundgattungen seien nur einige zusammenfassende

Werke und Aufsätze genannt. K. Majewski, Importy Rzymskie na Ziemiach StowiaAskich (1949). - H.-J. Eggers, Der römische Import im freien Germanien. Atlas der Urgesch. l (1951). - Sir Mortimer Wheeler, Rome Beyond the Imperial Frontiers (1955). Deutsche Übersetzung: Der Fernhandel des römischen Reiches (1965).Majewski, Importy rzymskie w Polce (1960). - V. Kropotkin, Rimskie importnye isdelija v vostoünoj Evrope. Archeologija SSSR, Svod Dl, 27 (1970). - R. Wol^gie-

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Nicht minder unsicher ist man bei der Frage, wie die römischen Erzeugnisse die Gebiete jenseits der Reichsgrenzen erreichten. Die Diskussion: Handels- oder Beutegut, Geschenke, erworbene Besitztümer ehemaliger germanischer Söldner in römischen Diensten?, diese Diskussion ist noch lange nicht abgeschlossen. Verschiedene Faktoren der Quellenlage trüben hierbei ebenso das sichere Urteil wie ein recht unterschiedlicher, oft nur allzuschlechter Forschungsstand. Ohne Einschränkung trifft dies auch auf das römische Schwert zu, das zu allen Phasen des römisch-germanischen Kontaktes in großer Zahl germanisches Gebiet erreicht haben muß: vom klassischen Gladius der älteren Kaiserzeit4 über das eigentümliche Ringknaufschwert5 bis hin zur Spatha und dem langen, meist damaszierten „Rapier" des 3. Jahrhunderts n. Chr., Formen, die hier besonders interessieren. Die Schwierigkeit beginnt schon damit, daß im Ausgangsgebiet der römischen Provinzen Technik, Entwicklung und Kapazität römischer Schwertindustrie vom archäologischen Standpunkt aus gesehen kaum zu beurteilen sind. Dies liegt z. T. an der relativen Seltenheit römischer Schwertfunde auf römischem Boden. So kennen wir - um nur ein Beispiel zu nennen - aus dem Bereich des Zweilegionslagers Mogontiacum-Mainz noch keine zehn Gladii der 1. Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr.6. Das ist - H. Klumbach7 weist mit Recht darauf hin - „weit weniger als ein Promille des Istbestandes an Gladien der Mainzer Garnison in julisch-claudischer Zeit". Dabei ist die Quellenlage für das 1. Jahrhundert n. Chr. wegen der zahlreichen Flußfunde noch verhältnismäßig günstig. Die für andere Materialien sonst so reich fließende Quelle der Grabfunde versiegt für das römische Schwert innerhalb der Reichsgrenzen nahezu gänzlich. Der römische Bestattungsbrauch verbietet die Waffenbeigabe8. Es bleiben also Siedlungsfunde aus Lagern und Kastellen übrig. Dazu kommen vereinzelt Waffen aus Depotfunden und vor allem im 1. Jahrhundert n. Chr. wie erwähnt etliche Flußfunde. Anders ist die Quellenlage im Exportgebiet außerhalb der Reichsgrenzen. Die Schwertbeigabe wurde bei den Germanen geübt, freilich auch hier mit regionalen und zeitlichen Unterschieden und Schwerpunkten9. Dieser archäologischen Quelle, vor allem aber den großen Moorfunden Nordeuropas (s. u. S. 205 f.), verdanken wir die Kenntnis zahlreicher ausgezeichneter römischer Schwerter insbesondere des 3. Jahrhunderts n. Chr. Da es an einer längst fälligen modernen Untersuchung über römische Waffen der Limeszeit mangelt10, lassen sich aber auch diese bedeutenden Schwertfunde nur schwer beurteilen. Das archäowicz, Der Zufluß römischer Importe in das Gebiet nördlich der mittleren Donau in der älteren Kaiserzeit. Zeitschr. f. Arch. 4, 1970, 222-249. In erweiterter Fassung in polnischer Sprache: Arch. Polski 15, 1970, 207 -247. 4 E. Nylen, Early Gladius Swords Found in Skandinavia. Acta Arch. 34, 1963, 185-230. - G. Ulbert, Gladii aus Pompeji. Vorarbeiten zu einem Corpus römischer Gladii. Germania 47,1969,97-128. 5 H.-J. Hundt, Ein tauschiertes römisches Ringknaufschwert aus Straubing (Sorviodurum). Festschr. d. Röm.Germ. Zentralmus. Mainz (1952) 3, 109-118. - Ders., Nachträge. Saalburg-Jahrb. 15, 1955, 50-59. - K. Raddatz, Ringknaufschwerter aus germanischen Kriegergräbern. Offa 17/18, 1959/61, 26-55. - Ders., Anhänger in Form von Ringknaufschwertern. Saalburg-Jahrb. 12, 1953, 60-65. - H.-J. Kellner, Zu den römischen Ringknaufschwertern und Dosenortbändern in Bayern. Jahrb. RGZM. 13,1966,190-201.

6

Vgl. die Liste bei Ulbert (wie Anm. 4) 127. Jahrb. RGZM. 17,1970,132. 8 Die römischen Schwertgräber aus Rheingönheim, G. Ulbert, Das frührömische Kastell Rheingönheim. Limesforsch. 9 (1969) 44 f. Taf. 32, 1-4, oder Lyon, s. u. S. 211 Anm. 55, sind Sonderfälle. - Zum Problem der provinzialrömischen Gräber mit Waffenbeigaben vgl. H. Schönberger, W. Hübener, S. de Laet u. A. v. Doorselaer, Saalburg-Jahrb. 12, 1953, 53-56; 17, 1958, 65; 20,1962,54-61; 21,1963/64, 20-25. 26-31. 'Die Forschungsituation ist umrissen bei Raddatz, Die Bewaffnung der Germanen in der jüngeren römischen Kaiserzeit. Nachr. Akad. d. Wiss. Göttingen. Phil.-Hist. Kl. Nr. l (1967) 4 ff. 10 Die verdienstvollen Arbeiten von L. Lindenschmid, Tracht und Bewaffnung des römischen Heeres während der Kaiserzeit (1882) und L. Coussin, Les Armes Romaines (1926) sind überholt. - Allgemeine Überblicke geben G. Webster, The Roman Imperial Army (1969) 7

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logische Schrifttum über das römische Schwert ist gewiß umfangreich. In den meisten Fällen handelt es sich aber um die Veröffentlichung von Einzelstücken oder um die Untersuchung von Schwertgruppen, die sich durch besondere Merkmale oder Zierelemente von Griff oder Scheide auszeichnen. Dazu gehören die Gladii der frühen Kaiserzeit, die oben schon genannten Ringknaufschwerter mit Zubehör11 oder die gleich noch näher zu besprechenden Schwerter mit figürlichen Inkrustationen. Die Schwertklinge allein, das wesentliche an der "Waffe, spielt bei den antiquarischen Untersuchungen nicht die ihr gebührende Rolle. Um überhaupt die weitere Diskussion der eingangs angedeuteten Probleme auf eine sichere Grundlage zu stellen, bedarf es einer modernen, exakten Bestandsaufnahme aller römischen Schwerter aus dem römischen Gebiet ebenso wie aus dem Barbarikum. Freilich wären erst Kriterien zu erarbeiten, nach welchen eine Entscheidung: römisches Original oder germanische Nachahmung? möglich sein wird. Jetzt schon wird man sagen dürfen, daß ein in oder bei einem römischen Militärplatz gefundenes Schwert in der Regel auch auf römischem Gebiet hergestellt wurde. Bei den im freien Germanien gefundenen Waffen lassen Fabrikstempel oder jene figürlichen Einlagen (s. u. S. 200 ff.) keinen Zweifel über die römische Provenienz. Daß der Kontext, in dem das Schwert gefunden wurde, in den neu zu erstellenden Corpora genau mitgeteilt werden sollten, ist selbstverständlich. Exakte Maß- und Gewichtsangaben, ferner Zeichnungen und Photos sind ebenso unerläßlich wie irgend mögliche metallkundliche Expertisen. Neue Untersuchungen an damaszierten Schwertklingen haben gezeigt, welch wichtige Informationsquelle mit technologischen und metallurgischen Analysen erschlossen werden kann (s. u. S. 202).

DIE LANGSCHWERTER AUS STRAUBING UND NYDAM

Von der im vorhergehenden Abschnitt geforderten kritischen Bestandsaufnahme römischer Schwerter ist man noch weit entfernt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt, wo selbst noch erhebliche chronologische Unsicherheiten herrschen, ist daher jedes neugefundene, einigermaßen fest datierte römische Schwert auch für die Beurteilung der Funde jenseits der Grenzen von Bedeutung. Das Langschwert, das hier in die Diskussion eingeführt werden soll (Taf. 17, 1), gehört zu jenem hochbedeutsamen, 1950 entdeckten römischen Schatzfund von Straubing12. Der Fund konnte schon wenige Monate nach seiner Entdeckung dank glücklichen Zusammenwirkens von Bodendenkmalpflege, Autoren und Herausgeber veröffentlicht werden: ein ebenso erfreuliches wie seltenes Ereignis! Verständlidierweise fanden in der Fachwelt des In- und Auslandes die prächtigen Paraderüstungen, vor allem die sieben Gesichtshelme, das größte Interesse, während die übrigen Bestandteile des Schatzes weniger berücksichtigt wurden. Unter den rund 100 Eisengegenständen befinden sich ein Schwert, eine Dolchklinge, vier Lanzenspitzen, Werkzeuge, Geräte und Eisenbeschläge vermit zahlreicher Lit. - H. v. Petrikovits, Die römischen Streitkräfte am Niederrhein (1967) 22-35. - Ulbert, Art. Römische Bewaffnung. Hoops, Reallex. Germ. Altkde.2 (im Druck). - F.-R. Herrmann (Nürnberg) bereitet die Publikation des bedeutenden Waffenfundes aus Künzing vor (vgl. Anm. 54). - J. Oldenstein (Frankfurt a. M.) wird in seiner Dissertation (Frankfurt) die Aus-

rüstung des limeszeitlichen Heeres ausführlich behandein. n Vgl. Anm. 4 u. 5. 12 J. Keim u. H. Klumbach, Der römische Schatzfund von Straubing. Münchner Beitr. z. Vor- u. Frühgesch. 3 (1951) 37 Nr. 43 Taf. 42,1. 2; 43.

200

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schiedenster Art. Das Langschwert (Taf.17,1) ist 94cm lang, davon entfallen auf die Klinge 79,7. Am Heftansatz mißt sie 4,6 cm. Die sehr schlanke Waffe verjüngt sich zur Spitze hin nur wenig. Eine Besonderheit stellt die Metalleinlage aus Messing dar, die auf einer Seite der Klinge unterhalb der Griffzunge zu erkennen ist (Taf. 17, la)13. H. Klumbach deutet sie als Hersteller- oder Besitzermarke. Er liest sie mit nach unten gerichteter Klinge und beschreibt sie folgendermaßen: „Gerader Balken in der Mittelachse der Klinge, an den links zwei aufsteigende, rechts unten ein fallender Ast angesetzt sind"14. Eine nahezu gleichartige Waffe stammt aus dem großen dänischen Mooropferfund von Nydam (Taf. 17, 2). Sie wurde 1865 von C. Engelhardt veröffentlicht15. Das Schwert besitzt etwas geringere Ausmaße als das Straubinger (Klingenlänge etwa 66,4 cm, Klingenbreite 4,0 cm). Das Verhältnis von Klingenlänge und Klingenbreite (17 : 1) ist jedoch hier wie dort dasselbe. Auch das Nydamsdiwert ist mit einer Metalleinlage (Taf. 17, 2a) an derselben Stelle versehen. Dank neuer photographischer Aufnahmen läßt sie sich gut studieren und mit der vorzüglichen Zeichnung bei Engelhardt vergleichen. Daß nur mehr Teile der ursprünglichen Einlagen erhalten sind, bestätigen auch Röntgenaufnahmen16. Ich lese das „Zeichen" mit nach oben gerichteter Schwertspitze: von einer leicht geknickten, senkrechten, 2 mm breiten Linie führt im oberen Drittel rechts eine Linie in leichtem Bogen abwärts. Darüber liegt, von der unteren Inkrustation getrennt, ursprünglich jedoch sicher zusammengehörig, eine abwärts gerichtete, stumpfwinklig gebrochene Linie. Trotz der Korosion lassen die Photos weiterhin 2 mm breite geradlinige Strukturen erkennen, in denen ursprünglich wohl ebenfalls Metalleinlagen saßen: ein aufsteigendes Stück rechts über dem Winkel und auf gleicher Höhe links. Außerdem scheint sich unmittelbar am oberen Ende des Winkelstückes ein etwas breiteres Element angeschlossen zu haben. Auf unserer Abb. l, 4 sind diese Linien, die schon Engelhardt z. T. erkannt und gezeichnet hatte, punktiert angegeben. Dreht man die Inkrustation auch des Straubinger Schwertes um 180 Grad, so sind die beiden „Zeichen" (Abb. l, 3. 4) in ihren Grundelementen identisch: senkrechte Linie, zwei abwärts führende Äste rechts, ein aufsteigender links.

L A N G S C H W E R T E R MIT F I G Ü R L I C H E N M E T A L L E I N L A G E N

Was bedeuten die „Zeichen" auf den Schwertern aus Straubing und Nydam? Das Studium anderer inkrustierter Schwerter führt uns auf die rechte Spur. In der Tabelle l sind die mir aus der Literatur bekannten Waffen zusammengestellt17. In jüngster Zeit haben sich vor allem Wissenschaftler aus Polen und Norwegen mit ihnen befaßt. Anlaß war stets die Entdeckung figürlicher Metalleinlagen 13 Die Photos Taf. 17, l werden dem Bayer. Landesamt f. Denkmalpflege verdankt. Die Waffe wurde der Prähist. Staatssammlung München kurzfristig zum Studium überlassen. Dafür sei dem Hist. Museum Straubing (Herrn Dipl. Ing. Scherl, Straubing) besonders gedankt. Für die Möglichkeit, das Schwert in der Prähist. Staatssammlung röntgen zu lassen, sowie für freundliche Hilfe bin ich meinen Kollegen H. Dannheimer, J. Garbsch und H.-J. Kellner herzlich dankbar. 14 Keim u. Klumbach (wie Anm. 12) 37. 15 C. Engelhardt, Nydam Mosefund 1859-1863 (1865) Taf. 7,17 u. 17a.

w Die Photos Taf. 17, 2. 2a sowie die Röntgenaufnahmen werden dem Schleswig-Holsteinischen Landesmuseum für Vor- und Frühgeschichte verdankt. Herrn K. W. Struve bin ich für seine Hilfe sehr zu Dank verpflichtet. 17 Im folgenden werden die einzelnen Schwerter nach den Tabellen 1-3 (S. 204 ff.) numeriert. Die Ordnungszahl erscheint in Klammern hinter dem betreffenden Schwert (etwa Tab. l, 3 oder 3, 17). Bei den in diesen Tabellen aufgeführten Maßen der Schwerter handelt es sich oft nur um Annäherungswerte. In vielen Publikationen konnte das Längen- und Breitenmaß aus dem Ab-

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Abb. 1. Viktorien auf römischen Langschwertern. l Jevnaker, Norwegen. 2 R0r, Norwegen. 3 Straubing. 4 Nydam, Dänemark. M. l: 1.

an schon länger bekannten Schwertern. Da die Arbeiten in Zeitschriften veröffentlicht wurden, die nicht jedem zugänglich sind, seien die Ergebnisse der Untersuchungen, die sich z. T. auch ganz allgemein auf römische Schwertfunde außerhalb der römischen Grenzen beziehen, kurz referiert. Zwei figürlich inkrustierte Schwerter aus Polen waren schon länger bekannt: aus Rzeczyca Dhiga, Kr.Tarnobrzeg (Tab. l, 10)18 undPodlodöw, Kr. Tomazow Lubelski (Tab. 1,6)19.1965 wurden Inkrustation und Damaszierung des Schwertes aus Hromowka, Kr. Chmielnickij (USSR. Tab. 1. 5; Taf. 19, 3. 4) durch Röntgenaufnahmen entdeckt und von J.Piaskowski erstmals vorgelegt20. Auf der einen Seite erkennt man Mars frontal stehend mit Helm, Schild und Lanze und auf der anderen den Legionsadler „inter signa". Diese Einlagen entsprechen fast genau denen auf einem Schwert aus dem nordenglischen Kastell South Shields (Tab. l, 1. Taf. 19, 1. 2)21. Das Schwert von Hromowka gehört zu einem reich ausgestatteten Brandgrab unter Hügel, das schon 1890 gefunden wurde und seither in Krakau aufbewahrt wird. 1967 nahmen K. D^browski und J. Kolendo die Veröffentlichung eines spätlatenezeitlichen Brandgrabes mit einem ALLIVS PA-gestempelten Schwert italischer Herkunft zum Anlaß, alle bekannten römischen Schwerter mit Namensstempel und figürlichen Einlagen zusammenzustellen22. Die Ergebnisse haben beide Autoren dann bildungsmaßstab errechnet werden, so etwa bei allen von Engelhardt veröffentlichten Schwertern. Bei anderen Abbildungen konnte nur mehr das Verhältnis von Klingenlänge und Klingenbreite ermittelt werden, auf das es hier besonders ankommt. In den Tabellen 1-3 werden folgende Abkürzungen verwendet: Almgren-Nerman: O. Almgren, B. Nerman, Die Ältere Eisenzeit Gotlands (1923). CIL 10036: CIL XIII, 2 Nr. 10036. Grieg 1926: S. Grieg, Hadelands eldste bosetningshistorie (1926). Kragehul: C. Engelhardt, Kragehul Mosefund (1867). Mac Müllen: R. Mac Müllen, Inscriptions in Armour. Am. Journ. of Arch. 64,1960, 37 ff. Nydam: C. Engelhardt, Nydam Mosefund (1865). Vimose: C. Engelhardt, Vimose Fundet (1866). Wiese Rygge: E. Wiese Rygge, Victoria i Norge. Univ. Oldsaksaml. Arbok 1967/68,201 ff.

18

R. Jamka, Sprawozdania 42, 1937, 269-272. Ders., Bull. Intern, de l'Acad. Pol. des Sciences et des Lettres 1937, H. 7-10, 117-121. - D^browski-Kolendo 1972 (Anm. 31) 61 Nr. 2. 19 J. Gurba, Inventaria Arch. Polen 17 (1966) PL 110, l u. A. - Przegl^d Arch. 17, 1964/65, 202-207. Dijbrowski-Kolendo 1972 (wie Anm. 31) 70 Nr. 2. 20 Zotchtani Wieköw 31, 1965, 36-39. - Die Photos zu Taf. 19, 3. 4 verdanke ich der Freundlichkeit von K. Godlowski (Krakau). 21 1. Richmond, The Roman Fort at South Shields (o. J.) 13-14. - H. Plenderleith, The Conservation of Antiquities and Works of Art (1956) Taf. 46. - Abgeb. auch bei Rosenquist 1967/68 (wie Anm. 24) 147 Abb. 2, d ; 152 Abb. 3, g. h. - Die Abbildungsvorlagen zu Taf. 19,1. 2 verdanke ich dem Museum South Shields. 22 Arch. Polski 12,1967, 383-426.

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1972 in erweiterter Form nochmals vorgetragen (s. u. Anm. 31). 1970 wurde das Grab von Hromowka mit sämtlichen Beigaben in guten Zeichnungen neu veröffentlicht und seine Stellung innerhalb der Przeworsk-Kultur der Ukraine diskutiert23. Nach T. D^browska und K. Godtowski handelt es sich um ein typisches Waffengrab dieser Kultur (mit Lanzenspitze, Sporn, Schwerttragbügel, Schildbuckel u. a.), das in die späte Stufe Gib oder in die Frühphase von C 2 (um die Mitte des 3. Jahrhunderts n. Chr.) zu datieren sei. In Anlehnung an D^browski u. Kolendo 1967 wird für einen beträchtlichen Teil der eisernen Schwertklingen außerhalb der Reichsgrenzen römische Herkunft angenommen. Der Höhepunkt des „Exports" liege in den Stufen C 1/C 2. Es handle sich keineswegs nur um Beutegut, sondern um Gegenstände legalen und illegalen Handels. Fast zur gleichen Zeit wie in Polen hatte A. Rosenquist (Oslo) an einem bisher nur wenig beachteten Schwert eines zerstörten Brandgrabes aus Jevnaker, Hadeland (Tab. 1,4), ebenfalls auf beiden Seiten Inkrustationen (Mars und schwebende Victoria Abb. l, 1) entdeckt24. Technik der Einlagen, Metallanalysen der Inkrustation und die Schmiedetechnik der Klingen dieses Schwertes und anderer Klingen, wie der schon lange bekannten inkrustierten Waffen von 0vre Stabu, Opland (Tab. l, 3. Taf. 18,1; 20)25 und R0r, Hedmark (Tab. l, 9. Taf. 22)26, sind die Hauptanliegen der Arbeit. Interessant ist, daß am Schwert aus Jevnaker zwei verschiedene Metalle für die Einlagen verwendet wurden: auf der einen Seite (Mars) Messing, auf der anderen (Victoria) Kupfer. Am R0r-Schwert wurde eine Kupfer-Zinn Legierung und beim 0vre Stabu-Schwert ausschließlich Kupfer benutzt. Die Metalle wurden in vorher eingravierte Rillen mit gekerbten Rändern eingehämmert. In keinem Fall waren Lötspuren zu beobachten. Ausführlich wurde die Klingentechnik studiert, insbesondere die komplizierte Damaszierung des Schwertes aus Jevnaker. Demgegenüber weise die Klinge vom R0rSchwert eine „primitivere" Technik auf, was auf eine germanische Herstellung hindeuten könnte. Zum Vergleich zog A. Rosenquist die anderen 5 bekannten inkrustierten Schwerter aus Polen (Tab. l, 6.10), der Ukraine (Tab. l, 5), England (Tab. l, 1) und Österreich (Tab. l, 2) heran, die beschrieben und abgebildet werden. Im unmittelbaren Anschluß an diese Arbeit bringt E. Wiese Rygge unter dem Titel „Victoria Romana i Norge" den Versuch einer kulturhistorischen Auswertung27. Die Autorin geht aus von den drei norwegischen Funden (Tab. l, 3. 4. 9), deren Fundgeschichte und Kontext ausführlich erörtert werden. Die Schwerter von Jevnaker, 0vre Stabu, South Shields, Lauriacum28 und Hromöwka hält sie für Standardprodukte der Legionsausrüstung, die nach festgefügten Schablonen und Vorbildern technisch gut und routiniert, wahrscheinlich in einer einzigen zentralen gallo-römischen Fabrik hergestellt worden seien. Bei den Schwertern aus Podlodöw und Rzeczyca Dluga wurde eine germanische Kopie römischer Vorbilder in Erwägung gezogen, das R0r-Schwert stamme hingegen sicher aus einer germanischen Werkstatt. Hauptargument ist für "Wiese Rygge die starke Stilisierung der Victoriafiguren. Wiese Rygge schließt hier erstmals auch das Schwert von Nydam (Tab. l, 8. Taf. 17, 2) an29, dessen Inkrustation sie für Reste einer figürlichen Darstellung hält. Alle diese 28

T. D^browska, K. Godtowski, Zeszyty Nauk. Univ. Jagielloriskiego 146, 1970 (Prace Arch. 12) 77 bis 102, hier auch sämtliche ältere Lit. 24 Univ. Oldsaksaml. Arbok Oslo 1967/68, 143-200 (im folgenden abgekürzt: Rosenquist 1967/68). 25 H. Schetelig, Arkeologiske tidsbestemmelser av aeldre norske runeindskrifter, in: S. Bugge u. M. Olsen (Hrg.J, Norges Indskrifter med de aeldre Runer, 3, l (1914) 5 ff. Abb. 2, a. b. - A. Herteig, Bidrag til jernalderens busetningshistorien pä Toten (1955) 19 Abb. 6, a; 22 Abb. 3.

28

B. Hougen, Trekk av 0stnorsk romertid (1929). "Univ. Oldsaksaml. Arbok Oslo 1967/68, 201-237 (im folgenden abgekürzt: Wiese Rygge 1967/68) - Dies., Nicolay. Arkeol. Tidskr. 6, 1969, 10-15. - Für Übersetzungshilfen aus dem Norwegischen bin ich Frau H. Resi (Oslo) und Frau A. Böhme (Mainz) herzlich dankbar. 28 Vgl. Anm. 32. 29 Wiese Rygge 1967/68, 222.

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Schwerter sollen Rangabzeichen von Offizieren oder Legionaren mit spezieller Funktion gewesen sein, was den begrenzten Motivschatz erklären könnte. Wiese Rygge denkt an Aquilif eri oder Signiferi. In diesem Sinne werden auch die Buchstaben S F am Stabu Schwert (Taf. 20) gedeutet: S (alus) F(ortuna) oder aber S(igni)F(er)80. Wiese Rygge hält alle diese Waffen für Kriegsbeute. In der jüngsten Arbeit „Les epees romaines decouvertes en Europa centrale et septentrionale" bieten D^browski und Kolendo31 eine sehr gute Zusammenfassung des gegenwärtigen Forschungsstandes über römisches Schwert und Schwertzubehör im freien Germanien von der Spätlat^nezeit bis in die jüngere Kaiserzeit. Die Ergebnisse ihrer älteren Arbeit (vgl. Anm. 22) wurden erweitert und vertieft. Die Autoren gehen auch hier von den sicheren römischen Schwertern mit Namensstempel und figürlicher Inkrustation aus. Sie resümieren anschließend ausführlich sämtliche Arbeiten über Schwert und Schwertzubehör und bringen neue Verbreitungskarten dazu. Den technologischen Untersuchungen wird große Bedeutung zugemessen. Bei allen damaszierten Schwertern, aber auch den meisten anderen handle es sich um römische Erzeugnisse. Schwer zu übersehen sei allerdings, in welchem Umfang römische Schwerter eingeführt wurden. Der Zustrom sei bisher zu gering angesetzt worden, weil die römische Provenienz ungestempelter Schwerter allein auf optischem Wege nicht sicher festgestellt werden kann. Bei der Frage, auf welche Weise die "Waffen ins Barbarikum gelangt sein könnten, hätte man genau nach Zeit und Raum zu unterscheiden. Nach römischem Gesetz war der "Waffenhandel mit den Völkern verboten, die mit Rom im Kriegszustand lebten. Erst ab der Mitte des 3. Jahrhunderts wird man in stärkerem Maße mit Beutegut zu rechnen haben. Vorher stellte das römische Schwert, von einigen Ausnahmen abgesehen, einen Exportartikel ersten Ranges dar. Kehren wir wieder zu unserem speziellen Anliegen der Deutung der Zeichen auf den Langschwertern von Straubing und Nydam zurück. Von insgesamt zwölf bisher bekannten Klingen mit Inkrustation stammen nur zwei aus provinzialrömischem Gebiet: South Shields (Tab. l, 1) und das neue Schwert aus Lauriacum-Lorch (Tab. l, 2. Taf. 18, 2. 3; 2i)82. Die Auswahl der figürlichen Motive ist nicht groß. Es kommen vor: Victoria 9mal33, Mars 4mal, Adler 2mal, Minerva Imal, Kranz Imal. Die Qualität der Darstellung reicht von einer guten naturalistischen Wiedergabe (0vre Stabu Taf. 20, Lauriacum Taf. 21, South Shields Taf. 19) bis zu einer „primitiv" anmutenden Stilisierung (R0r Taf. 22). Unter den zahlenmäßig dominierenden Victoriafiguren gibt es zwei Varianten: die frontal stehende (0vre Stabu, Lauriacum, Podldöw, Rzeczyca) und die nach links schwebende (Jevnaker, R0r (Abb. 1,1.2). Vergleicht man die Inkrustationen der Schwerter aus Straubing und Nydam 30

Beides ist unwahrscheinlich. Die ältere Deutung von Herteig (vgl. Anm. 25): S(ilvanus) F(ecit) hat mehr für sich, zumindest was fecit anlangt, vgl. u. S. 205. 31 Arch. Polona 13, 1972, 59-109 (im folgenden abgekürzt: D^browski: Kolendo 1972). 32 Die Photos Taf. 18, 2. 3; 21 und die Veröffentlichungserlaubnis wird dem Oberösterr. Landesmuseum Linz verdankt. Zur Fundstelle teilte mir Herr L. Eckart (Linz) freundlicherweise brieflich mit, daß das Schwert 1953 in der Zivilstadt von Lauriacum im sog. „Haus des Benefiziariers" gefunden worden sei. Herrn Eckart bin ich auch für Literaturhinweise sehr dankbar. Das Schwert wurde bisher erwähnt und abgebildet in: Pro Austria Romana 4, 1954, 4. - G. Mazanetz, Erhaltung und Wiederherstellung von Bodenfunden: Bronze, Eisen,

Gold, Silber, Blei, Zinn (1960) Abb. 29. - Schloßmuseum Linz. Führer d. d. Sammlungen (1966) 44. - Rosenquist 1967/68,148 Abb. 2e; 152 Abb. 3e. f; 156 Abb. 4e. f. - Nicolay (wie Anm. 27) 14 Abb. - Atlas von Oberösterreich. Erläuterungsbd. z. 4. Lieferung (1971) 112 Abb. 7, 8. 33 Mitgerechnet sind auch die 4 Inkrustationen auf Schwertern aus dem Illerup Moor (Dänemark), von denen 3 den Viktoriatyp R0r zeigen sollen. Die Stücke sind noch unpubliziert und nur erwähnt bei Wiese Rygge 1967/68, 233. Das bei Djjbrowski u. Kolendo 1972, 72 Nr. 6 erwähnte noch unveröffentlichte Schwert aus Polen (ohne Fundort) ist hier nicht berücksichtigt. Es soll mit Mars und Viktoria verziert sein.

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Nr.

Fundort

Länge

Breite

L. : Br.

Darstellung

Nachweis

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11-13 14

South Shields Lauriacum 0vre Stabu Jevnaker Hromöwka Podlodöw Straubing Nydam R0r Rzeczyca Illerup Illerup

65,5 55,7 64,6 73,3 79,7 66,4 -65,0 66,7 -

7,5 6,5 7,0 6,2 6,4 6,2 4,6 4,0 4,3 4,0 -

10:1 8:1 10:1 12:1 17:1 17:1 15:1 17:1 -

Mars, Adler Minerva, Victoria Victoria Mars, Victoria Mars, Adler Mars, Victoria Victoria Victoria Victoria Victoria, Adler Victoria Kranz

Vgl. Anm. 21 Vgl. Anm. 32 Vgl. Anm. 25 Vgl. Anm. 24 Vgl. Anm. 20, 22 Vgl. Anm. 18 Vgl. Anm. 12 Vgl. Anm. 15 Vgl. Anm. 26 Vgl. Anm. 19 Vgl. Anm. 33 Vgl. Anm. 33

Tabelle 1. Schwerter mit figürlichen Metalleinlagen.

(Abb. l, 3. 4) damit, so fällt die Entscheidung zugunsten des Victoriatypus R0r nicht schwer. Überraschend ist dabei der kaum mehr überbietbare Grad der Reduzierung und Stilisierung am Straubinger Schwert (Abb. l, 3 u. Taf. 17, la), dessen römische Herstellung jedoch ebensowenig zweifelhaft ist wie die aller anderen inkrustierten Waffen34. Von einer germanischen Imitation zu sprechen, je stärker der Grad der Stilisierung, besteht kein Anlaß35. Wo die Waffenfabriken auf provinzialrömischem Boden zu suchen sind, aus denen diese Schwerter stammen, ist schwer zu sagen. Noch wenig abgesichert ist auch ihre Zeitstellung. Nur bei den Waffen aus South Shields und Straubing läßt sich der Zeitpunkt genauer fixieren, wann sie in den Boden gelangt sind. Das nordenglische Schwert lag unter der Kastellmauer des 3. Jahrhunderts. Es muß verloren gegangen sein, bevor die Mauer errichtet wurde, nach I. Ridimond in den Jahren 197-205 n. Chr.36 Das sicher in derselben Werkstatt zur gleichen Zeit gearbeitete Schwert aus Hromöwka wäre dann erst ein halbes Jahrhundert später vergraben worden! Für die Verbergung des Straubinger Schwertes bietet das Ende des Kastells Sorviodurum und damit verbunden die Vergrabung des großen Schatzfundes einen terminus ante quem, der heute allgemein mit dem großen Alamanneneinfall des Jahres 233 n. Chr. in Verbindung gebracht wird37. Die figürlich verzierten Klingen variieren nun in ihrer Länge und Breite beträchtlich. Die Breite der Schwerter Tabelle l, 1-6 liegt zwischen 6,2 und 7,5 cm, während die Schwerter Tabelle 1,7-10 maximal 4,6cm breit sind. Das Verhältnis von Länge zu Breite beträgt in der ersten Gruppe (Typus Lauriacum-Hromöwka) 8-12:1, in der zweiten (Typus Straubing-Nydam) 15-17:1. Es fällt auf, daß die am stärksten stilisierten Inkrustationen auf Schwertern vom schmalen, langen Typus Straubing-Nydam zu finden sind. Ob dies chronologisch oder werkstattmäßig bedingt ist, wird man erst sagen können, wenn die oben geforderte Bestandsaufnahme vorliegt. Die inkrustierten Waffen stellen ja nur eine Sondererscheinung innerhalb der Gesamtproduktion spätlimeszeitlicher Schwerter dar.

34

35

D^browski u. Kolendo 1972,72.

So etwa Wiese Rygge 1967/68, 223. 36 Vgl. Anm. 21. - R. Collingwood, I. Ridimond, The Archaeology of Roman Britain (1969) 47.

37

N. Walke, Das römische Donaukastell StraubingSorviodurum. Limesforschungen 3 (1965) 86. - FMRD I 2 (1970) 152 Nr. 2108. H.-J. Kellner, Die Römer in Bayern2 (1972) 139.

Straubing und Nydam

205

G E S T E M P E L T E U N D U N G E S T E M P E L T E R Ö M I S C H E SCHWERTER AUS D E M F R E I E N G E R M A N I E N

Die römische Herkunft von Langschwertern mit Fabrikstempel (Namensstempel oder Marken) wurde nie bezweifelt, obgleich sämtliche entsprechende Waffen außerhalb der römischen Grenzen gefunden wurden. Die Namensstempel sind öfters zusammengestellt worden38. Unsere Tabelle 2 vereinigt jedoch auch die Schwerter mit einfachen oder komplizierten Fabrikmarken. Berücksichtigt werden dabei nur die hier diskutierten Waffen, nicht die gestempelten Klingen der Spätlatenezeit und der älteren Kaiserzeit. Die epigraphischen Probleme bleiben ebenfalls außer Betracht, da bei einigen Stempeln die vorliegenden Abbildungen nicht ausreichen und eine Autopsie notwendig wäre. Von Bedeutung scheint uns, daß die Namensstempel und Fabrikmarken auf der Klinge bzw. der Griffzunge bis jetzt ausschließlich auf Schwertern der schmalen, langen Form vom Typus StraubingNydara vorkommen. Bezeichnenderweise sind die beiden Inschriften der breiten Waffen von 0vre Stabu (Tab. 2,17) und Ejsb01 Mose (Tab. 2,12) nicht gestempelt, sondern inkrustiert. Beim StabuSdiwert bezieht sie sich nicht auf die Herstellung der Klinge, sondern auf die der Inkrustation (F = fecit?). Ob dies auch beim Schwert aus dem Ejsb01 Moor der Fall war (A. L. F [ecit]?), ließe sich nur am Original entscheiden. Immerhin wäre nach der Abbildung zwischen der Inschrift und dem Beginn der zahlreichen Blutrillen noch Platz für eine figürliche Darstellung. Die eleganten, 4,0-5,6 cm breiten und bis zu 78 cm langen gestempelten und ungestempelten (vgl. Tabelle 3), oft damaszierten Klingen dominieren in den großen norddeutsch-dänischen Moorfunden. Auch in den Waffengräbern der jüngeren Kaiserzeit Norwegens und Schwedens gehört die lange schmale Schwertklinge fast zur Standardausrüstung39. Die Form dieser Waffen und die Art der Stempelung (mehrfache Endung MA = manu, gleichartige Rundstempel) lassen an eine einheitliche Produktion denken, die sich zwar über einen bestimmten Zeitraum erstreckt haben mag, sicherlich nicht über 100 Jahre, wie die Grabfunde im freien Germanien anzuzeigen scheinen, nach denen etwa die mit gestempelten Schwertern ausgestatteten Gräbern von Grabice, Kr. Gubin (Reichersdorf. Tab. 2, 20) und Rudlang (Tab. 2, 13) ins 3. Jahrhundert n. Chr. gehören, während Einang (Tab. 2, 14) und By (Tab. 2, 16) schon ins 4. Jahrhundert datiert werden. Der Zeitraum zwischen Herstellung und Niederlegung der römischen Waffen im freien Germanien kann also beträchtlich gewesen sein (vgl. auch oben S. 204 zum Schwert aus Hromowka). 38

CIL XIII 10036, 40 ff. - Danach, ohne die Primärlit. zu benützen, R. Mac Müllen, Inscriptions on Armor. Am. Journal of Arch. 64,1960, 37 ff. Nr. 53 ff. (z. T. mit unrichtigen Lesungen und ohne Angabe des genauen Fundorts). - D^browski u. Kolendo 1967, 398-410; dies. 1972, 61-69. 39 Dazu gehören auch die Grabfunde von R0r (l, 9),

Einang (2, 14), Rudlang (2, 13), By (2, 16), Ödeshögs (2, 18), Bjärs (2, 19). Vgl. etwa S. Grieg, Hadelands eldste bosetningshistorie (1926) 23 Abb. 21; 27 Abb. 23; 33 Abb. 27; 45 Abb. 30; 71 Abb. 49 u. a. m. - Wiese Rygge 1967/68, 209 Abb. 4 b. - Raddatz (wie Anm. 9) 14.

Günter Ulbert

206 Nr. Fundort

Länge Breite L.: Br.

Stempel

Stempelform

Nachweis

l

Nydam

69,6

4,8

15:1

Zwei ornamentale Stempel Nydam Taf. 6,2

2

Nydam

75,2

4,0

19:1

Rosettenstempel

3

Nydam

4,8

4

Nydam

4,6

5

Nydam

4,4

6

Nydam

66,0

4,4

7

Nydam

-

4,4

8

Vimose

70,8

9

Vimose

10 11

Vimose Illemose

12

4,8

COCILLVS

XX

16: l

CAXI 1ASVIT...

3,8

19:1 14: l

© COLA @ ACIRO M

Ejsb01mose —

13 : l

A LF

13

Rudlang

-19 : l

ACIRO M

14

Einang

-

15

Arnelund

-

16

By

17 18

0vreStabu 55,7 Ödeshögs 68,0

7,0 4,0

8:1 17:1

19

Bjärs

4,8

20

Grabice

72

21

Rzeczyca

66,7

75,2 60,0

4,0 4,4

-15: l RANVICI

Nydam Taf. 7,14

Rechteckstempel

Nydam Taf. 7, 21. CIL 10036, 39. - Mac Müllen Nr. 66 Rechteckstempel Nydam Taf. 7, 20. CIL 10036, 40. - Mac Müllen Nr. 56 Rechteckstempel Nydam Taf. 7, 22. unter Halbmondstempel CIL 10036, 41. - Mac Müllen Nr. 78 Rechteckstempel Nydam Taf. 7, 18. darunter Stempel mit Zweig CIL 10036, 42. - Mac Müllen Nr. 57 Nydam Taf. 7, 19. CIL 10036, 43. Vimose Taf. 6, 8. Rechteckstempel CIL 10036, 57. - Mac Müllen Nr. 59 Vimose Taf. 6, 9. Rechteckstempel CIL 10036, 58. - Mac Müllen Nr. 60 Rosettenstempel Vimose Taf. 6,11 Aarb0ger 16,1901,31 Abb. 2. COLA mit Zweig in Rechteckstempel, CIL 10036, 59. - Mac Müllen ACIROM in Rundstempel Nr. 53 Inkrustiert! Acta Arch. 34, 1963, 238 Abb. 7 rechts Rundstempel Grieg 1926, 64 Abb. 45. Wiese Rygge 225. CIL 10036, 68. - Mac Müllen Nr. 62 Rechteckstempel Wiese Rygge 215 Abb. 7.CIL 10036, 67. - Mac Müllen unter Rosettensternpel Nr. 61 Wiese Rygge 225 Rosettenstempel

Rosettenstempel

Wiese Rygge 225 f.

SF MARCI M

Inkrustiert! Rechteckstempel

14:1

...VISIM

Rechteckstempel

5,0

14:1

NATALIS M

Rechteckstempel

4,0

17:1

X (?)

Inkrustiert

Vgl. Anm. 25 Svenska Forn. Tidskr. 12, 1905, 267 Abb. 74. CIL 10036, 64. - Mac Müllen Nr. 54 Almgren-Nerman, Gotland Taf. 41 AuhV. 4 (1900) Taf. 38,1.2 CIL 10036, 84. - Mac Müllen Nr. 55 Vgl. Anm. 18. Unsicher, ob Inschrift

Tabelle 2. Langschwerter mit Fabrikstempel und Inschriften.

Straubing und Nydam

207

R Ö M I S C H E L A N G S C H W E R T E R D E R SPÄTEN LIMESZEIT AUS P R O V I N Z I A L R Ö M I S C H E M GEBIET

Die eben erörterten Langschwerter aus germanischen Gräbern und Mooren können gewiß als Reflex der hochqualifizierten römischen Schwertschmiedekunst der späten Limeszeit gelten. Doch spiegeln sie exakt wider, was damals auch im römischen Heer an Formen im Einsatz war? Oder liegt hier eine Selektion vor in dem Sinne, daß die Germanen „nur die ihrer Kampfesart angemessenen Waffen für den eigenen Gebrauch auswählten, während andere umgearbeitet und anderweitig nutzbar gemacht wurden"40? Wie notwendig auch für diese Frage eine Gesamtbestandaufnahme aller Schwerter ist, zeigt ein Vergleich der Fundorte der Langschwerter (beider Typen) mit der der am besten aufgearbeiteten limeszeitlichen Kurzschwertgattung der Ringknaufschwerter41. Von den 35 bekannten Fundorten liegen mehr als die Hälfte (20) auf römischem Gebiet, im Gegensatz zum breiten und schmalen Langschwert, das aber in gleicherweise zur Ausrüstung des römischen Heeres gehört hat, wie die folgenden Funde beweisen42. Neben dem Schwert aus Straubing sind einige Siedlungsfunde von Bedeutung. Ein zeitlich gut fixiertes Langschwert stammt aus der SO-Ecke des Kastells Pfünz, Ldkr. Eichstätt (Tab. 3, 1. Abb. 2, 2)4S. Es lag in einer Asche- und Kohleschicht eines verbrannten Holzbaues (Gebäude F) zusammen mit einem Bronzeschildbuckel und anderen Kleinfunden. Diese Brandschicht überlagert große Teile des Kastells und kann mit jener Katastrophe verbunden werden, die das Kastell um 233 n. Chr. betroffen hatte. Danach ist kein Neubau mehr erfolgt44. Das Schwert muß also während dieser letzten kriegerischen Auseinandersetzung benutzt worden sein. Damit erhalten wir denselben terminus ante wie beim Straubinger Schwert. Eine gleichartige, etwas kürzere Waffe stammt aus dem Armamentarium des Kastells Buch am rätischen Limes (Tab. 3, 2. Abb. 2, l )45. Das Bruchstück einer 4,5 cm breiten Klinge aus dem Kastell Stockstadt (Tab. 3, 3) gehört möglicherweise zu einem ähnlichen Langschwert46. Aber nicht nur aus Limeskastellen lassen sich entsprechende Waffen nachweisen. Ganz überraschend entdeckte man in der Taberne der Insula 5 von Augusta Raurica militärische Funde der späteren Limeszeit47. Es handelt sich um drei Schwerter (Tab. 3, 6. Abb. 2, 3-5), ein eisernes tauschiertes Dosenortband, zwei peltaförmige Bronzeortbänder, drei Dosenortbänder aus Elfenbein, ein „Kurzschwert" und Lanzenspitzen. Von den drei Schwertern gehören zwei zum Typus Straubing-Nydam (Abb. 2, 3. 4), das dritte zum breiteren Typus Lauriacum-Hromöwka (Abb. 2, 5). Interessant ist, daß das breite und ein schmales Schwert (Abb. 2, 3) nebeneinander liegend gefunden wurden und daher wohl gleichzeitig in Gebrauch waren. Die Frage, „ob es sich um (Ausrüstungsstücke) einer kleinen Besatzung aus den Jahrzehnten um 200 n. Chr. handelt, oder ob die Funde in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang stehen mit den Sicherungsmaßnahmen, die 40

Raddatz, Offa 17/18, 1959/61, 54 f. Vgl. Anm. 5. 42 Eine Diskussion aller auch unveröffentlichter Schwerter ist in diesem Zusammenhang nicht möglich. Vgl. eine Zusammenstellung von versch. Schwertern bei H. Schönberger, Bayer. Vorgeschichtsbl. 20, 1954, 130 Anm. 8. 43 ORL B VII Nr. 73 (1906) 8 Taf. 15, 65. 44 FMRD 15 (1963) 58. 45 ORL B VI 2 Nr. 67, 14 Nr. 2 Abb. - Führer zu 41

vor- u. friihgeschichtlichen Denkmälern 22 (1973) Abb. S. 220 Nr. 23. 48 ORL B III Nr. 33 (1910) 54 Eisen B 4 Taf. 9, 97. Das dort als Feile bestimmte Bruchstück wurde schon von Raddatz, Hammaburg 9, 1953, 37 Anm. 16, richtig als Schwert erkannt. 47 L. Berger, Ausgewählte Neueingänge des Römermuseums in Äugst. Römerhaus und Museum Äugst. Jahresber. 1966,18-22 Abb. 14-21.

208

Günter Ulbert

Abb. 2. Römische Langschwerter. l Kastell Buch. 2 Kastell Pfünz. 3-5 Äugst, Schweiz. M. l: 4.

Straubing und Nydam

209

Abb. 3. Kurzschwerter aus dem Eisenhortfund vom Kastell Künzing. M. l: 4. (Klischee: Saalburg-Jahrbuch 26, 1969,131 Abb. 2. Verlag W. de Gruyter, Berlin)

nadi 260 auf Kastelen getroffen wurden", läßt L. Berger offen48. Diese Frage wird erst nach der endgültigen Bearbeitung der Grabungsunterlagen, wenn überhaupt, entschieden werden können49. Zwei Eisenhortfunde mit Langschwertern sind schon länger bekannt. Der eine kam auf dem

48

a. a. 0.3. Den Herren L. Berger (Basel) und M. MartinKilcher (Äugst) danke ich herzlich für zahlreiche Auskünfte und Hinweise. Zur genauen Fundstelle der 49

14 Festsdirift Werner

Schwerter teilte mir M. Martin in einem Brief vom 29. 6.1973 freundlicherweise folgendes mit: „Am 16. 5. und 21. 6. 1966 sowie am 6. 4. und 26. 5. 1967 wurden in Äugst in der Südostecke der Insula 5

210

Günter Vlbert

Herzberg (Tab. 3, 4), 2,5 km südlich vom Kastell Saalburg, der andere über dem Graben des Kastells Osterburken (Tab. 3, 5) zum Vorschein50. Beide Funde enthalten neben verschiedenartigsten Eisengegenständen jeweils zwei breite, lange Schwerter mit stumpfer Spitze und verhältnismäßig kurzer Griffangel. Die glatte Klinge und die abgeschrägten Schneidenteile hat man mit Schwertern der Merowingerzeit in Verbindung gebracht, doch läßt sich dies auch an römischen Schwertern nachweisen (Abb. 2, 4). Germanische Herkunft wurde für die Schwerter vom Herzberg und von Osterburken angenommen51. Dafür gibt es jedoch keine Beweise52. Sämtliche übrigen Beifunde der Horte sind römisch und könnten aus römischen Siedlungen stammen. Ob sie in den Hortfundhorizont des 3. Jahrhunderts einzureihen sind, müßte eine Gesamtbearbeitung der Eisendepots erweisen53. Höchst eigentümlich ist die Zusammensetzung der 14 Schwerter des Eisenhortfundes aus dem Kastell Künzing (Abb. 3), der zusammen mit einem Bronzehortfund „auf eine Katastrophe hindeutet, die über das Römerkastell hereinbrach, als in den Jahren 242/44 oder bald darauf Alamannen die Donau überschritten hatten"54. Der Eisenhortfund enthielt „"Waffen, Geräte und sonstige Ausrüstungsgegenstände des Heeres, wie sie in solcher Menge und Vielfalt bisher nie gefunden wurden und einen einmaligen Überblick der Bewaffnung und Ausrüstung römischer Auxiliartruppen in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts n. Chr. erlauben." Dies trifft in vollem Maße für sämtliche Teile des Fundes zu, insbesondere für die zur Standardausrüstung gehörenden 51 Dolche, dies trifft jedoch sicherlich nicht zu für die Schwerter. F.-R. Herrmann weist mit Recht auf die „unterschiedliche und wenig normierte Form" der Kurzschwerter hin und bringt sie mit der bei Vegetius erwähnten semispatha in Verbindung. Die Klingen sind aber nur 23,1-38,9 cm lang und liegen somit z. T. noch unter der Größe der Dolchklingen! Ihre Breite variiert von 3,2-5,6 cm. Die Form reicht vom parallelseitigen bis triangulärem Umriß. Hinzuweisen ist auf die ungewöhnlich lange Griffangel eines breiten Kurzschwertes (Abb. 3, 4). Sie umfaßt 2/s der gesamten Klingenlänge. Der Griff eignete sich also zum beidhändigen Schlagen, was aber bei der Kürze der Klinge völlig abwegig wäre. Dies läßt vermuten, daß die Klinge ursprünglich länger war und abgeschnitten wurde. Ein weiteres Schwert besitzt „zudem stumpfe noch nicht ausgehämmerte Schneiden und ist somit ein unfertiges Exemplar." Herrmann hat sicher Recht, wenn er vermutet, daß dieses ungewöhnliche und uneinheitliche in einem großen rechteckigen Raum, der sog. „Taberne", drei Langschwerter, ein Kurzschwert, drei Lanzenspitzen, ein Lanzenschuh (?) sowie sechs Schwertortbänder aus Elfenbein (3 x), Bronze (2 x) und Eisen (l x) gefunden. Die drei Langschwerter lagen östlich und südöstlich eines ganz erhalten gebliebenen Backofens im bis zu 50 cm mächtigen Zerstörungs- und Brandschutt der letzten Besiedlungsphase. Die drei Lanzenspitzen, das Kurzschwert und der Lanzenschuh (?) fanden sich etwa 7-8 m weiter südwestlich in der gleichen Brandschuttschicht. Unter dem Brandschutt folgte eine wenig starke reine Brandschicht, in der, auf einer Fläche von 50 x 30 cm und nur etwa 1,5 m von den drei Langschwertern entfernt, die sechs Ortbänder lagen. Die reine Brandschicht und der darüberliegende Brandschutt gehen zweifellos auf einen einzigen mächtigen Brand zurück und blieben offensichtlich nach der Katastrophe undurchsucht."

60

Osterburken: E. Wagner, Fundstätten und Funde im Großherzogtum Baden 2 (1911) 437 Abb. 338,1. 2. Germania 22, 1938, 247 f. Abb. l, 2. 3. - Herzberg: Saalburg-Jahrb. l, 1910,59 Abb. 21, Taf. 2,1. 2. 61 Vgl. Anm. 50. 62 So auch H. Schönberger, Bayer. Vorgeschichtsbl. 20,1954,130 Anm. 8. 63 Eine Zusammenstellung von Eisenhortfunden, z. T. mit Waffen bei H. Schönberger, Fundber. aus Schwaben NF 18/1 (1967) 143-145. 54 H. Schönberger, Jahresber. Bayer. Bodendenkmalpflege 8/9, 1967/68, 53. Der Eisenhortfund wurde vorläufig bekannt gegeben von Herrmann, SaalburgJahrb. 26, 1969, 129-139; Jahresber. Bayer. Bodendenkmalpflege 8/9, 1967/68, 57-80; Die Ausgrabungen in dem Kastell Künzing/Quintana. KI. Schriften z. Kenntnis der röm. Besetzungsgesch. Südwestdeutschlands 8,1972, 9-17.

Straubing und Nydam Nr. 1 2 3 4 5

6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25

26 27 28

211

Fundort

Länge

Breite

L. : Br.

Nachweis

Pfünz Buch Stockstadt Herzberg Herzberg Osterburken Osterburken Äugst Äugst Äugst Lyon Nydam Nydam Nydam Nydam Nydam Nydam Nydam Nydam Vimose Vimose Vimose Kragehul Kragehul Kragehul Ejsb01mose Ejsb01mose Simris

76

5,2 4,8 4,5 5,5 6,6 6,5 7,5 4,6 4,0 6,0 5,6 4,8 5,6 4,8 4,8 4,8 4,0 4,4 4,4 4,0 4,8 4,8 4,8 4,4 4,0 —

15:1 14:1 13:1 13:1 11:1 15:1 15:1 10:1 12:1 14:1 16:1 16:1 15:1 15:1 16:1 16:1 15:1 19:1 11:1 11:1 16:1 16:1 15:1 16:1 17:1 14:1

Vgl. Anm. 43; Abb. 2, 2 Vgl. Anm. 45; Abb. 2,1

68,4 75,0 83,5 81,0 69 59 59 68 66,4 78,0 76,0 71,2 74,0 64,0 69,2 66,8 76,0 51,2 50,8 76,0 71,2 58,8 -

Vgl. Anm. 46 Vgl. Anm. 50 Vgl. Anm. 50 Vgl. Anm. 50 Vgl. Anm. 50 Vgl. Anm. 47; Abb. 2, 3

Vgl. Anm. 47; Abb. 2, 4 Vgl. Anm. 47; Abb. 2, 5 Vgl. Anm. 55; A bb. 4, 1 Nydam Taf. 6, 1 Nydam Taf. 6, 3 Nydam Taf. 6, 4 Nydam Taf. 6, 5 Nydam Taf. 7, 12 Nydam Taf. 7, 13 Nydam Taf. 7, 15 Nydam Taf. 7, 16 Vimose Taf. 6, 7 Vimose Taf. 6, 14 Vimose Taf. 6, 15 Kragehul Taf. 1, 3 Kragehul Taf. 1, 4 Kragehul Taf. 1, 8 Acta Arch. 34, 1963, 238 Abb. 7 links Acta Arch. 34, 1963, 238 Abb. 7 Mitte Vgl. Anm. 61

Tabelle 3. Langschwerter aus provinzialrömischem und germanischem Gebiet.

Schwertensemble mit der speziellen Situation im Kastell Künzing vor seiner Eroberung durch die Germanen zusammenhängen könnte. Der Bedarf an kurzen Nahkampfwaffen war offenbar akut, und man hat in dieser Notlage im Lager selbst Schwerter geschmiedet bzw. aus ursprünglich langen Waffen kurze Klingen hergestellt.

DAS SCHWERTGRAB VON L Y O N

1950 wurde in der Rue des Fantasques in Lyon ein Skelettgrab mit einem Langschwert, einer Barschaft von 13 Münzen und anderen bemerkenswerten Beigaben geborgen55. Die historische Bedeutung des Grabes stand außer Zweifel. Die jüngste der 13 Münzen datiert ins Jahr 194 n. Chr., und man schloß daraus, daß es sich nur um einen Soldaten gehandelt haben könnte, der in der Entscheidungsschlacht zwischen Clodius Albinus und Septimius Severus 197 n. Chr. gefallen war. Im archäologischen Schrifttum fand der Fund bisher jedoch nur wenig Beachtung, obgleich er eine komplette 53

14*

P. Wuilleumier, La bataille de 197. Gallia 8, 1950, 146-148.

212

Günter Ulbert

Abb. 4. Lyon, Grabfund eines römischen Soldaten, l Eisen mit Bronze. 2-10 Bronze, l M. etwa l: 3,5; 2-10 M. etwa 3 : 5. Umgezeichnet nach Gallia 8,1950,147 Abb. 1.

Straubing und Nydam

213

Schwertausstattung samt Zubehör enthält56. Dies mag z. T. an dem vorläufigen Charakter der Veröffentlichung liegen. Aus der Beschreibung und den Abbildungen der Funde werden nicht alle Details in wünschenswerter Deutlichkeit ersichtlich. Es scheint daher nützlich, auf die einzelnen Beigaben und ihre Funktion einzugehen57, soweit das nach der Erstpublikation möglich ist. Die Barschaft des Kriegers von Lugdunum umfaßte eine Bronzemünze (Lucilla) und 12 Denare. Von einem Legionsdenar Marc Antons (33-31 v. Chr.) abgesehen, setzt die Reihe mit Vespasian (70 n. Chr.) ein und führt fast lückenlos bis Septimius Severus (194 n. Chr.). Die Münzen lagen verstreut in Höhe der Taille. Eine Besonderheit sind die 9 gegossenen, 2,5 cm hohen Bronzebuchstaben (Abb. 4, 2), die mittels Bronzenieten auf einem Ledergürtel aufgesetzt waren. Die Ordnung von 8 Buchstaben zu.. ERE FELIX und die Ergänzung zu (VT)ERE FELIX gelang ohne Mühe. Die Buchstaben VT galten als verloren. Schwierigkeiten bereitete der 9. Buchstabenkomplex, der JE (LAE) gelesen und als Genitiv einer Truppeneinheit (ala) oder eines Namens erklärt wurde. Eine Lösung des Problems bietet sich an, wenn man die Buchstabengruppe um 180 Grad dreht (wie Abb. 4, 2), V und T erscheinen dann ligiert. Das Spiralhäkchen im V dient zum besseren Halt. Die drei Querstege führen zu einem senkrechten profilierten Abschluß, genau wie am Ende von X vor dem Schnallenteil. Der fromme Wunsch ist jetzt vollständig: VTERE FELIX! Eine dem VT nahezu identische Buchstabengruppe stammt aus Dura-Europos (Abb. S, 1) und gehört zu jenen militärischen Kleinbronzen, die nur während der römischen Besetzung von Dura zwischen 165 und 256 n. Chr. dorthin gelangt sein können58. Gleichartige Besatzstücke aus Carnuntum (Abb. 5, 2) und Emona-Ljubliana (Abb. S, 3)5g zeigen, daß VTERE FELIX-Beschläge am Cingulum im römischen Heer der zweiten Hälfte des 2. und der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts n. Chr. geläufig waren60. Die gewölbte Scheibe (Abb. 4, 5) ist 4,5 cm groß und trägt auf der Rückseite eine angelötete Ringöse. Damit gehört sie zu jenen runden Beschlagplatten mit Befestigungsöse, die B. Stjernquist als Teil des Schwertgehänges bestimmen konnte61. Das Lugdunenser Stück besitzt ein von einem Steg umschlossenes vertieftes Mittelfeld, in dem ursprünglich wohl ein reliefiertes Zierblech saß. Es entspräche damit genau den etwas größeren Platten aus Simris (Südschweden) und Vimose (Däne-

56

Der Fund wurde, soweit ich sehe, von K. Raddatz, Offa 17/18, 1959/61, 50 (peltaförmiges Ortband) und A. Böhme, Saalburg-Jahrb. 29,1972,19 (Kniefibel) chronologisch ausgewertet. 67 Leider war es nicht möglich, den Fund neu photographiert oder gezeichnet vorzulegen. Wie mir A. Audin (Lyon) freundlicherweise brieflich (v. 25. 4. 1973) mitteilte, wird das Musee de Fourvifere in Lyon umgebaut. Die Funde sind verpackt und derzeit nicht zugänglich. 58 T. Frisch u. N. Toll, The Excavationes at DuraEuropos. Final Report 4, 4: The Bronze Objects (1: Perced Bronzes, Enameled Bronzes and Fibulae) (1949) Taf. 6, 82. Hier unrichtig (S. 30) als Riemenzunge gedeutet. 69 Unsere Abb. 5, 2. 3 sind gezeichnet nach: Der Römische Limes in Österreich 17 (1933) 56 Bronze Nr. 6; 58 Abb. 21. Stark zinnhaltig. Gef. im Amphitheater II der Zivilstadt von Carnuntum. - A. Müllner, Typische Formen aus den achäologischen Sammlungen des krainischen Landesmuseums „Rudolfinum" in Laibach (1900) Taf. 53. 60 Nach Fertigstellung des Manuskriptes erschien der

Aufsatz von H. Bullinger, UTERE FELIX: A propos de la garniture de ceinturon de Lyon. Gallia 30, 1972, 276 -283. Bullinger trägt die unrichtige Lesung der ligierten Buchstabengruppe im Sinne von P. Wuilleumier erneut vor. Alle die sich daran anschließenden Überlegungen sind daher hinfällig, die von Bullinger 279 Abb. 2 abgebildeten Vergleichsbeispiele um 180 Grad zu drehen. M. Martin wird dazu im Jahresber. Römerhaus und Museum Äugst 1972 ausführlich Stellung nehmen. Es fällt auf, daß die bisher bekannten Buchstaben aus dem Bereich des Donauheeres stammen (vgl. Bullinger a. a. O. 279 Abb. 2). Man wird aber daraus kaum auf die Herkunft des Toten von Lyon schließen können und ihn dem Heer des Septimius Severus zuweisen dürfen (so im Brief von A. Audin, vgl. Anm. 57: „Selon M. Alföldi, il s'agit d'une tradition danubienne, et le Soldat tu6 aurait appartenu ä l'arm^e de Se'ptime Severe."). 61 Saalburg-Jahrb. 13, 1954, 59-68. - B. Stjernquist, Simris. Acta Arch. Lundensia Ser. 4, 2 (1955) 108 ff. Grab. 54 Taf. 21,11.12.

214

Günter Vlbert

Abb. 5. Bronzebeschläge vom Cingulum. l Dura-Europos, Syrien. 2 Carnuntum, Österreich. 3 Emona-Ljubliana, Jugoslawien. M. etwa 1:1.

mark)62. Zum Gürtel gehören auch die beiden stabförmigen, leicht profilierten Riemenzungen (Abb. 4, 6), die in Limeskastellen nachzuweisen sind63. Von der Schwertscheide selbst stammen der bronzerne Schwerttragbügel (Steckbügel. Abb. 4,3) und das peltaförmige Bronzeortband (Abb. 4, 4), beides geläufige Schwertzubehörteile des 2. und 3. Jahrhunderts n. Chr.64. Auch der radial profilierte Knopf (Abb. 4, 8), die zwei Bruchstücke einer durchbrochen gearbeiteten Bronze (Abb. 4, 9) sowie die im Text nicht erwähnte rechteckige Riemenlasche (Abb. 4, 10) mit kleiner Öse können zur Ausrüstung des Soldaten gehört haben65. Die Kniefibel (Abb. 4, 7) schließlich, eine weitverbreitete Form, ist für den Bereich des ObergermanischRätischen Limes typisch und wird allgemein in die Zeit von Hadrian bis um 200 n. Chr. datiert66. Die Klinge des eisernen Langschwertes selbst (Tab. 3, 9. Abb. 4,1) ist noch 68 cm lang und unterhalb des Heftes 5,6 cm breit. Die 7,5 cm breite Parierstange aus Kupfer verbreitert sich zum Griff hin etwas. Von der Griffangel ist nur ein kurzes Stück erhalten. Gegen eine Bestimmung als Ringknaufschwert, wozu man beim ersten Betrachten versucht wäre, sprechen die konische Bronzeparierstange und die beträchtliche Länge der Waffe67. Die Klingenlängen von Ringknaufschwertern 62

Saalburg-Jahrb. 13, 1954, 61 Abb. 2, 1; 3, 1-4. Engelhardt, Vimosefundet (1869) Taf. 12, 28. Die Scheiben aus Vimose tragen Zierbleche mit der Darstellung des römischen Adlers mit Blitzbündel auf Globus. Die Inschrift darunter ist nicht anders als I(ovis) O(ptimus) M(aximus) zu lesen. Neben den geschlossenen Scheiben gibt es zahlreiche in kunstvoll durchbrochener Manier. Zu den von B. Stjernquist (Anm. 61) zusammen gestellten Stücken auch zahlreiche Exemplare aus Dura-Europos (Anm. 58) 8 Gruppe I, l ff. Taf. 1-2; 7 rechts unten. 63 Saalburg-Jahrb. 5, 1914, Taf. 20, 13. 14; 7, 1930, Taf. 11,11. 64 Zum Schwertriemenhalter: erste Zusammenstellung bei H.-J. Hundt, Saalburg-Jahrb. 18, 1959/60, 52 bis 54. - Ders., Arbeits- und Forschungsber. z. Sachs. Bodendenkmalpflege 8, 1960, 39-53. Unmittelbar zu vergleichen sind: Kastell Stockstadt ORL B III Nr. 33 (1910) Taf. 8, 3; Kastell Pfünz ORL B VII Nr. 73 (1906) Taf. 15, 28. 29; Engelhardt, Vimosefundet (1869) Taf. 8, 64 u. a. m. - Zum Ortband: Die von Raddatz, Ofifa 17/18, 1959/61, 51 Liste 3 zusammengestellten „halbmondförmigen" Ortbänder sind etwas gedrungener. Entsprechungen zu den hochgezogenen gibt es zahlreiche, nur einige seien aufgeführt: Zugmantel ORL B II, l Nr. 8 (1909) Taf. 11, 5; Kastell Buch ORL B VI, 2

Nr. 67 Taf. 3, 5; Kastell Weißenburg ORL B VII Nr. 72 (1906) Taf. 8, 1. - Intercisa Grab 8: Arch. Hungarica 36, 1957, 229 Taf. 49, 13; Cirencester, Verulamium St. Albans: The Arch. Journ. 115, 1960, 71 Abb. 3, 27; 93 Abb. 7, 203. - Zu Schwertscheidenbügel und Ortbänder allgemein mit neuen Verbreitungskarten für das freie Germanien: D^browski u. Kolendo 1972, 77 ff. Karten 6 und 7. 66 Ein entsprechender Knopf etwa in Pfünz (vgl. Anm. 64) Taf. 13, 76. Die quadratische Riemenlasche mit kleiner Öse entspricht in ihrer Funktion etwa Saalburg-Jahrb. 3,1912, Taf. 3,1. • 6 A. Böhme, Die Fibeln der Kastelle Saalburg und Zugmantel. Saalburg-Jahrb. 19,1972,18 ff. 67 Zu den Ringknaufschwertern vgl. Anm. 5. Die Auffassung von Raddatz, daß „in dem .. hier .. umrissenen Zeitraum allein das Ringknaufschwert mit einer metallenen Parierstange ausgestattet war" (Offa 17/18,1959/61, 36), scheint mir in dieser Ausschließlichkeit nicht vertretbar. Ich halte daher auch das Langschwert aus Ardanovo-Ardanhdza (Slowakei) mit einem Verhältnis von Klingenlänge zu -breite von fast 17 : l nicht für ein Ringknaufschwert (Raddatz, Offa 17/18, 1959/61,38 Nr. 7).

Straubing und Nydam

215

liegen, soweit nachprüfbar, stets unter 60 cm, ihre Breiten durchschnittlich bei 3,5-4,5 cm. Nur in drei Fällen erreichen sie 5 cm (5 und 5,3 cm). Das Verhältnis von Klingenbreite und Klingenlänge beträgt im Schnitt etwa 11-14:1. Ich möchte daher annehmen, daß ursprünglich ein runder Knauf aus organischem Material das Schwert aus Lyon abschloß. In der Kombination von Spatha, peltaförmigem Ortband, bronzernem Schwertriemenhalter und Beschlagplatte mit Ringöse ist der fest datierte Grabfund von Lyon einmalig, und er stellt ein römisches Pendant zum Grab 54 eines germanischen Kriegers von Simris (s. o.) dar, bei dem die Funktion der runden Beschlagplatte durch den Grabungsbefund erstmalig erkannt wurde. Interessant ist die Uniformität einzelner Bronzebeschläge über weite Strecken des römischen Reiches hin68.

ZUSAMMENFASSUNG

Wenn in den vorausgegangenen Abschnitten zu den verschiedensten Fragen um römische Langschwerter der späteren Limeszeit meist nur unbefriedigende Antworten gegeben werden konnten, so liegt das vor allem in den eingangs geschilderten quellenmäßigen und forschungsbedingten Schwierigkeiten. Das römische Schwert als ein bedeutender „Exportartikel" spielte ja in der Diskussion um den römischen Import im freien Germanien kaum eine Rolle. Silber- und Bronzegeschirr, Terra Sigillata und Gläser und andere Wertsachen standen stets im Vordergrund des Interesses. Und doch muß zu allen Zeiten römisch-germanischer Beziehungen der Zustrom römischer Schwerter samt Zubehör groß gewesen sein. Am Beispiel der inkrustierten Schwertklingen konnte dies aufgezeigt werden, von denen nur drei von 14 auf römischem Gebiet gefunden wurden. Die Metalleinlagen der Schwerter aus Straubing und Nydam konnten als stark stilisierte Victoriafiguren interpretiert werden. Von einer germanischen Imitation ist hier ebensowenig die Rede wie bei den anderen Schwertern mit „primitiveren" figürlichen Einlagen. Bei allen anderen Schwertklingen ohne Inkrustation und Fabrikstempel aus dem germanischen Gebiet ist eine Entscheidung: römisches Original - einheimische Kopie wohl nur mittels metallurgischer Methoden zu treffen. Daß im römischen Heer der späteren Limeszeit die breitere, spathaartige Klinge (Typus LauriacumHromöwka, Größenverhältnis Klingenlänge zu -breite 8-12:1) und die schmale lange Klinge (Typus Straubing-Nydam, Größenverhältnis 15-17:1) gleichzeitig verwendet worden sein und zur Standardausrüstung des römischen Heeres gehört haben müssen, konnte an einigen provinzialrömischen Funden gezeigt werden. Freilich wird eine künftige Gesamtbearbeitung hier noch weiter formal differenzieren müssen (Form der Klinge, Querschnitt, Zahl der Blutrillen, Damaszierung u. a.). Zur Standardausrüstung gehören auch die Beifunde des Kriegergrabes aus Lyon. Diese und andere Ausrüstungsteile hätte man ebensogut an weitenfernten Gebieten des römischen Imperiums finden können: in Dura-Europos und in Britannien, am Obergermanisch-Rätischen Limes an der Donau und in Nordafrika. Die Uniformität ist bemerkenswert. Sie läßt an zentrale Fabriken denken, in denen man nach einheitlichen Vorschriften bzw. Vorlagen gearbeitet hat. Die weite Verbreitung gleichartiger Ausrüstungsteile wird aber auch durch die umfangreichen Truppendislokationen seit den Markomannenkriegen erklärt (Dura-Europos!). In einer künftigen Gesamtbearbeitung wird man 68 Vgl. etwa die in Anm. 64 genannte Lit. Ferner: A. Riegl, Spätrömische Kunstindustrie2 (1927) Taf. 13 bis 15 (z. T. militär. Durchbruchsarbeiten). - Bull. Arch.

Marocaine 5, 1964, 183-199. Die Belege ließen sich beliebig vermehren,

216

Günter Ulbert

dies in allen Einzelheiten nachweisen können. Diese Gesamtbearbeitung wird gewiß auch bessere Grundlagen schaffen für eine fruchtbarere Diskussion um das Problem: handelt es sich bei den römischen Schwertfunden in Germanien um Beute- oder Handelsgut, um Geschenkartikel an germanische Stammesoberhäupter oder um den Besitz ehemaliger germanischer Söldner in römischen Diensten? Auf eine Erörterung dieses komplizierten Fragenkomplexes wird hier bewußt verzichtet. Auch dazu wird Werner in der oben S. 197 angekündigten Arbeit Stellung nehmen. Er ist der Meinung, „daß nur ein Teil der im freien Germanien gefundenen römischen Waffen der Limeszeit als Beutegut anzusprechen ist. Das Problem germanischer Söldner im 3. Jahrhundert wird in der künftigen Gesamtpublikation der Bild- und Runendenkmäler erörtert werden"69. 69

Werner, Das Aufkommen von Bild und Schrift (wie Anm. 2) 18 Anm. 31.

BERNHARD OVERBECK, MÜNCHEN N U M I S M A T I S C H E Z E U G N I S S E ZU DEN GARDEHELMEN

SPÄTRÖMISCHEN

Wie die Herausgabe des 15. Bandes der Münchner Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte1 zeigt, hat sich J. Werners Interesse in jüngster Zeit den Helmen vom Typ Pfersee/Berkasovo von neuem zugewandt. Sowohl H. Klumbachs Beitrag wie auch die Beiträge der anderen Autoren gehen allerdings ausschließlich vom archäologischen Material aus. A. Alföldi hat in einem sehr ausführlichen Aufsatz2 über die gleiche Helmform zwar einiges numismatische Material zum Thema vorgelegt, sein Blick ist aber speziell auf das Fortleben dieser Helmform in den Helmen des frühen Mittelalters gerichtet. Allgemein läßt sich diese spätrömische, auf den reichsrömischen Münzen erst seit Constantin I. erscheinende Helmform3 folgendermaßen beschreiben: die Helmkalotte ist im allgemeinen aus zwei Halbkalotten zusammengesetzt. Die beiden Teile sind in der Mitte, also parallel der Längsachse des Helms, zusammengenietet. An dieser Nietnaht verläuft der Kamm, bisweilen mit kugelförmigen Nieten verziert, oft mit einem Federbusch geschmückt. Manchmal sind die Seitenkalottenteile ihrerseits ebenfalls aus Teilen zusammengenietet. "Wangenklappen und Nackenschutz, ferner ein Nasenschutz sind am Helm angebracht, teilweise sind sie an einem besonderen Stirnreif befestigt. Sie kamen allerdings bei den hier besprochenen Helmen auf Münzen kaum zur Darstellung, sondern sind nur durch den archäologischen Befund nachgewiesen. Seit dem oben zitierten Beitrag Alf öldis stützt man sich bei der Betrachtung dieser spätrömischen Helme auf die von ihm vorgelegte Auswahl von Helmdarstellungen auf Münzen4. Die Herkunft der Form dieses Helms wird allgemein als persisch angesehen. Hier hat schon Alföldi einen entsprechenden numismatischen Beleg angeführt und allgemein auf die Häufigkeit dieser Helmform auf Münzen verwiesen5. Dennoch lohnt es sich, das Thema nochmals aufzugreifen. Die Herkunft der Gardehelme vom Typ Pfersee/Berkasovo bedarf noch einer näheren Untersuchung, da Alföldi hier nur, beispielhaft herausgegriffen, eine einzige Parthermünze als Beleg abgebildet hat. Seine Drachme des Volagases VI. (208/222 n. Chr.) trennen aber immerhin noch rund 100 Jahre vom Spangenhelm Constantins I. 1

H. Klumbach, W. Braat, M. Manojlovic-Marijanski, K. Skalen, E. Thomas, Spätrömische Gardehelme. Münchner Beitr. z. Vor- und Frühgesch. 15 (1973) (im folgenden abgekürzt: Klumbach, Gardehelme). 2 Alföldi, Eine spätrömische Helmform und ihre Schicksale im germanisch-romanischen Mittelalter. Acta Arch. 5, 1934, 99-144 (im folgenden abgekürzt: Alföldi, Eine spätrömische Helmform). Vgl. auch Alföldi, The Heimet of Constantine with the Christian Monogram. Journal of Roman Stud. 22,1932, 9-23. 3 Auf eine lückenlose Dokumentation zu den Helm-

darstellungen auf Münzen Constantins I. wurde hier bewußt verzichtet. Alföldi hat hierzu bereits die wesentliche Vorlage geliefert: Eine spätrömische Helmform 100-103. Das Gleiche gilt für sonstige, seit Alföldis Abhandlung bekannte Prägungen. Daher wurde auch eine von ihm a. a. O. abgebildete Bronzemünze Valentinians II. und die Bronzemünze Theodahads mit dem Spangenhelm nicht mehr ausführlich behandelt. 4 Alföldi a. a. 0.100-103. 5 Alföldi a. a. 0.103 Abb. 4a.

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Bernhard Overbeck

Es soll also zunächst versucht werden, das numismatische Material des vorderen Orients zu betrachten, um so einen Überblick über Herkunft, Verbreitung und Datierung dieser Helme zu gewinnen. Innerhalb des parthischen Reichs6 sehen wir, daß Helme dieses Typs seit der Regierungszeit des Mithradates II. (123/88 v. Chr.), also seit späthellenistischer Zeit als Herrscherinsignie oder Helmkrone Verwendung finden. Praktisch ohne Unterbrechung ist diese Helmform bis zum Ende des Partherreiches unter Artavasdes (ca. 227/228 n. Chr.) auf den Münzen belegt (vgl. Taf. 23,1-11). Diese Tradition reißt mit der Ablösung der Arsakidendynastie durch die nationalpersischen Sasaniden keineswegs ab. R. Gobi7 hat in übersichtlicher Weise die einzelnen Herrscherkronen zusammengestellt. Bei Ardasir I. (224/241) treffen wir als Rangabzeichen auf prunkvoll verzierte Helme, die dem arsakidischen Typ sehr nahekommen, ja praktisch eine Wiederverwendung der Helmkrone des Mithradates II. darstellen (vgl. Taf. 23,12-16).8 Bei dem Taf. 23,12 dargestellten Münztyp ist das En-face-Porträt eine Abweichung von unserem Kammhelm-Typ. Eine Mittelnaht fehlt. In der Helmmitte ist als Emblem eine Mondsichel mit Punkt darüber angebracht. Das gleiche Emblem erscheint auf der Seite des Helms auf der Rückseite, wo Papak, Vater des Ardasir L, dargestellt ist. Es ist zu erwägen, ob nicht auf der Vorderseite die Darstellung des Helmemblems vom Künstler so vorrangig betrachtet wurde, daß man den durchaus vorhandenen Mittelkamm wegließ, um dies Emblem besser darstellen zu können. Ein weiterer Drachmentyp (Taf. 23,16) zeigt Ardasir mit der schon prunkvoll ausgestatteten Kappenkrone, daneben seinen Sohn im einfachen Helm mit Wangenklappen des üblichen, seit parteiischer Zeit bekannten Typs9. Sicher gehört diese für die Geschichte unseres Helmtyps besonders wichtige Prägung nicht an den Anfang der Regierungszeit Ardasirs. Ein sasanidisches Zeugnis aus späterer Zeit war bisher unbekannt, so daß Klumbach10 schreibt: „Die zeitliche Lücke von etwa 70 Jahren bis zur konstantinischen Zeit ist nicht zu überbrücken". Tatsächlich aber besitzen wir in Drachmen des Varhan II. (276/293 n. Chr.) ein weit späteres Zeugnis unserer Helmform11 (vgl. Taf. 23,17). Wiederum ist eine Doppelbüste dargestellt. Abgebildet ist der Herrscher selbst mit prunkvoller Krone, ihm gegenüber der Kronprinz im hohen Kammhelm mit Nackenschutz, von Gobi als „medische Haube" bezeichnet. Andere Drachmen desselben Herrschers zeigen weitere Kronprinzen mit wohl typologisch gleichartigen Helmen, deren Kamm in Tierprotomen endet12 (vgl. Taf. 23,18). Bei Ardasir I. - Kronprinz Sapur I. (Taf. 23,16) und bei Kronprinz Vahran II. (Taf. 23,17.18) tragen jeweils die Großkönige die Krone, die Prinzen den Helm. Die Vermutung liegt nahe, daß auf sasanidischen Münzen der Helm nur deshalb so selten erscheint, weil der Herrscher selbst stets die Krone trägt, andere Begleitpersonen ohne Herrscherkrone, die als Träger des Helmes in Frage kämen, aber höchst selten dargestellt werden. Innerhalb der Münzreihe des mächtigsten nahöstlichen Staates der Antike, des römischen Reichsfeindes Persien, können wir diese Helmform als Schutzwaffe und prunkvoll verziertes, meist mit Diadem versehenes Rangabzeichen mit verschiedenen Abwandlungen über 400 Jahre verfolgen. Es nimmt daher nicht Wunder, daß Helme dieser Art auch in Rand- und Klientelstaaten Persiens Verbreitung fanden. Zu erwähnen sind hier die Dynasten der Persis (Taf. 23,19), Elymai's (Taf. 23, 6

Als Arbeitsgrundlage diente: W. Wroth, A Catalogue of the Greek Coins in the British Museum (BMC), Parthia (1903). - Die Problematik einzelner Herrscherzuweisungen und Datierungen wurde hier bewußt nicht behandelt, da sie in unserem Zusammenhang nicht von Wichtigkeit ist. Über Diskrepanzen in der Datierung und zum Stand der Forschung vgl. D. Seilwood, An Introduction to the Coinage of Parthia (1971).

7

R. Gobi, Sasanidische Numismatik (1968) Tabelle I-III. 8 Gobi a. a. O. 42. • Gobi a. a. O. 42 f. 10 Klumbach, Gardehelme 10 Anm. 4. " Gobi (wie Anm. 7) 44. 12 Zur Abfolge der Prinzen und mythologischen Deutung dieser Kronen vgl. Gobi a. a. O. 44 f.

Numismatische Zeugnisse zu den spätrömiscben Gardehelmen

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20. 21), Characene (Taf. 23,22) und Subcharacene (Taf.23,23), ferner Dynasten aus dem bactrischindischen Bereich (Taf. 23,24) und der Sogdiane (Taf. 23,25). Methodisch mag man in einzelnen Fällen einwenden, daß bisweilen parthische Münzen lediglich kopiert wurden und dem Herrscherporträt mit Helm daher keine Aussagekraft zukommt. Das mag wohl auf den bactrischen Dynasten Sanabares zutreffen (vgl. Taf. 23, 24); ansonsten machen die Helmtypen in ihrer individuellen Ausgestaltung einen recht selbständigen Eindruck. Ein weiterer nahöstlicher Staat, das Königreich Osroene13 mit der Hauptstadt Edessa, verdient unser besonderes Interesse. Ermöglicht doch das behelmte Porträt des Königs, den Übergang der nach unserer bisherigen Betrachtung - rein persischen Helmform zum römischen Helm gleichen Typs zu fassen. Das Königreich Osroene stand zunächst unter parteiischer, dann unter armenischer Oberhoheit und wurde schon im ersten vorchristlichen Jahrhundert der römischen Einflußsphäre angegliedert. In verschiedenen Partherkriegen immer wieder von schwankender Haltung gegen Rom, etwa unter Traian und L. Verus, wurde das Gebiet schließlich von Caracalla zur römischen Provinz gemacht. Erst Gordian III. resümierte kurzfristig wieder das in persischer Grenznähe liegende Königreich. Die Bronzeprägungen Edessas zeigen nun zur Regierungszeit der einheimischen Könige jeweils auf der Vorderseite das Bild des römischen Kaisers, etwa des Commodus, Septimius Severus oder Gordian III., auf der Rückseite die Büste des Königs mit Helm (mit oder ohne Wangenklappen), Diadem und prunkvollem Gewand (vgl. Taf. 23, 26-29). Politisch betrachtet handelt es sich hier um Münzen des römischen Reichs, und diese Helmform erscheint am deutlichsten wohl auf den Münzen Gordians III. (238/244) und Abgars XI. (Taf. 23, 28, 29). Der Helm schmückt dabei nicht das Bild des römischen Kaisers, sondern das des einheimischen Fürsten. Es ist wohl ein nicht allzu gewagter Schluß, daß der prunkvolle Helm, der im Parther- und Sasanidenreich und im römischen Pufferstaat Osroene die geläufige Kopfbedeckung des Herrschers war, möglicherweise auch in die entsprechenden Heere Eingang gefunden hat - ähnlich wie auch in spätrömischer Zeit neben dem juwelenbesetzten Prunkhelm auch einfachere, typenmäßig gleiche Helme14 bekannt sind. In diesem Zusammenhang muß darauf verwiesen werden, daß etwa um diese Zeit osroenische Panzerreiter, ausgerüstet nach persischer Art, bereits im Westen des römischen Reiches Verwendung fanden. Severus Alexander setzte Truppen aus dem Orient gegen die Alamannen ein (Herodian VII 2, 1). Die in diesem Punkt aufgrund der sonstigen Zeugnisse wohl glaubwürdige Historia Augusta (Vita Sev. Alex. 56, 5) berichtet, Severus Alexander habe seine eigenen Soldaten in die Ausrüstung gefallener persischer Panzerreiter gesteckt. Audi werden die Armenier, Osroener und Parther als schlagkräftigster Bestandteil der römischen Armee um diese Zeit erwähnt (Vita Sev. Alex. 61, 8). Maximin I. verwendete sie in Germanien (Historia Augusta, Vita Maximini XII 1). Eine Revolte osroenischer Bogenschützen wird ebenfalls durch die Historia Augusta beschrieben (Vita Maximini XI 1-6) und wird durch eine Mainzer Inschrift (CIL XIII 6677 a) bestätigt, wo der osroenische Truppenteil eradiert wurde15. Die Verbreitung und Bedeutung dieser osroenischen und sonstiger orientalischer Truppenteile im römischen Reich mag schon relativ früh zur Übernahme auch der orientalischen Helmform geführt 13

Zu Geschichte und Herrschern von Osroene vgl. Meyer, RE V 2, 1933-1938 s. v. Edessa; v. Rohden, RE 11, 93-96 s. v. Abgar. "Vgl. z.B. Klumbach, Gardehelme 115-117: Der eiserne Helm von Äugst.

15

Zur Geschichte der orientalischen Einheiten im Westen vgl. P. Goessler, Neue römische Funde aus Cannstatt. Germania 15,1931, 6-15.

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Bernhard Overbeck

haben, die archäologisch freilich noch nicht nachweisbar ist16. Das mag mit daran liegen, daß erst ca. 70 Jahre später diese Helmform wieder zu dem wurde, was sie im persischen Bereich lange Zeit war: nicht nur Schutzwaffe, sondern auch besonderes Rangabzeichen militärischer Eliteeinheiten oder kaiserliche, prunkvoll geschmückte Kopfbedeckung. Zu eben jenem Wandel der Sdiut/waffe Helm zum militärischen und kaiserlichen Rangabzeichen hat K. Kraft17 treffend zwei römische Historiker zitiert: Tacitus (Ann. 2, 21) schreibt über Germanicus bei der Schlacht von Idistiaviso: „Et Germanicus quo magis agnosceretur detraxerat tegimen capitis". Um besser erkannt zu werden, nimmt Germanicus also den Helm ab. Ganz anders das Verhalten im 4. Jahrhundert, das uns Ammianus Marcellinus schildert (27, 10, 10): „Valentinianus, ut dux cunctator et tutus, centurias et manipulos capite intecto collustrans, nullo potentium in conscientiam arcani adhibito, remota multitudine stipatorum, speculatum radices aggerum avolavit cum paucis, quorum industriam norat et fidem". Sein Helm wird gleich anschließend (27,10,11) als „galea auro lapillisque distincta" beschrieben. Ammian berichtet demnach: Valentinian musterte als besonnener und vorsichtiger Heerführer seine Centurien und Manipeln mit unbedecktem Haupt und zog keinen seiner höheren Offiziere ins Vertrauen. Er ließ die Menge seines Gefolges zurück und erkundete den Fuß der Hügel nur mit wenigen, deren Pflichteifer und Treue er kannte. Den Helm nennt Ammian „geschmückt mit Gold und Edelsteinen". Als gut datierbarer numismatischer Beleg ist schon lange der Helm Constantins des Großen (Taf. 23,30-32) bekannt und ausführlich behandelt worden18. Dieser Helmtyp aus zwei Schalenhälften und mit Mittelkamm wird ab ca. 312 dargestellt. Wichtigstes Stück mit diesem politisch besonders wirksamen Rangabzeichen ist das Silbermedaillon mit dem juwelenbesetzten Helm, der das Christogramm trägt (Taf. 23, 30). Er ist mit dem Helm Constantins zu identifizieren, der folgendermaßen beschrieben wird: „galeam auro gemmisque radiantem et pinnis pulcrae alitis eminentem" (Paneg. Latin, [ed. Baehrens 1874] VI20). Seit dieser Zeit reißen bis zum Beginn des 5. Jahrhunderts die Belege für den Kammhelm des hier besprochenen Typs nicht ab. Ein Goldmedaillon des Constans zeigt auf der Rückseite den Kaiser (Taf. 24, 33 a b) im entsprechenden Helm19, vergleichbar dem constantinischen Exemplar auf dem Silbermedaillon (Taf. 23,30), wenn auch ohne Juwelenschmuck. Als nächster Beleg kommen Centenionales des lulian III. in Frage (Taf. 24,34), die das Brustbild des Kaisers nach links im Schuppenpanzer mit Schild, Lanze und Helm zeigen20. Der diademgeschmückte Helm mit Federbusch auf dem Mittelkamm dürfte der constantinischen Form entsprechen, allerdings trägt die Kalotte keine Juwelen. Gleichen Bildnistyp mit ähnlichem Helm zeigt eine häufige Serie von Maiorinae21 der valentinianischen Zeit von ca. 378/388 (vgl. Taf.24,35.36). Ein Solidus des Honorius von Ravenna (Taf. 24,37), geprägt ca. 422, zeigt den Kaiser von vorn mit Panzer, Paludamentum, Lanze, Schild mit Christogramm und Kammhelm, der mit Diadem und Federbusch geschmückt und wohl aus zwei Hälften zusammengesetzt ist. Hier ist also die bisherige 18

In den Kastellen der Limeszeit sind bisher keine typenmäßig verwandten Helme gefunden worden. Vgl. Klumbach, Gardehelme 10. 17 Kraft, Der Helm des römischen Kaisers. Ein Beitrag zur Vorgeschichte der mittelalterlichen Herrscherinsignien in: E. Boehringer (Hrg.)> Wiss. Abhandl. d. dt. Numismatikertages in Göttingen 1951 (1959) 44-50. 18 Kraft, Das Silbermedaillon Constantins des Großen mit dem Christusmonogramm auf dem Helm. Jahrb. f. Numismatik und Geldgesch. 5/6, 1955, 151 ff.

19

Einschränkend muß bemerkt werden, daß es sich hier auch um einen aus einem Stück getriebenen Helm handeln könnte, wie ihn etwa Solidi des Constantius (Typ Coh. 112) zeigen. Diese Helme entsprechen demnach typologisch nicht ganz unserer Helmgruppe, sondern dem Helm des Theodosius II. (Abb. 39). 20 Zur Häufigkeit dieser Münzen lulians und zu ihren Prägeorten vgl. LRBC II 110 (Reverse legends and types). 21 Zu Häufigkeit und Prägeorten vgl. RIC IX.

Numismatische Zeugnisse zu den spätrömischen Gardehelmen

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Profildarstellung aufgegeben, die Büste gewissermaßen um 90° gedreht und dem Beschauer zugewendet. Die En-face-Darstellung des behelmten Kaisers, die bald zum stereotypen Bild erstarrt, läßt später jenen Mittelstrich am Helm vermissen, der zeigt, daß er aus zwei Hälften zusammengefügt wurde. Genau genommen entspricht sie also nicht mehr dem hier zu besprechenden Typ. Als ein Beispiel von vielen sei die behelmte Büste des Theodosius II. auf einem Solidus von Constantinopel genannt (Taf. 24,39). Ein Solidus des Maiorianus aus Arelate (Taf. 24,38), geprägt 457/461, zeigt wieder das Bildschema des Kaisers mit Helm, Schild und Lanze im Profil. Der Helm ist besonders sorgfältig gestaltet, mit breitem Diadem und einem Kamm, der entweder mit Nieten oder mit kurzen Federn geschmückt ist. Als besonders spätes Zeugnis der hier vorgelegten Helmform kann die entsprechende Darstellung auf dem Goldmedaillon mit der Büste des Justinian I.22 gelten. Die Größe der Prägung (vgl. Taf. 24, 40) ermöglichte eine besonders detaillierte Wiedergabe. Auch die Angabe des übrigen Trachtzubehörs, etwa der Fibel, spricht dafür, daß der Stempelschneider hier Wert auf genaue Zeichnung des kriegerischen Ornats des Kaisers gelegt hat. Handelte es sich bei diesen nachconstantinischen Beispielen meist um lediglich durch das Diadem als kaiserlich gekennzeichnete Kammhelme, so haben wir auf seltenen Solidi23 des Valentinian von Trier (Taf. 24,41) und Thessalonike (Taf. 24,42) wieder einen juwelenbesetzten Prunkhelm, ähnlich dem Helm des constantinischen Silbermultiplums vor uns. Seine Existenz auf Solidi ist der archäologischen Forschung bisher entgangen, obgleich hier die Münze in idealer Weise die schriftliche Überlieferung ergänzt. Dargestellt ist ein Helm, welcher neben Diadem und federgeschmücktem Kamm reiche Edelsteinverzierung aufweist, also der oben zitierten Beschreibung von Ammianus Marcellinus 27,10,11 entspricht. Beide Solidi zeigen den Herrscher im Kettenpanzer, mit Schild und Lanze, die Juwelen des Helms sind durch Sterne angedeutet. Ein Trierer Solidus des Valens, ebenfalls 364/367 geprägt, zeigt ein völlig gleichartiges Bild (Taf. 24, 43). Wenn hier versucht wurde, zu einer Helmform numismatische Belege in repräsentativer Auswahl vorzulegen, so muß abschließend zu den Grenzen der Auswertungsmöglichkeit Stellung genommen werden. Die persisch-nahöstlichen Prägungen zeigen reiche Helmzier in detaillierter Wiedergabe, teils scheinen die Kalotten durch Treibarbeit oder mit Juwelen geschmückt zu sein. Meistens ist ein breites Stirnband vorhanden. Frontalansichten der Helme zeigen im allgemeinen einen deutlichen Mittelgrat, der erweist, daß sie typenmäßig in unseren Rahmen gehören. Die Ausgestaltung des Kamms variiert. Teils scheint es sich um Punktreihen zu handeln, teils um die Protomen von Hirschen oder anderen Tieren, teils um symmetrisch angeordnete hakenartige Gebilde, vielleicht auch Federn oder kurze Bänder. Punktreihen am Helm sind nicht immer als Nieten zu deuten, sie entsprechen vielmehr der Punziertechnik des Stempelschneiders und sind daher oft als glatte Striche zu verstehen. "Während die parthischen, sasanidischen und sonstigen Prägungen des vorderen Orients fast immer Helme mit - zumindest angedeuteter - Wangenklappe oder Nackenschutz zeigen, verzichten die römischen Stempelschneider fast durchgängig auf die Darstellung von Wangenklappe und Nackenschutz. Wangenklappen zeigt einmal ein Porträt des Abgar XI. mit Helm (vgl. Taf. 23,28), zugleich ein Indiz dafür, daß hier tatsächlich die Schutzwaffe Helm, nicht lediglich das Rangabzeichen Tiara gemeint ist. Allen Helmen aus der Zeit Gordians III. und Abgars XI. (242/244) ist der Helmkamm mit kurzem Busch oder hochgestellten Nieten gemeinsam. Die oft undeutlichen Orna22

Auch Alföldi hat die Zugehörigkeit des Helmes auf dem Medaillon Justinians I. zu unserer Helmgruppe

in Erwägung gezogen: Eine spätrömische Helmform 102 Anm. 5. 28 Vgl. RIC IX, 16 (Trier). 173 (Thessalonica).

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mente in den Seitenfeldern sind meist wohl in Stein eingelegte oder getriebene Rosetten. Das sonstige fast vollständige Fehlen von Wangenklappen und Nackenschutz entspricht wohl nicht unbedingt der Realität, zumal es dem archäologischen Befund widerspräche. Man muß auch damit rechnen, dieß diese Details weggelassen wurden, um die Porträtzüge der Herrscher besser zur Geltung bringen zu können. Die ausführlichere Betrachtung des für die spätrömischen Gardehelme einschlägigen numismatischen Materials zeigt demnach eindeutig und nachweisbar die Übernahme einer persischen Schutzwaffe und Insignie durch Rom. Das deckt sich mit den von Alföldi angestellten Untersuchungen zu Insignien und Tracht der römischen Kaiser in der Spätantike24. War die Übernahme des Helms als Waffe zunächst durch rein militärische Überlegungen bedingt, stellt seine Ausschmückung zur Insignie eine Parallele zu persischen Gepflogenheiten dar. Direkt von einer Übernahme oder „Angleichung" an die Trachtsitte der persischen Großkönige zu denken, erscheint mir allerdings fragwürdig. Zur Zeit Constantins hatte die sasanidische Krone keine Ähnlichkeit mehr mit der hier behandelten Gruppe spätrömischer Helme. KATALOG D E R A U F DEN TAFELN 23-24 A B G E B I L D E T E N M Ü N Z E N 2 5 A.PARTHER 1. Mithradates 11., 123/88 v.Chr., Drachme, BMC 102 (Privatbesitz Franken): der Helm hat Nackenschutz und Wangenklappe, die mehrfachen, etwa halbkreisförmigen Perlreihen deuten den Kamm an; seitlich an der Kalotte eine Rosette; hinten Diadembänder. 2. Phraates III., 70/57 v. Chr., Drachme, BMC 55 (Privatbesitz Franken): der Helm mit Wangenund Nackenschutz zeigt einen symmetrisch verzierten Kamm aus Tierprotomen und an der Kalotte ein kurzes, wohl getriebenes Hörn; hinten Diadembänder. 3.Phraates III. (?), 70/57 v.Chr., Drachme, BMC 93 (British Museum): Helm ähnlich 2, aber mit Helmkamm aus Kugelnieten. 4.Vardanes II., 55 n. Chr., Drachme, BMC l (Privatbesitz Franken): Brustbild von vorn mit Helm, seitliche Wangenklappen; der Kamm ist durch einen Mittelstrich angegeben, es kann sich aber hierbei auch um die Naht zwischen den zwei Kalottenhälften handeln. In beiden Kalottenhälften ist ein Hörn dargestellt. Das Diadem ist hinten in zwei Schleifen angeordnet. S.Vardanes II., 55 n. Chr., Drachme, BMC 2 (Staatliche Münzsammlung München): Darstellung wie 4, aber ohne die Schleifen im Diadem. 6. Volagases II., 77/80 n. Chr., Drachme, BMC 32 (Staatliche Münzsammlung München): Helm mit Nackenschutz, am deutlich wiedergegebenen Kamm symmetrisch angeordnete Haken, an der Seitenkalotte ein kleines Hörn. 24

Vgl. Klumbach, Gardehelme 10; Alföldi, Die monarchische Repräsentation im römischen Kaiserreiche (1970) 185; ders., Eine spätrömische Helmform 101 f.

7.Pacorus II., Drachme, geprägt ca. 92/96 n. Chr., BMC 46 (Staatliche Münzsammlung München): der Helm zeigt Wangenklappen und Nakkenschutz. An der Kalotte befindet sich seitlich ein Mittelemblem, am Kamm entlang läuft ein Girlandenmotiv. 8. Volagases III., datierte Tetradrachme, geprägt 183/184 n. Chr., BMC 43 (Privatbesitz München): der Helm hat einen deutlichen, mit Punktnieten versehenen Kamm sowie einen breiten Nackenschutz, der anscheinend flexibel aus zahlreichen Lamellen zusammengesetzt ist. 9. Volagases III., 147/191 n.Chr., Drachme, BMC 60 (Privatbesitz Franken): im Gesamtaufbau ähnlich wie auf der Tetradrachme, hat der Helm hier keinen Nackenschutz, sondern Wangenklappen. Deutlich sind wieder die Punktnieten am Kamm zu erkennen. 10. Volagases V., datierte Tetradrachme, geprägt 210/211 n.Chr., BMC 10 (British Museum): der Helm entspricht mit seinem Kamm und dem breiten Nackenschutz dem des Volagases III. (Nr. 8). Die Kalotte ist entweder in der Mitte durch Naht oder seitlichen Kamm geteilt oder es ist ein honiförmiges Emblem angebracht. 11. Artaban V., 213/227 n. Chr., Drachme, BMC l (Privatbesitz Franken): der Helm entspricht völlig dem des Volagases III. (Nr. 9), doch ist die Kalotte seitlich nochmals mit einer Naht versehen, d. h. der Helm ist wohl aus vier Teilen zusammengesetzt. Manchmal erscheinen an dieser Seitennaht ebenfalls Kugelkopfnieten. 25

Die Numerierung im Katalog stimmt mit der auf den Taf. 23 und 24 überein.

Numismatische Zeugnisse zu den spätrömischen Gardehelmen B. SASANIDEN 12. Ardasir I. (und Papak), ca. 224/241 n. Chr., Drachme, Gobi l (British Museum): Vs. Der behelmte Kopf des Ardasir von vorn im Helm mit Wangenklappen und Mondsichel mit Punkt als Helmemblem. Vielleicht ist das Helmoberteil für den Beschauer zur Seite gedreht, um das seitlich angebrachte Emblem zur Geltung bringen zu können. Rs. Kopf des Papak mit Helm nach rechts. Der Helm trägt ebenfalls das Emblem Mondsichel (Punkt), der Kamm scheint durch zwei Punktreihen angegeben zu sein, Wangenklappen und Nakkenschutz sind vorhanden. 13. Ardasir L, ca. 224/241 n. Chr., Dinar, Gobi 4 (British Museum): die seitliche Kalotte des Helms zeigt eine Rosette und mehrere aus Punkten zusammengesetzte Halbkreise als Dekor. Der Kamm wird durch zwei Punktreihen gebildet. Nackenschutz und Wangenklappen sind aus einem Stück, ähnlich wie auch bei Nr. 12. 14. Ardasir L, ca. 224/241 n. Chr., Drachme, Gobi 6 (Privatbesitz): der Helm ist ähnlich im Dekor wie Nr. 13, doch erscheint der Kamm deutlich abgesetzt. Nackenschutz und Wangenklappen sind voneinander getrennt. 15. Ardasir L, ca. 224/241 n.Chr., Drachme, Gobi 18 (Cabinet des Medailles, Paris): der Helm entspricht etwa Nr. 13 in der Form. Seitlich auf die Kalotte ist ein Adler aufgesetzt oder getrieben. 16. Ardasir I. (und Sapur I.), ca. 224/241 n. Chr., wohl spätere Regierungshälfte, Drachme, Gobi 19 (British Museum): der schmucklose Helm des Sapur (rechts, gegenüber Ardasir I.) zeigt breiten Nakkenschutz und durch einen schwachen Strich angedeuteten Kamm. 17. Vahran II. (und Kronprinz), 276/293 n. Chr., Drachme, Gobi 54 (Privatbesitz): der Kronprinz (rechts) trägt einen Helm, dessen Kamm durch eine Punktreihe angedeutet ist. Die Kalotte ist unverziert, ein Nackenschutz ist vorhanden. 18. Vahran U. (und Kronprinz), 276/293 n. Chr., Drachme, Gobi 56 (Privatbesitz): der Kronprinz trägt hier einen Helm formal ähnlich Nr. 17, doch endet der Kamm in einem kleinen Eberkopf. C. SONSTIGE DYNASTEN

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20. Elymai's, Bronze-„Tetradrachme", nach 75 n. Chr., G. Le Rider in: Mem. de la Mission arch. en Iran 38, Mission de Susiane (1965), 426-427, Taf. 73, 6 (Staatliche Münzsammlung München): der Herrscherkopf ist en f ace dargestellt. Der halbkugelige Helm zeigt eine beide Kalottenhälften verbindende Mittelnaht. Seitlich um den Helm laufen nach oben gerichtete Striche, möglicherweise hohe Nieten. Vielleicht ist ein aus vier Teilen zusammengesetzter Helm gemeint. 21. Elymais, Bronze- „Tetradrachme", nach 75 n. Chr., zur Datierung vgl. Le Rider a. a. O., BMC Taf. 53, 13 (British Museum): der Herrscher trägt einen halbkugelförmigen Helm mit einem durch einen breiten Halbkreis gekennzeichneten Kamm. Seitlich auf der Kalotte befindet sich als Emblem ein Anker. 22. Characene, Maga, Sohn des Athabiaos, Bronze-„Tetradrachme", ca. 2. Jh. n. Chr., BMC 34 (British Museum): das primitive Herrscherporträt zeigt vielleicht einen Helm vom gleichen Typ wie Nr. 21. Er ist völlig unverziert und nur mit den Diadembändern geschmückt. Wangenklappe und Nackenschutz fehlen. 23. Sub-Characene, Meredates, 142/143 n. Chr., Bronze-„Tetradradime", BMC4 (British Museum): der detailliert wiedergegebene Helm zeigt einen Kamm mit Nieten. Seitlich trägt die Kalotte ein breites Band, so daß der Helm möglicherweise aus vier Teilen zusammengesetzt ist. Auf dem Band und in den zwei Seitenfeldern befindet sich je eine Mondsichel und darüber ein Stern. Der Helm zeigt also in seiner Verzierung durchaus selbständige Dekorationselemente. 24. Bactria, Sanabares, ca. Mitte 3. Jh. n. Chr., Drachme, BMC of Indian Coins l (British Museum) : der Helm mit deutlichem Mittelkamm und Kugelkopfnieten stellt eine eindeutige Übernahme spätparthischer Vorbilder dar. 25. Sogdiane, Tetradrachme, wohl ca. 1. Jh. v. Chr., vgl. J. de Morgan, Manuel de Numismatique Orientale l (1923-1936) 422 Abb. 534 (Staatliche Münzsammlung München): der halbkugelförmige Helm ist ringsum mit Punkten verziert, der Mittelkamm trägt ebenfalls strahlenförmig abstehende Nieten.

DES NAHEN OSTENS

D. OSROENE UNTER RÖMISCHER OBERHOHEIT

19. Persis, Manucithr III., Sohn des Manucithr II., ca. 1. bis Anfang 3. Jh. n. Chr., Drachme, BMC 2 (British Museum): Vs. Büste des Königs nach links, hoher Helm mit Wangenklappe und Nackenschutz, Stirnreif und wohl durch die zwei Punktreihen gekennzeichnetem Kamm. Seitlich ist an der Kalotte ein hier etwas undeutliches Emblem, Mondsichel mit Punkt darüber, angebracht.

26. Commodus und Abgar VIII. 179/214 n. Chr.), Kleinbronze, vgl. BMC 10-13 (Staatliche Münzsammlung München): Rs. BACIAC ABFAPOC, behelmte Büste rechts. Der Helm ist durch sich kreuzende Punktreihen in 4 Segmente aufgeteilt, in denen jeweils ein Punkt sitzt. Hinten ist der Helm etwas nach unten gezogen. 27. Septimius Severus und Abgar VIII. (179/214

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n.Chr.), Mittelbronze, vgl. BMC 30 (Staatliche Münzsammlung München). Rs. BACAAIA ABFAPOC, behelmte Büste rechts. Der Helm, ähnlich Nr. 26 in der Form, trägt hier nur eine Rosette als Verzierung, der Kamm ist durch eine Punktreihe angegeben. 2S.Gordian III. (238/244 n. Chr.) und Abgar X. Phraates, Mittelbronze, BMC 153 (British Museum): Vs. Drapierte Büste des Gordian III. rechts mit Strahlenkrone, AVTOK K M ANT TOPAIANOC CEB. Rs. Die behelmte Büste des Abgar rechts. Der sorgfältig ausgearbeitete Helm hat an der Kalotte eine Rosette als Emblem. Der deutlich wiedergegebene Helmkamm ist mit kurzen Federn oder Nieten verziert, eindeutig vom Helm selbst abgesetzt ist der Nackenschutz. 29. Gordian III. (238/244 n. Chr.) und Abgar X. Phraates, Mittelbronze, BMC 144 (Privatbesitz München): der Helm ist hier völlig analog zu Nr. 27 dargestellt, nur der Nackenschutz ist unklarer wiedergegeben. E. RÖMISCHE REICHSPRÄGUNG 30. Constantin L, Silbermedaillon von Ticinum, geprägt 315 n. Chr., RIC 36 (Staatliche Münzsammlung München): Vs. IMP CONSTANT - INVS P F AVG, Büste Constantins mit Helm und voller Rüstung von vorn, Pferd an Zügel. Der mit dem Chistogramm geschmückte Helm ist reich juwelenverziert, auf dem Kamm sitzt der hohe Helmbusch auf. Der Helm dürfte aus zwei Kalottenhälften zusammengesetzt sein und wird unten durch einen umlaufenden Reif zusammengehalten. 31. Constantin L, Solidus von Ticinum, geprägt ca. 316 n. Chr., RIC 48 (ehemals Sammlung Trau, Wien): Vs. CONSTAN - TINVS P F AVG, behelmte Büste rechts. Der einfache, eng am Kopf anliegende Helm hat einen Mittelkamm, der mit Kugelkopfnieten deutlich versehen ist. 32. Constantin L, Follis von Lugdunum, geprägt ca. 319/320 n.Chr., RIC 66 (Staatliche Münzsammlung München): Vs. CONSTANTIN - VS AVG, gepanzerte, behelmte Büste nach links. Die eng anliegende Helmkalotte scheint durch Edelsteine verziert zu sein, unten läuft ein Reif um. In der Mitte ist die Kalotte seitlich durch ein Querband verstärkt oder zusammengenietet. Der Helm hat Wangenklappe und Nackenschutz, den Kamm schmückt ein kurzer Federbusch. 33. Constans, 337/351, Goldmedaillon von Aquileia, Gnecchi, Medaglioni Romani, Milano 1912, Nr. 12 (Staatliche Museen Berlin): Rs. VICTORIA AVGVSTI NOSTRI, der Kaiser mit einer Knieenden und einem Gefangenen zu Füßen, von Victoria bekränzt, in voller Rüstung mit Helm, Schild mit Löwenkopf und Lanze. Der glatte Helm mit Wan-

genklappen und Nackenschutz (vgl. Bildausschnitt) hat auf dem Kamm einen Federbusch ähnlich dem Medaillon des Constantin I. (Nr. 30). 34. Julianus III., 361/363, Centenionalis von Rom, LRBC 695 (Staatliche Münzsammlung München): Vs. D N FL CL IVLIANVS P F AVG, Büste im Schuppenpanzer nach links mit Helm, Schild und Lanze. Der seitlich an der Kalotte unverzierte Helm ist mit dem Perldiadem geschmückt, am Kamm ist ein kurzer Federbusch angebracht. 35. Gratianus, Maiorina von Constantinopolis, geprägt 378/383 n. Chr., RIC 52 (a) (Staatliche Münzsammlung München): Vs. D N GRATIANVS P F AVG, behelmte Büste rechts mit Panzer und Paludamentum, Schild und Lanze. Typologisch entspricht der mit Perldiadem geschmückte Helm völlig dem des lulianus III. (Nr. 33). 36. Valentinian II., Maiorina von Constantinopolis, geprägt 383/388 n. Chr., RIC 79 (a) (Staatliche Münzsammlung München): Büstentyp und Helm entsprechen ganz dem des Gratianus (Nr. 34). 37. Honorius, Solidus von Ravenna, geprägt ca. 422 n. Chr., Coh. 73 (Privatbesitz): Vs. D N HONORIVS P F AVG, behelmte Büste von vorn mit Panzer, Paludamentum, Schild und Lanze. Der Helm trägt das Diadem, der Kamm ist bis zum Mitteljuwel des Diadems herabgezogen und trägt wohl kurze Federn. 38. Maiorianus, 457/461, Solidus von Arelate, Coh. l (Staatliche Münzsammlung München): Vs. D N IVLIVS MAIORIANVS P F AVG, behelmte, gepanzerte Büste rechts mit Paludamentum, Schild und Lanze. Der diademgeschmückte Helm hat einen deutlich abgesetzten Mittelkamm, vielleicht mit Nieten oder kurzen Federn. 39. Theodosius II., 408/450, Solidus von Constantinopel, J. Tolstoi, Monnaies Byzantines l, (1912) Taf. 5, 32 (Staatliche Münzsammlung München): Vs. D N THEODOSIVS P F AVG, gepanzerte Büste von vorn mit Helm, Schild und Lanze. Der Helm trägt einen Kamm, vergleichbar den bisherigen spätrömischen Darstellungen, doch scheint die Helmkalotte aus einem einzigen Stück getrieben zu sein, da keine Mittelnaht erkennbar ist. 40. lustinianus L, 527/567 n. Chr., Goldmedaillon, J. Toynbee, Roman Medaillons (1944) Taf. 49, 3 (ehemals Cabinet des Medailles, Paris): Vs. D N IVSTINIANVS P P AVG, gepanzerte Büste mit Paludamentum von vorn mit Helm, Schild und Lanze, hinter dem Kopf der Nimbus. Der Helm gehört eindeutig zu dem hier behandelten Helmtyp. Er ist detailliert wiedergegeben, da die Größe des Medaillons eine sehr exakte Darstellung ermöglichte. Um den Rand läuft unten das Perldiadem mit dem Mitteljuwel. Darüber erkennt man noch ein um die Kalotte laufendes, zackenartiges Ornament. An der Stirnseite ist eine mit Nieten oder Juwelen ver-

Numismatische Zeugnisse zu den spätrömischen Gardehelmen zierte Spange angebracht, auf der offensichtlich der Helmkamm mit einem hohen Busch aufsitzt. Rs. SALVS ET GLORIA ROMANORVM. Victoria mit Tropaion geht vor dem berittenen Kaiser her. Er trägt ganz offensichtlich denselben Helm wie auf der Vs. des Medaillons. 41. Valentinianus L, Solidus von Trier, 367/375 n. Chr., RIC 16 (b), (Privatbesitz Franken): Vs. D N VALENTINI - ANVS P F AVG, Büste links im Kettenpanzer mit Helm, Schild und Lanze. Der eng anliegende Helm ohne Wangenklappen und Nakkenschutz schließt unten mit dem Diadem ab. In der Mitte läuft über die gesamte Kalotte der Kamm, den kurze Federn zu schmücken scheinen. Seitlich

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an der Kalotte befinden sich in symmetrischer Verteilung sternartige Gebilde, wohl der Edelsteinschmuck des Helmes. 42. Valentinianus L, Solidus von Thessalonica, ca. 367/375 n. Chr. RIC S. 173, Anm. (Mus. Dortmund): Vs. D N VALENT - INIANVS AVG, Ausrüstung mit Helm des Kaisers wie bei Nr. 41. Relativ grober Stil, aber wohl nicht eine Barbarisierung im Sinne einer Prägung außerhalb der Aufsicht der Münzstätte. 43. Valens, Solidus von Trier, 367/375 n. Chr., RIC 16 (c) (British Museum): Vs. D N VALEN S P F AVG, Ausrüstung mit Helm des Kaisers wie Nr. 41.

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

BMC W. Wroth, A Catalogue of the Greek Coins in the British Museum. Catalogue of the Coins of Parthia (1903). G. Hill, A Catalogue of the Greek Coins in the British Museum. Catalogue of the Greek Coins of Arabia, Mesopotamia and Persia (1922). P. Gardner, Catalogue of Indian Coins in the British Museum. The Coins of the Greek and Scythic Kings of Bactria and India (1886).

Gobi R. Gobi, Sasanidische Numismatik (1968). LRBC R. Carson, J. Kent, P. Hill, Late Roman Bronze Coinage (1960). RIC P. Bruun, The Roman Imperial Coinage 7: Constantine and Licinius, A. D. 313-337 (1966). J. Pearce, The Roman Imperial Coinage 9: Valentinian I. to Theodosius I. (1951). Coh. H. Cohen, Description historique des monnaies frappees sous l'empire romain 1-82 (1880-1892).

ROBERT KOCH, HEILBRONN SPÄTKAISERZEITLICHE

FIBELN AUS SÜDWESTDEUTSCHLAND

Südlich des römischen Kastells Böckingen wurde 1937 durch Zufall ein germanisches Skelettgrab der späten Kaiserzeit entdeckt, das der verehrte Jubilar kurz darauf publizierte1. Die vorbildliche Vorlage des Grabfundes ist heute umso wertvoller, als die Fundstücke durch Kriegseinwirkung stark beschädigt wurden oder ganz verloren gingen. Als Trachtbestandteil enthielt das Grab von Bökkingen u. a. eine Ringfibel mit einer trapezförmigen Platte, einen nicht sehr häufigen Fibeltyp also, der aufgrund seiner auffallenden Form in der Zwischenzeit mehrfach die Aufmerksamkeit auf sich zog. Dennoch mag es nützlich sein, ihm erneut Beachtung zu schenken, da sich dank der verschiedenen Publikationen und Zusammenstellungen von Vergleichsstücken2 jetzt einige regionale Gruppen abzeichnen und das Auftreten und die Verbreitung der Ringfibeln in der römischen Kaiserzeit deutlicher erkennbar werden3. Charakteristisch für die Böckinger Ringfibel (Abb. 1,1) ist nicht nur die dreieckige Ansatzplatte, sondern auch deren Verzierung mit Gruppen und Reihen von kleinen Würfelaugen. Dies fällt umso mehr auf, wenn man die genau vergleichbaren Stücke zu Rate zieht, von denen J. Werner bereits die Exemplare von Mainz, Rossen und Wischroda anführte. In der Zwischenzeit sind weitere Funde von Hettstadt bei Würzburg (Abb. l, 2), Merseburg, Nürnberg-Ziegelstein, Stößen und vom Runden Berg bei Urach bekannt geworden. Hinzurechnen darf man auch die Fibel aus Zimmern bei Bad Langensalza (Abb. 1,4), die in der Verzierung ein wenig abweicht, sowie ferner ein stark abgeriebenes Exemplar von Jesingen bei Nürtingen (Abb. l, 6), das durch seinen Würfelaugendekor mit der Böckinger Fibel übereinstimmt, deren Ansatzplatte aber zu einer schmalen Leiste mit stark geschwungenen Kanten verändert ist4. Die angeführten Vorkommen bilden in ihrer Verbreitung eine geschlossene Gruppe (Abb. 2), die Süddeutschland und das mitteldeutsche Saalegebiet umfaßt. Nur die Ringfibeln von Annecy in Sa1

Germania 22, 1938, 114-117 Abb. 1. H. Dannheimer, Die germanischen Funde der späten Kaiserzeit und des frühen Mittelalters in Mittelfranken. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit Ser. A 7 (1962) 25 (der dort Anm. 2 genannte Fundort „Predice" ist zu streichen; nach freundlicher brieflicher Auskunft des Arheoloski Muzej Zagreb stammen die dort vorhandenen Ringfibeln aus Siscia; predice ist dagegen das kroatische Wort für Ringfibel). W. Nowothning, Nachr. aus Nieders. Urgesch. 39, 1970, 136 ff.; H. Zimmermann, Neue Ausgrabungen und Forschungen aus Nieders. 7, 1972, 185 ff.; A. Böhme, Saalburg-Jahrb. 29, 1972, 46; V. Lanyi, Acta Arch. Hungarica 24, 1972 passim. - Für Auskünfte, Hinweise auf Literatur oder Überlassung von Zeichnungen und unpublizierten Fundstücken habe ich zu danken: A. und H. W. Böhme (Mainz), M. Burg (Hagenau), R. Christlein (Heidelberg), K. Eckerle (Karlsruhe), H.-J. Engels 2

(Speyer), U. Fischer (Frankfurt), P. Glüsing (Münster), G. liiert (Worms), W. Jobst (Wien), E. Keller (München), G. Krähe (Augsburg), M. Martin (Äugst), W. Menghin (Nürnberg), Chr. Pescheck (Würzburg), H. Uenze (München), G. Ulbert (München), H. Vierck (Münster), R. Wolf (Stuttgart), I. Huld-Zetsche (Frankfurt) sowie dem Museum Annecy, dem Museo Civico Udine, dem Arheol. Muzej Zagreb und dem Nationalmuseum Budapest. 3 Zu älteren und späteren Formen von Ringfibeln vgl. E. Fowler, Proc. Prehist. Soc. N.S. 26, 1960, 149 ff.; Arch. Journal 120,1963, 98 ff. 4 Zuletzt: R. Roeren, Jahrb. RGZM. 7, 1960, 261 Nr. 164. - In der Form vergleichbar ist eine Ringfibel aus Lauriacum: Der Rom. Limes in österr. 9 (1908) 111 Abb. 54, 7. -Vgl. dazu künftig: W. Jobst,Die römischen Fibeln aus Lauriacum. Forsch, in Lauriacum 10, 1975.

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Abb. 1. Spätkaiserzeitliche Ringfibeln. l Böckingen. 2 Hettstadt. 3 Annecy. 4 Zimmern. 5 Londesborough. 6 Jesingen. 7 Höfen am Neckar. 8 Kaltenengers. 9 Worms. 10. 11 Sisak-Siscia. 12 Budapest-Aquincum. 13 Kablow. M. 2 : 3.

Spätkaiserzeitliche Fibeln aus Südwestdeutschland

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voyen (Abb. l, 3) und von Londesborough bei York in England (Abb. l, 5) liegen weit außerhalb dieses Verbreitungsbereiches, und beide Stücke wurden vielleicht erst durch sekundäre Verwendung weiter verschleppt. Das Exemplar von Londesborough wurde z. B. in einem angelsächsischen Frauengrab des 6. Jahrhunderts gefunden; ob das Stück schon in spätantiker Zeit nach England gelangte, ist deshalb ungewiß5. Mit Recht hatte Werner bei der ersten Vorlage des Böckinger Grabes auf die ähnliche Ringfibel aus Höfen am Neckar hingewiesen (Abb. l, 7), die hier erstmals abgebildet wird6. Aufgrund der trapezförmigen Ansatzplatte am Nadelschlitz zählt sie zweifellos zu den verwandten Vergleichsstücken. Durch die beiden seitlich angegossenen Platten unterscheidet sie sich aber deutlich von ihr; weiterhin fehlt auch der für die Ringfibeln des Typs Böckingen charakteristische Würfelaugendekor. Ein Gegenstück ist bis jetzt nicht bekannt. Nicht an der Seite, sondern gegenüber dem Nadelschlitz trägt eine Ringfibel aus Kaltenengers bei Neuwied (Abb. l, 8), die zusammen mit merowingerzeitlichen Funden aus dem Kunsthandel erworben wurde, eine zweite Platte; die Ecken beider Platten sind durch die lange, wohl auch sekundäre Verwendung sehr stark abgerieben7. Durch den Würfelaugendekor in der Mitte der Platten erinnert sie zwar an die Ringfibeln des Typs Böckingen. Wesentlich näher steht sie aber der bisher einmaligen Ringfibel von Walheim bei Alzey8, die ebenfalls zwei Ansatzplatten besitzt, die allerdings schmal und leistenförmig sind. Auch in der Verzierung stimmen beide Fibeln überein und ähneln einer weiteren von Ghlin-lez-Mons in Belgien9. Bestimmend für den Dekor ist neben den halben und ganzen Würfelaugen eine Perlleiste parallel zu der langen Kante. Obwohl alle drei Stücke nachweisbar oder vermutlich in merowingerzeitlichen Gräbern gefunden wurden, kann ihre Herstellung jedoch nur im Zusammenhang mit den spätkaiserzeitlichen Ringfibeln gesehen werden. Dies wird besonders deutlich, wenn man die Verzierung auf der Fußplatte einer Stützarmfibel aus Tongern10 mit dem Dekor auf der Ringfibel von Kaltenengers vergleicht. Auf beiden Fibeln ist eine Perlleiste parallel zur längsten Seite eingraviert, ferner erscheinen Reihen von halben Würfelaugen entlang den übrigen Kanten. Auch die Ringfibel aus den Pyrmonter Brunnenfund11 zählt trotz der trapezförmigen Ansatzplatte gleichfalls nur zu den verwandten Stücken, da sie wie eine ähnliche Ringfibel aus einem merowingischen Grabfund von Worms-Horchheim (Abb. l, 9) lediglich mit Punktreihen verziert ist12. Bei der Kartierung wurden diese Exemplare ebenso wie die völlig glatten nicht berücksichtigt. Weitere Ringfibeln mit trapezförmiger Ansatzplatte aus Niedersachsen haben vor kurzem W. Nowothnig und H. Zimmermann veröffentlicht13. Die Ringfibeln von Bentumersiel, Hameln und Westdorf können aber nicht zum Typ Böckingen gerechnet werden; vielmehr sind sie untereinander sehr ähnlich, und ihre breit-trapezförmigen Ansatzplatten sind stets durch Randkerben und kantige, parallel zur längsten Seite laufende Grate gegliedert. Die drei Vorkommen belegen vielmehr eine in Nordwestdeutschland verbreitete Variante der Ringfibeln mit Nadelhemmen und trapezförmiger Ansatzplatte. Zwei mecklenburgische Ringfibeln aus Preten bei Hagenow und Röbel bei Neubrandenburg, die sich ebenfalls sehr ähneln und auf ihrer schmalen trapezförmigen Ansatzplatte mit einem einzigen 6

Diese Möglichkeit deutete M. Swanton auf Grand der literarischen Überlieferung an: The Antiqu. Journal 47, 1967,47 f. « Zuletzt erwähnt: Roeren (wie Anm. 4) 259 Nr. 145. 7 German. Nationalmuseum Nürnberg, Inv.-Nr. FG 387. 8 Mainzer Zeitschr. 35, 1940, 14 Abb. 2, 32; J. Werner, Das alamann. Fürstengrab von Wittislingen.

Münchner Beitr. z. Vor- u. Frühgesch. 2 (1960) 42 Abb. 18,32. 9 W. Lassance, Arch. Belgica 28,1956,33 ff. Abb. 3,4. 10 F. Reeder, Jahrb. d. Provinzialmus. Hannover N. F. 5,1930 Taf. 12, 3. 11 Zuletzt: Nowothnig (wie Anm. 2) 136 ff. 12 Wormsgau 3, l, 1951, 45 (erwähnt). 13 Vgl. Anm. 2.

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großen Würfelauge verziert sind, erlauben die Vermutung, daß auch nördlich der unteren Elbe eine eigene, kleinräumig verbreitete Form von Ringfibeln hergestellt wurde (Abb. 2). Die Ausbildung von regionalen Gruppen wurde durch das angewendete Gußverfahren wesentlich begünstigt. Zwar unterscheiden sich die einzelnen Vorkommen des Typs Böckingen in ihrer Form beträchtlich, so daß man fast annehmen möchte, sie seien im Verfahren der verlorenen Form hergestellt worden. Die beiden Fibeln von Bentumersiel und Westdorf14 gleichen sich aber so sehr, daß sie wohl aus derselben Gußform stammen dürften. Man darf somit voraussetzen, daß Model oder Gußformen aus beständigem Material15 verwendet wurden, wie es für die flachen Ringfibeln auch eher verständlich ist. Unter den süddeutschen Vorkommen des Typs Böckingen lassen sich allerdings bisher keine gußgleichen Exemplare ausfindig machen. Vielleicht wurden die Rohgüsse stärker überarbeitet und dabei auch in ihrer Form verändert. Der überwiegende Teil der bisher erwähnten Ringfibeln wurde, soweit man sie nicht sogar in zweiter Verwendung angetroffen hat, lediglich als Einzel- oder Streufund geborgen. Allein der Grabfund von Böckingen sichert die Zugehörigkeit zur Männertracht. Gleiche Verwendung läßt sich auch an spätrömischen Gräbern aus Raetien und Pannonien beobachten; dort trugen die Männer die Ringfibeln als Einzelstücke meistens auf der rechten Schulter16. Tragweise auf der linken Schulter ist recht selten17. Nur ganz vereinzelt wurden sie auch von Frauen verwendet; den einzigen gut beobachteten Beleg hierfür bietet das Frauengrab 284 von Sagvar in Ungarn18. Die Beobachtung, daß Ringfibeln in der späten Kaiser/eit zur Männertracht gehören, ist vor allem für die Vorkommen aus merowingerzeitlichen Reihengräbern wichtig, da sie hier überwiegend in Frauengräbern auftauchen. Natürlich ist es zunächst verwunderlich, daß so viele Ringfibeln in nachrömischen Grabverbänden angetroffen wurden. Durch ihre Form eignen sie sich aber für die in merowingischer Zeit beliebten Gürtelgehänge der Frauen19 ebenso gut wie auch andere römische oder prähistorische Ringe. Sichere Beobachtungen aus merowingischen Reihengräbern, die bestätigen könnten, daß die hier besprochenen Ringfibeln in Trachtlage aufgefunden wurden und somit an der Kleidung verwendet waren, fehlen bisher. Für chronologische Schlußfolgerungen sind solche Fundkombinationen selbstverständlich wertlos. Ein Auftreten von zwei voneinander unabhängigen Gruppen im 3.-4. und im 7. Jahrhundert20 ist daraus ebenso wenig abzuleiten wie die vor kurzem ohne quellenkritische Überprüfung der einzelnen Fundkomplexe geäußerte Meinung, die geschlossenen Ringfibeln mit Nadelhemmen seien ohne erkennbare Formenentwicklung vom 3. bis zum Ende des 7. Jahrhunderts verwendet und her14

Zimmermann (wie Anm. 2) 192 Abb. 3,1-2. Zu Gußformen von Ringfibeln aus Irland und England vgl. J. Raftery, Frühe Irische Kunst (1959) Abb. 111; Arch. Journal 120,1963, 98 ff. 113 Abb. 4, 6. 16 Zuletzt zusammenfassend: E. Keller, Die spätröm. Grabfunde in Südbayern. Münchner Beitr. z. Vor- u. Frühgesch. 14 (1971) 95 f. 17 z. B. Lauriacum-Espelmayrfeld Grab 58, anthropologisch als Mann bestimmt: Ä. Kloiber, Die Gräberfelder von Lauriacum. Das Espelmayrfeld. Forsch, in Lauriacum 8, 1962, 63. 18 A. Burger, Acta Arch. Hungarica 18, 1966, 129 Abb. 114, 284. 19 Einen Beleg hierfür bildet Zimmermann (wie Anm. 2) 200 Taf. 26, 3 selbst ab; die bisher einmalige Ringfibel von Liebenau, die in einem merowingerzeitlichen Skelettgrab (des 6. Jahrhunderts?) gefunden 15

wurde und auf Grund stilistischer Erwägungen wohl um 400 hergestellt wurde (vgl. z. B. S. ChadwickHawkes, 43.-44. Ber. RGK. 1962-63, 217 Abb. 20, 3), war offenbar an einem Eisenring angerostet und demnach wohl an einem Gürtelgehänge verwendet. - Auch die Ringfibel von Hettstadt lag zusammen mit Spinnwirtel, Messer und Eisenringen zu beiden Seiten des oberen Teils des linken Oberschenkels und gehörte zu einem Gehänge oder zu einem Tascheninhalt. Die bronzene Scheibenfibel lag dagegen korrekt in Trachtlage am Hals, zwischen den beiden Schlüsselbeinen. Auch Omegafibeln treten in sekundärer Verwendung auf: vgl. O. Tschumi, Urgeschichte des Kantons Bern (1953) 399 f. Abb. 231. Niemand würde die Omegafibeln deswegen als eine bis in merowingische Zeit weiterlebende Form betrachten. 20 Nowothnig (wie Anm. 2) 140.

Spätkaiserzeitliche Fibeln aus Südwestdeutschland

231

Abb. 2. Verbreitung spätkaiserzeitlicher Ringfibeln. Typ Böckingen (schwarzes Dreieck), vgl. Abb. l, 1-5. Typ Hameln (schwarzes Rechteck). Typ Treten (schwarzes Quadrat). Typ Siscia (offenes Quadrat), vgl. Abb. l, 10. 11. Ringfibeln mit Delphinen (Punktkreis), vgl. Abb. l, 12. 13.

gestellt worden21. Gemessen an den zahlreichen heute bekannten merowingischen Reihengräbern sind die wenigen mit spätrömischen Ringfibeln verschwindend gering. Trotz dieser anders lautenden Vorschläge zur Datierung ist daran festzuhalten, daß die hier behandelten Ringfibeln zum spätkaiserzeitlichen Formengut zu zählen sind. Ob sie allerdings in der Zeit um 300 in Gebrauch waren, wie Werner vermutete, bedarf erneut einer Überprüfung. Da im Grab von Böckingen keine weiteren chronologisch verwertbaren Beifunde vorhanden waren, liefert auch heute noch allein die Ringfibel von Mainz den einzigen Hinweis; sie wurde zusammen mit Münzen constantinischer Zeit in einer Grube gefunden und gelangte somit erst im Laufe der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts in den Boden. Die Ringfibel von Jesingen liefert vielleicht ein weiteres 21

Zimmermann (wie Anm. 2) 193.199.

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Argument; ihre schmale geschwungene Ansatzplatte erinnert sehr stark an Stützarmfibeln mit breiter Fußplatte aus der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts22 und an weitere Armbrustfibeln ohne Stützarme, die aber ebenfalls einen breiten bandförmigen Bügel und eine stark verbreiterte Fußplatte mit geschwungenen oberen Kanten besitzen. Im Gräberfeld von Pritzier treten diese Fibeln im jüngsten Horizont, also nicht vor der Mitte des 4. Jahrhunderts auf23. Der Formenvergleich über weite Entfernungen hinweg soll jedoch keineswegs überbewertet werden, erscheint aber möglich, weil einzelne Stützarmfibeln auch aus Süddeutschland bekannt sind24. Da die bisher besprochenen Gruppen von Ringfibeln überwiegend in dem von germanischen Stämmen bewohnten westlichen Teilen Mitteleuropas verbreitet sind, empfiehlt es sich, noch weitere verwandte Typen von Ringfibeln aus den römischen Provinzen heranzuziehen. Sie ergänzen nicht nur das Verbreitungsbild der Ringfibelmode, sondern sind auch für die chronologischen Fragen nicht unwichtig. Aus Zivilsiedlungen und Militärlagern Noricums und Pannoniens sowie aus ihren Gräberfeldern ist eine Anzahl von geschlossenen Ringfibeln bekannt, deren Nadelschlitz durch einen schmalen, meist rechteckigen und nur selten leicht trapezförmigen Rahmen umgeben ist. Fast immer handelt es sich um schmucklose Stücke, die nur durch wenige Randkerben und parallele Linien verziert sind25. Trachtbeobachtungen zu dieser Fibelgruppe wurden nur für Grab 5 von Oggau im Burgenland beschrieben, wo die Ringfibel unterhalb des Kinns lag. Datierbare Fundkomplexe waren nach der Literatur nicht zu ermitteln. Ob mehrere, bisher nicht abgebildete Exemplare aus Ungarn, die man in münzdatierten Gräbern fand26, zu diesem Typ gehören, bleibt offen. Die mitgefundenen Münzen des Probus, Licinius und Constantius II lassen vermuten, daß diese Gräber in das ausgehende 3., überwiegend aber in das 4. Jahrhundert gehören. Außerhalb des mittleren Donauraumes tritt dieser Ringfibeltyp selten auf. In den Westen gelangten nur wenige Stücke, so z. B. auf die Saalburg27 und nach Verulamium in Südengland. Den Ringfibeln mit rechteckigem Fortsatz anzuschließen ist eine Fibel aus Aquincum (Abb. l, 12), deren Ringkörper beidseits des Nadelschlitzes zu zwei sich gegenüber stehenden Delphinen ausgestaltet ist. Eine vergleichbare Fibel mit nur wenig stilisierten Delphinen, die in die germanische Siedlung von Kablow in Brandenburg gelangte (Abb. l, 13), ermöglicht es, eine Ringfibel mit völlig geometrischem Umriß aus dem spätrömischen Gräberfeld von Rust im Burgenland den beiden Stükken anzuschließen28. Vor allem die Ringfibel aus Aquincum ist wegen ihrer präzisen Darstellung der Delphine chronologisch außerordentlich wichtig; sie entspricht in ihrem Aufbau ganz jenen spätrömischen Gürtelschnallen, deren Schnallenrahmen aus zwei sich anblickenden Delphinen mit ge22

Roeder (wie Anm. 10) 74 ff. Abb. 42 (Hemmoor). 47 (Moncetz). 54 (Westerwanna). - Werner, Arch. Geographica l, 1950/51, 30 Karte 7. - N. Aberg, Den Historiska Relationen mellan senromersk tid och Nordisk folkvandringstid (1956) 135 ff. - Vgl. künftig: H. W. Böhme, Germanische Grabfunde des 4. und 5. Jahrh. n. Chr. zwischen Elbe und Loire (im Druck). 23 E. Schuldt, Pritzier. Ein Urnenfriedhof der späten römischen Kaiserzeit in Mecklenburg (1955) 65 ff. Abb. 316-321. 24 z. B. Kasendorf bei Kulmbach: M. Hundt, Mannus 31,1939, 452 ff. 25 Eine Ausnahme bildet nur die silberne Ringfibel mit Inschrift von Sv. Juraj in Dalmatien: Vjesnik Zagreb N. S. 4, 1899/1900, 183 Abb. 68. - Eine Ringfibel ohne Fundort im Brit. Museum besteht aus Gold: F.

Marshall, Catalogue of the Jewellery, Greek, Etruscan and Roman. British Museum (1911) 2877 Taf. 75. 26 Intercisa I. Arch. Hungarica 33,1954, 98. 27 Zu der zweiten Ringfibel von der Saalburg (A. Böhme, Saalburg-Jahrb. 39, 1972, Taf. 12, 1232) sind gleiche Gegenstücke bekannt von: Carnuntum, Der Rom. Limes in österr. 4 (1903) 119 Taf. 60, 5. Rust im Burgenland, Jahresh. österr. Arch. Inst. 45, 1960, 134 Abb. 59. Savaria-Szombathely, Arch. Ert. 1898, 155 Abb. 6,1.3, ferner Intercisa I. Arch. Hungarica 36,1957, 456 f. Abb. 99,10. 28 Zwei Ringfibeln mit Delphindarstellungen in der durchbrochenen Ansatzplatte bleiben hier unberücksichtigt: Intercisa, Grab 79, Arch. Hungarica 33, 1954, 97 Taf. 25, 1. Siscia-Sisak, Strena Buliciana (1924) 248 Abb. o. Nr.

Spätkaiserzeitliche Fibeln aus Südwestdeutschland

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öffnetem Maul gebildet wird. Diese Delphinschnallen kamen anscheinend um die Mitte des 4. Jahrhunderts auf, wurden aber auch noch zu Beginn des 5. Jahrhunderts hergestellt29. Faßt man die an den verschiedenen Gruppen geschlossener Ringfibeln gewonnenen Indizien zusammen, so muß man die Möglichkeit einräumen, daß die Fibeln des Typs Böckingen vielleicht erst während der ersten und der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts angefertigt wurden30. Eine Entscheidung darüber könnten freilich nur einige neue Grabfunde mit mehreren, chronologisch verwertbaren Beigaben oder stratigraphisch fixierte Neufunde erbringen. Sicherlich schließen die Ringfibeln des 4. Jahrhunderts an die älteren limeszeitlidien Ring- und Omegafibeln an, die in ihren jüngsten Ausprägungen durch reich profilierte silberne Exemplare mehrmals in den Schatzfunden der Zeit um 233 belegt sind31. Die weitere Entwicklung zu den spätrömischen Formen läßt sich aber im Moment an Hand datierbarer Fundstücke noch nicht aufzeigen. Eine bisher einmalige Ringfibel von Straubing32 darf vielleicht als eine der möglichen Übergangsformen gelten. Als wesentliche Beobachtung muß man das zahlreiche Auftreten der Ringfibeln des Typs Bökkingen in Süddeutschland festhalten. Die Verbreitung ähnelt somit jener der scheibenförmigen Riemenzungen mit Tierkopfprotomen33, die allerdings mehrfach im nördlichen Rheingebiet vorkommen, dafür aber in Mitteldeutschland fehlen. Ohne weitere Indizien bleibt es freilich fraglich, ob die Verbreitung der Ringfibeln des Typs Böckingen tatsächlich aussagekräftig genug ist, um ein eigenständiges frühalamannisches Metallhandwerk in Südwestdeutschland belegen zu können. Einen Hinweis in diese Richtung konnte vor kurzem R. Christlein aufgrund eines älteren Lesefundes vom Runden Berg bei Urach erbringen34, nämlich durch ein nicht überarbeitetes Gußstück einer Armbrustfibel des Typs Almgren 174-177. Die Gußnaht ist an der massiven Fibel noch vorhanden, und der dicke Bügel ist auf der Unterseite nicht flach, sondern auf beiden Seiten facettiert. Gleich große Gegenstücke, die in derselben Gußform hergestellt sein könnten, sind bisher nicht bekannt. Doch auch das konventionelle Verfahren des formenkundlichen Vergleiches erbringt an den süddeutschen Vorkommen der weit verbreiteten Fibelgruppe Almgren 174-177 ebenfalls Hinweise auf eine Fibelherstellung bei den süddeutschen Germanen der späten Kaiserzeit. Im Frauengrab 2/1951 von Gerlachsheim bei Tauberbischofsheim35 wurde eine kleine bronzene Armbrustfibel gefunden (Abb. 3,1), die mit der genannten Fibelgruppe verwandt ist. Von klassischen Exemplaren der Gruppe Almgren 174-177 unterscheidet sie sich aber durch den annähernd parallelseitigen Fuß, der in einem kurzem Stummel endet. Der dicke, massive Fibelbügel ist auf beiden Seiten facettiert, und oberhalb der Spirale sind in den Bügel zwei Gruppen von schräglaufenden Strichen fischgrätenartig eingraviert. Zu dieser Fibel läßt sich bisher nur ein einziges Gegenstück aus Veringenstadt (Abb. 3, 2) nachweisen36. Die Fibel besteht ebenfalls aus Bronze, und ihre Fußplatte endet gleichfalls in einem stumpfen Stummel, ist aber breiter und annähernd rautenförmig. Daß sie mit der Fibel aus Gerlachsheim zusammengesehen werden muß, unterstreichen vor allem die Strichgruppen, mit de29

M. Martin, Römerhaus und Museum Äugst, Jahresber. 1967,3 ff. 80 Etwa in die gleiche Zeit, in die Jahre um 400, konnten vor kurzem die vorwiegend in Friesland verbreiteten Ringfibeln mit Tierkopfprotomen datiert werden: Zimmermann (wie Anm. 2) 198 ff. 31 Zuletzt mit älterer Lit. Böhme (wie Anm. 27) 46. 32 N. Walke, Das röm. Donaukastell Straubing-Sorviodurum (1965) 148 Taf. 97, 7; die Ringfibel wurde

von Walke sicher zu Unrecht mit latenezeitlichen Knotenringen verglichen. "Werner, Bonner Jahrb. 158, 1958, 390 Abb. 15, Bl. 34 R. Christlein, Ardi. Korrespondenzbl. l, 1971, 47 ff. Abb. l, 1. 35 A. Dauber, Bad. Fundber. 21, 1958, 139 ff. u. Taf. 49,8. 39 Württ. Landesmuseum Stuttgart, Inv.-Nr. 10808.

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Abb. 3. Spätkaiserzeitliche Armbrustfibeln aus Südwestdeutschland. l Gerlachsheim. 2 Veringenstadt. 3 Gammertingen. 4 Ulm. 5 Bodman. 6 Forchtenberg-Wülfmgen. 7 Jagsthausen. 8 Runder Berg bei Urach. 9 Goldberg am Ries. M. 2: 3.

nen nicht nur der Bügel, sondern auch die Fußplatte verziert ist. Ähnlicher, bescheidener Dekor auf dem Bügel begegnet auch an zwei Armbrustfibeln von Bodman in Südbaden37 (Abb. 3, S) und Forchtenberg am Kocher38 (Abb. 3, 6). Beide Stücke sind aus Bronze gegossen und besitzen einen kräftigen, facettierten Bügel. Eine weitere Armbrustfibel aus Ulm39 (Abb. 3,4) weicht im Verzierungsschema ab; ihr Bügel ist durch die üblichen langen Randfacetten verziert; auf dem rautenförmigen Fuß ist dagegen ein Diagonalkreuz und darunter eine fischgrätenartige Strichgruppe eingraviert. Ähnlichen Strichdekor sucht man auf den zahlreichen Armbrustfibeln des Typs Almgren 174-177 aus Mittel- und Norddeutschland vergebens40. Soweit sich nach der Literatur überblicken läßt, be37

Erwähnt bei Roeren (wie Anm. 4) 257 Nr. 111. F. Garscha, Die Alamannen in Südbaden. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit A 11 (1970) 18 Taf. 9, 11. 38 Siedlungsfund aus dem Bereich der Wüstung Wülfingen, vgl. dazu G. Fehring, Chäteau Gaillard 3, 1969, 48 ff. 39 P. Goessler-W. Veeck, Museum der Stadt Ulm. Verzeichnis der vor- und frühgeschichtlichen Altertümer

(1927) 94 Nr. A 13, 2. - Roeren (wie Anm. 4) 259 Nr. 147. 40 Zwei mecklenburgische Armbrustfibeln von NeuKaliß, Grab 19 und von Häven, Grab 6 (H. SchachDörges, Die Bodenfunde des 3. bis 6. Jh. n. Chr. zwischen unterer Elbe und Oder [1970] 206. 214 u. Taf. 36,5 und 87,1) mit einzelnen Strichen parallel zum unteren Fußabschluß unterscheiden sich von den beschriebenen süddeutschen Vorkommen auch durch ihre Form

Spätkaiserzeitliche Fibeln aus Südwestdeutschland

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Abb. 4. Verbreitung von verzierten Armbrustfibeln in Südwestdeutschland. Dreieck = Abb. 3,1-2; Kreis = Abb. 3,4-6.

sitzen die Fibeln dort meistens einen dünnen, blechartigen Bügel. Die dicken Armbrustfibeln mit Verzierung auf Bügel und Fuß häufen sich dagegen in Süddeutschland (Abb. 4). Leider sind sie bisher recht selten. Auch die unverzierten Fibeln mit dickem Bügel, für die das Halbfabrikat vom Runden Berg bei Urach ein gutes Beispiel darstellt, treten gleichfalls vorwiegend in Süddeutschland, wenn auch nicht sehr häufig auf41. Eine seither unbeachtete Bronzefibel aus dem römischen Vicus von Jagsthausen (Abb. 3, 9) ergänzt die bis jetzt bekannte Zahl*2. In diesen Zusammenhang gehört auch eine ungewöhnliche Armbrustfibel aus Gammertingen (Abb. 3,3), die durch einen außerordentlich massiven Bügel und Fuß auffällt43. Ihr Fuß endet in einem profilierten Knopf, der an die Knöpfe von Bügelknopffibeln erinnert. Ein Gegenstück hierzu ist noch nicht bekannt. Auch bei Armbrustfibeln mit blechartigem Bügel scheint es süddeutsche Sonderformen zu geben. Vom Runden Berg bei Urach44 (Abb. 3, 8) und vom Goldberg am Ries45 (Abb. 3, 7) sind zwei Fibeln und haben offenbar nur einen dünnen blechartigen Bügel; mit den behandelten süddeutschen Stücken kann man sie deshalb nicht vergleichen. 41 Teilweise zusammengefaßt bei E. Keller, Bayer. Vorgeschbl. 35, 1970 150 ff. Karte Abb. 2; Nachträge dazu Christlein (wie Anm. 34) 47 ff. - Vereinzelt kommen massive Exemplare auch in Norddeutschland vor: J. Brandt, Das Urnengräberfeld von Preetz in Holstein (1960) Taf. 18, 56 b.

42 Lesefund zwischen 1911 und 1925: Slg. Krapf in Altbach am Neckar. 43 O.Paret, Hohenzollersche Jahresh. 7, 1940 Taf. 5 b, 7. Ein profilierter Endknopf am Fuß ist aber auch an älteren Fibeln mit hohem Nadelhalter geläufig: vgl. T. Kolnik, Slovenska Arch. 13, l, 1965,190 ff. Abb. 5-7. 44 Christlein (wie Anm. 34) 47 ff. Abb. l, 3. 45 Württ. Landesmuseum Stuttgart, Inv.-Nr. A 1724.

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Abb. 5. Leutkirch (Oberschwaben}. Spätkaiserzeitlicher Grabfund. M. 2 : 3.

mit rautenförmigem Fuß vorhanden, deren Bügel durch zwei Längsriefen gegliedert sind; die Rippe in der Mitte ist zusätzlich durch Querkerben verziert46. Trotz der engen Verbindungen zum ElbSaale-Gebiet zeichnen sich unter den spätkaiserzeitlichen Armbrustfibeln aus Süddeutschland eigenständige Gruppen ab. Dies erstaunt umso mehr, da der Fundbestand noch sehr klein ist. Die meisten der erwähnten Stücke sind Einzelfunde oder gehören nicht zu datierbaren Fundkomplexen. Chronologische Fragen, die für die klassischen Formen der Gruppe Almgren 174-177 viel diskutiert wurden47, sollen deshalb hier unberücksichtigt bleiben. Das münzdatierte Kindergrab 35 von Worms beweist aber, daß Armbrustfibeln in Süddeutschland noch in der 1. Hälfte des 4. Jahrhunderts in Gebrauch waren48. Ein weiteres Beispiel aus der Gruppe der Bügelknopffibeln, die in mehreren germanischen Frauenund Männergräbern der späten Kaiserzeit aus Süddeutschland in Paaren oder als Einzelstücke auftreten, soll noch besprochen werden. Die Vielfalt der Formen, besonders der kennzeichnenden Bügelknöpfe erschwert es, eindeutige Gruppen herauszufinden. Die erste zusammenfassende Bearbeitung durch E. Meyer49 verschafft zwar einen guten Überblick, kann aber bei vielen Einzelfragen nur als Ausgangspunkt für weitere Detailuntersuchungen dienen. Einer der wenigen frühalamannischen Grabfunde aus dem südlichen Württemberg, das Grab von Leutkirch (Abb. 5), enthält eine schwere Bronzefibel mit einem großen doppelkonischen Knopf50. Fibeln mit doppelkonischem Bügelknopf hat Meyer als Variante 3 in seine Serie IV aufgenom48

Die gleiche Verzierung begegnet auch an einer Fibel mit umgeschlagenem Fuß aus Kahrstedt bei Salzwedel (F. Kuchenbuch, Jahresschrift Halle 27,1938, 129 u. Taf. 29, 8) und an einer Fibel aus Großromstedt, Grab 24 (G. Mildenberger, Die Thüringischen Brandgräber der spätrömischen Zeit [1970] 114 u. Taf. 18, 24 b). - Das gleiche Verzierungsschema ist allerdings auch an späten limeszeitlichen Fibeln des 2. und der 1. Hälfte des 3. Jahrhunderts geläufig: vgl. Böhme (wie Anm. 27) 22 ff. Nr. 476 ff.

47

Zuletzt mit älterer Literatur: Kuchenbuch, Saalburg-Jahrb. 13, 1954, 30 ff. - Eine Neubearbeitung dieser Fibelgruppe durch M. Schulze als Dissertation (Bochum) ist im Druck. 48 Mainzer Zeitschr. 66,1971,154. 49 E. Meyer, Arbeits- u. Forschungsber. z. Sachs. Bodendenkmalpflege 8, I960, 216 ff. 50 Zuletzt mit älterer Literatur Roeren (wie Anm. 4) 248, Nr. 34. Vgl. hier Liste 2 Nr. 7.

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Abb. 6. Bügelknopffibeln mit doppelkonischem Knopf (Typ Leutkirch). l Niedermodern. 2 Königsbrunn. 3 Heilbronn. 4 Runder Berg bei Urach. 5 Fundort unbekannt, Mus. Frankfurt. M. 2:3.

men und kartiert51. Das von ihm festgestellte Verbreitungsgebiet ist sehr groß und reicht von der Schweiz bis nach Ostpreußen und Südnorwegen. Überprüft man die verwendeten Fundstücke, so muß man wahrnehmen, daß sehr unterschiedliche Fibeln zu dieser Gruppe zusammengefaßt wurden52. Kartiert wurde eigentlich das Vorkommen des doppelkonischen Bügelknopfes als Ziermotiv an verschiedenen Fibeltypen. Ein anderes Verbreitungsbild ergibt sich, wenn man die Fibel von Leutkirch als Prototyp wählt und ausschließlich Exemplare mit ihr vergleicht, die nicht nur einen glatten, gleichmäßig doppelkonischen, ungestielten Bügelknopf besitzen, sondern auch in Form und Proportion von Bügel und Fuß gut mit ihr übereinstimmen. 51

52

Meyer (wie Anm. 49) 230 Karte 4.

Die alpenländische Fibel von der Grepault bei Truns (Nr. 46) steht neben der ostpreußischen von Serappen mit einer Erweiterung in der Bügelmitte (Nr. 160) und der norwegischen von Slettebö (Nr. 162) mit

extrem langem Fuß; diese und die Nr. 2, 7, 30, 57, 62, 85, 125, 142, 148, 150, 182, 195, 219, 227, 228 und 231 von Meyer wurden für unsere Karte (Abb. 7) nicht verwendet. Audi Stücke mit facettiertem Kopf wurden nicht berücksichtigt.

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Ein genauer Vergleich führt zu der überraschenden Beobachtung, daß zwei Bügelknopffibeln von Niedermodern im Elsaß (Abb. 6,1) und von Königsbrunn bei Augsburg (Abb. 6,2) nicht nur annähernd gleich groß sind, sondern auch in ihrem ganzen Aufbau mit der Fibel von Leutkirch (Abb. 5,1) weitgehend übereinstimmen (vgl. Liste 2). Aus derselben Gußform stammen die drei Fibeln freilich nicht; auch ist die Verzierung des Fußes bei allen drei Stücken verschieden. Weitere vergleichbare Fibeln sind in Süddeutschland noch aus Heilbronn (Abb. 6,3) und Altendorf bei Bamberg bekannt. Dazu kommt ein Fragment vom Runden Berg bei Urach (Abb. 6, 4). Ein Exemplar aus Bamberg besitzt einen lang gestielten doppelkonischen Knopf und kann nur unter Vorbehalt zum Typ Leutkirch gerechnet werden. Aus dem mitteldeutschen Saalegebiet sind ferner zwei gute Gegenstücke von Körbelitz bei Magdeburg und Wansleben bei Eisleben bekannt, aus Mecklenburg schließlich je ein Einzelfund von Dallmin bei Perleberg und Renzow bei Gadebusdi. Eine in der Form entsprechende Fibel wurde schließlich in Keszthely am Plattensee in sekundärer Verwendung in einem awarischen Grab gefunden. Mit 5,5 cm Länge ist sie erheblich kleiner als die sonstigen Stücke, entspricht in der Größe aber wohl einem Fibelfragment aus Zeithain bei Riesa. Nur wenig größer ist eine fundortlose Fibel im Museum Frankfurt (Abb. 6, 5). Trotz geringfügiger Unterschiede stimmen die angeführten Exemplare in der Form gut überein und werden vor allem durch den großen doppelkonischen Bügelknopf als gemeinsames, kennzeichnendes Merkmal verbunden53. Die Verbreitung der Fibeln des Typs Leutkirch (Abb. 7) umfaßt somit den in spätrömischer Zeit von Germanen bewohnten Teil Süddeutschlands und reicht über Mitteldeutschland bis nach Mecklenburg. Das stärkere Auftreten in Süddeutschland und das Vorkommen von drei außergewöhnlich ähnlichen Exemplaren im Südwesten des deutschen Sprachraumes legt die Vermutung nahe, daß zumindest ein großer Teil dieser Fibeln auch in Süddeutschland gegossen wurde. Bestärkt wird dieser Verdacht, da in Mecklenburg nur auffallend wenige Bügelknopffibeln mit doppelkonischem Knopf vorkommen, obwohl Funde der späten Kaiserzeit dort weit zahlreicher sind als in Süddeutschland und der gesamte Bestand an spätkaiserzeitlichen Fibeln sich dank neuer Publikationen gut überblikken läßt. Die erheblich zahlreicheren süddeutschen Vorkommen des Typs Leutkirch können somit kaum alle von der unteren Elbe nach Süddeutschland gebracht worden sein. Nicht beantworten läßt sich die Frage des Herstellungsgebietes für eine zweite Bügelknopffibel aus Oberschwaben (Abb. 8, 1), die vermutlich zusammen mit einem teilweise tordiertem Bronzehalsring (Abb. 8,2) in der Umgebung von Laupheim gefunden wurde54. Zu ihr sind Vergleichsstücke sehr selten. Die breite, kreiselartige Form des Bügelknopfes begegnet allein an einer Fibel von Perdöhl bei Hagenow in Mecklenburg55. Die auf die Enden der eisernen Spiralachse aufgeschobenen, lang gestreckten spindelförmigen Knöpfe erinnern an den Bügelknopf einer weiteren Fibel aus dem Gräberfeld von Perdöhl56. Für die chronologische Beurteilung der Fibeln des Typs Leutkirch steht vor allem das Grab von Leutkirch selbst zur Verfügung. Es enthielt u. a. eine bronzene Riemenzunge mit seitlichen Pferdekopfprotomen, die Werner vor 15 Jahren durch eine überregionale Zusammenfassung in das späte 53

Fibeln mit kleinem doppelkonischem Knopf blieben außer Betracht: z.B. Oäkov (Slowakei): T. Kolni'k, Slovenska Arch. 13, l, 1965, 218 Abb. 16, 2. - Auch die wenigen Vorkommen aus Südrußland gehören nicht zum hier behandelten Typ: A. Ambros, Fibuly juga europeiskoi cSasti SSSR. Archeologija SSSR. Svod D l -30 (1966) Taf. 12, 18-19. 64 Aufbewahrt im Museum Laupheim. Nach Angabe von J. Braun, dem für Auskünfte und die Erlaubnis zur

Publikation vielmals gedankt sei, sollen die Funde von Bronnen bei Laupheim stammen und vor etwa 50-60 Jahren gefunden worden sein. Hinweise in der Literatur bzw. in den Ortsakten des Denkmalamtes Tübingen ließen sich bisher nicht auffinden. 55 E. Schuldt, Bodendenkmalpflege in Mecklenburg, Jahrb. 1953, 73 f. Abb. 55 a. 58 Schuldt a. a. O. 70 ff. Abb. 52 c.

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Abb. 7. Verbreitung der Bügelknopffibeln mit doppelkonischem Knopf (Typ Leutkirch). Die Vorkommen von Niedermodern, Leutkirch und Königsbrunn sind durch einen Punktkreis betont.

4. Jahrhundert datieren konnte57. Bestätigt wird dieser Zeitansatz durch ein vermutliches Grab von Heilbronn-Breitloch, zu dem neben einer spätrömischen Gürtelschnalle eine Bügelknopffibel mit doppelkonischem Knopf gehörte58. Da die Originale nicht mehr erhalten sind, wurde diese Fibel bei der Kartierung des Typs Leutkirch zwar nicht berücksichtigt, verwandt ist sie aber sicherlich mit 57

Bonner Jahrb. 158,1958,392 f. Abb. 15, B 1.

58 A. Schliz, Fundber. aus Schwaben 12, 1904, 10 ff. Abb. 2-3; Roeren (wie Anm. 4) 247 Nr. 23.

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Abb. 8. Bügelknopffibel und Halsring aus dem Museum Laupheim (Oberschwaben). M. 2:3.

ihm. Zur Gürtelschnalle gibt es bisher keine genauen Analogien. Trotz des beweglichen Rahmens steht sie wegen des angegossenen propellerförmigen Beschlags den Schnallen des Typs Muids sehr nahe, die M. Martin in die zweite Hälfte des 4. Jahrhunderts datieren konnte59. Erwähnung ver59

Römerhaus und Museum Äugst, Jahresber. 1967, 13 ff. Die dort S. 20 geäußerte Zuordnung zum Typ Gala erfolgte wohl nicht zu Recht. Möglicherweise besaß die Schnalle von Heilbronn ursprünglich einen Schnallenrahmen mit Delphinen, der wie an der zweiten

Schnalle von Äugst durch einen einfachen Rahmen ersetzt wurde. - Zum Typ Muids vgl. jetzt noch: Newel, Trierer Zeitschr. 34, 1971, 203 Abb. 35, 2; Lingenfeld, Mitt. Histor. Ver. Pfalz 67,1969,173 u. Taf. 5,3.

Spätkaiserzeitliche Fibeln aus Südwestdeutschland

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dient ferner noch das Grab 3/1897 von Wansleben in Thüringen, das durch den bisher wenig bekannten Glasbecher mit Schliffdekor60 und die Drehscheibenkeramik nur allgemein in das 4. Jahrhundert datiert werden kann. Die Fibeln des Typs Leutkirch wurden demnach in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts und in der Zeit um 400 hergestellt. Sie gehörten, wie das Männergrab von Leutkirch und der vermutliche Grabfund von Heilbronn-Breitloch zeigen, als Einzelfibeln zur Männertracht. Um sicher zu gehen, daß die Verbreitung der drei beschriebenen Beispiele nicht einer allgemeinen Verbreitung von spätkaiserzeitlichen Metallgegenständen aus Süddeutschland entspricht und somit eine mögliche Herstellung in Südwestdeutschland nur vorgetäuscht wird, soll an Hand einer weiteren süddeutschen Fibel eine völlig andere Verbreitung aufgezeigt werden. Westlich von Leipferdingen bei Donaueschingen wurde 1888 eine spätkaiserzeitliche Bronzefibel (Abb. 9,1) gefunden und zusammen mit einem spätmerowingischen Nietensporn dem Badischen Landesmuseum Karlsruhe überlassen61. Die Fibel zählt zu den jüngsten Formen der Bügelknopffibeln. Sie ist in einem Stück gegossen und besitzt einen gestielten polyedrischen Bügelknopf sowie einen gleichartig facettierten Knopf als Abschluß der Nadelrast. Der Bügel ist im Querschnitt nicht viereckig oder kantig wie bei den meisten Bügelknopffibeln, sondern halbrund gewölbt. Die Oberseite des Bügels wird durch sieben Gruppen von schmalen Rippen metopenartig gegliedert. Die Rippengruppe beim Bügelknopf ist zusätzlich durch eine einzelne breite Riefe unterteilt. An der einen Seite der Spiralöse sind noch geringe Reste von Eisenoxyd zu erkennen. Demnach bestand die Spiralachse oder die Federspirale aus Eisen. Obwohl in den beiden letzten Jahrzehnten germanisches Fundmaterial der späten Kaiserzeit in vermehrtem Umfang publiziert wurde, ist auch heute nur ein einziges, gut vergleichbares Gegenstück aus Mühl-Rosin in Mecklenburg (Abb. 9, 2) bekannt62. Die als Einzelfund überlieferte Fibel besitzt gleichfalls einen gestielten Bügelknopf und einen gleichen Polyederknopf als Fußende. In ihren Proportionen stimmt die Fibel sehr gut mit der aus Leipferdingen überein. Den im Querschnitt ebenfalls halbrund gewölbten Bügel gliedern einzelne Rippen; diese laufen aber in gleichen Abständen über den ganzen Bügel und sind nicht zu Gruppen zusammengefaßt. Die Spiralkonstruktion der Fibel ist noch erhalten. Auf den Enden der Achse sitzen keine Knöpfe. Mit den beiden Fibeln sind einige weitere Stücke verwandt, bei denen aber allen der Endknopf an der Nadelrast fehlt. Der Zusammenhang mit den beiden Fibeln von Leipferdingen und Mühl-Rosin kommt jedoch durch den gestielten Bügelknopf und durch den im Querschnitt halbrunden und nicht kantig facettierten Bügel deutlich zum Ausdruck. Die Exemplare von Lichtenburg bei Torgau63, Thale im Harz84 und Perdöhl bei Hagenow65 sowie eine fundortlose Fibel aus Mecklenburg66 sind durch Querrillen auf dem Bügel und Randfacetten am Fuß verziert. Die Fibel von Rachow bei Teterow67 weicht außerdem durch ihre Fußplatte von den übrigen Stücken ab. Zu keinem Stück sind Beifunde bekannt. Chronologische Fragen lassen sich deshalb allenfalls durch formenkundliche Erwägungen angehen. Nicht unwichtig ist in diesem Zusammenhang ein Fibelfragment aus Pritzier68, 60

Vgl. dazu zuletzt: F. Fremersdorf, Bodenaltertümer Westfalens 12,1970,96 u. Taf. 26, 66. «Garscha (wie Anm. 37) 202 u. Taf. 9, 6; Meyer (wie Anm. 49) 294 Abb. 51. Nach Garscha waren an der Fibel ursprünglich Reste von Vergoldung vorhanden; heute weist die Fibel besonders am Fuß eine deutliche Brandpatina auf, die aber möglicherweise erst 1945 durch Kriegseinwirkung entstanden ist.

16 Festschrift Werner

« Schuldt (wie Anm. 55) 76 L Abb. 58 b; SchachDörges (wie Anm. 40) 211 f. u. Taf. 37,2. M Meyer {wie Anm. 37) 295 Abb. 53. 64 Zuletzt: B. Schmidt, Wiss. Zeitschr. der Univ. Halle, Gesellsch. u. Sprachwiss. Reihe 13, 1964, 817 Taf. 12, 2. 65 Schuldt (wie Anm. 55) 77 Abb. 58 c. 66 Schach-Dörges (wie Anm. 40) 256 u. Taf. 67, 7. 67 Schach-Dörges a. a. O. 225 u. Taf. 43,7. « Schuldt (wie Anm. 23) 58 ff. Abb. 286.

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Abb. 9. Fibeln mit polyedrischem Bügel- und Fußknopf, l Leipferdingen. 2 Mühl-Rosin. 3 Groß-Nemerow. 4 Pritzier. M. 2:3.

das bisher zwar ein Unikum geblieben ist, in den Proportionen aber gut den Fibeln von Leipferdingen und Mühl-Rosin entspricht. Ihr Bügel ist durch sechs Gruppen von feinen Querrillen gegliedert, und die fünf Zwischenfelder sind durch Dreieckfacetten verziert. Der Bügelknopf ist leider abgebrochen, war aber offensichtlich gestielt. Die Nadelrast endet nicht in einem Knopf, sondern in einem stilisiertem Tierkopf, wie er an den frühesten Formen gegossener kreuzförmiger Fibeln aus der Zeit um 400 begegnet69. Wegen des an den Bügelknopffibeln im allgemeinen nicht üblichen Fußknopfes muß noch eine kleine Fibelgruppe Erwähnung finden, die E. Schuldt als Gruppe G beschrieben hat70. Der gestielte Bügelknopf und der gleich facettierte polyedrische Fußknopf belegen augenfällig den Zusammenhang mit den beiden Fibeln von Leipferdingen und Mühl-Rosin. Durch ihren hohen, kantigen Bügel unter69

A. Genrich, Formenkreise und Stammesgruppen in Schleswig-Holstein (1954) 5 ff. Schach-Dörges (wie Anm. 40) 69 f.

70

Schuldt (wie Anm. 55) 75 ff.

Spätkaiserzeitliche Fibeln aus Südwestdeutscbland

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Abb. 10. Verbreitung von Bügelknopffibeln mit gestieltem polyedrischem Knopf: Typ Leipferdingen (Punktkreis) und verwandte Stücke (schwarzer Kreis). Typ Groß-Nemerow (schwarzes Dreieck).

16*

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scheiden sich diese Fibeln (Abb. 9, 3-4) aber von ihnen, und es äußert sich darin vielmehr die enge Verwandtschaft mit den verschiedenen Gruppen der geläufigen Bügelknopffibeln. Die wenigen Exemplare dieser kleinen Fibelgruppe stammen alle aus Mecklenburg (Abb. 10). Eine Zuordnung zur Männer- oder Frauentracht ist aufgrund der ungünstigen Quellensituation nicht möglich71. Eine genaue Datierung ist gleichfalls nicht möglich, da die Stücke von Groß-Nemerow72 (Abb. 9, 3) und Schwerin73 Einzelfunde sind. Die Fibel von Pritzier74 (Abb. 9, 4) stammt zwar aus einem Grab, doch enthielt das Grab 550 keine chronologisch verwertbaren Beigaben. Entsprechend dem erkennbaren Trend der Fibelentwicklung möchte man die Fibeln des Typs Groß-Nemerow als die Vorläufer der Fibeln von Leipferdingen und Mühl-Rosin betrachten, die Fibel mit einem Tierkopffuß aus Pritzier dagegen als ein Beispiel für die weiter entwickelten Formen. Alle angeführten Fibeln sind offenbar in Mecklenburg hergestellt worden (Abb. 10). In Süddeutschland ist die Fibel von Leipferdingen auf jeden Fall ein fremdes Stück, das vielleicht zusammen mit ihrem Träger in das Gebiet der oberen Donau gelangte75. Obwohl das bisher bekannte germanische Fundmaterial der späten Kaiserzeit aus Südwestdeutschland nicht allzu umfangreich ist und die meisten archäologischen Probleme noch ungelöst, ja vielfach noch gar nicht erkannt sind, lassen sich doch an einzelnen Beispielen die wechselseitigen Beziehungen der germanischen Neusiedler zu ihren Herkunftsgebieten auf der einen Seite und zu den römischen Provinzen auf der anderen aufzeigen. Ebenso vermeint man auch die Ansätze zu einem eigenen frühalamannisdien Metallhandwerk zu erkennen.

LISTEN 1. SPÄTKAISERZEITLICHE R I N G F I B E L N A. Typ Böckingen 1. Annecy (Savoyen). Streufund aus dem burgundischen Gräberfeld (Abb. 1,3). M. Le Roux, Revue Savoisienne 39, 1898, 274 f. Abb. 46. 2. Böckingen, Stadtkreis Heilbronn. Spätkaiserzeitl. Skelettgrab (Abb. l, 1). J. Werner, Germania 22, 1938,115 ff. Abb. l, 4. 3. Hettstadt, Kr. Würzburg. Merowing. Frauengrab des 7. Jahrhunderts (Abb. 1,2). Chr. Pescheck, Frankenland N. F. 23, 1971, 234 ff. Abb. 20, 4. 71

Für die Zugehörigkeit der hier behandelten späten Bügelknopffibeln zur Männertracht könnte sprechen, daß es sich stets nur um Einzelstücke handelt und keine Paare bekannt sind. Auch Grab 550 von Pritzier enthielt nur eine einzelne Fibel. Von welchem Zeitpunkt ab die jüngeren Ableitungen der Bügelknopffibeln ausschließlich als Paare an der Frauentracht verwendet werden und aus der Männertracht verschwinden, ist noch nicht näher untersucht.

4. Londesborough, Yorkshire (England). Angelsächs. Frauengrab (Grab 7/1895) des 6. Jahrhunderts (Abb. l, 5). M. J. Swanton, The Antiquaries Journal 47, 1967, 43 ff. Abb. l, 4. 5. Mainz. Spätröm. Siedlungsfund. Mainzer Zeitschr. 12-13,1917-18,59 f. Abb. 26,3. 6. Merseburg. G. Mildenberger, Die Brandgräber der spätröm. Zeit im südlichen Mitteldeutschland. Diss. Halle 1939,134 u. Taf. 17,16. 7. Nürnberg - Ziegelstein. Einzelfund. H. Dannheimer, Die German. Funde der späten 72

Schach-Dörges (wie Anm. 40) 183 f. u. Taf. 15,2. "Schuldt (wie Anm. 55) 75 f. Abb. 57, rechts. Schach-Dörges (wie Anm. 40) Taf. 57, 4. 74 Schuldt (wie Anm. 23) 58 ff. Abb. 280. 75 Ähnlich beurteilte Werner auch die spätere, angelsächsische kreuzförmige Fibel aus dem südfranzösischen Gräberfeld von Castelnaudary: Early Medieval Studies 1. Antikvariskt arkiv 38,1970,75 ff.

Spätkaiserzeitliche Fibeln aus Südwestdeutschland Kaiserzeit und des frühen Mittelalters in Mittelfranken. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit A 8 (1962) 25. 201 u. Taf. 3, 4. 8. Rossen, Kr. Merseburg. Skelettgrab. W. Schulz, Jahresschr. Halle 11, 1925, 59 u. Taf. 15,4. 9. Stößen, Kr. Hohenmölsen. Thüringisches Frauengrab (Grab 70). B. Schmidt, Die späte Völkerwanderungszeit in Mitteldeutschland. Katalog (Südteil) (1970) 32 f. u. Taf. 27, 3 f. 10. Urach, Runder Berg (Württemberg). Lesefund aus dem Siedlungsbereich. Fundber. aus Schwaben N. F. 14, 1957, 216 u. Taf. 22,5. 11. Wischroda, Kr. Eckartsberga. Einzelfund. W. Schulz, Jahresschr. Halle 11,1925, 61 Abb. 10. 12. Zimmern, Kr. Bad Langensalza. Einzelfund (Abb. l, 4). H. Gauß, Ausgrabungen und Funde 10,1965,242 f. Abb. 1. B. Typ Hameln 1. Bentumersiel, Kr. Leer (Niedersachsen). Streufund von 1929, aus einer Siedlung. H. Zimmermann, Neue Ausgrabungen und Forschungen in Niedersachsen 7, 1972, 185 ff. 201 Nr. 26 u. Abb. 3,1. 2. Hameln (Niedersachsen). W. Nowothnig, Nachr. aus Niedersachsens Urgesch. 39,1970,136 f. Abb. l, b. 3. Westdorf, Kr. Norden (Niedersachsen). Siedlungsfund 1958. H. Zimmermann, Neue Ausgrabungen und Forschungen in Niedersachsen 7,1972, 185 ff. 201 Nr. 27 u. Abb. 3,2. 4. Provinz Hannover. H. Zimmermann, Neue Ausgrabungen und Forschungen in Niedersachsen 7, 1972, 201 Nr. 28. C. Typ Preten 1. Preten, Kr. Hagenow (Mecklenburg). W. Nowothnig, Nachr. aus Niedersachsens Urgesch. 39,1970,136 ff. Abb. l, c. 2. Röbel, Bez. Neubrandenburg (Mecklenburg). H. Schach-Dörges, Die Bodenfunde des 3. bis 6. Jahrhunderts n. Chr. zwischen unterer Elbe und Oder (1970) 67. 228 u. Taf. 45,15.

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D. Typ Siscia 1. Boly (Köm. Baranya). Streufund aus dem awar. Gräberfeld. L. Papp, A Janus Pannonius Muzeum Evkönyve 1962 Taf. l, 13. 2. Carnuntum (Niederösterreich). Siedlungsfunde. Der Rom. Limes in Österreich 8 (1907) 79 Abb. 35, 2; 9 (1908) 77 f. Abb. 37,5. 3. Intercisa (Köm. Fehervar). Aus spätröm. Gräbern. Arch. Hungarica 36, 1957, 456 ff. Abb. 99, 1-2. 4. Lauriacum (Oberösterreich). Streufund aus dem Gräberfeld Espelmayrfeld. Der Rom. Limes in Österreich 17 (1933) 137 f. Abb. 63. - Vgl. dazu künftig: W. Jobst, Die römischen Fibeln aus Lauriacum. Forsch, in Lauriacum 10, 1975. 5. Oggau (Burgenland). Spätröm. Grab 5. R. Pittioni, österr. Jahreshefte 33, 1941, Beibl. 41 ff. Abb. 21, 6. 6. Predjama bei Postojna (Slowenien). Höhlenfunde. J. Korosec, The Archeol. Remains at Predjama. Razprave 4, l, 1956, 62 u. Taf. 27, 5-6; 47,1. 7. Saalburg bei Bad Homburg. A. Böhme, Saalburg-Jahrb. 29,1972,46.112 u. Taf. 31,1233. 8. Sisak-Siscia (Kroatien). Flußfunde von 1912 und 1913 (Abb. l, 10-12). Arheol. Muzej Zagreb, Inv.-Nr. 5375 und 5379. 9. Velem St. Vid (Korn. Vas). K. v. Miske, Die prähistor. Ansiedlung Velem St. Vid (1908) Taf. 65,43. 45. 10. Verulamium (England). Streufund aus einer Schuttschicht. R. E. Wheeler, Verulamium. A Belgic and two Roman Cities (1936) 210 Abb. 45,41. 11. Fundort unbekannt (2 Exemplare). Museo Civico Udine, Italien. E. Ringfibeln mit Delphinrahmen 1. Aquincum (Ungarn) (Abb. l, 12). Arch. £rt. 78,1951,132 Abb. 19. 2. Kablow - Wederberg (Brandenburg). Siedlung (Abb. l, 13). F. Gandert, Arch. Anz. 1943, 461 Abb. 6. 3. Rust (Burgenland). Gräberfeld. Jahresh. österr. Arch. Inst. 45, I960,134 Abb. 59.

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2. B Ü G E L K N O P F F I B E L N MIT D O P P E L K O N I S C H E M TYPLEUTKIRCH 1. Altendorf, Kr. Bamberg, Brandgrab 20. Chr. Pesdieck, Germania 47, 1969, 132 ff. Abb. 8, 2. 2. Bamberg (Oberfranken). G. Raschke, Jahrb. f. Frank. Landesforschung 20, 1960,108 u. Taf. 2, 3. 3. Dallmin, Kr. Perleberg (Mecklenburg). H. Schach-Dörges, Die Bodenfunde des 3. bis 6. Jahrh. n. Chr. zwischen unterer Elbe und Oder (1970) 168 u. Taf. 73, 1. 4. Keszthely-Fenekpuszta (Westungarn). A. Sös, Acta Arch. Hungarica 13,1961, 250 u. Taf. 55,8. 5. Königsbrunn (Bayer.-Schwaben) (Abb. 6, 2). H. P. Uenze, Vor- und Frühgeschichte im Landkreis Schwabmünchen (1971) 31.192 u. Taf. 23,13. - E. Keller, Die spätrem. Grabfunde in Südbayern (1971) 56. 238 (mit älterer Lit.). 6. Körbelitz, Kr. Burg. E. Meyer, Arbeits- u. Forschungsber. z. Sachs. Bodendenkmalpflege 8, 1960, 288 f. Abb. 42. 7. Leutkirch (Oberschwaben) f Abb. 5).

KNOPF

R. Roeren, Festschr. f. P. Goessler (1954) 137 ff. u. Taf. 21,1. - Jahrb. RGZM. 7,1960, 248 Nr. 34. 8. Niedermodern (Elsass) (Abb. 6,1). Mus. Hagenau, Inv.-Nr. R 157. 9. Renzow, Kr. Gadebusch (Mecklenburg). H. Schach-Dörges, Bodenfunde (1970) 226 u. Taf. 44,2. 10. Urach, Runder Berg (Württemberg) (Abb. 6,4). Grabungen des Inst. f. Vor- u. Frühgeschichte Heidelberg. 11. Wansleben, Kr. Eisleben (Thüringen), Grab 3/1897. B. Schmidt, Alt-Thüringen 6,1962-63, 484 ff. Abb. 5,1. 12. Zeithain, Kr. Riesa (Sachsen). E. Meyer, Arbeits- u. Forschungsber. z. Sachs. Bodendenkmalpflege 8,1960, 339 f. Abb. 108. 13. Fundort unbekannt (Abb. 6,5). Mus. f. Vor- u. Frühgeschichte Frankfurt, Inv.-Nr. 3585 (aus der ehem. Fellnerschen Antikensammlung).

ABBILDUNGSNACHWEIS

Abb. 1: l nach Germania 22, 1938, 115 Abb. l, 4; 2 Zeichnung Bayer. Landesamt f. Denkmalpflege, Außenstelle Würzburg; 3 Zeichnung Museum Annecy; 4 nach Ausgrabungen und Funde 10,1965, 242 Abb. 1; 5 wie Antiquar. Journal 47, 1967, 44 Abb. l, 4; 6 Zeichnung K. Natter, Stuttgart; 7 Zeichnung L. Münzing, Flein; 8-9 Zeichnung des Verf.; 10-11 nach Foto des Arheol. Muzej Zagreb; 12 nach Arch. Ertesitö 78, 1951, 132 Abb. 19; 13 nach Arch. Anzeiger 1943, 461 f. Abb. 6. Abb. 3: 1-2 Zeichnung des Verf.; 3 nach Kopie des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg, Außenstelle Tübingen; 4.9 Zeichnung K. Natter, Stuttgart; 5-7 Zeichnung des Verf.; 8 wie Arch. Korrespondenzblatt l, 1971, 47 Abb. l, 3.

Abb. 5: Zeichnung des Verf. Abb. 6: l und 5 Zeichnung des Verf.; 2 Zeichnung Prähistor. Staatsslg. München; 3 Zeichnung L. Münzing, Flein; 4 nach Zeichnung des Inst. f. Vor- u. Frühgeschichte Heidelberg. Abb. 8: Zeichnung des Verf. Abb. 9: l Zeichnung des Verf.; 2 wie Schach-Dörges, Bodenfunde Taf. 37, 2; 3 wie Schach-Dörges, Bodenfunde Taf. 15, 2; 4 wie Schuldt, Pritzier 60 Abb. 280.

ERWIN KELLER, MÜNCHEN ZUR CHRONOLOGIE DER JÜNGERKAISERZEITLICHEN GRABFUNDE AUS SÜDWESTDEUTSCHLAND UND N O R D B A Y E R N *

STAND D E R F O R S C H U N G Es ist das Verdienst von R. Roeren, den archäologischen Nachlaß jener germanischen Völkerschaften zusammengestellt und überschaubar gemacht zu haben, welche seit dem frühen 3. Jahrhundert n. Chr. den obergermanisch-raetischen Limes beunruhigten und nach 260 das dahinter liegende, von Rhein, Bodensee, Hier und oberer Donau umschlossene Land in dauernden Besitz nahmen1. Das von Roeren erfaßte, in der Masse wohl den Alamannen zuschreibbare Material verteilt sich auf fünf Horte, auf 39 Siedlungs- und 71 Gräberplätze, 70 Katalognummern wurden für Einzelfunde vergeben, die in der Mehrheit wiederum aus zerstörten Gräbern stammen dürften2. Der zeitliche Rah* Die Anregung zu dieser Studie gaben Fundstücke germanisch-jüngerkaiserzeitlichen Charakters aus der späten provinzialrömischen Nekropole von Neuburg a. d. Donau (Oberbayern), die der Verfasser zwischen 1969 und 1971 nahezu komplett freilegen konnte. Bei der zahlenmäßig zwar bescheidenen, durch ihren unverkennbaren Stil jedoch leicht ausscheidbaren germanischen Komponente im Fundbestand handelt es sich fast ausschließlich um handgemachte Gefäße aus grauschwarzem Ton sowie um ovale oder halbkreisförmige Gürtelschnallen aus Eisen (vgl. Arch. Korrespondenzbl. l, 1971 Taf. 32 nach S. 178). Diese Sachgruppen, die aus dem ältesten, vom frühen 4. Jahrhundert bis kurz nach 350 mit Gräbern belegten Teil des Friedhofs stammen, gehören aufgrund der Verbreitung ihrer unmittelbaren Parallelen und Vorformen dem von W. Matthes herausgestellten elb-germanischen Formenkreis an (vgl. Anm. 12). Aus der Absicht, die in Neuburg a. d. Donau gewonnenen absoluten Fixpunkte auf vergleichbare Fundgattungen aus dem freien Germanien zu übertragen, entwickelte sich eine intensive Beschäftigung mit den bisher zur relativen und absoluten Chronologie des eibgermanischen Formenkreises erzielten Ergebnissen. Dabei zeigte sich, daß der kulturell verwandte Fundstoff aus „frühalamannischen" Bestattungsplätzen des südwestdeutsch-nordbayerischen Raumes, durch den das Neuburger Material mit jenem aus Mittel- und Norddeutschland verklammert wird, eine seiner Bedeutung angemessene chronologische Bearbeitung noch gar nicht erfahren hatte. In der vorliegenden Untersuchung, die bezweckt, dies nachzuholen, mußte das Thema in äußerst komprimierter Form abgehandelt werden, da die Manuskripte der in dieser Festschrift abgedruckten Beiträge eine vorgeschriebene Seitenzahl nicht über-

schreiten sollten. Aus diesem Grunde blieb auch kein Raum, siedlungs- und bevölkerungsgeschichtlichen Fragen nachzugehen. J. Giesler (München) stellte mir freundlicherweise seine Sammlung jüngerkaiserzeitlicher Funde aus Südwestdeutschland und Nordbayern zur Verfügung, K. Schwarz (München) ermöglichte mir auf dem Wege der Amtshilfe die Anfertigung der Klischeevorlagen zu den Abb. 1-10 und 13 sowie zu den Tabellen 1-3, wofür ich ihm besonderen Dank schulde. 1 R. Roeren, Zur Archäologie und Geschichte Südwestdeutschlands im 3. bis 5. Jahrhundert n. Chr. Jahrb. RGZM. 7, 1960, 214 ff. - Eine erste Zusammenstellung von Grabfunden aus dieser Periode geht auf P. Reinecke zurück (vgl. Correspondenzbl. d. dt. Ges. f. Anthr., Ethn. u. Urgesch. 32,1901,36 f.). 2 Jahrb. RGZM. 7, 1960, 243 ff. Nr. 1-70; 261 Nr. 163 (Grabfunde); 253 ff. Nr. 71-108 (Siedlungsfunde); 257 ff. Nr. 109-151; 261 Nr. 161-162.164 (Einzelfunde); 260 Nr. 152-156 (Depotfunde). Die Listen Roerens wären durch folgende Grabfunde zu ergänzen: Obernau, Ldkr. Aschaffenburg. R. Koch, Bayerische Vorgeschichtsbl. 32, 1967, 82 ff. - Neckargartach, Kr. Heilbronn. Ders. in: Schwaben und Franken. Heimatgeschichtl. Beil. d. Heilbronner Stimme. Jahrg. 14 Nr. 9 vom 9. Sept. 1967 S. IV. - Hockenheim, Kr. Mannheim. E. Gropengießer, Plankstadt. 1200 Jahre Entwicklung und Geschichte (1970) 27. - Hilzingen, Kr. Konstanz. M. Eckerle, Die Alamannen in Südwestdeutschland. Kat. d. Ausstellung im Gartensaal des Karlsruher Schlosses vom 17. April bis 17. Juni 1973 (1973) 11 und Mitt. R. Christlein (Landshut). - Altendorf, Ldkr. Bamberg, Ch. Pescheck, Germania 47, 1969, 129 ff. - Kleinlangheim, Ldkr. Kitzingen. Ders., Frankenland N. F. 23, 1971, 229 ff.; 24, 1972, 275 ff.

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Erwin Keller

men, in den das Gesammelte gehört, spannt sich vom endgültigen Fall des Limes 259/260 bis zum Einsetzen früher Reihengräberfelder um die Mitte des 5. Jahrhunderts; räumlich streuen die Fundstellen über ein weites, allerdings nicht gleichmäßig erforschtes Gebiet, das im Norden durch Wetterau und Thüringerwald, im Westen durch den Rhein, im Süden durch Bodensee, Hier und Donau und im Osten durch den Bayerischen Wald begrenzt wird3. Im Mittelpunkt der Versuche, diese archäologischen Denkmäler zeitlich zu gliedern, standen naturgemäß die geschlossenen Funde aus Gräbern, die auch vom Volumen her die umfangreichste Quellengattung darstellten4. In den bekannten Friedhöfen, die sich am Mittel- und Unterlauf von Main und Neckar schwerpunktsmäßig verdichten und bei denen es sich meist um Einzelgräber, selten um kleine Grabgruppen oder größere Nekropolen handelt, überwiegt die Zahl der Körperbestattungen jene der Brandgräber um ein Vielfaches5. Was nun die Feineinteilung des aus ihnen vorliegenden Fundstoff s angeht, so gelang es zwar, aus dem Vorhandenen einen kulturell an das Elbegebiet gebundenen endkaiserzeitlichen frühen und einen durch bestimmtes römisches Einfuhrgut geprägten späten, bereits frühvölkerwanderungszeitlichen Horizont auszuscheiden. Auf die Frage jedoch, ab wann die neue Siedlerschicht im Hinterland des aufgegebenen Limes archäologisch faßbar wird, gibt es noch immer keine befriedigende Antwort6. Das liegt nicht zuletzt daran, daß man sich bei der Datierung der frühen Gräber wegen ihres eibgermanisch gefärbten Inhalts vornehmlich auf die Ergebnisse der mitteldeutschen Fachforschung verließ, die an ähnlichen Befunden gewonnen wurden. Klarer als früher kann man aber heute sehen, daß unter den zum Vergleich herangezogenen mitteldeutschen Körpergräbern der sog. HaßlebenLeuna-Gruppe zwar jene mit besonders reicher Ausstattung auch in chronologischer Hinsicht eine Einheit bilden,, daß sich diese Feststellung jedoch nicht auf die Gesamtheit der diesem Kreis zugerechneten Gräber ausdehnen läßt7. Obwohl die Zeitstellung der durch römische Goldmünzen und andere Importe herausgehobenen „Fürstengräber" aus nicht recht einsehbaren Gründen auch heute noch umstritten ist (letztes Drittel des 3. Jahrhunderts, um 300, erstes Jahrzehnt des 4. Jahrhunderts)8, so stimmen doch alle Bearbeiter darin überein, daß jüngerkaiserzeitliche Körperbestattungen in Mitteldeutschland erst seit der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts nachzuweisen seien und daß dementsprechend auch einfacher ausgerüstete Gräber nicht vor dieser Zeit angelegt worden sein können9. Daß diese zum Axiom erhobene Lehrmeinung auf tönernen Füßen gründet, wird offenbar, wenn man den Standort solcher Inventare in der relativen Chronologie des jüngerkaiserzeitlichen Fundstoffs aus dem weiteren Elbegebiet ermittelt und sie dann in ein Gerüst absoluter Zahlen fügt. Dabei zeigt sich, daß sie in die erste Hälfte des 4. Jahrhunderts hinab, entgegen der herrschenden Auffassung aber auch in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts hinaufreichen (vgl. S. 252ff.)- Zu diesen Unsicherheiten in Fragen des methodischen Vorgehens gesellt sich die bei einigen Autoren ausgeprägte Tendenz zur Spätdatierung der „Fürstengräber", um auf diese Weise das in Mitteldeutsch» Jahrb. RGZM. 7, 1960 Abb. 2 nach S. 266. Vgl. W. Schleiermacher, Der obergermanische Limes und spätrömische Wehranlagen am Rhein. 33. Ber. RGK. 1943/1950, 158 ff.; H. Schoppa, Die Besitzergreifung des Limesgebiets durch die Alamannen. Nassauische Ann. 67, 1956, l ff.; A. Dauber, Neue Funde der Völkerwanderungszeit aus Baden. Badische Fundber. 21, 1958, 139 ff., bes. 151; Roeren, Jahrb. RGZM. 7, 1960, 232 mit Anm. 106; Koch, Ein germanisches Brandgrab der späten Kaiserzeit von Obernau, Ldkr. Aschaffenburg. Bayerische Vorgeschichtsbl. 32,1967,95. 5 Jahrb. RGZM. 7,1960,226; Abb. 2 nach S. 266. " Schoppa nimmt an, daß die alamannische Aufsied4

lung des Dekumatlandes erst nach 300, also fast ein halbes Jahrhundert nach dem Limesfall einsetzte (Nassauische Ann. 67, 1956, 2). Dieser Meinung neigt auch K. Weidemann zu: Führer zu vor- und frühgesch. Denkmälern 21 (1972) 46 f. 7 Mildenberger (1970) 87; Werner (1973) 1. 8 Vgl. die bei Werner (1973) 5 f. in den Anm. 19, 20 u. 25 gegebene Zusammenstellung, in welcher sich die unterschiedlichen Auffassungen spiegeln. 9 Schulz (1953) 40 f.; G. Mildenberger, Ausgrabungen und Funde 3, 1958, 261; Mildenberger (1970) 86; Werner (1973) 1.

Chronologie der jüngerkalserzeitlichen Grabfunde

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land in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts nicht zu übersehende Fundvakuum aufzufüllen10. Es ist deshalb nur ein natürlicher Reflex auf dieses Verhalten, wenn man in Südwestdeutschland und Nordbayern all das, was sich mit der mitteldeutschen Haßleben-Leuna-Gruppe vergleichen ließ, in Anlehnung an W. Schulz und B. Schmidt in die Zeit um 300, allenfalls noch ins frühe 4. Jahrhundert setzte. Arbeitet man jedoch die eibgermanischen Elemente dieses südlichen Raumes in die relative Chronologie der Ausgangskultur ein, so bereitet es keine Schwierigkeiten, auch hinsichtlich ihrer absoluten Zeitstellung zu präziseren Vorstellungen zu gelangen und die durch Fehldatierungen entstandene Fundkonzentration um 300 zu entzerren und aufzulösen. Aus dieser Sicht ist es durchaus vertretbar, den von Schleiermacher, Schoppa, Dauber und Roeren herausgestellten, der jüngeren Kaiserzeit angehörenden Gräberhorizont, um den es hier ausschließlich geht, nach rein antiquarischchronologischen Gesichtspunkten neu zu gliedern, zumal ja nur von einer gesicherten chronologischen Basis aus Kulturgeschichte betrieben werden kann11. Der sog. eibgermanische Formenkreis, den W. Matthes im Jahre 1931 räumlich und inhaltlich definierte, umfaßt territorial die östlichen Teile der Bundesländer Schleswig-Holstein und Niedersachsen, die Provinzen Mecklenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie die westlichen Gebiete der Provinzen Brandenburg und Sachsen. Im Südosten wurden vor allem Böhmen, aber auch Mähren und selbst die Slowakei beeinflußt, im Südwesten geriet der baden-württembergische, hessische und nordbayerische Raum zeitweise in Abhängigkeit12. Wenn auch die einzelnen Bereiche nicht ausgewogen erforscht und bearbeitet sind, so läßt sich doch erkennen, daß sie sich nicht überall gleichläufig entwickelten und daß der Sachbesitz von Teillandschaft zu Teillandschaft variiert. Alle Regionalgruppen werden aber durch einen festen Bestand von Leitformen zusammengeschlossen, der es ermöglicht, eine für den Gesamtraum gültige Chronologie zu erstellen. Diese stützt sich in erster Linie auf die modeempfindlichen Fibeln, zu denen zweigliedrige mit hohem Nadelhalter (Almgrens Gruppe VII), Scheibenfibeln, Fibeln mit umgeschlagenem Fuß (Almgrens Gruppe VI) und ihre „Ableitungen" gehören. Verbindende Elemente bilden auch sog. Schalenurnen13, die Beigabe von „Räucherharz"14 und das Fehlen schwerer "Waffen in den Gräbern15. Zwar herrschen umfangreiche Urnenfelder überall vor, doch war das Körpergrab, das z. B. in Ostholstein und Mecklenburg nur eine untergeordnete Rolle spielte16, in Mitteldeutschland so stark verbreitet, daß es die alte Leichenverbrennung anscheinend allmählich ganz verdrängte17. In einer aufschlußreichen Studie über die Chronologie der jüngeren Kaiser- und frühen Völkerwanderungszeit in Zentraleuropa, die 1970 herauskam, unterzog K. Godlowski auch den eibgermanischen Formenkreis einer eingehenden Analyse, die auf der vergleichenden Planauswertung größerer Nekropolen und auf der Statistik geschlossener Grabfunde beruht18. Da sie über alle Fragen zur Forschungsgeschichte, zur Quellenlage und zum Bearbeitungsstand hinreichend informiert, genügt es an dieser Stelle, auswertende Materialvorlagen und reine Fundstoffeditionen von '»Vgl. B. Schmidt, Jahresschr. Halle 41/42, 1958, 479; B. Svoboda, Germania 40,1962, 85 ff. « Vgl. Anm. 4. 18 Matthes, Die nördlichen Eibgermanen in spätrömischer Zeit. Mannus-Bibl. 48 (1931) 2. 66 ff.; Godlowski (1970) 56 f. 18 E. Schuldt, Ausgrabungen und Funde 3,1958, 259; Schach-Dörges (1970) 104 f. " R. Laser, Jahresschr. Halle 46,1962,319 f. 15 In jenen dem eibgermanischen Formenkreis angeschlossenen Teilräumen macht Südwestdeutschland und Nordbayern hinsichtlich der Beigabe schwerer Waffen

eine Ausnahme. Vgl. Jahrb. RGZM. 7, 1960, 268 Abb. 4. "Schuldt, Ausgrabungen und Funde 3, 1958, 260; Schach-Dörges (1970) 46 ff. 17 Mildenberger, Ausgrabungen und Funde 3, 1958, 262; Schmidt, Alt-Thüringen 9, 1967, 189; Mildenberger (1970) 82. Gegen diese Auffassung sprechen allerdings die in Anm. 71 vorgetragenen Argumente. 18 Godlowski (1970) 59 ff. - Zu neueren Versuchen, das Material aus Kleinlandschaften chronologisch zu gliedern vgl. Schach-Dörges (1970); 19 ff; Mildenberger (1970) 69 ff.

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G. Mildenberger, E. Meyer und H. Schach-Dörges nachzutragen, die nach dem Ausdruck der Arbeit Godlowskis erschienen sind19. Bei diesem als Rahmenschema gedachten Entwurf, in welchem das jüngerkaiserzeitliche Material auf die Stufen C l a, C l b, C 2 und C 3 verteilt wird, handelt es sich um die erste, das ganze Elbegebiet gleichmäßig berücksichtigende Darstellung. Allerdings tritt in ihr das Typologische so stark in den Hintergrund, daß die Abfolge, das Nach- und Nebeneinander in der Entwicklung der Formen nicht mehr zu überblicken ist. Sieht man einmal davon ab, daß die in den Taf. 14—17 zusammengestellten chronologischen Leitfunde auch Typen rein lokaler Bedeutung einschließen, die nur dazu geeignet sind, bestimmte Objekte mit solchen aus Nachbarkulturen zu synchronisieren20, so zwingt doch der spürbare Mangel an ausführlichen Fundnachweisen jeden, der sich mit den erzielten Ergebnissen kritisch auseinandersetzen will, zum erneuten Sammeln und Sichten des einschlägigen, in der Literatur zugänglichen Materials. Was die Godlowski'schen Stufen C l a und Gib betrifft, so enthalten sie vorzugsweise jenen Formenschatz, der die Zonen l und 2 des Urnenfeldes von Preetz, Kr. Plön, charakterisiert21. Unbestritten hat J. Brandt durch die subtile Analyse dieses Bestattungsplatzes weiterführende Erkenntnisse für die relative Chronologie der jüngeren Kaiserzeit erzielt22, die innere Gliederung der Nekropole muß aber in einigen Punkten unbedingt neu überdacht werden; denn die erklärte Absicht der Autorin, eine kontinuierlich von Nord nach Süd fortschreitende Belegung nachzuweisen, ist unverkennbar. Auf diese Weise werden die einzelnen Bezirke, aus denen sich das Gräberfeld zusammensetzt, in ein chronologisches Gerüst gezwängt, in dem kein Raum mehr zu unvoreingenommener und sachgerechter Bewertung bleibt23.

METHODE

Im anschließenden Abriß der relativen Chronologie des eibgermanischen Formenkreises, der nur in Details und speziell im Blick auf die Füllung der Stufe Gib von den Vorstellungen Godlowskis abweicht, wird der Fundstoff aus Brand- und Körpergräbern in einer auf das in Südwestdeutschland und Nordbayern gesteckte Ziel zugeschnittenen Auswahl behandelt24. Die Grundlage dafür bilden die in den Listen 1-19 zusammengestellten fibelführenden Grabinventare, deren chronologisch ver19 Meyer (1969); Meyer (1971); Mildenberger (1970); Schach-Dörges (1970).

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In diesem Zusammenhang wären speziell die auf Taf. 14 abgebildeten Waffenfunde zu nennen. 21 Godtowski (1970) Taf. 14 und vorangehende Fundortnachweise. 22 Brandt (1960) 37 ff. 23 Geht man beim Versuch, den Belegungsvorgang des Gräberfeldes zu rekonstruieren, vom Verbreitungsbild der Fibeln aus, so läßt sich die Streuung der Serien 1-3 der Gruppe Almgren VII (vgl. Abb. l, l a-c) zwanglos dahingehend interpretieren, daß in Zone l früher als in Zone 2, in Zone 2 früher als in Zone 3 und in Zone 3 früher als in Zone 4 bestattet wurde (zur relativen Chronologie dieser Gewandspangen vgl. S. 251 ff., zu ihrer Verbreitung in der Nekropole Brandt [1960] Karte G). Dem zeitlich gestaffelten Belegungsbeginn in den Zonen 1-4 muß aber nicht notwendigerweise ein

im gleichen Takt erfolgender Belegungsabbruch in den vier Bezirken einhergehen. Jedenfalls ist ein solcher für die Zonen 2, 3 und 4 nicht zu erweisen. Nach der hier vertretenen Chronologie sind die große Scheibenfibel aus Grab 85 (Brandt [1960] Taf. 8), die Armbrustfibeln mit dreieckigem Fußabschluß und offenem Nadelhalter aus den Gräbern 56 und 77 (Brandt [1960] Taf. 18) und die Armbrustfibel mit Rechteckfuß aus Grab 77 (Brandt [1960] Taf. 18) der Zone 2 zeitlich von den aus den Zonen 3 und 4 stammenden Armbrustfibeln mit Trapezfuß (Gräber 158, 172. Brandt [1960] Taf. 18; 26) nicht zu trennen 253 ff. 24 Nicht berücksichtigt wurden z. B. Fibeln mit umgeschlagenem Fuß, die im jüngerkaiserzeitlichen Gräbermaterial Südwestdeutschlands und Nordbayerns in nur ganz bescheidener Zahl begegnen. Vgl. Jahrb. RGZM. 7,1960,264.

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wertbare Teile Nummern erhielten, die mit der Bezifferung in den Typentafeln (Abb. 1-4) übereinstimmen und in den Abbildungsunterschriften erläutert werden. Um eine möglichst breite Ausgangsbasis für die Statistik zu gewinnen, empfiehlt es sich, bei der Untergliederung des Materials von der Forderung nach schablonenhafter Übereinstimmung der Formen abzugehen und die Einteilung des Fundstoffs in Typen und Varianten anhand des Umrißbildes oder mit Hilfe anderer übergeordneter Merkmale vorzunehmen. Als Werkzeug, chronologisch wichtige Tatbestände in optisch einprägsame Informationen umzusetzen, dient einerseits die Kombinationstabelle (Tab. 1), welche die Zusammenfunde verschiedener Fibeltypen zeigt, andererseits wird fallweise ein Darstellungsverfahren angewandt, das die Zusammenfunde formstabiler und forminstabiler Elemente, die es ja im Sachbesitz einer jeden Kultur gibt, auswertet. Zu den ersteren gehören in der fraglichen Periode erwiesenermaßen die Schalenurnen, deren typologischer Hauptstrang bereits am Ende der älteren Kaiserzeit mit noch relativ hohen, streng gegliederten Ossuarien beginnt (Typennr. 9; Abb. 2,9} und mit wesentlich niedrigeren, in der Profillinie S-förmig geschwungenen Gefäßen in der Völkerwanderungszeit endet (Typennr. 10; Abb. 2, 10)25. Forminstabil sind hingegen die Fibeln, die bedeutend rascher als die Schalenurnen durch Neuschöpfungen ersetzt werden. Ermittelt man nun den Grad der Affinität oder der Ablehnung zwischen verschiedenen Fibeltypen und Schalenurnen der Formen 9 und 10 durch Auszählen der Kombinationsfälle, so liefert die jeweilige Häufigkeitsverteilung der beiden Gefäßtypen Anhaltspunkte dafür, welche Fibeln bei einem bestimmten Entwicklungsstand der Schalenurnen in Mode waren, in Mode kamen, oder nicht mehr getragen wurden. Mit Hilfe anderer Kriterien, z. B. horizontalstratigraphischen Beobachtungen in Gräberfeldern, läßt sich so auch das zeitliche Nacheinander einzelner Fibeltypen oder deren unterschiedliche Lebensdauer darstellen.

DIE FIBELN D E R S T U F E Cl

Bezeichnend für den älteren Abschnitt der jüngeren Kaiserzeit sind zweigliedrige Armbrustfibeln mit hohem Nadelhalter, die Almgren in seiner Gruppe VII vereinigte26. Legt man seine Einteilung zugrunde, so lassen sich folgende Serien unterscheiden: die Serie l mit Fußknopf (Typennr. l a; Abb. l, l a), die Serie 2 mit scharf abgeschnittenem Fuß (Typennr. Ib; Abb. l, l b) und die Serie 3 mit fließend in den Nadelhalter übergehendem Bügel (Typennr. Ic; Abb. l, Ic). Serie 4 umfaßt monströse Formen. Behandelt werden hier die Serien 1-3, die in dieser Aufeinanderfolge eine typologische Reihe bilden und sich auch zeitlich ablösen. Das geht daraus hervor, daß Fibeln der Serie l in geschlossenen Funden noch vereinzelt Verbindungen mit älterkaiserzeitlichen Gewandspangen eingehen27, was bei den Serien 2 und 3 im Arbeitsgebiet nicht mehr der Fall ist. Außerdem ließ sich in Preetz, Kr. Plön, auf dem Wege der Typenkartierung ermitteln, daß in Zone l, dem ältesten Teil des Bestattungsplatzes, zwar die Serien l und 2 begegnen, daß Serie 3 in diesem Areal aber noch fehlt28. Fibeln der Serie 3 scheinen demzufolge in der Masse jünger zu sein als solche der Serie 1. Zum gleichen Ergebnis gelangt man, wenn man anhand geschlossener Funde feststellt, wie oft Fibeln der Serien 1-3 mit Schalenurnen der Typen 9 (Abb. 2,9) und 10 (Abb. 2,10) zusammengehen. Der 25

Vgl. Schach-Dörges (1970) 105 f.; Mildenberger (1970) 41 f. 2 « Almgren (1923) 90 ff.

« Vgl. Godtowski (1970) 70 Abb. 17. Brandt (1960) Karte G.

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eindrucksvolle, in Tabelle 2, 1-3 festgehaltene Befund illustriert in anschaulicher Weise, daß sich in den Grabinventaren ausgehend von Serie l zu Serie 2 und zu Serie 3 die Zahl streng gegliederter Schalenurnen (Typ 9) stetig verringert und daß die Zahl der Schalenurnen mit S-förmiger Profillinie (Typ 10) in der gleichen Richtung kontinuierlich zunimmt, bis sich bei Serie 3 ein nahezu ausgewogenes Verhältnis eingestellt hat29. Diese Resultate rechtfertigen die von Godlowski vollzogene Teilung der Stufe C l in zwei Unterstufen, in welchen Fibeln der Serie l zu den Leitformen der älteren (C l a) und Fibeln der Serie 3 zu den Leitformen der jüngeren Teilstufe (C l b) zählen30. Unter den Scheibenfibeln sind tiergestaltige (Typennr.Za; Abb. l,2a) und blattförmige (Typennr.2b; Abb. l,2b), solche mit aufgesetzten Blechhauben (Typennr. 2c; Abb. l,2c) sowie einfache kreisförmige mit weniger als 5 cm Durchmesser (Typennr. 2e; Abb. l, 2e) in die Stufe C l zu setzen31. Vor allem deren erste Hälfte dürften dabei die tiergestaltigen (Abb. l, 2 a) füllen, da sie in geschlossenen Funden achtmal in Kombination mit Schalenurnen des Typs 9 (Abb. 2, 9), aber nur einmal mit Schalenurnen des Typs 10 (Abb. 2,10) angetroffen wurden. Die prozentuale Häufigkeitsverteilung (Tab. 2,4) entspricht demnach in den Grundzügen jener, die sich bei Fibeln der Gruppe Almgren VII, Serie l ergab (Tab. 2,1). Gestützt wird dieser Ansatz nach C l a auch dadurch, daß sich die Eberfibel aus Grab 32 von Preetz, Kr. Plön, in Zone l des Bestattungsplatzes fand32 und das vergleichbare Stück aus Grab 67 von Zauschwitz, Kr. Borna, aus einer Nekropole stammt, deren Belegung offensichtlich noch vor der Ausbildung C l b-zeitlicher Armbrustfibeln mit festem Nadelhalter endet33. Da tiergestaltige Gewandspangen nicht nur in Grab 67 von Zauschwitz, Kr. Borna34, sondern auch in Grab l von Erfurt, Stadtkr. Erfurt35, und im Grabfund von ZvolenSves, Kr. Slanf36, ebenfalls zu Körperbestattungen gehören, ist deren Platz im chronologischen System der jüngeren Kaiserzeit vornehmlich der ältere Abschnitt der Stufe C 1. Der Standort der blattförmigen Scheibenfibeln (Abb. l, 2 b) in dieser Stufe läßt sich wegen der geringen Zahl auswertbarer Grabinventare heute noch nicht mit hinreichender Genauigkeit bestimmen. Hinweise dafür, daß sie zeitlich den Tierscheibenfibeln nahestehen, liefern zwei in Liste 5 erfaßte Kombinationen mit Schalenurnen des Typs 9 (Abb. 2, 9; Tab. 3,1) und die Beobachtung, daß sie in Pftov, Kr. Podebrady, in einem Gräberfeld begegnen, in welchem Armbrustfibeln mit festem Nadelhalter der Stufe Gib noch fehlen87. Relativ alt innerhalb der großen Gruppe der Scheibenfibeln sind auch jene mit aufgesetzten Blechhauben (Abb. 1,2 c) und einfache kreisförmige mit weniger als 5 cm Durchmesser (Abb. l,2e). Die Tatsache jedoch, daß sich ihre Verbreitung in der Nekropole von Preetz, Kr. Plön,, nicht wie jene der Tierscheibenfibeln auf die Zone l, in der die ältesten Gräber liegen, beschränkt, sondern sich auf die Zonen 2-4 ausdehnt88, beweist ihre vergleichsweise längere Verwendung. Diese unterschiedliche Lebensdauer läßt sich auch an der Zahl der Kombinationen ablesen, die Tierscheibenfibeln (Abb. 1,2 a) und Scheibenfibeln des Typs 2 e (Abb. l, 2 e) mit Schalenurnen der Formen 9 (Abb. 2,9) und 10 (Abb. 2,10) eingehen. Bei den Tierscheibenfibeln lautet das Verhältnis 8 : l (Tab. 2, 4) bei den Scheibenfibeln des Typs 2e dagegen nur noch 16: 7 zugunsten von Schalenurnen der Form 9 (Tab. 2,5; Tab. 3,1). Erst den jüngeren Abschnitt der Stufe C l scheinen Armbrustfibeln mit dreieckig abschließendem Fuß (Typennr. 4 a; Abb. l, 4 a) und Armbrustfibeln mit spitzem oder sich 29

Zu den absoluten Zahlen der Kombinationshäufigkeit vgl. Tab. 3,1. »» Godfowski (1970) 69. Taf. 14. 31 Vgl. hierzu die Neubearbeitung dieser Fibeltypen durch S. Thomas. Berliner Jahrb. f. Vor- u. Frühgesch. 7,1967,4 ff. "2Brandt (1960) Kartei.

» Meyer (1969) 183 Abb. 86. Ebd. '" Mannus 32,1940,261 Abb. 1. " Pamdtky Arch. 16,1893-95,283 Abb. 2. 37 Rybovd (1970). 88 Brandt (1960) Kartei. 34

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verjüngendem Fuß (Typennr. 5 a; Abb. 2, Sa) einzunehmen, zu deren konstruktionsspezifischen Merkmalen die Nadelscheide gehört. Wahrscheinlich erfolgte die Ausbildung der Schildfibeln mit Fuß- oder Bügelschild (Typennr. 3 a; Abb. l, 3 a) ebenfalls noch in dieser Stufe. Das Zahlenverhältnis der mit Armbrustfibeln des Typs 4 a kombinierten Sdialenurnen der Formen 9 (Abb. 2, 9) und 10 (Abb. 2,10) lautet 8 : 3, bei den Armbrustfibeln des Typs 5 a ergibt sich ein Verhältnis von 4: l und bei den Schildfibeln des Typs 3 a kommen auf drei Schalenurnen der Form 9 drei der Form 10 (Tab. 3, lJ38a. Da diese wenigen Kombinationsfälle zwar die grundsätzliche Entwicklung erläutern39 aber keinen tragfähigen Unterbau für chronologische Aussagen abgeben, muß der Beweis, daß diese Fibeln Bestandteile der Stufe Gib sind, auf anderem Wege erbracht werden. Ganz konkrete Anhaltspunkte dafür, daß ihre Ausbildung nicht in der Stufe C l a erfolgt sein kann, liefert unter anderem die Beobachtung, daß sie in der Zone l des Gräberfeldes von Preetz, Kr. Plön, fehlen40. Ein übereinstimmendes Ergebnis erhält man, wenn man die Kombinationstabelle (Tab. 1) zu Rate zieht. In ihr hebt sich deutlich ein älterer Fibelbestand ab (Typennr. l a, 2a-c, 2e), der durch die Serie l der Gruppe Almgren VII (Typennr. l a; Abb. l, l a) und durch blattförmige Scheibenfibeln (Typennr. 2 a; Abb. l, 2 a) einerseits noch mit älterkaiserzeitlichen Gewandspangen verknüpft ist41, und der andererseits in einer ganzen Reihe von Grabinventaren Verbindungen mit Fibeln eingeht, die der Stufe Gib zugeschrieben wurden. Die in dieser Unterstufe vereinigten Fibeln (Typennr. l c, 3 a, 4 a, 5 a) sind sowohl mit Gewandspangen der Teilstufe C l a als auch mit Fibeln der Folgestufe (C 2) verkettet, was bei Fibeln der Typen l a, 2a-c, 2e noch nicht der Fall war.

DIE FIBELN DER STUFE C2

Geht man von dem sich in der Kombinationstabelle Tab. l abzeichnenden Befund aus, so wäre diese Stufe mit jenen Fibeltypen zu füllen, die in geschlossenen Funden zwar noch mit C l b-zeitlichen Gewandspangen, aber nicht mehr mit den Leitformen der Stufe C l a zusammengehen. Die so ausscheidbare Gruppe umfaßt frühe Tutulusfibeln (Typennr. 2d; Abb. l,2d), Schildfibeln mit Fußund Bügelschild (Typennr. 3 b; Abb. l, 3 b), die mit offenen Nadelhaltern ausgestatteten Varianten b der Armbrustfibeln mit dreieckig zugeschnittenem (Typennr. 4 b; Abb. 2,4 b) und spitzem oder sich verjüngendem Fuß (Typennr. 5 b; Abb. 2,5 b), ferner scheinen in Stufe C2 auch Armbrustfibeln mit gleichbreitem (Typennr. 6; Abb. 2, 6) und trapezförmigem Fuß (Typennr. 7; Abb. 2,7) einzusetzen. Auf typologischem Wege lassen sich die in der Tabelle nicht enthaltenen kreisförmigen Scheibenfibeln mit planer Grundplatte angliedern, deren Durchmesser über 5 cm liegt (Typennr. 2f; Abb. l , 2 f ) . Daß diese Gewandspangen durchweg jünger sind als jene, die den Stufen C l a und 38a Das ausgeglichene Verhältnis deutet an, daß dieser Fibeltyp auch noch in der Folgestufe (C 2} getragen wurde, in welcher Schalenurnen der Form 10 in den Kombinationen erstmals eindeutig vorherrschen (vgl. S. 255). 39 Rechnet man diese Zahlenverhältnisse in Prozentanteile um, so liegen die Werte, die sich für Schalenurnen der Form 10 ergeben, vergleichsweise höher als jene, die für die Fibeltypen l a (Tab. 2, 1) und 2 a (Tab. 2,4) der Stufe C l a ermittelt wurden.

4 » Schildfibeln des Typs 3 a (Gräber 125 und 150) und Armbrustfibeln des Typs 4 a (Gräber 170 und 174) begegnen hier in Zone 4; Grab 77, das eine Armbrustfibel des Typs 5 a enthielt, liegt in Zone 2. Vgl. Brandt (1960) Karte K (Var. l = Typ 5 a; Var. 4 = Typ 4 a; Var. 6 = Typ 3 a). 41 Vgl. Godlowski (1970) 70 Abb. 17; Rybovd (1970) Taf. 27,1.4.

Abb. 1. Jüngerkaiserzeitliche Fibeltypen des eibgermanischen Formenkreises. Typennr. la: Armbrustfibeln mit hohem Nadelhalter und Fußknopf. Ib: Armbrustfibeln mit hohem Nadelhalter und scharf abgeschnittenem Fuß. Ic: Armbrustfibeln mit fließend in den Nadelhalter übergehendem Bügel. 2a: Scheibenfibeln in Tierform. 2b: Scheibenfibeln in Blattform. 2c: Scheibenfibeln mit aufgesetzten Blechhauben. 2d: Tutulusfibeln. 2e: kreisförmige Scheibenfibeln mit weniger als 5 cm Durchmesser. 2f: kreisförmige Scheibenfibeln mit mehr als 5 cm Durchmesser. 3a: Schildfibeln mit Fuß- oder Bügelschild. 3b: Schildfibeln mit Fuß- und Bügelschild. 3c: Schildfibeln mit Fuß-, Bügel- und Kopfschild. 4z: Armbrustfibeln mit dreieckigem Fußzuschnitt und Nadelscheide. M. 1:2.

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1a 2a 2b 1b 2c 2e 1c 4a 5a 3a 2d 3b 4b 5b 6 7 3c 8

1a 2a 2b 1b 2c 1 6 1 1 1 6 1 2 1 2 3 1 3 2 5 1 3 1 1 1

2e 1c 4a 5a 3a 3 5 1 1 3 3 1 1 2 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 2 1 1 2 1 1 1

2d 3b 4b 5b 6 7 3c 8

1 1 1 1 1 2 1

2 1 1 1 2 1 1 1 1 2 2 4 1 2 3 4 3 4 1 4

2

2 2

2

Tabelle 1. Kombinationshäufigkeit zwischen Fibeln der Typen 1-8.

Gib zugeteilt wurden, ergibt sich daraus, daß in den geschlossenen Funden Schalenurnen der Form 9 (Abb. 2,9) entweder nur noch in geringer Zahl oder gar nicht mehr vorkommen (Tab. 3,1). Der Altersunterschied zwischen den C l b-zeitlidien Varianten a der Fibeltypen 4 a (Abb. l, 4 a) und 5 a (Abb. 2,5 a) und den aus diesen Stammformen hervorgegangenen jüngeren Varianten b (Abb. 2, 4 b; 5 b) läßt sich überzeugend am Zahlenverhältnis der mit ihnen kombinierten Schalenurnen der Formen 9 (Abb. 2,9) und 10 (Abb. 2,10) aufzeigen. Bei den Fibeltypen 4 a und 5 a überwiegen Schalenurnen der Form 9 noch im Verhältnis von 8 : 3 und 4 : l (Tab. 2, 6.8), bei den Fibeltypen 4 b und 5 b überwiegen Schalenurnen der Form 10 schon im Verhältnis von 13: 3 und 8: l (Tab. 2, 7.9; Tab. 3,1). Dieser Sachverhalt legt auch den Schluß nahe, daß der Austauschprozeß zwischen Schalenurnen der Formen 9 und 10, der offensichtlich in Stufe Gib voll in Gang kommt (vgl. Tab. 3,1), in Stufe C 2 bereits abklingt.

DIE FIBELN DER STUFE C 3

So problemlos es im Grunde genommen ist, auf dem Wege der Typenbestimmung Fibeln der Stufe C l von solchen der Stufe C 2 zu trennen, so schwierig gestaltet sich der Versuch, die Stufen C 2 und C 3 mit Hilfe der Gewandspangen gegeneinander abzugrenzen. Das hat seine Ursache darin, daß die mitteldeutschen Körpergräber der Haßleben-Leuna-Gruppe und allem Anschein nach auch die Masse der Brandgräber dieses Raumes mit C 2-zeitlichem Fibelmaterial abschließen. Jüngere Ur-

Abb. 2. Jüngerkaiserzeitliche Fibelformen und handgemachte Gefäßtypen des eibgermanischen Formenkreises. Typennr. 4b: Armbrustfibeln mit dreieckigem Fußzuschnitt und offenem Nadelhalter. Sa.: Armbrustfibeln mit spitzem oder sich verjüngendem Fuß und Nadelscheide. 5b: Armbrustfibeln mit spitzem oder sich verjüngendem Fuß und offenem Nadelhalter. 6: Armbrustfibeln mit Rechteckfuß. 7: Armbrustfibeln mit Trapezfuß. 8: Bügelknopffibeln mit zapfenförmigen, konischen oder pilzförmigen Bügelknöpfen. 9: Schalenurnen mit abgesetzten Zylinder- oder Trichterrändern. 10: Schalenurnen mit S-förmig geschwungenem Profil. 11: Knopfhenkelgefäße. 12: Schalenurnen mit scharfem Umbruch und einschwingendem Oberteil. 13: „Spätrömische Töpfe" mit eingezogenem Rand. 4b-8 M. 1:2. 9-13 M. l : 4.

Abb. 3. Jüngerkaiserzeitliche Gefäß- und Gürtelschnallentypen des eibgermanischen Formenkreises. Typennr. 14: handgemachte hochschultrige Gefäße mit zylindrischen oder ausgestellten Rändern. 15: handgemachte Schalenurnen mit doppelkonischem Körper. 16a: scheibengedrehte Schalen mit scharfem Umbruch und Zylinderrändern. 16b: scheibengedrehte Schalen mit gerippter, im Profil S-förmig geschwungener Wandung. 17a: handgemachte Vasen mit kugeligem Körper und weitem Hals. 17b: scheibengedrehte Vasen mit eiförmigem oder doppelkonisdiem Körper, engem Hals und gewulstetem Rand. 17c: handgemachte Vasen mit eiförmigem oder doppelkonischem Körper, engem oder weitem Hals. 18: Gürtelschnallen mit D-förmigem Bügel. 19: Gürtelschnallen mit ovalem oder geschweiftem Bügel. 20: Gürtelschnallen mit rechteckigem Bügel. 14-17c: M. l: 4. 18-20: M. l: 2. 17 Festschrift Werner

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Abb. 4. Gürtelzubehör, Schmuck und Gerät des elbgermanischen Formenkreises aus der jüngeren Kaiserzeit. Typennr. 21: kreisförmige Gürtelschnallen aus Eisen. 22: halbkreisförmige Gürtelschnallen aus Eisen. 23a: ovale Gürtelschnallen aus Bronze. 23b: 2-6 cm breite Ovalschnallen aus Eisen. 24: 6-10 cm breite Ovalschnallen aus Eisen.

Chronologie der jüngerkaiserzeitlichen Grabfunde

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nenfelder, deren eines beispielhaft durch das fragmentarisch geborgene von Schönebeck, Kr. Schönebeck42, verkörpert wird, sind wegen der Beigabenarmut ihrer Gräber für chronologische Studien ganz ungeeignet, und auch der Fundstoff aus den wenigen nach-C 2-zeitlichen Körpergräbern dieses Gebiets43 reicht nicht aus, um die Stufe C 3 dem Inhalt nach fest zu umreißen. Wahrscheinlich wird man in diesem Punkt nach erfolgter Veröffentlichung des bereits 1935 aufgedeckten Brandund Körpergräberfeldes von Merseburg-Süd, Stadtkr. Merseburg, etwas klarer sehen, dessen Belegung aufgrund des bisher Publizierten im älteren Abschnitt der jüngeren Kaiserzeit einsetzt44 und in der frühen Völkerwanderungszeit endet45. Keineswegs günstiger ist es um die Forschungssituation im Norden des Arbeitsgebietes bestellt. Im komplett untersuchten Gräberfeld von Preetz, Kr. Plön, fehlen C 3-zeitliche Gewandspangen überhaupt46, und die ergiebigste Fundstätte für diese Stufe, das große Urnenfeld von Pritzier, Kr. Hagenow, wurde so unzureichend veröffentlicht, daß sich das in diese Periode gehörende Material nicht mit der notwendigen Exaktheit aussondern läßt47. Die Beurteilung einer ganzen Reihe wichtiger Leitformen bleibt aus diesem Grunde mit Fehlern behaftet. Typologisch ist diese dritte Phase der jüngeren Kaiserzeit auch deshalb nicht einwandfrei zu umschreiben, weil sie eine beträchtliche Anzahl von Sachformen längerer Lebensdauer einschließt. Geht man vom Befund der Kombinationstabelle (Tab. 1) aus, so treten unter den Gewandspangen als wirklich neu nur die Bügelkopffibeln (Typennr. 8; Abb. 2, 8) entgegen. Die endkaiserzeitlichen Stücke mit wenig ausgeprägten, noch verhältnismäßig kleinen Bügelknöpfen (vgl. Anm. 79) begegnen in geschlossenen Funden kombiniert mit Fibeln, deren Ausbildung in die Stufe C2 fällt (vgl. Tab. 1), Verbindungen mit Gewandspangen aus davorliegenden Perioden und mit Schalenurnen des Typs 9 (Abb. 2,9) gehen sie nicht mehr ein (Tab. 3,1). Um Fortführungen älterer Formen handelt es sich bei den Schildfibeln mit Fuß-, Bügel- und Kopfschild (Typennr. 3c; Abb. l, 3c), die mehrfach zusammen mit frühen Bügelknopffibeln gefunden wurden und deshalb in die Stufe C3 einzugliedern sind (vgl. Tab. 1). Nahezu unverändert scheinen die Varianten b der Armbrustfibeln mit dreieckig abschließendem Fuß (Abb. 2,4b) und der Armbrustfibeln mit spitzem oder sich verjüngendem Fuß (Abb. 2,5b) in die Stufe C 3 übernommen worden zu sein, da sich entscheidende Wandlungen im Umrißbild erst an Exemplaren zu erkennen geben, die man bereits der frühen Völkerwanderungszeit zuschreiben muß. Es handelt sich dabei um Stücke 42

Laser, Ein Brandgräberfeld der spätrömischen Kaiserzeit bei Schönebeck (Elbe). Jahresschr. Halle 47, 1963,325 ff. 43 Vgl. GodJowski (1970) 74 f. (Wansleben, Grab 3, Bischleben, Kannawurf, Merseburg-Süd). 44 C l a - zeitlich sind z. B. die bei Mildenberger (1970) auf den Taf. 34 und 35 abgebildeten Tierscheibenfibeln. 45 Frühvölkerwanderungszeitliches Material liegt z. B. in sog. Niemberger Fibeln vom Typ B und C nach Schulz vor. Das Merseburger Land. Zeitschr. d. Vereins f. Heimatkde, in Merseburg 28,1935,13 Taf. l, 9-12.

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Zu den Leitformen dieser Stufe zählen frühe Bügelknopffibeln (vgl. Abb. 2, 8 256) und Schildfibeln mit Fuß-, Bügel- und Kopfschild (vgl. Abb. 1,3 c 256). 47 Schuldt (1955). Angesichts des Umfangs des zu bearbeitenden Fundstoffs ist die von Schuldt gewählte Form der selektiven Materialvorlage durchaus legitim, für die unvollständige Veröffentlichung des Gräberplanes (es fehlen die Grabnummern) gibt es jedoch keinen ersichtlichen Grund (vgl. Godfowski [1970] 65).

25a: Drahtarmringe mit verschlungenen Enden. 25b: Armringe aus vernieteten Knochenstücken. 26a: Glasperlen mit eingelegten Schachbrett- und Blütenmustern. 26b: gekantete Röhrenperlen aus Glas. 26c: Perlstäbe aus Glas. 26d: gerippte kugelige Glasperlen. 26e: kubooktaedrische Glasperlen. 26f: achterförmige Bernsteinperlen. 27: Knochennadeln mit profiliertem Kopf. 28a: Knochenkämme mit kreissegmentförmiger Griffplatte. 28b: Knochenkämme mit dreieckigem, im Scheitelpunkt der Griffplatte gerundetem Rücken. 28c: Knochenkämme mit dreieckiger Grififplatte. 29: Kleinmesser aus Eisen. 30: Kleinscheren aus Eisen. 31: Halsringe mit birnenförmiger Verschlußöse. 32: Nietsporen. M. 1:2.

Tabelle 2. Kombinationshäufigkeit (in %) zwischen Schalenurnen des Typs 9 und 10 und Fibeln des Typs la (1). Ib (2). Ic (3). 2a (4). 2e (5). 4a (6). 4b (7). 5a (8) und 5b (9).

mit breiten, teils planen, teils gewölbten Bügeln wie sie für Niemberger Fibeln der Typen B und C nach Schulz charakteristisch sind48. Was die Armbrustfibeln mit Trapezfuß (Abb. 2, 7) und die Armbrustfibeln mit Rechteckfuß (Abb. 2, 6) betrifft, so ist es anhand des Publizierten heute noch kaum möglich, C 2-Zeitliches von C 3-Zeitlichem sicher zu scheiden. Ohne es statistisch verdeutlichen zu 48 VgI. Schulz, Die Fibeln des Begräbnisplatzes von Niemberg, Saalkreis (IV. Jahrh. n. Chr.). Mannus 16, 1924, 99 ff.; Schmidt, Das frühvölkerwanderungszeitliche Gräberfeld von Niemberg, Saalkreis. Jahresschr. Halle 48, 1964, 326 ff. Hypertrophe Formen der Arm-

burstfibeln mit dreieckig abschließendem Fuß liegen z. B. aus Körner. Kr. Mühlhausen (Jahresschr. Halle 48, 1964, 328 Abb. 10 o) und aus Hammoor, Kr. Stormarn, vor (Genrich [1954] Taf. 15 E 7).

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9 10 35 6 8 1 2 20 5 8 2 16 7 24 17 8 3 4 1 33

11 12 13 14 15 16a 16b 17a 17b 17c 7 1 1 Cla

1a 2a 2b 1b 2 2c 1 2e 1 1c 1 4a 5a 2 3a 2d 2f 1 2 3b 4b 3 1 2 5b 1 8 6 2 24 7 6 3c 5 8

18 19 1a 1 2 2a 1 2b 1b 1 3 2c 1 3 2e 1 2 1c 1 3 4a 1 5a 3a 2 2d 1 2f 3b 1 4b 1 2 5b 6 7 3c 8

1 Cla/Clb

3 2

1

2 2 3 1 1 2 2 33

Gib

11

Clb/C2

C2

1 2 1 5 1 1 5 3 2 3 4 111 121

1a 2a 2b 1b 2c 2e 1c 4a 5a 3a 2d 2f 3b 4b 5b 6 7 3c 8

1 1

25a 25b 26a 26b 2 1 1 1 1 1 3 3 1 1 6 3 1 1 2

1 1 1 1 3 1 1 3 2 1 3

21 21 1

1 1

4

21

C2/C3

C3

2Bc 26d 26e 26f 27 28a 1 2 16 10 1 3 2 2 2 1 2 5 2 1 1 4 2 4 1 17 11 3 2 6 1 1 1 1 1 1 2 2 2 2 2 1 2 1 1 1 2 1 3 2 3 1 2 2 2 4 2 3 1 1 1

1 1 1 1 2 1

20 21 22 23a 23b 24 1 Cla

Cla/Clb

2 Gib

1

1 1

Clb/C2

1

1 1 C2 1 4 1 1 1 C2/C3 2 1 3 2 8 2 1 5 1 C3 4 2

28b 28c 29 30 31 32 9 6 Cla

4 3 1 1 1

Cla/Clb

16 15 1

Gib

4

1 1 2 1 1 C1Ö/C2 3 1 C2 1 3 1

1 1 1 1 1 1

1

1

C2/C3

C3

Tabelle 3. Kombinationshäufigkeit zwischen Fibeln der Typen 1-8 und Tongefäßen der Typen 9-17 (1), der Gürtelschnallen vom Typ 18-24 (2) sowie der Schmuck- und Gerätbeigaben vom Typ 25-32 (3).

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können, ergab sich bei der Durchsicht der Schuldt'schen Arbeit der Eindruck, daß in Pritzier, Kr. Hagenow, junge Stücke vorwiegend aus Eisen gefertigt wurden, ältere in der Masse aus Bronze49. Wichtig in diesem Zusammenhang wäre auch die genaue Analyse der Fußverzierung und der Nadelhalterkonstruktion, was aber die Kenntnis des Pritzierer Originalmaterials voraussetzte50. Aus den Armbrustfibeln mit Trapezfuß (Abb. 2, 7) gehen in der frühen Völkerwanderungszeit Formen hervor, die am Anfang der Entwicklungsserie sog. gleicharmiger Fibeln stehen51. In der gleichen Zeit kommen auch Armbrustfibeln mit Rechteckfuß (Abb. 2, 6) aus der Mode und spielen als Bestandteile der Tracht keine Rolle mehr52. Langlebiger erweisen sich hingegen die Bügelknopffibeln, die nachweislich bis in die späte Völkerwanderungszeit hergestellt und getragen wurden53.

KOMBINATION VON FIBELN UND ANDEREN SACHFORMEN Arbeitet man in dieses noch mit mancherlei Mängeln und Unsicherheiten behaftete Schema der relativen Chronologie jüngerkaiserzeitlicher Gewandspangen andere Sachformen ein, so lassen sich Anhaltspunkte über deren Stufenzugehörigkeit mit Hilfe geschlossener Funde ermitteln, in denen sie zusammen mit den oben analysierten Fibeltypen vorkommen. Untersucht werden die mit den Typennummern 9-32 gekennzeichneten Objekte (Abb. 2,9-4. 32), bei denen es sich um Urnen aus Brandgräbern, um Beigefäße aus Körpergräbern, um Geräte, Trachtbestandteile und Schmuck handelt. Aufgrund der in Tabelle 3, 1-3 festgehaltenen Kombinationshäufigkeiten, die anhand der Listen 1-19 zu kontrollieren sind, lassen sie sich wie folgt auf die Stufen C 1-C 3 verteilen54: Stufe C la Gekantete Röhrenperlen aus Glas (Typennr. 26b; Abb. 4,26b) Stufe C Ib Scheibengedrehte Schalen mit scharfem Umbruch und Zylinderrändern (Typennr. 16a; Abb. 3,16a)55 49

Vgl. dazu die Materialangaben in den Listen 17 und 18. 60 Möglicherweise gehen den Armbrustfibeln mit gekerbtem oder facettiertem Trapezfuß (Abb. 2, 7) glatte oder ritzverzierte Stücke voraus, wie sie z. B. aus den Gräbern 158 und 172 von Preetz, Kr. Plön, bekannt sind (Brandt [1960] Taf. 18; 26). Vorformen der in Abb. 2, 6 wiedergegebene Armbrustfibeln mit facettiertem Rechteckfuß könnten Exemplare mit schmalem, fast stangenförmigem Fuß bilden (vgl. Brandt [1960] Taf. 18 [Preetz, Grab 77] und Matthes [1931] Taf. 26 Abb. 165 [Dahlhausen, Grab 1]). " Vgl. Schuldt (1955) 67 Abb. 314-322. 52 Vgl. Anm. 88. 88 Meyer, Arbeits- und Forschungsber. z. Sachs. Bodendenkmalpflege 8,1960, 242. 54 Riemenschnallen aus Eisen (Typennr. 21, 22, 23 b, 24; Abb. 4, 21. 22. 23 b. 24), die in Kombination mit Fibeln begegnen, die sowohl in der Stufe C 2 als auch in der Stufe C 3 gebräuchlich waren, müßten demnach

Stufe C l

Knopfhenkelgefäße (Typennr. 11; Abb. 2, II)56 Glasperlen mit eingelegten Schachbrett- und Blütenmustern (Typennr. 26a; Abb. 4, 26a) Eiserne Kleinmesser (Typennr. 29; Abb. 4, 29) Eiserne Kleinscheren (Typennr. 30; Abb. 4, 30)57 auch auf diese beiden Stufen verteilt werden. Da derartiger Gürtelzubehör nachweislich erst in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts in Mode kam (vgl. S. 269), ist es zu rechtfertigen, ihn der Stufe C 3 zuzuweisen, wenngleich man nicht ausschließen kann, daß das eine oder andere Stück noch dem späten Abschnitt der Stufe C 2 angehört. Zur zeitlichen Fixierung der Stufengrenze C 2/C 3 vgl. S. 272. 55 Die beiden in den Listen 3 und 10 erfaßten Exemplare stammen aus dem ostniedersächsischen Gräberfeld von Rebenstorf, Kr. Dannenberg. Jahresschr. Halle 27,1938,99 f. Taf. l, 5. 58 Ihre Verbreitung erstreckt sich auf Ostholstein, auf die Prignitz, auf Westmeddenburg und auf das nördliche Harzvorland. Im thüringischen und westsächsischen Raum wurden Knopfhenkelschalen offensichtlich nicht als Ossuarien benutzt. Vgl. Schmidt, Veröffent. d. Mus. f. Ur- u. Frühgesch. Potsdam 2, 1963, 77 Abb. 3. 67 Die in den Listen erfaßten Kleinmesser und Klein-

Chronologie der jüngerkaiserzeitlichen Grabfunde Gürtelschnallen mit D-förmigem Bügel (Typennr. 18; Abb. 3, 18) Stufe C Ib und C 2 Halsringe mit birnenförmiger Verschlußöse (Typennr. 31; Abb. 4, 31) Nietsporen (Typennr. 32; Abb. 4, 32) Gürtelschnallen mit rechteckigem Bügel (Typennr. 20; Abb. 3, 20) Vasen mit kugeligem Körper und weitem Hals (Typennr. 17a; Abb. 3,17a) Stufe C l und C 2 Schalenurnen mit abgesetzten Zylinder- oder Trichterrändern (Typennr. 9; Abb. 2, 9) Gürtelschnallen mit ovalem oder geschweiftem Bügel (Typennr. 19; Abb. 3, 19) Drahtarmringe mit verschlungenen Enden (Typennummer 25a; Abb. 4, 25a) Knochenkämme mit kreissegmentförmiger Griffplatte (Typennr. 28a; Abb. 4, 28a) Stufe C 2 Knochenkämme mit dreieckigem, im Scheitelpunkt der Griffplatte gerundetem Rücken (Typennr. 28b; Abb. 4, 28b) Stufe C Ib, C 2 und C 3 Schalenurnen mit scharfem Umbruch und einschwingendem Oberteil (Typennr. 12; Abb. 2, 12) „Spätrömische Töpfe" mit eingezogenem Rand (Typennr. 13; 2, 13) Achterförmige Bernsteinperlen (Typennr. 26f; Abb. 4, 26f) Kubooktaedrische Glasperlen (Typennr. 26e; Abb. 4, 26e) Stufe C 2 und C 3 Scheibengedrehte Schalen mit gerippter, im Profil

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S-förmiger geschwungener Wandung (Typennr. 16b; Abb. 3, 16b)58 Schalenurnen mit doppelkonischem Körper (Typennr. 15; Abb. 3, 15) Armringe aus vernieteten Knochenstücken (Typennummer 25 b; Abb. 4,25b)59 Stufe C 3 Hochschultrige Gefäße mit zylindrischen oder ausgestellten Rändern (Typennr. 14; Abb. 3,14) Scheibengedrehte Vasen mit eiförmigem oder doppelkonischem Körper, engem Hals und gewulstetem Rand (Typennr. 17b; Abb. 3, 17b) Handgemachte Vasen mit eiförmigem oder doppelkonischem Körper, engem oder weitem Hals (Typennr. 17c; Abb. 3,17c) Kreisförmige Gürtelschnallen aus Eisen (Typennummer 21; Abb. 4, 21) Halbkreisförmige Gürtelschnallen aus Eisen (Typennr. 22; Abb. 4, 22) Kurzovale Gürtelschnallen aus Eisen (Typennr. 23b; Abb. 4, 23b) Langovale Gürtelschnallen aus Eisen (Typennr. 24; Abb. 4, 24) Knochenkämme mit dreieckiger Griffplatte (Typennr. 28c; Abb. 28c) StufenCl-C3 Schalenurnen mit S-förmiger Profillinie (Typennr. 10; Abb. 2, 10)60 Gerippte kugelige Glasperlen (Typennr. 26d; Abb. 4,26d) Perlstäbe aus Glas (Typennr. 26c; Abb. 4, 26c) Ovale Gürtelschnallen aus Bronze (Typennr. 23a; Abb. 4, 23a) Knochennadeln mit profiliertem Kopf (Typennr. 27; Abb. 4, 27)

ABSOLUTE CHRONOLOGIE

Die chronologische Gliederung des eibgermanischen Formenkreises durch Godlowski, die hier anhand einer Auswahl repräsentativer Materialien nachvollzogen, überprüft, ergänzt und in den Abb. 5-8 dargestellt wurde, entspricht in den großen Zäsuren und in der gebrauchten Terminologie durchaus noch dem Eggers'schen Entwurf aus dem Jahre 195561. In der Arbeitsweise, in den Stufeninhalten und deren absoluter Datierung weichen beide Darstellungen jedoch erheblich voneinander scheren stammen ausschließlich aus Ostholstein und Westmecklenburg. 58 Der Schwerpunkt der Verbreitung von Schalen dieses Typs liegt in Mittel- und Südwestdeutschland. 59 Die in den Listen erfaßten Vorkommen stammen aus dem Urnenfeld von Pritzier, Kr. Hagenow (vgl. Schuldt [1955] 86). Einen mitteldeutschen Beleg lieferte

Grab 24 von Schönebeck, Kr. Schönebeck (Jahresschr. Halle 47,1963,343). «o Vereinzelten Belegen aus der Stufe C l steht die große Masse der Fundstücke gegenüber, die in die Stufe C 2 und C 3 gehören. 61 Jahrb. RGZM. 2,1955,196 ff.

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ab62. Godlowski, der sich wie Eggers zur „kurzen" Chronologie bekennt, hat seine Zeitansätze für die Stufen C 1-C 3 ausführlich begründet, so daß es an dieser Stelle genügt die Ergebnisse bekannt zu geben63. Es handelt sich um folgende Vorschläge: Stufe Stufe Stufe Stufe

C l a: Zweite Hälfte des 2. und erste Jahrzehnte des 3. Jahrhunderts. G i b : Erste Hälfte und beginnende zweite Hälfte des 3. Jahrhunderts. C 2: Zweite Hälfte des 3. und erste Jahrzehnte des 4. Jahrhunderts. C 3: Erste Hälfte und beginnende zweite Hälfte des 4. Jahrhunderts.

Es bedarf keines ausführlichen Kommentars, daß die für die Stufen C 1-C 3 und damit die für Beginn und Ende der jüngeren Kaiserzeit eingesetzten absoluten Zahlen Annäherungswerte darstellen. So sicher es ist, daß sich ältere und jüngere Kaiserzeit an den Nahtstellen überlappen64, so sicher ist es auch, daß die jüngere Kaiserzeit vielerorts unmerklich in die frühe Völkerwanderungszeit übergeht. Das Inventar einer jeden Stufe berührt sich auf mannigfaltige Weise mit jenem der vorhergehenden und prägt in entscheidendem Maße jenes der nachfolgenden mit. Scharfe Grenzen, wie sie durch die baukastenmäßige Schichtung von Stufeninhalten in Typentafeln vorgetäuscht werden, existieren in Wirklichkeit nirgends. Dreh- und Angelpunkt jeder absolutchronologischen Fixierung des eibgermanischen Fundstoffs aus der jüngeren Kaiserzeit bilden die mit römischen Aurei und anderen Importen ausgestatteten „Fürstengräber" Thüringens und des nördlichen Harzvorlandes aus dem letzten Drittel des 3. Jahrhunderts, deren Goldreichtum J. Werner jüngst „als eine Folgeerscheinung besonderer Beziehungen zum Reich der gallischen Kaiser" deutete65. Die sie in diesem Gebiet umgebenden Körpergräber mit einfacherer Ausrüstung setzen nach dem Publikationsstand von heute spätestens in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts ein und lassen sich bis in die ersten Jahrzehnte des 4. Jahrhunderts nachweisen. Zu den ältesten in diesem Milieu zählen jene von Erfurt, Stadtkr. Erfurt66, und Zauschwitz, Kr. Borna87, die als einzige Beigabe jeweils eine bronzene Tierscheibenfibel ergaben. Als Standort derartiger Gewandspangen im Periodensystem der jüngeren Kaiserzeit konnte der frühe Abschnitt der Stufe C l ermittelt werden (vgl. S. 252)68. Zum jüngsten Fundgut aus diesen Körpergräbern gehört 82

Godlowski (1970) 99 Abb. 19. «3 Ebd. 101 ff. 64 Was das Ende der älteren und den Beginn der jüngeren römischen Kaiserzeit betrifft, so tut man gut daran, die Trennlinie nicht zu scharf zu ziehen. Da sich immer deutlicher zeigt, in welch starkem Maße das jüngerkaiserzeitliche Material entwicklungsgeschichtlich an jenes der vorausgehenden Periode gebunden ist, kann man von einem deutlichen kulturellen Umbruch, wie er jüngst noch von Mildenberger (Mildenberger [1970] 6) und Godlowski (Godlowski [1970] 61) gesehen wurde, nicht mehr die Rede sein. Wenn man heute überhaupt noch von einer Zäsur zwischen beiden Epochen sprechen will, so zeichnet sich eine solche allenfalls in der Belegung der Gräberfelder ab. Aber auch in diesem Punkt setzt sich mehr und mehr die Erkenntnis durch, daß die Friedhöfe keineswegs übereinstimmend abbrechen und gleichzeitig neue einsetzen (vgl. Schach-Dörges [1970] 145 ff.). «o Werner (1973) 27. «• Vgl. Anm. 35. «7 Vgl. Anm. 33.

68 Thomas, die sich Berliner Jahrb. f. Vor- u. Frühgesch. 7, 1967, 63 f. zur Chronologie der Tierscheibenfibeln äußerte, datierte das Erfurter Stück aufgrund der Tatsache, daß es aus einem Körpergrab stammt, in die Zeit um 300. Auch die Meinung, daß Grab l von Planany, Kr. Kolfn, das eine Hirschfibel enthielt, frühestens in der Egger'schen Stufe C 2 möglich sei, ist nicht zu halten. Die mitgefundene „Bügelknopffibel" entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Armbrustfibel mit hohem Nadelhalter, Bügelknopf und oberer Sehne. Dieser Typus begegnet z. B. in der Slowakei aber auch in der Przeworsk-Kultur ganz am Beginn der jüngeren Kaiserzeit. T. Kolnik, Slovenskä Arch. 13, 1965, 190 Abb. 5, 1. 3. 6. 8; 194 Abb. 7, 3. 4. 10 mit Kommentar auf S. 232. - Godiowski (1970) Taf. 2, 3. Thomas datiert auch den Grabfund von Zvolen^ves, Kr. Slanf, der zwei Hirschfibeln und ein Paar kreisförmige Scheibenfibeln mit weniger als 5 cm Durchmesser ergab, zu spät. Derartige Scheibenfibeln sind durchaus schon im älteren Abschnitt der jüngeren Kaiserzeit in Mode (vgl. S. 252).

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Abb. 5. Fundgruppen der Stufen C l a, C l b und Cl.

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Abb. 6. Fundgruppen der Stufen C l b / C 2 und C l / C 2.

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Abb. 7. Fundgruppen der Stufen C 2 , C l b / C 2 / C 3 und C 2 / C 3.

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Abb. 8. Fundgruppen der Stufen C 3 und C 1-C 3.

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die bronzevergoldete Zwiebelknopffibel aus Grab 5/1926 von Leuna, Kr. Merseburg69, die nach provinzialrömischen Analogien in die Jahrzehnte zwischen 290 und 320 zu datieren wäre70. Bereits ins 4. Jahrhundert ist Grab 4/1926 aus derselben Nekropole zu setzen, dessen Ausrüstung aus einem Eisenmesser und einer ovalen Gürtelschnalle aus Eisen bestand, die im Fundstoff des HaßlebenLeuna-Kreises ein Unikum darstellt71. Daß die Frühphase der Verwendung kreis- und halbkreisförmiger, kurz- und langovaler Eisenschnallen (vgl. Abb. 4,21.22. 23 b. 24) in die erste Hälfte des 4. Jahrhunderts fällt, beweisen entsprechende Gürtelsdiließen germanischer Herkunft aus spätrömischen Gräbern der Donauprovinzen72 (Abb. 9,1-2.4. 8). Handgemachte Tonvasen mit tiefliegendem Umbruch und doppelkonischen, schräg kannelierten oder ritzverzierten Körpern begegnen in provinzialrömischen Fundzusammenhängen ebenfalls nicht vor der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts. Das zeigen die Inventare aus den Gräbern 10 und 90 des zwischen 1969 und 1971 nahezu komplett aufgedeckten Bestattungsplatzes von Neuburg a. d. Donau (Oberbayern) (Abb. 10)73. So ergibt sich von selbst, daß die in Mitteldeutschland auch in „Fürstengräbern" beobachteten Vorformen mit kugeligen Körpern (vgl. Abb. 3,17 a) älter sein müssen und in der Masse in die zweite Hälfte des 3. Jahrhunderts gesetzt werden dürfen74. Hinsichtlich der zeitlichen Fixierung des Endes der Stufe C 2 und des Beginns der Stufe C 3 gingen die Ansichten bisher erheblich auseinander75. Von elementarer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Klärung der Frage, wann die Ausbildung der Bügelknopffibeln (vgl. Abb. 2, 8) und der Schildfibeln mit Fuß-, Bügel- und Kopfschild (vgl. Abb. l,3c) erfolgte, die ja Leitformen ersten Ranges im Inventar der Stufe C 3 darstellen. Was die Bügelknopffibeln betrifft, so war man bisher der Meinung, daß der Typus im 3. Jahrhundert entstanden sei. Ausgangspunkt derartiger Überlegungen war eine Armbrustfibel mit Bügelöse aus dem Kastell Zugmantel, die Meyer an den Beginn der Entwicklungsserie rückte76. Daß es sich bei dem angezogenen Stück um keine Bügelknopffibel, auch um keine Vorform derselben, sondern um eine Armbrustfibel des 4. oder 5. Jahrhunderts handelt, hat A. Böhme in ihrer kürzlich erschienenen 69

Schulz (1953) Taf. 29,1. Keller (1971) 32 f. (Typ 1). 71 Schulz (1953) 30 Abb. 58-59. Im Zusammenhang mit der Datierung der jüngsten Körpergräber des Haßleben-Leuna-Kreises wäre die Frage aufzugreifen, ob in Mitteldeutschland in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts die Totenverbrennung von der Körperbestattung abgelöst wird. Die in Anm. 17 genannten Autoren haben das vermutet. Dagegen könnte der Grabungsbefund der Nekropole von Schönebeck, Kr. Schönebeck, sprechen, von der Laser annimmt, sie gehöre ins ausgehende 4. und beginnende 5. Jahrhundert (Jahresschr. Halle 47, 1963, 345). Die in einigen Proben vorhandenen Schalenurnen des Typs 9 (Jahresschr. Halle 47, 1963, 330 Abb. 3, i; 332 Abb. 5, c; 334 Abb. 6, a. e. i; 340 Abb. 9, f) machen jedoch deutlich, daß die Belegung wie in dem vergleichbaren Gräberfeld von Butzow, Kr. Brandenburg-Land, spätestens in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts einsetzt und wohl das ganze 4. Jahrhundert andauert (Schmidt, Veröffentl. d. Mus. f. Ur- u. Frühgesch. Potsdam 2 [1963] 87). 72 Aufgrund von Zwiebelknopffibeln des Typs 2 nach Keller (Keller [1971] 35 f.) gehören z. B. die eiserne Rundschnalle aus Grab 8 von Weßling, Ldkr. Starnberg, (Keller [1971] Taf. 38, 17) und die langovale Eisen70

schnalle aus Grab 4 von Göggingen, Ldkr. Augsburg, (Keller [1971] Taf. 8, 7-8) in die constantinische Zeit. Allgemein der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts sind die kurz- und langovalen Schnallen aus den Gräbern 74 (Abb. 9,1) und 96 (Abb. 9, 4) von Neuburg a. d. Donau sowie die halbkreisförmigen Eisenschnallen aus Grab 95 derselben Nekropole (Abb. 9, 2) und aus Grab 18 von Göggingen, Ldkr. Augsburg zuzuweisen (Keller [1971] 74 Taf. 10, 6). Grab 92 von Neuburg a. d. Donau, das ebenfalls eine halbkreisförmige Gürtelschließe enthielt, muß wegen einer Zwiebelknopffibel des Typs 3 nach Keller (Keller [1971] 37 f.) in die Mitte des 4. Jahrhunderts gesetzt werden (Abb. 9, 6. 8). 73 Vgl. Arch. Korrespondenzbl. l, 1971 Taf. 32, oben nach S. 178. Grab 90 gehört allgemein in die erste Hälfte des 4. Jahrhunderts, Grab 10 wird durch einen Armring aus vier gewundenen Bronzedrähten ins mittlere Drittel des 4. Jahrhunderts datiert (vgl. Keller [1971] 98). 74 Haßleben, Grab 8 („Fürstengrab"). Schulz (1933) Taf. 14, 5. - Emersleben, Grab 2. Schulz, Jahresschr. Halle 36,1952,111 Abb. 16. '5 Vgl. Godlowski (1970) 99 Abb. 19. 76 Meyer, Arbeits- u. Forschungsber. z. Sachs. Bodendenkmalpflege 8, I960, 234 f.

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Erwin Keller

Abb. 9. Inventare der Gräber 74, 92, 95 und 96 aus dem spätrömischen Gräberfeld von Neuburg a. d. Donau (Oberbayern). 1-4. 8 Eisen. 5 Speckstein. 6 Bronze. 7 Ton. M. l : 2.

Chronologie der jüngerkaiserzeitlichen Grabfunde

271

Abb. 10. Inventare der Gräber 10 und 90 aus dem spätrömischen Gräberfeld von Neuburg a. d. Donau (Oberbayern). 1-2 Bronze. 3 Silber. 4-7 Ton. M. l: 2.

272

Erwin Keller

Doktorarbeit überzeugend nachgewiesen77. Stellt man die wenigen absolut datierbaren Gräber zusammen, die Bügelknopffibeln des Typs 8 (Abb. 2, 8) oder Schildfibeln des Typs 3 c (Abb. l, 3 c) ergaben, so erhält man ein erstaunlich einheitliches Ergebnis. Grab 35 von "Worms/Kirschgarten (Abb. 11), das eine frühe Bügelknopffibel, zwei Armbrustfibeln mit dreieckigem Fußabschluß des Typs 4 b (vgl. Abb. 2, 4 b) sowie Schmuck- und Gerätbeigaben enthielt, wird durch eine mitgefundene Bronzemünze Constantius II. aus den Jahren 341/346 in die Mitte des 4. Jahrhunderts datiert78. Dieser Ansatz ist auch für Grab 3 von Gerlachsheim, Kr. Tauberbischofsheim, verbindlich, aus dem eine gleichartige Bügelknopffibel, ein Schildfibelpaar des Typs 3 c und eine provinzialrömische Gürtelschnalle mit ovalem Beschlag und halbkreisförmigem Bügel stammen79. Grab 544 von Kaiseraugst (Kanton Aargau), das eine Schildfibel des Typs 3 c erbrachte, die man offensichtlich in einem Holzkästchen neben den Füßen der Toten beigab, kann aufgrund einer mitgefundenen Bronzeschnalle mit tierkopfbesetztem Bügel nicht vor der Mitte des 4. Jahrhunderts angelegt worden sein80. In die Mitte und zweite Hälfte des 4. Jahrhunderts fällt auch die Hauptblüte einfacher Knochenkämme mit dreieckiger Griffplatte (vgl. Abb. 4, 28 c), die Leitfunde zweiter Ordnung in der Stufe C 3 bilden. Ihr frühestes Datum, das zugleich das früheste der Stufe ist, über das wir augenblicklich verfügen, ergibt sich aus den zwischen 317 und 320 geprägten Schlußmünzen eines Mädchengrabes von Nymwegen-Grotberg (Niederlande)81. Es spricht also nichts dagegen, die Grenze zwischen den Stufen C 2 und C 3 mit Raddatz und Godlowski in der constantinischen Zeit zu ziehen, die ja fast die ganze erste Hälfte des 4. Jahrhunderts umfaßt82. Seit dieser Periode ist die stärkere Verwendung eisernen Gürtelzubehörs nachzuweisen, bis in diese Zeit überdauern dreigliedrige Schnallen mit ovalem Rahmen (vgl. Abb. 3,19). Das belegen Funde von Gürtelschließen aus provinzialrömisch-germanischen Gräbern von Potzham, Gde. Taufkirchen, Ldkr. München83, von Oudenburg (Belgien)84 und von Köln85, die bei Einzelunterschieden doch denselben Grundtypus verkörpern. Am Ende der Entwicklungsserie steht das hypertrophe Stück aus Bischleben, Kr. Gotha, 77

Saalburg Jahrb. 29,1972,35. Mainzer Zeitschr. 66, 1971, 154 Abb. 21; Taf. 51, 6. Die Prägezeit der Münze bestimmte B. Overbeck (München). 79 Jahrb. RGZM. 7,1960, 283 Abb. 19,1. 4. 5. 7. Zur Datierung der Schnalle vgl. Keller (1971) 59. Es ist hier nicht der Ort, die chronologische Neuordnung der Bügelknopffibeln aus dem Elbegebiet sowie aus Südwestdeutschland und Nordbayern durchzuführen. Die Funde von Worms/Kirschgarten und Gerlachsheim zeigen an, daß die vor allem in Südwestdeutschland und Nordbayern häufigen Bügelknopffibeln mit kurzen Bügelzapfen zu den ältesten der Gattungen gehören. Aus typologischen Gründen möchte man Bügelknopffibeln mit kleinen konischen oder pilzförmigen Knöpfen (vgl. dazu die in Liste 19 vereinigten Stücke) an diese frühe Gruppe anschließen. Exemplare mit ausgeprägt doppelkonischen Knöpfen werden z. B. in Leutkirch, Kr. Wangen, (Jahrb. RGZM. 7, 1960, 284 Nr. 34) und Stendal, Kr. Stendal (Jahresschr. Halle 27, 1938, Taf. 8, 4) durch Beifunde in die zweite Hälfte des 4. Jahrhunderts datiert. Zu den jüngsten Bügelknopffibeln zählen zweifellos jene mit polyedrischen Knöpfen, die, das zeigt der Grabfund von Blucina, Kr. Zidlochovice (Casopis Moravskeho Mus. 39,1954, 39 Taf. 4, b 2) noch in der Zeit um 500 getragen wurden. 78

8

»Anz. f. Schweiz. Altkde. N. F. 13, 1911, 148; N. Aberg, Die Franken und Westgoten in der Völkerwanderungszeit (1922) 34 Abb. 39. Nach einer Zeichnung, die mir M. Martin (Basel) freundlicherweise überließ, sitzen die Tierköpfe beidseits der Dornrast. Als Vorlagen könnten einerseits provinzialrömische Delphinschnallen mit nierenförmigen Beschlägen gedient haben, die seit dem mittleren Drittel des 4. Jahrhunderts begegnen (vgl. Kaiseraugst-Stalden, Grab 2 mit einer 330/335 geprägten Kleinbronze. Festsdir. R. Bosch [1947] 143 Abb. 4, 10. - Pecs, Grab 11 mit Schlußmünzen von Constantius II. aus den Jahren 341/346 [Coh. 210 und 293]. Folia Arch. 3-4, 1941, 130 Taf. 4, 3). Wahrscheinlicher ist es jedoch, daß provinzialrömische Gürtelschließen mit beißenden Tierköpfen und Viereckbeschlägen vom Typ Basel-Aeschenvorstadt, Grab 319, imitiert wurden, die der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts angehören (Jahrb. d. Schweiz. Ges f. Urgesch. 50,1963, 79 Abb. 25). 81 Mitt. H. Böhme (Mainz). 82 K. Raddatz, Der Thorsberger Moorfund. Gürtelteil'e und Körperschmuck. Offa-Bücher 13 (1957) 148; Godiowski (1970) 99 Abb. 19.

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Tabelle 2. Beigabenkombinationen in ostalamannischen Knabengräbern des 6. und 7. Jahrhunderts. * Goldring; Fibeln und Nadeln aus Bronze; Gürtelschnallen und Beschläge tauschiert bzw. aus Bunt- oder Edelmetall. + Kinderwaffe.

die es bedenkenlos erlauben würden, eine oder mehrere Bestattungen dem Hochadel zuzuweisen, wie bei den Jugendlichen den Toten von Niederstotzingen Grab 6, dessen Ausstattung mit Waffen und Pferdegeschirr sich von der eines erwachsenen Mannes nicht unterscheidet. Die Beigabe eines Kindersaxes ist im 6. und 7. Jahrhundert nicht auf den ostalamannischen Raum beschränkt, wie Beispiele aus anderen Gebieten belegen können. Vollständigkeit ist dabei nicht angestrebt worden und auch nicht zu erreichen, weil sich viele verdächtige Grabinventare wegen des schlechten Erhaltungszustands der Skelette, wegen Beraubung und wegen des Fehlens von Maßangaben oder einer anthropologischen Bestimmung der Beurteilung entziehen (Tab. 3). Aus dem ostalamannischen Raum ist zunächst noch Mindelheim Grab 95 zu nennen22, aus dem übrigen alamannischen Bereich Güttingen, Kr. Konstanz, Grab 7923, Singen am Hohentwiel Grab 1924, Beggingen-Löbern, Kt. Schaffhausen, Grab 1825, Schwörstadt-Niederdossenbach, Kr. Säckingen, Grab l26, Herten, Kr. Lörrach, Grab 73, 190 und 21727, Wyhlen, Kr. Lörrach, Grab 13 und 1728 und Bülach, Kt. Zürich, Grab 99,102,110,114 und 14929. 22

Werner, Das alamannische Gräberfeld von Mindelheim. Materialh. z. bayer. Vorgesch. 6 (1955) 36 u. Taf. 36, A. 23 G. Fingerlin, Die alamannischen Gräberfelder von Güttingen und Merdingen. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit A 12 (1971) 212 u. Taf. 33. 24 F. Garscha, Die Alamannen in Südbaden. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit A 11 (1970) 257.

25

W. Guyan, Das alamannische Gräberfeld von Beggingen-Löbern. Sehr. d. Inst. f. Ur- u. Frühgesch. d. Schweiz 12 (1958) 27 u. Taf. 2. z » Garscha (wie Anm. 24) 253 o. Abb. "ebd. 96 u. Taf. 54, 5 (Grab 73); 107f. o. Abb. (Grab 190); 110 o. Abb. (Grab 217). 28 ebd. 288 f. Taf. 62, 7. 29 Werner, Das alamannische Gräberfeld von Bülach.

Irmingard Ottinger

394

31 inf. I

Bülach Thaining Weimar, Nordfriedhof Hellmitzheim Köln-Müngersdorf Kelheim-Gmünd Eltville Güttingen Grafing-Öxing Bülach Epolding-Mühlthall Beggingen-Löbern Herten Bülach Erfurt, Krämpferflur SchwörstadtNiederdossenbach Singen am Hohentwiel Herten Kelheim-Gmünd Bülach Bülach Lauterhofen Mindelheim Wyhlen Bülach Kelheim-Gmünd MünchenFeldmoching Thaining MünchenFeldmoching Wyhlen

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Tabelle 3. Beigabenkombinationen in Knabengräbern mit Kindersax des 5. bis 7. Jahrhunderts. * Goldring; Fibeln und Nadeln aus Bronze; Gürtelschnallen und Beschläge tauschiert bzw. aus Bunt- oder Edelmetall. + Kinderwaffe.

Monogr. z. Ur- u. Frühgesch. d. Schweiz 9 (1953) 100. 101. 104. 105. 113; zu Grab 102 auch R. Moosbrugger-

Leu, Die Schweiz zur Merowingerzeit. Hdb. d. Schweiz z. Römer- u. Merowingerzeit (1971) 237 f. Abb. 83, 5.

Waffenbeigabe

in Knabengräbern

395

Im altbairischen Siedlungsraum kommen Kindersaxe in Thaining, Ldkr. Landsberg/L., Grab l30, Epolding-Mühltal, Ldkr. Wolfratshausen, Grab 6l31, München-Feldmoching Grab 27 und 4232 Grafing-öxing, Ldkr. Ebersberg, Grab 173S, Kelheim-Gmünd Grab 30, 38 und 3934 und Lauterhofen, Ldkr. Neumarkt/Opf., Grab 4735 vor. Aus Thüringen verdient neben Erfurt Grab 236, vor allem ein Knabengrab aus Weimar Aufmerksamkeit. Nach dem Vorbericht37 war das Kind in einem Totenbett bestattet worden. An Beigaben werden ein Sturzbecher, ein großes Messer „in der Art der Scramasaxe", eine Pferdetrense, Pfeile und Bogen, zahlreiche Tongefäße, mehrere Eier und ein halber Sdiweinekopf genannt. Als Beispiel aus dem mainfränkischen Bereich kann ein Knabengrab mit Kindersax aus Hellmitzheim, Ldkr. Scheinfeld, Grab 3038 aufgeführt werden. In Rheinfranken und im Trierer Gebiet sind HeidelbergKirchheim, Heuau II, Grab 36 und 8939, Eisenach, Kr. Trier, Grab 6640, Eltville, Rheingau-Kreis, Grab 8641, Bonn, Münster Grab 3l42, Köln-Müngersdorf Grab 3l43, Köln, St. Severin Grab 64 und 6544 und das Knabengrab unter dem Kölner Dom45 zu nennen. Daneben gibt es Beispiele von Knabengräbern, die mit Erwachsenensax ausgestattet waren. Dazu gehören München-Giesing, Riegeranger Grab 24446, Grafing-öxing Grab 2347, Essenbach, Ldkr. Landshut, Grab II48, Herten Grab 155 A49, Spangdahlem, Kr. Wittlich, Grab 350 und Ehrang, Kr. Trier, Grab 7251. Nur selten wurden außer Pfeilspitzen neben dem Sax auch andere Waffen beigegeben. Der „Mann" von Bülach Grab 1852 war mit 135 cm Skelettlänge mit Sicherheit noch nicht erwachsen. Durchschnittliche Körpergröße vorausgesetzt, dürfte der Tote etwa 12 bis 14 Jahre alt gewesen sein. 30

Dannheimer, Germania 40,1962, 411 Abb. 3, 2-4. ders., Epolding- Mühlthal. Siedlung, Friedhöfe und Kirche des frühen Mittelalters. Münchner Beitr. z. Voru. Frügesch. 13 (1968) 141 u. Taf. 14, 4-9. 82 Dannheimer u. Ulbert, Die bajuwarischen Reihengräberfelder von Feldmoching und Sendung, Stadt München. Materialh. z. Bayer. Vorgesch. 8 (1956) 20 u. Taf. 30 u. 4 F. 33 W. Czysz, Ein bajuwarisches Reihengräberfeld des 7. Jahrhunderts in öxing. Ein Beitrag zu Grafings Frühgeschichte. Grafinger heimatkdl. Sehr. 7 (1973). Im Druck. 34 U. Koch, Die Grabfunde der Merowingerzeit aus dem Donautal um Regensburg. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit A 10 (1968) 161 f. u. Taf. 21, 4-8; 22, 8-17; 23,1-8. 35 Dannheimer, Lauterhofen im frühen Mittelalter. Materialh. z. bayer. Vorgesch. 22 (1968) 71 u. Taf. 29; 36, 3; 14, 8-28. 38 B. Schmidt, Die späte Völkerwanderungszeit in Mitteldeutschland. Katalog (Südteil). Veröfif. Landesmus, f. Vorgesch. Halle 25 (1970) 54 u. Taf. 47,1. 37 D. Behm-Blancke, Ausgrabungen u. Funde 2,1957, 140. 38 Dannheimer, Die germanischen Funde der späten Kaiserzeit und des frühen Mittelalters in Mittelfranken. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit A 7 (1962) 208 u. Taf. 79, E. 39 G. Clauß, Reihengräberfelder von HeidelbergKirchheim. Bad. Fundber. Sonderh. 14 (1971) 136 u. Taf. 8,16-22; 159 u. Taf. 21,1-2. In Grab 96 entspricht 31

die Lage der beiden rund 15 cm langen Messer der Lage von Spatha und Sax in dem Männergrab 85: Taf. 54 f.. 40 K. Böhner, Die fränkischen Altertümer des Trierer Landes 2. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit B l (1958) 28. 41 H. Schoppa, Der fränkische Friedhof bei Eltville im Rheingau-Kreis. Nass. Ann. 61,1950, 39 f. Taf. 23. 42 H. Lehner u. W. Bader, Bonner Jahrb. 136-137, 1932,172 f. Abb. 9,2 u. Taf. 15, 33a. 34 u. 35,1. 48 F. Fremersdorf, Das fränkische Reihengräberfeld von Köln-Müngersdorf. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit 6 (1955) 139 u. Taf. 31.102, 7. 44 Fremersdorf, Zwei germanische Grabfunde des frühen 5. Jahrhunderts aus Köln. Germania 25, 1941, 180 ff. Abb. 1-3 u. Taf. 30-31. 45 O. Doppelfeld, Das fränkische Knabengrab unter dem Chor des Kölner Domes. Germania 42,1964,156 ff., bes. 164 ff. Abb. 7. 48 H. Bott, Der Bajuwarenfriedhof auf dem Riegeranger in München-Giesing. Bayer. Vorgeschichtsbl. 13, 1936, 46 Anm. 20a, o. Abb. 47 Czysz (wie Anm. 33). 48 Dannheimer, Reihengräber und Ortsnamen als Quellen zur frühmittelalterlichen Besiedlungsgeschichte Bayerns, in: Aus Bayerns Frühzeit (Festschrift f. F. Wagner [1962]) 267 Abb. 4, 6-7. 49 Garscha (wie Anm. 24) 104. 60 Böhner (wie Anm. 40) 146. 51 ebd. 18. 62 Werner (wie Anm. 29) 87.

396

Irmingard Ottinger

Daraus erklärt sich das Fehlen einer Spatha in dem reich ausgestatteten Grab, das Schild, Lanze, Kurzsax, Kompositbogen mit 12 Pfeilspitzen, eine silberne Gürtelschnalle, Schuhschnallen, einen Kamm und zwei Stengelgläser enthielt. Selbst wenn der Tote bereits jugendliches Alter erreicht haben sollte, zählt seine Ausstattung zu den qualitätvollen Inventaren, auch wenn sie dann nicht mehr so ungewöhnlich ist wie unter den Knabengräbern. Ein Grab mit vollständiger Waffenausrüstung liegt aus Wettelsheim, Ldkr. Gunzenhausen, vor. Ein Knabe, „angeblich im Zahnwechsel"53, war mit Schild, Spatha, Sax, bronzener Spatha- und silber- und messingtauschierter, vielteiliger Saxgarnitur ausgestattet. Außerdem war ein Tongefäß beigegeben worden. Neben diesem, wie mir scheint, nicht völlig gesicherten Grabfund von Wettelsheim ist das Knabengrab unter dem Kölner Dom die einzige Knabenbestattung mit vollständiger Waffenausrüstung, die bis jetzt bekannt ist und mit ihrer Kombination von Kinder- und Erwachsenenwaffen eine besondere Bedeutung hat. Man wird Doppelfelds Interpretation zustimmen dürfen, daß es sich bei dem Bestatteten um einen Knaben aus königlicher Familie handelt54. Schild, Helm, der mit einem kleinen Messer in einem Futteral steckende Kindersax, das Trinkhorn und der Daubeneimer haben die dem höchstens sechsjährigen Knaben55 angemessene Größe und haben zweifellos zum persönlichen Besitz des Knaben gehört, ebenso die Pfeilspitzen, die wegen ihrer nicht fränkischen Form keine andere Deutung zulassen. Spatha, Ango, Franziska und Lanze dagegen haben Erwachsenenformat, sie können von dem kleinen Prinzen noch nicht geführt worden sein56 und sind offenbar standesgemäße Totenausstattung. Daß ihm auch eine Spatha beigegeben wurde, könnte den königlichen Rang des Toten unterstreichen; denn in der Regel begegnet die Spatha nur als Waffe des erwachsenen Mannes. Eine Ausnahme bildet das Grabgut eines etwa neunjährigen Knaben aus der ehemaligen Pfarrkirche St. Justus in Flums, Kt. St. Gallen. Er war mit einer Spatha von 75 cm Länge, einer silbertauschierten Saxgarnitur und einem Messer mit nietenbesetzter Scheide bestattet worden57. Durch die Erwähnung eines Hofes im Testament des Churer Bischofs Tello von 765 ist Besitz der Victoriden in Flums nachgewiesen58. Ob das rund 100 Jahre ältere Knabengrab dieser rätischen Hochadelsfamilie zuzurechnen ist, muß offen bleiben. Immerhin ist dieser Grabfund aus einem Randgebiet germanischer Beigabensitte mit seiner verhältnismäßig kleinen Spatha59 recht bemerkenswert. Die Durchsicht der verschiedenen Gräberfeldpublikationen lehrt, daß die Saxbeigabe in Knabengräbern nicht überall mit derselben Ausschließlichkeit geübt wurde, wie es bei der Betrachtung der ostalamannischen Gräberfelder den Anschein hatte. Insbesondere Lanzenspitzen kommen allein oder zusammen mit Schild, Axt oder Pfeilen vor. Als Beispiele können Köln-Müngersdorf Grab 83, 128 und 12960, Junkersdorf, Ldkr. Köln, Grab 198 und 53l61, Beggingen-Löbern Grab 762 und Bülach Grab 1663 angeführt werden. 53

Dannheimer (wie Anm. 38) 186 f. u. Taf. 39, D; 40. Doppelfeld (wie Anm. 45) 188; Doppelfeld u. R. Pirling, Fränkische Fürsten im Rheinland. Sehr. d. Rhein. Landesmus. Bonn 2 (1966) 24. 55 Doppelfeld, Kölner Dombl. 1960, 88. 56 Werner, Bewaffnung und Waffenbeigabe in der Merowingerzeit, in: Settimane di Studio del Centro Italiano di studi sull'alto medioevo 15 (1968) 95 ff. 57 J. Hecht, Anz. f. Schweiz. Altkde. 36, 1934, 230. 30. Jahresber. Schweiz. Ges. f. Urgesch. 1938, 132 f. G. Schneider, Churrätien vom 4. bis 8. Jahrhundert auf Grund archäologischer Zeugnisse. Diss. München 1973. 54

58

Bündner Urkundenbuch I 20 Z. 28. Moosbrugger-Leu (wie Anm. 29) 238 Anm. 3. 60 Fremersdorf (wie Anm. 43) 146.152 f. 61 P. La Baume, Das fränkische Gräberfeld von Junkersdorf bei Köln. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit B 3 (1967) 189. 268 u. Taf. 12; 249. 272 u. Taf. 33. Beide Gräber mit Schild und Lanze sind gestört, können daher noch weitere Waffen enthalten haben. 62 Guyan (wie Anm. 25). 63 Moosbrugger-Leu (wie Anm. 29) 238 Abb. 83, 6-7. 59

Waffenbeigabe in Knabengräbern

397

Sicher ist die Zahl der Knabengräber mit Erwachsenenwaffen bedeutend höher, als es gegenwärtig den Anschein hat. Doch sind diese Bestattungen in der Regel nur durch eine anthropologische Altersbestimmung zu identifizieren. Da Teilausstattungen mit Waffen, wie sie bei Knabengräbern die Regel sind, zu soziologischen Fehlinterpretationen führen, wenn das Sterbealter der Bestatteten unbekannt ist, ist die anthropologische Untersuchung des Skelettmaterials ein dringendes Desiderat der Forschung. Die auffallendste Erscheinung und ein Gegenstück zu den Kindersaxen ist jedoch die Beigabe von Äxten im Kleinformat, die uns vor allem aus Mitteldeutschland und aus dem fränkischen Siedlungsbereich bekannt sind. Während die Kindersaxe nur dann mit einiger Sicherheit als solche angesprochen werden können, wenn eine anthropologische Altersbestimmung vorliegt oder andere gewichtige Gründe für kindliches Sterbealter sprechen, sind die Kinderäxte auf Grund ihrer Form und Größe auch ohne Grabzusammenhang erkennbar63". Die Sitte der Axtbeigabe in Kindergräbern führt uns bis in die jüngere Kaiserzeit zurück64 und hat im Gegensatz zur Kindersaxbeigabe schon verschiedene zusammenfassende Darstellungen erfahren65. Dabei ist auch die Frage, ob es sich um eine Waffe oder ein Werkzeug handelt, zur Diskussion gestellt worden. Wenn hier die Deutung als Waffe bevorzugt wird, so deshalb, weil sich die Sitte der Axtbeigabe lückenlos von der jüngeren Kaiserzeit in die frühe Merowingerzeit verfolgen läßt, wo eine spezielle Form der Axt, die Franziska, nur die Deutung als Waffe zuläßt. Wenn E. Meyer gegen H. Schach-Dörges und die meisten Fachkollegen die Meinung vertritt, daß die spätkaiserzeitlichen Kinderäxte Werkzeuge gewesen seien, weil die Knaben, denen sie mitgegeben wurden, noch keine „Krieger" waren66, so muß man dem entgegenhalten, daß die Knaben ebensowenig „Waldarbeiter" waren. Man wird der mitteldeutschen Fundgruppe nicht völlig gerecht, wenn man nicht den Zusammenhang sieht zu den Funden aus den sog. Laetengräbern des 4. und 5. Jahrhunderts67, die am Anfang der Reihengräberzivilisation stehen68. Einige modern untersuchte und veröffentlichte Brandgräberfelder, deren Skelettreste anthropologisch untersucht worden sind, können Aufschluß geben über die Bestattungssitte der spätrömischen Zeit (Tab. 4). Das Gräberfeld von Zauschwitz, Kr. Borna, wurde ziemlich vollständig ausgegra63a Außer aus der Gegend von St. Quentin sind mir keine Beispiele von kleinen Äxten in Gräbern sicher erwachsener Männer bekannt geworden. In diesem von der römischen Beigabensitte gekennzeichneten Milieu dürften sie nicht wesentlich anders zu bewerten sein wie in Knabengräbern. 64 Kleine Äxte kommen auch in Fundverbänden der Spätlatenezeit und der älteren Kaiserzeit vor, sowohl vereinzelt in Siedlungsfunden wie besonders in Grabfunden. Ob es sich bei letzteren um Kindergräber handelt, läßt sich beim gegenwärtigen Stand der Forschung nicht beurteilen. Entweder fehlen anthropologische Untersuchungen, oder es handelt sich um Waffenlager. Für die Interpretation dieser Fundgruppe wäre es daher von Bedeutung, wenn bei Neufunden die Leichenbrände einer anthropologischen Untersuchung zugänglich gemacht würden. 65 R. Laser, Zeitschr. Universität Leipzig, gesellsch. u. sprachwiss. R. 10, 1961, 679. Clauß (wie Anm. 39) 36 f. 108 Anm. 200 mit Fundliste nach Münchner Seminararbeit von Frau U. Giesler-Müller, der ich für Überlassung ihres Materials zu Dank verpflichtet bin.

66 E. Meyer, Das germanische Gräberfeld von Zauschwitz, Kr. Borna. Arbeits- u. Forschungsber. z. Sachs. Bodendenkmalpflege, Beih. 6 (1969) 27 ff.; H. SchachDörges, Das jungkaiserzeitliche Gräberfeld von Wilhelmsaue in Brandenburg. Berliner Beitr. z. Vor- u. Frühgesch. 13 (1969) 49 f.; G. Mildenberger, Die thüringischen Brandgräber der spätrömischen Zeit. Mitteldeutsche Forsch. 60 (1970) 50 f. 67 In die Diskussion um die Bezeichnung der Personengruppe ist neuerdings R. Günther mit zwei Arbeiten eingetreten: Laeti, foederati und Gen tuen in Nord- und Nordostgallien im Zusammenhang mit der sogenannten Laetenzivilisation. Zeitschr. f. Arch. 5, 1971, 39 ff. und: Die sozialen Träger der frühen Reihengräberkultur in Belgien und Nordfrankreich im 475. Jahrhundert. Helinium 12, 1972, 268 ff. Vgl. Werners Nachtrag zu seinem Aufsatz: Zur Entstehung der Reihengräberzivilisation, in: Siedlung, Sprache und Bevölkerungsstruktur im Frankenreich. Wege der Forsch. 49 (1973) 321 ff. 68 Werner, Zur Entstehung der Reihengräberzivilisation. Arch. Geographica l, 1950, 23 ff.

Irmingard Ottinger

398

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Urne Urne, Harz Urne Urne Urne

Tabelle 4. Beigabenkombinationen in Brandbestattungen von Knaben mit Kinderaxt. * Goldring; Fibeln und Nadeln aus Bronze; Gürtelschnallen und Beschläge tauschiert bzw. aus Bunt- oder Edelmetall. + Kinderwaffe.

ben69. Es ergab 67 Gräber mit 68 Bestattungen. Darunter waren 14 Kinder (20,6%), davon zwölf unter sieben Jahren. Auf Grund der Beigaben waren Grab 14 und 41 Knabengräber. Grab 14 enthielt neben einer Schalenurne als Leichenbrandbehälter eine kleine Axt (L. 10,1 cm), eine Speerspitze mit Widerhaken (L. 14,8 cm) sowie Kamm, Messer, Pfriem und Feuerstahl, ein Bruchstück einer Bronzefibel und die Bronzebeschläge eines Gürtels70. Ähnlich ausgestattet war Grab 41. In der Schalenurne befand sich eine Axt provinzialrömischer Form (L. 12,9 cm)71, eine Lanzenspitze, ein Messer, ein meißelartiges Gerät sowie ein eiserner Knopfsporn. Nach der anthropologischen Untersuchung waren die beiden Knaben unter sieben Jahren alt. In den Männergräbern von Zauschwitz fehlen Waffen. In Grab 20 und 62 wurde provinzialrömisches Schwertzubehör gefunden72. In Dessau-Großkühnau konnte ein spätkaiserzeitliches Brandgräberfeld mit bisher 210 Bestattungen untersucht werden. Davon waren nach dem anthropologischen Gutachten 54 Kinder (25,7%), darunter sieben Knaben auf Grund von Waffenbeigaben, 13 sicher oder doch wahrscheinlich Mädchen73. Äxte sind vertreten in den Gräbern 13 (verschollen), 39 (L. 11,4 cm), 61 (L. 9,7 cm), 205 (L. 10,0 cm) sowie in Grab 179 (L. 12,2 cm), dessen Leichenbrand verschollen ist. Grab 24 enthielt eine Lanzenspitze, Grab 13 neben der Axt einen Lanzenschuh, die Gräber 48 und 105 und das Axtgrab 20.5 Pfeilspitzen. In Dessau-Großkühnau gibt es nur ein Männergrab mit Waffenbeigabe, das 69

Meyer, Zauschwitz (wie Anm. 66). ebd. 100 ff. Abb. 20-22; 144 ff. Abb. 55-56 u. Taf. 11, 27. 71 K. Raddatz, Römische Äxte aus dem freien Germanien. Offa 17-18,1959-1961,17 ff. Abb. 1. 70

72 Meyer (wie Anm. 66) 111 ff. Abb. 30-31; 174 ff. Abb. 80,1-3. 5. 73 Laser, Die Brandgräber der spätrömischen Kaiserzeit im nördlichen Mitteldeutschland 1. Forsch, z. Voru. Frühgesch. 7 (1965) 50 ff.

Waffenbeigabe in Knabengräbern

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Grab 198, mit einem Eisenhammer, einem langen Messer und einem Griffangeldolch provinzialrömischer Form (L. 35,4 cm)74, außerdem Pfeilspitzen in zwei Gräbern maturer Erwachsener (Grab 180 und 186), die auf Grund der übrigen Beigaben Frauen gewesen sein dürften. Eine ungewöhnlich hohe Zahl Kinderbestattungen wurden in dem Gräberfeld von Wulfen, Kr. Köthen, festgestellt. Unter den 28 Gräbern mit 29 Bestattungen waren 13 Kinder (44,8%), darunter zwei Neugeborene oder Säuglinge und drei Kleinkinder unter sieben Jahren. In Grab 22 war eine Axt (L. 9,8 cm) und ein kleines Eisenmesser enthalten75. Das Kindergrab 11 ergab unter anderem Bruchstücke einer römischen Bronzekasserole. Auch in Wulfen fehlen Männergräber mit Waffenbeigabe. Unter den fünf Brandgräbern von Görzig, Kr. Köthen, war ebenfalls ein Knabengrab mit einer kleinen Axt76. In dem großen Gräberfeld von Pritzier, Kr. Hagenow, mit 1732 Fundstellen und 1632 Bestattungen befanden sich 500 Kindergräber, darunter Grab 888 mit einer kleinen Axt (L. 9,5 cm) und einem Messer77. Ebenfalls im Kreis Hagenow wurde ein weiteres Kindergrab mit Axtbeigabe entdeckt. Das Urnengrab XII von Kaarssen-Stixe enthielt neben der Urne eine 9,2 cm lange Axt und ein Griffangelmesser78. Im Gegensatz zu den bisher behandelten Gräberfeldern ist Hamfelde, Kr. Herzogtum Lauenburg, ein von der Spätlatenezeit bis in die jüngere Kaiserzeit kontinuierlich belegter Männerfriedhof mit 890 Fundstellen. Die Leichenbrände konnten anthropologisch untersucht werden, davon waren 647 mehr oder weniger altersbestimmbar. Von den 101 Kindern (15,6%) waren nur neun unter sieben Jahren alt, Säuglinge und Kleinstkinder fehlten völlig. Männer im Greisenalter konnten ebenfalls nicht festgestellt werden. In der älteren Kaiserzeit kommen trotz reicher Waffenbeigaben in den Männergräbern in den Kindergräbern keine Waffen vor, nur zweimal Sporen79. Schwerter fehlen auch in den Gräbern von Jugendlichen mit Ausnahme von Grab 302. Hingegen sind Lanze und Schild in den Gräbern von Jugendlichen und jüngeren Erwachsenen vertreten80, kommen ohne Schwert und Sporen aber nicht in Gräbern sicher spätadulter oder maturer Männer vor. Pfeilspitzen und Äxte wurden nicht beigegeben. In der jüngeren Kaiserzeit ändert sich die Beigabensitte völlig. Die Männergräber sind jetzt waffenlos. Dagegen gehört das einzige waffenführende Kindergrab 543 mit Axt (L. 10,2 cm) nach der Keramik der Stufe Hamfelde V (= entwickelte Stufe Eggers C 1) an81. Was in Zauschwitz, Dessau-Großkühnau und Wulfen schon festgestellt werden konnte, das Fehlen der Waffenbeigabe in Männergräbern und die Sitte der Axtbeigabe in Knabengräbern der späten Kaiserzeit, verdeutlicht Hamfelde durch den Wechsel der Beigabensitte in besonderem Maße. Dieser Wechsel kann freilich nur konstatiert werden. Die geistigen Hintergründe, die ihn auslösten, sind nicht faßbar. Dagegen scheint sich für das Fehlen der Kleinkinderbestattungen eine Lösung anzubieten. Knaben unter fünf Jahren galten vermutlich noch nicht als Mitglieder der Männergemeinschaft und wurden wie die Frauen und vielleicht auch die alten Männer anderswo bestattet. Einen Hin74

vgl. den Dolch aus Wehringen, Grab 15: H.-J. Kellner, Jahrb. RGZM. 13, 1966, 198 Abb. 4, l (L. 39,5 cm). 75 Laser (wie Anm. 73) 177 ff. 7 « ebd. 126 ff. 77 E. Schuldt, Pritzier, ein Urnenfriedhof der späten römischen Kaiserzeit in Mecklenburg. Sehr. d. Sektion f. Vor- u. Frühgesch. 4 (1955) 90. 209 Abb. 56, 474. 78 R. u. H. Seyer, Bodendenkmalpflege in Mecklenburg, Jahrb. 1958, 205 Abb. 151; H. Schach-Dörges, Die

Bodenfunde des 3. bis 6. Jahrhunderts nach Chr. zwischen unterer Elbe und Oder. Offa-Bücher 23 (1970) 194 u. Taf. 27,1-3. 79 N. Bantelmann, Hamfelde, Kreis Herzogtum Lauenburg. Ein Urnenfeld der römischen Kaiserzeit in Holstein. Offa-Bücher 24 (1971) 119 u. Taf. 46; 138 u. Taf. 71. 80 Gräber 13, 21, 152, 183, 353, 361, 507, 575, 714, 777 und 889. 81 Bantelmann a. a. 0.148 u. Taf. 83.

400

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weis in dieser Richtung gibt Grab 24 vom Frauenfriedhof von Merkendorf, Kr. Oldenburg82. Das Grab enthielt neben Resten der Graburne eine kleine Axt (L. 9,6 cm). Ein weiteres Exemplar kam als Streufund zutage. K. Raddatz deutet das dahingehend, daß auf dem Frauenfriedhof auch Knaben bestattet wurden83. Die bisher hier vorgelegten kleinen Äxte stammen mit Ausnahme von Merkendorf aus Gräberfeldern, deren Leichenbrände anthropologisch untersucht worden sind, so daß kein Zweifel daran besteht, daß sie zu Kinderbestattungen gehören. Daneben gibt es zahlreiche kleine Äxte aus mitteldeutschen Brandgräbern, die mangels einer anthropologischen Altersbestimmung der Skelettreste nicht mit Sicherheit Kinderbestattungen zugewiesen werden können. Andererseits sind bisher keine kleinen Äxte bekannt, die in Gräbern erwachsener Männer gefunden wurden. Vor allem in der Lausitz ist die Axtbeigabe in Männergräbern recht geläufig. Diese Äxte und einzeln gefundene Exemplare haben jedoch größere Abmessungen84. Die mitteldeutschen Axtvorkommen wurden von Meyer und Schach-DÖrges zusammengestellt85, so daß auf eine nochmalige Vorlage verzichtet werden kann. Doch muß die hier gegebene Karte für Mitteldeutschland auf diesem Hintergrund gesehen werden. Die allgemeine Beigabenarmut der eibgermanischen Brandgräberfelder der jüngeren Kaiserzeit erschwert die soziologische Beurteilung der Kindergräber mit Axtbeigabe. Das zeigt auch die Zusammenstellung der Beigaben in Tabelle 4. Es gibt keine obligatorischen Beigabenkombinationen. Nur Kamm und Messer kommen häufiger vor. Außer in den beiden Gräbern des ostgermanisch beeinflußten Friedhofs von Zauschwitz treten keine Beifunde auf, die als Hinweis dafür gelten könnten, daß die Bestatteten der Oberschicht angehören. Andererseits ist das Vorkommen von Äxten verglichen mit der Gesamtzahl der Urnengräber weit weniger häufig, als es zunächst den Anschein hat. So hatten in Zauschwitz zwei von 14 Kindern Äxte, in Dessau-Großkühnau vier von 54 Kindern, in Wulfen eines von 13 Kindern. In den großen Gräberfeldern von Pritzier und Hamfelde war jeweils nur ein Grab mit einer Kinderaxt ausgestattet, was auch daran liegen mag, daß die beiden Gräberfelder an der Peripherie der Beigabensitte liegen. Der Anteil der Axtgräber an den Kindergräbern läßt sich also ungefähr mit dem Anteil der Saxgräber an den Kindergräbern in der Merowingerzeit vergleichen. In den reichen Körpergräbern vom Typ Haßleben-Leuna86 treten auch in den Knabengräbern keine Waffen auf außer Pfeilspitzen aus Silber und Bronze87, so in dem neuentdeckten Knabengrab 4 (1971) von Häven, Kr. Sternberg, das mit Silberfibel, Bronzeschnalle, Kamm, zwei Bronzepfeilspitzen, Glasschale, Daubeneimer, Knopfhenkelschale und Topf ausgestattet war88. Es ist daher vorläufig nicht möglich, einen Anknüpfungspunkt zu finden. Die Vermutung, daß es sich bei der Miniaturaxtbeigabe in Kindergräbern um eine Beigabensitte der Oberschicht handelt, kann am Material der eibgermanischen Brandgräberfelder nicht bewiesen werden. 82 Raddatz, Die Funde vom Urnenfriedhof der römischen Kaiserzeit und Völkerwanderungszeit von Merkendorf, Kreis Oldenburg. Offa 19, 1962, 150 Abb. 24 a-b. M ebd. 154. 84 Schach-Dörges (wie Anm. 78) 90 Tabelle 8. 85 Schach-Dörges (wie Anm. 66) 49 u. Karte 5 mit Fundliste; Meyer (wie Anm. 66) 27 ff. Anm. 96. 86 W. Schlüter, Versuch einer sozialen Differenzierung der jungkaiserzeitlichen Körpergräbergruppe von Haßleben-Leuna anhand einer Analyse der Grabfunde. Neue

Ausgrabungen u. Forsch, in Niedersachsen 6, 1970, 117 ff. 87 W. Schulz, Leuna, ein germanischer Bestattungsplatz der spätrömischen Kaiserzeit. Sehr. d. Sektion f. Vor u. Frühgesch. l (1953) 49 f.; Werner, Pfeilspitzen aus Silber und Bronze in germanischen Adelsgräbern der Kaiserzeit. Hist. Jahrb. 74,1955,38 ff. 88 Schuldt, Sondierungen auf dem Friedhof der spätrömischen Kaiserzeit von Häven, Kreis Sternberg. Bodendenkmalpflege in Mecklenburg, Jahrb. 1972, 213 ff. Abb. 115-119.

Waffenbeigabe in Knabengräbern

401

Unter den germanischen Körpergräbern Südwestdeutschlands aus dem 3. bis 5. Jahrhundert ist dagegen ein Knabengrab mit Axtbeigabe, das Grab eines etwa Elfjährigen aus Groß-Gerau, der außerdem mit einem tordierten silbernen Halsring, einem Gürtel, einer Bronzeschale und einem reichhaltigen Tongeschirrsatz ausgestattet worden war89. Die germanische Drehscheibenware und besonders die Gürtelschnalle mit rechteckigem Blechbeschläg weisen das Grab der Zeit um die Mitte des 4. Jahrhunderts zu. Der selben Zeit gehört Kezthely-Dobogo Grab 84 an, eine ins zweite Viertel des 4. Jahrhunderts münzdatierte Bestattung eines Zehn- bis Zwölfjährigen, dem zwei Äxte (L. 10 und 12 cm), eine Zwiebelknopffibel, zwei Militärgürtel, ein Glasbecher, ein Messer und ein germanischer Feuerstahl mitgegeben wurden90. Beide Gräber enthalten Funde, die als Rangabzeichen interpretiert werden könnten, Groß-Gerau den silbernen Halsring, Keszthely Zwiebelknopffibel und Militärgürtel91. Daß der Gedanke an Rangabzeichen in Knabengräbern nicht abwegig ist, zeigt die Darstellung von Stilichos Sohn Eucherius auf dem Diptychon im Domschatz von Monza. Der Knabe trägt wie der Vater Chlamys und Zwiebelknopfibel. Er war im Alter von etwa sieben Jahren mit den Ehrenämtern eines tribunus und notarius bekleidet worden92. In der zweiten Hälfte des 4. und im frühen 5. Jahrhundert finden wir Miniaturäxte als Beigabe von Knabenbestattungen in den als Laetenfriedhöfe in die Literatur eingegangenen frühen Reihengräberfeldern93 des nördlichen Gallien zwischen Ardennen, Somme und Loire. Zu nennen sind Furfooz Grab 994, Samson Grab l, 2, 3 und 595 und Spontin Grab G96. Anzuschließen sind KrefeldGellep II Grab 772 und 124897, das Körpergrab 31 vom Galgenberg bei Cuxhaven98 und wahrscheinlich Ehrang, Kr. Trier, Grab 43a". Der Zeit der Frankenkönige Childerich und Chlodwig gehören dann unter anderem Samson Grab 2l100, Köln-Müngersdorf Grab 106 und 148101 und Pliening, Ldkr. Ebersberg, Grab 15l102 an. Ins 2. Viertel des 6. Jahrhunderts ist Grab 11 von SpeyerGermansberg zu datieren, das zwei kleine Äxte enthielt, und von dessen übriger Ausstattung besonders ein Silberlöffel, ein Perlrandbecken und eine Pferdetrense bemerkenswert sind102". Zu den spätesten Stücken dürfte die kleine Bleifranziska von Elgg, Kt. Zürich, Grab 117 gehören103. Mit dem allgemeinen Auftreten der Kindersaxe scheint die Kinderaxt als Grabbeigabe um die Mitte des 6. Jahrhunderts außer Gebrauch gekommen zu sein. Nur ein einzelnes und vom Hauptverbreitungsgebiet am weitesten entferntes Belegstück gehört dem 7. Jahrhundert an. Es ist die atypische 89

R. Roeren, Zur Archäologie und Geschichte Südwestdeutschlands im 3. bis 5. Jahrhundert n. Chr. Jahrb. RGZM. 7,1960, 246 Abb. 5-6. 90 Unveröffentlicht. Freundliche Mitteilung von Herrn Dr. E. Keller, München. 81 K. Hauck, Halsring und Ahnenstab als herrscherliche Würdezeichen, in: P. E. Schramm, Herrschaftszeichen und Staatssymbolik l (1954) 145 ff.; Keller, Die spätrömischen Grabfunde in Südbayern. Münchner Beitr. z. Vor- u. Frühgesch. 14 (1971) 171 ff. 92 W. F. Volbach, Frühchristliche Kunst. Die Kunst der Spätantike in West- und Ostrom (1958) 57 Taf. 62-63; P. Metz, Elfenbein der Spätantike (1962) 11 f. u. Taf. 2-3. 93 Werner, Zur Entstehung der Reihengräberzivilisation. Arch. Geographica l, 1950, 23 ff.; ders., Kriegergräber aus der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts zwischen Scheide und Weser. Bonner Jahrb. 158, 1958, 372 ff. -Weitere Literatur zitiert Günther (vgl. Anm. 67).

26 Festschrift Werner

94

A. Dasnoy, La necropole de Furfooz. Ann. Soc. Arch. de Namur 55,1969,138 ff. Abb. 3. 85 ders., La n6cropole de Samson (IVe-VIe siecles). Ann. Soc. Arch. de Namur 54,1967-68, 277 ff. 96 ders., Ann. Soc. Arch. de Namur 53, 1965-1966, 184 ff. Abb. 9-11. "Pirling, Das römisch-fränkische Gräberfeld von Krefeld-Gellep 2. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit B 2 (1966) 96 u. Taf. 68; 149 u. Taf. 111. 98 K. Waller, Der Galgenberg bei Cuxhaven. Hamburger Sehr. z. Vorgesch. u. germ. Frühgesch. l (1938) 70 f. Abb. 15 u. Taf. 49,10-13. 99 Böhner (wie Anm. 40) 17 o. Abb. 100 Dasnoy (wie Anm. 95) 326 f. Abb. 21. 101 Fremersdorf (wie Anm. 43) 150 u. Taf. 27, 8. 19; 155 u. Taf. 25,148. 102 Unveröffentlicht. Freundliche Mitteilung von Herrn cand. phil. W. Czysz (München). 102 a K. Kaiser, Mitt. Hist. Ver. Pfalz 66, 1968, 127 ff. 103 Moosbrugger-Leu (wie Anm. 29) 237 f. Abb. 83,8.

Irmingard Ottinger

402

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Köln, St. Severin Köln, St. Severin Chartres, SaintMartin-au-Val Krefeld-Gellep II Heidelberg-Kirchheim, Heuau II

64 3 1/2 65 ca. 6 inf. I

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218 inf. I 14 inf./iuv.

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Daubeneimer | Tongefäß | Speisebeigabe

Fundort

Grabnummer

Waffenbeigabe

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weitere Beigaben Bemerkungen Helm, Ango, Szepter u. a Schuhgarnitur

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Tabelle 6. Beigabenkombinationen in Knabengräbern mit Erwachsenenaxt. * Goldring; Fibeln und Nadeln aus Bronze; Gürtelschnallen und Beschläge tauschiert bzw. aus Bunt- oder Edelmetall. + Kinderwaffe.

Ion Grab 12 und vermutlich das Knabengrab von Chartres, Saint-Martin-au-Val105. Gemeinsames Kennzeichen dieser reich ausgestatteten Gräber ist die Bestattung im Kircheninnern. Krefeld-Gellep II Grab 218 ist dagegen eine einfache Erdbestattung mit durchschnittlichem Inventar (Tab. 6)loe. Die Tabelle S zeigt, daß ein Großteil der mit Kinderäxten ausgestatteten Gräber qualitätsvolle weitere Beigaben enthält, darunter Gürtelbesdiläge aus Bunt- oder Edelmetall und neben Kamm, Messer und Feuerzeug zahlreiche Gefäße, besonders Gläser und in den frühen Gräbern Bronzegefäße, gelegentlich auch weitere Waffen. Die Kartierung der Funde (Abb. 3) ergibt, daß Mitteldeutschland im 5. und 6. Jahrhundert zwar nicht völlig fundleer ist, daß sich aber der Schwerpunkt in den fränkischen Siedlungsraum verlagert hat, wobei die Funde aus den Laetenfriedhöfen, die zeitlich den mitteldeutschen Brandgräbern am nächsten kommen, ein besonderes Gewicht haben. Während man die Axtbeigabe in den Knabengräbern der beigabenarmen eibgermanischen Brandgräber nicht ohne Vorbehalt als Anhaltspunkt für die Zugehörigkeit zu einer sozial höheren Schicht wird werten wollen, lassen die zeitlich anschließenden Körpergräber erkennen, daß hier Bestattungen einer in römischen Kriegsdiensten stehenden germanischen Oberschicht zu fassen sind. Auch in der folgenden Zeit bis hin zu dem späten Grab von Cividale lassen sich Indizien dafür finden, daß die Bestatteten der Oberschicht angehört haben könnten. Die Gräber vom Galgenberg und von Mouy107 haben neben dem Kindersax ein großes „dolchartiges" Messer. In den reichen Bestattungen von Chartres, Köln, St. Severin und Köln, Dom ist es die einzige Kinderwaffe. Gerade das Kölner Domgrab macht deutlich, daß es sich wirklich um eine Waffe handelt. Während die Messer des Vorlegebestecks, das in Adelsgräbern geläufig ist und unter anderem auch in dem Knabengrab von Cividale vorkommt, stets paarweise auftreten, ist das dritte große Messer, der Kindersax, mit einem kleinen Messer kombiniert, das in der Scheide des großen Messers steckte und damit dem Messer in der Saxscheide der Männergräber entspricht. An der 105 108

26*

siehe Fundliste 3. Pirling (wie Anm. 97) 35 u. Taf. 20, 3-5.

107

Galgenberg: siehe Anm. 98. - Mouy: A. Piganiol, Gallia 17,1959, 286 f. o. Abb.

l a. o

Abb. 3. Axtbeigabe in Knabengräbern der späten Kaiserzeit und der Merowingerzeit. ± Brandbestattungen von Kindern mit Axtbeigabe (zu Fundleste l). • Kenderäxte als Beigabe in Körpergräbern (zu Fundliste 2). • Erwachsenenäxte als Beigabe in Kindergräbern (zu Fundliste 3).

Waffenbeigabe

in Knabengräbern

405

Scheide des Messers von Köln, St. Severin Grab 65 befand sich überdies ein von der Saxaufhängung geläufiger Tragbügel. Die in diesen Gräbern beigegebene Franziska hat Erwachsenenformat. Während der Kölner Adel also offenbar schon in der Chlodwigzeit von der Kinderaxtbeigabe abgeht, finden wir sie noch in den einfacher ausgestatteten Gräbern von Köln-Müngersdorf und in reichen Gräbern an der Peripherie der Beigabensitte, so in Pliening Grab 151, das unter anderem eine Goldcloisonneschnalle enthielt. Gegen die Mitte des 6. Jahrhunderts läuft diese Beigabensitte dann endgültig aus, wenn man von dem Nachzügler aus Cividale absieht. Die Ablösung der Kinderaxt durch den Kindersax vollzieht sich ungefähr parallel zur Ablösung der Franziska durch den Sax. Im späteren 6. Jahrhundert wird der Sax zum nahezu obligatorischen Begleiter der Spatha in den Männergräbern, während die Franziska aus den Waffenensembles der Spathagräber verschwindet. Eines der spätesten Beispiele ist die Franziska aus dem Grab des Herrn von Morken108, dessen Gürtelgarnitur mit Pilzzellentauschierung das Grab in die Nähe der Niederstotzinger Gräber, insbesondere des Grabes 9109 rückt. In seinem Grab fehlt bezeichnenderweise der Sax. Die Gegenüberstellung der Inventare mit Kinderaxt und Kindersax macht deutlich, daß es sich nicht um eine völlig einheitliche soziale Schicht handeln kann, der die Bestatteten angehören, auch wenn die Gräber mit Kindersax keine so deutlichen Qualitätsunterschiede zeigen wie die Gräber mit Kinderaxt, sieht man einmal von dem Kölner Domgrab ab110. Will man die Kinderwaffenbeigabe überhaupt als soziales Indiz werten, und dafür sprechen deutliche Hinweise, muß man nach der Punktion der Kinderwaffen fragen. In Köln-Müngersdorf Grab 148 und Samson Grab 2 kommen Miniaturäxte ohne Schaftloch vor, die keinen praktischen Zweck gehabt haben können. Hinzu kommt die kleine Bleifranziska von Elgg. R. Moosbrugger-Leu hat die Meinung vertreten, daß die Eltern aus Fürsorge die Axt aus Blei haben anfertigen lassen, um Schnittverletzungen vorzubeugen111. Blei hat aber ein um rund die Hälfte höheres spezifisches Gewicht als Stahl und erscheint folglich wenig geeignet, Unfälle zu verhüten. Es liegt sehr nahe, diese für den praktischen Gebrauch untauglichen Waffen als symbolische Beigaben zu betrachten112. Dabei ist nicht an einen Symbolgehalt im Sinne eines Amuletts oder Votivs zu denken wie bei den waffenförmigen Anhängern und Nadeln aus Frauengräbern der Kaiser-, Merowinger- und Wikingerzeit113. Das zeigen die Erwachsenenwaffen in Knabengräbern wie Köln, St. Severin und Köln, Dom. Die dreieinhalb- und sechsjährigen Knaben waren noch nicht in der Lage, diese "Waffen zu führen, die somit ebenfalls nur symbolischen Charakter gehabt haben können. Als symbolische Beigaben haben Erwachsenenwaffen aber nur einen Sinn, wenn damit der soziale Rang des Bestatteten ausgedrückt werden soll. Man kann die Kinderwaffen aber nicht nur unter dem Gesichtspunkt des Statussymbols sehen. Sicher ist den Fachkollegen recht zu geben, die die Miniaturwaffen für Spiel- und Übungswaffen halten114. Diese Anschauung wird unterstützt durch einen Bericht des Paulus Diaconus aus der Kindheit des 108 Böhner, Das Grab eines fränkischen Herrn aus Morken im Rheinland, in: Neue Ausgrabungen in Deutschland (1958) 432 ff. i»» Paulsen (wie Anm. 7) 37 u. Taf. 32 u. 33, 2. 110 Der Reichtum dieses Grabes resultiert zum Teil auch aus den besonders günstigen Erhaltungsbedingungen. Zwar wäre das Knabengrab auch nach Abzug der aus vergänglichem Material bestehenden und unter normalen Umständen vergangenen Beigaben noch eine sehr reiche Bestattung, das Beispiel warnt aber ebenso wie die Gräber von Oberflacht davor, z. B. aus einem Fehlen von Gefäßen auf die Beigabensitte zu schließen. Sicher sind Speisen und Getränke weit häufiger bei-

gegeben worden, als es nach dem erhaltenen Grabgut den Anschein hat. 111 Moosbrugger-Leu (wie Anm. 29) 238. 112 Werner (wie Anm. 56) 101. 113 R. Koch, Waffenförmige Anhänger aus merowingerzeitlichen Frauengräbern. Jahrb. RGZM. 17, 1970, 285 ff. 114 Mildenberger (wie Anm. 66) 50; Mutinelli (wie Anm. 104) 149. Moosbrugger-Leu (wie Anm. 29) 237 f. 115 Historia Langobardorum lib. IV 37: Mon. Germ. Hist. Script. rer. Langobard. et Ital. saec. VI-IX (1878) 129 f. („puerulus... ensem, qualem in illa aetate habere poterat, vagina exemit seque trahentem Avarem,

406

Irmingard Ottinger

späteren Langobardenkönigs Grimuald115. Paulus erzählt von der Gefangennahme des Knaben durch einen Awaren und wie er mit dem Schwert, „das er in seinem Alter führen konnte", seine Freiheit verteidigt. Auch wenn diese Geschichte legendenhafte Züge an sich trägt, wird man ihr doch soviel entnehmen dürfen, daß es beim langobardisdien Adel üblich war, daß die Knaben Kinderwaffen trugen und sie offenbar auch beherrschten. Die vom erwachsenen Krieger zu fordernde Perfektion in der Führung der Waffen setzt eine langjährige Übung voraus, die sicher nicht erst im Hochmittelalter116 schon in den Kinderjahren einsetzte. Damit erweisen sich die Knaben mit Miniaturwaffen als Angehörige einer waffen- und wehrberechtigten Oberschicht, die trotz aller wohl eher wirtschaftlich als rechtlich bedingten Unterschiede im Einzelfall sich absetzt von nicht Waffenberechtigten. Da es uns nur in den seltensten Fällen möglich ist, eine Bestattung mit einer beurkundeten Persönlichkeit in Verbindung zu bringen, müssen wir uns darauf beschränken, den Personenkreis zu umreißen, dem sie angehört. Dieser Personenkreis, wie er uns aus den Urkunden entgegentritt, schließt soziale Differenzierung nicht aus. Der Aufstieg zum Grafenamt liegt ebenso im Bereich des Möglichen wie das Absinken ins Ministerialenverhältnis117. Persönliche Tüchtigkeit mag neben der Abkunft von nicht geringer Bedeutung gewesen sein. Besitz, Familienbeziehungen, größere oder geringere Herzogs- bzw. Königsnähe sind offenbar ausschlaggebend gewesen für Ansehen und Einfluß des Einzelnen. Ob wir unter diesem Personenkreis nur die Grundherrnschicht zu verstehen haben, die Hoch- oder Edelfreien, die liberi et nobiles der Urkunden des 10. bis 12. Jahrhunderts118, oder auch liberi tributales, freie Zinsbauern119, ist beim gegenwärtigen Stand der Forschung nicht zu entscheiden. "Wenn P. Paulsen in dem einfach ausgestatteten Spathaträger von Niederstotzingen Grab 10 einen Pferdeknecht (= ahd. mareskalk) vermutet120, so wäre zu überlegen, ob es sich um einen unfreien Stallknecht handelt oder nicht vielmehr um den Inhaber eines Hofamts, der, wenn nicht überhaupt frei geboren, durch den Hofdienst zu Ansehen gekommen war121. Während man noch vor wenigen Jahren die Spathaträger mit den hochfreien Grundherrn gleichsetzen zu können glaubte, hat die Diskussion über die Arbeit von F. Stein122 aufgezeigt, daß auch eine andere soziale Einstufung möglich erscheint und für das 8. Jahrhundert eine Stütze in den Quellen findet123. Ob freilich der für das 8. Jahrhundert beurkundete Aufstieg breiterer unfrei geborener Bevölkerungsschichten zum ritterlichen Waffendienst bereits für den in dieser Untersuchung angesprochenen Zeitraum angenommen werden kann, läßt sich mangels Urkunden nicht belegen. Die im merowingischen Frankenreich zu beobachtende Zulassung Niedriggeborener zu den höchsten Hofämtern und der damit verbundene Aufstieg scheint sich vorzugsweise auf Personen romanischer Herkunft quantulo adnisu valuit, capitis in vertice percussit. Moxque ad cerebrum ictus perveniens, hostis ab equo deiectus est".) 118 Aus einem Brief aus der Umgebung des Hohenstaufers Friedrich II. wird berichtet, daß der knapp Dreizehnjährige sich täglich in den Waffen übte, besonders im Gebrauch des Schwertes, mit dem er besonders vertraut war („quo nihil sibi familiarius habet"): K.Hampe, Mitt. Inst. f. österr. Geschichtsforsch. 22, 1901, 597 f. 117 J. Sturm, Die Anfänge des Hauses Preysing. Schriftenr. z. bayer. Landesgesch. 8 (1931), zeigt diese Möglichkeiten am Beispiel der Herrn von Preising, die der Familie der Fagana, einer der fünf baierischen genealogiae, zumindest nahestehen. 118 ebd. 304 (f. »«ebd. 143; K. Bosl, Frühformen der Gesellschaft

im mittelalterlichen Europa (1964) bes. 38 ff. 55 ff. 170 ff. 184 ff. 120 Paulsen (wie Anm. 7) 140 f. 121 Bosl (wie Anm. 119) 245 ff. 122 Adelsgräber des achten Jahrhunderts in Deutschland. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit A 9 (1967). 123 H. Steuer, Zur Bewaffnung und Sozialstruktur der Merowingerzeit. Nachr. aus Niedersachsens Urgesch. 37, 1968, 18 ff.; Steuer u. M. Last, Zur Interpretation der beigabenführenden Gräber des achten Jahrhunderts im Gebiet rechts des Rheins. Nachr. aus Niedersachsens Urgesch. 38,1969, 25 ff. 124 Bosl (wie Anm. 119} 247; F. Irsigler, Untersuchungen zur Geschichte des frühfränkischen Adels. Rhein. Archiv 70 (1969) 124 ff. 253 f.

Waffenbeigabe in Knabengräbern

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beschränkt zu haben124. Daher läßt sich die rechtliche und soziale Stellung der Spathaträger vorläufig nicht verbindlich abgrenzen. Die aus der unterschiedlichen Qualität der Bodenfunde sich ergebende soziale Differenzierung der Mitglieder der waffenführenden Oberschicht steht jedenfalls nicht im Widerspruch zu den Erkenntnissen, die die historische Forschung bisher aufgrund der Urkunden der Merowinger- und frühen Karolingerzeit über sie gewonnen hat.

LISTEN l.BRANDBESTATTUNGEN VON K I N D E R N MIT AXTBEIGABE 1. Hamfelde, Kr. Herzogtum Lauenburg, Grab 543; spätinf. II. Axt, L. ca. 10,2 cm. Beifunde: Trichterhalsurne. N. Bantelmann, Hamfelde, Kreis Herzogtum Lauenburg. Ein Urnenfeld der römischen Kaiserzeit in Holstein. Offa-Bücher 24 (1971) 148; Taf. 83, 543. 2. Pritzier, Kr. Hagenow, Grab 888. Kinderbestattung. Axt, L. ca. 9,3 cm. Beifunde: Urne, Messer, Eisenschnalle, Harz. E. Schulde, Pritzier, ein Urnenfeld der späten römischen Kaiserzeit in Mecklenburg. Sehr. d. Sektion f. Vor- u. Frühgesch. 4 (1955) 90. 209 Abb. 56,474. 3. Kaarssen-Stixe, Kr. Hagenow, Grab XII. Kinderbestattung. Axt, L. 9,2 cm. Beifunde: Schalenurne, Messer, Eisenfragmente. R. u. H. Seyer, Bodendenkmalpflege in Mecklenburg, Jahrb. 1958, 205 Abb. 151. - H. Schach-Dörges, Die Bodenfunde des 3. bis 6. Jahrhunderts nach Chr. zwischen unterer Elbe und Oder. Offa-Bücher 23 (1970) 194; Taf. 27,1-3. 4. Wulfen, Kr. Köthen, Fundplatz l, Grab 22. Infans. Axt, L. 9,8 cm. Beifunde: Schalenurne, Messer. R. Laser, Die Brandgräber der spätrömischen Kaiserzeit im nördlichen Mitteldeutschland 1. Forsch, z. Vor- u. Frühgesch. 7 (1965) 181 f. u. Taf. 37, 22. 5. Görzig, Kr. Köthen, Grab 4. Infans. Axt, L. 10,0 cm. Beifunde: Schalenurne. Laser a. a. O. 127 u. Taf. 28, 3.

6. Dessau-Großkühnau, Grab 13. Kinderbestattung. Streitaxt (verschollen). Beifunde: Urne, Lanzenschuh, Tierknochen. Laser a. a. O. 60. 7. Dessau-Großkühnau, Grab 39. Infans II. Axt, L. 11,4cm. Beifunde: Schalenurne, Harz, Kamm, Messer. Laser a. a. O. 64 u. Taf. 9, 39. 8. Dessau-Großkühnau, Grab 61. Infans L Axt, L. 9,7 cm. Beifunde: Schalenurne, Harz, Kamm, Eisennadel, Messer, 3 Beigefäße. Laser a. a. O. 68 u. Taf. 13, 61. 9. Dessau-Großkühnau, Grab 205. Infans II. Axt, L. 10,0 cm. Beifunde: Schalenurne, Harz, Kamm, Bronzefibel, Tüllenpfeilspitze. Laser a. a. O. 91 u. Taf. 26, 205. 10. Zauschwitz, Kr. Borna, Grab 14. Infans I. Axt, L. 10,1 cm. Beifunde: Schalenurne, Messer, Feuerstahl, Pfriem, Kamm, Bronzefibel, bronz. Gürtelgarnitur, Speerspitze mit Widerhaken. E. Meyer, Das germanische Gräberfeld von Zauschwitz, Kr. Borna. Arbeits- u. Forschungsber. z. Sachs. Bodendenkmalpflege, Beih. 6 (1969) 100 ff. Abb. 20-22. 11. Zauschwitz, Kr. Borna, Grab 41. Eher infans I als II. Axt, L. 12,6 cm. Beifunde: Schalenurne, Messer, Meißel (?), Lanzenspitze, Knopfsporn. Meyer a. a. O. 144 ff. Abb. 55-56 u. Taf. 11, 27.

2 . K I N D E R Ä X T E ALS B E I G A B E IN K Ö R P E R G R Ä B E R N Frankreich 1. Mouy, Oise, Grab 2. Kind (Skelettlänge 1,4m). Kleine Streitaxt, L. unbekannt. Beifunde: kleiner Dolch, Bronzeschnalle.

A. Piganiol, Gallia 17,1959,286 f. o. Abb. la. Chouy, Aisne, Grab 127: Mann (nach dem abgebildeten Gebiß mit 3. Molar erwachsen). Axt, L. ca. 10,5 cm. Beifunde: großes Messer, Bronzeortband, Pfriem, Bronzeschnalle, Bronze-

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Irmingard Ottinger

schnalle mit rechteckigem Blechbeschläg, eiserner Fingerring, silberner Fingerring mit gravierten Facetten, Silbermünze des Valentinian II (375-392), Schuhe. F. Moreau, Album Caranda. Extraits du Journal des fouilles 1883 (1884) Taf. 39 melle serie. Ib. Saint-Quentin, Aisne, Grab 21. Kind, 8 bis 12 Jahre alt. Kleine Axt, L. unbekannt. Beifunde: Sigillata-Teller mit Hühnerknochen und Bronzelöffel, Barbotinebecher, Tontopf, Bronzeriemenzunge, Eisenmesser, Lederbörse mit 15 römischen Kleinbronzen, darunter 2 Magnentius, 4 Valens, 5 Valentinian I und 2 Gratian. T. Eck, Les deux cimeti&res gallo-romains de Vermand et de Saint-Quentin (1891) 299 f. Ic. Vermand I, Aisne, Grab 17 („Chef militaire"). Bestattung gestört. Axt, L. 12 cm. Beifunde: Schild, Lanze, 10 Speerspitzen, Schwert mit silbernem Ortband, 3 Schnallen, 2 Riemenzungen und 3 Beschläge eines Stabes aus Silber, vergoldet, kerbschnittverziert und nielliert, Spielbrett. Eck a. a. O. 120 ff. - J. Piloy, Etudes sur d'anciens lieux sepultures dans l'Aisne 2 (1895) 38 ff. m. Abb. Id. Vermand I, Aisne, Grab 179. Mann, ca. 50 Jahre alt. Kleine Eisenaxt; L. unbekannt. Beifunde: große Zwiebelknopffibel mit Resten von Vergoldung, schwarzer Tontopf. Eck a. a. 0.117. le. Vermand I, Aisne, Grab 337: Kind, 10 bis 12 Jahre alt. Kleine Axt, L. unbekannt. Beifunde: Bronzeschnalle, Riemenzunge, Glasbecher, Tontopf. Eck a. a. O. 95. If. Homblteres-Abbeville, Aisne, Grab 41. Kind, 6-8 Jahre alt. Kleine Axt, L. unbekannt. Beifunde: Eisenring, kleiner Glasbecher. Pilloy a. a. O. l (1886) 185. Belgien 2. Sint-Gillis-bij-Dendermonde, Oost Viaanderen, Grab 10-1935. Axt, L. 11,5 cm. Beifunde: Lanzenspitze, Pfeilspitze, Feuerzeug, Keramikscherben. A. van Doorselaer, De merovingische begraafplaats te Sint-Gillis-bij-Dendermonde. Arch. Belgica 41, 1958,51 f. Abb. 16 b. 3. Samson, Prov. Namur, Grab 1. Kind (Skelettlänge ca. l m). Axt, L. 7,3 cm. Beifunde: Bronzeschnalle, bronz. Kapselanhänger, Glasbecher, 4 Tongefäße. A. Dasnoy, La n^cropole de Samson (IVe-VIe si£c-

les). Ann. Soc. Arch. Namur 54, 1967-68, 280f. Abb. 1. 4. Samson, Prov. Namur, Grab 2. Kind. Axt ohne Schaftloch, L. 6,3 cm. Beifunde: 2 kleine Lanzen oder Messer, bronz. Kapselanhänger, bronz. Gürtel- und Kastenbeschläge, Glasbecher, 2 Bronzegefäße, 4 Tongefäße. Dasnoy a. a. O. 281 ff. Abb. 2. 5. Samson, Prov. Namur, Grab 3. Kind. Axt, L. 9,0 cm. Beifunde: Bronzeschnalle, Tonschale, Glasflasche. Dasnoy a. a. O. 283 Abb. 3. 6. Samson, Prov. Namur, Grab 5. Jugendlicher? Axt, L. 11,5 cm. Beifunde: Bronzekessel mit Speiseresten, Glastrinkhorn, Tongefäß, Bronzepinzette, Eisenreste von Dolch oder Messer. Dasnoy a. a. O. 285 f. Abb. 5. 7. Samson, Prov. Namur, Grab 21. Kind (Grablänge 1,17 cm). Franziska, L. 11,0 cm. Beifunde: 2 Tonteller, 3 Glasgefäße, bronz. Gürtelschnalle und Riemenzunge, Kamm, Silbermünze des Marc Aurel. Dasnoy a. a. O. 326 f. Abb. 21. 8. Haillot, Prov. Namur. Ohne Grabzusammenhang. Franziska, L. ca. 8,1 cm. J. Breuer u. H. Roosens, Le cimettere franc de Haillot. Ann. Soc. Arch. de Namur 48, 1956, 232 Abb. 20,4. 9. Spontin, Prov. Namur, Grab G (= 68). Jugendlicher ? Axt, L. 10,5 cm. Beifunde: 28 Bronzemünzen (terminus post 388/395), Bronzeschnalle und -Beschlag, Messer, Bronzeteller und -schüssel, Glasbecher, 2 Glasflaschen, 8 Sigillata- und 4 Tongefäße. A. Dasnoy, Ann. Soc. Arch. de Naur 53, 19651966, 184 ff. Abb. 9-11; J. Lallemand ebd. 233 ff. 10. Furfooz, Prov. Namur, Grab 9. Kind (Grablänge 1,3 m). Axt, L. 10,2 cm. Beifunde: Lanzenspitze, 3 Pfeilspitzen, Messer, Bronzeschnalle, bronz. Kapselanhänger, Glasbecher, 4 Tongefäße. A. Dasnoy, La n^cropole de Furfooz. Ann. Soc. Arch. de Namur 55, 1969, 138 ff. Abb. 3. Deutschland 11. Krefeld-Gellep II, Grab 772. Kind (Grablänge 1,6 m). Axt, L. 11,5 cm. Beifunde: Glasflasche, Henkeltopf, Messer, Schüssel, Krug, „zergangenes Bleigefäß". R. Pirling, Das römisch-fränkische Gräberfeld von Krefeld-Gellep 2. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit B 2 (1966) 96 u. Taf. 68. 12. Krefeld-Gellep II, Grab 1248. Kind. Franziska, L. 13,5 cm. Beifunde: Glasschale, Hen-

Waffenbeigabe in Knabengräbern kelkrug, Fußsdhale, Sigillatanapf, Eisenschnalle mit rechteckigem Bronzebeschläg, Silbermünze. Pirling a. a. O. 149 u. Taf. 111. 13. Krefeld-Gellep II, Grab 2749. Unpubliziert; nach G. Clauß, Reihengräberfeld von Heidelberg-Kirchheim. Bad. Fundber. Sonderh. 14, l (1971) 108 Anm. 200. 14. Köln-Müngersdorf, Grab 148. Kind (Sarglänge 1,45 cm). Axt ohne Schaftloch, L. ca. 9-10 cm. Beifunde: Eis. Schnällchen, Tongefäß. F. Fremersdorf, Das fränkische Reihengräberfeld von Köln-Müngersdorf. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit 6 (1955) 155 u. Taf. 25, 148; 105, 1; 122, 3. 15. Köln-Müngersdorf, Grab 106. Kind (Grablänge 1,5 m). Franziska, L. ca. 9-10 cm. Beifunde: Eisensdmällchen, Tongefäß. Fremersdorf a. a. O. 150 u. Taf. 27, 8. 19; 105, 2. 16. Rittersdorf, Kr. Bitburg, Grab 48. Kind (Grablänge 1,5 m). Axt. L. 12,5 cm. Beifunde: Sturzbecher, Terra-Sigillata-Schälchen, Henkelkrug. K. Böhner, Die fränkischen Altertümer des Trierer Landes 2. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit B l (1958) 121 u. Taf. 33, 5. 17. Ehrang, Kr. Trier, Grab 43 a. Axt. L. ca. 11 cm (verschollen). Beifunde: D-förmiger Bronzeschnallenbügel. Böhner a. a. 0.17 o. Abb. 18. Hahnheim, Kr. Oppenheim, Grab 51. Kind (Grablänge 1,45 cm). Axt. L. 7 cm (verschollen). Beifunde: 2 Tongefäße. G. Zeller, Das fränkische Gräberfeld von Hahnheim. Mainzer Zeitschr. 67-68, 1972-73, 349 Abb. 4,51. 19. Groß-Gerau. ca. 11 Jahre alt. Axt, L. 9,1 cm. Beifunde: silberner tordierter Halsring, bronzene Gürtelschnalle mit rechteckigem Blechbeschläg, eiserne Gürtelschnalle, 2 Messer, Drillbohrer (?), Lot (?), versilberte Bronzeschale, 7 Tongefäße, 3 davon germanische Drehscheibenware. R. Roeren, Zur Archäologie und Geschichte Südwestdeutschlands im 3. bis 5. Jahrhundert n. Chr. Jahrb. RGZM. 7, I960, 246 Abb. 5-6. 20. Heidelberg-Kirchheim, Heuau II, Grab 36. Kind (Grablänge 1,3 m). Axt. L. 7,5 cm. Beifunde: Lanzenspitze (?), Pfeilspitze, Kindersax, Kamm, Taschenbügel, Bronzeschnalle. Clauß a. a. O. 136 u. Taf. 8,16-22.

409

20a. Speyer, Germansberg, Grab 11. Skelett vergangen, Körpergröße maximal 1,5 m (=inf. II/iuv.). Axt, L. 10,0 cm; Franziska: L. 12,3 cm. Beifunde: Eisenmesser mit Griffhülse und Scheidenbeschlägen aus Goldblech, kleines Messer, silberner Löffel, Eisenschere, silberne Schnalle mit Beschlag und Gegenbeschläg, Silberblechschnallen und -Beschläge, Eisenschnalle, 2 Bronzeanhänger, gehenkelter Solidus und gefütterter Goldtriens, ostgotische Nachprägungen nach Münzen des Anastasius (491-518) und Justinian (nach 527), Tasche, Feuerzeug, Perlrandbecken, Holzteller, Holznapf, Tonnapf, Sigillata-Schale, Knickwandtopf, Wölbwandtopf, Feldflasche aus Ton, Kastenbeschläge, Spielsteine, Pferdetrense. K. Kaiser, Mitt. Hist. Ver. Pfalz 66,1968,127 ff. 21. Hemmingen, Kr. Leonberg, Grab 29. Axt, L. ca. 9,5 cm. Beifunde: Messer, Kamm, Gürtelschnalle, Feuerzeug, Tongefäß. H. F. Müller, Das alamannische Gräberfeld von Hemmingen (Diss. München 1969). 22. Pliening, Ldkr. Ebersberg, Grab 151. Jugendlicher ? Franziska, L. 12,4 cm. Beifunde: Goldcloisonnesdmalle, Messer, Schere, Feuerzeug, Tongefäß. Unveröffentlicht. Freundliche Mitteilung von Herrn cand. phil. W. Czysz (München). 23. Galgenberg bei Cuxhaven, Körpergrab 31. Kind (Grablänge 1,3 m). Axt, L. 8,0 cm. Beifund: Eisenschnalle, Messer, Tongefäß. K. Waller, Der Galgenberg bei Cuxhaven. Hamburger Sehr. z. Vorgesch. u. germ. Frühgesch. l (1938) 70 f. Abb. 15 u. Taf. 49,10-13. 24. Bremen-Mahndorf, Grab 19 b. Axt. L. 12 cm. Beifunde: Bronzene Gürtelgarnitur, Bronzepinzette, kleine Tülle aus Bronzeblech, 9 Pfeilspitzen, 2 Messer, Eisenschnalle, Feuerzeug, Kamm (?), Tongefäß. E. Grohne, Mahndorf. Frühgeschichte des Bremischen Raumes (1953) 177 f. 227 f. Abb. 73. 25. Gispersleben, Kr. Erfurt, Grab 3. Axt, L. 10,0 cm. Beifunde: 2 Tongefäße. B. Schmidt, Die späte Völkerwanderungszeit in Mitteldeutschland. Katalog (Südteil). Veröff. Landesmus, f. Vorgesch. Halle 25 (1970) 55 u. Taf. 47, 4. 26. Weimar, Nordfriedhof, Grab 74. Axt, L. 9,3 cm. Beifunde: Messer, Pfeilspitze, Eisenstab, Feuerzeug, Schere, Eisenschnalle, Glasschale, Thüringer Drehscheibenschale mit Einglättmuster. Schmidt a. a. O. 85 f. u. Taf. 90, 2.

410

Irmingard Ottinger Schweiz

Ungarn

27. Elgg, Kt. Zürich, Grab 117. Kind. Bleifranziska, L. 6,7 cm. Beifunde unveröffentlicht. R. Moosbrugger-Leu, Die Schweiz zur Merowingerzeit. Handb. d. Schweiz z. Römer- u. Merowingerzeit (1971) 237 f. Abb. 83, 8.

29. Keszthely-Dobogo, Grab 84. Kind, 10 bis 12 Jahre alt. 2 Äxte, L. 10 und 12 cm. Beifunde: Zwiebelknopffibel, 2 Militärgürtel, Messer, Glasbecher, germanischer Feuerstahl, Münzen (terminus post 320/21). Unveröffentlicht. Freundliche Mitteilung von Herrn Dr. E. Keller nach Dr. K. Sägi, Balaton Mus. Keszthely. E. Keller, Die spätrömischen Grabfunde in Südbayern. Münchner Beitr. z. Vor- u. Frühgesch. 14 (1971) 36 mit Anm. 159.

Italien 28. Cividale, S. Stefane in Pertica, Grab 4. Kind. Axt, L. 8 cm. Beifunde: Goldblattkreuz, drei Messer, Gürtelgarnitur, Kamm. C. Mutinelli, Das langobardische Gräberfeld S. Stefano in Pertica in Cividale. Jahrb. RGZM. 8,1961, 139 ff. u. Taf. 58.

3 . E R W A C H S E N E N Ä X T E ALS B E I G A B E IN K I N D E R G R Ä B E R N 1. Chartres, Saint-Martin-au-Val. Kind (Sarglänge 1,06 m). Axt, L. unbekannt. Beifunde: 2 Goldcloisonneschnallen, Dolch- oder Messerklinge (Kindersax), Goldring. H. Zeiß, Die germanischen Grabfunde des frühen Mittelalters zwischen mittlerer Seine und Loiremündung. 31. Ber. RGK. 1941, 51 o. Abb. 2. Arlon, Prov. Luxemburg, Grab 12. Kind, 10 Jahre alt. Franziska, L. 18,8 cm. Beifunde: silberund messingtauschierte Saxgarnitur, silbertauschierte Schuhgarnitur, silbertauschierte und Potinbeschläge vom Pferdegeschirr, Pferdetrense, Bronzegürtelschnalle, Daubeneimer, Glasbecher, Bronzebecken. H. Roosens u. J. Alenus-Lecerf, Sepultures merovingiennes au „vieux cimetiere" d'Arlon. Arch. Belgica 88,1965,57 ff. Abb. 35-38. 3. Krefeld-Gellep II, Grab 218. Kind (Grablänge 1,30 m). Axt, L. 16 cm. Beifunde: Pfeilspitze, Messer, Feuerstein, Kleeblattkrug, Münze des Constantin L Pirling a. a. O. 35 u. Taf. 20, 3-5. 4. Köln, Dom. Knabe, höchstens 6 Jahre alt. Franziska, L. 16,5 cm. Beifunde: Spatha, Ango, Lanze (Erwachsenenwaffen), Schild, Helm, Sax (Kinderwaffen), 3 dreiflügelige Pfeilspitzen, goldener Fingerring, 2 Silberschnallen, goldene Knöpfe, Messer, Messerbesteck mit Sacknadel, 2 Glasflaschen, Sturzbecher, Trinkhorn, Bronzebecken, Daubeneimer, Holzflasche, Holzbecher, 2 Holzschälchen, Holzteller, Nüsse und Dattelkerne, Lederbeu-

tel, Stuhl, Totenlade, 5 Silbermünzen, Szepter, Birkenrute, Reste von Lederbekleidung und Fausthandschuhen, Textilreste. O. Doppelfeld, Das fränkische Knabengrab unter dem Chor des Kölner Domes. Germania 42, 1964, 156 ff. 5. Köln, St. Severin. Grab 64. Knabe, 3'/2 Jahre alt. Franziska, L. ca. 16-18 cm. Beifunde: Tonschale mit 2 Hühnereiern, Glasschale, doppelkonischer Topf, Henkeltopf mit weiteren Speisebeigaben, silberner Fingerring, offener eiserner Armring mit goldblechbelegten Enden, Kindersax in Etui mit Geldbörse, darin römische Kleinbronzen des 4. Jahrhunderts (Constantius ?), Bronzeschnalle. F. Fremersdorf, Zwei germanische Grabfunde des frühen 5. Jahrhunderts aus Köln. Germania 25, 1941,180 ff. Abb. 1. 2 u. Taf. 30. 6. Köln, St. Severin, Grab 65. Knabe, 6 Jahre alt. Franziska, L. ca. 16-18 cm. Beifunde: Reste von Ledersandalen, Kleeblattkanne, Fußschale, TerraSigillata-Schüssel mit Rädchendekor, Glasbecher, Kindersax in Etui mit Geldbörse, darin Kleinbronzen des 4. Jahrhunderts (Constantius?, Constantinopolis, Constantinus II), 2 Bronzeschnallen, Glasfläschchen, in den Gefäßen Reste von Speisen und Getränken. Fremersdorf a. a. O. Abb. 1. 3 u. Taf. 31. 7. Heidelberg-Kirchheim, Heuau II, Grab 14. infans II - iuvenis (Skelettlänge 1,45 m). Franziska, L. 15,2 cm. Beifunde: Pfeilspitze, Kamm. Clauß a. a. O. 127 u. Taf. 3, 13-15; 43, 4.

SIEGMAR v. SCHNURBEIN, MÜNSTER

ZUM ANGO

Grundlage dieses Beitrages ist ein Referat, das ich im Wintersemester 1966/67 im Institut für Vorund Frühgeschichte in München angefertigt habe. Es basierte auf der reichen Materialsammlung, die mir der Jubilar zur Bearbeitung zur Verfügung gestellt hatte1. Als Ango bezeichnet man in der Archäologie eiserne Lanzenspitzen mit Widerhaken, langem, dünnem Schaft und Tülle, in der ein Holzschaft als Handhabe befestigt war. Die Bezeichnung geht in erster Linie auf L. Lindenschmit zurück, der sich auf die Beschreibung des Ango bezog, die Agathias in der Mitte des 6. Jahrhunderts gegeben hatte2. Lindenschmidt nannte bei seiner ersten Bestandsaufnahme im Jahre 1860 15 Angonen3. 1880 kannte er bereits 35 Stücke4. J. Werner schätzte ihre Zahl im Jahre 1943 auf etwa ein halbes Hundert5. 1967 zählte ich 147 Angonen. Inzwischen ist diese Zahl auf etwa 200 angewachsen6. Die meisten Angonen stammen aus Grabfunden. Nur bei zwei Stücken sind andere Fundumstände gesichert7.

FORMENKUNDE

Der im folgenden unternommene Versuch, verschiedene Typen von Angonen herauszuarbeiten, ist sehr problematisch. Von ca. 70 Angonen sind mir keine Abbildungen bekannt. Etwa 70 weitere sind entweder wegen unzureichender Abbildung oder zu starker Korrosion typologisch nicht ansprechbar. Nur 57 Angonen konnten daher zur Auswertung herangezogen werden.

1 J. Werner, Bewaffnung und Waffenbeigabe in der Merowingerzeit, in: Settimane di Studio de Centro Italiano di studi sull' alto medioaevo 15, 1968, 95 ff., bes. 103 f. Wiederabgedruckt in: F. Petri (Hrg.), Siedlung, Sprache und Bevölkerungsstruktur im Frankenreich. Wege der Forschung 49 (1973) 326 ff., bes. 333 f. 2 L. Lindenschmit, Die Vaterländischen Alterthümer der Fürstlich Hohenzollerschen Sammlungen zu Sigmaringen (1860) 20 ff. Schon vorher hatte sich Lindenschmit brieflich zum Problem des Ango geäußert. Vgl. die Auszüge in: Archaeologia 36, 1855, 78 ff. Zur gleichen Zeit hatte auch de Widranges Widerhakenlanzen aus Remennecourt als Angonen identifiziert: Mem. Soc. Philomatique de Verdun 3, 211. Ebenso J.-B. Cochet, La Normandie Souterraine (1854) 237 ff. - Alle bezogen sich auf Agathias von Myrina und seine Beschreibung des Ango in Hist. 2, 5. Dazu siehe unten S. 417. 3 Ebd. 25.

4

Handbuch der Deutschen Altertumskunde l (1880)

180. 5

Werner, Der Fund von Ittenheim (1943) 28. Eine exakte Zahl anzugeben, ist nicht möglich, da in manchen Fällen, bei denen der Ango ohne Abbildung in der Literatur erwähnt ist, nicht sicher ist, daß es sich auch um diese Waffe handelt. - Den Zuwachs seit 1967 verdanke ich zum großen Teil W. Bachran, München, R. Christlein, Heidelberg, G. Fingerlin, Freiburg, M. Martin, Basel, und J. Ypey, Amersfoort, die mir freundlicherweise die ihnen bekannten Angonen mitteilten. Weitere Hinweise erhielt ich von R. Pirling, Krefeld, und P. Glüsing, Münster, W. Janssen, Bonn, J. Metzler, Luxemburg, D. Planck, Stuttgart, S. Schick, Tübingen, G. Ulbert, München, Ch. Unz, Brugg, H. Vierck, Münster, u. W. Winkelmann, Münster. Auch an dieser Stelle möchte ich dafür meinen herzlichen Dank sagen. 7 Siedlungsfund: Glauberg (26). Flußfund: Pontoux (132). 6

412

Siegmar v. Schnurbein

Die Spitze (Abb. l)8 Fünf Typen sind zu unterscheiden, wobei Übergangsformen zahlreich sind. Dazu treten einige Sonderformen, die jeweils nur einmal belegt sind. Gemeinsames Merkmal ist allen Angonen die spitz-pyramidenförmige Spitze mit etwa quadratischem Querschnitt und zwei Widerhaken9. Die Länge einschließlich der "Widerhaken schwankt zwischen 6 und 10 cm. Diese Normwerte werden kaum je über- oder unterschritten. Präzisere Angaben können nicht gegeben werden, da die Korrosion gerade die dünnen Widerhaken besonders stark verändert. Typ A (11 Stück)10 (Abb. l, A) zeichnet sich durch eine kräftige Einschnürung zwischen der gedrungenen, bolzenförmigen Spitze und den Widerhaken aus; diese verlaufen etwa parallel zum Schaft.

8

Abbildungsnachweis zu Abb. 1: A Arcy - St. Restitue (96). - B Inzing (39). - C Köln-Knabengrab (43 b). - D Oberleuken (56).-E Bodenheim (7). - a Anderlecht (146). - b Belleray (98). - c. Remennecourt (134). - Vgl. auch die Zusammenstellung mehrerer Angonen durch W. Hübener, Viking 36,1972, 201 f. Abb. 5-6. 11 Drei Widerhaken an einer dreieckigen Spitze sind beim Ango von Templeux la Fosse (138) bezeugt. Beim Ango von Kaltenengers (41a) ist die Spitze vorne über Eck gestellt. - Einen Sonderfall bilden die ango-artigen Lanzen ohne Widerhaken. Wegen ihrer Gesamtgestalt wurden die Stücke von Andernach (1), Morken (49), Westheim (73), Charnay (105, 4) und Engelmanshoven (148) unter die Angonen aufgenommen. Vorerst ausscheiden müssen dagegen folgende Stücke: Freinsheim, Ldkr. Neustadt/Weinstraße: Mitt. Hist. Ver. Pfalz 65, 1967, 146 Abb. 167. - Basel-Kleinhüningen Grab 63 und Basel-Gotterbarmweg Grab 34: R. Moosbrugger-Leu, Die Schweiz zur Merowingerzeit B (1971) Taf. 14, 24. 25. - Blussangeux, Dep. Doubs: Gallia 20, 1962, 526 f. Abb. 20, 107. - Lorleau, Dep. Eure: ebd. 398 Abb. 6, 33. - Waldgirmes, Ldkr. Wetzlar: H. Janke, Vor- u. Frühgesch. im Kreis Wetzlar (1965) 37 Taf. 8, 452. - Porsten, Ldkr. Weißenfels: B. Schmidt, Die späte Völkerwanderungszeit in Mitteldeutschland (1961) 149 Abb. 58e. - Gorenzen, Ldkr. Hettstedt: A. Götze, P. Höfer, P. Zschiesche, Die Vor- u. frühgeschichtlichen Altertümer Thüringens (1909) 46. - Weitere Beispiele bei: E. Petersen, Der ostelbische Raum als germanisches Kraftfeld (1939) 263 f. Beilage 4. - Bei einigen dieser

Bei Typ B (16 Stück)11 (Abb. l, B) ist die Einschnürung wesentlich schwächer. Sie wird meist durch je zwei schräge Kerben verstärkt. Sowohl Spitze als auch Widerhaken sind in der Regel länger als bei Typ A. Die Widerhaken schwingen meist leicht nach außen. Typ C (11 Stück)12 (Abb. l, C) hat eine im Umriß weidenblattförmige Spitze, die häufig durch schräge Kerben gefurcht ist. An der Stelle, wo die Spitze in den Schaft übergeht, sitzen kurze, schräg nach außen abstehende Widerhaken. Bei Typ D (7 Stück)13 (Abb. l, D) ist der Umriß der Spitze leicht gekantet. Sie hat im Oberteil rautenförmigen, im Unterteil etwa rechteckigen Querschnitt. Die Widerhaken sind kurz und liegen eng am Schaft an. Haubenartig über das Schaftende geschmie-

Stücke ist eher anzunehmen, daß sie zu den normalen Lanzenspitzen mit langem Schaft gerechnet werden müssen. - Besonders der Typ Perchtoldsdorf-Irlmauth bedürfte einer eigenen Untersuchung. Vgl. Werner, Die Langobarden in Pannonien. Abhandl. d. Bayer. Akad. d. Wiss., phil.-hist. Kl. N. F. Heft 55 (1962) 79 Abb. 10; Bayer. Vorgescfaichtsbl. 18/19, 1950/51, 296 Abb. 35; R. Pirling, Das römisch-fränkische Gräberfeld von Krefeld-Gellep. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit B 2 (1966) Grab 795. Weitere Belege bei U. Koch, Die Grabfunde der Merowingerzeit aus dem Donautal um Regensburg. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit A 10 (1968) 87 f. 10 Flonheim (24c), Glauberg (26), Helmeringen (34), Ockstadt (57), Planig (60), Russheim (62), Welschingen (72), Arcy-St. Restitue (96), Chassemy (106), Marboue (125), Sablonniere (137). 11 Bittenbrunn (5), Mainz-Bretzenheim (8), Bretzenheim/Nahe (9), Inzing (39), Köln-Junkersdorf (43a), Mengen (47), Rübenach (61), Selzen (65), Ulm-Söflingen (67), Engstringen (87), Charleville (104a, b), fiprave (149a),Harmignies (151),Samson (152a),Triviers (154a), Rhenen (155a). 12 Beckum (3), Daseburg (12), Flonheim (24d), KölnKnabengrab (43b), Langenenslingen (45), Nordendorf (55), Xanten (77), Lavigny (89), Charleville (104c), Concelles (108), Royaumeix (135), Rhenen (155b). 13 Biebrich (4), Oberleuken (56), Mus. Wiesbaden (80), „Bei Worms" (76), Breban (101), Dampierre (111), Vitteaux (141).

Zum Ango

413

Abb. 1. Typen der Angospitzen. M. etwa l: 2.

det ist die Spitze bei Typ E. (10 Stück)14 (Abb. l, E). Sie läuft ohne Einschnürung in die "Widerhaken aus, die dem Schaft etwa parallel sind oder ganz leicht nach außen schwingen. Hinzu treten die Sonderformen der Angonen von Anderlecht (Abb. l, a) mit etwa fischför-

miger Spitze, von Belleray (Abb. l, b) mit vier Widerhaken und Remennecourt (Abb. l, c) mit dreieckiger Spitze. Da sich nur weniger als ein Drittel aller Angonen einem bestimmten Typ zuweisen lassen, verbietet sich eine statistische Auswertung.

14 Bodenheim (7), Hahnheim (29), Heddesdorf (31b), Herten, (35), Hohenfels (38), Krefeld-Gellep (44b),

Zugmantel (78), Pieterlen (91), Genlis (119), Fomery (117).

414

Siegmar v. Schnurbein Der Schaft

Der Schaft des Ango ist 1,0 bis 1,5 cm dick. Im Querschnitt ist er häufig rund, sechseckig oder achteckig, selten quadratisch. Meist ist er im Unterteil, das sich zur Tülle hin allmählich verdickt, fazettiert. Verzierung des Schaftes ist

nur beim Ango von Selzen (65, Abb. 2,2) bekannt. Sie besteht aus sieben eingelegten Messingringen15 (zur Länge des Schaftes siehe unten).

Die Tülle Bei den Tüllen sind drei Formen zu unterscheiden, die Federtülle, die Schlitztülle und die Ganztülle. Auch hier können bei weitem nicht alle Stücke zugewiesen werden. Die Federtülle (31 Stück) (Abb. 2,1-5) ist ein Charakteristikum des Ango. Sie kommt bei keiner anderen Lanzenform der Merowingerzeit vor16. Da diese Tüllenform sehr korrosionsanfällig ist, ist sie nur an wenigen Stücken genauer zu studieren. Der Schaft erweitert sich zu einer kurzen Tülle, an die zwei bis vier schmale, lange Zungen, sog. Federn, ansetzen, die den Holzschaft umgreifen. Über die Federn sind zur Befestigung drei oder vier Ringe geschoben. Häufig scheinen in die Zwischenräume zwischen den Federn noch schmale Eisenbänder eingelegt zu sein, die am Ende zu Drähten ausgeschmiedet sind. Diese Drähte werden in engen Wicklungen um den Schaft gelegt. Möglicherweise endeten auch die Federn selbst zuweilen in dünnen Drähten. Diese Tüllenform gewährleistet eine besonders

elastische Verbindung von Eisenteil und Holzschaft. Häufiger als die Federtülle ist die Schlitztülle (46 Stück) (Abb. 2,6). Die Länge des Schlitzes variiert stark. Bei mindestens 12 Stükken ist auch hier die Verbindungsstelle von Eisen- und Holzteil durch bis zu vier über den Schlitz geschobene Ringe gesichert. In einem Fall ist auch eine zusätzlich in den Schlitz gelegte Eisenzunge bekannt (40). Drahtwicklung kommt dagegen offenbar bei diesem Typ nicht vor. Selten ist beim Ango die Ganztülle. Sie ist nur 7mal belegt. Beim Ango von Wageningen (156) war die Tülle zudem mit Drahtwicklung verstärkt. Aufschlußreich erscheint die Analyse, welche Spitzen und Tüllenformen miteinander kombiniert vorkommen (Tab. 1). Die Zusammenstellung ist jedoch nur sehr bedingt aussagefähig, da die Zahl der Angonen, bei denen sowohl Spitze als auch Tülle typologisch ansprechbar sind, zu gering ist.

Die Gegenüberstellung zeigt, daß die am stärksten ausgeprägten Spitzenformen A und B meist mit der kompliziertesten Tüllenform kombiniert sind, während bei den übrigen Spitzen die Schlitztülle überwiegt. Diese daraus zu erschließenden Angotypen sind nicht an bestimmte Gegenden gebunden. Auch präzise zeitliche Gruppen lassen sich nicht finden. Die Federtülle scheint allerdings in der frühen Reihengräberzeit häufiger zu sein, während später die Schlitztülle überwiegt. Doch zeigen Gräber wie Biebrich (4. Schlitztülle-Spitze D) und Ulm-Söflingen (67. Federtülle-Spitze B), daß beide Formen sowohl in der Frühzeit als auch in der Spätzeit belegt sind. Nur die Spitze A 15 Beim Ango von Flonheim Grab 9 (24d) hat einer der Tüllenringe Silbereinlage. Ob mit den drei Querstrichen knapp unter der Spitze des Ango von Zugmantel (38) eine Verzierung gemeint ist, müßte geprüft werden.

18 Vgl. die ähnliche Konstruktion bei den Lanzen vom Typ Niederstotzingen Grab 6 (P. Paulsen, Alamannische Adelsgräber von Niederstotzingen. Veröffentl. d. Staatl. Amtes f. Denkmalpflege Stuttgart A 12 [1967] 105 f. Taf. 19,1), die jedoch andere Bedeutung hat.

Abb. 2. Angonen. l Bodenheim. 2 Selzen. 3 Samson. 4 Langenenslingen. 5 Welschingen. 6 Charnay. Nach AuhV. 3 H. 9 (1881) Taf. 5.

416

Siegmar v. Schnurbein Spitze

Federtülle

Schlitztülle

Flonheim Gr. 5 Glauberg Ockstadt Planig Welschingen Chassemy Marboue

Helmeringen

Bittenbrunn M.-Bretzenheim Inzing Rübenach Selzen U.-Söflingen Charleville Gr. 68 Harmignies Samson a) ßprave b) Rhenen Gr. 501

Köln-Junkersd. Mengen Engstringen Trivieres a)

Beckum Flonheim Gr. 9 Langenenslingen Xanten Royaumeix

Daseburg Köln-Knabe Charleville Gr. 74 Concelles Nordendorf Rhenen Gr. 503

D

Biebrich Oberleuken Mus. Wiesbaden „Bei Worms" Breban a) Dampierre Bodenheim Herten

Hahnheim Hohenfels Pieterlen Genlis Fomerey

Tabelle 1. Kombination von Spitzen- und Tüllenformen.

scheint nach der Mitte des 6. Jahrhunderts nicht mehr vorzukommen17. Andererseits wurde die Kombination Schlitztülle-Spitze E bisher nicht vor der Mitte des 6. Jahrhunderts angetroffen. Man sollte allerdings diese Ergebnisse bei der geringen Zahl der auswertbaren Gräber nicht zu sehr strapazieren. Die Gesamtlänge des Eisenteils der Angonen schwankt zwischen etwa 0,62 m (36 a. Hochheim) und 1,84 m (49. Morken). Aus Budenheim (10) wird sogar ein Exemplar von 1,90 m Länge überliefert. Diese erheblichen Differenzen sind wenigstens zum Teil in der unterschiedlich guten Erhaltung und /Konservierung begründet. Sind zum Beispiel bei der Federtülle weder Federn noch Drahtwicklung erhalten, ergeben sich erheblich kleinere Maße. Beim Morkener Stück sind ja allein die Federn 17

Darauf hat bereits K. Böhner, Die Fränkischen Altertümer des Trierer Landes. Germ. Denkmäler d. Völ-

kerwanderungszeit B l (1958) 160 ff. hingewiesen.

ZutnAngo

417

0,50 m lang18. Die Regel sind für den Eisenteil des Ango jedoch Längen zwischen 0,80 m und 1,15 m. Naturgemäß wissen wir wenig über die Länge des dem Eisenteil angefügten Holzschaftes. Soweit mir bekannt, konnte die Gesamtlänge bisher nur bei dem Stück von Marboue (125) festgestellt werden. Hier war das Eisenteil 1,04 m lang, der Holzschaft 1,05 m, so daß sich eine Gesamtlänge von 2,09 m ergibt. Beide Teile des Ango waren also etwa gleich lang. Es ist wahrscheinlich, daß durch diese Maßverhältnisse der Schwerpunkt und damit die Handhabe etwa in der Mitte oder knapp dahinter lag. Es wäre auch schwer einzusehen, wenn bei einer solchen Waffe die Griffstelle vor der Tülle läge. Ein Schleudern oder Werfen hätte dann durch die Eisenringe und die Drahtwickelung unweigerlich zu Handverletzungen geführt. Man wird also davon auszugehen haben, daß wie in Marboue auch bei den anderen Angonen der Holzschaft mindestens gleichlang war wie die Eisenspitze. Die Gesamtlänge von etwa 2,00 m kann daher als Richtwert dienen. In jedem Fall war der Ango also mehr als mannsgroß. Dieser Schluß läßt sich durch die Lage des Ango im Grab erhärten. In zwei Gräbern (44 a, Krefeld-Gellep Grab 1782 und 49, Morken) wurde der Ango vor der Grablegung zerbrochen, wohl, weil er sonst nicht ins Grab gepaßt hätte. Im Gegensatz zu anderen Kulturen ist in der Reihengräberzeit das rituelle Zerstören der "Waffen unbekannt. Wurde in diesen Gräbern der Eisenschaft zerbrochen, so wird noch häufiger der Holzschaft in gleicher Weise behandelt worden sein, was wir nicht nachweisen können. In anderen Fällen lag der Ango außerhalb des Sarges in der Grabgrube (2, Battenberg; 43 a, Köln-Junkersdorf; 49, Morken; 60, Planig; 156, Wageningen) oder fand sich über dem Sarg in der Füllung des Grabschachtes (24 d, Flonheim Grab 9; 67, Ulm-Söflingen). Audi diese Beobachtungen deuten auf die große Länge der Waffe. - Sonst liegt der Ango meistens rechts des Toten mit der Spitze bei den Füßen (17 mal), seltener in gleicher Weise links (4 mal). Einmal lag er zwischen den Beinen. Die Regel ist die Beigabe nur eines Ango. Nur in Deersheim (14) und in Sutton Hoo wurden je 3 Angonen angetroffen. Beide Bestattungen fallen aber ohnehin aus dem allgemeinen Rahmen der merowingerzeitlichen Bestattungen. Nach diesen Beobachtungen kann man also den Ango als eine lanzenartige Waffe definieren, die im Gegensatz zur Normalform einen extrem langen Eisenteil mit Widerhakenspitze hatte und deren Gesamtlänge mindestens der doppelten Länge des Eisenteiles entsprach. Diesem Befund hat man nun die Beschreibung des Ango gegenüberzustellen, die Agathias in der Mitte des 6. Jahrhunderts gegeben hat19 und die L. Lindenschmit veranlaßte, die oben besprochenen Waffen als Angonen zu bezeichnen20. Der entsprechende Absatz lautet in einer neueren Übersetzung von O. Veh wie folgt21: „Diese Angonen sind Speere von mittlerer Größe, die man bei Bedarf sowohl zum Werfen wie auch zum Stoß im Nahkampf verwenden kann. Zum größten Teil sind sie ganz mit Eisen beschlagen, so daß nur wenig vom Holz, kaum das Schaftende, zu sehen ist. Oben an der Speerspitze ragen auf beiden Seiten, unmittelbar aus dem Beschläge, einige gekrümmte Stacheln wie gebogene Angelhaken hervor, wobei die Enden nach unten weisen".

18

Dank der Vermittlung von W. Janssen, Bonn, konnte ich das Stück während der Konservierung genauer studieren. 19 Hist. 2,5. 20 Vgl. Anm. 2. Die Berechtigung dieser Gleichset27 Festschrift Werner

zung ist m. W. nie angezweifelt worden. Siehe jedoch die kritischen Bemerkungen von B. Wilson, The AngloSaxons (1960) 123 f. 21 In: Procop, Gotenkriege. Ausgabe von O. Veh (Tusculum) (1966) 1183.

418

Siegmar v. Schnurbein

Nach Agathias sind die wesentlichen Charakteristika des Ango also: a) Mittlere Länge. b) Weitgehend Herstellung aus Eisen und die Bedeckung des Holzschaftes mit Eisen. c) Widerhaken. Zu a) Diese Angabe ist wenig präzise und schwer zu überprüfen. Nur soviel ist klar, daß es andere, längere Lanzen gegeben haben muß. Zu b) Die Beschreibung trifft nur bedingt zu. Nach den oben getroffenen Feststellungen muß der Holzschaft doch wenigstens ebenso lang sein wie die Eisenspitze. Es ist ganz unwahrscheinlich, daß vom Holzteil „kaum das Schaftende zu sehen" war. Nur im Vergleich zu normalen Lanzen sah der Ango so aus, als bestünde er so gut wie ganz aus Eisen. Man kann also wohl in den Worten des Agathias eine dichterische Ubertreibung sehen, zumal er den Ango wohl selbst nie gesehen hat, sondern sich bei diesen Kapiteln nach Veh auf eine andere, uns unbekannte Quelle stützte22. Zu c) Die Masse der Angonen haben "Widerhaken. (Zu den wenigen Ausnahmen siehe oben Anm. 9). Die formale Beschreibung des Ango gleicht also im Wesentlichen den archäologisch festgestellten Kriterien23. Nur die Länge des Holzschaftes läßt sich im Text wie bei den Funden nicht mit der gewünschten Genauigkeit ermitteln. Da Agathias die Waffe jedoch ausdrücklich als Stoß- und "Wurfwaffe bezeichnet, stützt er die oben angestellten Überlegungen zur Länge des hölzernen Schaftes (zur Wirkungsweise des Ango siehe unten). Noch in einer weiteren zeitgenössischen Quelle wird der Ango überliefert. Die Chronica Caesaraugustana berichtet, daß im Jahr 531 der Westgotenkönig Amalarich im Anschluß an die Schlacht gegen Childebert bei Narbonne nach Barcelona geflohen sei, wo er, vom Ango des Franken Besso durchbohrt, gestorben ist24. Ferner taucht der Begriff Ango in der byzantinischen Geschichtsschreibung auf. Die Stellen besagen jedoch für uns nichts Wesentliches25. Zwar nicht wörtlich, doch durch Beschreibung sind Angonen auch bei Sidonius Apollinaris erwähnt26. Er schildert Sigismers Brautschau am burgundischen Hof. Dessen Gefolgsmänner tragen in ihren Händen Lanzen mit Widerhaken und Wurfäxte. Zwar gibt Sidonius nicht an, welchem Volk Sigismer angehört, doch ist wohl an ripuarische Franken zu denken27. Sprachlich schließlich ist „Ango" ein germanisches Wort, nahe verwandt mit Angel, bezeugt aber nur als „Stachel, Spitze" und „Haken"28. 22

Ebd. 1108 f. Zur Glaubwürdigkeit des Agathias vgl. auch G. Gottlieb, Jahrb. RGZM. 16,1969, 149 ff. 23 Zu den grundsätzlichen Schwierigkeiten des Vergleiches von archäologisch bekannten Waffen und ihrer Beschreibung in der Literatur vgl. das Problem der Franzisca, kurz erörtert bei E. Zöllner, Geschichte der Franken bis zur Mitte des 6. Jahrhunderts. Geschichte d. deutschen Stämme bis zum Ausgang der Völkerwanderung3 (1970) 156. 24 Chron. Caesaraugustana Chron. II p. 223, 531 (Mommsen, MGH 11). Zum Zusammenhang vgl. Zöllner (Anm. 23) 84.



Georgios Pachymeres 6, 30 (Ed. Bekker) II 544. Pachymeres (ca. 1242-1310) berichtet, daß die in Diensten von Byzanz stehenden catalanischen Söldner mit Lanzen kämpften, die „die Alten angones nannten". Vgl. weiterhin Ethymologicon mega s. v. ango. Diese Stelle gibt nur die Informationen aus Agathias wieder. 26 Sidonius Apollinaris IV 20,3 (MGH VIII 70 f.). 27 L. Schmidt, Die Ostgermanen. Geschichte d. deutschen Stämme bis zum Ausgang d. Völkerwanderung8 (1969) 146. 28 H. Kühn in: Hoops, Reall. d. Germ. Altkde, l, 3, 331.

Zum Ango

VERBREITUNG,

419

ZEITSTELLUNG

Die Kartierung aller mir bekannten Angonen ergab, daß sie nur in einem verhältnismäßig eng umgrenzten Gebiet vorkommen (Beilage 3). Vergleicht man das Auftreten der "Waffe mit der Verbreitung der Reihengräberzivilisation überhaupt29, so fällt auf, daß sie bei den Alamannen im Neckartal, wo diese Friedhöfe besonders zahlreich sind, nahezu ganz fehlt. Im Wesentlichen hält sich das Vorkommen des Ango in den Grenzen des fränkischen Reiches mit besonderen Schwerpunkten in dessen Kerngebieten in Nordostfrankreich, Südbelgien, im Moselgebiet und am mittleren Rhein. Die verhältnismäßig wenigen Stücke, die außerhalb dieses Gebietes gefunden worden sind, besonders die Angonen von Nikitsch (94), die aus der burgundischen Pforte und aus der Charente sind dort Fremdstücke und können nur in Zusammenhang mit den anderen fränkischen Funden jener Orte betrachtet werden. Dies ginge jedoch über diese Studie hinaus. Besonders interessant wäre es dabei, parallel zum Ango die Verbreitung der Franziska, der zweiten spezifisch fränkischen Waffe zu untersuchen30. Auch die oben genannten zeitgenössischen Quellen stützen das Ergebnis, daß der Ango spezifisch fränkisch ist. Es ist vom Franken Besso und seinem Ango die Rede. Sigismer wird allgemein als Franke angesehen, und die Beschreibung des Agathias stammt aus seinem Bericht über die Entscheidungsschlacht am Volturno zwischen dem fränkisch-alamannischen Heer des Butilin und den Truppen des Narses31. Allerdings ist diese Stelle nicht unproblematisch32. Man gewinnt daraus den Eindruck, daß der Ango die vorherrschende Lanzenwaffe des Heeres gewesen sei. Allein die Seltenheit der Waffe in archäologischen Funden gegenüber den normalen Lanzen macht diese Angabe unwahrscheinlich. Hinzu kommt, daß das Heer keineswegs nur aus Franken bestanden hat. Die Führer und auch ein Gutteil der Krieger waren Alamannen33, bei denen aber nach den Bodenfunden der Ango fast völlig fremd war. So müssen wir auch in diesen Worten des Agathias eine Ungenauigkeit sehen. Auch eine Analyse der Grabfunde zeigt, daß der Ango nicht die Waffe des einfachen fränkischen Kriegers gewesen ist. Gräber mit Angonen sind in der Regel reich, wenn nicht gar sehr reich ausgestattet. Sie ermöglichen es, das Auftreten dieser Waffe zeitlich recht scharf abzugrenzen. Das älteste Angograb ist das von Helle34 aus der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts. Es liegt jedoch außerhalb des späteren Hauptverbreitungsgebietes und ist wegen der schlechten Erhaltung der Waffe nur bedingt heranzuziehen. In der zweiten Hälfte jenes Jahrhunderts kann der Ango in Samson (152), Biebrich (4), Mainz-Bretzenheim (8) und Charleville (104 b) nachgewiesen werden. Zahlreich sind die Angogräber in der Zeit um 500 (125, Marbouö; 24 c, Flonheim; 28, Großörner) und im 6. Jahrhundert (6, Blumenfeld; 5, Bittenbrunn; 60, Planig; 65, Selzen; 44, Krefeld-Gellep; 57, Ockstadt; 18, Eich; 101, Breban; 121, Griesheim; 149, Eprave; 104 a. c., Charleville; 136, Rue St. Pierre etc.). Im späten 6. Jahrhundert begegnet er in Inzing (39) und im Kölner Knabengrab (43 b). Zu Beginn des 7. Jahrhunderts findet er sich schließlich noch in Gammertingen (25), Eichloch (19), UlmSöflingen (67) und Beckum (3). In späterer Zeit ist der Ango im archäologischen Fundstoff unbe29

Großer Historischer Weltatlas Teil 2, Mittelalter, hrsg. vom Bayer. Schulbuchverlag (1970) Karte 64 (Werner). 30 Zur Verbreitung der Franzisca rechts des Rheins vgl. Koch (wie Anm. 9) Taf. 99 Karte 17. 31 Zöllner (wie Anm. 23) 100. 27»

82

Zur Problematik der Zusammensetzung des Heeres und Agathias' Beschreibung vgl. G. Gottlieb, Jahrb. RGZM. 16,1969,152 f. 33 Zöllner (wie Anm. 23) 99. 34 ygl. Werner (wie Anm. 1) 101.

Siegmar v. Schnurbein

420

Fundort

Spatha

Battenberg Beckum Biebrich Bittenbrunn Blumenfeld Bretzenheim Daseburg Ehningen Eich Eichloch Erbenheim Flonheim Gr. 1-2 Flonheim Gr. 3-4 Flonheim Gr. 5 Flonheim Gr. 9 Gammertingen Großörner Hahnheim Heddesdorf Helle Hochheim Hofheim Inzing Wich Kirchheim/T. Köln-Knabe Köln-Müngersd. Krefeld-G. Gr. 1782 Krefeld-G. Gr. 2589 Langenenslingen Liebenau Mengen Morken Nettersheim Niederwillingen Nordendorf Ockstadt Planig Pforzheim Selzen Ulm-Söflingen Urloffen Weingarten Weinheim Westheim Wiesbaden-Schier. Xanten Basel-Bernerr. Nikitsch Arcy-S. R. Breban Chaouilly Gr. 20 c Chaouilly Gr. 27 Charleville Gr. 66 Charleville Gr. 68

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Lanze

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Zum Ango

Fundort Charleville Gr. 74 Chassemy Domvallier Envermeu 1857 Envermeu 1854 Genlis Ittenheim Marboue Rue St. Pierre Engelmanshoven Eprave Gr. 377 Samson Gr. 11 Samson Gr. 12 Samson Gr. 13 Tournai Rhenen Gr. 501 Rhenen Gr. 503 Rhenen Gr. 763 Wageningen Lorentzweiler Singen

Spatha

Lanze

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Sax

Axt X

Pfeile X

Schildbuckel

Helm

Panzer

ReitZubehör

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421

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Tabelle 2. Die Waffenkombinationen der Gräber mit Angonen.

kannt. Dies hängt sicher mit dem Abklingen der Beigabensitte zusammen, denn gerade die reich ausgestatteten Gräber fehlen ab jener Zeit in den fränkischen Kerngebieten. Man hat aber auch damit zu rechnen, daß der Ango wie die Franziska im Anfang des 7. Jahrhunderts allmählich außer Gebrauch kam. Allerdings sind auf einer Reihe mittelalterlicher Darstellungen Widerhakenlanzen zu finden35. R. Bruce-Mitford rechnet auch damit, daß mit Widerhaken versehene Lanzen in England bis ins 11. Jahrhundert in Gebrauch waren36. Häufig erscheinen sie auf dem Wandteppich von Bayeux37. Nach F. Hottenroth soll eine angoartige Waffe bei den Küstenstämmen an der Nordsee noch das ganze Mittelalter hindurch in Gebrauch gewesen sein38.

KAMPFESWEISE Die oben angeführten Grabfunde machen bereits das Milieu deutlich, in dem der Ango in der Regel angetroffen wird. Es sind die Bestattungen der führenden Schicht des fränkischen Reiches. Dies wird besonders deutlich, wenn man die Zahl und Art der übrigen Waffen in diesen Gräbern untersucht. Die beigefügte Tabelle 2 zeigt, daß in 76 Grabfunden mit Angonen, von denen sicher 15, wahrscheinlich aber noch etlich mehr Inventare unvollständig sind, folgende weitere Waffen gefunden worden sind: 35

Darauf machte bereits L. Lindenschmit aufmerksam, Sigmaringen (wie Anm. 2) 25 mit Abb. 14. 36 In: F. Stenton u. a., Der Wandteppich von Bayeux (1957) 70 f. 37 Ebd. auf fast allen Tafeln. Vgl. auch die Elfenbein-

tafel von Reims, in: V. Eibern, Das erste Jahrtausend (1962) Tafelband Abb. 224 a. Auch K. Tackenberg, Frühmittelalterl. Studien 3,1969 Taf. 18, 45. 38 F. Hottenroth, Handbuch der Tracht (o. J.) 129.

Abb. 3. Grabfund von Planig. Nach Mainzer Zeitschr. 35, 1940, 3 Abb. 2.

Zum Ango

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59 Spathen, davon 13 Prunkspathen, 52 Lanzen, 19 Saxe, 31 Äxte, 23mal Pfeile, 54 Schildbuckel, 6 Helme, 3 Panzer, llmal Reitzubehör. Diese Gräber spiegeln die gesamte Waffenrüstung der merowingischen Zeit. Das regelmäßige Auftreten der Spatha weist die Gräber der gehobenen Schicht zu. Die Prunkspathen bezeugen dabei hohen und höchsten Adel39. Als Beispiel sei hier der Grabfund von Planig wiedergegeben (Abb. 3). Es ist nicht der Ort, die gesamten Waffenkombinationen im Einzelnen zu analysieren, zumal dazu neuere Arbeiten bereits vorliegen40. Nur die regelhafte Kombination von Ango und „normaler" Lanze soll näher betrachtet werden, da sie in jenen Arbeiten nicht berücksichtigt worden ist. Das paarweise Auftreten beider Lanzenformen deutet darauf hin, daß der Ango eine Funktion gehabt haben muß, die die normale Lanze nicht erfüllen konnte, während der umgekehrte Fall sicher möglich war41. Diese spezifische "Wirkungsweise des Ango wird bei Agathias auch deutlich beschrieben42: „Nun wirft der Franke im Kampf diesen Angon. Trifft er einen Körper, so dringt eben die Spitze ein, und weder der Verletzte noch ein anderer kann den Speer leicht herausziehen. Das verhindern die Widerhaken, die sich im Fleisch verfangen und die Schmerzen vergrößern, so daß der Feind, auch wenn er nicht tötlich verwundet wurde, daran sterben muß. Bleibt hingegen der Ango im Schilde stecken, so hängt er gleich daran herunter und muß mit ihm zusammen herumgeschwenkt werden, wobei das Schaftende am Erdboden nachschleift. Der Getroffene aber vermag weder den Speer herauszuziehen - dies verhindern die eingedrungenen Widerhaken - noch mit dem Schwerte abzuhauen, da das Holz durch Eisenbeschläge geschützt wird. Sobald dies der Franke bemerkt, setzt er den Fuß rasch auf und drückt, indem er sich auf das Schaftende stellt, den Schild zu Boden, wodurch der Arm des Trägers herabsinkt und Haupt und Brust entblößt werden. Dann kann er den ungeschützten Gegner mühelos niedermachen, sei es durch einen Axthieb auf die Stirn, sei es durch einen Stich mit einer anderen Lanze durch die Kehle". Wenn wir oben die Widerhaken als wesentliches Merkmal des Ango bezeichneten, so geht dasselbe auch aus diesen Worten des Agathias hervor. Gleichgültig, ob Körper oder Schild des Gegners getroffen waren, der Ango konnte nicht mehr entfernt werden und machte im ersten Fall den Gegner kampfunfähig, im zweiten Fall schutzlos. Doch auch hier sollte man den Beschreibungen Agathias' nicht wörtlich folgen. Lindenschmit bemerkte bereits dazu43: „Wollten wir dieselbe (Schilderung) für die allgemein übliche Kampfesweise mit dem angon nehmen, so erhielten wir von dem Ansturm einer Frankenschar die wahrhaft erheiternde Vorstellung einer Schlachtreihe grimmer Männer, welche, statt nach dem Wurf ihrer Speere auf die Feinde zu stürzen, mit vorgestreckten Füßen das Ende ihrer in den Schilden der Gegner haftenden Speere zu erhäschen und festzuhalten suchen!" Wesentlich ist für uns, daß der Ango nur ein einziges Mal verwendet werden konnte; eine alleinige Ausrüstung mit dieser Waffe wäre also unsinnig gewesen. Gerade dann, wenn der Schild getroffen war, mußte der Kampf mit einer anderen Waffe weitergeführt werden. Eine so differenziert einzusetzende "Waffe wie der Ango zwingt zu weiterer Rüstung. Er kann die normale Lanze nicht ersetzen, sondern nur ergänzen. Die Kombination des Ango mit der normalen Lanze ist also waffentechnisch notwendig. 89

H. Ament, Fränkische Adelsgräber von Flonheim. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit B 5 (1970) 115 ff. 130 ff. 40 H. Steuer in: Frühmittelalterliche Studien 4, 1970, 348 ff. mit aller weiteren Literatur. 41 Eine Verwendung des Ango als Jagdwaffe wäre

denkbar. Die oben zusammengestellte zeitgenössische Literatur nennt ihn allerdings nur in kriegerischem Zusammenhang. 42 Wie Anm. 18 (Fortsetzung des Zitates). 43 AuhV. 3 H. 6 Beilage S. 9.

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Abb. 4. Darstellungen von Kampfszenen auf den Helmen aus Vendel. Nach Stolpe-Arne (vgl. Anm. 48).

Geht man allerdings davon aus, daß der fränkische Krieger neben dem Ango auch all die weiteren Waffen, die er mit in das Grab bekam, mit sich in die Schlacht führte44, so wäre er hoffnungslos überbelastet und nahezu kampfunfähig gewesen. Man hat bei diesen Herren der Oberschicht dann in jedem Fall mit mindestens einem begleitenden Waffenknecht zu rechnen45. Dies paßt gut zu den Überlegungen, die H. Steuer zur Kampfesweise der merowingischen Krieger anstellte46. Die Bewaffnung jener Zeit deutet auf einen Kampf Mann gegen Mann, der nicht in taktischen Truppenkörpern ausgefochten wurde47. Auf den Helmen von Vendel werden solche Kampfszenen verdeutlicht (Abb. 4)*8.

HERKUNFT

Die Herkunft des Ango ist bisher noch nicht befriedigend geklärt worden. Das liegt vor allem daran, daß unmittelbare Vorformen im Verbreitungsgebiet des Ango unbekannt sind. Seit Lindenschmit ist die Ansicht weit verbreitet, der Ango habe sich aus dem römischen Pilum entwickelt49. In der Tat ist die formale Ähnlichkeit beider Waffen groß. Bei näherem Hinsehen zeigt sich jedoch, daß sie fast nur auf den überlangen Eisenschaft beschränkt bleibt. Die Federtülle ist beim Pilum unbekannt. Umgekehrt kennt der Ango nicht die von A. Schulten deutlich beschriebenen breiten Zungen, die vom Holzschaft des Pilum umschlossen werden50. Die bei beiden zu findende Schlitz- und Ganztülle ist aber bei allen Lanzenspitzen gebräuchlich. Auch die Widerhaken, Kennzeichen des 44

Grundsätzlich muß diese Annahme mit Steuer (Nachr. aus Niedersachs. Urgesch. 37, 1968, 29 f. 61) in Frage gestellt werden. 45 Vgl. z. B. die Darstellung auf einem Helm von Vendel. H. Stolpe u. T. Arne, La Necropole de Vendel (1927) Taf. S, 2. 4S Wie Anm. 44, 60 f. mit Abb. 2 u. 72 ff. " Ebd. 33. Dazu J. Bodmer, Der Krieger der Merowingerzeit und seine Welt. Eine Studie über Kriegertum

als Form der menschlichen Existenz im Frühmittelalter. Geist und Werk der Zeiten 2 (1957) 127. 48 Abb. nach Stolpe u. Arne (wie Anm. 45) Taf. 36, 5; 41,3. 49 Vgl. Anm. 2 und AuhV. 3 H. 6 Beilage. Diese Meinung wurde im allgemeinen in der Literatur übernommen. Stellvertretend für Viele sei genannt Böhner (wie Anm. 17) 160 ff. «° RE. XX 2, 1352 ff.

ZMW Ango

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Ango, treten bei Pila selten auf51. Zudem spricht gegen eine direkte Übernahme des Pilum durch die Franken, daß dieses in seiner klassischen Form, eben der, die dem Ango vergleichbar ist, bereits im Verlauf der mittleren Kaiserzeit beim römischen Heer allmählich außer Gebrauch kam52. Im 4. Jahrhundert meldet Vegetius dazu, daß das Pilum, dessen Eisen 21,6 cm und dessen Holz 165 cm lang sei, nun Spiculum genannt werde, aber nur mehr selten in Gebrauch sei. Das zu seiner Zeit benutzte „Pilum" heiße Verutum und habe einen 103 cm langen Holzschaft mit 12,5 cm langger Eisenspitze53. Beide Waffen hatten nach dieser Beschreibung äußerlich also nichts mehr mit den Pila der frühen Kaiserzeit gemein. Man hat sie eher zu den normalen Lanzen zu zählen, zumal Vegetius nicht von Widerhaken spricht. Eine umfassende Studie über die Waffen der mittleren und späten römischen Kaiserzeit ist ein Desiderat der Forschung. So lassen sich die Angaben des Vegetius noch nicht mit archäologischen Funden vergleichen oder gar erhärten. Gerade in der fraglichen Zeit des 3. und 4. Jahrhunderts sind auch bildliche Darstellungen römischer Waffen sehr viel seltener als in der voraufgehenden Zeit. Immerhin fanden sich an verschiedenen römischen Militärplätzen einige Widerhakenlanzen54. So weit datierbar, gehören sie der Spätantike an. Sie muten jedoch im römischen Fundstoff fremd an, denn Vorläufer aus der mittleren Kaiserzeit sind praktisch unbekannt55. Die besten Entsprechungen (Abb. 5) finden diese Lanzen in den Grab- und Moorfunden der jüngeren Kaiserzeit im nördlichen Europa56. Sollten die in den Militärplätzen gefundenen Stücke tatsächlich hier anzuschließen sein, 51

Ebd. 1357. Schulten stellte bei 44 ihm bekannten Pila nur fünfmal Widerhaken fest. Das von H. v. Petrikovits erstellte Typenbild der Pilumspitzen ist korrekturbedürftig (Germania 29, 1951, 198 ff. Abb. 2). Die dort Abb. 2,5 wiedergegebene Widerhakenspitze stammt von einem Ango, der in der Literatur fälschlich als Pilum bezeichnet wurde, was besonders aus der Form der Tülle hervorgeht: AuhV. l H. 8 Taf. 6, 3. Unsere Nr. 78. - Vgl. aber das neue Pilum von Eining mit deutlichen Widerhaken. Es ist 77,5 cm lang, Schaft und Tülle sind vierkantig. Das Stück gehört vermutlich der mittleren Kaiserzeit an. J. Garbsch, Bayer. Vorgeschiditsbl. 35, 1970, 105 f. Abb. l, 1. 52 P. Couissin, Les Armes Romaines (1926) 495. Er stellt fest, daß zu Beginn des 3. Jahrhunderts das Pilum und der Gladius in der Bewaffnung des Römischen Heeres verschwunden sind. Vgl. auch J. Kromeyer u. G. Veith, Heerwesen und Kriegführung der Griechen und Römer (1928) 550. Zu Funden vgl. den Waffenhort von Künzing. H. Schönberger u. F. R. Herrmann, Das Römerkastell Künzing-Quintana. Jahresber. Bayer. Bodendenkmalpflege 8/9, 1967/68, 57 ff. Abb. 18-24. 53 Vegetius, Epitoma rei militaris 2, 15. Dazu A. Schulten, RE. XX 2,1364.1367. 64 Carvoran: B. Brown, The Arts in Early England 3 (1915) Taf. 32,11. - Richborough: J. Bushe-Fox, Fourth Report on the Excavations of the Roman Fort at Richborough (Kent) (1949) Taf. 59, 289. - Straßburg: Gallia 11, 1953, 245 Abb. 16,13. - Sargans: B. Frei, Der römische Gutshof von Sargans. Arch. Führer der Schweiz 3 (1971) 17 Abb. 20. - Vindonissa: Zeitschr. f. Schweiz. Arch. u. Kunstgesch. 2, 1940, 2 Abb. 2, 17 und Vindonissa-Museum Brugg Inv. 21 :241. - Moosberg: J. Garbsch, Der Moosberg bei Murnau. Münchner Beitr.

z. Vor- u. Frühgesch. 12 (1966) 83 Nr. 27; Taf. 29, 27. Burgkofel bei Lothen (Südtirol): Atti dell'Ist. Veneto di Scienze, Lettere et Arti 127, 1968/69, 218 Abb. 13. Lorch: Rom. Limes in österr. 15, 1925, 194 Abb. 59, 4. - Lauriacum: ebd. 13, 1919, 220 Abb. 60, 2. - Carnuntum: ebd. 10, 1909, 52 Abb. 11, 1. - Vgl. auch Vjesnik Zagreb N. F. 12,1912, 83 Abb. 29. 55 Vergleichbar sind nur zwei Stücke aus Hofheim: Nass. Ann. 40,1913 Taf. 17,22.56. 56 Moorfunde: C. Engelhard, Nydam Mosefund (1865) Taf. 11, 22-32. Ders., Vimose Fundet (1869) Taf. 14, 16-19. Ders., Kragehul Mosefund (1867) Taf. 3, 18-22, 25. 26. Ejsb01: M. 0rsnes in: Vorgeschichtliche Heiligtümer und Opferplätze in Nordeuropa. Abh. d. Akad. d. Wiss. Göttingen. Phil. Bist. Klasse 3. Folge 74 (1970) 172 ff. und Acta Arch. 34,1963, 241 Abb. 11. Grabfunde (Auswahl): Dänemark: O. Almgren u. B. Nerman, Die Ältere Eisenzeit Gotlands (1923) 125 ff. Nr. 377 ff. - E. Vedel, Bornholms Oldtidsminder og Oldsager (1886) 121 ff. - O. Klindt-Jensen, Bornholm i Folkevandringstiden (1957) 148 ff. Abb. 118-119. - M. Stenberger, öland under äldre Järnalderen (1933) 48 Abb. 37. - E. Albrectsen, Fynske Jernaldergrave 3 (1968) Taf. 93 a. Norwegen: O. Rygh, Norske Oldsager (1885) 45. 49. 50. Zahlreiche Nachweise bei P. Fett, Bergens Mus. Arbok. Hist. Antiqu. Rekke 2, 1938, bes. 73 ff. mit Taf. 4. - W. Sloman, Saetrangfunnet (1959) Taf. 7,2. Schleswig-Holstein: A. Genrich, Formenkreise und Stammesgruppen in Schleswig-Holstein (1954) Taf. 19. Nachrichtenbl. Dt. Vorzeit 15, 1939, 23 f. (Grabfund von Fockbek. Für Auskünfte danke ich J. Hoika, Schleswig). Vgl. auch Grab 8 von Diersheim: R. Nier-

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so bliebe zu fragen, ob sie im Verlauf germanischer Eroberungszüge oder als Waffen germanischer, in römischen Diensten stehender Söldner dorthin gelangt sind. Die zweite Möglichkeit hat viel für sich, denn es wurden vor allem seit Aurelian häufig Germanen einzeln und in geschlossenen Truppenkörpern ins römische Heer aufgenommen57. Die Annahme, daß mit den germanischen Söldnern auch deren eigene Waffen ins römische Heer gelangten, lehrt das sog. Diptychon des Stilicho58. Es zeigt den Feldherrn mit Schwert, Widerhakenlanze und Rundschild. Da die Form des abgebildeten Schildbuckels eindeutig germanische Herkunft verrät59, darf man das gleiche auch für die "Widerhakenlanze vermuten. Zum Schwert ist kaum ein Urteil zu fällen. So ließe sich das Vorkommen von germanischen Lanzen in römischen Militärplätzen auf diese Weise gut erklären. Bei den drei langen Widerhakenlanzen, die in Südbaden, also jenseits der spätantiken Reichsgrenze in Meßkirch, Ihringen und Münchhöf-Homberg gefunden worden sind, stand die germanische Herkunft ohnehin nie in Frage80. Die beiden ersteren sind von R. Gießler als Frühangonen bezeichnet worden. Er sah in ihnen unmittelbare Vorläufer des fränkischen Ango und Verbindungsglieder zu den Nydamer Lanzen. haus, Das swebische Gräberfeld von Diersheim. Röm.Germ. Forsch. 28 (1966) Taf. 5. - Schwer einzuordnen ist die ango-artige Spitze von Lühnesand bei Hamburg. K. Raddatz, Hammaburg 4,1953/55, 40 f. Taf. 16, 6. 5?l Zu den Germanen in römischen Diensten K. F. Strohecker, Germanentum und Spätantike (1965) 33 f. mit weiterer Literatur. Vgl. besonders die Zusammenstellung germanischer Truppenkörper bei Th. Mommsen, Gesammelte Schriften 6 (1910) 282 ff. Auf diese Möglichkeit hat bereits F. Fremersdorf hingewiesen: Festschr. f. R. Egger l (1952) 70 f. 58 Abgebildet bei R. Delbrück, Die Consulardiptychen und verwandte Denkmäler (1929) 242 ff. Nr. 63 Abb. 1. - Ein germanischer Leibwächter mit Widerhakenlanze ist auf einer Silberschale justinianischer Zeit dargestellt: V. Kropotkin, Rimskie importnye isdelija v vostoünoj Evrope. Archaeologija SSSR, Svod D l, 27 (1970) 203 Abb. 52, 1. Vgl. auch den Glasbecher von Köln: Festschr. f. R. Egger l (1952) 66 ff. Abb. 1. Dagegen aber auch die Leibwächter mit normalen Lanzen auf dem Theodosius-Missorium: R. Delbrück, Spätantike Kaiserporträts (1933) Taf. 94. 59 Darauf machte mich H. Vierck aufmerksam, der mir auch die folgenden Belege von Schildbuckeln dieser Form zur Verfügung stellte: 1. 2. Kertsch, Krim, UdSSR: Izvestija Arch. Imp. Komm. 25, 1907, 35 Abb. 13 a. 3. Malaesti, Bessarabien, UdSSR: Materialy MoskvaLeningrad 82, 1960, 288 Abb. 13, 1. - 4. Krikstonis, Lazdijai District, Lithunian SSR: Swiatowit 24, 1962, 319 ff. - 5. Beszterce, Bistritz District: Transilvania Mus. Beszterce Inv. 26. - 6. Ujhartyän, Köm. Pest, Ungarn: Arch. Ert. 88, 1961, 194 Abb. 2, 2. - 7. Dobrozien-Guttentag, Schlesien: Altschlesien 7, 1938, 43 Abb. 20. Arch. Ert 88,1961, 201 Abb. 8. Dabei erhebt sich jedoch die Frage, wie weit wir grundsätzlich bildliche Darstellungen mit tatsächlich existie-

renden Waffen gleichstellen dürfen. Sind z. B. mit den verschiedenen Lanzenformen auf dem Postament des Theodosius-Obelisken auch verschiedene existierende Lanzen gemeint, oder sind es nicht vielleicht vom Bildhauer wiederverwendete topoi? (Zum Obelisken vgl. G. Bruns, Der Obelisk und seine Basis auf dem Hippodrom zu Konstantinopel [1935] bes. Abb. 62-65). Das Problem wäre auch besonders bei den Münzen zu diskutieren. Vgl. z. B. R. Delbrück, Spätantike Kaiserporträts (1933) Taf. l, 12; 5, 1; 19, 7. Und ders., Die Münzbildnisse von Maximinus bis Carinus (1940) mit zahlreichen Beispielen auf Taf. 15 ff. Heranzuziehen ist auch die Silberscheibe von Niederhiebet auf der neben Widerhakenlanzen zahlreiches anderes Kriegsgerät abgebildet ist, das zum Teil recht phantasievoll anmutet: K. Schumacher, Verzeichnis der Abgüsse und wichtigsten Photographien mit Germanendarstellungen. Katalog RGZM. l (1912) 57 Abb. 37. - Widerhakenlanzen werden im römischen Bereich auch im Zusammenhang mit der Jagd wiedergegeben: Oudheidk. Mededelingen 45, 1964 Taf. 11, 2 (Mosaik) und H. Kahler, Die Kunst und Das Schöne Heim 50, 1952, 321 ff. (Silberschale justinianischer Zeit). 60 Bad. Fundber. 15, 1939, 105 ff. (Meßkirch und Ihringen) und F. Garscha, Die Alamannen in Südbaden. Katalog der Grabfunde. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit A 11 (1970) 224 Taf. 8, 9-12. An germanische Herkunft denkt auch K. Raddatz (vgl. Anm. 62) 14. - Zu Abbildungen von Widerhakenlanzen im germanischen Bereich vgl. vor allem Darstellungen auf Brakteaten und Medaillons: M. Mackeprang, De Nordiske Guldbrakteater (1952) Taf. 2, 6 b. 9 b. 10 b; 4, 4. - D. Ellmers, Jahrb. RGZM. 17, 1970, 210 Abb. 11-12; 214 Abb. 15 b; 229 Abb. 29-30; 265 Abb. 79 b. - Det Kgl. Norske Vidsk. Selsk. Museet Arsberetning 1953 (Medaillon v. Inder0y). - Fornvännen 31, 1936, 58 Abb. 2.

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Abb. 5. Widerhakenlanzen. l Lorch. 2. 7. 9 Nydam. 3 Ihringen. 4 Meßkirch. 5 Vindonissa. 6 Moosberg. 8 MünchhofHornberg. 10 Sargans. Nachweise vgl. Anm. 54. 56. 60. M. etwa l: 3.

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So spärlich die angeführten Funde zahlenmäßig gegenüber der Zahl der Angonen sind61, sie sind die jüngsten Lanzen mit langem Schaft und Widerhaken vor dem Aufkommen des eigentlichen Ango, also formal die einzigen Vorläufer. Bliebe es allein bei diesen Kriterien, so könnte dieser Schluß mit einer gewissen Berechtigung angezweifelt werden62. Betrachtet man jedoch die Fundzusammenhänge jener nordischen Widerhakenlanzen, so zeigen sich weitere Übereinstimmungen. In Grabfunden wie in Moorfunden ist dort diese Waffe wie der Ango in der Regel mit einer anderen normalen Lanze gepaart63. In den Gräbern finden sich außerdem häufig Schwert und Schildbuckel64. Hier wie dort findet sich die Widerhakenlanze meist in auch sonst gut ausgestatteten Gräbern. Wir fassen also die gleiche Standardausrüstung und wie in der merowingischen Zeit in diesen Gräbern eine gut vergleichbare Führungsschicht. Zudem ist das paarweise Auftreten beider Lanzenformen im germanischen Bereich seit dem Aufkommen der Widerhakenlanze in der späten Latenezeit zu beobachten65. Diese ältesten Stücke sind noch sehr kurz. Die allmähliche Verlängerung des Schaftes führte M. Jahn auf den Einfluß des Pilum zurück66. Diese Behauptung ist jedoch kaum zu beweisen. Die geschilderten Befunde machen es wahrscheinlich, daß der Ango sich aus der germanischen Widerhakenlanze entwickelt hat. Dort hat auch die fränkische Waffenkombination ihre Wurzeln. Die gleichartige Bewaffnung läßt in beiden Fällen auf einen Kampf Mann gegen Mann schließen, eine Kampfweise, die nichts mit der der pilenbewaffneten römischen Legionäre zu tun hat. Der Sinn der Pilentaktik war es, daß zu Beginn der Schlacht vom ersten Treffen in drillmäßig geübtem, geschlossenem Wurf dem Feind die Pilensalve entgegengeschleudert wurde. Zu den Schwierigkeiten, den Ango formal vom Pilum abzuleiten, tritt also noch ein grundlegender Unterschied der Funktion in der jeweiligen Bewaffnung. Wäre also demnach die Herkunft des Ango im germanischen Bereich zu suchen, so mag bei der Übermittlung und formalen Ausbildung auch das spätrömische Heer mitgewirkt haben. Es sind aber auch dann wohl vor allem die germanischen Teile jenes Heeres maßgeblich daran beteiligt gewesen. Doch in diesen Fragen kann nur Aufarbeitung der spätrömischen Waffenfunde weiterhelfen. 61 Zur Spärlichkeit von Waffenfunden der jüngeren Kaiserzeit im freien Germanien vgl. Raddatz, Die Bewaffnung der Germanen in der jüngeren römischen Kaiserzeit. Nachr. d. Akad. d. Wiss. Göttingen, Phil.-Hist. Kl. Heft l (1967) 4 f. 82 Böhner (wie Anm. 17). 63 Vgl. dazu besonders die unter Anm. 56 zitierte Arbeit von M. 0rsnes. In den neueren Arbeiten über germanische Bewaffnungen (vgl. Anm. 40) wurde diese Kombination meist nicht beachtet. Die Widerhakenlanzen wurden stets den normalen Lanzen zugesellt. Darauf hingewiesen hat jedoch Raddatz (wie Anm. 61) 14. 64 Vgl. besonders die unter Anm. 56 verzeichneten Gräber. 65 z. B. Rondsen Grab 4: S. Anger, Das Gräberfeld zu Rondsen im Kreise Graudenz (1890) Taf. 6. Auch Raddatz, Die germanische Bewaffnung der vorrömischen Eisenzeit. Nachr. d. Akad. d. Wiss. Göttingen. Phil.Hist. KI. Heft 11 (1966) 445 und K. Motykovä-Sneidrova in: Berliner Jahrb. f. Vor- u. Frühgesch. 5, 1965, 140 f. - Zu Widerhakenlanzen der älteren Kaiserzeit vgl.: W. Wegewitz, Die Langobardische Kultur im Gau Moswidi (1937) 86 u. Taf. 4. 14. 18. 28. 32. - Ders., Der Urnenfriedhof von Ehestorf-Vahrendorf

im Kreise Hamburg aus der vorrömischen Eisenzeit und der älteren römischen Kaiserzeit (1962) Taf. 12. 13. 19. 23. 24. - Ders., Der Urnenfriedhof von Hamburg-Langenbek (1965) Taf. 1. 2. 4. 6. - Ders., Der Urnenfriedhof von Hamburg-Marmstorf (1964), Gräber 140. 227. 251. 261. 265. - N. Bantelmann, Hamfelde (1971), Gräber 302. 361. 512. - W. Asmus, Tonwarengruppen und Stammesgrenzen in Mecklenburg während der ersten beiden Jahrhunderte nach der Zeitenwende (1938) 82 ff. (Hagenow, Gräber von 1841 und 1899). - Ch. Pescheck, Die frühwandalische Kultur in Mittelschlesien (1939) 63 f. - J. Kostrzewski, Die ostgermanische Kultur der Spätlatenezeit (1919) 296 Beil. 63. - K. Tackenberg, Die Wandalen in Niederschlesien (1925) Taf. 7. 8. 24. Polskie Badania Arch. 15,1967,19 Abb. 13; 65 Abb. 67. - Fontes Praehist. 2, 1951, 219 Abb. 337; 237 Abb. 375. - Fontes Arch. Posnanienses 5, 1953, 158 Abb. 4. Ebd. 8/9, 1957/58, 338 Abb. 329. - O. Almgren u. B. Nerman, Die ältere Eisenzeit Gotlands (1933) 166 Nr. 365. 368. 374. - Am Arch. 34, 1963, 191 Abb. 3; 208 Abb. 17. - Zahlreiche Hinweise verdanke ich P. Glüsing (Münster). 69 M. Jahn, Die Bewaffnung der Germanen in der älteren Kaiserzeit (1916) 89.

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FUNDLISTE A. DEUTSCHLAND 1. Andernach: Frankenkatalog. Rheinisches Landesmuseum Bonn Inv. 40402. 2. Battenberg, Ldkr. Frankenthal: Westdt. Zeitschr. 18,1899, 392. 3. Beckum: W. Winkelmann, Das Fürstengrab von Beckum (1962) Abb. 4, 20. 4. Biebrich bei Wiesbaden: Germania 5,1921, 27 Abb. 2, 4. 5. Bittenbrunn, Ldkr. Neuburg/Donau, Grab 16: Jahresber. Bayer. Bodendenkmalpflege 8/9, 1967/ 68, 87 ff. 6. Blumenfeld, Ldkr. Konstanz: F. Garscha, Die Alamannen in Südbaden. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit A 11 (1970) 18 u. Taf. 10, 6. 7. Bodenheim bei Mainz: AuhV. 3 H. 9 Taf. 5, 1.-Abb. l, E; 2,1. 8. Bretzenheim bei Mainz: Mainzer Zeitschr. 14, 1919, 6; Taf. 2. 9. Bretzenheim, Ldkr. Kreuznach: Westdt. Zeitschr. 17, 1898, 379; Taf. 9, 5. 10. Budenheim, Ldkr. Mainz: E. Geßler, Die Trutzwaffen der Karolingerzeit vom 8. bis zum 11. Jahrhundert (1908) 42. 11. Darmstadt: AuhV. l H. l Taf. 6,2. 12. Daseburg, Ldkr. Warburg: Nachrichtenbl. Dt. Vorzeit 6, 1930, 242. 13. Dauborn, Ldkr. Limburg/Lahn: Nass. Arm. 41, 1910-11, 345. 14. Deersheim, Ldkr. Halberstadt, 3 Angonen aus Grab 9: Ausgrabungen u. Funde 11,1966, 44. 15. Dockweiler, Ldkr. Daun: Frankenkatalog. Mus. Düren Inv. 708. 16. Dortelweil, Ldkr. Friedberg/Hessen: Fundber. aus Hessen l, 1961, 93. 17. Ehrungen, Ldkr. Böblingen: W. Veeck, Die Alamannen in Württemberg. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit l (1931) Taf. 74, A 7. 18. Eich, Ldkr. Worms: Mitt. Altert. Ver. Worms 7, 1936, 38. 19. Eichloch, Ldkr. Alzey: J. Werner, Münzdatierte Austrasische Grabfunde. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit 3 (1935) 94 Nr. 33 Taf. 21,3. 20. Engers, Ldkr. Neuwied: Frankenkatalog. Mus. Neuwied Inv. 1384. 21. Erbenheim bei Wiesbaden: A. Henche, Der ehemalige Landkreis Wiesbaden (1930) 83 Abb. 61 u. Taf. 32. Vgl. auch Nass. Arm. 15, 1879, 386. 22. Euskirchen: Frankenkatalog. Mus. f. Vor- u. Frühgesch. Frankfurt X 9580.

23. Flomborn, Ldkr. Alzey: Mus. Worms Inv. F678. 24. Flonheim, Ldkr. Alzey, 4 Angonen: a) Grab 1/2; b) Grab 3/4; c) Grab 5; d) Grab 9: H. Ament, Fränkische Adelsgräber von Flonheim. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit B 5 (1970). 25. Gammertingen, Ldkr. Sigmaringen: W. Gröbbels, Der Fund von Gammertingen (1905). 26. Glauberg, Ldkr. Büdingen, Siedlung: Mitt. J. Werner. 27. Gondorf, Ldkr. Mayen: Bonner Jahrb. 87, 1889, 21. 28. Großörner, Ldkr. Hettstedt: Jahresschr. Halle 24, 1936, 231 ff. 29. Hahnheim, Ldkr. Mainz: Mainzer Zeitschr. 67,1972, 349. 358. Abb. 6. 30. Halsdorf, Ldkr. Bitburg: Trierer Zeitschr. 24 -26, 1956-58, 612 Abb. 168. 31. Heddesdorf, Ldkr. Neuwied: Nach Frankenkatalog, a) Mus. Neuwied Inv. 890; b) Mus. Neuwied Inv. 888/11; c) Mus. Neuwied; d) Mus. Neuwied; e) Mus. Neuwied Inv. 2494-2501, Grab 251. 32. Heidelberg-Kirchheim, Ango fraglich: G. Clauß, Reihengräber von Heidelberg-Kirchheim. Bad. Fundber. Sonderh. 14 (1971) Taf. 8, 20. 33. Helle, Ldkr. Oldenburg i. Old.: Bonner Jahrb. 158, 1958, 384 ff. Abb. 10, 1. 34. Helmeringen, Gde. Lauingen, Ldkr. Dillingen: Mus. Lauingen. 35. Herten, Ldkr. Lörrach: Anz. f. Schweiz. Altkde. 24, 1891, 483 Taf. 24-25. Vgl. auch Garscha (wie Nr. 6) 88. 36. Hochheim/Taunus: a) Nass. Heimatbl. 46, 1956, H. 2, Taf. 16, 12; b) Grab B. Ebd. 41; c) Mainzer Zeitschr. 29, 1934, 41 (evtl. identisch mit b). 37. Hofheim, Ldkr. Bergstraße: F. Behn, Urgeschichte von Starkenburg (1936) 41 u. Taf. 80, a. 38. Hohenfels, Ldkr. Daun: K. Böhner, Die Fränkischen Altertümer des Trierer Landes. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit B l (1958) Katalog S. 53. Rhein. Vorzeit in Wort und Bild 2, 1939, 55 Abb. 2. 39. Inzing, Ldkr. Griesbach: J. Pätzold-H.P. Uenze, Vor- und Frühgeschichte im Landkreis Griesbach (1963) 62 f. Taf. 43. - Abb. l, B. 40. Mich, Ldkr. Neuwied: Frankenkatalog. Rhein. Landesmus. Bonn Inv. 38, 394 (z. Zt. verschollen). 41. Kaltenengers, Ldkr. Koblenz: Frankenkata-

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Siegmar v. Schnurbein

log. a) Mitt. d. Germ. Nationalmus. Nürnberg l, 1886, 176 Abb. 1; b) Ebd. Abb. 2; c) Berlin, Zeughaus Inv. 06, 396. 42. Kirchheim/Teck, Ldkr. Nürtingen, Grab 54: Mitt. D. Planck. 43. Köln: a) Köln-Junkersdorf: P. La Baume, Das Fränkische Gräberfeld von Junkersdorf bei Köln. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit B 3 (1967) 28 Taf. 9; b) Knabengrab: Germania 42,1964,156 ff. - Abb. l, C; c) Köln-Müngersdorf, Grab 92, 10: F. Fremersdorf, Das Fränkische Gräberfeld von Köln-Müngersdorf. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit 6 (1955) 148; Taf. 17; d) Köln St. Severin, Grab 205: Kölner Jahrb. 8, 1965-66, 108 Abb. 6, 3 (Ango fraglich). 44. Krefeld-Gellep: a) Grab 1782 (Fürstengrab): Germania 42, 1964, 181 ff; b) Grab 2589: R. Pirling in: Actes du 7. Congres Intern, d. Sciences Prehist. et Protohist. Prag 1966 (1971) 1006. 45. Langenenslingen, Ldkr. Sigmaringen: L. Lindenschmit, Die Vaterländischen Alterthümer d. Fürstl. Hohenzoll. Slg. zu Sigmaringen (1860) Taf. l.-Abb. 2, 4. 46. Liebenau, Ldkr. Nienburg: Studien aus Alteuropa (Festschr. f. K. Tackenberg) 2 (1965) 256 ff. Abb. 1-2. 47. Mengen, Ldkr. Freiburg: Garscha (wie Nr. 6) 218 Taf. 13 A. 48. Monsheim, Ldkr. Worms: Mittelrh. Landesmus. Mainz Inv. 3283. 49. Morken, Ldkr. Bergheim: K.Böhnerin: Neue Ausgrabungen in Deutschland (1958) 432 ff. 50. Mülhofen, Ldkr. Koblenz: Frankenkatalog. Mus. Koblenz Inv. 242. 51. Niederlahnstein, Ldkr. St. Goarshausen: L. Lindenschmit, Handbuch der Deutschen Altertumskunde l (1880) 178 Abb. 78. 52. Niederwerth, Ldkr. Koblenz: Frankenkatalog. Mus. Koblenz Inv. 4960. 53. Niederwillingen, Ldkr. Arnstadt: A. Götze, P. Höfer, P. Zschiesche, Die Vor- und Frühgeschichtlichen Altertümer Thüringens (1909) 255; Taf. 22. 54. Nettersheim, Ldkr. Schieiden: Frankenkatalog. Mus. f. Völkerkde. Berlin Inv. I i 1331-40. 55. Nordendorf, Ldkr. Donauwörth: M. Franken, Die Alamannen zwischen Hier und Lech. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit 5 (1944) 43 u. Taf. 24, 19. 56. Oberleuken, Ldkr. Merzig: Böhner (wie Nr. 38) Katalog 100; Taf. 31, 5. - Abb. l, D. 57. Ockstadt, Ldkr. Friedberg/Hessen: Fundber. Hessen l, 1961, 103 f. Abb. 13. 58. Osthofen, Ldkr. Worms: Mittelrh. Landesmus. Mainz Inv. 2301. 59. Pforzheim: E. "Wagner, Fundstätten und Funde im Großherzogtum Baden 2 (1911) 152 Abb. 139.

60. Planig, Ldkr. Bingen: Mainzer Zeitschr. 35, 1940, l K.-Abb. 3. 61. Rübenach, Ldkr. Koblenz: Frankenkatalog. Rhein. Landesmus. Bonn Inv. 40401. 62. Russheim, Ldkr. Karlsruhe: Wagner (wie Nr. 59) 82 Abb. 83. 63. Schwarzrheindorf, Ldkr. Bonn: G. Behrens, Kataloge RGZM. 13. Merowingerzeit (1947) 30. 64. Schwetzingen, Ldkr. Heidelberg: Wagner (wie Nr. 59) 204. 65. Selzen, Ldkr. Mainz: AuhV. 3 H. 9 Taf. 5, 2. - Abb. 2, 2. 66. Speelberg, Ldkr. Rees, 2 Angonen aus Gräberfeld: Frankenkatalog. 67. Ulm-Söflingen: Fundber. aus Schwaben N. F. 15, 1959,193 ff. u. Taf. 48. 68. Urloffen, Ldkr. Kehl: Bad. Fundber. 21,1958, 279 u. Taf. 80. 69. Wardt, Ldkr. Moers: Frankenkatalog. Verschollen. 70. Weingarten, Ldkr. Ravensburg: Mitt. S. Schick. 71. Weinheim, Ldkr. Mannheim: "Wagner (wie Nr. 59) 254. 72. Welschingen, Ldkr. Konstanz: Garscha (wie Nr. 6) 283 u. Taf. 60,1. - Abb. 2, 5. 73. Westheim, Ldkr. Gunzenhausen: H. Dannheimer, Die Germanischen Funde der späten Kaiserzeit und des frühen Mittelalters in Mittelfranken. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit A 7 (1962) 184 u. Taf. 36. 74. Wiesbaden: a) Archaelogia 36, 1855, 78 f; b) Lindenschmit (wie Nr. 51) 178 Abb. 77 (evtl. identisch mit a); c) 7 Angonen vom Gräberfeld am Schiersteinerweg. Mus. Wiesbaden Inv. 8733.87378742. Teilweise wohl identisch mit den 4 Stücken in Nass. Ann. 21, 1889, 28 f.; 23, 1891, 160; d) Wiesbaden-Rheinstraße: Mus. Wiesbaden Inv. 8736. 75. Worms-Bergkloster: Mus. Worms Inv. F 2981. 76. „Bei Worms": Archaelogia 36,1855, 78 f. 77. Xanten: W. Bader, Die Stiftskirche des Hl. Victor zu Xanten (1960) Taf. 37. 78. Zugmantel, Gde. Orlen, Ldkr. Untertaunuskreis: AuhV. l H. 8 Taf. 6, 3. 79. Zülpich, Ldkr. Euskirchen: Frankenkatalog, a) Rhein. Landesmus. Bonn Inv. 12240; b) Ebd. Inv. 12241. Ohne genauen Fundort: 80. Mus. Wiesbaden. Archeologia 36, 1855, 78 f. 81. Aus Rheinhessen: AuhV. l H. l Taf. 6', 3. 82. Mus. Neuwied. Inv. 58. Frankenkatalog. 83. Mus. Andernadi. Inv. 552. Frankenkatalog. 84. Württ. Landesmuseum Stuttgart. Hinweis D. Planck. 85. C. Nissen, Beschreibung Römischer Altertümer (1911) 232 u. Taf. 131, 4408 (aus Gönnersdorf oder Andernach).

Zum Ango

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B.SCHWEIZ 86. Basel-Bernerring: Festschrift f. O. Tschumi (1948) 113; Jahrb. Schweiz. Ges. f. Urgesch. 23, 1931, 89. 87. Engstringen, Kt. Zürich: Anz. f. Schweiz. Altkde. 2, 1869, 42 u. Taf. 4. 88. Ermatingen, Kt. Thurgau: Barriere-Flavy (wie Nr. 95) 40. 89. Lavigny bei Aubonne, Kt. Waadt: M. Besson, L'art barbare dans l'ancien diocese de Lausanne (1909) 195 Abb. 145. 90. Matzingen, Kt. Thurgau: H. Reinerth, K. Keller-Tarnuzzer, Urgeschichte des Thurgaues (1925) 275 Abb. 56, 4. 91. Pieterlen, Kt. Bern: O. Tschumi, Burgunder, Alamannen und Langobarden in der Schweiz (1945) 140 ff. Abb. 42, 63 a.

92. Villnadiern, Kt. Aargau: C. Barriere-Flavy (wie Nr. 95) 40. - Ch. Unz, Brugg, teilte mit, daß es sich zwar um eine Widerhakenlanze handelt, jedoch um keinen echten Ango. Das Stück ist vermutlich vor-angozeitlich. Vgl. Anz. f. Schweiz. Altkde. N. F. 9, 1907, 63. Ohne genauen Fundort: 93. Historisches Museum Bern Inv. Nr. 23726. Zu den schweizerischen Angonen vgl. R. Moosbrugger-Leu, Die Schweiz zur Merowingerzeit A (1971) 89. Der dort angegebene Ango von Kaiseraugst stammt nicht von dort, sondern ist identisch mit dem Stück von Herten (35), Hinweis M. Martin.

C.ÖSTERREICH 94. Nikitsch, Burgenland: E. Beninger, H. Mitscha-Märheim, Das Langobardische Gräberfeld

von Nikitsch/Burgenland. Wiss. Arbeiten aus dem Burgenland 43 (1970) 31 f. u. Taf. 6.

D. F R A N K R E I C H 95. Anguilcourt-le-Sart, Dep. Aisne: C. Barriere-Flavy, Les arts industriels des peuples barbares de la Gaule du Ve au VIP siecle l (1901) 40. 96. Arcy-St. Restitue, Dep. Aisne: F. Moreau, Album Caranda l (1873-79) Taf. M. - Abb. l, A. 97. Bavay, Dep. Nord: Mitt. J. Werner. 98. Belleray, Dep. Meuse: Barriere-Flavy (wie Nr. 95) 3 Taf. 8. - Abb. l, b. 99. Biron, Dep. Charente: Barriere-Flavy, Etüde sur les sepultures barbares du Midi et de l'Ouest de la France (1893) 46. 100. Bouvines, Dep. Nord: Barriere-Flavy (wie Nr. 95) 40. 101. Breban, Dep. Marne: Bull. Soc. Sciences et Arts de Vitry-le-Franfois 16, 1889/90, 677 ff. Abb. 1-5. 102. Caranda, Dep. Aisne: Moreau (wie Nr. 96) Taf. 18, 5. 103. Chaouilley, Dep. Meurthe-et-Moselle: a) Grab 20 c: Mem. Soc. d'Arch. Lorraine 14, 1904, 5l£f.; b) Grab 27: ebd. 104. Charleville, Dep. Ardennes: a) Grab 66: Bull. Soc. Arch. Champenoise 65,1972, Heft 4, 3 ff. Abb. 5, 16; b) Grab 68: ebd. 14 ff. Abb. 10, 13; c) Grab 74: ebd. 20 ff. Abb. 17, 10.

105. Charnay, Dep. Saöne-et-Loire. 4 Angonen (Nr. 4 ohne Widerhaken!): H. Baudot, M^moires sur les sepultures des barbares de l'epoque merovingienne decouvertes en Bourgogne. Mem. Comm. de la Cote-d'Or 5,1860 Taf. 3,1-4. - Abb. 2, 6. 106. Chassemy, Dep. Aisne: Moreau, Petit Album de la Collection Caranda (1896) Taf. 102. 107. Chaussin, Dep. Jura: Mem. Soc. d'fimulation du Jura, 7. Ser. 3, 1963/64, 13 u. Taf. l, 14. 108. Concelles-les-Montbeliard, Dep. Doubs: Photokartei RGZM. Mainz Nr. 0. 37335. 109. Concevreux, Dep. Aisne, Mehrere Angonen: J. Pilloy, fitudes sur d'anciens lieux de sepultures dans l'Aisne 3 (1912) 216 ff. u. Taf. D, 8. 110. Cys-la-Commune, Dep. Aisne: Moreau (wie Nr. 96) 3 (1886/94) Taf. 102, B. 111. Dampierre-sur-le-Doubs, Dep. Doubs: Revue de l'Est et du Centre Est 19,1968, 268 Abb. 9,4. 112. Diesdorf, Lothringen: Westdt. Zeitschr. 21, 1902, 389. 113. Dommartin-la-Chaussee, Lothringen: Mem. Soc. d'Arch. Lorraine 54,1904, 60. 114. Domvallier, Dep. Vosges: Bull. Soc. Arch. Champenoise 32,1938, 109.

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Siegmar v. Scbnurbein

115. Envermeu, Dep. Seine-Maritime: a) Grab vom 14. 9.1854: J.-B. Cochet, Sepultures Gauloises, Romaines, Franques et Normandes (1857) Abb. S. 160. Vgl. dazu den angeblich gleichen Ango, abgeb. in: Archaelogia 36, 1855, 84; b) Grab vom 6. 9. 1855: Cochet ebd. 184 ff. 116. Erdieu, Dep. Somme: Barri^re-Flavy (wie Nr. 95) 40. 117. Fomery, Dep. Vosges: Ann. Soc. du Dep. des Vosges 10/15, 1934/39, 59. 118. Frouard, Dep. Meurthe-et-Moselle: Museum Nancy Inv. Nr. 24-CI. 119. Genlis, Dep. C6te-d'Or: Mem. de la Comm. Aidi. de la Cote-d'Or 26,1963-69, 261 ff. Abb. 80, 1. 120. Gouy, Dep. Eure: Cochet, La Seine Inferieure, Historique et Archeologique (1866) 211. 121. Griesheim, Elsaß: a) R. Hennig, Denkmäler der Elsässischen Altertumssammlungen zu Straßburg (1912) 69 u.Taf. 63,1; b) ebd., nicht abgebildet; c) Cahiers d'Arch. et d'Hist. d'Alsace 25,1934, 227. 122. Herpes, Dep. Charente: Brit. Mus. Inv. 1905, 5-20. Fundort nicht gesichert. Vgl. Bull, et Mem. Soc. Arch. et Hist. de la Charente l, 18907 91, 5 ff. 123. Ittenheim, Elsaß: J. Werner, Der Fund von Ittenheim (1943) 11 Abb. 3, 1. 124. Joches-Coizard, Dep. Marne: G. Goury, Essai sur l'epoque barbare dans la Marne (1909) 42; J. de Baye, Revue Arch. 40,1880, 264. 125. Marboue, Dep. Eure et Loire: 31. Ber. RGK. 1941 (1942) Teil l, 54 ff. 126. Marchelepot, Dep. Somme: C. Boulanger, Le Cimetiere franco-merowingien et carolingien de Marchelepot (1909) 42 f. Abb. 39. 127. Metrich, Lothringen: Jahrb. d. Ges. f. Lothr. Gesch. 15, 1903, 481 Anm. 6. 128. Metz: Lindenschmit (wie Nr. 45) 26. 129. Oyes, Dep. Marne, 4 Angonen: Goury (wie

Nr. 124) 9. Vgl. auch Congres Arch. de France (1875) 139. 130. Paley, Dep. Seine-et-Marne: E. Salin, La Civilisation merovingienne l (1950) 377. 131: Pompey, Dep. Meurthe-et-Moselle: Museum Nancy Nr. 24-C 2. Mitt. J. Werner. 132. Pontoux, Dep. Saone-et-Loire, Flußfund: Gallia 27, 1969, 184 Anm. 14. Dort als Pilum erwähnt. Mitt. M. Martin. 133. Reims: Lindenschmit (wie Nr. 45) 26. 134. Remennecourt, Dep. Meuse: Barriere-Flavy (wie Nr. 98) Taf 8 u. Mem. Soc. Philomatique de Verdun 3, 211 u. Taf. 3, 39 (Zitat nach Lindenschmit, Handbuch 181 Anm. 1). - Abb. l, c. 135. Royaumeix, Dep. Meurthe-et-Moselle: Gallia 6,1948, 236 Abb. 4. 136. Rue St. Pierre bei Beauvais, Dep. Oise: Mem. Soc. Academ. de Beauvais 3, 1856,16 ff. 137. Sablonniere, Dep. Aisne: Moreau, Collection Caranda 3 (1886-94) Abb. im Text zu Taf. 70. 138. Templeux-la-Fosse, Dep. Somme: Bull. Archeol. 1891,124 ff. 139. Totainville, Dep. Vosges: a) Ann. Soc. d'£mulation du Dep. Vosges 1934-39, 81; b) ebd. 82. 140. Verdun: J. Oberlin, Museum Schoepflini l (1773) Taf. 16, 7 (Zitat nach Lindenschmit, Handbuch 181). Ein Ango ist in der mittelalterlichen Abteilung des Museums Verdun ausgestellt. Mitt. M. Martin. 141. Vitteaux, Dep. Cote-d'Or: Museum Semuren-Auxois. Mitt. M. Martin. 142. Waldvisse, Dep. Moselle: Gallia 11, 1953, 144. 143. Wizernes, Dep. Pas-de-Calais: BarriereFlavy (wie Nr. 95) 40. Ohne Fundort: 144. Ein Ango im Museum Hagenau. Mitt. M. Martin.

E. BELGIEN 145. Acoz, Prov. Namur: Barriere-Flavy (wie Nr. 95) 40. 146. Anderlecht, Brabant: a) Barri£re-Flavy (wie Nr. 95) Taf. 8. - Abb. l, a; b) A. de Loe, Belgique Ancienne 4 (1939) 72 Abb. 56; der ebd. 24 Abb. 13, 7 abgebildete Ango hat keine Fundortangabe. Vgl. Harmignies (151). 147. Ciply, Hennegau: Museum Mariemont. Mitt. J. Werner. Das Stück ist jedoch nicht in der Arbeit von Faider-Feytmans (wie Nr. 150) erwähnt. 148. Engelmanshoven, Prov. Limburg: Arch. Belgica 18,1954 Abb. 8, 4. 149. fiprave, Prov. Namur: a) Ann. Soc. Arch.

de Namur 48, 1955, 26 ff.; Taf. 4. Grab 377; b) Barriere-Flavy (wie Nr. 95) Taf. 8; c) Ann. Soc. Arch. de Namur 19, 1891, 445. 451; d) ebd. genannt noch ein weiterer Ango und ein Angorest. Evtl. ist darunter das unter b) genannte Stück. 150. Haine St. Paul, Hennegau: G. Faider-Feytmans, Les Collections d'Archeologie Regional du Musee de Mariemont 2 (1970) 138; Taf. 78, H. P.; 259. 151. Harmignies, Hennegau: G. Brown, Arts in Early England 3 (1915) Taf. 32; de Loe, Belgique Ancienne 4 (1939) 24 (vgl. Nr. 146). 152. Samson, Prov. Namur:

Zwra Ango a) AuhV. 3 H. 9 Taf. 5, 3. - Abb. 2, 3; b) Grab 11: Ann. Soc. Arch. de Namur 54, 1968, 305 f. Abb. 11; c) Grab 12: ebd. 307 f. Abb. 12; d) Grab 13: ebd. 309 f. Abb. 13.

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153. Tournai: Latomus 10, 1951, 47. 154. Trivieres, Hennegau: a) Faider-Feytmans (wie Nr. 150) 107 Taf. 55, 510; b) ebd. Taf. 55, 511.

F.NIEDERLANDE 155. Rhenen: a) Grab 501: Mitt. J. Ypey; b) Grab 503: wie a); c) Grab 763: wie a).

156. Wageningen: Paleohistoria 10, 1964, 226.

G. L U X E M B U R G 157. Lorentzweiler: Publ. Section hist. de Plnst. de Luxembourg 18, 1863, 170 f. u. Taf. 7, 3.

H. E N G L A N D Die im Südosten Englands gefundenen Widerhakenlanzen werden zwar in der Literatur als Ango bezeichnet, scheinen aber doch eine Sondergruppe zu bilden, die formal eher an nordeuropäische Stücke erinnert. Insbesondere die Federtülle ist mir dort bei keinem Stück bekannt. Es handelt sich um folgende Grabfunde: Abingdon, Berkshire: E. T. Leeds, D. B. Harden, The Anglo Saxon Cemetery at Abingdon, Berkshire (1936) 44. Beddington, Surrey: Brown (wie Nr. 151) 240.

Bifrons, Kent: Brown (wie Nr. 151) 239 u. Taf. 32,8. Croydon, Surrey: Brown (wie Nr. 151) Taf. 32, 15. High Down, Sussex: Archaeologia 54,1895, 369 Abb. 1. Sarre, Kent: Arch. Cantiana 7,1867 Taf. 14. Strood, Kent: Arch. Cantiana 2, 1859, 41. Sutton Hoo, Kent: R. L. S. Bruce-Mitford, The Sutton Hoo Ship-Burial (1968) 26 Abb. 3 u. Taf. 8. Taplow, Buckinghamshire: Brown (wie Nr. 151) 240.

NACHTRAG 158. Singen/Hohentwiel, Ldkr. Konstanz: Mitt. G. Fingerlin.

159. „Unteres Neckarland". Mannheim.

Reiß-Museum,

WILFRIED MENGHIN, NÜRNBERG SCHWERTORTBÄNDER DER FRÜHEN M E R O W I N G E R Z E I T

Die Scheidenspitzen frühmerowingerzeitlidler Spathen sind häufig mit Metallbeschlägen in Form von sogenannten Ortbändern versehen. Diese Ortbänder haben in der Regel U-förmigen Querschnitt und bestehen aus Silber, Bronze oder Eisen. Sie umschließen die Kante der Scheide am „Ort", das heißt am halbrund abschließenden unteren Ende. Neben der rein dekorativen Wirkung bestand ihre Funktion hauptsächlich in der Stabilisierung der Scheidenspitze und deren Schutz gegen Stoßund Schleifwirkung. Im wesentlichen kann in der zweiten Hälfte des 5. und der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts zwischen vier Arten von Ortbändern unterschieden werden: 1. Ortbänder mit breiten Schenkeln (Abb. 1-2). 2. Ortbänder mit langen schmalen Schenkeln (Abb. 4). 3. Ortbänder mit Zwinge und profiliertem Schlußknopf (Abb. 7-12). 4. Ortbänder mit Zwinge ohne Schlußknopf (Abb. 15-16).

ORTBÄNDER MIT B R E I T E N S C H E N K E L N (Liste 1) Ein Ortband dieser Form besitzt die Spatha aus Snartemo Grab 5 (15; Abb. l, 1). Das Stück besteht aus Silber und hat nahezu U-förmigen Querschnitt. Bei einer Höhe von 4,5 cm beträgt die Schenkelbreite 2,1 cm, wodurch die Scheidenspitze bis auf einen kleinen U-förmigen Ausschnitt von Metall überdeckt wird. Die Schenkelenden sind auf der vergoldeten Sdiauseite quergerieft, die Rückseite ist glatt. Zur Befestigung dienten zwei Niete. Gleichartige Scheidenabschlüsse aus Bronze kommen in den schwedischen Gräbern von Högom (7; Abb. l, 3) und Skyttberg (14) in Medelpad sowie Salands (12) und Barhaldershed (1-2) auf Gotland vor. Ortbänder desselben Typs stammen weiterhin in je zwei Exemplaren aus dem Moor von Kragehul (8—9; Abb. l, 2) und dem Fund von Sjörup in Schonen (13). Eines der beiden letztgenannten Ortbänder ist silbervergoldet und zeigt reichen Kerbschnittdekor (13 b; Abb. 1,4). Eine weitgehende Entsprechung zu diesem Stück fand sich in Lovö-bor Grab 3 (11), die ebenfalls silbervergoldet und auf der Schauseite mit Rankendekor verziert ist. Ein ähnliches Ornament befindet sich auf einem der bronzenen Ortbänder aus dem Oderfund bei Friedrichsthal (6; Abb. 1,5). Vergleichbare Ortbandformen sind auch aus England bekannt. Ein Stück aus Fairford Grab 30 (5) hat gegenüber den skandinavischen Funden relativ lange Schenkel (Abb. l, 7), während das Ortband von Little Wilbraham Grab 96 (10; Abb. l, 6) genau dem Schema des skandinavischen Typs entspricht. Ortbänder mit breiten, jedoch langen Schenkeln scheinen überhaupt einen eigenen Typ zu vertreten. Sie kommen an drei Schwertern von ausschließlich englischen Fundorten vor (17-19). Der Scheidenabschluß der Spatha aus Brighthampton Grab 31 (19; Abb. l, 8) besteht aus ehemals vergoldetem Silber und hat eine Höhe von 17,2 cm. Die Schenkelbreite beträgt um 2,0 cm. Die Schau28*

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8

Abb. 1.1 Snartemo Grab 5 (15). 2 Kragehul (8). 3 Högom (7). 4 Sjörup (13b). 5 Friedrichsthal (6). 6 Little Wilbraham Grab 96 (10). 7 Fairford Grab 30 (5). 8 Brighthampton Grab 31 (19). M. l : 2; 4 M. l : 1.

Schwertortbänder der frühen Merowingerzeit

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Abb. 2. l Eveb0 (20). 2 Porskaer (22). 3 Vidunge (23). 4 Nydam (Anm. 2). 5-6 Porskaer (Anm. 4). M. l: 2.

seite ist im „Quoit-brooch Style" verziert1, auf der Rückseite ist zwischen den Schenkeln ein Bronzeblech angebracht. Zur Befestigung dienten vier Niete, von denen je eines am oberen Ende und im mittleren Abschnitt des Ortbandschenkels saß. Die beiden entsprechenden Funde von Battle Edge (17) und Bredon's Norton sind aus Bronze und unverziert, letzterer ist vergoldet. Eine enge formale Verwandtschaft zum Typ Snartemo zeigen die bronzenen Ortbänder mit kurzen breiten Schenkeln und profiliertem Schlußknopf aus Porskaer (21-22), Vidunge (23; Abb. 2,3) und dem Grab von Eveb0 (20; Abb. 2,1). Bis auf eines der beiden Stücke aus Porskaer (Abb. 2,2) waren sie mit drei Nieten an der Scheide befestigt. Eine Reihe von Ortbändern mit mehr oder weniger langen und breiten Schenkeln von halbrundem bis polygonalem Querschnitt können keinem der Ortbandtypen zugewiesen werden. Sie treten vor allem in den Mooren von Nydam (Abb. 2, 4J2, Kragehul3, Porskaer (Abb. 2, 5-6)* und Ejsböl5 1

V. Evison, The Fifth-century Invasions South of the Thames (1965) 51 Abb. 11, c. 2 E. Behmer, Das zweischneidige Schwert der germanischen Völkerwanderungszeit (1939) Taf. 28, 1-3 (im folgenden abgekürzt: Behmer, Schwert). 8 C. Engelhardt, Kragehul Mosefund 1851-1865

(1887) 10 u. Taf. l, 18; Behmer, Schwert Taf. 26, 6. 4 Behmer, Schwert Taf. 27, 7-9; 33,10-11. 5 M. 0rsnes, Mosefund-stratigrafi og kronologi. Tor 10, 1964, 215 Abb. 8: das Ortband ist wie in Nydam silbervergoldet und mit Rankendekor verziert (Behmer, Schwert Taf. 27, 8.).

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Abb. 3. Verbreitung der Ortbänder mit breiten Schenkeln, l Typ Snartemo. 2 Typ Eveb0. 3 Typ Brighthampton. 4 Ortbänder unterschiedlicher Form mit relativ breiten Schenkeln.

Schwertortbänder der frühen Merowingerzeit

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sowie vereinzelt in Norwegen6, auf öland7 und in einem Grabfund von Gyhum, Kr. Zeven8, auf. Als Sonderformen werden sie hier nicht weiter ausgeführt. Die Ortbänder mit breiten Schenkeln (1-24) beschränken sich in ihrer Verbreitung auf den skandinavisch-englischen Raum (Abb. 3). Nur drei Fundplätze - Gyhum9, Glowitz (3-4) und der Oderfund (6) - liegen auf kontinentalem Gebiet, wobei letztere in skandinavischen Zusammenhängen zu sehen sind10. Die allgemeine Datierung der Ortbandform ergibt sich aus ihrem Vorkommen in den schwedischen und norwegischen Gräbern. Den Schlüsselfund bildet Snartemo Grab 5, das um 500 n. Chr. angelegt wurde11. Demselben Zeitraum dürften die Gräber von Lovö, Högom und Evebo mit seiner Münze des Theodosius II. (408-450) angehören12. Entsprechend werden Little Wilbraham Grab 96 und Fairford Grab 30 zu datieren sein13. Der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts oder der Zeit um 500 sind auch die Ortbänder mit breiten langen Schenkeln zuzuweisen, wie dies aus den Beigaben von Brighthampton Grab 31 hervorgeht14. Für die Ortbänder mit breiten Schenkeln, die vorwiegend aus dänischen Mooren stammen (Abb. 2, 4-6) und keinem bestimmten Typ zuzuweisen sind, kann keine engere Datierung vorgeschlagen werden als die allgemeine Belegungsdauer der betreffenden Fundorte15. Aufgrund der formalen Verwandtschaft zu den Ortbändern der Typen Snartemo, Brighthampton und Eveb0 dürfte jedoch eine Zuweisung ins 5. Jahrhundert wahrscheinlich sein16. 8

Holmegard, Ksp. Holum, Vest-Agder: Behmer, Schwert Taf. 24, 6 b; P. Fett, Arms in Norway between 400 and 600 A. D. Bergens Mus. Arbok 1939/40 H. 3, 9 u. Taf. 23, 87. 7 Fundort unbekannt, öland: Behmer, Schwert Taf. 32, 5. - Skedemosse, öland: U. Hagberg, The Archeology of Skedemosse l (1967) 65 u. Taf. 10. 8 D. Linke, Zuwachsberichte des Morgenstern Museums 1936/37. Jahrb. d. Männer vom Morgenstern 28, 1936/37,136 Abb. 4, 6. Freundl. Hinweis J. Werner. » Vgl. Anm. 8. 10 H. Zeiß, Nordgermanische Funde der Völkerwanderungszeit von Friedrichsthal bei Schwedt a. d. Oder. Altschlesien 5,1934, 291 ff.; E. Petersen, Der ostelbische Raum als germanisches Kraftfeld im Lichte der Bodenfunde des 6.-8. Jahrhunderts (1939) 93 it. 136.198. 11 W. Holmqvist, Drykeshornen frän Söderby-Karl. Fornvännen 46, 1951, 61; Werner, Germania 31, 1953, 44; G. Arwidsson, Lovöbor med kontinentala forbindelser pä 400 talet. Proxima Thule. Sverige och Europa under forntid och medeltid (1962) 118 u. Taf. 3, f. 12 E. Straume, Nordfjord i eldre Jernalder. Arbok for Univ. i Bergen. Hist.-Antikv. Reihe 4, 1961, 74 u. Taf. 3, b; Arwidsson a. a. 0.118 ff. - Zur Datierung von Barhaldershed (1) in die Hälfte des 5. Jahrhunderts vgl. Werner, Beiträge zur Archäologie des Attila-Reiches. Abhandl. d. Bayer. Akad. d. Wiss. Phil.-hist. Kl. N. F. H. 38 A (1956) 31 (im folgenden abgekürzt: Werner, At-

tila). - Zur Datierung von Sjörup: J. Forssander, Provinzialrömisches und Germanisches. Meddelanden Lund 1937,186 ff.; N. Aberg, Den historiska relationen mellan folkvandringstid och vendeltid (1953) 102; O. Voss, The H0stentorp Silver Hoard and its Period. Acta Arch. 25, 1954, 174 &.; O. Klindt-Jensen, Bornholm i Folkvandringstiden (1957) 95 ff. 13 Die Verbindung von Fairford Grab 30 zu den skandinavischen Funden zeigt sich weiterhin in den Scheidenrandbeschlägen mit aufgesetzten Nieten (Behmer, Schwert Taf. 32, 6), die gleichartig an den Scheiden von Snartemo Grab 5 (15) und Högom (7) auftreten: Menghin, Aufhängevorrichtung und Trageweise zweischneidiger Langschwerter aus germanischen Gräbern des 5.-7. Jahrhunderts. Anz. Germ. Nationalmus. Nürnberg 1973, 19. 14 Evison (wie Anm. 1) 60 ff. Abb. 11, a-n; vgl. weiter D. Kennett in: Proc. Cambridge Antiqu. Soc. 63, 1971, 14 f., wo die Schwerter mit breitschenkeligen Ortbändern als „Linton Heath-type" bezeichnet werden. 15 H. Geisslinger, Horte als Geschichtsquelle. OffaBücher 19 (1967) 87 ff. (mit weiterer Literatur). *'B. Nerman, Die Völkerwanderungszeit Gotlands (1935) 18 f. 119 ff. weist zwei derartige Ortbänder seiner Periode VI, l (400-475/500) zu, während der Typ Snartemo (Liste l, a) in Gräbern seiner Periode VI, 2 (a. a. O. 87 f.) auftritt.

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ORTBÄNDER MIT LANGEN SCHMALEN SCHENKELN (Liste 2) Anders als die Ortbänder mit kurzen breiten Schenkeln umfassen die Ortbänder mit langen schmalen Schenkeln nur die Scheidenkanten (Abb. 4,1-6). Ihr Material ist Silber, Bronze- oder Eisenblech, das zu einer Schiene mit U-förmigem Querschnitt gebogen ist. Die Verzierung beschränkt sich meist auf eine Riefung der Schenkelenden, die zugleich die Befestigungsniete aufnehmen. Diese Ortbandform ist in zahlreichen Vorkommen auf dem Kontinent, in England und vereinzelt in Skandinavien mit mehreren Varianten belegt. a) Den einfachen Typ vertritt das Ortband der Spatha von Pouan (33; Abb. 4,1), das nur aus der Schiene mit U-förmigem Querschnitt besteht. Entsprechende Ortbänder aus Silber gehören zu den Schwertern von Marboue (29) und Nagold (30), aus Bronze sind sie in Envermeu (25), Haillot Grab 5 (26), Kragehul (27), Maele (28), Nordendorf (31), Nydam (32), Pry (35) und Riseley (35). b) Als Variante erscheinen die Ortbänder mit „Ortblech". Die Bleche sind der Form der Scheidenspitze angepaßt und schließen oben in gleicher Höhe oder wenig darunter mit den Ortbandschenkeln gerade ab. Sie sind auf der Scheidenschauseite angebracht, indem die Kante des Ortbandes den Rand des leicht gewölbten Bleches überlappt (Abb. 4, 3). Ortbänder dieser Art finden sich an den Spathen von Arcy-St. Restitue (36; Abb. 4,2) und Beauvais (37), Londinieres (41) und Reuden Grab 4 (44), bei denen Ortband und Ortblech aus Silber bzw. Bronze bestehen. Eiserne Ortbänder mit bronzenen Ortblechen hingegen besitzen die Spathen von Eberfingen Grab 4 (39), Haine-St. Paul (40) und Szentes-Kökenyzug Grab 68/1931 (45), während in Chassemy Grab 39 (38) und Mezieres Grab 66 (42) die Ortbänder aus Silber und die Ortbleche aus Bronze sind. Umgekehrt verhält es sich in Niedermörlen Grab 11 (43), wo das Ortband aus Bronze und das Ortblech aus Silber ist. c) Eine Weiterentwicklung dieses Typs sind die Ortbänder mit Ortblech und zusätzlichem „Steg" zwischen den Schenkelenden. Die bandförmigen Blechstreifen von unterschiedlicher Breite (1-3 cm) waren auf der Schauseite angebracht und können aufgrund ihrer Funktion als „Stege" angesprochen werden. Ortband und Ortblech bestehen bei den Schwertern von Chälons-sur-Marne (47; Abb. 4,5), Chassemy Grab 40 (48), den beiden Spathen von Concevreux (49), Laon (56; Abb. 4,3) und von unbekanntem Fundort in der Picardie (59) aus Silber, die Stege und z. T. auch die Ortbleche sind nielloverziert. Weiterhin kommen silberne Ortbänder mit unverzierten Stegen in Envermeu (50), Eprave (51) Evreux (52) und Ferebrianges (53) vor, aus Bronze sind sie in Alton Grab 42 (46; Abb.4,4), Londinieres (57), und Muids (58) bekannt. In Flonheim Grab 9 (54; Abb.4,6} und Haillot Grab 13 (55) waren die Ortbänder aus Eisen, die Ortbleche und Stege aus Bronze. d) Bei den silbernen Ortbändern von Lavoye Grab 319 b (62), Faversham (60), Kormadin Jakovo (61) und Rakovac (63) ist ein Schenkel beträchtlich verlängert. Das Ortblech schließt mit dem kürzeren der beiden Schenkel ab. Die Kartierung der Ortbänder mit langen schmalen Schenkeln nach den vier Varianten zeigt (Abb. 5), daß sich ihr Auftreten insgesamt in Nordfrankreich konzentriert. Aber nur die Typen mit Ortblech und Quersteg massieren sich in diesem Raum, während die übrigen Formen in weiter Streuung ohne besondere Gruppierung von England bis auf den Balkan verbreitet sind. Von den 40 erfaßten Funden (25-63) stammen nur elf aus datierbaren Zusammenhängen. Der Mitte des 5. Jahrhunderts ist das einfache Silberortband aus Pouan (33) zuzuweisen17. In Gräbern der Zeit 17 H. Arbman, Les epees du tombeau de Child^ric. Meddelanden Lund 1948, 114 ff.; K. Böhner, Das Lang-

Schwert des Frankenkönigs Childerich. Bonner Jahrb. 148, 1948, 226 (im folgenden abgekürzt: Böhner, Lang-

Schwertortbänder der frühen Merowingerzeit

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um 500 wurden die Ortbänder mit Ortblech von Arcy-St. Restitue (36), Beauvais (37) und Lavoye Grab 319 b (62) gefunden, die wie die einfachen Stücke von Pouan (33) und Marboue (29) an Goldgriffspathen auftreten18. Diesem Zeitabschnitt gehört auch das Ortband mit Quersteg aus Haillot Grab 13 (55) an19. Der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts können die Stücke mit Ortblech aus Mezieres Grab 66 (42)20, Eberfingen Grab 4 (39)21 und Niedermörlen Grab 11 (43)22 sowie die Ortbänder mit Ortblech und Steg von Flonheim Grab 9 (54)23 und Concevreux (49)24 zugewiesen werden. Demnach sind einfache Ortbänder (Liste 2 a) mit Pouan und Marboue für die zweite Hälfte des 5. Jahrhunderts und die Zeit um 500 belegt. Ortbänder vom Typ Arcy-St. Restitue treten um 500 und der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts auf, auch die drei datierbaren Funde des Typs AltonLaon (49. 54. 55) weisen in die Zeit um 500 und die erste Hälfte des 6. Jahrhunderts. Trotz der geringen Zahl datierbarer Funde kann festgehalten werden, daß die frühesten Stücke, die der Zeit um 500 angehören, von nordfranzösisch-belgischen Plätzen stammen. Offensichtlich erst in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts kommen U-förmige Ortbänder mit Ortblech auch außerhalb dieses Raumes vor, wobei sich allerdings die englischen Verhältnisse der Bewertung entziehen.

O R T B Ä N D E R MIT O R T B A N D Z W I N G E N UND P R O F I L I E R T E M S C H L U S S K N O P F (Liste 3)

"Wie bei den Ortbändern mit langen schmalen Schenkeln umfaßt eine Metallschiene mit U-förmigem Querschnitt die Kanten am unteren Scheidenende. Die Schenkel sind in der Regel gleichlang (Ausnahmen 67. 78. 85) und am oberen Ende mit der Scheide vernietet. Die Zwingen sind aus Bronze oder Silber gegossen, zum Teil vergoldet und mit Niello- und Steineinlagen verziert. Ihre Länge schwert); E. Salin u. A France-Lanord, Sur le Tresor barbare de Pouan (Aube). Gallia 14, 1956, 75; Werner, Attila 42. - Ob das Ortband des Childerichschwertes, von dem nur das obere Schenkelende mit einem einzeln gefaßten Almandin erhalten ist (J. Cochet, Le tombeau de Childdric I [1859] 58 ff.; L. Lindenschmidt, Handbuch der deutschen Alterthumskunde [1880/89] 236 f. Abb. 164; Arbman a. a. O. 116 Abb. 20; 118 Abb. 22), denselben Typ wie Pouan vertritt, ist unklar. Es handelte sich mit Sicherheit um ein U-förmiges Ortband mit schmalen langen Schenkeln, zu dem aber auch eine Zwinge gehört haben könnte. Wenig wahrscheinlich ist die von Böhner, Bonner Jahrb. 150, 1950, 105 Abb. l vorgeschlagene Rekonstruktion. 18 Zu den Goldgriffspathen und ihrer Datierung vgl. Werner, Münzdatierte austrasische Grabfunde. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit 3 (1935) 30 ff.; Böhner, Langschwert 218 ff.; Werner, Attila 26 f. 32. 42; H. Ament, Fränkische Adelsgräber von Flonheim in Rheinhessen. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit B 5 (1970) 51 ff. (im folgenden abgekürzt: Ament, Flonheim). 19 H. Breuer u. J. Roosens, Arch. Belgica 34, 1957, 280 ff. 20 P. P£rin, Bull. Soc. Arch. Champenoise 65, 1972 H. 4, 51 f.

21

Zum Inventar gehört u. a. eine massiv gegossene Schilddornschnalle mit zwei schildförmigen Hefteln (F. Garscha, Bad. Fundber. 22, 1962, 167 u. Taf. 48, 8. 7) der Form Trier A l (Böhner, Die fränkischen Altertümer des Trierer-Landes. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit B l [1958] 23), die eine Leitform der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts ist. 22 Menghin, Zweischneidige Langschwerter aus germanischen Gräbern des 5.-7. Jahrhunderts n. Chr. Ungedruckte Masch. Diss. München (1971) 39 f. 23 Ament, Flonheim 127. 24 Zusammen mit der Spatha von Concevreux wurde ein Sax mit filigranverziertem, flach-dreieckigem Scheidenbeschlag gefunden (J. Pilloy, Etudes sur d'anciens lieux de spultures dans l'Aisne 3 [1912] 217 f.), der genaue Entsprechungen in den Gräbern der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts von Planig (P. Kessler, Mainzer Zeitschr. 35,1940, 9 Abb. 10,11) und Chaouilley, Dep. Meurthe-et-Moselle, Grab 21 hat (J. Voinot, Les fouilles de Chaouilley. Cimetiere merovingienne. M&n. Soc. Arch. Lorraine 54, 1904, 5 ff.; Arbman, Verroterie cloisonnde et filigrane. Meddelanden Lund 1950, 150. 163 Abb. 15). Zur Datierung der beiden Gräber vgl. zuletzt Ament, Flonheim 127 f.

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Wilfried Mengbin

Abb. 4. l Pouan (33). 2 Arcy-St. Restitue (36). 3 Laon (56). 4 Alton Grab 42 (46). 5 Chälon-sur-Marne (47). 6 Flonheim Grab 9 (54). M. l: 2.

Schwertortbänder der frühen Merowingerzeit

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Abb. 5. Verbreitung der Ortbänder mit langen, schmalen Schenkeln, l Typ Pouan (Liste 2a). 2 Typ Arcy-St. Restitue (Liste 2b). 3 Typ Alton-Laon (Liste 2c). 4 Typ Lavoye (Liste 2d).

beträgt zwischen 3, 4 cm (64) und 7,8 cm (90). Am Ort, das heißt an der Scheidenspitze, sind die Zwingen so angebracht, daß ihre Schenkel die Metallschiene des Ortbandes überlappen (Abb. 6). Der Zwickel zwischen den nach oben ausgespreizten Zwingenschenkeln, die durch zwei oder drei Niete verbunden sind, ist dem Profil und der Krümmung des Ortbandes angepaßt. Wie andernorts ausgeführt25, bestanden die Schwertscheiden in der Regel aus zwei flachen Holzschalen, die mit ihren 25

Menghin (wie Anm. 13) 10 Anm. 14.

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Wilfried Menghin

Abb. 6. Schemazeichnung zur Anbringung der Ortbandzwingen. Beispiel Pfullingen (72). a Seitenansicht, b Querschnitt, l Zwinge. 2 Ortband. 3 Holzkörper der Scheide. 4 Außenleder. 5 Fellauskleidung. 6 Schwertklinge, a M. l: 2; b M. l: 1.

Rändern einander aufsaßen. Innen waren sie mit Fell gefüttert, außen mit Leder überzogen. Die Befestigungsniete der Ortbandzwingen durchstießen den Scheidenkörper und wirkten so zusätzlich dem Aufspreizen der Spitze entgegen. Bei einer Reihe von Schwertscheiden mit Ortbandzwinge ist zudem ein kleines Bronze- oder Silberblech in das Ortband eingepaßt, das in der Höhe dem vorderen Zwingenschenkel entspricht (81. 88. 94. 103). Nach unten schließen die Zwingen mit einem Knopf ab, der offensichtlich nicht nur dekorativen Zwecken diente. Seine Ausführung in Eisen bei den silbervergoldeten Stücken von Basel-Gotterbarmweg Grab 19 (93) und vom Runden Berg bei Urach (90) sowie die verschiedentlich feststellbaren Abnutzungsspuren26 weisen auf die Funktion als ,Stoßknopf hin. Aufgrund der unterschiedlichen Form und Gestaltung der Schauseiten können die bisher 45 bekannten Zwingen mit Schlußknopf in vier Gruppen gegliedert werden27: 26

z. B. Flonheim Grab 5: Ament, Flonheim 65. Erste Zusammenstellung bei Kessler und W. Schnellenkamp in: Mainzer Zeitschr. 28, 1933, 123 ff. Abb. 10; Werner, Münzdatierte austrasische Grabfunde 27

(1935) 33 Anm. 1. - Versuche einer typologischen Gliederung bei Petersen (wie Anm. 10) 139 und Böhner, Langschwert 237 Anm. 4.

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Schwertortbänder der frühen Merowingerzeit

Abb. 7. l Krefeld-Gellep Grab 43 (68). 2 Abingdon Grab 42 (64). 3 Samson Grab 11 (69). 4 fiprave (65). M. l : 1.

2b

3a

^~ ' 3b

Abb. 8. l Schleitheim-Hebsach (73). 2 Pfullingen (72). 3 Wageningen Grab 91 (74). M. l : 1.

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Wilfried Menghin

a) Nahezu mustergleich sind die 3,4 bis 4,2 cm kleinen Bronzezwingen vom Typ Samson (Liste 3 a). Ihre Vorderseiten zeigen einen Menschenkopf en face zwischen zwei Vogelköpfen (Abb. 7,1-4). Der rückwärtige Schenkel läuft in zwei Arme aus (Abb. 7,1-3), die als Widerlager für die beiden Niete dienen. Abweichungen von dieser Norm sind nur für ein Stück aus dem Museum Verona (71) festzustellen, das drei Niete besitzt. Die Verzierung beschränkt sich auf Konturleisten, die Schlußköpfe sind kaum profiliert. Die Kreispunzen und Perlleisten auf einer der beiden Zwingen von Eprave (66; Abb. 7, 4) sind eine Sondererscheinung. Soweit erhalten, bestanden die Ortbänder ebenfalls aus Bronze, Eisen ist nur für Krefeld-Gellep Grab 43 (68) belegt. Kleine Ortbleche aus Bronze sind in drei Fällen (67. 68. 69) nachgewiesen. Der Zwingentyp konzentriert sich in seiner Verbreitung im niederrheinisch-belgischen Raum (Abb. 13 a), vereinzelte Stücke stammen mit Abingdon Grab 42 (64) und Hemmingen Grab 21 (67) aus England bzw. Südwestdeutschland. Die Zwinge im Museum von Verona ist ohne Fundortangabe. b) Mit nur zwei Funden scheinen die Ortbandzwingen von Wageningen Grab 91 (74; Abb. 8,3) und Schleitheim-Hebsack (73; Abb. 8,1) einen eigenen Typ zu vertreten (Liste 3b). Beide Stücke sind aus Bronze und mit Sicherheit werkstattgleich. Die Schauseiten zeigen einen Tierkopf, der zwischen zwei Vogelköpfen steht. Der rückwärtige Schenkel ist zungenförmig gebildet und bedeutend kürzer als der vordere. Die Zwingen waren mit drei Nieten an der Scheide befestigt, wobei nur der mittlere die beiden Schenkel verbindet (Abb. 8, 3 b. c). Das gleiche Bildmotiv weist eine silbervergoldete, niellierte Ortbandzwinge aus Pfullingen (72; Abb. 8,2) auf, bei der zwei Niete die Schenkel verbinden, während ein längerer dritter am oberen Ende der Zwinge sitzt (Abb. 8, 3 b). c) Häufiger sind Ortbandzwingen in Form von stilisierten Tierköpfen (Liste 3 c). Im Vergleich zu den Typen Samson und Wageningen, bei denen eine weitgehende formale und stilistische Übereinstimmung festzustellen ist, variieren die Zwingen mit Tierkopf in Material, Form und Abmessungen beträchtlich und können nur bedingt als „Typ Andernach-Blumenfeld" bezeichnet werden. Ein engerer Zusammenhang ergibt sich für die Stücke von Andernadi (75; Abb. 9,4), Baden-Oos (77; Abb. 9,1), Basel-Kleinhüningen Grab 63 (78; Abb. 9,2) und Grab 212 (79; Abb. 9,3), Blumenfeld (80; Abb. 9, S), Hemmingen Grab 2 (85) und vom Runden Berg bei Urach (90; Abb. 9, 6). Sie bestehen aus Silber, die Schauseiten mit den nach oben gerichteten Tierköpfen sind vergoldet, die Konturleisten zum Teil nieliiert. Augen und Maul der Tiere werden durch Almandine markiert, in Hemmingen Grab 2 (85) durch sternförmige Nielloeinlagen. Die drei Befestigungsniete führten durch außen am Tierkopf angesetzte Führungsösen. Eine Ausnahme bildet das Stück vom Runden Berg, bei dem nur die obere Führungsöse erhalten ist und ein zweites Nietloch durch den Tierkopf gebohrt wurde (Abb. 9, 6). Der rückwärtige Schenkel endet im Falle von Andernach schwalbenschwanzförmig und diente als Widerlager für zwei Niete (Abb. 9,4 b), während die Rückseite der Zwingen von Baden-Oos und Blumenfeld kreuzförmig gebildet ist (Abb. 9, Ib. 5 b)28. Ortbandzwingen in Form eines Tierkopfes mit außen angesetzten Nietführungsösen stammen weiterhin aus Andernach-Kirchberg (76; Abb. 10, 3), Gültlingen (83), Krefeld-Gellep Grab 756 (87; Abb. 10,1) Mezieres Grab 68 (88; Abb. 10,2), Pfullingen (89; Abb. 10, 6) und Teterow (91; Abb. 9, 7). Die silbernen Zwingen aus Gültlingen und Pfullingen sind von einfacher Form, während die drei bronzenen Stücke aus Krefeld-Gellep Grab 756, Andernach-Kirchberg und Mezieres Grab 68 (87. 76. 88) im Aufbau der Schauseiten den silbervergoldeten Exemplaren mit Almandineinlagen entsprechen. Zudem endet der rückwärtige Schenkel in M&zieres (Abb. 10, l b) wie in Andernach 28

In der Literatur sind meist nur die Schauseiten beschrieben und abgebildet, so daß eine konsequente

Klassifizierung der Zwingen nach ihren Rückseiten nicht möglich ist.

Schwertortbänder der frühen Merowingerzeit

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Abb. 9. l Baden-Oos (77). 2 Basel-Kleinhüningen Grab 63 (78). 3 Basel-Kleinhüningen Grab 212 (79). 4 Andernach (75). 5 Blumenfeld (80). 6 Runder Berg bei Uracfa (90). 7 Teterow (91). 8 Entringen (82). M. l: 1.

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Wilfried Menghin

Abb. 10. l Krefeld-Gellep Grab 756 (87). 2 Mezieres Grab 68 (88). 3 Andernach-Kirchberg (76). 4 Churchover (81). 5 Hammelburg (84). 6 Pfullingen (89). M. l: 1.

(75; Abb.9,4b) schwalbenschwanzförmig. Bei dem silbervergoldeten Stück von Teterow (Abb.9,7) ist der untere Teil des vorderen Zwingenschenkels mit planen Almandinen eingelegt. Ähnlich ist das bei dem Fund aus Entringen (82; Abb. 9, 8) festzustellen. Anders als in Teterow und den übrigen Zwingen des Typs Andernach-Blumenfeld, wo die Niete außen am Zwingenschenkel sitzen, sind bei Entringen drei Rundein in den Tierkopf einbezogen, welche die Befestigungsniete aufnehmen, wobei die Nietlöcher durch eingesetzte Almandine kaschiert werden. Das gleiche Schema zeigt sich bei der silbervergoldeten Zwinge von Bad Kreuznach (86). Als Sonderformen sind die Ortbandzwingen von Hammelburg (84; Abb. 10,5} und Churchover (81; Abb. 10,4) dem beschriebenen Typ anzuschließen. Sie waren mit zwei untereinander angebrachten Nieten an der Scheide befestigt. d) In einer weiteren Gruppe können Ortbandzwingen mit profiliertem Schlußknopf zusammengefaßt werden, deren Schauseite geometrisch gestaltet ist (Liste 3d: „Typ Flonheim-Gültlingen"). Eine engere formale Verwandtschaft zeigen die Zwingen mit rautenförmigem Oberteil, die in der Regel mit zwei untereinandersitzenden Nieten an der Scheide befestigt waren (93. 95. 97. 98. 99. 103). Beinahe mustergleich sind die Stücke aus Basel-Gotterbarmweg Grab 19 (93; Abb. 11,1), Ermihalyfalva (95; Abb. 11, 2), Gültlingen (97; Abb. 11, 3) und Heilbronn-Rosenberg (98;

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449

Abb. 11,4). Die silbernen Stücke waren auf der Schauseite vergoldet und mit Niellobändern verziert. Um das rautenförmige Oberteil sind drei kleine Almandinrundeln angeordnet. Nach der Position der Niete sind die rückwärtigen Schenkel bandförmig (Abb. 11,3), nur in Ermihalyfalva ist das Widerlager für die in diesem Fall drei Niete kreuzförmig, wobei die Niete wie etwa in Entringen (Abb. 11,2 b) durch die Rundein auf der Schauseite geführt haben. Unterschiede zeigen sich auch in der Länge der Zwingen und der Profilierung der Schlußknöpfe. Einen entsprechenden Aufbau weist die bronzevergoldete Ortbandzwinge von Rommersheim (103; Abb. 11,5) auf, während das Stück aus Komorn (99; Abb. 11, 6) im rautenförmigen Oberteil flächig mit Almandinen eingelegt ist und mit drei außen angesetzten Nieten an der Scheide befestigt war. Cloisonniert ist auch das silbervergoldete, perldrahtgefaßte Oberteil der Zwinge von Flonheim (96; Abb. 11, 7), wobei der zungenförmige rückwärtige Schenkel zur Aufnahme von drei Nieten (Abb. 11, 7 b) diente. Bei der Ortbandzwinge von Blucina (94; Abb. 11,8) bleibt unklar, ob die Profilierung und Verzierung der Schauseite geometrisch-ornamental oder als stilisierter Tierkopf aufzufassen ist. Es handelt sich bei diesem Stück um eine Sonderform, die stilistisch kaum eingeordnet werden kann. Eine Untergruppe innerhalb der Ortbandzwingen mit geometrischer Schauseite bilden die relativ kleinen Bronzezwingen von Andernach-Kirchberg (92; Abb. 12,3), Langen (101; Abb. 12,1) und Ockstadt (102; Abb. 12, 2). Sie waren mit drei Nieten an der Scheide befestigt. Die rückwärtigen Schenkel sind bandförmig und dienten zur Aufnahme des oberen Nietes, während die beiden seitlichen Niete kein Widerlager haben. Die Schauseite des Stückes von Andernach-Kirchberg ist versilbert und imitiert mit den seitlich und an der Spitze angebrachten Rundein den Aufbau der almandinverzierten Zwingen von Entringen und Bad Kreuznach (Abb. 9, 8). Die Ortbandzwinge von Langen (Abb. 12,1) hat eine genaue Entsprechung in einem vergoldeten Stück aus Frankfurt-Praunheim29. Bei dem Fund von Ockstadt sitzt eine Scheibe mit außen angebrachten Nietführungsösen auf einem stark profiliertem Unterteil. Der engeren Einordnung entzieht sich die bronzene Zwinge mit bandförmiger Vorderseite und stark profiliertem Schlußknopf aus Krefeld-Gellep Grab 205 (100; Abb. 12,4). In ihrer Anlage ist sie entfernt mit dem Stück aus Churchover (Abb. 10,4) zu vergleichen. Fünf Ortbandzwingen sind wegen ihres schlechten Erhaltungszustandes keinem der beschriebenen Typen zuzuweisen. Vielleicht könnte das Unterteil mit Schlußknopf einer bronzenen Zwinge aus Abingdon Grab 49 (104) zu einem menschlichen Kopf zwischen zwei Vogelköpfen ergänzt werden (vgl. Liste 3 a). Dem Typ mit geometrisch gestalteter Schauseite (Liste 3 d) dürfte das stark beschädigte, silbervergoldete und niellierte Stück mit bandförmigem rückwärtigem Schenkel und drei Nieten von Monsheim Grab l (106) angehört haben. Bei der völlig korrodierten Zwinge aus Samson (108) fehlen Anhaltspunkte zur Klassifizierung. Dasselbe gilt für die silbernen Bruchstücke aus Ditzingen (105) und Mülhofen (107). Im allgemeinen treten Ortbandzwingen mit profiliertem Schlußknopf an Goldgriffspathen und deren zeitlich-typologischen Entsprechungen auf, die ausschließlich der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts und der Zeit um 500 angehören30. Trotz ihres häufigen Vorkommens in reich ausgestatteten Gräbern (77-80. 82-84. 93-97. 103) können nur die Zwingen vom Typ Samson (Liste 3 a) zeitlich schärfer gefaßt werden. Sie gehören in fünf Fällen (64. 67-70) zu Schwertern vom Typ Samson29 Unveröffentlicht. Museum Frankfurt, Inv. Nr. a. 9963 F. - Werner, Die Langobarden in Pannonien. Ab-

29 Festschrift Werner

handl. d. Bayer. Akad. d. Wiss. Phil.-hist. Kl. N. F. 55 (1962) 163. 30 Vgl. Anm. 18.

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Abb. 11. l Basel-Gotterbarmweg Grab 19 (93). 2 Ermihalyfalva (95). 3 Gültlingen (97). 4 Heilbronn-Rosenberg (98). 5 Rommersheim (103). 6 Komorn (99). 7 Flonheim (96). 8 Blucina (94). M. l: 1.

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4SI

Abb. 12. l Langen (101). 2 Ockstadt (102). 3 Andernach-Kirchberg (92). 4 Krefeld-Gellep Grab 205 (100). M. l: 1.

Oberlörick31, die J. Werner in die zweite Hälfte des 5. Jahrhunderts datierte32. Das relativchronologische Verhältnis der übrigen Typen zueinander ist vorläufig nicht zu klären33. Unterschiede zeigen sich in der Verbreitung (Abb. 13 a-c). Die Zwingen vom Typ Samson konzentrieren sich im niederrheinisch-belgischen Raum (Abb. 13 a), während die silbervergoldeten, almandinverzierten Stücke in Form eines Tierkopfes (Liste 3 c) den Schwerpunkt ihres Auftretens in Südwestdeutschland haben (Abb. 13 b). Vereinzelte Funde streuen ins Mittelrheingebiet, aus Bronze kommen sie sporadisch in England und Ostfrankreich vor. Bei insgesamt gleicher Verbreitung massiert sich das Vorkommen der Zwingen mit geometrischer Schauseite im Mittelrheingebiet (Abb. 13 c). Silbervergoldete Stücke dieses Typs wurden in je drei Exemplaren in südwestdeutschen und donauländischen Gräbern gefunden. Inwieweit der räumlich unterschiedlichen Verbreitungskonzentration der Bildmotive Bedeutung beizumessen ist, bleibt vorläufig offen34. Auffällig ist jedenfalls, daß die Zwingen aus England, Nordfrankreich-Belgien und von Fundorten des Mittel- und Niederrheingebietes in der überwiegenden Mehrzahl aus Bronze bestehen, während es sich bei den rheinhessischen, südwestdeutschen und donauländischen Funden vornehmlich um silbervergoldete, almandinverzierte Ortbandzwingen handelt (Abb. 14J35. 31

Werner, Zu fränkischen Schwertern des 5. Jahrhunderts. Germania 31, 1953, 38 ff.; ders., Germania 34,1956,156 ff. 32 Werner, Germania 31,1953,43. 33 Zur Chronologie der Grabfunde mit Goldgriffspathen vgl. Werner (wie Anm. 27) 34; Böhner, Langschwert 254 ff.; Werner, Attila 44; Ament, Flonheim 62. Trotz der zahlreichen Grabfunde ist es bisher nicht möglich, die Stufe Flonheim-Gültlingen (450-520) nach 29»

Werner ([wie Anm. 27] 30 ff.) bzw. die synchrone Stufe II nach Böhner ([wie Anm. 21] 25 ff.) etwa in eine „childerichzeitliche" und in eine „chlodwigzeitliche" Phase zu untergliedern. 34 Für eine derartige Untersuchung ist die Feinchronologie der Zwingentypen Voraussetzung. Vgl. aber Anm. 33. 35 Die Verbreitung deckt sich im wesentlichen mit der der Goldgrifispathen. Ament, Flonheim 52 Abb. 4.

452

Wilfried Menghin

Abb. 13a. Verbreitung der Ortbandzwingen mit profiliertem Schlußknopf, l Typ Samson (Liste 3a). 2 Typ Wageningen (Liste 3b). Offene Kreise: Zuweisung unbestimmt.

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Abb. 13b. Verbreitung der Ortbandzwingen vom Typ Andernach-Blumenfeld (Liste 3c). Offene Kreise: Zuweisung unbestimmt.

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Wilfried Mengbin

Abb. 13c. Verbreitung der Ortbandzwingen vom Typ Flonheim-Gültlingen (Liste 3d).

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Abb. 14. Verbreitung der Ortbandzwingen mit Schlußknopf, l Bronze. 2 Silber z. T. vergoldet. 3 mit Almandineinlagen.

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O R T B A N D Z W I N G E N OHNE S C H L U S S K N O P F (Liste4) Ortbandzwingen ohne Schlußknopf stammen in der Hauptsache aus Dänemark und Norwegen (Abb. 17). Wie die Zwingen mit Ortknopf gehören sie stets zu U-förmigen Ortbändern mit langen schmalen Schenkeln, und die Schauseiten zeigen die gleiche Bildauswahl: eine Ortbandzwinge aus dem Moor von Kragehul (11 a; Abb. 16,1) ist als Tierkopf stilisiert. Sie besteht aus einem vierkantigen Bronzestab, der um das Ortband gebogen ist und durch ein Niet befestigt wird. Ähnlich einfach ist eine Bronzezwinge aus Nydam (113; Abb. 16,2): der schauseitige Schenkel zeigt einen Tierkopf zwischen zwei Vogelköpfen. Anders als bei den im Bildmotiv entsprechenden Stücken vom Typ Wageningen (Abb. 8,1-3) bedeckt der vordere Zwingenschenkel die Scheidenspitze ganz und wirkt als „Stützplatte". Vollends zu einem peltaförmigen Stützblech sind eine weitere Bronzezwinge aus Kragehul (111 b; Abb. 16, 6) und die beiden silbernen, kerbsdmittverzierten Stücke aus Ejsböl (109) ausgebildet. Übersteigert ist diese Kombination von Zwinge und Stützblech bei dem Prunkortband aus Nydam, wo ein Rankenwerk aus Tierleibern den Raum zwischen den Ortbandschenkeln in ganzer Höhe einnimmt (Abb. 15, 4)36. Das Bildmotiv eines Menschenkopfes zwischen zwei Vogelköpfen zeigen die beiden silbervergoldeten Zwingen von Veien (117; Abb. 15,1.2), wobei die Köpfe zwischen den Schnäbeln nach oben blicken. Eines der beiden Stücke ist mit einem unproportioniert wirkenden Ortknopf versehen f Abb. 15,1), der auch an der Zwinge mit plattenförmigem Oberteil aus Malton Farn (112; Abb. 15, 3) festzustellen ist37. Daneben waren offensichtlich auch kleine Bronzezwingen wie das Stück mit rautenförmigem Oberteil aus Herre (110; Abb. 16,5) in Verwendung, das in den Abmessungen den Zwingen von rheinischen und südwestdeutschen Fundorten entspricht. In Deutschland sind Zwingen ohne Schlußknopf nur in Schönebeck Grab 21 (115) und vom Runden Berg bei Urach (114; Abb. 16, 4) belegt. Während das Stück von Schönebeck rein funktionale Form hat und im Prinzip nur aus einem U-förmig gebogenen Silberblech besteht38, zeigt das Exemplar vom Runden Berg auf der Schauseite um eine rankenverzierte Mittelzunge antithetische Vogelköpfe (Abb. 16,4). Aus sicher datierbaren Zusammenhängen stammt einzig die Ortbandzwinge von Taurapilis Grab 5 in Litauen (116; Abb. 16, 3). Auf der silbervergoldeten Schauseite erhebt sich eine Raute über zwei gegenläufige Voluten, durch deren Mitte die beiden Befestigungsniete führen. Der rückwärtige Schenkel ist blattförmig gestaltet. Das zugehörige Ortband und das kleine Ortblech bestehen aus Silber. Am oberen Ende verbindet ein mit Rankendekor kerbschnittverzierter Quersteg die Ortbandschenkel (Abb. 16, 3). Ohne auf das Inventar des Grabes näher eingehen zu können, zeigen seine skandinavischen39 und donauländischen Verbindungen40, daß es wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts angelegt wurde. 36 B. Salin, Die altgermanische Thierornamentik (1905) 208 Abb. 491; Behmer, Schwert Taf. 5, 3. 37 H. Vierck, Bayerische Vorgeschichtsbl. 32, 1967, 120 Anm. 64. 38 Eine ähnlich einfache Zwinge besitzt eine Messerscheide aus Mochov, Mähren, Grab 10: J. Zeman, Pamätky Arch. 49,1958,433 Abb. 12, 4; 434 f. 39 Die Zwinge gehört zu einer Schwertscheide mit kerbschnittverziertem Scheidenmundblech und paarweisen Riemendurchzügen (A. Tautavicius, Mokslas ir Gyvenimus 6, 1971, 26 ff.; ders., Prekybiniai - Kulturiniai 5-8 Amziais. Lietuvos Gyventoju Prekybiniai Rysiai 1-13 a [1972] 129 ff. Abb. 3-4.), wie sie häufig in

Norddeutschland und Skandinavien auftreten (A. Falk, Nachr. aus Niedersachs. Urgesch. 37, 1968, 13 ff. - Behmer, Schwert Taf. 3,1; 25, 8; 28, 7-8). 40 Zum Inventar gehören weiterhin eine Chalcedonperle mit verziertem ösenniet (Tautavicius a. a. O. 133 Abb. 5) sowie kerbschnittverzierte Silberschnallen (a. a. O. 134 Abb. 6-7. Vgl. hierzu die Schnallen aus Snartemo Grab 5 und Sjörup: B. Hougen, Snartemofunnene. Norske Oldfunn 7 [1935] 12; 23 Abb. 8 u. Taf. 4, 1-2. Zur Datierung Anm. 12) und eine Bronzeschnalle mit rechteckigem Beschlag und einzeln gefaßten Almandineinlagen (a. a. 0.135 Abb. 9).

Schwertortbänder der frühen Merowingerzeit

Abb. 15.1-2 Veien (117 a-b). 3 Malton Farm (12). 4 Nydam (Anm. 36). 1-3 M. l: 1. 4 M. l: 2.

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Abb. 16. l Kragehul (lila). 2 Nydam (113). 3 Taurapilis Grab 5 (116). 4 Runder Berg bei Urach (114). 5 Herre (110). 6 Kragehul (lllb). M. l : 2.

Schwertortbänder der frühen Merowingerzeit

Abb. 17. Verbreitung der Ortbandzwingen ohne Schlußknopf.

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ZEITSTELLUNG, V E R B R E I T U N G U N D H E R K U N F T

1. Aus der gemeinsamen Kartierung der Ortbandformen geht hervor, daß den verschiedenen Typen bei teilweise gleichzeitigem Auftreten räumlich getrennte Verbreitungszentren zukommen (Abb. 18). Die Ortbänder mit breiten Schenkeln der Typen Snartemo und Eveb0 (Liste l a. c) gehören mit ihren datierbaren Funden der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts oder der Zeit um 500 an und sind aufgrund ihrer Verbreitung als skandinavische Form anzusprechen (Abb. 3). Ausschließlich in England treten gleichzeitig die Ortbänder vom Typ Brighthampton auf (Liste Ib). Demselben Zeithorizont sind die Ortbandzwingen mit Schlußknopf (Liste 3, a—d) zuzuweisen, deren Fundpunkte sich im Rheinland und Südwestdeutschland konzentrierten (Abb. 13 b. c). Eine engere zeitliche Fixierung auf die 2. Hälfte des 5. Jahrhunderts ist nur für die Zwingen vom Typ Samson möglich (Liste 3 a), die vorwiegend aus Gräbern des niederrheinisch-belgischen Gebietes stammen (Abb. 13 a). Nach der Datierung von Taurapilis Grab 541 könnten die Zwingen ohne Schlußknopf (Liste 4), die in der Mehrzahl in Skandinavien (Abb. 17) auftreten, ebenfalls diesem frühen Zeitraum angehören. Die Chronologie der Ortbänder mit langen schmalen Schenkeln (Liste2;vgl.S.440f.) zeigt, daß sie in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts vorwiegend in Nordfrankreich und Belgien auftreten, während sie im Mittelrheingebiet und Südwestdeutschland erstmals in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts nachzuweisen sind (Abb. 5). Obwohl die meisten Stücke zeitlich nicht näher eingeordnet werden können und sich vor allem die englischen Funde der chronologischen Bewertung entziehen, darf doch ein zeitliches Gefalle im Auftreten dieser Ortbandform von Nordfrankreich-Belgien in die mittelrheinischen und südwestdeutschen Gebiete konstatiert werden. Abschließend ist festzustellen, daß in der frühen Merowingerzeit vier verschiedene Ortbandformen nebeneinander in Gebrauch waren, wobei sich die Verbreitungszentren voneinander absetzten. Überschneidungen sind nur in England, wo alle vier Typen vertreten sind42, und Belgien43 festzustellen. Im Fundmaterial der 1. Hälfte des 6. Jahrhunderts sind Ortbandzwingen und Ortbänder mit breiten Schenkeln nicht mehr nachweisbar, wogegen die Ortbänder mit schmalen langen Schenkeln von England bis Süddeutschland auftreten (Abb. 5)u. Aus welchen Gründen aber gerade diese Ortbänder, die in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts regional begrenzt in relativ wenigen Funden vorkommen, in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts die anderen Ortbandformen ersetzen, ist im folgenden zu untersuchen. 2. Das früheste Vorkommen eines U-förmigen Ortbandes mit langen schmalen Schenkeln ist mit Pouan (33) für die Zeit um 450 belegt. In seinem Inventar weist dieses Grab eine starke donauländische Komponente auf45, und es stellt sich daher die Frage, ob auch das Ortband aus östlichen Zusammenhängen abzuleiten ist. Als einziges aus der Literatur bekanntes Gegenstück zu Pouan kann nur eine Spatha mit Ortband und Ortblech aus Taman in Südrußland46 genannt werden, bei der es sich aber um ein im Kunsthandel verfälschtes Stück handelt47. In gesicherten Fundzusammen41

Vgl. Anm. 39-40. Eine schärfere chronologische Differenzierung ist nicht möglich. Man wird vorläufig davon ausgehen müssen, daß die Ortbandtypen gleichzeitig nebeneinander in Gebrauch waren. Auffällig ist, daß den Zwingentypen auch innerhalb Englands unterschiedliche Verbreitungsgebiete zukommen (vgl. Abb. 18). 43 Ortbandzwingen vom Typ Samson und Ortbänder mit langen schmalen Schenkeln (Liste 2). 42

44

Zur Datierung vgl. auch Ament, Flonheim 93 f. Böhner, Langschwert 226 f.; Arbmann (wie Anm. 17) 114 ff.; Werner, Attila 44. 46 Behmer, Schwert Taf. 12, 2; Böhner, Langschwert 225 f. Taf. 37, 4; F. Garscha, Germania 20, 1936 Taf. 41,3. " Freundl. Hinweis J. Werner. 45

Scbwertortbänder der frühen Merowingerzeit

461

Abb. 18. Verbreitung der Ortbandformen in der frühen Merowingerzeit. l Ortbänder mit breiten Schenkeln (Liste 1). 2 mit langen schmalen Schenkeln (Liste 2). 3 Ortbandzwingen mit Schlußknopf (Liste 3). 4 Zwingen ohne Schlußknopf (Liste 4). Kartiert sind nur die in den Listen erfaßten Funde.

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hängen hingegen ist ein U-förmiges Ortband im Kriegergrab von Mainz-Kostheim48 nachzuweisen. Das Grab wurde in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts angelegt49 und steht in spätrömisch-westlicher Tradition50. Das Bronzeortband hat schmale lange Schenkel mit U-förmigem Querschnitt, die an den Enden quergerieft und mit je einem Befestigungsniet versehen sind (Abb. 19, l)51. In eindeutig westlichen, spätrömischen Zusammenhängen stehen auch das Inventar der Kriegergräber von Vieuxville, Prov. Liege, das in die Zeit um 420 datiert wird52, und das etwa gleichzeitige Grab l von Looveen, Drenthe53. Die Spathen aus diesen Gräbern sind mit U-förmigen Bronzeortbändern versehen (Abb. 19, 2J54. Sie haben jedoch keinen U-förmigen Querschnitt, sondern bestehen aus zwei deckungsgleichen Metallstreifen, die mittels mehrerer Niete von beiden Seiten auf den Kanten am Ort der Scheide angebracht waren. Gleichartige Ortbänder stammen ohne Fundzusammenhang in zwei Exemplaren aus Gräbern in Samson, Prov. Namur55, ein weiteres ist aus Vermand, D£p. Aisne bekannt56. Die nicht ausgereifte Konstruktion in Verbindung mit der Datierung in den Beginn des 5. Jahrhunderts macht wahrscheinlich, daß diese ausschließlich im westlichen Bereich nachweisbaren Ortbänder die typologischen Vorläufer der Ortbänder mit langen schmalen Schenkeln und U-förmigem Querschnitt sind. Offensichtlich verdrängen diese frühesten U-förmigen Ortbänder die rechtwinkeligen Scheidenabschlüsse mit profilierten Schlußknöpfen, die für die Zeit um 400 in Vermand, Liebenau und Gundremmingen archäologisch nachgewiesen sind57. Die Ortbänder mit breiten Schenkeln (Liste 1) sind in ihren datierbaren Funden jünger als die ältesten nachweisbaren U-förmigen Ortbänder aus spätrömischen Gräbern. Sie unterscheiden sich von diesen in der Form beträchtlich und sind zudem eine speziell nordische Ortbandform. In Skandinavien sind auch die typologischen Vorläufer zu finden, wie bereits E. Behmer zeigen konnte58. Die Entwicklung der Ortbänder in Skandinavien verlief gesondert und ist von den kontinentalen Verhältnissen im 4. und 5. Jahrhundert weitgehend unabhängig. Die Zusammenstellung der bei den von Behmer als Typ V bezeichneten Spathen gebräuchlichen Scheidenabschlüsse verdeutlicht59, daß die Ortbänder vom Typ Snartemo (Liste l a) in der Entwicklung über eine Reihe von Zwischenformen auf die dosenförmigen römischen Ortbänder des S.Jahrhunderts zurückzuführen sind60. Eine Anleihe aus dem spätrömischen Kulturbereich scheinen dagegen die Ortknöpfe bei den Ortbändern von Typ Eveb0 zu sein, wie besonders aus der formalen Verwandtschaft der Knöpfe von Liebenau und des zweiten Ortbandes von Porskaer (Abb. 2,2) hervorgeht61. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß eine Ableitung der U-förmigen Ortbänder, gleich ob mit breiten oder langen schmalen Schenkeln, aus östlichen Zusammenhängen unwahrscheinlich ist. Die Indizien sprechen vielmehr dafür, daß beide in der frühen Merowingerzeit mit unterschiedlicher Verbreitung auftretenden Arten von U-förmigen Ortbändern ursprünglich in einer gemein48

G. Behrens, Das frühchristliche und merowingische Mainz (1950) 29 Abb. 48; Werner, Kriegergräber aus der 1. Hälfte des 5. Jahrhunderts zwischen Scheide u. Weser. Bonner Jahrb. 158,1958,398 Abb. 20, 2. 48 Werner a. a. O. 398. 60 a. a. O. 398. 51 Vielleicht gehören die beiden Ortbänder aus Nydam und Kragehul (Liste 2, 27. 32) ebenfalls der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts an. 52 Werner a. a. O. 373 f. Taf. 72-75; Breuer u. Roosens (wie Anm. 19) 350 f. Abb. 32,1. 53 Werner a. a.O. 373. 394 Abb. 18; Breuer u. Roosens (wie Anm. 19) 352.

64

Werner a. a. O. Taf. 74,1. A. Dasnoy, Ann. Soc. Arch. de Namur 53, 1965, 17 ff. Taf. 3, 3. 5; Breuer u. Roosens (wie Anm. 19) 352. 58 Th. Eck, Les deux cimetteres gallo-romains de Vermand et de St. Quentin (1891) Taf. 17,21 a. 57 Werner, Spätrömische Ortbänder vom Typ Gundremmingen. Bayer. Vorgeschichtsbl. 31,1966,134 ff. 68 Behmer, Schwert 98 f. 69 a. a. O. Taf. 15-32. 60 Werner (wie Anm. 57) 137 mit Anm. 10. 61 a. a. 0.141. 65

Schwertortbänder der frühen Merowlngerzeit

463

Abb. 19. l Mainz-Kostheim (Anm. 51). 2 Vieuxville (Anm. 54). U. 1:2.

samen römischen Tradition verwurzelt sind und eine zeitlich und räumlich getrennte Entwicklung durchmachten. Im Gegensatz zu den U-förmigen Ortbändern sind Ortbandzwingen im Fundmaterial der 1. Hälfte des 5. Jahrhunderts nicht vertreten. Die Zwingen mit profiliertem Schlußknopf (Liste 3) kommen stets in Kombination mit langschenkeligen Ortbändern vor und stellen in technischer Sicht eine Ergänzung bzw. Stabilisierung des Scheidenabschlusses dar. Hieraus ergibt sich zwangsläufig, daß die Zwingen eine jüngere Erscheinung als die U-förmigen Ortbänder sind. Mit zu den frühesten Funden gehören die Zwingen vom Typ Samson (Liste 3 a), die auf der Schauseite einen Menschenkopf zwischen zwei Vogelköpfen zeigen. Bemerkenswert ist dabei, daß dieser Zwingentyp zu Schwertern gehört, die nach Werner in Werkstätten hergestellt wurden, die in spätrömischer Tradition verwurzelt waren62. Hieraus könnte auf eine Herkunft der Zwingen aus spätrömischen Zusammenhängen geschlossen werden, zumal der charakteristische Schlußknopf an den rechteckigen Ortbändern der Zeit um 400 ebenfalls Bestandteil ist63. Einer Entstehung im spätrömischen Bereich stehen jedoch in jedem Fall die Zwingen selbst entgegen, welche ein durchaus ,unrömisches' Aussehen haben. Ihrer anthropo- und zoomorphen Gestaltung kommt wohl eine auf das Schwert bezogene Heilsbedeutung zu, die sicher nur aus einer heidnisch-germanischen Geisteshaltung zu verstehen 62

Werner, Germania 31,1953,43.

63

Werner (wie Anm. 57) 141.

464

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ist84. Vor diesem Hintergrund sind auch die Ortbandzwingen ohne Schlußknopf zu sehen. Die Bildauswahl - Menschen- oder Tierkopf zwischen zwei Vogelköpfen, Tierkopf oder geometrisch stilisierte Schauseite — ist dieselbe wie bei den Stücken von mitteleuropäischen Fundorten. Zugleich kommen diese Zwingen immer in Verbindung mit langschenkeligen Ortbändern vor (Abb. 15-16). Wenngleich auch die Ortbandzwingen ohne Schlußknopf (Liste 4) einen allgemein typologisch älteren Eindruck machen, können sie alleine wegen ihrer ungesicherten Zeitstellung nicht als Vorformen der kontinentalen Ortbandzwingen mit profiliertem Schlußknopf gewertet werden. Die Datierung des Stückes aus Taurapilis Grab 5 in die zweite Hälfte des 5. Jahrhunderts weist darauf hin, daß die Ortbandzwingen mit und ohne Schlußknopf gleichzeitig nebeneinander in Gebrauch waren, so daß eine Entstehung der rheinischen und südwestdeutschen Zwingen aus skandinavischen Vorformen nicht glaubhaft gemacht werden kann. Vermutlich sind die nordischen Zwingen vom Kontinent her beeinflußt, wenn nicht überhaupt angeregt worden. Hierauf weist der „unproportioniert" wirkende Ortknopf der Zwingen von Veien (117 a; Abb. 15,1) hin, vor allem aber die Verwendung von U-förmigen Ortbändern mit langen schmalen Schenkeln, welche für die skandinavischen Schwerter des 5. Jahrhunderts nicht typisch sind. Die Herkunft der Ortbandzwingen mit profiliertem Schlußknopf ist nicht zu klären, da erkennbare Vorformen im Fundmaterial der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts überhaupt fehlen. Aufgrund ihrer Ausgestaltung zu Heilsbildern und der hauptsächlichen Verbreitung im rheinfränkischen und alamannischen Siedlungsraum kann für die Ortbandzwingen mit profiliertem Schlußknopf vorläufig nur eine eigenständige, rechtsrheinisch-germanische Entwicklung angenommen werden, wobei die zugehörigen U-förmigen Ortbänder offensichtlich aus dem spätrömisch-westlichen Bereich übernommen wurden. Hierin dürfte auch eine der Ursachen liegen, daß Ortbandzwingen mit profiliertem Schlußknopf an Spathen der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts nicht mehr auftreten. Sie kommen gerade in der Zeit aus der Mode, als in den rechtsrheinischen Gebieten der fränkisch-westliche Einfluß verstärkt wirksam wird. U-förmige Ortbänder mit schmalen langen Schenkeln (Liste 2), die vorher im wesentlichen nur an Schwertern aus nordfranzösischen und belgischen Gräbern nachzuweisen sind, werden im gesamten merowingischen Kulturbereich gebräuchlich. FUNDLISTEN Die Listen sind bei durchgehender Numerierung der Fundorte nach Typen gegliedert. Innerhalb der Typenlisten werden die Fundorte in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt. Länderbezeichnungen sind wie folgt abgekürzt: B = Belgien; DK = Dänemark; D = Deutschland (BRD u. DDR); F = Frankreich; GB = England; N = Norwegen; S = Schweden. - Soweit abgebildet, wurde auf die Beschreibung der Fundstücke verzichtet.

1. O R T B Ä N D E R MIT B R E I T E N S C H E N K E L N a) Typ Snartemo (Abb. l, 1-7) 1. Barhaldershed, Gotland (S). Bronze, 2 Niete, L. 4,8 cm. IS. Nerman, Die Völkerwanderungszeit Gotlands (1935) 97 Taf. 55, 586 b. 2. Barhaldershed, Gotland (S). Bronze, L. 4,0 m. Nerman a. a. O. 87 f. Taf. 55, 589. 64

3. Glowitz, Kr. Stolpe, Pommern (D). Bronze, Schenkelenden quergerieft, 2 Niete. L. 3,5 cm. E. Petersen, Der ostelbische Raum als germanisches Kraftfeld im Lichte der Bodenfunde des 6.-8. JahrHunderts (1939) 23 ff. Abb. 33 d (mit älterer Literatur). 4. Glowitz, Kr. Stolpe, Pommern (D). Bronze, Schenkelenden quergerieft, 2 Niete. L. 5,0 cm.

J. Werner, Arch. Belgica 34, 1957, 332 ff.; Vierck (wie Anm. 37) 120.

Schwertortbänder der frühen Merowingerzeit Petersen a. a. O. 23 ff. Abb. 33 e. 5. Fairford, Clos. (GB), Grab 30. Abb. l, 7. Bronze, L. 8,4 cm. M. Wylie, Fairford Graves (1852) 20 Taf. 3; J. Akerman, Archaeologia 34, 1852, 77 ff.; Behmer, Schwert Taf. 32, 6. 6. Friedrichsthal, Kr. Angermünde (D). An der gleichen Fundstelle aus der Oder gebaggert: a. Bronzeortband, Schenkelenden quergerieft, 2 Niete. L. 4,4 cm. - b. Bronzeortband, Schauseite mit Rankendekor. L. 5,0 cm. Abb. l, 5. - c. Bronzeortband, unverziert, 2 Niete. L. 4,9 cm. - d-f. 3 unverzierte Silberortbänder, je 2 Niete. L. 5,0 bzw. 5,4 u. 5,4 cm. A. v. Müller, Berliner Jahrb. f. Vor- und Frühgesch. 2, 1962, 180 f. Abb. 32, d-i; Petersen (wie Nr. 3) 45 f. Abb. 63 d-i (mit älterer Literatur). 7. Högom, Medelpad (S). Abb. l, 3. Bronze, L. 6,0 cm. D. Selling, Hövdingasvärdet frän Högom. Arkeologiska Forskningar och Fynd. Festschr. Gustav VI Adolf (1962) 360 Abb. 5. 8. Kragehul Mose, Amt Odense (DK). Bronze, Schenkelenden quergerieft. L. 5,8 cm. Behmer, Schwert Taf. 25, 4. 9. Kragehul Mose, Amt Odense (DK). Abb. l, 2. Bronze, L. 5,4 cm. C. Engelhardt, Kragehul Mosefund (1867) Taf. l, 21; Behmer, Schwert Taf. 25, 5. 10. Little Wilbraham, Cambs. (GB) Grab 96. Abb. l, 6. Bronze, vergoldet. L. 5,2 cm. R. Neville, Saxon Obsequies Illustrated (1852) 19 Abb. 211. 34; D. Kennett, Proc. Cambridge Antiqu. Soc. 43, 1971,10 ff. Abb. 2 d. 11. Lovö-bor, Drottingholm, Uppland (S), Grab 3. Silber, vergoldet, Schauseite mit S-Ranken verziert. Schenkelenden quergerieft, 2 Niete. G. Arwidsson, Lovö-bor med kontinentala förbindelser pä 400 - talet. Proxima Thule. Sverige och Europa under Forntid och medeltid. Festschr. Gustav VI Adolf (1962) 118 Taf. 3; J. P. Lamm, Forntid och Fornlämnigarn pä Lovrö. Thesis and Papers in North European Archaeology 3 (1973) 29 u. Taf. 4, 3. 12. Salands, Gotland (S). Bronze, Schenkelenden quergerieft, 2 Niete. L. 7,0 cm. U. Silven, Gotländsk Vapengrav med Charonsmynt. Gotländskt arkiv 28, 1956, 97 ff. Abb. 3, 1. 13. Sjörup, Schonen (S). 2 Ortbänder: a. Bronze, 2 Niete u. eingepaßtes Bronzeblech. L. 5,4 cm. Behmer, Schwert Taf. 31, 4. b. Abb. l, 4: Silbervergoldet, nieliiert. Schauseite mit Rankendekor, Rückseite mit Tierornament verziert. L. 5,4 cm. B. Salin, Fynd frän Finjasjöns Strand, Skäne. Mänadsblad 1894, 86 ff. Abb. 46; Behmer, Schwert Taf. 30, 2. 30 Festschrift Werner

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14. Skyttberg, Medelpad (S). Bronze. Statens Historiska Museum och kunigl. Myntkabinettet, Samlingarnas tillväxt 1956, 32 f. 15. Snartemo, Vest-Agder (N), Grab 5. Abb. l, i. Silber, L. 4,8cm. B. Hougen, Snartemofunnene. Norske Oldfund 7 (1935) 18 Taf. 4, 9. 16. Gotland (S), Fundort unbekannt, a. Bronzeortband, L. 4,0 cm. Nerman (wie Nr. 1) 88 u. Taf. 55, 591. b-c. 2 Bronzeortbänder. Nerman (wie Nr. 1) 88. d. Bronzeortband, Schenkelenden quergerieft. 2 Niete. L. 3,5 cm. Nerman (wie Nr. 1) 87 f. Taf. 55, 590. b) Typ Brighthampton (Abb. l, 8) 17. Battle Edge, bei Burford, Oxon (GB). Bronze, L. 21,0 cm. The Victoria County History of Oxfordshire l (1938) 367. 18. Bredon's Norton, Worcestershire (GB). Bronze, vergoldet. Schenkelenden quergerieft, 2 Niete. The Victoria County History of Worcestershire l (1901) 230. 19. Brigthampton, Oxon. (GB), Grab 31. Abb. l, 8. Silber, vergoldet, Enden quergerieft. Schauseite figürlich verziert. 4 Niete. L. 17,0 cm. V. Evison, The Fifth-Century Invasions South of the Thames (1965) 105 Abb. 11, c. c) Typ Evebo (Abb. 2,1-3) 20. Eveb0, Sogn og Fjordane (N). Abb. 2, 1. Bronze, L. 7,0 cm. Salin (wie Anm. 36) Abb. 267; P. Fett, Arms in Norway between 400 and 600 A. D. Bergens Mus. Arbok. 1938/40 H. 3, 24 f. u. Taf. 23, 88; E. Straume, Nordfjord i eldre Jernalder. Arbok for Univ. i Bergen. Hist. Antikv. Reihe 4, 1961, 74 u. Taf. 3 b. 21. Porskaer Mose, Amt Aarhus (DK). Bronze, Schenkelenden quergerieft, 2 Niete. L. 6,0 cm. Behmer, Schwert Taf. 27,12. 22. Porskaer, Amt Aarhus (DK). Abb. 2, 2. Bronze, L. 7,0 cm. Salin (wie Nr. 20) Abb. 268; Behmer, Schwert Taf. 27, 11; Werner, Bayerische Vorgeschichtsbl. 31, 1966, 140 Abb. 5, 1. 23. Vidunge, Gotland (S). Abb. 2, 3. Bronze, 3 Niete. L. 8,0 cm. Behmer, Schwert Taf. 27, 13. 24. Voll, Ha, Rogaland (N). Bronze, wie Eveb0. Fett (wie Nr. 20) 74; ders. ebda. 71.

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2. O R T B Ä N D E R MIT L A N G E N S C H M A L E N S C H E N K E L N a) Typ Pouan (Abb. 4, 1) 25. Envermeu, Dep. Seine-Inferieure (F). Spatha von 1850, Bronze. J. Codiert, La Normandie souterraine (1854) 235 u. Taf. 11, 1. 46. 26. Haillot, Prov. Liege (B), Grab 5. Bronze, L. 12,0 cm. J. Breuer u. H. Roosens, Arch. Belgica 34, 1957, 204 f. Abb. 6, 1. 27. Kragehul, Amt Odense (DK). Bronze, L. 15,0 cm. Engelhardt (wie Nr. 9) Taf. l, 20. 28. Maele, Haus, Hordaland (N). Silber, L. 21,0 cm. Fett (wie Nr. 20) 21 Abb. 86. 29. Marboue, Dep. Eure-et-Loire (F), Grab 22. Silber, L. 10,0 cm. H. Zeiß, 31. Ber. RGK. 1941, 56 u. Taf. 3. 30. Nagold, Kr. Calw (D). Silber, L. 12,0 cm. "W. Veeck, Die Alamannen in Württemberg. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit l (1931) 260 u. Taf. 69, B 3 (im folgenden abgekürzt: Veeck, Alamannen). 31. Nordendorf, Ldkr. Donauwörth (D), Grab 19/1844. Bronze. Prähistorische Staatssammlung München, Inv. Nr. 1591. NM 804. Freundl. Hinweis J. Torbrügge. 32. Nydam, Amt S0nderborg (DK). Bronze, 2 Niete. L. 17,2 cm. Engelhardt, Nydam Mosefund 1859-1863 (1865) Taf. 8, 39; Behmer, Schwert Taf. 4, 3. 33. Pouan, Dep. Aube (F). Abb. 4, 1. Silber, L. 14,5 cm. E. Salin u. A. France-Lanord, Gallia 14, 1956, 68 Abb. 8. 34. Pry, Prov. Namur (B). Bronze. A. Bequet, Arm. Soc. Arch. de Namur 21,1897, 316. 35. Riseley, Horton Kirby, Kent (GB). Bronze. Transactions Dartford District Antiqu. Soc. 8, 1938, 24 f.; Evison (wie Nr. 19) 82. b) Typ Arcy-St. Restitue (Abb. 4, 2) 36. Arcy-St. Restitue, Dep. Aisne (F). Abb. 4, 2. Silber, L. 15,4 cm. F. Moreau, Album Caranda l (1873) Taf. N. 37. Beauvais, Dep. Oise (F). Silber, L. 12,5 cm. Peigne-Delacourt, Mem. Soc. Acad. Beauvais 3, 1856, 16 ff. 38. Chassemy, Dep. Aisne (F), Grab 39. Ortband Silber, Ortblech Bronze. Moreau, Petit Album Caranda (1896) Taf. 33; Evison, Archaeologia 101, 1967, 118.

39. Eberfingen, Kr. Waldshut (D), Grab 4. Ortband Eisen, Ortblech Bronze. L. 18,9 cm. F. Garscha, Badische Fundber. 22,1962,167 u. Taf. 48,5. 40. Haine-St. Paul, Prov. Hainaut (B). Ortband Eisen, Ortblech Bronze. F. Ganshof, Het tijdperk der Merowingen. Algemene Geschiedenis der Nederlanden l (1949) 252 ff. u. Taf. 33, 2; G. Faider-Faitmans, Les necropoles merovingiennes 2 (1970) 138 Taf. 78. 41. Londinieres, D^p. Seine-Inferieure (F). Spatha vom 4.10.1847. Cochet, La Normandie souterraine (1854) 205 ff. u. Taf. 7,1. 42. Mezieres, Dep. Ardennes (F), Grab 66. Ortband Silber, Ortblech Bronze. 12 Niete. L. 18,6 cm. P. Perin, Bull. Soc. Arch. Champenoise 65, 1972 H. 4, 9 f. Abb. 6, 3. 43. Niedermörlen, Kr. Friedberg (D), Grab 11. Ortband Bronze, Ortblech Silber. E. Sangmeister, Wetterauer Fundber. 1941/49,46 ff. 44. Reuden, Kr. Zeitz (D), Grab 4. Bronze. Jahresschr. Halle 31,1939, 97 f. u. Taf. 13, 3. 45. Szentes-Kökenyzug, Köm. Csongrad (Ungarn), Grab 68/1931. Ortband Eisen, Ortblech Bronze. D. Csalläny, Archäologische Denkmäler der Gepiden im Mitteldonaubecken (454-568 u. Z.). Arch. Hung. 38 (1961) 35 u. Taf. 19, 2. c) Typ Alton-Laon (Abb. 4,3-6) 46. Alton, Hants. (GB), Grab 42. Abb. 4, 4. Bronze, Steg mit Punzzier. L. 14,4 cm. Evison, The Dover Ring-sword and other Swordrings and Beads. Archaeologia 101,1967,83 Abb. 1. 47. Chälons-sur-Marne, Dep. Marne (F). Abb. 4, S. Silber, Niellozier. L. 16,0 cm. Behmer, Schwert Taf. 34,1. 48. Chassemy, Dep. Aisne (F), Grab 40. Silber, Niellozier. Evison (wie Nr. 19) 118 Abb. 15 a. 49. Concevreux, Dep. Aisne (F). 2 Schwerter mit silbernen Ortbändern und nieliierten Stegen. J. Pilloy, Etudes sur d'anciens lieux de sepultures dans l'Aisne 3 (1912) 217 f. u. Taf. A, 1; Evison (wie Nr. 19) Taf. 13 a. 50. Envermeu, Dep. Seine-Inferieure (F). Spatha vom 16. 9.1854. Silber, L. 14,2 cm. Cochet (wie Nr. 41) 161 ff. Abb. S. 201; ders., La Seine-Inferieure historique et archeologique (1866) 291 ff. Abb. S. 296.

Schwertortbänder der frühen Merowingerzeit 51. ßprave, Prov. Namur (B). „La Croix Rouge". Silber. A. Bequet, Ann. Soc. Arch. de Namur 19,1891,461 u. Taf. l, 5; A. Dasnoy ebd. 53, 1965,17 ff. u. Taf. 3, 4. 52. Evreux, Dep. Eure (F), „Cimetiere St. Aquilien". Silber, L. 16,2 cm. Ann. de la Normandie 16, 1966, 398 ff. Abb. 15; Gallia 24, 1966, 261 Abb. 6. 53. Ferebrianges, Dep. Marne (F). Silber, Niellozier. L. 10,4 cm. Amtl. Ber. a. d. Preuss. Kunstsammlungen 33,1911, 103 Abb. 58; Behmer, Schwert Taf. 36, 5. 54. Flonheim, Kr. Alzey (D), Grab 9. Abb. 4, 6. Ortband Eisen, Ortblech Bronze. L. 19,6 cm. Ament, Flonheim 93 u. Taf. 18, 2 c. 55. Haillot, Prov. Liege (B), Grab 13. Ortband Eisen, Ortblech Bronze. Punzverzierter Steg. L. 11,0 cm. Breuer u. Roosens (wie Nr. 26) 220. 223 Abb. 15, 1. 56. Laon, Dep. Aisne (F). Abb. 4, 3. Silber, Niellozier. L. 13,2 cm. Behmer, Schwert Taf. 36,2.

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57. Londinieres, Dep. Seine-Inferieure (F).Spatha vom 4.10.1847. Bronze. Cochet (wie Nr. 41) 205 ff. u. Taf. 7, 1; ders., La Seine-Inferieure historique et archeologique (1866) 527 ff. Abb. 532. 58. Muids, Dep. Eure (F). Bronze. L. Coutil, Archeologie 1895-1921, 34 ff. 59. Picardie, Fundort unbekannt (F). Silber, Niellozier. L. 12,0 cm. Behmer, Schwert Taf. 34, 2. d) Typ Lavoye (Abb. 5) 60. Faversham, Kent (GB). Silber, L. 32,0 bzw. 40,0 cm. Ortblech: L. 6,4 cm. Evison (wie Nr. 19) 85 Abb. 3, j. 61. Kormadin Jakovo, Syrmien. Silber, L. 7,5 bzw. 40,0 cm. Csalläny (wie Nr. 45) 241 u. Taf. 275, 2. 62. Lavoye, Dep. Meuse (F). Abb. 5. Silber, L. 22,0 bzw. 30,0 cm. Ortblech: L. 20,0 cm, G. Chenet, Prehistoire 4, 1935, 46 f. Abb. 7. 63. Rakovac, Syrmien. Silber, L. 27,5 bzw. 31,0 cm. Ortblech: L. 22,5 cm. Csalläny (wie Nr. 45) 242 u. Taf. 275,1.

3. O R T B A N D Z W I N G E N MIT P R O F I L I E R T E M S C H L U S S K N O P F a) Typ Samson (Abb. 7,1-4) 64. Abingdon, Berks. (GB), Grab 42. Abb. 7, 2. Bronze, L. 3,7 cm. E. Leeds u. D. Harden, The Anglo-Saxon Cemetery at Abingdon, Berks. (1936) Taf. 9, d; 29; Werner, Germania 31, 1953, 41 u. Taf. 7, 2b; Evison (wie Nr. 19) 111 Abb. 22 f. 65. fiprave, Prov. Namur (B). Abb. 7, 4. Bronze, L. 4,2 cm. A. Steeger, Germania 21, 1937 Taf. 41, 4; Werner (wie Anm. 65) Taf. 7, 7. 66. fiprave, Prov. Namur (B). Bronze, L. 3,4 cm. Steeger a. a. O. Taf. 41,5; Werner a. a. O. Taf. 7, 8. 67. Hemmingen, Kr. Leonberg (D), Grab 21. Bronze. F. Müller, Ein alamannisches Gräberfeld von Hemmingen Kr. Leonberg. Ungedr. Masch. Diss. München (1970) Taf. 7,1. 68. Krefeld-Gellep (D), Grab 43. Abb. 7, 1. Bronze, L. 3,9 cm. Steeger (wie Nr. 65) 185 Taf. 40, l c; Werner (wie Nr. 65) Taf. 7, 3 b; R. Pirling, Das römisch-fränkische Gräberfeld von Krefeld-Gellep. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit B 2 (1966) 19 Taf. 10, l d-f; 212, 5 b. 69. Samson, Prov. Namur (B), Grab 11. Abb. 7, 3. Bronze, L. 4,1 cm. 30*

A. Del Marmol, Ann. Soc. Arch. de Namur 6, 1859-60 Taf. 3, 3; Salin, Die altgermanische Thierornamentik (1905) Abb. 20; Werner (wie Nr. 65) Taf. 7, 6; Dasnoy, Ann. Soc. Arch. de Namur 53, 1965 Taf. 2, 2; ders. ebda. 54,1968,306 Abb. 11,1. 70. Samson, Prov. Namur (B), Grab 12. Bronze, L. 3,7 cm. Dasnoy, Ann. Soc. Arch. de Namur 53, 1965 Taf. 2, 5; 54,1968, 308 Abb. 12,1. 71. Verona, Fundort unbekannt. Bronze. Museum Verona. Freundl. Mitteilung Otto v. Hessen. b) Typ Wageningen (Abb. 8,1-3) 72. Pfullingen, Kr. Reutlingen (D). Abb. 8, 2. Silber, L. 5,4 cm. AuhV. 4 (1900) Taf. 18,3 a; Veeck (wie Nr. 30) 266 u. Taf. 48, B 11-12; Behmer, Schwert Taf. 7, Ib. 73. Schleitheitn-Hebsack, Kt. Schaffhausen (Schweiz). Abb. 8,1. Bronze, L. 4,7 cm. W. Guyan, Das alamannische Gräberfeld von Schleitheim-Hebsack. Materialh. z. Ur- u. Frühgesch. d. Schweiz 5 (1965) Taf. 10 g. 74. Wageningen, Prov. Gelderland (Niederl.), Grab 91. Abb. 8, 3. W. van Es, Palaeohistoria 10,1964,181 ff. Abb. 45, 5.

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Wilfried Menghin

c) Typ Andernadi - Blumenfeld (Abb. 9-10) 75. Andernadi, Kr. Mayen (D). Abb. 9, 4. Silber, vergoldet, Almandine. L. 6,1 cm. GNM Nürnberg, Inv. Nr. FG 635. - Böhner, Bonner Jahrb. 148, 1948, 236 Abb. 4, 3. 76. Andernach-Kirchberg, Kr. Mayen (D). Abb. 10, 3. Bronze, L. 5,9 cm. H. Schaaffhausen, Bonner Jahrb. 44/45, 1868, 126 ff. u. Taf. 4, 22. 77. Baden-Oos, Baden (D). Abb. 9, 1. Silbervergoldet, Almandine. L. 5,5 cm. Garscha, Die Alamannen in Südbaden. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit A 11 (1970) 4 f. Taf. 11, le-f. 78. Basel-Kleinhüningen, Kt. Basel (Schweiz), Grab 63. Abb. 9, 2. Silber, vergoldet, Almandine. L. 5,1 cm. R. Laur-Belart, IPEK. 12, 1938, 130 Taf. 51, 3; Behmer, Schwert Taf. 10, d. 79. Basel-Kleinhüningen, Kt. Basel (Schweiz), Grab 212. Abb. 9, 3. Silber, vergoldet, Almandine. L. 4,5 cm. Laur-Belart, Urschweiz 10,1946, 69 Abb. 49,1. 80. Blumenfeld, Kr. Konstanz (D). Abb. 9, S. Silber, vergoldet, Almandine. L. 6,8 cm. Garscha (wie Nr. 77) Taf. 10, A 4 b. 81. Churchover, Bensford Bridge, Warwiks. (GB). Abb. W, 4. Bronze, graviert, L. 6,0 cm. Ortband Eisen, Ortblech Bronze. Collecta Antiqua l, 1968, 36 Taf. 18, 3. Freundl. Hinweis H. Vierck. 82. Entringen, Kr. Tübingen (D). Abb. 9, 8. Silber, vergoldet, Almandine. L. 4,8 cm. Veeck (wie Nr. 30) 254 u. Taf. N, 7 b; Behmer, Schwert Taf. 8, 2 d. 83. Gütlingen, Kr. Calw (D), Grab v. 1889. Silber, L. 4,5 cm. AuhV. 4 (1889) Taf. 66; Veeck (wie Nr. 30) 258 u. Taf. 68, A 2; B l a; Behmer, Schwert Taf. 9, 2 c. 84. Hammelburg (D). Abb. 10, 5. Silber, vergoldet. L. 3,5 cm. R. Koch, Bodenfunde der Völkerwanderungszeit a. d. Main-Tauber Gebiet. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit A 8 (1967) 129 u. Taf. 25, 15. 85. Hemmingen, Kr. Leonberg (D), Grab 2. Silbervergoldet, nieliiert. Müller (wie Nr. 67) Taf. 2, 1. 86. Bad Kreuznach (D). Silbervergoldet, Almandine. L. 6,6 cm. Mainzer Zeitschr. 28, 1933, 124 Abb. 10, 1. 87. Krefeld-Gellep (D), Grab 756. Abb. 10, 1. Bronze, L. 4,2 cm. Pirling (wie Nr. 68) Taf. 67, 3. 88. Mezieres, Dep. Ardennes (F), Grab 68. Abb. 10, 2. Bronze, punzverziert. L. 6,1 cm. Ortband Eisen, Ortblech Bronze. Perin (wie Nr. 42) 14 f. Abb. 10,4.

89. Pfullingen, Kr. Reutlingen (D). Abb. 10, 6. Silber, L. 5,8 cm. Salin (wie Nr. 20) 110 Abb. 289; Veeck (wieNr. 30) 270 u. Taf. N, l b; Behmer, Schwert Taf. 7, 2 b. 90. Runder Berg bei Urach, Württemberg (D). Abb. 9, 6. Silber, vergoldet, Almandine. Ortknopf aus Eisen. L. 7,8 cm. R. Christlein, Archäol. Korrespondenzbl. l, 1971, 180 f. Abb. 2, 6. 91. Teterow, Mecklenburg (D). Abb. 9, 7. Silber, vergoldet, Almandine. L. 5-8 cm. E. Beltz, Prahlst. Zeitschr. l, 1909, 282 Taf. 45. d) Typ Flonheim - Gültlingen (Abb. 11-12) 92. Andernach-Kirchberg, Kr. Mayen (D). Abb. 12, 3. Bronze, versilbert. L. 3,4 cm. GNM Inv. Nr. FG 1904. - Mainzer Zeitschr. 28, 1933, 123 Abb. 10,5; Bonner Jahrb. 148,1948, 243 Abb. 7,3. 93. Basel- Gotterbarmweg, Kt. Basel (Schweiz), Grab 19. Abb. 11, 1. Silber, vergoldet, Almandine. Schlußknopf Eisen. L. 6,2 cm. E. Vogt, Anz. f. Schweiz. Altkde. 32, 1930, 155 u. Taf. 10, 4. 4 a; Behmer, Schwert Taf. 7, 3 c. 94. Blucina, Mähren (CSSR). Abb. 11, 8. Silber, vergoldet, Almandine. L. 6,0 cm. K. Tilhelka, Casopis Brno 1953/54, 32 ff.; ders., Pamatky Arch. 54, 1963, 473 Abb. 5, 2. 95. Ermihalyfalva, Siebenbürgen (Rumänien). Abb. 11, 2. Silber, vergoldet, Almandine. L. 6,0 cm. M. Roska, Anuarul 1928-1932, 69 ff.; ders., Arch. £rt. N. F. 44, 1930, 229 ff. Abb. 148; Werner, Münzdatierte austrasische Grabfunde. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit 3 (1935) 32 Abb. 2, 3. 96. Flonheim, Kr. Alzey (D), Grab 5. Abb. 11, 7. Silber, vergoldet, Almandine. L. 4,6 cm. Ament, Flonheim 50 u. Taf. 11, 11; 27. 97. Gültlingen, Kr. Calw (D), Grab v. 1901. Abb. 11, 3. Silber, vergoldet, Almandine. L. 5,0 cm. AuhV. 5 Taf. 12; Veeck, Alamannen 259 u. Taf. 48, B 14; 68, A 3; Behmer, Schwert Taf. 8, l c. 98. Heilbronn-Rosenberg (D). Abb. 11, 4. Silber, vergoldet, Almandine. L. 5,7 cm. Veeck, Alamannen 79. 217; G. Beiler, Die vor- und frühgeschichtliche Besiedlung des Oberamts Heilbronn a. N. Veröffentl. d. Hist. Ver. Heilbronn 18 (1937) 138 u. Taf. 10,2. 99. Komorn, Köm. Komarom (Ungarn). Abb. 11,6. Silber, vergoldet, Almandine. L. 6,6 cm. J. Hampel, Alterthümer des Frühen Mittelalters in Ungarn 3 (1905) Taf. 40. 100. Krefeld-Gellep (D), Grab 205. Abb. 12, 4. Bronze, L. 6,5 cm. Pirling (wie Nr. 68) 33 u. Taf. 19, 9. 101. Langen, Kr. Offenbach (D). Abb. 12, 1. Bronze, L. 3,4 cm. K. Nahrgang, Die Bodenfunde der Ur- und Früh-

Schwertortbänder der frühen Merowingerzeit geschichte im Stadt- und Ldkr. Offenbach a. Main (1967) Abb. 111, 3. 102. Ockstadt, Kr. Friedberg (D). Abb. 12, 2. Bronze, L. 3,7 cm. W. Jörns, Fundber. aus Hessen l, 1961, 104 Abb. 13,6. 103. Rommersheim, Kr. Alzey (D). Abb. 11, 5. Bronze, vergoldet, Almandine. Ortband bronzeversilbert, Ortblech Bronze. L. 4,8 cm. P. Keßler u. W. Schnellenkamp, Mainzer Zeitschr. 28,1933,119 Abb. 3, 6. Nicht zuweisbare Stücke: 104. Abingdon, Berks. (GB), Grab 49. Bronzezwinge, Oberteil fehlt. L. noch 3,0 cm. Ortband Eisen, Ortblech Bronze.

4. O R T B A N D Z W I N G E N

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Leeds u. Harden (wie Nr. 64) 40 u. Taf. 28-29. 105. Ditzingen, Kr. Leonberg (D). Unterteil einer Silberzwinge mit 2 untereinandersitzenden Nietlöchern. L. noch 3,8 cm. Veeck, Alamannen 221 u. Taf. N 2. 2. 106. Monsheim, Kr. Worms (D), Grab 1. Unterteil einer silbervergoldeten Ortbandzwinge mit Nielloverzierung. L. noch 4,6 cm. Mainzer Zeitschr. 52, 1957, 115 Abb. 16,2. 107. Mülhofen, Kr. Koblenz (D). Unterteil einer silbernen Zwinge. Bonner Jahrb. 148, 1948, 242 ff. Abb. 7, 4. 108. Samson, Prov. Namur (B). Bronzezwinge, L. 4,8 cm. Del Marmol, Ann. Soc. Arch de Namur 6, 1859/60 Taf. 3,1; Dasnoy, ebda. 53,1965,17 ff. u. Taf. 3,5.

O H N E S C H L U S S K N O P F (Abb. 15-16)

109. Ejsböl, Amt Haderslev (DK). 2 Ortbandzwingen, nahezu identisch. Silber, kerbschnittverziert, Säugetierkopf zwischen Vogelköpfen. M. 0rsnes, Acta Arch. 34, 1963, 245 Abb. 18. 110. Herre, Hordaland (N). Abb. 16, 5. Bronze. Fett (wie Nr. 20) Nr. 22 Abb. 89. 111. Kragehul Mose, Amt Odense (DK). 2 Ortbandzwingen ohne Schlußknopf. a) Bronze, L. 4,8 cm. Abb. 16,1. Engelhardt (wie Nr. 9) Taf. l, 23; Salin (wieNr. 20) 105 Abb. 266; Behmer, Schwert Taf. 4, 6. b) Bronze, L. 2, l cm. Abb. 16, 6. Engelhardt a. a. O. Taf. l, 22; Behmer, Schwert Taf. 5, 1. 112. Malton Farm, Barrington, Cambs. (GB). Abb. 15, 3. Bronze, mit angedeutetem Ortknopf. L. 14,8 cm. Leeds, Early Anglo-Saxon Art and Archeology (1936) Taf. 17 b; H. Vierck, Bayerische Vorgeschichtsbl. 32,1967,115 Abb. 3, 5; 118 ff. Anm. 64. 113. Nydam, Amt S0nderborg (DK). Abb. 16, 2. Bronze, L. 4,6 cm. Engelhardt (wie Nr. 32) Taf. 8, 37. 114. Runder Berg bei Urach, Württemberg (D).

Abb. 16, 4. Bronze. L. 3,6 cm. Christlein (wie Nr. 90) 180 Abb. 2, 5. 115. Schönebeck, Elbe (D), Grab 21. Bruchstück einer einfachen Silberzwinge, mit Kreis- und Halbmondpunzen verziert. 2 Niete. L. 1,5 cm. Ortband Eisen. B. Schmidt, Jahresschr. Halle 37, 1953, 300 Abb. 14 b. 116. Taurapilis, Litauen (UdSSR), Grab 5. Abb. 16, 3. Silber, vergoldet. L. 7,0 cm. A. Tautavicius, Mokslas ir Gyvenimas 6, 1971, 26 ff.; ders., Prekibiniai - Kulturiniai 5-8 Amziais. Lietuvos Gyventoju Prekybiniai Rysiai 1-13 a (Vilnius 1972) 129 ff. Abb. 3-4. Freundl. Hinweis J. Werner. 117. Veien, Buskerud (N). 2 Ortbandzwingen, Silber, vergoldet mit Punzier und nahezu identischer Gestaltung. a) L. 7,5 cm (mit profiliertem Schlußknopf). Abb. 15,1. Vierck (wie Nr. 112) 115 ff. Abb. 3, 4. b) L. noch 4,7 cm. Abb. 15, 2. Salin (wie Nr. 20) Abb. 340; Behmer, Schwert Taf. 5,2.

RENATE PIRLING, KREFELD EIN SPANGENHELM DES TYPS BALDENHEIM AUS LEPTIS MAGNA IN LIBYEN

Bei der Ausgrabung des berühmten und prachtvollen römischen Theaters von Leptis magna in Tripolitanien stieß Giacomo Caputo im August 1939 in der westlichen Apsis der scaenae frons auf einen Helm, der etwa einen Meter über dem römischen Niveau im Schutt lag. Es handelt sich um einen Spangenhelm, der alle Merkmale des „Typs Baldenheim" aufweist. Er gelangte in das Museum zu Sabratha und war dort viele Jahre lang ausgestellt, ohne irgendwelche Beachtung zu finden oder gar publiziert zu werden. Daß dies nun nachgeholt werden kann, verdanke ich der Liebenswürdigkeit Giacomo Caputos, der mir die Veröffentlichung des Helmes großzügig gestattete, wofür ich ihm auch an dieser Stelle herzlich danken möchte1. Unter der bisherigen Literatur über Spangenhelme des Typs Baldenheim nehmen die Arbeiten Joachim Werners zu diesem Thema einen wichtigen Platz ein. Nichts liegt deshalb näher, als ihm die Publikation des Helms von Leptis magna, der vor allem auf Grund seines Fundortes unser Interesse verdient, als bescheidene Gabe zu seinem 65. Geburtstag darzubringen. Die Beschreibung des Helms kann sich einstweilen nur auf mir freundlicherweise übermittelte Angaben des Ausgräbers sowie auf eine Reihe von Photos stützen und deshalb nicht so detailliert sein, Stirnreif, der an zwei Stellen, etwa in Höhe der Augen, etwas einschwingt. Dazwischen befindet sich insgesamt in einem relativ schlechten Zustand (Taf. 33-34). Die Basis des 18 cm hohen Helms, dessen größter Durchmesser 25 cm beträgt, bildet ein eiserner Stirnreif, der an zwei Stellen, etwa in Höhe der Augen, etwas einschwingt. Dazwischen befindet sich in der vorderen Mitte eine Ausbuchtung, an der einst der - jetzt abgebrochene - Nasenflügel angebracht war. Der Stirnreif ist auf der Außenseite mit Bronzeblech überzogen und weist am unteren Rand eine Reihe von Löchern auf, die der Befestigung eines Lederfutters dienten. In das Blech des Stirnreifs wurde eine Matrize gepreßt, welche Weinranken mit an den Trauben pickenden Vögelchen zeigt. An der eisernen Basis wurden auf der Innenseite vier kuppelartig gewölbte blattförmige eiserne Platten angenietet, die auf der Außenseite mit vergoldetem Bronzeblech überzogen und in Punztechnik verziert sind (Abb. 1). Über die Fugen der Platten wurden vier kräftige Bronzespangen mit Mittelgrat durch je 14 entlang der Kanten angebrachte Bronzenieten befestigt. Diese Spangen verbreitern sich kräftig nach unten und berühren sich am Stirnreif. Sie sind vergoldet und mit eingepunzten geometrischen Ornamenten verziert. Sie werden oben von einer runden, mit vier Nieten 1

Den ersten Hinweis auf diesen Helm verdanke ich K. Weidemann. Ich habe den Helm auf einer Reise durch Libyen 1969 gesehen, doch konnte ich keine Photos herstellen. Diese stellte mir später Prof. Giacomo Caputo (Florenz) freundlicherweise zur Verfügung. Für die Vermittlung habe ich Dr. Helga Seeden - Beirut und Prof. Antonio di Vita - Macerata vielmals zu danken. 2 Da vorläufig nicht damit zu rechnen ist, daß der

Helm im Museum zu Sabratha im Original studiert werden kann, hielt ich es für richtig, ihn hier der Forschung bekanntzumachen, auch wenn dies nur in unvollkommener Weise geschehen kann. Dringend notwendig wäre eine sachgemäße Restaurierung, erst dann ließen sich alle Einzelheiten, vor allem des Dekors, genau erkennen. Aber auch an die Durchführung einer solchen Restaurierung ist einstweilen nicht zu denken.

BERICHTIGUNG

Auf Seite 471 ist Zeile 15 zu streichen und durch folgenden Text zu ersetzen: „... wie dies wünschenswert wäre2. Das Fundstück weist sekundäre Brandspuren auf und befindet sich ..."

472

Renate Pirling

Abb. 1. Leptis magna. Bronzeblatt des Spangenhelms mit Punzdekor. M. etwa 3 : 4.

befestigten Scheitelplatte zusammengehalten, in deren Mitte sich ein ca. 1,8 cm hoher Knopf als Bekrönung befindet. Bei dem Helm lagen die Reste eines - jetzt völlig verrosteten - eisernen Kettengeflechts, es muß sich dabei um Fragmente des Nackenschutzes handeln. Die Wangenklappen waren nicht mehr vorhanden. Spangenhelme des vorliegenden Typs, allgemein „Typ Baldenheim" nach einem der Fundorte genannt, an dem als erster ein derartiger Helm zutage kam3, gehören zu den exquisitesten und entsprechend seltenen Fundgegenständen der Merowingerzeit. Werner verdanken wir die letzte Zusammenstellung aller bisher bekannten Exemplare4. Er konnte 21 Helme von sicheren Fundorten ermitteln. Zu ihnen gesellten sich in der Zwischenzeit außer unserem Helm aus Leptis magna noch je einer aus Krefeld-Gellep und aus Steinbrunn im Burgenland. Eine auf die Vorarbeiten Werners gegründete Verbreitungskarte gibt Abb. 2S. Entstammten bisher alle Helme europäischen Fundorten 3

R. Henning, Der Helm von Baldenheim und die verwandten Helme des frühen Mittelalters (1907). 4 42. Ber. RGK 1961, 320 Abb. 8 u. 333 f. 5 Nachfolgend seien alle bekanntgewordenen Helme noch einmal aufgeführt. Es ist nur die wichtigste Literatur angegeben, Vollständigkeit wurde nicht angestrebt. 1. Baldenheim (Elsaß): siehe Anm. 3. - 2. Garnmertingen (Hohenzollern): I. W. Gröbbels, Der Reihengräberfund von Gammertingen (1905) 7 ff. - 3. Gültlingen (Württemberg): Gröbbels a. a. O. 19 f.; W. Veeck, Die Alamannen in Württemberg. Germ. Denkmäler d. Völ-

kerwanderungszeit l (1931) 84 ff. Taf. 76. - 4. Chälonsur-Sa6ne (Dep. Saöne-et-Loire): Gröbbels a. a. O. 28 ff. - 5. St. Bernard bei Treveaux (Dep. Aisne): Bull. Metropolitan Mus. of Art 7, 1949, 272 ff. - 6. Vezeronce (Dep. Is&re): Gröbbels a. a. O. 13 ff. - 7. Genfer See (am Einfluß der Rhone): Zeitschr. f. Schweiz. Arch. Kunstgesch. 10, 1948/49, 121 ff. - 8. Stößen (Sachsen): B. Schmidt, Die späte Völkerwanderungszeit in Mitteldeutschland (1961) 156 f. u. Taf. 48; ders., Die späte Völkerwanderungszeit in Mitteldeutschland, Katalog, Südteil (1970) Taf. 122 u. Beilage 2. - 9. St. Vid I (Dalmatien): Jahrb.

Ein Spangenhelm des Typs Baldenheitn aus Leptis magna in Libyen

473

und germanischem Milieu, so kommt der hier neu vorgestellte aus Nordafrika, aus einem Gebiet, das wenigstens zeitweilig Teil des byzantinischen Reiches war. Daraus kann freilich nicht auf byzantinische Provenienz geschlossen werden. Tripolitanien wurde seit 455 durch die Wandalen besetzt, die sich auch Leptis magnas bemächtigten. Erst 537 konnte die Stadt durch Justinian wiedergewonnen werden. Aus der Fundsituation des Helmes lassen sich keinerlei Schlüsse auf eine genauere Datierung ziehen. Seine Lage im Schutt des Theaters, fast l m über dem römischen Niveau, zeigt lediglich an, daß er nach der Zerstörung der Stadt und zu einer Zeit in den Boden gekommen war, als das Theater längst nicht mehr als solches benutzt wurde. Die sekundären Feuerspuren und der schlechte Erhaltungszustand des Helmes könnten darauf hindeuten, daß er bei irgendwelchen vermutlich kriegerischen Handlungen beschädigt wurde und dann als unbrauchbares Stück liegenblieb. Über die Herkunft und die Entwicklung der Spangenhelme gibt es mehrere eingehende Untersuchungen6, von denen eine besonders wichtige aus der Feder des Empfängers dieser Festschrift stammt7. Auf einer Arbeit A. Alföldis8 fußend konnte er aufzeigen, daß der Spangenhelm eine östliche, wahrscheinlich iranische Erfindung ist, die während der Sassanidenzeit Eingang in die Bewaffnung des römischen Heeres fand. Die Theorie M. Eberts, die Helmform sei von Südrußland aus unter Umgehung des Mittelmeerraumes nach Zentraleuropa gelangt9, war damit hinfällig geworden. Vielmehr scheint es nach Werners Ausführungen so zu sein, daß die sassanidischen Spangenhelme auf die schlichten, eisernen Helme eingewirkt haben, die im Westen gebräuchlich waren (Typus Bretzenheim), und in byzantinischen Werkstätten des 5. Jahrhunderts entstanden dann einfache Helme mit Spangenkonstruktion, wovon zwei Exemplare aus Ägypten belegt sind, die als die unmittelbaren Vorläufer unserer Helme vom Typus Baldenheim betrachtet werden könnten. Diese wären eine für den germanischen Geschmack abgewandelte, entsprechend prächtigere Ausführung, deren Werkstätten im ostgotischen Italien zu suchen sein sollen. Die Mehrzahl der neueren Arbeiten zu diesem Thema hat diese Darstellung übernommen. So im Großen und Ganzen auch O. Doppelfeld, der sich kürzlich bei der Publikation des aus Hornsegmenten zusammengesetzten Helmes aus dem Knabengrab unter dem Kölner Dom mit der Frage der Herkunft und Entwicklung der Spangenhelme noch einmal eingehend befaßte und das Problem um einen neuen Aspekt bereicherte10. Er d. Zentralkomm, l, 1903, 250 ff.; Gröbbels a. a. O. 21 f. - 10. St. Vid II: Jahrb. d. Zentralkomm, l, 1903, 250 ff.; Gröbbels a. a. O. 23 ff. - 11. Planig (Rheinhessen): Mainzer Zeitschr. 35, 1940, 4 ff. - 12. Dolnie Semerovce I (Slowakei): Historia Slovaca 3/4, 1945/46, 30 ff.; IPEK. 13/14, 1939/40, 145 ff. - 13. Dolnie Semerovce II: ebd. - 14. Giulianova (Prov. Ancona, Italien): Gröbbels a. a. O. 16 ff.; Jahrb. d. Königl. Preußischen Kunstslg. 24, 1903, 208 ff. - 15. Torricella Peligna (Prov. Chiuti, Italien): Not. Scavi 1928, 471 ff. - 16. Frasassi bei Fabriano (Italien). Nur Wangenklappe erhalten: Forsch, u. Fortschr. 19, 1943, 236. - 17. SzentesBerekhdt (Ungarn): In drei Gräbern (Nr. 13. 15 und 40) wurde je ein Fragment eines Spangenhelms gefunden. D. Csalläny, Archäologische Denkmäler der Gepiden im Mitteldonaubecken (1961) 71. 75 u. Taf. 51, 8; 59, 5; 85, 3 u. Abb. 16, 1. 3. - 18. Tuna (Gotland). Nur Fragmente erhalten: Finska Fornm. Tidskr. 40, 1934, 118 ff. - 19. Batajnica (Jugoslawien): Germania 32, 1954, 176 ff. - 20. Salona (Jugoslawien): Peristil 2, 1957, 49 ff. - 21. Morken Kr. Bergheim/Erft (Rhein-

land): Neue Ausgrabungen in Deutschland (1958) 444 ff. - 22. Krefeld-Gellep (Rheinland): Germania 42, 1964, 188 ff. - 23. Steinbrunn (Burgenland): Mitt. d. Anthr. Ges. Wien 100,1970,207 ff. 6 Hier seien nur einige wesentliche aufgeführt, soweit sie nicht nachfolgend genannt werden. F. v. Schubert-Soldern, Die frühmittelalterlichen Spangenhelme. Zeitschr. f. histor. Waffenkunde 4, 1907, 193 ff.; Henning (wie Anm. 3); P. Post, Der kupferne Spangenhelm. 34. Ber. RGK. 1951-53,115 ff. 7 Zur Herkunft der frühmittelalterlichen Spangenhelme. Prähist. Zeitschr. 34/35,1949/50,178 fi. 8 Eine spätrömische Helmform und ihre Schicksale im germanisch-romanischen Mittelalter. Acta Arch. 5, 1934,99 ff. 9 Die frühmittelalterlichen Spangenhelme vom Typus Baldenheim. Prähist. Zeitschr. l, 1909, 69 ff. 10 Das fränkische Knabengrab unter dem Chor des Kölner Doms. Einordnung des Helms: Kölner Domblatt 20,1961/62,118 ff.

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Renate Pirling

Abb. 2. Verbreitung der Spangenhelme vom Typ Baldenheim. • vierspangige Helme, © sechsspangige Helme.

Ein Spangenhelm des Typs Ealdenheim aus Leptis magna in Libyen

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konnte wahrscheinlich machen, daß eine starke Komponente aus dem awarischen Bereich bei der Entstehung der Baldenheimer Helme mitgewirkt hat, eine Möglichkeit, die Werner am Schluß seiner Arbeit bereits angedeutet hatte. Es kann nicht die Aufgabe dieser kleinen Arbeit sein, zur Frage der Herleitung der Form unserer Helme und den verschiedenen dazu entwickelten Theorien Stellung zu nehmen. Der hier im Mittelpunkt stehende Helm von Leptis magna vermag dazu auch keinen neuen Gesichtspunkt zu liefern. Er gehört ganz eindeutig zur Gruppe der Helme vom Typus Baldenheim und stellt keineswegs ein Zwischenglied in der Entwicklungsreihe dar wie etwa die beiden in Ägypten gefundenen Helme. Hier soll lediglich die Stellung des libyschen Helmes innerhalb der Gruppe der Helme vom Typus Baldenheim untersucht werden. Der Helm von Leptis magna steht mit seiner relativ flachen, halbkugeligen Form und mit seinen vier Spangen der spätrömischen, aus zwei Segmenten zusammengesetzten noch sehr nahe. Unter den Helmen des Typs Baldenheim ähnelt ihm in der Form am meisten der eine der beiden Helme von Dolnie Semerovce in der Slowakei (im Folgenden Dolnie Semerovce I genannt)11. Auch die Form der Spangen, die nach unten zu in einem gleichmäßig geschwungenen Bogen verlaufen, ist ungefähr dieselbe, sie wurden allerdings bei dem Helm von Leptis magna mit 14, bei dem von Dolnie Semerovce mit 16 Nieten befestigt. Bei letzterem waren die zwischen den Spangen liegenden vier Felder mit Silberblech belegt, genau wie bei den im übrigen nach Form und Verzierung ganz verschiedenen Helmen von Baldenheim, Planig und St. Vid II. Bei dem nordafrikanischen Helm sind die blattförmigen Zwischenfelder dagegen mit vergoldetem Bronzeblech überzogen und punzverziert. Der Schmuck der Spangen von Dolnie Semerovce I ist nur mit einer einzigen Punze, nämlich einem doppelten Halbbogen, zu Dreiecken angeordnet, hergestellt worden. Solche doppelten Halbbogen begegnen uns auch auf dem Helm von Leptis magna, daneben aber noch eine ganze Reihe weiterer Punzen und zwar: einfache Halbbogen, Kreisstempel, gepunktete Linien und spitze, senkrecht gestellte Ovale f Abb. 1). Auf einer der Spangen (Taf. 34,2)12 ist ein Vierpaßmuster zu erkennen, das aus vier Spitzovalen mit Innenfüllung gebildet wird, die sich um einen Kreisstempel gruppieren. Eine Verzierung, die lediglich aus doppelten Halbbogen, zu Dreiecken angeordnet, besteht, weist außer Dolnie Semerovce I nur noch der Helm von Chälon-sur-Saone auf. Dieser ist aber in der Form ganz abweichend, er hat sechs Spangen, deren Füße sich in einem stumpfen Winkel nach unten verbreitern. Bei dem vierspangigen Helm von St. Vid (nachfolgend St. Vid I genannt) sind die Spangen entsprechend gebildet, die Verzierung besteht gleichfalls aus Dreiecken ohne Umrandung, die aber aus Kreisstempeln gebildet werden. Als Zwischenfelder dienen einfache Eisenplatten. Wenden wir uns wieder dem Helm von Leptis magna, d. h. dessen Verzierung zu, so fällt bei einem Vergleich mit allen anderen bekannten Baldenheimer Helmen auf, daß zwei hervorstechende Ornamente auf diesen keine Parallele haben. Es sind dies die Spitzovale sowie das aus solchen gebildete Vierpaßornament. Andere Ziermotive dagegen verbinden den Helm von Leptis mit einer ganzen Reihe weiterer. Da ist zunächst das aus einfachen Halbbogen gebildete Schuppenmuster, das zu den gewöhnlichsten Motiven auf den Baldenheimer Helmen gehört. Es begegnet uns auf nahezu allen Helmen, vor allem, soweit sie erhalten sind, auf den Wangenklappen13, und zwar auch dann, wenn die Helme selbst im übrigen ganz abweichend verziert sind. Schon einer der „Urväter" unse-

11

Siehe Anm. 5. Im Folgenden werden bei der Erwähnung der Helme, die in Anm. 5 mit Literaturangaben aufgeführt sind, im Text keine Anmerkungen mehr gegeben. 12 Evtl. findet sich dieses Ornament auch auf den

anderen Spangen, doch ist dies bei dem augenblicklichen schlechten Erhaltungszustand nicht zu entscheiden, 13 Hier machen nur die Wangenklappen des Helms vom Genfer See eine Ausnahme, die unverziert sind.

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rer Helme, der aus Ninive stammende14, der sich nach Aussage Werners15 „wie ein Bindeglied zwischen den spätrömischen Prunkhelmen der Form Deurne-Budapest16 und den frühmittelalterlichen Spangenhelmen vom Baldenheimer Typus ausnimmt", trägt auf den zwischen den Spangen gelegenen Feldern dichtgestellte Schuppen. Besonders häufig ist auf den Helmen unserer Gruppe das aus Schuppen gebildete Dreieck anzutreffen. An der Spitze dieser Dreiecke sind gelegentlich drei Kreisstempel angebracht, und zwar bei den Helmen von Leptis magna, Gammertingen und Krefeld-Gellep. Solche Kreisstempel in Kombination mit Dreiecken kommen in ähnlicher Form auf den Helmen von Salona, Batajnica, Dolnie Semerovce II, vom Genfer See und St. Bernard bei Treveaux vor. Zu den häufigsten Ziermotiven außer den Schuppen zählen die mit einer Perlpunze angebrachten Linien, die einfach, doppelt oder dreifach vorkommen. Sie begegnen uns auf allen Helmen außer den schon erwähnten von Dolnie Semerovce I und Chälon-sur-Saone. Eine besondere, geschlossene Gruppe bilden die Helme, deren Dekor mit einer einzigen Perlpunze hergestellt wurde. Mit dieser Punze wurden feine Einstiche sehr eng aneinander angebracht, auf diese Weise entstanden Linien, mit denen man in paralleler Anordnung Dreiecke füllte, aber auch andere geometrische und figürliche Ornamente herstellte. In dieser Weise verziert sind die Helme von Baldenheim, Tuna, Stößen, Planig, St. Vid II, Steinbrunn und Giulianova. Der zuerst genannte Helm von Baldenheim trägt lediglich Dreiecksdekor, ebenso wie die Fragmente von Tuna. Alle anderen Helme dieser Gruppe sind entweder auf den Spangen oder den Zwischenfeldern oder auf beiden figürlich verziert. Dabei erscheinen etliche Motive auf mehreren Helmen: ein Kreuz mit verbreiterten Armen, mehrmals deutlich als Crux gemmata gekennzeichnet, ein Kelch auf hohem Fuß sowie zwei von einem Kreuz gekrönte Dreiecke auf einem pyramidenförmigen Sockel (vielleicht ein Ciborium). Alle diese Motive, auf deren Deutung hier nicht näher eingegangen werden kann, sind unschwer als dem christlichen Kult zugehörige Symbole zu erkennen. Sie schließen zugleich mit der Technik ihrer Anbringung aus mit einer einzigen feinen Perlpunze hergestellten Linien - die genannten Helme zu einer Gruppe zusammen, die man einer Werkstätte oder doch einem "Werkstättenkreis zuweisen darf. Kompliziert wird das Problem freilich dadurch, daß die fraglichen Helme ihrer Form nach keineswegs einheitlich sind. Eng zusammen gehören die von Baldenheim, Planig, St. Vid II, Steinbrunn und wahrscheinlich Tuna. Ihnen allen ist der runde abgesetzte Spangenrand gemeinsam sowie die Befestigung der Spangen mit einer relativ großen Anzahl von Nieten (bei den Stücken von Baldenheim, Steinbrunn und St. Vid II je 27, bei dem von Planig sogar 29 Nieten). Bei den Helmen von Giulianova und Stößen dagegen sind die Spangenränder nicht abgesetzt, und die Anzahl der Nieten, welche die Spangen befestigen, ist gering, sie beträgt beim ersteren 15, bei dem von Stößen gar nur 12, die geringste Zahl von allen bekannten Helmen. D. Hejdovä, die in ihrer Arbeit über den sogen. St. Wenzels-Helm sich auch mit den Spangenhelmen unseres Typs befaßte17, hat diese in drei Gruppen unterteilt, als Kriterien jedoch lediglich die Form der Spangen verwendet. Die in der Verzierung so ähnlichen Helme von Planig und Stößen gehören also zwei verschiedenen Gruppen an. Wie eng jedoch beide zusammengehören, zeigt sich auch bei den nahezu identischen Mustern auf den Stirnbändern, wovon weiter unten noch zu sprechen ist. Bei allen bisherigen Arbeiten über Spangenhelme standen Technik und Form stets im Vordergrund, die Verzierung fand meist wenig Beachtung. Entsprechend wurden auch Werkstattzusam14

Prähist. Zeitschr. 34/35, 1949/50, 185 u. Taf. 4. ebd. 184. 16 Diese Helmgruppe ist jetzt zusammenfassend be15

handelt: H. Klumbach (Hrsg.), Spätrömische Gardehelme (1973). 17 Waffen- und Kostümkde. 1967, 33 ff.

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menhänge kaum untersucht. Ihre Kenntnis ist aber entscheidend, wenn wir versuchen wollen, den weit entfernt von allen übrigen gefundenen Helm von Leptis magna einzuordnen. Wir hatten bisher gesehen, daß nach ihrem Dekor die Helme von Baldenheim, Planig, Stößen, Steinbrunn, St. Vid II und Tuna eine geschlossene Gruppe bilden und daß außerdem die von Dolnie Semerovce I und Chälon-sur-Saone eng zusammengehören. Auch die beiden in nur geringer Entfernung voneinander zutage gekommenen Helme von Gellep und Merken sind werkstattmäßig nicht zu trennen. Beide Exemplare stimmen in den Maßen ziemlich genau überein, die Anzahl der Nieten ist ungefähr dieselbe, das Muster des Stirnreifs ist, von ganz geringen Abweichungen abgesehen, dasselbe, und auch die Verzierung auf den Spangen und den dazwischenliegenden Feldern stimmt in einigen Details überein. Dies gilt besonders für die verbreiterten Enden der Spangenfüße, die in ganz ähnlicher Weise mit je zwei Schuppenreihen umgrenzt, mit senkrecht angeordneten Reihen aus Halbbogen, mit doppelten Punktreihen sowie je zwei wirbelartigen Rosetten verziert sind (Abb. 3). Auch der Dekor auf den Scheitelplatten ist bei beiden Helmen auffallend ähnlich (Abb. 4,1-2). Bei der Verzierung des Morkener Helmes wurde allerdings auch eine Hakenpunze verwendet, die bei dem von Gellep fehlt. Dagegen kommt eine solche auf den Helmen von Gültlingen, Torricella Peligna, Vezeronce und vom Genfer See vor. Den engen Zusammenhang der Stücke von Gültlingen und Torricella Peligna hatte schon Werner betont18, ihnen ist noch das von Vezeronce zuzuordnen. Auch zwischen diesen dreien ist ein werkstattmäßiger Zusammenhang zu vermuten. Kehren wir noch einmal zu den beiden verwandten Helmen von Morken und Krefeld-Gellep zurück, so fällt auf, daß nur auf letzterem die auf den beiden vorderen Zwischenfeldern angebrachte Darstellung eines Fisches begegnet, auf dem ein Raubvogel mit dickem, stark gebogenem Schnabel und kräftigen Krallen steht. Dieses Motiv kehrt auf mehreren anderen Helmen wieder, und zwar auf denen von Giulianova, Batajnica und Salona. Bei der engen Verwandtschaft der Helme von Morken und Gellep ist an eine gemeinsame Werkstätte zu denken. Auch die beiden Fundorte liegen ja sehr nahe beieinander. In letzter Zeit hatte K. Böhner die Vermutung geäußert, Helme des Typs Baldenheim könnten auch nördlich der Alpen im Frankenreich hergestellt worden sein19. Dafür käme dann am ehesten das Helmpaar Morken-Gellep in Frage. Dem fränkischen Kunsthandwerk ist allerdings das Fisch-Raubvogelmotiv sonst fremd. Es begegnet nur einmal auf zwei Beschlägen von Marchelepot (Dep. Somme, Frankreich)20. N. Fettich nimmt für diese Stücke südrussische Provenienz als sicher an und hält das Motiv für ein „charakteristisches Produkt des Pontikums"21. Im Gegensatz dazu sieht ihr erster Bearbeiter, M. Boulanger, in Fisch und Raubvogel christliche Symbole, und ebenso tut dies K. Hauck, der sich unlängst mit diesem Motiv und vor allem seinem Vorkommen auf dem Helm von Giulianova beschäftigt hat22. Er hält die Fisch-Raubvogeldarstellung für Symbole der Eucharistie und beruft sich dabei auf den Matthäus-Kommentar von Hieronymus und auf den Lukas-Kommentar des Bischofs Ambrosius von Mailand vom Ende des 4. Jahrhunderts. Auf diese sehr komplizierten Fragen kann hier nicht eingegangen werden. Es sei nur darauf hingewiesen, daß entsprechende Fisch-Raubvogeldarstellungen sowohl auf einigen hunnenzeitlichen 18

Austrasische Grabfunde. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit 3 (1935) 67 u. Anm. 7. Die Fragmente des Helms von Tuna, die hier gleichfalls genannt werden, dürften jedoch zu einer anderen Gruppe gehören. 19 Das frühe Mittelalter. Führer durch das RGZM. l (1970) 92. 20 M. C. Boulanger, Le Cimetiere Franco-Merovin-

gien et Carolingien de Marchelepot (1909) Taf. 36, 2-3; ebd. Taf. 6, l ist eine vom selben Gräberfeld stammende Fibel abgebildet, welche die Form eines Vogels hat, in dessen Innerem ein Fisch dargestellt ist. 21 Archäologische Studien zur Geschichte der späthunnischen Metallkunst. Arch. Hungarica 31, 1951, 145 u. Taf. 25, 4-5. 22 Frühmittelalterliche Studien l, 1967, 16 ff.

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Abb. 3. Spangen der Helme von Merken (1) und von Krefeld-Gellep Grab 1782 (2). M. l: 2.

Funden in Ungarn zu finden sind23, daß sie aber auch in ganz eindeutig heidnischem Zusammenhang im Norden vorkommen, worauf unlängst D. Ellmers hingewiesen hat24. Das Fisch-Raubvogelmotiv verbindet den Gelleper Helm mit den weiter südlich gefundenen von Batajnica und Salona. Bei allen dreien ist das Motiv in gewissermaßen streng „geometrischer" Weise angebracht, im Gegensatz zu den regellos über die Fläche verteilten Figuren auf dem Helm von Giulianova. Falls der Helm von Gellep wirklich im Frankenreich hergestellt worden wäre, müßte seinen Verfertigern jedenfalls Helme der Art von Batajnica und Salona bekanntgewesen sein. Auf den Spangenfüßen der Helme von Morken und Gellep begegnet ein wirbelähnliches Ornament, das sich sonst nur noch auf dem Helm von Gammertingen wiederfindet. Bei diesem ist wiederum die Scheitelplatte auffallend ähnlich verziert wie die des Helms von Batajnica (Abb. 4, 3. 4). Schließlich sind auch beim Dekor des Gammertinger Exemplares Fische und Vögel zu finden, allerdings nicht kombiniert. Der Helm von Batajnica hat vier, der von Gammertingen sechs Spangen. Trotzdem ist aufgrund der sehr ähnlichen Ornamente auf den Scheitelplatten, was kaum auf Zufall beruhen kann, ein enger Zusammenhang zu vermuten. Ein solcher besteht auch, wie schon gesagt, zwischen den Helmen von Gültlingen und Torricella Peligna, und auch hier unterscheiden sich die beiden Stücke nach der Zahl der Spangen. Die beiden vierspangigen Helme von Dolnie Semerovce II und vom Genfer See weisen eine sehr ähnliche Punzverzierung auf, aber auch der sechsspangige Helm von St. Bernard bei Treveaux gehört zu dieser Gruppe. Schließlich wurden in St. Vid ein vier- und ein sechsspangiger Helm zusammen gefunden, beide müssen gleichzeitig in den Boden gelangt sein. 23

Bronzeplatte aus Szegedöthalom. Arch. firt. 35, 1915, 211 ff. Abb. 1; Beschlag aus Környe. Folia Arch. 14, 1962, 57 ff. Die Bearbeiterin des letzteren, A. Salamon, hält die Darstellung für ein rein heidnisches Symbol, ebenso wie Z. Vinski das entsprechende Motiv auf dem Helm von Batajnica.

24

Jahrb. RGZM. 17, 1970, 276 ff.; der erste Bearbeiter des Helms von Giulianova, O. Wulff, hatte bereits 1903 auf die Darstellung eines Fisches mit Raubvogel auf einem der beiden Goldhörner von Gallehus als Vergleich zu der auf dem genannten Helm hingewiesen. Jahrb. d. Königl. Preußischen Kunstslg. 24,1903, 227 ff.

Ein Spangenhelm des Typs Baldenheim aus Leptis magna in Libyen

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Abb. 4. Scheitelplatten der Spangenhelme von Krefeld-Gellep Grab 1782 (1), von Morken (2), von Gammertingen (3) und von Batajnica (4). M. l: 1.

Man ist geneigt, die vierspangigen Helme auf Grund ihrer Verwandtschaft mit den aus zwei Schalen zusammengesetzten spätrömischen Prunkhelmen für die typologisch älteren zu halten. J. Eisner hat diese Vermutung auch bei seiner Publikation der beiden Helme von Dolnie Semerovce ausgesprochen25. Hier soll noch die Beobachtung angefügt werden, daß die vierspangigen Helme sich auf die südliche Hälfte des Verbreitungsgebietes konzentrieren (Abb. 2). Im Norden wurden bis jetzt ausschließlich sechsspangige Helme gefunden. Aber bei der relativen Dürftigkeit des Materials kann das natürlich auf Zufall beruhen. Bei allen bisher angestellten Überlegungen zu den Ornamenten auf Spangenhelmen sind jene auf den Stirnbändern bis jetzt unberücksichtigt geblieben. Im Gegensatz zu den eingepunzten Verzierungen auf der Helmkappe sind die auf den Bändern durch Model eingepreßt. Schon einem der ersten Bearbeiter der Baldenheimer Helme, F. v. Schubert-Soldern26, war aufgefallen, daß große sti25

IPEK. 13-14, 1939/40, 148.

28

Vgl. Anm. 6,201 f.

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listische Unterschiede zwischen der Behandlung der Stirnbänder und der des Spangengerüsts bestehen. Er meinte, daß „derjenige Künstler, der die Weinstöcke und pickenden Vögel auf den Stirnbändern bildete, unmöglich der Urheber der rohen und primitiven Punzarbeiten auf den Helmblättern sein konnte." Es fällt auf, daß beim gepunzten Dekor große stilistische Unterschiede zwischen den einzelnen Helmen bestehen, bei dem der Stirnbänder dagegen nicht. Die Möglichkeit, diese Punzungen wären vielleicht nachträglich im Auftrag ihrer Besitzer auf den Helmen angebracht worden, ist auszuschließen, da sich bei mehreren Helmen nachweisen ließ, daß sie erst zusammengesetzt wurden, nachdem die Dekoration der Helmblätter vollendet war. Dies alles führt zu dem Schluß, die Stirnbänder seien nicht in denselben Werkstätten hergestellt worden, welche die Helme anfertigten, sondern von diesen entweder fertig bezogen worden, oder man habe sich wenigstens die entsprechenden Model kommen lassen. Bei unserem Helm von Leptis ist infolge seines schlechten Erhaltungszustandes das Muster des Stirnreifs nicht mehr in allen Einzelheiten zu erkennen. Doch ist ganz sicher, daß es sich um wellenartig verlauf ende Weinranken mit an den Trauben pickenden Vögelchen handelt (vgl. Taf.33 unten). Dieses Motiv findet sich, in mancherlei Abwandlung, auf einer ganzen Reihe von Helmen. Nahezu identisch sind die Muster auf den Stirnbändern der Helme von Planig, Stößen und Giulianova, die sich auch nach ihrer sonstigen Verzierung als zusammengehörig erwiesen. Die arkadenartige Anordnung der Weinranken erinnerte schon Gröbbels an die Ornamente auf Bronzebeschlägen von merowingerzeitlichen Holzeimern aus Nordfrankreich, vor allem auf einem Exemplar von Buir-sur-1'Ancre27. Die beiden noch zu derselben Gruppe gehörigen Helme von Baldenheim und St. Viel II tragen auf den Stirnbändern nahezu identische, aus aneinandergereihten Medaillons bestehende Muster, die sich völlig von den oben geschilderten Weinranken- und Vogelornamenten unterscheiden. Bei den Stirnbändern der Helme von Gammertingen, Gellep und Morken sowie bei dem Helm mit unbekanntem (wahrscheinlich aber in Frankreich oder Süddeutschland liegendem) Fundort, heute in der Ermitage von Leningrad28, ist das Motiv der traubenpickenden Vögel kombiniert mit der "Wiedergabe einer bärtigen Maske zwischen zwei löwenartigen Ungeheuern. Darin wird man sicher eine Darstellung des Daniel in der Löwengrube sehen dürfen29, und ebenso liegt zweifellos den an den Trauben pickenden Vögeln ein christlicher Sinn zugrunde, indem es sich um die symbolische Wiedergabe des Paradieses handelt, wie es in der frühchristlichen Kunst sehr häufig ist30. Es fällt auf, daß das Motiv des Daniel in der Löwengrube nur auf einigen der nördlich der Alpen im fränkisch-alamannischen Raum gefundenen Helmen auftaucht. Dabei kann es sich um einen Zufall handeln, es könnte aber auch als ein weiteres Indiz dafür gewertet werden, daß Helme unseres Typs auch im Frankenreich nachgeahmt worden wären. Daß die rein technischen Voraussetzungen dafür gegeben waren, ist kaum zu bezweifeln. Die bisher fast allgemein vertretene Meinung war, alle Helme stammten aus einem gemeinsamen Zentrum, ja sogar aus einer einzigen "Werkstätte31. Es ließ sich aber aufzeigen, daß in der Verzierung neben einigen verbindenden Elementen (wie dem Schuppenmuster und der Dreiecksdekoration) 27

Gröbbels (wie Anm. 5) 32 Abb. 32. ebd. 11 f. 29 Allerdings sind bei dem spätrömischen Prunkhelm von Budapest ebenfalls antithetische Löwen, in der Mitte ein Krater, dargestellt, und dies zusammen mit eindeutig heidnischen Motiven. Klumbach (wie Anm. 16) 46 ff. (E. Thomas). Siehe dazu Alföldi (wie Anm. 8) 126. 30 Es kommt gelegentlich auch in der byzantinischen 28

Kunst kombiniert mit der Darstellung des Daniel in der Löwengrube vor. So auf dem Relief einer steinernen Chorschranke des 6. Jahrhunderts von Rasm-al-Qanafez in Syrien: Syria 38,1961, 48 ff. u. Taf. 3, 3. 31 So z. B. B. Bouffard in: Zeitschr. f. Schweiz. Arch. und Kunstgesch. 10, 1948/49, 126; Doppelfeld a. a. O. 40.

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doch beträchtliche Unterschiede vorhanden sind und sich Gruppen herausbilden lassen, die mit einiger Wahrscheinlichkeit mit "Werkstättenkreisen zu identifizieren sind. Die Herstellung in einem einzigen Zentrum, etwa in Ravenna, verliert damit an Wahrscheinlichkeit. Freilich finden sich viele Ornamente, die uns auf den Helmen begegnen, auf Ravennater Sarkophagen wieder, worauf seit Gröbbels immer wieder hingewiesen wurde. Aber W. Holmqvist hatte zu nahezu allen Motiven auch koptische Parallelen vorweisen können32, von denen wiederum die meisten sicherlich nicht auf Ägypten beschränkt waren, sondern sich auch in anderen Gebieten rings um das Mittelmeer wiederfinden33. Es ist anzunehmen, daß die Herstellung eines so komplizierten Gebildes, wie es ein Spangenhelm darstellt, in der Hand weniger Spezialisten lag. Ob diese immer an demselben Ort gearbeitet haben, erscheint keineswegs sicher. Es werden höchst begehrte Leute gewesen sein, um die man sich an den Fürstenhöfen der Zeit gewiß sehr bemühte. Es wäre sehr leicht denkbar, daß ein solcher hochspezialisierter Handwerker sich auch einmal in den Einflußbereich anderer Höfe begab, sei es freiwillig oder daß er im Verlauf kriegerischer Handlungen dazu gezwungen wurde. Erschwert wird das Problem der Herkunft der Helme durch die Schwierigkeit, die Zeit einigermaßen exakt zu bestimmen, zu der sie hergestellt wurden. Selbst wann sie in den Boden gelangten, ist nur bei einem Teil anzugeben. Bei vielen Exemplaren handelt es sich um Einzel-, Fluß- oder Opferfunde, die sich einer Festlegung entziehen. Nur bei den Grabfunden ist eine genauere Bestimmung möglich. Die Adelsgräber von Planig und Gültlingen müssen in der Zeit um 500 angelegt worden sein, mit einer Entstehung der Helme in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts muß man also rechnen. Die beiden einander so ähnlichen Exemplare von Krefeld-Gellep und Morken, beide aus gut datierbaren Adelsgräbern stammend, müssen in einem zeitlichen Abstand von 70-80 Jahren in den Boden gekommen sein. Es ist natürlich möglich, ja sogar wahrscheinlich, daß ihre Herstellung trotzdem ungefähr gleichzeitig erfolgte, denn Spangenhelme waren gewiß höchst kostbare Gebilde, die man lange trug und wohl auch vererbte, ehe sie ihrem letzten Besitzer ins Grab folgten. Leider vermag der hier erstmals vorgestellte Helm von Leptis magna zur Lösung des Problems der Datierung nichts beizutragen. Es ist nun zum Schluß zu fragen, was er zu den anderen hier berührten Fragen aussagen kann. Sein Fundort liegt weit entfernt von dem aller anderen Helme seines Typs. Er ist der bisher einzige außerhalb Europas gefundene. Wenn er auch auf Grund seiner Konstruktion, des preßblechbelegten Stirnbandes und der Punzverzierung auf Spangen und Zwischenfeldern eindeutig zur Gruppe der Baldenheimer Helme gehört, so trägt er doch einige Ornamente, die auf keinem der anderen vorkommen. Er ist keinem so eng verwandt, daß zwingend auf einen werkstattmäßigen Zusammenhang geschlossen werden müßte. Die Entfernung von Leptis magna zum koptischen Ägypten ist nicht groß. Holmqvist hatte, wie schon erwähnt, die Ziermotive auf den Baldenheimer Helmen auf koptische Vorbilder zurückgeführt und suchte in Ägypten auch, ohne es ausdrücklich zu sagen, die entsprechenden Werkstätten34. So könnte der erste Fund eines Baldenheimer Helmes in Nordafrika für seine Vermutung sprechen. Dieser könnte einem Offizier gehört haben, der mit dem byzantinischen Heer ins Land kam. Aber der Besitzer des Helms könnte ebensogut ein vornehmer Wandale gewesen sein. Dies würde sogar eine Herkunft der exquisiten Schutzwaffe aus einer ostgotischen Werkstätte möglich erscheinen lassen, für die sich sonst kein eindeutiges Indiz ergeben hatte. Die Beziehungen des Ostgoten32 33

Kunstprobleme der Merowingerzeit (1939) 128 ff. Vgl. Werner (wie Anm. 7} 182 Anm. 15a.

31 Festschrift Werner

34

Vgl. Anm. 32.

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reiches zu dem der Wandalen war eine Zeitlang eng. Der Wandalenkönig Thrasamund hatte sich mit der Schwester Theoderichs, Amalafrida, vermählt. Nach einer zeitweiligen Trübung des Verhältnisses blieben Theoderich und Thrasamund später in enger Verbindung35. Man könnte sich vorstellen, daß der Helm als Folge dieser guten Beziehungen von Italien nach Nordafrika gelangte. Aber mit solchen Vermutungen begeben wir uns auf den Boden der Spekulation. Im Ganzen betrachtet hat der neu aufgetauchte Helm aus Libyen mehr neue Fragen aufgeworfen, als er zur Beantwortung lange bestehender und viel diskutierter beitragen konnte. Mit seiner Veröffentlichung, rund 35 Jahre nach der Auffindung, ist lediglich ein weiteres Steinchen in das noch sehr lückenhafte Mosaik eingefügt worden, aus dem sich nur durch glückliche Neufunde eines Tages ein wirkliches Bild ergeben kann. 35

L. Schmidt, Geschichte der Wandalen (1942) 114 f.

SYNA UENZE, MÜNCHEN GEGOSSENE FIBELN MIT S C H E I N U M W I C K L U N G DES BÜGELS IN DEN ÖSTLICHEN BALKANPROVINZEN

Während den Bügelfibeltypen des 5-7. Jahrhunderts in Osteuropa zahlreiche Arbeiten gewidmet sind, fehlten bis in jüngste Zeit hinein entsprechende Studien zu der späten Entwicklung der Fibeln mit umgeschlagenem Fuß1. Die Fundvermehrung letztgenannter Fibeln auf der Balkanhalbinsel und die Vorlage von Fundkatalogen angrenzender Gebiete lassen jedoch eine Einzeldarstellung dieser Fibeltypen sinnvoll erscheinen2. Dennoch erreicht der hier unternommene Versuch sehr bald jene Grenzen, die durch das unvollständige Bild der materiellen Kultur in der frühbyzantinischen Phase der Balkanprovinzen gesetzt sind. Diese Situation findet methodisch ihren Ausdruck in der Betonung typologischer Überlegungen. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit einem der spätesten Fibeltypen, nämlich der gegossenen Fibel mit Scheinumwicklung des Bügels (Abb. 1-3). Zu den Kennzeichen der sehr einheitlichen Gruppe gehören ein gleichmäßig gewölbter Bügel, der stets mehrere Scheinumwicklungen trägt, ein U-förmig zurückgebogener Fibelfluß und ein polyedrisch fazettierter Knopf auf der Spiralscheibe. Der Fibelfuß ist am unteren Ende durch Rippenpaare oder Querfurchen abgesetzt und fast ausnahmslos im Querschnitt halbrund. Die Nadelkonstruktion setzt sich bei allen Fibeln, die Reste davon erkennen lassen, aus bronzenen und eisernen Konstruktionsteilen zusammen. Die funktionstragenden Teile, Nadel und Spiralachse mit vierfacher Umwindung bei unterer Sehne, bestehen aus Eisen. Die funktionslosen Scheinwindungen als optische Verlängerung der Spirale und die Endknöpfe bestehen aus Bronzeblech (Abb. l, 1. 4; 2,1. 9; 3,1). Die Länge der Fibeln schwankt zwischen 4,0 cm und 7,2 cm. Die Mehrzahl der Fibeln mit Scheinumwicklung besitzt einen unverzierten, im Querschnitt halbrunden oder annähernd halbrunden Bügel (Abb. 1). Sie stammen aus den Kastellen an der unteren Donau von Noviodunum, Dinogetia, Novae, Sucidava (Listennr. 3, 4, 8, 13), aus den Festungsanlagen bei Sadovec (Listennr. 18,19) und aus den Gräberfeldern von Piatra Frekätei, Särata-Monteoru und Donicko Brdo (Listennr. 5, 7, 30). Als Streufunde sind hinzuzufügen die Fibeln von

1 Eine erste Übersicht über die späten Fibeln mit umgeschlagenem Fuß vermittelt Ch. Pescheck, Zur Südausbreitung der Fibeln mit umgeschlagenem Fuß. Prähist. Zeitschr. 34-35, 1949-50, 255 ff.; Überblick über den Forschungsstand und die Entwicklung dieser Fibeln bis in das 4. Jahrhundert bei T. Kolnfk, Zur Typologie und Chronologie einiger Fibeln aus der jüngeren römischen Kaiserzeit in der Südwestslowakei. Slovenskä Arch. 13, 1965, 233 ff. - Zu den Bügelfibeln des 5-7. Jahrhunderts in Osteuropa (in Auswahl): J. Werner, Slawische Bügelfibeln des 7. Jahrhunderts. In: Reinecke-Festschrift (1950) 150 ff.; B. Rybakov, Drevnie rusy. Sovetskaja Arch. 17, 1953, 23 ff.; Werner, Studien zu den Grabfunden des 5. Jahrhunderts aus der Slowakei und der Karparten-

31*

ukraine. Slovenskä Arch. 7, 1959, 422 ff.; St. Mihailov, Rannosrednovekovni fibuli v Bulgarija. Izvestija Arch. Sofia 24, 1961, 37 ff.; G. Annibaldi u. Werner, Ostgotische Grabfunde aus Acquasanta, Proc. Ascoli Piceno (Marche). Germania 41, 1963, 356 ff.; P. Aurelian, Fibulele „digitale" de la Histria. Studii $i Cercetäri de Istorie Veche 16, 1965, 67 ff. 275 ff.; Z. Vinski, Zur Deutung der Bügelfibeln des 5. Jahrhunderts in Jugoslawien. Atti del VI congresso intern, delle scienze preistoriche e protostoriche Roma 1962, B. 3 (1966) 147 ff. 2 A. Ambroz, Fibuly juga evropejskoj casti SSSR. Arch. SSSR, Svod D 1-30 (1966); G. Diaconu, Über die Fibeln mit umgeschlagenem Fuß in Dazien. Dacia N. S. 15,1971, 239 ff.

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Syna Uenze

Abb. 1. 1-5 Golemanovo Kaie b. Sadovec. 6 Isaccea. 7 Mus. Timijoara. 8 Mus. Bukarest. - Bronze. M. 2 :3. 6 nach Materiale fi Cercetäri Arh. 5, 1959. 7 nach J. Werner. 8 nach Dacia 9-10, 1941-44.

Kazanläk (Bulgarien) und Savinac (Jugoslawien) sowie Fibeln aus den Sammlungen von Plovdiv, Bukarest und Timifoara (Listennr. 10, 11, 16, 17, 26). Bei den verzierten Exemplaren der Fibeln mit Scheinumwicklung trägt stets nur der Bügel die Verzierung (Abb. l, 1; 2,5. 6; 3,3.5. 6-8). In diesen Fällen ist der Bügel bandförmig und seitlich abgekantet. Die Verzierung besteht aus ineinandergreifenden S-Haken zwischen seitlichen Punzreihen

Gegossene Fibeln mit Scheinumwicklung des Bügels in den östlichen Balkanprovinzen

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Abb. 2. l Debelo Brdo b. Sarajevo. 2 Histria. 3 Sadovsko Kaie b. Sadovec. 4. 7-8 Golemanovo Kaie b. Sadovec. 5-6 Mus. Bukarest. 9 Mus. Timijoara. - Bronze. M. 2: 3. l nach Wiss. Mitt. aus Bosnien u. d. Herzegowina 6, 1889. 2 nach Materiale ?i Cercetäri Arh. 4,1957.5 nach Dacia 9-10,1941-44.6.9 nach J. Werner.

oder Kreisaugen und Kreisaugengruppen. Bei einigen der unverzierten Fibeln mit rechteckigem Bügelquerschnitt ist der Fibelfuß kreuzförmig ausgebildet (Abb. 2, 3; Taf. 35,1). Sehr kleine Fibeln mit dreieckigem Bügelquerschnitt sind nur mit 2 Exemplaren in Golemanovo Kaie bei Sadovec vertreten (Abb. 2, 7-8). Der größte Teil der Fibeln mit Scheinumwicklung des Bügels stammt aus nicht näher datierbaren Fundzusammenhängen. Die Befunde der Kastellanlage von Golemanovo Kaie b. Sadovec liefern jedoch hinreichende Anhaltspunkte3. Dort wurde das Bruchstück einer gegossenen Fibel in

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einer durch eine Münze des Justinus I. (516-527) oder Justinus II. (565-578) datierten Schuttschicht gefunden. Eine kleine gegossene Fibel mit dreieckigem Bügelquerschnitt (Abb. 2, 7) gehörte zu dem Inventar eines Hauses der letzten spätantiken Bebauungsphase. Auch unter den Funden dieses Hauses befand sich eine Münze des Justinus II. Die Münzreihe von Golemanovo Kaie endet mit Münzen des Mauricius Tiberius (582-602), in dessen Regierungszeit die Kastellanlage, wahrscheinlich in der Zeit um 600, durch eine Brandkatastrophe zerstört wurde4. Die Überprüfung der Fundumstände der entsprechenden Fibeln aus den Donaukastellen hat keine Anhaltspunkte zur näheren Datierung durch Beifunde ergeben. Von den wenigen Grabinventaren mit gegossenen Fibeln ist nur derjenige von Hodmezöväsarhely-Kishomok in chronologischer Hinsicht auswertbar (Abb. 3, 8)5. Zu den Beigaben des gepidischen Frauengrabes gehörten eine Fibel, eine große Perle, ein Eisenmesser und eine Gürtelschnalle6. Zu der Gürtelschnalle mit bronzenem Schnallenbügel und beweglichem, rechteckigem Beschlag aus Silber können einige Parallelen aus ebenfalls gepidischen Fundzusammenhängen genannt werden. Die Schnalle von Hodmezöväsärhely-Kishomok ist als Traditzubehör unvollständig erhalten, da der vollständige Gürtel in der Regel ein entsprechendes Gegenbeschläg besessen hat7. Schnalle und Gegenbeschläg sind in den meisten Fällen aus Edelmetall; in der Mehrzahl gehörten sie zur Gürteltracht in Kriegergräbern8. Aber auch aus einem Frauengrab, nämlich dem Grabfund von Gracanica (Ulpiana) in Südserbien, der durch einen stempelfrischen Solidus des Justinianus I. (527-565) datiert ist, stammt eine dieser Schnallengruppe sehr nahestehende Parallele9. Im Zusammenhang mit dem angeführten Fibelgrab darf also angenommen werden, daß zumindest die Schnallen, wenn auch nicht der Gürtel mit Schnalle und Gegenbeschläg, in der weiblichen Gürtelmode Verwendung gefunden hatten. Die zeitliche Einordnung der gegossenen Fibeln mit Scheinumwicklung wird weiterhin gestützt durch den schon mehrfach zitierten Quellfund von Bracigovo (Bulgarien)10. Der Fund enthielt 170 Bronzemünzen des Justinus I. (516-527), Justinianus I. (527-565) und Justinus II. (565-578), Ohrringe mit dreifacher Schlaufe11 und einen weiteren Ohrring mit Würfelende, Fingerringe, kleinere Bronzeringe unbestimmter Verwendung und 2 gegossene Fibeln mit Scheinumwicklung des Bügels. Der Publikation des Fundes von Bracigovo ist leider nicht zu entnehmen, wieviele Münzen jeweils der Regierungszeit der einzelnen Herrscher angehören. Doch können durch die Schlußmünzen auch hier die gegossenen Fibeln mit der Regierungszeit des Justinus II. verbunden werden. Ein wesentliches Argument für die Datierung der gegossenen Fibeln in das letzte Drittel des 6. Jahrhunderts liefert das Kartenbild ihrer Verbreitung (Abb. 4). Mit wenigen Ausnahmen (Debelo Brdo b. Sarajevo, Donicko Brdo b. Gradac und Caricingrad in einem westlichen Nebental der 3

Die Angaben zu dem frühmittelalterlichen Fundmaterial von Golemanovo Kaie sind der ungedruckten Dissertation der Verf. entnommen. Ein Vorbericht ist von dem Ausgräber G. Bersu in: Antiquity 12, 1938, 31 ff. erschienen. 4 Antiquity 12,1938, 43. 5 Die weiteren Grabfunde mit gegossenen Fibeln sind unter den Listennr. 5, 7, 27, 30,32 angeführt. 6 D. CsalMny, Archäologische Denkmäler der Gepiden im Mitteldonaubecken (454-568 u. Z.). Arch. Hungarica 38 (1961) 136 u. Taf. 223, 26-29 (im folgenden abgekürzt: Csalläny, Gepiden). 7 Novi Banovci (Syrmien): Csalläny, Gepiden Taf.

284, 4. - No?lac: Dacia N. S. 6, 1962, 272 Abb. 2, 8. Szöreg: Csalläny, Gepiden Taf. 182, 8 u. 15. - SzentesBerekhat: a. a. O. Taf. 84,12; 97,1. 8 Szöreg, Grab 68: a. a. O. Taf. 172, 8 u. 15. Szentes-Berekhät, Grab 38: a. a. O. Taf. 84,12. - Rifnik, Grab 42: Inventaria Arch. Y 111, 2 Abb. 16. 9 Vjesnik Arh. Muz. u. Zagrebu 3. Ser. 3, 1968, 152. 157 u. Taf. 2-3. 10 Izvestija Arch. Sofia 5,1928/29, 329 Abb. 191; Germania 19, 1935, 154; Praehist. Zeitschr. 34/35, 1949/50, 265. » Vgl. Germania 19,1935 Taf. 17,11 bei S. 154.

Gegossene Fibeln mit Scheinumwicklung des Bügels in den östlichen Balkanprovinzen

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Abb. 3. 1.5 Sadovsko Kaie b. Sadovec. 2-3. 6 Golemanovo Kaie b. Sadovec. 4 Celei. 7 Mus. Bukarest. 8 Hodmezövasarhely-Kishomok. 9 Kiszombor. 10 Willenberg. - Bronze. 1-7 M. 2: 3. 8-10 unterschiedliche Maßstäbe. 4 nach Dacia 11-12, 1945-47. 7 nach Dacia 9-10, 1941-44. 8-9 nach D. Csalläny. 10 nach R. Schindler.

Morava) liegt die Gesamtverbreitung östlich einer Linie, die durch den Lauf der Theiß und Morava gebildet wird. Die Fundpunkte erreichen eine auffallende Verdichtung in der Moesia Superior. Die übrigen Funde streuen gleichmäßig über die Balkanprovinzen und nur 4 Fundpunkte (= 4 Exemplare) liegen nördlich der Donau außerhalb des oströmischen Reichsgebietes. Als Trachtbestandteil

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in gepidischen Gräbern zwischen Theiß und Maros treten die gegossenen Fibeln, vermutlich nur aus chronologischen Gründen, kaum in Erscheinung12. 12 Eine Ausnahme bildet der schon genannte Grabfund von Hodmezövdsdrhely-Kishomok. Für die Annahme, daß nur chronologische Gründe geltend gemacht werden können, spricht die Tatsache, daß in Frauengräbern des gepidischen Kerngebietes neben der vorherrschenden Bügelfibeltracht (Csalläny, Gepiden 381 ff.)

auch Fibeln mit umgeschlagenem Fuß als Einzelfibel oder Zweitfibel kombiniert mit einer Bügelfibel auftreten (ebd. Taf. 134, 9; 135, 2. 13). In den genannten Fällen handelt es sich nicht um gegossene Fibeln mit Scheinumwicklung des Bügels, sondern um Fibeltypen, die um und vor die Mitte des 6. Jh. zu datieren sind.

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Der prozentuale Anteil der in Kastellen oder anderen befestigten Anlagen gefundenen Fibeln ist mit 61% außerordentlich hoch. Ihre Verbreitung und Benutzung fällt also in eine Zeit, in der die Befestigungen der Donauprovinzen noch nicht aufgegeben oder überrannt worden waren. Ein weiteres Merkmal im Kartenbild der Verbreitung ist die Verbreitungsdichte, d. h. die Anzahl der Fibeln verteilt sich auf relativ wenige Fundorte (97 Fibeln stammen von 29 bekannten Fundorten). Die Verbreitungsdichte geht auf den Fundreichtum der Befestigungen mit jeweils 6 und mehr Exemplaren zurück, nämlich der Anlagen in der Umgebung von Orsova (Dierna), Celei (Sucidava), Novae, Golemanovo Kaie und Sadovsko Kaie b. Sadovec und Cari&ngrad (Justiniana Prima) b. Lebane (Listennr. 8, 9, 13, 18, 19, 22, 29). Für die übrigen Fundpunkte steht mit Ausnahme des Mädchengrabes von Piatra Frekätei (Listennr. 5) jeweils nur ein Exemplar. Zunächst soll ausgeschlossen werden, daß der außergewöhnliche Fundreichtum in den hier immer wieder zitierten Befestigungen nur mit Sammler- oder Grabungstätigkeit zu erklären sei. Ersteres trifft in gewissem Umfange zu für die Umgebung von Orsova, da diese Funde aus einer Privatsammlung stammen. Dem steht aber gegenüber, daß sich hier auch Einzelfunde häufen, die nicht auf diese Sammeltätigkeit zurückzuführen sind. Eindeutig geht der hohe Anteil gegossener Fibeln bei Sadovec auf mehrjährige Grabungstätigkeit zurück13. Jedoch schon im Vergleich der unterschiedlichen Funddichte in den Befestigungen von Celei und Novae einerseits und den ebenfalls unter Ausgrabung stehenden Befestigungen von Isaccea (Noviodunum), Garvän (Dinogetia) und Histria (Listennr. 3,4, 6) andererseits kann Grabungstätigkeit allein für die wechselnde Anzahl der Fibelfunde nicht verantwortlich gemacht werden. In Orsova sind Halbfabrikate von gegossenen Fibeln mit Scheinumwicklung gefunden worden (Taf. 35,3). Die Fibeln der Werkstatt von Orsova sind an einer zweifachen Rippung des Fibelfußes zu erkennen. Das gleiche Merkmal besitzen auch Fibeln aus den Sammlungen von Bukarest, Timi?oara und 2 Fibeln von Golemanovo Kaie b. Sadovec (Abb. l, 4. 7-8; 3, 6-7). Bei einigen Fibeln mit zweifacher Rippung des Fibelfußes ist der Bügel mit einer senkrechten Reihe von S-Haken zwischen seitlichen, gepunzten Feldern verziert (Abb. 3, 6-7; Taf. 35, 2). Die gleiche Verzierung trägt auch eine Fibel aus dem schon angeführten Grabfund von Hodmezöväsärhely-Kiskomok (Abb. 3, 8). Es ist anzunehmen, daß die genannten Fibeln mit zweifacher Rippung des Fibelfußes und der beschriebenen Verzierung mit S-Haken verschiedene Serien der Werkstatt von Orsova bildeten. Die meist flüchtigen Publikationszeichnungen erlauben keine eingehende Verfolgung dieser Frage. Doch lassen sich weitere Werkstatteigentümlichkeiten auch bei anderen Fibeln feststellen14. So sind die beiden großen Fibeln mit abgekanteten Seiten am Bügel und Fibelfuß von Celei und Golemanovo Kaie b. Sadovec sicher werkstattgleich (Abb. 3,2. 4). Auch die Fibeln mit rechteckigem Bügelquerschnitt und der Verzierung mit gleichartigen Kreisaugengruppen dürften aus derselben Werkstatt hervorgegangen sein (Abb. 2,5-6). Es ist heute noch nicht möglich, außer Orsova noch weitere Werkstätten zu lokalisieren, die gegossene Fibeln herstellten. Will man hier weiter kommen, wird man die Situation des Kastells von Orsova für typisch halten, wo sich Funddichte der Umgebung und Werkstatt am Ort in Beziehung setzen lassen (Abb. 4). In den Befestigungen von Golemanovo Kaie und Sadovsko Kaie b. Sadovec ist Schmuck- und Metallverarbeitung nachzuweisen15. Hier hatte sich in den Haupttürmen des Befestigungssystems "Antiquity 12, 1938, 31 ff.; Germania 19, 1935, 149 ff. 15

Vgl. Anm. 3; Germania 19,1935,152.

"Da die Nachbearbeitung bei diesen einfachen Fibeln erheblich zu ihrer Gestaltung beigetragen hat, dürfte es selbst am Original schwerfallen, gußgleiche Exemplare auszusondern.

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die jeweilige metallverarbeitende Werkstatt niedergelassen. In Golemanovo Kaie wurde zudem in einem der sog. Speicherhäuser eine Gußform aus Sandstein für Schmuckteile gefunden16. Der Münzreichtum, auch an Goldmünzen, beider paramilitärischer Ansiedlungen liefert ein weiteres Anzeichen dafür, daß die ökonomischen Verhältnisse dieser sehr kleinen Siedlungen durchaus gegeben waren, um eine schmuckherstellende Werkstatt zu tragen17. Unabhängig von diesen ökonomischen und technischen Voraussetzungen soll festgestellt werden, daß die Häufung der Fibelfunde an den oben genannten Fundplätzen (Abb. 4) ihren dortigen Vorrang als Trachtbestandteil dokumentiert. Erschwert wird die Fortführung dieser Interpretation durch die Tatsache, daß die Gräberfelder zu den Kastellen, in denen die Mehrzahl der Fibeln gefunden worden ist, nicht bekannt sind. Die beiden Grabfunde in der Moesia Superior (Nis-Jagodin und Donicko Brdo b. Gradac) wie auch diejenigen jenseits des Limes innerhalb der Gräberfelder von Hodmezöväsärhely-Kishomok und Särata-Monteoru (Listennr. 7, 27, 30, 32) bezeugen Einfibeltracht, und zwar den beiden letztgenannten Grabfunden nach zu urteilen Einfibeltracht bei weiblichen Bestattungen. Nur das Mädchengrab von Piatra Frekätei (Listennr. 5) hat ein Fibelpaar enthalten und verrät in der Trachtausstattung ostgotischen Einfluß. Die Quellenlage aber erlaubt keine endgültige Beurteilung der Frage, ob die Fibeln ausschließlich von Frauen getragen worden sind. Es gibt keine sicheren Anhaltspunkte zur Trageweise der gegossenen Fibeln. Jedoch legt das kleine Gehänge aus verschiedenen Ringen am Fibelfuß einer dieser Fibeln die Vermutung nahe, daß sie mit dem Fibelfuß nach unten befestigt worden sind (Abb. l, 1). Typologisch gesehen bildet die gegossene Fibel mit Scheinumwicklung einen Endpunkt in der Entwicklung der Fibeln mit umgeschlagenem Fuß, da eine denkbare Weiterentwicklung der gegossenen Form nicht stattgefunden hat. Aus dieser Blickrichtung erhebt sich die Frage, wo das unmittelbare Vorbild dieser Fibeln zu suchen ist. Bis auf wenige Ausnahmen besitzen Fibeln mit umgeschlagenem Fuß im späteren Verbreitungsgebiet der gegossenen Fibeln keinen Knopf über der Spiralscheibe18. Die Herkunft des Knopfes über der Spiralscheibe ist also in der Frage der Herleitung das typologische Kriterium. Bügelknopffibeln, die auch vereinzelt in Osteuropa belegt sind19, können in keine Beziehung zu den gegossenen Fibeln mit Scheinumwicklung gebracht werden, weil sie vorwiegend einen Nadelhalter besitzen und hier der Knopf nicht auf der Spiralscheibe, sondern vor der Scheibe auf dem Bügel sitzt. Fibeln mit umgeschlagenem Fuß, einem Knopf über der Spiralscheibe und eiserner Nadelkonstruktion, zudem relativ massiv und fazettiert gearbeitet, sind dagegen aus dem Gebiet an der unteren Weichsel bekannt (Abb. 3,10)20. Nach K. Godtowski gehört dieser Fibeltyp, der als Vorläufer der gegossenen Fibeln in Anspruch genommen werden soll, in die Stufe D seines Chronologiesystems21. Aus dem Frauengrab 146 des gepidischen Gräberfeldes von Kiszombor, Köm. Csongräd, stammt eine Fibel mit umgeschlagenem Fuß, die in den Proportionen der gegossenen Fibel mit Schein" Antiquity 12,1938, 41. 17 Germania 19,1935,156; Antiquity 12,1938,43. 18 Dacia N. S. 15, 1971, 244 Taf. 4; 245 Taf. 5; 247 Taf. 7, 4; Germania 18,1934,207 Abb. l, 1. 19 Zur Gesamtverbreitung vgl. E. Meyer, Die Bügelknopffibel. Arbeits- und Forschungsber. zur Sachs. Bodendenkmalpflege 8, 1960 Karte l bei S. 240. - Ergänzungen: Dolgozatok l, 1910, 79 Abb. 10, 3; 4, 1913, 148 Abb. 15, 1; Dacia 9-10, 1941-44, 497 Abb. 7, 75;

Izvestija Imperatorskoj Arch. Komm. 35, 1910, 85; Materialy i Issledovanija po Arch. SSSR 116 (1964) 221 Abb. 6,18. 20 R. Schindler, Die Besiedlungsgeschichte der Goten und Gepiden im unteren Weichselraum (1940) 112 Abb. 76,3; 118 Abb. 77,1. 21 K. Godtowski, The Chronology of the Late Roman and Early Migration Periods in Central Europe. Prace Arch. 11,1970,39 ff.; 99 Abb. 19; 108 ff.; Taf. 9, 7.

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Umwicklung entspricht, bei der jedoch der Bügel echt umwickelt ist (Abb. 3,9)22. Bügel- und Fußquerschnitt sind dreieckig, und der Fibelfuß ist wie bei allen späten Fibeln mit umgeschlagenem Fuß U-förmig gebogen und am unteren Ende abgesetzt. Unter den weiteren Beigaben des Frauengrabes von Kiszombor befindet sich ein sog. Ziehmesser23. Die Sitte, diese Messer beizugeben, konzentriert sich im Gebiet der gepidischen Gräberfelder auf die Umgebung von Szentes24. Aber auch in Siebenbürgen treten sie als Beigabe in Gräbern auf, und zwar nach D. Csalläny stets in gepidischen Gräbern frühawarischer Zeitstellung25. Mit dieser Datierung des Grabfundes von Kiszombor wird die darin enthaltene Fibel also auch chronologisch in die Nähe der gegossenen Fibeln mit Scheinumwicklung gerückt und gehört damit zu den Sachtypen des spätgepidischen Denkmalmaterials im Sinne von Csalläny26. Es bleibt ersichtlich, wie schmal die Basis ist für eine typologische Ableitung der Fibeln mit Scheinumwicklung, die im letzten Drittel des 6. Jahrhunderts den zahlenmäßig dominierenden Fibeltyp an der unteren Donau bildeten. Doch führt ihre Ableitung aus ostgermanischen Vorformen zu der typologisch konsequenten Feststellung, daß auch sie zur ostgermanischen Hinterlassenschaft der Zeit nach 568 gehören. Diese Aussage bedürfte einer Differenzierung - die hier nicht gegeben werden kann -, welche die besonderen historischen Bedingungen der Spätzeit am Donau-Limes umfassen und auch die möglichen Gründe für eine Abkehr von der an sich zu erwartenden Bügelfibeltracht berücksichtigen müßte. Als Beitrag zu dem Hintergrund, vor dem man sich die Umsetzung der gewickelten in die gegossene Fibel vorzustellen hat, sei auf das massierte Auftreten eines weiteren gleichzeitigen Trachtbestandteiles, nämlich der kleinen gegossenen Schnallen vom Typ Sucidava und deren Varianten, hingewiesen27. Datierung und Verbreitung beider Trachttypen erlauben es, diese zueinander in Beziehung zu setzen. Schon J. Werner hat in seiner Arbeit über die byzantinischen Gürtelschnallen des 6. und 7. Jahrhunderts betont, daß der Schwerpunkt der Verbreitung der Schnallen vom Typ Sucidava in den Gebieten an der unteren Donau liegt und sie nach dem Zusammenbruch des DonauLimes nicht mehr vorkommen28. Dieser Zusammenhang wird durch zahlreiche Neufunde bestätigt29. Darüber hinaus ist zu vermuten, daß der größte Teil der Schnallen vom Typ Sucidava auch in Kastellwerkstätten hergestellt wurde. Es seien die Schnallen von Novae und Golemanovo Kaie b. Sadovec herausgegriffen (Abb. 5,2)30, die den angeschnittenen Fragen nach den Möglichkeiten, Werkstätten zu lokalisieren oder Werkstattraditionen innerhalb des hier gesetzten Rahmens zu verfolgen, als Ansatzpunkt dienen können. Die Aussparung am Beschlägteil der genannten Schnallen wird durch drei sich tangierende Kreise

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Csalläny, Gepiden Taf. 135, 2. - Für die Erlaubnis, die Vorderansicht der Fibel nach einer Zeichnung von V. Bierbrauer (München) abzubilden, sei hier gedankt. 23 Csalläny, Gepiden 180 u. Taf. 135, 6. 24 a. a. O. 351. 25 a. a. O. 351. - Zur summarischen Bezeichnung bei Csalläny als Ziehmesser, also Messer zur Holzbearbeitung, soll kurz angedeutet werden, daß es sich in den meisten Fällen wohl um Brotmesser handelt (für diesen Hinweis habe ich Dr. E. Preßmar, Ulm, zu danken; vgl. Bayer. Vorgeschichtsbl. 39, 1974 [im Druck]). Für die Zweckbestimmung als Küchengerät spricht die Tatsache, daß die „Ziehmesser" in der Mehrzahl aus Frauengräbern stammen (Dacia N. S. 6, 1962, 276 Abb. 4, 5;

Dolgozatok 4, 1913, 298 Abb. 21; 307 Abb. 29, 2; Csalldny, Gepiden Taf. 41, 5; 135, 6; 184, 4; 234, 1). Auch die Form des Messers aus Grab 29 von Mezöband (Dolgozatok 4, 1913, 307 Abb. 29, 2) findet überraschend nahe Parallelen im volkskundlichen Sachgut aus Tirol (nach E. Preßmar a. a. O.). 26 Csalläny, Gepiden 346 ff. 27 Werner, Byzantinische Gürtelschnallen des 6. und 7. Jahrhunderts aus der Sammlung Diergardt. Kölner Jahrb. l, 1955,36 E 2 8 a. a. 0.39. 29 Ungedruckte Dissertation d. Verf. 30 Vgl. Anm. 3; Izvestija Arch. Sofia 27, 1964, 227 Abb. 15, 2.

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Abb. 5. l Aradac (Aradka). 2 Golemanovo Kaie b. Sadovec. - l Silber. 2 Bronze. M. l: 1. l nach Seoba Naroda. Katalog Zemun (1962).

gebildet31. Zu beiden Schnallen gibt es keine weiteren, genauen Entsprechungen. Jedoch kehrt das Muster der sich tangierenden Kreise an Preßblechbeschlägen der frühen Awarenzeit wieder (Abb. S, l)32. Das gleiche Muster wurde also in billigem Material (Bronze) gegossen, bei der Verwendung von Edelmetall jedoch gepreßt. Als Kastellfunde sind die gegossenen Schnallen sicher nicht später als in die Zeit um 600 zu datieren. Für die Preßblechbeschläge wird von Werner eine Datierung in das Ende des 6. und die erste Hälfte des 7. Jahrhunderts vorgeschlagen33. Diese Einordnung entspricht der Mustergleichheit bei beiden Gürteltypen, deren zeitliches Verhältnis zueinander aber präzisiert werden soll. Es sei vorweggenommen, daß der prunkvolle Gürtel mit Edelmetallbeschlägen der genannten Art jünger ist als die einfache Schnalle mit der gleichen Verzierung. Die zeitliche Einordnung des mehrteiligen Gürtels in die erste Hälfte des 7. Jahrhunderts ergibt sich aus der Beigabenkombination der Gräber von Aradac (Aradka)34, Sinpetru German33 und Suuk-Su36. Der awarische Grabfund von Aradac (Aradka) enthält Beigaben, die ihre Parallelen in der 2. Fundgruppe des Gräberfeldes von Alattyan besitzen37.1. Kovrig datiert den Beginn dieser 2. Fundgruppe in die Mitte des 7. Jahrhunderts38. Der Grabfund von Sinpetru German ist mit einem durchlochten Solidus des Heraclius und Heraclius Constantinus, ausgegeben um das Jahr 620, münzdatiert39. Grab 157 von Suuk-Su gehört ebenfalls in das 7. Jahrhundert, da sich in dessen Inventar eine Gürtelschnalle vom Typ Syrakus befindet40. Es entspricht der chronologischen Stellung der Grabfunde, daß auch der Modelfund von Fönlak (Felnac)41, der mehrere Model für Beschläge mit drei Kugeldellen geliefert hat, nicht in die Denkmalgruppe der frühesten Awarenzeit gehört42. 31 Eine Reminiszenz dieses Musters bilden die abgerundeten Hasten der kreuzförmig durchbrochenen Beschläge mehrerer Varianten des Typs Sucidava. Vgl. Werner Taf. 8,11. 32 Eine Zusammenstellung dieser Beschläge bei Werner, Nomadische Gürtel bei Persern, Byzantinern und Langobarden. Atti del Convegno „La civiltä dei Longobardi in Europa". Accad. nazionale dei Lincei Rom 1971 (im Druck). 33 Vgl. Anm. 32. 84 Seoba naroda, Arheoloski nalazi jugoslovenskog podunavlja. Katalog Zemun (1962) 11 Abb. 5-8. 35 Studii ?i Cercetäri de Istorie Veche 11, 1960, 427 Abb. 4.

M Zapiski Imperatorskago Odeskago Obscestva 27, 1907,118 u. Taf. 15, 6. 37 1. Kovrig, Das awarenzeitliche Gräberfeld von Alattyan. Arch. Hungarica 40 (1963) 123 ff. u. Taf. l, 9; 2, 49; 5,36; 18,10-12. 38 a. a. O. 231. 39 Studii ?i Cercetäri de Istorie Veche 11, 1960, 433. 40 Vgl. Anm. 36; Izvestija Imperatorskoj Arch. Komm. 19,1906 Taf. 10,19; Kölner Jahrb. l, 1955,37. 41 N. Fettich, Das Kunstgewerbe der Awarenzeit in Ungarn. Arch. Hungarica l (1926) Taf. 4-5. 42 Kovrig (wie Anm. 37) 231. - Ein weiterer mehrteiliger Gürtel dieses Typs stammt aus einem Grabfund von Keszthely-Fenekpuszta (Acta Arch. Hungarica 20,

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Die Fundorte dieser Beschläge häufen sich im Gebiet südlich der Maros (Sinpetru German, Desk, Aradac), und der Modelfund von Fönlak liegt in unmittelbarer geographischer Nachbarschaft zu dem Grabfund von Sinpetru German43. Damit zeigt sich in der Verbreitung ein individuell faßbarer Vorgang, der ganz im Gegensatz steht zu der Verbreitungsdynamik der „Massenware" der Schnallen vom Typ Sucidava (Abb. 5,2j44. Die Musterabhängigkeit eines nomadischen Gürtels von einer frühbyzantinischen Gürtelschnalle (Abb. 5) wirft die Frage auf, wer die Träger dieser Tradition waren. Es konnte bereits gezeigt werden, daß die Straffung der Kastellorganisation unter Justinianus I. (527-565) auch eine Blütezeit des Handwerks mit sich brachte (vgl. oben S. 489 f.). Das handwerkliche Leben aber war in der Zeit um 600 am Donau-Limes erloschen. Im konkreten Falle bedeutete die Verödung der Kastelle aber auch, daß qualifizierte Handwerker ihr Absatzgebiet verloren hatten. Es liegt im Bereich der Möglichkeiten - selbst wenn damit der Boden einer im Detail nachweisbaren Entwicklung verlassen wird -, daß einzelne Kastellhandwerker (Goldschmiede) neue Auftraggeber in der awarischen Oberschicht nördlich der Donau gefunden hatten. Dieser Interpretation ist hinzuzufügen, daß Goldschmiedegräber und Preßmodelfunde sämtlich in die Zeit zwischen 600 und spätestens 650 zu datieren sind45. Als eine bestimmte Erscheinung im Sozialgefüge des Awarenreiches läßt sich also das Wanderhandwerkertum mit der Auflösung der Kastellorganisation in Verbindung bringen46. Mit dem Erlöschen jener Generation, die von dem durch die kriegerischen Ereignisse ausgelösten sozialen Wandel betroffen war, verschwindet auch die spezielle Fundgruppe der Preßmodel aus dem Fundbild der awarischen Hinterlassenschaft. Für eine künftige Untersuchung könnte eine lohnende Aufgabe darin bestehen, die hier nur angedeutete Rolle der Kastellorganisation in den Gebieten an der unteren Donau als Kristallisationspunkt im kulturellen Austausch zwischen Barbaricum und frühbyzantinischem Reich schärfer zu umreißen47. In diesen Zusammenhang zu stellen wären dann auch Entwicklungen, deren Impuls aus dem Barbaricum kam, wie jene der gegossenen Fibeln, die ihre spezifische Form durch die Produktionstechnik der Kastellwerkstätten erhielten. 1968 Taf. 63-64). Die Grabgruppe von Fenekpuszta wird in dem genannten Aufsatz auf Grund von überwiegend historischen Erwägungen in die Zeit vor 582 datiert (a. a. O. 310). Im Hinblick auf die Datierungsmöglichkeiten der oben angeführten Grabfunde jedoch sollte überprüft werden, ob zumindest der einheitliche Zeitansatz haltbar ist. Auch auf eine weitere, jüngst im größeren Rahmen diskutierte Stellungnahme zu den Grabfunden von Fenekpuszta kann hier nicht eingegangen werden (L. Barköczi, A. Salamon, Remarks on the 6th Century History of „Pannonia". Acta Arch. Hungarica 23,1971, 139 ff.). Die sehr frühe Datierung dieser Grabgruppe, und damit auch des mehrteiligen Gürtels mit 3 Kugeldellen, in den Anfang des 6. Jahrhunderts

berührt aber Probleme, mit denen sich die Verf. in einem anderen Zusammenhang beschäftigen wird. 43 Vgl. Anm. 32; Studü ?i Cercetäri de Istorie Veche 11,1960,423 Abb. 1. 44 Kölner Jahrb. l, 1955,39; 46 Karte 1. 46 Kovrig (wie Anm. 37) 231. 46 Einen ähnlichen kulturellen Vorgang postuliert übrigens J. Dekan für die Zeit der gegossenen Gürtelteile am Ende des 7. Jahrhunderts: Herkunft und Ethnizität der gegossenen Bronzeindustrie des 8. Jahrhunderts. Slovenska Arch. 20,1972,317 ff., bes. 442 ff. 47 Vgl. D. Tudor, Sucidava. Une Cite daco-romaine et byzantine en Dacie. Collection Latomus 80 (1965) 118 ff.

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LISTE G E G O S S E N E FIBELN MIT S C H E I N U M W I C K L U N G DES BÜGELS Rumänien 1. §ipot-Suceava, r. Suceava. Studii §i Cercetäri de Istorie Veche 21, 1970, 107 Abb. 6,1. 2. Birlälefti, com. Epureni. (wie Nr. 1) 107 Abb. 6, 2. 3. Isaccea (Noviodunum), r. Tulcea (Abb. l, 6). Materiale ?i Cercetäri Arh. 5,1959, 471 Abb. 10, 7. 4. Garvän (Dinogetia), r. Mäcin. Materiale §i Cercetäri Arh. 7, o. J., 591 Abb. 4, 5. 5. Piatra Frekätei, r. Hirsova (2). Nach freundl. Mitteilung von P. Aurelian, Bukarest. 6. Histria, r. Histria (Abb. 2, 2). Materiale $i Cercetäri Arh. 4,1957, 20 Abb. 7 a. 7. Särata-Monteoru, r. Buzäu. Nach freundl. Mitteilung von I. Nestor, Bukarest. 8. Celei (Sucidava), r. Corabia (7) (Abb. 3,4). Dacia 5-6, 1935-36, 411 Abb. 15, 14; 7-8, 193740, 372 Abb. 8, g-i; 11-12, 1945-47, 196 Abb. 41, 13. 15. 9. Orsova (Dierna), Mus. Timijoara. Nachweis N. Fettich, Budapest. 9a. Orsova (Dierna), Mus. Timijoara (Halbfabrikate von 9 Fibeln) (Taf. 35, 3). Nachweis J. Werner, München. 10. Fundort unbekannt, Mus. Timijoara (4) (Abb. l, 7; 2, 9). Nachweis J. Werner, München. 11. Fundort unbekannt, Mus. Bukarest (4) (Abb. l, 8; 2, 5-6; 3, 7). Dacia 9-10,1941-44, 504 Abb. 11,117-120; Nachweis J. Werner, München. Bulgarien 12. Babovo (Appiaria) b. Ruse. Nachweis J. Werner, München. 13. Novae b. Svistov (7). Studia in Memoriam Karel Skorpil (1961) 345 Abb. 4, 22-26; Izvestija Arch. Sofia 27, 1964, 228 Abb. 16; Arch. (Warschau) 22, 1971, 172 Abb. 80. 14. Mesembrija (Mesembria). Prähist. Zeitschr. 34/35, 1949/50, 261 Abb. 3, 2. 15. Bracigovo (2). Izvestija Arch. Sofia 5,1928-29, 329 Abb. 191. 16. Kazanlak. (wie Nr. 14) 261 Abb. 3,1. 17. Fundort unbekannt, Mus. Plovdiv. (wie Nr. 14) 261 Abb. 3, 3.

18. Golemanovo Kaie b. Sadovec, Bez. Pleven (15) (Abb. l, 1-5; 2, 4. 7-8; 3, 2-3. 6; Taf. 35, 1-2). 19. Sadovsko Kaie b. Sadovec, Bez. Pleven (6) (Abb. 2, 3; 3,1. 5). Germania 19, 1935 Taf. 17, 3. 7. 10. 12 und 2 weitere, unpublizierte Fibelbruchstücke, die sich im RGZM. Mainz befinden. Jugoslawien 20. Prahovo (Aquae?). Slg. Imre Pongraes, Timijoara. 21. Kladovo (Fontes). Slg. Imre Pongraes, Timi?oara. 22. „Serbien, Donauschleife am Eisernen Tor" (H). Slg. Imre Pongraes, Timijoara. 23. Boljetin. Nach freundl. Mitteilung von L. Zotovic, Belgrad. 24. Ram (Lederata), Mus. Pozarevac. Nachweis J. Werner, München. 25. Kostolac (Viminacium). Nachweis J. Werner, München. 26. Savinac, Bez. Boljevac. (wie Nr. 14) 263 Abb. 4,2. 27. Nis-Jagodin. (wie Nr. 14) 263 Abb. 4, 3. 28. Kurvingrad b. Nis. Slg. Imre Pongraes, Timijoara. 29. Caricingrad (Justiniana Prima) b. Lebane (6). Starinar N. S. 5-6,1954-55,176 Abb. 36, 5-6; 7-8, 1956-57, 326 Abb. 26; Nachweis J. Werner, München. 30. Donicko Brdo b. Gradac, Bez. Kragujevac. Starinar N. S. 13-14, 1962-63, 288 Abb. 40, 5. 31. Debelo Brdo b. Sarajevo (Abb. 2, 1). Wiss. Mitt. aus Bosnien u. d. Herzegowina 6, 1899, 133 Abb. 19. Ungarn 32. Hodmezöväsärhely-Kishomok, Köm. Csongräd (Abb. 3, 8). Csalläny, Gepiden Taf. 223, 27. Tschechoslowakei 33. Fundort unbekannt, Mus. Rimavska Sobota. Nachweis T. Kolnik, Nitra.

URSULA KOCH, HEILBRONN MEDITERRANE U N D F R Ä N K I S C H E GLASPERLEN DES 6. UND 7. J A H R H U N D E R T S AUS FINNLAND

Das finnische Nationalmuseum in Helsinki bewahrt vier Ketten mit zahlreichen mehrfarbigen Glasperlen auf1, die in Nordeuropa einzigartig sind, während ihre Ähnlichkeit mit merowingerzeitlichen Perlen aus fränkischen und alamannischen Gräbern Mittel- und "Westeuropas sofort ins Auge fällt2. Die Fundumstände aller Ketten sind unbekannt; es ist nicht einmal sicher, ob sie jeweils geschlossen aus dem Boden kamen oder nur den Fundplatz gemeinsam haben. Da die Perlen teilweise zum ältesten Fundbestand des finnischen Nationalmuseums gehören, mag auch die eine oder andere vertauscht sein. Drei Ketten stammen aus dem Kirchspiel Vörä (finnisch Vöyri), 30 km östlich der heutigen Hafenstadt Wasa in der mittelfinnischen Landschaft österbotten, deren südlichster Teil im 6. Jahrhundert zu den reichsten Kulturlandschaften Finnlands gehörte3. Die vierte Kette wurde in Kivijärvi, das 130 km weiter im Landesinneren, d. h. am Rande des im 6. und 7. Jahrhunderts besiedelten Gebietes liegt, geborgen4. Über den Wert der Glasperlen dürfen wir uns nicht täuschen. Glas konnte in Skandinavien nicht in gleicher Qualität hergestellt werden wie im Süden, wo ein Teil der Glashütten auch in nachrömischer Zeit weiter betrieben wurde und die Herstellungsverfahren vermutlich Geheimnis weniger Glasmacherfamilien waren5. Hohlgläser und Glasschmuck gehörten aber nicht nur in Skandinavien zu den importierten Luxusgütern. Daß Glasperlen - obgleich eine wichtige Quelle für die Kenntnis von Handelsverbindungen6 - bisher wenig Beachtung fanden, liegt vermutlich an der großen Variationsbreite ihrer Formen, Farben und Verzierungen und der damit verbundenen schwierigen Vorlage im Rahmen der üblichen Materialeditionen. Obgleich die Dokumentation der Glasperlenfunde noch völlig unzureichend ist, soll versucht werden, Zeitstellung und Herkunft der vier Perlenketten näher zu bestimmen. In Skandinavien fallen die kleinen, meist einfarbigen Glasperlen des 6. und 7. Jahrhunderts gegenüber den variationsreichen großen, vielfarbigen Perlen der Wikingerzeit im allgemeinen nur wenig auf7. Die gedrückt kugeligen oder tonnenförmigen Perlen aus opakem ziegelroten, orangefarbenen, gelben oder grünen, sehr porösen Glas mit matter Oberfläche8 waren während des Herstellungsprozesses kaum sehr hohen Temperaturen ausgesetzt. Sie lassen sich aus zerstoßenem, wieder eingeschmolzenem Glas, z. B. Scherben zerbrochener Gefäße relativ leicht - auch in primitiven Werk1

Während eines Besuches in Finnland im August 1972 hatte ich durch freundliche Vermittlung von Dr. A. Erä-Esko die Gelegenheit, die Perlenketten im Nationalmuseum von Helsinki zu zeichnen. Dr. A. EräEsko sei an dieser Stelle herzlich gedankt. 2 Ein erster Hinweis schon bei N. Cleve, Skelettgravfälten pä Kjuloholm i Kjulo. Finska Fornm. Tidskr. 44, 1943, 87 ff. 3 N. Aberg, Den historiska Relationen mellan Folkvandringstid och Vendeltid (1953) 194.

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E. Kivikoski, Die Eisenzeit Finnlands l (1947) 11 ff. G. Arwidsson, Vendelstile. Email und Glas. Valsgärdestudien l (1942) 81 ff. 8 E. Bakka, Scandinavien Trade Relations with the continent and the British Isles in Pre-Viking Times. Early Med. Stud. 3, 1971, 37 ff., bes. 40. 7 Arwidsson (wie Anm. 5} 85. 8 B. Nerman, Die Vendelzeit Gotlands 2 (1969) Taf. III, 13 a-c. 5

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Stätten und mit geringeren Kenntnissen - herstellen9, alle Farben sind durch Zusatz von Eisen- oder Kupferoxyd zu gewinnen10. Diese Perlen könnten zum großen Teil sogar einheimisches Produkt sein, vergleichbar den in Form, Farbe und Qualität ganz entsprechenden Stücken aus bairischen und alamannischen Siedlungsräumen11, wo in merowingischer Zeit ebenfalls nicht mit einer Glasproduktion gerechnet werden kann. Das Umschmelzen von Glas für die Herstellung von Perlen ist durch den Fund von Schmelztiegel, Schlacke und fertigen sowie halbfertigen Glasperlen in Svenskus (Ksp. Endre) auf Gotland bezeugt12. Auch in dem Handwerkerzentrum auf Helgö im Mälarsee wo zahlreiche Formen den Metallguß belegen13 - könnten Perlen aus Glasscherben oder importiertem Rohglas umgeschmolzen worden sein. Nach Finnland gelangten diese möglicherweise schwedischen Erzeugnisse nicht so zahlreich, sie kommen in den Ketten von Vöra-Rekipelta (Abb. 5, a) und Kivijärvi (Abb. 6, a) in opak roter Ausführung vor. Die mehrfarbigen Perlen der Vendelzeit sind zum größten Teil aus Mosaikglas mit Streifendekor14 und aus Millefioriglas15 gearbeitet; beides wurde nach dem gleichen Verfahren hergestellt, das auch ohne physikalisch-chemische Untersuchungen unschwer zu erkennen und von spätantiken sowie römischen Gefäßen hinreichend bekannt ist18. Entweder tauchte man einen Glasstab ein- oder mehrmals in andersfarbene Glasmasse (Augen- und Ringdekor) oder man setzte vermutlich in eine Form ein Ornament aus bunten Glasstäben, die dann von meist transluzid blauem oder grünem Glas umfangen wurden. Durch Erhitzen verbindet sich das zusammengefügte Glas, ohne daß sich die Farben mischen; auch kann ein zusammengeschmolzenes Glasbündel gedehnt werden; die Muster strecken sich zwar dabei, bleiben aber erhalten. Nach erneutem Erhitzen lassen sich die Stangen schneiden und zwar sowohl in Längsrichtung, was zu dem Streifenmuster der meist trikoloren Mosaikperlen führte, oder quer, wodurch die geometrischen, z. B. schachbrettartigen Mosaikmuster oder der blumige Millefioridekor entstanden17. Ein breites, mehrere Millimeter dickes Mosaik- bzw. Millefiori8 Vgl. z. B. G. Laszlo, Steppenvölker und Germanen (1970) 100. - Die porösen Glasperlen der Merowinger und Vendelzeit zeigen jedoch alle deutliche WickelSpuren und um die Achse laufende Schlieren, sie sind also sicher nicht in der von Ldszlo beschriebenen, einfachen Art gefertigt. 10 E.Salin, Rhin et Orient. Le Haut Moyen Age en Lorraine d'apres le mobilier funeraire (1939) 166-169; E. Denninger, Physikalisch-chemische Untersuchungen an Glasperlen der Merowingerzeit. Fundber. Schwaben N. F. 15, 1959, 80 ff.; L. Uresova, Glas. Das große Bilderlexikon der Antiquitäten (1968) 121 ff. 11 z. B. H. Dannheimer, Lauterhofen im frühen Mittelalter. Materialh. z. Bayer. Vorgesch. 22 (1928) Taf. 1; R. Christlein, Das alamannische Reihengräberfeld von Marktoberdorf im Allgäu. Materialh. z. Bayer. Vorgesch. 21 (1966) Taf. 64, 4-5 (im Folgenden abgekürzt: Christlein, Marktoberdorf); Bayer. Vorgeschbl. 25,1960 Taf. 30; J. Werner, Das alamannische Gräberfeld von Bülach (1953) 13 (im Folgenden abgekürzt: Werner, Bülach). 12 Fornvännen 1911, 283. 13 W. Holmqvist, Excavations at Helgö l (1961); 2 (1964). 14 Nerman (wie Anm. 8) Taf. 4. 15 Liste 2. 16 A. Oliver, Millefiori Glass in Classical Antiquity.

Journ. of Glass Stud. 10, 1968, 48 ff.; F. Fremersdorf, Römisches Buntglas in Köln. Die Denkmäler des römischen Köln 3 (1959) 20 f. Taf. 1-4; O. Doppelfeld, Römisches und fränkisches Glas in Köln (1966) 28 ff. 17 Die Bezeichnung „Millefioriperle" wird in der Fachliteratur nicht einheitlich verwendet: alle Buntglasperlen werden so bezeichnet von A. Rieth, Alamannische Buntglasperlen von Böttingen (Kr. Tuttlingen) und Eislingen (Kr. Göppingen). Fundber. Schwaben N. F. 15,1959, 77 ff. - Buntglasperlen mit feinen Punktauflagen versteht G. Mildenberger, Römerzeitliche Siedlungen in Nordhessen. Kasseler Beitr. z. Vor- und Frühgesch. 3 (1972) 16 Nr. 84 darunter. - Besonders häufig finden sich Ferien mit Reticellafadenauflage unter der Bezeichnung Millefiori: Salin (wie Anm. 10) 164 (Perle wie Taf. 23 V 46); Fremersdorf, Das fränkische Gräberfeld von Köln-Müngersdorf (1955) 82 (Perle wie aus Grab 85 - Taf. 113, 3) (im Folgenden abgekürzt: Fremersdorf, Köln-Müngersdorf); Werner, Bülach 12 f. unterscheidet dabei zwischen Millefiori- und zusammengesetzten Millefioriperlen. - Perlen mit gekämmter Fadenauflage sah O. v. Hessen, Die Langobardischen Funde aus dem Gräberfeld von Testona (Moncalieri/ Piemont). Memoria Ser. 4, 23 (1971) 58 f. als Millefiori an, während sich diese bei ihm unter der Beschreibung „rote Perle mit blauer Mittelzone" etc. wiederfinden. Auch K. Böhner, Die fränkischen Altertümer des Trierer

Mediterrane.und fränkische Glasperlen des 6, und 7. Jahrhunderts

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glasstück wurde in weichem Zustand um einen heißen Eisenstab gewickelt und die Enden zusammengeschmolzen. Beim Streifenmosaik, aber oft auch bei den Millefioriperlen ist die Querfuge noch gut erkennbar. Nur die großen Wirtel haben unter der 3-4 mm starken Millefioriglasschicht einen einfarbigen Glaskern. Die Millefioriperlen aus den vendelzeitlichen Ketten Schwedens und Gotlands zeigen die aus fränkischen, alamannisdien und langobardischen Vorkommen bekannten Muster aus Augen, Ringen, Spiralen oder achtblättrigen Blüten in den Farben weiß, gelb und rot, die von transluzid blauem, grünem, seltener farblosem oder rötlichem Glas umfangen sind. Millefioriperlen kommen hier wie dort mit und ohne opak rot überzogene Randstreifen bzw. vereinzelte gelbe Kanten vor. Elf kugelige Millefioris mit aufgeschmolzenen roten Rändern liegen aus Vörä-Kaparkullen in österbotten (Abb. l, b) vor. Acht Perlen zeigen das einfache Millefioriband (b 1.4. 5); nur drei Perlen aus Kaparkullen sind aus einem zweireihigen Millefioriband mit weiß-roten Augen und gelben Blüten (b 3) hergestellt. Die Kette aus Vörä-Rekipelta enthält unter zehn mehrfarbigen Perlen eine aus Millefioriglas (Abb. 5, d); die Perle hat keine roten Kanten und nur grüne Felder mit gelben Blüten. Eine verschmorte Millefioriperle mit roten Randstreifen aus einem Brandgrab von Kalmumäki in Kalanti an der Südwestküste Finnlands zeigt weiße Blüten und rot-weiße Augen von blauem Glas umfangen18. Drei Millefioriperlen wurden 1857 in Saltvik auf den Alandsinseln gefunden, davon zwei ohne und eine mit roten Randstreifen (Abb. 2, d. e. g). In der Mehrzahl lassen sich die Millefioriperlen aus den Reihengräberfeldern auf die zweite Hälfte des 6. Jahrhunderts festlegen19. Sie kommen bei den Langobarden schon zur Zeit ihres Aufenthaltes in Pannonien vor und sind ebenfalls aus italisch-langobardischen Gräbern bekannt20. Die italischen Vorkommen gehören überwiegend in das letzte Drittel des 6. Jahrhunderts21, nur wenige Stücke gelangten noch im 7. Jahrhundert in die Erde22. Ketten mit einer höheren Anzahl von Millefioriperlen, d. h. bis zu zwölf Stück, lassen sich nur in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts nachweisen23. Entsprechende Beobachtungen sind auch in Süddeutschland zu machen, wo bisher die meisten Millefioriperlen gefunden wurden: z. B. sind von Nordendorf (Kr. Donauwörth) 68 Millefioris in 20 Ketten der Prähistorischen Staatsslg. München zu zählen, weitere von diesem Fundort befinden sich im Römischen Museum Augsburg; in Schretzheim (Kr. Dillingen) liegen 160 Millefioriperlen aus 50 Gräbern vor und im benachbarten Sontheim an der Brenz (Kr. Heidenheim) 40 Millefioris aus neun Gräbern. Hier treten sie erst vereinzelt in den Inventaren der ausgehenden ersten Jahrhunderthälfte auf, z. B. in Schretzheim Grab 448 eine Perle zusammen mit einem Bügelfibelpaar mit gleichbreitem Fuß24; etwa gleichzeitig sind neun Perlen von Marktoberdorf, die dort in drei Gräbern der ersten Generation gefunden wurden25, oder die Millefioriperlen von Neckargartach (Kr. Heilbronn), die mit einem

Landes. Germ. Denkmäler der Völkerwanderungszeit B l (1958) 72 (im Folgenden abgekürzt: Böhner, Trierer Land) führt die Millefioriperlen unter der neutralen Bezeichnung „Perlen mit Mittelstreifen" (D 3 p). - Um einer besseren Verständigung willen sollte man sich an die bekannten glastechnischen Ausdrücke halten: L. Berger, Römische Gläser aus Vindonissa (1960) 9. "Finnlands Nationalmuseum, Helsinki, Inv. Nr. 9502:133; vgl. zum Fundplatz: Erä-Esko, Germanic Animal Art of Salin's Style I in Finland. Finska Fornm. Tidskr. 63,1965,115 f. 19 Christlein, Marktoberdorf 72 Anm. 196. 20 Bezenye-Pallersdorf, Mohäcs, Neuruppersdorf, Rif32 Festschrift Werner

nik, Schwechat, Värpalota - Testona, Castel Trosino, Nocera Umbra (Vgl. Liste 2). 21 Cividale, Gräber 66, 91, 105, 158; Arcisa, Grab 4; Nocera Umbra, Gräber 11, 87,148 (Vgl. Liste 2). 22 Nocera Umbra, Gräber 12,23, 29. 23 Mohdcs (11 Exempl.), Bezenye-Pallersdorf, Grab 8 (10 Exempl.), Cividale, Grab 158 (12 Exempl.), Nocera Umbra, Grab 87 (11 Exempl.). 24 U. Koch, Das Reihengräberfeld bei Schretzheim. Germ. Denkmäler der Völkerwanderungszeit A 13 (in Vorbereitung) Taf. 116, 1-4 (im Folgenden abgekürzt: Koch, Schretzheim). 23 Christlein, Marktoberdorf 71 Taf. 126,2.

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Abb. 1. Vörä (finn. Vöyri) - Kaparkullen, österbotten. Die Farben der Perlen sind nach dem Schema Abb. 9 wiedergegeben. M. 2:3.

vierpaßförmigen Scheibenfibelpaar vergesellschaftet waren26. In Schretzheim und Sontheim stammen sie überwiegend aus Gräbern des letzten Drittels des 6. Jahrhunderts; Ketten mit fünf bis maximal neun Perlen haben im Gräberfeld von Schretzheim die gleiche Verbreitung27 wie die S-Fibeln, 26

Fibeln abgebildet: Fundber. Schwaben N. F. 15, 1959 Taf. 42, B.

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Koch, Schretzheim Taf. 240.

Mediterrane und fränkische Glasperlen des 6. und 7. Jahrhunderts

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die um 568 getragen wurden, mit denen sie in Schretzheim allerdings kaum kombiniert sind28, oder wie einzeln getragene Almandinsdieibenfibeln mit filigran- oder preßblechverzierter Mitte29. Da schon sehr junge Mädchen Perlenketten trugen, die aber anscheinend häufig fortlaufend erweitert wurden, Fibeln jedoch erst die Erwachsenentracht schmücken, muß bei Perlen mit einer längeren Laufzeit gerechnet werden; ein großer Teil der Millefioriperlen gelangte wohl schon in der Mitte des 6. Jahrhunderts ins obere Donautal, d. h. zu einer Zeit, als durch den Aufenthalt fränkischer und alamannischer Truppen in Oberitalien bis 562 besonders enge Beziehungen über die Alpen hinweg bestanden30. Zahlreiche und auch kompliziert zusammengesetzte Millefioriperlen sind in den Funden des fortgeschrittenen 7. Jahrhunderts Ausnahmen, wie z. B. in Sirnau (Kr. Esslingen) Grab 86, das außer einer für die Mitte des 7. Jahrhunderts typischen Glasperlenkette neun Millefioriperlen enthielt und sechzehn Amethyste31, die sich in so hoher Anzahl seit dem ausgehenden 6. Jahrhundert nachweisen lassen32. Millefioriperlen mit den für die zweite Hälfte des 6. Jahrhunderts typischen Blütenmustern treten außer in der Kaiserzeit33 aber auch in karolingerzeitlichen Grabinventaren wieder auf34. In Grab 97 von Wijster, einer kleinen holländischen Nekropole, die erst im späten 7. Jahrhundert einsetzt, sind Millefioriperlen ebenso wie in Westtritum in Oldenburg als auch in Dörverden an der Aller mit Schachbrettmosaikperlen vergesellschaftet35. Die Kette aus Dörverden Grab 51 ist für die Beurteilung dieser Perlen sehr wichtig, da die bekannten Millefiorimotive wie gelbe oder weiße achtblättrige Blüten, rot-weiße Augen und weiße Spiralen an einzelnen Perlen mit Schachbrettmustern kombiniert auftreten, die aus der Kaiserzeit bekannt sind36 und in karolingischer Zeit wieder aufleben37. Perlen mit kombinierten Millefiori -und Schachbrettmustern befinden sich ebenfalls unter den ven28

Ebd. Taf. 227. - Eine Kombination von S-Fibeln und Millefioriperlen ist gegeben in: Weihmörting (Kr. Passau), Grab 33 c; Kelheim-Gmünd, Grab 41; Sontheim an der Brenz (Kr. Heidenheim), Grab 141; Mainz, St. Alban, Grab 70; Mezieres (Dep. Ardennes), Grab 55; Binningen (Kr. Konstanz) ;Bodman (Kr. Konstanz), Grab 17; Annecy (Dep. Haute - Savoie). 29 Koch, Schretzheim Taf. 226. - Eine Kombination von Almandinscheibenfibeln und Millefioriperlen liegt vor in: Kelheim-Gmünd, Grab 2; Unterthürheim (Kr. Wertingen); Wettringen (Kr. Rothenburg o. T.); Kleinlangheim (Kr. Kitzingen); Weil der Stadt, Grab 59; zu Köln-Müngersdorf vgl. Abb. 7. 30 R. Holtzmann, Die Italienpolitik der Merowinger und des Königs Pippin. Das Reich - Idee und Gestalt. Festschr. Haller (1940) 95 ff. bes. 101 ff. 31 R. Koch, Katalog Esslingen 2. Die merowingischen Funde. Veröffentl. d. Staatl. Amtes für Denkmalpflege Stuttgart A 14 (1969) Taf. 30 A; 31 (im Folgenden abgekürzt: Koch, Katalog Esslingen). 82 z. B. Herbrechtingen (Kr. Heidenheim): Werner, Münzdatierte Austrasische Grabfunde. Germ. Denkmäler der Völkerwanderungszeit 3 (1935) Taf. 5, e (15 Amethyste); 5, f (7 Millefioris). - Güttingen (Kr. Konstanz), Grab 38: G. Fingerlin, Grab einer adligen Frau aus Güttingen. Badische Fundber. Sonderh. 4 (1964) Taf. 18 (4 Amethyste, 7 Millefioris). - Amethyste in größerer Anzahl häufig mit filigranverzierten Goldblechanhängern des späten 6. und frühen 7. Jahrhunderts: Christlein, Marktoberndorf 74 Anm. 206. - Zu 32*

den jüngeren Vorkommen vgl. Güttingen, Grab 7: F. Garscha, Die Alamannen in Südbaden. Germ. Denkmäler der Völkerwanderungszeit A 11 (1970) Taf. 33, 3 (im Folgenden abgekürzt: Garscha, Alamannen). 33 J. Brandt, Das Urnengräberfeld von Preetz in Holstein. Offa-Bücher 16 (1960) Taf. l, 10 g; B. Schmidt, Ein Urnengräberfeld der spätrömischen Kaiserzeit bei Großbadegast (Kr. Köchen). Jahresschr. Halle 44, 1960, 252 ff. Abb. 8, i; E. Albrectsen, Fynske Jernaldergrave 4, 2 (1972) Taf. 57, c; Arrabona 15, 1973, 91 Abb. 17. 34 Zu einer merowingerzeitlichen Kette gehören allerdings die Millefioriperlen von Erfurt; aus dem Bereich der Fundstelle wurden außer karolingischen Reihengräbern auch sonst Funde der Bronzezeit und Merowingerzeit geborgen: H. Rempel, Reihengräberfriedhöfe des 8. bis 11. Jahrhunderts aus Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen (1966) 119 Taf. 38, F 1-40. 85 Palaeohistoria 11, 1967, 443 Abb. 220. - Staatl. Mus. f. Naturkunde und Vorgeschichte Oldenburg. A. Genrich, Der gemischbelegte Friedhof von Dörverden (Kr. Verden/Aller) (1963) Taf. 5, 6 (SN-Grab 51); Taf. A; B. 86 Brandt (wie Anm. 33) Taf. 9, 123 h; 14, 45 r. o; Schmidt, Jahresschr. Halle 44, 1960, 252 flf. Abb. 8, 1; Albrectsen a. a. O. Taf. 75, a; H. Schach - Dörges, Bodenfunde des 3. bis 6. Jahrhunderts nach Chr. zwischen unterer Elbe und Oder. Offa-Bücher 23 (1970) Taf. 19, 6. 37 Genrich (wie Anm. 35) Taf. 8, l (WO-Grab 2); 5, 12 (SN-Grab 21).

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del- und wikingerzeitlichen Funden Schwedens38. In Skandinavien ist also Vorsicht geboten bei der Datierung von Millefioriperlen ohne Fundzusammenhänge; die Millefioriperlen aus den Gräbern des 9. und 10. Jahrhunderts von Birka im Mälarsee39 müssen keine Altstücke aus dem 6. Jahrhundert sein40. Von den finnischen Millefioriperlen gehören die aus Kaparkullen in österbotten nicht nur wegen der für reichere Ketten der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts typischen Anzahl, sondern auch wegen der am gleichen Fundplatz, wenn nicht sogar im gleichen Grab mitgeborgenen opaken Glasperlen zu den merowingerzeitlichen. Gleichalt sind die einzelne Perle aus Rekipelta und auch die drei Millefioris von Saltvik, wenn sie mit der großen trommeiförmigen Perle zusammen gefunden wurden. Die Kette aus Saltvik (Abb. 2) ist allerdings kein geschlossener Fund. Einmal sind die aus dem Südosten importierten fazettierten Karneolperlen (a) erst für die Wikingerzeit typisch41, zum anderen sind auch die Reihenperlen aus farblosem Überfangglas und mehr noch die aus transluzid blauem (i) oder opak gelbem (c) Überfangglas jünger. Diese Perlen erhielten ihre typische Streifung parallel zur Achse durch den Herstellungsprozeß; es sind gewalzte Glasröhrchen, die häufig mit Metallfolie belegt, teilweise wohl auch mit opakem Glas überfangen und erneut mit farblosem Glas überzogen und gewalzt wurden42. Diese Technik lebt immer wieder auf; Perlen aus Überfangglas sind aus römischen, merowingischen, karolingischen und großmährischen Funden bekannt43. Die opak gelben gewalzten Perlen sind selten, in merowingerzeitlichen Ketten lassen sie sich nicht nachweisen; sie haben aber unter den Funden des 10. Jahrhunderts von Novgorod ihre Parallelen44. Über die Herkunft von Mosaik- und Millefioriglas gibt es zahlreiche Vermutungen, die sich letztlich aber nur auf die Verbreitung der Erzeugnisse stützen können. Eine Lokalisierung der Millefioriglas produzierenden Werkstätten ist bisher nicht gelungen. Alexandrien war seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. ein Zentrum späthellenistischer und römischer Kultur und galt im Altertum auch als hervorragendes Glasfabrikationszentrum45. Doch für alexandrinisches Millefioriglas gibt es in den reichen schriftlichen Quellen keine eindeutigen Belege, archäologische Hinweise in Form von 38

Helgö (Uppland), Grab 111: Holmqvist, Excavations at Helgö 3 (1970) 194 Abb. 116, 12. - Bergsjö und Västanäker (Hälsingland): Mus. Hudiksvall. - Skaljom, Ksp. Ljustorp (Medelpad): St. H. Mus. Stockholm Inv. Nr. 14276. - Tureberg (Uppland): St. H. Mus. Stockholm Inv. Nr. 20926: 2. - Äs (Smäland) Hügel 12: St. H. Mus. Stockholm Inv. Nr. 6746: a. - Trotteshöv, Ksp. Berga (Smäland): St.H. Mus. Stockholm Inv. Nr. 6638: 31. - Knästorpshögen, Ksp. Knästorp (Schonen): St. H. Mus. Stockholm Inv. Nr. 2548. 39 H. Arbman, Birka 1. Die Gräber (1943) Taf. 120, 6 a (Grab 825); 120,11 h (Grab 550); 120, 9 (Grab 854); 123, 2 a (Grab 754). Da die Millefioriperlen jedoch nicht in größerer Anzahl gefunden wurden und, wie z. B. in Grab 825, auch mit Altstücken aus der Kaiserzeit zusammen lagen, ist eine eindeutige Entscheidung kaum möglich. 40 Da die Fundumstände von zwei Perlenketten mit zahlreichen Millefioris, die gotländischen Schatzfunden der Wikingerzeit zugeschrieben werden (M. Stenberger, Die Schatzfunde Gotlands der Wikingerzeit 2 [1947] Abb. 67, 4: Märtens, Ksp. Grötlingbo; 68, 4: Hallinge, Ksp. Grötlingbo), nicht ausreichend dokumentiert und Glasperlen in den Silberschatzfunden sonst nicht üblich sind, dürfte nur eine eingehende Bearbeitung der mit-

gefundenen Perlen zu einer Datierung der angeblich wikingerzeitlichen Millefioris führen. - Ebenso fallen die beiden Fragmente von langzylindrischen Millefioris aus Alt-Ladoga neben den dort gefundenen Mosaikperlen vom Köttlachtypus kaum ins Gewicht (Z. L'Vova, Stekljannye busy Staroj Ladogi. Arch. Sbornik 10, 1968, 64 ff. Abb. l, 18-19). 41 Kivikoski, Die Eisenzeit Finnlands 2 (1951) 14. 42 M. Deköwna u. A. Szymanski, Recherches sur les Tedmiques d'Ex£cution des objets de verre anciens par les methodes p&rographiques. Ann. du S' congrfes du verre (1970) 337 ff. 43 Fremersdorf, Kölh-Müngersdorf 86 f.; V. Hochmanova-Vavrova, Altslawische Funde von Glasperlen aus dem Gebiet der Tschechoslowakei. Ann. du 5« congr^s du verre (1970) 81 ff. (dort weitere Literatur angegeben). 44 Deköwna u. Szymanski, Ann. du 5e congr&s du verre (1970) 337 ff. Abb. 2, 3. - Zu den blauen Reihenperlen vgl. A. Stroh, Die Reihengräber der karolingischottonischen Zeit in der Oberpfalz. Materialh. z. Bayer. Vorgesch. 4 (1954) Farbtaf. Nr. 59-62.77-78. 45 M. Trowbridge, Philological Studies in Ancient Glass. University of Illinois Stud. in Language and Literature 13,3-4,1928 (1930) 112 ff. 129 ff.

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Abb. 2. Saltvik - Syllöda, Aland (vgl. Abb. 9). M. 2 : 3.

Überresten der Werkstätten oder einer Häufung der Erzeugnisse - wie z. B. in Rom - fehlen; allerdings sind die Gräber von Alexandrien noch nicht aufgedeckt46. Die Bezeichnung „alexandrinisches Millefioriglas" geht auf A. Kisa zurück, der die „vasa murrina" des Plinius mit Millefioriglas übersetzte47. Dies ist zwar durch D. Harden widerlegt48, doch läßt sich die angeblich alexandrinische Herkunft der Mosaik- und Millefiorigläser nicht so schnell aus der allgemeinen Vorstellung verdrängen49. Im Gegensatz zu Ägypten, wo sich trotz der für die Erhaltung sehr günstigen Bodenverhältnisse keine Kontinuität der Glasproduktion im Altertum nachweisen läßt50, wurde die Tradition der Glasherstellung in Vorderasien seit der späten Bronzezeit aufrechterhalten51. Ein Zentrum für Mosaikglas lag im 8-7. vorchristlichen Jahrhundert in Assyrien52. In der Glasproduktion Assyriens wurzelt die hellenistische der Phöniker; deshalb erstaunt es wenig, daß - nach den 21 Millefiorigläsern im Museum Damaskus zu urteilen - in späthellenistischer und frührömischer Zeit nicht nur die gut bekannte geblasene Massenware in Syrien hergestellt, sondern wohl auch kostbare Gefäße gefertigt wurden53. Zu Beginn der römischen Kaiserzeit verbreiteten die Syrer, vielleicht auch die Ägypter die Glaskunst und gründeten neue Zentren z. B. in Italien54. Die Kenntnis der Glasherstellung und Bearbeitung wurde offensichtlich - wie noch im Mittelalter - nur innerhalb einer kleinen Gruppe von Glasmachern weitergegeben und vererbt. Die engen Beziehungen und die geringen Unterschiede in der Arbeitsweise weitgestreuter Glashütten sind ein Phänomen, das auch bei der Bestimmung von Glasperlen große Schwierigkeiten bereitet. Es ist sogar wahrscheinlich, daß Millefioriglas zu verschiedenen Zeiten an weit entfernten Orten ohne große Unterschiede produziert wurde55. 46 Arm. du 1er congres des journees internationales du verre (1958) 57 ff.: Discussion D. Harden - B. Smith. 47 A. Kisa, Das Glas im Altertum 2 (1908) 501 ff. Vgl. auch den kurzen Beitrag von G. Stein, Zum Begriff „Millefioriglas". Glastechnische Ber. 30,1957,519 f. 48 Journ. of Roman Stud. 1954,53. 49 z. B. L. Berger, Römische Gläser aus Vindonissa (1960) 11. 50 A. v. Saldern, Atempausen in der Geschichte des Glases. Glastechnische Ber. 40, 1967, 476 f. 61 M. Bezborodov, Early Stages of Glassmaking in the USSR. Slavia antiqua 12,1965,127 ff. 62 v. Saldern, Mosaic Glass from Hasanlu, Marlik and Teil al Rimah. Journ. of Glass Stud. 8,1966,9 ff.

63 S. Abdul-Hak, Catalogue illustrd du Departement des Antiquites Greco-Romains au Musee de Damas (1951) Taf. 57-58; B. Zouhdi, Les verres mosaiques et millefiori du Mus6e National de Damas. Ann. du 3e congrfes des journdes internationale du verre (1964) 68 ff. 54 D. Harden, Glass-Making Centres and the Spread of Glass-Making from the first to the fourth Century a. D. Ann. du 1er congrfes des journ^es internationales du verre (1958) 47 ff. 55 Außerdem ist damit zu rechnen, daß Glasstäbe für die Herstellung von Perlen verhandelt wurden: Kisa, Das Glas im Altertum l (1908) 157.

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Abb. 3. Verbreitung der merowingerzeitlichen Millefioriperlen. Dreiecke: 1-7 Perlen; Vierecke: 8 und mehr Exemplare. Nachweis Liste 2.

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Die Verbreitung der merowingerzeitlichen Millefioriperlen nördlich der Alpen und in Westeuropa (Abb. 3) zeigt deutlich, daß sie nicht über Marseille die wichtige Fernhandelsstraße Rhone und Saone aufwärts verhandelt wurden, denn aus den Reihengräbern der Mosel-, Maas- und Seinegebiete sind nur wenige Millefioriperlen bekannt56, obwohl die Beigabe von Perlenketten durchaus üblich war. Auch bei der Millefioriperle aus Annecy (Dep. Haute-Savoie) ist wegen der mitgefundenen S-Fibeln vom Typ Sarching nicht daran zu zweifeln, daß sie aus dem süddeutschen Donauraum kommt. In das Oberrheintal und in den bairischen Siedlungsraum gelangten Millefioris seltener als an die obere Donau zwischen Hier und Lech; besonders zahlreich wurden sie offensichtlich über die via Claudia den Lech abwärts transportiert und von dort an Neckar und Mittelrhein im Westen sowie Richtung Norden an den Main und nach Thüringen weiter gehandelt. Ähnliche Verbreitungsschwerpunkte im alamannisch-fränkischen Siedlungsraum an Donau und Rhein zeigen auch die gotischen Silbermünzen des Totila und Teja (541—552) sowie die Exarchats-Silbermünzen des Justinian (555-565), die nach J. Werner keinen überregionalen Kurswert hatten57. Wie die Silbermünzen wurde sicher auch ein großer Teil der Glasperlen im Troß zurückkehrender fränkischer Truppen in der Mitte des 6. Jahrhunderts über die Alpen geschleppt. Im Osten gelangten Millefioriperlen in der Mitte des 6. Jahrhunderts zu den Langobarden nach Pannonien, aber nur vereinzelt zu den Gepiden. Daß sie auch in den reichen Glasperlenketten der frühawarischen Gräber Pannoniens fehlen, mag bereits chronologische Ursachen haben. Vor 568 konnten keine Millefioriperlen in den Besitz der sich noch weiter im Osten aufhaltenden Awaren gelangen und deshalb auch nicht vererbt und verschenkt worden sein; damit ist in alamannischen und fränkischen Familien häufig zu rechnen. Nach 568 wurden aber vermutlich nur noch wenige oder gar keine Millefioris mehr angeboten. Vereinzelt treten in awarischen Gräbern Perlen auf, in die Millefioriglasstücke - offensichtlich in zweiter Verwendung - eingelegt sind58, vergleichbar ist eine Perle aus Vörä-Kaparkullen (Abb. l, o). Da in Italien die Millefioriperlen zahlreicher nur in den älteren langobardischen Gräbern vorkommen, ist die Ursache für den Abbruch der Perlenzufuhr nicht im stockenden Transithandel über die Alpen zu suchen. Ebenso unwahrscheinlich ist, daß die Perlen aus dem östlichen Mittelmeerraum kamen und der über Aquileia geführte Fernhandel mit den germanischen Völkern in Italien und jenseits der Alpen gerade zu jener Zeit unterbrochen wurde, als z. B. der Handel mit koptischem Bronzegeschirr einsetzte. Vermutlich stellte die Mitteleuropa mit Millefioriperlen versorgende Werkstätte - die möglicherweise in Oberitalien stand59 - vor 568 ihren Betrieb ein. Aus diesen Beobachtungen ergibt sich für die Millefioriperlen von Kaparkullen und Rekipelta im Kirchspiel Vörä in österbotten ebenso wie für die vendelzeitlichen Vorkommen in Schweden und Gotland, daß sie kaum durch gepidische Vermittlung Weichsel und Oder abwärts verhandelt wurden, sondern in der Mitte oder zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts ihren Weg über die Alpen und dann durch alamannisches und fränkisches Gebiet nahmen. Sie sind ein Zeugnis für den Westhandel der Ostseevölker zu Beginn der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts. Daß die Kette von Vörä-Kaparkullen nicht die frühesten Millefioriperlen enthält, sondern eher 58

Zwar läßt sich auch bei koptischem Bronzegeschirr, das offensichtlich u. a. auf den gleichen Handelswegen über die Alpen gelangte, ein eventueller Handel über Marseille archäologisch nicht nachweisen, doch führten hier die Beigabenauswahl im 7. Jahrhundert und das Erlöschen der Sitte der Gefäßbeigaben in den rechtsrheinisehen Gebieten zu dem vergleichbaren Verbreitungsbild: Werner, Fernhandel und Naturalwirtschaft im östlichen Merowingerreich nach archäologischen und numismati-

sehen Zeugnissen. 42. Ber. RGK. 1961, 307 ff. 310 ff. Abb. 2. " Ebd. 322 f. mit Abb. 10-11. 58 A. Salamon und I. Erdely, Das Völkerwanderungszeitliche Gräberfeld von Környe. Studia Arch. 5 (1971) Taf. XXIX, 4 (Környe, Grab 152). 59 Vgl. Werner, Bülach 13: „... aus oberitalischen Glashütten zur späten Ostgotenzeit und zur Langobardenzeit."

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die einer späteren Serie60, die wohl erst in den sechziger Jahren des 6. Jahrhunderts in den Handel gelangten, deuten die mitgefundenen doppelkonischen und trommeiförmigen Perlen mit stark gekämmter, schlieriger Fadenauflage und den darübergelegten gelben Glasbändern an (Abb. l, n. q). Denn während die älteren Ketten mit Millefioris meist trommeiförmige, fischgrätgemusterte Reticellaperlen und langzylindrische Perlen mit gekämmtem Arkaden- und Federmuster enthalten61, wurden die jüngeren Ketten durch trommeiförmige oder doppelkonische Perlen mit gekämmten Schlierenmustern gekennzeichnet62. In Schretzheim sind die ersten Schlierenperlen in Gräbern des ausgehenden 6. Jahrhunderts zu beobachten: in den z. T. mehrreihig getragenen Ketten aus den Gräbern 22, 233 und 530 sind sie zweifellos die jüngsten Stücke63. Sowohl die Schretzheimer Schlierenperlen als auch die aus Kaparkullen zeigen eine weiß-transluzid blaugrüne, sehr stark gekämmte Fadenauflage auf opak rotem Grund; diese Perlen unterscheiden sich gut von den im ausgehenden 6. Jahrhundert noch nicht nachgewiesenen rotgrundigen Exemplaren mit mäßig gekämmter weißer Auflage64. Der zusätzliche gelbe Dekor ist beiden Gruppen gemeinsam. Wie für die Schretzheimer Schlierenperlen ist auch für die in Kaparkullen mit Millefioriperlen zusammen gefundenen Stücke Herkunft aus Oberitalien vorzuschlagen. Ein weiteres Exemplar dieser Schlierenperlen, der trommeiförmigen aus Kaparkullen entsprechend, gehört angeblich zu der 1857 in Saltvik gefundenen Kette (Abb. 2, /). Je eine gedrückt kugelige, rot-weiß geflammte Perle mit gelben Randstreifen wird den Ketten aus Rekipelta (Abb. 5, k) und Kivijärvi (Abb. 6, e) zugeschrieben. Insgesamt sind also drei Perlenpaare mit stark gekämmter Fadenauflage aus Finnland bekannt, die einzelnen Paare gehörten vielleicht sogar zusammen; da es sich um alte Museumsbestände handelt, ist die Möglichkeit, daß sie während der langen Aufbewahrungszeit auseinandergerissen wurden, nicht auszuschließen. Aus chronologischer Sicht ist aber die Zusammensetzung der drei Ketten aus österbotten und der vierten aus Kivijärvi in Häme nicht anzuzweifeln. In Mitteleuropa, wo das Perlenangebot reichhaltiger und kontinuierlicher war, sind Schlierenperlen und Perlen mit Schichtaugen oder Faden- und Punktauflage wie in Rekipelta (Abb. 5) und Kivijärvi (Abb. 6) häufig miteinander kombiniert und zwar in den Ketten reicher Frauengräber der ersten Hälfte und vereinzelt noch der Mitte des 7. Jahrhunderts65. Bei den Schlierenperlen handelt es sich hier - abgesehen von den einzelnen, immer wieder als Altstück auftretenden Exemplaren - um die jüngsten Vorkommen. Die Herstellung der Glasperlen mit schlierig gekämmter Fadenauflage setzte vermutlich in Italien wohl schon im dritten Viertel des 6. Jahrhunderts 60

Vgl. Christlein, Marktoberdorf 72 Anm. 197: Die einreihig gemusterten Millefioriperlen überwiegen in jüngeren Zusammenhängen. 61 z. B. Köln-St. Severin, Grab P 73; Köln-Müngersdorf, Grab 101 B; Ditzingen und Weil der Stadt (Kr. Leonberg); Hailfingen (Kr. Tübingen), Grab 474; Güttingen (Kr. Konstanz), Grab 38; Beringen (Kt. Schaffhausen). 62 z. B. Undenheim (Kr. Mainz), Grab 10; Heidelberg-Kirchheim, Grab 131; Kelheim-Gmünd, Grab 41; Weillohe-Untermassing (Kr. Regensburg). 63 Koch, Schretzheim Taf. 8,5-7; 57,9; 138,3. 64 z. B. Eislingen (Kr. Göppingen): Fundber. Schwaben N. F. 15, 1959 Taf. D, 12; Oberesslingen (Kr. Esslingen): R. Koch, Katalog Esslingen 2 Taf. 71, 1; 99, 97-99; Pelm (Kr. Daun): Böhner, Trierer Land Taf. 8, 34. 65 Besonders erwähnenswert sind die Ketten von

Marktoberdorf, Grab 18: Christlein, Marktoberdorf Taf. 6; 63,1-2. - Hailfingen (Kr. Tübingen), Grab 127: H. Stoll, Die Alamannengräber von Hailfingen in Württemberg. Germ. Denkmäler der Völkerwanderungszeit 3 (1939) Taf. 19, 7. - Sirnau (Kr. Esslingen), Grab 116: Koch, Katalog Esslingen 2 Taf. 42, 1. - EsslingenOberesslingen, Grab 3/1908: Ebd. Taf. 71, 1. - Güttingen (Kr. Konstanz), Grab 7: Garscha, Alamannen Taf. 33, 3. - Bourogne (Terr. de Beifort), Grab 32: F. Scheurer und A. Lablotier, Fouilles du Cimetiöre barbare de Bourogne (1914) 65 Taf. 23. - Freiweinheim (Kr. Alzey), Grab 10: G. Behrens, Mainzer Zeitschr. 35, 1940, 13 ff. Abb. 4. - Arlon (Prov. Luxembourg), Grab 3: H. Roosens u. J. Alenus-Lecerf, Sepultures mdrovingiennes au „Vieux Cimetiöre" d'Arlon. Arch. Belgica 88, 1965, 18 ff. Abb. 9-10. - Lommersum-Bodenheim (Kr. Euskirchen), Grab 67: Ch. Müller, Bonner Jahrb. 160, 1960 Taf. 35,2-3.

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Abb. 4. Vörä (finn. Vöyri) - Gulldynt, österbotten (vgl. Abb. 9). M. 2:3.

ein; nach der Häufigkeit der Vorkommen in westrheinischen Gräbern waren - später? - vermutlich auch fränkische Glashütten an der Herstellung beteiligt66. Für die rot-weiß geflammten Perlen aus Rekipelta und Kivijärvi ist daher Herkunft aus einer fränkischen Glashütte zu erwägen. Etwa im ersten Viertel des 7. Jahrhunderts wurde die Produktion dieser im Herstellungsprozeß etwas komplizierten und wohl nur unter der Hand geschickter, erfahrener Glasmacher entstandenen Perlen eingestellt. Die polychromen Perlen der drei Ketten aus Vörä-Gulldynt, Vörä-Rekipelta und Kivijärvi (Abb. 4-6) zeigen bis auf wenige Ausnahmen (Abb. 5, d. k; 6, e) einen Dekor aus aufgesponnenen Glas"• Vgl. Christlein, Marktoberdorf 73.

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k

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Abb. 5. Vöra (firm. Vöryi) - Rekipelta, österbotten (vgl. Abb. 9). M. 2:3.

faden, die in Spiralen, Wellen oder Schleifen angeordnet sind, ferner einfache Punkte oder mehrschichtig aufgetropfte Augen, die entweder eingewalzt bzw. eingeschmolzen sind oder als Warzen aufliegen. Kompliziertere Techniken der Glasbearbeitung wurden bei diesen Perlen nicht angewandt. Auf Grund der gleichbleibenden Verzierungstechnik und wegen der überwiegend roten, seltener weißen Grundfarbe ergibt sich für die drei Ketten ein sehr einheitliches Bild. In der Kette aus Gulldynt (Abb. 4) befinden sich 35 kleine und 15 etwa doppeltgroße polychrome Perlen, aber nur drei kleine monochrome Exemplare (b). Während von den kleinen Perlen meist drei bis vier Stück dem gleichen Typ angehören, fällt unter den großen das paarweise Auftreten der einzelnen Typen auf; offensichtlich wurden die Perlen ungefähr symmetrisch angeordnet getragen; die Mitte bildete wohl auch ursprünglich die milchig weiße Chalcedonperle. In den beiden Ketten aus Rekipelta und Kivijärvi ist der Anteil monochromer Stücke mit 22 bzw. 46 erheblich höher, dafür sind die kleinen polychromen Perlen mit drei in der einen und sechs in der anderen weniger zahlreich. Fünf große, polychrome rotgrundige Perlen enthält die Kette aus Rekipelta (Abb. 5), dazu die Schlierenperle (k) und eine Millefioriperle (d). Zur Kette aus Kivijärvi (Abb. 6) gehören vier rotgrundige (f. h. k), zwei weißgrundige (g) Perlen und angeblich auch die Perle mit gekämmter Auflage (e). Die zeitliche Einordnung der drei Ketten, die außer einer Millefioriperle keine vor dem letzten Viertel des 6. Jahrhunderts aufkommenden Typen enthalten, fällt nicht schwer. Da Glasperlen seit dem späten 6. Jahrhundert in großen Mengen produziert wurden und eine besonders breite Streu-

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Abb. 6. Kivijätvi, Harne (vgl. Abb. 9). M. 2 : 3.

ung erfuhren, ist auch eine Datierung auf breiterer Basis möglich. Von den als Massenware auf den Markt gelangten Perlgruppen weisen die finnischen Ketten weder die kleinen, tonnenförmigen oder walzenförmigen rotbraunen mit drei gelben Punkten auf noch die spätestens für das zweite Viertel des 7. Jahrhunderts typischen, quaderförmigen roten Perlen mit gelben Punkten67, sondern nur die Gruppe mit engem zweizeiligem Flechtband und die verwandte Gruppe mit Punkten oder Augen in den Schleifen. Das schlagartige und massierte Auftreten dieser beiden Gruppen etwa im letzten Viertel des 6. Jahrhunderts zeigt sich am deutlichsten bei der Kartierung im Gräberfeld auf 87

Koch, Schretzheim Farbtaf. 1: Perlen Gruppen l und 4; Fundber. Schwaben N. F. 13, 1955 Taf. 13 (Mergentheim: Perlen der Gruppen l und 4); R. Koch, Katalog Esslingen 2, 132 Taf. 99, 71 (19 Perlen der

Gruppe 4 aus acht Gräbern von Sirnau); Böhner, Trierer Land 78 Anm. 108 (Perlen der Gruppe 4); Garscha, Alamannen Taf. M, 73 a; N, 92 a. 97 e (Perlen Gruppe 1); Taf. N, 74. 75.102.102 a (Perlen Gruppe 4).

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der Gemarkung Schretzheim (Kr. Dillingen)68. Auch in Köln-Müngersdorf schließen die Gräber mit den durch enge Flechtbänder verzierten Perlen an das durch Gräber mit Almandinscheibenfibeln gekennzeichnete Areal der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts an (Abb. 7J69. In Schretzheim an der Donau wie in Müngersdorf am Rhein lassen sich die Perlen mit engem Flechtband nicht vor dem Ende des 6. Jahrhunderts nachweisen. Doch treten diese Perlen und zwar bevorzugt die mit Warzen und Augen in den Schleifen in Pannonien schon in den Gräbern der ersten awarischen Generation auf, d. h., daß diese Perlen spätestens zur Zeit der Einwanderung in den Besitz der Awaren gelangt sein müssen; sie gehören kaum zu den mitgebrachten Gütern, obgleich sie in den langobardischen Gräbern Pannoniens noch nicht nachgewiesen wurden70. Diese sogenannten awarischen Augenperlen sind möglicherweise älter als die entsprechenden Stücke in germanischen Gräbern71. Für eine differenzierte Herkunftsbestimmung der drei finnischen Ketten sind die kleinen polychromen Perlen weniger geeignet. Zwar treten die roten Perlen mit weißem Flechtband und weißblauen oder weiß-grünen Augen (Abb. 4, s) besonders häufig in awarischen Ketten auf72; außerdem sind diese Typen wie auch die schwarzgrundigen Exemplare mit weißem Flechtband und weißen Punkten oder "Warzen (Abb. 4, d. f) in alamannischen und fränkischen Gräbern sehr viel seltener als in baltischen73, doch andererseits fanden Perlen mit Flechtbändern aber ohne Augenverzierung (Abb. 4, t) und besonders die weißgrundigen (Abb. 4, w) bei den Awaren nur geringen Absatz74, während sie in germanischen Gräbern als Massenware anzusprechen sind und auch in Skandinavien zahlreicher vorkommen75. Zweifellos bevorzugten die Awaren die Augenperlen wegen ihres 68

Koch, Schretzheim Taf. 242. - Von den meist tönnchenförmigen Perlen mit engem Flechtband (Schretzheim Gruppe 34) zu unterscheiden sind die älteren, gedrückt kugeligen aus dichterem, glänzenderem Glas und weiter Fadenauflage mit nur drei Kreuzungen (Schretzheim Gruppe 33). Perlen der Gruppe 33 z. B. bei Schmidt, Die späte Völkerwanderungszeit in Mitteldeutschland. Katalog (Südteil}. Veröff. d. Landesmus, f. Vorgesch. in Halle 25 (1970) Taf. 89, d; 93, l a oder bei Alenus-Lecerf und M. Dradon, Tombes merovingiennes ä Hollogne au Pierres. Arch. Belgica 101, 1967, 38 Abb. 19, 3; 74 Abb. 32, 37-61 (Grab 13 - dort noch letztes Viertel 6. Jahrhundert). - Die beiden Gruppen 33 und 34 auch bei U. Koch, Grabfunde der Merowingerzeit aus dem Donautal um Regensburg. Germ. Denkmäler der Völkerwanderungszeit A 10 (1968) 54 (im folgenden abgekürzt Koch, Donautal) noch nicht getrennt (z. B. Gruppe 33 in Kelheim Grab 2 mit Rosettenscheibenfibelpaar Taf. 14, 10). 69 Fremersdorf, Köln-Müngersdorf Taf. 6, 19, 1; 6, 26, 1; 7, 32, 1; 8, 38, 1; 10, 55, 1; 11, 72, 3; 22, 133, 3; 24, 138, 1; 25, 142, 3 (mit Perlen der Gruppe 34). Verbreitung der Schmuckstücke aus den Frauengräbern kartiert bei Koch, Donautal 38 Abb. 6. - Vgl. dazu auch Christlein, Marktoberdorf Taf. 127, l (Verbreitung der Perlen Gruppe B) mit Taf. 126, 2 (Verbreitung der Perlen Gruppe A). 70 H. Böhme, der Awarenfriedhof von Alattyän, Köm. Szolnok. Südostforsch. 24, 1965, 11 ff., bes. 16; Werner, Die Langobarden in Pannonien. Abhandl. d. Bayer. Akad. d. Wiss. phil.-hist. Kl. 55 (1962) Taf. 10, l (Värpalota Grab 20); 12,5 (Värpalota Grab 24). 71 Nach den Beobachtungen in Schretzheim treten die

tönnchenförmigen Perlen mit Flechtband- und Punktauflage (Gruppe 20: mit einfarbiger Auf läge und Gruppe 21: mit zweifarbiger Auflage) etwas früher auf als Perlen mit enger Flechtbandauflage (Gruppe 34). - Vgl. dazu Marktoberdorf Grab 59 (Christlein, Marktoberdorf, Taf. 61, 2): der zeitliche Abstand von Värpalota Grab 20 und Marktoberdorf Grab 59 beträgt wohl kaum mehr als eine Dekade. 72 1. Kovrig, Das awarenzeitliche Gräberfeld von Alattydn. Arch. Hungarica 40 (1963) Umschlagbild; B. Dostäl, Slovanskä pohrebiste ze stredni doby hradistni na Morave (1966) Taf. 86, 2; Stroh, Die Reihengräber der karolingisch-ottonischen Zeit Farbtafel Nr. 119; H. Ladenbauer-Orel, Linz-Zizlau. Das bairische Gräberfeld an der Traunmündung (1960) 44 Taf. 6 Grab 76, 1; 45 Taf. 6 Grab 80, 1. - Dazu vier Exemplare aus dem alamannischen Gräberfeld von Nordendorf (Kr. Donauwörth): Prahlst. Staatslg. München, Inv. Nr. IV, 1780. 73 Unter den Perlen von Linz-Zizlau, Grab 80, befinden sich insgesamt acht schwarzgrundige: LadenbauerOrel a. a. O. 45 Taf. 6; vgl. auch Regensburg-St. Emmeram: Koch Donautal 198 Taf. 53, 7. 74 B. Dostäl (wie Anm. 72) Taf. 86, 6. - Salamon u. Erdäyi (wie Anm. 58) Taf. XI, 9; XII, 5; XIII, 6; XIV, 1; XV, 1; Kovrig (wie Anm. 72) Taf. 62, 10-11; 64, 12. 75 z. B. R. Koch, Katalog Esslingen 2 Taf. 99, 16-20. 32. 48-49, dazu Fundliste S. 131 ff. - A. de Loe, Belgique Ancienne. Musees Royaux d'Art et d'Histoire ä Bruxelles 4 (1939) 81 Abb. 71; Archaeologia 60, 1907 Taf. 32, 7; Cleve (wie Anm. 2) 87 nennt außer den Vorkommen von Kjuloholm noch weitere aus Österbotten und Satakunta.

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V7 Bügelfibeln ©kleine ^)große Almandinscheibenfibeln ioriperlen 0Perlen mit engem Flechtband Abb. 7. Köln-Müngersdorf. Verbreitung einiger Schmuckstücke und Glasperlen über das Gräberfeld. Plan umgezeichnet nach F. Fremersdorf, Köln-Müngersdorf Taf. 137 u. U. Koch, Donautal um Regensburg Abb. 6. M. l: 400.

Amulettcharakters, deshalb stellten die bei ihnen angetroffenen Perlen vielleicht nur eine Auswahl der Produktion der sie beliefernden Glashütten dar; es sei denn, in Pannomen waren noch romanische Glasmacher ansässig, die im Auftrag der neuen Herren des Landes arbeiteten. Die Perlen der awarischen Ketten fallen außer durch den bevorzugten Augendekor durch die geringe Größe von selten mehr als 15 mm Durchmesser auf; damit unterscheiden sie sich wesentlich von Perlen aus

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germanischen Gräbern des fränkischen Reiches. Durch die Gegenüberstellung der awarischen mit den ihnen verwandten bajuwarischen Perlenketten einerseits und den alamannischen und fränkischen Ketten andererseits geben sich die regionalen Unterschiede gut zu erkennen; die 18-22 mm starken Perlen mit dem sehr abwechslungsreichen Dekor fehlen in awarischen Ketten. Vor diesem Hintergrund wird die Ähnlichkeit der westeuropäischen Ketten mit den in Finnland gefundenen besonders deutlich, auch wenn sich noch nicht zu jeder finnischen Perle eine direkte Parallele nennen läßt. Weiß-blaue oder - blaugrüne Schichtaugen auf rotem Grund (Abb. 4, g; 5, f; 6, d. k) sind häufig anzutreffen bei Perlen aller Größen von schmaler, kugeliger oder doppelkonischer Form76. Hier wie dort werden diese Perlen durch gelbe Punkte (Abb. 5, l)77 oder Punktpaare (Abb. 4, l)78 zwischen den Schichtaugen oder durch weitere auch rote oder gelbe Tropfen auf den Schichtaugen (Abb. 4, h. i; 5, h)79 variiert, ferner durch alternierende Anordnungen der Augen (Abb. 4, o)so oder durch Punkte auf den weißen oder gelben Flechtbändern (Abb. 4, k)8i. Zu dem Perlenpaar mit dem ungewöhnlichen, durch ein dunkelgrünes Spiralband gestreiften, roten Grund (Abb. 4, p) kann nicht nur auf ein ganz entsprechendes, ebenfalls mit weiß-blauen Augen sowie weißem Flechtband und blauen Punkten verziertes Exemplar im Museum von Amiens hingewiesen werden, sondern noch auf ein weiteres nach Finnland exportiertes Stück82. Das umgelegte Band mit verschiedenfarbigen Punkten wie auf der Perle Abb. 5, g ist mit mehreren Perlentypen verbunden83 und kehrt besonders häufig auf Perlen mit schlierig gekämmter Fadenauflage wieder84; offensichtlich war es im späten 6. oder frühen 7. Jahrhundert ein beliebtes Motiv fränkischer Glashütten. Zu dem Perlenpaar mit den in großen Schleifen aufgelegten Bändern und gelben Punkten in den Bögen sind einige Parallelen aus fränkischen Gräbern bekannt85. Einen letzten - wegen der kleinen Augenperlen (Abb. 4, d. f. s) noch berechtigten - Zweifel an der fränkischen Herkunft der Perlenkette von Gulldynt beseitigen die würfelförmigen weißen Perlen mit hellgrünen Bändern und gelben Punkten (Abb. 4, m). In dieser typisch fränkischen Form kommen besonders häufig transluzid grüne Perlen mit gelber Fadenauf76

Zu Abb. 6 d: Koch, Katalog Esslingen 2 Taf. 99, 41; ders., Bodenfunde der Völkerwanderungszeit aus dem Main-Tauber-Gebiet. Germ. Denkmäler der Völkerwanderungszeit A 8 (1967) Taf. 14, 3. 5. 7. - Zu Abb. S, f; 6, k: Walheim (Kr. Alzey): G. Behrens, Mainzer Zeitschr. 35, 1941, 14 Abb. 2, 27 und Autopsie im Mus. Alzey; Seny (Belgien): Mus. Tongres; Jamiolle (Belgien): Mus. Namur. 77 Koch, Schretzheim Farbtaf. l, 6, 3. 78 Arlon (Prov. Luxembourg), Grab 11: Roosens u. Alenus-Lecerf (wie Anm. 65) 56 Abb. 34, 53-54. - Bourogne (Terr. de Beifort), Grab 32: Vgl. Anm. 65. 79 Lommersum - Bodenheim (Kr. Euskirchen): Bonner Jahrb. 160, I960, Taf. 35, 2 (zu Abb. 5, h). 80 Göschweiler (Kr. Hochschwarzwald): Garscha, Alamannen Taf. N, 111 b. - Seyweiler (Kr. Homburg): W. Schähle, 12. Ber. der Staatl. Denkmalpflege im Saarland 1965, 107 ff. Taf. 18, 56. - Schretzheim, Grab 22: Koch, Schretzheim, Farbtaf. l, 8, 3. - Weitere Stücke im Mus. Bad Kreuznach (Meisenheim) und Mus. Laon. Mit vielschichtigen Augen: Hailfingen (Kr. Tübingen), Grab 127: Stoll (wie Anm. 65) Taf. 19, 7 und Autopsie im Württ. Landesmus. Stuttgart. - Farben nicht angegeben: Siersdorf (Kr. Jülich), Grab 38: Bonner Jahrb. 150, 1950 Taf. 5, 2.

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Koch, Katalog Esslingen 2 Taf. 99, 55; Koch, Schretzheim Farbtaf. 2, 21, 12. 82 CIeve (wie Anm. 2) 87 ff. Taf. 26, 168. 83 z. B. mit Flechtbändern: Gersheim (Kr. Speyer): AuhV. 4 (1900) Taf. 22, 1. 10; Mesenich (Kr. TrierLand): Böhner, Trierer Land Taf. 8,27. 84 Eislingen (Kr. Göppingen): Fundber. Schwaben N. F. 15, 1959 Taf. D, 12. - Sirnau (Kr. Esslingen), Grab 116: Koch, Katalog Esslingen 2 Taf. 99, 100. Hailfingen (Kr. Tübingen), Grab 127: Stoll, (wie Anm. 65) Taf. 19, 7 und Württ. Landesmus. Stuttgart. - Niedernberg (Kr. Obernburg): R. Koch (wie Anm. 76) Taf. 8, 7; 11,10. - Liedolsheim (Kr. Karlsruhe), Grab 1: Bad. Fundber. 22, 1962 Farbtaf. - Eltville (Main-TaunusKreis), Grab 72: Nassauische Ann. 61, 1960 Taf. 21, 8. - Freiweinheim (Kr. Alzey}: Mainzer Zeitschr. 35, 1940, 16 Abb. 4, 28. - Hahnheim (Kr. Mainz): Mainzer Zeitschr. 67, 1972, 330 ff. 367 Abb. 15, 15 g. - Ciply (Prov. Heinaut): G. Faider-Feytmans, Les necropoles merovingiennes (1970) Taf. 123, A 14. 85 Lommersum-Bodenheim (Kr. Euskirchen), Grab 67: vgl. Anm. 69. - Undenheim (Kr. Mainz), Grab 10: Mainzer Zeitschr. 30, 1935 Taf. 11, 2 oben rechts. Berghausen (Kr. Karlsruhe), Grab 57: Bad. Landesmus. Karlsruhe.

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läge an den Kanten vor86, außerdem sind die rot-weiß geflammten Perlen in Würfelform vertreten, sowohl mit gelben Kanten87 als auch mit Augen- und Punktauflagen88. Unter den würfelförmigen weißen Perlen mit farbigen Kanten und Punkten (Abb. 8) ließ sich bisher zu keiner Perle bzw. zu keinem Perlenpaar ein weiteres genau entsprechendes Exemplar finden. Fünf Farben, rot, hellgrün, dunkelgrün, blau und gelb, für Punkte, Rand- und Querlinien boten unzählige Kombinationsmöglichkeiten. Zur Datierung können nur die teilweise schon zitierten Ketten von Lommersum - Bodenheim Grab 67, Impfingen Grab 2 und Hailfingen Grab 356 herangezogen werden89; damit wird wiederum deutlich, daß die in Vörä-Gulldynt in Finnland gefundenen Perlen ebenso wie die von Kivijärvi und Vörä-Rekipelta zu den in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts im merowingischen Reich geläufigen Typen gehören. Ein archäologischer Nachweis für Herstellung von Glasschmuck in fränkischen Glashütten fehlt zwar bisher; auch ein Vergleich mit den bei fränkischen Hohlgläsern90 verwendeten Techniken und Farben brächte eher ein negatives Ergebnis. Außerdem ist der langobardische Fundstoff in Italien für Schlüsse ex silentio noch viel zu gering und zu wenig bekannt. Deshalb kann die Möglichkeit, daß alle Glasperlen im mediterranen Bereich hergestellt wurden, nicht völlig ausgeschlossen werden. Zweifellos wurden Glasperlen für die germanischen Barbaren industriemäßig gefertigt wie z. B. die weit verbreiteten und in Massen auftretenden Gruppen mit enger Flechtbandauflage. Auch die rotgrundigen Perlen (Abb. 4, u) mit der charakteristischen, stets gleichbleibenden Reihenfolge von opak weißer und darüber transluzid blauer Fadenauflage stammen, nach ihren weit gestreuten Vorkommen zu urteilen91, bei denen Größe und Form ebenso variieren wie "Wahl und Kombination von Spiral-, Wellen- und Flechtband, sehr wahrscheinlich aus einer für den Fernhandel arbeitenden mediterranen Glashütte. Doch neben einer italienischen Glasperlenindustrie kann auch mit einer fränkischen Produktion gerechnet werden. Das Vorkommen kleinräumig verbreiteter Typen macht diese Annahme wahrscheinlich. Die vier Perlenketten, von denen eine in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts und die anderen in den Jahrzehnten um 600 nach Finnland gelangten, wurden - gleich aus welcher "Werkstätte sie stammen - mit großer Wahrscheinlichkeit auf Märkten im fränkischen Reich eingehandelt, und zweifellos wurden sie gegen Pelze getauscht. Denn verzierte Glasperlen sind als Erzeugnisse standortgebundener Glashütten ausgesprochene Handelsware im Gegensatz zu metallenem Trachtzubehör, das lediglich eine Begleiterscheinung von Verkehrsbeziehungen darstellt, wenn es entfernt von seinem Ursprungsland - in Skandinavien meist in Nähe der Küsten- und Schiffahrtswege - gefunden 86

z. B. Sirnau (Kr. Esslingen), Grab 116: Koch, Katalog Esslingen 2 Taf. 99, 86. - Ebringen (Kr. Freiburg): Garscha, Alamannen 47 Nr. 37 Form 128. - Erpfingen (Kr. Reutlingen): W. Veeck, Die Alamannen in Württemberg. Germ. Denkmäler der Völkerwanderungszeit l (1931) Taf. 34, 4. - Kelsen (Kr. Saarburg) und Pelm (Kr. Daun): Böhner, Trierer Land Taf. 9, 1. Armentieres (Dep. Aisne): F. Moreau, Collection Caranda 2 (1880) Taf. 20, 2. 87 Stuttgart-Feuerbach, Grab 135: O. Paret, Die frühschwäbischen Gräberfelder von Groß-Stuttgart und ihre Zeit (1937) Taf. 20,1. - Charnay (Dep. Saone-et-Loire): H. Baudot, Memoires sur les sepultures des barbares de l'epoque merovingienne decouvertes en Bourgogne. Mem. de la comm. des Antiquites du Departement de la Cote d'Or 5, 1857-1860 Taf. 16, 7. - St. Nicolas-lesArras (Dep. Pas-de-Calais): A. Ternink, L'Artois Souter-

rain. Etudes archeologique sur cette contree depuis de temps les plus recules jusqu'au regne de Charlemagne 4 (1880) Taf. 60, 4. - Aubigny-en-Artois (Dep. Pas-deCalais): C. Boulanger, Le mobilier funeraire Gallo-Romain et Franc en Picardie et en Artois (1902-05) Taf. 40, 2. - Arlon (Prov. Luxembourg), Grab 3: Roosens u. Alenus-Lecerf (wie Anm. 65) Taf. 9,53. 88 Hailfingen (Kr. Tübingen), Grab 127: Stoll (wie Anm. 65) Taf. 19, 7. - Arlon (Prov. Luxembourg), Grab 3: Roosens u. Alenus-Lecerf (wie Anm. 65} 26 Nr. 33 (!) Abb. 10, 32. - Sirnau (Kr. Esslingen), Grab 116: Koch, Katalog Esslingen 2 Taf. 99,101. 89 Lit. vgl. Liste 3. 90 Vgl. z. B. F. Rademacher, Fränkische Gläser aus dem Rheinland. Bonner Jahrb. 147,1942, 285 ff. 91 Vorlage dieser Perlen - Gruppe 32 - an anderer Stelle vorgesehen.

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Abb. 8. Verbreitung würfelförmiger weißer Glasperlen mit bunter Faden- und Punktauflage. Nachweis Liste 3.

wurde92. In österbotten, wo Ackerbau nur unbedeutend gewesen sein kann, waren zweifellos Jagd- und Pelzwirtschaft die Quellen des Reichtums93. Von einem Niedergang der Pelzwirtschaft in Folge der großen politischen Veränderungen auf dem Kontinent kann auch in der zweiten Hälfte 92

H. Vierck, Zum Fernverkehr über See im 6. Jahrhundert angesichts angelsächsischer Fibelsätze in Thüringen. Anhang 11 in: K. Hauck, Goldbrakteaten aus Sievern (1970) 355 ff., bes. 356 Abb. 52; 370. 93 Ganz ähnliche Verhältnisse liegen im schwedischen Nörrland vor; die Übereinstimmung der Funde der späten Völkerwanderungszeit österbottens mit denen der schwedischen Landschaften Hälsingland, Meddelpad und Jämtland wurde häufig im Sinne einer Kolonisation

vom Nörrland aus interpretiert; aber in erster Linie führten wohl die gleichen wirtschaftlichen Verhältnisse und die Abhängigkeit von dem gemeinsamen Handelspartner in Südschweden zu dieser Parallelität. Vgl. dazu Aberg (wie Anm. 3) 79 ff. Abb. 96; M. Biörnstad, Storsjöbygden under vendeltiden. Jämtlands och Härjedalens Historia. Arkeologisk Inledning (1962) 99 ff.; Vierck (wie Anm. 92) 375.

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des 6. Jahrhunderts nicht die Rede sein94. Ebenso ist in Uppland ein enormer kultureller Aufschwung zu verzeichnen95, obgleich mit der Regierungszeit Justinians I die Goldzufuhr aus dem Süden - wie Werner aufzeigte96 - abbricht, als die Verkehrswege entlang Weichsel und Oder ins oströmische Reich durch die Awaren an der mittleren Donau und die ihnen benachbarten Slawen gesperrt wurden. Der größte Teil der Pelze Finnlands nahm im 6. und 7. Jahrhundert seinen Weg über Uppland, wo im Svearreich mit Helgö ein Platz bekannt ist, an dem Händler und Handwerker vom Transithandel lebten97; auch Gotland hatte - z. B. nach Ausweis der Millefioriperlen - Teil am Fernhandel, der seit der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts auf neuen, verstärkt benutzten "Wegen entlang der Ostsee- und Nordseeküsten nach Westeuropa führte. Auf der mehrere tausend Kilometer langen Handelsroute ist mit zahlreichen Stationen zu rechnen. Vermutlich blieben auch hier Glasperlen zurück; da aber Glas in schwedischen Brandgräbern meist zu undefinierbaren Klumpen zusammengeschmolzen war, sind Belege nur schwer zu bringen98. Die 1935 geäußerte Feststellung des verehrten Jubilars, daß Glasperlen in Reihengräberfeldern vergleichbar römischen Altsachen - für die Datierung wenig Wert besitzen", kann man auf Grund neuer Untersuchungen nicht mehr gelten lassen. Gewidmet sei ihm dieser Beitrag aber besonders deswegen, weil die behandelten Glasperlen aus Finnland einen augenfälligen Beleg für den Fernhandel der Merowingerzeit abgeben, der stets im Blickwinkel seiner Forschungen stand.

LISTEN 1. P E R L E N K E T T E N AUS F I N N L A N D 1. Saltvik-Syllöda, Aland (Abb. 2) a) fazettierte Karneolperle, weiß, gebrannt; b) farblose Reihenperle, Überfangglas gewalzt; c) opak gelbe Reihenperle, Überfangglas gewalzt; d) Millefioriperle, transluzid blau mit weißen Ringen; e) Millefioriperle, weiß-rote Augen transluzid blau umfangen, gelbe achtblättrige Blüten transluzid grün umfangen; f) trommelförmig, opak rot, weiße und daneben dünne transluzid hellblaue, kaum sichtbare Fadenauflage, stark gekämmt, gelbe Bänder zum größten Teil ausgefallen; g) Millefioriperle, opak rot überzogene Bänder an den Kanten, weiße achtblättrige Blüte bzw. weiß-rote Augen translu94

M. Biörnstad, Handel pä Nordliga Vägar under Järnaldern. Festschr. König Gustav VI Adolf (1962) 123 ff.; Aberg (wie Anm. 3) 150 Abb. 188. 95 Vgl. z. B. P. Arne u. H. Stolpe, Gravfält vid Vendel (1912); G. Arwidsson, Valsgärde 6 (1942); 8 (1954). 96 Zu den auf öland und Gotland gefundenen byzantinischen Goldmünzen: Fornvännen 44, 1949, 257 ff. 07 Holmqvist, Arrhenius u. P. Lundström, Excavations at Helgö l (1961); 2 (1964); 3 (1970); 4 (1972); Lundström, Helgö als frühmittelalterlicher Handelsplatz in Mittelschweden. Frühmittelalterliche Stud. 2, 1968, 278 ff. 33 Festschrift Werner

zid blau umfangen; h) farblose Reihenperle, Goldfolie, Überfangglas gewalzt; i) transluzid blaue Reihenperle, Überfangglas gewalzt. Finnlands Nationalmuseum, Helsinki, Inv. 283. E. Kivikoski, Die Eisenzeit Finnlands 2 (1951) Taf. 93,752. 2. Vor! (firm. Vöryi) - Kaparkullen, österbotten (Abb. 1) a) hellbrauer Stein; b 1) Millefioriperle, rote Bänder an den Kanten, zwei transluzid blaue Felder mit weiß-roten Augen, zwei transluzid grüne Felder mit gelber Blüte; b 2) Millefioriperle, rote 98

Außer den in Liste 2 angeführten Millefioriperlen ist besonders erwähnenswert eine trommeiförmige, fischgrätgemusterte Reticellaperle der Mitte des 6. Jahrhunderts von Sösta im Kirchspiel Romfortuna in Västmanland (Statens historiska Mus. Stockholm, Inv. Nr. 15 393) und eine quaderförmige, rot-weiß-geflammte Perle des frühen 7. Jahrhunderts von Högesta gärd in Svenstorp in Schonen (St. H. Mus. Stockholm, Inv. Nr. 2548). Eine weitere trommeiförmige, rot-weiß-geflammte Perle aus Schonen bewahrt das St. H. Mus. Stockholm mit der Slg. Kurek, Inv. Nr. 2109 auf. 89 Werner (wie Anm. 32) 37 Anm. 2; 51 Anm. 3; 64.

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Abb. 9. Zur Wiedergabe der Farben wurde ein Schraffier- und Punktierschema angewandt, das dem der Heraldik angeglichen ist (vgl. auch U. Koch, Donautal um Regensburg 138).

Bänder an den Kanten, zwei transluzid blaue Felder mit weißer achtblättriger Blüte, bzw. zwei mit rot-weißen Augen und weißen Strahlen; b 3) Millefioriperle, rote Bänder an den Kanten, vier transluzid blaue Felder mit weiß-roten Augen, vier transluzid grüne Felder mit gelber achtblättriger Blüte; b 4) Millefioriperle, rote Bänder an den Kanten, zwei transluzid grüne Felder mit gelber achtblättriger Blüte, zwei transluzid blaue Felder mit je einem großen und darum herum sechs kleinen weißroten Augen; b 5) Millefioriperle, rote Bänder an den Kanten, zwei transluzid blaue Felder mit weißer achtblättriger Blüte, zwei transluzid grüne Felder mit gelber achtblättriger Blüte; b 6) Millefioriperle, rote Bänder an den Kanten, transluzid grün mit gelben achtblättrigen Blüten; c) polyedrisch, transluzid blau; d) kugelig, hellgelb mit Millefioriaugen aus gelber Mitte, rotem Ring und schwarzweißem Außenkranz (Altstück aus der Kaiserzeit); e) kugelig, weiß; f) polyedrisch, transluzid grün; g) ringförmig, transluzid blau; h) polyedrisch, opak rotbraun; i) tonnenförmig, transluzid blau; k) doppelkonisch, rot, weiße gekämmte Fadenauflage, gelbe Punkte; l) tonnenförmig, rotbraun; m) walzenförmig, transluzid dunkelblau; n) doppelkonisch, opak rotbraun, dünne weiße, breite transluzid hellgrüne stark gekämmte Fadenauflage, drei gelbe Bänder; o) kugelig, opak rot, eingelegte Glasstücke einfarbig blau oder grün, eingelegte Millefioristücke grün mit gelb, blau mit rot, blau mit weiß; p) schwarz, weißes Wellenband gekreuzt von rotbraunem Wellenband, in den Schleifen gelbschwarze Schichtaugen (Altstück aus der Kaiserzeit); q) trommeiförmig, opak rotbraun, weiße und transluzid hellblaue, stark gekämmte Fadenauflage, drei gelbe Bänder zum größten Teil ausgefallen; r) kugeliger Bernstein; s) walzenförmig, opak rotbraun; t) kugelig gerippt, opak hellgrün. Finnlands Nationalmuseum, Helsinki, Inv. Nr. 15.

3. Vöra (finn. Vöyri) - Gulldynt, österbotten

(Abb. 4) a) zylindrisch, weiß, rotes Spiralband; b) walzenförmig bis tonnenförmig, rotbraun; c) gedrückt kugelig, rotbraun, gelbe gekreuzte Fadenauflage, weiße Punkte; d) gedrückt kugelig, schwarz, weiße gekreuzte Fadenauflage, weiße Punkte; e) gedrückt kugelig, rotbraun, weiße Warzen; f) gedrückt kugelig, schwarz, weiße gekreuzte Fadenauflage; g) kugelig, opak rot, weiß-transluzid grüne Schichtaugen; h) kugelig rot, weiß-transluzid leuchtend hellblaue Schichtaugen, darum weiße Ringe; i) wie h., mit weißen Kanten; k) wie h, mit weißer gekreuzter Fadenauflage; l) kugelig, rot, weiße Fadenauflage, weiß-transluzid blaugrüne Schichtaugen, gelbe Punkte; m) würfelförmig, weiß transluzid grüne Fadenauflage mit gelben Punkten; n) bläulich weißer Chalcedon; o) kugelig, rot, weiß-transluzid blaugrüne Schichtaugen; p) gedrückt kugelig, rot, transluzid grüne Streifen (schwarz aussehend), weiße gekreuzte Fadenauflage, darauf schwach durchscheinend bläulich grüne Punkte, in den Schleifen weiß-grüne Schichtaugen; q) gedrückt kugelig, rot, gelb-grüne Schichtaugen mit schwarzen Ringen, die untereinander durch tangierende Fäden verbunden sind (schwarz: vermutlich transluzid grün auf opak rotem Grund); r) tonnenförmig, rot, opak hellblaue Warzen, z. T. Doppelperlen; s) gedrückt kugelig, rot, gekreuzte weiße Fadenauflage, weiß-opak blaugrüne Schichtaugen; t) kugelig, rot, gekreuzte weiße Fadenauflage, z. T. Doppelperlen; u) tonnenförmig, rot, weißer Spiralfaden, darauf transluzid blaues Wellenband; v) tonnenförmig, transluzid blau mit opak gelben Punkten; w) walzenförmig, weiß mit transluzid glänzend hellblauen gekreuzten Wellenbändern. Finnlands Nationalmuseum, Helsinki, Inv. Nr. 68. E. Kivikoski, Die Eisenzeit Finnlands l (1947) Taf. 53, 463 (farbig).

Mediterrane und fränkische Glasperlen des 6. und 7. Jahrhunderts 4. Vor! (firm. Vöyri) - Rekipelta, österbotten (Abb. 5) a) walzenförmig, opak rotbraun; b) kugelig, transluzid blau, z. T. Doppelperlen; c) polyedrisch, transluzid blau; d) Millefioriperle, gelbe Blüten transluzid grün umfangen; e) kugelig, opak rotbraun, gelbe gekreuzte Fadenauflage, in den Schleifen zylindrische Warzen weiß mit blaugrün; f) kugelig, opak rotbraun, weiß-transluzid blaugrüne Schichtaugen; g) tonnenförmig, opak rotbraun, weiße Wellenbänder, darüber ein einfaches umlaufendes weißes Band mit transluzid blaugrünen und gelben Punkten; h) tonnenförmig, opak rotbraun, vierfache Schichtaugen: weiß-transluzid blau-weiß-rot; i) bläulich weißer Chalcedon; k) kugelig, rot, weiße, stark gekämmte Fadenauflage, gelbe Kanten; l) kugelig, rotbraun, drei gelbe Punkte, drei Schichtaugen: weiß-blasig transluzid hellblau; m) tonnenförmig, transluzid hell grünlich, opak gelbe Punkte; n) kugelig, opak grünes, blasiges Glas.

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Finnlands Nationalmuseum, Helsinki, Inv. Nr. 2891: 15. 5. Kivijärvi Häme (Abb. 6) a) walzenförmig bis tonnenförmig, opak rotbraun; b) polyedrisch oder gedrückt kugelig, transluzid kobaltblau; c) kugelig, transluzid blaugrünes, blasiges Glas, opak gelbe Punkte, z. T. ausgefallen; d) kugelig, rotbraun, weiße Warzen mit transluzidblauen Augen; e) kugelig, rotbraun, weiße Fadenauflage stark gekämmt, gelbe Randstreifen; f) tonnenförmig, rot, weißes Wellenband, gelbe Punkte; gj doppelkonisch, weiß, transluzid grüne gekreuzte Wellenbänder, opak roter Mittelstreifen; h) tonnenförmig, rot, weiße gekreuzte Fadenauflage, weiße Warzen mit transluzid blauen Augen; i) kugelig gerippt, transluzid dunkelblau; k) doppelkonisch, rot, weiß-transluzid blaue Schichtaugen; l) kugelig, transluzid grün, opak gelbe Punkte; m) walzenförmig, opak grün; n) gedrückt kugelig, opak gelb. Finnlands Nationalmuseum, Helsinki, Inv. Nr. 2918.

2. M I L L E F I O R I P E R L E N DER M E R O W I N G E R Z E I T (Karte Abb. 3) F. Fremersdorf, Das fränkische Reihengräberfeld Köln-Müngersdorf. Germ. Denkmäler der Völkerwanderungszeit 6 (1955) 82 ff. und R. Christlein, Das alamanische Reihengräberfeld von Marktoberdorf im Allgäu. Materialh. z. Bayer. Vorgesch. 21 (1966) 72 Anm. 196. Italien 1. Arcisa (Toskana), Grab 4: O. v. Hessen, Primo contributo alle Archeologia Longobarda in Toscana (1971) Taf. 8, 5.7.9. 2. Castel Trosino (Prov. Ascoli Piceno) Gräber 22, A-G: nach F. Fremersdorf. 3. Cividale (Prov. Udine), Gräber 66, 91, 105, 158: S. Fuchs, Mem. storiche forogiuliese 39, Ergb. l (1943) Abb. 4. 5. 7.10. 4. Nocera Umbra (Prov. Perugia): nach Fremersdorf. 5. Testona (Piemont): v. Hessen, Die langobardischen Funde aus dem Gräberfeld von Testona (Moncalieri/Piemont). Mem. dell'Accademia delle Scienze di Torino Ser. 4 Nr. 23 (1971) 58 Nr. 49. Jugoslawien 1. Bresaz di Pinguente (Istrien): nach Fremersdorf. 2. Caricin Grad, Sjenica (Serbien): nach Christlein. 3. Krainburg (Slowenien), Grab 71: J. Zmavc, Jahrb. d. K. K. Zentral-Kommission N. F. 2, 1904, 232 ff. Abb. 213. 4. Rifnik, Sentjur (Slowenien), Gräber 83, 86: 33»

L. Bolta, Inventaria Archaeol. Jugoslavija 12 (1969) Y118. Ungarn 1. Bezenye (Korn. Moson): nach Christlein. 2. Käpolnäsnyek (Korn. Fejer): I. Bona, A N£pvändorläs Kora Fejer Megyeben. Fejer Megye Törtenete l, 5 (1971) 298 Abb. 14. 3. Mezöband (Köm. Band), Grab 29: Dolgozatok (Kolozsvär) 4,1913,309 Abb. 30,29. 4. Mohäcs (Köm. Baranya): A. Kiss u. J. Nemeskeri, A Janus Pannonius Miizeum Evkönyve 1964, 95 ff. Abb. 5, 4. 7. 11. 13. 20. 23. 37. 39. 40. 43. 5. Värpalota (Korn. Veszprem), Grab 1: J. Werner, Die Langobarden in Pannonien. Abhandl. d. Bayer. Akad. d. Wiss. phil.-hist. Kl. H. 55 (1962) Taf. l, 6. Österreich 1. Linz-Zizlau, Grab 80: H. Ladenbauer-Orel, Linz-Zizlau. Das baierische Gräberfeld an der Traunmündung (1960) Taf. 25. 2. Neu-Ruppersdorf (Niederösterreich), Grab 4: Werner, Pannonien Taf. 47, 28-29. 3. Schwechat (Niederösterreich), Grab 2: nach Fremersdorf; vgl. jetzt auch Werner, Pannonien Taf. 44,11-12.

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1. Basel-Bernerring, Grab 27: R. MoosbruggerLeu, Die Schweiz zur Merowingerzeit. Handbuch der Schweiz zur Römer- und Merowingerzeit B (1971) Farbtaf. A, 7. 2. Beringen (Kt. Schaffhausen): nach Fremersdorf. 3. Bülach (Kt. Zürich), Grab 4: Werner, Das alamannische Gräberfeld von Bülach. Monogr. zu Uru. Frühgesch. d. Schweiz 9 (1953) Taf. l, 14 Mitte. 4. Schleitheim (Kt. Schaff hausen), Grab 139: W. U. Guyan, Das alamannische Gräberfeld von Schleitheim-Hebsadk. Materialh. z. Ur- und Frühgesch. d. Schweiz 5 (1965) Taf. 16. 5. Wergenstein (Graubünden): Jahresber. Schweiz. Ges. Urgesch. 30,1938, Taf. 18,1. Deutschland Bayern 1. Aubing (Kr. München), Gräber 106, 247,303, 324: Prähist. Staatsslg. München. la. Antdorf (Kr. Weilheim): Bayer. Vorgeschbl. 25,1960 Taf. 30, 3. 2. Burggen (Kr. Schongau): Bayer. Vorgeschbl. 22,1957, 234 Abb. 68, 2. 3. Burghagel (Kr. Dillingen): Bayer. Vorgeschbl. 25,1960,179 ff. Abb. 3, 3; Taf. 30, 2 (Wirtel). 4. Dattenhausen (Kr. Illertissen): Mus. Lauingen. 5. Denzingen (Kr. Günzburg): Mus. Günzburg. 6. Endsee (Kr. Rothenburg): H. Dannheimer und F. Herrmann, Rothenburg o. T. Kataloge d. Prähist. Staatsslg. 11 (1968) Taf. 39, 2. 7. Epfach (Kr. Schongau), Grab 159: Werner, Der Lorenzberg bei Epfach. Münchner Beitr. z. Vor- u. Frühgesch. 8 (1969) Taf. 62, 8. 8. Gundelfingen (Kr. Dillingen): Mus. Lauingen. 9. Hellmitzheim (Kr. Scheinfeld): Dannheimer, Die germanischen Funde der späten Kaiserzeit und des frühen Mittelalters in Mittelfranken. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit A 7 (1962) Taf. 77, D; 79, C. 10. Hettstadt (Kr. Würzburg): R. Koch, Bodenfunde der Völkerwanderungszeit aus dem MainTauber-Gebiet. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit A 8 (1967) Taf. 33, 8. 11. Inzing, Gde. Hartkirchen (Kr. Griesbach): Prähist. Staatsslg. München. 12. Kelheim-Gmünd, Gräber 2, 12, 24, 41, 44, 52: U. Koch, Grabfunde der Merowingerzeit aus dem Donautal um Regensburg. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit A10 (1968) Taf. 14,10 b; 16,1; 19, l c; 24, 3 a; 25,3 b; 28,16. 13. Kleinlangheim (Kr. Kitzingen), Grab 140: Frankenland N. F. 18, 1966. Abb. 1. 14. Langengeisling (Kr. Erding), Grab 4: Prähist. Staatsslg. München.

15. Langerringen (Kr. Schwabmünchen): nach Fremersdorf; vgl. jetzt H. P. Uenze, Vor- und Frühgeschichte im Landkreis Schwabmünchen. Kataloge d. Prähist. Staatsslg. 14 (1971) Taf. 36, 7. 16. Lechhausen (Kr. Augsburg): Bayer. Vorgeschbl. 34,1969,164 Abb. 2, 1. 17. Marktoberdorf, Gräber 59, 78, 79,106,143: Christlein, Marktoberdorf Taf. 61, 2; 62, 1-2. 5-7. 18. München-Feldmoching: Dannheimer und G. Ulbert, Die Bajuwarischen Reihengräber von Feldmoching und Sendung. Materialh. zu Bayer. Vorgesch. 8 (1956) Taf. l, 11 (Wirtel); 8, D. 19. München-Giesing, Grab 67: Prähist. Staatsslg. München. 20. München-Untermenzing: ebd. 21. Neubrunn (Kr. Marktheidenfeld): R. Koch, Main-Tauber-Gebiet Taf. 31, 8. 22. Niedernberg (Kr. Obernburg), Grab 5: Ebd. Taf. 11,10. 23. Niedertraubling (Kr. Regensburg): U. Koch, Donautal um Regensburg Taf. 45, 2 b. 24. Nordendorf (Kr. Donauwörth): M. Franken, Die Alamannen zwischen Hier und Lech. Germ. Denkmäler der Völkerwanderungszeit 5 (1944) Taf. 9, 2; 10, 3 b. - Prähist. Staatsslg. München und Römisches Museum Augsburg. 25. Oberpiebing (Kr. Straubing): U. Koch, Donautal um Regensburg Taf. 72, 2. 3. 26. Oberwarngau (Kr. Miesbach): Prähist. Staatsslg. München. 27. Feigen, Gde. Waibling (Kr. Landau/Isar), Gräber 7 u. 20: ebd. 28. Peiting (Kr. Schongau), Grab 1: ebd. 29. Pflaumheim (Kr. Obernburg): R. Koch, MainTauber-Gebiet Taf. 14,5. 30. Pfünz (Kr. Eichstätt): Dannheimer, Mittelfranken Taf. 54, C. 31. Salgen (Kr. Mindelheim): Franken, Hier und Lech Taf. 10, 4. 32. Schretzheim (Kr. Dillingen): U. Koch, Das Reihengräberfeld bei Schretzheim. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit A 13 (in Vorbereitung) Farbtaf. 6. 33. Seinsheim (Kr. Kitzingen): R. Koch, MainTauber-Gebiet Taf. 37, 16. 34. Thalmässing (Kr. Hilpoltstein), Gräber 17, 48, 64, 99: Nach Fremersdorf und Dannheimer, Mittelfranken Taf. 58, A; 60, C; 62, C; 67, C 11. 35. Unterthürheim (Kr. Wertingen): nach Fremersdorf. 36. Weihmörting (Kr. Passau), Grab 33, c: H. Zeiß, Bayer. Vorgeschbl. 12, 1934, 21 ff. Taf. l, 10. 37. Weillohe-Untermassing (Kr. Regensburg): U. Koch, Donautal um Regensburg Taf. 50,10. 38. Wettringen (Kr. Rothenburg): H. Dannheimer, Die Linde. Beilage zum Fränkischen Anz. f. Gesch. u. Heimatkde, von Rothenburg/Tauber 52, 1970, 42 ff. Abb. 4.

Mediterrane und fränkische Glasperlen des 6. und 7. Jahrhunderts Baden-Württemberg 1. Binningen (Kr. Konstanz), Grab 13: G. Fingerlin, Bad. Fundber. 22,1962,112. 2. Bodman (Kr. Konstanz), Grab 17: F. Garscha, Die Alamannen in Südbaden. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit A 11 (1970) 20. 3. Bopfingen (Kr. Aalen): Nach Fremersdorf; Neufunde (Gräber 4, 21, 65, 97,108,129,160,175) im Württ. Landesmus. Stuttgart. 4. Bruchsal: Bad. Landesmus. Karlsruhe. 5. Ditzingen (Kr. Leonberg): Fundber. Schwaben N. F. 14, 1957 Taf. 59, 2. 6. Donaueschingen: F. Garscha, Alamannen in Südbaden 35. 7. Donzdorf (Kr. Göppingen), Grab 78: E. Neuffer, Der Reihengräberfriedhof von Donzdorf. Forsch, u. Ber. z. Vor- u. Frühgesch. in Württemberg 2 (1972) Taf. 62,13. 8. Ebringen (Kr. Freiburg): Garscha, Alamannen in Südbaden 47 Nr. 28. 34. 9. Erbach (Kr. Ulm): Württ. Landesmus. Stuttgart. 10. Gammertingen (Kr. Sigmaringen): Nach Fremersdorf. 11. Großkuchen (Kr. Heidenheim): Fundber. Schwaben N. F. 18/2, 1968 Taf. 188, 1. 12. Güttingen (Kr. Konstanz): Nach Christlein. 13. Hailfingen (Kr. Tübingen): H. Stoll, Die Alamannengräber von Hailfingen in Württemberg. Germ. Denkmäler der Völkerwanderungszeit 4 (1939) Taf. 15, 4 (Grab 338); 19, 6 (Grab 474); Württ. Landesmus. Stuttgart. 14. Heidelberg-Kirchheim, Gräber 93, 95, 131: Nach Fremersdorf; G. Clauß, Reihengräberfelder von Heidelberg-Kirchheim. Bad. Fundber. Sonderh. 14 (1971) Taf. 21,15; 22,15; 32,12. 15. Herbrechtingen (Kr. Heidenheim): Nach Fremersdorf. 16. Hermaringen (Kr. Heidenheim), Grab 3: Württ. Landesmus. Stuttgart. 17. Herthen (Kr. Lörrach), Gräber 1-4, 12, 45, 258 A: Garscha, Alamannen in Südbaden 91. 94. 114 u. Taf. 0, 197; 94, 5. 18. Holzgerlingen (Kr. Böblingen): Nach Fremersdorf. 19. Kirchheim a. N. (Kr. Ludwigsburg): Württ. Landesmus. Stuttgart. 20. Kirchheim/Ries (Kr. Aalen): Württ. Landesmus. Stuttgart. 21. Kirchheim u. T. (Kr. Nürtingen): R. Fiedler, Katalog Kirchheim u. T. Veröffentl. Staatl. Amt f. Denkmalpflege Stuttgart A 7 (1962) Taf. 76, 6. 22. Kleinengstingen (Kr. Reutlingen): Württ. Landesmus. Stuttgart. 23. Kiepsau (Kr. Buchen): Bad. Landesmus. Karlsruhe. 24. Liedolsheim (Kr. Bruchsal): Bad. Fundber. 22, 1962, Farbtaf.

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24a. Merdingen (Kr. Freiburg): G. Fingerlin, Die alamannischen Gräberfelder von Güttingen und Merdingen. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit A 12 (1971) Taf. 60, 28, 1; 81, 140, 3-4 (Wirtel); 83,145,1. 25. Möglingen (Kr. Ludwigsburg), Grab 2: Württ. Landesmus. Stuttgart. 26. Murr (Kr. Ludwigsburg): O. Paret, Urgeschichte Württemberg (1921) Abb. 41, 9 u. Württ. Landesmus. Stuttgart. 27. Neckargartach (Kr. Heilbronn): Hist. Mus. Heilbronn. 28. Neckarsulm (Kr. Heilbronn): ebd. 29. Nusplingen (Kr. Baiingen), Grab 222: Württ. Landesmus. Stuttgart. 30. Oberjesingen (Kr. Nürtingen): ebd. 31. Oberstotzingen (Kr. Heidenheim): ebd. 32. Pfullingen (Kr. Reutlingen): ebd. 33. Rottweil: ebd. 34. Sindelfingen (Kr. Böblingen): nach Fremersdorf. 35. Sirnau (Kr. Esslingen) Grab 86: R. Koch, Katalog Esslingen 2. Veröff. Staatl. Amt f. Denkmalpflege Stuttgart A 14 (1969) 133 Nr. 91-94 Taf. 30,3. 36. Sontheim a. d. Brenz (Kr. Heidenheim), Gräber 92, 141, 175, 174, 91, 38, 78, 136, 147: Ch. Neuffer-Müller, Ein Reihengräberfriedhof in Sontheim an der Brenz. Veröff. Staatl. Amt f. Denkmalpflege Stuttgart A 11 (1966) Taf. 52; 53, 1; 54, 3; 55,1; 56,1; 57,1-2; 58,1; 58,5. 37. Stuttgart-Bad Cannstatt: Fundber. Schwaben N. F. 12,1952,100 Abb. 37. 38. Stuttgart-Untertürkheim: Württ. Landesmus. Stuttgart. 39. Tiengen (Kr. Waldshut), Grab 4: Garscha, Alamannen in Südbaden 275. 40. Trossingen (Kr. Tuttlingen), Grab 11: Fundber. Schwaben N. F. 9,1938,144 Abb. 76. 41. Ulm: Württ. Landesmus. Stuttgart, Slg. Haßler und Slg. Urach. 42. Weil der Stadt (Kr. Leonberg): Fundber. Schwaben N. F. 18/2, 1967 Taf. 194. 43. Welschingen (Kr. Konstanz): Garscha, Alamannen in Südbaden 284 Nr. 71. Rheinland-Pfalz und Saarland 1. Alzey, Himmelacker: Mus. Alzey. 2. Alzey, Wendacker: nach Christlein. 3. Andernach (Kr. Mayen): nach Fremersdorf. 3a. Bermersheim (Kr. Alzey): Germania 21,1937, 267 Abb. l, 12. 4. Mainz, St. Alban, Grab 70: nach Christlein. 5. Mülhofen b. Engers (Kr. Koblenz): nach F. Fremersdorf. 6. Oberolm (Kr. Mainz): ebd. 7. Rittersdorf (Kr. Bitburg): K. Böhner, Die fränkischen Altertümer des Trierer Landes. Germ.

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Denkmäler d. Völkerwanderungszeit B l (1958) Taf. 9,17.19. 7a. Rübenach (Stadt Koblenz): Ch. NeufferMüller u. H. Ament, Das Gräberfeld von Rübenach. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit B 7 (1973) Taf. 10,1-2; 26, 34. 8. Selzen (Kr. Mainz): nach Christlein. 9. Undenheim (Kr. Mainz): nach Fremersdorf. 10. Wiesoppenheim (Kr. Worms): ebd. 11. Walsheim (Kr. Homburg): 12. Ber. d. Staatl. Denkmalpflege im Saarland 1965, 107 ff. Taf. 17, 31. 12. Zemmer (Kr. Trier Land): K. Böhner, Trierer Land Taf. 9,18. Hessen 1. Leihgestern (Kr. Gießen): Mitt. d. Oberhess. Geschichtsver. 48,1964,42 Taf. 12. 2. Mittelbuchen (Kr. Hanau): Mus. Hanau. 3. Weilbach (Main-Taunus-Kreis): nach Christlein. Nordrhein-Westjalen 1. Beckum: nach Fremersdorf. la. Hemer (Kr. Iserlohn): Germania 37, 1959, 303 ff. Abb. l, 14. 2. Iversheim (Kr. Euskirchen), Grab 87: NeufferMüller, Das fränkische Gräberfeld von Iversheim. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit B 6 (1972) Taf. 43, 6. 3. Junkersdorf (Kr. Köln), Gräber 44, 49, 58, 238, 564: nach Fremersdorf; vgl. jetzt P. La Baume, Das fränkische Gräberfeld von Junkersdorf bei Köln. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit B 3 (1967) Taf. 3. 4. 5.17. 35. 4. Krefeld-Gellep, Gräber 189, 255, 1154, 1157: R. Pirling, Das römisch-fränkische Gräberfeld von Krefeld-Gellep. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit B 2 (1966) Taf. 13,5a; 24, lOe; 96, 15q; 96,23 (Wirtel). 5. Krefeld-Stratum: nach Fremersdorf. 6. Köln-Müngersdorf: Fremersdorf, Müngersdorf Taf. 9, 47, 1; 15, 89,12; 15, 90, 1; 16, 91b, 9; 19,101b,4.4. 7. Köln-St. Severin: nach Fremersdorf. 8. Nettersheim (Kr. Schieiden): ebd. 9. Rill (Kr. Xanten): F. Rütten u. A. Steeger, Rhein. Vierteljahresbl. 3,1933,315 Abb. 14. 10. Schwarzrheindorf (Kr. Bonn): nach Fremersdorf. Niedersachsen 1. Dörverden (Kr. Verden): A. Genrich, Der gemischt belegte Friedhof von Dörverden, Kr. Verden/Aller. Materialh. z. Ur- und Frühgesch. Niedersachsens l (1963) Taf. 13,106-107.109. 2. Rosdorf (Kr. Göttingen): nach Fremersdorf. Mitteldeutschland 1. Erfurt-Neuschmieden: H. Rempel, Reihengrä-

berfriedhöfe des 8. bis 11. Jahrhunderts aus Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen. Deutsche Akad. d. Wiss. zu Berlin. Schrift, d. Sektion f. Vor- und Frühgesch. 20 (1966) Taf. F, 104-105; 38, F 14. 21. 2. Goldbach (Kr. Gotha): B. Schmidt, Die späte Völkerwanderungszeit in Mitteldeutschland (Katalog Siidteil). Veröffentl. d. Landesmus, f. Vorgesdi. in Halle 25 (1970) Taf. 59, r. 3. Sietow (Kr. Röbel): Ausgrabungen u. Funde 11, 1966, 209 Abb. 2b (Wirtel). 4. Stössen (Kr. Hohenmölsen), Grab 17: Schmidt, Mitteldeutschland (Katalog) Taf. 10,3e. 5. Weimar, Grab 18: Nach Fremersdorf; vgl. auch Schmidt, Mitteldeutschland (Katalog) Taf. 77, 2b. 6. Wustrow (Kr. Ribnitz-Damgarten): Ausgrabungen u. Funde 12,1967,200 f. Abb. Id. Frankreich 1. Achenheim (Dep. Bas-Rhin): nach Christlein, l a. Altenstadt (Dep. Bas-Rhin): Mus. Wissembourg. 2. Annecy (D£p. Haute-Savoie): Ch. Marteaux u. M. le Roux, Boutae-Vicus Gallo-romain (1913) Abb. 76,1. 3. Armentieres (Dep. Aisne): nach Fremersdorf. 4. Baldenheim (Dep. Bas-Rhin): ebd. 5. Charnay (Dep. Saone-et-Loire): H. Baudot, Memoire sur les sepultures des barbares de Pepoque merovingienne decouvertes en Bourgogne (1857-60) Taf. 16,9. 6. Dieue-sur-Meuses (Dep. Meuse): Mus. Verdun. 7. Herpes (D6p. Charente): Ph. Delamain, Le cimetiere d'Herpes (1892) Taf. 5,18 (Wirtel). 8. Herrlisheim (Dep. Bas-Rhin): Mus. Hagenau. 9. Kurtzenhausen (Dep. Bas-Rhin): Cahiers Alsaciens d'Archeol., d'Art et d'Histoire 11,1967, 299 ff. Abb. 4,6. 10. Mezteres (Dep. Ardennes): Gräber 51 u. 55: fitudes Ardennaises 55, 1968 Taf. 7. 11. Straßburg, Aurelienplatz (Dep. Bas-Rhin): R. Hennig, Denkmäler der Elsaß. Altertumsslg. zu Straßburg i. Eis. (1912) Taf. 59,2. 12. Villers-St. Etienne (Dep. Meurthe-et-Moselle): Nach Fremersdorf. Belgien 1. Anderlecht (Prov. Brabant): A. de Loe, Belgique ancienne 4 (1939) 81 Abb. 71. 2. Arlon (Prov. Luxembourg), Gräber 6 u. 15: H. Roosens u. J. Alenus-Lecerf, Sepultures merovingiennes au „Vieux Cimetiere" d'Arlon. Arch. Belgica 88 (1965) 37 Abb. 19, 24-27; 70 Abb. 44, 82. 3. Baisy-Thy (Prov. Brabant): nach Christlein. 4. Bioulx (Prov. Namur): Mus. Namur.

Mediterrane und fränkische Glasperlen des 6. und 7. Jahrhunderts 5. Englmanshoven (Prov. Limburg): Mus. Tongres. 6. Fallais (Prov. Li&ge): Mus. Curtius, Liege. 7. Pry (Prov. Namur): Mus. Namur. 8. Spontin (Prov. Namur): nach Fremersdorf. 9. Trivieres (Prov. Hainaut), Grab 165: G. Faider-Feytmans, Les necropoles merovingiennes (1970) Taf. 28. Niederlande 1. Alphen (Prov. Noord-Brabant): A. Roes, De merovingische Begraafplaats van Alphen. Bidragen tot de Studie van het Brabantse Heem 4 (1955) Taf. l, 7. 2. Looven (Prov. Drente): nach Fremersdorf. 3. Maastricht (Prov. Limburg) St. Servaeskerk: J. Ypey u. P. Glazema, Kunst en Schoonheid (1955) Abb. 57. 4. Rhenen (Prov. Utrecht), Grab 195: Ebd. Abb. 3. England 1. Abingdon (Berkshire), Grab B 3: E. T. Leeds u. D. B. Harden, The Anglo-Saxon Cemetery at Abingdon (1936) Taf. 6,5. 2. Chessel Down (Isle of Wight): B. Brown, The Arts in Early England (1915) 439. 443 Taf. 106,3b. 3. Faversham (Kent): British Museum, London. 4. Ipswich (Essex): Archaeologia 60, 1907 Taf. 32-33. 5. Leighton Buzzard (Bedfordshire): Arch. Journal 120, 1963 Abb. 12h. 6. Kenninghall (Norfolk): British Museum, London. 7. Sarre (Kent): Arch. Cantiana 7, 1868 Farbtaf. 7-8. Schweden 1. Adelsö (Uppland): Statens Historiska Mus. Stockholm, Inv. Nr. 15 654. 2. Annexhemmanet, Hemse (Gotland): ebd. Inv. Nr. 4645-46; 4814. 3. Augerum (Blekinge) Bootsgrab: B. Arrhenius, Tor 1960,167 ff. Abb. 4. 4. As (Smäland), Hügel 12: St. Hist. Mus. Stockholm, Inv. Nr. 6746.

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5. Bädstorp, Kvillinge (östergötland): ebd. Inv. Nr. 26 424 : 36. 6. Bjäresjö (Schonen): Mus. Lund, Inv. Nr. 22931. 7. Bjärsgärd, Grämanstorp (Schonen): M. Strömberg, Untersuchungen zur jüngeren Eisenzeit in Schonen. Acta Arch. Lund. 4, 4 (1961) Taf. 48, 3h. 8. Bjärs, Hejnum (Gotland): St.Hist.Mus. Stockholm, Inv. Nr. 8767 : 120. 9. Broa, Halla (Gotland): ebd. Inv. Nr. 1106: 6. 10. Endre (Gotland): ebd. Inv. Nr. 2593. 11. Frösön (Jämtland): ebd. Inv. Nr. 13 804 : 1. 12. Ihre, Hellvi (Gotland), Gräber 138 u. 159: B. Nerman, Die Vendelzeit Gotlands (1969) Farbtaf. IV, 15-16. 13. Oxla, Sorunda (Södermanland): St. Hist. Mus. Stockholm, Inv. Nr. 2205: 85. 14. Ruda, Skedevi (östergötland): ebd. Inv. Nr. 17929. 15. Räby - Rönö, Ullberga (Södermanland): Ebd. Inv. Nr. 21 956: 7. 16. Skalgom, Ljustorp (Medelpad): ebd. 17. Stenbro, Silte (Gotland): ebd. Inv. Nr. 2239. 18. Trullhasar, Anga (Gotland), Grab 33: ebd. Inv. 8555 (dazu Bügelfibel: B. Nerman, Vendelzeit Taf. 6,45; Farbtaf. 1,1). 19. Tureberg, Sollentuna (Uppland): St. Hist. Mus. Stockholm, Inv. Nr. 209 26: 2. 20. Uggars, Eksta (Gotland): ebd. Inv.Nr. 16142. 16142. 21. Vallstenarum, Vallstena (Gotland): ebd. Inv. Nr. 6294 (dazu angeblich die Fibeln: Nerman, Vendelzeit Taf. 3, 26-27; 10, 75). 22. Vamlingbo (Gotland): St. Hist. Mus. Stockholm, Inv. Nr. 17 343:1520. 23. Vendel (Uppland), Bootgrab 3: H. Stolpe, La rukropole de Vendel (1927) Taf. 12,14. Finnland 1. Kalanti - Kalmumäki (Finnland): Vgl. Anm. 18. 2. Vöra - Kaparkullen (österbotten): Abb. 1. 3. Vöra - Rekipelta (österbotten): Abb. S. 4. Saltvik (Aland): Abb. 2.

3. W Ü R F E L F Ö R M I G E W E I S S E G L A S P E R L E N MIT B U N T E R FADEN- UND P U N K T A U F L A G E (Karte Abb. 8) 1. Anderlecht (Prov. Brabant): A. de Loe, Belgique ancienne. Catalogue Musees Royaux d'Art et d'Histoire ä Bruxelles (1939) 81 Abb. 71. 2. Aubermont, Breux (Dep. Meuse): F. Houzelle, Un Cimetiere franc - merovingien i Aubermont (Breux) (1896) Taf. 2, 4. 3. Aubigny-en-Artois (Dep. Pas-de-Calais): C.

Boulanger, Le mobilier funeraire gallo-romain et franc en Picardie et en Artois (1902-05) Taf. 40,2. 4. Böttingen (Kr. Tuttlingen): Fundber. Schwaben N. F. 15,1959 Taf. A. 5. Ciply (Prov. Hainaut): G. Faider-Feytmans, Les necropoles merovingiennes (1970) Taf. 123, A 14.

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6. Dattenberg (Kr. Neuwied): H. Kühn, Die germanischen Bügelfibeln der Völkerwanderungszeit in der Rheinprovinz2 (1965) Taf. 114,1. 7. Denzingen (Kr. Günzburg): Mus. Günzburg. 8. Eislingen (Kr. Göppingen): Fundber. Schwaben N. F. 15,1959 Taf. D. 9. Flavion (Prov. Namur): Arm. Namur 7, 1861 Taf. 7,14. 10. Hailfingen (Kr. Tübingen), Grab 356: H. Stoll, Die Alamannengräber von Hailfingen in Württemberg. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit 4 (1939) Taf. 17,6. 11. Heidenheim: Württ. Landesmus. Stuttgart. 12. Herten (Kr. Lörrach), Grab 138: F. Garscha, Die Alamannen in Südbaden. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit All (1970) Taf. O, 149. 13. Impfingen (Kr. Tauberbischofsheim), Grab 2: R. Koch, Bodenfunde der Völkerwanderungszeit aus dem Main-Tauber-Gebiet. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit A 8 (1967) Taf. 54, 4 a-b. 14. Kirchheim/Ries (Kr. Aalen), Grab 376: Württ. Landesmus. Stuttgart. 15. Löhnberg (Oberlahnkreis), Grab 3/1941: Mus. Weilbach. 16. Lommersum-Bodenheim (Kr. Euskirchen), Grab 67: Bonner Jahrb. 160, I960, 257 Taf. 35, 2.

17. Maurage (Prov. Hainaut): De Loe, Notice sur le cimettere franc du si£ge de la Garenne ä Maurage (Hainaut) (1926) Taf. 5, 2. 18. Molain (Arr. Vervins, Dep. Aisne): C. Boulanger, Le mobilier funeraire Taf. 41, 1. 19. Nabern (Kr. Nürtingen): R. Fiedler, Katalog Kirchheim unter Teck. Veröffentl. Staatl. Amt. f. Denkmalpflege Stuttgart A 7 (1962) Taf. 74,1. 20. Niedernberg (Kr. Obernburg), Grab 5: R. Koch, Main-Tauber-Gebiet Taf. 11, 10. 22. Rheinhausen - Hockemmeriel (Kr. Moers), Grab 24: H. Hinz u. H. Reichstein, Frühgeschichtliche Untersuchungen in Rheinhausen, Kr. Moers. Rheinische Ausgrabungen 9 (1971) 141 Abb. 3, 7. 23. Rudelsheim (Kr. Worms), Grab 3: Mus. Worms. 24. Villers - deux - Eglises (Prov. Namur): R. Brulet, Catalogue du materiel merovingien conserve au Musee Archeologique de Charleroi. Repertoire Arch. 5 (1970) Abb. 105,6. 25. Vörä - Gulldynt: Abb. 4, m. 26. Ohne Fundort, Slg. Fliedner: H. Bott, Kunstgewerbe der Merowingerzeit. Bilderh. d. RGZM. (1957) Taf. 4. 27. Fundort unbekannt: Mus. Noyon, als Leihgabe vom Mus. Laon.

ULRIKE GIESLER, MÜNCHEN DATIERUNG UND H E R L E I T U N G DER V O G E L F Ö R M I G E N RIEMENZUNGEN Ein Beitrag zur Archäologie der frühen Karolingerzeit

"Während der Grabung 1967/68 im frühmittelalterlichen Gräberfeld von Dunum, Kr. Wittmund (Ostfriesland), wurde mit Grab 326 die Bestattung eines Berittenen geborgen1. Der bekannte Teil des Inventares setzt sich aus einer Gürtelschnalle und einem Sporenpaar mit Riemenzungen zusammen, die in situ an den Resten der Lederschuhe angetroffen wurden (Abb. l, 2; 4, 2; Taf. 36,5). Die Sporen entsprechen mit gebuckelten Ösen und profiliertem Dorn einem geläufigen frühkarolingischen Typ. Bestandteile der zugehörigen Riemengarnitur sind zwei kleine Schnallen mit trapezförmigen Bügeln und rechteckigen Beschlägen, in welche gebuckelte Riemendurdizüge eingehängt sind. Weiter gehören zu den Sporengarnituren zwei Riemenzungen einer bisher im Karolingerreich nicht geläufigen Form. Die beiden Riemenzungen (Abb. l, 2) sind massiv aus Bronze gegossen; sie sind 4,1 cm lang und für 1,4 cm breite Riemen bestimmt, die von drei Nieten mit unterlegten Kerbrandsdieibchen im gespaltenen Oberteil festgehalten werden. Am oberen Teil setzt das oval angelegte Blatt mit je zwei halbrunden Ausschnitten in der unteren Hälfte seiner Kontur an. In der Längsachse tragen die sonst unverzierten Riemenzungen spindelförmige Wulste von halbrundem Querschnitt; an ihrem unteren Ende sind sie durch Einschnürungen von den nahezu vollplastischen Endknöpfen abgesetzt. Das Charakteristische der Gestaltung wird in der Literatur als vogelförmig umschrieben2. Außer Dunum sind neun Funde dieser Art publiziert (Abb. l, Nachweise Liste l, S. 536f.). Ihre Zahl wird durch sieben unveröffentlichte Exemplare ergänzt3, die überwiegend im Muzej Hrvatskih Spomenika in Split verwahrt werden. Anhand der publizierten Stücke, gestützt durch Beobachtungen am noch nicht vorgelegten Material, können zwei Formen der vogelförmigen Riemenzungen unterschieden werden. Zu einer schlanken Ausprägung, die für schmale Riemen bestimmt war, gehören Dunum und Zalavär (Abb. l, 2. 9j4. Das Blatt besitzt einen leicht gebauchten Umriß und wenig herausgearbeitete Sprossen in seiner unteren Hälfte. Mit acht Funden ist die zweite Form wesentlich häufiger (Abb. l, 1. 3-8.10)5; sie war für beträchtliche Riemenbreiten bestimmt. Mit ihrem stark gebauchten Blatt und den kräftig herausgear1

Schmid, Dunum 58 Abb. 7. Zu den verwendeten Zitatabkürzungen vgl. Abkürzungsverzeichnis S. 542 f. 2 Sös, Zalavar 62; Werner, Bacharach und Seeheim 504. 8 Diese Funde bearbeitet Z. Vinski, Zagreb. Seinem freundlichen Entgegenkommen wird ihre Kenntnis verdankt.

4

Dazu kommt ein unpublizierter Fund im Museum Zagreb, dessen Kenntnis ebenfalls Vinski verdankt wird. 5 Hierher gehören auch die sieben unpublizierten Funde im Museum Split, vgl. Anm. 3.

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Abb. 1. Vogelförmige Riemenzungen (Fundorte vgl. Liste 1). M. l : 1.

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berieten, durch Einschnitte in Zinkenpaare geteilten Sprossen setzt sie sich von der schlanken Form ab. Die Verschiedenheit drückt sich auch in den Längen-Breiten-Indices aus. Während bei der schlanken Form die Länge zur Breite im Verhältnis 3 : l steht6, wurde für die gebauchte Form ein Wert von 2 : l ermittelt7. Günstige Erhaltungsbedingungen erlauben im Falle von Dunum Grab 326 eine eindeutige Funktionsbestimmung der vogelförmigen Riemenzungen (Taf. 36, S). Die jeweils inneren Enden münden im gespaltenen Oberteil der Riemenzungen, wo sie durch Nieten festgehalten werden. Bei weiteren drei der insgesamt fünf Körpergrabfunde mit vogelförmigen Riemenzungen (Liste l, 1. 2. 8-10) ergibt sich aus der Fundsituation gleiche Verwendung als Spornriemenzungen8. Ergänzend sind Riemendurchzüge mit vogelförmigen Schauplatten aus Ostrovica (Abb. l, 8) und der Umgebung von Knin (Abb. 1,10) verwertbar, die ebenfalls zu Sporengarnituren gehören. In geschlossenen Grabinventaren bilden Sporen mit ihrem Zubehör in Material und Gestaltung einheitliche Ensembles, die offenbar in jeweils einer Werkstatt gearbeitet wurden. Fast stereotyp ist die Sporengarnitur aus Schnallen mit rechteckigem, gebuckeltem Bügel, Riemendurchzügen mit gebuckelter bzw. vogelförmiger Schauseite und vogelförmigen Riemenzungen zusammengesetzt. Sie diente am häufigsten der Befestigung von Schnallenösensporen, daneben aber auch von karolingischen Nietsporen und Sporen mit gebuckelten Ösen9. Ein Befund, der eine andersartige Verwendung vogelförmiger Riemenzungen belegen könnte, war nicht zu ermitteln, obwohl Riemenzungen in zahlreichen Grabfunden entsprechender Zeitstellung als Gürtelenden oder Bestandteile des Spathagurtes auftreten (Abb. S-6)w. Diese Funktionen erfüllten ausschließlich Knopfriemenzungen gestreckter U-Form11. Für die vogelförmigen Riemenzungen läßt sich, gestützt auf diese Feststellung und den Befund, daß sie in hinreichend beobachteten Gräbern stets zur Sporengarnitur gehören, wahrscheinlich machen, daß auch Stücke aus ungeklärten Fundzusammenhängen dieser Verwendung zuzuschreiben sind. Bis zur Auffindung des Reitergrabes von Dunum waren die vogelförmigen Riemenzungen in ihrer Verbreitung auf den ungarischen Fundort Zalavär und in einiger Dichte auf ein begrenztes Gebiet um Knin im Hinterland der dalmatinischen Küste, also im Wesentlichen auf den Boden des altkroatischen Staates beschränkt. Mit Dunum ist nun ein Fund aus dem äußersten Norden des Karolingerreiches hinzugekommen (Abb. 2). Die Kartierung zeigt, daß in Kroatien nur die gebauchte Form mit den zweizinkigen Sprossen vorkommt, während schlanke Stücke mit schwach ausgebildeten Sprossen dort fehlen; bei der begrenzten Zahl der Funde erscheint es verfrüht, aus diesem Verbreitungsbild weiterführende Schlüsse zu ziehen. Die Fundkonzentration im Bereich des altkroatischen Staates und die eigentümliche Formgebung der Riemenzungen könnten Anlaß zu ihrer Interpretation als Spezialität von lokaler Bedeutung geben. Der Fund von Dunum jedoch wirft die Frage auf, ob nicht trotz bisherigen Fehlens auf dem 8

Maße der schlanken Form: Dunum (Liste l, 2) L. 4,1, B. 1,4 cm; Zalavär (l, 9) L. 7,2, B. 2,5 cm; Museum Zagreb L. 3,2, B. 1,4 cm. 7 Maße bei der gebauchten Form: Biskupija-Crkvina l (l, 1) L. 2,9, B. 1,5 cm; Knin (l, 3) L. 5,0, B. 3,0 cm; Knin (l, 4) L. 4,0, B. 1,9 cm; Knin (l, 5) L. ? B. ? cm; Nin (l, 6) L. 5,6, B. 2,7 cm; Nin (1,7) L. 5,0, B. 2,5 cm; Ostrovica (l, 8) L. ca. 4,8, B. 2,4 cm; Umgebung Knin (l, 10) Verhältnis L: B = 1,7 : 1. 8 Biskupija-Crkvina l (l, 1): „Nietensporen mit Sporenverschlußgarmturen", Vinski, Waffenfunde 150; Ostrovica (l, 8): „Sporenverschlußgarnituren an den Schu-

hen", Belosevic, Metallfunde 158; Zalavär 269 (l, 9): Riemenzungen an die Sporen angerostet, Sös, Zalavär 62. 9 Liste l, 8-10: Schnallenösensporen; Liste l, 1: karolingische Nietsporen; Liste l, 2: Sporen mit gebuckelten Ösen. 10 Vgl. Liste 3 a und 3 b. 11 Als Knopfriemenzungen gestreckter U-Form werden hier die Stücke mit ungegliedertem Umriß bezeichnet; sie besitzen ein knospenförmiges Knopfende; vgl. Liste l, 1; 2, 21; S a u . Anm. 12.

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Abb. 2 Verbreitung der vogelförmigen Riemenzungen und der Knopfriemenzungen kleinen Formates. D vogelförmige Riemenzungen der schlanken Form, • vogelförmige Riemenzungen der gebauchten Form, O Knopfriemenzungen kleinen Formates ohne Tierornamentik, • mit Tierornamentik (Fundorte vgl. Listen l und 2).

Gebiet des Karolingerreiches eine reichskarolingische Anregung oder sogar Produktion zu unterstellen ist. Diese Deutungsmöglichkeit besitzt umso mehr Wahrscheinlichkeit, als im einheimischslawischen ebenso wie im byzantinischen Typenschatz des 8. Jahrhunderts keine verwandten Formen vertreten sind. Es kommen hier eigentlich nur die frühkarolingischen Knopfriemenzungen kleinen Formates als

Datierung und Herleitung der vogelförmigen Riemenzungen

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Vorläufer in Betracht (Abb. 3)12, die mit meist blütenförmigen oder knospenförmigen Endknöpfen Verwandtschaft mit den vogelförmigen Riemenzungen aufweisen; zudem sind sie im südslawischen Milieu als karolingische Komponenten bekannt (Abb. 2. 3,21.22. 31). Die formale Übereinstimmung wird durch die Ausgestaltung stark verwischt; die bei den Knopfriemenzungen kleinen Formates so häufig angewandte anglokarolingische Tierornamentik fehlt bei den vogelförmigen Riemenzungen gänzlich und wäre als flächendeckendes Zierelement mit den kräftigen Mittelwulsten auch nicht zu vereinen. Aus der Zahl der Knopfriemenzungen kleinen Formates sind aber einige Stücke hervorzuheben, die abgesehen vom Endknopf auch in der Umrißführung ihre enge Verwandtschaft mit den vogelförmigen Riemenzungen verdeutlichen. Neben den Funden von Barleben und Arezzo (Abb. 3,18.19) sind hier vor allem eine Riemenzunge aus der Umgebung von Volterra und ein fundortloses Stück aus den Beständen der Sammlung Diergardt (Abb. 3, 37 a. 39; Taf. 36, 2)13, beide mit anglokarolingischem Tierornament, zu nennen. Wie die vogelförmigen Riemenzungen zeichnen sie sich durch gebauchten Umriß und ausgeprägte Sprossen im unteren Teil des Blattes aus. Die Formgebung zeigt so große Verwandtschaft, daß die Zugehörigkeit der vogelförmigen Riemenzungen zum karolingischen Denkmälerbestand nicht in Zweifel gezogen werden kann. Die Zugehörigkeit zum karolingischen Formenkreis reicht aber nicht aus, um für die Funde im südslawischen Bereich eine Herstellung innerhalb des Karolingerreiches anzunehmen. Erleichtert wird die Abgrenzung des Produktionsbereiches dadurch, daß Sporen mit ihrem Zubehör erst durch das Einwirken der karolingischen Kultur von den Südslawen in die reiterliche Ausrüstung aufgenommen wurden14. Es liegt also nahe, die frühesten Sporen mit ihren Garnituren in Jugoslawien als karolingische Produkte zu betrachten. Gelingt es, einen Bestandteil des einzelnen Ensembles als karolingisches Fabrikat anzusprechen, so gilt diese Zuweisung für das Ganze, da, wie oben gesagt, alle Teile in einer Werkstatt gearbeitet wurden; Voraussetzung ist dabei allerdings, daß die ursprüngliche Zusammensetzung gewahrt blieb. Das notwendige reichskarolingische Vergleichsmaterial zu den jugoslawischen Sporensätzen ist weitgehend schon bei F. Stein zusammengestellt15 und hier in Listen ergänzt16. Schnallen mit gebuckeltem Bügel17, gebuckelte Riemendurchzüge und Knopfriemenzungen sind demnach ebenso wie Sporen mit gebuckelten Ösen typisch karolingische Formen. Dasselbe gilt für Sporen mit zwei parallelen Nietreihen auf den Endplatten. Schnallenösensporen können wegen ihrer typischen 12

Zusammenstellung Liste 2. Knopfriemenzungen kleinen Formates halten sich in ihren Abmessungen innerhalb des durch die vogelförmigen Riemenzungen vorgegebenen Bereiches; vgl. Anm. 6 u. 7. Im Gegensatz zu den Anm. 11 beschriebenen Knopfriemenzungen gestreckter U-Form sind sie klein und vielfältig in ihren Umrissen. Wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist das häufige Auftreten von Tierornamentik auf den Knopfriemenzungen kleinen Formates, das bei Knopfriemenzungen gestreckter U-Form offenbar keine Verwendung fand; vgl. Liste 2. 13 Die Publikationserlaubnis und Fotovorlagen für die Funde Liste 2, 37 a und 37 b werden dem überaus freundlichen Entgegenkommen von G. Haseloff, 'Würzburg, verdankt. 14 Im Großmährischen Reich sind vor der Ablösung durch karolingisch beeinflußte Nietsporen rein slawi-

sche Hakensporen seit dem 7. Jahrhundert in Verwendung gewesen. "Stein, Adelsgräber; das fragliche Material wird von Stein der chronologischen Gruppe C zugeteilt, die nach ihrem Ansatz mit der Zeit von rund 750 bis 800 gleichzusetzen ist. 18 Liste 3 a: Männergräber mit frühkarolingischen Beigaben in Jugoslawien. - Liste 3 b: Männergräber mit typischen Beigaben des Horizontes der anglokarolingischen Tierornamentik, insbesondere Knopfriemenzungen kleinen Formates. Bei Stein, Adelsgräber fehlen die Funde Liste 3 b, 11 (2). 13 (20). 14 (22). 15 (24). 16 (25}. 22 (34). 23 (46). 24 (47). 25 (48). - In den beiden Listen sind die typischen karolingischen Formen und Zierdetails des jeweiligen Horizontes angesprochen. 17 Bei Werner, Mogorjelo 246 werden Schnallen mit gebuckeltem Bügel ebenfalls als charakteristische karolingische Formen beurteilt.

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Abb. 3. Knopfriemenzungen kleinen Formates (Fundorte vgl. Liste 2). M. 1:1.

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gebuckelten Rahmen, der Dornmanschetten mit Perlrand und der schraffierten Dreiecke18 ebenfalls in Anspruch genommen werden. Der karolingische Einfluß kommt darüber hinaus auch in der Waffenausrüstung zum Ausdruck (Liste S a u . Abb. 5. 6). Im Rahmen der weitgespannten Handelsbeziehungen, wie sie in den Gräbern faßbar werden, müssen auch die Sporenensembles nach Kroatien gelangt sein. Ein gewisser "Widerspruch scheint zunächst noch in der schwerpunktmäßigen Verbreitung außerhalb des angenommenen Herstellungsbereiches zu liegen. Berücksichtigt man aber die gegebene Fundsituation im Karolingerreich, so ist dem Fund von Dunum ein erheblich größerer Stellenwert beizumessen, als im Zahlenverhältnis der Verbreitung zum Ausdruck kommt. Wie Werner19 ausführte, ist nämlich das Fehlen beigabenführender Körpergräber im Karolingerreich dafür verantwortlich zu machen, daß eindeutig karolingische Formen im Ursprungsgebiet nicht oder nur vereinzelt auftreten, während sie aufgrund fortgesetzter Pflege der Beigabensitte in Nordeuropa und im slawischen Bereich in größerer Zahl gefunden werden. Dasselbe gilt für die Knopfriemenzungen kleinen Formates aus dem Karolingerreich, obwohl ihr Bestand im Vergleich zu anderen Formen, insbesondere zu den vogelförmigen Riemenzungen, kaum als gering bezeichnet werden kann. In der Masse sind sie Einzelfunde, deren Erfassung aber durch verschiedene Umstände besonders begünstigt war. Einmal werden Knopfriemenzungen kleinen Formates von vorneherein häufiger gewesen sein, weil ihr Anwendungsbereich - als Sporen - (Abb. 3, 19. 22. 26. 27. 34) und Gürtelzubehör (Abb. 3, 2SJ20 - größer war als der der vogelförmigen Riemenzungen, die auf Sporengarnituren beschränkt blieben. Zum anderen darf auch der Umstand nicht unterschätzt werden, daß den Knopfriemenzungen kleinen Formates mit Tierornamentik von der Forschung gesteigertes Interesse entgegengebracht wurde21. Die Datierung der vogelförmigen Riemenzungen schwankt bei den verschiedenen Autoren zwischen der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts und der Mitte des 9. Jahrhunderts. J. Belosevic schreibt sie den „kroatischen Kriegern des 9. Jahrhunderts" zu und faßt die Datierung im Falle von Ostrovica schärfer um die Mitte des 9. Jahrhunderts22. A. Sos spricht sich in Zusammenhang mit Grab 269 von Zalavär ebenfalls für die Mitte des 9. Jahrhunderts aus23. Zu einem erheblich früheren Ansatz kommt hingegen Z. Vinski, der die Riemenzungen aus Grab l von Biskupija-Crkvina in das letzte Viertel des 8. Jahrhunderts stellt24; er befindet sich damit etwa in Einklang mit P. Schmids Datierung für Dunum Grab 326 in die 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts25. Schmids Ausgangspunkt ist der Tassilokelch26. Dieses Denkmal ragt aus der Zahl der Denkmäler mit anglokarolingischer Tierornamentik auf Grund recht genauer Datierbarkeit heraus, ist aber als Basis für die absolute Chronologie der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts sicherlich überfordert; noch war es nämlich nicht möglich, dem um 18 Die häufige Verknüpfung von Leisten aus schraffierten Dreiecken mit anglokarolingischem Tierornament vermerkt auch Werner, Mogorjelo 246 mit Anm. 57. - Die Schnallenösensporen werden in der kroatischen Forschung zusammen mit vogelförmigen Riemenzungen als karolingisch geführt; vgl. Belosevic, Metallfunde 157 f. 19 Werner, Bacharach und Seeheim 499. 20 Vgl. noch Liste 2, 31. - Dieselbe Funktion erfüllen im Karolingerreich auch schlanke U-förmige Riemenzungen ohne Endknopf, die ebenfalls häufig Tierornamentik tragen: 1. Rossum. 2. Fundort unbekannt. 3.-5. Wijk bij Duurstede. 6. Belgien. 1.-6. Ypey, Fund-

stücke 176 Abb. l, 5. 11. 13; 178 Abb. 2, 6. 6a. 12. 7. Pennigsberg bei Mittenwalde. 8. Luckenwalde. 8.-9. Werner, Bacharach und Seeheim 498 Abb. l a u . Taf. 26 a. 21 Abb. 3 repräsentiert das Verhältnis verzierter zu unverzierten Stücken, wie es sich in der Literatur darstellt; es muß bezweifelt werden, daß dieses Verhältnis den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht. 22 Belosevic, Metallfunde 158. 23 Sos, Zalavär 63. 24 Vinski, Waffenfunde 149. 25 Schmid, Dunum 60. 26 Haseloff, Tassilokelch.

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77727 entstandenen Kelch einen festen Platz innerhalb der Entwicklung des Tierornamentes zuzuweisen. Man kann auf diesem "Wege einen groben Datierungsanhalt für die Knopfriemenzungen kleinen Formates gewinnen, doch auf die vogelförmigen Riemenzungen als eine spezielle Ausprägung ohne Tierornamentik ist er nicht ohne weiteres übertragbar28. Um Schmids Ansatz für Dunum zu überprüfen oder abzusichern, wird man also nach einer zusätzlichen Datierungsmöglichkeit suchen müssen. Hierzu bietet sich in besonders günstiger Weise Grab l von Biskupija-Crkvina an, das vogelförmige Riemenzungen enthielt und durch die Beigabe eines Obolus recht gut datierbar ist. Mit sechs weiteren münzdatierten Gräbern von derselben Fundstelle bildet Grab l eine geschlossene Gruppe, die hervorragende Bedeutung für die absolute Chronologie besitzt. In der jugoslawischen Fachwelt ist dies allgemein bekannt29; für den Ausbau des Chronologieschemas der frühen Karolingerzeit ist der Komplex bisher jedoch außer Betracht geblieben, nicht zuletzt deshalb, weil er dem 9. Jahrhundert zugeschrieben wurde30. Trotz unvollständiger Dokumentation ist eine Analyse der Gräber im Wesentlichen möglich. Aussagen zu Fundsituation und Grabbau sind festgehalten31, und für drei der vier nicht abgebildeten Inventare - Gräber 2-4 - stehen immerhin Inhaltsangaben zur Verfügung32. Die Gräber liegen in einer Gruppe wenige Meter südlich der Muttergottesbasilika33, mit Tiefen von mindestens 3 m in der ältesten slawischen Schicht der Fundstelle. Die Toten waren in Holzsärgen in schlichten Erdgruben beigesetzt. An Lage und Grabbau erkennbare Gemeinsamkeiten der Gräber sind auch beim Vergleich der Inventare feststellbar34. Schwerter vom Typ Petersen K, karolingische Nietsporen, Schnallenösensporen, ovale Holzeimer mit Metallbeschlägen, Schnallen mit rechteckigem, gebukkeltem Rahmen, Riemenzungen und Riemendurchzüge bestimmter Formen-und einige Ziermotive sind in wechselnden Kombinationen in allen Gräbern vergesellschaftet. Diese erheblichen Übereinstimmungen erlauben den Schluß, daß die Anlage der Gräber sich innerhalb einer begrenzten Zeitspanne abgespielt hat. Die absolutchronologische Festlegung des Beisetzungszeitraumes wird durch die seltene Erscheinung ermöglicht, daß in allen sieben Gräbern Münzen desselben byzantinischen Kaisers, nämlich Solidi Konstantin V. Kopronymos (741-775), Obolusfunktion erfüllten. Bestimmung, Beschreibung und Datierung dieses Münztypus sind jüngst von C. Morrisson erneut vorgenommen worden35. Alle abgebildeten Stücke von Biskupija-Crkvina zeigen auf der Vorderseite den Kaiser, neben ihm seinen 27

Datierung nach Werner, Rastede 181. Schmid trifft hier keine Unterscheidung. Schmid, Dunum 60. 29 Leider ist dieser Komplex bisher nicht in angemessener Weise publiziert worden. 30 Bei Werner wird Biskupija-Crkvina mehrfach erwähnt, aber stets nur in Zusammenhang mit Problemen des 9. Jahrhunderts. Vgl. Werner, Mogorjelo 244 Anm. 10; 247 mit Anm. 25; Werner, Bacharach und Seeheim 489. 502. 504 Anm. 41. Eine entsprechende Bewertung findet sich bei M. Müller-Wille, Offa 27, 1970, 73. 83. 31 Vinski, Waffenfunde 149. 32 Beigaben der Gräbergruppe von Biskupija-Crkvina mit Solidi Konstantin V. und Leon IV.: Grab l vgl. Liste l, l u. Abb. l, 1; S, 1. - Grab 6 vgl. Liste 3 a, 28

5 (40) u. Abb. 6, 40. - Grab 7 vgl. Liste 3 a, 6 (41) u. Abb. 6, 41. - Grab 2 mit Paar Sporen aus Fe, Solidus Konstantin V wie Liste l, l, vgl. Arch. Jugoslavica 7, 1966, 90. - Grab 3 mit Paar Sporen aus Fe, Sporengarnituren, Solidus Konstantin V., vgl. Vinski, Waffenfunde 152 f. - Grab 4 (Jüngling) mit Langsax (Kampfklinge), Paar Sporen aus vergoldetem Silber wie Liste l, l, Sporengarnituren, Solidus Konstantin V. wie Liste l, l, vgl. Arch. Jugoslavica 7, 1966, 89 f. - Grab S ohne Angaben. - (Grab 8 ohne Münze! mit Schwert, Schwertgurt, Feuerzeug, Holzeimer, vgl. Arch. Jugoslavica 7, 1966, 89.). 33 Grab l war 5 m, Grab 7 war 4 m von der Südwand der Basilika entfernt. 34 Vgl. Anm. 32. 35 C. Morrisson, Monnaies Byzantines 466 ff.

Datierung und Herleitung der vogelförmigen Riemenzungen

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Abb. 4. Geschlossene Grabfunde des Horizontes der anglo-karolingischen Tierornamentik (2. 19. 34. 22) und des Horizontes Biskupija-Crkvina (8-10) (Fundorte vgl. Listen 3a und 3b). M. l : 3.

34 Festschrift Werner

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Abb. 5. Grabfunde des Horizontes Biskupija-Crkvina (Fundorte vgl. Liste 3a). M. etwa l: 3.

Datierung und Herleitung der vogelförmigen Riemenzungen

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Abb. 6. Grabfunde des Horizontes Biskupija-Crkvina (Fundorte vgl. Liste 3a; 33 vgl. Liste 2,33). M. etwa l: 3.

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Sohn Leon IV., der als Jüngling dargestellt ist. Es sind Prägungen aus Syrakus36, die dem Typ 2 b der Konstantinopler Prägungen entsprechen37. Leon IV. wurde zweijährig im Jahre 751 gekrönt; da er stets mit Krone dargestellt ist, können die Münzen des Typus 2 nur nach diesem Ereignis geprägt worden sein. Weiter einengen läßt sich die Prägezeit unserer Münzen durch die Beobachtung, daß Leon IV. auf Münzen des Typus 2 in verschiedenen Altersstufen dargestellt ist: Typ 2 a zeigt ihn als Kind38, Typ 2 b hingegen als Jüngling. Mithin fällt für die Münzen aus Biskupija-Crkvina die Frühphase der Prägezeit von Typ 2 aus. Interessant ist die Überlegung Morrissons, die den Beginn der Prägung von Typ 2 b mit der 768 erfolgten Erhebung von Nikephoros und Christophoros zu Caesares in Verbindung bringt39, doch besitzt diese Hypothese bisher noch keine Beweiskraft. Unter Berücksichtigung aller Anhaltspunkte wird man für die Emissionen des Typus 2 b eine Datierung etwa in die letzten 15 Regierungsjähre Konstantin V. - von rund 760 bis 775 - vertreten können. Die einheitliche Zugehörigkeit der abgebildeten Münzen von Biskupija-Crkvina zu Emissionen der genannten Zeit ist zusammen mit der Übereinstimmung der Beigaben derselben Gräber dahingehend interpretierbar, daß die Beisetzung der Toten noch während oder kurz nach der Regierungszeit Konstantin V., also im letzten Drittel des 8. Jahrhunderts, erfolgte40. Mit der Einordnung von Biskupija-Crkvina und damit der vogelförmigen Riemenzungen aus Grab l findet Schmids Datierung für Grab 326 von Dunum in die 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts ihre Bestätigung. Beziehungen der Grabinventare mit vogelförmigen Riemenzungen untereinander und zum Formenbestand der Gräbergruppe in Biskupija-Crkvina41 verdeutlichen die Zugehörigkeit zu einem gemeinsamen zeitlich und formenkundlich definierten Horizont. Unter diesem Gesichtspunkt sind die Datierungen von Dunum und Biskupija-Crkvina bei der eigentümlichen und wenig variablen Formgebung auf die gesamte Gattung der vogelförmigen Riemenzungen übertragbar. Der Beginn des Horizontes Biskupija-Crkvina wurde bisher um 800 bzw. Anfang des 9. Jahrhunderts gesucht42, nun aber zwingt die Münzdatierung der namengebenden Gräbergruppe zu einer Verschiebung in das letzte Drittel des 8. Jahrhunderts. Die für das Einsetzen des Horizontes Biskupija-Crkvina gewonnene Frühdatierung bleibt nicht ohne Konsequenzen für die Beurteilung des Chronologieschemas der frühen Karolingerzeit. Besonders davon betroffen ist die Datierung der anglokarolingischen Tierornamentik. In seinen Arbeiten zur Karolingerzeit kommt "Werner zu dem Ergebnis, daß das insulare Tierornament kontinentaler 36

Die Typenansprache der Münzen wurde von Morrisson, Monnaies Byzantines 471 übernommen. Danach enthielt Grab l 23/Sy/AU/02, Grab 6 23/Sy/AU/02, Grab 7 23/Sy/AU/01-02. Eine nicht zuweisbare Münze des Fundortes entspricht 23/Sy/AU/01-02. - Die beiden Münztypen sind nach Morrisson Taf. 67 hier Taf. 36 4 a. b abgebildet. 37 Morrisson, Monnaies Byzantines 469. - Typ 2 b der Konstantinopler Prägungen entspricht 23/Cp/AU/ 08-10. 38 Morrisson, Monnaies Byzantines 466. - Typ 2 a entspricht 23/Cp/AU/06-07. Die Münze 23/Cp/AU/06 ist zu Vergleichszwecken hier Taf. 36, 3 nochmals abgebildet. Das Kindliche in der Darstellungsweise Leon IV. drückt sich aus in dem Größenunterschied der Büsten (Leon IV. ist erheblich kleiner als sein Vater dargestellt) und in der gerundeten Formgebung von Kopf und Gesichtszügen aus.

39

Morrisson, Monnaies Byzantines 466 f.; Leon IV. war bei diesem Ereignis 18 Jahre alt. 40 Zu einer ähnlichen Datierung - spätes 8. Jahrhundert bis um 800 - kommt Vinski, Waffenfunde 149. Seine Angaben vermitteln nur einen sehr allgemeinen Eindruck von der Art des Umlaufes byzantinischer Solidi in Kroatien während der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts. Dieser Mangel kann aber nur von der numismatischen Forschung in Form einer zusammenfassenden Darstellung behoben werden; daher wurde hier auf entsprechende Aussagen verzichtet. 41 Gemeint sind hier außer den vogelförmigen Riemenzungen Schnallenösensporen, Schnallen mit rechteckigem, gebuckeltem Bügel, gebuckelte bzw. vogelförmige Riemendurchzüge und schraffierte Dreiecke. 42 Nur Vinski datiert den Komplex Biskupija-Crkvina noch in das ausgehende 8. Jahrhundert; vgl. Anm. 40.

Datierung und Herleitung der vogelförmigen Riemenzungen

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Prägung während der gesamten 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts Verwendung fand43. "Weiter stellt er fest, daß es allein bei Franken, Alamannen, Thüringern, Sachsen und Baiern verbreitet gewesen sei44. Ein Überblick über den fraglichen Denkmälerbestand außerhalb des Karolingerreiches bestätigt Werners Aussage; selbst für die Frühzeit der slawischen Staatsgebilde in Mähren und Kroatien gegen Ende des 8. Jahrhunderts und um 800, die nach Beurteilung archäologischer und historischer Quellen von engen Beziehungen zum Karolingerreidi auf den Gebieten von Politik, Handel, Religion und Kultur geprägt ist, bleiben Gegenstände mit anglokarolingischer Tierornamentik eine Seltenheit (Abb. 7J45. Besonders auffallen muß dieser Mangel, wenn man sich die zahlreichen Grabfunde des Horizontes Biskupija-Crkvina vor Augen hält, deren Inventare überwiegend aus karolingischen Formen zusammengesetzt sind (Abb. 4-6). Es ist eine recht gleichförmige Gruppe von Gegenständen mit nur wenigen zurückhaltenden Zierelementen. Die als Träger anglokarolingischer Tierornamentik denkbaren Formen, besonders Knopfriemenzungen kleinen Formates (Abb. 3), sind nicht vertreten. Statt dessen finden sich Knopfriemenzungen gestreckter U-Form an Spathagurten, vogelförmige und kurze U-förmige Riemenzungen ohne Endknopf bei Sporengarnituren. Daneben treten Spathen der Typen Petersen K und K-O, Langsaxe, Schnallen mit kräftig gebuckeltem, rechteckigem Rahmen46, gebuckelte Riemendurchzüge, karolingische Nietsporen und Schnallenösensporen auf47. Aus dem Bereich der Zierweisen sind schraffierte Dreiecke auf den Dornmanschetten zu nennen, die schon an Gegenständen des Horizontes der Tierornamentik als karolingisch erkannt wurden48. Sie gehören neben plastischer Gestaltung in Form von Rippen, Buckeln, Wülsten und Endknöpfen und neben der Tauschierung49 zu den wenigen gebräuchlichen Zierelementen. Daß in einem Horizont karolingischer Formen aus einem späteren Abschnitt der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts das vermeintlich so typische Tierornament völlig fehlt50, gibt zu denken, denn das archäologische Bild widerspricht völlig den Zeitansätzen der beiden Horizonte. Das zeigt sich noch deutlicher, wenn man alle mit dem Horizont der anglokarolingischen Tierornamentik verbundenen Formen in die Betrachtung einbezieht. Kaum eine der Formen der Gruppe C nach Stein, die die 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts füllen soll51, also mit der Datierung der Tierornamentik deckungsgleich ist, findet sich unverändert im Horizont Biskupija-Crkvina wieder (Abb. 4-6 u. Liste 3 a. b). Schwerter der Typen Petersen B und H, Immenstedt und Mannheim, Sporen mit gebuckelten Ösen, 43

Werner, Rastede 179. Werner, Rastede 191. 45 Mähren: Möglicherweise in ein Spätstadium gehörig ist der Beschlag einer karolingischen Spathagarnitur aus Hradec, dessen Tierornamentik nur mehr entfernte Anklänge an die anglokarolingische Tierornamentik aufweist. Slovenska Arch. 12, 1964, 456 Abb. 10, hier Abb. 3, 49. - Jugoslawien: Mogorjelo (2, 31), Werner, Mogorjelo Taf. 2,12. 46 Schnallen mit gebuckeltem Rahmen sind karolingische Formen; Werner, Mogorjelo 246. 47 Außer den Münzen kann keine byzantinische Komponente ausgesondert werden. 48 Diese Erkenntnis wird Werner verdankt: Mogorjelo 246. - Folgende siebzehn karolingischen Fundstücke tragen Leisten aus schraffierten Dreiecken: Haamstede (2, 23); Huizum, Ber. Amersfoort 18, 1963, 176 Abb. l, 13; Rossum, ebd. Abb. l, 5; Wijk bij Duurstede, ebd. Abb. l, 11; Mogorjelo (2, 31); Wurmlingen, Stein, 44

Adelsgräber Taf. 40,10; München-Englschalking Grab 5, ebd. Taf. 15, 20; Immenstedt, ebd. Taf. 94, 7; Slg. Frederiks, Ber. Amersfoort 5, 1954 Taf. 20, 4; Wijk bij Duurstede, ebd. Taf. 20, 6; Wijk bij Duurstede, ebd. 18, 1958, 178 Abb. 2, 6; Belgien, ebd. Abb. 2, 12; Fundort unbekannt (2, 36); Sammlung Diergardt (2, 38); Enger, Haseloff, Tassilokelch 38 Abb. 25; Hohenhenningen (2, 24); Weibsleben, Rempel, Reihengräberfriedhöfe Taf. 100, 1; Jülich-Hambadier Wald, Haseloff, Tassilokelch Taf. 14. 49 Tauschierung findet sich in Zalavär Grab 269 (l, 9) und Biskupija-Crkvina Grab 7 (3 a, 6 [41]). 50 Einzige Ausnahme ist Reinsdorf-Hohnsleben (2,33): mit dem Typ der Knopfriemenzunge gestreckter U-Form ist hier verwaschene Tierornamentik vereint, also Elemente aus beiden Horizonten. - Vgl. Abb. 6,33. 51 Zusammenstellung der typischen Formen in Männergräbern der Gruppe C: Stein, Adelsgräber 88, bes. 92; in Liste 3 b ist Steins Material ergänzt.

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Abb. 7. Grabfunde des Horizontes der anglokarolingischen Tierornamentik (±) und des Horizontes BiskupijaCrkvina (•) (Fundorte vgl. Listen 3a und 3b).

Schnallen mit ovalen gebuckelten Bügeln, Knopfriemenzungen kleinen Formates sind auf den Horizont der anglokarolingischen Tierornamentik beschränkt. Steins Zusammenstellung bedarf einiger Ergänzungen, da wegen der Beschränkung auf Grabfunde einige Formen mit (und ohne) Tierornament, die als Einzel- und Siedlungsfunde geläufig sind, nicht zur Geltung kommen. So sind beispielsweise schmale U-förmige Riemenzungen ohne Endknopf52 und die typischen rechteckigen 52

In ihrer Verwendung als Gürtelenden sind schlanke U-förmige Riemenzungen ohne Endknopf als Vorläufer

der Knopfriemenzungen gestreckter U-Form zu verstehen; vgl. hierzu Anm. 20.

Datierung und Herleitung der vogelförmigen Riemenzungen

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Beschläge von Spathaaufhängung und Leibgurt53 sowie die karolingischen Nietsporen und Riemenkreuzungen vom Zaumzeug54 hinzuzufügen. Es ist nun zu fragen, auf welche Ursachen das Fehlen typischer Formen der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts in gleichzeitigen Gräbern zurückgeht. Werner weist daraufhin, daß unter Berücksichtigung materieller und handwerklicher Qualität der Gegenstände mit anglokarolingischer Tierornamentik vor allem der Adel als Besitzer in Frage kommt55; gerade diese Schicht verzichtete aber außer in den Randgebieten im Norden und Nordosten des Karolingerreiches in der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts auf die Beigabensitte56. Trotz der ungünstigen Fundsituation reichen Grab- und Einzelfunde (Liste 2. 3 b) aus dem Karolingerreich aus, um zu zeigen, daß im Horizont der anglokarolingischen Tierornamentik die typischen Formen des Horizontes Biskupija-Crkvina (Liste 3 a) fehlen. Aber auch einige Gemeinsamkeiten, die für unmittelbare Aufeinanderfolge und Überschneidung der beiden Horizonte stehen, können ausgeschieden werden. Die ovalen gebuckelten Schnallenbügel setzen sich in rechteckigen gebuckelten Bügeln fort, in veränderter Form treten Knopfriemenzungen auf, gebuckelte Riemendurchzüge sind beiden Horizonten eigen; aus dem Bereich der Ziermotive sind Leisten aus schraffierten Dreiecken und Volutenverzierung zu nennen (Abb. 6, 41). Deutlich wird der Kontakt der beiden Horizonte im Mischinventar von Dunum Grab 32657 und an der Knopfriemenzunge gestreckter U-Form von Reinsdorf-Hohnsleben (Abb. 6, 33)50. Mit dem Nachweis einer offenbar unwesentlichen Überschneidung der Horizonte sind die absoluten Zeitansätze - gesamte 2. Hälfte des S.Jahrhunderts für den Horizont der anglokarolingischen Tierornamentik, letztes Drittel des 8. Jahrhunderts für die Frühzeit des Horizontes Biskupija-Crkvina kaum in Einklang zu bringen. Bedenkt man, daß die Datierung der Tierornamentik allein58 auf der zeitlichen Zuweisung des Tassilokelches um 777 bzw. 768/69-8 859 und seiner vermuteten Mittelstellung in der Gesamtentwicklung des Tierornamentes beruht, so kann die Möglichkeit einer Fehleinschätzung des Endes der anglokarolingischen Tierornamentik nicht von der Hand gewiesen werden. Es ist durchaus denkbar, daß mit dem hochentwickelten Tierornament des Kelches bereits ein Spätstadium erreicht war. Unter den gegebenen Voraussetzungen wird es notwendig sein, die Datierung der anglokarolingischen Tierornamentik erneut zu überprüfen und gegebenenfalls dahingehend abzuwandeln, daß ihr Ende bereits einige Zeit vor 800 erreicht war. Für die vogelförmigen Riemenzungen und die Anlage der Gräber von Biskupija-Crkvina, die gemeinsam einen jüngeren Horizont karolingischer Formen einleiten, ist jedenfalls an der Datierung in das letzte Drittel des 8. Jahrhunderts festzuhalten.

53

S. 526 Abb. 3, 49: Hradec, vgl. Anm. 45; Perugia, Werner, Rastede Taf. 24, 10; Ascoli Piceno, ebd. Taf. 24, 9; Maschen ebd. Taf. 24, 6; Donzdorf, ebd. Taf. 24, 5. - Vgl. auch Stein, Adelsgräber 87. 54 Einzige Ausnahme ist das Fragment eines karolingischen Nietsporns aus dem Gräberfeld von Bendorf: Stein, Adelsgräber Taf. 51, 24. - Riemenverteiler: Werner, Rastede 86 u. Taf. 24, 8. 55 Werner, Rastede 188.

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Werner, Rastede 187 - Verbreitung vgl. S. 534 Abb. 7. " Zum Horizont der anglokarolingischen Tierornamentik sind Sporen und Gürtelschnalle zu zählen, zum Horizont Biskupija-Crkvina die vogelförmigen RiemenZungen; vgl. Liste l, 2 u. Abb. l, 2; Liste 3 b, 11 (2) u. Abb. 4,2. 58 Stein, Adelsgräber 107. 5 ° Stein a. a. 0.108 mit Anm. 30.

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LISTEN l.VOGELFÖRMIGE R I E M E N Z U N G E N (Verbreitung Abb. 2, S. 524) Vorbemerkung: Die Bezifferung der Funde stimmt mit der Kennzeichnung auf Abbildungen und Karten überein. 1. Biskupija, Gde, Knin, Bez. Sibenik, Kroatien Gräberfeld bei der Marienbasilika in der Flur ,Crkvina'. Körpergrab l, mit Holzsarg, 5 m südlich der Kirche, T. 3 m. Inventar (Abb. l, 1; 5,1): 1.-3. Sporengarnituren: 1. Paar Riemenzungen, Br., L. 2,9, B. 1,5 cm, vogelförmig. - 2. Paar Schnallen, Br., gebuckelte Bügel. - 3. Paar Riemendurchzüge, Br., gebuckelt. - 4. Paar Sporen, Br. vergoldet mit Fe-dornen, karolingischer Nietsporentyp. 5. Spatha, Typ Petersen K, Marke ULFBERHT auf der Klinge. - 6. Schwertgurt mit Schwertaufhängung, Br., siebenteilig: 4 Schnallen, rechteckige, gebuckelte Rahmen; Riemenzunge, gestreckte UForm, unverziert, mit Endknopf; 2 Beschläge, gebuckelt, Durchzüge. - 7. Eimer, Holz mit Fe-Beschlägen, oval. — 8. Patene, Cu, gehämmert, mit Standring. - 9. Obolus, Au - Solidus Konstantin V. mit Leon IV. Münzstätte Syrakus; Münztyp: Morrisson 23/Sy/AU/02 (vgl. Literaturangabe). VS: Konstantin V. und Leon IV. en face, Brustbilder, Leon IV. ist als Jüngling dargestellt. RS: Leon III., Brustbild en face. Abgeb. in Starohrvatska Prosvjeta 3, 1897, H. 2, 36; zum Münztyp vgl. Taf. 36, 4b. R. Zschille u. R. Forrer, Der Sporn in seiner Formenentwicklung 2 (1899) Taf. 23,1. Z. Vinski, Waffenfunde 139 Abb. 3; zur Münze S. 138. 149. Morrisson, Monnaies Byzantines 468 f.; Taf. 67. Museum Split. 2. Dunum, Kr. Wittmund, Ostfriesland Gemischt belegtes Gräberfeld des 8. und 9. Jh. Körpergrab 326. Inventar (Abb. l, 2; 4, 2; Taf. 36, 5): 1.-3. Sporengarnituren, Br.: 1. Paar Riemenzungen, L. 4,1, B. 1,4 cm, vogelförmig, schlanke Form. - 2. Paar Schnallen, unverzierte, rechteckige Bügel. 3. Paar Riemendurchzüge, gebuckelt, in die Schnallenbeschläge eingehängt. - 4. Schnalle, Br., rechteckiger Beschlag mit Kreisaugen, ovaler Bügel mit Dellen. - 5. Paar Sporen, Br., L. 14,4 cm, gebuckelte Ösen. - 6. Messer. - 7. Messer. - 8. Lanzenschuh. Schmid, Dunum 40 ff. Abb. 7. Inst. f. Marschen- u. Wurtenforschung Wilhelmshaven.

3. Knin, Bez. Sibenik, Kroatien Einzelfund, zu einer Sporengarnitur gehörig (Abb. 1,3). l Riemenzunge, Br., L. ca. 5, B. 3 cm, vogelförmig, gebauchte Form. Belosevic, Metallfunde 157 f.; Taf. 6, 2. 4. Knin, Bez. Sibenik, Kroatien Einzelfund, zu einer Sporengarnitur gehörig (Abb. 1.4). Riemenzunge, Br., L. 4, B. 1,9 cm, vogelförmig, gebauchte Form. Belosevic, Metallfunde 157; Taf. 6,4. Museum Split. 5. Knin, Bez. Sibenik, Kroatien Einzelfund, zu einer Sporengarnitur gehörig. Riemenzunge, Br., Maße unbekannt, vogelförmig. Belosevic, Metallfunde 157 f. - Das Stück ist angeblich Taf. 6, 5 abgebildet; dieses Foto entspricht aber Taf. 6,3 und gibt den Fund Nr. 7 wieder. Museum Split. 6. M«, Bez. Zadar, Kroatien Einzelfund, zu einer Sporngarnitur gehörig (Abb. 1,6). Riemenzunge, Br., L. 5,6, B. 2,7 cm, vogelförmig, gebauchte Form. Belosevic, Metallfunde 154 Abb. 5; Taf. 6,1. ArheoloSki Muzej Zadar. 7. Nin, Bez. Zadar, Kroatien Einzelfund, zu einer Sporngarnitur gehörig (Abb. 1,7). Riemenzunge, Br., L. 5,0, B. 2,5 cm, vogelförmig, gebauchte Form. BeloSevic, Metallfunde 154 Abb. 6; Taf. 6,3.5. Arheoloäki Muzej Zadar. 8. Ostrovica, Gde. Skradin, Bez. Sibenik, Kroatien Körpergrab. Inventar (Abb. l, 8; 4, 8): 1.-2. Sporengarnituren, Br.: 1. Riemendurchzug vogelförmige Schauplatte, gebauchte Form, W. 2,5 cm; 2. Paar Schnallen, rechteckige gebuckelte Bü-

Datierung und Herleitung der vogelförmigen Riemenzungen gel, zu ergänzen sind vogelförmige Riemenzungen der gebauchten Form wie 1., B. ca. 2,4 cm, erschließbare L. ca. 4,8 cm. - 3. Paar Sporen, Fe, mit Schnallenösen aus Br., auf der Dornmanschette Granulation und mißverstandene schraffierte Dreiecke. Belosevic, Metallfunde 145 ff.; 157 f.; Taf. 2. 3. Werner, Bacharach und Seeheim 503 Abb. 3. Museum Sibenik. 9. Zalavdr, Korn. Veszprem, Ungarn Körpergräber des 8. und 9. Jh. mit fränkischer Komponente. Grab 269, Jugendlicher, etwas abseits der zeitgleichen Gräber gelegen. Inventar (Abb. l, 9; 4,9): 1.-2. Sporengarnituren, Fe Ag-streifentauschiert: 1. Paar Riemenzungen, L. 7,2 und noch 6,5, B. 2,5 cm, schlanke Form; 2. Paar Riemendurchzüge, gebuckelt; Schnallen fehlen. - 3. Paar Sporen, Fe Ag-streifentauschiert, gebuckelte Schnallenösen, schraffierte Dreiecke auf den Dornmanschetten aus Cu, Schnallenösen aus Ag, Typ Ostrovica. Sos, Zalavär 62; Taf. 50.

2. K N O P F R I E M E N Z U N G E N

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10. Umgebung Knin, Bez. Sibenik, Kroatien Körpergrab. Inventar (Abb. l, W; 4,10): 1.-3. Sporengarnitur: I.Riemenzunge, Br.,Maße unbekannt, vogelförmig, gebauchte Form; 2. Riemendurchzug, Br., vogelförmig, gebauchte Form; 3. Schnalle, Fe tauschiert mit Ag (?), rechteckiger gebuckelter Bügel. - 4. Paar Sporen, Fe mit Br. (?) Manschetten, schraffierte Dreiecke auf den Dornmanschetten, Typ Ostrovica. L. Karamän, Dva hronoloska pitanja starohrvatske Arheologije. Starohrvatska prosvjeta Ser. 3, 5,1956,129 ff., bes. 132 Abb. 4. Muzej Hrvatskih Starina Knin. 11.-16. Weitere vogelförmige Riemenzungen der gebauchten Form liegen im Muzej Hrvatskih Arheoloskih Spomenika Split. Sie stammen aus demselben Verbreitungsgebiet wie die publizierten kroatischen Funde. Die Kenntnis dieser Funde wird Z. Vinski, Zagreb verdankt. 17. Eine vogelförmige Riemenzunge der schlanken Form verwahrt das Museum Zagreb. Auch die Kenntnis dieses Fundes wird Z. Vinski verdankt.

K L E I N E N FORMATES

18. Arezzo, Toscana Einzelfund (Abb. 3,18). Riemenzunge, Br., Maße unbekannt, Endknopf abgebrochen, mißverstandenes Tierornament. A. Melucco Vaccaro, Mostra dei Materiali della Tuscia Longobarda nelle Raccolte Publidie Toscane (1971) 29 Nr. 27; Taf. 13. Museo Medievale Arezzo.

E. Grohne, Mahndorf. Frühgeschichte des bremischen Raumes (1953) 243; Taf. 13, 3. Werner, Rastede Taf. 25, 6.

19. Barleben, Ldkr. Wolmirstedt, Bez. Halle Körpergrab; nur die Unterschenkel sind geborgen. Inventar (Abb. 3,19; 4,19): 1.-3. Sporengarnituren, Br. mit eingeschnittenen Halbkreisen: 1. Riemenzunge, L. 4,2 cm, profilierter Umriß, blütenförmiger Endkopf; 2. Schnalle, Fe (?), ohne Beschlag, ovaler Bügel; 3. Riemendurchzug, gebuckelt. - 4. Paar Sporen, Br., L. 13,2 cm, Quergliederung des Bügels durch Perlstäbe, gebuckelte Ösen, eingeschnittene S-Haken. 5. Lanzenschuh. - 6. Klapprasiermesser, fragmentarisch. Rempel, Reihengräberfriedhöfe 88 f.; Taf. 99. Museum "Wolmirstedt.

Werner, Mogorjelo 244; Taf. l, 4. J. Hampel, Altertümer des frühen Mittelalters in Ungarn 3 (1905) Taf. 320. Kunsthistorisches Museum Wien.

20. Bremen — Mahndorf Einzelfund (Abb. 3,20). Riemenzunge, Br. vergoldet, L. 3,0 cm, Knopfende, anglokarolingisches Tierornament.

21. Brestovac, Bez. Slavonska Pozega, Kroatien Aus einem Schatzfund (Abb. 3,21). Riemenzunge, Ag, L. 4,9, B. 1,75 cm, blütenförmiges Knopfende, unverziert.

22. Gojace - Borst, Gde. Ajdovscina, Bez. Nova Gorica, Slowenien Kleines Gräberfeld der 2. Hälfte des 8. Jh. Zu einem Grab gehören offenbar folgende Gegenstände (Abb. 3,22; 4,22): 1.-2. Sporngarnitur: 1. Riemenzunge, Br., L. 4,0, B. 1,5 cm, tierkopfförmiger Endknopf, unverziert; 2. Schnalle, Br., W. 1,6 cm, ohne Beschlag, gebukkelter ovaler Bügel. - 3. Sporn, Br., L. 10,4 cm, gebuckelter Bügel und Ösen, nach alter Beschädigung Niethalterung. J. Kastelic, Casopis Ljubljana 6/7,1952/53, 89 ff. Werner, Mogorjelo 241 Abb. 5,1. 3. 4.

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23. Haamstede, Insel Schouwen, Zeeland, Niederlande Aus den Dünen. Einzelfund (Abb. 3, 23). Riemenzunge, Br. vergoldet, L. 4,3, B. 1,8 cm, tierkopfförmiger Endkopf, Tierornamentik, Leiste mit schraffierten Dreiecken. Ypey, Fundstücke 177.190, 3; Abb. l, 3. Zeeuws Museum Middelburg. 24. Hohenhenningen, Ldkr. Klötze, Bez. Magdeburg Aus zerstörten Körpergräbern der 2. Hälfte des 8. Jh. (Abb. 3, 24). Riemenzunge, Br. vergoldet, L. noch 2,8 B. 1,8 cm, Endknopf abgebrochen, Tierornamentik. Werner, Rastede 179; Taf. 24, 4. Museum Stendal. 25. Hohenhenningen, Ldkr. Klötze, Bez. Magdeburg Aus zerstörten Gräbern der 2. Hälfte des 8. Jh. (Abb. 3,25). Riemenzunge, Br. vergoldet mit Ag-Nieten, L. 3,8, B. 2,6 cm, Knopfende, Perlrandniete, Tierornamentik. Rempel, Reihengräberfriedhöfe 82 f.; Taf. 100, 3. Werner, Rastede 184; Taf. 24,14 a. b. Museum Salzwedel. 26. Kleindingharting, Gele. Dingharting, Ldkr. Wolfratshausen Körpergrab. Inventar (Abb. 3, 26): 1. Sporengarnitur: Riemenzunge, Fe, L. 4,0, B. 1,2 cm, mit Endknopf, unverziert. - 2. Paar Sporen, Fe, Ösen, Perldraht an der Dornwurzel. Stein, Adelsgräber 234 Nr. 39; Taf. 11,19. Prähist. Staatssammlung München. 27. Kuhfelde-Vitzke, Ldkr. Salzwedel Körperbestattung unter einem Grabhügel. Inventar: 1.-3. Sporengarnituren: 1. Paar Riemenzungen, Br., L. 3,0, B. 1,2 cm, mit Knopfenden; 2. Paar Schnallen, Fe, Br. - tauschiert; 3. Paar Riemendurchzüge, Fe. - 4. Paar Sporen, Br., mit je einem Niet auf den runden Endplatten. Rempel, Reihengräberfriedhöfe 85 Abb. 15. Museum Berlin. 28. Liege, Prov. Liege, Belgien Sarkophag Nr. 11 unter der Kirche St. Lambert. Inventar (Abb. 3,28): 1. Riemenzunge, Br., vergoldet (?), L. 3,6, B. 1,8 cm, Tierkopfende, Tierornamentik. 2. Schnalle mit Dorn. - 3. Schnalle mit Dorn. - 4. Reste von Wollstoff. - 5. Reste von Au - flitter. J. Philippe, Les fouilles arch^ologiques de la Place

St. Lambert ä Ltege (1956) 36; Taf. 9. Musee Curtius Liege. 29.Mikulcice, Bez. Hodom'n, Mähren Siedlungsfund (Abb. 3, 29). Riemenzunge, Br., L. 2,7, B. 1,1 cm, blütenförmiger Endkopf, unverziert. Z. Klanica, Die Ergebnisse der fünfzehnten Grabungskampagne in Mikulcice, Bez. Hodom'n. Pfehled Vyzkumü 1968 (1970) 43 ff.; Taf. 49,3. 30. Mikulcice, Bez. Hodonin, Mähren Gräberfeld bei der 2. Kirche. Körpergrab 108. Inventar (Abb. 3, 30): 1. Riemenzunge, Br., L. 3,3, B. 1,6 cm, mit Knopf ende und schraffierten Dreiecken. - 2. Knöpfchen, Br. - 3. Knopf, Br. - 4. Platte, Knochen. - 5. Beschlag, Br., awarisch. - 6. Gürtelbeschlag, Br., mit Perlrandnieten. - 7. Durchzug, Br. - 8. Riemenzunge, Br., awarisch. J. Poulik, Pamätky Arch. 48, 1957, 370 u. 307 Abb. 64. 31. Mogorjelo, Gde. Capljina, Bez. Mostar, Hercegovina Fundgattung nicht geklärt. 1.-2. Gürtelgarnitur: 1. Riemenzunge, Br. vergoldet, L. 8,2, B. 2,6 cm, aus zwei mit einem Scharnier verbundenen Teilen, Endknopf, Tierornamentik, Leiste aus schraffierten Dreiecken; 2. Schnalle, Br. vergoldet, Tierornamentik auf dem Beschlag, gebuckelter Bügel. Werner, Mogorjelo 242 ff.; Taf. 2,1.2. Landesmuseum Sarajevo. 32. Quedlinburg, Bez. Halle Flur Bockshornschanze. Körpergrab 33. Inventar: 1. Riemenzunge, Fe, L. 3,6 cm, mit Knopfende, unverziert. - 2. Schnalle, Fe. Stein, Adelsgräber, Taf. 65,9. Museum Halle oder Quedlinburg. 33. Reinsdorf-Hohnsleben, Kr. Braunschweig Körpergrab (Abb. 6,33). Riemenzunge, Br., L. noch 2,7 cm, gestreckte UForm, Endknopf, verwaschenes Tierornament. Werner, Rastede 186; Taf. 24,7. 34. Sundremda, Ldkr. Rudolfstadt, Bez. Gera Gräberfeld der 2. Hälfte des 8. und 9. Jh. Körpergrab 27. Inventar (Abb. 3,34; 4, 34): 1.-3. Sporngarnitur: 1. Riemenzunge, Br., L. 4,8, B. 1,4 cm, Knopfende, unverziert; 2. Schnalle, Br., gebuckelter ovaler Bügel; 3. Riemendurchzug, Br.,

Datierung und Herleitung der vogelförmigen Riemenzungen gebuckelt, in den Beschlag der Schnalle eingehängt. - 4. Sporn, Br., mit gebuckelten Ösen. H. Deubler, Ausgrabungen u. Funde 11, 1966, 277; Taf. 38. 35. Worms Angeblich geschlossener Grabfund (Abb. 3,35). 1. Riemenzunge, Br.,L.4,4, B. 1,8 cm, mit Knopfende, unverziert. - 2. Riemenzunge, Fe. - 3. Schüssel, Glas, steilwandig. - 4. Schale, Ton. - 5. Wirtel. - 6. Hakenohrring, Br. Stein, Adelsgräber 327 Nr. 237; Taf. 47, 8. Museum Mainz. 36. Fundort?, Niederlande Einzelfund (Abb. 3,36). Riemenzunge, Br., L. 4,1, B. 2,2 cm, mit Endknopf, Tierornamentik, Leiste aus schraffierten Dreiecken. Ypey, Fundstücke 190; Abb. 2, 14; Taf. 7, 11. 12. SIg. Mr. J. W. Frederiks, Museum Rotterdam. 37 a. Umgebung Volterra, Toscana Einzelfund (Abb. 3,37 a). Riemenzunge, Br. mit Ag-nieten, L. noch 3,0, B. 1,9 cm, Endknopf abgebrochen, grob eingeschnittenes Tierornament, oberes Ende gespalten, dünnes Blech unter den Nieten, imitierte Perlränder. Unpubliziert, Angaben nach G. Haseloff, Würzburg, mit dessen freundlicher Erlaubnis das Stück vorgelegt wird. Abbildungsnachweis: Foto Taf. 36, 2 nach G. Haseloff, Zeichnung Abb. 3,37 a nach Foto Haseloff. Ashmolean Museum Oxford Inv.-Nr. 1937: 588 (gekauft in oder nahe Florenz, geschenkt von Edmund Houghton, Esq., vormals Florenz). 37 b. Umgebung Volterra, Toscana Einzelfund (Abb. 3,37 b). Riemenzunge, Br. vergoldet, L. 2,5 cm, mit Endknopf, im Zierfeld dreiblättriges Motiv in Kerbschnittmanier. Unpubliziert, Angaben nach G. Haseloff, Würzburg, mit dessen freundlicher Erlaubnis das Stück vorgelegt wird. Abbildungsnachweis: Taf. 36, l nach Foto Hasel-

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off, Zeichnung Abb. 2, 37 b nach demselben Foto umgezeichnet. Ashmolean Museum Oxford Inv.-Nr. 1937: 589 (gekauft in oder bei Florenz, wahrscheinlich aus der Umgebung von Volterra; geschenkt von Edmund Houghton, Esq., vormals Florenz). 38. Fundort unbekannt Einzelfund (Abb. 3,38). Riemenzunge, Br. vergoldet (?), L. 4,8, B. 1,8 cm, mit Endknopf, Tierornamentik, Leiste aus schraffierten Dreiecken. Haseloff, Tassilokelch 38 Abb. 27. Sammlung Diergardt, Museum Köln. 39. Fundort unbekannt Einzelfund (Abb. 3,39). Riemenzunge, Br. vergoldet, L. 3,4, B. 1,6 cm, profilierter Umriß mit Auswüchsen im unteren Teil des Blattes, blütenförmiger Endknopf, Tierornamentik. Haseloff, Tassilokelch 38 Abb. 28. Sammlung Diergardt, Museum Köln. 39 a. Fundort unbekannt Einzelfund (Abb. 3, 39 a). Riemenzunge, Br., L. 4,4, B. 1,7 cm, tierkopfförmiger Endknopf, Tierornamentik. Werner, Mogorjelo 241 Abb. 5. Sammlung Diergardt, Museum Köln. Nachtrag (das Stück wurde mir erst nach Abschluß des Manuskriptes bekannt): Sevington, Wilts., Großbritannien Schatzfund mit 70 Münzen von Wulfred von Canterbury (806-832) bis Ethelstan von East Anglia (878-890), einem Löffel und einer Gabel aus Silber und einigen Riemenzungen. Zu letzteren gehört als Altstück: Riemenzunge, Ag mit Nielloeinlagen, Maße unbekannt, - Endknopf, Swastiken in den Mittelfeldern, Spiralranken in den Randzonen, Spiralhaken auf dem Endknopf. British Museum. A Guide to the Anglo-Saxon and Foreign Teutonic Antiquities in the Department of British and Medieval Antiquities (1923) 106 f. Abb. 130.131. British Museum London.

3 a. GRABFUNDE DES HORIZONTES B I S K U P I J A - C R K V I N A (Verbreitung Abb. 7, S. 534) Vorbemerkung: Eine Reihe der in den Listen l und 2 aufgeführten Funde muß hier erneut zitiert werden. Die hinter der fortlaufenden Numerierung in Klammern gesetzten Ziffern nehmen auf die erste Beschreibung und auf die Kennzeichnung auf Abbildungen und Karten Bezug. Bei bereits eingehend erläuterten Funden werden nur die für den Horizont kennzeichnenden Merkmale angeführt.

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1. (1) Biskupija, Gde. Knin, Bez. Sibenik, Kroatien Flur ,Crkvina' Grab 1. Karolingische Komponenten: Nietsporen, schraffierte Dreiecke auf der Dornmanschette; Sporengarnituren, gebuckelte Schnallen, gebuckelte Riemendurchzüge, vogelförmige Riemenzungen; Spatha Typ Petersen K, Schwertfegermarke ULFBERHT auf der Klinge; Spathagarnitur, gebuckelte Schnallenbügel, gebuckelte Durchzüge, Knopfriemenzunge gestreckter U-Form. - Sechs weitere Gräber mit karolingischen Beigaben zur Gräbergruppe gehörig. 2. (8) Ostrovica, Gde. Skradin, Bez. Sibenik, Kroatien Körpergrab. Karolingische Komponenten: Schnallenösensporen, schraffierte Dreiecke auf den Dornmanschetten, gebuckelte Schnallenösen; Sporengarnituren, gebuckelte Schnallen, Riemendurchzug mit vogelförmiger Schauplatte. 3. (9) Zalavdr, Korn. Veszprem, Ungarn Grab 269. Karolingische Komponenten: Schnallenösensporen, schraffierte Dreiecke auf den Dornmanschetten, gebuckelte Schnallenösen; Sporengarnituren, gebuckelte Riemendurchzüge, vogelförmige Riemenzungen, Streifentauschierung. Weitere Gräber mit karolingischen Beigaben (Langsaxe, weitere Schnallenösensporen). 4. (10) Umgebung Knin, Bez. Sibenik, Kroatien Körpergrab. Karolingische Komponenten: Schnallenösensporen, schraffierte Dreiecke auf den Dornmanschetten; Sporengarnituren, vogelförmige Riemenzunge, vogelförmiger Riemendurchzug, Schnalle mit gebuckeltem rechteckigem Bügel und Tauschierung. 5. (40) Biskupija, Gde. Knin, Bez. Sibenik, Kroatien Flur ,Crkvina'. Grab 6 (mit Holzsarg in 3 m Tiefe südlich der Basilika). Karolingische Komponenten: Spatha Typ Petersen K.; Spathagarnitur, Beschläge mit blütenförmigen Knopfenden, Dreipaßbeschlag. Inventar (Abb. 6, 40): l. Spatha, Typ Petersen K, Knauf und Parierstange mit vergoldetem Messingdraht tauschiert. 2. Spathagarnitur, Br. vergoldet, fünfteilig: 3 Beschläge, mit Knopfenden und Schlaufen auf den Rückseiten; l Schnalle, rechteckiger unverzierter Rahmen; l Dreipaßbeschlag, mit Endknopf, Riemenverteiler. - 3. Eimer, Holz mit Fe-Beschlägen, ovaler Querschntt. 4. Obolus, Au, Solidus Kon-

stantin V. und Leon IV. Morrisson Typ 23/Sy/Au/ 02; wie Taf. 36, 4 b. Vinski, Waffenfunde 139 Abb. 4. - Münze: Starohrvatska prosvjeta l, 1895 H. 4,243 Abb. Museum Split. 6. (41) Biskupija, Gde. Knin, Bez. Sibenik, Kroatien Flur ,Crkvina'. Grab 7 (mit Holzsarg in 3 m Tiefe, 4 m südlich der Basilika). Karolingische Komponenten: Nietsporen, Spiralranken, Tauschierung; Sporengarnituren, gerippte Schnallen mit rechteckigem Bügel und eingehängten Durchzügen, Durchzüge mit ovalen Schauplatten, Riemenzunge gedrungener U-Form (zum Komplex der sieben Gräber mit reichen karolingischen Beigaben gehörig). Inventar (Abb. 6,41): 1. Paar Nietsporen, Fe Ag-tauschiert, Spiralranken. - 2. Sporengarnituren, Fe Ag-tauschiert mit Rankenmustern, fünfteilig: 2 Schnallen, gebuckelte Bügel, eingehängte Riemendurchzüge; 2 Riemenzungen, gedrungene U-Form; l Riemendurchzug, ovale Schauplatte. - 3. Gürtelschnalle, Fe. -4. Obolus, Au, Solidus Konstantin V. und Leon IV. Typ Morrisson 23/Sy/AU/01-02, Beschreibung vgl. Liste 1,1. Vinski, Waffenkunde 141 Abb. 6. Zschille u. Forrer, Der Sporn Taf. 23, 5. Museum Split. 7. (42) Koljani, Gde. Vrlika, Bez. Split, Kroatien Flur ,Crkvina' am Ufer des Flusses Cetina, Gräberfeld bei einer vorromanischen Kirche. Körpergrab, Holzsarg, Steinsetzung. Karolingische Komponenten: Spatha Typ Petersen K; Spathagarnitur mit Schnallen mit rechteckigem gebuckeltem Bügel, Dreipaßbeschlag, ovalen Beschlägen; Schnallenösensporen mit schraffierten Dreiecken auf den Dornmanschetten und gebuckelten Schnallenösen; Sporengarnituren mit Riemenzunge gedrungener U-Form und ovalen Riemendurchzügen. Inventar (Abb. 5,42): 1. Spatha, Typ Petersen K. - 2. Spathagarnitur, Br., sechsteilig: 3 Beschläge, oval mit Durchzügen auf der Rückseite; l Riemenverteiler, kleeblattförmig; l Riemenzunge, gestreckte U-Form, ohne Endknopf; l Schnalle, gebuckelter halbrunder Bügel. Vinski, Waffenfunde 141 Abb. 5. Zschille u. Forrer, Der Sporn Taf. 23,3. Museum Split. 8. (43) Koljani, Gde. Vrlika, Bez. Split, Kroatien Flur ,Crkvina' am Flusse Cetina, bei einer vorromanischen Basilika (vgl. 7.) Gräberfeld des 9. Jh. Körpergrab. Karolingische Komponeten: Nietsporen mit schraffierten Dreiecken auf den

Datierung und Herleitung der vogelförmigen Riemenzungen Dornmanschetten; Sporengarnituren mit ovalen Riemendurchziigen und Riemenzungen gedrungener U-Form, Perlrandniete. - Weitere Gräber mit karol. Beigaben aus dem Gräberfeld (Nr. 7 und 9). Inventar (Abb. 6,43): l. Paar Nietsporen, Br., Manschetten und Niete Ag, schraffierte Dreiecke auf den Dornmanschetten, Perlrandniete. - 2. Sporengarnituren, Br. mit Agnieten, vierteilig: 2 Riemenzungen, gedrungene UForm; 2 Riemendurchzüge, ovale Schauplatten. Arch. Jugoslavica 7, 1966, 91; Taf. 6, 3. J. Filip, Enzyklopädisches Handbuch zur Ur- und Frühgeschichte Europas l (1966) 617; Taf. 37. Museum Split. 9. (44) Koljani, Gde. Vrlika, Bez. Split, Kroatien Flur ,Crkvina' am Flusse Cetina, Gräberfeld des 9. Jh. bei einer vorromanischen Basilika. Körpergrab. Karolingische Komponenten: Nietsporen mit schraffierten Dreiecken auf den Dornmanschetten; Sporengarnituren mit ovalen Riemendurchzügen und Riemenzungen gedrungener U-Form. - Weitere Gräber mit karolingischen Beigaben in demselben Gräberfeld (vgl. Nr. 7 und 8). Inventar:

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1. Paar Nietsporen, Br. mit Ag-manschetten und Ag-nieten, schraffierte Dreiecke auf den Dornmanschetten. - 2. Sporengarnituren, Br. mit Ag-nieten, vierteilig: 2 Riemenzungen, gedrungene U-Form; 2 Riemendurchzüge, ovale Schauplatten. J. Filip, Enzyklopädisches Handbuch zur Ur- und Frühgeschichte Europas l (1966) 617; Taf. 37. Arch. Jugoslavica 7,1966,91; Taf. 6,3. Museum Split. 10. (45) Podsused, Gde. Susedgrad, Bez. Zagreb, Kroatien Körpergrab. Karolingische Komponenten: Spatha Typ Petersen K-O; Spathagarnitur mit rechteckigen gebuckelten Schnallen, Knopfriemenzungen gestreckter U-Form, Beschlägen mit gebukkelten Durchzügen. Inventar (Abb. 5,45): 1. Spatha, Ag-tauschiert, Typ Petersen K-O, kerbdrahtverzierter Knauf. - 2. Spathagarnitur, Br., sechsteilig: 2 Schnallen, rechteckige gebuckelte Bügel; 2 Riemenzungen, gestreckte U-Form mit Endknopf; 2 Beschläge, gebuckelte Durchzüge. Vinski, Waffenfunde 151. Ders., Peristil l, 1954, 188 ff. 195 Abb. 5. Arch. Jugoslavica 7, 1966, 85 ff.

3b. G R A B F U N D E DES H O R I Z O N T E S DER ANGLOKAROLINGISCHEN TIERORNAMENTIK (Vgl. Vorbemerkung zu Liste 3 a)

11. (2) Dunum, Kr. Wittmund, Ostfriesland Grab 326 (Abb. l, 2; 4, 2; Taf. 36, 5). Typische Merkmale: ösensporen mit gebuckelten Ösen; Sporengarnituren mit gebuckelten Riemendurchzügen; Schnalle mit ovalem gedelltem Bügel vom Gürtel; Lanzenschuh. - Weitere Gräber mit entsprechenden Beigaben im Gräberfeld. 12. (19) Barleben, Ldkr. Wolmirstedt, Bez. Halle Körpergrab (Abb. 4, 19). Typische Merkmale: ösensporen mit gebuckelten Ösen, Metopengliederung und unterteilenden Perlstäben; Sporengarnitur mit unverzierter Knopfriemenzunge kleinen Formates, blütenförmigem Endkopf, gebuckeltem Riemendurchzug, Schnalle mit ovalem Bügel; Lanzenschuh.

13. (20) Bremen - Mahndorf Zerstörtes Körpergrab. Typische Merkmale: Knopfriemenzunge kleinen Formates mit Tierornamentik. 14. (22) Gojace - Borst, Gde. Ajdov&ina, Bez. Nova Gorica, Slowenien Körpergrab (Abb. 4, 22). Typische Merkmale: ösensporen mit gebuckeltem Bügel und Ösen; Sporengarnitur mit unverzierter Knopfriemenzunge kleinen Formates, Schnalle mit ovalem gebuckeltem Bügel. Weitere frühkarolingische Funde aus den zehn bekannten Gräbern dieses Friedhofes. 15. (24) Hobenhenningen, Ldkr. Klötze, Bez. Magdeburg Aus zerstörten Gräbern (Abb. 3, 24). Typische Merkmale:

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Knopfriemenzunge kleinen Formates mit anglokarolingischer Tierornamentik. Weitere Beigaben dieses Horizontes im Gräberfeld (vgl. Nr. 16). 16. (25) Hohenhenningen, Ldkr. Klötze, Bez. Magdeburg Aus zerstörten Gräbern (Abb. 3, 25). Typische Merkmale: Knopfriemenzunge kleinen Formates mit anglokarolingischer Tierornamentik und Perlrandnieten. - Weitere Beigaben des Horizontes im Gräberfeld (vgl. Nr. 15). 17. (26) Kleindingharting, Gde. Dingharting, Ldkr. Wolfratshausen Körpergrab (Abb. 3, 26). Typische Merkmale: ösensporen; unverzierte Knopfriemenzunge kleinen Formates. 18. (27) Kuhfelde-Vitzke, Ldkr. Salzwedel Körpergrab unter einem Grabhügel. Typische Merkmale: Sporen; Sporengarnituren mit unverzierten Knopfriemenzungen kleinen Formates und Schnallen mit eingehängten Riemendurchzügen. 19. (28) Liege, Prov. Liege, Belgien Sarkophag Nr. 11 (Abb. 3, 28). Typische Merkmale: Knopfriemenzunge kleinen Formates mit Endknopf in Form eines Tierkopfes und anglokarolingischer Tierornamentik. - Weitere frühkarolingische Funde in den Gräbern desselben Friedhofes (gleicharmige Fibel). 20. (29) Mikulcice, Bez. Hodonin, Tschechoslowakei 2. Kirche, Körpergrab 108 (Abb. 3, 29). Typische Merkmale: Knopfriemenzunge kleinen Formates mit schraffierten Dreiecken auf dem Blatt; Gürtelbeschlag mit Perlrandnieten. - Weiterer Karolingischer Import in diesem Friedhof. 21. (32) Quedlinburg, Bez. Halle Flur Bockshornschanze, Körpergrab 33. Typische Merkmale: Knopfriemenzunge kleinen Formates, unverziert. - Weitere frühkarolingische Funde aus dem Gräberfeld (vgl. Schwertgrab: Rempel, Reihengräberfriedhöfe Taf. 15, 17).

22. (34) Sundremda, Ldkr. Rudolstadt, Bez. Gera Körpergrab 27 (Abb. 4, 34; 3, 34). Typische Merkmale: ösensporen mit gebuckelten Ösen; Sporengarnitur mit unverzierter Knopfriemenzunge kleinen Formates, Schnalle mit ovalem gebuckeltem Bügel und gebuckelten Riemendurchzügen. 23. (46) Mainz Aus dem Rheinschotter, ursprünglich wohl ein Grab. Typische Merkmale: ösensporen mit gebuckelten Ösen, Metopengliederung, Perlstegen und anglo-karolingischer Tierornamentik. Inventar: Paar Sporen, Br. vergoldet mit AgDrahteinlagen, gebuckelte Ösen, Metopengliederung, Tierornamentik. Haseloff, Tassilokelch 36, Abb. 20; Taf. 12. Museum Mainz. 24. (47) Sievern, Kr. Wesermünde Körpergrab aus einem gemischt belegten Gräberfeld. Typische Merkmale: Spatha Typ Immenstedt; Sporen mit gebuckelten Ösen; Sporengarnituren mit gebuckelten Ösen. Inventar: 1. Spatha, Typ Immenstedt. - 2. Paar Sporen, Fe, gebuckelte Ösen, profilierter Dorn. 3. Sporengarnituren, Fe, vierteilig: 2 Schnallen; 2 Riemendurchzüge, gebuckelt in die Schnallenlaschen mitgefaßt. Schmid, Dunum 60; 55 Abb. 6,5; 59 Abb. 8. 25. (48) Weibsieben, Ldkr. Hettstedt, Bez. Halle Aus einem Körpergrab. Typische Merkmale: Sporen mit gebuckelten Ösen in Form von Tierköpfen, Metopengliederung der Schenkel, Perlstegen, schraffierten Dreiecken und anglokarolingischer Tierornamentik. Inventar: Paar Sporen, Br. vergoldet mit Türkiseinlagen in Augen und Nüstern, gebuckelte Ösen, Metopengliederung, schraffierte Dreiecke, anglokarolingische Tierornamentik, Fe-Dorne ausgefallen. Haseloff, Tassilokelch Taf. 13, 1. Rempel, Reihengräberfriedhöfe 168 Nr. 260; Taf. 100, 1. 2. Museum Halle.

Datierung und Herleitung der vogelförmigen Riemenzungen

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V E R Z E I C H N I S D E R A B G E K Ü R Z T Z I T I E R T E N LITERATUR Belosevic, Metallfunde: J. Belosevic, Nekoliko Ranosrednjovjekovih Metalnih Nalaza S Podrucja Sjeverne Dalmacije (Resümee: Einige frühmittelalterliche Metallfunde auf dem Gebiete Norddalmatiens). Diadora 3, 1965, 145 ff. Haseloff, Tassilokelch: G. Haseloff, Der Tassilokelch. Münchner Beitr. z. Vor- und Frühgesch. l (1951). Morrisson, Monnaies Byzantines: C. Morrisson, Catalogue des Monnaies Byzantines de la Bibliotheque Nationale 2 (1970) 466 ff. Rempel, Reihengräberfriedhöfe: H. Rempel, Reihengräberfriedhöfe des 8.-11. Jh. aus SachsenAnhalt, Sachsen und Thüringen. Dt. Akad. der Wiss. zu Berlin, Sehr, der Sektion für Vor- und Frühgesch. 20 (1966). Schmid, Dunum: P. Schmid, Das frühmittelalterliche Gräberfeld von Dunum, Kr. Wittmund (Ostfriesland). Neue Ausgrabungen und Funde in Niedersachsen 5 (1970) 40 ff. Sös, Zalavdr: A. Sös u. S. Bökönyi, Die Ausgrabungen Geza Fehers in Zalavär. Arch. Hungarica N.S. 41 (1963). Stein, Adelsgräber: F. Stein, Adelsgräber des achten Jahrhunderts in Deutschland. Germ. Denkm. d. Völkerwanderungszeit A 9 (1967).

Vinski, Waffenfunde: Z. Vinski, Zu den Waffenfunden im Bereich des Altkroatischen Staates bis zum Jahre 1000. l MiQdzynarodowy Kongres Arch. Slovianskiej, Warszawa 1965, 3 (1970) 146 ff. Werner, Bacharach und Seeheim: J. Werner, Sporn von Bacharach und Seeheimer Schmuckstück. Siedlung, Burg und Stadt. Dt. Akad. der Wiss. zu Berlin, Sehr, der Sektion für Vor- und Frühgesch. 25 (1969) 497 ff. Werner, Mogorjelo: J. Werner, Frühkarolingische Gürtelgarnitur aus Mogorjelo bei Capljina (Herzegowina). Glasnik Sarajevo Arh. N. S. 15/16, 1960/61, 242 ff. Werner, Rastede: J. Werner, Frühkarolingische Silberohrringe von Rastede (Oldenburg). Germania 37, 1959, 179 ff. Ypey, Fundstücke: J. Ypey, Fundstücke mit anglokarolingischer Tierornamentik in niederländischen Sammlungen. Ber. Amersfoort 18, 1968, 175 ff. Zschille u. Forrer, Der Sporn: R. Zschille u. R. Forrer, Der Sporn in seiner Formenentwicklung 2 (1899).

OTTO VON HESSEN, FLORENZ BYZANTINISCHE SCHNALLEN AUS S A R D I N I E N IM MUSEO ARCHEOLOGICO ZU T U R I N Die vorliegende Arbeit schließt an die 1960 erschienene Publikation des Jubilars an, die unter dem Titel „Byzantinische Schnallen des 6. und 7. Jahrhunderts aus der Sammlung Diergardt" im Kölner Jahrbuch veröffentlicht wurde1. Den Ausgangspunkt der Untersuchung bildet hierbei eine Gruppe byzantinischer Gürtelschnallen aus Bronze, die aus Sardinien stammen und sich jetzt im Museo Archeologico von Turin befinden. Diese Funde sind mit Ausnahme von zwei Exemplaren bisher noch nicht veröffentlicht worden2; dies soll hier nachgeholt werden. Diese Funde reichen aber nicht für eine Betrachtung des gesamten Materials aus Sardinien aus, daher wurden hier noch alle byzantinischen Schnallen aus Sardinien aufgenommen, die zwar schon einmal veröffentlicht wurden, aber weitgehend unbekannt blieben3. Leider konnte der Verfasser nicht wie ursprünglich vorgesehen alle einschlägigen sardischen Funde vorlegen. Dies ist aber insofern nicht notwendig, als das hier vorgelegte Material einen vollständigen Überblick über alle vorkommenden Typen gibt4, wie Verfasser auf einer Reise durch Sardinien feststellen konnte. Zu den meisten hier untersuchten Schnallen gibt es keine Nachrichten über Fundumstände. Sind solche bekannt, so stammen die Schnallen aus Plattengräbern oder gemauerten Sarkophagen5. 1 J. Werner, Byzantinische Schnallen des 6. und 7. Jh. aus der Sammlung Diergardt. Kölner Jahrb. l, 1960, 36 ff. (im folgenden abgekürzt: Werner, Byzantinische Gürtelschnallen). 2 N. Aberg, Die Goten und Langobarden in Italien (1923) 117 Abb. 226. 227. 3 Es handelt sich hier vor allem um zwei Aufsätze G. Spanos im ,Bollettino Archeologico Sardo' und um einige Beiträge G. Maetzkes in den ,Notizie degli Scavi' und in den ,Studi Sardi', die im folgenden genauer zitiert werden. 4 Das Material wird z. Zt. von Herrn B. Serra in Cagliari bearbeitet. An dieser Stelle soll den Soprintendenten in Cagliari und Sassari gedankt werden, die mir eine Durchsicht des Materials erlaubten. 5 Es sollen hier kurz die spärlichen Fundberichte zu frühmittelalterlichen Funden aus Sardinien zusammengestellt werden: a) Borutta (Prov. Sassari): Dort wurde beim Bau einer Straße auf den Hügel der Basilika von S. Pietro di Sorres ein orientiertes Kindergrab zerstört, das eine koptische Kanne und eine Gürtelschnalle (Abb. S, 7) enthielt. Es scheint sich an dieser Stelle ein wohl zu einer kleinen Siedlung gehörender, spätantiker und frühmittelalterlicher Friedhof befunden zu haben, wie einige weitere, unsystematisch geborgene Funde aus der Umgebung des Grabes zeigen. Lit: Not. Scavi 1966, 368 ff. b) Siligo (Prov. Sassari): Bei der Restaurierung der

35 Festschrift Werner

Kirche Nostra Signora di Messomundo wurden 1964 drei Gräber entdeckt, die in die Reste eines römischen Gebäudes eingebaut waren. Zwei dieser Gräber waren von West nach Ost orientiert, eines war nord-südlich gerichtet und ausgeraubt. In einem der beiden zuerst genannten Gräber fanden sich zwei spätantike Fingerringe und eine bronzene Gürtelschnalle (Abb. 4, 2). Aus dem ausgeraubten Grab stammen vielleicht Funde, die 1934 mit dieser Herkunftsbezeichnung in das Museum von Sassari eingeliefert wurden, darunter drei Bronzeschnallen (Abb. 5, 5; 4, 4; 3, 1). Lit.: Not. Scavi 1965, 307 ff. c) Tissi (Prov. Sassari): In Tissi wurde 1960 eine Reihe aus drei nebeneinander liegenden, west-östlich orientierten Gräbern zerstört und die aus ihnen stammenden Funde vermischt. Aus den Gräbern stammen eine Bronzeschnalle (Abb. S, 8), ein kleiner bauchiger Tonkrug und einige stark korrodierte Eisenstücke. Lit.: Studi Sardi 16,356 ff. d) Porto Torres (Prov. Sassari}: In der großen, 1963 freigelegten römischen Kammergrabnekropole wurden einige frühmittelalterliche Nachbestattungen festgestellt. Es fanden sich ein bronzener Fingerring, ein Körbchenohrring und ein doppel'zeiliger Knochenkamm. e) Dolianova (Prov. Cagliari): 1919 wurde in Dolianova bei Cagliari ein Gräberfeld zerstört, das relativ reich ausgestattet war. Es fanden sich eine goldene Scheibenfibel, silberne Körbchenohrringe und silberne Fingerringe. Lit.: Not. Scavi 1919,141 ff.

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Otto von Hessen

Diese Gräber waren oft west-östlich orientiert und fanden sich fast immer bei oder in römischen Ruinen. Die Gräber waren meist ärmlich ausgestattet, nur gelegentlich fanden sich andere Beigaben außer der Schnalle im gleichen Grab. Es handelt sich bei diesen Gräbern um die Bestattungen der frühmittelalterlichen autochthonen Bevölkerung Sardiniens. Die Datierung der meisten Schnallen in das frühe 7. Jahrhundert kann als sicher angesehen werden, denn es fand sich z. B. in einem Grab von Borutta6 außer der Bronzeschnalle noch eine schlanke, hohe koptische Kanne aus Bronze, die in diese Zeit zu datieren ist. Beginnen wir unsere Betrachtungen mit den Bronzeschnallen, die im Museo Archeologico von Turin aufbewahrt werden. Über die Fundumstände dieser Stücke ist nichts bekannt. Sie stammen aus den ehemaligen königlichen Sammlungen und werden seit altersher unter der Herkunftsbezeichnung „Sardinien" im Inventarbuch des Museums geführt7. Ist bei diesen Stücken außer dem Beschlag auch noch der Schnallenring erhalten, so hat er immer die gleiche Form: er ist achterförmig ausgebildet und weist rechts und links vom Dornast parallellaufende, verstärkte Linien auf. Der Dorn hat eine schmale, hohe Form und läuft in einen schmalen Schild aus. Die Verbindung im Scharnier zwischen den einzelnen Teilen der Schnalle bildet immer ein Eisenstift. Dieses Grundschema gilt für fast alle hier besprochenen Schnallentypen, mit einer Ausnahme, auf die später noch zurückgekommen wird. Auf Grund der Beschlägform läßt sich das Material von Turin in vier Gruppen einteilen. Die erste Gruppe bilden Schnallen mit kurzem U-förmigen Beschlag. Von diesen gibt es in Turin drei verschiedene Grundtypen. Auf der Beschlägplatte von vier Exemplaren sind aufrecht stehende antithetische Löwen dargestellt (Abb. 1,1. 3. 5. 6), die zwar alle nach der gleichen Vorlage gegossen sind, aber wegen des primitiven Abformungsverfahrens kleine Unterschiede, vor allem an den Rändern aufweisen. Auf zwei anderen Beschlagplatten desselben Typs sind Tierkämpfe dargestellt. Eines der Stücke (Abb. l, 4) zeigt eine recht qualitätvolle Darstellung eines geflügelten und gehörnten Drachentiers, das einen Vierfüßler, vielleicht einen Löwen reißt. Die sauber durchgezeichnete Szene zeigt, daß es sich bei dieser Schnalle, im Gegensatz zu den meisten anderen der hier besprochenen Stücke, wohl um den Abguß einer echten byzantinischen Schnalle handelt. Dies wird besonders deutlich, wenn man den zweiten Beschlag, auf dem ebenfalls ein Tierkampf dargestellt ist, betrachtet (Abb. l, 2). Dort läßt sich nur noch eines der Tiere, vielleicht ein Löwe, erkennen; das von ihm gerissene Opfer ist dagegen so verzeichnet, daß es keiner bestimmten Gattung zugewiesen werden kann. Bei dieser zweiten Schnalle dürfte es sich um eine Nachempfindung durch einen einheimischen Bronzegießer handeln. Die beiden letzten Stücke dieser Gruppe weisen eine mehrfache plastische Einfassung des Zierfeldes auf. In seiner Mitte erkennt man bei einem Exemplar einen stark stilisierten Vogel (Abb. 2,4). Bei dem anderen läßt sich (Abb. 2, 5) die ursprüngliche Verzierung wegen der schlechten Abformung nicht mehr deuten. Einen eigenen Typ bilden Schnallen mit lang-U-förmigem Beschlag. Für ihn gibt es in der Turiner Sammlung nur ein Beispiel (Abb. 2, 3). Auf der reich punzierten Beschlagplatte ist eine Weinranke mit zwei Traubenrispen dargestellt, in deren Geschlinge zwei traubenpickende Vögel (eine Taube und ein Pfau) sitzen. Dieser Beschlag dürfte in seiner Darstellung unmittelbar auf eine echte byzantinische Vorlage zurückzuführen sein. Ein anderer Schnallentyp ist im Museum von Turin zweimal vorhanden. Es sind Schnallen mit spitz zulaufendem, schildförmigem Beschlag. Die Verzierung der Beschlagplatten ist in beiden Fällen wegen des schlechten Gusses nicht mehr zu erkennen (Abb. 2,1.2). 6

Not. Scavi 1960,368

ff.

7

Herrn Prof. C. Carducci sei herzlichst für die Publikationserlaubnis des Materials gedankt.

Byzantinische Schnallen aus Sardinien im Museo Archeologico zu Turin

Abb. 1. Schnallen aus ,Sardinien' im Museo Archeologico Turin. M. l: 1.

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Otto von Hessen

Abb. 2. Schnallen aus ,Sardinien' im Museo Archeologico Turin. M. l: 1.

Byzantinische Schnallen aus Sardinien im Museo Archeologico zu Turin

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Die letzte Schnallengruppe aus den königlichen Sammlungen umfaßt Schnallen vom sog. Typ Korinth8. Hierbei lassen sich sowohl byzantinische Originale als auch lokale Abgüsse und Umformungen erkennen. Der Unterschied wird klar, wenn man die Stücke untereinander vergleicht. Die echten Schnallen haben klare Konturen, sind sauber gearbeitet und meist mit Gravierungen verziert (Abb. 3, 5). Zu ihnen gibt es eine ganze Reihe genauer Entsprechungen aus den verschiedensten Teilen des Mittelmeerraumes9; die lokalen Abgüsse und Umformungen lassen sich an den unscharfen Rändern und dem gewöhnlich gröberen Guß erkennen (Abb. 3, 7. 8). Ob es sich bei der Variante mit dem spitzovalen Randprofil (Abb. 3, 6) um ein Original oder eine lokale Form handelt, läßt sich aus Mangel an Vergleichsmaterial noch nicht mit Sicherheit sagen. Stellt man den eben besprochenen Schnallen die Funde der Museen in Sassari und in Cagliari gegenüber, soweit sie zur Verfügung stehen, so läßt sich ohne Schwierigkeiten feststellen, daß sich hier wie dort die gleichen Typen wiederfinden. Einige Stücke aus beiden Gruppen sind sich so ähnlich, daß man annehmen muß, sie stammen aus der gleichen "Werkstatt. Unter den Schnallen mit kurzem U-förmigen Beschlag findet sich zum Beispiel im Museum von Sassari ein Exemplar, auf welchem die gleichen antithetischen Löwen dargestellt sind wie auf den bereits vier erwähnten Stücken im Museum von Turin (Abb. 4, 7)w. Der hier unterhalb der Löwen eingerollte Rand kann als eine zusätzliche Verzierung vom Gießer angesehen werden. Schon bei den Turiner Stücken konnte festgestellt werden, daß es bei diesem Modell verschiedene Randformen gibt. Zwei weitere gute Vergleichsstücke zum Turiner Material finden sich im Museum von Cagliari (Abb. 4,1. 2): es handelt sich um das schon bekannte Motiv von stark stilisierten Vögeln in mehrfacher Rahmung11. Darüber hinaus finden sich auch Motive, die nicht in Turin vorhanden sind. Es kommen neben rein geometrischen Verzierungen (Abb. 5, 6. 8)12 in einem Fall eine Kreuzgravierung (Abb. 4, 2)is, eine Reiterdarstellung (Abb. 4, 8)u, ein schreitender Löwe (Abb. 4,6J15 und eine (Zirkus-?) Szene vor CAbb. 4, S)16. Auf letzterer ist ein Mann dargestellt, der mit einem Stab gegen ein aufrecht stehendes wildes Tier (Bär?) kämpft und gleichzeitig ein anderes Wesen mit einem Dreizack auf den Boden drückt. Diese Szene erinnert stark an die bei Werner abgebildete Schnalle mit der Bärenjagd17. Fünf Schnallen mit langem U-förmigen Beschlag wurden bisher aus Sardinien publiziert, davon befinden sich zwei im Museum von Cagliari und drei im Museum von Sassari. Die Schnalle aus Teulalda (Abb. 5, W)18 im Museum von Cagliari ist mit einem primitiv gezeichneten Vierfüßler (Wolf?) verziert. Das andere im gleichen Museum befindliche Stück ohne Fundort ist mit 'Würfelaugen und Spiralen verziert (Abb. 5, 9)19. Von den verbleibenden drei Exemplaren sind zwei mit einem geometrischen Ornament aus Halbkreisen verziert (Abb. 5, S. 7), das dritte Stück ist unverziert (Abb. 4,4)20. Die beiden mit Halbkreisen verzierten Stücke sind von sehr verschiedener Qualität, eines ist sehr fein gearbeitet und dürfte als Vorlage für das andere Stück gedient haben. Interessant 8

13 Werner, Byzantinische Gürtelschnallen 47 f. Nach Not. Scavi 1965,312 Abb. 7. M Z. B. Werner, Byzantinische Gürtelschnallen Taf. Nach Studi Sardi 16,1958 Abb. 1. 15 5,1-2. Nach Not. Scavi 1964, 372 Abb. 7. 10 18 Nach Spano, Fibule antiche di Bronzo. Boll. Arch. Nach Spano, Fibule Taf. l, 10. Sardo 5, 1859 Taf. l, 12 (weiterhin abgekürzt: Spano, " Werner, Byzantinische Gürtelschnallen Taf. 6, 8. 18 Fibule). Nach Not. Scavi 1913. 19 " Nach Spano, Fibule Taf. l, 3. 7. Nach Spano, Fibule Taf. l, 2. 12 2 Nach Spano, Fibule Taf. l, 8. Spano, Ogetti figu» Nach Studi Sardi 16, 1958 Taf. 3. Verfasser rati e simboli Christiani. Boll. Arch. Sargo 10, 1864 konnte einige Exemplare dieser Gruppe auf seiner MuTaf. l, 8. seumsreise feststellen. 9

Abb. 3. Schnallen aus Sardinien, l Siligo. 2-4 Fundort unbekannt. 5-8 Fundort unbekannt, Museo Archeologico Turin. 1-4 verschiedene Maßstäbe. 5-8 M. 1:1.

Byzantinische Schnallen aus Sardinien im Museo Archeologico zu Turin

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Abb. 4. Schnallen aus Sardinien. 1. 3. 5. 7 Fundort unbekannt. 2. 4 Siligo. 6 Borutta. 8 Tissi. Verschiedene Maßstäbe.

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Otto von Hessen

Abb. 5. Schnallen aus Sardinien. 1-4. 6. 8-9 Fundort unbekannt. 5 Siligo. 7 Borutta. 10 Teulada. Verschiedene Maßstäbe.

Byzantinische Schnallen aus Sardinien im Museo Archeologico zu Turin

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ist die auf dem Dorn des primitiveren Stückes gravierte Darstellung einer stehenden menschlichen Figur en face. Die heute unverzierte Schnalle (Abb. 4, 4) trug ursprünglich vermutlich eine Einlage auf der Beschlagplatte. Echte Schnallen vom Typ Korinth gibt es zwar in beiden Sardischen Museen, bisher sind sie aber noch nicht veröffentlicht worden21. Unter dem nach den Publikationen zur Verfügung stehenden Material gibt es nur Varianten dieses Typs (Abb. 4,2. 3. 4)22, deren untere Durchbrechung nicht herzförmig, sondern dreieckig ausgebildet ist beziehungsweise aus zwei schmalen Dreiecken besteht. Ob es sich bei diesen Stücken um Originale handelt, läßt sich nach den Abbildungsvorlagen nicht entscheiden. Abgesehen von den auch in Turin vertretenen Schnallentypen wurden aus Sardinien noch zwei weitere bekannt. Es handelt sich um eine kurze, leierförmige Schnalle sowie einige Varianten der geschweift-schildförmigen Schnallen. Die kleine leierförmige Schnalle (Abb. 4, 4)23 ist als Abwandlung der sowohl aus dem östlichen Mittelmeerraum als auch aus dem westgotischen Spanien bekannten langgestreckten, leierförmigen Schnalle anzusehen, die Werner ausführlich in seiner Arbeit würdigt24. Vergleichsfunde zu diesem Stück sind u. W. bisher unbekannt. Anders steht es mit den Schnallen mit geschweift-schildförmigem Beschlag und ovalem Schnallenring. Dieser Typ hat eine sehr weite Streuung im gesamten Mittelmeergebiet25. Die Beschlagplatten sind meist mit tief eingeschnittenen, flüchtigen Tierbildern ähnelnden Zeichnungen verziert. Die diesem Typ verwandte Bronzeschnalle aus dem Museum von Cagliari ist mit einem geflügelten Pferd zwischen Blättern und Blüten verziert (Abb. S, 2)26. Ein anderer Beschlag trägt die nicht einwandfrei deutbare Darstellung zweier menschlicher Figuren zwischen drei Kreuzen (Abb. 5,3)27. Das letzte Stück ist mit einem Mann zwischen zwei Pflanzen verziert (Abb. 5,1)2S. Mit der Gruppe der geschweift-schildförmigen Schnallen sind wir am Ende der Betrachtung des sardischen Materials angelangt, und es kann jetzt der Versuch unternommen werden, die dabei gemachten Beobachtungen auszuwerten. Es konnte festgestellt werden, daß die Formen der von den Bewohnern Sardiniens im 7. Jahrhundert getragenen Gürtel nicht für Sardinien alleine typisch sind, sondern auch in anderen Gebieten des Mittelmeerraumes begegnen. Die Originalvorlagen dieser Gürtelschnallen dürften, wie "Werner vermutet29, aus byzantinischen Großwerkstätten stammen, die wohl im östlichen Mittelmeerraum zu suchen sind. Doch handelt sich es bei den meisten Funden aus Sardinien nicht etwa um diese byzantinischen Originalarbeiten, sondern um einheimische Erzeugnisse, also um Nachgüsse und Kopien. Dies ließ sich an der gröberen Gußtechnik und an der Barbarisierung der auf den Beschlägen verwendeten Ornamentik nachweisen. Die auf den Beschlägen verwendeten Ziermotive haben, soweit es sich nicht um geometrische Muster handelt, zweierlei Ursprung. 1. Aus der Antike stammende Motive wie z. B. Zirkusspiele, Löwen und Tierkämpfe. 2. Christliche Motive wie z. B. Kreuze, „Heilige" und Trauben pickende Vögel. Die Tierkämpfe und der Reiter können sowohl heidnischen als auch christlichen Charakter haben30. Vermutlich kommt allen diesen Darstellungen, ob christlichen oder heidnischen Ursprungs, 21

Verfasser konnte einige Exemplare dieser Gruppe auf seiner Reise feststellen. 22 Hier Abb. 3,1-4. 23 Nach Spano, Fibule Taf. l, 6. 24 Werner, Byzantinische Gürtelschnallen 36 f. 29 Z. B. Werner, Byzantinische Gürtelschnallen 38 f. u. Taf. 6,1-5.

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Nach Spano, Fibule Taf. l, 11. Nach Spano (wie Anm. 12) Taf. l, 2. 28 Nach Spano (wie Anm. 12} Taf. l, 1. M Werner, Byzantinische Gürtelschnallen 38 f. 30 Werner, Byzantinische Gürtelschnallen 42.

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Otto von Hessen

in erster Linie apotrophäische Bedeutung zu. Vergleicht man die Schnallen des 7. Jahrhunderts aus Sardinien mit denen der anderen italienischen Gebiete, so läßt sich eine interessante Beobachtung machen. Während die sardischen Typen alle in Sizilien vorhanden sind, soweit man dies an Hand der wenigen Publikationen überprüfen kann, fehlen die meisten von ihnen auf dem langobardischen Festland31. Es gibt dort zwar auch eine ganze Reihe von sog. byzantinischen Schnallen oder Schnallen von „Byzantinischen Typ", die sich aber formal von den Schnallen Siziliens und Sardiniens unterscheiden. Nur Schnallen vom Typ Syrakus, die in Sizilien relativ häufig vorkommen, finden sich gelegentlich auch in langobardischen Grabzusammenhängen32. Eines dieser Exemplare, das noch unpubliziert ist, befindet sich im Museum von Sassari. Vermutlich läßt sich diese Beobachtung damit erklären, daß im langobardischen Italien eine Anzahl Werkstätten arbeitete, die die italisch-byzantinischen Schnallen bzw. Gürtel herstellten und damit den lokalen Bedarf deckten. Dadurch unterblieb der Einfluß von außen, wie er in Sizilien und Sardinien vorhanden war. Andererseits scheint es nach dem heutigen Forschungsstand, daß es den Langobarden nicht möglich war, ihre Erzeugnisse (zumindest was die Gürtel betrifft) in den byzantinischen Gebieten Italiens abzusetzen. Diese eigenartige Situation, die hier zunächst nur an der Gürtelmode beobachtet werden konnte, scheint die bekannten historischen und politischen Fakten anzudeuten, die sich aus archäologischer Sicht nur erahnen lassen. Ihnen an dieser Stelle nachzugeben, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen.

KATALOG 1. Schnallen mit kurzem, U-förmigem Beschlag a) Bronzeschnalle mit achterförmigem Schnallenring, schmalem, hohem Schilddorn und kurzer, Uförmiger Beschlagplatte (Abb. l, 6). Schnallenring, Dorn und Beschlagplatte sind durch einen Eisenstift miteinander verbunden. Der Dorn ist auf dem Schild durch Punkt- und Strichlinien verziert. Die Schauseite der Beschlagplatte ist durch ein Paar antithetischer, stehender Löwen verziert. Der Rand der Platte weist ein Zickzackmuster auf. Auf der Unterseite der Platte drei Ösen (Inv. Nr. 1894). L.: 7,7 cm, gr. Br.: 4,2 cm. Unveröffentlicht. b) U-förmige Beschlagplatte aus Bronze (Abb. l, 1). Am Scharnier Reste eines Eisenstifts. Die Platte ist auf der Schauseite durch ein Paar antithetisch stehender Löwen verziert. Auf der Unterseite drei Ösen (Inv. Nr. 1906). L.: 4,4 cm, gr. Br.: 3,1 cm. N. Aberg, Die Goten und Langobarden in Italien (1923) 117 Abb. 226. c) U-förmige Beschlagplatte aus Bronze (Abb. l, 5). Am Scharnier Reste eines Eisenstifts. Die Platte 31

Dem Verfasser war es bisher noch nicht möglich, das aus dem ehemalig byzantinischen, italischen Festland stammende Material zu untersuchen.

ist auf der Schauseite durch ein Paar antithetisch stehender Löwen verziert. Der Rand der Platte weist ein Kerbmuster auf. Auf der Unterseite drei Ösen (Inv. Nr. 1901). L.: 4,6 cm, gr. Br.: 3,1 cm. Unveröffentlicht. d) U-förmige Beschlagplatte aus Bronze (Abb. l, 3). Am Scharnier Reste eines Eisenstiftes. Die Platte ist auf der Schauseite durch ein Paar antithetisch stehender Löwen verziert. Die Darstellung ist beim Guß verrutscht, wodurch doppelte Konturen auftreten. Der Rand der Platte ist teilweise geperlt. Auf der Unterseite drei Ösen (Inv. Nr. 1900) L.: 4,5 cm, gr. Br.: 3,3 cm. Unveröffentlicht. e) Bronzeschnalle mit Fragment eines achterförmigen Schnallenringes, schmalem Schilddorn und kurzer U-förmiger Beschlagplatte (Abb. 1,4). Schnallenring, Beschlagplatte und Dorn sind durch einen Eisenstift miteinander verbunden. Der Dorn ist auf dem Schild durch ein eingeritztes Rechteck und ein einbeschriebenes Diagonalkreuz verziert. Die Schauseite der leicht beschädigten Beschlag32

Z. B. Nocera Umbra Grab 156.

Byzantinische Schnallen aus Sardinien im Museo Archeologico zu Turin platte ist durch einen Tierkampf (Greif und Löwe?) verziert. Der Rand der Platte weist ein Zickzackmuster auf. Auf der Unterseite drei Ösen (ohne Inv. Nr.). L.: 5,8 cm, gr. Br.: 3,1 cm. Unveröffentlicht. f) U-förmige Beschlagplatte aus Bronze (Abb. l, 2). Die Platte ist auf der Schauseite mit einem sehr primitiv dargestellten Tierkampf verziert. Der Rand der Platte ist mit eingeschnittenen Schrägstrichen verziert. Auf der Unterseite drei Ösen (ohne Inv. Nr.). L.: 3,9 cm, gr. Br.: 2,6 cm. Unveröffentlicht. g) Bronzeschnalle mit achterförmigem Schnallenring, schmalem, hohem Schilddorn und kurzer Uförmiger Beschlagplatte (Abb. 2,4). Schnallenring, Dorn und Beschlagplatte sind durch einen Eisenstift miteinander verbunden. Der Dorn ist auf dem Schild durch jetzt stark abgenutzte, eingeritzte Linien und Würfelaugen verziert. Die Schauseite der Platte ist durch einen stark stilisierten Vogel verziert, der von einem dreifachen Rand eingefaßt ist. Der Rand der Platte ist mit einem Kerbmuster verziert. Auf der Unterseite drei Ösen (Inv. Nr. 1893). L.: 6,6 cm, gr. Br.: 4,2 cm. Unveröffentlicht. h) U-förmige Beschlagplatte aus Bronze (Abb. 2, 5). Am Scharnier Reste eines Eisenstiftes. Die Verzierung der Schauseite ist bis auf eine mehrfache, teils geperlte, teils geflochtene Randeinfassung nicht mehr erhalten. Auf der Unterseite drei Ösen (Inv. Nr. 1902). L.: 5,2 cm, gr. Br.: 3,7 cm. Unveröffentlicht. 2. Schnallen mit langem U-förmigem Beschlag a) Lange, U-förmige Beschlagplatte aus Bronze (Abb. 2,3). Am Scharnier Reste eines Eisenstiftes. Auf der Schauseite der Platte ist in einer Einfassung aus Punkten und Zickzacklinien eine Weinranke dargestellt, in der zwei traubenpickende Vögel (Pfau und Taube?) sitzen. Die Ranke und die Vögel sind reich mit Punkten verziert. Auf der Unterseite drei Ösen (Inv. Nr. 1899). L.: 5,5 cm, gr. Br.: 2,7 cm. N. Aberg, Die Goten und Langobarden in Italien (1923) 117 Abb. 227. 3. Schnallen mit spitzem, schildförmigem Beschlag a) Spitze, schildförmige Beschlagplatte aus Bronze (Abb. 2, 2). Die Schauseite der Platte ist mit einer von einem gekerbten Rand eingefaßten, nicht näher zu deutenden Darstellung verziert (Inv. Nr. 1897).

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L. 5,3 cm, gr. Br.: 4,0 cm. Unveröffentlicht.

b) Bronzeschnalle mit achterförmigem Schnallenring, schmalem, hohem Schilddorn und spitzer, schildförmiger Beschlagplatte (Abb. 2, 1). Schnallenring, Dorn und Beschlagplatte sind durch einen Eisenstift verbunden. Der Dorn ist auf dem Schild durch Fischgrätmuster und Ringaugen verziert. Die Schauseite der Platte ist mit einer durch einen gekerbten Rand eingefaßten, nicht mehr erkennbaren Darstellung verziert. Der Rand der Platte ist mit einem eingekerbten Zickzackmuster verziert. Auf der Unterseite drei Ösen (Inv. Nr. 1896). L.: 7,9 cm, gr. Br.: 4,4 cm. Unveröffentlicht. 4. Schnallen vom Typ Korinth a) Beschlagplatte vom Typ Korinth mit zwei runden und einer eckigen, herzförmigen Durchbrechung (Abb. 3,5). Am Scharnier Reste eines Eisenstiftes. Die Schauseite der Platte ist unter dem Scharnier durch eine gekerbte Linie, an der Rundel durch feine Linien und ein Christogramm (?) verziert. Auf der Unterseite drei Ösen (Inv. Nr. 1913). L.: 4,4 cm, gr. Br.: 2,7 cm. Unveröffentlicht. b) Beschlagplatte vom Typ Korinth aus Bronze, mit zwei runden und einer herzförmigen Durchbrechung, in der noch eine feine Bronzelamelle stehengeblieben ist (Abb. 3, 7). Am Scharnier Reste eines Eisenstifts. Die Schauseite der Platte ist am Scharnier durch zwei gerade Linien sowie auf der ganzen Oberfläche durch feine Linien verziert. Auf der Unterseite drei Ösen (Inv. Nr. 1904). L.: 5,2 cm, gr. Br.: 2,9 cm. Unveröffentlicht. c) Beschlagplatte vom Typ Korinth (Variante mit abgerundetem Rand mit zwei runden und einer herzförmigen Durchbrechung) (Abb. 3, 6). Der Rand ist gebuckelt. Am Scharnier Reste eines Eisenstifts. Auf der Unterseite drei Ösen (Inv. Nr. 1898). L.: 4,6 cm, gr. Br.: 2,4 cm. Unveröffentlicht. d) Bronzeschnalle vom Typ Korinth (Variante mit zweimaliger dreieckiger Durchbrechung) mit achterförmigem Schnallenringfragment, hohem, schmalem Schilddorn und dreieckiger Beschlagsplatte. Schnallenring, Dom und Beschlagplatte sind durch einen Eisenstift verbunden. Der Schild des Dornes ist mit einem „Sanduhrmuster" verziert, das sich auch auf der Rundel wiederfindet. Auf der Unterseite drei Ösen (Inv. Nr. 1895). L.: 7,8 cm, gr. Br.: 3,2 cm. Unveröffentlicht.

S56

Otto von Hessen

Abb. 6. Schnallen aus ,Sardinien' im Museo Archeologico Turin. M. 1:1.

5. Byzantinische Schnallenringe und Schnallendorne a) Schnallendorn mit leicht angedeutetem Schild (Abb. 6, 4). Dorn und Schild sind mit eingepunzten Würfelaugen und Linien verziert. Im Scharnierloch des Dorns Reste eines Eisenstifts (Inv. Nr. 1915). L.: 4,2 cm gr. Br.: 1,0 cm. Unveröffentlicht. b) Achterförmiger Sdinallenring und kleiner Schilddorn aus Bronze (Abb. 6, 7). Schnallenring und Dorn sind durch einen Eisenstift verbunden. Der Schild des Dornes ist mit sich überschneidenden geraden Linien verziert (Inv. 1909). L.: 3,4 cm, Br.: 2,7 cm. Unveröffentlicht.

c) Ovaler Schnallenring aus Bronze mit Schilddorn (Abb. 6, 8). Dorn und Schnalle sind durch einen Eisenstift verbunden. Der Schild des Dornes ist durch Strichgruppen verziert (Inv. Nr. 1914). L.: 3,4 cm, gr. Br.:3,8 cm. Unveröffentlicht. d) Achterförmiger Schnallenring aus Bronze (Abb. 6, S). Im Scharnier Reste eines Eisenstiftes (Inv. Nr. 1903). L.: 4,4 cm, gr. Br. 2,9 cm. Unveröffentlicht. e) Achterförmiger Schnallenring aus Bronze (Abb. 6, 6). Im Scharnier noch Reste des Eisenstiftes. Der Schnallenring ist durch Würfelaugen und Strichgruppen verziert (Inv. Nr. 1910).

Byzantinische Schnallen aus Sardinien im Museo Archaologico zu Turin L.: 4,4 cm, gr. Br. 2,9 cm. Unveröffentlicht. f) Achterförmiger Schnallenring aus Bronze (Abb. ,- 1). i, TIm Scharnier o i. • r> -TV Eisenstirtes. -^ T-> 6, Reste eines Der Schnallenring ist mit Würfelaugen verziert (Inv. N 19121 '-,,}' T, T .-c m :

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g) Achterförmiger Schnallenring aus Bronze (Abb.

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6,2). Im Scharnier noch Reste eines Eisenstiftes (Inv. Nr. 1907). " ' ..,, ,.', Unveröffentlicht.

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,. . , .... „ _ r , ' Achterförmiger Schnallenring aus Bronze (Abb. Inv Nr6, 3).911Im Scharnier noch Rest des Eisenstiftes

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., ' 0 L.: 4,3 cm, gr. Br.: 02,8 cm. Unveröffentlicht.

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VOLKER BIERBRAUER, MÜNCHEN A L A M A N N I S C H E F U N D E D E R F R Ü H E N OSTGOTENZEIT AUS OBERITALIEN Seit seiner Dissertation im Jahre 19351 hat sich J. Werner immer wieder der Interpretation frühgeschichtlicher Funde und Fundgruppen zugewandt, die durch das Vorkommen außerhalb ihres hauptsächlichen Verbreitungsgebietes das besondere Interesse der Forschung beanspruchten2. Ihre Analyse trug zur schrittweisen Aufhellung jenes vielschichtigen Fragenkomplexes bei, der mit der Verbreitung frühgeschichtlicher Metallarbeiten verbunden ist. Auch eine der zuletzt erschienenen Arbeiten Werners war in diesem Sinne der grundsätzlichen Erörterung der Mobilität von Sachen und Personen gewidmet3. Hier wie auch andernorts in seinen Arbeiten führte die Überprüfung der archäologischen Ergebnisse anhand der schriftlichen Überlieferung und des historisch Möglichen zur Absicherung und zur Verdeutlichung des Gewonnenen, in günstig gelagerten Fällen auch zu weiterreichenden Erkenntnissen, die weder alleine durch die Archäologie noch alleine durch die Geschichtsforschung hätten gewonnen werden können4. In diesen Problemkreis führt auch eine kleine Gruppe von merowingischen Kleinfunden der frühen Ostgotenzeit aus Oberitalien.

KATALOG

Alcagnano, Prov. Vicenza (Fundort: Abb. l, 1) Am 20. Februar 1951 erwarben die Civici Musei di Castello Sforzesca in Mailand von Frau C. Gazzola aus Vicenza drei Fibelpaare, zwei Halsringe, zwei Haarnadeln, das Fragment eines Armreifes und sieben Perlen. Nach Auskunft der Besitzerin wurden die Objekte 1950 bei Alcagnano nahe Noventa Vicentina, Prov. Vicenza bei Feldarbeiten gefunden. Sie sollen sich in etwa 40 cm Tiefe bei 1

Münzdatierte austrasische Grabfunde. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit 3 (1935) z. B. 66 ü. (Spangenhelme}. 42 f. 76 f. (koptisches Bronzegeschirr). 42 f. 77 f. (Goldblattkreuze). 2 z. B. Langobardischer Einfluß in Süddeutschland während des 7. Jahrhunderts im Lichte archäologischer Funde. In: Atti del 1° Congresso internazionale di Studi Longobardi 1951 (Spoleto 1952) 521 ff.; Fernhandel und Naturalwirtschaft im östlichen Merowingerreich nach archäologischen und numismatischen Zeugnissen. 42. Ber. RGK. 1961 (1962) 307 ff.; Katalog der Sammlung

einem angeblich zwei Meter langen Skelett befunden haben. Die Fundstelle ist nicht bekannt. Die Angaben hinsichtlich der Provenienz sind auch deshalb glaubhaft, da sich im Besitz dieser Familie keine weiteren archäologischen Objekte befinden, die angezeigten Funde also nicht Teil einer möglicherweise aus dem Kunsthandel angekauften umfangreichen Privatsammlung sind. 1-2. Kerbschnittverziertes, stark vergoldetes Bügelfibelpaar (Taf. 37, 1-2) aus Silber. An der Diergardt (Völkerwanderungszeitlicher Schmuck) 1: Die Fibeln (1961) 7 ff. (weiterhin abgekürzt: Werner, Diergardt). 3 Zur Verbreitung frühgeschichtlicher Metallarbeiten (Werkstatt - Wanderhandwerk - Handel - Familienverbindung). In: Early Med. Stud. 1. Antikv. Arkiv 38, 1970, 65 ff. 4 Die Langobarden in Pannonien. Beiträge zur Kenntnis der langobardischen Bodenfunde vor 568. Abhandl. d Bayer. Akad. d. Wiss. phil.- Kl. N. F. 55 (1962).

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Volker Bierbrauer

Abb. 1. Lage der behandelten Fundorte, l Alcagnano, Prov. Vicenza. 2 Fornovo di San Giovanni, Prov. Bergamo. 3 Villa Cogozzo, Prov. Brescia. 4 Verona oder Umgebung.

halbrunden Kopfplatte sitzen fünf breite, gedrungene, dreifach profilierte Knöpfe, der mittlere Querwulst ist durch feine Punktpunzen verziert; im Kopfplattenfeld finden sich im Zentrum zwei auf ihrer Spitze stehende Dreiecke, die jeweils von volutenartig zusammengestellten Ranken umrahmt sind, seitlich davon jeweils eine weitere Ranke; der Kerbschnittdekor, flach eingegraben und kaum nachgearbeitet, ist von einem Wulst umrahmt, der mit einer doppelten Reihe feiner Punktpunzen verziert ist; die Kopfplattenrahmung ist gegenständig dreiecknielliert, die Einlagen sind größtenteils erhalten. Der Bügel besitzt einen breiten Mittelsteg und schräg abfallende, kerbschnittverzierte Seitenfelder, der Mittelsteg ist mit drei Reihen niellierter Dreiecke verziert, von denen die mittlere und die rechte Reihe gegenständig sind, ihre Einlagen sind in der Mehrzahl erhalten; die Seitenflächen des Bügels sind mit einer doppelten Zickzackreihe verziert; der Bügel ist von Kopf- und Fußplatte mit einem Wulst abgesetzt, der mit zwei Reihen feiner Punktpunzen verziert ist. Der mit dem Bügel gleichbreite Fuß besitzt einen breiten Mittelsteg und

leicht abfallende kerbschnittverzierte Seitenfelder; die Niellierung des Mittelsteges stimmt mit der des Bügels überein, die Seiten sind in jeweils sieben Rechtecke unterteilt, die abwechselnd Würfeldekor und eine diagonale Unterteilung des Feldes zeigen. Glatte Rückseite, die beiden Achsenträger und der Nadelhalter sind mitgegossen und erhalten, die Spirale und die Nadel fehlen. L. 9,85 cm, Br. 5,6 cm; Gew. von Fibel Nr. 1: 53 g, von Fibel Nr. 2: 51,2 g*. Das Fibelpaar ist abgenützt, besonders am gewölbten Bügel. 3-4. Kerbschnittverziertes, stark vergoldetes Bügelfibelpaar (Taf. 37, 3-4) aus Silber. An der halbrunden Kopfplatte sitzen fünf mitgegossene, dreifach profilierte Knöpfe; im Kopfplattenfeld finden sich beiderseits eines auf seiner Spitze stehenden

* Im Katalogteil gebrauchte Abkürzungen: Br. = Breite; Dm = Durchmesser; g = Gramm; Gew. = Gewicht; gr. = größte(r); L. = Länge.

Alamanniscbe Funde der frühen Ostgotenzeit aus Oberitalien Dreiecks zwei Ranken und seitlich davon jeweils Zickzackdekor, der bei beiden Fibeln im rechten Kopfplattenfeld mißraten ist; der Dekor ist an der Oberseite der Kopfplatte von einem einfachen Wulst und an der Unterseite von einer dreifachen Wulstreihe umrahmt; der Kerbschnittdekor ist kaum nachgearbeitet; die Kopfplattenrahmung ist gegenständig dreiecknielliert, die Einlagen sind alle erhalten. Der Bügel besitzt einen erhabenen Mittelsteg und schräg abfallende Seitenfelder; auf dem Mittelsteg findet sich Niellodekor aus acht tangentenartig verbundenen Kreisen, deren Einlagen alle erhalten sind, und auf den schräg abfallenden Seitenfeldern getreppter Kerbschnittdekor. Glatte Rückseite, die beiden Achsenträger und der Nadelhalter sind mitgegossen, die Nadel und die Spirale fehlen. L. 8,3 cm (Fibel Nr. 3: Taf. 37, 3) bzw. 8,4 cm (Fibel Nr. 4: Taf. 37, 4), Br. 4, 85 cm; Gew. von Fibel Nr. 3: 27 g, von Fibel Nr. 4: 27,8 g. Das Fibelpaar zeigt keine Abnützungsspuren. 5-6. Kerbschnittverziertes, silbervergoldetes Bügelfibelpaar (Taf. 37, 5-6). An der halbrunden Kopfplatte sitzen fünf kleine mitgegossene, einfach profilierte Knöpfe (bei Fibel 6 [Taf. 37, 6] ist der rechte Knopf abgebrochen und fehlt); im Kopfplattenfeld findet sich tief eingegrabener und nachgeschnittener Zickzackdekor; er ist von Wülsten eingefaßt, deren äußerer durch Punzeinschläge quergekerbt ist. Der stark gewölbte Bügel trägt in seiner Mitte nieliierten, flechtbandartigen Dekor, der durch Reibung großenteils abgewetzt ist; die schräg abfallenden, leicht abgerundeten Seiten sind unverziert. Der mit dem Bügel gleichbreite Fuß ist auf seinem Mittelsteg mit dem gleichen Niellomuster wie der Bügel verziert, die Einlagen sind erhalten; die schräg abfallenden Seitenfelder tragen Zickzackdekor und am Fußende jeweils drei schräg gestellte Wülste. Glatte Rückseite, die beiden Achsenträger und der Nadelhalter sind mitgegossen, die Spirale und die Nadel fehlen. L. 6,8 cm (Fibel Nr. 5: Taf. 37,5) und 6,55 cm (Fibel Nr. 6: Taf. 37, 6), Br. 3,8 cm bzw. erh. Br. von Fibel Nr. 6: 3,25 cm; Gew. von Fibel Nr. 5: 17,6 g und von Fibel Nr. 6: 15,8 g. 7. Silberner, massiver Halsreif (Taf. 38, 1). Der Reif ist rundstabig, sein Durchmesser beträgt an der dicksten Stelle 0,6 cm und an den dünnen Ringenden vor dem Verschlußteil 0,35 cm. Der Verschlußteil besteht aus einem doppelt gelegten Haken mit zurückgebogener dreifacher Umwicklung und einer ursprünglich doppelt gelegten Ringöse, die größtenteils abgebrochen ist, ihre Umwicklungsspuren sind noch sichtbar. Reste von Feuervergoldung vor dem Verschlußteil. Gr. lichte Weite 14,7 cm, Gew. 86,5 g. 8. Silberner, massiver Halsreif (Abb. 2, 1). Der Reif ist rundstabig, sein Durchmesser beträgt an 36 Festschrift Werner

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der dicksten Stelle 0,75 cm und an den dünnen Ringenden 0,3 cm; der Verschlußteil ist mit Ausnahme eines kleinen plattgehämmerten Teiles, der keinen Rückschluß auf die Art des Verschlusses zuläßt, an beiden Ringenden abgebrochen und fehlt. Vor dem plattgehämmerten Teil ist der Reif offenbar durch eine Kneifrange modern beschädigt. An den Ringenden schwache Reste von Feuervergoldung. Lichte "Weite 15,1 cm, Gew. 143,5 g. 9. Silberne Haarnadel (Taf. 39,1) mit 3 cm langem, massivem Endstück von quadratischem Querschnitt; dieses ist am oberen und unteren Ende umlaufend mit einem eingeritzten, quadratischen und diagonal strichverzierten Feld verziert. L. 15,5 cm. 10. Silberne Haarnadel (Taf. 39, 2) mit 2,65 cm langem, massivem, unverziertem Endstück von quadratischem Querschnitt. L. 15,0 cm. 11. Fragment eines massiven, silbernen Armreifes (Taf. 38, 4) von rundem Querschnitt mit verdicktem, rillenverziertem Ende, hier sind noch schwache Vergoldungsspuren feststellbar. Dm an der Bruchstelle 0,45 cm, gr. Dm 0,65 cm. 12-18. Sieben Perlen (Taf. 38, 2. 5-10): zwei aus ziegelrotem Ton (Taf. 38,7: gr. Dm 2,2, gerippt, und Taf. 38,2: gr. Dm 2,4 cm, doppelkonisch), eine doppelkonische Perle aus grün-opaker Glaspaste (Taf. 38, 8; gr. Dm 1,55 cm), eine beschädigte scheibenförmige Bernsteinperle (Taf. 38,10; gr.Dm 1,8 cm), eine scheibenförmige Perle aus schwarz-opaker Glaspaste (Taf. 38,5; gr. Dm 1,4 cm), eine scheibenförmige Bernsteinperle (Taf. 38, 9 cm; gr. Dm 1,4cm) und eine weitere scheibenförmige Millefiori-Perle, schwarz mit rot und blau (Taf. 38, 6; gr. Dm, 1,4 cm). Milano, Civici Musei del Castello Sforzesca, ohne Inv. Nr. Unveröffentlicht. Fornovo di San Giovanni, Prov. Bergamo (Fundort: Abb. l, 2) Kerbschnittverzierte, silbervergoldete Bügelfibel (Taf. 38,3). Von den ursprünglich fünf mitgegossenen, dreifach profilierten Knöpfen der halbrunden Kopfplatte sind vier erhalten; im Kopfplattenfeld sitzen fünf konzentrische Kreise; sie sind von einem doppelten Wulst eingerahmt, der äußere ist durch zwei Reihen feiner Punktpunzen verziert. Die Fibel ist am Übergang zum Bügel gebrochen und durch drei Silberniete mit platt gehämmerten Köpfen alt geflickt, der Kerbschnittdekor ist hier zerstört. Der Bügel besitzt einen gegenständig dreieckniellierten Mittelsteg, seine schräg abfallenden Seiten sind mit jeweils vier konzentrischen Kreisen verziert. Der mit dem Bügel gleichbreite Fuß besitzt einen Mittelsteg mit gegenständig dreieckniel-

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Abb. 2. l silberner Halsring von Alcagnano. 2 Franziska von Villa Cogozzo. l M. verkleinert, 2 M. l: 2.

liertem Dekor, die Einlagen sind nahezu alle erhalten; die schräg abfallenden Seiten sind in jeweils sechs Quadrate unterteilt, die abwechselnd Würfeldekor und eine diagonale Unterteilung des Feldes zeigen. L. 7,6 cm; Br. 4,4 cm. Die Fibel ist stark abgenutzt, besonders am Bügel, wo der Niellodekor nahezu ganz abgerieben ist. - Die Fibel stammt aus einem Grab; weitere Beifunde sind nicht bekannt. Bergamo, Museo Archeologico, Inv. Nr. 3074 C. Mantovani, Notizie archaeologiche Bergomensi 1891-95 (1896) 106 f. Villa Cogozzo, Prov. Brescia (Fundort: Abb. l, 3) Bei der Erweiterung des Gemeindebrunnens in Villa Cogozzo wurde 1912 eine Franziska, offen-

bar in einem zerstörten Grab, gefunden. Weitere Funde des 6. und 7. Jh., die auf ein Gräberfeld schließen lassen, sind bislang nicht bekannt; eine planmäßige Untersuchung der Fundstelle steht jedoch noch aus. Franziska (Abb. 2, 2. Taf. 39, 3): die Oberkante der eisernen Wurfaxt ist leicht S-förmig geschwungen, die Unterkante verläuft nahezu halbkreisförmig, so daß der Scheitelpunkt etwa in der Mitte liegt; die Scheide ist gleichmäßig geschwungen; das Schaftloch ist oval. L. 16,2 cm. Brescia, Musei Civici Inv. Nr. 50. P. Rizzini, Supplemento agli oggetti barbarici raccolti nei Civici Musei di Brescia (1914) 353 u. Taf. vor S. 353 oben. - G. Panazza, Noti sul materiale barbarico trovato nel Bresciano. In: A. Tagliaferri (Hrg.), Problemi della Civiltä e delP Econo-

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mia Longobarda. Gedenkschr. f. G. Bognetti (1964) 165 Taf. 18,1. Verona oder Umgebung, Fundort unbekannt Gegossene, bronzene Ortbandzwinge (Abb. 3) mit plastischem, profiliertem Schlußknopf. Auf der Vorderseite wird eine menschliche Maske von zwei stilisierten Vogelköpfen mit gekerbtem Halsoberteil flankiert; zwei Nietlöcher befinden sich unterhalb der Augen der Tierköpfe, ein drittes am Kopf der Maske. Die gabelförmige Zwingenhälfte der Rückseite ist größtenteils abgebrochen und fehlt. L. 4,3 cm. Verona, Museo Teatro Romano ohne Inv. Nr. Unveröffentlicht

Abb. 3. Bronzene Ortbandzwinge von unbekanntem, oberitalienischem Fundort, vermutlich aus Verona oder Umgebung. M. l: 1.

DIE F U N D E VON ALCAGNANO Für die zur Frauentracht gehörenden Kleinfunde von Alcagnano ist eine Aufteilung nach Gräbern leider nicht bekannt. In Betracht kommt eine Mindestzahl von drei Gräbern: mit je einem Fibelpaar (Taf. 37, 1-6), wobei zwei darüberhinaus je einen Halsring (Taf. 38, 1; Abb. 2,1) und eine Haarnadel (Taf. 39,1-2) und eines zusätzlich noch einen Armreif (Taf. 38,4) und eine Perlenkette (Taf. 38,2,5-10) enthielten. Die beiden Haarnadeln (Taf. 39, 1-2) besitzen als Charakteristikum einen langen massiven Abschluß von vierkantigem Querschnitt, der bei dem längeren Exemplar ritzverziert und bei dem kürzeren unverziert ist. Bislang sind fünf Gegenstücke mit einem vergleichbaren Nadelkopf aus den Frauengräbern von Heilbronn-Böckingen, Forchenweg Grab 2 (Abb. 4, 4)5, von Walheim, Kr. Ludwigsburg (Abb. 4, 2)6, von Basel-Gotterbarmweg (Schweiz) Gräber 13 und 20 (Abb. 4, 1. 3)7 und von Basel-Kleinhüningen (Schweiz) Grab 126 (Abb. S, 4)8 bekannt. Die Fundorte liegen innerhalb des alamannischen Stammesgebietes fAbb. 6). Die Funktion als ,Haarnadel' bzw. als Haarpfeil ergibt sich aus der Fundlage in den gut beobachteten Baseler Gräbern, wo sich alle Stücke jeweils an der rechten Schädelpartie fanden9 (vgl. Abb. 5 links oben). Nicht geklärt ist jedoch, ob diese Nadeln lediglich dem Schmuck der Haartracht oder, was wahrscheinlicher ist, zur Befestigung eines Schleiers oder einer Haube dienten. Die Nadel aus dem Frauengrab von Heilbronn-Böckingen ist wie das kleine Exemplar von Alcagnano unverziert; geometrische Ritzverzierung wie die größere Nadel von Alcagnano zeigt das Exemplar von Basel-Gotterbarmweg Grab 13. Die beiden Nadeln von Basel5

R. Roeren, Fundber. aus Schwaben N. F. 16, 1962, 120 ff. Abb. 2 (mit Parallelen zur Nadel S. 126 Anm. 32). " W. Veeck, Die Alamannen in Württemberg. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit l (1931) 60. 188 Taf. 45, B 4 (weiterhin abgekürzt: Veeck, Alamannen). 7 Grab 13: E. Vogt, Anz. f. Schweiz. Altkde. 32, 1930, 152 Taf. 8 (weiterhin abgekürzt: Vogt, Gotterbarmweg}; Grab 20: Vogt, Gotterbarmweg 157 Taf. 10 und R. Moosbrugger-Leu, Die Schweiz zur Merowingerzeit

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(1971) 196 f. Taf. 50, 3 (Nadel) (weiterhin abgekürzt: Moosbrugger-Leu, Schweiz). 8 Moosbrugger-Leu in: Repertorium d. Ur- u. Frühgeschichte der Schweiz 5 (1959) 18 Taf. 6, 4. - Nachtrag (nicht kartiert auf Abb. 6): eine mit dem Exemplar von Walheim verwandte Nadel fand sich in Heidenheim, Brenz: Veeck Alamannen 174 (freundl. Hinweis I. Möller, Freiburg, die mir auch eine Zeichnung des Stückes zur Verfügung stellte). 9 Vogt, Gotterbarmweg 152. 157; Moosbrugger-Leu (wie Anm. 8): Grabzeichnung Taf. 6 links oben.

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Abb. 4. Köpfe der Haarnadeln vom Typ Basel-Gotterbarmweg Grab 13. l a-d Basel-Gotterbarmweg Grab 20. 2 "Walheim. 3 a-d Basel-Gotterbarmweg Grab 13. 4 Heilbronn-Böckingen, Forchenweg Grab 2. M. etwa l: 1.

Kleinhüningen Grab 126 und Basel-Gotterbarmweg Grab 20 sind durch ihren geometrischen Kerbschnittdekor eng miteinander verbunden (Abb. 4, l a-d; 4,4). Die Haarnadeln vom Typ Basel-Gotterbarmweg Grab 13 finden sich in reich ausgestatteten Frauengräbern des letzten Drittels des 5. und des ersten Drittels des 6. Jahrhunderts. In das letzte Drittel des 5. Jahrhunderts gehören die Gräber 13 und 20 vom Alten Gotterbarmweg in Basel. In Grab 20 fand sich als datierbare ,Beigabe* das kerbschnittverzierte Bügelfibelpaar mit gelappter Kopfplatte und würfelaugenverzierter Fußplatte10, auf dessen mustergleiche Gegenstücke in Miszla, Köm. Tolna (Westungarn)11, bereits E. Vogt hinwies12. Das pannonische Frauengrab mit großem almandinverziertem Polyederohrringpaar, mit einer massiven Silberschnalle mit ovalem Beschlag, einem silbernen Armreifpaar mit gerillten Enden und einem zerbrochenen Nomadenspiegel läßt sich 10

Vogt, Gotterbarmweg 157 Taf. 10. Ardh. Ert. 42,1928, 222 ff. 348 Taf. 7,1-2. " Vogt, Gotterbarmweg 157. - Zu den donauländi11

schen Beziehungen des Gräberfeldes: Werner in: Helvetia Antiqua. Festschr. E. Vogt (1966) 283 ff.

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in der Gruppe reich ausgestatteter (ost-)germanischer Frauengräber des 5. Jahrhunderts im Donaugebiet in die Mitte und zweite Hälfte des 5. Jahrhunderts datieren. Die kleine kerbschnittverzierte Bügelfibel mit dreieckiger Kopf- und Fußplatte verweist Grab 13 von Basel-Gotterbarmweg in denselben Zeitabschnitt13. Ebenfalls in die letzten Jahrzehnte des 5. Jahrhunderts gehört Grab 2 vom Forchenweg in Heilbronn-Böckingen, wie R. Roeren bei der vorwiegend stilistischen Analyse des Bügelfibelpaares bereits darlegte14. Die mitgefundene Reiterfibel widerspricht diesem Zeitansatz nicht15. Die beiden Gräber mit Haarnadeln vom Typ Basel-Gotterbarmweg Grab 13, aus Basel-Kleinhüningen und aus Walheim sind in die Zeit um 500 und in das erste Drittel des 6. Jahrhunderts zu setzen. Im Falle des Baseler Grabes ergibt dies das kerbschnittverzierte Bügelfibelpaar mit Spiralrankendekor auf der Kopfplatte und gegittertem Fußplattendekor16 und in "Walheim das Fibelpaar mit gleichbreitem Fuß und ,B°hnenmuster' auf der Kopfplatte17 wie auch die mitgefundene S-Fibel, die zu den älteren Vertretern dieser Fibelgattung zählt18. Die Gräber mit Haarnadeln des besprochenen Typs verteilen sich somit auf den Zeitraum von maximal zwei Generationen vom letzten Drittel des 5. Jahrhunderts bis zum ersten Drittel des 6. Jahrhunderts; eine schärfere Datierung ist für die beiden Nadeln von Alcagnano wegen fehlender Grabinventare nicht möglich. Die Ausstattung des Grabes 126 von Basel-Kleinhüningen (Abb. 5) und des Grabes 2 vom Forchenweg in Heilbronn-Böckingen (Taf. 39, 4-7) läßt keinen Zweifel, daß die hier Bestatteten einer sozial gehobenen Schicht angehörten: beide Damen trugen neben einem silbernen Halsring noch einen silbernen Kolbenarmring19 am linken Handgelenk, im Baseler Grab fand sich außerdem ein Messerpaar mit gerippten Silberblechzwingen20 zwischen den Knien der Toten. Eine vergleichbare 13 Länge: 3,35 cm. Zur Zeitstellung vgl. Grab 933 von Krefeld-Gellep mit einem Fibelpaar gleichen Typs und einem Spitzbecher mit aufgelegter Fadenspirale: R. Pirling, Das römisch-fränkische Gräberfeld von Krefeld-Gellep. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit B 2 (1966) 2. Teil 112 Taf. 76, 21-22 und 1. Teil 165 f. (weiterhin abgekürzt: Pirling, Krefeld-Gellep). Diese Datierung wird gestützt durch die Lage des Grabes im Gräberfeld und durch die Tragweise des Fibelpaares (bei Zweifibeltracht) an den Schultern. 14 Fundber. aus Schwaben N. F. 16,1962,123 ff. 15 Fundliste der silbernen Reiterfibeln: Werner, Diergardt 61 Fundliste 10. Naturalistisch ausgebildete Reiterfibeln, gelegentlich mit Pferdchenfibeln vergesellschaftet (z. B. St. Sulpice, Kanton Waadt, reiches Frauengrab des ersten Drittel des 6. Jahrhunderts: Moosbrugger-Leu, Schweiz Taf. 49, 35-36; 47, 13), kommen bereits seit dem letzten Drittel des 5. Jahrhunderts vor: z. B. Basel-Kleinhüningen Grab 102 (H. Kühn, Die germanischen Bügelfibeln der Völkerwanderungszeit in der Rheinprovinz [1940] 196 Abb. 70; Taf. 83,20 Nr. l (weiterhin abgekürzt: Kühn, Bügelfibeln). - Vgl. ferner U. Koch, Alamannische Gräber der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts in Südbayern. Bayer. Vorgeschichtsbl. 34, 1969, 168 ff. (weiterhin abgekürzt: Koch, Alamannische Gräber). 16 Zu dem Tierkopffuß vgl. die Dreiknopffibeln der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts von Sokolnice, Südmähren (CSSR) Grab 5: Arch. Rozhledy 3, 1951, 194 Abb. 149; von Sikenica-Velty Pesek, Kr. Levice (CSSR): T. Kolm'k, Slov. Arch. 19, 1971, 537 Abb. 38 und von

Zemun (Jugoslawien): Seoba Naroda, Katalog Narodni muzej Zemun (1962) Taf. 4, 1. - Gegitterter Fußplattendekor an dem Fibelpaar aus dem polnischen münzdatierten Schatzfund von Konarzew, Kr. Leczyca der Zeit um 500: K. Jazdfcewski, Przewodnik po Muzeum Archeologicznym w L6di (1951) 114 f. mit Taf. 26-27; E. Petersen, Der ostelbische Raum als germanisches Kraftfeld (1939) 74 f. Abb. 109-110. Zu den Fibeln mit gegitterter Fußplatte (außer Typ Hahnheim): Bierbrauer, Bayer. Vorgeschichtsbl. 38,1973, 94 ff. 17 Fundliste bei Kühn, Bügelfibeln 78 f. unter dem nur grob differenzierten Typ von Krefeld: Nr. 18-22 (mit überholter Datierung). - Zur Zeitstellung vgl. Reuden, Kr. Zeitz, Grab 10: B. Schmidt, Die späte Völkerwanderungszeit in Mitteldeutschland (1961) 122 Taf. 54. 18 z. B. S-Fibeln dieses Typs in: 'Weimar-Nordfriedhof Grab 80: Schmidt, Die späte Völkerwanderungszeit in Mitteldeutschland. Katalog (Südteil) (1970) 86 Taf. 94, 4 c-d und Stößen, Kr. Hohenmölsen Grab 25: Schmidt (wie Anm. 17) 24 Taf. 13, l b. 19 Zur Beurteilung der Gräber mit Armringen: Koch, Die Grabfunde der Merowingerzeit aus dem Donautal um Regensburg. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit A 10 (1968) 49 (weiterhin abgekürzt: Koch, Donautal um Regensburg). Ferner: dies., Alamannische Gräber 187 f. 20 Zur soziologischen Einordnung dieser Gräber: Werner, Das Messerpaar aus Basel-Kleinhüningen Grab 126. In: Provincialia. Festschr. R. Laur-Belart (1968) 647 ff.

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Abb. 5. Basel-Kleinhüningen Grab 126 (nach R. Moosburger-Leu in: Repertorium der Ur- und Frühgeschichte der Schweiz 5 [1959] Taf. 6). Grabzeichnung oben links etwas kleiner als l: 20, Gegenstände etwas kleiner als M. 1:2.

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soziale Stellung ist für die Halsringträgerin von Grab 13 in Basel-Gotterbarmweg vorauszusetzen. Da sich auch Haarnadeln anderer Typen durchweg in reich ausgestatteten merowingischen Frauengräbern finden21, dürften auch die beiden Damen von Alcagnano mit Haarnadeln Angehörige einer gehobenen Gesellschaftsschicht gewesen sein. Beide Halsringe von Alcagnano (Taf. 38, l u. Abb. 2,1) sind aus massivem Silber und rundstabig. Der besser erhaltene Ring (Taf. 38, 1) besitzt einen Verschlußteil, dessen doppelt gelegtes Hakenende zurückgebogen und dreifach um den Reif gewickelt ist. Der gegenüber liegende Haken ist abgebrochen; er war - wie Abdrücke erweisen - ebenfalls zurückgebogen und mit mindestens zwei Windungen um den Reif gewickelt. Der Verschlußteil des zweiten Halsringes (Abb. 2,1) ist abgebrochen und fehlt; das plattgehämmerte, fragmentierte Endstück läßt keinen Rückschluß auf die Art des Verschlusses zu. Der Halsring mit umwickelten Enden gehört zu einer Gruppe von neun Halsringen (Fundliste S. 577, Nr. 1-9), die sich durch folgende Merkmale zu dem Typ von Heilbronn-Böckingen zusammenschließen lassen: der glatte Reif ist rundstabig und verjüngt sich an seinen Enden, die mit den zurückgebogenen Verschlußstücken umwickelt sind; der Verschluß selbst besteht aus einer einfachen oder doppelt gelegten ovalen oder runden Öse und am gegenüberliegenden Ende aus einem einfach oder doppelt gelegten Haken. Dieser Haisring-Typ begegnet, soweit durch geschlechtsspezifische Beigaben gesichert, in Frauengräbern. Er ist erstmals in dem böhmischen Frauengrab von Prag-Liben nachweisbar, das wegen der kerbsdmittverzierten Bügelfibel mit schwalbenschwanzförmigem Fuß und des mit geometrischem Kerbschnitt verzierten, rechteckigen Riemenzungenpaares noch in die zweite Hälfte des 5. Jahrhunderts zu setzen ist22. Im letzten Drittel dieses Jahrhunderts wurde Grab l vom Forchenweg in Heilbronn-Böckingen angelegt (Taf. 39, 4-7)2S. Die Halsringe in den Gräbern 126 (Abb. 5, S) und 230 von Basel-Kleinhüningen mit zwei mustergleichen Bügelfibelpaaren gehören dem ersten Drittel des 6. Jahrhunderts an24, was auch auf das reiche Frauengrab von Lausanne-Bois de Vaux zutrifft25. Nicht schärfer datierbar sind die Halsringe von Herten Grab 2626 und von Langensendelbach, Kr. Forchheim27, sowie aus dem Gräberfeld von Worms-Maria21

Koch, Alamannische Gräber 188 Tabelle 1. B. Svoboda, Böhmen in der Völkerwanderungszeit (1965) 320 mit Hinweis auf Grab 9 von Elstertrebnitz, Kr. Borna, das eine Fibel gleichen Typs enthielt. Die von G. Mildenberger vertretene Datierung dieses Grabes mit früher S-Fibel (vgl. Anm. 18) in die fortgeschrittene erste Hälfte des 6. Jahrhunderts ist zu spät: Mildenberger, Die germanischen Funde der Völkerwanderungszeit in Sachsen. Arbeits- u. Forschungsber. z. Sachs. Bodendenkmalpfl. Beih. 2 (1959) 104 f. - Ein einfacher Bronzehalsring mit verschlungenen Enden aus dem Frauengrab 22 von Bittenbrunn, Ldkr. Neuburg an der Donau (hier: Verbreitungskarte Abb. 6 Nr. 11) gehört in die gleiche Zeit: R. Christlein, Jahresber. d. Bayer. Bodendenkmalpflege 8/9, 1967/68 (1971) 98 f. Abb. 5 S. 92. - Die attilazeitlichen Goldhalsringe, die ausschließlich in Männergräbern vorkommen, bleiben hier außer Betracht: vgl. hierzu E. Keller, Bemerkungen zum Grabfund von Untersiebenbrunn. Germania 45, 1967,116 fif. 23 Koch, Donautal um Regensburg 21 mit Fundliste 22

der Dreiknopffibeln des Typs Stammheim a. a. O. 244 (Liste l C). 24 Vgl. Anm. 16; Grab 230: Laur-Belart, Über die Colonia Raurica und den Ursprung von Basel (1957) Taf. 8,11. 25 Moosbrugger-Leu, Ur-Schweiz 27, 1963, 44 ff. Abb. 24,3. 26 F. Garscha, Die Alamannen in Südbaden. Katalog der Grabfunde Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit A 11 (1970) Taf. 90, 8; S-förmige Schließhaken kommen auch sonst an Ketten der Mitte und zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts vor: vgl. zuletzt H. Dannheimer, Die germanischen Funde der späten Kaiserzeit und des frühen Mittelalters in Mittelfranken Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit A 7 (1962) 27 f. - Ein Gegenstück des silbernen Ringleins aus Herthen Grab 26 (Garscha a. a. O. Taf. 90, 7) fand sich in Grab 3 von Heidelberg-Kirchheim, das in das späte 5. Jahrhundert gehört: Bad. Fundber. 14, 1938, 77 Abb. 3 oben rechts Nr. f. 27 Gesicherte Beifunde liegen nicht vor: G. Raschke, Jahrb. f. frank. Landesforsch. 20,1960,114.

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münster, der als einziger Vertreter dieses Typs aus Bronze gefertigt ist. Möglicherweise ist das Wormser Exemplar älter als der Halsring aus Prag-Libeü28. Vermutlich zu dem Typ von Heilbronn-Böckingen gehören auch die Halsringe aus den Frauengräbern 6 und 13 von Basel-Gotterbarmweg und aus Grab 35 vom Nordfriedhof in Weimar (Fundliste S. 577 Nr. 10-12), deren Verschlußstücke ganz oder teilweise abgebrochen sind; ihre glatten Reife sind ebenfalls rundstabig und verjüngen sich an ihren Enden. Die beiden Baseler Gräber gehören mit Rücksicht auf ihre Fibeln in das letzte Drittel des 5. Jahrhunderts29, während das Vogelfibelpaar Grab 35 von Weimar-Nordfriedhof in die erste Hälfte des 6. Jahrhunderts datiert30. Jüngere Frauengräber mit Halsringen sind im merowingischen Reihengräberkreis nicht bekannt. Abgesehen von Alcagnano liegen sieben von elf Frauengräbern mit Halsringen des Typs Heilbronn-Böckingen innerhalb des alamannischen Stammesgebietes (Verbreitungskarte Abb. 6), ihre Trägerinnen waren Alamanninnen. Nach Ausweis ihres kostbaren Trachtzubehöres und ihrer reichen Grabausstattungen sind sie einer gehobenen Bevölkerungsschicht zuzurechnen, wie die Gräber 94, 126 (Abb. 5) und 230 von Basel-Kleinhüningen sowie von Heilbronn-Böckingen, Forchenweg Grab 2 (Taf. 39, 4-7) und von Lausanne-Bois de Vaux deutlich vor Augen führen. Mit Ausnahme der Dame von Kleinhüningen Grab 94 trugen die Verstorbenen einen silbernen Handgelenkring bzw. ein Armreifpaar (Lausanne-Bois de Vaux)31 sowie in Basel-Kleinhüningen Grab 126 und Lausanne-Bois de Vaux einen goldenen Fingerring mit Steineinlagen; in den beiden zuletzt genannten Gräbern fanden sich ferner Messer mit einer Griffverkleidung aus geripptem Silber- bzw. Goldblech32. Nicht zuletzt weist der Materialwert der bis zu 175 Gramm schweren Silberhalsringe (Heilbronn-Böckingen und Lausanne-Bois de Vaux) neben den übrigen Trachtbestandteilen aus Silber auf den persönlichen Reichtum der Halsringträgerinnen hin. Halsringe in Frauengräbern begegnen in größerer Zahl nur noch im eibgermanischen Kreis, insbesondere in der mitteldeutschen Skelettgräbergruppe Hassleben-Leuna im späten 3. Jahrhundert und in der Zeit um 300 sowie im jüngerkaiserzeitlichen ostgermanischen Kreis, in beiden Fällen ebenfalls in reich ausgestatteten Gräbern, teilweise in ,Fürstengräbern'33. Bislang sind aus dem frühalamannischen Siedlungsgebiet des 4. und der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts nur die beiden 28

Die Funde des Gräberfeldes sind nicht nach Inventaren getrennt; der überwiegende Teil der Kleinfunde gehört in das 4. Jahrhundert: für den Hinweis auf den Halsring bin ich E. Keller (München) zu Dank verpflichtet. 29 Grab 13: Der gleiche Fibeltyp (Vogt, Gotterbarmweg Taf. 8) fand sich in Krefeld-Gellep Grab 933: vgl. Anm. 13. 30 Das Vogelfibelpaar gehört zu dem Typ ,Mit dreieckigem, dreigeteiltem Flügel' nach der Einteilung von Koch (Donautal um Regensburg 33 ff., Fundliste a. a. O. 247). - Ein weiterer noch unpublizierter Halsring fand sich in Basel-Kleinhüningen Grab 101: MoosbruggerLeu, Schweiz 203 Anm. 5; Taf. 52, A (abgebildet ist nur der Verschlußteil). 31 Vgl. Anm. 19. 32 Vgl. Anm. 20. 33 Mitteldeutschland: z. B. Holleben, Saalkreis: Schmidt, Jahresschr. Halle 40, 1956, 205 f. Abb. 2; Nienburg, Kr. Bernburg: Schmidt a. a. O. 41/42, 1958, 467 ff. Abb. 2 und 3 a; Dienstedt, Kr. Arnstadt: Roeren, Jahrb. RGZM. 7, 1960, 279 f. Abb. 15, 1; Hassleben,

Kr. Weimar: W. Schulz, Das Fürstengrab von Hassleben. Röm.-Germ. Forsch. 7 (1933) Taf. l, 2 mit weiteren Parallelen S. 34 f. und 48. - Ostgermanisch: z. B. Sackrau, Schlesien, Grab 3: F. Grempler, Der II. und III. Fund von Sackrau (1888) Taf. 7, 10; Dorotheenhof, Kr. Flatow: W. La Baume, Urgeschichte der Ostgermanen 2 (1934) 133 Abb. 64; ferner E. Blume, Die germanischen Stämme und Kulturen zwischen Oder und Passarge l (1912) 86 f. Abb. 103. - Die Halsringe besitzen meist einen kugeligen Verschlußknopf und eine birnenförmige Öse; ihre Enden sind mehrfach mit einem eigenem Draht umwickelt. - Ähnlich dem Halsring in dem ,Fürstengrab' von Pouan, Frankreich (Gallia 14, 1956, 74 Abb. 24) werden die fränkischen Halsringe vom Typ ,Gellep-Velp-Beilen' der Zeit um 400 und der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts (Werner, Ein germanischer Halsring aus Gellep. Festschr. A. Oxe [1938] 260 ff.; H. Waterbolk und W. Glasbergen, Paleohistoria 4,1955, 81 ff.; zuletzt Werner in: Spätkaiserzeitliche Funde in Westfalen. Bodenaltertümer Westfalens. 12, 1970, 77) ebenfalls aus Männergräbern stammen. Sie bleiben hier unberücksichtigt.

Alamannische Funde der frühen Ostgotenzelt aus Oberitalien

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Abb. 6. Verbreitung der Halsringbeigabe in Frauengräbern des 5. und frühen 6. Jh. (•); Nr. 3: 5 Exemplare. Verbreitung der Haarnadeln vom Typ Heilbronn-Böckingen, Forchenweg Grab 2 (H) Nr. 3: 3 Exemplare. -1 Alcagnano. 2 Lausanne-Bois de Vaux. 3 Basel-Kleinhüningen und Basel-Gotterbarmweg. 4 Herthen. 5 Walheim. 6 Heilbronn-Böckingen. 7 Bergheim. 8 Langensendelbach. 9 Prag-Liberi. 10 Weimar-Nordfriedhof. 11 Bittenbrunn.

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Frauengräber von Reichelsheim bei Friedberg in der südlichen Wetterau34 und aus Bergheim nördlich Dillingen an der Donau35 mit einem Halsring bekannt. Dies kann mit der Quellenlage dieser Zeit in Südwestdeutschland zusammenhängen, da hier vorwiegend Einzelgräber und kleine Grabgruppen vorzuliegen scheinen; zu berücksichtigen ist aber auch die vergleichsweise schlechte Erforschung der frühalamannischen Hinterlassenschaft (vgl. den Beitrag von E. Keller S. 247ff.)Trotz dieser Unsicherheit bezüglich der Quellenlage deuten die beiden Frauengräber von Reichelsheim und Bergheim an, daß die Halsringbeigabe in den Frauengräbern des letzten Drittels des 5. und des ersten Drittels des 6. Jahrhunderts im Ende einer vielleicht schon aus dem elbgerminischen Kreis abzuleitenden Halsringbeigabe in alamannischen Frauengräbern stehen. Die Beigabe von Halsringen ist im 4. und in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts im alamannischen Siedlungsgebiet, soweit durch geschlechtsspezifische Beigaben gesichert, ebenfalls in Männergräbern zu beobachten. Die unter der Typenbezeichnung Ihringen zusammengestellten Halsringe36 sind aus Bronze gefertigt und besitzen als Charakteristikum einen tordierten Reif. Ihre Verschlußkonstruktion stimmt mit der des Typs Heilbronn-Böckingen überein. Auch in der Umwicklung ihrer Enden mit den zurückgebogenen Verschlußstücken bilden sie - formenkundlich - die Vorläufer der frühreihengräberzeitlichen Halsringe. Drei Exemplare des Typs Ihringen stammen aus Männergräbern37. Der massive, silberne Armring, wie er in Alcagnano in einem Bruchstück vorliegt (Taf. 38, 4), begegnet nach den Untersuchungen von U. Koch im westlich merowingischen Reihengräberkreis immer wieder in reich ausgestatteten Frauengräbern des späten 5. und der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts. Verzierte Ringenden, im Falle von Alcagnano Querrillen an den Schauseiten, überwiegen im alamannischen Stammesgebiet38. 34

G. Behrens, Germania 15, 1931, 233 f. Abb. 1. Der Ring gehört zu Typ 3 nach der Einteilung von Behrens, Mainzer Zeitschr. 17/19,1921/22,70. 35 Roeren, Jahrb. RGZM. 7, 1960, 244 Nr. 4 Taf. 43. - Zur Datierung Keller, Die spätrömischen Grabfunde Südbayerns. Münchner Beitr. z. Vor- u. Frühgesch. 14 (1971) 190 Anm. 914. Der massiv-silberne Halsring besitzt einen einfachen Verschluß aus zusammengebogenen Enden. 36 1. Ihringen, Kr. Freiburg (Männergrab): R. Giessler, Bad. Fundber. l, 1925/28, 105 ff. Abb. 1-3; Garscha (wie Anm. 26) 173 Taf. 8, 2 a-b. - 2. Mainz-Kostheim (Männergrab): Behrens, Das frühchristliche und merowingische Mainz (1950) 29 Abb. 48,10-10 a. - 3. GrossGerau (Männergrab): Roeren, Jahrb. RGZM. 7, 1960, 246 Abb. 6, 1. - 4. Langensendelbach, Kr. Forchheim (Grabfund): G. Raschke, Jahrb. f. frank. Landesforsch. 20, 1960, 114 Taf. 2, 1-2; Roeren, Jahrb. RGZM. 7, 1960, 248 Nr. 33. - 5. Worms-Mariamünster (Grabfund): Behrens, Mainzer Zeitschr. 17/19, 1921/22, 70 (erwähnt unter Typ 2); eine Zeichnung des Stückes, das im Museum Worms unter der Inventarnummer 226 aufbewahrt wird, verdanke ich der Freundlichkeit von E. Keller (München). - 6. Forchtenberg, Kr. Heilbronn (Siedlungsfund): unpubliziert; die Kenntnis des Halsringes und eine Zeichnung desselben verdanke ich der Freundlichkeit von R. Koch (Heilbronn). Das Stück befindet sich im Museum Heilbronn. - 7. Bronnen bei

Laupheim (vermutlich Männergrab): bislang unpubliziert; vgl. den Beitrag von R. Koch in diesem Band S. 238 mit Anm. 54 und Abb. 8, 2. - 8. Basel-Kleinhüningen Grab 94, Schweiz (Frauengrab): Kühn, Bügelfibeln 144 f. Abb. 41, 19; der Halsring ist wie die Nr. 1-6 tordiert, im Gegensatz zu diesen aber aus Silber gefertigt und besitzt einen ösenverschluß mit kugeligem Endknopf. Der Ring ist vermutlich in diesem Grabe ein Altstück. 37 Vgl. Anm. 36 Nr. 1-3. - Neben dem Typ Ihringen gibt es noch eine Anzahl etwa gleichzeitiger, ebenfalls bronzener Halsringe aus Südwestdeutschland, die Behrens unter seinem Typ 3 zusammengefaßt hat (Mainzer Zeitschr. 17/19, 1921/22, 70). Ihre Verschlußkonstruktion weicht von der des Typs Ihringen ab, da sie eine kreisförmig bis rechteckige Platte mit runder Öse und meist einen Haken mit Kugelkopf aufweist (hierzu zuletzt: Dannheimer [wie Anm. 26] 26 f.; ferner Keller, Germania 45, 1967, 117 Anm. 38). Ein Ring des Typs 3 nach Behrens fand sich in dem Waffengrab 3 von Lampertheim bei Worms (Mainzer Zeitschr. 30, 1935, 60 Abb. 9 oben Nr. 1). Die zumindest teilweise Gleichzeitigkeit dieses Halsringtyps mit dem Typ Ihringen deutet das Exemplar aus Mainz-Kostheim (vgl. Anm. 36 Nr. 2) an, das einen Verschluß wie die Halsringe des Typs 3 nach Behrens besitzt. 38 Koch, Donautal um Regensburg 48 f. mit Verbreitungskarte Taf. 96,11.

Alamannische Funde der frühen Ostgotenzeit aus Oberitalien

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Wie die Haarpfeile und Halsringe sind auch die drei Fibelpaare aus der Gräbergruppe von Alcagnano (Taf. 37, 1-6) in ihrem Dekor eng an das alamannische Südwestdeutschland gebunden. Übereinstimmung besteht auch hinsichtlich der Datierung in das späte 5. und in das erste Drittel des 6. Jahrhunderts. In das späte 5. Jahrhundert bzw. in die Zeit um 500 gehört das kleine Fibelpaar mit tief eingegrabenem Zickzackdekor auf der Kopfplatte (Taf. 37, 5-6). Die Zierweise der Kopfplatte ist eine Besonderheit alamannischer Bügelfibeln dieser Zeit, wie schon H. Kühn bei der Behandlung seines noch wenig differenzierten Fibeltyps mit ,gleichbreitem Fuß und umrandendem Kerbschnitt' feststellte39. Eine weitere Untergliederung durch Koch erweist klar die alamannische Herkunft des kleinen Fibelpaares von Alcagnano40. Kennzeichnend für das mittelgroße Fibelpaar von Alcagnano (Taf. 37, 3-4) ist der Stufenkerbschnitt des gleichbreiten Fußes. Er ist ebenfalls auf das alamannische Stammesgebiet beschränkt41. Bügelfibeln mit diesem Fußdekor waren wie im reich ausgestatteten Frauengrab 19 von BarbingIrlmauth, Ldkr. Regensburg, im ersten Drittel des 6. Jahrhunderts im Gebrauch42. Der Kopfplattendekor des italischen Fibelpaares ist bislang singulär. Zu dem gegliederten, volutenartigen Kopfplattendekor des großen Fibelpaares aus Alcagnano (Taf. 37, 1-2) ist nur ein mustergleiches, leider fundortloses Gegenstück aus der Sammlung Diergardt bekannt43. Im Muster entfernt vergleichbar ist eine kleine Gruppe von untereinander mustergleichen Bügelfibeln aus dem alamannischen Stammesgebiet und aus Feldmoching, Ldkr. München, Grab 217 mit geripptem Fuß und Tierkopfabschluß aus dem späten 5. und dem frühen 6. Jahrhundert44. Gegenstücke im alamannischen und fränkischen Stammesgebiet besitzt der Fußdekor des großen Fibelpaares aus Alcagnano mit quadratischen Seitenfeldern, die im Wechsel mit Würfeldekor und mit einer Diagonalen verziert sind45. Er begegnet an den alamannischen Exemplaren von Heidelberg-Kirchheim Grab 446 und in verwandter Form an den alamannischen Fibeln mit Zickzackdekor auf der Kopfplatte von Entringen, Ulm und Bruchsal47 bereits im späten 5. und im frühen 6. Jahrhundert. 38

Kühn, Bügelfibeln 134 ff. Taf. 75,10 Nr. 1-18; Taf. 76,10 Nr. 19 und 23. 40 Koch, Donautal um Regensburg 22 f. mit Fundliste 2 B S. 245 und Verbreitungskarte Taf. 91, 2. 41 Untergliederung des Typs ,Westhofen' nach Kühn: Koch, Donautal um Regensburg 25 mit Fundlisten 3 C-D S. 245 und Verbreitungskarte Taf. 92,3. 42 Koch, Donautal um Regensburg Taf. 82, 1-7 und Taf. 36; dies., Alamannische Gräber 189 und 191 Abb. 11. 43 Werner, Diergardt 18 Nr. 32 Taf. 9, 32. 44 Kadelburg, Kr. Waldshut: Garscha (wie Anm. 26) 176 f. Taf. 83, 4; Sasbach, Kr. Emmendingen: Garscha a. a. O. 248 Taf. 14, 2 a-b; Feldmoching, Kr. München Grab 217: Dannheimer und G. Ulbert, Die bajuwarischen Reihengräber von Feldmoching und Sendung. Materialh. z. Bayer. Vorgesch. 8 (1956) 10 Taf. 6 A, 4-5.

- Im Muster weiter entfernt ist eine Gruppe vornehmlich fränkischer Bügelfibeln: Trivieres (Belgien): G. Faider-Feytmans, Les Collections d'Archeologie regionale du Musee de Mariemont 2: Les necropoles merovingiennes (1970) 82 Taf. 33; Mengen Grab 12: Garscha a. a. O. 216 f. Taf. 17, l a-b; ferner: Kühn, Bügeläbeln Taf. 91, 24 Nr. 13-15 (Lavigny [Schweiz]; Monceau-leNeuf und Concevreux [beides Frankreich]}. 45 Fränkisch: Kühn, Bügelfibeln Taf. 72, 6 Nr. 106 (Rommersheim); Taf. 2, 10 (Andernach); Herpes, Dep. Charente: Werner, Diergardt 14 Taf. 3, 8 a-b. - Alamannisch: Heilbronn-Rosenberg: Veeck, Alamannen 216 f. Taf. 23 A, l a; Heidelberg-Kirchheim Grab 4: Bad. Fundber. 14,1938,76 f. Abb. 3 a und Taf. 9 c. 4e Vgl. Anm. 45. « Kühn, Bügelfibeln Taf. 75,10 Nr. 3,12-13.

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DIE F U N D E VON FORNOVO, VERONA UND VILLA C O G O Z Z O

Die für die Funde von Alcagnano getroffenen Feststellungen gelten auch für die silbervergoldete Bügelfibel von Fornovo, Prov. Bergamo (Taf. 38,3). Ihre Fußplatte trägt den gleichen Dekor wie das große Fibelpaar von Alcagnano. Die Herkunft der Fibel aus Südwestdeutschland erweist der konzentrische Kreisdekor der Kopfplatte und des Bügels48, ihre Datierung in das erste Drittel des 6. Jahrhunderts ist gesichert49. Im belgisch-nordfranzösischen Raum ist mit hoher Wahrscheinlichkeit die bronzene Ortbandzwinge einer Spatha (Abb. 3) hergestellt, die leider ohne Kenntnis der Fundumstände vermutlich aus Verona oder Umgebung stammt. Sie zeigt auf der Schauseite eine menschliche Maske zwischen zwei Vogelköpfen. Langschwerter mit Ortbandzwingen dieses Typs sind bislang aus den ,Adelsgräbern' von Krefeld-Gellep Grab 43, von Samson Gräber l und 2, von Eprave (beide Fundorte in der Provinz Namur, Belgien) und aus Abingdon, Berkshire (England) Grab B 42 bekannt geworden50. Neben der auffallenden Übereinstimmung in der Ausbildung der Ortbandzwingen sind die vier Langschwerter aus Samson, Krefeld-Gellep und Abingdon auch durch die gleichartige Musterung ihrer kerbschnittverzierten Scheidenmundbleche mit Wellenband und Zungenmuster eng miteinander verbunden. Das Vorkommen eines solchen Scheidenmundbleches an dem fränkischen Schwert von Oberlörick, Kr. Düsseldorf, das mit seinen eisernen, mit engem Gitterwerk silbertauschierten Riemendurchzügen mit spätrömischen Tauschierarbeiten des nordgallischen Raumes verknüpft ist, bewog Werner für die fränkischen Schwerter vom Typ ,Oberlörick - Samson - Abingdon' eine gemeinsame Herkunft aus einer in spätantiker Tradition arbeitenden Werkstatt im belgischen Raum (vielleicht in der Gegend von Namur) anzunehmen51. Neben den Gemeinsamkeiten mit subrömischen Metallarbeiten steht die Datierung dieser frühfränkischen Schwerter in die zweite Hälfte des 5. Jahrhunderts auch durch die reiche Ausstattung des ,Adelsgrabes' 43 von Krefeld-Gellep fest52. Da kostbare "Waffen dieser Art über weite Strecken verhandelt wurden, ist mit dem Hinweis auf die wahrscheinliche Herstellung des ,Veroneser' Schwertes im belgischen Raum nichts über die Stammeszugehörigkeit seines letzten Besitzers ausgesagt53. 48

Koch, Alamannische Gräber 167 mit Verbreitungskarte Abb. 4 (runde, offene und dreieckige Signaturen). Neufund: Bopfingen, Kr. Aalen (E. Neuffer, Ellwanger Jahrb. 23,1971,49 Abb. 6 links unten). 49 Koch, Alamannische Gräber 168 f. 50 Krefeld-Gellep Grab 43: Pirling, Krefeld-Gellep 2. Teil 19 f. Taf. 10, l a-f und Taf. 121, S a-b. - Samson Gräber l und 2: Werner, Germania 31, 1953, 41 Taf. 7, 6; A. Dasnoy, Ann. Soc. Arcfa. Namur 53, 1965/ 66, 17 ff. Taf. 2, 2 und 5. - Eprave (2 Exemplare), ohne bekannten Grabzusammenhang: Werner a. a. 0.41 Taf. 7, 7-8; Dasnoy a. a. O. Taf. 3, 2-3 und ders., Ann. Soc. Arch. Namur 54, 1967/68, 83 ff. Abb.9,1-2.-Abingdon Grab B 42: V. Evison, The Fifth-Century Invasions South of the Thames (1965) 15 f. 111 f. Abb. 22 j. - Vgl. den Beitrag von W. Menghin S. 441 ff. 51 Werner, Zu den fränkischen Schwertern des 5. Jahrhunderts (Oberlörick - Samson - Abingdon). Germania 31, 1953, 38 ff.; ders., fränkische Schwerter des 5. Jahrhunderts aus Samson und Petersfinger. Germania 34, 1956,156 ff.

« Werner, Germania 31, 1953, 43. - Krefeld-Gellep Grab 43: Pirling, Krefeld-Gellep 1. Teil 185 f. 63 Daß Schwerter des Typs Samson-Oberlörick außer zu den Angelsachsen auch in das alamannische Stammesgebiet gelangt sind, zeigt ein noch unpublizierter Neufund aus dem Gräberfeld von Hemmingen, Kr. Leonberg Grab 21: H. Müller, Das alamannische Gräberfeld von Hemmingen (Diss. München 1969; im Druck). Für die Erlaubnis, das Schwert von Hemmingen an dieser Stelle bereits erwähnen zu können, danke ich H. Müller (Schleswig) herzlich. Zur fränkischen Herkunft der Hemminger Spatha vgl. Menghin, Anz. d. Germ. Nationalmus. 1973, 49. - Mit dem frühfränkischen Schwerttyp von Samson-Oberlörick sind ferner folgende Spathen verwandt: von Schleitheim-Hebsack, Kanton Schaffhausen (W. Guyan, Eine Ortbandzwinge von Schleitheim. Jahresber. des Museumsver. Schaffhausen 1945 [1946] 33 f. Abb. S. 35; ders., Das alamannische Gräberfeld von Schleitheim-Hebsack. Materialh. z. Uru. Frühgesch. d. Schweiz 5 [1965] Taf. 10 g); von Wageningen (Holland) Grab 91 (W. van Es, Paleohistoria 10,

Alamanniscbe Funde der frühen Ostgotenzeit aus Oberitalien

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Die Franziska von Villa Cogozzo, Prov. Brescia (Abb. 2,2 und Taf. 39,3) gehört mit ihrer S-förmig geschwungenen Oberkante und ihrer halbkreisförmig gebogenen Unterkante zum Typ Trier A nach K. Böhner und ist demnach in die Zeit zwischen der Mitte des 5. und dem ersten Viertel des 6. Jahrhunderts zu setzen54. Für das Trachtzubehör aus Alcagnano und aus Fornovo kommt mit hoher Wahrscheinlichkeit Südwestdeutschland und die Nordwestschweiz als Herkunftsgebiet in Betracht. Die Benützungszeit der Objekte fällt in das letzte Drittel des 5. und in das erste Drittel des 6. Jahrhunderts, erstreckt sich also maximal auf einen Zeitraum von zwei Generationen. Da in Alcagnano eine Trennung nach Grabinventaren nicht möglich ist, entfällt eine schärfere Datierung nach Gräbern. Da sich die Kleinfunde an beiden Fundplätzen als Einzelstücke und in Alcagnano auch in ihrer Zusammensetzung grundlegend von der Ausstattung gleichzeitiger ostgotischer Frauengräber unterscheiden55, ist alamannische Stammeszugehörigkeit für die hier Bestatteten anzunehmen. Das Ortband bzw. die Spatha aus Verona oder Umgebung und die Franziska aus Villa Cogozzo können aus alamannischen Männergräbern dieser Zeit stammen. Die Alamanninen von Alcagnano und der Besitzer der Spatha von Verona waren sicher Angehörige einer gehobenen Bevölkerungsschicht. Exogamie scheidet für die Mobilität zumindest der in Alcagnano Bestatteten aus, da hier wenigstens drei Gräber vorliegen. So bleibt als weitere, archäologisch vertretbare Interpretationsmöglichkeit noch die Annahme, daß diese alamannische Personengruppe zwischen dem letzten Drittel des 5. und dem ersten Drittel des 6. Jahrhunderts aus unbekannten Gründen nach Oberitalien überwechselte. Eine Erklärung hierfür kann, wenn überhaupt, nur die zeitgenössische schriftliche Überlieferung geben.

DIE SCHRIFTLICHE ÜBERLIEFERUNG

Nennungen von Alamannen im Zusammenhang mit Italien bringen in dem fraglichen Zeitraum Cassiodorus Senator, Bischof Ennodius von Pavia und der byzantinische Geschichtsschreiber Agathias von Myrene. In dem durch Cassiodor überlieferten Schreiben Theoderichs an seinen Schwager Chlodwig aus den Jahren 506/0756 warnt der Ostgotenkönig den Franken vor einem (weiteren?) Vorgehen gegen 1964, 206 f. Abb. 45, 5); von Pfullingen (Veeck, Alamannen 266 ff. Taf. N, l Nr. 3 und Taf. 48 B, 11-12) (Vgl. den Beitrag von W. Menghin S. 446 [hier Typ Wageningen]) und vom Runden Berg bei Urach (Christlein, Arch. Korrespondenzbl. l, 1971, 180 f. Abb. 2, 5). Mit Ausnahme von Pfullingen (Silber) besitzen die Schwerter bronzene Ortbandzwingen mit seitlichen Vogelköpfen; anstelle der menschlichen Maske erscheint bei den Stükken von Schleitheim, Wageningen und Pfullingen ein stilisierter Tierkopf, der diese Stücke mit den alamannischen (Goldgriff-)Spathen verbindet (Böhner, Bonner Jahrb. 148, 1948, 241 ff.; Typ III) und fränkische Herkunft dieser Stücke vermutlich ausschließt. 54 Böhner, Die fränkischen Altertümer des Trierer

Landes. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit B l (1958) 166 f.; Zur Verbreitung östlich des Rheins: Koch, Donautal um Regensburg Taf. 99, 17. 55 Zur ostgotischen Frauentracht: Bierbrauer, Bayer. Vorgeschichtsbl. 36, 1971, 134 ff.; ders., Die ostgotischen Grab- und Schatzfunde in Italien (im Druck). 58 Cassiodor, Variae II, 41; MG AA 12 (1894) 73, ed. Th. Mommsen (weiterhin abgekürzt: Cassiodor, Var.). Zum Datum des Briefes: L. Schmidt, Geschichte der deutschen Stämme bis zum Ausgang der Völkerwanderung. Die Westgermanen 2(1969) 279 (weiterhin abgekürzt: Schmidt, Westgermanen). Zuletzt: K. Reindel, Staat und Herrschaft in Raetien und Noricum im 5. und 6. Jahrhundert. Verhandl. d. Hist. Ver. f. Oberpfalz

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Volker Bierbrauer

flüchtige Alamannen57. Nach übereinstimmender Forschungsmeinung handelt es sich bei diesen um Teile des Stammes, die sich nach der Unterwerfung des Gesamtstammes durch Chlodwig 496/97 gegen die fränkische Herrschaft erhoben hatten58. Der gescheiterte Aufstandsversuch fällt, da das Schreiben ohne direkten Anlaß nicht verständlich ist, vermutlich in die Jahre 505/06. Über das Fluchtgebiet dieser Alamannen ist aus dem Brief selbst keine hinreichende Klarheit zu gewinnen59. Von der historischen Forschung wurden sowohl Raetia I60 als auch Pannonia II61 vorgeschlagen, ja sogar eine nicht vertretbare Nordausdehnung des Ostgotenreiches bis zur Donau erwogen62. Die vorsichtige Interpretation des Theoderich-Briefes durch H. Zeiss63 überzeugt unter den vorgeschlagenen Lokalisierungen am ehesten; er nimmt an, daß sich die Fürsprache des Ostgotenkönigs bei Chlodwig nicht auf Flüchtlinge bezieht, die (bereits) Aufnahme im Ostgotenreich gefunden haben. Im anderen Falle hätte ihre Verfolgung durch Chlodwig einen Angriff auf das Ostgotenreich bedeutet, wofür Inhalt und Stil des Schreibens nicht sprechen. Der Panegyriker Ennodius berichtet ebenfalls im Jahre 506, daß die Alamanniae generalitas unter ostgotischer Herrschaft gestanden und in einer Grenzprovinz des Ostgotenreiches Grenzwachtfunktion übernommen habe64. Abgesehen davon, daß die Nennung des gesamten Alamannenvolkes verfehlt ist und auf rhetorische Übertreibung zurückgeht, verband Zeiss in Anlehnung an Th. Mommsen diese Nachricht mit der Anweisung Theoderichs an die Noriker aus dem Jahre 507, die ermüdeten Rinder durchziehender Alamannen gegen frische Tiere einzutauschen65. Diese Alamannen hätten sich dann nach Meinung von Zeiss in einer nordöstlichen Grenzprovinz des Ostgotenreiches, vermutlich im norisch-pannonischen Raum niedergelassen, was hier mit ihrem von Ennodius überliefertem Grenzwächteramt im Einklang stehen würde66. und Regensburg 106, 1966 (Festschr. H. Dachs) 34 (weiterhin abgekürzt: Reindel, Raetien und Noricum). Zuletzt: R. Weiss, Chlodwigs Taufe 508. Versuch einer neuen Chronologie für die Regierungszeit des ersten christlichen Frankenkönigs unter Berücksichtigung der politischen und kirchlich-dogmatischen Probleme seiner Zeit (1971) 23 und 32 f. 67 Cassiodor, Var. II, 41; 73: „... motus vestros in fessas reliquias temperate, quia iure gratiae merentur evadere, quos ad parentum vestromm defensionem respicitis confugisse. estote illis remissi, qui nostris finibus celantur exterriti... sie enim fit, ut et meis petitionibus satisfecisse videamini nee sitis solliciti ex illa parte quam ad nos cognoscitis pertinere." 58 Dies ist aus der Redewendung ,auctores perfidiae' zu entnehmen (Cassiodor, Var. II, 41; 73). So schon Schmidt, Westgermanen 282 f.; zuletzt: Reindel, Raetien und Noricum 35 und E. Zöllner, Geschichte der deutschen Stämme bis zum Ausgang der Völkerwanderung. Geschichte der Franken bis zur Mitte des 6. Jahrhunderts (1970) 57 mit Anm. 1. - Neuerdings vertritt R. Weiss (wie Anm. 56) 25-28 die Auffassung, daß die Unterwerfung der Alamannen durch Chlodwig und der Aufstandsversuch von Alamannengruppen, auf den sich der Theoderich-Brief bezieht, beide in das Jahr 506 zu datieren sind. 59 Zuletzt: Bierbrauer, Zu den Vorkommen ostgotischer Bügelfibeln in Raetia II. Bayer. Vorgeschichtsbl. 36, 1971, 161 ff. (weiterhin abgekürzt: Bierbrauer, Vorkommen ostgotischer Bügelfibeln).

60 R. Heuberger, Das ostgotische Raetien. Klio 30, 1937, 98; Schmidt, Die Ostgoten in der Schweiz. Zeitschr. f. Schweiz. Gesch. 9, 1929, 163 f.; ders., "Westgermanen 284. "Mommsen in: MG AA 12 (1894) XXXIII; ihm folgend: H. Zeiss, Die Nordgrenze des Ostgotenreiches. Germania 12, 1928, 31; ders., Zur ethnischen Deutung frühmittelalterlicher Funde. Germania 14, 1930, 23; W. Ensslin, Theoderich der Große 2(1959) 132; Schmidt, Westgermanen, der eine Umsiedlung von zunächst in die Raetia I (vgl. Anm. 60) geflüchteter Alamannen annahm. 62 So B. Eberl in: K. Reindel (Hrg.), Die Bajuwaren (1966) 170 f.; F. Beyerle, Süddeutschland in der politischen Konzeption Theoderichs des Großen. In: Grundlagen der alamannischen Geschichte. Vorträge und Forschungen l (1952) 81; zuletzt Reindel, Raetien und Noricum 36 und ders. in: K. Spindler, Handbuch der Bayerischen Geschichte l (1967) 84 f. 103. 63 Zeiss, Germania 12,1928,30. 64 Ennodius, Panegyricus dictus Theoderico cap. 15; MG AA 7 (1885) 212, ed. F. Vogel: „A te Alamanniae generalitas intra terntinos sine detrimento Rotnanae possessionis inclusa est... facta est Latiaris custos imperii semper nostrum populatione grassata, cui feliciter cessit fugisse patriam suam ...". 65 Cassiodor, Var. III, 50; 104 f. 66 Vgl. Anm. 61.

Alamannische Funde der frühen Ostgotenzeit aus O her Italien

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Nach dem Zeugnis des Agathias, der die fraglichen Ereignisse nicht aus eigener Anschauung oder in direkter Nachbarschaft, sondern etwa fünfzig Jahre später in Byzanz niederschrieb, hat sich Theoderich ,das Volk' der Alamannen (t6 cpüXov) tributpflichtig gemacht67. Bei vorsichtiger Interpretation ist aus dieser Quelle lediglich ein nicht näher festlegbares ,Abhängigkeitsverhältnis' von alamannischen Volksteilen vom Ostgotenreich zu folgern; über den Ort ihrer Ansiedlung ist keine genaue Angabe gemacht88. Die drei genannten Quellen lassen über das Fluchtgebiet der Alamannen des Jahres 505/06 also keine gesicherten Aussagen zu. Für die Jahre 553-55 sind Kriegszüge von Alamannen unter Butilin und Leuthari durch die Apenninenhalbinsel überliefert69. Man darf annehmen, daß sich ferner unter den fränkischen Truppen, mit denen Theudebert 539 in den ostgotisch-byzantinischen Krieg eingriff, ebenso Alamannen befanden wie vor allem unter den fränkischen Besatzungstruppen, die zwischen 539-63 in Teilen Oberitaliens stationiert waren70.

SCHLUSS Die Gegenüberstellung der archäologischen Quellen mit der schriftlichen Überlieferung läßt zwei Interpretationsmöglichkeiten zu: 1. Die archäologisch erschlossene, alamannische Personengruppe in Oberitalien steht in keiner Verbindung mit den in der schriftlichen Überlieferung genannten Alamannengruppen. Es ist dann immer noch die Feststellung vertretbar, daß die politische Konstellation dieser Zeit eine Ansiedlung zumindest kleiner Alamannengruppen im Ostgotenreich Theoderichs des Großen zuließ. 2. Unterstellt man aber eine Beziehung, was aus allgemein historischen Überlegungen wahrscheinlicher zu sein scheint, so kommen von den in der schriftlichen Überlieferung in Verbindung mit Italien genannten Alamannen aus chronologischen Gründen nur jene in Betracht, die sich nach einem mißglückten Aufstand gegen die Frankenherrschaft 505/06 dem fränkischen Zugriff zu entziehen suchten. Als Fluchtgebiet - in der historischen Forschung umstritten - hatte Verfasser aus archäologischen Gründen, die er mit der schriftlichen Überlieferung zu verknüpfen suchte, Raetia II vorgeschlagen71. Hierhin war in der frühen Ostgotenzeit eine größere Zahl italisch-ostgotischer Fundstücke, vornehmlich Bügelfibeln gelangt72. Gemessen an der Gesamtverbreitung der italisch-ostgotischen Funde der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts nordwärts der Alpen und ihrer zeitlichen Differenzierung kann diese Fundhäufung nicht zufällig sein73. Die besondere Stellung der Raetia II zum Ostgotenreich bis zum Jahre 536 bzw. 539 wäre nach Meinung des Verfassers daher am ehesten mit einer ostgotischen Interessensphäre zu umschreiben. 67

Agathias Myrinaei Historiarum Libri Quinque I, 6; ed. R. Keydell, Corpus Fontium Historiae Byzantinae 2 (1967) 17. 68 Zeiss, Germania 12, 1928, 31; so schon B. Hasenstab, Studien zu Ennodius (1889) 90. Einschränkungen hinsichtlich der Verläßlichkeit des Agathias machte in vielen Punkten A. Cameron, Agathias (1970) z. B. 31. 40. 50 f. (Franken) und 143 (Chronologie). " G. Löhlein, Die Alpen- und Italienpolitik der Merowinger im VI. Jahrhundert (1932) 46 ff.

70 Löhlein a. a. O. 28 ff. und 30 (alamannischer Einfall auf Veranlassung Theudeberts 537); Schmidt, 'Westgermanen 286. 71 Vgl. Anm. 59. 72 Bierbrauer, Vorkommen ostgotischer Bügelfibeln 154 ff. mit Abb. 8-9. 73 a. a. O. 157 f. - Dieser Annahme steht der Fundstoff dieser Zeit in Raetia II nicht entgegen, der nach den Untersuchungen von Koch (Donautal um Regensburg 20 ff. bes. 119 f. und 134 mit Taf. 91, 1-20; dies.,

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Volker Bierbrauer

Durch die hier vorgelegten Funde käme als Fluchtgebiet aber auch Oberitalien in Betracht. Der archäologische Befund würde damit die Interpretation von Zeiss stützen, wonach die beiden Nachrichten bei Cassiodor (Theoderich-Brief) und bei Ennodius (cap. 15) nicht auf diesselben Alamannengruppen zu beziehen sind74; im Brief Theoderichs an Chlodwig ist offensichtlich von Alamannen außerhalb der ostgotischen Reichsgrenzen die Rede, während sich Ennodius auf Alamannen bezieht, die ins Ostgotenreich übergewechselt waren. Daß sich die Mobilität beider Gruppen auf das gleiche Ereignis im Jahre 505/06 bezieht, dürfte außer Frage stehen. Auch hier am Südrand der Alpen (Abb. 1) würde das von Zeiss für das norisch-pannonische Grenzgebiet in Anspruch genommene Grenzwächteramt voll zutreffen. Die von ihm hierfür als mögliche archäologische Indizien angeführten .westlichen' Funde aus dem Reihengräberfeld von Krainburg in Slowenien75 gehören teils dem zweiten Drittel des 6. Jahrhunderts an und kommen für die fraglichen Ereignisse wohl schwerlich in Betracht, teils sind sie für ein alamannisches Ethnikum nicht mit derselben Sicherheit in Anspruch zu nehmen wie die Funde von Alcagnano und Fornovo76. Es ist dagegen bemerkenswert, daß die Fundorte mit alamannischem Trachtzubehör von Alcagnano und Fornovo wie auch Villa Cogozzo und Verona bzw. sein Hinterland in der Provinz Venetia liegen, also dort, wo bereits L. Hartmann 1897 die Alamannen des Ennodius vermutete77. Die nur geringe Zahl der durch glücklichen Zufall erhaltenen alamannischen Funde aus Oberitalien kann ihre Aussagekraft nicht grundsätzlich einschränken, wenn man bedenkt, daß auch für die gesamte Ostgotenzeit in Italien nur 33 ostgotische Fundstellen mit Einzelgräbern und Grabgruppen ermittelt werden konnten78. Da für die Alamannen des Ennodius sicher keine Gräberfelder zu erwarten sind, ist die Quellenlage also mit der der ostgotischen vergleichbar. Alamannische Gräber 190) in vielen Punkten mit den südwestdeutschen Grabfunden übereinstimmt. Koch nimmt daher östlich des Lechs eine alamannische Bevölkerungsgruppe an. Die kürzlich am Beispiel des Gräberfeldes von Bittenbrunn von Christlein (Jahresber. d. Bayer. Bodendenkmalpflege 8/9, 1967/68, 93 f.) knapp vorgetragene Kritik, daß eine aus Südwestdeutschland in die Raetia II übergewechselte alamannische Bevölkerungsgruppe sich nicht in bereits bestehenden Siedlungsgemeinschaften, d. h. in bereits seit älterer Zeit belegten Gräberfeldern nachweise lasse (in Bittenbrunn: ,alamannische' Phase ,Irlmauth' nach Koch in Bittenbrunn in der dritten Generation) ist zu hypothetisch: vgl. z. B. die eibgermanischen Zuwanderer in dem spätkaiserzeitlichen quadischen Gräberfeld von Kostelec (CSSR; J. Zeman, Severni Morava v mladsi dobä Hmske. Monumenta Arch. 9 [1961]}. Zudem ist das Gräberfeld von Bittenbrunn zur Kritik an Koch ungeeignet, da der Fundort eben nördlich der Donau auf alamannischem Stammesgebiet liegt. 74 Germania 12, 1928, 30 f.; ähnlich, aber weniger entschieden Schmidt, Westgermanen 282 f. 75 Zur ethnischen Deutung frühmittelalterlicher Funde. Germania 14,1930,21 ff. mit Abb. 5 S. 22. 76 Krainburg: Die Fibel mit gleichbreitem Fuß aus Grab 11/1905 (Jahrb. f. Altkde, l, 1907, 59 f. 65 Abb. 11 Nr. 3390) ist sehr wahrscheinlich pannonischlangobardisch (Werner, Die Langobarden in Pannonien.

Abhandl. d. Bayer. Akad. d. Wiss. phil.-hist. Kl. Heft 55 [1962] 62L). Für diese Interpretation spricht auch der Neufund eines mit dem Typ Nikitsdi verwandten Bügelfibelpaares aus Fridingen, Kr. Tuttlingen, Grab 150 (Arch. Korrespondenzbl. 2, 1972, 333 f. Taf. 70, 1), das auf seiner Kopfplatte ein dreizeiliges Flechtband trägt, wie es sonst an Arbeiten pannonisch-Iangobardischer Herkunft vorkommt: vgl. z. B. S-Fibel von Vors, Köm. Somogy (Ungarn) Grab 32 (Acta Arch. Hung. 16, 1964 Taf. 36, 1) und ferner Werner a. a. O. 101 und 104 (Veszk&iy). Das Gürtelgehänge aus Grab 11/1905 von Krainburg war zudem mit kleinen rechteckigen Silberbeschlägen besetzt, wie sie häufig in langobardischen Frauengräbern zu beobachten sind (Werner a. a. O. 84 f.). - Zu den beiden einzelnen Fibeln mit gleichbreitem Fuß aus den Gräbern 81/1905 und 149/1905 (Jahrb. f. Altkde, l, 1907, 65 f. 70 f. Abb. 11, 4096. 5084) gehören keine weiteren ethnisch auswertbaren Trachtbestandteile. Ob im kürzlich entdeckten Gräberfeld von Dravlje bei Ljubljana alamannische Gräber nachweisbar sein werden, läßt sich nach dem knappen Vorbericht von M. Slabe noch nicht beurteilen: Arch. Vestnik 21/22, 1970, 141 ff. 77 L. Hartmann, Geschichte Italiens im Mittelalter l 2 (1923) 121 f. 78 Bierbrauer, Die ostgotischen Grab- und Schätzfunde in Italien (im Druck).

Alamannische Funde der frühen Ostgotenzeit aus Oberitalien

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LISTE

Massiv-silberne Halsringe vom Typ Heilbronn-Böckingen Forchenweg Grab l

1. Heilbronn-Böckingen Forchenweg Grab l (Frauengrab). R. Roeren, Fundber. aus Schwaben N. F. 11, 1938-50, Teil l (1951) 101 f. Taf. 22, l Nr. 3; hier Taf. 39,4. 2. Herthen, Ldkr. Lörrach Grab 26 (Frauengrab). F. Garscha, Die Alamannen in Südbaden. Katalog der Grabfunde. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit A 11 (1970) 92 und Taf. 90, 8. 3. Basel-Kleinhüningen Grab 126 (Schweiz; Frauengrab). R. Moosbrugger-Leu in: Repertorium der Urund Frühgeschichte der Schweiz 5 (1959) 18 und Taf. 6, 5; hier Abb. 5, 5. 4. Basel-Kleinhüningen Grab 230 (Schweiz; Frauengrab). R. Laur-Belart, Über die Colonia Raurica und den Ursprung von Basel (1957) Taf. 8,11; R. Moosbrugger-Leu, Die Schweiz zur Merowingerzeit A (1971) 204 (Erwähnung des Grabinventares) und B (1971) Taf. 52, 2 (die Tafelangaben Taf. 52, l und 2 sind irrtümlich vertauscht). 5. Lausanne-Bois de Vaux Grabfund von 1847, Frauengrab (Schweiz). R. Moosbrugger-Leu, Ur-Schweiz 27,1963,44 ff. Abb. 24, 3; Gewicht 175 Gramm. 6. Prag-Liberi (CSSR; Frauengrab).

B. Svoboda, Böhmen in der Völkerwanderungszeit (1965) 260 und Taf. 33,5. 7-7a. Alcagnano (Italien). Unveröffentlicht; hier Taf. 38, l und Abb. 2,1. 8. Langensendelbach, Kr. Forchheim (Grabfund). G. Raschke, Jahrb. f. Fränkische Landesforsdi. 20, 1960, 114 Taf. 2, 1-2; R. Roeren, Jahrb. RGZM. 7, 1960, 248 Nr. 33. 9. Worms-Mariamünster (Grabfund), Bronze. Unveröffentlicht; Museum Worms Inv. Nr. 232. Freundl. Hinweis E. Keller (München). Vermutlich zu dem Typ von Heilbronn-Böckingen gehörig, aber nicht sicher zuweisbar, da die Verschlußstücke fragmentiert sind: 10. Weimar-Nordfriedhof Grab 35 (Frauengrab). B. Schmidt, Die späte Völkerwanderungszeit in Mitteldeutschland. Katalog (Südteil) (1970) 81 Taf. 85,2. 11. Basel-Gotterbarmweg Grab 6 (Schweiz; Frauengrab). E. Vogt, Anz. f. Schweiz. Altkde. 32,1930,148 f. Taf. 7. 12. Basel-Gotterbarmweg Grab 13 (Schweiz; Frauengrab). E. Vogt, Anz. f. Schweiz. Altkde. 32, 1930, 152 Taf. 8.

FRAUKE STEIN, SAARBRÜCKEN FRANKEN UND R O M A N E N IN L O T H R I N G E N

Wissenschaftliche Fragestellungen können durch bestimmte ideologische Konstellationen entstehen, sie können aber auch wissenschaftsimmanent aufgrund neuer Materialien aktuell werden. Ein schönes Beispiel für den Zusammenhang ideologischer Denkanstöße und wissenschaftlicher Methodik bietet die umfangreiche Diskussion um das Ausmaß der fränkischen Besiedlung Galliens. In den dreißiger Jahren gipfelte die teilweise recht vehement geführte Auseinandersetzung über den fränkischen Bevölkerungsanteil Galliens in der These F. Petris1, große Teile der heute nicht mehr deutschsprachigen Gebiete Belgiens und Frankreichs seien von einer breiten, bäuerlichen Bevölkerung fränkischer Herkunft besiedelt worden. Die Diskussion dieses Themenkreises ist nach dem Kriege noch fortgeführt worden2 und dann aber mangels brauchbarer neuer Argumente fast völlig zum Stillstand gekommen. Dabei spielte auch die Tatsache eine Rolle, daß die Aussagefähigkeit der archäologischen Quellen von den Historikern mit einer gewissen Skepsis betrachtet worden ist3, woran auch die wegweisende Studie von H. Zeiß4 offensichtlich nichts geändert hat. Über die inzwischen allgemein akzeptierten Schätzungen, daß es im linksrheinischen Kerngebiet des fränkischen Reiches eine dünne Schicht von Franken und eine breite einheimische, d. h. romanische Schicht gegeben habe5, ist man - so scheint es - nicht hinauszukommen. Als letzter hat sich K. Böhner 1958 ausführlich mit dem Verhältnis von Franken und Romanen beschäftigt. Das ihm zur Verfügung stehende Material für den archäologischen Nachweis der Romanen im Trierer Land war jedoch nicht sehr umfangreich, so daß er sich darauf beschränkt hat, mit zwei - nicht immer sicheren - Kriterien zu arbeiten: „Kontinuität" eines römischen Gräberfeldes bis in merowingische Zeit mit dem bezeichnenden Hiatus im 5. und 6. Jahrhundert und Lage des Gräberfeldes in der Nähe einer weiterbenutzten römischen Villa6. Eindeutig konnte er anhand des Gräberfeldes von Ehrang nachweisen, daß die romanische Bevölkerung zu Beginn des 5. Jahrhunderts die Beigabensitte aufgegeben hat, im 5. Jahrhundert gelegentlich eine Münze in das Grab legte und sich erst an der Wende vom 6. zum 7. Jahrhundert den fränkischen Bräuchen anglich, indem sie ihre Toten zumeist nur mit Trachtzubehör, gelegentlich auch mit Waffen bestattete7. Die wenigen gut beobachteten Befunde reichten jedoch nicht aus, um aufzuzeigen, daß sich die Gräber von Romanen durch eine andere Tracht- und Beigabensitte von jenen der Franken unterscheiden. 1 F. Petri, Germanisches Volkserbe in Wallonien und Nordfrankreich. Die fränkische Landnahme in Frankreich und den Niederlanden und die Bildung der westlichen Sprachgrenze. Veröffentlichung des Instituts für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande an der Universität Bonn (1937) bes. 849 ff. 2 Einen Überblick über die reichhaltige Literatur bei: Petri, Zum Stand der Diskussion über die fränkische Landnahme und die Entstehung der germanisch-romanischen Sprachgrenze (1954). 8 Vgl. dazu C. Verlinden, Les origines de la fronti£re

37*

linguistique en Belgique et la colonisation franque (1955) 72 ff. - E. Zöllner, Geschichte der Franken bis zur Mitte des sechsten Jahrhunderts, auf der Grundlage des Werkes von L. Schmidt unter Mitwirkung von J. Werner neu bearbeitet (1970) 192 ff. 4 31. Ber. RGK. l, 1941, 5 ff. 5 Zöllner (wie Anm. 3) 209 ff. 6 K. Böhner, Die fränkischen Altertümer des Trierer Landes. Germ. Denkmäler der Völkerwanderungszeit B l (1958) l, 306 ff. 7 a. a. 0.268 u. 274 ff.

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Frauke Stein

Ein solcher Definitionsversuch erschien mir aus verschiedenen Gründen in dem Gebiet zwischen oberer Maas und Saar erfolgversprechend. Dank langer Sammeltätigkeit der wissenschaftlichen Gesellschaften in Metz, Nancy, Verdun und Bar-le-Duc und vor allem dank den Forschungen Edouard Salins ist der Forschungsstand in den vier lothringischen Departements - Moselle, Meurtheet-Moselle, Meuse und Vosges - relativ gut. Einige Gräberfelder und größere Gräberfeldausschnitte, die teils Ende des vorigen Jahrhunderts, teils zwischen den beiden Weltkriegen untersucht worden sind, stehen - mehr oder minder ausführlich veröffentlicht - für eine Analyse zur Verfügung8. Die in zahlreichen Zeitschriften verstreuten Berichte über merowingerzeitliche Grabfunde dieses Raumes hat M. Toussaint9 jeweils departementweise zusammengestellt. Diese entsagungsvolle Arbeit bildet das eigentliche Fundament der folgenden Untersuchungen, da das Material nun nur noch kritisch gesichtet und, soweit es mir möglich war, auf den neuesten Stand gebracht werden mußte. Auf den Verbreitungskarten der merowingerzeitlichen Grabfunde (Abb. 1-4) ist das Untersuchungsgebiet durch eine Punktreihe abgegrenzt. Nach Norden und Osten habe ich die Verbreitung der Reihengräberfelder ergänzt und zwar nach den Karten von H. Roosens10 für Belgien und Luxemburg, von Böhner11 für den Süden des Trierer Landes und von W. Schähle12 für das Saarland. Die Verbreitung der Reihengräberfelder im westlichen Teil des Elsaß schließlich wurde von einer Karte R. Forrers13 übernommen, die allerdings nicht sehr verläßlich zu sein scheint und wohl auch spätrömische Grabfunde enthält. Auf eine Kartierung der Reihengräberfelder in den westlich angrenzenden Gebieten der Ardennen und der Champagne wurde verzichtet, da hierfür sehr ungleichwertige Unterlagen herangezogen werden müßten. Im Süden bilden die Vogesen eine natürliche Besiedlungsgrenze. Die Gräberfelder in Lothringen (Karte l, Abb. 1) beginnen in der Regel im 6. Jahrhundert, nur im Bereich von Verdun ist bereits das 5. Jahrhundert vertreten14. Auffällig ist die sehr lockere Streuung der frühen Gräberfelder und ihre Lage zumeist inmitten einer Anhäufung von Gräberfeldern. Selbst wenn man sich vor Augen hält, daß diese Karte wie alle folgenden sich lediglich auf die veröffentlichten Befunde stützen kann und somit der Auswertung Grenzen gesetzt sind, läßt sich dennoch die zentrale Lage der Gräberfelder des 6.-7. Jahrhunderts im Vergleich zu denen des 7. Jahrhunderts deutlich erkennen. Es ist zu vermuten, daß die Hauptmasse der 107 Gräberfelder, 8

Avrainville (Dep. Meurthe-et-Moselle): A. Liöger u. R. Marguet, Rev. Arch. de I'Est et du Centre-Est 9, 1958, 373 ff. - Chaouilley (Dep. Meurthe-et-Moselle}: J. Voinot, Mem. de la Soc. d'Arch. Lorr. 54,1904,5 ff. Choloy (Dep. Meurthe-et-Moselle): A. Lieger u. G. Steinbach, Rev. Arch. de I'Est et du Centre-Est 3,1952, 278 ff. - Nancy-Vieil-Aitre (Dep. Meurthe-et-Moselle): L. Quintard, Mem. de la Soc. d'Arch. Lorr. 45, 1895, 377 ff. (mit teilweise unglaubwürdigen Beschreibungen der Grabzusammenhänge). - Saxon-Sion (Dep. Meurthe-etMoselle): E. Salin, Le Haut Moyen-Age en Lorraine d'apres le mobilier funeraire (1939) 33 ff. - Varangeville (Dep. Meurthe-et-Moselle): Salin u. A. France-Lanord, Gallia 4, 1946, 199 ff. - Villey-St.-Etienne (D6p. Meurthe-et-Moselle): Salin a. a. O. 79 ff. - Tremont (Dep. Meuse): Salin a. a. O. 255 ff. - Bouzonville (Ddp. Moselle}: P. Schenecker, Jahrb. d. Ges. f. Lothr. Gesch. u. Altkde. 11, 1899, 367 ff. - Ennery (Dep. Moselle): E. Delort, Gallia 5, 1947, 351 ff. - Moyeuvre-Grande (Dep. Moselle): J. B. Keune, Jahrb. d. Ges. f. Lothr. Gesch. u. Altkde. 13, 1901, 355 ff. - Grand (D£p. Vos-

ges): Toussaint, Ann. de I'Est 1937, 264 ff.; ders., Mem. de la Soc. d'Arch. Lorr. 75, 1936/37, 257 ff. - Poussay (Dep. Vosges): A. Saint-£tienne, Ann. de la Soc. d'£m. du Dep. des Vosges 90/95,1934-39 (1939) 111 ff. 8 Revue des Questions Historiques 131 (66e ann£e) 2,1938,27 ff. (Departement Meurthe-et-Moselle). - Ebd. 132 (66= annee) 3-4, 1938, 26 ff. (Departement Meuse). - Ebd. 52 ff. (Departement Vosges). - Ebd. 132 (66* annee) 5,1938,3 ff. (Departement Moselle). 10 H. Roosens, De merovingische Begraafplaatsen in Belgie. Maatschappij voor Geschiedenis en Oudheidkunde te Gent, Verhandelingen 5 (1949) Karte. 11 Böhner, Trierer Land (wie Anm. 6) Karte. "Saarland. Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern 5 (1966) Abb. auf S. 84. 18 Cahiers d'Arch. et d'Hist. d'Alsace 25, 99-100, 1934,221 ff. Taf. 42. "Belleray (Dep. Meuse): F. Lienard, Archeologie de k Meuse 2 (1884) 121 ff. Taf. 31, 1-8; Werner, Bonner Jahrb. 158, 1958, 377 Abb. 3. - Dieue-sur-Meuse (D6p. Meuse): Gallia 28,1970, 289 ff. bes. Abb. 17.

Franken und Romanen in Lothringen

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Abb. 1. Die Verbreitung der merowingerzeitlichen Gräberfelder in Lothringen.

deren Beginn nicht sicher ermittelt werden kann, ebenfalls erst dem 7. Jahrhundert angehört. Selbst wenn man annimmt, daß sich diese Gräberfelder im gleichen Verhältnis auf solche des 6-7. und des 7. Jahrhunderts verteilen, erhalten wir 19 Gräberfelder des 6-7. Jahrhunderts gegenüber 88 jüngeren Gräberfeldern. Insgesamt wäre das Verhältnis also 57 zu 267, mit anderen Worten, es entfallen auf je eine alte Siedlung ungefähr fünf Neugründungen des 7. Jahrhunderts. Da es unwahrscheinlich ist, daß in dem fraglichen Zeitraum eine so starke Bevölkerungsvermehrung stattgefunden hat, und da es für die andere Erklärungsmöglichkeit, nämlich Zuwanderung von auswärts während des 7. Jahrhunderts, keine Anhaltspunkte gibt, bleibt nur eine Deutungsmöglichkeit übrig:

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Frauke Stein

durch Wiederaufnahme der Beigabensitte werden die Romanen zu Beginn des 7. Jahrhunderts archäologisch faßbar. Wie aber kann man Gräber der Franken und Romanen unterscheiden? Die systematisch untersuchten Gräberfelder bzw. größeren Gräberfeldausschnitte lassen trotz gelegentlicher Überschneidungen zwei Typen erkennen. Auf der einen Seite stehen Gräberfelder, deren Merkmale in allen wesentlichen Punkten mit jenen der rechtsrheinischen Gebiete übereinstimmen. Die Grabausstattungen spiegeln die gleiche Tracht wider. Die Prozentsätze der waffenführenden Männergräber entsprechen sich ebenso wie die Waffenkombinationen in den einzelnen Gräbern. Wenn man den Fundort eines Gräberfeldes dieser Art nicht kennen würde, könnte man allenfalls bei einer eingehenden Analyse auffallender Fundstücke feststellen, daß diese nicht recht in das übliche Bild des fränkischen Kunsthandwerks in den Rheinlanden oder des alamannischen im Elsaß oder in BadenWürttemberg passen. Auf der anderen Seite gibt es Gräberfelder, wie sie in den genannten rechtsrheinischen Gebieten völlig unbekannt sind. Bezeichnend sind zahlreiche Sarkophage, sehr häufig mehrfache Bestattung in einem Sarkophag oder einem anderen Grab, ein hoher Prozentsatz beigabenloser Gräber, eine abweichende Frauentracht und außerordentlich spärliche Waffenbeigaben, nämlich lediglich Saxe15. Konkret möchte ich dies an einigen Beispielen veranschaulichen, wobei ich jedoch auf Gräberfeldausschnitte zurückgreifen muß, da von den großen, vollständig oder fast vollständig untersuchten Gräberfeldern keine Pläne veröffentlicht sind und auch anthropologische Bestimmungen fehlen. Um auch für andere im folgenden zu behandelnde Aspekte eine gewisse Anschauung zu vermitteln, wurden für die beiden Grundtypen jeweils zwei Beispiele gewählt: Die Gräberfelder von Chaouilley, Dep. Meurthe-et-Moselle, und Villey-St.-Etienne, Dep. Meurthe-et-Moselle, für die fränkische Gruppe, die von Tremont, Dep. Meuse, und Tarquimpol, Dep. Moselle, für die romanische Gruppe. Das Gräberfeld von Chaouilley16 beginnt im 1. Drittel des 6. Jahrhunderts. Nur ein Teil mit 40 Gräbern, der bis in das frühe 7. Jahrhundert reicht, wurde systematisch untersucht17. Von den 8 Frauengräbern waren drei reich ausgestattet18. Diese Damen trugen ein silbervergoldetes Bügelfibelpaar und ein Paar goldene, mit Almandinen in Cloisonnetechnik verzierte Scheibenfibeln bzw. ein Vogelfibelpaar. Der in Grab 19 bestatteten reichsten Frau wurden außerdem als Grabobolus eine Goldmünze des Justinian sowie ein silberner Armring19 beigegeben. Speise und Trank befanden sich in drei Tongefäßen, einer gläsernen Trinkschale und einem bronzenen Perlrandbecken. Silbervergoldete Bügelfibeln und goldene Rosettenfibeln sind auch dem in Grab 2l20 begrabenen 11-14J ährigen Mädchen beigegeben worden. Unter seinen übrigen Beigaben fällt besonders ein großer Spinnwirtel aus Bergkristall auf, der zusammen mit einem Gehäuse der Cypräa an einem Gürtelgehänge befestigt war. Cypräa und Bergkristallwirtel oder gefaßte Bergkristallkugeln kommen nur in überdurchschnittlich reich ausgestatteten Frauengräbern vor21 und sind daher in gewisser Weise Rangabzeichen. Zwischen der reichen Frau und dem reichen Mädchen war in Grab 2022 15

Die Beigabe einer Axt in Tremont, Grab 19 (Salin [wie Anm. 8] 273) ist eine Ausnahme. 16 Voinot, Mem. de la Soc. d'Arch. Lorr. 54, 1904, 5 ff. 17 Vgl. den Plan a. a. O. gegenüber S. 72. 18 Grab 2: a. a. O. 13 ff. Taf. l, 3. 5. 7. 8. - Grab 18: a. a. O. 41. - Grab 19: a. a. O. 41 ff. Taf. l, 2.4.9; 2, 11; 3,1.

w

Dies ist eine für reich ausgestattete Frauengräber bezeichnende Beigabe, vgl. dazu U. Koch, Bayer. Vorgeschichtsbl. 34,1969,187 f. Tabelle 1. w Voinot (wie Anm. 16) 61 ff. Taf. l, 1. 6. 21 Vgl. dazu die Ausstattung der von H. Hinz, Jahrb. RGZM. 13,1966, 212 ff. zusammengestellten Gräber. » Voinot (wie Anm. 16) 47 ff. Taf. l, 11; 2, 1. 2. 4. 7. 10.12; 3, 7. 9.

Franken und Romanen in Lothringen

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ein Mann beigesetzt, zu dessen Spatha ein magischer Sdiwertanhänger aus Marmor mit einem goldenen cloisonnierten Zieraufsatz gehört. Das zweischneidige Schwert selbst ist mit einem silbernen Ringknauf und einer silbernen Parierstange versehen. Der Sax des Toten steckte in einer Scheide, die mit einem goldenen filigranverzierten Beschlag geschmückt war. Seine übrige Bewaffnung besteht aus einem Ango, einer Lanze, mehreren Pfeilen, einer Franziska und einem Schild, dessen Schildbuckel mit silberplattierten Nieten auf dem Schildholz befestigt war. Zwei Tongefäße, ein kleiner Holzeimer und ein Bronzebecken enthielten die Wegzehrung für den Toten, dem auch sein Eßbesteck beigegeben war. Zu dem einen der beiden Messer gehört eine gerippte goldene Hülse als Messergriffverkleidung. Ein oder zwei Messer dieser Art kommen ebenso wie Ringknaufschwert, Ango und Schmalsax nur in sehr reich ausgestatteten Gräbern vor23, die als Adelsgräber bezeichnet werden dürfen. Ähnlich ausgestattete Gräber aus dem 6. und aus dem 7. Jahrhundert sind in Lothringen noch an zwölf weiteren Stellen zum Vorschein gekommen bzw. aus typischen Beigaben zu erschließen. Das bekannteste unter ihnen ist das Grab 319bis von Lavoye, Dep. Meuse24. Die reich ausgestatteten Gräber 19-21 von Chaouilley liegen am Rande des Plateaus und bilden, da der Friedhof von Osten nach Westen erweitert worden ist, die ältesten Beisetzungen an diesem Ort. Eine eingehende Analyse des Gräberfeldes soll hier nicht vorgenommen werden. Es sei lediglich auf die Ausstattung der übrigen Männergräber eingegangen. Grab 27 enthielt wie Grab 20 einen Ango; leider ist über die Aufzählung der Waffen hinaus von der Ausstattung des Grabes kaum etwas bekannt25. Die Waffenkombinationen in den übrigen neun Waffengräbern sind sehr unterschiedlich26. In fünf Gräbern fand sich keine Spatha. Den elf Waffengräbern stehen acht Männergräber gegenüber, die nur Gürtelzubehör27 oder gar keine Beigaben enthielten28. Ein ähnliches Zahlenverhältnis von Männergräbern mit und ohne Waffen zeigt der Gräberfeldausschnitt von Villey-St.-Etienne29. Es enthält einige gut ausgestattete Gräber, die jedoch nicht den Reichtum der Gräber von Chaouilley aufweisen. Ich habe ihn vor allem deswegen als Beispiel herangezogen, weil die Gräber überwiegend in das 7. Jahrhundert gehören. Die in diesen "Waffengräbern vertretenen Kombinationen unterscheiden sich im wesentlichen nicht von denen des 6. Jahrhunderts in Chaouilley. Lediglich das mehrfache Vorkommen des Saxes als einzige Waffe30 ist neu und bezeichnend für Gräberfelder des 7. Jahrhunderts. Das Verhältnis der Männergräber mit31 und ohne32 23 Vgl. dazu Werner, Provinzialia. Festschr. R. LaurBelart (1968) 647 ff. 24 G. Chenet, Prehistoire 4,1935,34 ff. 25 Voinot (wie Anm. 16) 65: Ango, Spatha, Sax, Lanzenspitze, Schildbuckel, Schere, Messer, Tongefäß. 26 Grab 13 (a. a. O. 27 ff.): Franziska und 2 Pfeilspitzen. - Grab 14 (a. a. O. 31 ff.): Spatha, Franziska, Lanzenspitze. - Grab 16 (a. a. O. 37ff.) : Spatha, Lanzenspitze. - Grab 17 (a. a. O. 41): Spatha. - Grab 28 (a. a. O. 65): Spatha, Sax, Schildbuckel, Franziska, Lanzenspitze. - Grab 31 (a. a. O. 66ff.}:Sax, Lanzenspitze. Grab 33 (a. a. O. 70): Franziska, Pfeilspitze. - Grab 35 (a. a. O. 71): 2 Pfeilspitzen. 27 Grab 25 (a. a. O. 65). S8 Grab 4 (a. a. O. 23 f.) mit 5 übereinander bestatteten beigabenlosen Männern. - Grab 20 (a. a. O. 47 f.) mit zwei beigabenlosen Bestattungen über dem reichen Männergrab. 29 72 Gräber: Salin (wie Anm. 8) 79 ff. Plan Taf. 9. 30 Grab 4 (a. a. O. 230). - Grab 7 (a. a. O. 231). -

Grab 17 (a. a. O. 234). - Grab 21 (a. a. O. 235 f.). Grab 24 (a. a. 0.236). - Grab 42 (a. a. O. 241). 31 Außer der Ausstattung mit einem Sax treten folgende Kombinationen auf: Grab 14 (a. a. O. 233) mit Spatha, Schildbuckel und Lanzenspitze. - Grab 25 (a. a. O. 235) mit Pfeilspitze. - Grab 38 (a. a. O. 240) mit Spatha und Lanzenspitze. - Grab 43 (a. a. O. 242) mit Spatha, Schildbuckel, Sax und Lanzenspitze. Grab 44 (a. a. O. 242) mit Sax und Lanzenspitze. Grab 47 (a. a. O. 243) mit Sax und Lanzenspitze. Grab 48 (a. a. O. 244) mit Lanzenspitze. - Grab 58 (a. a. O. 246 f.) mit Spatha und Schildbuckel. - Grab 66 (a. a. O. 249} mit Spatha, Schildbuckel, Sax und Lanzenspitze. 32 Grab 3 (a. a. O. 230). - Grab 8 (a. a. O. 231). Grab 16 (a. a. O. 234). - Grab 28 (a. a. O. 237). - Grab 36 (a. a. O. 240). - Grab 37 (a. a. O. 240). - Grab 40 (a. a. O. 241). - Grab 54 (a. a. O. 245). - Grab 60 (a. a. O. 247). - Grab 62 (a. a. O. 248). - Grab 68 (a. a. O. 250). - Grab 71 (a. a. 0.251).

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Waffen beträgt 15 zu 12. Ein in das zweite Viertel des 6. Jahrhunderts gehöriges Frauengrab33 enthält die bereits geschilderten Trachtelemente, während die übrigen Frauen, die eine reichere Ausstattung erhielten, in der Tracht des späten 6. und 7. Jahrhunderts beigesetzt waren. Sie trugen eine Fibel, einen Gürtel mit Schnalle und häufig mit Gürtelgehänge sowie gelegentlich eine Schuhgarnitur34. Ein völlig anderes Bild bietet das ebenfalls in das 7. Jahrhundert gehörige Gräberfeld von Tremont35. In den systematisch untersuchten Teilen des Gräberfeldes fanden sich 94 Gräber, die allerdings nicht alle im Plan verzeichnet sind36. Darunter befanden sich 13 Sarkophage. Besonders eingehend beschreibt Salin den Inhalt von drei Sarkophagen: der eine enthielt mindestens 1237, der zweite mindestens 6 Bestattungen38, während der dritte bis zum Rand mit menschlichen Knochen gefüllt war, die Zahl der Individuen ist nicht angegeben39. Beigaben fanden sich lediglich in 11 der 94 Gräber. Vier Frauengräber waren mit Gürtelgarnituren ausgestattet40, es fehlen aber die in fränkischen Frauengräbern häufigen Gürtelgehänge. Drei Männergräber enthielten je einen Sax und eine Gürtelgarnitur41, ein Männergrab eine Gürtelschnalle und ein Tongefäß42 und ein weiteres nur ein Tongefäß43. In dem mit Knochen gefüllten Sarkophag 55 fand sich ein Spinnwirtel44 und in dem Sarkophag 16 - mit zwölf Bestattungen - lagen eine goldene Münzbildbrosche, ein bronzener Fingerring, einige Perlen und ein kleines Bronzegefäß45. Besonders charakteristisch für Gräberfelder ähnlicher Struktur sind Frauengräber mit Fingerringen, die häufig christliche Symbole oder monogrammartige Zeichen aufweisen. Zumeist sind sie die einzige Schmuckbeigabe, gelegentlich tritt eine Scheibenfibel hinzu. Es ist also möglich, daß die Münzbildbrosche und der Fingerring aus Sarkophag 16 ursprünglich zu einer Frauenbestattung gehörten. Ein solches typisch romanisches Frauengrab stammt aus der Kirche von Tarquimpol46, deren Turm im Fundament und einem Teil des aufgehenden Mauerwerks aus der spätrömischen Befestigung des Vicus Decem Pagi stammt. Das Grab liegt in der Nordwestecke der Kirche teilweise unter dem Fundament des heutigen Langhauses47. Die von der Ost-West-Achse abweichende, mit der ältesten Gräberschicht jedoch übereinstimmende Richtung der Kirche weist auf einen damals bei der Ausgrabung nicht erfaßten Vorgängerbau hin. Die Beigaben des Frauengrabes sind leider nicht abgebildet, jedoch sehr detailliert beschrieben48. Im ungestörten Grab fanden sich eine Perlenkette, bestehend aus zwei echten Perlen, Bernsteinperlen und bunten Glasflußperlen, ein Kamm sowie ein » Grab 46 (a. a. O. 243 Taf. 13, 4; 16, 1-2; 17, 1; 20,2. 4). 34 Grab l (a. a. O. 229 f.): Bügelfibel, cloisonnierte Scheibenfibel, Perlenkette, Gürtelschnalle, Messer, Bronzenadel, Glasgefäß, Bronzebecken. - Grab 15 (a. a. O. 233): Bügelfibel, Haarnadelrest, Gürtelgarnitur, Gürtelgehänge. - Grab 20 (a. a. O. 235): Goldscheibenfibel, Perlenkette, Bronzenadel, Gürtelschnalle, Messer, Spinnwirtel, Bronzebecken, Glasgefäß. - Grab 29 (a. a. O. 237 L): Ohrringe, Perlenkette, Bronzearmband, Gürtelgarnitur, Schuhschnallengarnitur, l Wadenriemenzunge. - Grab 31 (a. a. O. 238 f.): Bronzene Scheibenfibel, Gürtelschnalle. - Grab 34 (a. a. O. 239): Goldscheibenfibel, Perlenkette, Bronzenadel, Fischfibel, Kreuzfibel, Gürtelschnalle, Gürtelgehänge, Bronzearmring, Glasgefäß. - Grab 50 (a. a. O. 244): Scheibenfibel, Perlenkette, Fingerring, Gürtelschnalle, Gürtelgehänge, Tongefäß. - Grab 65 (a. a. O. 249): Perlenkette, Gürtelgehänge, Glasgefäß. - Grab 67 (a. a. O. 250): Perlenkette, Gürtelgehänge. - Grab 70 (a. a. O. 250 f. - junges

Mädchen): Bronzene Scheibenfibel,Bronzenadel, Gürtelschnalle, Gürtelgehänge, Glasgefäß, Tongefäß. 85 Salin (wie Antn. 8) 255 ff. 38 a. a. O. Taf. 32. 37 Sarkophag 16: a. a. O. 272 f. 38 Sarkophag 53: a. a. O. 274. 39 Sarkophag 55: a. a. O. 274. 40 Grab 12 (a. a. O. 272). - Grab 32 (a. a. O. 274). Grab 60 (a. a. 0.275 Taf. 33). - Grab 78 (a. a. 0.275). 41 Grab 8 (a. a. O. 272). - Grab 19 (a. a. O. 273), zusätzlich eine kleine Axt. - Grab 68 (a. a. 0.275). 42 Grab 4 (a. a. O. 271). 48 Grab 76 (a. a. O. 275). 44 a. a. O. 274. 45 a. a. 0.272 f. Taf. 34,3. 7. 48 K. Wichmann, Jahrb. d. Ges. f. Lothr. Gesch. u. Altkde. 4,2,1892,116 ff. bes. 147 ff. « Vgl. den Plan a. a. O. Taf. II, Grab a. 48 a. a. 0.149 Anm. 1.

Franken und Romanen in Lotbringen

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silberner und ein goldener Fingerring. Letzterer gehört zu einem besonders im mediterranen Raum verbreiteten Typ mit zwei Rauten auf der Zierplatte49. Die restlichen Gräber der untersten Schicht Sarkophage und Plattengräber - waren durch mittelalterliche Bestattungen zum großen Teil gestört. In sekundärer Lagerung fand sich in der Mitte des Kirchenschiffes ein Sax50. Anhand dieser Beispiele ist wohl deutlich geworden, daß sich Gräberfelder der Franken und Romanen mit folgenden Kriterien unterscheiden lassen: 1. Die fränkischen Gräberfelder zeichnen sich durch zahlreiche Gräber mit Beigaben aus, während in den romanischen der Prozentsatz beigabenführender Gräber gering ist. 2. In den fränkischen Gräberfeldern treten zahlreiche Männergräber mit unterschiedlicher Waffenausstattung auf, wohingegen in den romanischen nur einige wenige Gräber mit Saxen vorkommen. 3. Der fränkischen Frauentracht mit Fibel, Gürtelschnalle und Gürtelgehänge steht die einfache Tracht der Romaninnen gegenüber, die nur gelegentlich eine Fibel und eine Gürtelschnalle aufweist. Bezeichnend für diese Frauengräber ist die Beigabe des Fingerringes. 4. In romanischen Gräberfeldern sind Sarkophage besonders häufig, kennzeichnend sind auch Mehrfachbestattungen. Es gibt allerdings eine Reihe von Nekropolen, in denen eine aus Franken und Romanen bestehende Bevölkerungsgemeinschaft bestattet haben muß. Dies verwundert nicht, denn zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen im merowingischen Reiche bestanden bekanntlich anders als im ostgotischen Italien oder im westgotischen Spanien keinerlei rechtliche Schranken oder glaubensmäßige Unterschiede im 7. Jahrhundert. Dieses Nebeneinander läßt sich z. B. an der Verbreitung von Fibeln und Fingerringen (Karte 2, Abb. 2) erkennen. In der Regel schließen sich die beiden Schmuckformen aus. Dort, wo sie zusammentreffen, handelt es sich entweder um romanische Gräberfelder, in denen wie in Tremont vereinzelt auch eine Fibel auftritt, oder aber um Gräberfelder mit fränkischen Bestattungen des 6-7. Jahrhunderts. Wo die Grabzusammenhänge beobachtet sind, da stammen die Fingerringe häufig aus Frauengräbern, die keine typisch fränkischen Trachtelemente enthalten51. Ein Beispiel für ein solches Frauengrab in einem gemischten Gräberfeld stammt aus dem nördlich von Metz an der Mosel gelegenen Friedhof von Ennery, Dep. Moselle52. Hier ist der Prozentsatz gestörter Gräber sehr hoch, was das Fehlen von Fibeln erklärt. Eines der wenigen ungestörten Frauengräber ist Grab 5753. Neben Schmuckformen, die in fränkischen und romanischen Frauengräbern vorkommen - einem bronzenen Armring und einer Perlenkette - trug die Dame an der linken Hand einen einfachen bronzenen und einen silbernen Fingerring mit einem Almandin in granulierter Fassung. Auf dem Stein ist ein Monogramm eingeritzt. Außerdem fanden sich in diesem Grabe eine bronzene Stilusnadel und ein Glastummler, der die Bestattung in das frühe 7. Jahrhundert datiert. An der Verbreitung der Fibeln und Fingerringe zeigte es sich bereits andeutungsweise, daß Franken und Romanen nicht nur teilweise auf einem gemeinsamen Gräberfeld bestatteten, sondern daß sie auch die verschiedenen Siedlungskammern gemeinsam bewohnten. Deutlicher wird dies, weil die Materialmenge größer ist, wenn man die Verbreitung der verschiedenen Waffenarten kartiert (Karte 3, Abb. 3). Eine Reihe von Siedlungskonzentrationen sind durch je ein Gräberfeld vom Typ Chaouilley - markiert durch das Vorkommen des Ango - herausgehoben, andere weisen lediglich 49 Vgl. z. B. den goldenen Fingerring von Castel Trosino, Grab 168: Mon. Ant. 12,1902,318 Taf. 14,5. 50 Wichmann (wie Anm. 46) 149 Taf. II, Fundstelle b. 51 Dazu gehören z. B. in Chaouilley: Grab 3 (Voinot

[wie Anm. 16] 22 f.); in Villey-St.-fitienne: Grab 9 (Salin [wie Anm. 8] 231) und Grab 10 (ebd. 232). 82 E. Delort, Gallia S, 1947,351 ff. M W. Reusch, Westmärk. Abhandl. 5, 1941/42, 51 Taf. 2-3; Delort a. a. 0.402.

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Abb. 2. Die Verbreitung von Fibeln und Fingerringen in lothringischen Gräberfeldern der Merowingerzeit.

ein, maximal zwei Gräberfelder auf, die Gräber mit Schildbuckeln enthalten, d. h., deren Reichtum etwa dem des Gräberfeldes von Villey-St.-Etienne entspricht. Im Umkreis finden sich fränkische Gräberfelder mit Spathen, Äxte, Lanzen, Pfeilen und Saxen, ferner noch Fundkomplexe mit verschiedenen Waffen, aber ohne Spatha, und schließlich Friedhöfe mit einigen wenigen Saxen, also romanische Gräberfelder. Die meisten Siedlungskammern bestehen in ihrem Kern aus sicher im 6. Jahrhundert gegründeten Siedlungen. Fränkische Gräberfelder in der Peripherie der einzelnen Verdichtungen lassen sich teilweise eindeutig als solche von Ausbausiedlungen erkennen wie etwa das am Rande der Siedlungskammer um Chaouilley gelegene Gräberfeld von Tramont-Emy, Dep. Meurtheet-Moselle54, das u. a. eine Spatha mit pilzzellentauschiertem Knauf enthält. 54

Gallia 24,1966, 282 Abb. 15.

Franken und Romanen in Lothringen

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Weitere Schritte der Untersuchung können hier nicht im Detail dargelegt werden. Kartiert wurden noch andere Beigabengattungen wie Gürtelzubehör und Gefäßarten sowie die Grabformen, insbesondere die Verbreitung der Sarkophage, von denen eine ganze Reihe verziert ist. Ihre stilistischen Merkmale weisen auf Herkunft aus romanischen Werkstätten hin. Als Beispiel sei auf den Sarkophagdeckel aus Bannoncourt, Dep. Meuse55, verwiesen. Der Deckel zeigt unterhalb der beiden nicht vollständig erhaltenen Menschenfiguren - wohl ein Mann und eine Frau - zwei Felder mit je einem Tier. Diese sind auf eine Art und "Weise wiedergegeben, die vor allem auf den weitverbreiteten romanischen Bronzeschnallen vom aquitanisdien Typ56 vertreten ist. Es handelt sich um die Nachahmung germanischer Tierornamentik, wobei die Details - z. B. der Vorderteil des linken Tieres - häufig nicht richtig dargestellt sind. Besonders charakteristisch ist indessen die voluminöse kurvolineare Gestaltung des Tierkörpers. Nicht näher eingegangen werden kann auch auf die Herausfilterung aller jener Fundkomplexe, die zu wenig Gräber enthalten oder von denen nicht genügend eindeutige Merkmale bekannt sind, um eine sichere Zuweisung zu erlauben. Lediglich das Endergebnis sei in einer Karte dargestellt (Karte 4, Abb. 4). Im Prinzip zeigt die Karte dieselben Phänomene, die bereits an Hand der Verbreitung der Waffen erläutert wurde, nur daß jetzt ein etwas höherer Prozentsatz von Fundstellen leer, d. h. nicht näher bestimmbar ist. Für den lothringischen Raum zeigt sich eines meines Eraditens deutlich: mit einer fränkischen Besiedlung in breiter Front im Sinne Petris kann nicht gerechnet werden. "Wir erfassen vielmehr eine offenbar durch Angehörige der fränkischen Oberschicht initiierte fränkische Besiedlung in einem Räume, der von einer beträchtlichen romanischen Bevölkerung besiedelt ist, die aber erst im 7. Jahrhundert archäologisch faßbar wird. Seltsamerweise zeichnen sich keine größeren Siedlungskammern ab, die nur von Romanen besiedelt sind. Es gibt lediglich im Nordosten des Untersuchungsgebietes sehr viel weniger gesichert romanische Gräberfelder als im übrigen Teil. "Weiterhin fällt auf, daß sich die Räume um Verdun und Metz grundlegend unterscheiden. In Verdun selbst wurden ein Friedhof mit fränkischen Waffengräbern, drei Friedhöfe, aus denen nur romanische Gräber stammen und - im Jahre 1740 schon ein Adelsgrab entdeckt. Die wichtigsten Beigaben - Spatha, Ango, Lanzenspitze, Axt und Schildbuckel sowie ein Bronzebecken und ein mit bronzevergoldeten Beschlägen versehener Holzeimer sind in einer Zeichnung überliefert57. Verdun ist umgeben von romanischen und fränkischen Gräberfeldern unterschiedlicher Bedeutung. Metz hingegen, das an sich sehr gut erforscht ist, hat nur wenige Gräber mit Beigaben der Merowingerzeit ergeben, die nach meinen Kriterien sämtlich Romanen zugeschrieben werden müssen. Ein Sax, eine Reihe von Fingerringen, einige Scheibenund Kreuzfibeln stammen aus verschiedenen Bestattungsplätzen58. Im Friedhof um die bekannte Kirche St. Pierre-aux-Nonnains wurde außer dem schon erwähnten Sax und einigen Tongefäßen eine Bronzeschnalle gefunden, in deren Beschlagmitte ein wohl als Christuskopf ansprechbares menschliches Antlitz dargestellt ist59. Das Vorland von Metz und der größte Teil des Seilletales, in dem seit der Spätlatenezeit Salz gewonnen wurde, sind vollkommen fundleer. Daß dieses Gebiet in der Merowingerzeit unbesiedelt war, ist schwer vorstellbar. Metz und das Seilletal waren im 7. Jahr65 Salin, La Civilisation merovingienne d'aprfcs les sepultures, les textes et le laboratoire 2 (1952) 148 Abb. 80. 68 N. Aberg, The Occident and the Orient in the Art of the Seventh Century 3: The Merovingian Empire. Kungl. Vitterhets Historie och Antikvitets Akademiens Handlingar 56 : 3 (1947) 40 ff.

" L. Lindenschmit, Handbuch der Deutschen Alterthumskunde 1: Die Alterthümer der merovingischen Zeit (1880-1889) 72 Abb. 3. 6S Zusammengestellt bei Toussaint, Rev. d. Quest. bist. 132 (66* annee) 5,1938, 4 f. 59 J. B. Keune, Jahrb. d. Ges. f. Lothr. Gesch. u. Altkde. 22,1910,527 f. Taf. 11,111.

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Abb. 3. Die Verbreitung der Waffenarten in lothringischen Gräberfeldern der Merowingetzeit.

hundert eines der Zentren frühkarolingischen Familienbesitzes. Sollte dieser vornehmlich aus Wald bestanden haben? Konnte die Bevölkerung der Stadt aus den Erträgen der Felder ernährt werden, die von Metz aus selbst bestellt werden konnten? Das ist kaum wahrscheinlich angesichts des ziemlich großen fundleeren Raumes um Metz. Eher könnte man damit rechnen, daß in diesem Bereich die Bevölkerung nicht zur Beigabensitte zurückgekehrt ist, wie das auch in der Bretagne etwa der Fall ist60. Da das Siedlungsbild in Lothringen zeigt, daß die fränkische Oberschicht an der Auf Siedlung 60

Zeiß (wie Anm. 4) 39 Karte Taf. 11. - Aberg (wie

Anm.56) 62, Verbreitungskarte der aquianischen Schnallen.

Franken und Romanen in Lothringen

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Abb. 4. Die verschiedenen Siedlungsgemeinschaften in der Merowingerzeit aufgrund der Gräberfelder in Lothringen.

maßgeblich beteiligt war, könnte man die Hypothese wagen, daß es hauptsächlich abhängige Romanen waren, die in den verschiedenen Siedlungskammern die Beigabensitte wieder aufnahmen. Daraus ließe sich dann folgern, daß jene Romanen, die von Angehörigen der romanischen Oberschicht abhängig waren, weiterhin ohne Beigaben bestatteten. Doch läßt sich diese Frage ohne parallele Untersuchungen in anderen linksrheinischen Bereichen des merowingischen Reiches nicht endgültig beantworten. So muß auch die Frage nach dem zahlenmäßigen Verhältnis von Franken und Romanen in Lothringen offen bleiben, die auch ohne diesen komplizierenden Faktor schwer beantwortbar wäre, weil hierfür mehr vollständig untersuchte und veröffentlichte Gräberfelder vorhanden sein müßten.

GERHARD FINGERLIN, FREIBURG EIN ALAMANNISCHES REITERGRAB AUS H Ü F I N G E N FUNDGESCHICHTE UND TOPOGRAPHIE FUNDBERICHT Innerhalb des alamannischen Raumes zählt die Baar um Donaueschingen zu den früh in Besitz genommenen Gebieten, wenn auch die archäologische Karte eine geringere Funddichte aufweist als in den fruchtbaren Ackerzonen des Hegau oder des Neckarlandes. Anscheinend wurden die weniger günstigen klimatischen Verhältnisse aufgewogen durch die verkehrsgeographische Bedeutung dieser relativ kleinen Siedlungskammer am oberen Donaulauf. Mit dem hier vorgelegten merowingerzeitlichen Adelsgrab werden erstmals die politischen Kräfte erkennbar, die das Bild dieser Landschaft im frühen Mittelalter prägten. Am 17. März 1966 wurde der Kreispfleger für Urgeschichte im Landkreis Donaueschingen, Archivinspektor G. Goerlipp, über die Auffindung eines Holzkammergrabes in Hüfingen unterrichtet1. Die sofortige Überprüfung erbrachte einen schon weitgehend gestörten Befund, der teilweise aus den in situ vorhandenen Resten, teilweise aber nur nach den Aussagen der Arbeiter und des Bauführers rekonstruiert werden konnte. Da am Tag der Auffindung kein Fachmann zu erreichen war und die Bauarbeiten drängten, nahm Goerlipp die Untersuchung der erhaltenen Grabreste vor und erstellte dazu eine sehr sorgfältige, alle ihm zugänglichen Einzelheiten erfassende Dokumentation. Am folgenden Tag wurde unter Aufsicht von A. Eckerle, Freiburg, der noch im Boden liegende Teil der Kammer eingemessen und abgebaut, die umliegenden Reste der Grabfüllung für späteres Ausschlämmen sichergestellt. Drei Tage danach konnte der Verfasser den Befund noch einmal anhand der erhaltenen Abdrücke in der lehmigen Baugrubenwand überprüfen und dabei die ursprüngliche Höhe der Kammer, Form und Konstruktion des flachen Giebeldaches sichern. Beim mehrfachen Durchgraben des in der Nähe abgelagerten Baustellenaushubes fanden sich noch einige zum Inventar gehörige Objekte und zahlreiche Holzreste. Durch diese wenig glücklichen Umstände bleiben zwangsläufig einige Fragen offen, etwa nach Art und Umfang der antiken Beraubung, die man bei einer planmäßigen Aufdeckung von Anfang an 1

Die Meldung erfolgte durch den Bauherrn, Bürgermeister Gilly in Hüfingen, dessen Eingreifen die Rettung

wohl leicht hätte klären können. Nach Aussage der Beteiligten und den Ergebnissen der nachträglichen „Spurensicherung" muß der Zustand der Kammer bei der Auffindung recht gut gewesen sein. Schon am Vortage hatte der Bagger beim Ausheben der Baugrube (Lagerbuchnummer 2505/7) immer wieder „starke Holzstücke" herausgerissen, die mit dem übrigen Aushub abgefahren wurden. Auf diese Weise wurden das Dach - so weit nicht schon durch frühere Beraubung zerstört - und die oberen Wandbohlen entfernt. Schließlich zeichnete sich in der tiefer gelegten Fläche eine ungefähr rechteckige, 3,50 x 1,80 m große blaugrüne Lehmfüllung ab, die sich deutlich vom gelb bis rostrot gefärbten natürlichen Lehmboden abhob. Um mit diesem holzdurchsetzten Hindernis leichter fertig zu werden, faßte der Bagger an einer Stelle besonders tief und geriet dabei unter den Kammerboden. Beim Hochheben rutschte fast der gesamte Inhalt ab, mit ihm die auf dem Boden liegenden Funde, so daß bis auf wenige Ausnahmen über die Grablage der einzelnen Beigaben nichts mehr gesagt werden kann. Das Auftauchen einzelner Fundstücke löste eine hektische Suche aus, an der sich mehrere Zuschauer beteiligten. Wenn auch angeblich alle dabei gefundenen Objekte abgeliefert wurden, bleibt doch für die Beurteilung des Inventars eine gewisse Unsicherheit. Glaubhaft erscheint demgegenüber die Aussage, daß in der Baugrube keine weiteren Gräber beobachtet wurden. Bei der guten Erhaltung der Holzreste hätte man weitere Bestattungen wohl bemerkt. der wichtigsten Funde, vor allem der großen Silberscheiben, zu verdanken ist.

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Gerhard Fingerlin

Abb. 1. Römische und frühmittelalterliche Fundstellen um Hüfingen. Nicht berücksichtigt ist die römische Siedlung im „Mühlöschle" beidseitig der Straße. Gestrichelte Linienführung : Trasse im Gelände nicht nachgewiesen. l Grab an der „Hochstraße" (F. Garscha, Südbaden 166 II). 2 Adelsfriedhof an der „Gierhalde". 3 Römisches Kastell auf dem „Galgenberg". 4 Gräber vom „Spitalfriedhof" (F. Garscha, Südbaden 166 I). - Ausschnitt aus den Messtischblättern Nr. 8016 Donaueschingen und Nr. 8017 Geisingen. M. l: 25 000.

Ein alamannisches Reitergrab aus Hüfingen Schließlich ergab sich auch beim Durchsuchen des Baustellenaushubs kein Hinweis auf andere Inventare. Mit Sicherheit läßt sich jedenfalls eine zweite Kammer, also ein Grab entsprechender Größenordnung und Bedeutung, ausschließen. Zur Klärung der Situation wurden wenige Wochen später zwei größere Flächen (Abb. 3) und mehrere Suchschnitte ausgehoben und dabei sieben weitere Gräber festgestellt, bei denen die Holzeinbauten weniger gut erhalten, aber immer noch sehr deutlich abgezeichnet waren2. Nach drei Seiten darf die Begrenzung des kleinen Friedhofs als gesichert gelten. Nur in nordwestlicher Richtung konnten die Sondierungen nicht weit genug geführt werden. Doch sind gerade dort wegen des steilen Hanges weitere Bestattungen sehr unwahrscheinlich. Die Fundstelle liegt östlich der heutigen Stadt am Rand einer ziemlich steil gegen die Breg abfallenden Anhöhe (Abb. 1), ca. 15 m über der Talniederung. Der Abstand zur sogenannten „Hinterstadt", in deren Bereich der zugehörige Wohnplatz zu vermuten ist, beträgt ca. 350 m. Die Lage ist für einen merowingerzeitlichen Friedhof so typisch3, daß deshalb - und wegen der geringen Entfernung - an der Zugehörigkeit zu diesem Kern (Abb. 2) des heutigen Ortes nicht zu zweifeln ist. Zwischen Wohn- und Begräbnisstätte fließt, teilweise kanalisiert, die Breg unmittelbar am Fuß des Steilhangs entlang. Sicher nicht zufällig ist das Kammergrab am äußersten Rand des sich schon senkenden Plateaus angelegt; unmittelbar davor geht das Gelände in den zum Fluß abfallenden Hang über.

Grabbau, Bestattung, Lage der Beigaben Die 3,50 x 1,80 m große Grabgrabe (Abb. 4) zeichnete sich anscheinend schon in geringer Tiefe deutlich ab. Ihre Füllung bestand aus blaugrünem, sehr fettem Lehm, der im Bereich des Bestattungsplatzes stellenweise ansteht, jedoch eigens zu diesem Zweck ausgegraben und hergeschafft werden mußte. Wahrscheinlich konnte auch ein Teil des Grubenaushubs verwendet werden, mit dem Rest wurde möglicherweise ein flacher Hügel aufgeschüttet. Für die äußere Form des Grabes, eventuelle Markierungen, Einfriedung usw. waren aber keine Anhaltspunkte mehr zu gewinnen. Die Schachtwände fielen, so weit noch erkennbar, senkrecht ab, die Grubensohle lag bei 2,00 m Tiefe unter der heutigen Oberfläche. In diesen Schacht war eine hölzerne Kammer so eingebaut, daß sie mit ihrer südlichen Lang- und 2

Aus diesen Gräbern konnten nur noch ein Tongefäß und das Fragment einer Bronzenadel (Abb. 7) geborgen werden. Katalog und Planzeichnungen erschei-

38 Festschrift Werner

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der westlichen Schmalseite den Grubenwänden anlag. Bei einer Grundfläche von 2,90 x 1,50 m blieb damit ein Streifen von 0,30 m Breite an der Nordund 0,50 m an der Ostseite frei. In dem relativ großen Raum östlich der Kammer (Fußende) konnten auf dem Grabboden, der an dieser Stelle leicht verziegelt war, die Spuren eines kleinen Feuers festgestellt werden. Der Abstand zur Kammer betrug 0,30 m, auf der Holzwand sind keine Brandeinwirkungen erkennbar. Die Kammer (Abb. 5-6), aus Eichenbohlen ohne Nägel oder Klammern zusammengefügt, war in der Substanz ausgezeichnet konserviert4, durch die geschilderten Baggereingriffe aber stark zerstört. In situ erhalten waren die Widerlager (Abb. 5, 1-2), der Kammerboden (Abb. 5, 6) und ringsum die untersten Bohlen der Seitenwände (Abb. 5, 4-5). Nur am Kopfende (Westwand) war noch die frisch abgebrochene Hälfte einer zweiten Bohle vorhanden, die aber von unberufener Seite entfernt wurde. An dieser Schmalseite ließ sich der weitere Aufbau aus den im Lehm noch erkennbaren Druck- und Verfärbungsspuren rekonstruieren (Abb. 6). Demnach saß auf der oberen (zweiten) Bohle ein flachgiebelförmig zugerichtetes Brett. Leider ergaben sich für die Dachkonstruktion nur noch wenige Anhaltspunkte. Unklar blieb vor allem die Anbringung des sicher vorhandenen Firstbalkens, ebenso das Aussehen der ganzen tragenden Konstruktion. Die Abdeckung bestand aus senkrecht zum First dicht nebeneinandergelegten Tannenbrettern (abies), meist Schwarten, die einige cm über die Längswand der Kammer vorstanden und damit eine Art Traufe bildeten. Ihre teilweise noch in der Südwand stekkenden, abgebrochenen Endstücke konnten eingemessen und wenigstens in Resten geborgen werden. Der Aufbau der Kammer begann mit der Verlegung der klammerartig ausgearbeiteten Unterleghölzer, für die in der Südwand des Grabschachtes kleine Höhlungen ausgegraben werden mußten. Unmittelbar auf diesen Widerlagern wurden der aus fünf Bohlen bestehende Kammerboden und die unteren Bohlen der Längswände aufgelegt. Anschließend fügte man die Stirnbohlen ein, die mit ihren Unterkanten auf dem Kammerboden aufsaßen und mit rechteckigen Aussparungen an beiden Enden in die entsprechend bearbeiteten Bohlen der Längsseiten eingriffen. Der ziemlich maßgenaue Rahmen mußte nur an einer Stelle, zwischen nördlicher Längswand und Widerlager, nachträglich durch eine Art Keil (junger Ahornstamm, acer pseudoplatanus oder campestre) verspannt werden. Die nächstfolgenden Wandbohlen waren anscheinend nen im zweiten Band der Fundberichte aus BadenWürttemberg. 8 4

Vgl. K. Böhner, Trierer Land 326. E. Hollstein, Baumsarg im RGZM. 205.

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Abb. 2. Stadtplan von Hüfingen mit maßstäblicher Einzeichnung des Friedhofs an der „Gierhalde". Aus der zum fürstenbergischen Urbar von 1786 gehörenden Gemarkungskarte. Nachweis hier Anm. 138. M. etwa l : 6000.

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Abb. 3. Hüfingen „Gierhalde". Adelsgrab und umliegende Bestattungen. Lageplan mit Eintragung der untersuchten Flächen und Schnitte (Kanalisation).

nicht in gleicher Weise zu einem in sich stabilen Rahmen verbunden. Zumindest zeigte das bei der Auffindung noch vorhandene Fragment an der Westseite keine rechteckige Ausarbeitung. Es bleibt damit unbestimmt, wie der Oberteil der Kammerwand konstruiert war, auf dessen Schmalseiten dann die Giebelbretter als Träger der Dachkonstruktion aufsaßen. 38'

Das Innere der Kammer, Boden und Seitenwände, war anscheinend ganz mit 2 cm starken Tannenbrettern (abies) ausgekleidet. Die Nahtstelle zwischen Wand und Boden wurde von einem sauber hergerichteten, 3 x. 4cm starken Vierkantstab aus gleichem Holz überdeckt. Reste eines dicken Filzstoffes scheinen ebenfalls zur Auskleidung der Kammer zu gehören. Auf dem Boden ließ sich

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Abb. 4. Hüfingen „Gierhalde" Grab 1. Planum in Höhe des Kammerbodens. M. l: 20. außerdem eine zusammengepreßte Masse „pflanzlicher Faserzellen" nachweisen, mit großer Wahrscheinlichkeit die Reste einer Laubschüttung, mit der die Bodenfläche ganz oder teilweise abgedeckt war. 5

Bohlen und Schwellhölzer, Bestimmung durch Hollstein, Trier. Die übrigen Holzbestimmungen (Bretter, Möbel) wurden in entgegenkommender Weise von E.

Alle erhaltenen Eichenholzteile der Kammer5 wurden zunächst mit dem Beil bearbeitet, sehr sorgfältig zugehauen und geglättet6. Spuren der Beilhiebe finden sich trotzdem an verschiedenen Stellen, ebenso die Spuren des Glättinstruments, wahrFranz, Assistent am Institut für Holzbiologie der Universität Freiburg durchgeführt. 'Für fachliche Beratung bei der Beurteilung der

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scheinlich eines leicht gewölbten Meißels. Die Verwendung eines weiteren Werkzeugs läßt sich an den Widerlagern erkennen, zwei am Längsspalt zusammenfügbaren Viertelstämmen, die mit einem 2,5 cm breiten Flachmeißel (Abb. 5,3) vom Stamm getrennt wurden. In gleicher Weise scheinen auch die rechteckigen Aussparungen der Wandbohlen herausgeschlagen zu sein. Am ganzen Rohbau der Kammer fehlen Sägespuren. Zur Bearbeitung der im Innern gefundenen Tannenholzbretter läßt sich wenig sagen. Der im Vergleich zu den Eichenbohlen schlechtere Zustand verbietet eine sichere Beurteilung der Oberflächen. Da zudem kein Brett mit Endstück vorliegt, kann auch nicht mehr überprüft werden, ob zum Herausschneiden eine Säge verwendet wurde. Die wichtigsten Maße der Kammer: außen 2,90 x 1,50 m, innen 2,75 x 1,35 m, H. zwischen Boden und First 0,75 m, von Unterkante des Widerlagers bis First 0,90 m, Vorsprung der Widerlager beidseitig 0,20 m, Stärke der Eichenbohlen 7-9 cm. Von der Bestattung fanden sich nur noch geringe Reste. Fünf Zahnfragmente7 wurden im Aushub gefunden, das Bruchstück eines kleinen Röhrenknochens lag im Nordteil der Kammer. Das Sterbealter des hier bestatteten Mannes ließ sich daraus mit 20 bis 30 Jahren bestimmen8. Da aus der Nordhälfte, wenn auch nicht genau fixierbar, einige der am Körper getragenen oder niedergelegten Objekte stammen (tauschierte Schnalle, Schuhschnalle, ein Saxniet) scheint der Tote in diesem Teil der Kammer beigesetzt worden zu sein. Wahrscheinlich lag er in einem Sarg aus Tannenholz, da sich unter den Brettresten auch solche von mehr als 3 cm Stärke finden, die demnach nicht zur Kammerauskleidung gehört haben können, mit Sicherheit aber auch nicht zu den Möbeln (vgl. Kat.-Nr. 30-33). In welchem Umfang frühere Beraubung bzw. neuzeitlicher Baggereingriff und anschließende „Schatzsuche" zu dieser völligen Zerstörung beigetragen haben, läßt sich nicht mehr entscheiden. Gleiches gilt vom Fundinventar, das ursprüng-

lieh sehr viel reichhaltiger gewesen sein dürfte, auch noch bei der Auffindung des Grabes. Bei einigen Objekten beweist die starke Korrosion der Bruchstellen, daß sie schon durch eine Störung in alter Zeit beschädigt wurden. Andere Stücke sind dagegen neu gebrochen, ohne daß die fehlenden Teile beigebracht werden konnten. Es erscheint sicher, daß sich noch weitere Objekte in Privatbesitz befinden, jedoch waren alle Nachforschungen bisher ergebnislos. Wenig läßt sich auch zur Lage der Beigaben im Grab sagen. Lediglich von den Holzbrettern des Kastens (Nr. 32) und den mit der Schauseite daran haftenden Silberphaleren (Nr. 10-11) steht fest, daß sie im östlichen Drittel der Kammer lagen, der Kasten und das darauf oder daneben liegende Pferdegeschirr also zu Füßen des Toten beigegeben waren. Soweit nicht schon von den Arbeitern entnommen, fanden sich die Objekte ausschließlich in sekundärer Lagerung, teils in der verrutschten Füllung innerhalb der Kammer, teils schon im Aushub. Wichtig für die Funktionsbestimmung erscheint, daß der scheibenförmige Riemenverteiler (Nr. 13), die schmal rechteckigen Bronzebeschläge (Nr. 14) und zumindest eines der Gegenplättchen aus dünnem Bronzeblech (Nr. 15) im gleichen Lehmklumpen steckten. Alle diese Teile gehörten demnach zum Pferdegeschirr. Der Lanzenschaft (Nr. 9), bei der Bergung zerbrochen, lag in Längsrichtung auf dem Kammerboden (keine genaueren Angaben), die Waffe war also neben dem Toten niedergelegt worden. Von Arbeitern gefunden und bei der Bergung teilweise schwer beschädigt wurden folgende Gegenstände: Spatha, Lanzenschaft, tauschierte Schnalle, Teile der Bronzeschüssel, Bretter des Holzkastens und Silberphaleren. Beim Ausschlämmen der Kammerfüllung und beim mehrfachen Durchgraben des Bauaushubs kamen verschiedene Bronzenieten, die kleine Speerspitze, das Henkelfragment der Bronzesdiüssel und einige Haselnüsse zutage. Da größere, bei der Auffindung offenbar noch vorhandene

Oberflächen habe ich Restaurator T. Rommel vom Landesmuseum Karlsruhe zu danken. K. Wolber und K. Hietkamp, Freiburg, gaben wertvolle Hinweise für die Wiederherstellung des Befundes. Hietkamp zeichnete Kammerhölzer, Objekte und Rekonstruktionsvorschlag. 7 Die Bestimmung wurde von Dr. med. P. Volk und cand. med. dent. A. Hosemann vom Institut für gerichtliche Medizin und Versicherungsmedizin Freiburg durchgeführt, wofür an dieser Stelle herzlich gedankt sei. Eigenartigerweise bestehen „die vorliegenden Zahnkronen lediglich aus der schmalen, harten Schmelzschicht der freien Kronen, die am Zahnhals dünn auslaufen. Die Hauptmasse der Zähne, das Dentin, welches die Zahnhöhle und den Wurzelkanal umgibt, und der Zementmantel der Wurzeln fehlen".

8 Auszug aus Gutachten Dr. Volk (vgl. Anm. 7): „Der Vergleich mit Abrasionsgebissen von Gräbern derselben Zeitepoche, deren Alter anhand der Skelette bestimmt werden konnte (Bischoffingen, Sasbach) läßt auf ein jüngeres Alter zwischen 20 und 30 Jahren schließen, als es dem Abkauungsgrad 2 nach Baume entsprechen würde. Die multifaktorielle Methode der Altersbestimmung bei einzelnen Zähnen nach Gustafson (die eine Altersbestimmung auf ± 3,6 Jahre erlaubt) konnte leider nicht durchgeführt werden, da die Kronen lediglich aus Schmelz bestehen ... Die distalen Seitenflächen der Oberkiefermolaren weisen keinerlei Abrasion auf. Dies läßt vermuten, daß Weisheitszähne nicht angelegt oder noch nicht durchgebrochen waren. Auch dieser Befund stützt die Altersbestimmung anhand der Abrasion".

Abb. 5. Hüfingen „Gierhalde" Grab 1. Erhaltene Holzteile der Kammer (ohne Bruchstücke) : Bohlen und Widerlager mit Spuren der Bearbeitung. 3 Stirnseite eines Widerlagers. M. l: 10, sonst M l: 20.

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Abb. 6. Hüfingen „Gierhalde" Grab 1. Reste der Kammer in situ (Zeichnung nach dem heutigen Zustand der Hölzer), darüber die in allen wesentlichen Teilen gesicherte Rekonstruktion.

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Abb. 7. Hüfingen „Gierhalde". Beigaben aus Grab 6 (Tongefäß) und Grab 5 (Bronzenadel). M. 1:2.

Teile der Holzkammer fehlen, ist anscheinend nicht der gesamte Bauaushub an der gleichen Stelle abgelagert worden. Möglich auch, daß einzelne der noch gut verwendbaren Bohlen von privater Seite entnommen wurden.

Fundinhalt Grab l Bewaffnung 1. Spatha (Abb. 10,4). Ende der Griffangel mit Knauf abgebrochen. Damaszierte Klinge mit angeschweißten Schneiden: dreizoniger Winkeldamast, im unteren und oberen Klingendrittel sehr stark zerstört. In diesen Bereichen wird das darunterliegende, in der Struktur längsgestreifte Zwischenstück sichtbar, das vermutlich aus Weicheisen besteht. Die einzelnen Damastbänder sind untereinander durch schmale Rillen getrennt, ebenso die angesetzten Schneiden von der verzierten Mittelzone. Möglicherweise waren hier dünne Damaststreifen eingelegt, die ausgefallen oder völlig korrodiert sind. Auf der Gegenseite wiederholt sich das einfädle Muster mit einigen Abweichungen, aus denen sich die Verwendung verschiedener Damastblätter ergibt. L. noch 68,5 cm, B. 5,1 cm. 2. Fragmente einer eisernen Heftplatte fAbb. 9, 15) mit streifentauschiertem Rand, Kante mit silbernen (?) Fadeneinlagen einseitig schräg weggebrochen. Trotz der kleinen Bruchstücke ergibt sich eine gesicherte Rekonstruktion aus dem Verlauf des Randkonturs und aus dem für manche Griffplatten charakteristischen, flachgewölbten Querschnitt. 3. Teile der Scheidenfassung (Abb. 9, 14). Unverzierte, im Querschnitt U-förmig gebogene Rinnen aus Bronzeblech. Um die oberen Kanten des Ortbandes ist jeweils ein dreifach gerippter Blech-

streifen gelegt (auf einer Seite erhalten) und mit einem der beiden hier sitzenden Niete befestigt. Die anschließenden geraden Stücke sind mit je einem Niet an den Enden montiert. Nach den erhaltenen Resten bestand die Scheidenfassung aus fünf Teilen. Ortband: L. 9,1 cm, B. der Scheide zwischen 7,0 und 7,5 cm. 4. Fragment eines flachen Pyramidenknopfes (Abb. 9, 12) aus Bein mit zentraler Bohrung (Rekonstruktion Abb. 9,12 a). 5. Zwei Klingenfragmente von Sax (Abb. 10, 3), Form und Größe nicht mehr sicher bestimmbar. Klinge beidseitig mit scharf und präzis eingeschnittenen Rillen verziert. Klingenbreite ca. 3,5 cm. 6. Drei z. Teil stark beschädigte Bronzeniete von der Saxscheide (Abb. 9, 6) mit dreifacher Randlochung. Dm. 1,6 cm. 7. Fragment eines schmalen, einseitig längsgerippten Bronzebandes (Taf. 43,2; Abb. 9, U), wahrscheinlich von Sax- oder Spathascheide. Angesetzt ein kurzes, 1,1 cm weit unterschobenes und angelötetes Band gleicher Art. Möglicherweise sind in dem vorliegenden Stück auch die beiden zusammengefügten Enden des gleichen, zu einer Schlaufe oder Zwinge gebogenen Bandes erhalten. Beide Teile sind so gut aneinandergepaßt, daß die Anstückung kaum auffällt. Um eine möglichst nahtlose Verbindung zu erreichen, wurde beim unterlegten Teil das Rippenmuster, beim darüberliegenden Streifen die Rückseite abgeschliffen. Das Verbindungsstück ist deshalb kaum stärker als das einfache Band. L. noch 4,1 cm, B. 0,8 cm. 8. Kleine eiserne Speerspitze (Abb. 10, 2) mit lanzettlichem, im Querschnitt rhombischen Blatt

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Abb. 8. Hüfingen „Gierhalde" Grab 1. Beigaben aus Silber (6, 8) und Bronze. 1-4. 5 a-b. 6-8 M. 3 : 4. 5 M. 3:8.

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Abb. 9. Hüfingen „Gierhalde" Grab 1. Beigaben aus Bronze (1-7. 11. 14), Eisen (8-10. 13. 15) und Bein (12). M. 3 : 4.

Ein alamannisches Reitergrab aus Hüfingen und geschlossener Tülle, darin Reste vom Schaft aus Eschenholz (fraxinus exe.)- Wahrscheinlich Wurfspeer. L. noch 13,6 cm, B. 1,4 cm. 9. Bruchstück eines Lanzenschaftes aus Eschenholz (fraxinus exe.), gefertigt aus einem geschälten jungen Stamm von ca. 2,5 cm Dm. Ursprünglich L. mindestens 1,60 m, zugehörige Eisenspitze fehlt. Reitausstattung 10. Phalere aus 1,0 mm dickem Silberblech (Taf. 40, 2; Abb. 8, 8) mit Bild der thronenden Muttergottes in kreisrundem Mittelfeld. Rahmung durch Perlstab, Arkaden- und Buckelkranz. Durch den breiten Randstreifen sind Nietlöcher geschlagen, in kreuzförmiger, den Bildachsen entsprechender Anordnung: unten und oben je ein Loch, rechts und links Lochpaare. Die tiefen Hohlräume der Rückseite waren mit einer ursprünglich plastischen Masse gefüllt, von der sich zahlreiche Bruchstücke erhalten haben. Nicht erhalten ist dagegen die eiserne Rückplatte, von der bei der Auffindung noch Reste beobachtet, aber nicht geborgen wurden. Silber- und Eisenplatte, dazwischen die Füllung, wurden durch eine Randfassung aus U-förmig gebogenem Bronzeblech (wahrscheinlich mehrteilig) zusammengehalten, von der ebenfalls nur Fragmente vorliegen. Sie sind im einzelnen nicht auf die beiden Scheiben (vergleiche Nr. 11) zu verteilen. Sicher ist nur, daß das Bruchstück mit plastischer Rippenverzierung und festsitzendem Nietstift zu dieser Phalere gehört, da nur sie ein ausgerissenes Nietloch (unten) aufweist. Unklar bleibt die Befestigung auf dem Riemenwerk, da der Randbesatz aus Bronzeblech nach außen vorspringende Rechteckösen der Rückplatte wohl ausschließt. Die mit einem Bronze (?) model (Taf.41,2) eingepreßte Verzierung ist im Bildfeld nirgends nachgearbeitet. Nur der äußere Buckelkranz ist stellenweise durch eingeritzte Rand- oder Trennlinien hervorgehoben. Gegenüber dem Model ist das Mittelbild, bedingt durch die Stärke des Silberblechs, etwas unscharf. Maria, nimbiert, das Christuskind auf dem Schoß, ist - wahrscheinlich - mit Tunika und Pallium bekleidet. Unter dem über den Kopf gezogenen Tuch wird der Saum eines Schleiers sichtbar. Beim Christuskind, ebenfalls nimbiert und mit Buckellöckchen, ist die reich gefältelte Kleidung — anscheinend nur eine Tunika — noch schwieriger zu bestimmen. Das Kind hält in der linken Hand ein steinbesetztes Evangeliar und erhebt die Rechte segnend vor der Brust. Der Thron mit gedrechselter (?), leierförmig geschwungener Rückenlehne hat anscheinend auch Armstützen, da die blütenartigen Abschlußknäufe an beiden Seiten etwa in Ellbogenhöhe Marias und damit deutlich über der Sitzfläche liegen. Unklar

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bleibt der Unterbau. Möglicherweise sind die ebenfalls gedrechselten (?) Thronfüße in falscher Perspektive angeordnet. Auf dem Boden liegt ein rautengemustertes Kissen als Fußunterlage. Zwei Zypressen mit einwärts geneigtem Wipfel flankieren den Thron. Dm. der nicht ganz kreisrunden Silberscheibe 11,4 bzw. 10,9 cm, Gewicht 24,91 g. 11. Entsprechende Silberphalere mit Reiterbild (Taf. 40, 1; Abb. 8, 6). Auf dem breiten Randstreifen sitzen in kreuzförmiger Anordnung, den Bildachsen entsprechend, 4 Nietlochpaare - in der oberen Scheibenhälfte genau dazwischen noch je ein weiteres Nietloch. Von der Füllmasse und der eisernen (?) Rückplatte ist nichts erhalten, von der Randfassung aus Bronzeblech nur wenige Fragmente (vergleiche Nr. 10). Unter dem Bildfeld, zwischen Buckelkranz und Nietlöchern, ist eine Inschrift eingeritzt, die auf die ursprünglich hier eingelassenen Niete mit Rundköpfen Rücksicht nimmt, d. h. erst auf der fertig zusammenmontierten Scheibe angebracht wurde. Lesbar sind - in dieser Reihenfolge - G, I und N. Zwischen I und N schiebt sich ein unverständliches Zeichen, Halbkreis mit Schrägstrich. Die mit einem Model (Taf. 41,1) gepreßte Verzierung ist nur an wenigen Stellen nachgearbeitet (Kopfgestell des Pferdes, Zügel, Lanzenschaft) und wirkt deshalb gegenüber dem Ausguß der Rückseite etwas unscharf: nimbierter Reiter nach rechts, barhäuptig, mit Buckellocken. Rüstung: Lamellen- oder Stäbchenpanzer mit geknoteter Feldbinde, Panzerhemd bis zum Knie, wehender Schultermantel (sagum). Die Beinbekleidung ist nicht klar erkennbar, wahrscheinlich Hosen und hohe Stiefel. Mit schräg nach unten gerichteter Lanze (Schaft gerillt) zielt er auf ein am Boden liegendes Mischwesen mit menschlichem Kopf (Buckellocken) und schlangenförmigem, aus einer Perlreihe gebildetem Körper. Das Pferd, deutlich als Hengst gekennzeichnet, trägt ein kreuzförmiges Pektorale an halbmondförmigem Bügel. Deutlich gezeichnet sind Kopfgestell, Bügel, Satteldecke und Schwanzriemen (Schabracke?). Dm. 11,0 cm, Gewicht 26,66 g. 13. Flacher scheibenförmiger Riemenverteiler (Taf. 43, 4; Abb. 8,1) aus Bronze, gegossen, keine Spuren von Vergoldung. Von den schwalbenschwanzartig ausgeschnittenen Kreuzarmen mit Nietloch ist einer abgebrochen. Ein weiteres Nietloch ist im Mittelpunkt der Scheibe eingeschlagen, keine zugehörigen Niete. Rückseite glatt, auf der Vorderseite mitgegossenes und grob nachgearbeitetes Tierornament: in Perlstabrahmen drei hintereinander angeordnete Tierköpfe. Zwischen zwei großen, vollständigen Köpfen mit Hals und zurückgebogener Unterlippe ist ein stark verkürzter, im Schema aber entsprechender Kopf eingeschoben. Dm. der Scheibe 2,3 cm.

Abb. 10. Hüfingen „Gierhalde" Grab 1. Beigaben aus Bronze (5), Eisen (2-4) und Stein (1). 1,4 M. 1:4, sonst M. l: 2.

Ein alamannisches Reitergrab aus Hüfingen 14. Fragment eines schmal-rechteckigen Bronzeplättchens (Taf. 43, 3; Abb. 8, 2) mit zwei Nieten. Rückseite glatt, Vorderseite mit eingestempelter bzw. eingeschnittener Verzierung. Eine aus Dreieckstempeln gebildete Zackenlinie rahmt zwei rechteckige, mit Treppenlinien gefüllte Innenfelder, in denen die Niete ohne Rücksicht auf das Muster eingesetzt sind. L. noch 3,2 cm, B. 1,2 cm, 0,2 cm stark. Fragmente von drei weiteren, ungefähr entsprechenden Bronzeplättchen (Abb. 8, 2). L. noch zwischen 3,2 und 2,7 cm. 15. Zwei schmale, abgerundete Bronzeblechstreifen (Abb. 8, 4) mit je vier Nietlöchern, darin abgebrochene Stifte. Anscheinend Gegenplättchen zu verlorenen Beschlägen, ähnlich Nr. 14. L. 3,0 bzw. 2,8 cm, B. 0,8 cm. Entsprechender Bronzeblechstreifen (Abb. 8, 3) mit zwei Nietlöchern an den Enden, ein Niet mit gewölbtem Kopf erhalten. Wahrscheinlich Gegenblech zu einem der Beschläge Nr. 14. L. 3,0 cm, L. des Nietstifts 0,5 cm. Fragmente eines breiten Bronzeblechs mit einem Nietloch (nicht abgebildet). 16. Massiver gewölbter Bronzeniet (Abb. 9, 4) mit langem Stift. Dm. 0,7 cm, L. 1,5 cm. 17. Bandförmiger Bronzesporn (Taf. 43,7; Abb. 8, 5), nur an einzelnen Stellen patiniert, daher goldglänzend (keine Spuren von Vergoldung). Innenseite flach, Außenseite gegen die ziemlich scharfen Kanten leicht abgeschrägt, Querschnitt also flach trapezförmig. In das verbreiterte Mittelstück ist ein dünner, spitzer Bronzedorn eingelassen und durch Verhämmern des durchgesteckten Stiftes auf der Rückseite befestigt. Die Enden des Sporns sind ebenfalls leicht verbreitert und mit je zwei rundköpfigen Nieten versehen. Mittelstück und Nietplatten tragen eingeschnittene Tierstilverzierung. In Spornmitte gruppieren sich vier gleichartige Tierköpfe um ein kreisrundes Feld, in dessen Mitte der Dorn sitzt. Die obere Konturlinie dieser Köpfe bildet zugleich den beidseitig stark abgeriebenen Rand. Eine entsprechende Profilierung des Umrisses findet sich an den Nietplatten, wo je zwei gegenständige Tierköpfe zusammen einen Tierkopf en face ergeben. Im Gegensatz zur Mittelgruppe ist bei diesen Tieren ein Gebiß angedeutet, es fehlt der zurückgebogene Unterkiefer. Das Tierornament des Sporns besteht also aus je vier Köpfen von zwei deutlich unterschiedenen Tierarten. L. 12,1 cm, größte B. am Mittelstück 2,1 cm. Tracktzubehör 18. Rahmen und Schilddorn einer großen ovalen Schnalle (Taf. 43, 5; Abb. 9, 8). Vom zugehörigen runden Beschlag sind nur noch zwei breite Befesti-

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gungslaschen und ein kleines Teilstück erhalten. Bruchkanten völlig korrodiert, Beschädigung also durch frühere Störung verursacht. Rahmenquerschnitt D-förmig, Befestigung des Schildes mit umgebogenem vierkantigem Stift. Die Schauseite zeigt Reste einer „engzelligen" Silber- und Goldtauschierung (Strichprobe). Auf dem Rahmen liegen drei Ornamentfelder nebeneinander. Die äußere Kante wird links und rechts der Dornspitze von einer breiten Streifentauschierung eingenommen, dann anscheinend ein Streifen feingestufter Zellen, an den Achsenden von Rauten abgelöst. Nach innen folgt ein Band, das sich aus gewellten und gestuften Zellen zusammensetzt - vor der Dornauflage durch eine Doppelraute begrenzt - und schließlich ein Wabenband. Auf dem Dornschild gruppiert sich um ein zentrales Knotenmotiv ein Kranz zusammengesteckter Pilzzellen, dazwischen Striche, Bögen und Zackenlinien als Füllung. Den äußeren Rahmen bildet eine parallel zum Rand verlaufende, strichgerahmte Zackenlinie. Die Schildkante zeigt rundum kräftige Streifentauschierung. Von den Fadeneinlagen auf der Dornspitze ist nichts erhalten: als Rillen erkennbar sind kräftige seitliche Längsstreifen, die anscheinend ein Band aus gestuften Zellen einfaßten. Mit Golddraht eingelegt sind das mittlere Viereck und die innere Knotenlinie auf dem Dornschild, dann Rauten und Zellstege im mittleren, schließlich die Zackenlinie im inneren Ornamentstreifen des Rahmens. Von der Tauschierung des Beschlags sind auf dem erhaltenen Fragment nur noch schwache Spuren erkennbar. L. noch 7,0 cm, B. 7,4 cm, Riemenbreite 5,0 cm. Wahrscheinlich zugehörig: gewölbter Bronzeniet (Abb. 9, 7) mit Bleifüllung (?) und eiserner Verschlußplatte, eiserner Nietstift abgebrochen. Dm. 1,6 cm. 19. Fragment eines ovalen eisernen Schnallenrahmens (Abb. 9, 9), Querschnitt etwa keilförmigverrundet. Riemenbreite nicht über 3,0 cm. 20. Fragment eines dünnen eisernen Rechteckbeschlägs (Abb. 9, 10) mit gewölbtem Eisenniet. Von der ursprünglichen Tauschierung sind nur einige Rillen erhalten. 21. Kleines tierkopfähnliches Beschlag (Taf. 43,6; Abb. 9, 1) aus dünnem Bronzeblech. Hinter der schmal-rechteckig ausgeschnittenen Befestigungslasche weist ein halbrund verlaufender Absatz auf einen ursprünglich vorhandenen Schilddorn. Das hintere Beschlägende mit einem breit verhämmerten Niet ist durch zwei eingravierte Querlinien abgeteilt. L. 3,9 cm. 22. Verschiedene, nicht zuweisbare Bronzeniete: massiver gewölbter Bronzeniet (Abb. 9, 5), eiserner Stift abgebrochen.

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Dm. 1,2 cm. Zwei kleine gewölbte Bronzeniete (Abb. 9,2), massiv. Dm. 0,8 cm, Nietstifte abgebrochen. Zwei kleine gewölbte Bronzeniete (Abb. 9, 3), massiv, mit kurzen gerade abgeschnittenen Nietstiften. Dm. 0,6 cm, L. 0,5 cm. Geräte 23. Griffangelfragment eines Eisenmessers (nicht abgebildet). 24. Großer einseitig benutzter Schleifstein (Abb. 10, 1) aus hellgrauem quarzitischem Sandstein. Die Gegenseite ist eine Spaltfläche ohne jede Spur von Abnützung. Es muß daher offenbleiben, ob der Schleifstein auf diese Weise, nämlich durch Spaltung hergestellt wurde, oder ob die Spaltfläche eine sekundäre Beschädigung darstellt. L. 18,2 cm, B. 10,0 cm, 1,3 cm stark. 25. Reste eines Beinkamms, Form nicht mehr bestimmbar (nicht abgebildet). Gefäße 26. Neun Bruchstücke einer „koptischen" Bronzeschüssel (Abb. 10, 5): Boden, zwei kleinere Wandstücke, fünf Randteile und ein Henkelfragment. Gegossen und nachgedreht, ringförmige Henkelösen und durchbrochener Standring angelötet. Lötspuren nur an den sichtbaren Kanten beseitigt, an der Innenseite des Standrings dicke Lotklumpen und -tropfen, dadurch teilweise das durchbrochene Muster beeinträchtigt. Kleine Lotspritzer auch auf der Unterseite des Bodens. Rand nach außen verdickt und doppelt gerippt, darunter ein bis zwei ungleichmäßige, nicht ganz umlaufende Rillen. Boden auf der Innenseite leicht eingedellt: um den am tiefsten liegenden Drehpunkt in Form einer flachen Mulde legen sich konzentrisch zwei breite, flache Rinnen, dann eine kräftige Rille. Auf der zur Mitte hin verdickten Unterseite ist ein Kreuz eingezeichnet. Seine geschweiften Arme führen vom eingedellten Zentrierpunkt bis zum Rand. Auf zwei Seiten ist die Zeichnung unvollständig: an einem Kreuzarm ist die zweite Konturlinie nur im Ansatz vorhanden, beim gegenüberliegenden Arm, der auch in der Richtung leicht abweicht, fehlt sie ganz. Das Kreuzmotiv ist mitgegossen und wurde nicht nachgearbeitet. Von den omegaförmigen Henkeln ist nur ein Fragment erhalten. Wie die stark ausgescheuerten Ringösen zeigt auch dieses Stück erhebliche Abnützungsspuren. Bodendm. 15,3 cm, Randdm. 24,5 cm. 27. Scherbe eines Tongefäßes mit gewölbter Wandung, Form und Maße nicht bestimmbar (nicht abgebildet). Ton grau bis schwarz, Ober-

fläche graubraun, grobsandige, glimmerhaltige Magerung, weich gebrannt. Wandstärke 1,0 cm. 28. Fragment eines eisernen Eimerhenkels (Abb. 9, 13), tordiert, Endstück flach-bandförmig ausgeschmiedet. 29. Holzteller? Bei der Grabung wurden Teile eines flachen Tellers aus hellem Holz beobachtet, die aber entweder nicht geborgen wurden oder nachträglich zerfallen sind. Eine Überprüfung der Angaben im Fundbericht ist nicht mehr möglich. Mobiliar 30. Zwei Bruchstücke einer runden Tischplatte (Taf. 44, 5; Abb. 11, 1) aus Eschenholz (fraxinus exe.) mit erhöhtem Rand. Nach der Struktur des Holzes war der Tisch aus mehreren aneinandergefügten Brettern zusammengesetzt. Die Vertiefung ist mit Hammer und Meißel (Hohlmeißel?) hergestellt, die langen Schlagbahnen sind vor allem in Randnähe gut zu erkennen. Dm. der Platte ca. 40 cm, bei Auffindung noch 1,5 cm stark. Rand 1,5 cm überhöht, B. des Randstreifens 1,2 cm. 31. Fragment einer Querleiste von Stuhl oder Hocker (Taf. 44, 3; Abb. 11, 2) aus Ahorn (acer pseudoplatanus oder campestre) mit seitlich vorstehendem, für einen Dübel gelochten Zapfen. L. noch 16,0 cm, gr. B. 9,5 cm. 32. Mehrere Bretter und Fragmente eines Holzkastens aus Rotbuche (fagus silvatica), eines mit Abdruck einer Silberphalere außen (Abb. 11, 3 a) und Zirkelschlagornament auf der Innenseite (Abb. 11, 3 b). Alle erhaltenen Wandteile sind an den Schmalseiten abgebrochen, doch läßt sich der Aufbau wenigstens im groben erkennen. Unklar bleiben die Verbindung der Seitenbretter untereinander und die Art und Weise, in der der Boden eingesetzt war. Der Deckel jedenfalls wurde eingeschoben, wie die tiefen Randfalze des verzierten Seitenbretts und einiger anderer Fragmente zeigen. Maße nicht mehr exakt bestimmbar. L. mindestens 30 cm, B. fraglich, H. ca 15 cm. 33. Kleines gelochtes Bruchstück unklarer Form (nicht abgebildet) aus Rotbuche (fagus silvatica), das wegen seiner Dicke nicht zum Holzkasten Nr. 32 gehören kann. Es befand sich demnach ein weiterer Gegenstand aus dieser Holzart im Grab, der aber nicht mehr zu bestimmen ist. Sonstiges 34.40 Haselnüsse (Taf. 44,1). 35. Eine halbe Walnuß (Taf. 44, 2). 36. Verschiedene unbestimmbare Bronzeblechreste.

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Abb. 11. Hüfingen „Gierhalde" Grab 1. Beigaben aus Holz. M. l : 2.

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ARCHÄOLOGISCHER KOMMENTAR Trachtbestandteile und Bewaffnung Zu den für die Zeitbestimmung wichtigsten Stücken zählt das gold-silbertauschierte Schnallenfragment (Taf. 43, S; Abb. 9, 8), das auch unter dem Gesichtspunkt der handwerklichen Qualität besondere Beachtung verdient. Von der wahrscheinlich zweiteiligen Garnitur9 ist kein weiteres Teil erhalten, da ein Rechteckbeschläg mit Resten von Tauschierung (Abb. 9,10) nach der Nietgröße kaum zugehörig sein kann. Dieses Beschlag gehört anscheinend zu einer zweiten, kleineren Garnitur, von der noch ein Rahmenfragment (Abb. 9,9) vorliegt. Der Besitz von zwei tauschierten Garnituren ist ungewöhnlich und muß ohne Zweifel zu den sozialen Indizien gerechnet werden. Ebenso führt der Nachweis von Goldtauschierung (Strichprobe) auf hohes Niveau: Wallerstädten, Morken oder Niederstotzingen Grab l, 9 und 12 b-c bieten dafür gute Beispiele10. Diese auch durch Verwendung gleicher engzelliger Muster und sogenannter Pilzzellen mit Hüfingen eng zusammenhängenden Gräber ergeben auch eindeutige chronologische Querverbindungen, die ins ausgehende sechste Jahrhundert weisen. Zur Zeitbestimmung und geographischen Verbreitung solcher Garnituren hat sich R. Koch ausführlich geäußert11. H. Ament zog aus den Befunden von Arlon12 entsprechende chronologische Schlüsse, die jetzt in Hüfingen auch von einer anderen Seite her Bestätigung finden: der dendrochronologisch bestimmte Abstand von ca. fünfzig Jahren zu Oberflachter Gräbern13 mit kennzeichnenden Typen der ersten Jahrhunderthälfte legt für die große zelltauschierte Garnitur eine Entstehung im späteren sechsten Jahrhundert nahe. Einer solchen Datierung widerspricht auch die Schuhgarnitur (Abb. 9,1) nicht, die einem über längere Zeit gebräuchlichen Typ angehört. Wie einmal mehr die Niederstotzinger Gräber14 zeigen, war das Tragen von Schuhgarnituren aus Metall für Männer gehobenen Standes fast eine Selbstverständlichkeit. Mit Recht vermutet P. Paulsen, daß dies mit dem Tragen von Sporen zusammenhängt, also mit der Tatsache, daß wir es auf diesem Sozialniveau mit Reitern zu tun haben. Die ursprünglich wohl reichhaltigere Waffenausstattung ist durch Beraubung und neuzeitliche Störungen besonders stark in Mitleidenschaft gezogen. Kein einziges Stück ist unbeschädigt erhalten, so daß sich bei der Beurteilung einige Unsicherheiten ergeben. Nachgewiesen sind vier verschiedene „Angriffswaffen"; Hinweise auf einen Schildbuckel fehlen ebenso wie Reste von Helm oder Panzer. Die vorliegende Waffenkombination von Spatha (Abb. 10, 4), Sax (Abb. 10,3), Lanze (Kat. Nr. 9) und Wurfspeer (Abb. 10,2) erscheint unvollständig und ist vielleicht noch durch einen Schild zu ergänzen15. Doch gibt es hierfür keine festen Regeln, auch nicht in gehobenem Sozial• Dabei ist nicht zu entscheiden, ob das zugehörige Gegenbeschläg rund oder rechteckig zu ergänzen ist. Dreiteiligkeit, wie Niederstotzingen Grab 12 b-c, kann selbstverständlich nicht ausgeschlossen werden. Vgl. R. Koch, Main-Taubergebiet 66; ders., Fundber. aus Schwaben N. F. 19,1971,333. 10 Wallerstädten: J. Werner, Münzdatierte Austrasische Grabfunde. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit 3 (1935) Taf. 26, Kat. Nr. 41. - Morken: Böhner, Morken; O. Doppelfeld u. R. Pirling, Fränkische Fürsten im Rheinland (1966) 66. - Niederstotzingen: P. Paulsen, Niederstotzingen Taf. 84,91 u. 94. 11 Koch, Main-Taubergebiet 66 f. mit Verbreitungs-

karte 13 auf Taf. 91. Die Hüfinger Schnalle gehört zu Kochs Gruppe 13 A: große Schnallen vom Typ Maroeuil, Liste auf S. 216. 12 H. Ament, Rezension von H. Roosens u. J. AlenusLecerf, Sepultures merovingiennes au „Vieux Cimeti&re" d'Arlon. Germania 45,1967,189 ff. 13 B. Becker, Eichenchronologie Hüfingen-Oberflacht (im Druck). 14 Grab 3 b, 6 (?), 9, 12 b-c. Paulsen, Niederstotzingen 53 f. stellt auch die wichtigsten Vergleichsfunde mit Schuhgarnituren zusammen. 15 Zu Bestattungen vergleichbaren Reichtums gehört in der Regel ein Schild (buckel). Werner, Das alaman-

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milieu16. Eine Analogie mit Spatha, Sax, zwei Lanzen und Reitzeug - mit Sicherheit ohne Schild bietet etwa Grab 3 a von Niederstotzingen17; auch in anderen überdurchschnittlich ausgestatteten Waffengräbern des gleichen Zeithorizontes ist das Fehlen des Schildes nicht immer durch Beraubung zu erklären. Falls die Ausrüstung komplett überliefert ist, kann sie, vom Reitzeug jetzt abgesehen, kaum als kennzeichnend für ein besonders hohes Ausstattungsniveau gelten. Allenfalls ist das Vorkommen von zwei Lanzen in solchem Sinne zu deuten, da sich für diese Besonderheit Belege vor allem in reicheren Inventaren finden, so in den Fürstengräbern von Morken, Krefeld-Gellep und Flonheim, oder in dem schon erwähnten Grab 3 a von Niederstotzingen18, wo allerdings bei der Zuweisung des Spießes vom Typ Steinheim/Hailfingen19 letzte Sicherheit fehlt. Ganz eindeutig bei den Gräbern mit Ango, Lanze und „Saufeder" (Flonheim, Krefeld-Gellep), aber auch bei bescheidener ausgestatteten Gräbern wie "Wittislingen20, wo sich die zweite Lanze ebenfalls durch Aufhalter unterscheidet, handelt es sich bei solchen „Zweitexemplaren" eher um Jagdwaffen als um Teile der Kampfausrüstung. Damit wird vielleicht die hervorgehobene Stellung des Hüfinger Reiters unterstrichen, da mit dem leichten "Wurfspeer weniger eine spezifische Reiterwaffe als ein Jagdgerät vorliegen dürfte. Leider entzieht sich die zweite, schwerere Stoßwaffe völlig der Beurteilung, da die Spitze fehlt, ein Verlust, der nicht nur aus chronologischen Gründen stark ins Gewicht fällt. Für die Beurteilung ergiebiger sind dagegen die Hiebwaffen, bei denen - trotz des lagerungsbedingten schlechten Zustandes - die Qualität der Schmiedearbeit hervorzuheben ist, beim Sax erkennbar an den außerordentlich scharf und präzis eingeschnittenen Rillen21, bei der Spatha an der dreistreifigen Winkeldamaszierung. Vom Griff sind nur kleine Fragmente einer streifentauschierten Heftplatte (Abb. 9,15) erhalten. "Wie die nicht gerade häufige Randfassung aus Bronzeblech (Abb. 9,14) lassen sie erkennen, daß wir es nicht mit einer nur durchschnittlichen "Waffe zu tun haben. Möglicherweise war auch der Knauf silbertauschiert, mit Streifen oder analog zur Gürtelgarnitur vielleicht mit einem Pilzzellenmuster. Ein Rekonstruktionsvorschlag könnte sich an die Waffe aus Grab l von "Weillohe/Untermassing22 anlehnen, bei der sich allerdings die Damaszierung durch eingestreute Rosetten unterscheidet. Stücke wie Regensburg-Humboldtstr.23 mit dreizonigem Winkeldamast, streifentauschierten Griffplatten und kleinem, dachförmigem Bronzeknauf warnen jedoch vor einer allzu sicheren Wiederherstellung. Auch die Spatha aus Grab 12 b/c von Niederstotzingen24, mit einer dreiteiligen zelltauschierten Garnitur kombiniert, zeigt bei weitgehender Über-

nische Gräberfeld von Mindelheim. Materialh. z. bayer. Vorgesch. 6 (1955) 10. - Anscheinend eignet sich dieses Ausrüstungsstück, zumindest in Süddeutschland, recht gut als soziales Kriterium, das allerdings so wenig wie Spatha oder Sporen für sich allein stehen kann. H. Steuer, Zur Bewaffnung und Sozialstruktur der Merowingerzeit. Nachr. aus Niedersachsens Urgesch. 37, 1968,18 ff. 63. 16 Steuer a. a. O. 75 ff., Kombinationstabellen zur merowingerzeitlichen Bewaffnung. "Paulsen, Niederstotzingen Taf. 86. 18 Böhner, Morken Abb. 8, 3-4. - Gellep: Germania 42,1964,195 Abb. 4, 2-3. - Ament, Flonheim Taf. 8,1; 9, 3. - Paulsen, Niederstotzingen Taf. 86, 3 a-b. - Auch in dem durch seine silberne Phalere mit Hüfingen eng verbundenen Grab von Seengen (Aargau) sollen neben einer Spatha zwei Lanzen gefunden worden sein. Die 39 Festschrift "Werner

Angaben G. Meyer von Knonaus werden allerdings von R. Moosbrugger-Leu stark angezweifelt: Die Schweiz zur Merowingerzeit A (1971) 92 mit Anm. 5. 19 Nach U. Koch, Donautal 90. 256, Fundliste 20 D. 20 H. Dannheimer, Neue Reihengräberfunde aus Bayerisch-Schwaben. Bayer. Vorgeschbl. 25,1960,179. 21 Scharf gezogene Rillen sind anscheinend nicht nur ein Qualitätsmerkmal, sondern bis zu einem gewissen Grad auch zeitbedingt. Saxe des späteren 6. Jahrhunderts zeigen diese Besonderheit jedenfalls viel häufiger als die späteren Breitsaxe, bei denen die Rillen (Rinnen) in der Regel breiter und flacher sind. Vgl. Koch, Donautal 82. 22 Koch, Donautal Taf. 86, 1. 28 Koch, Donautal Taf. 58,1. 24 Paulsen, Niederstotzingen Taf. 12, 4 u. Abb. 50,1.

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einstimmung im Winkeldamast (mit wenigen Rosetten) eine andere Grifflösung. Unklar bleibt, ob das längsgerippte Bronzeband (Abb. 9, 11) zur Scheide von Langschwert oder Sax gehört. Damit entsteht eine gewisse Unsicherheit bei der Rekonstruktion der einschneidigen Hiebwaffe, die sonst trotz der äußerst fragmentarischen Erhaltung durch Rillen, Klingenbreite von 3,5 cm und die zugehörigen dreifach gelochten Bronzeniete (Abb. 9, 6) recht eindeutig ausfällt. Ohne Zweifel läßt sich das Hüfinger Exemplar mit den Saxen der Schicht II in Marktoberdorf25 verbinden, bei denen vereinzelt auch schon die gleiche Nietform auftritt, wenn diese auch in der Hauptsache später liegen dürfte28. Damit ist die Frage nach dem Beitrag der Waffen zur Zeitbestimmung des Hüfinger Inventars gestellt, der aber wegen der lückenhaften Überlieferung sehr bescheiden ausfällt. Die Form des Wurfspeers gehört eindeutig dem sechsten Jahrhundert an27. Mit gewissen Einschränkungen kann dies auch vom Sax gelten. Die zugehörige nietverzierte Scheide ergibt in jedem Fall einen späten Ansatz, der auch die ersten Jahrzehnte des siebten Jahrhunderts nicht ausschließt. Von der Spatha mit tauschiertem Griff und Riemenschieber aus Bein (Abb. 9,12) läßt sich nur sagen, daß sie der aus anderen Kriterien gewonnenen Datierung des Grabes nicht widerspricht und daß die Kombination mit Waffenformen des 6. Jahrhunderts28 zwar nicht häufig, aber auch nicht außergewöhnlich ist. Reitzubehör Als wertvollste Stücke, wohl schon zu Lebzeiten ihres Besitzers, können die beiden figürlich verzierten Silberscheiben (Taf. 40, 1-2) gelten, die nebeneinander im östlichen Drittel (Fußende) der Kammer lagen. Sie wurden bei der Beraubung möglicherweise deshalb übersehen, weil sie unter den Brettern eines zusammengebrochenen Holzkastens (Abb. 11, 3)2® im Mull (Laubschüttung?) des Kammerbodens lagen. Aus ihrer nicht mehr exakt zu beobachtenden Fundlage geht jedenfalls hervor, daß die Scheiben nicht unmittelbar neben dem Toten niedergelegt wurden, also mit Sicherheit nichts mit der Trachtausstattung zu tun haben. Mit einiger Gewißheit läßt sich auch sagen, daß sie nicht in dem erwähnten Holzkasten lagen, sondern darauf oder wahrscheinlicher daneben. Das Relief einer Scheibe fand sich nämlich außen auf einem der Seitenbretter abgedrückt (Abb. 11,3 a). Von der Lage her läßt sich damit der Hüfinger Befund mit den Beobachtungen von Niederstotzingen Grab 630 vergleichen, wo die Metallbeschläge des Zaumzeugs ebenfalls am Fußende des Grabes angetroffen wurden. Denn wenn wir auch über die Befestigung beider Scheiben am Riemenwerk keine genaue Vorstellung haben (vgl. Katalog), kann doch kein Zweifel sein, daß sie analog den Silberphaleren von Seengen31 und Ittenheim32 zum Besatz eines Pferdegeschirrs gehören, dessen Vorhandensein allein schon durch den tierstilverzierten Riemenverteiler (Abb. 8,1) nachgewiesen ist. Leider war die Fundlage dieses wichtigen Teils und der im gleichen Lehmklumpen geborgenen Rechteckbeschläge (Abb. 8, 2) nicht mehr exakt zu ermitteln. Sie stammen aber gleichfalls aus dem 25 R. Christlein, Das alamannische Reihengräberfeld von Marktoberdorf im Allgäu. Materialh. z. bayer. Vorgesch. 21 (1966) 25 Abb. 6. 28 Fmgerlin, Die alamannischen Gräberfelder von Güttingen und Merdingen in Südbaden Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit A 12 (1971) 124. 27 Christlein (wie Anm. 25) 33. Lanzenspitzen der Schicht 2, gut vergleichbar das Stück aus Grab 12, Taf. 4,2.

28 Koch, Donautal 78 f. 81 (Köln-Müngersdorf Grab 92, München-Giesing Grab 115). 29 Holzkästen, z. T. mit Bronzebeschlag, gehören zu den seltenen und in jedem Fall sozialgeschichtlich signifikanten Beigaben. Vgl. Paulsen u. H. Schach-Dörges, Holzhandwerk der Alamannen (1972) 53. 30 Paulsen, Niederstotzingen Taf. 80. 31 J. Baum, La sculpture figurale en Europe ä l'epoque m^rovingienne (1937) Taf. 8,14. 82 Werner, Ittenheim Taf. 4-5.

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östlichen Teil der Grabkammer, was dem vermuteten funktionalen Zusammenhang wenigstens nicht widerspricht. Kamen diese Stücke auch als Bestandteile eines einzigen Zaumzeugs ins Grab, zeigt doch allein schon die Verwendung unterschiedlicher Materialien (Silber-Bronze), daß Scheiben und Riemenbeschläge nicht von Anfang an zusammengehörten. Die stilistischen Unterschiede machen es vollends zur Gewissheit, daß dieses reiche Pferdegeschirr aus sehr heterogenen Elementen zusammengestellt wurde. Relativ einfach sind die Bronzeteile zu beurteilen. Allerdings gibt es zu den Stempel- und ritzverzierten Rechteckbeschlägen (Taf. 43, 3) keine unmittelbaren Vergleiche. Die Zuweisung an das Pferdegeschirr stützt sich deshalb in erster Linie auf den Fundzusammenhang. Beschläge dieser Art wären aber in einem „männlichen" Inventar sonst auch kaum unterzubringen, da sich im Bereich von Tracht und Bewaffnung keine plausiblen Erklärungen bieten. Funktionen vergleichbar erscheinen trotz anderer Proportionen und vierfacher Nietbefestigung Beschläge am Zaumzeug von Niederstotzingen Grab 633, oder vom Stirnriemen im Fürstengrab von Krefeld-Gellep34. Der enge Fundzusammenhang mit der Rundscheibe könnte dafür sprechen, in den vier erhaltenen Stücken Reste eines plättchenbesetzten Stirnriemens zu sehen; jedenfalls wird eine Verbindung mit dem Kopfgestell nahegelegt. Bei dichter Reihung müßte zwar eine größere Anzahl dieser Besatzstücke vorhanden sein35, doch spricht dies bei der Lückenhaftigkeit des ganzen Befundes, dem Fehlen des zweiten scheibenförmigen Verteilers und anderer „obligatorischer" Bestandteile des Zaumzeugs36 nicht gegen eine solche Rekonstruktion. Muster und Herstellungstechnik sind im alamannischen Gebiet nicht ungewöhnlich37, und so ist an einer Herstellung im Lande kaum zu zweifeln, wenn auch für die tierstilverzierte Bronzescheibe ebenfalls keine ganz befriedigenden Analogien vorliegen. Für ein ähnliches, nieliiertes Verteilerpaar aus Herbrechtingen38, das dem Hüfinger Stück auch in der ungleichmäßigen Aufteilung des Tierfrieses nahesteht, hat J. Werner Herstellung in einer alamannischen Werkstatt erwogen39. Entsprechende Tierköpfe sind auf zahlreichen Bronzegußarbeiten des gleichen Raumes nachzuweisen40, bleiben allerdings nicht darauf beschränkt. Bei einem „Grundtyp" der germanischen Tierornamentik, wie ihn die Hüfinger Tierköpfe darstellen, erscheint aber schon die Häufung vergleichbarer Arbeiten in Süddeutschland41 als beachtenswertes Argument. Zudem war offenbar der flache, scheibenförmige Riemenverteiler bei den Alamannen besonders beliebt. Das zeigen neuerdings neben den bekannten Beispielen von Ittenheim und Herbrechtingen die hervor38

Paulsen, Niederstotzingen Taf. 48, 6-13. Germania 42, 1964 Taf. 52, l a-b. 35 In Krefeld-Gellep sind neun, in Niederstotzingen acht solcher Beschläge gefunden worden. 36 In Hüfingen fehlen vor allem die Trense, möglicherweise kleine Zierknöpfe wie Werner, Ittenheim 11 Abb. 3, 9-11, Schnallen, Beschläge und Riemenzungen. Zur Rekonstruktion vgl. auch den Fundbestand von Herbrechtingen: H. Zürn, Katalog Heidenheim. Veröffentl. d. Staatl. Amtes f. Denkmalpfl. Stuttgart A 3 (1957) Taf. 25. - Das Fehlen der Trense sprach zunächst für eine gesonderte Bestattung des Reitpferdes, doch hat sich diese Vermutung bei den Grabungen nicht bestätigt. Vgl. Werner (wie Anm. 15) 10; Christian, Dirlewang 20. 37 Ähnliche Treppen- oder Mäanderverzierung findet sich häufig auf Riemenzungen, z. B. Tannheim: W. 34

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Veeck, Die Alamannen in Württemberg. Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit l (1931) Taf. 59,14. Entsprechende Muster auch auf niellierten Silberarbeiten, z. B. Gammertingen: J. Gröbbels, Der Reihengräberfund von Gammertingen (1905) Taf. 8,13. 38 Paulsen, Niederstotzingen Abb. 43, 5-6. 39 "Werner, Die Schwerter von Imola, Herbrechtingen und Endrebacke. Acta Arch. 21,1950,45 ff. 50. 40 Hierzu nur wenige Beispiele: Tierkopfwirbel: Schwieberdingen, Veeck (wie Anm. 37) Taf. 47, 4 b. Tierköpfe: Holzgerlingen, ebd. Taf. 52 A 1. 5. 7. - Sindelfingen, ebd. Taf. 52 B 1. - Hailfingen, ebd. Taf. L 9. - Wurmlingen, ebd. Taf. L 2. - Pliezhausen (Scheibenfibel), ebd. Taf. H 2 usw. 41 Koch, Katalog Esslingen 2: Die merowingischen Funde. Veröffentl. d. Staatl. Amtes f. Denkmalpfl. Stuttgart A 14 (1969) 60 f. (Sirnau).

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ragenden Stücke aus Niederstotzingen Grab 9 und das einfachere Exemplar aus Grab 12 b/c42 des selben Gräberfelds. Auch bei den silbertauschierten Geschirren wie Hintschingen oder Göppingen43 ergibt sich ein ähnliches Verbreitungsbild. Einen weiteren Hinweis liefert der Hüfinger Grabzusammenhang: der im Tierornament wie in der Herstellungstechnik fast entsprechende Bronzesporn (Taf. 43, 7) stammt zweifellos aus derselben Werkstatt wie der Riemenverteiler. Auch für diesen wichtigen Bestandteil des Reitzubehörs können keine unmittelbaren Vergleiche angeführt werden, sieht man einmal von Analogien ab, die sich zur Form der Tierköpfe44 auf Mittelstück und Nietplatten (Abb. 8, 5 a, b) anbieten. Die Verwendung von Tiermotiven auf Sporen ist jedoch wenig später eine im alamannischen Raum verbreitete Erscheinung. Vielleicht sind Sporen wie Hüfingen als eine Vorform dieser meist flächendeckend verzierten, sehr variantenreichen Gruppe in Silbertauschierung aufzufassen45. Zusammengenommen ergeben all diese, für sich nicht tragfähigen Argumente doch einen sehr konkreten Hinweis darauf, daß die Bronzeteile: Sporn, Besatzplättchen und Riemenverteiler das einheimische Element der Reitausstattung bilden. In ganz andere Zusammenhänge führt die Betrachtung der großen Silberscheiben (Taf. 40, 1. 2; Abb. 8,6.8), die nach der Ittenheimer Rekonstruktion46 als Zierplatten des Brustriemens aufzufassen sind. Es erscheint allerdings nicht ausgeschlossen, daß sie die Stellen der großen Verteiler am Kopfgestell einnahmen. Dann würden die tierstilverzierten Scheiben, ohnehin relativ klein, an eine weniger exponierte Stelle rücken. Der Erhaltungszustand erlaubt keine Entscheidung mehr: von den bronzenen Randeinfassungen (Abb. 8, 7) liegen nur Bruchstücke vor, die zu erschließenden eisernen Rückplatten mit Riemenschlaufen47 fehlen. Auch die teilweise paarige Anordnung der Nietlöcher gibt keinen sicheren Aufschluß. So lassen sich nur noch die Silberbleche selbst beurteilen. Beide Phaleren sind in gleicher Weise hergestellt und bildeten, trotz geringfügiger Größenunterschiede, ursprünglich ein zusammengehörendes Paar. Sie wurden in einem Arbeitsgang mit Hilfe eines Bildmodels (Taf. 41,1. 2) aus Bronze48 gepreßt bzw. getrieben. Wegen der Dicke des Silberblechs wirkt die Darstellung auf der Vorderseite weicher und etwas verschwommen. Manche Einzelheiten der Vorlage sind gar nicht oder nur andeutungsweise zu erkennen. Ganz anders die Gegenseite mit ihren scharf ausgeprägten Konturen. Beim Vergleich der Details an Kleidung und Zaumzeug (Taf. 42; 41) wird 42

Paulsen, Niederstotzingen Taf. 46, 1-2 u. Abb. 42. Hintschingen: F. Garscha, Südbaden Taf. 22. Göppingen: L. Lindenschmit, Handbuch der Deutschen Altertumskunde l (1880-89) 292 Abb. 234. - Zur Gruppe dieser tauschierten Geschirre vgl. Koch, MainTaubergebiet 72; Paulsen, Niederstotzingen 68 f. 44 Von den zahlreichen Beispielen an Funden Südwestdeutschlands seien genannt: Scheibenfibel aus Ulm, Lindenschmit (wie Anm. 43) Taf. 21, 8. - Riemenzunge aus Göppingen, ebd. Abb. 285. Vgl. hier Anm. 40. 45 Beispiele bei Garscha, Südbaden Taf. 63. - Zur Chronologie der tauschierten Sporen: Christlein (wie Anm. 25) 38 mit Anm. 46. - Zu Sporengräbern der Zeit um 600: ders., Dirlewang 20 Anm. 45. 46 Werner, Ittenheim 12 Abb. 4. - Vgl. auch die Reiterscheibe von Bräunungen, bei der die beidseitig am Brustriemen getragenen Phaleren sehr deutlich angegeben sind. Garscha, Südbaden Taf. 99, l a-b. 47 Wahrscheinlich in der Art wie Seengen. Werner, Ittenheim Taf. 11, 2. Im einzelnen bleibt der Aufbau unklar. Sicher ist nur die Verwendung einer eisernen Rückplatte (vgl. Katalog). 43

48 Denkbar wäre auch ein Model aus Hartholz. K. Dinklage, Eine Magierbrosche im Nationalmuseum Trient. Germania 26,1942, 200 ff. 204 Anm. 29. In gleicher Weise wurden u. a. Riemenzungen, Sattelbeschläge und verzierte Kreuze hergestellt: O. von Hessen, Die Goldblattkreuze aus der Zone nordwärts der Alpen. In: Problemi della civiltä e dell'economia langobarda. Scritti in memoria di G. P. Bognetti. Bibl. della Rivista „Economia e Storia" 12 (1964) 199 ff. 201.-ZurTechnik des Abformens und zum Denkmälerbestand im mittleren und nördlichen Europa: T. Capelle u. H. Vierdc, Modeln der Merowinger- und Wikingerzeit. Frühmittelalterliche Stud. 5, 1971, 42 ff. - Ein frühbyzantinischer Model (Patrize) für Riemenzungen ist aus Kleinasien bekannt: Prähist. Zeitschr. 24, 1933, 294 Abb. l, ein weiterer von der Krim: Werner, Zur Verbreitung frühgeschichtlicher Metallarbeiten. Antikvariskt Arkiv 38, 1970. Early med. stud. l Taf. 7, 2. - Byzantinische und awarische Model lagen zusammen in einem ungarischen Goldschmiedegrab: D. Csalläny, Goldschmiedegrab aus der Awarenzeit von Kunszentmärton (1933).

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dies ebenso deutlich wie im Gesamteindruck der sitzenden Madonna, die im erhaltenen Abdruck der Füllmasse (Taf. 41,1) schmaler und zierlicher wirkt. Die Schauseite gibt also nur eine unzureichende Replik des verwendeten Bildmodels. Auch durch leichte Überarbeitung - etwa am Zügel und am Lanzenschaft des Reiters (Taf. 41; 42) - entfernt sie sich von der Vorlage. Die modernen Ausgüsse der Rückseite sind deshalb neben die vergröbernden antiken Abformungen gestellt (Taf. 41; 42). Sie vermitteln ein genaues Bild und erlauben vor allem eine bessere stilistische Beurteilung, die uns allerdings in der zunächst anstehenden Frage nach der Herkunft nicht weiterführt. Für die Bestimmung der geographischen wie der künstlerischen Provenienz bleibt vielmehr der Bildinhalt entscheidend, der ikonographische Zusammenhang. Er ist völlig eindeutig und schließt eine Entstehung der beiden Scheiben in einer Werkstatt Alemanniens mit Sicherheit aus. Beide Motive sind heimisch in der frühchristlich-mediterranen Welt. Für den nimbierten Reiter49 im Lamellenpanzer mit Feldbinde und wehendem Schultermantel (sagum) bedarf dies ebensowenig einer Begründung wie für die Gottesmutter mit Kind. Schwieriger wird es schon, innerhalb der „byzantinischen Koine" die Herkunft genauer zu ermitteln - für den Hüfinger Befund ja nicht nur ein Problem der Stilkritik. Nach den vielfachen Verbindungen, die vom alamannischen Gebiet über die Alpen nach Italien gehen, wird man Herkunft von dort ins Auge fassen können50, umso eher, als 49 Eine sakrale Bedeutung ist für diesen Bildtypus allerdings nicht gesichert, da der Nimbus auch dem Kaiser zusteht und auf Bildern des reitenden Herrschers vielfach bezeugt ist. Beispiele: Constantius II. auf dem Silberteller von Kertsch. L. Matzulewitsch, Byzantinische Antike Taf. 23; Justinian, Goldmedaillon. W. Volbach, Frühchristliche Kunst Abb. 244. Ohne Beischrift ist deshalb der Reiter auch im Herkunftsgebiet nicht sicher zu identifizieren. Desto bedenklicher erscheint es, sogar bei den germanischen Nachbildungen von Reiterheiligen zu sprechen. - Wegen der Bedeutung des Motivs für den germanischen Raum ist die Literatur zum Thema „Lanzenreiter" und „Reiter mit erhobenen Armen" sehr umfangreich. Wenn auch die Interpretationen auseinandergehen, so wird doch die letztlich römische Herkunft der Bildvorlage einheitlich beurteilt. Daß vor allem Beispiele aus dem koptischen Ägypten zum Vergleich dienen müssen, ist überwiegend auf die Quellenlage im Mittelmeerraum zurückzuführen (vgl. hier Anm. 54). Die folgende Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit: Baum, Zu den Hornhauser Steinen. Festschr. K. Schumacher (1930)351;G.Behrens, Merowingische Pressblech-Scheibenfibeln. Mainzer Zeitschr. 39-40, 1944-45, 17; M. Besson, Lausanne 136; A. Blanchet, Bull. Soc. des Antiqu. de France 1908, 216; H. Bott, Bajuwarischer Schmuck der Agilolfingerzeit. Schriftenreihe z. bayer. Landesgesch. 46 (1952) 79; M. Ebert, Ein Spangenhelm aus Ägypten. Prahlst. Zeitschr. l, 1909,163 ff. 168 (Fundliste); R. Forrer, Eine römische Drachentötergemme aus Straßburg. Anz. f. Elsaß. Altkde, l, 1912, 15; K. Hauck, Alemannische Denkmäler der vorchristlichen Adelskultur. Zeitschr. f. Württ. Landesgesch. 16, 1957, 1; ders., Germanische Bilddenkmäler des frühen Mittelalters. Dt. Vierteljahresschr. f. Literaturwiss. u. Geistesgesch. 31, 1957, 349; W. Holmqvist, Zur Herkunft einiger germanischer Fi-

gurendarstellungen der Völkerwanderungszeit. IPEK. 12, 1938, 78; ders., Kunstprobleme 110 ff.; ders., Der Reiter von Möjbro. Fornvännen 47, 1952, 261; J. Kollwitz, Oströmische Plastik der theodosianischen Zeit. Studien zur spätantiken Kunstgeschichte 12, 1941, 12. 16; H. Kühn, Die Reiterscheiben der Völkerwanderungszeit. IPEK. 12, 1938, 95; H. Menzel, Ein christliches Amulett mit Reiterdarstellung. Jahrb. RGZM. 2, 1955, 253; Paulsen, Niederstotzingen 145; W. Schulz, Eine Nachlese zu den Bildsteinen von Hornhausen. Jahresschr. Halle 40, 1956, 211; J. Strzygowski, Der koptische Reiterheilige und der heilige Georg. Zeitschr. f. ägypt. Sprache u. Altkde. 40, 1902-03, 49; K. Tackenberg, Über einige wenig bekannte Reiterscheiben. Germania 28, 1944-50, 250; Werner, Ittenheim 26; H. Zeiss, Der Reiter von Hainspach. Sudeta 11, 1935, 118 ff. 120 mit Anm. 13; ders., Das Heilsbild in der germanischen Kunst des frühen Mittelalters Sitzungsber. d. Bayer. Akad. d. Wiss. phil.-hist. Abt. 2, 8 (1941) 38. 60 Anders als die ostfränkischen Gebiete, die spätantik-mediterrane Einflüsse in der Hauptsache aus Gallien empfangen, erscheint der alamannische Raum stärker mit Italien verbunden. Sicher spielt auch der Rhöneweg und damit die Provence eine nicht zu unterschätzende Rolle, doch laufen die wichtigsten Verbindungslinien Südwestdeutschlands zum Mittelmeerraum über die Alpen. Das hängt im 6. Jahrhundert wohl ebenso mit den politischen Verhältnissen (ostgotischer Einfluß bis 536 n. Chr.) wie mit größeren militärischen Unternehmungen zusammen (z. B. alamannische Beteiligung am Gotenkrieg 549-554 n. Chr.). Rolle und Anteil des Handels lassen sich für die „vorlangobardische" Zeit bisher kaum bestimmen: vgl. hierzu Werner, Fernhandel, bes. 310 f. u. Verbreitungskarten 8-11; V. Bierbrauer, Zu den Vorkommen ostgotischer Bügelfibeln in der Raetia II. Bayer. Vorgeschbl. 36, 1971, 131 ff., bes.

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Werner für die in mehrfacher Hinsicht vergleichbaren Silberphaleren von Ittenheim51 entsprechende Provenienz nachweisen konnte. Für die Hüfinger Scheiben liegt also in ihrem Fundort und Fundzusammenhang, dem Grab eines alamannischen Adligen, ein Hinweis auf Italien. Ihn zu verifizieren ist vor allem ein Quellenproblem. Der provinzielle Charakter der Arbeit schränkt die Vergleichsmöglichkeiten ein. Die meisten überlieferten Werke der Toreutik scheiden deshalb in unserem Zusammenhang aus. Der noch am besten überschaubare Bereich der sakralen und der höfischen Kunst verlangte andere Qualität. Gerade provinzielle „byzantinische" Arbeiten sind aber aus dem Italien des 6. und 7. Jahrhunderts so wenig überliefert, daß man - mit gewissen Ausnahmen52 - von einem „fast vollständigen Denkmälerverlust"53 sprechen kann. Diese Fundarmut vor allem in den westlichen Provinzen des byzantinischen Reiches, bedingt durch das Fehlen der Grabbeigaben beim einheimischen Bevölkerungsteil54, wirkt sich in der gesamten Beurteilung germanisch-mediterranen Kulturaustauschs nachteilig und erschwerend aus. Beispielsweise hat die wesentlich günstigere Quellenlage Ägyptens - neben anderen Faktoren - bis heute zu einer merklichen Überschätzung der koptischen Einflüsse auf Mitteleuropa geführt55. Ohne die Eigenständigkeit dieses Bereichs in Frage zu stellen, ist doch vieles in der materiellen und künstlerischen Hinterlassenschaft der Kopten als eine Spiegelung byzantinischer Erscheinungen anzusehen, teilweise sogar als ausgesprochen vergröbernde oder auch mißverstandene Umsetzung. Ohne Zweifel liegt hierin ein mit den Verhältnissen im germanischen Raum vergleichbares Moment, nur eben nicht als Ausdruck einer unmittelbaren Abhängigkeit, sondern im Sinne einer Konvergenzerscheinung im Randbereich einer hochentwickelten Kultur mit starker Ausstrahlung. Diese Feststellung gilt besonders für den mit verschiedenartigen Gegnern kämpfenden Lanzenreiter, ein im germanischen wie koptischen Gebiet gleichermaßen verbreitetes Motiv, das gern als Beleg für den weitreichenden Einfluß der ägyptischen Provinz in Anspruch genommen wurde56. Doch so wenig man von „koptischem Bronzegeschirr" im Sinne einer Herkunftsbezeichnung sprechen kann57, so wenig läßt sich die Provenienz der Bild154. - Klarer liegen die Verhältnisse im späteren 6. und im 7. Jahrhundert, wenn sich auch die Beurteilung des von Werner erstmals definierten „langobardischen Horizonts" geändert hat. Die Verbindung zum byzantinischlangobardischen Italien wird jedenfalls durch ein breites Fundspektrum belegt, für das die zahlreichen Goldblattkreuze des alamannischen Gebiets ein signifikantes Beispiel liefern. Zusammenfassend: Werner, Langobardischer Einfluß in Süddeutschland während des 7. Jahrhunderts im Lichte archäologischer Funde. Atti I. Congr. Internaz. di Studi Longobardi (1951) 521. 51 Werner, Ittenheim 14 ff. mit Taf. 4-5. 52 Ausnahmen bilden Trachtbestandteile aus Edelmetall, kostbare Waffen und Reitausrüstungen, die als Beigaben in reich ausgestatteten Langobardengräbern erhalten sind. Oft ist es allerdings schwierig, einheimisch-italische von germanischen Erzeugnissen zu trennen, besonders bei den einfacheren Bronzearbeiten. 53 H. Belting, Probleme der Kunstgeschichte Italiens im Frühmittelalter. Frühmittelalterliche Stud. l, 1967, 94 ff. 120. 54 Ausnahmen scheint es vor allem in abgelegeneren Landschaften zu geben, etwa Sizilien: P. Orsi, Sicilia Bizantina (1942) 111 ff. Sardinien: Not. Scavi sei. 8, 20, 1966, 368 ff. Wieweit Beigaben führende Gräberfelder im langobardisch besetzten Nord- und Mittelitalien aus-

schließlich germanisch sind, läßt sich derzeit nicht sicher bestimmen. Zur inneralpinen Romania vgl. Z. Vinski, Betrachtungen zur Kontinuitätsfrage des autochthonen romanischen Ethnikons im 6. und 7. Jahrhundert. In: Problem! della civiltä e dell'economia longobarda. Scritti in memoria di G. T. Bognetti. Bibl. d. Riv. „Economia e Storia" 12, 1964, 101 ff.; Werner, Pannonien 128. 55 Vor allem in den Arbeiten Holmqvists: Zur Herkunft einiger germanischer Figurendarstellungen der Völkerwanderungszeit. IPEK. 12, 1938, 78 ff.; ders., Kunstprobleme 29 ff., einschränkend 250; ders., Einflüsse der koptischen Kunst in Westeuropa. Katalog der Ausstellung Koptische Kunst, Christentum am Nil, Essen, Villa Hügel (1963) 157 ff. Vgl. auch Paulsen, Koptische und irische Kunst und ihre Ausstrahlungen auf al'tgermanische Kulturen. Tribus. Jahrb. d. Lmdenmus. Stuttgart 2-3,1952-53,149 ff. M Holmqvist, Kunstprobleme 29 ff. Kritisch dazu Werner, Ittenheim 27. 57 Für teilweise italische Herkunft (Ravenna) ist schon frühzeitig Werner eingetreten. Italisches und koptisches Bronzegeschirr des 6. und 7. Jahrhunderts nordwärts der Alpen. In: Mnemosynone Th. Wiegand (1938) 74 ff. 80. In späteren Arbeiten vertritt er wieder stärker die ägyptische Provenienz (Alexandria), macht aber eine

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vorlagen auf einen bestimmten geographischen Raum beschränken. Die Vorstellung vom siegreichen Reiter58 und das zugehörige Bildschema sind auch außerhalb Ägyptens vielfach belegt59. Von seiner Aussage her wurde es zweifellos in allen Provinzen des oströmischen Reiches verstanden. Auch im Italien iustinianischer Zeit sind - mit Ausnahme des Mischwesens (Taf. 42, unten)- beide „Hüfinger" Motive geläufig, wenn wir auch bei der Suche nach Vergleichen stellenweise über den Bereich der Kleinkunst hinausgehen müssen. Aber schließlich haben wir es beim Reiter wie bei der thronenden Muttergottes mit zentralen Themen der höfischen bzw. kirchlichen Kunst zu tun, die bei der Ausschmückung von Palast- und Kulträumen Verwendung fanden und auch für diesen Bereich - Tafelmalerei, Fresko, Mosaik, Relief - konzipiert wurden. Auf dieser Ebene fanden sie wohl auch ihre charakteristische Ausprägung, bevor sie als feste Bildtypen in die sakrale und profane Kleinkunst eingingen. Daß dabei Qualitätsverluste eintraten, darf nicht verwundern. Selbst die hauptstädtischen Ateliers haben nicht nur Meisterleistungen hervorgebracht. Beachtliche Qualitätsunterschiede zeigen auch Buchillustrationen, Elfenbeinarbeiten und Bronzen60. Nicht zuletzt die Vergleiche, die Werner im Zusammenhang mit den Ittenheimer Phaleren anführt, zeigen die mögliche Spannweite, bis hin zu völligem Mißverstehen und entsprechend fehlerhafter Gestaltung wichtiger organischer und ornamentaler Elemente61. Das relativiert jede auf stilistische Überlegungen gegründete Aussage und zwingt dazu, den Einzelheiten der Darstellung Beachtung zu schenken. Tatsächlich ergeben Stilvergleiche, beschränkt auf Objekte der Kleinkunst, sehr unterschiedliche Hinweise. So könnten bei der Madonnenscheibe das bekannte Reliquiar aus Grado62 für Italien sprechen, eventuell auch eine der Silberampullen aus Monza63, wenn man die ursprüngliche Herkunft dieser Stücke außer Acht läßt und sie als mögliche Vorlagen italischer Werkstätten akzeptiert. Der Anhänger vom Brustschmuck des Schatzfundes aus Assiut64, ein Bleimedaillon aus Syrien65, ein Goldanhänger aus KonEntscheidung von Materialuntersuchungen abhängig. Zwei gegossene Bronzeflaschen aus Salona. In: Antidoron M. Abramic l (1954/57) 115 ff.; ders., Ber. RGK.42, 1961, 310 f. - Auch Holmqvist hält eine teilweise Herstellung außerhalb Ägyptens (Italien) nicht für unmöglich: IPEK. 12,1938, 84 Anm. 2. P. de Palol zieht bei der Besprechung spanischer Funde für einzelne Formen (Räuchergefäße) als Herkunftsland Sizilien in Betracht: Ampurias 12, 1950, 20. Für Spanien selbst erscheinen die von Werner geforderten Metallanalysen besonders vielversprechend. Angesichts der in anderen Bereichen sehr produktiven spanischen Bronzeindustrie und der Bedeutung dieses Geschirrs als liturgisches Gerät erscheint eine Herstellung im Lande nicht ganz abwegig, zumal hier auch die Rohstofflage sehr günstig ist. De Palol, Salellas, Bronces hispanovisigodos de origen mediterraneo. Jarritos y patenas liturgicos (1950). Für bestimmte Frühformen zieht Werner neben Italien sogar Gallien in Betracht (in: Antidoron M. Abramiö l [1954/ 57] 120 Anm. 12). - Vgl. auch Volbach, Metallarbeiten des christlichen Kultes in der Spätantike und im frühen Mittelalter. Kataloge des RGZM. 9 (1921) 64 Nr. 63. 68 Antikes Triumphalmotiv, Reiter als Symbol des Siegers und Friedensbringers. Volbach in: Rom. Quartalsschr. f. christl. Altkde u. Kirchengesch. 1966, Suppl. 30, 299. Aus dem Symbol für Stärke und Sieg wird dann im christlichen Milieu der Sieg des Guten über das Böse, des Christentums über das Heidentum. Aus dieser Vorstellung heraus erklärt sich der unheilabwehrende

Charakter des Reiterbildes, der besonders in den Salomon-Amuletten deutlich wird. Holmqvist, Kunstprobleme 112.127. 59 Nach F. Deichmann, Ravenna 120 f. dürfte der Bildtypus seinen Ursprung in der kaiserlichen Ikonographie Konstantinopels haben. Aus einer hauptstädtischen Werkstatt stammt z. B. das sog. Barberini-Diptychon (Anastasius L): Volbach, Frühchristliche Kunst Abb. 219. Weitere Beispiele: Silberteller im Vatikan, Werner, Ittenheim 23 mit Anm. 72, Taf. 9, 1-2. Altarplatte in Saloniki, G. Soteriou, Die Basilika des Heiligen Demetrios in Thessalonike (1952) 174 Abb. 70. 60 Belting in: Frühmittelalterliche Stud. l, 1967, 97. 106; H. Koch, Rezension zu Matzulewitsch, Byzantinische Antike. Gnomon 8, 1932, 117; Volbach, Frühmittelalterliche Elfenbeinarbeiten aus Gallien. In: Festschr. RGZM. l (1952) 45.50. 81 Werner, Ittenheim 18 f. 82 Beste Abb. bei A. Grabar, Zeitalter Justinians Nr. 358; Zur Lokalisierung nach Italien: E. Weigand, Zum Denkmälerkreis des Christogrammnimbus. Byzant. Zeitschr. 32,1932,63 ff. 88 Grabar, Ampoules de Terre Sainte (1958) Taf. l (Ampulle 1). Vgl. auch Taf. 8 (Ampulle 3) u. S. 53 (zur Herkunft des Motivs). 84 Gute Abb. bei Volbach, Frühchristliche Kunst Abb. 255. 65 M. C. ROSS, Cat. DOC l Taf. 47, 86.

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stantinopel (Taf. 45, 5j66 oder die vielleicht beste Parallele, ein Enkolpion aus Cypern (Taf. 45, 3J67 wären brauchbare Belege für den ostmediterranen Raum. Gehen wir mit den Vergleichen über den engeren ikonographischen Zusammenhang hinaus - und das gilt auch für den Reiter der zweiten Scheibe - ergibt sich das gleiche Bild: ein weiterer Goldanhänger aus Konstantinopel (Taf. 45, 4J68, ein Bronzekopf der Walters Art Gallery (aus Mossul?)69, ein silberner Buchdeckel syrischer Provenienz70, eine vielleicht aus Italien stammende Elfenbeinpyxis in Berlin71, und schließlich eine Bronzematrize aus Biskupija (Taf. 45,1) in Dalmatien72 mögen als Beispiele genügen. "Wenn auch für eine exakte Herkunftsbestimmung unergiebig, führen die Vergleiche doch immer wieder in das gleiche, eben das provinziell-byzantinische Milieu. Damit ist eigentlich die Frage schon beantwortet, ob die Hüfinger Scheiben vielleicht doch ein Erzeugnis germanischer, d. h. ostgotischer oder frühlangobardischer Werkstätten in Italien sein könnten73, und damit wird auch die Möglichkeit genommen, auf diesem Wege zu einer Lokalisierung zu kommen. Denn neben den stilistischen Merkmalen und den Bildinhalten sprechen auch die Einzelheiten der Ausführung eine deutliche Sprache. Das beginnt bei den Perlkränzen und Arkadenfassungen74 der Innenfelder und läßt sich für Kleidung, Rüstung und Zaumzeug des Reiters belegen75, bis hin zu der vom Lanzenstich ge68 ROSS, Cat. DOC 2 Taf. 55, 104. Das Stück wurde bisher aus stilistischen Gründen ins 9.-10. Jahrhundert datiert. Die weitgehende Übereinstimmung mit Hüfingen legt aber eine Frühdatierung nahe, die auch ROSS a. a. O. 77 schon in Erwägung gezogen hat. 67 ROSS, Cat. DOC 2 Taf. 28,36. 68 ROSS, Cat. DOC 2 Taf. 26,32. 69 ROSS, Cat. WAG Taf. 40, 275. 70 ROSS, Cat. WAG Taf. 54, 391. 71 H. Schlunk, Spätantike im Mittelmeerraum Taf. 53,159 (Christuskopf). 72 J. KoroseiS, Ostava broncanih matrica za otiskivanje u Biskupiji kod knina. Starohrv. prosvjeta 6,1958, 29 ff. Taf. l, 2. 78 Die Frage kann auch wegen des sicher germanischen Riemenverteilers (Taf. 43, 4) nicht einfach übergangen werden. Die geringere Qualität spricht aber ebensowenig wie bei späteren „langobardischen" Reliefs für einen nichtromanischen Hersteller. Vgl. Holmqvist, Kunstprobleme 116; Volbach, Frühzeit des Mittelalters 267 sieht sogar in den einfachen Schildbeschlägen (u. a. Lanzenreiter) von Stabio und Lucca Erzeugnisse einer „italienisch-byzantinischen Werkstatt, die auch Waffen für die fürstlichen Langobarden anfertigte". Zum Problem auch Werner, Ittenheim Anm. 92. - Zur Beurteilung der Steinreliefs: Belting, Frühmittelalterliche Stud. l, 1967, 102. - K. Wessel, Ikonographische Bemerkungen zur Agilulfplatte. Festschr. J. Jahn (1958) 61 ff. H.; Holmqvist, Christliche Kunst und germanische Ornamentik. Not. Scavi ser. 8, 22,1968, 349ff.366. 74 Perlkränze: im Aufbau - rundes Innenfeld mit feiner Perlrahmung, darum Kranz aus großen Buckeln ist eine italisch-byzantinische Scheibenfibel aus Nocera Umbra (Taf. 45, 2) die beste Parallele. Werner, Die Langobardischen Fibeln aus Italien (1950) Taf. 44 C 39. Vgl. auch den Buckelkranz einer Scheibenfibel von Comacchio. Werner, Die byzantinischen Scheibenfibeln von Capua und ihre germanischen Verwandten. Acta Arch.

7, 1936, 57 ff. mit Abb. 2. - Bessere Abb. bei K. Wessel, Die byzantinische Emailkunst vom 5.-13. Jahrhundert (1967) 42 f. Nr. 4. Grobe Perl- und Buckelrahmungen sind seit der Spätantike im mediterranen Kunsthandwerk häufig verwendet worden. Beispiele bei Schlunk, Spätantike im Mittelmeerraum Taf. 27, 105; 29, 107. Arkadenmuster: daß mit der einfachen Rahmung aus aneinandergefügten Flachbögen tatsächlich Arkaden gemeint sind, zeigt eine spätantike Silberschale aus Kertsch (343 n. Chr.), Matzulewitsch, Byzantinische Antike Taf. 24. Gleichzeitige Analogien sind zahlreich. Auch stilistisch gut vergleichbar sind ein Armband mit dem Brustbild einer orans in arkadengerahmten Medaillon (Taf. 45, 6), Grabar, Zeitalter Justinians Abb. 372, ein scheibenförmiger Goldanhänger mit Perlkranz und Arkadenrand aus Konstantinopel (Taf. 45, 4), ROSS, Cat. DOC 2 Taf. 26, 32. Auch an Gürtelschnallen und -beschlagen sind entsprechende Lösungen bekannt: ROSS, Cat. DOC 2 Taf. 10, 4 F; 35, 44. Gute Beispiele für Arkadenrahmungen an Arbeiten der provinziellen Goldschmiedekunst sind auch die pannonischen Scheibenfibeln, etwa: J. Hampel, Altertümer des frühen Mittelalters in Ungarn 3 (1905) Taf. 170,1; Eurasia 9, 1934, 294 ff. Abb. 3; Taf. l, 1-2; A. Kiss, Janus Pannonius Müzeum Evkönyve 1965, 81 ff. Abb. 6-7. 9. 11. Die Herkunft des Motivs der „Theotokos" und von Details wie des steinbesetzten Buchs in der Hand des Christuskindes, des Fußkissens mit Rautenmusterung usw. braucht nicht eigens belegt zu werden. 75 Zu Panzerung und geknoteter Feldbinde: Werner, Ittenheim 16 Anm. 41 u. 43; Taf. 4, 2. - Lanze mit gerilltem Schaft: Silberamphore von Concesti. Matzulewitsch, Byzantinische Antike Abb. 44; Taf. 42 links. Tordierter Lanzenschaft: Barberini-Diptychon (Anastasius L). Volbach, Frühchristliche Kunst Abb. 219. Schirrung und Satteldecke: Werner, Ittenheim Abb. 4 u. Taf. 9, l (Missorium im Vatikan) mit Anm. 39. - Ungewöhnlich erscheint nur die von breiten Säumen ge-

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troffenen Schlange mit menschlichem Kopf, die sich schon auf Kaisermünzen des 5. Jahrhunderts findet76. Auf der anderen Seite zeigen Preßbleche wie Seengen, Cividale oder Pliezhausen77, wie das Motiv in germanischem Milieu umgesetzt wird und welche erheblichen Unterschiede sich dabei gegenüber der provinziell-byzantinischen Version des gleichen Themas ergeben78. Die Bedeutung der Hüfinger Reiterscheibe liegt nicht zuletzt darin, daß sich diese Unterschiede klarer als bisher an einem Stück herausstellen lassen, das nördlich der Alpen gefunden wurde, und zwar in einem Gebiet, in dem das Lanzenreitermotiv offenbar eine besondere Entwicklung ausgelöst hat79. So bleibt nur die Frage, ob Einzelheiten der Darstellung für eine Lokalisierung der Werkstatt ausreichen und damit die Hüfinger Scheiben zu den seltenen Zeugnissen provinzieller Bildkunst des iustinianischen Italien gezählt werden dürfen. Völlig unergiebig ist dabei das Bild des Reiters (Taf. 40,1), dessen Details überall nachzuweisen sind (vgl. Anm. 75). Wenig nur kann auch die auf dem Randstreifen eingeritzte Inschrift (Taf. 42, Mitte) weiterhelfen80. Sie ist zwar, obgleich vollständig, nicht mehr zu lesen81, doch beweist das G „in Capitalis", daß es sich um einen lateinisch geschriebenen Namen (?) handelt. Darin liegt zweifellos ein Hinweis auf Italien, wenn auch durch eine sekundär angebrachte Beschriftung der Herstellungsort nicht näher bestimmt wird, denn es ist recht unwahrscheinlich, in den Buchstaben G, I und N eine Meistersignatur zu sehen. Eher weist dieser flüchtig eingeritzte Grafitto auf einen früheren Besitzer, wohl einen höheren Offizier der italisch-byzantinischen Armee. Im militärischen Bereich hat diese Art der Kennzeichnung von Waffen und Gerät eine lange Tradition. Daß nur eine der beiden Scheiben eine solche Beschriftung trägt, könnte sogar als zusätzlicher Beweis für die ursprüngliche Zusammengehörigkeit gelten.

rahmte, nach unten ausgezackte Decke (?) über der Kruppe des Pferdes. Üblich ist ein breiter Schwanzriemen, z. T. mit Anhängern. Eine gute Analogie, wenn auch ohne den Zackenrand, bieten die Schildbeschläge von Stabio {Lanzenreiter). Dort zeigt die Punzierung des spitzovalen Feldes zwischen den beiden Randstreifen sehr deutlich, daß nicht etwa perspektivisch verzeichnete Schwanzriemen gemeint sind. In beiden Fällen - Hüfingen und Stabio - endet zudem die „Decke" eindeutig vor dem Schwanzansatz. Moosbrugger-Leu, Die Schweiz zur Merowingerzeit B (1971) Taf. 73, 5. Nach einem koptischen Stoff-Medaillon in Berlin kommt allerdings auch ein weiterer Riemen in Betracht, der vom rückwärtigen Rand des Sattels über den Pferderücken zum Schwanzansatz führt: IPEK. 12, 1938 Taf. 35, 1. Kreuzförmiger Anhänger: Reiterbild Justinians II. in Saloniki (G. Soteriou, Die Basilika des Heiligen Demetrios in Thessalonike [1952] Taf. 78). 76 Weigand, Zum Denkmälerkreis des Christogrammnimbus. Byzant. Zeitschr. 32,1932, 63 ff. 74 mit Anm. 4. - Vgl. auch Strzygowski, Der Silberschild von Kertsch Abb. auf S. 30 (Kaisermedaillon „Gloria Romanorum", im Abschnitt Mischwesen); Holmqvist, Kunstprobleme 115; Zu den Salomonamuletten mit Mischwesen: Besson, Lausanne 141 mit Abb. 81-83. 77 IPEK. 12, 1938 Taf. 47, 29-31. Gute Umzeichnungen von Seengen und Pliezhausen bei Paulsen, Niederstotzingen Abb. 80 u. 56. Zu Pliezhausen vgl. Helmblech von Sutton Hoo. R. Bruce-Mitford, The Sutton Hoo ship burial Abb. 7. Zur germanischen Umsetzung frem-

der Bildvorlagen: Dinklage, Eine Magierbrosche im Nationalmuseum Trient. Germania 26, 1942, 200 ff.; Zu Seengen als „germanische Abwandlung italisch-byzantinischer Pferdegeschirre": Werner, Ittenheim 26. Vgl. auch die Reiterfibel von Payerne-Pramey. Jahrb. SGU. 34,1943, 89 Taf. 15,1. 78 Wie wenig sich in diesem Milieu selbst über einen längeren Zeitraum hinweg die Behandlung des Reitermotivs ändert, zeigt eine gepreßte Silberscheibe des 9. Jahrhunderts aus Star£ Mestö-Spitälky. Pamdtky Arch. 46,1955, 337 Abb. 20. Gute Farbaufnahme bei W. Forman (Hrg.), Prav£k£ UmSni (1956) Taf. 19. 79 Die bisher bekannten Zierscheiben mit Lanzenreitermotiv (Bräunungen, Oberesslingen, Neftenbach) stammen alle aus dem alamannischen Siedlungsraum des 7. Jahrhunderts. H. Kühn, Die Reiterscheiben der Völkerwanderungszeit. IPEK. 12, 1938, 95 ff. Verbreitungskarte: 105; Lanzenreiter: 110; Kat. Nr. 25-27; Taf. 45-46. Vgl. auch D. Renner, Die durchbrochenen Zierscheiben der Merowingerzeit (1970) Taf. 31, 637-639 (Typ XII B). 80 Herrn Prof. B. Bischoff, Planegg, habe ich für freundlich gewährte Auskünfte zu dieser Inschrift zu danken. 81 Zur Inschrift gehört auch das merkwürdige, halbkreisförmige Zeichen mit Schrägstrich, das auf I folgt. Die größere Lücke vor dem N erklärt sich aus den an dieser Stelle eingelassenen Nieten, ein Hinweis darauf, daß die Beschriftung erst auf dem fertig montierten Stück angebracht wurde.

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Nicht viel mehr ergibt die Detailbetrachtung der zweiten Phalere (Taf. 40, 2), zumindest beim Anlegen eines strengen Maßstabes. Bemerkenswert erscheint zunächst die Rahmung der thronenden Muttergottes durch zwei zypressenartige Bäume, ein ikonographisch seltenes Motiv82, das aber in der Herkunftsfrage nicht weiterführt83. Eher schon könnte die lyraförmig geschwungene Rücken82 E. Kirschbaum (Hrg.), Lexikon der christlichen Ikonographie 4 (1972) s. v. „Zypresse" (J. Flemming). 88 Zur Ikonographie der Hüfinger Madonnenscheibe teilt Frau Dr. phil. habil. Johanna Flemming (Jena) dankenswerterweise folgendes mit: „Zwei Zypressen mit geneigten Wipfeln flankieren auf einer Zierscheibe aus Hüfingen die thronende Maria. Buchmalerei und Wandmalerei kennen das gleiche Bildthema. In den Pariser Homilien des Mönches Jakobus, Par. gr. 1218 fol. 66 v aus dem 12. Jahrhundert, sitzt Maria in einem Paradiesgarten, in dem einige Zypressen neben anderen Bäumen wachsen (dazu E. Guldan, Eva und Maria. Eine Antithese als Bildmotiv (1966) Abb. 10.) Die Schwesterhandschrift Cod. Vat. gr. 1162 enthält eine entsprechende Miniatur auf fol. 48 v {C. Stornajolo, Miniature delle omilie di Giacomo Monaco (1910) Taf. 19.) Noch die spätmittelalterliche Wandmalerei an der Südfassade der Kirche von Humor in Rumänien zeigt die thronende Gottesmutter mit vielen Engeln und Heiligen in einer paradiesischen Landschaft, die durch Zypressen angedeutet ist