Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen als staatliche Aufgabe: Eine verfassungsrechtliche Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der aktuellen Fraktionsgesetzgebung [1 ed.] 9783428491940, 9783428091942

Der Autor befaßt sich mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben einer staatlichen Finanzierung der Parlamentsfraktionen un

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Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen als staatliche Aufgabe: Eine verfassungsrechtliche Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der aktuellen Fraktionsgesetzgebung [1 ed.]
 9783428491940, 9783428091942

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Beiträge zum Parlamentsrecht Band 41

Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen als staatliche Aufgabe Eine verfassungsrechtliche Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der aktuellen Fraktionsgesetzgebung

Von

Georg Christoph Schneider

Duncker & Humblot · Berlin

GEORG CHRISTOPH SCHNEIDER

Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen als staatliche Aufgabe

Beiträge zum Parlamentsrecht Herausgegeben von Werner Kaltefleiter, Ulrich Karpen, Wolfgang Zeh in Verbindung mit Peter Badura, Wolfgang Heyde, Joachim Linck Georg-Berndt Oschatz, Hans-Peter Schneider Uwe Thaysen

Band 41

Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen als staatliche Aufgabe Eine verfassungsrechtliche Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der aktuellen Fraktionsgesetzgebung

Von

Georg Christoph Schneider

Duncker & Humblot * Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Schneider, Georg Christoph: Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen als staatliche Aufgabe : eine verfassungsrechtliche Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der aktuellen Fraktionsgesetzgebung / von Georg Christoph Schneider. - Berlin : Duncker und Humblot, 1997 (Beiträge zum Parlamentsrecht; Bd. 41) Zugl.: Mainz, Univ., Diss., 1997 ISBN 3-428-09194-9

D 77 Alle Rechte vorbehalten © 1997 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-6674 ISBN 3-428-09194-9 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 ©

Vorwort Der Anlaß für die vorliegende Untersuchung war die Anfang der neunziger Jahre zwischen den Rechnungshöfen, den Parlamentsverwaltungen und den Fraktionen in aller Heftigkeit aufgebrochene Kontroverse um die Existenz und die Reichweite eines Prüfungsrechts der Rechnungshöfe über die Fraktionsfinanzen. In der Öffentlichkeit und in der wissenschaftlichen Diskussion wurde das Fehlen einer wirksamen Kontrolle als weiterer Beleg für das gegen die Rechtsstaatlichkeit der Politikfinanzierung insgesamt gehegte Mißtrauen gewertet, ohne daß allerdings der Bedeutung der Fraktionen für die Qualität der parlamentarischen Arbeit und der sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Art und Weise ihrer Finanzierung ausreichend Rechnung getragen worden wäre. Auch nachdem die Finanzausstattung der Fraktionen im Bund und den Ländern durch den Erlaß sogenannter Fraktionsgesetze auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt worden ist, bestehen die verfassungsrechtlichen Differenzen uneingeschränkt fort. Es war daher das Anliegen dieser Untersuchung, durch eine Aufbereitung der verfassungsrechtlichen Vorgaben, denen eine staatliche Finanzierung der Fraktionen mit öffentlichen Geldern unterliegt, einen Beitrag zur Versachlichung der Auseinandersetzung und gegen die vielbeschriebene Politikverdrossenheit zu leisten. Die Arbeit wurde im Wintersemester 1996/97 von dem Fachbereich Rechtsund Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz als Dissertation angenommen. Der Stand der Gesetzgebung, der Rechtsprechung und der Literatur konnte bis September 1996 berücksichtigt werden. Die Bearbeitung der Thematik in der vorliegenden Form war nur aufgrund der mir von Seiten der Parlamentsverwaltungen, der Fraktionen und der Rechnungshöfe gewährten umfangreichen Auskünfte und Anregungen möglich. Für diese Unterstützung möchte ich mich auf diesem Weg herzlich bedanken. Mein aufrichtiger Dank gilt daneben meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Christoph Trzaskalik, der die Arbeit betreut und insbesondere durch die stets in aller Klarheit geäußerte Kritik in ihrem Fortgang wesentlich gefordert hat. Herrn Professor Dr. Walter Rudolf danke ich für die Erstellung des Zweitgutachtens. Die Arbeit ist meinen Eltern gewidmet. München, im Mai 1997 Georg Christoph Schneider

Inhaltsverzeichnis Einleitung

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A. Die Fraktion I.

Definition der Fraktion

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II. Stellung und Bedeutung der Fraktionen innerhalb des parlamentarischen Systems 1. Die Rolle der Fraktionen in der parlamentarischen Arbeit 2. Die Beziehung der Fraktionen zu ihren Mitgliedern 3. Das Verhältnis von Fraktion und Partei 4. Die Bedeutung der Fraktionen für die Öffentlichkeit III. Arbeitsweise der Fraktionen

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B. Verfassungsrechtliche Vorgaben einer staatlichen Finanzierung der Parlamentsfraktionen I.

Der Untersuchungsgegenstand 1. Die Finanzierung der Fraktionstätigkeit als staatliche Aufgabe 2. Notwendigkeit einer verfassungsrechtlichen Legitimation der parlamentsrechtlichen Anerkennung der Fraktionen und ihrer Finanzierung 3. Die Rechtslage nach den Bestimmungen der Landesverfassungen von Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und SachsenAnhalt

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II. Verfassungsrechtliche Positionierung der Fraktionen innerhalb des parlamentarischen Systems des Grundgesetzes 1. Verfassungsrechtliche Legitimation der Fraktionen aus ihrer Beziehung zu den politischen Parteien a) Der Fraktionsstatus als verfassungsrechtlicher Ausdruck einer Mittlerfunktion der Fraktionen zwischen den Parteien und dem staatsorganschaftlichen Bereich b) Die verfassungssystematisch gebotene Zuordnung der Parteien, der Abgeordneten und der Fraktionen nach dem Grundgesetz 2. Verfassungsrechtliche Legitimation der Fraktionen aus dem Status ihrer Mitglieder

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nsverzeichnis a) Ansätze zur Begründung einer verfassungsrechtlichen Verankerung der Fraktionen in Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG b) Die verfassungssystematisch gebotene Zuordnung von Abgeordnetenund Fraktionsstatus aa) Die funktionale Unterschiedlichkeit der Rechte der Abgeordneten und der Rechte der Fraktionen bb) Die Fraktion als parlamentsrechtliches aliud neben den Abgeordneten 3. Verfassungsrechtliche Legitimation der Fraktionen als Einrichtungen zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Parlamente a) Grundproblematik der parlamentarischen Willensbildung und Entscheidungsfindung im allgemeinen b) Verfassungsrechtliche Anerkennung der Fraktionen aufgrund ihrer Bedeutung für den parlamentarischen Willensbildungsprozeß c) Vereinbarkeit eines aus Gründen der Funktionsfähigkeit der Parlamente anerkannten Fraktionsstatus mit dem Status der Abgeordneten aa) Das Abgeordnetenmandat in der Entscheidung über die Ausgestaltung des parlamentarischen Verfahrens bb) Der Fraktionsstatus und die Gewährleistung des Repräsentationsprinzips durch das Recht zur Fraktionsbildung cc) Der Fraktionsstatus und das Gebot der Gleichheit der Abgeordneten

III. Ergebnis 1. Das durch das Verfassungsrecht gezeichnete Bild der Fraktionen 2. Übertragung auf den Bereich der Fraktions- und Politikfinanzierung a) Die öffentlichen und damit finanzierungsfähigen Aufgaben der Fraktionen aa) Beschreibung im allgemeinen bb) Zur Auslegung der landesverfassungsrechtlichen Bestimmungen in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, SachsenAnhalt und Rheinland-Pfalz cc) Die Regelungen in den Fraktionsgesetzen b) Der verfassungsrechtliche Finanzierungsanspruch der Fraktionen c) Der Umfang und die Grenzen des Finanzierungsanpruchs

C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung mit der Rechtsstellung und dem Finanzierungsanspruch der Fraktionen I.

Legitimation der Parlamente zur Entscheidung über die Fraktionsfinanzierung 1. Allgemeine Kritik an der Ausgestaltung der Fraktionsfinanzierung aufgrund ihrer Klassifizierung als parlamentarische „Entscheidung in eigener Sache" 2. Relativierung der unter dem Gesichtspunkt der „Selbstbetroffenheit" geäußerten Kritik 3. Verlagerung der Entscheidungszuständigkeit vom Parlament auf eine unabhängige Kommission

II. Die Modalitäten der Mittelbereitstellung

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nsverzeichnis 1. Zulässigkeit einer Bereitstellung der finanziellen Leistungen in einem Globalbetrag a) Die Ableitung der Forderung nach einer verbindlichen Spezifizierung aufgrund der Einordnung der Zahlungen als Haushaltsmittel eines Staatsorgans b) Interpretation vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Status der Fraktionen aa) Rechtsstellung der Fraktionen gegenüber den Parlamenten und ihr Verhältnis zum Staat bb) Konsequenzen für eine Zuweisung staatlicher Mittel an die Fraktionen c) Die Pauschalierung als eine der Fraktionsautonomie gerecht werdende Finanzierungsform aa) Die verfassungsrechtliche Grundlage der Fraktionsautonomie bb) Die Bedeutung der Fraktionsautonomie für die parlamentarische Entscheidung über die Finanzausstattung der Fraktionen 2. Die Bemessung der Leistungen a) Die Prognoseentscheidung der Parlamente über die Finanzausstattung der Fraktionen b) Die Finanzierungsstruktur aa) Die Unterteilung in Grundbetrag, Steigerungsbetrag und Oppositionszuschlag bb) Die Zulässigkeit des gesonderten Ausweises eines Oppositionszuschlags (1) Zur Frage eines eigenständigen Rechtsstatus der Opposition.... (2) Rechtfertigung durch eine gesonderte Bemessung des Aufwands der Oppositionsfraktionen b) Zur Geltung einer absoluten Obergrenze aa) Die auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Parteienfinanzierung gestützte Forderung nach einer gesetzlichen Plafondierung bb) Die Möglichkeit einer Begrenzung der parlamentarischen Bewilligungsfreiheit in Anlehnung an die Parteienfinanzierungsrechtsprechung 3. Notwendigkeit einer konkreten Festsetzung der Leistungen durch Gesetz a) Zur Geltung eines speziellen Gesetzesvorbehalts aa) Die Ableitung des Gesetzesvorbehalts aus einem besonderem Transparenzgebot bei Entscheidungen in eigener Sache bb) Stellungnahme (1) Die Würdigung der Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts im „Diätenurteil 1975" für die Entscheidung über die Festsetzung der Fraktionsfinanzierung (2) Die unterschiedliche Gewährleistung der Transparenz bei einer Mittelfestsetzung durch Gesetz oder im Haushalt b) Durch die Rechtsstellung der Fraktionen indizierte Begründung eines rechtsverbindlichen Finanzierungsanpruchs durch Gesetz III. Die Mittelverwendung durch die Fraktionen

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nsverzeichnis

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1. Die allgemeine Zweckbindung der Mittelverwendung an die Erfüllung parlamentarischer Aufgaben 150 a) Die gebotene Abgrenzung zum Bereich der Aufgaben der Parteien und der Abgeordneten 151 b) Erstreckung der Zweckbindung auch auf nichtstaatliche Einnahmen der Fraktionen 155 2. Die Zulässigkeit einzelner gesetzlicher Aufgabenbeschreibungen sowie einer zweckentsprechenden Mittel Verwendung 156 a) „Unterstützung ihrer Mitglieder" 156 b) „Unterrichtung der Öffentlichkeit" 161 aa) Die Zuordnung der Öffentlichkeitsarbeit zu den fraktionsspezifischen Aufgaben 162 bb) Zulässige Formen der Öffentlichkeitsarbeit und ihre Grenzen 164 cc) „Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Tätigkeit... ihrer Mitglieder" 167 c) „Zusammenarbeit mit Fraktionen anderer Parlamente" 168 aa) Die allgemeine Zuordnung zu den fraktionsspezifischen Aufgaben. ..168 bb) „Unterstützung der parlamentarischen Arbeit in den neuen Ländern"... 171 3. Die Art und Weise der Mittelverwendung 172 a) Die Anwendbarkeit der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit 172 b) Rücklagenbildung und Rückerstattung staatlicher Leistungen 176 IV. Die Kontrolle der Mittelverwendung 1. Buchführungs-, Inventarisierungs- und öffentliche Rechnungslegungspflichten 2. Die Rechnungsprüfung durch die Rechnungshöfe a) Die Begründung des Prüfauftrags in den Fraktionsgesetzen b) Der Prüfungsinhalt

180 180 183 183 186

Schlußbetrachtung

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Literaturverzeichnis

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Materialien

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Abkürzungsverzeichnis a.A. a.F. Abs. AbgG AK AktZ Anm. AO AöR ArbG Art. Aufl. BAbgG BAG Bay BayVBl. Bbg Bd. BGH BGBl. BHO BK Bl. Bin BMinG Bre bspw. BT Buchst. BVerfG BVerfGE BVerfGG BW BWahlG CDU CSU ders. DGG

anderer Ansicht alte Fassung Absatz Abgeordnetengesetz Alternativkommentar Aktenzeichen Anmerkung Arbeitsordnung Archiv des öffentlichen Rechts Arbeitsgericht Artikel Auflage Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages Bundesarbeitsgericht Bayern Bayrische Verwaltungsblätter Brandenburg Band Bundesgerichtshof Bundesgesetzblatt Bundeshaushaltsordnung Bonner Kommentar Blatt Berlin Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Bundesregierung Bremen beispielsweise Bundestag Buchstabe Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverfassungsgerichtsgesetz Baden-Württemberg Bundeswahlgesetz Christlich-Demokratische Union Christlich-Soziale Union derselbe Deutsche Gesellschaft für Gesetzgebung

12 Diss. DM DÖV Drs. DuR DVB1. EP f ff F. A.Z. F.D.P. FN FraktG GG GO GVB1. Habil. HdBStR Hess HessStGH HGrG HH HP Hrsg. i.V.m. JA JöR JZ Kap. KHR KJ KritV LHO LT LVerf M/D/H/S Mio. m.E. MV NJW Nr. NRW NS NVwZ NWVB1. OVG ParlStG PartG

Abkürzungsverzeichnis Dissertation Deutsche Mark Die Öffentliche Verwaltung Drucksache Demokratie und Recht Deutsches Verwaltungsblatt Einzelplan folgende (Seite) folgende (Seiten) Frankfurter Allgemeine Zeitung Freie Demokratische Partei Fußnote Fraktionsgesetz Grundgesetz Geschäftsordnung Gesetz- und Verordnungsblatt Habilitation Handbuch des Staatsrechts Hessen Hessischer Staatsgerichtshof Haushaltsgrundsätzegesetz Hamburg Haushaltsplan Herausgeber in Verbindung mit Juristische Arbeitsblätter Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Juristenzeitung Kapitel Kommentar zum Haushaltsrecht Kritische Justiz Kritische Vierteljahresschrift Landeshaushaltsordnung Landtag Landesverfassung Maunz/Dürig/Herzog/Scholz Million meines Erachteris Mecklenburg-Vorpommern Neue Juristische Wochenschrift Nummer Nordrhein-Westfalen Niedersachsen Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter Oberverwaltungsgericht Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Parlamentarischen Staatssekretäre Gesetz über die politischen Parteien

Abkürzungsverzeichnis RN RP S. SA Saar Sachs SächsVBl. SH StGH Thür ThürVBl. Tz. u.a. V.

VG v.H. VB1BW Verf VerfGH VerwArch Vgl. Vorl.W WdStRL VwGO VwVfG z.B. Ziff. zit. ZG ZParl ZPO ZRP

Randnummer Rheinland-Pfalz Seite Sachsen-Anhalt Saarland Sachsen Sächsische Verwaltungsblätter Schleswig-Holstein Staatsgerichtshof Thüringen Thüringische Verwaltungsblätter Teilziffer unter anderem von / vom Verwaltungsgericht vom Hundert Verwaltungsblätter von Baden-Württemberg Verfassung Verfassungsgerichtshof Verwaltungsarchiv vergleiche Vorläufige Verwaltungsvorschrift zur Bundeshaushaltsordnung Veröffentlichungen der Vereinigung deutscher Staatsrechtslehrer Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz zum Beispiel Ziffer zitiert Zeitschrift für Gesetzgebung Zeitschrift für Parlamentsfragen Zivilprozeßordnung Zeitschrift für Rechtspolitik

Einleitung Die um die staatliche Finanzierung der Parlamentsfraktionen geführte Auseinandersetzung ist ein Spiegelbild der unterschiedlichen Vorstellungen, die in Hinblick auf die verfassungsrechtliche Anerkennung des Wirkens der Fraktionen innerhalb der Staatsorganisation anzutreffen sind. Gleichzeitig wird die öffentliche Diskussion um die Fraktionsfinanzierung von der ihr als Teil der Politikfinanzierung entgegengebrachten Skepsis geprägt. Vor allem das in der wissenschaftlichen Literatur 1 und den Medien 2 nachdrücklich herausgestellte Bild einer ständig unkontrolliert anwachsenden finanziellen Ausstattung der Fraktionen 3 in Verbindung mit dem Umstand, daß die Parlamente selbst über die finanzielle Ausstattung der Fraktionen entscheiden, haben zu Zweifeln an einer ordungsgemäßen und angemessenen Bewilligung und Verwendung der öffentlichen Gelder geführt. Die allgemeine Kritik leidet dabei unter dem Mangel, daß sie sich nicht ausreichend darüber im klaren scheint, aus welchem Grunde die Arbeit der Fraktionen überhaupt mit öffentlichen Mitteln gefördert werden darf. Wie zu zeigen sein wird, genügt es insofern nicht, auf die Feststellung des Bundesverfassungsgerichts im Parteienfinanzierungsurteil aus dem Jahre 19664 Bezug zu nehmen, nach der die Fraktionen als Gliederungen des Bundestags in die organisierte Staatlichkeit eingefügt seien und ihnen deshalb Zuschüsse gewährt werden könnten5. Nur wenn geklärt ist, in welcher Form es den Fraktionen gestattet ist, ihre mitunter als „eigentliches Macht- und Entscheidungszentrum" 6 innerhalb des parlamentarischen Systems bezeichnete Position wahrzunehmen, lassen sich 1 Vgl. etwa von Arnim, Finanzierung der Fraktionen, S. 8 ff.; Mardini, S. 13 ff.; Hans Meyer, Fraktionsgesetze, S. 88 f. 2 Vgl. etwa die F.A.Z.V. 31.08.1993, S. 12; Stern v. 30.05.1996, S. 174 ff. 3 Um eine Illustration der Größenordnungen zu vermitteln, kann auf die Berechnung von Arnims (von Arnim, Finanzierung der Fraktionen, S. 10) hingewiesen werden, nach der die Fraktionen im Jahre 1992 im Bund und den Ländern zusammen etwa 232 Mio. DM an finanziellen Leistungen aus öffentlichen Mitteln erhielten und damit den von der Parteienfinanzierungskommission 1993 (BT-Drs. 12/4425, Tabelle 21, S. 74) für die Parteien ermittelten jährlichen Durchschnittswert der Jahre 1989 bis 1992 von 230 Mio. DM leicht übertrafen. 4 BVerfGE 20, 56,106. 5 So aber Annette Fischer, S. 177; Jekewitz, RuP 1985, 34, 35; HöIscheidt, SächsVBl. 1994, 169, 170; Hubert Meyer, S. 380; Morlok y JZ 1989, 1035, 1045; Schönberger, S. 196; Tiemann, Geleitwort in: von Arnim, Finanzierung der Fraktionen, S. V. 6 Hamm-Brücher, Abgeordneter und Fraktion, § 22 RN 40, S. 688.

Einleitung

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Maßstäbe für die Zulässigkeit der Bereitstellung öffentlicher Mittel zugunsten der Fraktionen, deren Verwendung und letztlich für die Kontrolle ihrer Verwendung etwa durch die Rechnungshöfe ableiten. Die Arbeit will insofern den Versuch unternehmen, eine einem modernen Demokratieverständnis entsprechende Bewertung des Status der Fraktionen im Kernbereich der politischen Willensbildung in Abgrenzung zur Rechtsstellung der Regierung, der Parlamente, der einzelnen Abgeordneten, der Parteien und der sonstigen außerparlamentarischen Kräften vorzunehmen, um damit die verfassungsrechtliche Grundlage für die staatliche Entscheidung über eine Finanzierung der Parlamentsfraktionen aufzubereiten. Die Bildung von Fraktionen, sofern man in einem ganz allgemeinen Sinne darunter jeden Zusammenschluß sich organisierender Abgeordneter eines Parlaments versteht, ist dem Parlamentarismus immanent und kann auch in Deutschland bereits mit Beginn des Frühkonstitutionalismus nachgewiesen werden 7. Erforderlich wird es jedoch sein, ihre Rechtsstellung vor dem Hintergrund des Bedeutungswandels, den die Parlamente innerhalb der Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland bis heute erfahren haben, und der gesteigerten Anforderungen, die die zunehmende Politikverflechtung und Regelungskomplexität an die Problemlösungsfähigkeit der Parlamente stellt, neu zu interpretieren. Die Unbedenklichkeit einer staatlichen Finanzierung der Fraktionen ist dabei nicht allein aus Gründen eines legitimen Umgangs mit den öffentlichen Geldern von Interesse. Von verfassungsrechtlich und verfassungspolitisch weit größerem Gewicht ist die Frage, ob die rechtliche Ausgestaltung der Fraktionsfinanzierung sich mit dem den Fraktionen innerhalb der parlamentarischen Demokratie zukommenden Status vereinbaren läßt. Ohne auf die Berechtigung der den Fraktionen im einzelnen bereitgestellten konkreten Beträge einzugehen, soll daher anhand der zu entwickelnden verfassungsrechtlichen Vorgaben die derzeitige Rechtsgrundlage für die Finanzausstattung der Fraktionen näher beleuchtet werden. Besondere Berücksichtigung werden dabei die - beginnend mit dem Bayerischen Fraktionsgesetz vom März 1992 - im Bund und nahezu in sämtlichen Ländern erlassenen einfachgesetzlichen Bestimmungen zur Rechtsstellung und zur Finanzierung der Fraktionen 8 finden.

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Vgl. etwa die eingehende Darstellung bei Graf von Westphalen, S. 76 ff.; Hagelstein , S. 8 ff.; Hauenschild , S. 21 ff.; Kramer , S. 41 ff. 8 Die gesetzlichen Regelungen sind teilweise wie im Bund, Niedersachsen, MecklenburgVorpommern und Thüringen als Bestandteil der Abgeordnetengesetze und im übrigen als selbständige Gesetze getroffen worden. Soweit in der weiteren Arbeit von den „Fraktionsgesetzen" die Rede ist, wird dieser Begriff einheitlich fiir sämtliche einfachgesetzlichen Bestimmungen über die Rechtsstellung und Finanzierung der Fraktionen gebraucht werden.

A. Die Fraktion Bevor auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben einer staatlichen Finanzierung der Fraktionen eingegangen werden kann, ist es erforderlich, sich zunächst zu vergegenwärtigen, in welchem tatsächlichen Kontext die staatliche Entscheidung über eine Finanzausstattung der Fraktionen zu treffen ist.

I. Definition der Fraktion Der Begriff der „Fraktion" wird üblicherweise als Bezeichnung für einen Zusammenschluß von Abgeordneten gebraucht. Eine präzise und einheitliche Definition, was unter einer Fraktion zu verstehen ist, läßt sich im deutschen Parlamentsrecht allerdings nicht finden. Der Gehalt des Fraktionsbegriffs bestimmt sich daher nach einer Zusammenschau verschiedener Faktoren wie der Voraussetzungen, die das Parlamentsrecht im einzelnen für die Bildung einer Fraktion festlegt sowie welche Rechtsstellung und welche Aufgaben den Fraktionen zugewiesen werden. In Hinblick auf die Thematik der Arbeit kann dabei der Aspekt, welche parlamentsrechtliche Hürden - etwa in Form der Festlegung einer Fraktionsmindeststärke oder der an die politische Homogenität der Mitglieder gestellten Anforderungen 1 - ein Zusammenschluß für seine parlamentsrechtliche Anerkennung zu überwinden hat, ausgeklammert werden. Für die Frage der Zulässigkeit einer staatlichen Finanzierung der Fraktionen steht im Vordergrund, wie der Status eines Zusammenschlusses von Abgeordneten, der innerhalb eines Parlaments als Fraktion gilt, in Einklang mit der Verfassungsordnung definiert werden kann. Das Grundgesetz erwähnt lediglich im Zusammenhang mit der Zusammensetzung des Gemeinsamen Ausschusses nach Art. 53 a Abs. 1 S. 2 die Fraktionen. Aus der Tatsache, daß sich die Verfassung des Fraktionsbegriffs bedient, wird jedoch erkennbar, daß sie deren Existenz voraussetzt2. Das Fehlen einer ausdrücklichen grundgesetzlichen Regelung hat zur Folge, daß die Fraktionen in Rechtsprechung, Wissenschaft und parlamentarischer

Vgl. die allgemeine Darstellung bei Demmler, S. 210 bis 244. Hauenschild, S. 15 f.; Schönberger, S. 27; Zeh, HdbStR II, § 42 RN 1, S. 392. 2 Schneider

A. Die Fraktion

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Praxis in unterschiedlichster Art und Weise charakterisiert werden. Das Bundesverfassungsgericht spricht u.a. von „notwendigen Einrichtungen des Verfassungslebens"3 oder „ständigen Gliederungen des Bundestages"4. In der Literatur werden die Fraktionen u.a. als „Repräsentanten ihrer Partei" 5, als „Partei im Parlament" 6, als „Teil ihrer Partei" 7 oder als „eigenständige, demokratisch legitimierte Repräsentation im parteienstaatlichen parlamentarischen System"8 bezeichnet. In eine andere Richtung weisen die Definitionsversuche, die die Fraktionen als „eigenständigen Zusammenschluß, der Rechte und Pflichten allein von den angeschlossenen Mitgliedern herleitet" 9, als „die auf Dauer der Legislaturperiode angelegte Vereinigung gleichgesinnter Abgeordneter, die sich in bestimmter institutionalisierter und organisierter Weise die Vorbereitung und Durchsetzung politischer Zielsetzungen zur Aufgabe machen" 10 , als „Zusammenschluß von Abgeordneten grundsätzlich derselben Partei im Parlament" 11 oder als „Abgeordnete mit im wesentlichen übereinstimmender politischer Überzeugung" 12 ansehen. Nachdem noch bis vor wenigen Jahren auch in den Landesverfassungen die Fraktionen ebenso wie im Grundgesetz allenfalls im Zusammenhang mit der Zuweisung einzelner Funktionen oder der Absicherung des Rechts der Abgeordneten zur Fraktionsbildung Erwähnung gefunden hatten, haben nunmehr die Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt die besondere Stellung und Bedeutung der Fraktionen für die politische Willensbildung in Verfassungsbestimmungen ausdrücklich anerkannt und ansatzweise beschrieben 1314 . 3

BVerfGE 2,143,160; 20, 56, 104; 43,142,147; 70, 324, 350; 84, 304, 322. BVerfGE 20, 56, 104; 43, 142, 147; 62, 194, 202; 70, 324, 350; 80, 188, 231. Badura, BK, Art. 38 RN 18,70; Hauenschild, S. 142,187; Röper, ZParl 15 (1984), 7,12; Stern, Bd. I, § 23 I 2 b), S. 810. 6 Birk, NJW 1988, 2521; Dellmann, DÖV 1976, 153, 154; Henke, S. 145; Untertitel bei Kretschmer, Fraktionen; ders., Das Parlament Nr. 22-23 v. 22./29.05.1992, Bl. 10. 7 Borchers AöR 102 (1977), 210, 231. 8 Jekewitz, Bundestagsfraktionen, § 37 RN 52, S. 1047. 9 Moecke, DÖV 1966,162,163. 10 Linck, DÖV 1975, 689, 692. 11 Parteienfinanzierungskommission 1993, BT-Drs. 12/4425, S. 33. 12 Achterberg, Parlamentsrecht, S. 274; ders., JA 1984, S. 9. 13 Eine Ergänzung des Grundgesetzes um eine Verfassungsbestimmung über die Fraktionen, wie es ein Antrag der SPD-Mitglieder in der Gemeinsamen Verfassungskommission v. 11.02.1993 (abgedruckt im Bericht der Gemeinsamen Verfassungskommission, BT-Drs. 12/6000, S. 12) sowie der Vorschlag der Parteienfinanzierungskommission 1993 (BT-Drs. 12/4425, S. 36) anstrebten, führte bisher zu keiner parlamentarischen Initiative im Deutschen Bundestag. 14 Die Landesverfassungen von Niedersachsen, Sachsen und Thüringen erwähnen ebenfalls die Fraktionen. Die Verfassungsbestimmungen beschränken sich jedoch auf eine verfassungsrechtliche Absicherung der Voraussetzungen zur Fraktionsbildung, Art. 19 Abs. 1 Verf NS, Art. 46 Abs. 2 Verf Sachs, Art. 58 Verf Thür, und des Rechts der Oppositionsfraktionen auf Chancengleichheit sowie eines Anspruchs auf eine zur Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben erforderlichen Ausstattung, Art. 19 Abs. 2 Verf NS, Art. 59 Abs. 2 Verf Thür. 4

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I. Definition der Fraktion

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Art. 27 Abs. 2 S. 1 der Verfassung von Berlin: „Die Fraktionen nehmen unmittelbar Verfassungsaufgaben wahr, indem sie mit eigenen Rechten und Pflichten als selbständige und unabhängige Gliederungen der Volksvertretung an deren Arbeit mitwirken und die parlamentarische Willensbildung unterstützen."

Art. 67 Abs. 1 S. 2 der Verfassung für die Mark Brandenburg: „Sie wirken mit eigenen Rechten und Pflichten als selbständige und unabhängige Gliederungen an der Arbeit des Landtags mit und unterstützen die parlamentarische Willensbildung."

Art. 25 Abs. 2 S. 2 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern: „Sie wirken mit eigenen Rechten und Pflichten bei der parlamentarischen Willensbildung mit."

Art. 85 a Abs. 2 S. 1 der Verfassung für Rheinland-Pfalz: „Die Fraktionen wirken insbesondere durch die Koordination der parlamentarischen Tätigkeit an der Erfüllung der Aufgaben des Landtags mit."

Art. 47 Abs. 2 S. 2 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt: „Sie wirken mit eigenen Rechten und Pflichten an seiner (des Landtags) Arbeit mit und unterstützen die parlamentarische Willensbildung."

Daneben ist es im Bund und nahezu in sämtlichen Ländern zur Verabschiedung von gesetzlichen Regelungen zur Rechtsstellung und zur Finanzierung der Fraktionen gekommen 1516 . Der entscheidende Auslöser für diese Aktivitä-

15 Bund: Sechzehntes Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes (Fraktionsgesetz) v. 11.03.1994, BGBl. 1994, S. 526; Bayern: Gesetz zur Rechtstellung und Finanzierung der Fraktionen im Bayrischen Landtag v. 26.03.1992, Bay-GVBl. 1992, S. 39; Baden-Württemberg: Gesetz über die Rechtsstellung und Finanzierung der Fraktionen im Baden-Württembergischen Landtag v. 18.12.1994, BW-GVB1. 1994, S. 639; Berlin: Gesetz über die Rechtsstellung der Fraktionen des Abgeordnetenhauses von Berlin vom 08.12.1993, Bln-GVBl. 1993, S. 591; Brandenburg: Gesetz über die Rechtsstellung und Finanzierung der Fraktionen im Landtag Brandenburg v. 29.03.1994, Bbg-GVBl. 1994, S. 85; Bremen: Gesetz zur Änderung des Bremischen Abgeordnetengesetzes und des Senatsgesetzes v. 20.07.1994, Bre-GVBl. 1994, S. 195; Hamburg: Fraktionsgesetz v. 20.06.1996, HH-GVB1.1996, S. 24; Hessen: Gesetz über die Rechtsstellung und Finanzierung der Fraktionen im Hessischen Landtag v 05.04.1993, Hess-GVBl. S. 106; Niedersachsen: Änderung des Niedersächsichen Abgeordnetengesetzes v. 30.11.1992, NS-GVB1. 1992, S.311; Mecklenburg-Vorpommern: Sechstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern v. 16.07.1993, MV-GVB1. 1993, S.679; Rheinland-Pfalz: Landesgesetz zur Rechtsstellung und Finanzierung der Fraktionen vom 21.12.1993, RP-GVB1.1993, S. 642; Sachsen-Anhalt: Gesetz über die Rechtsstellung und die Finanzierung der Fraktionen im Landtag von Sachsen-Anhalt vom 05.11.1992, SA-GVB1. 1992, S.768; Schleswig-Holstein: Gesetz über die Rechtsstellung und Finanzierung der Fraktionen im Schleswig-Holsteinischen Landtag v. 18.12.1994, SH-GVB1.1995, S. 4; Thüringen: Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Abgeordneten des Thüringer Landtags (Thüringer Abgeordnetengesetz) v. 16.03.1995,Thür-GVBl. 1995,S. 128. 16 Lediglich in Nordrhein-Westfalen, im Saarland und in Sachsen ist es bisher nicht zu einer entsprechenden gesetzlichen Neuregelung gekommen. Im Saarland liegt allerdings mittlerweile der Entwurf eines Gesetzes zur Rechtsstellung und Finanzierung der Fraktionen des Landtags des Saarlandes der SPD-, der CDU- und der Bündnis 90/Die Grünen-Landtagsfraktion v. 16.09.1996, SaarDrs. 11/856, vor.

A. Die Fraktion

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ten des Verfassungsgesetzgebers und des einfachen Gesetzgebers waren die Ausfuhrungen des Bundesverfassungsgerichts im sogenannten „WüppesahlUrteil" aus dem Jahre 1989. Insbesondere die Feststellungen zum Prüfungsauftrag des Bundesrechnungshofs über die Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwendung der Fraktionszuschüsse17 hat die seit geraumer Zeit schwelende Kontroverse 18 über die Grundlage und die Reichweite des Prüfungsrechts der Rechnungshöfe erneut aufleben lassen19. Dies hat - auch in Reaktion auf die bereits erwähnte öffentliche Kritik am Finanzgebaren der Fraktionen - in der Mehrzahl der deutschen Parlamente zu Bestrebungen geführt, zur Verbesserung der Rechtsklarheit und der Transparenz die Finanzierung der Fraktionen auf eine rechtlich normierte Grundlage zu stellen. Ausgangspunkt sämtlicher gesetzgeberischen Initiativen war ein durch die Direktoren der deutschen Landesparlamente erarbeiteter und auf der Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Landesparlamente am 11. Mai 1992 in Homburg/Saar beschlossener Mustergesetzentwurf. Der gemeinsame Ursprung der Gesetze hat zu einer inhaltlich vergleichbaren Strukturierung der Fraktionsgesetze geführt, die durchweg zumindest dem Grunde nach einen Finanzierungsanspruch der Fraktionen, eingebettet in ein Regelwerk über Status, Aufgaben, Haushaltsund Wirtschaftsführung, Rechnungslegung und Rechnungsprüfung, gesetzlich begründen. Die Rechtsstellung der Fraktionen wird danach überwiegend wie in § 46 Abs. 1 BAbgG definiert. Dort heißt es: „Die Fraktionen sind rechtsfähige Vereinigungen von Abgeordneten im Deutschen Bundestag."

Andere Fraktionsgesetze sprechen davon, die Fraktionen seien „mit eigenen Rechten und Pflichten ausgestattete Vereinigungen im20/des 21... (Parlamentsbezeichnung)" oder „als ständige und unabhängige Gliederungen des ... (Parlamentsbezeichnung) notwendige Einrichtungen des Verfassungslebens"22.

Daneben beschreiben die Fraktionsgesetze die Aufgaben der Fraktionen in ähnlich allgemeiner Weise wie die Verfassungsbestimmungen dahingehend, daß diese „der politischen Willensbildung im ... (Parlamentsbezeichnung) dienen und ihren Mitgliedern helfen, ihre parlamentarische Tätigkeit auszuüben

17

BVerfGE 80,188,214. Die Auseinandersetzung hat - wie die folgenden Beispiele belegen - ihren Niederschlag sogar in der Tagespresse gefunden: „Rechnungshöfe pochen auf Prüfungsrecht", Stuttgarter Zeitung v. 06.06.1984; „Prüfungsrecht auch über Landtagsfraktionen", Handelsblatt v. 24.02.1989. 19 Vgl. etwa Dieckmann, DÖV 1992, 893, 897; Müller, NJW 1990,2047; Landesrechnungshof Schleswig-Holstein, Bemerkungen 1992, Tz. 9.2, S. 58; Landesrechnungshof Bremen, Jahresbericht 1990 v. 29.08.1990, Bre-Drs. 12/951, S. 15 RN 44. 20 Vgl. etwa Art. 1 Abs. 1 S. 1 FraktG Bay; § 30 Abs. 1. S. 2 AbgG NS. 21 Vgl. etwa § 1 Abs. 1 FraktG Bbg; § 51 Abs. 2 AbgG MV; § 1 Abs. 2 FraktG SA. 22 Vgl. etwa § 1 Abs. 2 FraktG BW; § 2 Abs. 1 FraktG Bln. 18

II. Stellung und Bedeutung der Fraktionen

21

und zur Verfolgung gemeinsamer Ziele aufeinander abzustimmen"23 oder „an der Erfüllung der Aufgaben des ... (Parlamentsbezeichung) mitwirken" 24 . Ob und inwieweit die Regelungen zur Rechtsstellung und zu den Aufgaben der Fraktionen ihrer verfassungsrechtlichen Stellung und ihrer Bedeutung für den parlamentarischen Alltag gerecht werden, wird im Laufe der Untersuchung als eine der Vorfragen für die Zulässigkeit einer staatlichen Fraktionsfinanzierung herauszuarbeiten sein.

II. Stellung und Bedeutung der Fraktionen innerhalb des parlamentarischen Systems Für die Fraktionen ist kennzeichnend, daß sie in einem vielfältigen Beziehungsgeflecht zu den übrigen an der parlamentarischen Willensbildung Beteiligten stehen, wie zum Beispiel zu den einzelnen Abgeordneten, dem Parlament, seinen Organen und sonstigen Gremien, der Regierung, den Parteien oder der Öffentlichkeit 25 . Teilweise fungieren die Fraktionen zwischen diesen als Bindeglied, teilweise polarisieren sie durch die Artikulation abweichender Positionen.

1. Die Rolle der Fraktionen in der parlamentarischen Arbeit Die Bedeutung und die Arbeitsweise der Fraktionen sind in der deutschen Parlamentsgeschichte einem permanenten Wandel unterlegen, der sich, bedingt durch die Notwendigkeit einer Organisation der parlamentarischen Willensbildung, stets entsprechend den Gegebenheiten der jeweiligen Verfassungsordnung und der politischen Wirklichkeit vollzogen hat. Waren die Fraktionen zur Zeit der Frankfurter Paulskirche im Jahre 1848 nur lose Vereinigungen von Abgeordneten, die zur Absprache ihres parlamentarischen Handelns in Klubs außerhalb des Parlaments zusammenkamen26, so hat ihre Bedeutung bis heute

23

§1 Art. 2 S. 2 Mustergesetzentwurf der Präsidentenkonferenz 1992; Art.l Abs.l S.2, 3 FraktG Bay; § 1 Abs. 2 S. 2 bis 4 FraktG BW; § 30 Abs. 2 S. 1,2 AbgG NS; § 1 Abs. 1 S. 2 FraktG Hess. Bemerkenswerterweise fehlt im Abschnitt VI des Abgeordnetengesetzes von MecklenburgVorpommern über die „Rechtsstellung und Leistungen an die Fraktionen" eine entsprechende Bestimmung gänzlich. 24 § 47 Abs. 1 BAbgG; § 1 Abs. 1 S. 2 FraktG Bbg; § 38 Abs. 1 AbgG Bre; § 3 Abs. 1 FraktG SH. 25 Vgl. BVerfGE 70, 324, 374; Kretschmer, Fraktionen, S. 30; ders., Willensbildung, S. 290; Rösslein, S. 125; Scherer, AöR 112 (1987), 189; Zeh, HdbStR II, § 42 RN 8, S. 335. 26 Huben Bd. II, S. 607, 613 f.; Kramer, S. 74; Zeh, Parlamentarismus, S. 49.

22

A. Die Fraktion

wesentlich zugenommen und die Bezeichnung der Parlamente der Bundesrepublik Deutschland als „Fraktionenparlamente" 27 geprägt. Innerhalb der repräsentativen Demokratie der Bundesrepublik Deutschland kommt den Parlamenten die Legislativ-, die Kreations-, die Kontroll- und die Öffentlichkeitsfunktion zu 28 . Unterschiedliche Faktoren wie die Komplexität sozialer und wirtschaftlicher Problemstellungen, der Wandel hin zur schnellebigen Informationsgesellschaft sowie die zunehmende internationale Verflechtung stellen an eine in politischer Vielfalt zusammengesetzten Volksvertretung bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben hohe Anforderungen. Würden die Abgeordneten im Parlament individuell agieren, wäre weder das Parlament in der Lage, die Fülle seiner Aufgaben zu bewältigen, noch der einzelne Mandatsträger fähig, alle regelungsbedürftigen Materien zu überblicken und dementsprechende parlamentarische Initiativen vorzubereiten 29. Deutlich tritt dieses Problem bei der Kontrolle der Exekutive zu Tage. Das Parlament in seiner Gesamtheit wie auch die einzelnen Abgeordneten sind außerstande, sämtliche mit Unterstützung einer differenziert arbeitenden Ministerialbürokratie getroffenen Entscheidungen und Initiativen der Exekutive zu erfassen und zu reflektieren. U m dem entgegenzuwirken, hat sich im deutschen Parlamentarismus ein in zweierlei Hinsicht arbeitsteilig strukturiertes parlamentarisches Verfahren herausgebildet. Während die Ausschüsse als „verkleinertes Abbild des Plenums" 30 und demnach politisch heterogenes, aber fachlich spezialisiertes „vorbereitendes Beschlußorgan" 31 der Effizienz der parlamentarischen Arbeit innerhalb des parlamentarischen Verfahrens dienen, tragen die Fraktionen in dessen Vorfeld durch die Integration der politischen Positionen der jeweiligen Fraktionsmitglieder zu handlungs-, verständigungs- und entscheidungsfähigen Einheiten 32 wesentlich zur Arbeitsfähigkeit des Parlaments bei. Das Geschäftsverfahren der Parlamente räumt den Fraktionen aus diesem Grunde eine Sonderstellung ein. So führten im Bund die Parlamentsreformen der Jahre 1969 und insbesondere 1980, die eine Verbesserung des Arbeitsablaufs und der Bewältigung der in ihrer Zahl stark gewachsenen Vorlagen im Plenum anstrebten, zu einer verstärkten Ausrichtung des parlamentarischen Arbeitsablaufs auf die Fraktionen 33.

27 Hamm-Brücher, Abgeordneter und Fraktion, § 22 RN 38, S. 687; Kretschmer, Das Parlament Nr. 21-22 v. 22./29.05.1992, Bl. 11; Steffani, ZParl 12 (1981), 591. 28 Altmeier, S. 65; Klein, HdbStR II, § 40 RN 13, S. 349; Stern, Bd. II, § 26 II 2 a), S. 47. 29 Linck, in: Linck/Jutzi/Hopfe, ThürLV, Art. 38 RN 2; Magiera, Parlament, S. 645. 30 So die plastische und gleichzeitig die verfassungsrechtliche Anforderung an die politische Zusammensetzung der Parlamentsausschüsse aufzeigende Formulierung des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 80, 188, 222. 31 Vgl. § 62 Abs. 2 S. 2 GO BT. 32 BVerfGE 10,4,14; 38,258,273 f.; 80,188, 231. 33 Schüttemeyer, S. 128; Hamm-Brücher, Abgeordneter und Fraktion, § 22 RN 38 f., S. 687; Kretschmer, Fraktionen, S. 29; Ismayr, S. 38.

II. Stellung und Bedeutung der Fraktionen

23

Rechtlich hat dies darin seinen Niederschlag gefunden, daß den Fraktionen zumeist in den Geschäftordnungen festgelegte - Antrags- und Mitwirkungsrechte eingeräumt werden, deren Ausübung entweder ausschließlich an den Fraktionsstatus geknüpft oder einer Gruppe von Abgeordneten in Fraktionsstärke zugewiesen ist. Elementar ist vor allem das Recht der Fraktionen, über die Besetzung parlamentarischer Gremien zu entscheiden. Insofern bestimmen die Fraktionen entsprechend ihres größenabhängigen Stellenanteils über die Zusammensetzung des Ältestenrats, der Fachausschüsse, der Enquete-Kommissionen, der Untersuchungsausschüsse oder des Wahlprüfungsausschusses und - von Sonderregelungen abgesehen - die Besetzung der Positionen der Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden dieser Gremien 34. Besonderes Gewicht kommt dieser Befugnis insbesondere wegen der zentralen Stellung von Ältestenrat und Fachausschüssen innerhalb der parlamentarischen Arbeit zu. Nach den Geschäftsordnungen ist es die Aufgabe des Ältestenrates, den Präsidenten bei der Führung seiner Geschäfte zu unterstützen 35. Dazu gehört u.a. das Aufstellen von Arbeitsplänen, die Festlegung der Tagesordnung und der Reihenfolge sowie der Redezeiten der Abgeordneten und der Fraktionen. Obwohl der Ältestenrat grundsätzlich keine Zuständigkeit besitzt, sich mit Beratungsgegenständen der Sache nach zu befassen oder gar hierüber Beschlüsse zu fassen 36, ist mit der ihm obliegenden Aufgabe, eine Verständigung zwischen den Fraktionen über den Ablauf des parlamentarischen Verfahrens herbeizuführen, ein erheblicher Einfluß auf die konkrete Umsetzung von Politik verbunden 37. Ähnlich verhält es sich mit den Ausschüssen. Trotz ihrer Eigenschaft als vorbereitende Beschlußorgane, § 62 Abs. 1 S. 2 GO BT, haben ihre Beschlußempfehlungen aufgrund der grundsätzlich gleichen Mehrheitsverhältnisse in den Ausschüssen wie im Plenum bereits vorentscheidenden Charakter 38. Demgegenüber erscheint die - rechtlich notwendige - Beschlußfassung im Plenum häufig nur noch als formaler Akt, der im Zusammenhang mit der parlamentarischen Beratung neben der demokratischen Legitimierung in erster Linie der

34 Für den Bund: § 6 i.V.m. § 12; § 57 Abs. 2 i.V.m. § 12; § 56 Abs. 2; § 55 Abs. 3 GO BT; § 3 Abs. 2 BWahlprüfungsG. Vgl. für die Länder bspw. §§ 63 Abs. 2, 71 Abs. 1; § 70; § 82 Abs. 1, 3; § 88 Abs. 4 GOLT RP. In Brandenburg und in Rheinland-Pfalz ist das Recht der Fraktionen, mit mindestens einem Mitglied in jedem Ausschuß vertreten zu sein, sogar verfassungsrechtlich abgesichert, Art. 70 Abs. 2 S. 2 Verf Bbg, Art. 91 Verf RP. 35 Vgl. etwa § 6 Abs. 2 S. 1 GO BT. 36 Troßmann, Parlamentsrecht, § 10 RN 4.4. 37 Kretschmer, Willensbildung, S. 296. 38 Di Fabio, Der Staat Bd. 29 (1990), 599; 604; Ismayr, S. 184; in BVerfGE 80, 188, 221 weist das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich darauf hin, daß die Ausschüsse einen Teil des Entscheidungsprozesses vorwegnehmen.

24

A. Die Fraktion

Darstellung gegenüber der Öffentlichkeit dient 39 . Aufgrund der Möglichkeit der Fraktionen, über ihre Mitglieder Einfluß auf diese Gremien auszuüben, sind sie danach imstande, den Parlamentsbetrieb in seinem Verfahren und seinem Inhalt entscheidend zu steuern. Weiterhin sind den Fraktionen umfassende Verfahrensrechte eingeräumt, mit deren Hilfe sie die parlamentarische Arbeit unmittelbar mitgestalten können. Hierzu gehört vor allen Dingen das Recht der Fraktionen, Gesetzentwürfe und andere Initiativen, wie zum Beispiel Änderungs- und Entschließungsanträge, einzubringen. Ähnliches gilt für die Möglichkeit, durch das Verlangen, die Schlußabstimmung auszusetzen, das Stellen eines Antrags auf Vertagung der Beratung oder der Sitzung des Bundestags das Gesetzgebungsverfahren zu beeinflussen 40. Wieder andere parlamentarische Befugnisse gestatten den Fraktionen die Wahrnehmung der parlamentarischen Kontrollfunktion 41 . Dazu gehört das Recht, Große Anfragen einzubringen, die Herbeirufung eines Regierungsmitglieds zu beantragen, die Durchführung einer Aktuellen Stunde zu verlangen 42 . Ebenfalls den Kontrollrechten zuzuordnen sind das Entsendungsrecht der Fraktionen in den Wahlprüfungsausschuß, § 3 Abs. 2 WahlprüfungsG 43, oder in einen Untersuchungsausschuß, § 55 Abs. 2 GO BT 4 4 . Eine bloße Aufzählung dieser allgemein normierten Initiativ- und Beteiligungsrechte vermittelt jedoch ein unvollständiges Bild von der wirklichen Bedeutung der Fraktionen für die Parlamente. Aufgrund der Ausrichtung des parlamentarischen Verfahrens auf die Fraktionen ist dem einzelnen Abgeordneten eine effektive Wahrnehmung seines Mandats im wesentlichen nur als Fraktionsmitglied möglich. Folge davon ist, daß im allgemeinen alle Mandatsträger die Mitgliedschaft in einer Fraktion anstreben. Solange die fraktionelle Geschlossenheit gewahrt bleibt, wird die Zahl der Akteure im Parlament wesentlich verringert und die parlamentarische Arbeit gestrafft. Voraussetzung dafür ist, daß eine innerfraktionelle Zusammenführung der Fraktionsmitglieder zu einer Arbeits- und Aktionseinheit erreicht wird. Dieser der unmittelbaren parlamentarischen Willensbildung in den Ausschüssen und dem Plenum zeitlich vorgelagerte und das parlamentarische Verfahren durch eine permanente Rück-

39 Klein, HdbStR II, § 40 RN 9, S. 346; Schütt-Wetschky, Aus Politik und Zeitgeschehen B 21-22 1991, 15,18. 40 Für den Bund: §§ 75 Abs. 1 a, 76 Abs. 1; 79; 85 Abs. 1; 86; §§ 25 Abs. 2, 26 GO BT. 41 Zum Ursprung der Kontrollfunktion: Stern, Bd. I, § 22 II 5 e, S. 973 ff. 42 Für den Bund: §§ 75 Abs. 1 f., 100,101; § 42; § 106 GO BT i.V.m. Anlage 5 zur GO BT. Vgl. für die Länder beispielsweise § 89 Abs. 1; § 98 Abs. 1 GOLT RP. 43 Vgl. für die Länder beispielsweise § 2 LandeswahlprüfungsG RP. 44 Für die Länder beispielsweise Art. 91 Abs. 1 S. 2 Verf RP i.V.m. § 4 UntersuchungsausschußG RP.

II. Stellung und Bedeutung der Fraktionen

25

kopplung der Fraktionsmitglieder zur Fraktion ständig begleitende Prozeß der Koordination 45 ist für die Parlamente von elementarer Bedeutung.

2. Die Beziehung der Fraktionen zu ihren Mitgliedern Die Mandatsausübung eines fraktionslosen und eines fraktionsgebundenen Abgeordneten unterscheiden sich wesentlich. A u f den ersten Blick wird dies nach außen dadurch erkennbar, daß der Abgeordnete durch eine Entscheidung seiner Fraktion Sitz und Stimme im Ausschuß oder im Ältestenrat erlangt, §§57 Abs. 2, 6 i.V.m. § 12 GO BT. Nur über ein Engagement in einer Fraktion kann er an der Ausübung der ausschließlich den Fraktionen vorbehaltenen parlamentarischen Kompetenzen mitwirken und die Hilfestellungen des Fraktionsapparates, zum Beispiel in Form der Bereitstellung umfassender politisch aufgearbeiteter Informationen, in Anspruch nehmen. Darüber hinaus organisiert die Fraktion ihre Aktivitäten aus Gründen der Effektivität arbeitsteilig. Dadurch entwickelt sich der Abgeordnete im Rahmen der von ihm betreuten Themenkomplexe zum Spezialisten. Dies gilt sowohl für die innerfraktionelle Willensbildung als auch für die im Parlament, wenn der Abgeordnete beispielsweise in den Ausschüssen oder in den Parlamentsdebatten für die Fraktion auftritt 46 . Für den Abgeordneten hat die Fraktionsmitgliedschaft daher zur Folge, daß er gezwungen ist, die eigene parlamentarische Tätigkeit mit Parlamentariern grundsätzlich gleicher politischer Zielrichtung abzustimmen. Die Fraktionszugehörigkeit verpflichtet ihm gegenüber den übrigen Fraktionsmitgliedern zu einer kollegialen Mandatsausübung. Ist er mit einem Sachgebiet nicht betraut, verzichtet er im allgemeinen zugunsten der Fraktion auf eine eigenständige Einwirkung auf die Parlamentsgeschäfte. A u f den parlamentarischen Entscheidungsprozeß nimmt der Abgeordnete auf diese Weise nicht mehr dadurch Einfluß, daß er seinen politischen Standpunkt im Parlament eigenständig umzusetzen versucht, sondern er konzentriert sich auf eine Durchsetzung seines politischen Willens gegenüber den Fraktionskollegen innerhalb der Fraktion. Die für eine erfolgreiche Zusammenarbeit der Fraktionsmitglieder notwendige Herstellung eines einheitlichen Fraktionswillens verlangt daher von den einzelnen Abgeordneten ein hohes Maß an Kompromiß- und Integrationsfähigkeit. Eine geradezu natürliche Konsequenz dieser Notwendigkeit ist, daß der Einzelne seiner politischen Position nur in Relativität zu den Vorstellungen der übrigen Fraktionskollegen Geltung zu verschaffen vermag. Dem Verlust an 45

Fensch, ZRP 1993, 209, 210; Ismayr, S. 31 \Moecke, DÖV 1966, 162, 165; Schönberger,

S. 119. 46

Ismayr, S. 37, 40; Schütt-Wetschky,

Aus Politik und Zeitgeschehen B 21-22 1991,15, 20.

A. Die Fraktion

26

uneingeschränkter parlamentarischer Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit des Abgeordneten, der sein Mandat als Mitglied einer Fraktion ausübt, steht als Kompensation gegenüber, daß er über das Medium der Fraktion auch in Beratungs- und Entscheidungsvorgänge hineinzuwirken vermag, mit denen er persönlich nicht befaßt ist oder mit denen er sich beispielsweise mangels Zeit oder Sachkompetenz nicht befassen kann 47 . Dem faktischen Verzicht auf ein individuelles Auftreten im parlamentarischen Prozeß steht damit ein Gewinn an die über die Fraktion vermittelten Beteiligungsmöglichkeiten gegenüber 48. Gleichzeitig partizipiert der Abgeordnete als Fraktionsmitglied am politischen Gewicht, das den Fraktionen durch die aus den Vorberatungen gebildete einheitliche Position der Fraktionsmitglieder zukommt, und damit an den den Fraktionen im Geschäftsverfahren eingeräumten parlamentarischen Vorrechten. Für die Fraktionsmitglieder stellt sich danach ihr Engagement in der und für die Fraktion neben der Tätigkeit im Plenum oder sonstigen parlamentarischen Gremien als eine zusätzliche Ebene der parlamentarischen Arbeit in Wahrnehmung ihres Mandats dar 49 . Insgesamt erzielt der Abgeordnete regelmäßig durch seine Mitwirkung in einer Fraktion eine höhere Effektivität seiner Mandatsausübung und erhöht seine politische Durchsetzungsfähigkeit.

3. Das Verhältnis von Fraktion und Partei Über die beschriebene innerorganschaftliche Sonderstellung bei der Gestaltung des Arbeitsablaufs und der Willensbildung innerhalb des Parlaments hinaus wird den Fraktionen eine zweite elementare Funktion als Mittlerin für den in den Parteien stattfindenden Willensbildung zur staatlichen Ebene zugeschrieben (sog. Doppelfunktionalität) 50 . Das im Bund praktizierte personalisierte Verhältniswahlrecht mit Sperrklausel, § 6 Abs. 6 BWahlG, und das nach Ansicht vieler bestehende faktische Monopol der Parteien auf die politische Willensbildung 51 führen dazu, daß die Abgeordneten in aller Regel als Exponenten einer Partei in die Volksvertretung

47

Hoheheide ZParl 25 (1994), 353, 355. Vgl. Rösslein, S. 135. 49 Vgl. Mahrenholz, Sondervotum BVerfGE 70, 324,374. 50 VerfG Brandenburg, DÖV 1995, 377, 378; Claus Arndt, Fraktion, S. 653 f.; Jäger, S. 136; Mardini, S. 109; Hubert Meyer, S.391; Trute, Jura 1990, 184, 189; Zeh, Parlamentarismus, S. 90; Mahrenholz, Sondervotum BVerfGE 70, 324, 374, bezeichnet die Fraktion als „Scharnier" zwischen Abgeordnetem und Partei. 51 Ulimann, S. 143. 48

II. Stellung und Bedeutung der Fraktionen

27

gelangen52. Als Folge der daraus erwachsenden parteipolitischen und parteienrechtlichen 53 Bindungen der Abgeordneten vollziehen sich die Fraktionsbildungen im Parlament gewöhnlich korrespondierend zu den Parteizugehörigkeiten ihrer Mitglieder. Regelmäßig werden die Namen der Parteien auch in die Bezeichnung der entsprechenden Fraktionen aufgenommen. So deutet bereits das äußere Bild auf eine enge Verknüpfung von Partei und Fraktion, das durch die in aller Regel anzutreffende weitgehende Personalunion von Partei- und Fraktionsspitze noch verstärkt wird 54 . Trotz der bereits erwähnten Klassifizierung der Fraktionen durch das Schrifttum als „Repräsentanten ihrer Partei", „Parteien im Parlament" oder „Teil ihrer Partei" und trotz des Einflusses der „Parteienstaatslehre", die Partei und Fraktion verfassungsrechtlich als Einheit behandelt55, werden diese nach mittlerweile allgemeiner Meinung als rechtlich getrennte Einheiten angesehen 56 . Dennoch ist die politische Wirklichkeit aufgrund des gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnisses von Partei und Fraktion durch deren Wechselspiel geprägt. Dabei ist zu beachten, daß das Begriffspaar „Partei-Fraktion" nicht allein bipolar zu verstehen ist, sondern daß sich im Föderalismus der Bundesrepublik Deutschland Parteien und Fraktionen des Bundes und der Länder in Abhängigkeit vom jeweiligen politischen Verhandlungs- und Entscheidungsgegenstand wechselseitig gegenüberstehen. Grundsätzlich ist es das Ziel von Partei und Fraktion, ihre jeweiligen politischen Vorstellungen durchzusetzen. Insofern entspricht es der systemimmanenten Rollenverteilung, daß die im gesellschaftlichen Bereich wirkende Partei eher ihrer programmatischen Linie treu ist, während die im Parlament wirkende Fraktion zur Durchsetzung ihrer politischen Vorstellungen auf die Abstimmung mit den übrigen parlamentarischen Kräften angewiesen ist. Daher ist es ein natürliches Bestreben der Parteien, deren Erfolg die Öffentlichkeit letzlich an der Umsetzung parteipolitischer Positionen durch ihre Mandatsträger mißt, soweit als möglich ihrer programmatischen Linie über die Fraktionen innerhalb 52 Jekewitz, Bundestagsfraktionen, § 37 RN 37, S.1037; Klein, HdbStR II, § 41 RN 4, S. 370; Leibholz, Repräsentativer Parlamentarismus, S. 353. 53 Vgl. § 12 Nr. 3 des Statuts der CDU-Bundespartei und § 7 Nr. 3 der Satzung des CDULandesverbandes RP, die einen Nichtbeitritt der gewählten CDU-Kandidaten zur entsprechenden CDU-Fraktion ausdrücklich als parteischädigendes Verhalten bezeichnen. 54 Mitglieder einer Fraktion üben teilweise kraft Amtes, das heißt ohne Wahl, durch die Satzungen vorgesehene Funktionen in der Parteiorganisation aus - sogenannte ex-officio-Mitglieder. Siehe beispielsweise die Mitgliedschaft der Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen im Bundesvorstand der Parteien: § 33 Abs. 1 Nr. 2 CDU-Bundessatzung; § 19 Abs. 1 F.D.P.-Bundessatzung. Nach § 28 Abs. 1 Nr. 2 Buchst, d) des Organisationsstatuts der SPD-Bundespartei ist der Fraktionsvorsitzende zugleich beratendes Mitglied des Parteirates. 55 Leibholz, Repräsentativer Parlamentarismus, S. 352. Näher dazu im Kapitel B.II. 1 .a. 56 Anstelle vieler Badura, BK, Art. 38 RN 73; Hauenschild, S. 143; Kretschmer, Fraktionen, S. 153 f. Näheres zur rechtlichen Klärung dieser Frage im Kapitel „Verfassungsrechtliche Legitimation der Fraktionen aus ihrer Beziehung zu den politischen Parteien", B.II.l.

28

A. Die Fraktion

der staatlichen Willensbildung Geltung zu verschaffen 57. In welcher Form sich zu diesem Zweck eine Zusammenarbeit von Partei und Fraktion ergibt und ob die Fraktion dabei als Entscheidungszentrum gegenüber der Partei fungiert 58 oder als deren Erfüllungsgehilfe erscheint 59, ist innerhalb eines konkreten Entscheidungsprozesses von vielfältigen Einflußfaktoren wie der Bedeutung, der Dringlichkeit, der Komplexität, der Öffentlichkeitswirksamkeit und nicht zuletzt der Autorität und der politischen Durchsetzungsfahigkeit der im einzelnen beteiligten Repräsentanten von Partei und Fraktion abhängig60.

4. Die Bedeutung der Fraktionen für die Öffentlichkeit Entsprechend der wachsenden Ausrichtung der parlamentarischen Arbeit auf die Fraktionen erscheinen diese auch in den Augen der Öffentlichkeit zunehmend als die entscheidenden Akteure innerhalb des parlamentarischen Willensbildungsprozesses. Im wesentlichen sind es die Fraktionen, die in den Parlamenten die unterschiedlichen Positionen etwa bei der Beratung von Gesetzesinitiativen im Plenum des Parlaments oder im Rahmen der Ausschußarbeit artikulieren. Dementsprechend sorgen sie auch mehr und mehr an Stelle der einzelnen Parlamentsmitglieder oder des Parlaments selbst für die Transparenz des parlamentarischen Entscheidungsprozesses. Sie nehmen an der öffentlichen Meinungsbildung teil und werden verstärkt zum Anlaufpunkt außerparlamentarischer Bemühungen von Verbänden oder anderen gesellschaftlichen Gruppen, um auf die Legislative Einfluß zu nehmen61. Diese Entwicklung wurde nicht zuletzt ermöglicht und gefordert durch einen in den letzten Jahren verstärkt aufgebauten Apparat zur Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen 62.

57 Nach § 29 Abs. 1 des Statuts der CDU-Bundespartei sollen Beschlüsse des Bundesparteitags als Grundlage für die Arbeit der CDU-Fraktionen im Bund und den Ländern sogar „verbindlich" sein. 58 Vgl. Ismayr, S. 42 f., der auf den Einfluß der zunehmenden programmatischen und konzeptionellen Entwurfsarbeit durch den Fraktionsapparat für die Parteizentralen aufmerksam macht und als Beispiel die Arbeit der SPD-Parteikommission „Fortschritt 90" nennt. 59 So die Unterscheidung bei Kretschmer, Fraktionen, S. 154. 60 Henke spricht insofern plastisch vom Gleichgewicht der politischen Kultur zwischen der Loyalität des Abgeordneten gegenüber Fraktion und Partei und der Unabhängigkeit nach Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG in umgekehrter Richtung, BK, Art. 21 RN 129. 61 Rössiein, S. 126. 62 Im Haushaltsjahr 1995 wurden nach den gemäß § 52 Abs. 2 BAbgG veröffentlichten Einnahme- und Ausgaberechnungen im Deutschen Bundestag an „Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit" von der CDU/CSU-Fraktion 2,06 Mio. DM (das entspricht 5,2 v.H. des gesamten Fraktionsetats), von der SPD-Fraktion 1,12 Mio. DM (2,86 v.H.), von der F.D.P.-Fraktion 1,49 Mio. DM (10,78 v.H.) und von der Bündnis 90/Die Grünen-Fraktion 0,97 Mio. DM (7,35 v.H.) geleistet, BT-Drs. 13/5473. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, daß dabei der entsprechende Personalkostenanteil nicht berücksichtigt ist.

III. Arbeitsweise der Fraktionen

29

Hl. Arbeitsweise der Fraktionen Wie die einzelnen Fraktionen die ihnen eingeräumten Möglichkeiten zur Mitwirkung an der parlamentarischen Arbeit nutzen, hängt im wesentlichen von ihren politischen Zielsetzungen und ihrem Selbstverständnis ab. Die konkrete Arbeitsweise der Fraktionen wird insofern von ihrer personellen Größe und daneben vor allem durch die Einordnung ihrer politischen Rolle als sogenannte Regierungs- oder Oppositionsfraktion geprägend 63. Das von einer Fraktion beabsichtigte Auftreten innerhalb des parlamentarischen Verfahrens hat dabei maßgeblichen Einfluß auf die Organisation ihrer innerfraktionellen Willensbildung. Die aktive Teilnahme am parlamentarischen Willensbildungsprozeß verlangt von den Fraktionen, eine politische Position zu sämtlichen Fragen zu entwickeln, mit denen sich das Parlament befaßt oder mit denen sich das Parlament nach dem Willen einer Fraktion zukünftig befassen soll. Bevor aber ein Fraktionsmitglied in der Lage ist, einen Standpunkt als Position der Fraktion innerhalb des Plenums zu artikulieren oder über die Ausschüsse in das parlamentarische Verfahren einzuführen, bedarf es innerhalb der Personenmehrheit „Fraktion" der Herbeiführung eines Konsenses zwischen den Fraktionsmitgliedern. Dies erfordert eine differenzierte Innenorganisation. Insbesondere in den mitgliederstarken Fraktionen ist - gleich der Situation im Parlament - eine unmittelbare Beratung zwischen sämtlichen Fraktionsmitgliedern nicht möglich 64 . Die Fraktionen haben daher aufgrund ihres allein durch die Verfassung und insbesondere die Parlamentsautonomie begrenzten Selbstorganisationsrechts 65 eine Binnenstruktur herausgebildet, deren Grundzüge in Fraktionsgeschäftsordnungen niedergelegt sind. Im wesentlichen enthalten diese Vorschriften über die Besetzung sowie die Rechte und Pflichten der drei wesentlichen organisatorischen Ebenen einer jeden innerfraktionellen Willensbildung: Fraktionsversammlung, Fraktionsvorstand und Arbeitsgremien 66. Faktisch wird die eigentliche politische Arbeit der Fraktionen in den Arbeitsgruppen oder Arbeitskreisen geleistet67, welche die Fraktionen regelmäßig korrespondierend zu den Fachausschüssen, Enquete-Kommissionen, Untersu63 Dazu näher unten im Zusammenhang mit der Darstellung zur „Zulässigkeit des gesonderten Ausweises eines Oppositionszuschlags", Kapitel C.II.2.a)bb). 64 Ellwein/Hesse, S.25\. 65 Stern, Bd. I, § 23 12 f., S. 1029. 66 Zum Ganzen Demmler, S. 172; Sylvia Kürschner, S. 80 ff. 67 Ursprünglich unterhielten die beiden großen Bundestagsfraktionen der CDU/CSU und der SPD ein zweistufiges System von Arbeitsgremien. Während die Arbeitsgruppen in ihren Aufgabengebieten den einzelnen Bundesministerien sowie den zugehörigen Fachausschüssen nachgebildet waren, diente die Ebene der Arbeitskreise der Koordination der Tätigkeit in den Arbeitsgruppen. Mit Beginn der 9. Wahlperiode wurde von der CDU/CSU-Fraktion und mit der Wahl von Hans-Ulrich Klose im November 1991 zum Fraktionsvorsitzender auch in der SPD-Fraktion die Koordinationsebene der Arbeitskreise abgeschafft, Ismayr, S. 87 ff., 91,151.

A. Die Fraktion

30

chungsausschüssen und Ministerien eingerichtet haben. Ihre Aufgabe ist es, die parlamentarische Arbeit der Gesamtfraktion inhaltlich vorzubereiten und der Fraktion damit ein politisches Urteil zu ermöglichen 68. Aufgrund ihrer geringeren Mitgliederzahl unterhalten kleinere Fraktionen weniger und daher die Zuständigkeit mehrerer Ausschüsse umfassende Arbeitskreise. Der einzelne Abgeordnete ist in diesem Fall gezwungen, breiter gefächerte Politikfelder abzudecken69. Im Einzelfall werden von den Fraktionen je nach ihrer politischen Ausrichtung zusätzliche Arbeitsgremien zur Betreuung von Themen mit übergreifendem politischen Interesse ins Leben gerufen 70. Mitunter veranstalten die Fraktionen auch Diskussionsforen und öffentliche Anhörungen - sogenannte Hearings - zu aktuellen oder zukunftsorientierten Problemstellungen, um möglichst frühzeitig über eine Resonanz von Verbänden, Vollzugsbehörden, Wissenschaftlern oder Interessengruppen für ihre parlamentarische Willensbildung zu verfügen. Gleichzeitig kann eine Fraktion auf diese Weise Informationen über die Akzeptanz parlamentarischer Entscheidungen gewinnen und ihr Problembewußtsein nach außen dokumentieren, ohne daß dies bereits unmittelbar seinen Niederschlag in der parlamentarischen Willensbildung findet 71 . Der Fraktionsvorstand als zentrales Leitungsorgan koordiniert die Arbeit der Arbeitskreise beziehungsweise -gruppen und führt die Geschäfte der Fraktion 72 . Endpunkt der fraktionsinternen Willensbildung ist die Entscheidung in der Fraktionsversammlung. Trotz der weitgehenden Vorformung dieser Entscheidung durch die Arbeitsgremien kommt der Fraktionsversammlung die alleinige Beschlußkompetenz über das von der Fraktion später im Parlament beabsichtigte Verhalten zu 73 . U m das ständige Anwachsen ihrer Aufgaben bewältigen zu können, haben die Fraktionen zum Teil umfangreiche Fraktionsverwaltungen aufgebaut, deren Struktur ebenfalls durch die Größe einer Fraktion und des Parlaments sowie durch die aktuellen politischen Anforderungen bestimmt wird 74 . Neben einem rein technischen Verwaltungsapparat, der sich u.a. aus einem Fahrdienst, Boten und Schreibkräften zusammensetzt, unterhalten die Fraktionen eigene Presse-

68

Ellwein/Hesse,

S. 252; Schütt-Wetschky,

Aus Politik und Zeitgeschehen B 21-22 1991,

15, 20 f. 69

Ismayr, S. 96. So zum Beispiel die „Querschnittsgruppen" der SPD-Bundestagsfraktion zur „Einheit Deutschlands" und der „Gleichstellung von Mann und Frau" in der 12. Wahlperiode, Ismayr, S. 151. 71 Ismayr, S. 485 f. 72 Kretschmer, Fraktionen, S. 113 ff.; ders., Willensbildung, S. 291. 73 Kretschmer, Willensbildung, S. 291; Schütt-Wetschky, Aus Politik und Zeitgeschehen B21-22 1991,15,20. 74 Engels, in: Graf von Westphalen, S. 246; Jekewitz, Bundestagsfraktionen, § 37 RN 58, S. 1048 f. 70

III. Arbeitsweise der Fraktionen

31

stellen und Fraktionshilfsdienste, in denen wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt sind, die dem Fraktionsvorstand und den einzelnen Arbeitsgremien zuarbeiten 75. Von der konkreten Arbeitsweise einer Fraktion ebenfalls mitbestimmt ist, inwieweit sie die ihr von der Parlamentsverwaltung bereitgestellte Infrastruktur wie Räumlichkeiten, Telekommunikationsmöglichkeiten oder einen Gesetzgebungsdienst zur Vorbereitung von parlamentarischen Initiativen oder zur Erstellung von Rechtsgutachten in Anspruch nimmt. Vielfältige Faktoren beeinflussen die Entscheidung der Fraktionen, bei der Erfüllung ihrer Aufgaben im Einzelfall auf Dienstleistungen der Parlamentsverwaltungen zurückzugreifen. Dabei spielt neben dem politischen Bezug der konkreten Aufgabe und der diesbezüglich in den einzelnen Parlamenten unterschiedlich vorhandenen personellen und fachlichen Kapazitäten nicht zuletzt die Frage eine Rolle, ob die Fraktion über eine entsprechende Finanzausstattung und den notwendigen Fachverstand verfügt, um sich einen eigenen wissenschaftlichen Apparat aufbauen zu können.

75

Jekemtz, ZParl 26 (1995), 395 ff.; Rudzio, S. 235.

B. Verfassungsrechtliche Vorgaben einer staatlichen Finanzierung der Parlamentsfraktionen

I. Der Untersuchungsgegenstand 1. Die Finanzierung der Fraktionstätigkeit als staatliche Aufgabe Wie jede andere Staatstätigkeit bedarf auch die Verfugung über öffentliche Ressourcen einer demokratischen Legitimation. Unabhängig davon, auf welcher Rechtsgrundlage den Parlamentsfraktionen staatliche Leistungen finanzieller, sachlicher oder personeller Art in Erfüllung eines gesetzlich begründeten Finanzierungsanspruchs oder aufgrund einer bloßen Ausgabeermächtigung im Haushalt erbracht werden, muß die zentrale Frage daher lauten, inwieweit eine Finanzierung der Fraktionstätigkeit als eine staatliche Aufgabe eingeordnet werden kann. Trotz dieser sehr allgemein klingenden Feststellung bedarf es eine für Bestimmung der als staatliche Aufgabe anerkennungsfähigen Tätigkeit der Fraktionen und deren staatlichen Finanzierung einer differenzierenden Betrachtung. Die allein dienende Funktion des Staates innerhalb der durch das Grundgesetz errichteten demokratischen Verfassungsordnung begründet und begrenzt jede Staatstätigkeit durch die Verpflichtung, ausschließlich öffentliche oder, mit anderen Worten, Gemeinwohlinteressen zu verfolgen 1 ' 2,3 . Aufgrund des Repräsentationsprinzips obliegt es aber ausschließlich den zuständigen staatlichen Institutionen selbst, durch ihr staatliches Handeln innerhalb der ihnen zustehenden Kompetenzen dessen Gemeinwohltendenz zu konkretisieren 4. Dar-

1 Im allgemeinen werden die Begriffe „öffentliches Interesse" und „Gemeinwohl" synonym gebraucht, vgl. Häberle, Rechtstheorie 14 (1983), 257. 2 Eine ausdrückliche Normierung der Verpflichtung des Staates auf das Gemeinwohl ist beispielsweise in den Verfassungen von Bayern, Art. 3 Abs. 1 S. 2 Verf Bay, und RheinlandPfalz, Art. 1 Abs. 2 Verf RP, enthalten. 3 In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird die allgemeine Bindung jeder verfassungsrechtlich gebundenen Gesetzgebung in BVerfGE 42, 313, 332; 50, 50, 51; 59, 216, 229, und speziell bei einer Entscheidung über die Verwendung öffentlicher Mittel in BVerfGE 12, 354, 364; 44, 125, 143, hervorgehoben. Vgl. im übrigen von Arnim, Staatslehre, S. 235; ders., Wirtschaftlichkeit, S. 78; Badura, ThürVBL. 1992, 73, 74; Erich Becker, S. 774, 779; Isensee, HdbStR I, § 13 RN 106, S. 632; Schulze-Fielitz, Staatsaufgabenentwicklung, S. 13. 4 Badura, ThürVBl. 1992, 73, 74; Häberle, Rechtstheorie 14 (1983), 257, 273; Isensee, HdbStR I, § 13 RN 106, S. 632; Kilian, S. 256.

3 Schneider

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B. Verfassungsrechtliche Vorgaben der staatlichen Fraktionsfinanzierung

aus resultiert eine Allzuständigkeit des Staates, prinzipiell sämtliche Aufgaben wahrnehmen zu können, an denen nach seiner Ansicht ein öffentliches Interesse besteht5. Da das Grundgesetz keine Aussage zum Status oder zur Finanzierung der Fraktionen beinhaltet, besitzt primär das Parlament als die unmittelbare Repräsentativkörperschaft die Befugnis, zum einen im Rahmen der Verfassung, der Gesetze oder seiner Geschäftsordnung die im öffentlichen Interesse liegenden Aufgaben, Rechte und Pflichten der Fraktionen festzulegen und zum anderen im Rahmen von Leistungsgesetzen oder bei der Haushaltsgesetzgebung6 darüber zu befinden, in welchem Umfang die Fraktionen zur Erfüllung dieses Zwecks mit öffentlichen Mitteln auszustatten sind. Die alleinige Feststellungs- und Entscheidungskompetenz der staatlichen Entscheidungsträger besteht jedoch keineswegs in Form einer Blankovollmacht. Aufgrund der abgeleiteten Rechtsstellung des Staates ist jedes staatliche Handeln nur dann demokratisch legitimiert, wenn es mit dem übrigen Verfassungsrecht in Einklang steht7. Staatliche Aufgaben können daher mit der griffigen Formulierung von Ossenbühl als solche beschrieben werden, „die der Staat nach der jeweils geltenden Verfassungsordnung zulässigerweise für sich in Anspruch nimmt" 8 . Jede parlamentsrechtliche Regelung zur Rechtsstellung der Fraktionen, zur Definition ihrer parlamentarischen Aufgaben oder über ihre staatliche Finanzierung, die in der Verfassung, den Gesetzen, der Geschäftsordnung oder im Haushaltsplan getroffen wird, muß somit mit dem übrigen Verfassungsrecht in Einklang stehen. Soweit danach die Tätigkeit der Fraktionen als eine verfassungsrechtlich zulässige Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe bezeichnet werden kann, ist daher auch eine Bereitstellung und Verwendung öffentlicher Mittel für deren Erfüllung als im öffentlichen Interesse liegend gestattet. Insofern besteht eine unmittelbare Verknüpfung zwischen den verfassungsrechtlichen Vorgaben, denen eine Sanktionierung der Fraktionstätigkeit als staatliche Aufgabe unterliegt, und der Legitimität ihrer Finanzierung. Gegenstand der weiteren Untersuchung wird es daher nicht sein, eine für die Wirkungsweise der Fraktionen anschauliche Definition oder ein verfassungs-

5 Erich Becker, S. 774; Isensee, HdbStR III, § 57 RN 156, S. 71; Schulze-Fielitz, Staatsaufgabenentwicklung, S. 30. 6 Bei der Haushaltsgesetzgebung werden die Befugnisse des Parlaments teilweise etwa dadurch eingeschränkt, daß in Abweichung von Art. 76 Abs. 1 S. 1 GG allein der Bundesregierung die Haushaltsinitiative zusteht, Art. 110 Abs. 2, 3 GG, und das Parlament nur durch Änderungen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens auf die Gestaltung des Haushalts Einfluß nehmen kann; Heuer, in: Heuer, KHR, Art. 110 RN 16; Maunz, in: M/D/H/S, Art. 110 RN 21. Das gleiche gilt für die Haushaltsgesetzgebung der Länder. 7 Maunz, in: M/D/H/S, Art. 70 RN 15; Erich Becker, S. 774, 779; Häberle, Rechtstheorie 14 (1983), 257,283; Schürmann, S. 90 ff.; Schulze-Fielitz, Staatsaufgabenentwicklung, S. 30. 8 Ossenbühl, WdStRL 29 (1971), 137,153.

I. Der Untersuchungsgegenstand

35

rechtliches Kriterium, das als Maßstab für eine Überprüfung der Übertragbarkeit einzelner parlamentarischer Rechte und Pflichten auf die Fraktionen zu dienen in der Lage ist, herauszuarbeiten. In Hinblick auf die Thematik der Arbeit ist es vielmehr erforderlich, aufzuzeigen, inwiefern den Parlamenten bei einer Ausgestaltung des Fraktionsstatus und dessen staatlicher Finanzierung ein Beurteilungsspielraum als parlamentarischer Geschäftsordnungsgeber, parlamentarischer Gesetzgeber oder Haushaltsgesetzgeber in verfassungsrechtlich gerechtfertigter Weise eröffnet ist.

2. Notwendigkeit einer verfassungsrechtlichen Legitimation der parlamentsrechtlichen Anerkennung der Fraktionen und ihrer Finanzierung Während der rechtliche Status der Parteien, Art. 21 Abs. 1 GG, der des einzelnen Abgeordneten, Art. 38 Abs. 1 GG, oder der der Bundesregierung, Art. 62 f f GG, im Grundgesetz definiert sind, fehlt eine ausdrückliche grundgesetzliche Verankerung des Fraktionsstatus. Dies erstaunt vor dem Hintergrund, daß - wie die Ausführungen zur Stellung und Bedeutung der Fraktionen gezeigt haben - diesen nicht nur eine faktische Schlüsselstellung, sondern aufgrund der ihnen übertragenen Befugnisse eine auch rechtlich elementare Funktion innerhalb der parlamentarischen Willensbildung zukommt. Diese mit der rechtlichen Anerkennung der Fraktionen verbundene Etablierung eines weiteren parlamentarischen Handlungssubjekts bedarf aufgrund der damit verbundenen Eingliederung in die Staatsorganisation der verfassungsrechtlichen Legitimation. Neben den Rechten, die den Fraktionen im Verhältnis zur Regierung etwa in Gestalt des Antragsrechts auf Herbeirufung eines Regierungsmitglieds eingeräumt sind9, tritt die Notwendigkeit einer verfassungsrechtlichen Begründung insbesondere im Verhältnis zum Status der Abgeordneten zu Tage. Grundsätzlich wird die Volksvertretung aus der Gesamtheit der Abgeordneten gebildet 10 , so daß - vorbehaltlich einer anderweitigen Zuweisung durch das Parlamentsrecht - die Abgeordneten die generelle Zuständigkeit zur Wahrnehmung sämtlicher parlamentarischer Befugnisse besitzen. In rechtfertigungsbedürftiger Weise wird die Freiheit des Mandats in diesem Zusammenhang keineswegs nur dann tangiert, wenn das Parlamentsrecht parlamentarische Kompetenzen ausschließlich den Fraktionen zur Ausübung zuweist. Auch bei einer Begründung fraktioneller Befugnisse, die den Abgeordneten oder einer Gruppe von Abgeordneten weiterhin neben den Fraktionen zustehen, erwächst den Abgeordneten mit den Fraktionen eine Konkurrenz bei der Wahrnehmung der 9 10

Vgl. etwa § 42 GO BT. BVerfGE 80,188, 217 f.; 92, 74, 80.

36

B. Verfassungsrechtliche Vorgaben der staatlichen Fraktionsfinanzierung

durch die tatsächlichen Gegebenheiten begrenzten Beteiligungsmöglichkeiten am parlamentarischen Verfahren 11. Dabei ist auch in Hinblick auf die Thematik der Arbeit darauf hinzuweisen, daß die Fähigkeit der Fraktionen, ihre Rechtsmacht innerhalb des parlamentarischen Verfahrens zur Entfaltung zu bringen, maßgeblich vom Umfang ihrer Finanzausstattung bestimmt wird. Ein Rechtfertigungsbedarf besteht insofern entgegen teilweise anderslautender Ansichten in der Literatur 12 nicht nur bei einem Vergleich der Rechtsstellung des fraktionslosen Abgeordneten im Verhältnis zu den Fraktionen oder den fraktionsangehörigen Abgeordneten, sondern auch zwischen den Fraktionsmitgliedern untereinander. Insoweit ist - ohne der weiteren Untersuchung vorgreifen zu wollen - zu bedenken, daß trotz der Möglichkeiten eines Fraktionsmitglieds, an der Wahrnehmung des Fraktionsstatus durch die Fraktionen zu partizipieren, seine Rechtsstellung als Abgeordneter auch als Fraktionsmitglied gleichwohl eine Relativierung erfährt. Die Mitwirkungsbefugnisse an der Willensbildung der Fraktion, die ein Fraktionsmitglied gewinnt, lassen sich dem rechtlich nicht im Sinne einer Kompensation gegenüberstellen. Es ist zu bedenken, daß das einzelne Fraktionsmitglied in Abhängigkeit von seiner fraktionsinternen Stellung in höchst unterschiedlichem Maße in der Lage ist, Einfluß auf den Entscheidungsfindungsprozeß seiner Fraktion zu nehmen, und aufgrund der fraktionsinternen Hierarchisierung auch an den durch den Fraktionsapparat zur Verfügung gestellten Dienstleistungen nur in unterschiedlicher Intensität teilzuhaben vermag 13 . Es sei daher nochmals festgestellt, daß die innerhalb der institutionalisierten Staatlichkeit anzutreffende Ausgestaltung des Fraktionsstatus eine Begründung auf verfassungsrechtlicher Ebene erfordert, um mit den verfassungsrechtlichen Positionen der Regierung oder der Abgeordneten kollidieren oder diese beschränken zu können. Sofern es - wie unter dem Grundgesetz - an einer originären demokratischen Legitimation der Fraktionen durch die Verfassung fehlt, bleibt zu untersuchen, ob dem Status der Fraktionen eine verfassungsrechtliche Qualität aus abgeleitetem Recht zugemessen werden kann. Es wird in Erwägung zu ziehen sein, ob eine verfassungsrechtliche Stellung der Fraktionen aus dem Status der in ihnen zusammengeschlossenen Abgeordneten nach Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG begründet werden kann, ob aufgrund der Nähe zu den politischen Parteien Art. 21 GG als verfassungsrechtlicher Ursprung in Frage kommt oder ob die Fraktionen aus der verfassungsrechtlichen Stellung der Parlamente selbst ab-

11

Ähnlich Demmler, S. 292. Vgl. etwa Florian Becker, ZParl 27 (1996), 189, 190 ff.; Morlok, JZ 1989, 1035, 1046; Trute, Jura 1990,184, 192. 13 Zur Beschreibung der tatsächlichen Situation vgl. Engels, in: Graf von Westphalen, S. 220 ff.; Ismayr, S. 37, 118 ff.; Sylvia Kürschner, S. 93; Schüttemeyer, S. 126 ff. 12

I. Der Untersuchungsgegenstand

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zuleiten sind. Je nachdem, inwieweit sich die Fraktionen nach der vorzunehmenden Beurteilung verfassungsrechtlich als Hilfseinrichtung der Abgeordneten, als verlängerter Arm der Parteien im Parlament oder als Mittel zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit der Parlamente auffassen lassen, hat dies Auswirkungen auf die rechtliche Beurteilung, inwiefern das Wirken der Fraktionen als öffentliche Aufgabe anerkannt werden kann und damit eine Bereitstellung öffentlicher Mittel legitimiert. Welches Bild der Fraktionen als von der Verfassung vorgegeben angesehen wird, entscheidet etwa bei einer Bemessung der bereitzustellenden Mittel und ihrer Verwendung darüber, ob beispielsweise die gemeinsame Erarbeitung eines politischen Standpunktes zu Grundfragen der Steuer- oder der Außenpolitik durch Partei und Fraktion anerkanntermaßen aus Fraktionsgeldern finanziert werden kann oder aber ob eine Einordnung der Fraktionen als Dienstleistungsunternehmen für die Mandatsausübung der Abgeordneten es erlaubt, daß ein Fraktionmitglied bei der Klärung einer mit der Betreuung seines Wahlkreises zusammenhängenden Sachfrage auf die Unterstützung des Fraktionshilfsdienstes zurückgreifen darf.

3. Die Rechtslage nach den Bestimmungen der Landesverfassungen von Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt Die in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt existierenden landesverfassungsrechtlichen Bestimmungen 14 begründen einen originären verfassungsrechtlichen Status der Fraktionen, wenn ihnen dort mit leicht variierendem Wortlaut die Funktion zugewiesen wird, mit eigenen Rechten und Pflichten an der Arbeit des Parlaments mitzuwirken und die parlamentarische Willensbildung zu unterstützen 15. Es drängt sich jedoch die Frage auf, wie die derart sanktionierte verfassungsrechtliche Kompetenz der Fraktionen zur „Mitwirkung" und „Unterstützung der parlamentarischen Willensbildung" im Verhältnis zu den verfassungsrechtlichen Befugnissen der übrigen Beteiligten am politischen Willensbildungsprozeß zu interpretieren ist. Auch insoweit ist es erforderlich, eine Eingliederung der Fraktionen in das Verfassungsgefüge vorzunehmen. So ist es etwa vorstellbar, die vorgenommene verfassungsrechtliche Verselbständigung der Fraktionen beispielsweise als Ergänzung zum Status der Abgeordneten und der Parteien aufzufassen oder aber im Sinne einer Abgrenzung zu verstehen.

14

Art. 27 Abs. 2 S. 1 Verf Bin; Art. 67 Abs. 1 S. 2 Verf Bbg; Art. 25 Abs. 2 S. 2 Verf MV; Art. 85 a Abs. 2 S. 1 Verf RP; Art. 47 Abs. 2 S. 2 Verf SA. 15 Die entsprechenden Verfassungstexte sind im Kapitel A.I.l. im Wortlaut abgedruckt.

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B. Verfassungsrechtliche Vorgaben der staatlichen Fraktionsfinanzierung

II. Verfassungsrechtliche Positionierung der Fraktionen innerhalb des parlamentarischen Systems des Grundgesetzes 1. Verfassungsrechtliche Legitimation der Fraktionen aus ihrer Beziehung zu den politischen Parteien N a c h weit verbreiteter Ansicht w i r d Art. 21 Abs. 1 G G als verfassungsrechtliche Legitimationsgrundlage der Fraktionen angesehen 1 6 , 1 7 . A u c h das Bundesverfassungsgericht leitet i n seiner Rechtsprechung wiederholt „ d i e A n erkennung der Parlamentsfraktionen als eine notwendige Einrichtung des Verfassungslebens aus der Anerkennung der Parteien i n Art. 21 G G " ab 1 8 . Eine derartige Statuierung der Fraktionen als parlamentarische Repräsentation der Parteien ließe sich nur vertreten, wenn dem i n Art. 21 Abs. 1 S. 1 G G festgeschriebenen Mitwirkungsanspruch der Parteien an der politischen Willensbildung des Volkes Rechtswirkung auch innerhalb der Parlamente zugemessen werden könnte.

16 Borchers AöR 102, 210, 223; Dellmann, DÖV 1974, 153, 154; Kürschner, S. 59 ff.; Mahrenholz, Abweichende Meinung zu BVerfGE 70, 324, 374; Mardini, S. 112; Röper, ZParl 15 (1984), 7, 13; Walter Schmidt, Der Staat Bd. 9 (1970), 481, 489; von Seysenegg,, S. 126; Zeh, HdBStR II, § 42 RN 6, S. 393. In die gleiche Richtung zielen die Stimmen, die es nach der „Regionalisierung der Sperrklausel" für die erste gesamtdeutsche Wahl (vgl. BVerfGE 82, 322) für unzulässig erachten, erfolgreichen Parteien wegen Nichterreichens der Fraktionsmindeststärke den Fraktionsstatus zu verweigern, Böhm/Edinger, ZRP 1991, 138, 140; Jekewitz, RuP 1991, 13, 18. Auch Scholz, ZG 1994,1,31, dokumentiert ein vergleichbares Verständnis, wenn er in seiner Abhandlung zu Auftrag, Verfahrensgang und Ergebnis der Gemeinsamen Verfassungskommission die Bestrebungen, den Status der Fraktionen in einem neuen Art. 49 GG zu regeln (vgl. Bericht der Gemeinsamen Verfassungskommission, BT-Drs. 12/6000, S. 89 flf) dadurch kommentiert, dies sei im Prinzip der parteienstaatlichen Demokratie ohnehin bereits angelegt. 17 Am weitesten geht insofern die durch Gerhard Leibholz begründete „Parteienstaatslehre" (grundlegend Gerhard Leibholz, Repräsentativer Parlamentarismus, S. 352 f), die die Aufgabe der Abgeordneten und Fraktionen auf ein unselbständiges Umsetzen des Parteiwillens innerhalb der staatlichen Willensbildung reduziert, Leibholz, Wesen, S. 228. Aufgrund der Mitgliedschaft von Leibholz im Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts (1951-1971) hat die Lehre unmittelbaren Eingang in die Parteienrechtssprechung früher Urteile des Bundesverfassungsgerichts erhalten, vgl. BVerfGE 1, 208, 226: 4, 27, 30; 5, 85, 134. Vor dem Hintergrund der einhelligen Ablehnung eines imperatives Mandats in Hinblick auf Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG kommt der „Parteienstaatslehre" in der verfassungsrechtlichen Diskussion jedoch mittlerweile keine Bedeutung mehr zu, vgl. anstelle vieler Badura, BK, Art. 38 RN 73, Czepluch, S. 152; Freund, S. 15; Hauenschild, S. 143; Hecker, Der Staat Bd. 34 (1995), 287 ff.; Kretschmer, Fraktionen, S. 153 f.; Rudzio, Parlamentarische Parteiendemokratie, S. 125. 18 BVerfGE 2,143, 160; 10,4,14; 43,142, 147; 70, 324, 350; 84, 304, 324.

II. Verfassungsrechtliche Positionierung der Fraktionen

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a) Der Fraktionsstatus als verfassungsrechtlicher Ausdruck einer Mittlerfunktion der Fraktionen zwischen den Parteien und dem staatsorganschaftlichen Bereich In Erwägung gezogen wird, den Fraktionen einen eigenständigen verfassungsrechtlichen Status im Parlament zur Absicherung einer von ihnen für die Parteien wahrgenommenen Mittlerfunktion bei der Transformation der Willensbildung vom Volk zum staatlichen Bereich zuzugestehen19. Zur Begründimg wird zumeist auf eine festzustellende tatsächliche und rechtliche Ausgestaltung des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland als Parteiendemokratie und auf die Systematik des Wahlverfahrens verwiesen. So werde der einzelne Abgeordnete nicht aufgrund seines eigenen persönlichen Profils, sondern als Exponent einer Partei gewählt. Folge davon sei, daß den Abgeordneten - von Gewissensentscheidungen abgesehen - die Legitimation fehle, im Parlament von den Vorstellungen der Parteien abweichende Ziele zu verfolgen. Dazu gehöre auch die Verpflichtung der Abgeordneten, sich mit den übrigen erfolgreichen Kandidaten seiner Partei zusammenzuschließen und im Parlament die Politik praktisch umzusetzen, für die die Partei mit ihnen im Wahlkampf um Wählerstimmen geworben habe20. Die in der Realität stark ausgeprägte Verbindung der Fraktionen zu den Parteien wird danach trotz der verfassungsrechtlich gebotenen Trennung von Partei und Fraktion innerhalb der Parlamente dennoch eine rechtliche Bedeutung zugemessen, indem sich der Mitwirkungsanspruch der Parteien an der politischen Willensbildung des Volkes nach Art. 21 GG im Parlament in Gestalt einer auch rechtlich zu gewährleistenden Mittlerfunktion der Fraktionen für die Parteien fortsetzt. Träfe diese Annahme zu, ließen sich Fraktionsrechte ausschließlich oder zumindest teilweise als Ausübung des verfassungsrechtlich garantierten Mitwirkungsanspruch der Parteien an der Willensbildung des Volkes rechtfertigen. Privilegierungen der Fraktionen sowie der fraktionsangehörigen gegenüber den fraktionslosen Abgeordneten ebenso wie auch im Verhältnis der Fraktionsmitglieder untereinander etwa bei der Verteilung der Redezeiten, der Zubilligung von ausschließlich den Fraktionen zugewiesenen parlamentarischen Gestaltungsrechten oder der finanziellen Ausstattung wären danach als zulässiger Ausdruck zur Umsetzung von Parteipositionen im Parlament anzusehen. Die Frage eines Eingriffs in Rechte der Abgeordneten würde sich von vorneherein nicht stellen. Die eingangs beschriebene „Doppelfunktionalität" der Fraktionen

19

Bollmann, S. 69; Borchers AöR 102 (1977), 210, 223, 231 f.; Edingen S. 277 f.; Jekewitz, Bundestagsfraktionen, § 37 RN 37, S. 1037; Magiera, S. 129; Röper, ZParl 15 (1984), 7, 13; Corinna Schmidt, DÖV 1990,102,105; Walter Schmidt, Der Staat Bd. 9 (1970), 481,489. 20 Dementsprechend wird auch das Recht der Abgeordneten zur Fraktionsbildung als ein Merkmal der Freiheit des Mandats bestritten, Bollmann, S. 69; Borchers AöR 102 (1977), 210, 229; Magiera, Parlament, S. 129; Walter Schmidt, Der Staat Bd. 9 (1970), 481,489.

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B. Verfassungsrechtliche Vorgaben der staatlichen Fraktionsfinanzierung

für die Arbeit des Parlaments einerseits und gegenüber den Parteien andererseits wäre auf diese Weise nicht nur zu einer Beschreibung der politischen Wirklichkeit, sondern zu einer explizit von Verfassungs wegen anzuerkennenden Aufgabe der Fraktionen zu rechnen. Gegen eine Verwendung finanzieller Mittel der Fraktionen auch für Zwecke der Partei zum Beispiel bei der Durchführung gemeinsamer Veranstaltungen oder für die Vorbereitung aufeinander abgestimmter politischer Kampagnen und Publikationen wären danach keine Einwände zu erheben 21. Inwieweit ein derartiges Verständnis von der Rechtstellung der Fraktionen mit einer Ausstrahlungswirkung des Art. 21 GG auf den Bereich der institutionalisierten Staatlichkeit erklärt werden kann, läßt sich aus dessen allgemeiner Formulierung nicht ersehen. Um eine Abgrenzung der staatsorganisatorischen Mitwirkungsbefugnisse der Abgeordneten, der Fraktionen und der Parteien vornehmen zu können, bedarf es daher einer verfassungssystematischen Interpretation. b) Die verfassungssystematisch gebotene Zuordnung der Parteien, der Abgeordneten und der Fraktionen nach dem Grundgesetz Die Zuordnung von Rechten und Pflichten innerhalb des Parlaments, als deren politischen Glieder die Fraktionen agieren, wird durch dessen Charakter als unmittelbares Repräsentativorgan des Volkes bestimmt. Art. 20 Abs. 2 GG kodifiziert ausdrücklich, daß alle Staatsgewalt vom Volk ausgeht. Daher muß auch das Parlament seine Legitimation auf den Souverän Volk zurückführen können. Dies geschieht durch die Wahl von Abgeordneten, die in ihrer Gesamtheit das ganze Volk repräsentieren und dem Parlament seine demokratische Legitimation unmittelbar durch das Staatsvolk vermitteln 22 . Willens- und Handlungsfähigkeit erlangt das Parlament somit primär durch die in ihm wirkenden Abgeordneten. Die Übertragung der demokratischen Legitimation vom Volk auf seine Volksvertretung beschränkt sich damit auf die Wahl und die Annahme des Mandats. Dadurch wird eine direkte Beziehung zwischen den Wählern und den Gewählten hergestellt, die gleichzeitig die rechtliche Unabhängigkeit der Abgeordneten gegenüber ihren Parteien begründet 23. Die in die21

In diese Richtung weist die Forderung von Mardini, S. 109 ff., wegen der Doppelfunktionalität der Fraktionen etwa 10 v.H. der staatlich gewährten Fraktionskostenzuschüsse von der Zweckbindung der Mittelverwendung fiir die Parlamentsarbeit zu befreien und insoweit eine Verwendung für parteipolitische Zwecke zu gestatten. 22 Maunz/Herzog, in: M/D/H/S, Art. 20 RN 76; Wefelmeier, S. 81 ff. 23 Jede andere Sichtweise müßte konsequenterweise den Mandatsverlust im Falle eines Ausscheidens aus der Partei fordern, Rösslein, S. 130; Ziekow, JuS 1991, 28, 30. In eine andere Richtung weist allerdings die Regelung des § 48 Abs. 1 S. 2 BWahlG, nach der Nachrücker im Zeitpunkt des Nachrückens noch Mitglied der Partei sein müssen, auf deren Liste sie vormals kandidierten.

II. Verfassungsrechtliche Positionierung der Fraktionen

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sem Zusammenhang immer wieder angeführte Legitimationskette vom Volk über die Parteien zu den Staatsorganen und umgekehrt 24 ist mit dem geltenden Verfassungsrecht daher nicht vereinbar. Neben der verfassungsrechtlichen Bestimmung des Art. 21 GG, der die Mitwirkung der Parteien an der Willensbildung des Volkes statuiert, werden deren Aufgaben im Parteiengesetz näher aufgeführt. Danach besteht ihre wesentliche Funktion über die Einflußnahme auf die öffentliche Meinung und die politische Entwicklung im Parlament und Regierung hinaus in der Heranbildung politischer Führungspersönlichkeiten sowie der Unterbreitung von Wahlvorschlägen, vgl. §§ 1 Abs. 2, 17 PartG. Die Erfüllung dieses Auftrags ist nicht auf den Zeitpunkt der Wahl beschränkt, sondern ein kontinuierlicher auch zwischen den Wahlen stattfindender Prozeß 25. Über die Darstellung ihrer Parteiprogrammatik hinaus tragen die Parteien durch die Vermittlung aktueller Inhalte der Politik mit dazu bei, daß öffentliche Meinungen herausgebildet, gefestigt und kanalisiert werden 26. Es ist ihr natürliches Bestreben, in Hinblick auf eine zukünftige Politik die eigene Programmatik mit der Person ihrer Kandidaten (Mandatsträger und neuen Kandidaten) zu verknüpfen und den parteipolitischen Positionen auch zwischen den Wahlen durch den Versuch einer Einwirkung auf die Mandatsträger der Partei Geltung zu verschaffen. U m einen rechtlich erheblichen Mitwirkungsanspruch an der staatlichen Willensbildung beanspruchen zu können, bedürfte es jedoch einer demokratischer Legitimation. Im Falle der Parteien steht dem entscheidend entgegen, daß lediglich ein geringer Teil der Wahlbevölkerung einer Partei angehört und nur ein Bruchteil dieser Parteimitglieder parteipolitisch aktiv ist 27 . Die Parteimitglieder vermögen damit in keiner Weise das Volk zu repräsentieren. Soweit die Aufgabe der Parteien darin gesehen wird, einen inneren Zusammenhang zwischen Volks- und Staatswillensbildung herzustellen 28, kann dies im Rahmen der Verfassungsordnung des Grundgesetzes allenfalls als ein an die Parteien gerichteter politischer Auftrag verstanden werden. Diese Aufgabe legitimiert die Parteien dagegen nicht, selbst bestimmend in den staatlichen Entscheidungsprozeß einzugreifen 29. Die Parteien können politische Forderungen entwickeln, 24 Ellwein/Hesse, S. 241; Hennis, Amtsgedanke, S. 55 ff.; Horn, S. 76; Magiera, S. 130; MardinU S. 112; Maunz, in: M/D/H/S, Art. 21 RN 5. 25 BVerfGE 44, 125, 139 f.; 85, 264, 284 f.; 91, 276, 285. 26 Vgl. Halbe, S. 49 ff. 27 Nach Rudzio, Politisches System, S. 153 ff., 159, betrug im Jahre 1990 mit 2,5 Millionen der Anteil der Parteimitglieder an den Wahlberechtigten etwa vier Prozent. Davon gelten wiederum nur 20 bis 25 v.H. als aktiv im Sinne eines regelmäßigen Versammlungsbesuchs. Vgl. auch Lenz, S. 55 f. 28 So Horn, S. 74, Leibholz/Rinck, GG, Art. 21 RN 10. 29 Vgl. auch Jäger, S. 136, 142, der von einer allein dienenden Funktion der Parteien für die parlamentarische Demokratie spricht. Haberland, S. 66, 68; Halbe, S. 37; Rudzio, Parlamentarische Parteiendemokratie, S. 117 ff.

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B. Verfassungsrechtliche Vorgaben der staatlichen Fraktionsfinanzierung

aufgreifen und in geeigneter Form etwa durch Parteitagsbeschlüsse oder über ihre parlamentarischen Vertreter an die staatliche Willensbildung herantragen. Die Ausübung staatlicher Gewalt sowie die darauf gerichtete Willensbildung können dagegen nur durch die dazu demokratisch legitimierten staatlichen Organe erfolgen. Eine andere Betrachtung läßt sich auch nicht aus der Feststellung des Bundesverfassungsgerichts im Parteienfinanzierungsurteil von 1992 ableiten. Dort hatte das Gericht festgestellt, die Parteien seien „mehr als bloße Wahlvorbereitungsorganisationen" 30. Die zur Erläuterung aufgezählten Aufgaben wie die Formulierung politischer Ziele und deren Vermittlung gegenüber dem Bürger bezwecken aber ausschließlich, dem Bürger die Bildung einer politischen Meinung und eine wirksame Einflußnahme auf die staatliche Willensbildung zu ermöglichen. Insofern handelt es sich um Aufgaben, die zwar über die Durchführung von Wahlen hinausgehen, aber dessen ungeachtet ihrem Charakter nach eindeutig im gesellschaftspolitischen Bereich anzusiedeln sind. Letztlich wird damit bestätigt, daß die Parteien weder als Teil des staatlichen Entscheidungsprozesses angesehen werden können noch ihnen eine dahingehende Einwirkungsbefugnis einzuräumen ist. Auch danach beschränkt sich der Wirkungskreis der Parteien ausschließlich auf den außerparlamentarischen Bereich. Der Blick auf die teilweise angeführte Systematik des Wahlverfahrens läßt ebenfalls keine andere verfassungsrechtliche Sichtweise zu. Obwohl, bedingt durch das personifizierte Verhältniswahlrecht, lediglich zu Beginn der Geschichte der Bundestagswahlen ein parteiloser Direktkandidat ein Bundestagsmandat errungen hatte 31 , differenziert das Parlamentsrecht bei der Stellung der Abgeordneten weder in Hinblick auf die Frage einer Parteimitgliedschaft noch danach, ob der einzelne Abgeordnete direkt oder über eine Landesliste der Partei in den Bundestag gelangt ist. Die Abgeordneten nehmen die Aufgaben des Parlaments in ihrer Gesamtheit als Vertreter des ganzen Volkes wahr 32 . Für die Erfüllung der verfassungsrechtlichen Aufgaben des Parlaments als Repräsentationsorgan des gesamten Volkes ist es daher gänzlich irrelevant, ob der Abgeordnete die Stimme einer Partei „verdankt" oder das Abschneiden einer Partei bei der Wahl und damit deren Stärke im Parlament nicht gerade umgekehrt maßgeblich von der Anerkennung der Kandidaten und dem Vertrauen der Wähler in deren Persönlichkeit bestimmt wird. Aufgrund des Repräsentationsprinzips lassen sich aus der konkreten Motivation der Wähler bei der Stimmabgabe keine rechtlichen Folgerungen für die parlamentarische Arbeit ableiten. Die Wahl ermächtigt einzig die Abgeordneten zu einem verbindlichen parlamentarischen Handeln und begründet daneben deren Verantwortlichkeit gegenüber dem gesamten Volk, unabhängig von einer etwa bestehenden Par-

30 31 32

BVerfGE 85, 264,284 f. Nachweis bei Stern, Bd. I, § 23 11, S. 1024. Vgl. BVerfGE 80, 188, 217 f.; 92, 74, 80.

II. Verfassungsrechtliche Positionierung der Fraktionen

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teilinie 33 . Die konkrete Entscheidung des Parlamentariers muß demzufolge das am Wohl der Allgemeinheit ausgerichtete Ergebnis eines Integrationsprozesses im Zusammenwirken mit den übrigen parlamentarischen Kräften sein 34 und nicht die bloße Umsetzung einer am Grundsätzlichen ausgerichteten Parteiposition 35. Entschließen sich die Abgeordneten in Ausübung der ihnen in Art. 38 Abs. 1 GG garantierten freien Willensbildung zur gemeinschaftlichen Mandatsausübung in einer Fraktion 36 , so muß die parlamentsrechtliche Eigenständigkeit der Abgeordneten gegenüber den Parteien in gleicher Weise auch für die Fraktionen gelten. Diese transponierte Eigenständigkeit der Fraktionen kommt beispielsweise darin zum Ausdruck, daß verbindliche Entscheidungen der Fraktionen nur durch die Fraktionsversammlungen, das heißt die Fraktionsmitglieder in ihrer Gesamtheit, oder die Leitungsorgane einer Fraktion getroffen werden können 37 . Trotz der engen Verflechtung der Parteien und der Fraktionen bleibt es rechtlich allein den Fraktionen selbst überlassen, ob und inwieweit sie sich Positionen der Parteien zu eigen machen. Zusammenfassend läßt sich daher festhalten, daß trotz der im politischen Alltag zutreffenden politischen Analyse, die Fraktions- und Parteitätigkeit seien aufeinander bezogen, der verfassungsrechtlich verbindliche Einfluß der Parteien auf die Abgeordneten und damit die Fraktionen mit der Aufstellung der Wahlbewerber endet38. Nur im Zeitpunkt des Wahlverfahrens, in dem Volksund Staatswillensbildung ausnahmsweise zusammenfallen, üben die Parteien legitimerweise einen direkten Einfluß auf die staatliche Willensbildung aus39.

33 Badura, BK, Art. 38 RN 49; Hohm, NJW 1985, 408, 410; v.Mangoldt/Klein/Achterberq/Schulte, GG, Art. 38 RN 39; Morlok, DVB1.1991, 998,1000. 34 Zur Gemeinwohlorientiertheit des Abgeordnetenmandats als öffentliches Amt, von Arnim, Staatslehre, S. 129; Isensee, HdbStR, § 13 RN 107, S. 633 f. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete Carl Otto Lenz veranschaulicht mit dem Beispiel der oft parteiunabhängigen Wahrnehmung der Wahlkreisinteressen, daß es sich bei der Gemeinwohlbindung keineswegs um einen allein ethischen Anspruch oder eine rechtliche Fiktion handelt, Lenz, S. 54. 35 Vgl. auch Czepluch, S. 165 f.; Harth, S. 145. 36 Vgl. BVerfGE 43,143,149; 70, 324,354; 80,188,218; 84, 304, 322. 37 Deutlich zu Tage getreten ist diese in der allgemeinen politischen Betrachtung oft vernachlässigte rechtliche Trennung von Partei und Fraktion beim Abstimmungsverhalten der F.D.P.Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt am 02.12.1993 anläßlich der Wahl von Christoph Bergner (CDU) zum neuen Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt. Nach dem durch die sogenannte Gehaltsaffäre ausgelösten Rücktritt des vormaligen Ministerpräsidenten Münch hatte die F.D.P.-Parteispitze des Landes vergeblich versucht, die Mitglieder der F.D.P.-Landtagsfraktion dazu zu bewegen, dem Ministerpräsidentenkandidaten Bergner das Vertrauen zu verweigern und damit Neuwahlen zu ermöglichen, vgl. Berichte der F.A.Z. v. 03.12.1993 und der Allgemeinen Zeitung Mainz v. 03.12.1993. 38 Abmeier, S. 63; Haberland, S. 65 f.; Kretschmer, Fraktionen, S. 158; Schönberger, S. 168; Troßmann, JöR 28 (1979), 1,277; vgl. auch ArbG Berlin, NJW 1990, 534. 39 Grimm, § 6 RN 12, S. 203; Halbe, S. 50.

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B. Verfassungsrechtliche Vorgaben der staatlichen Fraktionsfinanzierung

Der Wirkungskreis der Partei ist damit grundsätzlich auf den außerparlamentarischen Willensbildungsprozeß beschränkt 4 0 . Zur Rechtfertigung eines Verfassungsstatus der i m staatsorganisatorischen Bereich wirkenden Fraktionen kann Art. 21 GGdahernicht herangezogen werden 4 1 .

2. Verfassungsrechtliche Legitimation der Fraktionen aus dem Status ihrer Mitglieder Charakteristisch für das Wesen einer Fraktion ist ihre Entstehung durch den A k t des Zusammenschlusses v o n Abgeordneten. Die Befugnis der Abgeordneten, sich m i t anderen Abgeordneten zu einer Fraktion zu verbinden, w i r d nach allgemeiner Ansicht als Element des Abgeordnetenstatus durch A r t . 38 Abs. 1 S. 2 G G g a r a n t i e r t 4 2 ' 4 3 ' 4 4 4 5 . Es liegt daher nahe, auch die verfassungsrechtliche

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BayVerfGH, BayVBl. 76, 431, 434; StGH Bremen, DÖV 1970, 640; Bick, S. 45; Henke, BK, Art. 21 RN 123; Kretschmer, Anhörung Hessen 19.01.1993, S. 63; Morlok, DVB1. 998, 999; Stern, Bd. I, § 23 I 2 c, S. 1027. 41 Obwohl das Bundesverfassungsgericht bis zuletzt in BVerfGE 84, 304, 324, die Anerkennung der Parlamentsfraktion als eine „notwendige Einrichtung des Verfassungslebens" aus der Anerkennung der Parteien in Art. 21 GG folgert, stellt es in dem Organstreitverfahren des fraktionslosen Bundestagsabgeordneten Wüppesahl von 1989 und der PDS-Gruppen-Entscheidung von 1991 wortgleich fest, daß bei der Beurteilung der Rechte der Abgeordneten und der Abgeordnetengruppen im Verhältnis zu denen der Fraktionen andere als die sich aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG und Art. 40 Abs. 1 S. 2 GG ergebenden Maßstäbe nicht in Betracht kommen, BVerfGE 80, 188, 220; 84, 304, 324. Auch das Bundesverfassungsgericht hat damit zum Ausdruck gebracht, daß Art. 21 GG bei der Festlegung des verfassungsorganisationsrechtlichen Status der Fraktionen nicht herangezogen werden kann. 42 BVerfGE 43, 143, 149; 70, 324, 354; 80, 188, 218; 84, 304, 322; Abmeier, S. 225; Bick, S. 50; Böhm/Edinger, ZRP 1991, 138, 139; Hauenschild, S. 4\\Jekewitz, RuP 1991, 13, 15; Kretschmer, Fraktionen, S. 51; Schulze-Fielitz, DÖV 1989, 829, 832; Trute, Jura 1990, 184, 188; vgl. auch die Begründung des Entwurfs eines Fraktionsgesetzes der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. im Deutschen Bundestag v. 20.04.1993, BT-Drs. 12/4756, S. 4. 43 Die Landesverfassungen der Länder Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Thüringen haben das Recht der Abgeordneten zur Fraktionsbildung und teilweise auch die näheren Voraussetzungen einer parlamentsrechtlichen Anerkennung der Fraktionen in einer eigenen Verfassungsbestimmung geregelt; Art. 19 Abs. 1 Verf NS; Art. 85 a Abs. 1 Verf RP; Art. 58 Verf Thür. 44 Nach anderer Ansicht entstehen die Fraktionen nicht durch einen freiwilligen Kreaktionsakt gleichgesinnter Abgeordneter, sondern sind entsprechend der „Logik" des auf die Parteien abstellenden Wahlverfahrens in dem Augenblick latent vorhanden, in dem als Ergebnis einer Wahl eine politische Partei in einem Parlament mit eigenen Abgeordneten vertreten ist, Jekewitz, Bundestagsfraktionen, § 37 RN 37, S. 1037; ders., ZRP 93, 334, 336; vgl. auch Bollmann, S. 69; Borchers AöR 102 (1977), 210, 229; Magiera, S. 129; Hans Meyer, Anhörung Hessen 19.01.1993, S. 77; ders., Die Stellung der Parlamente, § 4 RN 99, S. 153 f.; ders., Emanzipation, S. 335; ders., Fraktionsgesetze, S. 113; Walter Schmidt, Der Staat Bd. 9 (1970), 481, 489. Ein ähnliches verfassungsrechtliches Verständnis der Fraktionen wurde innerhalb der Gemeinsamen Verfassungskommission im Rahmen der Diskussion um die Aufnahme von Fraktionsrechten in das Grundgesetz deutlich. So hielten die Gegner einer derartigen Verfassungsergänzung der Initiative u.a. entgegen, daß das Recht zur Fraktionsbildung in Art. 21 GG einschlußweise normiert sei, Bericht der Gemeinsamen Verfassungskommission, BT-Drs. 12/6000, S. 90.

II. Verfassungsrechtliche Positionierung der Fraktionen

45

Grundlage der Fraktionen aus d e m verfassungsrechtlichen Status der i n ihnen zusammengeschlossenen Abgeordneten abzuleiten.

a) Ansätze zur Begründung der Fraktionen

einer verfassungsrechtlichen

Verankerung

in Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG

B e i einer Rückführung des Fraktionsstatus a u f A r t . 38 Abs. 1 S. 2 G G werden die Fraktionsrechte entweder als B ü n d e l v o n letztlich i m Abgeordnetenstatus wurzelnden Rechten angesehen 46 oder als eine m i t d e m Zusammenschluß einhergehende Übertragung v o n Abgeordnetenrechten a u f die Fraktion aufgefaßt 4 7 . N a c h beiden Konzeptionen wäre die Wahrnehmung parlamentarischer H a n d lungsrechte seitens der Fraktionen letztlich eine andere F o r m der durch A r t . 38 A b s . 1 S. 2 G G gewährleisteten Mandatsausübung der Abgeordneten. Offensichtlich i n Entsprechung dieser Ansätze werden die Fraktionszuschüsse mitunter aus d e m Z w e c k heraus gerechtfertigt, den einzelnen Abgeordneten die gemeinsame politische A r b e i t m i t gleichgesinnten Abgeordneten i n der F r a k t i o n z u ermöglichen oder z u erleichtern 4 8 . Z u verweisen ist insoweit a u f die i n den Fraktionsgesetzen der Länder Bayern, Berlin, Hessen u n d Niedersachsen

45 Vgl. auch § 12 Nr. 3 des Statuts der CDU-Bundespartei und § 7 Nr. 3 der Satzung des CDU-Landesverbandes Rheinland-Pfalz, die zwar einen Nichtbeitritt gewählter CDU-Kandidaten zur CDU-Fraktion ausdrücklich als parteischädigendes Verhalten bezeichnen, somit aber gleichzeitig zum Ausdruck bringen, daß von einer parlamentsrechtlichen Freiwilligkeit des Fraktionsbeitritts ausgegangen wird. 46 Haberland, S. 67; Loibl, S. 32 f.; Mahrenholz, Abweichende Meinung BVerfGE 70, 324, 374; Hubert Meyer, VB1BW 1994, 337, 338; Morlok, DVB1. 1991, 998, 999; ders., NJW 1995, 29, 30. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof leitet in BayVerfGH NJW 1989, 1918, die Rechtsstellung der Fraktion ebenfalls aus dem mit Art. 38 Abs. 1 GG insoweit übereinstimmenden Art. 13 Abs. 2 S. 1 Verf Bay ab. 47 Abweichende Meinung BVerfGE 70, 324, 382; Moecke, NJW 1965, 276, 278; Scherer, AöR 112 (1987), 189, 201; Ziekow, JuS 1991, 28, 30. Einen ähnlichen Weg beschreitet Demmler, S. 269 f. Nach seiner Ansicht bringt es die Zusammensetzung der Parlamente aus Abgeordneten und nicht aus Fraktionen mit sich, daß parlamentarische Rechte der Fraktionen allein über den Status der Abgeordneten definiert werden können. Sämtliche parlamentarischen Zuständigkeiten der Fraktionen bedeuteten daher einen Eingriff in die Rechtsstellung der Abgeordneten. Mit dem Eingriff wandelten sich aber gleichzeitig die den Abgeordneten ursprünglich unmittelbar zugewiesenen Befugnisse in einen Anspruch auf eine nunmehr mittelbare Wahrnehmung derselben Kompetenzen über die Fraktionen um. Die Rechte der Fraktionen seien daher als Teilhaberechte der Abgeordneten zu qualifizieren. Zu dem letztgenannten systematischen Ansatz wird unten im Kapitel B.II.3.C. Stellung genommen werden. 48 So beispielsweise die Begründung des Entwurf eines Fraktionsfinanzierungsgesetzes der Abgeordneten Poppe, Schenk, Schulz, Ullmann, Wollenberg und der Gruppe Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag v. 29.09.1993, BT-Drs. 12/5788, S. 6. Vgl. die identische Begründung des weitgehend übereinstimmenden Gesetzentwurfs der Fraktion Die Grünen im Landtag Nordrhein-Westfalen v. 05.08.1992, NRW-Drs. 11/4162, S. 14. Auch Martin, S. 68 ff., und Morlok,, JZ 1989, 1035, 1045; ders.,NJW 1995, 29, 30, charakterisieren die Leistungen an die Fraktionen als eine Form der Ausstattung fiir die Wahrnehmung des Mandats. Ähnlich Hans Meyer, KritV 1995, 216, 237.

46

B. Verfassungsrechtliche Vorgaben der staatlichen Fraktionsfinanzierung

anzutreffende Formulierung, mit der die Aufgaben der Fraktionen u.a. im Sinne einer „Unterstützung ihrer Mitglieder" 49 konkretisiert werden. Der diesem Verständnis zugrundeliegende Gedanke, die Aufgabe der Fraktionen zumindest teilweise als eine Hilfestellung für die Abgeordneten bei der Ausübung ihres Mandats zu begreifen, müßte auch in der Konzeption der Abgeordneten- und Fraktionsfinanzierung zum Ausdruck kommen. Unterstellt man einen derartigen inneren Zusammenhang von Abgeordneten- und Fraktionstätigkeit, wäre dieser Abhängigkeit bei der Ausgestaltung des Finanzierungsmodus entsprechend Rechnung zu tragen. Beispielsweise wäre zu überlegen, ob vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Gleichheit der Abgeordneten die Vorteile, die das einzelne Fraktionsmitglied bei seiner Mandatsausübung durch den Fraktionsapparat erlangt, im Verhältnis zum fraktionslosen Abgeordneten einen Ausgleich finden müßten. Bei der individuellen Amtsausstattung der Abgeordneten wäre dann nach Art und Umfang zwischen fraktionsangehörigen und fraktionslosen Abgeordneten zu differenzieren 50. In die gleiche Richtung weist der aktuell von Hans Meyer in die Diskussion eingebrachte Vorschlag, anstelle der derzeit praktizierten direkten Finanzierung der Fraktionen eine Bereitstellung der öffentlichen Gelder für die Fraktionen mittelbar über die Abgeordneten vorzunehmen. Ausgehend von der angenommenen Einordnung der Fraktionen als Hilfseinrichtung der Abgeordneten plädiert er dafür, die Abgeordneten selbst entscheiden zu lassen, welchen Anteil ihrer Aufwandsentschädigung sie bereit sind, in die Gemeinschaftskasse der Fraktion abzuführen 51. b) Die verfassungssystematisch gebotene Zuordnung von Abgeordneten- und Fraktionsstatus Die Frage, welche im öffentlichen Interesse liegende Aufgaben und Funktionen die Fraktionen anerkanntermaßen befugt sind wahrzunehmen, ist losgelöst von der Herkunft des Rechts der Fraktionsmitglieder zur Fraktionsgrün-

49 Art. 1 Abs. 1 S. 2, 3 FraktG Bay; § 1 Abs. 2 S. 2 FraktG HH; § 30 Abs. 2 S. 1, 2 AbgG NS; § 1 Abs. 1 S. 2 FraktG Hess; § 2 Abs. 2 S. 2 FraktG Bln. Ähnlich § 1 Abs. 2 S. 3 des Direktorenentwurfs, der es u.a. als eine der parlamentarischen Aufgaben der Fraktionen bezeichnet, „... den Mitgliedern (zu helfen), ihre parlamentarischen Tätigkeit auszuüben und zur Verfolgung gemeinsamer Ziele aufeinander abzustimmen", Präsidentenkonferenz 1992, S. 50. 50 So das Begehren des fraktionslosen Bundestagsabgeordneten Wiippesahl in dem von ihm angestrengten Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, BVerfGE 80, 188. 51 Hans Meyer, Emanzipation, S. 326; ders., KritV 1995, 216, 237; ders., Fraktionsgesetze, S. 87,100 f., dessen Vorstoß in erster Linie dadurch motiviert ist, über eine Umstrukturierung des Finanzierungsmodus ein Eigeninteresse der Abgeordneten an einem ordnungsgemäßen Finanzgebaren der Fraktionen zu begründen und damit dem zu beobachtenden stetigen Anwachsen des Finanzvolumens der Fraktionen eine immanente Schranke entgegenzusetzen. Vgl. die Stellungnahme des Verfassers zu dieser Konzeption im Kapitel B.III.2.C.

II. Verfassungsrechtliche Positionierung der Fraktionen

47

dung zu beantworten. Die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Koalitionsrechts der Abgeordneten und die Frage der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der dem Zusammenschluß auf der Ebene des Parlamentsrechts zuerkannten Kompetenzen sind grundsätzlich unabhängig voneinander zu beurteilen. U m die Notwendigkeit einer derartigen Unterscheidung für die weitere Untersuchung zu illustrieren, kann auf die parlamentarische Entwicklungsgeschichte der Fraktionen verwiesen werden. Fraktionsbildungen und -bindungen können seit dem Beginn des deutschen Parlamentarismus zur Zeit des Frühkonstitutionalismus nachgewiesen werden 52. Obwohl insbesondere in der Frankfurter Nationalversammlung des Jahres 1848, dem Preußischen Abgeordnetenhaus von 1849 oder dem Reichstag des Norddeutschen Bundes von 1868 ein nachhaltiger Einfluß der Fraktionen auf die Arbeit der Parlamente dokumentiert ist, wurden die Fraktionen durch die Geschäftsordnungen der jeweiligen Parlamente nicht zur Kenntnis genommen. Erst die §§7 bis 9 der Geschäftsordnung des Reichstags der Weimarer Republik haben Bestimmungen über die Fraktionen normiert und ihnen u.a. das Recht zur Besetzung der Ausschüsse zugewiesen53. Bis heute hat die Ausrichtung des parlamentarischen Verfahrens auf die Fraktionen stetig zugenommen und mittlerweile die Fraktionen auch rechtlich zu deren bestimmenden Faktoren werden lassen. Mag die anfangliche Diskrepanz zwischen der Stellung der Fraktionen in der parlamentarischen Wirklichkeit und ihrer fehlenden rechtlichen Anerkennung auch verwundern, so zeigt sich darin, daß die bloße Tatsache eines Zusammenschlusses von Abgeordneten noch nichts darüber aussagt, welche Kompetenzen den Fraktionen im parlamentarischen Verfahren zugestanden werden. Worin die Motivation der einzelnen Abgeordneten auch immer begründet ist, Koalitionen zu bilden, obliegt es dennoch allein dem parlamentsrechtlichen Verfassungs-, Gesetzoder Geschäftsordnungsgeber zu entscheiden, inwieweit der Vereinigung als Fraktion ein Existenz- und Wirkungsrecht innerhalb der Staatsorganisation zugewiesen wird. Wie eingangs aufgezeigt, ist es erforderlich, die Stellung der Fraktionen gegenüber den übrigen Beteiligten des parlamentarischen Willensbildungsprozesses zu legitimieren und zu definieren 54. Zur Beurteilung, ob sich die oben skizzierten Möglichkeiten einer Begründung des verfassungsrechtlichen Ursprungs der Fraktionen aus dem Status ihrer Mitglieder herleiten lassen, bedarf es daher zunächst eines Vergleichs der Rechte der Abgeordneten mit den Rechten der Fraktionen nach ihrem rechtlichen Gehalt, bevor sich daraus Rückschlüsse auf das abstrakte Verhältnis von Abgeordneten- und Fraktionsstatus ziehen lassen. 52 Vgl. etwa die eingehenden Darstellungen bei Graf v. Westphalen, S. 76 ff.; Hagelstein, S. 8 ff.; Hauenschild,, S. 21 ff.; Kramer, S. 41 ff.; Schönberger, S. 4 ff. 53 Demmler, S. 150 ff.; Schönberger, S. 4 ff. 54 Vgl. oben Kapitel B.I.2.

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B. Verfassungsrechtliche Vorgaben der staatlichen Fraktionsfinanzierung aa) Die funktionale Unterschiedlichkeit der Rechte der Abgeordneten und der Rechte der Fraktionen

Das Erscheinungsbild der Arbeitsweise der Volksvertretungen wird in bezeichnender Weise mit ihrer Titulierung als „Fraktionenparlamente" wiedergegeben55. Die parlamentarische Praxis vermittelt insoweit nach außen den Eindruck, die Mitglieder der Parlamente wirkten einzig in und für ihre Fraktionen. Die Annahme, ihre Rechtsposition gehe gebündelt mit den Rechten der mit ihnen vereinigten Fraktionskollegen neuformiert im Rechtsstatus der Fraktionen auf oder werde mit dem Zusammenschluß auf die Fraktion übertragen, drängt sich dadurch geradezu auf. Dessen ungeachtet läßt sich diese Sichtweise mit dem Charakter der parlamentarischen Befugnisse der Abgeordneten und der Fraktionen nicht vereinbaren. Rechte der Abgeordneten sind von den Rechten der Fraktionen grundsätzlich zu unterscheiden. Das Amt des Abgeordneten 56 besteht in seiner Mitgliedschaft im Parlament. Die dem einzelnen Abgeordneten zukommenden parlamentarischen Befugnisse wie das im Vordergrund stehende Recht zur Stimmabgabe, das Rederecht oder sonstige Mitwirkungs-, Informations- und Antragsrechte dienen sämtlich der Gewährleistung der ihm als Repräsentant des Volkes zukommenden Beteiligung an der Willensbildung und Entscheidungsfindung des Parlaments 57. Den Fraktionen sind dagegen Rechte zugewiesen58, die sie in die Lage versetzen, als Handlungs- und Organisationseinheiten auf die parlamentarische Willensbildung einzuwirken. Trotz ihres zunehmend als dominant empfundenen Einflusses auf die parlamentarische Arbeit und trotz der von ihnen betriebenen weitgehenden inhaltlichen und organisatorischen Vorformung des parlamentarischen Verfahrens bleiben allein die Abgeordneten die Träger parlamentarischer Entscheidungen. Besonders anschaulich läßt sich die Ungeeignetheit einer wie auch immer gearteten Ableitung der Rechte der Fraktionen von den Rechten der Abgeordneten bei einer Betrachtung der ausschließlich den Fraktionen zur Ausübung vorbehaltenen parlamentarischen Kompetenzen aufzeigen. Im Falle des durch das Grundgesetz begründeten Vorschlagsrechts der Fraktionen für die Mitglieder des Gemeinsamen Ausschusses nach Art. 53 a GG schließt bereits die originäre verfassungsrechtliche Zuweisung an die Fraktionen eine Herleitung der 55 Vgl. etwa Hamm-Brücher, Abgeordneter und Fraktion, § 22 RN 38, S. 687; Ismayr, S. 37 ff., 531 ff.; Kretschmer, Das Parlament Nr. 21-22 v. 22./29. Mai 1992, Bl, 11; SchulzeFielitz, DÖV 1989, 829, 830; Steffani, ZParl 12 (1981), 591. 56 So ausdrücklich das Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 40,296, 316; 56, 396,405. 57 Vgl. BVerfGE 80, 218, 219; 84, 304, 321; Klein, HdbStR II, § 41 RN 1, 30 ff., S. 368, 382 ff.; Stern, Bd. I, § 24 14, II 2, S. 1051, 1057 f. 58 Vgl. die allgemeine Darstellung der parlamentarischen Befugnisse der Fraktionen oben im Kapitel A.II.2.

II. Verfassungsrechtliche Positionierung der Fraktionen

49

Befugnis aus dem Status der Abgeordneten aus. Ähnlich verhält es sich mit dem Gesetzesinitiativrecht der Fraktionen, das allerdings neben den Fraktionen gleichzeitig einem der Fraktionsmindeststärke entsprechendem Quorum von Abgeordneten zusteht. Die Geschäftsordnung konkretisiert mit der Zuweisung des Initiativrechts in § 76 GO BT die in Art. 76 Abs. 1 GG niedergelegte Kompetenz des Bundestages, neben dem Bundesrat und der Bundesregierung „aus seiner Mitte" Vorlagen einbringen zu können. Auch wenn das Gesetzesinitiativrecht gleichzeitig als Quorumsrecht ausgestaltet wurde, bedingt die abschließende verfassungsrechtliche Benennung der Initiativberechtigten 59, daß die Befugnis grundsätzlich nicht zur Wahrnehmungszuständigkeit der einzelnen Abgeordneten zu rechnen ist, - abgesehen davon, daß auch in einem Parlament ohne Fraktionen der einzelne Abgeordnete wegen der damit einhergehenden völligen Zersplitterung und Blockade der parlamentarischen Arbeit rein faktisch niemals Inhaber eines solchen Rechtes sein könnte 60 . Weiter sind den Fraktionen exklusiv die Vertretung mit Sitz und Stimme in jedem Ausschuß 6162 oder die Mitgliedschaft im Ältestenrat 63 vorbehalten. Insoweit handelt es sich um parlamentarische Zuständigkeiten, die ihrer Natur nach von einem einzelnen Abgeordneten grundsätzlich nicht wahrgenommen werden können. Ein Abgeordneter kann prinzipiell nur für sich sprechen. Ohne die Berufung durch eine Fraktion verfügt er nicht über die Legitimation, um in den Ausschüssen oder dem Ältestenrat entsprechend deren Zweck als personell überschaubaren fachlichen oder organisatorischen Gremien der Parlamente die Interessen einer Vielzahl von Abgeordneten zu repräsentieren. Er ist nicht Träger einer aus der Abstimmung einer Mehrheit von Abgeordneten hervorgegangenen Meinung, weshalb bei einer willkürlichen Besetzung nicht gewährleistet wäre, daß die vorbereitende Tätigkeit der Organe grundsätzlich vom Plenum mitgetragen werden würde 64 . Dem einzelnen Abgeordneten fehlt demnach die 59

Maunz, in: M/D/H/S, Art. 76 RN 2 ff., 26. Ähnlich im Ergebnis Abmeier, S. 73 ff.; Demmler, S. 148. 61 Neben das Recht der Fraktionen nach §§ 12, 57 Abs. 2 GO BT, die Ausschüsse im Verhältnis ihrer Stärke zu besetzen, tritt die Befugnis, mit zumindest einem Grundmandat in den Unterausschüssen vertreten zu sein, § 55 Abs. 3 GO BT, sowie das Recht, einvernehmlich die Mitglieder der Enquete-Kommissionen zu benennen, § 56 Abs. 2 GO BT. 62 Die dominante Funktion der Fraktionen bei der Ausschußarbeit findet nach der Rechtslage im Bund zusätzlich in den nachfolgend genannten ausschließlich den Fraktionen durch die Geschäftsordnungen zur Ausübung zugewiesenen Kompetenzen ihren Ausdruck: das Recht des Ausschußvorsitzenden, die Sitzung bei nicht ordnungsgemäßen Ablauf im Einvernehmen mit den Fraktionen im Ausschuß zu beenden, § 59 Abs. 4 GO BT; die Verpflichtung des Ausschußvorsitzenden zur Einberufung des Ausschusses auf Verlangen einer Fraktion, § 60 Abs. 2, 3 GO BT; das Widerspruchsrecht der Fraktion im Ausschuß gegen eine Erweiterung der Tagesordnung, § 61 Abs. 2 GO BT; die Zulässigkeit eines Antrags auf Schluß der Aussprache, erst wenn jede Fraktion Gelegenheit hatte, zur Sache zu sprechen, § 71 Abs. 2 GO BT. 63 §§6 Abs. 1,12 GO BT. 64 Vergleichend kann auf die Erfahrungen mit der Preußischen Geschäftsordnung vom 28.03.1849 verwiesen werden. Dort wurden durch Losentscheid besetzte Abteilungen geschaffen, 60

4 Schneider

50

B. Verfassungsrechtliche Vorgaben der staatlichen Fraktionsfinanzierung

formelle u n d materielle Berechtigung zur Ausübimg der genannten Rechte 6 5

66

.

Insgesamt übt der Abgeordnete durch seine M i t w i r k u n g an der Wahrnehmung ausschließlicher Fraktionsrechte stets eine Funktion aus, die v o n seinem Status gerade nicht umfaßt ist. I m Ergebnis nicht anders zu beurteilen ist das Verhältnis der Fraktionsrechte zu den Rechten, die dem einzelnen Abgeordneten formal neben den Fraktionen allein 6 7 oder nur zusammen m i t einer bestimmten A n z a h l v o n anderen Abgeordneten zustehen 68 . W i r d eine parlamentarische Initiative w i e etwa die Einbringung einer Vorlage, das Stellen einer Großen oder Kleinen Anfrage, die Beantragung einer Aktuellen Stunde oder die Einbringung eines Antrags auf Feststellung der Beschlußfähigkeit 6 9 v o n einem Quorum v o n Abgeordneten verfolgt, bleibt es die ureigene Kompetenz jedes einzelnen Abgeordneten, die Initiative einer Gruppe v o n Abgeordneten zu unterstützen oder nicht. Selbst wenn demselben Abgeordneten

i n seiner Funktion als

Fraktionsmitglied

gleichzeitig die Gelegenheit gegeben ist, über das M e d i u m der Fraktion an der Ausübung des entsprechenden Rechts der Fraktion mitzuwirken, sind es i n diesem Fall keine Abgeordnetenrechte, die bei einer Einflußnahme auf das parlamentarische Verfahren über die Fraktion zur Ausübung kommen. D i e Begrün-

in denen u.a. Vorlagen der parlamentarischen Versammlung vorberaten werden sollten. Wegen deren Ineffektivität ging die Aufgabe jedoch alsbald auf die inoffiziell nach Fraktionsstärke zusammengesetzten Kommissionen über, Hauenschild, S. 31 ff.; Magiera, Parlament, S. 133. 65 In die gleiche Richtung weist die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts im Wüppesahl-Urteil zur Frage einer Einräumung eines Stimmrechts an jeden nichtfraktionsangehörigen Abgeordneten in einem Ausschuß oder einer Festsetzung von Mindestredezeit entsprechend der für die kleinste Fraktion vorgesehenen Dauer. Das Gericht war der Ansicht, daß dies wegen der überproportionalen Wirkung als verfassungsrechtlich nicht geboten einzustufen sei, BVerfGE 80, 188, 224, 228. Vgl. auch Abmeier, S. 167 ff.; Badura, § 15 RN 57, S. 507; Berg, BK-GG, Art. 45 a RN 94; Stern, Bd. II, § 26 IV 2, S. 102 f.; Troßmann, GO-BT, § 68 RN 6; Ziekow, JuS 1991,28,31. 66 A.A. Grimm, § 6 RN 32 ff.; HöIscheidt, DVB1. 1989, 291 ff.; Jörg Kürschner, S. 129 ff.; Steiger, S. 79, die einen Rechtsanspruch auf Ausschußmitarbeit dem Kernbereich des Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG zurechnen. 67 Zu den wenigen Rechten, die nach der Rechtslage im Bund dem einzelnen Abgeordneten nach der Geschäftsordnung zur alleinigen Ausübung geblieben sind, zählen das Recht zur Akteneinsicht, § 16 GO BT, das Recht, vor Eintritt in die jeweilige Tagesordnung eine Änderung derselben zu beantragen, § 20 Abs. 2 GO BT, das Recht, sich an Aussprachen zu beteiligen, § 27 GO BT, Erklärungen zur Aussprache, zur Abstimmung und außerhalb der Tagesordnung abzugeben und zur Geschäftsordnung zu sprechen, §§29 bis 32 GO BT, vor Abstimmungen eine Teilung der Frage zu beantragen, § 47 GO BT, Änderungsanträge in zweiter Beratung zu Gesetzentwürfen einzubringen, § 82 GO BT, und Einzelfragen zur schriftlichen und mündlichen Beantwortung zu stellen, § 105 GO BT. 68 Abgesehen von den angeführten ausschließlichen Zuständigkeiten der Fraktionen oder der einzelnen Abgeordneten wurden mit der Parlamentsreform 1980 die überwiegende Anzahl der übrigen parlamentarischen Initiativ- und Beteiligungsrechte parallel als Rechte der Fraktionen und als Recht einer Anzahl von Abgeordneten in Fraktionsstärke ausgestaltet; Jekewitz, Bundestagsfraktionen, § 37 RN 46, S. 1043. 69 Vgl. etwa im Bund: §§ 75, 76 GO BT; § 106 GO BT i.V.m. Anlage 5 1.1.b), c); § 45 Abs. 2 GO BT.

II. Verfassungsrechtliche Positionierung der Fraktionen

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dung einer parlamentarischen Zuständigkeit bei einer Fraktion bringt es mit sich, daß deren Wahrnehmung nur möglich ist, wenn ein dahingehender Willensentschluß der Fraktion zustande gekommen ist. Im Konkreten ist jede fraktionsintern zu treffende Entscheidung etwa über die Besetzung eines Ausschußsitzes, die Festlegung von Zielvorstellungen für die parlamentarische Auseinandersetzung oder die Ausübung von Verfahrensrechten durch die Fraktionsführung davon abhängig, daß innerhalb eines fraktionsinternen Willensbildungsprozesses der fraktionsangehörige Abgeordnete eine Mehrheit seiner Fraktionskollegen überzeugt oder selbst überzeugt wird 70 . Das allgemein bei Abstimmungen der Fraktion geltende Mehrheitsprinzip 71 stellt insoweit eine Zäsur dar, die eine Zurechnung der Entscheidung der Fraktion auf das einzelne Fraktionsmitglied nicht mehr zuläßt. Das durch das für die Willensbildung jeweils zuständige Gremium - Fraktionsversammlung, Fraktionsführung oder Arbeitskreis - herausgebildete Votum gilt als Standpunkt der Fraktion schlechthin. Entscheidungen der Fraktionen werden damit gerade auch gegen den erklärten Willen von Fraktionsmitgliedern getroffen und durchgesetzt. Losgelöst vom Ergebnis der fraktionsinternen Meinungsfindung bleibt es den Fraktionsmitgliedern jedoch gleichzeitig weiter rechtlich unbenommen, für ihre von der Fraktionsmehrheit abweichenden Vorstellungen im Prozeß der parlamentarischen Entscheidungsfindung individuell als Abgeordnete aufzutreten und zu votieren 72 7 3 . Die Rechte und Pflichten der Fraktionen sind mithin nicht solche ihrer Mitglieder 74 , ebenso wie umgekehrt aus Sicht des Parla-

70

Engels, in: Graf v. Westphalen, S. 220. Vgl. ausdrücklich § 12 Nr. 2 der AO der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, § 8 Abs. 2 S. 1 der GO der F.D.P.-Bundestagsfraktion. Verwiesen sei daneben auf die die klarstellenden Regelungen des § 16 Nr. 1 AO der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sowie des § 1 Abs. 6 S. 1 GO der F.D.P.-Bundestagsfraktion, die bestimmen, daß die Abstimmung der Fraktionsmitglieder im Bundestag frei sei und keinem Fraktionszwang unterliege. Das Fraktionsmitglied wird jedoch gleichzeitig fraktionsintern verpflichtet, eine von der Fraktionsmehrheit abweichende Abstimmungsabsicht dem Vorsitzenden oder der Fraktionsversammlung zuvor anzuzeigen. 72 Zur Fraktionsdisziplin allgemein Engels, in: Graf von Westphalen, S. 240 f. 73 Eine andere Problematik ist es allerdings, ob sich im Falle eines häufiger vom Fraktionskonsens abweichenden Abstimmungsverhaltens eines Fraktionsmitglieds die politische Frage der weiteren Zugehörigkeit zur Fraktion stellt. 74 Diesen Umstand verkennen Bernzen/Gottschalck, ZParl 21 (1990), 393, 397, Lederer/ Dammann, DuR 1991, 375, 376; und Loibl, S. 32, die die Behauptung aufstellen, daß einzelne Rechte der Abgeordneten nach Maßgabe ihrer Zugehörigkeit zu einer Fraktion unterschiedlich ausgestaltet seien. Rechte der Fraktionen können aber nur durch die Vereinigung als solche wahrgenommen werden. Eine Zurechnung der Rechte der Fraktion in bezug auf ihre Mitglieder ist demnach nicht möglich. Aus dem gleichen Grunde vermögen auch die Ansichten, die eine Verteilung der Mitwirkungsrechte zwischen Abgeordneten und Fraktionen nach dem Gleichheitsgrundsatz beurteilen, nicht zu überzeugen, vgl. Birk, NJW 1988, 2521, 2523; Schulze-Fielitz, DÖV 1989, 829, 830, der von einem „ausgleichspflichtiges Spannungsverhältnis" zwischen dem Prinzip einer Ausschußbesetzung nach Fraktionsproporz und der Rechtsposition des fraktionslosen Abgeordneten spricht; oder 71

52

B. Verfassungsrechtliche Vorgaben der staatlichen Fraktionsfinanzierung

mentsrechts die in Art. 38 Abs. 1 GG verankerte Rechtsposition des einzelnen Abgeordneten durch seine Mitgliedschaft in einer Fraktion nicht berührt wird 7 5 . bb) Die Fraktion als parlamentsrechtliches aliud neben den Abgeordneten Weder bei den parlamentarischen Mitwirkungsmöglichkeiten, die nur über die Fraktionen in Anspruch genommen werden können, noch bei den Befugnissen, die den Abgeordneten in formal gleicher Weise zugewiesen sind, lassen sich die Rechte der Fraktionen auf den einzelnen Abgeordneten zurückführen. Die Rechtsmacht der Fraktionen erschöpft sich gerade nicht in einer irgendwie gearteten Summierung von Einzelbefugnissen ihrer Mitglieder, sondern bestimmt sich im Gegenteil nach den den Fraktionen als solchen vom jeweiligen Parlamentsrecht im einzelnen zuerkannten Kompetenzen76. Die Rechtsmacht der Fraktionen basiert damit auf der ihnen aufgrund der Wertung des parlamentarischen Verfassungs-, Gesetz- oder Geschäftsordnungsgebers verliehenen partiellen Rechtsfähigkeit 77 und ist dementsprechend weder der Art nach noch dem Umfang nach von den Mitgliedern vorgegeben. Die Zusammenarbeit von Abgeordneten in einer Fraktion ist demnach nicht Ausdruck einer Ausübung von Abgeordnetenbefugnissen. Vielmehr sind es auf der Zugehörigkeit zur Fraktion beruhende Mitgliedschaftsrechte der Abgeordneten, deren sich ein fraktionsangehöriger Abgeordneter bedient, wenn er an der Entfaltung der den Fraktionen eingeräumten parlamentsrechtlichen Stellung mitwirkt. Zusätzlich steht den Überlegungen, den Fraktionsstatus aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG herzuleiten, neben der besonderen Charakteristik der Fraktionsrechte entgegen, daß auch aus umgekehrter Sicht die dem Abgeordneten aus der Inha-

Morlok, JZ 1989, 1035, 1038 FN 38, 1045, der hier eine Parallele zur Problematik der Pressesubventionen zieht. Dazu näher unten im Kapitel B.II.3.c.bb. 75 Indem das Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 80, 188, 221, davon spricht, die Zugehörigkeit zu einer Fraktion betreffe den tatsächlichen Einfluß des Abgeordneten auf die parlamentarische Entscheidungsfindung, hat es ebenfalls zum Ausdruck gebracht, daß es den Status des Abgeordneten in rechtlicher Hinsicht durch die parlamentarischen Mitwirkungsbefugnisse der Fraktionen nicht tangiert sieht. Auch Klein, HdbStR II, § 41 RN 21, S. 378, geht lediglich von einer Einengung der praktischen Mitwirkungsmöglichkeiten des fraktionslosen Abgeordneten im Verhältnis zum fraktionsangehörigen Abgeordneten aus. 76 A.A. Loibl, S. 33 f., der den Umfang der innerparlamentarischen Mitwirkungsbefugnisse der Abgeordneten, einer Abgeordnetengruppe oder der Fraktionen als unabhängig von der parlamentarischen Organisationsform bezeichnet und allein aus dem Fakt des Zusammenschlusses sowie in Abhängigkeit von dessen Mitgliederstärke beurteilt. 77 Ähnlich bezeichnet auch Kretschmer, Das Parlament Nr. 22-23 v. 22./29. Mai 1992, die Fraktionen aufgrund der aus dem Zusammenschluß erwachsenden eigenständigen Rechtsstellung als »juristische Personen des Parlamentsrechts". Auch der Bayerische Verfassungsgerichtshof umschrieb die verfassungsrechtliche Stellung der Fraktionen in seiner Entscheidung zur Autonomie des Parlaments bei der Festlegung der Fraktionsmindeststärke dahingehend, „die Fraktion als Institution des öffenlichen Rechts (nehme) als mit eigenen Rechten und Pflichten ausgestattete Gliederung des Parlaments unmittelbare Verfassungsaufgaben wahr", BayVBl. 1976,431,434.

II. Verfassungsrechtliche Positionierung der Fraktionen

53

berschaft seines öffentlichen Amtes verliehenen Zuständigkeiten untrennbar mit seinem Mandat verknüpft sind. Im Rechtssinne sind Rechte der Abgeordneten auf Dritte - und damit auch auf die Fraktionen - weder übertragbar, noch können sie zur treuhänderischen Ausübung überlassen werden. Ohne die Rechtsmacht der Fraktionen bisher positiv verfassungsrechtlich begründet zu haben78, läßt sich nach dem oben Gesagten bereits festhalten, daß, sofern eine Fraktionsgründung die Voraussetzungen für eine parlamentsrechtliche Anerkennung erfüllt, die daraus hervorgehende Fraktion in ihrer rechtlichen Existenz und der ihr zukommenden Rechtsposition von den Abgeordnetenrechten ihrer Mitglieder unabhängig ist. Bei der Wahrnehmung ihrer parlamentarischen Aufgaben agieren die Fraktionen daher als eigenständiges parlamentarisches Handlungssubjekt neben und zwischen den Abgeordneten, nie aber an deren Stelle 79 . Während die Fraktionen als „Arbeits-. Integrations- und Aktionseinheiten" einer institutionalisierten Gruppe von Abgeordneten Mitwirkungsrechte am parlamentarischen Verfahren ausüben, sind die Abgeordneten die „Keimzellen" des Parlaments. Mit anderen Worten stellen die Fraktionen im Verhältnis zu den Abgeordneten ein parlamentsrechtliches aliud dar 80 . Die hier nach der materiellen Verfassungslage aufgezeigte rechtliche Verselbständigung der Fraktionen nicht nur gegenüber den Parteien 81, sondern auch gegenüber den sie tragenden Abgeordneten haben die Verfassungen der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt explizit als Verfassungsprinzip festgeschrieben, indem es dort heißt, daß die 78

Vgl. unten die Darstellung im Kapitel B.II.3. Vgl. auch Hauenschild, S. 142; Hohm, NJW 1985, 408, 410; Reich, Verf SA, Art. 47 RN 4. Ebenso interpretiert Mahrenholz die verfassungsrechtiche Definition der Fraktionen nach Art. 47 Abs. 2 Verf SA als eine Umschreibung der Rolle der Fraktionen neben den Abgeordneten, Neue Justiz 1994, 97,100. 80 Auch wenn die bisherigen Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht dem Gericht keine Gelegenheit geboten hatten, sich unmittelbar und eingehend mit der Rechtsstellung der Fraktionen zu befassen, ist in mehreren Entscheidungen die rechtliche Eigenständigkeit der Fraktionen explizit festgestellt worden. Bereits in dem Parteienfinanzierungsurteil 1966 sprach das Bundesverfassungsgericht davon, die Fraktionen seien mit eigenen Rechten ausgestattete Teile und ständige Gliederungen des Bundestags, BVerfGE 20, 56, 104. Deutlicher ist die Entscheidung um die Verfassungsmäßigkeit der Gesamthöhe und des Verteilungsschlüssels der Fraktionszuschüsse in der Bremer Bürgerschaft. Dort hatte das Gericht bei den Anträgen von einzelnen Mitgliedern der Bürgerschaft die Antragsbefugnis mit dem Hinweis verneint, daß allein die Fraktionen und Gruppen als rechtlich verselbständigte Empfänger dieser Mittel rechtlich unmittelbar betroffen seien, BVerfGE 62, 194, 201 f. Ebenso ist das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zur haushaltsrechtlichen Kontrolle der Geheimdienste verfahren, BVerfGE 70, 324, 354. Es vertrat die Ansicht, aus der Zugehörigkeit zu einer Fraktion folge nicht das Recht, etwaige parlamentarische Befugnisse der Fraktionen durch ein Fraktionsmitglied im eigenem Namen verfolgen zu können. Dies sei allein Sache der Fraktion, ihrer Willensbildung und Entscheidung. Das Gericht hatte daher den Antrag bereits als unzulässig zurückgewiesen und damit die grundsätzliche rechtliche Eigenständigkeit der Fraktionen gegenüber den sie bildenden Abgeordneten in aller Deutlichkeit herausgestellt. 81 Vgl. oben Kapitel B.II. 1. 79

54

B. Verfassungsrechtliche Vorgaben der staatlichen Fraktionsfinanzierung

Fraktionen m i t „eigenen

Rechten u n d Pflichten" an der Arbeit der Parlamente

mitwirken82,83.

3. Verfassungsrechtliche Legitimation der Fraktionen als Einrichtungen zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Parlamente N a c h der Ablehnung einer Rechtfertigung der staatsorganisatorischen Stellung der Fraktionen aufgrund ihrer natürlichen Verbundenheit zu den Parteien ebenso w i e eines Rückgriffs auf die Rechtsposition der fraktionsangehörigen Abgeordneten bleibt zu überlegen, ob die parlamentarische Tätigkeit der Fraktionen nicht unmittelbar aus ihrer M i t w i r k u n g bei der Herstellung der Funktionsfähigkeit der Parlamente zu legitimieren ist 8 4 .

82 Art. 27 Abs. 2 S. 1 Verf Bin; Art. 67 Abs. 1 S. 2 Verf Bbg; Art. 25 Abs. 2 S. 2 Verf MV; Art. 47 Abs. 2 Verf SA. Mit der Beschreibung der parlamentarischen Aufgaben der Fraktionen durch die Verfassung von Rheinland-Pfalz in Art. 85 a Abs. 2 S. 1 Verf RP als „Mitwirkung an der Erfüllung der Aufgaben des Landtags" wird ebenfalls der verfassungsrechtlichen Eigenständigkeit der Fraktionen Ausdruck verliehen. 83 Weiterhin finden sich in der Mehrzahl der Fraktionsgesetze Bestimmungen, die die Fraktionen in Übereinstimmung mit der hier herausgearbeiteten verfassungsrechtlichen Systematik als „rechtsfähige Vereinigungen", so § 46 Abs. 1 BAbgG, § 37 Abs. 1 AbgG Bre, § 49 Abs. 1 AbgG MV, § 2 Abs. 1 FraktG SA, § 1 Abs. 1 S. 1 FraktG RP, § 45 Abs. 1 S. 1 AbgG Thür, oder als „mit eigenen Rechten und Pflichten ausgestattete Vereinigungen/Gliederungen des/im Parlament" bezeichnen, so Art. 1 Abs. 1 S. 1 FraktG Bay, § 1 Abs. 2 S. 2 FraktG BW, § 2 Abs. 1 S. 2 FraktG Bin, § 1 Abs. 1 S. 2 FraktG Bbg, § 1 Abs. 1 S. 1 FraktG Hess, § 1 Abs. 1 S. 1 FraktG HH, § 30 Abs. 1 S. 2 AbgG NS, § 1 Abs. 2 FraktG SA. 84 Vorweg ist unter diesem Gesichtspunkt darauf hinzuweisen, daß der teilweise anzutreffende Argumentationsansatz, eine verfassungskräftige Verankerung der Fraktionen in der verfassungsrechtlich garantierten Autonomie der Parlamente zur Regelung seiner inneren Angelegenheiten nach Art. 40 Abs. 1 S. 2 zu suchen, nicht geeignet ist, um als eigenständige Legitimationsgrundlage einen Verfassungsstatus zu begründen (so aber Claus Arndt, § 21 RN 30, S. 660; Böhm/Edinger, ZRP 1991, 138, 140; Hubert Meyer, S. 391; Versteyl, in : von Münch, GG, Bd. 2, Art. 49 RN 16 g. Die Kritik gilt in entsprechender Weise für die Meinungen, die die Rechtsstellung der Fraktionen aus einer „synoptischen Konkordanz" der Art. 21 Abs. 1, Art. 38 Abs. 1 S. 2 und Art. 40 Abs. 1 S. 2 GG begründen, Trute, Jura 1990, 184, 188 f.; Schneider, in: AK-GG, Bd. 2, Art. 38 RN 35; Schröder, Jura 1987, 469,473). Aus der Sicht des Verfassungsrechts garantiert die Geschäftsordnungsautonomie den Parlamenten einzig die Befugnis, staatsorganisatorisch anerkannte Mitwirkungsrechte nach ihrem autonomen Willen auszugestalten und einander zuzuordnen (vgl. etwa BVerfGE 84, 304, 321). Aufgrund des damit allein Verfassungskonkretisierenden Charakters der Geschäftsordnung beinhaltet Art. 40 Abs. 1 S. 2 GG keine Ermächtigung, um sonstige Rechte mit Verfassungsrang zu begründen, die ihrerseits in der Lage wären, mit verfassungsrechtlichen Positionen der übrigen Beteiligten - und insbesondere dem Abgeordnetenstatus - zu kollidieren oder diesen zu beschränken, vgl. die Darstellung im Kapitel B.I.2.

II. Verfassungsrechtliche Positionierung der Fraktionen a) Grundproblematik der parlamentarischen Willensbildung Entscheidungsfindung im allgemeinen

55 und

Das Parlament nimmt die ihm verfassungsmäßig zukommenden Aufgaben durch eine entsprechende Willensäußerung seiner Mitglieder wahr. Abgesehen von den Akten einzelner Abgeordneter wie im Falle einer Anfrage an die Regierung, die beispielsweise als eine Form einer Ausübung der parlamentarischen Kontrollfunktion anzusehen ist, erfüllt das Parlament seine Funktionen etwa bei der Wahl des Regierungschefs oder dem Beschluß von Gesetzen stets durch das Zustandekommen einer verbindlichen Entscheidung seiner Mitglieder. Grundsätzlich gilt dabei die Mehrheit der abgegebenen Stimmen als Votum der gesamten Körperschaft 85«86. Mindestvoraussetzung für die Handlungsfähigkeit der Parlamente ist damit, daß überhaupt eine parlamentarische Entscheidung zustande kommt. Zur Erfüllung der parlamentarischen Aufgaben genügt es aber nicht, wenn sich die dabei herausbildende mehrheitsfähige Position auf den kleinsten gemeinsamen Nenner divergierender politischer Zielvorstellungen der Abgeordneten beschränkt 87. Seiner verfassungsmäßigen Stellung wird das Parlament vielmehr nur dann gerecht, wenn es bestrebt ist, sich mit sämtlichen anstehenden gewichtigen Fragen des Gemeinwesens zu befassen und nach einer den Bedürfnissen der Allgemeinheit möglichst weitgehend gerecht werdenden Entscheidung zu suchen. Voraussetzung zur Erreichung dieser verfassungspolitischen Zielsetzung ist ein dynamischer Prozeß der Meinungs- und Willensbildung zum einen zwischen den zur Entscheidung berufenen Abgeordneten und zum anderen in deren Wechselspiel mit den übrigen politischen Kräften wie der Regierung, den Parteien oder der Öffentlichkeit. Eine Entscheidungsfindung des Parlaments steht dabei vor dem Problem, daß bereits die Integration von Meinungen einer demokratisch zustandegekommenen und damit notwendig politisch heterogen zusammengesetzten Volksvertretung gesteigerter Anstrengungen bedarf. Zusätzlich sind es die Inhalte der Politik, die durch eine permanente Ausweitung der Staatsaufgaben sowie durch eine zunehmende Komplexität der Entscheidungsgegenstände und -prozesse ständig wachsende Ansprüche an die Erfüllung der Parlamentsfunktionen stellen88. Es bedarf daher einer durch Rationalität und Effektivität gekennzeichneten Organisation der Parlamente, die

85

Vgl. Art. 42 Abs. 2 GG; Art. 88 Abs. 2 Verf RP. In BVerfGE 2,143,161 f., hat das Bundesverfassungsgericht explizit festgestellt, daß mit der Abstimmung des Parlaments die Minderheitsmeinung im Beschluß der Mehrheit aufgeht. Vgl. auch Maunz y in: M/D/H/S, Art. 38 RN 7. 87 So auch Hauenschild, S. 106. 88 Vgl. zum Ganzen Grimm, ZParl 1 (1970), 448, 458 f.; Ismayr, S. 247 ff.; Schreckenberger, VerwArchiv 68 (1977), S. 28 ff. 86

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B. Verfassungsrechtliche Vorgaben der staatlichen Fraktionsfinanzierung

gleichzeitig die Mitwirkung aller Mandatsträger bei der parlamentarischen Willensbildung zuläßt, um die Fähigkeit der Parlamente zur angemessenen Wahrnehmung ihrer verfassungsmäßigen Funktionen zu erhalten 89. Welche Bedeutung einer Gewährleistung der Arbeitsfähigkeit der Parlamente zukommt, läßt sich daran verdeutlichen, daß in dem parlamentarischen Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland jedes Funktionsdefizit des Parlaments die Tendenz einer unkontrollierten Verlagerung eigentlich parlamentarischer Zuständigkeiten auf die vollziehende90 oder die rechtsprechende Gewalt 91 in sich birgt. b) Verfassungsrechtliche Anerkennung der Fraktionen aufgrund ihrer Bedeutung für den parlamentarischen Willensbildungsprozeß Die Fraktionen sind für die Arbeits- und Funktionsweise der Parlamente, wie sie sich im deutschen Parlamentswesen herausgebildet hat, und zur Wahrnehmung der herausgehobenen Stellung des Parlaments im Verfassungsgefüge einer parlamentarischen Demokratie unter dem Grundgesetz unerläßlich 92. Würden die Abgeordneten als „Einzelkämpfer" agieren, wäre das Parlament „faktisch" nicht imstande, die ihm zukommenden Funktionen wahrzunehmen 93. Der einzelne Abgeordnete verfügt weder über das politische Gewicht, um einen Konsens zwischen den Parlamentariern herbeizuführen, noch besitzt er aufgrund der Vielschichtigkeit und der starken Vernetzung der zu bearbeitenden Sachverhalte die Zeit und die fachliche Kompetenz, sich ausreichend mit den jeweiligen Entscheidimgsgegenständen vertraut zu machen94. Eine ausreichende Kompensation dieses Defizits ließe sich auch nicht dadurch erreichen, wenn ad hoc gebildete Parlamentariergruppen Vorlagen erarbeiten oder Verfahrensrechte geltend machen würden. Obwohl zumindest nach 89

Freytag, S. 148 ff.; Hauenschild, S. 104 ff.; Schulze-Fielitz, Gesetzgebung, S. 454 ff. Insbesondere im Bereich der Wissenschafts- und Technologiepolitik sind die Möglichkeiten des Parlaments, aufgrund eigener Sachkenntnis „richtige" Entscheidungen zu treffen, naturgemäß eingeschränkt, vgl. Grimmer, in: Graf von Westphalen, S. 161 ff. 91 So läßt sich beobachten, daß bei einer fehlenden Einigungsfähigkeit der parlamentarischen Kräfte wie beispielsweise bei der Frage nach der Zulässigkeit eines Einsatzes der Bundeswehr außerhalb des Natogebiets, BVerfGE 90, 286, oder nach der angemessenen Berücksichtigung des Existenzminimums im Einkommenssteuerrecht, BVerfGE 87,153, die politischen Kräfte vermehrt Aussagen des Bundesverfassungsgerichts abwarten, um daran die parlamentarische Willensbildung ausrichten zu können. Vgl. zum Ganzen Vogel, NJW 1996,1505 ff. 92 Im Ergebnis ebenso BayVefGH, BayVBl. 1976, 431, 434; Demmler, S. 176; Hauenschild, S. 126 ff.; Kürschner, S. 49; Linck, DÖV 1975, 689 ff.; Morlok, JZ 1989, 1035, 1038; Okkermann, S. 64; Rösslein, S. 135; Schmidt-Jortzig/Hansen, NVwZ 1994, 1145, 1146; SchulzeFielitz, DÖV 1989, 829, 834; Schüttemeyer, S. 114 ff.; Stern, Bd. I, § 23 I 2 c, S. 1028. 93 Klein, HdbStR II, § 41 RN 5, S. 371 f.; Linck, in: Linck/Jutzi/Hopfe, ThürLV, Art. 38 RN 2; Magiera, Parlament, S. 128. 94 Claus Arndt, § 21 RN 5, S. 645. 90

II. Verfassungsrechtliche Positionierung der Fraktionen

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der Rechtslage im Bund die meisten der Initiativbefugnisse den Fraktionen genauso wie einer Anzahl von Abgeordneten in Fraktionsstärke verliehen sind 95 , ist für eine Geltendmachung durch ein Quorum kennzeichnend, daß es der positiven Unterstützung sämtlicher Teilnehmer der Initiative bedarf. Das Gewicht der Mitsprachemöglichkeiten jedes einzelnen Abgeordneten ist dementsprechend außerordentlich hoch, da es diesem, sobald er seinen politischen Willen nicht ausreichend verwirklicht sieht, jederzeit frei steht, seine Unterstützung zurückzuziehen. So vorteilhaft dies für eine ungehinderte Entfaltung der politischen Überzeugungen des einzelnen Abgeordneten erscheinen mag, bedarf es dadurch gleichzeitig erhöhter Anstrengungen, um eine Einigung zwischen den Abgeordneten zu erzielen. Dies erschwert nicht nur das Zustandekommen von Initiativen, sondern insbesondere im Vergleich zur Wahrnehmung einer Initiative durch eine Fraktion wird dadurch die Möglichkeit, einen gewichtigen Beitrag zur Herausbildung mehrheitsfähiger Positionen zu leisten, erheblich verringert. Die Fraktionen stellen demgegenüber eine stabile und dennoch politisch aktionsfähige Vereinigung von Parlamentariern dar. Mit ihrem Zusammenschluß verpflichten sich die Fraktionsmitglieder, für die Dauer einer Legislaturperiode zusammenzuarbeiten. Unabhängig davon, woraus die Motivation des einzelnen Abgeordneten resultiert, sich den Zwängen einer Zusammenarbeit in der Fraktion auszusetzen, wird stets angestrebt, mit dem Zusammenschluß die Durchsetzungsfähigkeit aller im parlamentarischen Verfahren zu erhöhen. Die Verfolgung dieses Ziels verlangt ein politisch und organisatorisch abgestimmtes Verhalten der Fraktionsmitglieder sowohl intern bei der Herausbildung eines einheitlichen Willens der Fraktion als auch nach außen bei der Umsetzung des innerfraktionellen Willens innerhalb des parlamentarischen Verfahrens 96. Die seit Beginn der parlamentarischen Entwicklung in Deutschland97, aber auch in den benachbarten parlamentarischen Demokratien 98, zu beobachtende natürliche Gruppenbildung der Abgeordneten macht sich das Parlamentsrecht nunmehr zu eigen, indem es die Fraktionen rechtlich anerkennt. Dies erlaubt es dem Parlamentsrecht und der parlamentarische Praxis, bei der Ausgestaltung des Geschäftsverfahrens an die Fraktionen als Konstante der parlamentarischen Willensbildung anzuknüpfen. Die Bedeutung der Fraktionen für die parlamentarische Arbeit geht jedoch über das Gewicht einzelner konkreter Mitwirkungsund Gestaltungsrechte erheblich hinaus. Mit der Ausübung einer jeden der den 95

Vgl. oben die Darstellung im Kapitel B.II.2.b)aa). Vgl. allgemein die instruktiven Darstellungen zur Willensbildung und Wirkungsweise der Fraktionen bei Hauenschild, Wesen und Rechtsnatur der parlamentarischen Fraktionen; Jekewitz, Die Fraktion: Politische Bedeutung, Rechtsstellung und Verfahren der Bundestagsfraktionen; Kretschmer, Fraktionen-Parteien im Parlament. 97 Vgl. etwa die eingehenden Darstellungen bei Graf von Westphalen, S. 76 ff; Hagelstein, S. 8 ff.; Hauenschild, S. 21 ff.; Kramer, S. 41 ff.; Schönberger, S. 4 ff. 98 Vgl. der Nachweis bei Jekewitz, Bundestagsfraktionen, § 37 RN 27, S. 1031. 96

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B. Verfassungsrechtliche Vorgaben der staatlichen Fraktionsfinanzierung

Fraktionen durch Verfassung, Gesetz, Geschäftsordnung oder durch das parlamentarische Gewohnheitsrecht eingeräumten parlamentarischen Befugnisse ist verbunden, daß die auf der Ebene des innerfraktionellen Willensbildungsprozesses zwischen den Fraktionsmitgliedern erzielte Einigung bereits eine notwendige Vorklärung für den parlamentarischen Entscheidungsprozeß beinhaltet. Die von den Fraktionen primär im Eigeninteresse durchgeführte interne Integration politischer Standpunkte sowie die Koordination ihres Auftretens nach außen macht sich das Parlament damit zur Verbesserung seiner eigenen Arbeits- und Funktionsfähigkeit zunutze. Dies gilt sowohl für die inhaltlichpolitische Gestaltung der parlamentarischen Arbeit als auch für die Steuerung des Ablaufs der Parlamentsarbeit. Die innerfraktionelle Zusammenarbeit durch den gegenseitigen Erfahrungsund Informationsaustausch der Fraktionsmitglieder sowie ihre organisatorische Arbeitsteilung ist darauf gerichtet, parlamentarische Initiativen in ihrem inhaltlichen Gehalt und ihrer politischen Wirkung so weit wie möglich zu optimieren. I m Gegensatz zur Ausübung parlamentarischer Befugnisse durch einzelne Abgeordnete oder eine Gruppe von Abgeordneten gewährleistet die institutionalisierte Willensbildung in der Fraktion in mehrfacher Hinsicht eine effektive Befassung mit den Themen der parlamentarischen Arbeit und vermittelt dadurch dem Parlament als solchem die Herstellung und den Erhalt seiner Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit. In erster Linie zu nennen ist die der Willensbildung der Fraktionen anhaftende gesteigerte Konzentrationswirkung, die einerseits aus dem arbeitsteiligen Zusammenwirken der Fraktionsmitglieder und andererseits aus der grundsätzlichen Gültigkeit des Mehrheitsprinzips für die Beschlußfassungen der Fraktionen resultiert. Die Fraktionen sind aufgrund der dargestellten Zuweisung eigener Rechte und Pflichten zur autonomen Ausgestaltung ihrer fraktionsinternen Willensbildung berechtigt". Die Tatsache, daß ein Zusammenschluß zur Fraktion grundsätzlich für den Zeitraum einer Legislaturperiode angelegt ist, läßt im Unterschied zur ad hoc-Gruppe die Herausbildung fester Organisationsstrukturen zu 1 0 0 . Das im deutschen Parlamentswesen durchgängig dreigestufte Verfahren, bestehend aus der Lenkung durch

99

Dazu näher unten Kapitel CIL 1 .c). Das heißt aber keineswegs, daß jede neu gebildete Fraktion in ihrer Handlungsfähigkeit zunächst durch eine Beschäftigung mit der Ausgestaltung ihres internen Verfahrens blockiert wird. Bei Beginn einer Legislaturperiode streben Fraktionsgründungen - soweit möglich - die Rechtsnachfolge der Vorgängerfraktionen an, die der Parteiverbundenheit ihrer Mitglieder entspricht (vgl. die in den Fraktionsgesetzen getroffenen Regelungen zur Rechtsnachfolge wie etwa § 54 Abs. 7 BAbgG oder § 9 FraktG RP), und übernehmen dabei in der Regel auch durch konstitutiven Beschluß die in den als Arbeitsordnungen, Geschäftsordnungen oder Satzungen bezeichneten Regeln der inneren Ordnung ihrer Vorgängerin. Auch wenn eine solche nicht vorhanden ist, bietet sich aufgrund der langen Tradition des Fraktionswesens in der deutschen Parlamentsgeschichte der Rückgriff auf das allgemein herausgebildete Grundmuster einer Binnenorganisation der Fraktionen an. 100

II. Verfassungsrechtliche Positionierung der Fraktionen

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den Fraktionsvorstand, der sachlichen und fachlichen Vorbereitung der Initiativen durch die Arbeitskreise und -gruppen und der Entscheidung durch die Fraktionsversammlung, beschleunigt die Entscheidungsfindung und hält gleichzeitig das Maß an Reibungsverlusten aufgrund von Interessengegensätze zwischen den Fraktionsmitgliedern auf einem Minimum. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, die internen Zuständigkeiten entsprechend der vorhandenen fachlichen Fähigkeiten einzelner Fraktionsmitglieder aufeinander abzustimmen. Auch dann, wenn ein Abgeordneter ein Themengebiet betreut, das für ihn Neuland darstellt, bietet eine längerfristig betriebene fraktionsinterne Zuordnung den Vorteil, daß die parlamentarischen Initiativen eines Sachgebiets von einem Fraktionsmitglied kontinuierlich begleitet werden. Das Fraktionsmitglied entwickelt sich dadurch zu einem „Experten" und vermag die Qualität und das Gewicht seines Einflusses bei der Behandlung parlamentarischer Initiativen in der innerfraktionellen und der parlamentarischen Auseinandersetzung zu steigern. Durch das der Arbeitsteilung innerhalb der Fraktion vorgegebene Grundmuster wird daneben die gegenseitige Bereitschaft gefordert, im allgemeinen die von den Fraktionskollegen in den Arbeitsgremien geleistete Arbeit zu tolerieren. Die innerfraktionelle Willensbildung ist damit nicht mehr primär auf die Erzielung bloßer Kompromisse gerichtet. Angestrebt wird vielmehr eine politische Gestaltung der Sachthemen in einer Atmosphäre des gegenseitigen Überzeugens und Kooperierens. Der innerfraktionelle Integrationsprozeß wird dabei zusätzlich von seiten der eingerichteten Fraktionshilfsdienste etwa durch die Bereitstellung politisch aufgearbeiteter Informationen unterstützt, die zusätzlich zu den Hilfestellungen tritt, die jeder Abgeordnete durch die grundsätzlich politisch neutrale Zuarbeit der Parlamentsverwaltungen oder seiner persönlichen Assistenten erhält. Kommt es später zur endgültigen Entscheidung durch die Fraktionsversammlung, erlaubt die Geltung des Mehrheitsprinzips 101, daß die Fraktion nicht gezwungen ist, auf die Ansichten einzelner Rücksicht zu nehmen. Dies ermöglicht es, in einem angemessenen Zeitraum zu klaren Ergebnissen zu kommen. Ein weiterer Effekt ist, daß in einer Fraktion diskutierte politische Standpunkte nur dann über das Medium der Fraktion in das parlamentarische Verfahren eingeführt werden, wenn eine Meinung bereits innerhalb der Fraktion mehrheitsfähig gewesen ist. Diese besonderen Gesetzlichkeiten des innerfraktionellen Willensbildungsprozesses sind für eine wirkungsvolle und rationale Erledigung der Parla101

Grundsätzlich gilt die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen, so ausdrücklich § 12 Nr. 2 der AO der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, § 8 Abs. 2 S. 1 der GO der F.D.P.-Bundestagsfraktion. Die Handlungsfähigkeit der Fraktion wird weiter dadurch erhöht, daß zur Erreichung der Beschlußfähigkeit nur die Anwesenheit von mehr als der Hälfte der Mitglieder erforderlich ist und eine Feststellung der Beschlußfähigkeit auch nur ausnahmsweise auf Rüge erfolgt, § 9 GO der SPD-Bundestagsfraktion, § 8 Abs. 1 S. 2 GO der F.D.P.-Bundestagsfraktion. Vgl. zum Ganzen Sylvia Kürschner, S. 103.

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B. Verfassungsrechtliche Vorgaben der staatlichen Fraktionsfinanzierung

mentsgeschäfte von besonderer Wichtigkeit. Zunächst ermöglicht eine beschleunigte Befassung mit den Gegenständen der parlamentarischen Arbeit, daß im Ergebnis eine größere Anzahl von Sachthemen behandelt werden kann. Der zeitliche Aspekt ist daneben von großer Bedeutung, wenn das Parlament seine Fähigkeit, im politischen Willensbildungsprozeß eine aktive Rolle zwischen der Regierung und dem gesellschaftspolitischen Bereich spielen zu können, erhalten will. In diesem Fall ist es erforderlich, daß das Parlament in der Lage ist, in einem adäquaten Zeitraum Positionen herauszubilden und zu vertreten. Dies gilt beispielsweise, wenn die aktuelle Regierungspolitik Anlaß zur parlamentarischen Kontrolle gibt oder wenn die besondere Dringlichkeit eines Gesetzgebungsvorhabens eine beschleunigte Beratung erfordert. Daneben gewährleistet die durch das Mehrheitsprinzip bewirkte innerfraktionelle Vorfilterung mittelbar, daß eine aus der innerfraktionellen Willensbildung hervorgegangene politische Position anschließend im parlamentarischen Verfahren aufgrund der sie tragenden Fraktionsmitglieder auch mit einer gewissen Erheblichkeit ausgestattet ist. Neben der darin begründeten Rationalisierung des parlamentarischen Prozesses gestattet dies, daß einzelne Initiativen nicht wie im Fall der ad hoc-Gruppe nur in Abhängigkeit von zufälligen Mehrheitskonstellationen Zustandekommen102. Die auf Dauer angelegte Zusammenarbeit in einer Fraktion erlaubt es statt dessen, politische Zielvorstellungen, die einmal aus der fraktionsinternen Willensbildung hervorgegangen sind, durch die Ausübung der entsprechenden parlamentarischen Befugnisse kontinuierlich im Parlament zu begleiten und auf diese Weise ihre parlamentarische Wirkung zu optimieren. Grundbedingung dafür, daß die auf fraktioneller Ebene betriebene inhaltliche Optimierung und Integration von Meinungen auch die angestrebte Straffung der parlamentarischen Arbeit bewirkt, ist die grundsätzliche „Unterwerfung" oder - wertfrei formuliert - die „Akzeptanz" des innerfraktionellen Willensbildungsprozesses durch die Fraktionsmitglieder, wenn dessen Ergebnis im parlamentarischen Verfahren zu vertreten ist 103 . Materielle Bedingung für eine verfassungsrechtliche Anerkennung des Zusammenschlusses als Fraktion ist daher, daß die Fraktionsmitglieder über eine übereinstimmende politische Grundüberzeugung verfügen 104 . Nur wenn ein ausreichender Grundkonsens der Mitglieder besteht, ergibt sich überhaupt die Möglichkeit einer dauerhaften Zu-

102

So auch der Hinweis von Linck, in: Linck/Jutzi/Hopfe, ThürLV, Art. 58 RN 2. Rösslein, S. 134. Im Bund und einigen Ländern wird diese Anforderung dadurch sichergestellt, daß eine parlamentsrechtliche Anerkennung als Fraktion formal an die Bedingung der Zugehörigkeit oder der Nominierung durch die gleiche Partei geknüpft ist, § 10 Abs. 1 S. 1 GO BT; § 1 Abs. 1 FraktG Bbg; § 17 Abs. 1 GO LT BW; § 6 Abs. 1 GO LT Bay; § 2 Abs. 1 GO LT NS; § 8 Abs. 1 GO LT RP; § 12 Abs. 1 GO LT Sachs; § 22 Abs. 1 GO LT SH; § 44 Abs. 1 S. 1 AbgG Thür. Insofern wird aus der Beziehung zur gleichen Partei die Vermutung der politischen Homogenität der jeweiligen Mandatsträger abgeleitet. 103

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II. Verfassungsrechtliche Positionierung der Fraktionen

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sammenarbeit, die das Entstehen einer gegenseitigen Vertrauensbasis oder zumindest die Bildung von gegenseitiger Akzeptanz um des politischen Erfolges willen zuläßt. Obwohl es keinen Fraktionszwang gibt und geben darf 0 5 , gewährleistet dies, daß der arbeitsteilig entworfene Inhalt parlamentarischer Initiativen auch von nicht direkt bei der Vorbereitung beteiligten Fraktionsmitgliedern, die womöglich gar abweichender Meinung sind, in aller Regel mitgetragen wird. Bezogen auf den technisch-organisatorischen Ablauf der Parlamentsarbeit hat dies die weitere positive Folge, daß, solange die fraktionelle Geschlossenheit gewahrt bleibt, sich die Zahl der handelnden Akteure im Parlament verringert. A u f diese Weise entsteht durch die enge und auf Dauer angelegte Zusammenarbeit gleichgesinnter Abgeordneter ein politisch strukturiertes Parlament 106 . Verschiedene politische und organisatorische Schaltstellen des Parlaments lassen sich nach ihrer Zweckbestimmimg gar nur durch Vertreter der Fraktionen besetzen107. In diesem Zusammenhang kommen die zur Verdeutlichung der Verschiedenartigkeit zwischen den Rechten der Abgeordneten und denen der Fraktionen angeführten Erwägungen erneut zum Tragen. Exemplarisch soll dies an einem der ältesten und weiterhin einem der gewichtigsten Rechte der Fraktionen zur Besetzung der Ausschüsse aufgezeigt werden. Die auf die Dauer der Legislaturperiode angelegte Fraktionsbildung erlaubt es, daß durch die Besetzung der Ausschüsse mit Vertretern der Fraktionen deren Zusammensetzung für den Zeitraum der Wahlperiode grundsätzlich unverändert bleibt und dadurch eine kontinuierliche Ausschußarbeit ermöglicht wird. Darüber hinaus sind die Ausschüsse nur dann in der Lage, in der - wie es § 62 Abs. 1 S. 2 GO BT beschreibt - Funktion eines „vorbereitenden Beschlußorgans" einen Teil des Entscheidungsprozesses des Parlaments vorwegzunehmen 108 , wenn die Kräfteverhältnisse im Ausschuß denen im Plenum entsprechen 109 . Voraussetzung dafür ist, daß die einzelnen Ausschußmitglieder im politischen Sinne stellvertretend für eine Mehrzahl politisch gleichgesinnter Abgeordneter an der Ausschußarbeit mitwirken. Andernfalls bestünde die Gefahr, daß die Arbeit der Ausschüsse durch Änderungsanträge im Plenum wieder zunichte gemacht würde 110 . Zusammenschlüsse zur Fraktion bieten daher nicht

105

Magiern, in: Sachs, GG, Art. 38 RN 50; Maunz, in: M/D/H/S, Art. 38 RN 12. Vgl. Zeh, HdbStR II, § 42 RN 6, S. 393. 107 Vgl. Florian Becker, ZParl 27 (1996), 189,195. 108 So die Beschreibung durch das Bundesverfassungsgericht in BVerfGE, 80,188, 221. Vgl. auch Di Fabio, Der Staat Bd. 29 (1990), 599, 604; Ismayr, S. 184 f. 109 Aus diesem Grund spricht das Bundesverfassungsgericht davon, daß die Ausschüsse in ihrer Zusammensetzung ein „verkleinertes Abbild des Plenums" darstellen müssen, BVerfGE 80, 106

188,222.

110 Ebenso Ismayr, S. 187. Verwiesen sei insofern nochmals auf die Erfahrungen mit den nach der Preußischen Geschäftsordnung vom 28.3.1849 durch Losentscheid besetzten Abteilungen, Hauenschild, S. 31 ff.; Magiera, Parlament, S. 133.

62

B. Verfassungsrechtliche Vorgaben der staatlichen Fraktionsfinanzierung

nur die Gewähr, daß die Fraktionsvertreter im Ausschuß mit dem politischen Gewicht der von ihnen vertretenen Fraktionskollegen agieren, sondern die eingenommene Position von den Fraktionsmitgliedern bei der späteren Beschlußfassung im Plenum auch mitgetragen werden wird 1 1 1 . Zusätzlich ist die Willensbildung innerhalb der Fraktionen zur Gewährleistung des Repräsentationsprinzips ein notwendiges Pendant zu den Ausschüssen. In einem parlamentarischen System, in dem sich wesentliche Phasen der Meinungsbildung innerhalb der Ausschüsse als zahlenmäßig überschaubare und fachlich spezialisierte Gremien des Parlaments vollziehen, stellt die Rückkopplung des Fraktionsvertreters zu seiner Fraktion, das heißt zu den nicht an der Ausschußarbeit beteiligten fraktionsangehörigen Abgeordneten, eine notwendige Ergänzung dar, um eine größtmögliche mittelbare Partizipation aller Abgeordneten bei der parlamentarischen Entscheidungsfindung zu ermöglichen 112 . Nach alledem läßt sich sagen, daß es grundsätzlich erst die Fraktionen - sei es als Regierungs- oder als Oppositionsfraktion - einem Parlament erlauben, den erforderlichen Überblick und die notwendige Sachkenntnis zu erlangen, um etwa im Rahmen der Legislativ- und der Kontrollfunktion seine verfassungsrechtliche Position gegenüber der Regierung 113 wahren zu können 114 . Die mit der Anerkennung der Fraktionen verbundene Herausbildung eines politisch formierten Parlaments ist, neben seinem besonderen Wert für das parlamentarische Verfahren selbst, in einem parlamentarischen Regierungssystem wie unter dem Grundgesetz insbesondere notwendig, um es einem von einer Parlamentsmehrheit gewählten Regierungschef zu ermöglichen, im Zusammenwirken mit der(n) ihn tragenden Fraktion(en) auch über das Parlament seine Politik umsetzen zu können 115 , ebenso wie es von elementarer Bedeutung ist, daß sich die parlamentarische Regierungsmehrheit einer handlungsfähigen und dadurch gewichtigen parlamentarischen Opposition gegenübersieht 116. Darin ist ein wesentlicher Beitrag zugunsten eines politischen Wettbewerbs um die Her-

111

Magiern, S. 133. Vgl. BVerfGE 44, 308,318; Magiera, Parlament, S. 128. Eine interessante Gegenüberstellung der Mitarbeiterzahlen von Fraktion, Bundestagsverwaltung und Regierung ist bei Kretschmer, Fraktionen, S. 120 f., zu finden. Danach beschäftigten in der 9. Wahlperiode des Deutschen Bundestages die Bundestagsfraktionen insgesamt 393 Mitarbeiter, die Bundestagsabgeordneten 1340 Assistenten und die Bundestagsverwaltung verfugte über knapp 1 600 Bedienstete, während der Regierungsapparat annähernd 20 000 Beamte, Angestellte und Arbeiter des öffentlichen Dienstes umfaßte. Zu bedenken ist jedoch, daß ein bloßer Zahlenvergleich keine Wertung nach der Art der ausgeübten Tätigkeit beinhaltet. 114 Claus Arndt, § 21 RN 7, S. 676; Ismayr, S. 40 ff.; Rösslein, S. 132, 135; Schönberger, S. 110; Schüttemeyer, S. 118 ff. 115 Haberland, S. 142; Schüttemeyer, S. 126 ff. 116 Insofern weist vor allem Reich, VerfLSA, Art. 48 RN, zutreffend darauf hin, daß eine wirkliche Oppositionstätigkeit mit dem Ziel, der eigenen Ansicht zur Mehrheit zur verhelfen, naturgemäß ohne die Koordination der Willensbildung in einer Fraktion von einem einzelnen Abgeordneten nicht wahrgenommen werden könnte. 112 113

II. Verfassungsrechtliche Positionierung der Fraktionen

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ausbildung möglichst weitgehend im Gemeinwohlinteresse liegender parlamentarischer Entscheidungen zu sehen117. Vor dem Hintergrund der aufgezeigten Grundproblematik der parlamentarischen Willensbildung und Entscheidungsfindung ist die parlamentsrechtliche Anerkennung und die Ausrichtung des parlamentarischen Verfahrens auf die Fraktionen Ausdruck der inneren Logik des parlamentarischen Systems, das ohne eine politische Formation seiner Arbeit der Gefahr einer nicht ausreichenden Entscheidungsfähigkeit ausgesetzt wäre 118 . Läßt sich nach dem oben Gesagten der Beitrag der Fraktionen bei der Herstellung der Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit der Parlamente nicht hinwegdenken, so begründet sich die verfassungsrechtliche Legitimation der Existenz und des Wirkens der Fraktionen innerhalb des staatlichen Willensbildungsprozesses unmittelbar aus ihrer Bedeutung für die Herstellung und den Erhalt der Funktionsfähigkeit der Parlamente. Wie es mit der Errichtung einer jeden öffentlichen Einrichtung naturgemäß verbunden ist, daß diese in der Lage sein muß, ihren öffentlichen Zweck zu erfüllen, mithin zu „funktionieren", gilt dieser Grundsatz in besonderer Weise für die Institution „Parlament" 119 . In Anbetracht der in einer parlamentarischen Demokratie zentralen Stellung der Volksvertretung 120 ist die Fähigkeit der Parlamente, ihre Aufgaben effektiv und sachgerecht wahrnehmen zu können, nicht nur für das Funktionieren des parlamentarischen Systems insgesamt von herausragender Bedeutung, sondern ihr kommt daneben die Dimension eines verfassungsrechtlichen Rechtsprinzips zu. Entsprechend dem den Parlamenten innerhalb der institutionalisierten Staatlichkeit zukommenden Rang ist die Handlungs- und Funktionsfähigkeit der Parlamente daher als verfassungsimmanentes Rechtsgut anerkannt 121 und damit grundsätzlich geeignet, die

117

Vgl. zur allgemeinen Herleitung dieses Grundsatzes Krüger, S. 481 ff. So bereits Hauenschild, S. 126, ohne daraus allerdings eine kompetenzbegründende Funktion abzuleiten. Vgl. auch Linck, in: Linck/Jutzi/Hopfe, Art. 58 RN 2. 119 Vgl. Bianca Fischer, DVB1. 1981, 517; Lerche, BayVBl. 1991, 517. 120 Allgemein sei auf die dem Bundestag im Grundgesetz zugewiesenen grundlegenden Aufgaben wie die Wahl des Bundeskanzlers, Art. 63 Abs. 1, oder das Recht zur Gesetzgebung, Art. 76 Abs. 1 i.V.m. 78 GG, hingewiesen. So fußt die Ausübung jeglicher staatlichen Gewalt auf einer Ermächtigung seitens des Parlaments, das als einziges Verfassungsorgan durch das Volk in Wahlen unmittelbar demokratisch legitimiert wird, BVerfGE 80, 188, 217; Achterberg, Parlamentsrecht, S. 95; Herzog, in: M/D/H/S, Art. 20 RN 74 ff. 121 BVerfGE 10, 4, 13; 44, 308, 316; 70, 324, 359, 366; 82, 322, 338; Abmeier, S. 64 ff.; Bollmann, S. 72; Demmler y S. 270; Bianca Fischer, DVB1. 1981, 517, 520 f.; Häberle, AöR 98 (1973), 625, 631, 634; Schröder, Jura 1987; 469, 474; Stern, Bd. I, § 23 I 2, S. 1028. Dementsprechend wird beispielsweise die Geltung einer Sperrklausel bei den Parlamentswahlen in Hinblick auf den im politischen Willensbildungsprozeß geltenden streng formalisierten Gleichheitsgrundsatz ebenfalls mit dem Argument gerechtfertigt, die Verhinderung einer Zersplitterung der im Parlament agierenden Kräfte diene der Förderung einer Mehrheitsbildung im Parlament; so das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung beispielsweise bezogen auf die Wahlen zum Europäischen Parlament - BVerfGE 51, 222, 235 ff.; zum Bundestag - BVerfGE 41, 399, 421; zum Landtag Rheinland-Pfalz - BVerfGE 34, 81, 99 f. 118

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B. Verfassungsrechtliche Vorgaben der staatlichen Fraktionsfinanzierung

den Fraktionen durch das Parlamentsrecht verliehene (bestimmende) Funktion im Ablauf und der Organisation der parlamentarischen Arbeit zu rechtfertigen 122. Dabei steht es auch nicht in einem Widerspruch, daß einerseits aus Gründen der Funktionsfähigkeit verfassungsrechtlich ein eigenständiges Wirkungsrecht der Fraktionen angenommen wird, während andererseits die Parlamente wegen des Charakters der Fraktionen als freiwilliger Zusammenschlüsse auf deren Konstituierung keinen direkten Einfluß zu nehmen vermögen 123 . Daß das Parlamentsrecht bei der Ausgestaltung des Fraktionsstatus die rechtlichen Rahmenbedingungen für die im öffentlichen Interesse anerkannten parlamentarischen Entfaltungsmöglichkeiten als Fraktion vorgibt, ohne gleichzeitig auf die Vornahme des Gründungsaktes hinwirken zu können, ist im Gegenteil ein notwendiges Attribut des politischen Auftrags der Volksvertretung. Politische Strukturen lassen sich nicht starr vorgeben. Das Parlamentsrecht kann allein durch eine abstrakte Berücksichtigung der Fraktionen bei der Ausgestaltung des parlamentarischen Verfahrens das Angebot einer weiteren parlamentarischen Handlungsform schaffen. Inwieweit sich einzelne politische Strömungen innerhalb der Parlamente tatsächlich als Fraktion organisieren und sich auf diesem Wege die an den Fraktionsstatus anknüpfenden parlamentarischen Mitwirkungsmöglichkeiten zunutze machen, ist von deren politischen Einigungswillen abhängig und entzieht sich jeder parlamentsrechtlichen Vorbestimmung. Ziel muß es aber sein, daß das Parlamentsrecht eine derart attraktive organisatorische Basis für die Arbeits- und Wirkungsfähigkeit als anerkannte Fraktion bietet, um geradezu zwangsläufig die Bildung von Fraktionen zu erwirken und dadurch letztlich die für den Erhalt der Arbeitsfähigkeit der Parlamente gebotene Konzentration von Abgeordnetenmeinungen entscheidend zu fördern 124. Unter diesem Blickwinkel ist dabei auch die maßgeblich von ihrer finanziellen Ausstattung bestimmte Arbeits- und Gestaltungsfähigkeit der Fraktionen zu sehen. Außerhalb der Verfassungsräume, in denen die Rechtsstellung der Fraktionen verfassungsrechtlich originär begründet ist 125 , leitet sich nach der hier vertretenen Ansicht der verfassungsrechtliche Status der Fraktionen mithin einzig aus dem Prinzip der Funktionsfähigkeit der Parlamente ab.

122 Explizit a.A. Martin, S. 60 f., der den Charakter der Fraktionen mit den Worten eines „Selbsthilfebündnisses" seiner Mitglieder beschreibt und im Gegensatz zum Verfasser den Nutzen ftir das Parlament als „bloßen" Reflex abtut. M.E. verkennt Martin insoweit, daß sich staatsorganisatorische Befugnisse nicht nach der Motivation der Handelnden rechtfertigen lassen, sondern danach, welche Zweckbestimmung das Parlamentsrecht vorgibt. 123 So aber Demmler, S. 176 f.; Jekewitz, ZRP 1993, 344, 346; Martin, S. 58 f.; Hans Meyer, Emanzipation, S. 325, 342. 124 Ähnlich Bollmann, S. 71. 125 Art. 27 Verf Bin; Art. 67 Verf Bbg; Art. 25 Verf MV; Art. 85 a Verf RP; Art. 47 Verf SA.

II. Verfassungsrechtliche Positionierung der Fraktionen

65

c) Vereinbarkeit eines aus Gründen der Funktionsföhigkeit der Parlamente anerkannten Fraktionsstatus mit dem Status der Abgeordneten Nachdem bei der Zuordnung von Abgeordneten- und Fraktionsstatus noch ungeklärt geblieben ist, worin die geforderte selbständige Legitimationsgrundlage für das Wirken der Fraktionen seinen Ursprung findet, soll nunmehr klarstellend auf das staatsorganisationsrechtliche Verhältnis der vorgenommenen Ableitung des Fraktionsstatus mit dem Status der Abgeordneten eingegangen werden. Einer von der Rechtsstellung der Abgeordneten unabhängigen Herleitung des Fraktionsstatus wird in der Literatur vereinzelt entgegengehalten, sämtliche parlamentarischen Handlungsrechte müßten wegen des Repräsentationsprinzips im Status der Abgeordneten wurzeln. Die Volksvertretung werde ausschließlich von ihren Mitgliedern gebildet, so daß losgelöst vom Status der Abgeordneten keine parlamentarischen Rechte der Fraktionen begründet werden könnten 126 . Weiter ist aufzuzeigen, ob die Zuweisung von Kompetenzen an die Fraktionen das Recht der Abgeordneten auf gleiche Teilhabe und gleiche Mitwirkung am parlamentarischen Entscheidungsprozeß tangiert.

aa) Das Abgeordnetenmandat in der Entscheidung über die Ausgestaltung des parlamentarischen Verfahrens Die Frage nach der Vereinbarkeit von Abgeordneten- und Fraktionsstatus läßt sich nur beantworten, wenn Klarheit herrscht, welcher Stellenwert dem Status der Abgeordneten bei einer Entscheidung über die Ausgestaltung des parlamentarischen Verfahrens beizumessen ist. I m Zentrum der Überlegungen stehen dabei die Prämissen, daß die Abgeordneten zwar in ihrer Gesamtheit das Parlament bilden und seine Aufgaben und Befugnisse wahrnehmen 127, gleichzeitig aber die Repräsentation des Volkes nur vom Parlament als Ganzem verwirklicht werden kann 128 . Die Stellung eines einzelnen Mandatsträgers ist damit zwingend unter Berücksichtigung seiner Einbindung in die Erfordernisse einer abgestimmten parlamentarischen Arbeit der gesamten Volksvertretung zu definieren. Vom Grundgesetz wird nicht eine in jeder Hinsicht freie und ungebundene Entfaltung der Parlamentarier bei der Wahrnehmung ihres Mandats geschützt. Bei einer Ausgestaltung der Rechtsstellung der Abgeordneten im Rahmen einer ordnungsgemäßen Gestaltung des parlamentarischen Geschäftsgangs steht vielmehr im Vordergrund, welche anteiligen Mitwirkungsrechte dem einzelnen Mandatsträger als Teil des

126 Demmler, S. 263, 266 ff.; Haberland, S. 67; LoibU S. 32 ff., Morlok, JZ 1989, 1035, 1045; ders., DVB1. 1991,998, 999 f. 127 BVerfGE 80,188, 217 f.; 92, 74, 80. 128 BVerfGE 44, 308, 316; 56, 396,405; 80,188, 218; Klein, HdbStR II, § 41 RN 30, S. 382.

5 Schneider

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B. Verfassungsrechtliche Vorgaben der staatlichen Fraktionsfinanzierung

Parlaments bei der Erfüllung der parlamentarischen Aufgaben zugebilligt werden können. Rechte der Abgeordneten sind naturgemäß Mitgliedschaftsrechte 129, so daß dem einzelnen deren Ausübung nur in einem Umfang gewährt werden können, wie dies unter Berücksichtigung des Bedürfnisses nach einer effizienten Arbeitsweise und Entscheidungsfindung des Parlaments an sich möglich ist 130 . Bildlich gesprochen, ruht auf dem Abgeordnetenstatus aus Gründen der Funktionsfähigkeit des Gesamtgremiums eine Integrationslast 131. Auch das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach die Notwendigkeit herausgehoben, daß die Rechte der einzelnen Abgeordneten in Hinblick auf die Repräsentations- und Funktionsfähigkeit des Parlaments aufeinander abzustimmen seien 132 . Die gebotene Verteilung und Beschränkung der parlamentarischen Zuständigkeiten hat das Parlament im Rahmen der Verfassung durch Gesetz oder Geschäftsordnung zu treffen. Der der Volksvertretung insoweit zustehende weite Gestaltungsspielraum findet seine verfassungsrechtliche Schranke dabei zunächst in dem mit dem Abgeordnetenmandat unentziehbar verbundenem Recht eines jeden Abgeordneten, im Parlament seine Meinung zu sagen und über die Vorlagen abzustimmen133. Solange im übrigen die Rechte des einzelnen Abgeordneten lediglich ausgestaltet und insoweit auch eingeschränkt, ihm jedoch nicht entzogen werden, ist zu gewährleisten, daß das Prinzip der Beteiligung aller Abgeordneten an den Aufgaben des Parlaments gewahrt bleibt 134 . bb) Der Fraktionsstatus und die Gewährleistung des Repräsentationsprinzips durch das Recht zur Fraktionsbildung Untersucht man speziell die Rechtfertigung der Zuweisung originärer Kompetenzen an die Fraktionen im Verhältnis zur Rechtsstellung der Abgeordneten, ist zunächst festzuhalten, daß es der Art nach ausschließlich Funktionsrechte sind, die das Parlamentsrecht den Fraktionen im parlamentarischen Verfahren

129 BVerfGE 80, 218, 219; 84, 304, 321; Klein, HdbStr II, § 41 RN 30 ff., S. 382 ff.; Magiern, in: Sachs, GG, Art. 38 RN 58; Stern, Bd. I, § 24 II 2, S. 1057 f. 130 BVerfGE 80, 188, 219; 84, 304, 321 f.; Kretschmer, Das Parlament Nr. 22-23 v. 22./29. Mai 1992, Bl. 12; Linck, DÖV 1975, 689, 690; Schütt-Wetschky, Aus Politik und Zeitgeschehen B 21-22 1991,15, 22. 131 Kruis, Sondervotum zu BVerfGE 80, 188, 242; vgl. auch Schüttemeyer, S. 127 f. 132 BVerfGE 80, 188, 218 ff.; 84, 304, 321. Vgl. auch Schulze-Fielitz, DÖV 1989, 829, 833; Ziekow, JuS 1991,28, 30. 133 So das Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 80, 188, 220; 84, 304, 321. Speziell zum Rederecht hat das Bundesverfassungsgericht eine Beschränkung der Freiheit des Abgeordneten als im Bereich des verfassungsrechtlich Zulässigen liegend bezeichnet, solange sie nicht über das hinausgehe, was zur Sicherung des Ablaufs der Parlamentsarbeit geboten sei, BVerfGE 10, 4, 14; ebenso BayVGH BayVBl. 1976, 431, 434. Vgl. zum Ganzen Abmeier, S. 67 ff.; Demmler, S. 273 ff. 134 BVerfGE 80, 188, 219 f.; 84, 404, 321 f.

II. Verfassungsrechtliche Positionierung der Fraktionen

67

einräumt 135 . Sind die ureigenen Rechte der Abgeordneten zur freien Rede und zur selbständigen Abstimmung demnach nicht tangiert, reduziert sich der verfassungsrechtliche Maßstab für eine Zuordnung der Kompetenzen von Abgeordneten und Fraktionen auf die Frage, ob das Repräsentationsprinzip im Sinne einer Gewährleistung des Grundsatzes der Beteiligung aller gewahrt ist. Die Fraktionen agieren bei der Wahrnehmung der ihnen eingeräumten parlamentarischen Aktionsmöglichkeiten als eigenständige Träger parlamentarischer Befugnisse neben den Abgeordneten 136. Das Parlamentsrecht hat damit in Ausübung seiner Befugnis zur Abstimmung der parlamentarischen Mitwirkungsmöglichkeiten über eine erforderliche Konkretisierung und Beschränkung einzelner Mitgliedschaftsrechte der Abgeordneten hinaus mit den Fraktionen ein weiteres autonomes Handlungssubjekt in den parlamentarischen Willensbildungsprozeß eingefügt. Auch wenn eine Rückführung der Rechte der Fraktionen auf die Rechtsposition der Abgeordneten abzulehnen ist 137 , wird das Prinzip der Beteiligung aller dadurch gewahrt, daß es jedem Abgeordneten als Teil seines Status nach Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG verfassungsrechtlich garantiert ist 1 3 8 , sich mit anderen Abgeordneten zu einer Fraktion zusammenzuschließen. Die für alle Parlamentsmitglieder geforderte Fähigkeit, an sämtlichen Funktionen des Parlaments mitwirken zu können, ist daher auch in bezug auf die den Fraktionen zugestandenen Aktionsmöglichkeiten verbürgt, indem es jedem Abgeordneten offen steht, an der Bildung einer Fraktion teilzuhaben und hierdurch an der Ausübung der bei den Fraktionen begründeten parlamentarischen Funktionen zu partizipieren 139 . Dem steht im übrigen nicht entgegen, daß aufgrund der Freiwilligkeit des Fraktionsbildungsrechts und der speziellen parlamentsrechtlichen Voraussetzungen für die Anerkennung einer Fraktion ein Anspruch auf eine Mitgliedschaft in einer bestimmten Fraktion nicht eingefordert werden kann. Die Fälle, daß eine Fraktion einem Abgeordneten die Mitgliedschaft verweigert, ein Mitglied ausschließt oder ein Abgeordneter sich erst gar nicht um einen Beitritt bemüht, treten auf, wenn es einem Abgeordneten an der erforderlichen politischen Homogenität für eine Zusammenarbeit mit etwaigen Fraktionskollegen fehlt, um mit diesen auf Dauer parlamentarisch zusammenwirken zu können.

135

Vgl. die Darstellung im Kapitel A.I.2.b. und B.II.2.b.aa. Zur näheren Herleitung B.II.2.b.bb. Zur näheren Herleitung B.II.2.b.bb. 138 BVerflGE 43,143,149; 70, 324, 354; 80,188, 218; 84, 304, 322. 139 Entgegen dem Ansatz von Demmler, S. 269 f., der die Fraktionsrechte aus Teilhaberechten der Abgeordneten ableitet, wird hier umgekehrt aus der parlamentsrechtlichen Anerkennung eines eigenständigen Handlungssubjektes mit eigenen Rechte und Pflichten gefolgert, daß jedem Abgeordneten vorbehaltlich der Erfüllung der an eine Anerkennung der Fraktionen geknüpften Voraussetzungen ein Teilhaberecht oder mit anderen Worten ein Zugangsrecht zu den Fraktionen zu gewähren ist. 136

137

68

B. Verfassungsrechtliche Vorgaben der staatlichen Fraktionsfinanzierung

Da die Zuweisung parlamentarischer Rechte an die Fraktionen aus Gründen der Funktionsfähigkeit der Parlamente gerechtfertigt ist, müssen die Fraktionen auch in der Lage sein, die ihnen zugewiesenen parlamentarischen Aufgaben entsprechend wahrnehmen zu können. Ohne eine gleichgerichtete politische Grundeinstellung ihrer Mitglieder und ihre grundsätzliche Bereitschaft, für den Zeitraum einer Legislaturperiode zusammenzuarbeiten, ist die Erreichung dieses Ziels nicht gewährleistet. Aus welchen Gründen auch immer einem Abgeordneten die Mitarbeit in einer Fraktion nicht möglich ist, kommt darin jedenfalls zum Ausdruck, daß es ihm an der erforderlichen Integrations- und Kooperationsfähigkeit oder -Willigkeit fehlt, um an der Ausübung der den Fraktionen zukommenden Beteiligungsrechte mitwirken zu können 140 . Fraktionsrechte sind danach als eine Art parlamentarischer Beteiligungsrechte anzusehen, deren Ausübung vom Parlamentsrecht unter den Vorbehalt gestellt ist, daß den Abgeordneten eine Teilhabe nur über die Mitgliedschaft in einer Fraktion eröffnet ist 141 . Indem jedem Abgeordneten über das Recht zur Fraktionsbildung nach Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG grundsätzlich die Mitwirkung an den parlamentarischen Handlungsrechten der Fraktionen gewährleistet ist, wird das Repräsentationsprinzip durch die Begründung originärer Beteiligungsrechte der Fraktionen daher nicht beeinträchtigt. cc) Der Fraktionsstatus und das Gebot der Gleichheit der Abgeordneten Ist damit davon auszugehen, daß die verfassungskräftige Begründung originärer Fraktionsrechte mit dem Repräsentationsprinzip nicht im Widerspruch steht, bleibt aufzuzeigen, wie sich die Zuweisung eigener Kompetenzen an die Fraktionen mit dem Recht der Abgeordneten auf parlamentarische Gleichbehandlung 142 vereinbaren läßt. Unter dem Topos „Gleichheit im Parlament" wird häufig versucht, die parlamentarischen Mitwirkungsbefugnisse der Abgeordneten und der Fraktionen gegeneinander auszutarieren 143 1 4 4 . Aufgrund der originären Begründung parla140

Es stellt sich allerdings die Frage, ob sich im Fall der parlamentsrechtlichen Anerkennung einer Fraktionsbildung die Frage ihrer politischen Homogenität ausschließlich nach der Zugehörigkeit oder nach der Nominierung durch die gleiche Partei beurteilen läßt, so § 10 Abs. 1 S. 1 GO BT; § 1 Abs. 1 FraktG Bbg; § 17 Abs. 1 GO LT BW; § 6 Abs. 1 GO LT Bay; § 2 Abs. 1 GO LT NS; § 8 Abs. 1 GO LT RP; § 12 Abs. 1 GO LT Sachs; § 22 Abs. 1 GO LT SH; § 44 Abs. 1 S. 1 AbgG Thür. Vgl. Demmler, S. 216 f.; Hauenschild, S. 14 FN 2. 141 Ähnlich Arndt/Schweitzer, ZParl 7 (1976), 71, 81; Florian Becker, ZParl 27 (1996), 189, 193; Linck, DÖV 1975, 689, 692. 142 BVerfGE 44, 308, 316; 56, 396,405; 80,188,218. 143 Birk, NJW 1988, 2521, 2523; Bernzen/Gottschalck, ZParl 21 (1990), 393, 397; Morlok y JZ 1989, 1035,1038 FN 38, 1045; Schulze-Fielilz, DÖV 1989, 829, 830. Demmler, S. 300 f., prä-

II. Verfassungsrechtliche Positionierung der Fraktionen

69

mentarischer Befugnisse nehmen die Fraktionen einen eigenständigen verfassungsrechtlichen Status neben den Abgeordneten ein. Stellt man den gängigen Vergleich zwischen der Rechtsposition des fraktionsangehörigen mit der des fraktionslosen Abgeordneten an, sind deren Rechte keineswegs unterschiedlich ausgestaltet145. Jedem Mandatsträger steht vielmehr vorbehaltlich der parlamentsrechtlichen Hürden für eine Anerkennung der Fraktionsgründung durch das ihm von Verfassungs wegen garantierte Fraktionsbildungsrecht der Zugang zur Fraktion und deren Aktionsmöglichkeiten offen. Mit den Rechten, die den Fraktionen zugewiesen sind, wird einem nicht fraktionsangehörigen Abgeordneten daher nichts genommen, sondern der Entschluß eines Abgeordneten gegen eine Mitwirkung in einer Fraktion kommt einem freiwilligen Verzicht auf das ihm über die Fraktion offen stehende „Mehr" an Gelegenheiten zur parlamentarischen Beteiligung über die Mitgliedschaft in einer Fraktion gleich 146 . In rechtlicher Hinsicht wird die Rechtsstellung der Abgeordneten durch die Zuweisung parlamentarischer Handlungsrechte an die Fraktionen weder beschränkt noch wird in sie eingegriffen 147. In die gleiche Richtung weist die Feststellung des Bundesverfassungsgerichts, die Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer Fraktion betreffe einzig den „,tatsächlichen Einfluß der Abgeordneten auf Verlauf und Inhalt der parlamentarischen Entscheidungsfindung" 148. Träger des Gleichheitsrechts sind damit allein die Abgeordneten einerseits und die Fraktionen andererseits. In Bezug auf einen rechtsstaatlichen und demokratischen parlamentarischen Entscheidungsprozeß sind die einzelnen Befugnisse der Abgeordneten und die der Fraktionen zwar gegeneinander abzuwägen. Der Gleichheitssatz kommt jedenfalls als Abwägungskriterium zwischen den Abgeordneten und Fraktionen weder bei der Ausgestaltung ihres Rechtsstatus noch bei der Finanzierung des zu seiner Wahrnehmung erforderlichen Aufwands in Betracht.

zisiert die Forderung nach einer Wahrung der rechtlichen Gleichheit zwischen den Mitwirkungsmöglichkeiten der Fraktionen und von Gruppen von Abgeordneten in Fraktionsstärke. 144 Allgemein zum Erklärungsbedarf wegen der unterschiedlichen Mitwirkungschancen der Abgeordneten in Abhängigkeit von ihrer Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer Fraktion, aber auch in Hinblick auf die fraktionsinterne Hierarchisierung oben B.I.l. 145 Explizit a.A. Bernzen/Gottschalck, ZParl 21 (1990), 393, 397; Lederer/Dammann, 1991,375, 376\ Loibl, S. 32. 146 Arndt/Schweitzer, ZParl 7 (1976), 71, 82. 147 A.A. Demmler, S. 286 f. 148 BVerfGE 80,188,221 (Anm.: Unterstreichung vom Verfasser hinzugefügt). Ebenso Klein, HdbStRII,§ 41 RN 21, S. 378, der allein die praktischen Wirkungsmöglichkeiten berührt sieht.

DuR

70

B. Verfassungsrechtliche Vorgaben der staatlichen Fraktionsfinanzierung

III. Ergebnis Ziel der bisherigen Untersuchung war es, eine verfassungskräftige Begründung für das Wirken der Fraktionen innerhalb der institutionalisierten Staatlichkeit aufzuzeigen und auf diesem Weg gleichzeitig den Ursprung und den Maßstab für die Zulässigkeit einer jeden rechtlichen und finanziellen Ausgestaltung der staatlichen Fraktionsfinanzierung zu gewinnen.

1. Das durch das Verfassungsrecht gezeichnete Bild der Fraktionen Der Verfassungsstatus der Fraktionen wird nach dem Ergebnis der angestellten Überlegungen durch zweierlei Faktoren geprägt. Einerseits geht die Kreation der Fraktionen auf einen freiwilligen Zusammenschluß gleichgesinnter Abgeordneter zurück, während andererseits das Recht der Fraktionen, sich als Vereinigungen von Abgeordneten am parlamentarischen Verfahren zu beteiligen, seine verfassungsrechtliche Legitimation einzig in der Herstellung und Sicherung der Funktionsfähigkeit der Parlamente findet. Mit Ausnahme der Rechtslage in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz, deren Verfassungen die Rechtsstellung der Fraktionen originär geregelt haben 149 , werden die Existenz und das Wirken der Fraktionen innerhalb der institutionalisierten Staatlichkeit durch das verfassungsimmanente Rechtsgut der Funktionsfähigkeit der Parlamente gerechtfertigt. Mit dieser Feststellung ist zugleich eine Absage an jede Rechtfertigung der parlamentarischen Befugnisse der Fraktionen etwa zur Absicherung des Einflusses der Parteien auf die parlamentarische Willensbildung oder zum Zweck der Erleichterung oder Verbesserung der Mandatsausübung ihrer Mitglieder verbunden. Verfassungsrechtlich ist den Fraktionen weder der Status einer Repräsentanz der Parteien im Parlament noch der einer Hilfseinrichtung der Abgeordneten zuerkannt. Ungeachtet der konkreten Beweggründe der Fraktionsmitglieder für ihren Zusammenschluß kann die Zuweisung parlamentarischer Befugnisse und damit die Anerkennung der von den Fraktionen betriebenen Koordination der Mandatsausübung ihrer Mitglieder lediglich wegen des darin begründeten Nutzens für die parlamentarische Arbeit als im öffentlichen Interesse oder mit anderen Worten als im Gemeinwohlinteresse liegend eingestuft werden. Allein in dem Maße, wie das jeweilige Parlamentsrecht den Fraktionen Rechte und

149

Art. 27 Verf Bin; Art. 67 Verf Bbg; Art. 25 Verf MV; Art. 47 Verf SA und Art. 85 a Verf RP. Wiederholend sei darauf hingewiesen, daß die die Fraktionen betreffenden Verfassungsbestimmungen der Länder Niedersachsen, Sachsen und Thüringen keine kompetenzbegründenden Feststellungen beinhalten.

III. Ergebnis

71

Pflichten zur Steuerung des Ablaufs und des Inhalts der parlamentarischen Aufgaben einräumt, gewinnen diese die Rechtsstellung eines in ihrer Legitimation und in ihrer Wirkungsweise gegenüber den Parteien und den sie tragenden Abgeordneten rechtlich verselbständigten Handlungssubjekts der parlamentarischen Willensbildung. Von Verfassungs wegen vermag das Parlamentsrecht die Fraktionen daher allein als eine aus dem Willen der Abgeordneten hervorgehende Einrichtung zur Förderung und Gewährleistung der parlamentarischen Arbeit anzuerkennen 150.

2. Übertragung auf den Bereich der Fraktions- und Politikfinanzierung a) Die öffentlichen

und damitfinanzierungsföhigen der Fraktionen

Aufgaben

Die skizzierte verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Fraktionen gibt gleichzeitig den Rahmen für die von den Fraktionen zulässigerweise wahrnehmbaren Aufgaben vor. Nur soweit innerhalb dieser Grenzen das Wirken der Fraktionen vom Parlamentsrecht und von der parlamentarischen Praxis unter Wahrung des übrigen Verfassungsrechts Anerkennung findet, lassen sich prinzipiell keine rechtlichen Bedenken dagegen erheben, den Fraktionen für die Erfüllung derart definierter Aufgaben öffentliche Gelder zur Verfügung zu stellen. Eine Bestimmung der öffentlichen Aufgaben der Fraktionen liefert daher zum einen den Maßstab für die staatliche Entscheidung zu Art und Umfang der an die Fraktionen bereitzustellenden Leistungen. Zum anderen dient eine zweckentsprechende Verwendung der Mittel in diesem Fall der Erfüllung verfassungsmäßiger sowie im öffentlichen Interesse liegender Aufgaben und ist damit grundsätzlich legitim 151 . aa) Beschreibung im allgemeinen Wie insbesondere im Eingangskapitel gezeigt wurde, sind die Fraktionen in vielfältiger und gewichtiger Weise für die Arbeit des einzelnen Abgeordneten, der Parteien, des Parlaments und der Öffentlichkeit von besonderer Bedeutung. Nach dem Ergebnis der angestellten verfassungssystematischen Untersuchung zur Legitimation der Existenz und des Wirkungsrechts der Fraktionen kann al150 Vgl. nochmals die Beschreibung der Rechtsstellung der Fraktionen als .juristische Personen des Parlamentsrechts" durch Kretschmer, Das Parlament Nr. 22-23 v. 22./29. Mai 1992, oder Linck, DÖV 1975, 689, 693, der die Fraktionen als „Einrichtungen des Parlaments" bezeichnet. 151 Zur Herleitung dieses Grundsatzes oben B.I. sowie zu seiner prinzipiellen Übertragung auf die staatliche Fraktionsfinanzierung ebenso Jekewitz, ZParl 13 (1982), 314, 336; ders.; ZRP 1993, 344, 347; Morlok, JZ 1989,1035,1045; Schmidt-Bens, ZRP 1992, 281, 282.

72

B. Verfassungsrechtliche Vorgaben der staatlichen Fraktionsfinanzierung

lerdings nur die Wahrnehmung derartiger parlamentarischer Aufgaben und Befugnisse als im öffentlichen Interesse eingestuft werden, mittels derer die Fraktionen durch eine Vorklärung, Integration und Koordination innerparlamentarischer Standpunkte die Verständigungs- und damit die Entscheidungsfahigkeit der Parlamente fordern. Im Wüppesahl-Urteil hat das Bundesverfassungsgericht die Arbeit der Fraktionen unter diesem Aspekt besonders plastisch wie folgt beschrieben: „Die Fraktionen steuern und erleichtern in gewissem Grade die parlamentarische Arbeit (vgl. BVerfGE 20, 56, 104), indem sie insbesondere eine Arbeitsteilung unter ihren Mitgliedern organisieren, gemeinsame Initiativen vorbereiten und aufeinander abstimmen sowie eine umfassende Information der Fraktionsmitlieder unterstützen. Auf diese Weise fassen sie unterschiedliche politische Positionen zu handlungs- und verständigungsfähigen Einheiten zusammen."152

Als politische Einrichtung zur Herstellung und zum Erhalt der Funktionsfähigkeit der Parlamente kommt den Fraktionen diese im öffentlichen Interesse anzuerkennende Betätigung grundsätzlich bei der Ausübung aller den Parlamenten zustehenden Aufgaben zu, angefangen von der Kreation und Kontrolle der Regierung über die Gesetzgebung bis hin zur Repräsentation des Parlaments. Die Fraktionen nehmen dabei die einzelnen parlamentarischen Funktionen nicht etwa anstelle der Volksvertretung wahr. Insoweit handelt es sich um die originäre Aufgabe der Gesamtheit der dazu allein demokratisch legitimierten Abgeordneten, während sich die spezifische Aufgabe der Fraktionen auf alle vorbereitenden und vorformenden Aktivitäten beschränkt, die erforderlich sind, um eine parlamentarische Entscheidung herauszubilden. Der Charakter der Fraktionen als politische Konstante der parlamentarischen Willensbildung umfaßt dabei nicht nur die Gestaltung der parlamentarischen Arbeit in ihrem organisatorischen Ablauf, sondern insbesondere - selbst wenn ihnen bei rein funktionaler Betrachtung allein Beteiligungs- und Verfahrensrechte zugewiesen sind - auch in ihrem politischen Inhalt. Dies gilt für alle Phasen des Prozesses der parlamentarischen Meinungsbildung und Entscheidungsfindung wie das Aufgreifen einzelner Sachthemen, deren inhaltliche Aufbereitung, das Bemühen um eine Überwindung innerparlamentarischer Gegensätze und gegebenenfalls die parlamentarische Umsetzung der entwickelten politischen Zielvorstellungen.

bb) Zur Auslegung der landesverfassungsrechtlichen Bestimmungen in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz Die im Zusammenhang mit der Ableitung des Fraktionsstatus aus der verfassungsrechtlichen Stellung der Parlamente vorgenommene Abgrenzung zur Mandatsausübung der Abgeordneten und zum Tätigkeitsbereich der Parteien hat 152

BVerfGE 80,188,231.

III. Ergebnis

73

in gleicher Weise Gültigkeit für die Interpretation der in den Verfassungen von Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und SachsenAnhalt zu den Fraktionen getroffenen Bestimmungen153. Die dort anzutreffenden Konkretisierungen der Fraktionsaufgaben im Sinne einer „Mitwirkung" und „Unterstützung der parlamentarischen Willensbildung" sind danach ebenfalls allein vor dem Hintergrund ihrer Bedeutung für die Herstellung und den Erhalt der Funktionsfähigkeit der Parlamente zu interpretieren 154.

cc) Die Regelungen in den Fraktionsgesetzen In den einfachen Gesetzen werden die Aufgaben der Fraktionen ebenfalls mit dem Ziel umrissen, den gesetzgeberischen Willen zum Ausdruck zu bringen, für welche Zwecke die staatlichen Gelder bewilligt werden und welche Verwendung durch die Fraktionen als zulässig angesehen wird 1 5 5 . Die in selbständigen Fraktionsgesetzen oder als Bestandteil von Abgeordnetengesetzen erlassenen Regelungen beschreiben die zentralen Aufgaben der Fraktionen in ähnlich allgemeiner Weise wie die einschlägigen Verfassungsbestimmungen dahingehend, daß diese „der politischen Willensbildung im... (Parlamentsbezeichnung) dienen und ihren Mitgliedern helfen, ihre parlamentarische Tätigkeit auszuüben und zur Verfolgung gemeinsamer Ziele aufeinander abzustimmen" 156 , oder „an der Erfüllung der Aufgaben des ... (Parlamentsbezeichung) mitwirken" 157 . In den Fraktionsgesetzen der Länder Berlin, Sachsen-Anhalt, RheinlandPfalz und Thüringen findet sich darüber hinaus eine nähere Erläuterung der Funktionen der Fraktionen 158 . Die „dienende" oder „mitwirkende" Rolle der Fraktionen bei der politischen Willensbildung der Parlamente wird danach exemplarisch u.a. mit

153 Art. 27 Abs. 2 S. 1 Verf Bin; Art. 67 Abs. 1 S. 2 Verf Bbg; Art. 25 Abs. 2 S. 2 Verf MV; Art. 85 a Abs. 2 S. 1 Verf RP; Art. 47 Abs. 2 S. 2 Verf SA. Die entsprechenden Passagen der Verfassungsbestimmungen sind oben abgedruckt im Kapitel A.I. 154 Vgl. zur Auslegung derartiger Funktionsbeschreibung im Kapitel C.III.2.a. 155 Vgl. die Begründung zu § 1 des Direktorentwurfs, erarbeitet durch die Direktoren der Landtage und beschlossen auf der 70. Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Landesparlamente vom 11. März 1992 in Homburg/Saar, oder zu § 47 des Entwurfs der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. im Deutschen Bundestag vom 20.04.1993, BT-Drs. 12/4756, S. 7. 156 § 1 Art. 2 S. 2 Mustergesetzentwurf der Präsidentenkonferenz 1992; Art. 1 Abs. 1 S. 2, 3 FraktG Bay; § 1 Abs. 2 S. 2-4 FraktG BW; § 30 Abs. 2 S. 1,2 AbgG NS; § 1 Abs. 1 S. 2 FraktG Hess. Bemerkenswerterweise fehlt im Abschnitt VI des Abgeordnetengesetzes von MecklenburgVorpommern über die „Rechtsstellung und Leistungen an die Fraktionen" eine entsprechende Bestimmung gänzlich. 157 § 47 Abs. 1 BAbgG; § 1 Abs. 1 S. 2 FraktG Bbg; § 38 Abs. 1 AbgG Bre; § 3 Abs. 1 FraktG SH. 158 § 2 Abs. 2 S. 2,3 FraktG Bin; § 1 Abs. 2 S. 2 FraktG SA; § 1 Abs. 2 S. 2 FraktG RP; § 47 AbgG Thür.

74

B. Verfassungsrechtliche Vorgaben der staatlichen Fraktionsfinanzierung

-

der „Unterstützung ihrer Mitglieder durch eine Informationsbeschaffung, -aufbereitung und -Vermittlung",

-

der „Organisation der Arbeitsteilung unter ihren Mitgliedern",

-

der „Herleitung und Verfolgung gemeinsamer Haltungen zu Gegenständen der parlamentarischen Beratung",

-

der „Vorbereitung, Abstimmung und Durchsetzung gemeinsamer Initiativen" oder

-

der „Führung eines Meinungsaustausches mit der Öffentlichkeit zur Gewinnung von Informationen für parlamentarische Entscheidungen und der Werbung um deren Akzeptanz" beschrieben.

Eine derart plastische Aufgabenbeschreibung bietet den Vorteil einer besseren Durchschaubarkeit, für welche Zwecke die öffentlichen Mittel nach dem Willen des Gesetzgebers zur Verfügung gestellt werden. Dies erlaubt eine klarstellende Eingrenzung des Wirkungsfeldes der Fraktionen vor allem in Abgrenzung gegenüber der Tätigkeit und der Finanzierung der Abgeordneten sowie der Parteien. Dem kommt eine besondere Bedeutung für sämtliche Phasen der Fraktionsfinanzierung zu. So dient die klarstellende Aufzählung anzuerkennender Fraktionstätigkeiten als eine Orientierungshilfe bei der Bemessung des Umfangs der bereitzustellenden Mittel. Sie veranschaulicht den Fraktionen die Zweckbindung, der sie bei einer Verwendung der öffentlichen Mittel unterliegen. Und nicht zuletzt wird dadurch der Maßstab für eine nachträgliche Kontrolle einer zweckentsprechenden Mittelverwendung - sei es durch die Rechnungshöfe oder auch die Öffentlichkeit - festgeschrieben. Die einfachgesetzlichen Bestimmungen sämtlicher Fraktionsgesetze enthalten darüber hinaus ausnahmslos Regelungen, daß auch die „Information der Öffentlichkeit über die parlamentarische Arbeit einer Fraktion" 159 und die „Zusammenarbeit der Fraktionen mit Fraktionen anderer Parlamente" grundsätzlich zu den legitimen Aufgaben einer Fraktion zu rechnen sind 160 .

159 Abweichend von den im übrigen nach ihren Regelungsgehalt einheitlichen Bestimmungen der Fraktionsgesetze zur Öffentlichkeitsarbeit wird im Bund, § 47 Abs. 3 BAbgG, und in Schleswig-Holstein, § 3 Abs. 3 FraktG SH, herausgestellt, daß nicht nur die Fraktionen selbst, sondern auch ihre Mitglieder über ihre Tätigkeit sollen unterrichten können. Zur Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung siehe unten Kapitel C.III.2.b.cc. 160 Auf die Verfassungsmäßigkeit beziehungsweise die Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung von einzelnen der gesetzlichen Definitionen der Fraktionsaufgaben wird unten bei der Mittelverwendung im Kapitel C.III.2. näher eingegangen werden.

III. Ergebnis b) Der verfassungsrechtliche

Finanzierungsanspruch

75 der Fraktionen

Eine sich am prognostizierten Aufwand für die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben der Fraktionen orientierende Fraktionsfinanzierung ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht nur unbedenklich, im Gegenteil besteht von Verfassungs wegen eine Verpflichtung des Staates, den Fraktionen die insoweit erforderlichen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen. In diesem Sinne sehen die Landesverfassungen der Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt ausdrücklich ein Recht der Fraktionen auf eine angemessene Ausstattung in Form von Geld- und Sachleistungen vor 1 6 1 . Ein Anspruch der Parlamentsfraktionen ist jedoch auch unabhängig von einer verfassungsrechtlichen Verankerung im Bund oder den übrigen Ländern aus der Bedeutung der Fraktionen für die Funktionsfähigkeit der Volksvertretungen begründet. Status und Funktion der Fraktionen stehen in einem unlösbaren Zusammenhang zu ihrer Finanzierung. Die den Fraktionen durch die Ausübung ihrer Integrations- und Koordinationsfunktion zukommende überragende Bedeutung für die parlamentarische Willensbildung impliziert ein überragendes Interesse am Funktionieren der Fraktionen selbst. In dem Maße, wie die Tätigkeit der Fraktionen als Wahrnehmung einer verfassungsrechtlich notwendigen Aufgabe eingestuft wird 1 6 2 , ist es gleichfalls von Verfassungs wegen geboten, ihnen die zur Erfüllung dieser Aufgaben erforderlichen Mittel bereitzustellen 163. c) Der Umfang und die Grenzen des Finanzierungsanpruchs Der Finanzierungsanspruch besteht nicht nur dahingehend, daß die Fraktionen überhaupt dem Grunde nach von staatlicher Seite finanziert werden, sondern verfassungsrechtlich ist eine Vollfinanzierung der Fraktionen im Sinne einer Abgeltung sämtlich notwendiger Aufwendungen geboten164. Die herausgehobene Bedeutung ihrer Funktion im Zentrum der parlamentarischen Willens161 Art. 67 Abs. 1 S. 2 Verf Bbg; Art. 25 Abs. 2 S. 3 Verf MV; Art. 47 Abs. 2 S. 2 Verf SA; Art. 85 a Abs. 3 S. 1 Verf RP. Erwähnt seien die Landesverfassungen Thüringens und Niedersachsens, die sich in Art. 59 Abs. 2 Verf Thür und Art. 19 Abs. 2 S. 2 Verf NS darauf beschränken, einen Finanzierungsanspruch der Oppositionsfraktionen für die Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben verfassungsrechtlich abzusichern. 162 Das Bundesverfassungsgericht beschreibt die Bedeutung der Fraktionen im Parlament unter diesem Gesichtspunkt in ständiger Rechtsprechung als „notwendige Einrichtungen des Verfassungslebens", BVerfGE 10, 4,14; 20, 56,104; 70, 324, 350; 80,188, 219, 231 f.; 84, 304, 322. 163 Grundsätzlich Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 110 ff, 310; Heun, S. 324 ff.; Lange, Der Staat Bd. 11 (1972), 313, 317. Konkret in Hinblick auf die Fraktionen: BVerwG, NJW 1985, 2346; Begründung des Entwurfs eines Fraktionsgesetzes der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. im Deutschen Bundestag v. 20.04.1993, BT-Drs. 12/4756, S. 5; Fensch, ZRP 1993, 209; Hauenschild, S. 195 f.; Hubert Meyer, S. 391 f.; Schmidt-Jortzig/Hansen, NVwZ 1994,1145,1148. 164 Vgl. so bereits Hauenschild, S. 198; Lange, Der Staat Bd. 11 (1972), 313,317, und insbesondere die Anmerkung der Fußnote 20; Hubert Meyer, S. 392.

76

B. Verfassungsrechtliche Vorgaben der staatlichen Fraktionsfinanzierung

bildung sowie das Erfordernis einer sachgerechten Aufgabenwahrnehmung verbieten eine Abhängigkeit der Fraktionen in der Ausübung ihrer Tätigkeit von Leistungen Dritter. Außerdem wäre es mit dem Prinzip einer angemessenen Ausstattung für eine sachgerechte Erfüllung der staatlichen Aufgaben nicht zu vereinbaren, wenn die einzelnen Fraktionen je nach der Finanzkraft ihrer Förderer- seien dies die eigenen Mitglieder, die Parteien, Verbände, einzelne gesellschaftliche Gruppen oder sonstige Privatpersonen - in unterschiedlichem Maße in der Lage wären, die ihnen eingeräumte parlamentarische Stellung auszufüllen. Verfassungsrechtlich ist der Finanzierungsanspruch in der Höhe damit durch das zur Erfüllung ihrer parlamentarischen Aufgaben Erforderliche begründet. Weiter ist bei der Ausgestaltung eines jeden staatlichen Konzepts zur Politikfinanzierung der Erkenntnis Rechnung zu tragen, daß die Rechtsstellung und die Aufgaben der Parteien, der Abgeordneten und der Fraktionen innerhalb des demokratischen Willensbildungsprozesses grundsätzlich zu unterscheiden sind. Aus der Verschiedenartigkeit der diesen jeweils zukommenden eigenständigen Funktionen im gesellschaftspolitischen oder im staatsorganschaftlichen Bereich folgt die Notwendigkeit, bei der Entscheidung über die Bereitstellung staatlicher Ressourcen entsprechend der im Einzelfall anzuerkennenden Bedürfnisse eines jeden Leistungsempfängers zu differenzieren. Soweit das Bundesverfassungsgericht in dem im allgemein stets zitierten „Parteienfinanzierungsurteil 1966" ausführt, jeder über die Bedürfnisse der Fraktionen hinausgehenden Mittelbewilligung fehle die verfassungsrechtliche Rechtfertigung und sei als verschleierte Parteienfinanzierung aufzufassen 165, stellt dies eine zutreffende, aber nicht abschließende Beschreibung der Grenzen einer staatlichen Fraktionsfinanzierung dar. Die Feststellung bringt nicht ausreichend zum Ausdruck, daß bei einer Bemessung der öffentlichen Gelder jegliche Überlegungen, die andere als die spezifischen, zur Integration und Koordination der Willensbildung zwischen den Fraktionsmitgliedern sowie die zur Artikulation im parlamentarischen Prozeß erforderlichen Bedürfnisse berücksichtigen, unangebracht sind. Jede staatliche Budgetentscheidung hat sich allein am prognostizierten Bedarf des jeweiligen Finanzierungszwecks zu orientieren. Aufgrund der verfassungsrechtlichen Anerkennung des Fraktionsstatus einzig aus Gründen der Funktionsfähigkeit der Parlamente darf sich die Entscheidung über den Umfang der Fraktionsfinanzierung nicht von Erwägungen leiten lassen, die einen Bedarf abdecken, der die Interessen der einzelnen Fraktionsmitglieder bei ihrer Mandatsausübung miteinbezieht 166 . Auch wenn aufgrund der zwischen den Parteien, Abgeordneten und Fraktionen bestehenden weitgehenden Identität der handelnden Personen als auch der von

165

BVerfGE 20, 56,105. Angemerkt sei, daß eine dahingehende Untersuchung durch das Bundesverfassungsgericht durch den Gegenstand des damals anhängigen Normenkontrollverfahren um die Verfassungsmäßigkeit der Bereitstellung öffentlicher Gelder für die Aufgaben der Parteien nicht indiziert gewesen ist. 166

III. Ergebnis

77

diesen verfolgten politischen Interessen eine Abgrenzung der einzelnen Aufgabenund Tätigkeitsfelder in der Praxis mit besonderen Schwierigkeiten verbunden sein mag, bedarf es von Verfassungs wegen zwingend einer selbständigen Beurteilung des auf das jeweilige Aufgabenspektrum entfallenden Finanzbedarfs 167. Dementsprechend sind auch die neueren Vorschläge, eine Finanzierung der Fraktionen mittelbar über die der Abgeordneten zu bewerkstelligen 168, nicht umsetzbar. Theoretisch wäre zwar ein Finanzierungsmodell denkbar, das die individuelle und die kollektive Amtsausstattung der Abgeordneten pauschal in einer Gesamtsumme abgelten würde. Mit der derzeitigen Ausgestaltung des parlamentarischen Verfahrens und der parlamentarischen Praxis wäre dies jedoch nicht zu vereinbaren. Die Finanzierung der Fraktionen der individuellen Entscheidung eines jeden Fraktionsmitglieds zu überlassen, hieße, die innerparlamentarischen Machtverhältnisse zwischen den Abgeordneten und den Fraktionen zu verschieben. Die Finanzausstattung der Fraktionen würde sich nicht mehr an einer durch die Parlamente vorzunehmenden Objektivierung des allgemeinen Bedarfs der Fraktionen ausrichten. Mit der Möglichkeit einer freien Entscheidimg der Fraktionsmitglieder über ihren Beitrag an die Fraktionskasse wäre die Fähigkeit der Fraktionen, die ihnen zugewiesene Rechtsposition wahrnehmen zu können, vom Belieben der einzelnen Fraktionsmitglieder abhängig. Die durch die parlamentsrechtliche Ausgestaltung des Fraktionsstatus - einschließlich seiner finanziellen Ausstattung - geschaffenen Anreize zur Eingehung stabiler innerparlamentarischer Aktionseinheiten würden dadurch aufgelöst zu Lasten einer geringeren Einigungs- und Entscheidungsfähigkeit der Parlamente und begünstigten auf diese Weise mittelbar die Gefahr der Obstruktion 169 . 167 Sofern diesem Ansatz bei der Bedarfsfestsetzung und bei der Mittelverwendung entsprochen wird, steht - in Übereinstimmung mit der Feststellung des Bundesverfassungsgerichts im „WüppesahlUrteil" (BVerfGE 80,188,231) - dem fraktionslosen Abgeordneten kein anteiliger Ausgleich für die den Fraktionen zufließenden staatlichen Leistungen zu. Der einzelne Abgeordnete ist außerstande, einen Beitrag zur Erhöhung der Effizienz und der Verständigungsfähigkeit im Parlament zu erbringen, wie er gerade die Zahlungen an die Fraktionen legitimiert. Mithin ist dem Fraktionslosen unter dem Gesichtspunkt gleicher Wettbewerbschancen keine Kompensation für die den Fraktionen gewährten finanziellen Mittel zuzubilligen. Vgl. auch Annette Fischer, S. 180; Müller, NJW 1990,2047; Ziekow, JuS 1991,28, 34. A.A. Martin, S. 104, der aus Verfassungsgründen einen Zuschlag auf die Amtsausstattung des fraktionslosen Abgeordneten zum Ausgleich einer gleichheitswidrigen angenommenen Benachteiligung für notwendig erachtet. 168 Hans Meyer, Emanzipation, S. 326; ders., KritV 1995, 216, 237. Zur näheren Darstellung des Vorschlags oben im Kapitel B.II.2.a. am Ende. 169 Davon abgesehen, daß sich der von Hans Meyer erstrebte Effekt einer Begrenzung der Fraktionsausgaben allenfalls scheinbar erreichen ließe. Der höheren Eigenkontrolle bei den Fraktionen durch die sie tragenden Abgeordneten stünde gegenüber, daß sich die Verschwendungsund Mißbrauchsgefahr bei der Verwendung öffentlicher Gelder von den Fraktionen auf die Abgeordneten verlagern würde. Dies wäre unter dem Blickwinkel der „Selbstbedienung" sogar weit problematischer. Die Mittel der Amtsausstattung gelangen in die private Verfügungsmacht der Abgeordneten (vgl. etwa die Feststellung des BVerfG (Vorprüfungsausschuß), DÖV 1983, 153). Ein zweckwidriger Einsatz der Gelder etwa zur Erhöhung der Chancen auf die eigene Wiederwahl oder gar im Privatinteresse wäre nicht mehr zu kontrollieren.

C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung mit der Rechtsstellung und dem Finanzierungsanspruch der Fraktionen

D i e seit dem Bayerischen Fraktionsgesetz v o m März 1992 i m B u n d u n d nahezu i n sämtlichen Ländern 1 erlassenen Fraktionsgesetze haben durchweg die Finanzausstattung der Fraktionen auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt 2 . Die Reformbemühungen verfolgten die Intention, der zunehmenden öffentlichen K r i t i k an dem Finanzgebaren der Fraktionen sowie der Kontroverse u m die Existenz eines Prüfungsrechts der Rechnungshöfe 3 entgegenzutreten, indem durch eine gesetzliche Fixierung v o n Status, Funktion u n d Finanzierung der Fraktionen die Rechtsklarheit und die Transparenz der Fraktionsfinanzierung erhöht werden sollten. Dennoch existieren weiter Stimmen, die auch nach der Neukonzeption wesentliche Elemente des Verfahrens zur Festsetzung der M i t tel oder der rechtlichen Ausgestaltung der Mittelbereitstellung als unzureichend oder gar als nicht verfassungskonform 4 einstufen.

1 Nach dem Stand Sommer 1996 fehlt es einzig in Nordrhein-Westfalen, im Saarland und in Sachsen an einem entsprechend umfassenden gesetzlichen Regelwerk. In Nordrhein-Westfalen beschränkt sich die gesetzliche Rechtsgrundlage fiir die Leistungen an die Fraktionen auf § 30 AbgG NW, der einen Finanzierungsanspruch der Fraktionen zur Erfüllung ihrer parlamentarischen Aufgaben dem Grunde nach normiert. Im Saarland entspricht die Rechtslage mit § 29 AbgG Saar der nordrhein-westfälischen Regelung. Der Entwurf eines Gesetzes über die Rechtsstellung und Finanzierung der Fraktionen des Landtages des Saarlandes der SPD-, der CDU- und der Bündnis 90/Die Grünen-Landtagsfraktionen v. 16.09.1996, Saar-Drs. 11/856, liegt vor. Die Mittelzuweisung in Sachsen beruht dagegen auf einer bloßen Ausgabeermächtigung im Haushaltsplan. 2 Zu den Einzelheiten der vormals bestehenden länderspezifischen Besonderheiten, von Arnim, Staatliche Fraktionsfinanzierung, S. 74 ff.; Jekewitz, ZParl 13 (1982), 314, 323 ff.; Schönberger, S. 189 ff. 3 Verwiesen sei auf die Wiedergabe der Kritik in der einleitenden Darstellung zum Kapitel C.I. „Legitimation der Parlamente zur Entscheidung über die Fraktionsfinanzierung" sowie im Kapitel C.IV.2. „Die Rechnungsprüfung durch die Rechnungshöfe". 4 Im Vorgriff seien hier exemplarisch die im Mittelpunkt der Kritik stehenden Streitpunkte wie das Grundproblem der parlamentarischen Mittelbewilligung als „Entscheidung der Parlamente in eigener Sache" (siehe Kapitel C.I.), das angebliche Manko einer nicht nach einzelnen Verwendungsarten spezifizierten Festsetzung der Fraktionsgelder (siehe Kapitel C.II.l.), das Fehlen der Fixierung einer absoluten Obergrenze (siehe Kapitel C.II.2.c), eine zu vermissende ziffernmäßige Festsetzung der Leistungen durch Gesetz (siehe Kapitel C.II.3.) oder die gesetzliche Normierung einzelner umstrittener Verwendungsformen (siehe Kapitel C.III.2.) genannt.

80

C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

Die anschließende Untersuchung soll sich jedoch nicht auf die Regelungen der Fraktionsgesetze und der entsprechenden Haushaltsansätze insgesamt erstrecken. In Abhängigkeit von ihrer Bedeutung für die Finanzierung der Fraktionen sowie dem Grad ihrer Umstrittenheit wird lediglich auf einzelne Bestimmungen der derzeitigen Finanzierungspraxis näher eingegangen werden. Aufgrund des gemeinsamen Ursprungs der Gesetzesinitiativen im durch die Direktoren der deutschen Landesparlamente erarbeiteten Mustergesetzentwurf von 19925 läßt sich eine weitgehende Übereinstimmung der Fraktionsgesetze des Bundes und der Länder in ihrem Aufbau und in ihrem Regelungsgegenstand feststellen. Obwohl die Bestimmungen ihrem konkreten Inhalte nach mitunter nicht nur in Details voneinander abweichen, erlaubt dies, in einer Gesamtschau zur Verfassungsmäßigkeit, zur Angemessenheit und zu möglichen Defiziten der bundes- oder landesrechtlichen Bestimmungen Stellung zu nehmen, ohne die Sicht auf eine spezielle Konzeption des Bundes oder eines Landes verengen zu müssen.

I. Legitimation der Parlamente zur Entscheidung über die Fraktionsfinanzierung 1. Allgemeine Kritik an der Ausgestaltung der Fraktionsfinanzierung aufgrund ihrer Klassifizierung als parlamentarische „Entscheidung in eigener Sache" Nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes sind es die Parlamente, die je nach der im einzelnen bestehenden Ausgestaltung der Fraktionsfinanzierung in der Funktion des allgemeinen Gesetzgebers oder des Haushaltsgesetzgebers die Entscheidung über die Voraussetzungen, den Umfang und die Modalitäten von staatlichen Leistungen zugunsten der Fraktionen in den Fraktionsgesetzen oder in deren Kombination mit den jährlichen Feststellungen im Haushalt treffen. Die Tatsache, daß alle oder die überwiegende Mehrheit der Parlamentsmitglieder zugleich Angehörige einer Fraktion sind, hat ähnlich wie im Falle der Abgeordnetenentschädigung, der Parteienfinanzierung oder der staatlichen Finanzierung der parteinahen Stiftungen zur Folge, daß die Beschließenden zugleich als die Betroffenen ihrer Beschlüsse angesehen werden und auch bei der Fraktionsfinanzierung von einer Entscheidung der Parlamente „in eigener Sache" gesprochen wird 6 . Allgemein wird dieser Umstand als eines der Grund-

5 Beschlossen auf der 70. Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Landesparlamente vom 11. Mai 1992 in Homburg/Saar. 6 Von Arnim, Finanzierung der Fraktionen, S. 34; ders., Partei II, S. 134; Bick, S. 104; Annette Fischer, S. 17ff., \9S;Jekewitz,ZPar\ 13(1982),314,336;Mzri/>i,S.80fr.;ÄM/M/e/,S. \43;Rupp,ZG 1992, 285 ff.; Vogel,ZG 1992,285 ff.; Parteienfinanzierungskommission 1993,BT-Drs. 12/4425,S. 35.

I. Legitimation der Parlamente für die Finanzierungsentscheidung

81

Probleme der Fraktionsfinanzierung bezeichnet7 und ist in der Regel Ausgangspunkt für die gegen die Angemessenheit der konkreten Leistungsbewilligungen sowie die gegen Inhalt und Konzeption der Fraktionsgesetze erhobenen Bedenken. Die Fraktionsfinanzierung wird damit in einen Zusammenhang mit der nicht abreißen wollenden Kette aufgedeckter beziehungsweise vermuteter Mißstände im Bereich der Politikfinanzierung 8 gebracht, die unter dem Stichwort der „Selbstbedienung" kritisiert und als eine der Hauptursachen der derzeit zu beobachtenden „Politikverdrossenheit" 9 angesehen werden. Insbesondere die in der Öffentlichkeit durch von Arnim vorgetragene Kritik an den Steigerungsraten der Fraktionsmittel suggeriert mit dem Hinweis, die Möglichkeit, in eigener Sache zu entscheiden, habe zu einem „Geheimverfahren bei der Bewilligung", zu einer „Fraktionsfinanzierung als Faß ohne Boden", zu „Wachstumsraten wie im Schlaraffenland" und zu einem „Kartell der Etablierten" geführt, daß der derzeitige Leistungsumfang durch den tatsächlich erstattungsfähigen Aufwand nicht gerechtfertigt sei 10 . Vor diesem Hintergrund wird auch die Festsetzung der Fraktionsgelder in die im Bereich der Politikfinanzierung vor allem bei der Parteienfinanzierung und bei der Entscheidimg über die Abgeordnetendiäten angestellten Reformüberlegungen miteinbezogen. Zur Eindämmung der Mißbrauchsgefahr wird insofern u.a. gefordert, die Mittel nach im einzelnen vorgegebenen Verwendungszwecken getrennt zu veranschlagen 11, durch die Festlegung einer absoluten Obergrenze die Fraktionsmittel zu plafondieren 12 oder die Entscheidung über die Mittelanpassung gar auf eine unabhängige Sachverständigenkommission zu übertragen 13.

7 So ausdrücklich von Arnim , Haushaltsrechtliche Veranschlagung, S. 21; ders., Finanzierung der Fraktionen, S. 29 ff.; ders., Partei II, S. 25; Düke , in: Handelsblatt v. 17.09.1996; Annette Fischer, S. 17 ff. 8 Nachfolgend einige Beispiele aus dem Bereich der Politikfinanzierung, die in der ersten Hälfte der 90er Jahre für öffentliches Aufsehen sorgten: Die Traumschiff-Affäre des ehemaligen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg Späth, die Dienstwagen-Affare der Bundestagspräsidentin Süssmuth, die Putzfrauen-Affäre des ehemaligen Bundesverkehrsministers Krause, die Amigo-Affäre des ehemaligen Ministerpräsidenten von Bayern Streibl, die Ruhegeld-Affäre des Ministerpräsidenten des Saarlandes Lafontaine, die Dienstvilla-Affäre des Ministerpräsidenten von Hessen Eichel oder die Friseurrechnungs-Affäre der Fraktionsvorsitzenden der F.D.P.Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin Braun, vgl. F.A.Z. v. 29.11.1993, Bl. 1. 9 Welche Bedeutung diesem Phänomen beigemessen wird, zeigt sich u.a. in der Wahl des Ausdrucks „Politikverdrossenheit" zum Wort des Jahres 1992. 10 Von Arnim , Der Staat als Beute, S. 356 ff; ders., Finanzierung der Fraktionen, S. 14 f., 18, 35 f.; ders., Partei I, S. 88 ff., 291; ders., Partei II, S. 136, 368, 373; ebenso Däke , in: Handelsblatt v. 17.09.1996. 11 Dazu näher unten im Kapitel C.II. 1. 12 Dazu näher unten im Kapitel C.II.2.b. 13 Dazu näher unten im Kapitel C. 1.3.

6 Schneider

C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

82

Daneben wird der Vorwurf erhoben, die Fraktionen hätten beim Erlaß der aktuellen Fraktionsgesetze sich der „Gesetzgebung in eigener Sache"14 bedient, um die Rechtslage entsprechend der eigenen Interessen und Bedürfnisse zu gestalten. Dabei sei man den verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Teil bewußt ausgewichen, zum Teil habe man in mißbräuchlicher Weise von der Gesetzgebungsbefugnis Gebrauch gemacht. So sei zweifelhaften oder eindeutig als verfassungswidrig einzustufenden Verwendungsformen wie der „Öffentlichkeitsarbeit" 15, der „Zusammenarbeit mit anderen Parlamenten" 16 oder dem Recht zur „Rücklagenbildung" 17 durch deren gesetzliche Normierung der Anschein der Legitimität verliehen18 oder aber die Prüfungsbefugnis der Rechnungshöfe entgegen den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts nur eingeschränkt geregelt worden 19«20. In den Medien wird diese Kritik oft unreflektiert übernommen und führt dementsprechend zu einer Kommentierung der parlamentarischen Bemühungen um eine gesetzliche Neuregelung der Fraktionsfinanzen mit aussagekräftigen Schlagzeilen wie etwa „Geld nach Gusto" 21 , „Eine Art Mogelpackung"22, „Parteienfinanzierung auf Umwegen" 23 oder „Das Kartell der Selbstbediener"24. Aufgrund des Umstandes, daß die in dem Charakter der Bewilligung von finanziellen Leistungen zugunsten der Fraktionen als „Entscheidung in eigener Sache" erblickte Gefahr der Selbstbedienung und der Selbstbegünstigung in der Regel den Ausgangspunkt für die der aktuellen Ausgestaltung der Fraktionsfinanzierung entgegengebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken bilden, soll nachfolgend zunächst aufgezeigt werden, ob der Entscheidung über die Fraktionsfinanzierung durch die Parlamente überhaupt ein grundsätzliches rechtsstaatliches Defizit anhaftet und in welcher Hinsicht die Möglichkeit einer mißbräuchlichen Ausübung der Entscheidungsbefugnis begründet ist.

14

So ausdrücklich Hans Meyer, Emanzipation, S. 319 ff. Dazu näher unten im Kapitel C.III.2.b. 16 Dazu näher unten im Kapitel C.III.2.C. 17 Dazu näher unten im Kapitel C.III.3.b. 18 Von Arnim, Partei II, S. 137 ff.; Hans Meyer, Emanzipation, S. 319 ff., 344; ders., Fraktipnsgesetze, S. 90 ff.; Düke, in: Handelsblatt v. 17.09.1996. 19 Dazu näher unten im Kapitel C.IV.2. 20 Von Arnim, Partei II, S. 137 ff.; Annette Fischer, S. 220; Hans Meyer, Emanzipation, S. 319 ff., 344; ders., Fraktionsgesetze, S. 87 ff. 21 Der Spiegel v. 19.07.1993, S. 40 f. 22 F.A.Z.V. 31.08.1993. 23 Weitgehend identische Artikel von von Arnim in der Mainzer Rheinzeitung v. 12.11.1993 und in Die Zeit v. 18.11.1993. 24 Die Illustrierte Stern v. 30.05.1996, S. 176. 15

I. Legitimation der Parlamente für die Finanzierungsentscheidung

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2. Relativierung der unter dem Gesichtspunkt der „Selbstbetroffenheit" geäußerten Kritik Eines der Wesensmerkmale der repräsentativen Demokratie des Grundgesetzes ist die Privilegienfeindlichkeit 25 . Zur Gewährleistung dieses rechtsstaatlichen Grundsatzes ist die Rechtsordnung im Bereich der Justiz und der Verwaltung bemüht, Überschneidungen von persönlichen Interessen und Befugnissen aus der Amtsstellung zu vermeiden und derart befangene Amtsinhaber von der Mitwirkung am jeweiligen Entscheidungsprozeß auszuschließen26. Das Parlamentsrecht kennt - von gewissen Ausnahmen abgesehen27 - eine entsprechende Beschränkung der Mitwirkungsbefugnis betroffener Mandatsträger an den Beratungen oder Beschlußfassungen grundsätzlich nicht 28 . So existiert beispielsweise bei den Abgeordneten im Unterschied zum Bundespräsidenten, Art. 55 Abs. 2 GG, dem Bundeskanzler und den Bundesministern, Art. 66 GG, oder den parlamentarischen Staatssekretären, §§7 ParlStG i.V.m. 1 BMinG, kein allgemeines Berufsausübungsverbot 29. Das Grundgesetz gestattet den Abgeordneten die Ausübung ihrer Mandatstätigkeit damit auch dann, wenn sie persönlich vom Gegenstand der Entscheidung tangiert werden 30 . Allgemein besteht über die „Entscheidung des Parlaments in eigener Sache" hinaus, von der begrifflich eigentlich nur gesprochen werden kann, wenn das Parlament als Verfassungsorgan oder die beschließenden Abgeordneten in ihrer Funktion als Parlamentsmitglieder betroffen sind, in vielfältigster Weise die Möglichkeit, daß individuelle Interessen der Entscheidenden berührt werden. Neben Beschlüssen, die einen Abgeordneten wie etwa die Änderung einer Straßenverkehrsregel gleich einem jeden Bürger betreffen, gilt dies besonders

25

Vgl. BVerfGE 40, 296, 317. Eine umfangreiche Aufzählung rechtsstaatlich bedingter Trennungen amtlichen Handelns von dem im eigenen Interesse ist bei Henke, Der Staat 31. Bd. (1992), 98,102, zu finden. Vgl. u.a. das Berufsverbot des Bundespräsidenten und der Bundesregierung, Art. 55, 66 GG; Ausschluß von der Amtswahrnehmung wegen Beteiligung, § 20 VwVfG; Ausschluß wegen Befangenheit, § 21 VwVfG; § 54 VwGO; §§ 41 ff ZPO. 27 Zu nennen wären etwa der Ausschluß des betroffenen Abgeordneten von den Beratungen und Beschlußfassungen im Wahlprüfungsverfahren nach § 17 BWahlprüfG oder in RheinlandPfalz der Ausschluß von der Mitgliedschaft in einem Untersuchungsausschuß nach § 7 Abs. 1 UntersuchungsausschußG RP. 28 Eine entsprechende Diskussion wurde zuletzt vehement im Zusammenhang mit dem nicht verabschiedeten Entwurf eines Gesetzes zur Amnestie von Parteispendern wegen angeblicher Steuerhinterziehung geführt, BT-Drs. 10/1421; vgl. Achterberg, AöR 109 (1984), 505, 524 ff. 29 Vgl. auch BVerfGE 40,296,318 f., sowie zur Vereinbarkeit von Abgeordnetenmandat und Rechtsanwaltstätigkeit BGH DÖV 1979,444. Im übrigen ist auf den Verhaltenskodex für Abgeordnete des Bundestages nach § 44 a BAbgG, § 18 Abs. 1 GO BT i.V.m. der Anlage 1 zur GO BT, hinzuweisen, der zwar eine Anzeigepflicht für berufliche oder andere wirtschaftlich relevante Tätigkeiten oder Verpflichtungen begründet, die zu einer bedeutsamen Interessenverknüpfung führen könnten, umgekehrt damit aber gleichzeitig deren prinzipielle Gestattung zum Ausdruck bringt. 30 Meesen, S. 436; Schwartmann, S. 110. 26

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

etwa für Angelegenheiten, die mit den Belangen des Wahlkreises eines Abgeordneten, seines Berufsstandes oder einer sonstigen Organisation wie der Gewerkschaften, der Arbeitgeberverbände, der Bauernverbände, der Kirchen oder von Bürgerinitiativen, die der Mandatsträger beispielsweise als Mitglied des Vorstandes oder des Aufsichtsrats repräsentiert 31, zusammenhängen. Generell werden insofern gegen die Rechtsstaatlichkeit des Zustandekommens derartiger Entscheidungen aus rechtlicher Sicht keine Bedenken erhoben 32. Das Bedürfnis nach einer kritischen Betrachtung resultiert daher keineswegs bereits aus der pauschalen Zuordnung einer Entscheidung zur Fallgruppe der „Entscheidungen in eigener Sache". Vielmehr ist es im jeweiligen Einzelfall geboten zu untersuchen, inwieweit die Gefahr besteht, daß persönliche Belange eines betroffenen Mandatsträgers seine Bindungen an das Gemeinwohl zugunsten eines eigenen Vorteils oder einer Begünstigung Dritter zurücktreten lassen. Unter diesem Blickwinkel ist hervorzuheben, daß es sich bei der Entscheidung der Parlamente über die finanzielle Ausstattung seiner Fraktionen dem Gegenstand nach um eine Entscheidung über die Qualität der parlamentarischen Arbeitsfähigkeit an sich handelt. Unmittelbar ist der einzelne Abgeordnete demnach nur in seiner Funktion als Teilorgan des Parlaments betroffen, vergleichbar etwa zur Ausgestaltung des Gesetzgebungsverfahrens oder der Redezeiten, während rechtlich allein die Fraktionen - wie das Bundesverfassungsgericht bereits vor einer ausdrücklichen Normierung ihrer Rechtsfähigkeit durch die Fraktionsgesetze 33 feststellte 34 - die Empfänger der zu diesem Zweck bereitgestellten Gelder sind. Die Möglichkeit einer unmittelbaren persönlichen Bevorteilung ist daher im Gegensatz etwa zur Festsetzung der Abgeordnetendiäten nicht gegeben. Dennoch besteht bei der Fraktionsfinanzierung als Teil der staatlichen Politikfinanzierung in ähnlicher wie vom Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 9. April 1992 für die Parteienfinanzierung und die Abgeordnetenentschädigung festgestellten Weise das Problem, daß es „regelmäßig am korrigierenden Element gegenläufiger politischer Interessen" 35 fehlt. Trotz der Verpflichtung jedes einzelnen Abgeordneten auf das Gemeinwohl wird allgemein die Beschrei31

Vgl. zur Berufs- und Interessenstruktur der Abgeordneten des Deutschen Bundestages, Ismayr,

S. 57 ff. 32

Ähnlich ist die Rechtslage bei einer Selbstbetroffenheit der Richter des Bundesverfassungsgerichts. Das Bundesverfassungsgerichtsgesetz sieht mit §§18, 19 BVerfGG zwar Vorschriften zum Ausschluß wegen Befangenheit vor, § 18 Abs. 2 BVerfGG normiert jedoch ausdrücklich, daß von einer Beteiligung am Verfahrensgegenstand nicht bereits dann ausgegangen werden kann, wenn ein Richter auf Grund seines Familienstandes, seines Berufs, seiner Abstammung, seiner Zugehörigkeit zu einer politischen Partei oder aus einem ähnlich allgemeinen Gesichtspunkt am Ausgang des Verfahrens interessiert ist. 33 Vgl. etwa § 46 Abs. 1 BAbgG oder § 1 Abs. 1 S. 1 FraktG RP. 34 BVerfGE 62,194,201 f. 35 BVerfGE 85,264,292.

I. Legitimation der Parlamente für die Finanzierungsentscheidung

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bung ihrer Funktion als „Interessenvertreter" anerkannt 36, so daß sich der Idee nach das Gemeinwohl erst durch die Herausbildung einer parlamentarischen Entscheidung aus der innerhalb der Gesamtheit der Abgeordneten bestehenden Meinungsvielfalt verwirklicht. Dieser Mechanismus wird bei der Entscheidung über die Fraktionsfinanzierung aufgrund des Umstandes außer Kraft gesetzt, daß in der Regel sämtliche Abgeordnete eines Parlaments zugleich Mitglieder einer Fraktion sind. Im Unterschied zu der der parlamentarischen Demokratie im allgemeinen immanenten Pluralität der Meinungen und Ansichten 37 liegt daher die Vermutung nahe, daß es damit an dem für den politischen Wettbewerb ansonsten natürlichen Interessenkonflikt der parlamentarischen Akteure fehlt. Soweit die Parlamente ihre Befugnis, „in eigener Sache" zu entscheiden, als Gesetzgeber nutzen, um mit dem Erlaß von Regelungen zum Status, zur Funktion, zur Haushaltsführung und zur Rechnungsprüfung der Fraktionen einen rechtlichen Rahmen für deren Finanzierung festzulegen, erweckt dies entgegen der teilweise vehement geäußerten Kritik 3 8 keine Bedenken grundsätzlicher Art. Auch wenn in Abhängigkeit vom Standpunkt des Betrachters der Einwand seine Berechtigung besitzen mag, strittige Verwendungsformen oder der Umfang der Rechnungsprüfung seien im Sinne der Rechtsauffassung der Parlamente geregelt worden, darf nicht übersehen werden, daß auch ohne eine gesetzliche Normierung die in der Diskussion stehenden Aufgabenbereiche zuvor unter Einsatz erheblicher finanzieller Mittel in gleicher Weise wahrgenommen wurden und eine Kontrolle der Mittelverwendung durch die Rechnungshöfe prinzipiell überhaupt nicht stattgefunden hatte39. Die nunmehr durch die Fraktionsgesetze getroffenen gesetzlichen Regelungen sorgen dagegen zumindest für eine klare Reglementierung der Fraktionsfinanzierung und ermöglichen es, auf dieser Grundlage eine Auseinandersetzung um ihre Verfassungsmäßigkeit und ihre politische Vertretbarkeit zu führen. Weit problematischer erscheint dagegen die pauschale Festsetzung des Finanzierungsanspruchs der Fraktionen innerhalb der Fraktionsgesetze 40 oder in

36 Vgl. etwa Kommissionsbericht Abgeordnetenrecht 1993, BT-Drs. 12/5020, S. 6; Meesen, S. 436; Pohl, ZParl 26 (1995), 385, 386. 37 Isensee, HdbStR I, § 13 RN 106, S. 629; Kriele, VVDStRL 29 (1971), 107 (Aussprache); Scheuner, Mehrheitsprinzip, S. 58; Schulze-Fielitz, Gesetzgebung, S. 180. 38 Von Arnim, Partei II, S. 25, 143; Hans Meyer, Emanzipation, S. 319 ff., 344; ders., Fraktionsgesetze, S. 87 ff.; ders., KritV 1995,216,240. 39 Aufgrund der geführten Kontroverse um die Existenz und den Umfang eines Prüfungsrechts der Rechnungshöfe kam es nur in Einzelfällen auf der Grundlage von Vereinbarungen zwischen den Parlamentspräsidenten, den Fraktionen und den Rechnungshöfen zu einer Kontrolle der Mittelverwendung, vgl. zur im Bund ab 1980 bestehenden Praxis, Bemerkungen des Bundesrechungshofs 1993, BT-Drs. 12/5650, S. 10 f. 40 So die Rechtslage in Hamburg, § 2 Abs. 3 FraktG HH, Niedersachsen, § 31 Abs. 1 AbgG NS, und Rheinland-Pfalz, § 2 Abs. 3 FraktG RP.

C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

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den Haushaltsplänen41. Die allgemeine Praxis, die finanziellen Leistungen durch einen bloßen Ausweis konkreter Beträge in Form eines Grundbetrags für jede Fraktion, eines Steigerungsbetrags je Fraktionsmitglied und eines sogenannten Oppositionszuschlags zu bewilligen 42 , läßt nicht erkennen, inwieweit die jeweils getroffenen Mittelfestsetzungen durch einen bestimmten zu erwartenden Aufwand der Fraktionen veranlaßt sind. Für einen Außenstehenden, der mit den Anforderungen, die die parlamentsinternen Gegebenheiten an eine Wahrnehmung der parlamentarischen Aufgaben stellen, nicht vertraut ist, läßt sich daher die Angemessenheit der bewilligten Beträge nur schwer beurteilen. Die daraus resultierende, nur eingeschränkte Durchschaubarkeit fordert die Gefahr, daß eine allgemeine Neigung der Beschließenden für eine möglichst optimale, wenn nicht sogar für eine überhöhte, Finanzausstattung der Fraktionen zum Tragen kommt. Die Möglichkeit einer unangemessen hohen Ausstattung der Fraktionen mit öffentlichen Geldern ist dabei nicht allein unter dem Aspekt der Verschwendung von Steuergeldern von Bedeutung. Jede den erforderlichen Bedarf übersteigende Finanzausstattung eröffnet die Gelegenheit, die überschüssigen Gelder in einer die Chancengleichheit des politischen Willensbildungsprozesses verletzenden Weise zugunsten der Parteien oder der fraktionsangehörigen Abgeordneten einzusetzen. Steht die Notwendigkeit einer Abgrenzung der Aufgabenbereiche der Parteien und der Fraktionen sowie ihrer Finanzierung wie zum Beispiel in Form der Durchführung von Wahlwerbung durch die Fraktionen zugunsten der Parteien seit jeher im Blickpunkt des öffentlichen Interesses 43, hat der individuelle Vorteil, den das einzelne Fraktionsmitglied aus seiner Zugehörigkeit zur Fraktion zu erlangen vermag, erst in dem vom Fraktionslosen Wüppesahl erstrittenen Urteil des Bundesverfassungsgerichts 44 Beachtung gefunden 45. Unter dem Aspekt der Selbstbetroffenheit gewinnt dieser Umstand etwa an Bedeutung, wenn das Fraktionsmitglied den Fraktionsapparat für Zwecke seiner individuellen Mandatsausübung - sei es zur Ausarbeitung von Reden, die es nicht in der Funktion eines Fraktionsmitglieds zu halten beabsichtigt, oder in Wahlkreisangelegenheiten 46 - nutzt,

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So die Rechtslage im Bund und den übrigen Ländern, vgl. dazu im Kapitel C.II.3. Zur Zulässigkeit der Mittelbereitstellung in einem Globalbetrag siehe unten Kapitel C.II.l. 43 BVerfGE 20,56,105; 44,125; BVerfG DÖV 1983,153; von Arnim, Parteienfinanzierung, S.29,109; ders., Finanzierung der Fraktionen, S. 24 ff.; Annette Fischer, S. 18; Seifert, S. 314. 44 BVerfGE 80,188. 45 Angemerkt sei, daß die primär auf eine Abgrenzung zu den Parteien gerichtete Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und des wissenschaftlichen Schriftums wohl im wesentlichen durch die insoweit einseitige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts begründet ist. Aufgrund der jeweils anhängigen Verfahrensgegenstände war das Gericht aber zu Recht gehalten, in seinen Ausfuhrungen lediglich das verfassungsrechtliche Gebot hervorzuheben, daß ein möglicher Mißbrauch zugunsten der Parteien zu unterbinden sei, vgl. BVerfGE 20, 56, 105; 44, 125; BVerfG DÖV 1983, 153. 46 Zur Zulässigkeit und den Grenzen der Mittelverwendung durch die Fraktionen im einzelnen unten C.III. 42

I. Legitimation der Parlamente für die Finanzierungsentscheidung

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für die es ansonsten Mittel aus seiner steuerfreien Kostenpauschale etwa nach § 12 Abs. 2 BAbgG einsetzen müßte47. Damit erreicht der Abgeordnete entweder eine Erhöhung der ihm für die Abgeordnetentätigkeit zur Verfügung stehenden Mittel, womit eine Verzerrung der Wettbewerbssituation zwischen den Abgeordneten verbunden ist, oder aber er verbessert durch die Vergrößerung des ungenutzten Teils der Aufwandsentschädigung seine private Einkommenssituation48. Über diesen Umweg einer zweckwidrigen Mittelverwendung vermag daher auch die Entscheidung über die Fraktionsfinanzierung mittelbar eine persönliche Dimension für den Entscheidenden zu erlangen. Nicht gerechtfertigt ist es jedoch, den bei der Fraktionsfinanzierung allgemein erhobenen Vorwurf des Mißbrauchs der parlamentarischen Entscheidungsgewalt und insbesondere der Selbstbedienung mit dem bloßen Hinweis zu begründen, die Zahlungen an die Fraktionen seien seit dem Parteienfinanzierungsurteil des Bundesverfassungsgerichts von 1966 schneller gestiegen als alle sinnvollen Vergleichszahlen 49 und zu einem Ersatz für die durch das damalige Urteil des Bundesverfassungsgerichts 50 gestoppte Parteienfinanzierung geworden 51. Wenn von Arnim die Steigerungsraten des Bruttosozialprodukts oder etwa der Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung zum Vergleich mit der Entwicklung der Fraktionsfinanzen heranzieht 52, ist m.E. darin - wie von ihm gefordert wird - ein „sinnvoller" Zusammenhang zu der Aufgabenund Aufwandsentwicklung der Fraktionen gerade nicht zu erblicken. A u f den eingeschränkten Aussagewert absoluter Wachstumsraten, die bei dem durch von Arnim für den Bund angestellten Vergleich der Zahlen von 1966 und 1993 zu einer 29fachen Steigerung der Mittel führen 53, hat in der Literatur erstmalig

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Auf die Zweckwidrigkeit einer derartigen Mittelverwendung hat das Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 80,188, 231, ausdrücklich hingewiesen. 48 Insoweit sei angemerkt, daß die Aufwandsentschädigung nach § 12 Abs. 2 BAbgG pauschaliert ist und ein staatlicher Rückgriffsanspruch im Falle eines Überschusses der geleisteten Entschädigung über die tatsächlich getätigten Aufwendungen dadurch gerade nicht besteht. In bemerkenswerter Weise wurde dieser Umstand bisher bei der Bestimmung der finanziellen Leistungsfähigkeit von Abgeordneten im Rahmen von Unterhaltsprozessen berücksichtigt. Der Bundesgerichtshof hat insoweit bereits mehrfach den den Mandatsaufwand übersteigenden Anteil an der pauschalen Aufwandsentschädigung dem Einkommen zugerechnet, vgl. BGH NJW 1981, 1313; FamRZ 1982 898; FamRZ 1986,780. 49 Von Arnim, Finanzierung der Fraktionen, S. 8 ff.; Annette Fischer, S. 18; F.A.Z. v. 31.08.1993, Bl. 4, unter Bezugnahme auf von Arnim. 50 BVerfGE 20, 56. 51 Von Arnim, Finanzierung der Fraktionen, S. 1, 26 f.; Hans Meyer, Fraktionsgesetze, S. 87 f.; Tsatsos y in: Hans Meyer, Fraktionsgesetze, S. 99. 52 Von Arnim, Finanzierung der Fraktionen, S. 9. 53 Zur Ergänzung sei erwähnt, daß im Zeitraum zwischen 1991 und 1996 die für die Bundestagsfraktionen aus Bundesmitteln bereitgestellten finanziellen Leistungen sich konstant zwischen 100 und 110 Mio. DM eingependelt haben, während beispielsweise in Niedersachsen im Vergleich der Jahre 1992 und 1996 ein mit einer Konsolidierung begründeter Rückgang der Finanzierung von 10,2 Mio. DM auf 8,8 Mio. DM oder in Nordrhein-Westfalen eine durch eine Verringerung der Anzahl

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

Schönberger hingewiesen54. Der von Schönberger vorgenommene Vergleich zwischen dem Einzeletat des Deutschen Bundestags und dem daran bestehenden Anteil der Fraktionszuschüsse führt heute bei einer Gegenüberstellung der Zahlen aus den Jahren 1966 und 1995 zu einer Steigerung von knapp 60 vom Hundert. Auch bei den insofern in Relation gestellten Veränderungen von parlamentsspezifischen Ausgaben bleibt unberücksichtigt, inwieweit die gewachsenen Anforderungen, denen sich die Fraktionen bei einer Wahrnehmung ihrer parlamentarischen Aufgaben ausgesetzt sehen, entsprechende finanzielle Bedürfnisse auslösen und gleichzeitig rechtfertigen. Von nachhaltigem Gewicht ist dabei einerseits der grundsätzliche Bedeutungs- und Verständniswandel, den die Parlamente im Laufe der vergangenen Jahrzehnte hin zu dem zentralen Staatsorgan vollzogen haben55. Andererseits verlangen die zunehmende Globalisierung und Komplexität der Entscheidungsgegenstände und -prozesse 56 nach einer adäquaten informellen und fachlichen Unterstützung der Volksvertretungen, um diese in die Lage zu versetzen, ihre Funktion innerhalb eines parlamentarischen Regierungssystems insbesondere im Verhältnis zu den Regierungen ausfüllen zu können. Weiter läßt sich aus einem reinen Zahlenvergleich ebenfalls nicht ersehen, in welchem Umfang eine Steigerung des Finanzvolumens darauf zurückzuführen ist, daß sich die Anzahl der innerhalb eines Parlaments gebildeten Fraktionen erhöht hat oder eine Reihe von ursprünglich durch die Parlamentsverwaltungen für die Fraktionen vorgehaltenen oder erbrachten Leistungen nunmehr durch die Fraktionsverwaltungen selbst erledigt werden und demnach auch die diesbezüglich anfallenden zusätzlichen Kosten aus den Fraktionsetats zu bestreiten sind 57 . Jedenfalls sind die in der Vergangenheit tatsächlich bekanntgewordenen und öffentlich diskutierten Fälle einer zweckwidrigen Mittelverwendung - wie etwa der Veröffentlichung von Zeitungsanzeigen durch die SPD-Fraktion der Bremer Bürgerschaft während des Bürgerschaftswahlkampfes 197958, der Spende durch die Fraktion der Alternativen Liste (AL) im Berliner Abgeordnetenhaus aus Mitteln der Fraktionen an die notleidende Bevölkerung in Polen 198159, der Ungereimtheiten über den Verbleib der restlichen Fraktionsgelder nach dem Ausscheiden der F.D.PFraktion aus dem rheinland-pfälzischen Landtag im Jahre 198360, der Absicht

der Fraktionen verursachte Abnahme von 13,5 Mio. DM in 1994 auf 11,72 Mio. DM in 1996 zu beobachten ist. 54 Schönberger, S. 197 ff. 55 Vgl. etwa Schlußbericht der Enquete-Kommission Verfassungsreform des Deutschen Bundestages, Zur Sache 3/76, S. 95 ff. 56 Vgl zum Ganzen Ismayr, S. 247 ff.; Schreckenberger, VerwArchiv 68 (1977), S. 28 ff. 57 Heuer, Kontrollauftrag, S. 107; Jekewitz, ZParl 26 (1995), 395 ff.; Hubert Meyer, S. 392. 58 Vgl. BVerfG DÖV 1983,153. 59 Jekewitz, ZParl 13 (1982), 314, 315. 60 Vgl. Handelsblatt v. 16.02.1984; Frankfurter Rundschau v. 28.04.1984; Mainzer Allgemeine Zeitung v. 01.05.1984; Der Spiegel v. 31.12.1984, S. 33 f.

I. Legitimation der Parlamente für die Finanzierungsentscheidung

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der Fraktion DIE GRÜNEN im Bundestag, mit Fraktionsmitteln Regionalbüros einzurichten 61, der Verwendung von Fraktionsgeldern durch die Fraktion DIE GRÜNEN im Bundestag für zusätzliche persönliche Mitarbeiter ihrer Abgeordneten62 oder der Begleichung von Friseurrechnungen aus der Fraktionskasse durch die Vorsitzende der F.D.P.-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus - zwar zu monierende Mißstände, sie können jedoch den Vorwurf der Selbstbedienung, gemessen an der Gesamthöhe der staatlichen Zahlungen, nicht begründen. Eine sachliche Bewertung der Angemessenheit der Finanzausstattung der Fraktionen läßt sich dagegen entsprechend ihrer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung nur anhand des Bedarfs vornehmen, der für eine Erfüllung der parlamentarischen Aufgaben der Fraktionen erforderlich ist. Eine sich auf die Mittelbewilligung reduzierende Betrachtung genügt insofern allerdings nicht. Wie unten noch näher zu zeigen sein wird 63 , kann eine Bemessung der Fraktionszahlungen wegen der nur geringen Vorhersehbarkeit der Anforderungen, die das parlamentarische Geschehen in einem Haushaltsjahr an die Erfüllung der parlamentarischen Aufgaben stellt, sowie wegen der Autonomie der Fraktionen, selbst darüber zu befinden, welchen Themenbereichen sie sich unter Einsatz welcher Ressourcen bei der Erledigung ihrer parlamentarischen Arbeit zuwenden, in nur eingeschränktem Maße im vorhinein nach objektivierbaren Kriterien bestimmt werden 64. Es liegt die Vermutung nahe, daß in dieser aus sich heraus nur geringen Plausibilität der pauschal ausgewiesenen Bemessungsgrößen in Gestalt von Grund-, Steigerungsbetrag und Oppositionszuschlag der eigentliche Grund für das öffentliche „Unbehagen" gegenüber der Fraktionsfinanzierung zu erblikken ist. Dem kritischen Betrachter wird eine eigenständige Beurteilung daneben weiter dadurch erschwert, daß die Bedeutung der Fraktionen für das Funktionieren des parlamentarischen Systems und die durch sie tatsächlich geleistete Arbeit innerhalb des parlamentarischen Verfahrens nur zu einem geringen Teil nach außen sichtbar werden. Hinzu kommt die noch bis vor kurzem äußerst dürftige rechtliche Ausgestaltung der Rechtsstellung sowie der Finanzierungsgrundsätze der Parlamentsfraktionen. Eine Reihe der Vorbehalte dürfte sich daher bereits relativieren, wenn die aktuell verabschiedeten gesetzlichen Regelungen zur Rechnungslegung65 und Rechnungsprüfung Wirkung zeigen.

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Jekewitz, ZParl 15 (1984), 14,22. Stuttgarter Zeitung vom 01.04.1989. Siehe Kapitel C.II. 1 .c.bb. und C.II.2.a. 64 Jekewitz, ZParl 15 (1984), 14, 21; vgl. auch die Erwägungen der sogenannten KisselKommission in bezug auf die Abgeordnetenentschädigung, Kommissionsbericht Abgeordnetenrecht 1993, S. 21. 65 Im Bund ist eine erste Veröffentlichung der Rechnungen der Fraktionen im Deutschen Bundestag für das Kalendeijahr 1995 durch die Präsidentin nach § 52 Abs. 4 S. 4 BAbgG zwischenzeitlich als Parlamentsdrucksache erfolgt, BT-Drs. 13/5473 v. 30.08.1996. In RheinlandPfalz liegt nunmehr bereits die zweite Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags nach § 7 62 63

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung 3. Verlagerung der Entscheidungszuständigkeit vom Parlament auf eine unabhängige Kommission

Für Entscheidungen im Bereich der Politikfinanzierung wird eine Einschränkung des Budgetbewilligungsrechts der Parlamente in Form einer Verlagerung der Entscheidungszuständigkeit auf ein Gremium unabhängiger Sachverständiger diskutiert 66 und wurde in jüngster Vergangenheit für die Abgeordnetenentschädigung von den Berichterstattern der Gemeinsamen Verfassungskommission auch vorgeschlagen 67 6 8 . Zur Begründung wird darauf verwiesen, eine Delegation sei einerseits aus verfassungsrechtlichen Gründen zur Gewährleistung des Rechtsstaatsprinzips, dem eine „Entscheidung in eigener Sache" entgegenstehe, angezeigt und anderseits aus verfassungspolitischen Erwägungen notwendig, um das Ansehen der Parlamente durch die Vermeidimg jedes Verdachts einer „Selbstbedienung" zu wahren. Trotz der aufgezeigten Möglichkeiten einer Interessenkollision sind die Überlegungen, das Letztentscheidungsrecht auf eine Kommission zu übertragen, auf der Grundlage des geltenden Verfassungsrechts - aber auch de constitutione ferenda - abzulehnen69. Die Notwendigkeit und das Bedürfnis einer angemessenen finanziellen Ausstattung der Fraktionen wird durch deren verfassungsrechtliche Stellung vorgegeben. Es wäre ein mit dem Demokratieprinzip und mit der Lehre vom Parlamentsvorbehalt nicht zu vereinbarender Eingriff in die Gesetzgebungsbefugnis und Haushaltsgewalt der Parlamente, wenn eine externe Kommission mit der verbindlichen Entscheidung über die Finanzausstattung der Fraktionen gleich-

FraktG RP über die Fraktionsrechnungen des Jahres 1995 mit der Parlamentsdrucksache v. 24.04.1996 vor, RP-Drs. 12/8391. 66 Allgemeine Beachtung hat beispielsweise der Vorschlag Hans-Peter Schneiders gefunden, einen „Senat für Parlamentsfragen" zu bilden, Hans-Peter Schneider, Gesetzgebung, S. 344 f. Vgl. etwa auch die Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Gesetzgebung und des Landtags Rheinland-Pfalz am 26.06.1992 zu dem Thema: „Legitimation der Parlamente zur Entscheidung in eigener Sache". 6 So für die Abgeordnetenentschädigung: Gemeinsamer Vorschlag der Berichterstatter der Gemeinsamen Verfassungskommission zur Neufassung des Art. 48 Abs. 3 GG, BT-Drs. 12/6000, S. 88; Hans-Jochen Vogel, selbst ordentliches Mitglied der Gemeinsamen Verfassungskommission, hat seine befürwortende Rechtsauffassung darüber hinaus dezidiert in ZG 1992,293 ff., dargelegt. Vgl. auch das Modell von Henke für die Parteienfinanzierung: Der Staat 31. Bd. (1992), 98, 103 f.; ders., BK, Art. 21 RN 322. 68 Vgl. die Darstellung in der Anlage 32 des Kommissionberichts Abgeordnetenrecht 1993 aufgezählten Demokratien Australien, Belgien, Irland, Kanada, Neuseeland, Schweiz und USA, die das Verfahren der Diätenanpassung unabhängigen Behörden und Gremien übertragen haben, BT-Drs. 12/5020. 69 Im Fall der Festsetzung der Abgeordnetendiäten wird ungeachtet der näheren Modalitäten jedes eine materiale Entscheidung durch eine externe Kommission beinhaltende Konzept seitens der Parteienfinanzierungskommission 1993 (BT-Drs. 12/4425, S. 45 f.) und der Kommission zur Überprüfung des Abgeordnetenrechts 1993 (BT-Drs. 12/5020, S. 21) ausdrücklich zurückgewiesen.

I. Legitimation der Parlamente für die Finanzierungsentscheidung

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zeitig eine Entscheidung über die Funktionsfähigkeit der Parlamente treffen und auf diesem Wege deren politisches Gewicht gegenüber der Regierung oder etwa das Verhältnis der Fraktionen zu den Parteien maßgeblich mitbestimmen könnte. Die Beantwortung dieser für die Handlungsfähigkeit und das Kräfteverhältnis der am politischen Prozeß beteiligten Institutionen zentralen Frage muß dem Parlament als dem einzig unmittelbar demokratisch legitimierten Verfassungsorgan vorbehalten bleiben. Entgegen einer teilweise vertretenen Ansicht wird der Bedeutungsgehalt dies Demokratieprinzips in diesem Zusammenhang auch nicht durch das dem Rechtsstaatsprinzip innewohnende Prinzip der „Uneigennützigkeit" jeder Amtswahrnehmung relativiert 70 . Insoweit wird übersehen, daß im Gegensatz zu den anerkannten Grundsätzen einer Amtswahrnehmung im Rahmen der übrigen staatlichen Gewalten der Abgeordnete bei der Ausübung seines repräsentativen Mandats zwar dem Gemeinwohl, nicht aber zur Unparteilichkeit oder gar zur Neutralität verpflichtet ist 71 . Kehrseite dieser relativen Unabhängigkeit der Abgeordneten ist, daß sie die von ihnen in den Schranken des Verfassungsrechts zu treffenden subjektiven Festlegungen auch politisch zu vertreten und gegenüber dem Wähler zu verantworten haben. Diese Verantwortlichkeit für eine Entscheidung ist Teil der demokratischen Legitimation zur Ausübung staatlicher Gewalt und damit Grundvoraussetzung jeder selbständigen Entscheidungsbefugnis 72 - eine Verantwortlichkeit, die im Falle einer externen Sachverständigenkommission gerade nicht bestünde73. Zur Bestätigung können insoweit die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im sogenannten Diäten-Urteil herangezogen werden. Das Gericht hatte dort die aus Art. 48 Abs. 3 GG für die Entschädigimg der Abgeordneten entwickelten Grundsätze als „zu den Essentialen des demokratischen Prinzips" gehörig erklärt 74 . In zumindest gleichem Maße trifft diese Feststellung auf den Status und die Finan70 So aber Henke, S. 102 ff., bezogen auf die Parteienfinanzierung sowie die mehrheitlich vertretene Position innerhalb der Mitglieder der Gemeinsamen Verfassungskommission im Fall der Abgeordnetenentschädigung, vgl. die Ausführungen der Berichterstatter in der 13. Sitzung der Gemeinsamen Verfassungskommission vom 26. Nov. 1992: Abg. Geis (CDU/CSU), S. 2; Abg. Soell (SPD), S. 4; Abg. Heuer (PDS/Linke Liste), S. 7 sowie die im Abschlußbericht der Gemeinsamen Verfassungskommission gegebene Begründung, BT-Drs. 12/6000, S. 88. A.A. Abg. Otto (F.D.P.), S. 8. Auch Linck rechtfertigt die Indexierungsregel zur Anpassung der Abgeordnetendiäten nach Art. 54 Verf Thür, wonach der einkommensbezogene Teil der Diäten nach der allgemeinen Einkommensentwicklung und die Aufwandsentschädigung nach den Lebenshaltungskosten automatisch angepaßt werden, mit der Wahrung des einer Entscheidung durch den Gesetzgeber in eigener Sache entgegenstehenden Rechtsstaatsprinzips, Linck, in: Linck/Jutzi/Hopfe, ThürLV, Art. 54 RN 10, ders., ZParl 26 (1995), 683, 686. 71 Schneider, S. 332. 72 Grundlegend Scheuner, Verantwortung, S. 384 ff.; vgl. auch Gusy, Fachtagung DGG Mainz 1992, S. 39; Pestalozzi NJW 1981,2081,2082. 73 So auch Parteienfinanzierungkommission 1993, BT-Drs. 12/4425, S. 45. 74 BVerfGE 40, 296, 319.

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

zierung der Fraktionen zu 75 . Die Entscheidungskompetenz zur Festsetzung der Fraktionsgelder wird daher von der Bestandsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG erfaßt 76 . Eine Verlagerung der Entscheidungszuständigkeit ließe sich damit weder derzeit noch im Wege einer Verfassungsänderung vornehmen. Nicht zuletzt bleibt die verfassungspolitische Erwägung, aus Gründen des Ansehens der Parlamente sei jeder Verdacht der „Selbstbedienung" zu vermeiden, zu relativieren. Einer Verlagerung der Entscheidungszuständigkeit als Reaktion auf die anhaltende Kritik an der Praxis der Politikfinanzierung würde den ebenso mißlichen Eindruck erwecken, die Politik stehle sich aus ihrer Verantwortung 7778 . W i l l man dem befürchteten Prozeß der Entfremdung der Bevölkerung von ihren gewählten Repräsentanten entgegenwirken, ist es erforderlich, die konkreten Ursachen des allgemeinen Unbehagens zu beseitigen. Übertragen auf den Bereich der Fraktionsfinanzierung, heißt dies, die Zweifel hinsichtlich einer angemessenen Bewilligung und ordnungsgemäßen Verwendimg der öffentlichen Gelder auszuräumen. Eine nähere rechtliche Auseinandersetzung mit dem in den Fraktionsgesetzen geschaffenen rechtlichen Fundament der Fraktionsfinanzierung bietet dazu eine erste Gelegenheit.

II. Die Modalitäten der Mittelbereitstellung Betrachtet man die im Bund und den Ländern aktuell anzutreffende Praxis der Fraktionsfinanzierung in ihrer Gesamtheit, läßt sich zunächst feststellen, daß den Fraktionen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Ressourcen

75

Vgl. oben C.II.3.b. Unter Hinweis auf die oben zitierte Feststellung des Bundesverfassungsgerichts in der Entscheidung BVerfGE 40,296,319, und der daraus folgenden Einschlägigkeit des Art. 79 Abs. 3 GG haben sich auch die Parteienfinanzierungskommission 1993 (BT-Drs. 12/4425, S. 46), die Kommission zur Überprüfung des Abgeordnetenrechts 1993 (BT-Drs. 12/5020, S. 21) sowie die Sachverständigen Degenhart, S. 67, und H.-P. Schneider, S. 18, anläßlich der Öffentlichen Anhörung „Parlamentsrecht" gegen eine Verfassungsänderung bei der Abgeordnetenentschädigung ausgesprochen. Ebenso Annette Fischer, S. 229 ff.; Kissel, S. 86; Rupp, Fachtagung DGG Mainz 1992, S. 30 f.; Schwartmann, S. 150. 77 So auch die vom Abg. Otto (F.D.P.) in der 13. Sitzung der Gemeinsamen Verfassungskommission geäußerte Einschätzung, S. 8; Stellungnahme des Sachverständigen Günther zur Öffentlichen Anhörung „Parlamentsreform", Anlage zur Anhörung, S. 78 f.; von Arnim, Fachtagung DGG Mainz 1992, S. 36; Karpen, Fachtagung DGG Mainz 1992, s. 34; Rupp, ZG 1992, 285, 291. 78 Vgl. auch die im Jahre 1995 bereits durch den Bundestag beschlossene Grundgesetzänderung zur Ankopplung der Abgeordnetendiäten an die Bezüge der Richter an den Obersten Gerichtshöfen des Bundes, die im Bundesrat u.a. aufgrund der öffentlichen Kritik in den Medien und des öffentlichen Appells von 86 Staatsrechtlem keine Zustimmung fand, Der Spiegel v. 18.09.1995, S. 22 ff., ders. v. 02.10.1995, S. 32; F.A.Z. v. 29.09.1995, ders. v. 11.10.1995. Umfassend zum Verfahren und zum Inhalt der damals geplanten Diätenreform von Arnim, „Der Staat sind wir!" - Politische Klasse ohne Kontrolle? - Das neue Diätengesetz. 76

II. Die Modalitäten der Mittelbereitstellung

93

durchgängig in einem kombinierten System, bestehend aus Geld-, Sach- und teilweise Personalleistungen, zur Verfugung gestellt werden. Bei den regelmäßig das deutliche Übergewicht bildenden Geldleistungen lassen sich grundsätzlich drei verschiedene Formen einer Ausgestaltung der Mittelbereitstellung unterscheiden. Vorherrschend ist der auch vom Bundesgesetzgeber beschrittene Weg, durch Gesetz eine Regelung des Finanzierungsanspruchs der Fraktionen dem Grunde nach zu treffen und die Höhe der Zahlungen jährlich im Haushaltsplan festzusetzen 79. In den Ländern Hamburg, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz ist ein gesetzlicher Finanzierungsanspruch der Fraktionen nicht nur dem Grunde nach, sondern durch eine Bezifferung der konkreten Beträge in den Fraktionsgesetzen fixiert 80 . In Sachsen beruht die Fraktionsfinanzierung schließlich auf einer bloßen Einstellung der Zahlungen in den Haushaltsplan81. Ist die Rechtsgrundlage im Bund und den einzelnen Ländern damit zwar überwiegend uneinheitlich ausgestaltet, ist es sämtlichen Regelungen allerdings gemeinsam, daß die an die Fraktionen zu erbringenden finanziellen Leistungen in einem Globalbetrag bewilligt werden, der sich aus einem Grundbetrag für jede Fraktion 82 , einem Steigerungsbetrag je Fraktionsmitglied sowie einem zusätzlichen Steigerungsbetrag je Mitglied einer Fraktion, die nicht die Regierung trägt (Oppositionszuschlag), zusammensetzt. Ein Anspruch auf Sach- und von - soweit vorgesehen - Personalleistungen 83 wird teilweise lediglich dem Grunde nach normiert 84 , teilweise wird zur Konkretisierung verwiesen auf die Feststellungen der Haushaltsgesetze und Haushaltspläne85 und teilweise fehlt jede Form einer Ermächtigung durch Gesetz oder Haushalt86. Im einzelnen bestehen dabei zwischen dem Bund und den verschiedenen Ländern erhebliche Unterschiede, in welchem Umfang den Fraktionen durch die Parlamentsverwaltungen Räumlichkeiten, Ausstattungsgegenstände, EDV-Anlagen, Dienstfahrzeuge, Telekommunikationsmöglichkeiten

79

Vgl. § 50 Abs. 1 BAbgG oder Art. 2 S. 1 FraktG Bay. § 2 Abs. 3 FraktG HH; § 31 Abs. 1 AbgGNS; § 2 Abs. 3 FraktG RP. In Thüringen bestand bis zur Änderung des Thüringer Abgeordnetengesetzes v. 16.03.1995 mit § 41 Abs. 1 AbgG Thür a.F. eine gesetzliche Regelung nach Grund und Betrag, die nunmehr jedoch fallengelassen wurde. 81 Vgl. etwa Haushaltsplan Sachsen 1996, Einzelplan 01, Titel 68401. 82 § 2 Abs. 3 S. 2 FraktG RP gewährt einen zusätzlichen Zuschlag von rund 40 % auf den Grundbetrag für Fraktionen mit mehr als 25 Mitgliedern. 83 § 8 Abs. 6 FraktG Bin; § 2 Abs. 2 FraktG BW; § 2 Abs. 2 FraktG Hess; § 49 Abs. 1 S. 1 AbgG Thür. 84 Art. 2 S. 2 FraktG Bay; § 2 Abs. 3 FraktG BW; § 2 Abs. 1 FraktG HH; § 2 Abs. 3 FraktG Hess. 85 § 50 Abs. 3 BAbgG; § 8 Abs. 5 FraktG Bbg; § 8 Abs. 5, 6 FraktG Bin; § 40 Abs. 3 AbgG Bre; § 54 Abs. 7 AbgG MV; § 32 AbgG NS; § 2 Abs. 4 FraktG RP; § 2 S. 2 FraktG SA; § 6 Abs. 4 FraktG SH; § 49 Abs. 1 S. 2 AbgG Thür. 86 So die Rechtslage etwa in Sachsen. In Nordrhein-Westfalen enthält der Haushaltplan 1996 lediglich in den Erläuterungen zum EP 01, Titel 684 10 (Zweckbestimmung: Zuschüsse an die Fraktionen nach § 30 AbgG NW), eine Auflistung der den Fraktionen unentgeltlich zur Verfügung gestellten Leistungen. 80

94

C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

oder personelle Zuarbeit zur Unterstützung ihrer Arbeit bereitgestellt werden und die dementsprechend von ihnen nicht aus ihren finanziellen Mitteln zu bestreiten sind 87 .

1. Zulässigkeit einer Bereitstellung der finanziellen Leistungen in einem Globalbetrag I m Zentrum der Kritik um die derzeitige Ausgestaltung der Fraktionsfinanzierung steht die Praxis, den Großteil des Bedarfs der Fraktionen durch das Erbringen finanzieller Leistungen zu decken, die zudem bei einer Festsetzung durch Gesetz wie bei einer Veranschlagung der konkreten Beträge in den Haushaltsplänen durchgängig pauschal ausgewiesen werden. Die globale Form der Mittelbereitstellung bewirkt, daß für die Fraktionen keine verbindlichen Vorgaben bestehen, welcher Anteil der Gelder beispielsweise für Personalausgaben eingesetzt werden darf, in welchem Umfang sächliche Verwaltungsausgaben zum Beispiel bei der Büroausstattung geleistet werden können oder welcher Betrag für die politische Arbeit der Fraktionen wie die Veranstaltung von Hearings, die Einholung von Sachverständigengutachten oder die Öffentlichkeitsarbeit verwendet werden kann. Dagegen wendet sich eine bereits im älteren Schrifttum 88 und ehemals von den Rechnungshöfen 89 geäußerte Ansicht, die auch im Anschluß an die aktuelle Novellierung der Rechtsstellung der Fraktionen und ihrer Finanzierung eine haushaltsrechtliche Behandlung der Fraktionsmittel in einer den allgemeinen Etatmitteln des Bundes oder der Länder entsprechenden Weise als verfassungsrechtlich zwingend ansieht90. Unter anderem verlange dies, wie bei einer Mittelbereitstellung für staatliche Stellen üblich, einen spezifizierten Ausweis der

87

Eine vergleichende Beurteilung wird dadurch erschwert, daß - mit Ausnahme von Rheinland- Pfalz mit § 2 Abs. 2 FraktG RP - keine Verpflichtung des Haushaltsgesetzgebers besteht, die Leistungen des Landes an die Fraktionen im Einzelplan des Landtags nach Zwecken getrennt zu veranschlagen und zu erläutern. Die Dienst- und Sachleistungen werden vielmehr aus den verschiedensten Titeln des Einzelplans des Parlaments erbracht, ohne daß sich aus der Zweckbestimmung oder gar nur den Erläuterungen erkennen ließe, ob und in welchem Umfang diese eine Veranschlagung zugunsten der Fraktionen beinhalten. 88 Von Arnim, Staatliche Fraktionsfinanzierung, S. 30 ff.; Heuer, Kontrollauftrag, S. 108; Jekewitz, RuP 1985, 34, 36; Krämer/Schmidt, B III 4.1., S. 16 f.; Lange, Prüfung, S. 291; Müller, NJW 1990,2046; ders., Stellungnahme Hessen, S. 1; Parteienfinanzierungskommission 1993, BTDrs. 12/4425, S. 36. 89 Leitsätze der Rechnungshöfe 1991, Nr. 2; Jahresbericht des Rechnungshofs Bremen 1990 v. 20.08.1990; Drs. 12/951, RN 44, S. 15; Bemerkungen des Landesrechungshofs Sachsen-Anhalt 1992, Tz. 9.3, S. 59 f. 90 Von Arnim, Haushaltsrechtliche Veranschlagung, S. 33 ff.; ders., Finanzierung der Fraktionen, S. 52 ff.; ders., Partei II, S. 143; Annette Fischer, S. 206; Hans Meyer, KritV 1995, 216, 238 f.; Schmidt-Bens, ZRP 1992, 281, 283.

II. Die Modalitäten der Mittelbereitstellung

95

Haushaltsmittel91. Eine haushaltsrechtliche Veranschlagung wird darüber hinaus als unabdingbar angesehen, um eine öffentliche Kontrolle zu ermöglichen, an der wegen der Problematik der Fraktionsfinanzierung als Entscheidung in eigener Sache gesteigertes Interesse bestehe. Es müsse daher für die Öffentlichkeit nachvollziehbar sein, welchen Zwecken die veranschlagten Ausgaben dienen sollen 92 . Andere Stimmen in der Literatur bezeichnen die praktizierte pauschale Ausweisung unter Hinweis auf die durch das freie Mandat der Abgeordneten bestimmte Tätigkeit der Fraktionen dagegen ausdrücklich als einzig zulässige Form einer Bewilligung der Gelder 93. a) Die Ableitung der Forderung nach einer verbindlichen Spezifizierung aufgrund der Einordnung der Zahlungen als Haushaltsmittel eines Staatsorgans Die Forderung nach einer spezifizierten Gewährung der finanziellen Leistungen wird im wesentlichen unter Berufung auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, mit der dieses die Fraktionen als „der organisierten Staatlichkeit eingefügte" 94 ... „Gliederungen des Parlaments" 95 charakterisierte, daraus abgeleitet, daß die Fraktionen dem Parlament und damit dem Staat zuzurechnen seien. Konsequenz dieser Einordnung sei die Anwendung der gleichen Publikations- und Veranschlagungsgrundsätze wie bei den übrigen allgemeinen Haushaltsmitteln96.

91 Lediglich die Fraktionsgesetzentwürfe der Fraktion der FDP/DVP im Landtag von Baden-Württemberg v. 10.03.1993, SH-Drs. 11/1554, und der SPD- und CDU-Fraktionen des Schleswig-Holsteinischen Landtages v. 07.12.1992, SH-Drs. 13/605, haben entgegen der sonst übliche Praxis in § 3 Abs. 1 S. 6, 7 i.V.m. § 6 Abs. 3 Entwurf FDP BW und § 46 c Abs. 2 Entwurf SPD/CDU SW Vorgaben für eine Ausweisung der Ausgaben in einer nach Zwecken differenzierten titelmäßigen Untergliederung gemacht. 92 Von Arnim, Haushaltsrechtliche Veranschlagung, S. 61 f.; ders., Finanzierung der Fraktionen, S. 52 f.; Annette Fischer, S. 206; Heuer, Kontrollauftrag, S. 112; Schmidt-Bens, ZRP 1992, 281,283; Parteienfinanzierungskommission 1993, BT-Drs. 12/4425, S. 36. 93 Fensch, ZRP 1993, 209, 210; Martin, S. 109 f.; Strauß-Zielbauer/Schnellbach, ZParl 24 (1993), 588, 592 f. 94 BVerfGE 20, 56, 104; 62, 194, 202; 80, 188, 231. 95 BVerfGE 20, 56,104; 43,142,147; 62,194,202; 80,188,231. 96 Von Arnim, Staatliche Fraktionsfinanzierung, S. 30 ff; ders., Haushaltsrechtliche Veranschlagung, S. 33 ff.; ders., Finanzierung der Fraktionen, S. 52 ff; ders., Partei II, S. 156 ff.; Annette Fischer, S. 206; Henke, BK, Art. 21 RN 120; Heuer, Kontrollauftrag, S. 108; Jekewitz, RuP 1985, 34, 36; Krämer/Schmidt, B III 4.1., S. 16 f.; Lange, Prüfung, S. 291; Hans Meyer, KritV 1995, 216, 238 f.; Müller, NJW 1990, 2046; ders., Stellungnahme Hessen, S. 1; Schmidt-Bens, ZRP 1992, 281, 283; Parteienfinanzierungskommission 1993, BT-Drs. 12/4425, S. 36; Leitsätze der Rechnungshöfe 1991, Nr. 2; Jahresbericht des Rechnungshofs Bremen 1990 v. 20.08.1990; Bre-Drs. 12/951, RN 44, S. 15.

96

C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

Zur Bestätigung wird zusätzlich auf die im sogenannten Wüppesahl-Urteil enthaltene Feststellung des Bundesverfassungsgerichts zum Prüfungsrecht des Bundesrechnungshofs hingewiesen97. Dort hatte das Gericht ausgeführt: „Der verfassungsrechtliche Prüfungsauftrag des Bundesrechnungshofs umfaßt die Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwendung von Fraktionszuschüssen in gleicher Weise und nach den gleichen verfassungsrechtlichen und haushaltsrechtlichen Maßstäben wie bei anderen Etatmitteln auch."98

Von Verfassungs wegen bestehe aber eine Prüfungskompetenz des Bundesrechnungshofs nach Art. 114 Abs. 2 GG nur für das Rechtssubjekt Bund, während die Befugnis zur Rechnungskontrolle bei Stellen außerhalb der Bundesverwaltung nach § 91 BHO und von juristischen Personen des privaten Rechts gemäß § 104 BHO nur durch die einfachen Gesetze begründet würden 99 . Die vom Bundesverfassungsgericht angenommene verfassungsrechtliche Verpflichtung zur Prüfung der Fraktionsmittel bestätige somit die Ansicht, die Fraktionen seien haushaltsrechtlich als Teile des Bundes beziehungsweise der Länder zu behandeln. Die daraus folgende Anwendung der Haushaltsgrundsätze der Haushaltswahrheit, der Vollständigkeit und der Spezialität, Art. 110 GG, §§ 12 Abs. 1 S. 1 HGrG, 17 Abs. 1 S .1 BHO/LHO, verlange, daß für jede Fraktion entsprechend dem Gruppierungsplan, § 13 BHO/LHO, eine Untergliederung nach den auf die einzelnen Einnahme- und Ausgabearten entfallenden Beträge vorzunehmen sei, ebenso wie es des Ausweises eines Stellenplanes beziehungsweise einer Stellenübersicht über den beabsichtigten Personaleinsatz der Fraktionen bedürfe, §§17 Abs. 5, 6 BHO/LHO. Ebenfalls seien entgegen der derzeitigen Finanzierungspraxis nach dem Bruttoprinzip, §§12 Abs. 1 S. 1 HGrG, 15 Abs. 1 S. 1 BHO/LHO, die Einnahmen der Fraktionen beispielsweise aus Beiträgen ihrer Mitglieder oder aus Spenden zu veranschlagen 100. Abgesehen von der Frage der Anwendbarkeit der haushaltsrechtlichen Veranschlagungsgrundsätze hätte eine Zurechnung der Fraktionen zum Rechtssubjekt Bund/Land weiter zur Konsequenz, daß etwa Rechtsgeschäfte der Fraktionen stets den Staat berechtigen und verpflichten würden. Mitarbeiter der Fraktionen wären notwendigerweise als Bedienstete des Staates anzusehen, den Fraktionen wäre es unmöglich, Eigentum zu erwerben, und der Staat hätte für nicht erfüllte Verbindlichkeiten der Fraktionen etwa im Falle ihres Untergangs einzustehen.

97 Von Arnim, Haushaltsrechltiche Veranschlagung, S. 34 f.; ders., Finanzierung der Fraktionen, S. 37 ff.; Müller, NJW 1990,2046; ders., Stellungnahme Hessen, S. 5. 98 BVerfGE, 80,188,214. 99 So etwa Heuer, in: Heuer, KHR, Art. 114 RN 51. 100 So ausdrücklich die Forderungen von von Arnim, Haushaltsrechtliche Veranschlagung, S. 36 ff.; ders., Partei II, S. 156; Annette Fischer, S. 207; Heuer, Kontrollauftrag, S. 112; Müller, Stellungnahme Hessen, S. 5; Schmidt-Bens, ZRP 1992, 281,183.

II. Die Modalitäten der Mittelbereitstellung b) Interpretation

97

vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Status der Fraktionen

Welche Grundsätze die Parlamente bei ihrer Entscheidung über die Modalitäten der Fraktionsfinanzierung - sei es als allgemeiner Gesetzgeber oder als Haushaltsgesetzgeber - binden, läßt sich nicht mit einer schlichten Bezugnahme auf einzelne aus dem Gesamtzusammenhang einer Entscheidung herausgelöste Passagen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts oder einer allgemein erhobenen Forderung nach Transparenz ableiten. Die dem Gestaltungsermessen der Parlamente bei der Ausgestaltung der Mittelbereitstellung an die Fraktionen aufgegebenen Grenzen sind vielmehr vorrangig nach dem verfassungsrechtlichen Status der Fraktionen und ihrer spezifischen Bedeutung für den parlamentarischen Willensbildungsprozeß zu beurteilen. Welche verfassungsrechtlichen Vorgaben insoweit zur Anwendung kommen, ist umstritten. Die zu beobachtende Diskrepanz der Meinungen zum Ursprung und zur Legitimation ihrer staatsorganisatorischen Stellung 101 tritt hier im Zusammenhang mit der Frage nach einer ordnungsgemäßen Art und Weise der Ausgestaltung der Fraktionsfinanzierung erneut in aller Deutlichkeit zu Tage. Zur Beantwortung genügt es dabei nicht, auf die gesetzlichen Regelungen der Fraktionsgesetze zurückzugreifen. Weder die dort anzutreffende allgemeine Beschreibung der Rechtsstellung der Fraktionen als „Vereinigung im Parlament" 102 oder „Vereinigung des Parlaments" 103 noch die teilweise vorgenommene Festlegung, daß die Fraktionen „nicht Teil der öffentlichen Verwaltung sind und keine öffentliche Gewalt ausüben"104, sind als einfachgesetzliche Regelungen geeignet, in verbindlicher Weise den Fraktionen ihre Stellung im staatsorganisatorischen Gefüge zuzuweisen. Die Antwort für die zu entscheidende Frage über eine Zuordnung der Fraktionen zu einer der Gewalten ebenso wie zu ihrer Zurechnung zum Rechtssubjekt Bund/Land im Sinne des Haushaltsrechts ist vielmehr vorrangig auf der Ebene des Verfassungsrechts zu suchen.

101

Vgl. die Darstellung im Kapitel B.II. Vgl. § 46 Abs. 1 BAbgG; Art. 1 Abs. 1 S. 1 FraktG Bay; § 1 Abs. 1 S. 1 FraktG HH; § 1 Abs. 1 S. 1 FraktG Hess; § 2 Abs. 1 FraktG SH. Nach den Begründungen der Entwürfe beabsichtigt die Formulierung, die rechtliche Selbständigkeit der Fraktionen gegenüber den Parlamenten und deren Verwaltungen zum Ausdruck zu bringen; vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. im Deutschen Bundestag v. 20.04.1993 , BT-Drs. 12/4756, S. 6; Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CSU, SPD, Die Grünen und F.D.P. im Bayerischen Landtag v. 05.02.1992, Bay-Drs. 12/4844, S. 4. 103 Vgl. § 2 Abs. 1 S. 1 AbgG Bin; § 49 Abs. 1 S. 1 AbgG MV; § 1 Abs. 2 S. 1 FraktG SA; § 1 Abs. 1 S. 1 FraktG Bbg; § 37 Abs. 1 AbgG Bre. 104 Vgl. § 46 Abs. 3 BAbgG; § 2 Abs. 4 S. 2 FraktG Bin; § 1 Abs. 1 S. 2 FraktG RP; § 2 Abs. 3 FraktG SH; § 1 Abs. 3 S. 2 FraktG BW; § 37 Abs. 2 S. 2 AbgG Bre; § 45 Abs. 1 S. 2 AbgG Thür; § 1 Abs. 3 FraktG HH. 102

7 Schneider

98

C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

Bereits an dieser Stelle der Untersuchung wird damit eine Problematik relevant, die maßgeblich die ehemals vehement geführte Auseinandersetzung um die Existenz und den Umfang eines Prüfungsrechts der Rechnungshöfe über die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Fraktionen bestimmte 105 1 0 6 . Die weitverbreitet angenommene Zuordnung der Fraktionen zum Bund/Land im Sinne des Haushaltsrechts hatte zur Konsequenz, daß eine Prüfungsbefugnis der Rechnungshöfe nach § 88 BHO/LHO über die Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwendung von Fraktionsmitteln in gleicher Weise und nach den gleichen verfassungsrechtlichen und haushaltsrechtlichen Maßstäben gefordert wurde wie bei anderen Etatmitteln auch 107 .

aa) Rechtsstellung der Fraktionen gegenüber den Parlamenten und ihr Verhältnis zum Staat Es steht außer Frage, Fraktionen sind ohne Parlamente nicht denkbar 108 . Ihre Tätigkeit entfalten sie primär innerhalb der und für die Parlamente 109. Ungeachtet dessen steht hier zur Diskussion, ob es die Art ihrer Beteiligung am parlamentarischen Willensbildungsprozeß erlaubt, daraus die Schlußfolgerung einer rechtlichen Inkorporation der Fraktionen in die Parlamente zu ziehen oder ihre Tätigkeit als Teil der von den Parlamenten ausgeübten staatlichen Gewalt zu qualifizieren. Nur in einem der genannten Fälle wäre es zulässig, von einer Zugehörigkeit der Fraktionen zur Staatlichkeit zu sprechen und dementspre-

105 Die Kontroverse hat - wie die folgenden Beispiele belegen - ihren Niederschlag sogar in der Tagespresse gefunden: „Rechnungshöfe pochen auf Prüfungsrecht", Stuttgarter Zeitung v. 06.06.1984; „Prüfungsrecht auch über Landtagsfraktionen", Handelsblatt v. 24.02.1989. Zur Illustration kann weiter verwiesen werden auf die vom rheinland-pfälzischen Landtagspräsidenten auf der Präsidentenkonferenz 1991 (S. 28) wiedergegebene Schilderung der unterschiedlichen Auffassungen von Landtag und Landesrechnungshof., wobei u.a. von Seiten des Rechnungshofpräsidenten „argumentiert" worden sei, bei einer weiteren Vorenthaltung des Prüfungsrechts werde die Presse eingeschaltet. 106 Ist das Prüfungsrecht der Rechnungshöfe nach den Ausfuhrungen des Bundesverfassungsgerichts im sog. Wüppesahl-Urteil bezüglich der im Bund gewährten Fraktionszuschüsse (BVerfGE 80, 188) sowie nach dem Erlaß entsprechender Vorschriften innerhalb der Fraktionsgesetze nunmehr grundsätzlich anerkannt, besteht weiter Streit um den Grad der bei der Kontrolle einer Mittelverwendung anzulegenden Prüfungsmaßstab. Vgl. unten das Kapitel C.IV.2. 107 Leitsätze der Rechnungshöfe 1991, Nr. 1 und Nr. 8; Jahresbericht des Landesrechnungshofs Bremen 1990 v. 20.08.1990; Bre-Drs. 12/951, RN 44, S. 15; von Arnim, Staatliche Fraktionsfinanzierung, S. 55 ff.; Heuer, Kontrollauftrag, S. 107; Müller, NJW 1990, 2046. Näher dazu unten im Kapitel C.IV.2. 108 So die Ausgangsthese von Hans Meyer, Emanzipation, S. 330; ders., KritV 1995,216, 229. 109 Zur Klarstellung sei vorweg daraufhingewiesen, daß auch die über den parlamentsinternen Rahmen hinausgehenden „Aktivitäten" etwa mit dem Ziel der „Öffentlichkeitsarbeit" oder der „Zusammenarbeit mit anderen Parlamenten" nach der hier vertretenen Ansicht durch die Teilhabe der Fraktionen an der Erfüllung parlamentarischer Aufgaben gerechtfertigt ist, vgl. unten Kapitel C.III.2.b und c.

II. Die Modalitäten der Mittelbereitstellung

99

chend ihre Finanzwirtschaft als eine Bewirtschaftung allgemeiner Haushaltsmittel zu bezeichnen. Eine Beurteilung muß dem verfassungsorganisationsrechtlich anzuerkennenden Wesen der Fraktionen Rechnung tragen. Dessen Einzigartigkeit ist dadurch geprägt, daß die Fraktionen einerseits aus einem freiwilligen Zusammenschluß von Abgeordneten hervorgehen, während andererseits ihre parlamentarische Wirkungsfähigkeit aus der Zuweisung eigener Rechte und Pflichten resultiert. Die Fraktionen nehmen dementsprechend rechtlich die Stellung eines gegenüber den Parlamenten wie auch dem Staat an sich eigenständigen Rechtssubjekts ein 110 . Dies gilt insbesondere in Hinblick darauf, daß sich die verfassungsrechtliche Legitimation der Fraktionen einzig aus Gründen der Funktionsfähigkeit der Parlamente rechtfertigen läßt 111 . Die Selbständigkeit der Fraktionen gegenüber den Parlamenten zeigt sich bereits im Moment ihrer Entstehung. Das Parlamentsrecht des Bundes und der Länder stellt lediglich im einzelnen differenzierende „Hürden" für eine parlamentsrechtliche Anerkennung einer Koalition von Abgeordneten als Fraktion etwa durch die Festlegung einer Fraktionsmindeststärke oder durch die Normierung von an die politische Homogenität der Fraktionsmitglieder zu stellenden Anforderungen auf 1 2 . Den eigentlichen Kreationsakt in Gestalt des Zusammenschlusses der Abgeordneten zur auf Gegenseitigkeit beruhenden Organisation- und Arbeitseinheit Fraktion wird dagegen allein vom politischen Willen der Abgeordneten bestimmt und ist nicht durch das Parlamentsrecht vorgegeben 113. Für die dieser Ansicht widersprechende Annahme, die Fraktionen seien ohne einen dahingehenden Willensentschluß ihrer Mitglieder automatisch mit der Wahlentscheidung existent 114 , spricht zwar mitunter der Anschein der politischen Wirklichkeit 115 . Rechtlich besteht dagegen keine Handhabe - sei es des Parteien- oder des Parlamentsrechts - , eine Fraktionsbildung oder den Beitritt eines Abgeordneten zu einer bestimmten Fraktion zu erzwingen. 110 BVerfGE 62, 194, 202; Kretschmer, Das Parlament Nr. 22-23 v. 22./23.05.1992, Bl. 12; Morlok, DVB1. 1991, 998, 999; Corinna Schmidt, DÖV 1990, 102, 106; Schmidt-Bens, ZRP 1992,

281,282. 111 112

RN 3.

Vgl. oben Kapitel B.II.3. Henke, BK, Art. 21 RN 144; Kürschner, S. 69 FN 3; Troßmann, Parlamentsrecht, § 10

113 Dementsprechend sieht das Bundesverfassungsgericht das Recht des Abgeordneten zur Bildung einer Fraktion als Teil der dem Abgeordneten in Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG garantierten Verfassungsposition, vgl. BVerfGE 43,143,149; 70, 324, 354; 80,188, 218; 84, 304, 322. 114 Jekewitz, Bundestagsfraktionen, § 37 RN 37, S. 1037; ders., ZRP 93, 334, 336; vgl. auch Bollmann, S. 69; Borchert, AöR 102 (1977), 210, 229; Magiern, S. 129; Hans Meyer, Anhörung Hessen 19.01.1993, S. 77; ders., Die Stellung der Parlamente, § 4 RN 99, S. 153 f.; ders., Emanzipation, S. 335; ders., Fraktionsgesetze, S. 113; Walter Schmidt, Der Staat Bd. 9 (1970), 481,489. 115 Deutlich wird dies beispielsweise darin, daß die ersten Versammlungen durch die erfolgreichen Kandidaten einer Partei regelmäßig noch vor einer Konstituierung der Parlamente abgehalten werden, auch wenn sie noch keine Fraktionssitzungen imförmlichen Sinne darstellen.

100

C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

Wendet man sich der Arbeits- und Wirkungsweise der Fraktionen zu, zeigt sich umso deutlicher, daß sich die Fraktionen rechtlich keinesfalls als „Organe" 1 1 6 , „Teile" 1 1 7 oder „Gliederungen der Parlamente" 118 bezeichnen lassen. Beispielsweise in bezug auf eine Klassifizierung als Organ fehlt den Fraktionen grundsätzlich die die Organeigenschaft begründende Fähigkeit, das Gesamtparlament vertreten zu können 119 . Im Gegensatz etwa zu den Ausschüssen, die entsprechend ihrer Beschreibung als „verkleinertes Abbild des Plenums" in der Lage sind, die parlamentarische Willensbildung in einem konkreten Stadium zu repräsentieren 120, können die Fraktionen lediglich als Medium für den politischen Gesamtwillen ihrer Mitglieder am parlamentarischen Verfahren mitwirken. Verfehlt wäre es gleichwohl, daraus zu folgern, die Fraktionen seien eine Art Untergliederung der Parlamente, gemessen an der Anzahl der in ihnen zusammengeschlossenen Abgeordneten. Formulierungen wie „Teile", „Bestandteile" oder „Gliederungen" lassen sich allenfalls als eine Charakterisierung des ihnen im parlamentarischen Alltag zukommenden politischen Gewichts ansehen und können keineswegs im Sinne einer Klassifizierung ihres Rechtsstatus im Verhältnis zu den Parlamenten verstanden werden 121 . Ihrem Wesen entsprechend stehen den Fraktionen allein Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte im parlamentarischen Verfahren und keine Entscheidungszuständigkeiten zu. Teile des Parlaments können insoweit einzig die dazu demokratisch legitimierten Abgeordneten sein 122 . Diese Eigenschaft ist mit dem Abgeordnetenstatus unmittelbar verknüpft und wird von der Frage einer Mitgliedschaft in einer Fraktion nicht tangiert. Ebensowenig wie sich der Verfassungsstatus der Fraktionen aus einem Bündel von Rechten der Abgeordneten oder einer durch den Zusammenschluß begründeten Übertragung von Rechten der Abgeordneten auf die Fraktionen

116 BVerfGE 1, 208, 229; v.Mangoldt/Klein/Achterberg/Schulte, Art. 38 RN 94; Hauenschild, S. 158 f., 168 f.; wobei auf die wohl zutreffende Vermutung Scherers hinzuweisen ist, daß das Bundesverfassungsgericht die Wendung „Organ des Parlaments" im Zusammenhang mit der Prüfung der Parteifähigkeit der Fraktionen im Organstreitverfahren wohl weniger mit der Intention gebrauchte, eine rechtliche Qualifikation der Fraktionen vorzunehmen, sondern sich lediglich sprachlich an den Wortlaut des § 63 BVerfGG anlehnte, Scherer, AöR 112 (1987), 189,198. 117 BVerfGE 1, 351, 359; 20, 56, 104; 62, 194, 202; Jekewitz, ZParl 13 (1982), 314, 315; Sylvia Kürschner, DÖV 1995, 16, 19; Hans Meyer, Emanzipation, S. 330; Müller, NJW 1990, 2046; Schmidt-Bens, ZRP 1992,281,282 f.; Zeh, HdbStR II, § 42 RN 5, S. 393. 118 BVerfGE 20, 56,104; 43,142,147; 62,194, 202; 80,188,231. 119 Achterberg, Parlamentsrecht, S. 275; Jekewitz, Bundestagsfraktionen, § 37 RN 52, S. 1046 f.; ders., ZRP 1993, 334, 335; Linck, ZParl 11 (1980), 511, 513; Scherer, AöR 112 (1987), 189,199. 120 BVerfGE 80,188,222. 121 Vgl. Jekewitz, ZRP 1993, 334, 339, der die Fraktionen zwar als konstituierende Bestandteile der Parlamente bezeichnet, aber durch ihre gleichzeitige Beschreibung als politische Aggregation der Abgeordneten verdeutlicht, daß damit keine rechtliche Kategorisierung gegenüber den Parlamenten vorgenommen werden sollte. 122 Vgl. BVerfGE 80,188, 217 f.

II. Die Modalitäten der Mittelbereitstellung

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ableiten läßt 123 , sind die Fraktionen aus Sicht des Parlamentsrechts ein Surrogat der in ihnen vereinigten Mandatsträger. Die Zuweisung eigener Rechte und Pflichten begründet damit neben der oben dargelegten Eigenständigkeit der Fraktionen gegenüber den Parteien 124 und Abgeordneten 125 die rechtliche Selbständigkeit der Fraktionen auch gegenüber den Parlamenten. Dem steht entgegen der Argumentationsweise der Befürworter einer Zurechnung der Fraktionen zum Bund/Land im Sinne des Haushaltsrechts auch nicht die vom Bundesverfassungsgericht gebrauchte Bezeichnung der Fraktionen als „Gliederung der Parlamente" entgegen. In Entsprechung der hier vertretenen rechtlichen Verselbständigung der Fraktionen ist die Formulierung in dem Sinn einer Beschreibung der politischen Bedeutung der Fraktionen für die parlamentarische Arbeit zu interpretieren. Diese Auslegung findet ihre Bestätigung in den neueren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. In Modifikation seiner früheren Formulierungen gebraucht das Gericht zur Beschreibung der von den Fraktionen im Parlament wahrgenommenen Funktion im sogenannten Wüppesahl-Urteil sowie dem Urteil über die Anerkennung des Fraktionsstatus für die Gruppe der Abgeordneten der PDS/Linke Liste nunmehr die Wendung: politisches Gliederungsprinzip für die Arbeit des Bundestags sind heute die Fraktionen." 126127 Trotz der zu attestierenden rechtlichen Eigenständigkeit der Fraktionen gegenüber den Parlamenten bleibt zu klären, ob die Art und Weise ihrer Teilnahme am parlamentarischen Prozeß nicht als eine Beteiligung an der durch die Parlamente ausgeübten staatlichen Gewalt verstanden werden muß und auf diesem Wege letzlich doch eine Zuordnung der Fraktionen zur Staatlichkeit anzunehmen wäre 128 . Träger staatlicher Gewalt kann nur sein, wer über die Befugnis zur Regelung oder zur Durchsetzung verbindlicher Entscheidungen verfügt 129 . Die Ausübung der staatlichen Gewalt im Bereich der Legislative verwirklicht sich dabei grundsätzlich durch die Beschlußfassung des Plenums. Die Fraktionen sind in diesem Zusammenhang aufgrund der ihnen durch das Parlamentsrecht und die parlamentarische Praxis eingeräumten Stellung in der Lage, wesentlich an der Herausbildung des Staatswillens mitzuwirken 130 . Dennoch erfüllen sie mit der Wahr-

123 So aber beispielsweise Böckenßrde, Minderheitsvotum zu BVerfGE 70,324,382;Jekewitz, ZRP 1993, 334, 336; vgl. im übrigen die Darstellung im Kapitel B.II.2. 124 Vgl. oben Kapitel B.II. 1. 125 Vgl. oben Kapitel B.II.2. 126 BVerfGE 80, 188, 219; 84, 304, 322. 127 Auch das Verfassungsgericht Brandenburg bezeichnet unter Berufung auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Fraktionen als „notwendige Einrichtungen des Verfassungslebens im Sinne eines politischen innerparlamentarischen Gliederungsprinzips", VerfG Brandenburg, DÖV 1995, 377, 378. 128 Demmler, S. 264; Morlok, NJW 1995, 29, 31. 129 Randelzhofer, HdbStR III, § 15 RN 35 ff., S. 701 f.; Zippelius, § 9 , S. 52 ff. 130 Vgl. u.a. BayVerfGH, BayVBl. 1976, 431,434.

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

nehmung ihrer Rechtsposition und der damit verbundenen Vorklärung, Filterung und Integration von Meinungen eine ausschließlich nur dienende Funktion im Interesse der parlamentarischen Entscheidungsfindung 131. Den Fraktionen fehlt insoweit aber die Fähigkeit und die Kompetenz, für die Allgemeinheit letztverbindliche Entscheidungen zu treffen 132 . Dem steht nicht entgegen, daß sich mitunter auch den staatlichen Entscheidungen vorgelagerte Akte bereits als eine Ausübung staatlicher Gewalt einordnen lassen. Voraussetzung für eine derartige Qualifizierung ist aber, daß diesen eine rechtlich vorentscheidende Wirkung zugemessen werden kann. Gerade an dieser Eigenschaft fehlt es der von den Fraktionen wahrgenommenen Mitwirkung am parlamentarischen Verfahren regelmäßig 133 . Die Fraktionen vermögen lediglich stellvertretend für den politischen Gesamtwillen ihrer Mitglieder am parlamentarischen Verfahren teilzunehmen, ohne damit gleichzeitig Rechtswirkungen für die parlamentarische Willensbildung oder die Entscheidungsfindung durch die fraktionsangehörigen Abgeordneten in ihrer Funktion als Mandatsträger zu begründen. Die Analyse des parlamentarischen Alltags, nach der die Entscheidungen des Parlaments weitgehend durch die innerfraktionelle Willensbildung vorweggenommen werden, trifft allein als eine Beschreibung der politischen Wirklichkeit zu, während rechtlich die Wahrnehmung der Repräsentativfunktion der Parlamente weiterhin ausschließlich den Abgeordneten vorbehalten bleibt. Zudem läßt sich von einer Ausübung staatlicher Gewalt erst dann sprechen, wenn sie zumindest der Idee nach im Allgemeininteresse erfolgt 134 . Die Fraktionen agieren aber anerkanntermaßen nur als politisches Handlungssubjekt einer politisch homogenen Gruppe von Abgeordneten. In ihrer Vorgehensweise werden die Fraktionen geleitet durch die aus der fraktionsinternen Willensbildung herausgebildeten mehrheitsfähigen Position der politischen Partikularinteressen der Fraktionsmitglieder. Die rechtliche und ethische Verpflichtung der Abgeordneten auf das Gemeinwohl 135 läßt sich nicht auf die Fraktionen transponieren, sondern verwirklicht sich erst als Endpunkt der durch den parlamentarischen Willensbildungsprozeß reflektierten, erarbeiteten und abgewogenen Beschlußfassung im Plenum. Die Ausübung parlamentarischer Staatsgewalt geschieht daher nur in Gestalt der Entscheidung der Abgeordneten in ihrer Gesamtheit als eine verbindliche Konkretisierung des Gemeinwohls. Trotz ihrer Einbindung in den parlamentarischen Willensbildungsprozeß nehmen die Fraktionen damit an der Ausübung der staatlichen Gewalt selbst nicht teil 1 3 6 . 131 Schönberger, S. 180, spricht insofern zutreffend davon, die Ausübung der Fraktionsrechte erfolge nicht für das Parlament, sondern sei an dieses adressiert. 132 Kretschmer, Anhörung Hessen 19.01.1993, S. 63,122. 133 A.A. Morlok, NJW 1995,29, 31; Linck, ZParl 11 (1980), 511,514. 134 Isensee, HdbStR I, § 13 RN 106, S. 632; Krüger, S. 761. 135 Isensee, HdbStR I, § 41 RN 107, S. 632 f. 136 Kretschmer, Anhörung Hessen 19.01.1993, S. 63, 122; vgl. auch Böckenförde, Organ, S. 285, der als Bezugspunkt der Zuständigkeiten der Fraktionen nicht die juristische Person Staat,

II. Die Modalitäten der Mittelbereitstellung

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Dieses politisch geprägte Verständnis der Wirkungsweise der Fraktionen befindet sich entgegen anders lautender Interpretationsversuche desgleichen mit der Formulierung des Bundesverfassungsgerichts in Einklang, die Fraktionen seien „eingefugt in die organisierte Staatlichkeit" 137 . Das Gericht hat diesen Passus erstmals im Parteienfinanzierungsurteil 1966 gebraucht, um die grundsätzliche verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit einer staatlichen Finanzierung der Fraktionen in Abgrenzung zur problematischen Finanzierung der Parteien zu begründen. In seiner Rechtsprechung zur staatlichen Parteienfinanzierung hatte das Bundesverfassungsgericht damals den Grundsatz der Staatsfreiheit der Willensbildung des Volkes herausgestellt, nach dem jede finanzielle Förderung der im gesellschaftspolitischen Bereich anzusiedelnden allgemeinen Tätigkeit der Parteien als eine unzulässige staatliche Einflußnahme anzusehen sei 138 . Weder der Wortlaut noch der systematische Zusammenhang der Entscheidung beinhalten dagegen eine Aussage des Bundesverfassungsgerichts, ob die Fraktionen der Staatlichkeit rechtlich zuzuordnen sind. Es ist daher nicht nur legitim, sondern in Übereinstimmung mit der oben vorgenommenen Interpretation des Rechtsverhältnisses der Fraktionen zu den Parlamenten verfassungsrechtlich geboten, die zitierte Feststellung des Bundesverfassungsgerichts dahin auszulegen, daß das Gericht lediglich den Wirkungsbereich der Fraktionen im staatsorganschaftlichen Bereich angesiedelt hat. Dort fungieren die Fraktionen - sei es als Bindeglied, sei es als Polarisationsmedium - im Wechselspiel mit den verschiedenen parlamentarischen Kräften, der Regierung, der Öffentlichkeit oder den anderen Parlamenten zum Zwecke der Herausbildung einer parlamentarischen Entscheidung. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erlaubt dies die Schlußfolgerung, daß im Gegensatz zu dem im Tätigkeitsfeld der Parteien strikt zu wahrenden Grundsatz der Staatsfreiheit dieses Verfassungsprinzip einer staatlichen Finanzierung der Fraktionen nicht entgegensteht. Wird die Wendung des Bundesverfassungsgerichts, die Fraktionen seien „ i n die organisierte Staatlichkeit eingefügt", unter diesem Blickwinkel betrachtet, kann aus ihr keine über den Entscheidungsgegenstand hinausgehende Festlegung des Gerichts zugunsten einer grundsätzlichen Zurechnung der Fraktionen zur Staatlichkeit herausgelesen werden 139 .

sondern nur das Organ (die Organisation) des Parlaments bezeichnet, oder Scherer, AöR 112 (1987), 189, 193, nach dem sich die Fraktionen als Medium und Faktoren der parlamentarischen Meinungs- und Willensbildung einer „organologischen" Verortung in der zur juristischen Person stilisierten Körperschaft „Staat" entziehen. Auch der Bayerische Verfassungsgerichtshof spricht in BayVBl. 1976,433,434, nur von einer „Beteiligung an der Bildung des Staatswillens". 137 BVerfGE 20, 56, 104; 62, 194, 202; 80, 188,231. 138 BVerfGE 20, 56, 102; vgl. zum Ganzen Schwartmann, S. 30 ff. 139 Vgl. auch Kretschmer, Anhörung Hessen 19.01.1993, S. 63.

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

bb) Konsequenzen für eine Zuweisung staatlicher Mittel an die Fraktionen Nach der oben vorgenommenen staatsorganisatorischen Verortung sind die Fraktionen rechtlich verselbständigte und aufgrund ihrer spezifischen Funktion gegenüber der Staatlichkeit eigenständige Empfänger staatlicher Leistungen. Der Status und die Wirkungsweise der Fraktionen in der parlamentarischen Demokratie erlauben es daher nicht, die Fraktionen der Anwendung des auf die Lenkung der staatlichen Verwaltungstätigkeit zugeschnittenen Haushaltsrechts zu unterwerfen. Eine Qualifizierung ihrer Mittel als allgemeine Haushaltsmittel verbietet sich. Dies bedeutet, daß der Haushaltsgesetzgeber bei einer haushaltsrechtlichen Veranschlagung nicht an das für eine Bereitstellung von Etatmitteln des Bundes/Landes geltende einfache Haushaltsrecht und insbesondere nicht an die Notwendigkeit einer Spezifizierung nach dem Gruppierungsplan oder das Prinzip der Bruttoveranschlagung gebunden ist 140 . In der Diktion des Haushaltsrechts gesprochen stehen die Fraktionen außerhalb des Bundes/Landes beziehungsweise der Bundes-/Landesverwaltung 141. Bei einer Zuweisung staatlicher Mittel an die Fraktionen steht es demnach im Gestaltungsermessen der Parlamente, die staatlichen Leistungen etwa in der Form von Zuwendungen nach §§23, 44 BHO/LHO zu erbringen oder unmittelbar durch Gesetz einen dahingehenden Rechtsanspruch der Fraktionen zu begründen. Nach der Legaldefinition des § 23 BHO/LHO sind Zuwendungen als Leistungen an Stellen außerhalb der Verwaltung zur Erfüllung bestimmter Zwecke definiert, an deren Erfüllung der Staat ein erhebliches Interesse hat, das ohne die Zuwendung nicht oder nicht im notwendigen Umfang befriedigt werden kann. Vordergründig sind diese Voraussetzungen des gesetzlichen Tatbestandes für die Fraktionen wegen ihres spezifischen Beitrags zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit der Parlamente zu bejahen. Die Gewährung einer Zuwendung steht jedoch immer zumindest teilweise im Ermessen der Verwaltung. Für eine Anwendung des Zuwendungsrechts ist daher dann kein Raum, wenn die Verwaltung zur Leistungserbringung aufgrund eines bestehenden Rechtsanspruchs Dritter verpflichtet ist 142 . Übertragen auf die derzeitige Finanzierungspraxis ist demnach beispielsweise der bloße Ausweis der Fraktionszuschüsse im Haushaltsplan des Freistaats Sachsen als Zuwendung zu werten 143 . Bei dem im Bund und in den meisten 140 § 8 Abs. 8 FraktG Bin stellt ausdrücklich klar, daß das öffentliche Haushaltsrecht auf die Fraktionen keine Anwendung findet. 141 Ausdrücklich ebenso Rundel, S. 145; Schönberger, S. 213 f.; Strauß-Zielbauer/Schnellbach, ZParl 24 (1993), 588, 592 f. 142 Dommach, in: Heuer, KHR, § 23 BHO RN 2; von Köckritz/Ermisch/Maatz, § 23 BHO Anm. 3.3, S. 8; Patzig, C/23/9; Piduch, § 23 RN 4, 9. 143 Die Einordnung der Fraktionen als Stellen außerhalb der Bundes-/Landesverwaltung hat jedoch zur Folge, daß bei Nutzungsüberlassungen von Vermögensgegenständen durch die Paria-

II. Die Modalitäten der Mittelbereitstellung

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Ländern gewählten Modell der Kombination aus gesetzlicher Regelung dem Grunde nach und einer jährlichen Festsetzung der konkreten Zahlungen im Haushalt ist die Rechtslage nicht ganz eindeutig. Grundsätzlich wird der Zuwendungscharakter nach der Negativabgrenzung der Vorläufigen Verwaltungsvorschrift zur Bundeshaushaltsordnung ( V o r l . W Nr. 1.2.2. zu § 23 BHO) bei Leistungen aufgrund von Rechtsvorschriften nur dann ausgeschlossen, wenn der Anspruch des Empfängers nicht nur dem Grunde nach, sondern auch der Höhe nach unmittelbar durch Rechtsvorschrift begründet ist 144 . Es ist jedoch anerkannt, daß auch ohne eine ziffernmäßige Festlegung eines Leistungsanpruchs im Gesetz von einem gesetzlichen Rechtsanpruch gesprochen werden kann, wenn „hinsichtlich der Höhe der Gesetzgeber über den Anspruch nach abstrakten, aber eindeutigen Kriterien über Gewährung und Umfang der betreffenden Leistung bereits selbst entschieden hat" 145 . Der Bewilligungsbehörde verbleibt dann für eine Bemessung der Leistungen oder für den Erlaß von Bedingungen und Auflagen kein eigener Ermessensspielraum 146. Es bedürfte daher einer näheren Bewertung, ob die gesetzlichen Formulierungen im Einzelfall eine abschließende Entscheidung des Gesetzgebers über die Finanzierung beinhalten und dadurch Vorbehalte bei einer Mittelgewährung nach § § 23 und 44 BHO/LHO ausgeschlossen werden 147 . Keine Schwierigkeiten bereitet wiederum die Rechtslage in Hamburg, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz, nach der der Leistungsanspruch der Fraktionen nach Grund und Betrag gesetzlich konkretisiert ist. Auch wenn damit weder bei einer Bereitstellung der Gelder als Zuwendungen noch bei einer Begründung eines Rechtsanpruchs die für staatliche Stellen geltenden strengen Veranschlagungsgrundsätze bei der Leistungserbringimg an die Fraktionen zur Anwendung kommen, bleibt nach Art. 110 GG von Verfassungs wegen der Grundsatz der Haushaltsklarheit zu beachten. Art. 110 GG

mentsverwaltung an die Fraktionen, die ohne einen entsprechenden Rechtsanspruch oder eine haushaltsmäßige Ermächtigung erfolgen, nach § 63 Abs. 5 BHO/LHO ein Entgelt entsprechend dem vollen Wert der Nutzung zu erheben wäre. Bedenken bestehen insoweit beispielsweise gegenüber der in Sachsen oder in Nordrhein-Westfalen ohne einen entsprechenden Titelansatz praktizierten Bereitstellung eingerichteter Räume an die Fraktionen, die - soweit ersichtlich - unentgeltlich und ohne einen entsprechenden Titelansatz erfolgen. 144 Die Vorschrift der Vorl.W nimmt den in §§ 3 Abs. 2 HGrG, 3 Abs. 2 BHO/LHO niedergelegten Grundsatz auf, daß allgemeine Gesetze mit anspruchsbegründender Außenwirkung aufgrund ihrer rechtlichen Bindungswirkung für den Haushaltsgesetzgeber einer Ausgabenbewilligung vorgehen, Heun, S. 325; Maunz, in: M/D/H/S, Art. 110 RN 11,14; Moeser, S. 69; Mußgnug, S. 341 ff. Ihr Vorrang resultiert aus dem Rechtsstaatsprinzip, das in den §§3 Abs. 2 HGrG, 3 Abs. 2 BHO/LHO lediglich im Sinne einer gesetzlichen Interpretationsregel seinen Ausdruck gefunden hat, Heun, S. 167 ff. 145 VG Köln, Beschl. v. 5.4.1978-9 k 1880/77, im Zusammenhang mit der vergleichbaren Problematik um die Bewertung des Anspruchs nach § 9 Krankenhausfinanzierungsgesetz, zit. nach Zuck, NJW 1984, 642, 645. 146 Dommach, in: Heuer, KHR, § 23 BHO RN 2; von Köckritz/Ermisch/Maatz, § 23 BHO Anm. 3.3, S. 8; Krämer/Schmidt, B IV 2.2, S. 16. 147 Näher dazu unten im Kapitel C.IV.2.b.

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

beinhaltet jedoch keine Aussage darüber, wie speziell die Zweckbestimmungen und Erläuterungen des Haushaltsplans im einzelnen sein müssen und wie genau die Einnahmen und Ausgaben zu gliedern sind 148 . Zur Verdeutlichung der politischen Gestaltungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers ist aber die Ermächtigungsentscheidung des Parlaments so klar wie möglich im Haushalt zum Ausdruck zu bringen. Gleichzeitig sprechen dafür auch grundsätzlich die Ziele einer wirksamen Finanzkontrolle sowie der Grundsatz der Öffentlichkeit 149 . c) Die Pauschalierung als eine der Fraktionsautonomie werdende Finanzierungsform

gerecht

Primäres Ziel jeder Ausgestaltung des Finanzierungsmodus muß es sein, durch die Art und Weise der Mittelbereitstellung so weit als möglich die Erreichung des Finanzierungszwecks zu sichern. Erst darauf aufbauend lassen sich Erwägungen anstellen, wie differenziert eine Entscheidung, gestützt auf das Gebot der Haushaltsklarheit, bei einer haushaltsrechtlichen Veranschlagung aufzuschlüsseln ist oder inwieweit es auch bei einer verbindlichen Finanzierungsentscheidung durch Gesetz aus Transparenzgründen einer detaillierten Untergliederung bedarf. Für die Festsetzung der den Fraktionen zuzuweisenden Mittel soll nachfolgend aufgezeigt werden, daß die durchgängig praktizierte Ausweisung in einem Globalbetrag, ungeachtet der Forderungen nach einer Verbesserung der öffentlichen Kontrollierbarkeit, als adäquate Form anzusehen ist, um den Fraktionen den für ihre Aufgabenerfüllung erforderlichen Finanzbedarf unter Wahrung ihrer verfassungsrechtlich verbürgten Autonomie zur Verfügung zu stellen. aa) Die verfassungsrechtliche Grundlage der Fraktionsautonomie Die Fraktionsautonomie hat ihren Ursprung unmittelbar im verfassungsorganisationsrechtlichen Status der Fraktionen selbst. Dies bedarf in bezug auf die in der Literatur mitunter anzutreffende Ableitung aus dem Grundsatz des freien Mandats der Erläuterung 150 .

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Heuer, in: Heuer, KHR, Art. 110 RN 9; Maunz, in: M/D/H/S, Art. 110 RN 38. Heuer, in: Heuer, KHR, Art. 110 RN 9. 150 So Fensch, ZRP 1993, 209 f.; Martin, S. 109 f.; Strauß-Zielbauer/Schnellbach, (1993), 588, 592 f.; Begründung des Entwurfs eines Fraktionsgesetzes durch die Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. im Deutschen Bundestag v. 20.04.1993, BT-Drs. 12/4756, zu § 52, S. 9; Begründung des Entwurfs eines Fraktionsrechtsstellungsgesetzes durch die Fraktionen der SPD, der CDU und der Bündnis 90/Die Grünen im Landtag des Saarlandes v. 16.09.1996, SaarDrs. 11/856, zu § 8, S. 3. 149

ZParl 23

II. Die Modalitäten der Mittelbereitstellung

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Aus der Zuweisung eigener Rechte und Pflichten folgt die Berechtigung, die durch Verfassung, Gesetz oder Geschäftsordnung begründeten parlamentarischen Aufgaben in eigener Verantwortung wahrzunehmen 151. So wenig wie sich die verfassungsrechtliche Stellung der Fraktionen aus der Rechtsposition der Abgeordneten ableiten läßt, stellt sich dabei das Prinzip der Fraktionsautonomie als ein Ausfluß der Rechte der Abgeordneten dar. Die in einer Fraktion zusammenwirkenden Abgeordneten regeln nicht als eine Gesamtheit gemeinschaftlich die Ausübimg von Rechten aus ihrer Mandatsstellung. Vielmehr wirken die einzelnen fraktionsangehörigen Abgeordneten entsprechend ihrer mitgliedschaftlichen Stellung an der Ausübung der den Fraktionen eingeräumten parlamentarischen Befugnisse mit. Die Notwendigkeit, die Fraktionen auch in ihrem verfassungsrechtlichen Status als ein parlamentsrechtliches aliud neben den Abgeordneten zu begreifen 152 , begründet daher gleichzeitig das originäre Recht der Fraktionen auf Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit in der Erfüllung ihrer parlamentarischen Aufgaben.

bb) Die Bedeutung der Fraktionsautonomie für die parlamentarische Entscheidung über die Finanzausstattung der Fraktionen Natürlicher Ausdruck der Fraktionsautonomie ist die Befugnis, nach eigenem Ermessen innere Organisationsstrukturen herauszubilden und die Gegenstände der fraktionsinternen Zusammenarbeit festzulegen. Diese Selbständigkeit bedingt notwendigerweise die Fähigkeit der Fraktionen, durch eine eigenverantwortliche Entscheidung über die konkrete Verwendung der ihnen zur Verfügung gestellten Mittel Inhalt und Form der eigenen Willensbildung und deren parlamentarische Umsetzung gestalten zu können 153 . Die wirtschaftliche Eigenständigkeit der Fraktionen ist dabei nicht nur ein Annex ihrer organisatorischen Verselbständigung. Vielmehr korrespondiert die ihnen zur geeigneten Wahrnehmung ihrer parlamentarischen Funktion zu gewährende Selbständigkeit mit dem Umfang der ihnen zuzugestehenden Finanzhoheit und gibt damit den Maßstab für den Ausweis der staatlichen Mittel vor. Der parlamentarische Auftrag der Fraktionen läßt insofern eine im vorhinein verobjektivierte und spezifizierte Festlegung ihres Finanzbedarfs nach einzelnen Zwecken nicht zu. Die Fraktionen sind in der Wahrnehmung ihrer parlamentarischen Position zur Förderung der Arbeitsfähigkeit der Volksvertretung 151

Grundsätzlich Klaus Friedrich Arndt, S. 60, 63; Bollmann, S. 31 f.; Kilian, S. 245 f.; Stern, Bd. II, § 26 I 2 b), S. 42, 343; und ausdrücklich in bezug auf die Rechtsquelle des Fraktionsbinnenrechts Sylvia Kürschner, S. 69. 152 Vgl. oben die Darstellung „Die Fraktion als parlamentsrechtliches aliud neben dem Abgeordneten", Kapitel B.II.2.b.bb. 153 Im Ergebnis ebenso Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses fiir Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung im Deutschen Bundestag v. 02.11.1993, BT-Drs. 12/6067, S. 10.

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

an keinerlei Vorgaben von seiten Dritter weder hinsichtlich des Inhalts noch der Form ihrer Arbeit gebunden. Die uneingeschränkte Gewährleistung selbstbestimmten Handelns jeder einzelnen der Fraktionen ist dabei eine unentbehrliche Voraussetzung, um die Meinungsvielfalt eines Parlaments und die Möglichkeit der Artikulation unterschiedlicher politischer Vorstellungen zu erhalten. Es wäre daher mit der verfassungsrechtlichen Stellung der Fraktionen im Parlament nicht zu vereinbaren, wenn mit der Mittelbereitstellung eine verbindliche Gewichtung einzelner Elemente der Fraktionsausgaben und dadurch den Fraktionen eine einheitliche Arbeits- und Organisationsstruktur vorgegeben werden würde. Umso mehr vorbestimmt wäre, für welche Zwecke und in welcher Höhe Mittel aufgewendet werden dürften, desto tiefer wäre der Eingriff in das Recht der Fraktionen, ihre Fraktionsarbeit frei zu gestalten154. Diese These läßt sich anhand der zwischen den einzelnen Fraktionen bestehenden Verschiedenartigkeiten näher belegen. In Abhängigkeit von dem politischen Gewicht oder von dem politischen Verständnis einer Fraktion werden unterschiedliche Anforderungen an die Wahrnehmung ihrer Mitwirkungsbefugnisse, die Ausgestaltung ihrer internen Arbeitsabläufe oder an ihr Auftreten nach außen ausgelöst. Zugleich resultieren daraus unterschiedlichste Bedürfnisse bei einer Verwendung ihrer finanziellen Mittel 1 5 5 . Nachhaltige Bedeutung kommt dabei der politischen Rolle einer Fraktion als sogenannte Regierungsoder Oppositionsfraktion zu. Obwohl prinzipiell den Fraktionen formal die gleiche Rechtsposition im parlamentarischen Willensbildungsprozeß eingeräumt ist 1 5 6 , unterscheiden sie sich durch die Verfolgung unterschiedlicher politischer Ziele bei der Wahrnehmung ihrer parlamentarischen Befugnisse erheblich. Tendenziell läßt sich feststellen, daß sich die Arbeit der Regierungsfraktionen eher an der Regierungspolitik orientiert. Wenn sich auch intern in Abhängigkeit vom jeweiligen politischen Kräfteverhältnis eine mitunter durchaus kontroverse Zusammenarbeit zwischen der Regierung und den sie tragen-

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Fensch, ZRP 1993,209; Strauß-Zielbauer/Schnellbach, ZParl 24 (1993), 588, 593. Verwiesen sei etwa auf die Prüfungsmitteilung des Landesrechnungshofs BadenWürttemberg, der für die Fraktionen der 10. Wahlperiode eine zum Teil stark unterschiedliche Mittelverwendung attestierte. Die Bandbreite des Personalkostenanteils der im Landtag vertretenen Fraktionen wurde beispielsweise mit 48 bis 69 v.H. der sogenannten Zuschüsse angegeben, Mitteilung des Rechnungshofs von Baden-Württemberg v. 02.11.1993, BW-Drs. 11/2837, S. 4. Zum Vergleich: Der Anteil der Personalausgaben der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Rechnungsjahr 1993 lag bei 62,7 v.H. oder 31,8 Mio. DM (1995: 71,2 v.H.), der der SPDBundestagsfraktion bei 67,1 v.H. oder 25,5 Mio. DM (1995: 75,9 v.H.) und der der F.D.P.Bundestagsfraktion bei 59,5 v.H. oder 9,7 Mio. DM (1995: 59,9 v.H.). Quelle: Für das Rechnungsjahr 1993 die Haushaltspläne der Fraktionen; ftir das Rechnungsjahr 1995 die Bekanntmachung der geprüften Rechnungen der Bundestagsfraktionen durch die Präsidentin des Deutschen Bundestages gemäß § 52 Abs. 4 S. 4 BAbgG, BT-Drs. 13/5473 v. 30.08.1996. 156 Eine Ausnahme bildet allein der im Rahmen der Fraktionsfinanzierung den Oppositionsfraktionen gewährte zusätzliche Steigerungsbetrag je Mitglied, vgl. etwa § 50 Abs. 2 S. 1 BAbgG i.V.m. der Festsetzung im EP 02, Kap. 0201, Titel 684 01; § 2 Abs. 3 S. 4 FraktG RP. 155

II. Die Modalitäten der Mittelbereitstellung

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den Fraktionen bei der Abstimmung parlamentarischer Vorlagen entwickelt 157 , nehmen die Regierungsfraktionen ihre parlamentarischen Rechte mehr zur Umsetzung der Regierungsvorlagen und zur Unterstützung der Regierung in Anspruch. Dagegen nutzen die Oppositionsfraktionen aufgrund ihrer geringeren Chancen, mit eigenen parlamentarischen Vorlagen erfolgreich zu sein, die ihnen zustehenden Rechte vornehmlich im Sinne von Kontrollrechten 158 . Ihr Bestreben ist darauf gerichtet, Alternativkonzepte zur Politik der Regierung und der(n) Regierungsfraktion(en) zu entwickeln und parlamentarisch sowie gegenüber der Öffentlichkeit zu vertreten. Dies hat zur Folge, daß unterschiedliche Bedürfnisse etwa an die qualitative und quantitative Zusammensetzung der Fraktionsmitarbeiter gestellt werden, in unterschiedlicher Weise die Notwendigkeit einer Hinzuziehung externen Sachverstandes besteht oder durch einen besonders starken Einsatz von Öffentlichkeitsarbeit wie durch die Veranstaltung von Hearings eine Rückkopplung zum außerparlamentarischen Bereich gesucht wird. So sind beispielsweise die Oppositionsfraktionen eher daran interessiert, Mitarbeiter in ihren Reihen zu haben, die in der Lage sind, konzeptionelle Grundlagenarbeit zu leisten 159 . Dagegen nutzen die Regierungsfraktionen in der Regel verstärkt die Möglichkeit, auf den Sachverstand und die Informationen der Ministerialbürokratie zurückgreifen zu können 160 . Ebenfalls leicht nachzuvollziehen sind die Auswirkungen, die die personelle Größe einer Fraktion auf die Verwendung ihrer Mittel nach sich zieht. Während kleinere Fraktionen im allgemeinen schneller zu einer internen Einigung finden dürften, ist es für sie schwieriger, sämtliche Initiativen im Parlament und insbesondere in Arbeitsgremien wie den Ausschüssen sachgerecht und kompetent zu begleiten 161 . Nicht so mitgliederstarke Fraktionen sind daher eher bemüht, durch eine fachlich ausgerichtete personelle Zuarbeit den Aktionsradius des einzelnen Fraktionsmitglieds im parlamentarischen Verfahren zu optimieren, wo-

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Kamm, ZParl 24 (1993), 553, 555. Aufschlußreich ist insofern eine Betrachtung des Verhältnisses der vom Bundestag verabschiedeten Gesetze nach Initiatoren in der 11. Wahlperiode. Verabschiedet wurden insgesamt 369 Gesetze. Die Anzahl der Regierungsvorlagen betrug 267 (72,4%), die CDU/CSU-F.D.P.-Koalition (sog. Regierungskoalition) brachte 53 (14,4%), die SPD-Fraktion 1 und die Fraktion Die Grünen keine Vorlage ein, zit. nach Ismayr, S. 314. Die Relationen verschieben sich jedoch grundlegend, wenn das Verhältnis der gestellten Änderungsanträge zu den Gesetzentwürfen herangezogen wird. Von insgesamt 613 Änderungsanträgen in der 10. Wahlperiode des Deutschen Bundestages stellten die Regierungskoalition von CDU/CSU-F.D.P.-Fraktionen 13 (2,1%), die SPD-Fraktion 200 (32,6%) und die Fraktion Die Grünen 390 (63,6%), zit. nach Ismayr, S. 318. Das gleiche Bild ergibt sich, wenn man das Verhältnis der Großen Anfragen analysiert, vgl. Ismayr, S. 370 f. 159 Vgl. Jekewitz, ZParl 26 (1995), 395,403. 160 Vgl. zum Ganzen Bischoff/Bischofj,\ § 54 RN 45, S. 1469; Bussmann, S. 3; Schreckenberge ZParl 25 (1994), 329. 161 Kamm, ZParl 24 (1993), 553, 555. 158

110

C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

hingegen zahlenmäßig größere Fraktionen 162 gezwungen sind, ihr Personal stärker zu rein administrativen Aufgaben einzusetzen, um überhaupt eine Organisation der Fraktionsarbeit wie etwa den Informationsaustausch zwischen den Fraktionsmitgliedern herzustellen. Welche Anforderungen die Wahrnehmung der parlamentarischen Aufgaben im einzelnen an eine Ausgestaltung der Arbeits- und Organisationsbedingungen stellt, läßt sich aber nicht allein nach der numerischen Größe oder der politischen Rolle einer Fraktion beurteilen. Insofern ist eine Vielzahl sonstiger im einzelnen nicht bewertbarer Faktoren wie der maßgeblich durch das Selbstverständnis einer Fraktion geprägte Grad der fraktionsinternen Hierarchisierung, die politischen Gegensätze zwischen den Fraktionsmitgliedern oder die Dauer ihrer parlamentarischen Tradition von Einfluß. Fraktionen, die in der Lage sind, über mehrere Legislaturperioden hinweg die Rechtsnachfolge ihrer „Vorgängerfraktionen" anzutreten 163, verfügen nicht nur über einen hohen Grad an personeller Kontinuität ihrer Mitglieder, sondern können auf ein bereits eingespieltes und eingerichtetes Organisationsmanagement einschließlich Fraktionspersonal, Räumlichkeiten oder deren Einrichtung zurückgreifen. Für eine Verwendung der Fraktionsgelder geht das Interesse daher weniger dahin, die Mittel für den Aufbau einer Verwaltungsstruktur einzusetzen, als direkt in Maßnahmen der parlamentarischen Arbeit zu investieren. Ein anderes plastisches Beispiel bildet die Frage, ob sich eine Fraktion entschließt, Fraktionsmitgliedern für die Übernahme besonderer Funktionen innerhalb der Fraktion Zulagen zu gewähren. Geschieht dies, hat die Fraktion auf den ersten Blick relativ weniger Geld zur Verfügung, um etwa Personal zur Unterstützung ihrer Fraktionstätigkeit einzustellen. Umgekehrt erhöht eine Funktionszulage die Bereitschaft, die mit einer Führungsfunktion in einer Fraktion verbundenen besonderen administrativen Aufgaben zu übernehmen. Im Einzelfall kann es sich dabei durchaus um eine kostengünstigere und effektivere Variante der Aufgabenerledigung handeln. Neben diesen unterschiedlichen Grundvoraussetzungen in der Intention und der Intensität der Wahrnehmung einzelner parlamentarischer Befugnisse verlangt das parlamentarische Geschehen, daß die Fraktionen darüber hinaus fähig sind, sich jederzeit den ständig wechselnden Gegenständen und Gegebenheiten der parlamentarischen Auseinandersetzung anzupassen164. Ihnen muß es mög162 Beispielsweise umfaßten in der 12. Legislaturperiode die CDU/CSU-Bundestagsfraktion 319 und die SPD-Bundestagsfraktion 239 Abgeordnete. 163 Vgl. die in den Fraktionsgesetzen getroffenen Bestimmungen zu den Voraussetzungen einer Rechtsnachfolge: § 54 Abs. 7 BAbgG; § 13 Abs. 3 FraktG Bbg; § 13 FraktG Bin; § 44 Abs. 7 AbgG Bre; § 57 Abs. 7 AbgG MV; § 33 c AbgG NS,; § 9 FraktG RP; § 4 Abs. 3 FraktG SA; § 11 Abs. 7 FraktG SH; § 57 AbgG Thür. 164 Allgemein ebenso Fensch, ZRP 1993, 209, 210; Jekewitz, ZParl 26 (1995), 395, 416 f.; Kassing, S. 49 f.

II. Die Modalitäten der Mittelbereitstellung

111

lieh sein, aufgrund eines eigenen politischen Ermessens ihre inhaltliche Arbeit auf die aktuellen politischen Herausforderungen einzustellen und dementsprechend auch ihre Mittel politisch gezielt einsetzen zu können. Insoweit erlaubt es den Fraktionen ihr parlamentarischer Auftrag, bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben eigenständig Schwerpunkte zu bilden, etwa wenn sie sich entschließen, ihre Ressourcen in besonderem Maße zu nutzen, um Reformprojekte zu entwickeln, um intensiv die Arbeit von Untersuchungsausschüssen oder Enquete-Kommissionen zu begleiten oder um durch die Anstrengung von Verfassungsklagen Ergebnisse des parlamentarischen Willensbildungsprozesses oder das Handeln der Regierung verfassungsgerichtlich überprüfen zu lassen. Genauso müssen die Fraktionen in der Lage sein, auf der parlamentarischen Arbeit von außen gesetzte Vorgaben, wie etwa bei der Einbringung von Regierungsvorlagen, die wie im Falle einer beabsichtigten Reform des Gesundheitswesens oder des Steuersystems unter Umständen einer erheblichen fachlichen Aufarbeitung bedürfen, flexibel reagieren zu können. Andere Beispiele für die Notwendigkeit einer Umstrukturierung der geplanten Mittelverwendung können durch Veränderungen in der internen Arbeitsweise im Zuge der Neuwahl eines Fraktionsvorsitzenden 165 oder aufgrund eines sich während einer Legislaturperiode vollziehenden Wechsels von der Regierungs- zur Oppositionsfraktion oder umgekehrt bedingt sein 166 . Im Einzelfall kann auch ein in der Öffentlichkeit entstandenes verzerrtes Bild von der Arbeit einer Fraktion es dieser erforderlich erscheinen lassen, mittels einer Gegendarstellung im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit den Versuch einer Korrektur zu unternehmen 167, während für andere Fraktionen ein derartiges Bedürfnis nicht besteht. Anhand dieser grundsätzlichen Überlegungen zeigt sich bereits deutlich, daß der parlamentarische Prozeß und die Arbeit der Fraktionen innerhalb der Parlamente nicht im voraus regulierbar sind, sondern dem freien Spiel der parlamentarischen Kräfte überlassen bleiben müssen. Im Vergleich etwa zur allgemeinen Situation der öffentlichen Verwaltung läßt es der politische Charakter der parlamentarischen Funktion der Fraktionen nicht zu, ihren Bedarf nach einzelnen Zwecken verobjektiviert zu erfassen und zu kategorisieren 168. Die Fraktionsautonomie schützt daher die Entscheidungsfreiheit der Fraktionen, wie sie nach Maßgabe ihrer subjektiven Einschätzung ihre parlamentarischen Aufga165 Als Beispiel sei die mit dem Wechsel im Vorsitz der SPD-Bundestagsfraktion von HansJochen Vogel auf Hans-Ulrich Klose im November 1991 verbundene Umwandlung der Fraktionsstruktur genannt; vgl. zu den Einzelheiten der Reform die Darstellung von Ismayr, S. 151 f.; Kamm, ZParl 24 (1993), 553 ff. 166 Siehe hierzu etwa Jekewitz, ZParl 26 (1995), 395,406, der von einer „Umschichtung" des Fraktionspersonals anläßlich des Wechsels der SPD-Bundestagsfraktion von der Regierungs- zur Oppositionsfraktion im Jahre 1983 spricht. 167 Vgl. zur Zulässigkeit und zu den Grenzen einer Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen unten Kapitel C.III.2.b. 168 Vgl. Jekewitz, ZParl 14 (1983), 14, 21; ders., ZParl 23 (1992), 334, 339; Kassing, S. 49 f.

112

C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

ben wahrzunehmen gedenken169. Die praktizierte pauschale Form der Mittelbereitstellung an die Fraktionen ist dementsprechend nicht nur als zulässig, sondern auch als natürlicher Ausfluß der ihnen in Anerkennung ihrer verfassungsrechtlichen Stellung und ihres parlamentarischen Auftrags zu gewährenden Eigenständigkeit zu betrachten. Mit der dadurch verbundenen Einräumung einer eigenen Haushaltsautonomie an die Fraktionen tritt das Parlament insofern einen Teil seiner Haushaltsgewalt an die Fraktionen ab 170 . Dabei ist über die in der Fraktionsautonomie angelegten Gründe hinaus darauf hinzuweisen, daß die Möglichkeit der Fraktionen, selbst über die adäquate Form des Ressourceneinsatzes zu entscheiden, zugleich geeignet ist, einen größtmöglichen Nutzen bei einer Verwendung der Gelder zu garantieren. Trotz aller berechtigten Sensibilität beim Umgang mit öffentlichen Geldern darf nicht übersehen werden, daß zwischen den einzelnen Fraktionen eine parlamentarische Konkurrenzsituation besteht. Jede übermäßige Mittelverwendung - sei es bei einer überhöhten Mitarbeiterentlohnung, einer zu üppigen Büroausstattung oder einer zu exzessiven Öffentlichkeitsarbeit - hat zur Konsequenz, daß einer Fraktion weniger Mittel zur Bewältigung der übrigen Aufgaben im Parlament zur Verfügung stehen und sich damit ihre Chancen verringern, die eigenen Vorstellungen in der parlamentarischen Arbeit erfolgreich umzusetzen. Das Eigeninteresse der Fraktionen bei einer Wahrnehmung ihrer Finanzhoheit ist daher im Vergleich zu jeder noch so detaillierten vorherigen Festsetzung am ehesten darauf angelegt, eine effektive und sachangemessene Verwendung der öffentlichen Gelder im Sinne einer Förderung der Handlungsfähigkeit der Parlamente zu erreichen. Durch die Globalfinanzierung geht dabei in Anerkennung des Fraktionsstatus die volle Verantwortlichkeit für einen im Gemeinwohlinteresse liegenden Einsatz der öffentlichen Gelder auf die Fraktionen über. Kehrseite der gewährten Haushaltsautonomie ist aber gleichzeitig, daß - mit Ausnahme vom Entstehen eines besonderen, bei der vorherigen Abwägung und Bemessung nicht mitberücksichtigten Finanzbedarfs - der gesamte zur Aufgabenerledigung der Fraktionen erforderliche Aufwand als abgegolten anzusehen ist. Eine verfehlte Haushaltspolitik einer Fraktion wirkt sich dadurch stets zu ihren eigenen Lasten aus und enthebt die öffentliche Hand der Verpflichtung, bei einer Erschöpfung der Mittel durch eine Notbewilligung des Finanzministers oder einen Nachtragshaushalt weitere Gelder zur Verfügung zu stellen171. 169 Im Ergebnis ebenso Fensch, ZRP 1993, 209; Martin, S. 109 f.; Strauß-Zielbauer/Schnellbachy ZParl 24 (1993), 588,593. In die gleiche Richtung weisen die Stimmen, die im Zusammenhang mit der Diskussion um den Inhalt eines Prüfungsrechts der Rechnungshöfe die Eigenständigkeit der Fraktionen bei der Aufgabenwahrnehmung betonen; Lange, Prüfung, S. 102f.; Knöpfle, S.259 f.; Rundel, S. 145. 170 Vgl. auch Kilian tS. 160. 171 Insofern ist darauf hinzuweisen, daß im Falle der teilweise vertretenen und oben - Kapitel C.II.l.a. - dargestellten Ansicht, nach der die Fraktionen rechtlich dem Bund beziehungsweise den Ländern zugeordnet werden, man schwerlich umhin käme, auch bei einer Erschöpfung der veranschlagten Haushaltsmittel öffentliche Mittel nachzuschießen. Deutlich zu Tage getreten ist

II. Die Modalitäten der Mittelbereitstellung

113

Ist aber auf eine direkte Steuerung der Mittelverwendung durch eine spezialisierte Festlegung aus Gründen der Eigenheiten der parlamentarischen Willensbildung zu verzichten, konzentriert sich die Verpflichtung, wirtschaftlich und sparsam mit den öffentlichen Geldern umzugehen, auf eine naturgemäß erst im nachhinein durchführbare Kontrolle 172 , ob die Mittel auch tatsächlich zweckentsprechend zur Erfüllung ureigener Aufgaben der Fraktionen eingesetzt worden sind 173 . Inwieweit die aktuelle Ausgestaltung der Fraktionsfinanzierung mit der Hervorhebung ihrer Zweckbindung, der Begründung von Rechnungslegungspflichten, der teilweisen gesetzlichen Regelung von Rückforderungsanprüchen und der Kontrolle durch die Rechnungshöfe die Erreichung des angestrebten Finanzierungszwecks gewährleistet, wird an anderen Stellen der Untersuchung zu diskutieren sein 174 . Festzuhalten bleibt, daß es entgegen der anderslautenden Forderungen auch bei der haushaltsrechtlichen Veranschlagung unter Berücksichtigung der angemahnten Anwendung haushaltsrechtlicher Grundsätze angezeigt ist, die Mittel der Fraktionen in Anerkennung ihrer Autonomie pauschal auszuweisen.

2. Die Bemessung der Leistungen Mit der Ablehnung einer bereits im Zeitpunkt der Mittelbereitstellung vorzunehmenden detaillierten, nach einzelnen Verwendungsarten getrennten, Aufschlüsselung der finanziellen Leistungen und der ausdrücklichen Befürwortung einer Zuweisung in einem Globalbetrag verlagert sich die Problematik einer zweckentsprechenden und angemessenen Mittelausstattung der Fraktionen mit öffentlichen Geldern auf deren „richtige" Bemessung.

die Problematik beispielsweise im Zusammenhang mit dem Untergang der Bundestagsfraktion Die Grünen/Bündnis 90 mit Ende der 11. Legislaturperiode. Damals stellte sich die Frage einer Haftung des Bundes beziehungsweise der Bundestagsverwaltung für die von den Fraktionen eingegangenen arbeits-, sozial- und zivilrechtlichen Verpflichtungen, vgl. dazu die eingehende Darstellung bei Günther, KJ 1993, 98 ff. 172 Im Vorgriff sei angemerkt, daß die Fraktionsgesetze des Bundes und der Länder überwiegend ein abgestimmtes System zur Sicherung einer zweckentsprechenden Mittelverwendung, angefangen von der Verpflichtung der Fraktionen zur wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung, der Einführung von Rechnungslegungspflichten und der Begründung von Haftungsansprüchen bis hin zu einem Prüfungsrecht der Rechnungshöfe, eingeführt haben. 173 Näheres dazu unter dem Titel „Die Kontrolle der Mittelverwendung" im Kapitel C.IV. 174 Siehe dazu Kapitel C.III, und C.IV. 8 Schneider

114

C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung a) Die Prognoseentscheidung Finanzausstattung

der Parlamente der Fraktionen

über die

Seit Beginn der i m B u n d u n d den Ländern erst nach 1945 einsetzenden direkten Finanzierung der Fraktionen 1 7 5 wurden die M i t t e l ganz offensichtlich kontinuierlich angepaßt, ohne daß jemals eine allgemeine Berechnungsgrundlage für die Finanzausstattung der Fraktionen offengelegt oder erstellt worden wäre. Zunehmend w i r d das bisherige Fehlen einer Ermittlung des tatsächlichen koordinationsbedingten Aufwands der Fraktionen m o n i e r t 1 7 6 und teilweise gar als ein Verstoß gegen das Verfassungsrecht angesehen 177 . Aufgeworfen ist damit die Problematik, ob die Parlamente bei der B e w i l l i gungsentscheidung berechtigt oder verpflichtet sind, ungeachtet der durch die Fraktionsautonomie verfassungsrechtlich geschützte Freiheit der Fraktionen nach eigenem Ermessen über die letztendliche Verwendung ihrer M i t t e l zu entscheiden, eine eigenständige Gewichtung u n d Bemessung der einzelnen relevanten Ausgabepositionen der Fraktionen vorzunehmen. Dies ließe sich beispielsweise unter Wahrung der zuvor dargestellten Notwendigkeit einer flexi-

175 Vgl. zur Entwicklung beim Deutschen Bundestag Jekewitz, ZParl 13 (1982), 314, 319 ff., oder im Landtag von Rheinland-Pfalz Martin, S. 5 ff. 176 Jahresbericht des Landesrechnungshofs Sachsen-Anhalt 1995, Tz. 1.1, S. 24; Nachtrag zu den Bemerkungen des Landesrechnungshofs Schleswig-Holstein 1994, Tz. 1.4, S. 11; Bemerkungen des Landesrechnungshofs Schleswig-Holstein 1995, Tz. 15.2, S. 108. 177 So explizit das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung v. 24.05.1995 (AktZ.: 6 A 286/94). In dem Verfahren begehrte die klagende Fraktion von der beklagten Präsidentin des Landtags die ungekürzte Auszahlung der sogenannten Fraktionszuschüsse, die teilweise mit der Begründung einbehalten worden waren, es bestünden Zweifel an einer zwekkentsprechenden Verwendung der Gelder. In seinem klageabweisenden Gerichtsbescheid verneinte das Verwaltungsgericht die Anspruchsqualität des § 6 FraktG SH, weil die lediglich dem Grunde nach getroffene gesetzliche Regelung in Hinblick auf den Charakter der Festsetzung als Entscheidung des Parlaments in eigener Sache und wegen einer nicht bedarfsorientierten Gewährung der Mittel den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genüge. Aus den Entscheidungsgründen wird nicht klar ersichtlich, welchen Verfassungsgrundsatz das Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein mit der festgestellten Verletzung des Grundsatzes der Bedarfsorientiertheit tangiert sieht. Das Gericht verweist lediglich auf den Passus des Bundesverfassungsgerichts im Parteienfinanzierungsurteil 1966, nach dem eine Bewilligung von Zuschüssen durch die Parlamente, die durch die Bedürfnisse der Fraktionen nicht gerechtfertigt wären, also eine verschleierte Parteienfinanzierung enthielten, als ein die Verfassung verletzender Mißbrauch bezeichnet wird, vgl. BVerfGE 20, 56, 105. Ungeachtet der Frage, ob das Verwaltungsgericht das Verfahren wegen der angenommenen Verfassungswidrigkeit des § 6 FraktG SH nicht nach Art. 99 GG i.V.m. Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht hätte vorlegen müssen, enthält die in der Entscheidung zitierte Feststellung des Bundesverfassungsgerichts im Parteienfinanzierungsurteil 1966 keine Aussage über die an die Form sowie die Art und Weise der Mittelbereitstellung zu stellenden Anforderungen. Wie oben im Kapitel B.II.4.b) dargestellt, spricht das Gericht von den „Bedürfnissen" der Fraktionen allein, um die verfassungsimmanente Begrenzung des Beurteilungsspielraums der Parlamente bei einer Bemessung der Fraktionsfinanzierung auf den Bereich der Fraktionstätigkeit hervorzuheben. Anzeichen, daß sich der Schleswig-Holsteinische Landtag bei der Mittelbewilligung von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen, sind weder erkennbar noch gehen die Entscheidungsgründe auf diese Problematik ein.

II. Die Modalitäten der Mittelbereitstellung

115

blen, den jeweiligen Bedürfnissen einer Fraktion entsprechenden, Verwendung der Mittel erreichen, wenn man die nach der teilweise geforderten haushaltsrechtlichen Differenzierung veranschlagten Ausgabearten innerhalb einer Titelgruppe zusammenfassen und für gegenseitig deckungsfähig erklären, § 20 Abs. 2 BHO/LHO, oder zumindest eine Bedarfsberechnung im Zusammenhang mit der Begründung des aktuell angesetzten Betrages im Haushalt oder im Gesetz offenlegen würde. In Anbetracht der im Zusammenhang mit der haushaltsrechtlichen Veranschlagung angestellten Erwägungen zur Fraktionsautonomie müßte jedoch jede Fixierung einer bestimmten für den zukünftigen Finanzierungszeitraum angenommenen Ausgabenstruktur der Fraktionen als willkürlich angesehen werden. Genau genommen wäre für die verschiedenen Fraktionen ein jeweils charakteristisches Verwendungsmuster, getrennt nach Regierungs- und Oppositionsfraktionen ebenso wie in Abhängigkeit von der Anzahl ihrer Mitglieder, zu erstellen, ohne daß dabei die aus den abweichenden politischen Zielvorstellungen der Fraktionen folgenden unterschiedlichen Bedürfnisse Berücksichtigung finden könnten. Ist aber festzustellen, daß eine schlechthin typische Ausgabestruktur für die Fraktionen im allgemeinen weder existiert noch vorhersehbar ist, sollte man es vermeiden, den mit der Erstellung und Veröffentlichung einer nach einzelnen Verwendungsarten untergliederten Bedarfsermittlung verbundenen Anschein der Richtigkeit zu erwecken. Im Einzelfall bestünde die Gefahr einer öffentlichen Diskreditierung der Finanzwirtschaft einzelner Fraktionen allein aufgrund einer Abweichung von den bei der Entscheidung der Mittelbereitstellung angesetzten Vorgaben 178 . Der sich daraus ergebende besondere Rechtfertigungszwang steht dabei im Widerspruch zur Autonomie der Fraktionen, nach eigenem politischen Ermessen über die Verwendung ihrer Mittel zu entscheiden. Weiter resultierte daraus das Problem, daß durch das zugrundegelegte Spektrum der berücksichtigten Ausgabearten das umfassende Tätigkeitsfeld der Fraktionen ohne Grund eingeengt würde. Fehlte es beispielsweise an einer nicht oder nicht ausreichend berücksichtigten Position etwa für Sachverständigen- oder Gerichtskosten, die durch eine aktuelle Entwicklung des parlamentarischen Geschehens für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung einer Fraktion je-

178 Eine ähnliche Problematik besteht in Hinblick auf das vom Präsidenten des Landtages Brandenburg entwickelte sogenannte Wichtungsschema für die einzelnen Bestandteile der Fraktionsausgaben. Das brandenburgische Fraktionsgesetz sieht in § 3 Abs. 3 FraktG Bbg vor, daß der Präsident des Landtags jährlich im Zusammenhang mit den Haushaltsberatungen nach Anhörung der Fraktionen und unter Berücksichtigung der Preisentwicklung und der Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst einen Vorschlag zur Anpassung der Fraktionszuschüsse vorzulegen hat. Zu diesem Zweck wurde die durchschnittliche prozentuale Ausgabenstruktur der Fraktionen untergliedert nach Sach-, Personal- oder Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit ermittelt, um auf dieser Grundlage künftige Anpassungen der Fraktionszuschüsse vornehmen zu können, vgl. Vorschlag des Präsidenten des Landtages Brandenburg v. 16.02.1996, Bbg-Drs. 2/2178, S. 3 und Anlage 2.

116

C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

doch notwendig geworden ist, könnte aus den Reihen der Fraktionen wohl zu Recht die Forderung nach einer zusätzlichen Mittelzuweisung erhoben werden. Noch deutlicher zeigt sich die Schwierigkeit bei einer haushaltsrechtlichen Veranschlagung. Eine Überschreitung der Ausgabeermächtigung durch den Parlamentspräsidenten ist aber nur beim Vorliegen eines unabweisbaren Bedürfnisses mit Einwilligung des Finanzministers zu einer überplanmäßigen oder außerplanmäßigen Ausgabe möglich, § 37 BHO/LHO 1 7 9 . Die damit verbundene doppelte Abhängigkeit einer im Einzelfall für die Aufgabenerfüllung der Fraktionen erforderlichen Mittelanpassung von Parlamentspräsident und Finanzminister ließe sich auch nicht über einen Nachtragshaushalt umgehen, da insofern allein der Regierung in Abweichung von Art. 76 Abs. 1 S. 1 GG nach Art. 110 Abs. 2,3 GG die Befugnis zur Haushaltsinitiative zusteht 180181 . Jede nachträgliche Ausgabebewilligung steht zudem vor der Schwierigkeit, daß sie auch in einer der Chancengleichheit der Fraktionen gerecht werdenden Weise vorzunehmen wäre. Hätte eine Fraktion ihre Mittel vorzeitig erschöpft und man würde allein an sie zusätzliche Leistungen erbringen, wäre damit zwangsläufig eine Benachteiligung der Fraktionen verbunden, die ihre Ressourcen vorausschauend eingesetzt haben. Obendrein würde auf diesem Wege ein Teil der alleinigen Verantwortlichkeit der Fraktionen für ihre Finanzwirtschaft wieder relativiert. Die Entscheidung über die den Fraktionen bereitzustellenden Gelder hat damit notwendigerweise den Charakter einer typisiert zu treffenden Prognoseentscheidung des Parlaments, welche Mittel den Fraktionen zur Erfüllung ihrer Aufgaben für ein zukünftiges Wirtschaftsjahr zur Verfügung stehen sollen 182 . Es handelt sich dabei um eine summarische Beurteilung eines allgemein als ausreichend angesehenen Bedarfs, der unter Berücksichtigung der im übrigen durch die Parlamentsverwaltungen gewährten Sach- und Personalleistungen zur Abgeltung des verfassungsrechtlichen Finanzierungsanspruchs der Fraktionen gewährt wird. Auch wenn damit die Darlegung einer konkreten Berechnung des nommenen Bedarfs der Fraktionen für ein zukünftiges Wirtschaftsjahr lehnt wird, heißt dies nicht, daß der parlamentarische Leistungs- und haltsgesetzgeber neben der verfassungsimmanenten Verpflichtung 183 ,

angeabgeHausseinen

179 Die Entscheidung des Finanzministers nach § 37 Abs. 1 BHO/LHO hat wegen § 116 Abs. 1 BHO/LHO endgültigen Charakter. 180 Näher dazu Heuer, in: Heuer, KHR, Art. 110 RN16; Maunz, in: M/D/H/S, Art. 110 RN 21. 181 Eine andere Frage ist es, ob die finanziellen Bedürfnisse der Fraktionen in dem konkreten Fall von einem solchen Gewicht sind, daß die Einleitung eines derartigen Verfahrens erwartet werden kann. 182 Vgl. auch Schönberger, S. 210 f. 183 Wiederholend sei festgestellt, daß der verfassungsrechtliche Status der Fraktionen in den Verfassungen der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz eine explizite Regelung gefunden hat, siehe Kapitel B.I.3. und B.III.2.a.bb.

II. Die Modalitäten der Mittelbereitstellung

117

Beurteilungsspielraum ausschließlich an dem verfassungsrechtlich anzuerkennenden Finanzierungszweck der Fraktionsfinanzierung auszurichten, keinerlei weiteren Bindungen bei der Bemessung der Leistungen unterliegen würde. Aus dem Charakter der Mittelfestsetzung als Prognoseentscheidung folgt vielmehr die Pflicht der Parlamente zu einer kontinuierlichen Überprüfung der getroffenen Entscheidung184. Neben der vor dem Hintergrund der nur begrenzt verfügbaren öffentlichen Mittel zu treffenden Abwägung der Finanzausstattung der Fraktionen im Verhältnis zu den übrigen wichtigen Gemeinschaftsbelangen 185 ist dabei die Entscheidimg über die Höhe der Zuweisungen regelmäßig nach einer Analyse der Rechnungsiegimg über die Verwendung der Gelder abgelaufener Wirtschaftsjahre anzupassen186. Jede neue Mittelbewilligung durch die Parlamente ist daher am Bestand der bisherigen Fraktionsfinanzierung auszurichten. Neben einer allgemeinen politischen Bewertung des Mittelbedarfs der Fraktionen in der Vergangenheit sind darüber hinaus die sich für die Zukunft abzeichnenden und anzuerkennenden Veränderungen im Bedarf der Fraktionen mit in Rechnung zu stellen. In diesem Zusammenhang wird in Brandenburg, Berlin, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Thüringen der Versuch unternommen, durch die Einführung einer vorgeschalteten Berichtspflicht der Präsidenten beziehungsweise einer Sachverständigenkommission über die Leistungen an die Fraktionen die Entscheidungsgrundlage der Parlamente bei der Mittelfestsetzung aufzubereiten 187.

184 Vgl. etwa BVerfGE 50, 290, 335; 65,1, 55; Kloepfer, VVdStRL 40 (1982), 63, 90 f.; OssenbühU S. 518; Schulze-Fielitz, Gesetzgebung, S. 180 f. 185 Zur allgemeinen Pflicht des Gesetzgebers, Gemeinschaftsbelange abzuwägen, BVerfGE 33, 303, 334 f. 186 Die auch im Stern, Heft 23/1996 v. 30.05.1996, wiedergegebene Behauptung von Arnims, die Zuwendungen an die Fraktionen würden gewöhnlich nur wegen des Geldmangels einer Fraktion, etwa weil sie sich nach einer Wahlniederlage verkleinert und damit die staatlichen Zuschüsse zurückgingen, erhöht, wird ohne eine nähere Begründung aufgestellt, von Arnim, Partei I, S. 244; ders., Partei II. Hierfür ist auch in der umfangreichen Literatur von Arnims zur Fraktionsfinanzierung kein Beleg zu finden. Ebenso haben die langjährigen Beobachtungen des Verfassers zur Entwicklung der Fraktionsfinanzierung im Bund und in den Ländern keine Anhaltspunkte für eine Bestätigung des beschriebenen Mechanismuses ergeben. 187 In Niedersachsen und Brandenburg hat der Präsident jährlich im Zusammenhang mit den Haushaltsberatungen nach Anhörung der Fraktionen und unter Berücksichtigung der Preisentwicklung und der Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst einen Vorschlag zur Anpassung der Fraktionszuschüsse vorzulegen, § 31 Abs. 1 S. 4 AbgG NS, § 3 Abs. 3 FraktG Bbg. Ähnlich gestaltet ist die rheinland-pfälzische Regelung, die den Präsidenten zu einem jährlichen Bericht über die Angemessenheit der Geld- und Sachleistungen verpflichtet. Vor der Erstattung des Berichts hat der Präsident eine Stellungnahme der Fraktionen und eine gutachtliche Stellungnahme des Statistischen Landesamtes über die allgemeine Entwicklung der Einkommens- und Preisverhältnisse einzuholen, § 8 FraktG RP. Das Berliner Fraktionsgesetz schreibt zwar vor, daß Beratungen über eine Fortschreibung der Höhe der finanziellen Mittel nur auf der Grundlage des Berichts einer unabhängigen Sachverständigenkommission gestattet sind. Vorgaben, nach welchen Maßstäben der Bericht zu erstatten ist, werden aber im Gesetz nicht gemacht, § 8 Abs. 3 FraktG Bln. Auch in Thüringen hat der Landtagspräsident dem Landtag nach § 49 Abs. 2 S. 3 AbgG Thür im

C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

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b) Die Finanzierungsstruktur aa) Die Unterteilung in Grundbetrag, Steigerungsbetrag und Oppositionszuschlag Als abstrakt denkbare Formen einer Fraktionsfinanzierung kommen eine unterschiedslose Förderung aller Fraktionen durch die Zahlung eines gleich hohen Pauschalbetrags, eine Verteilung der Mittel linear proportional zur Mitgliederzahl der Fraktionen oder eine Kombination beider Methoden in Betracht. Das durchgängig praktizierte System einer Kombination von Grundbetrag, Steigerungsbetrag pro Fraktionsmitglied sowie Oppositionszuschlag188 hat zur Folge, daß sich sowohl die auf jede Fraktion entfallenden Beträge als auch der bei einer Umrechnung relativ für jedes Fraktionsmitglied entfallende Anteil der Geldleistungen erheblich unterscheiden. Hiernach verteilen sich beispielsweise die 1995 im Bundeshaushalt ausgewiesenen Leistungen von insgesamt rund 100 Mio.DM bei einem monatlichen Grundbetrag von 489.937 D M je Fraktion, einem Steigerungsbetrag von 9.297 D M je Fraktionsmitglied im Monat und einem Oppositionszuschlag von 15.H. auf den Grundbetrag und von 10 v.H. auf den Zuschlag je Abgeordneter wie folgt auf die Fraktionen des Deutschen Bundestages189: - CDU/CSU

(294 Abg.)

- 39,15 Mio. D M oder 133.163 D M / A b g ,

- SPD

(252 Abg.)

- 37,95 Mio. D M oder 150.595 D M / A b g ,

- B'90/Grüne

(49 Abg.)

- 12,87 Mio. D M oder 262.653 DM/Abg.,

- F.D.P.

(47 Abg.)

- 11,35 Mio. D M oder 241.489 DM/Abg. 1 9 0 .

Jede Ausgestaltung des Modus der Fraktionsfinanzierung wird verfassungsrechtlich von zweierlei Grundprinzipien bestimmt. Zum einen muß sich in der Finanzierungsstruktur ihre innere Rechtfertigung, nämlich die Integration und Koordination der Fraktionsmitglieder in Hinblick auf die Wahrnehmung der parlamentarischen Befugnisse der Fraktion zu ermöglichen, niederschlagen. Zum anderen ist die Chancengleichheit zwischen den Fraktionen zu wahren 1 9 1 1 9 2 . Benehmen mit dem Ältestenrat einen Bericht mit einer Empfehlung über eine etwaige Veränderung der Beträge zu erstatten. 188 Zur Legitimation der Gewährung eines Oppositionszuschlags wird anschließend im Kapitel C.II.2.b.bb. gesondert Stellung genommen werden. 189 So im Bundeshaushaltsplan 1996 die Erläuterung in der Zweckbestimmung zu EP 02, Kap. 0201, Titel 684 01. 190 Bekanntmachung der geprüften Rechnungen der Fraktionen im Deutschen Bundestag fiir das Kalendeijahr 1995 v. 30.08.1996, BT-Drs. 13/5473. 191 Vgl. so fiir die Chancengleichheit im Falle einer Finanzierung der Ratsfraktionen ausdrücklich, Birk, S. 107 ff.; Hubert Meyer, VB1BW. 1994, 337, 343. 192 Mit der parlamentarischen Anerkennung der Fraktionen als eigenständige parlamentarische Handlungssubjekte geht einher, daß im politischen Wettbewerb zwischen den Fraktionen das formale Gleichheitsprinzip Geltung beansprucht. Entsprechend der Betrachtung zum Ursprung der Fraktionsautonomie handelt es sich dabei auch bei der Chancengleichheit der Fraktionen um einen an

II. Die Modalitäten der Mittelbereitstellung

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Das Kernproblem der Finanzierungsentscheidung besteht insoweit darin, durch ein geeignetes Verhältnis von Grundbetrag, Steigerungsbetrag und Oppositionszuschlag den jeweiligen Bedarf der einzelnen Fraktionen entsprechend ihrer politischen Funktion angemessen zu bewerten 193 . Die Schwierigkeit ist dabei, das System der Finanzausstattung derart auszutarieren, daß die Fraktionen zwar einerseits in der Lage sind, ihrer Funktion für die Herstellung und die Erhaltung der Arbeitsfähigkeit eines Parlaments zu entsprechen, andererseits aber das politische Gewicht der Fraktionen etwa im Verhältnis zur Regierung oder in Abgrenzung zum außerparlamentarischen Willensbildungsprozeß gewahrt wird. Nicht zuletzt ist darauf zu achten, daß die aus der Ausstattung mit öffentlichen Mitteln resultierende Finanzkraft der einzelnen Fraktionen zu keiner Verfälschung des parlamentarischen Wettbewerbs unter den Fraktionen führt. Eine Beurteilung ist dabei von einer Vielzahl im Bund und den Ländern höchst unterschiedlich ausgestalteter Faktoren abhängig: Größe des Parlaments, Anzahl der Fraktionen, Nutzen der von Seiten der Parlamentsverwaltungen bereitgestellten Dienst- und Sachleistungen, wozu insbesondere auch die Qualität und der Umfang der Zuarbeit durch die wissenschaftlichen Dienste zu rechnen sind, und schließlich die unterschiedlichen Anforderungen, die die Sachthemen der Bundes- oder Landespolitik im Einzelfall an die parlamentarische Arbeit stellen. Ob von den Parlamentsverwaltungen Dienst- und Sachleistungen höchst zurückhaltend oder in größerem Stile erbracht werden, hat beispielsweise Auswirkungen darauf, welche verbleibenden Fixkosten von den Fraktionen mit den ungebundenen finanziellen Leistungen notwendigerweise abzudecken sind oder ob die Fraktionen bei der Mittelverwendung stärker ihrem parlamentarischen Gestaltungswillen Ausdruck verleihen können. Insoweit ist es geboten, daß die jeweiligen Verhältnisse in der Gewichtung von Grund- und Steigerungsbetrag ihren Ausdruck finden 194 . die verfassungsrechtliche Verselbständigung der Fraktionen anknüpfenden und in deren eigenen Status verwurzelten parlamentsbezogenen Grundsatz. Die Chancengleichheit der Fraktionen ist demnach weder ein parlamentsspezifischer Ausdruck der Chancengleichheit der Parteien (so aber Bollmann, S. 70; Lederer/Dammann, DuR 1991, 375, 377; Walter Schmidt, Der Staat Bd. 9 (1970), 481 ff), noch wird das Recht der Abgeordneten auf Chancengleichheit auf die Fraktionen transponiert (so zbevFlorianBecker, ZParl 27 (1996), 189, \91\Birk, NJW 1988,2521,2522; Böckenförde, Sondervotum BVerfGE 70,324,3 82; ders., HdbStR I, § 22 RN 45, S. 917; Haberland, S. 71; Scherer, AöR 112(1987), 189,201. Auch das Bundesverfassungsgericht vertritt in BVerfGE 70, 324, 363, die Ansicht, daß die Fraktionen ein Zusammenschluß von Abgeordneten seien und sich daher ihre Chancengleichheit wie der Status der Abgeordneten aus Art. 38 Abs. 1 GG ableite.). 193 Ebenso Jekewitz, ZParl 13 (1982), 314, 337. 194 Nur um die höchst unterschiedlichen Größenordnungen der Leistungselemente zu illustrieren, seien einige Zahlen aus den Ländern genannt. Die Bandbreite des monatlichen Grundbetrags bewegte sich nach den Haushaltsansätzen 1996 zwischen 29.550 DM für die Fraktionen im Saarländischen Landtag und 207.006 DM für die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, der Durchschnittswert lag nach den vorliegenden Haushaltsplänen (es fehlen Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein) bei 77.046 DM. Bei den Steigerungsbeträgen wiesen die Hamburger Bürgerschaft im Haushaltsjahr 1996 mit einem monatlichen Betrag von 1.216 DM

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

Über diese allgemeinen Erwägungen hinaus lassen sich im Rahmen einer rechtlichen Untersuchung keine näheren Aussagen zu den Vorgaben einer Ausgestaltung des Modus der Fraktionsfinanzierung weder konkreter noch abstrakter Art treffen. In diesem Zusammenhang obliegt es letztlich allein den Parlamenten selbst, die Wertung vorzunehmen, welche Mittel den einzelnen Fraktionen zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben zugebilligt werden sollen. Auch das Bundesverfassungsgericht hat in bezug auf das Begehren einer Gruppe auf Zuerkennung eines ungekürzten Grundbetrags der Fraktionszuschüsse ausdrücklich das Recht der Parlamente, eine Bemessung der zu bewältigenden Aufgaben in der parlamentarischen Arbeit nach einer typisierenden Betrachtungsweise vorzunehmen, hervorgehoben 195. Unter zweierlei Gesichtspunkten werden dennoch mitunter strukturelle Einwände gegen die vorherrschend vorgenommene Kombination der Fraktionsfinanzierung aus Grund- und Steigerungsbetrag sowie Oppositionszuschlag erhoben 196 . Diese aufzugreifen, gibt gleichzeitig Gelegenheit, im nachfolgenden näher auf das den Parlamenten bei der Budgetentscheidung zustehende Beurteilungsermessen einzugehen. Insbesondere kleinere Fraktionen stützen ihre Forderung nach einem möglichst hohen Grundbetrag in der Regel auf das Argument, daß grundsätzlich die parlamentarischen Aufgaben für alle Fraktionen, nämlich eine Willensbildung zu sämtlichen Gegenständen der parlamentarischen Arbeit zu entwickeln, gleich seien 197 . So wird beispielsweise in der Literatur unter Hinweis auf die allen Fraktionen grundsätzlich in gleicher Weise zustehende Befugnis, parlamentarische Initiativen einzubringen, die Behauptung aufgestellt, der Bedarf an externem Sachverstand zur Erarbeitung von Gesetzentwürfen sei für alle Fraktionen einheitlich und größenunabhängig 198. Eine Besserstellung größerer

den niedrigsten und das Saarland mit 5.250 DM den höchsten Betrag aus, der Durchschnittswert betrug hier 2.659 DM. Quelle: Haushaltspläne der Länder 1996. Trotz der teilweise erheblichen Unterschiede läßt sich eine nähere Bewertung nicht vornehmen, da mit Ausnahme von Rheinland-Pfalz den Haushaltsplänen die erforderliche Transparenz über die Höhe der veranschlagten Dienst- und Sachleistungen fehlt. So belief sich nach dem Haushaltsplan 1996 von Rheinland-Pfalz EP 01, Titelgruppe 72, der Anteil der Sachleistungen an den insgesamt ausgewiesenen Geld- und Sachleistungen auf 16 %. Nach der Veröffentlichung der Verwendungsnachweise der Fraktionen im Abgeordnetenhaus von Berlin für das Kalendeijahr 1994 betrug der Anteil der in Anspruch genommenen Sachleistungen an den Gesamtleistungen 12 %, Bln-Drs. 12/6075, während beispielsweise an die Fraktionen im Bayrischen Landtag nach Auskunft der Landtagsverwaltung keine sonstigen Leistungen nicht finanzieller Art erbracht werden. 195 BVerfGE 84, 304, 333, 334. 196 Vgl. im einzelnen die Nachweise in den folgenden Fußnoten. 197 Vgl. etwa die Abg. Grützmacher von der Fraktion Die Grünen im Landtag RheinlandPfalz in der Mainzer Allgemeinen Zeitung v. 13.11.1993 oder die Argumentation der PDS/Linke Liste im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, BVerfGE 84, 304. 198 Martin, S. 91 ff. Weiter wird von Martin als Beispiel für einen gleichen Bedarf aller Fraktionen an sachverständiger Zuarbeit die Ausschußarbeit genannt.

II. Die Modalitäten der Mittelbereitstellung

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Fraktionen lasse sich dagegen allenfalls aus größenabhängigen Kostenfaktoren des laufenden Geschäftsbetriebs rechtfertigen, zu denen etwa ein erhöhter Bedarf an Schreibkräften oder Büromaterial gerechnet wird 1 9 9 . Problematisch ist danach zunächst, welche Kriterien bei einer Bemessung der staatlichen Leistungen überhaupt angelegt werden können. Daran anschließend bleibt zu überlegen, ob bei der vorzunehmenden Bedarfsberechnung von einer festen Zuordnung größenunabhängiger Ausgabepositionen zum Grundbetrag einerseits und der durch eine erhöhte Mitgliederzahl hervorgerufenen Mehrkosten zum Steigerungsbetrag andererseits auszugehen ist 200 . Bei der Bemessung des Leistungsumfangs nimmt das Parlament eine summarische Bewertung der für angemessen angesehenen Finanzausstattung der Fraktionen vor. Insofern handelt es sich um eine politische Entscheidung der Parlamente, mit welchen Mitteln die parlamentarische Arbeit der Fraktionen in Abhängigkeit von ihrer Größe gefordert werden soll. Unabhängig davon, in welchem Bereich die Fraktionen Aktivitäten entwickeln, steigen die dabei anfallenden Kosten stets mit ihrer personellen Größe an. Aufgrund der verfassungsrechtlichen Beschränkung der fraktionellen Arbeit auf die Zusammenfassung unterschiedlicher fraktionsinterner Positionen zu handlungs- und verständigungsfähigen Einheiten 201 und deren Umsetzung innerhalb des parlamentarischen Willensbildungsprozesses lassen sich genau genommen keine größenunabhängige Ausgabepositionen vorstellen. Dies gilt angefangen von dem für die koordinierende Tätigkeit der Fraktionen ursprünglichsten Bedarf in Form eines Sitzungszimmers, dessen notwendige Größe bereits von der Mitgliederzahl mitbestimmt wird, über die Büroräume und deren Mobiliar bis hin zum Aufwand für das Fraktionspersonal 202. Die Zweckbestimmung Koordination verlangt, daß jede Tätigkeit des Fraktionsapparats - gleich ob verwaltungstechnischer oder politischer Natur - ihren Ursprung in einer innerfraktionellen Initiative zumindest eines Fraktionsmitglieds mit Blick auf den fraktionsinternen Willensbildungsprozeß findet 203 . Unabhängig davon, auf welche Art und Weise eine Fraktion ihre parlamentarische Funktion ausübt, wird ihr faktisches Potential zur Entfaltung parlamentarischer Aktivitäten von der Anzahl ihrer Mitglieder bestimmt und dadurch zugleich begrenzt. Es wäre daher unzulässig, 199 Martin, S. 94; Morlok, DVB1. 1991, 998, 1000; in bezug auf die Ratsfraktionen ebenso Birk, S. 109. 200 So auch der in BVerfGE 84, 304, 334 zum Ausdruck kommende Ansatz des Bundesverfassungsgerichts, wenn es dort heißt: „Der Ausgleich der unterschiedlichen Größe von Gruppen oder Fraktionen erfolgt stets durch die Abgeordnetenzuschläge". 201 Vgl. BVerfGE 80,188,231 sowie oben die Darstellung in Kapitel B.II.3. und B.III. 1. 202 Die angestellten Überlegungen sind allgemeiner Art. Zur Klarstellung sei wiederholend festgestellt, daß bei einer Beurteilung derfinanziellen Ausstattung der Fraktionen in einem Parlament stets zu berücksichtigen ist, in welchem Maße der Bedarf der Fraktionen bereits durch die Bereitstellung von Sach- oder Personalleistungen abgedeckt wird. 203 Vgl. auch Müller, NJW 1990, 2046, 2048.

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

wenn bei der Bemessung des Finanzbedarfs Erwägungen angestellt werden würden, die eine eigenständige Tätigkeit des Fraktionsapparats, die zwangsläufig über eine reine Zuarbeit zur auf Koordination und Integration gerichteten Willensbildung der Fraktionsmitglieder hinausginge, sanktionierte. Die immanente Bindung der Fraktionsarbeit auf die gemeinschaftliche Wahrnehmung des Fraktionsstatus durch die Fraktionsmitglieder begründet die Größenabhängigkeit des anzuerkennenden Bedarfs. Der gerade nicht zu berücksichtigende Umstand, daß das Spektrum der Aufgaben für sämtliche Fraktionen gleich ist, darf daher nicht zu einer unangemessenen Gleichbehandlung von Fraktionen unterschiedlicher Größe führen. Insofern steht der verfassungsrechtliche Finanzierungszweck einer schematischen, für alle Fraktionen einheitlichen Bewertung einzelner Aufgabenfelder entgegen. Gleichzeitig läßt sich hier bereits festhalten, daß der Grundbetrag nicht geeignet ist, eine Grundausstattung etwa für die Räumlichkeiten der Fraktionen, den Fraktionshilfsdienst oder die Öffentlichkeitsarbeit für alle Fraktionen abzudecken, ebenso wenig wie sich wegen der fallenden Grenzkosten der Koordination in dem für jedes Fraktionsmitglied einheitlich festgelegten Steigerungsbetrag die pro Kopf tatsächlich entstehenden Mehrkosten widerspiegeln können. Maßstab für die von den Parlamenten zu treffende politische Entscheidung ist damit allein die Frage, welche Mittel den Fraktionen zur Integration parlamentarischer Meinungen und zur Koordination ihrer Parlamentsarbeit zuerkannt werden sollen 204 . Damit ist aber noch keine Aussage darüber getroffen, ob den Parlamenten bei der Bemessung der Finanzausstattung nicht doch eine zur numerischen Größe der Fraktionen disproportionale Wertung gestattet ist. Ähnlich wie bei der Diskussion um die Festlegung eines bestimmten Quorums als Voraussetzung für die Bildung einer Fraktion 205 hat das Parlament einen eigenen Ermessensspielraum, mit welcher Summe der Beitrag einer Fraktion zur Herstellung 204

Leicht mißverständlich ist in diesem Zusammenhang die vom Bundesverfassungsgericht in der sogenannten „Gruppenentscheidung" getroffene Feststellung, es sei „von Verfassungs wegen nicht geboten, ... die durch die Entscheidung der Wähler bedingte geringere Abgeordnetenzahl ... durch erhöhte Zuweisungen von Haushaltsmitteln fiir wissenschaftliche Hilfskräfte" auszugleichen (BVerfGE 84, 304, 334; zustimmend Florian Becker, ZParl 27 (1996), 189, 197; Martin, S. 92; Morlok, DVB1. 1991, 998, 1000. Ablehnend Lederer/Dammann, DuR 1991, 375, 379). Allein die Wahlentscheidung der Wähler bestimmt über die Zusammensetzung der Parlamente. In welcher Anzahl und in welcher Größe sich gewählte Parlamentarier in Fraktionen oder in Gruppen zur parlamentarischen Arbeit zusammenfinden, treffen - vorbehaltlich der Erfüllung der vom Parlamentsrecht fiir deren Anerkennung aufgestellten Voraussetzungen - einzig die Abgeordneten in Ausübung ihres in Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG verankerten Koalitionsrechtes. Aufgrund der zusätzlich im Repräsentationsprinzip verwurzelten Zäsur zwischen dem außerparlamentarischen und dem parlamentarischen Bereich läßt sich die Mitgliederstärke einer parlamentarischen Gruppierung rechtlich nicht als Ausdruck des Wählerwillens begreifen (so aber Martin, S. 92; Morlok, DVB1. 1991, 998, 1000). Von Verfassungs wegen ist eine Kompensation der Wahlentscheidung der Wähler nicht nur nicht geboten, sondern es handelt sich um einen bei einer Ausgestaltung des innerparlamentarischen Verfahrens grundsätzlich nicht berücksichtigungsfähigen Belang. 205 Instruktiv BayVGH BayVB1. 1976,431; Linek, DÖV 1975, 689 ff.

II. Die Modalitäten der Mittelbereitstellung

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und zum Erhalt der Funktionsfähigkeit der Parlamente gefordert werden soll. In diesem Kontext sind die Parlamente nicht daran gebunden, einen allgemein als erforderlich angesehenen Bedarf bereitzustellen, sondern ihnen steht das Recht zu einer am eigenen parlamentarischen Selbstverständnis ausgerichteten politischen Wertung zu, mit welchen Mitteln die Fraktionen sollen wirtschaften können 206 . Solange sich die Erwägungen an sachbezogenen Kriterien orientieren und nicht willkürlich oder mit einer politisch diskriminierenden Intention getroffen werden, ist es etwa zulässig, wenn die Arbeit größerer Fraktionen - unabhängig von einem konkret erkennbaren Mehrbedarf - allein deshalb eine erhöhte finanzielle Privilegierung erfährt, weil der mit einer steigernden Mitgliederzahl angenommene größere Beitrag zur Integration von Meinungen innerhalb des Parlaments als besonders vorzugswürdig eingestuft wird 2 0 7 , genauso wie sich gegen eine überproportionale finanzielle Begünstigung kleinerer Fraktionen keine Einwände erheben lassen, wenn sie beispielsweise von der Überlegung getragen werden, dem Minderheitenschutz besonderen Ausdruck zu verleihen. In dem so geschilderten Rahmen sachgerechter Erwägungen stellen die einzelnen Elemente Grundbetrag, Steigerungsbetrag und Oppositionszuschlag von den Parlamenten festgelegte abstrakte Berechnungsparameter dar, die schematisiert dem Proporz zwischen den Fraktionen auf der Ebene ihrer Finanzausstattung Rechnung tragen soll. Als staatliche Finanzentscheidung kann dabei lediglich der ermittelte Gesamtbetrag der Zahlungen angesehen werden, ohne daß dessen Berechnung auf eine Summierung konkreter Ausgabepositionen ob größenunabhängig beim Grundbetrag oder größenabhängig beim Steigerungsbetrag - zurückgeht.

206

Diesen Aspekt vernachlässigt beispielsweise Florian Becker, ZParl 27 (1996), 189, 195 ff., wenn er die Behauptung aufstellt, die Kosten der Koordination von parlamentarischen Gruppen und Fraktionen würden sich lediglich quantitativ unterscheiden, so daß die Nichtberücksichtigung der parlamentarischen Gruppe bei der .gesetzlichen Fixierung des Finanzierungsanpruchs für Fraktionen in § 50 Abs. 1 BAbgG wegen einer Verletzung des streng formalen Gleichheitsgrundsatzes verfassungswidrig sei. Dem steht zunächst entgegen, daß der parlamentarische Gleichbehandlungsgrundsatz nur isoliert für Abgeordnete, Gruppen und Fraktionen Anwendung findet, vgl. die Darstellung im Kapitel C.II.l.c.aa. Ebenso wie es in dem Bereich des parlamentarischen Selbstorganisationsrechts anzusiedeln ist, ob und in welchem Umfang ein parlamentarisches Handlungssubjekt mit der Zuweisung parlamentarischer Befugnisse anerkannt wird, obliegt es der politischen Wertung der Parlamente, in welcher Form und in welcher Höhe ein Finanzierungsanspruch begründet wird. 207 Verwiesen sei etwa auf § 2 Abs. 3 S. 2 FraktG RP, der einen Zuschlag von rund 40 % auf den Grundbetrag für Fraktionen mit mehr als 25 Mitgliedern gewährt, oder auf den in der Höhe unterschiedlichen Ausweis des Grundbetrags für die Fraktionen des Bayrischen Landtages, der nach der Erläuterung im Einzelplan 0101 zum Titel 684 01 im Haushaltsjahr 1996 für die CSUFraktion einen monatlichen Grundbetrag von DM 207.006,-, für die SPD-Fraktion von DM 165.605,- und für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen von DM 82.804,- vorsieht.

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

bb) Die Zulässigkeit des gesonderten Ausweises eines Oppositionszuschlags Vor dem Hintergrund der angestellten Überlegungen zum Beurteilungsspielraum der Parlamente bei einer Bemessung der Finanzausstattung soll näher auf die Legitimation des im Bund und in den Ländern gewährten sogenannten Oppositionszuschlags eingegangen werden. Nach den Bestimmungen der Fraktionsgesetze wird ein Anspruch auf die zusätzlichen finanziellen Leistungen zwar einheitlich für die Fraktionen, die „nicht die Regierung tragen" 208 oder „nicht in der Regierung vertreten sind" 209 , begründet 210 . Die sich zumeist erst aus den Zweckbestimmungen oder gar nur den Erläuterungen der Haushaltsansätze211 ergebenden Berechnungsmethoden zur Konkretisierung des Anspruchs sind dagegen vielfältig. So bemißt er sich teilweise als weiterer Steigerungsbetrag nach der Mitgliederzahl 212 , teilweise wird er pauschal etwa in Entsprechung zum Grundbetrag 213 ' 214 oder für jede der sogenannten Oppositionsfraktionen individuell 215 festgesetzt. Die mit der separaten Gewährung dieser zusätzlichen Finanzausstattung verbundene Durchbrechimg der formalen Gleichheit zwischen den Fraktionen könnte entweder darin ihre Rechtfertigung finden, daß in einem parlamentarischen Regierungssystem von einer Oppositionsfraktion im Verhältnis zu einer Regierungsfraktion mehr Aufgaben zu bewältigen sind oder die Oppositionsfraktionen lediglich einen erhöhten Aufwand zur Erfüllung derselben Aufgaben benötigen.

208

§ 50 BAbgG; Art. 3 Abs. 1 S. 2 FraktG Bay; § 3 Abs. 1 S. 2 FraktG Bbg; § 40 Abs. 2 S. 1 AbgG Bre; § 2 Abs. 23 FraktG HH; § 3 Abs. 1 S. 2 FraktG Hess; § 54 Abs. 3 S. 1 AbgG MV; § 31 Abs. 1 S. 2 AbgG NS; § 2 Abs. 3 Nr. 4 FraktG RP; § 3 Abs. 1 S. 2 FraktG SA; § 6 Abs. 2 S. 1 FraktG SH. 209 § 3 Abs. 1 S. 2 FraktG BW; § 8 Abs. 1 S. 3 FraktG Bin bestimmt, daß der Anspruch den „Fraktionen, deren Parteien nicht an der Regierung beteiligt sind (Oppositionsfraktionen)", zustehen soll. 210 In den Fraktionsgesetzen von Nordrhein-Fraktion Westphalen, Thüringen und dem Saarland fehlt es an einer näheren Konkretisierung, nach welchen Kriterien eine Fraktion als Oppositionsfraktion einzustufen ist. 211 Lediglich in Hamburg, § 2 Abs. 3 FraktG HH, Niedersachsen, § 31 Abs. 1 S. 2 AbgG NS, und Rheinland-Pfalz, § 2 Abs. 3 Nr. 4 FraktG RP, sind die Beträge gesetzlich fixiert. 212 Vgl. etwa die Rechtslage in Hamburg, § 2 Abs. 3 FraktG HH, Niedersachsen, § 31 Abs. 1 S. 2 AbgG NS; Rheinland-Pfalz, § 2 Abs. 3 Nr. 4 FraktG RP; Baden-Württemberg, Haushaltsplan 1996 EP 01 Kap. 0101 Titel 684 01 nach der für verbindlich erklärten Erläuterung; Bremen, Haushaltsplan 1994 EP 00 Kap. 0010 Titel 684 52-8 nach dem Haushaltsvermerk. 213 Vgl. etwa die Rechtslage in Nordrhein-Westphalen, Haushaltsplan 1996 EP 01 Kap. 010 Titel 684 10, nach der Zweckbestimmung; Berlin, Haushaltsplan 1996 EP 01 Kap. 0101 Titel 684 01, nach der Zweckbestimmung. 214 Im Bund ist der Oppositionszuschlag in einer Kombination aus einem weiteren 15prozentigen Zuschlag auf den Grundbetrag und von 10 v.H. auf den Zuschlag je Abgeordneten zu berechnen, vgl. etwa die Zweckbestimmung im Haushaltsplan 1996 zu EP 02 Kap. 0201 Titel 684 01. 215 Vgl. etwa die Rechtslage in Bayern, Haushaltsplan 1996 EP 01 Kap. 0101 Titel 684 01, nach der für verbindlich erklärten Erläuterung; Hessen, Haushaltsplan 1996 EP 0 Kap. 01 Titel 684 70, nach der Erläuterung.

II. Die Modalitäten der Mittelbereitstellung

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(1) Zur Frage eines eigenständigen Rechtsstatus der Opposition Allgemein wird ein Funktionenwandel der Parlamente unter dem Grundgesetz im Gegensatz zu den konstitutionellen Verfassungen festgestellt. Anstelle einer strengen Gewaltenteilung zwischen Legislative und Exekutive spricht man von einem „neuen Dualismus", in dem sich die Regierung und die sie tragenden Parlamentsfraktionen auf der einen Seite und die Oppositionsfraktionen auf der anderen Seite gegenüberstehen 216. Für die Untersuchung ist hierbei entscheidend, ob die sogenannte parlamentarische Opposition dadurch eine spezifische verfassungsrechtliche Stellung gewinnt 217 . In eine solche Richtung könnten die in Berlin, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und den Verfassungen aller neuen Länder enthaltenen verfassungsrechtlichen Bestimmungen zum besonderen Status der Opposition weisen 218 . Danach wird die Opposition überwiegend als ein „wesentlicher Bestandteil der parlamentarischen Demokratie" bezeichnet219. Mit dieser Formulierung wird, allein klarstellend, eine Funktion der Opposition verfassungsrechtlich hervorgehoben, die ihr in einem parlamentarischen Regierungssystem ohnehin zukommt und in diesem Sinne einhellig von der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 220 und der staatsrechtlichen Literatur 221 dargestellt wird. Von weit größerem Interesse ist damit, ob auf diesem Wege eine gesonderte Aufgabenzuweisung an die Opposition ihre verfassungsrechtliche Absicherung erfahren hat 222 . Dafür spricht zumindest der Wortlaut der Verfassungen Niedersachsens, Sachsen-Anhalts und Thüringens, die den Oppositionsfraktionen ei216 So etwa David, Verf HH, Art. 23 a RN 7; Gehrig, S. 126 ff.; Schneider, § 38 RN 19, S. 1064, Stern, Bd. I, § 23 I 3 a, S. 1032; Vogel, NJW 1996, 1505, 1507; vgl. auch BVerfGE 49, 70, 85. 217 Vgl. zum Ganzen Haberland, S. 133 ff. 218 Art. 25 Abs. 3 Verf Bin; Art. 55 Abs. 2 Verf Bbg; Art. 23 a Verf HH; Art. 26 Verf MV; Art. 19 Abs. 2 Verf NS; Art. 40 Verf Sachs; Art. 48 Verf SA; Art. 12 Abs. 1 Verf SH; Art. 59 Verf Thür. Im Bund existiert eine derartige Verfassungsbestimmung nicht. Die Parteienfinanzierungskommission 1993 hatte zwar eine entsprechende Empfehlung ausgesprochen, BT-Drs. 12/4425. Ein entsprechender Antrag der SPD-Mitglieder in der Gemeinsamen Verfassungskommission, in einem neu einzufügenden Art. 49 GG neben Regelungen zur Rechtsstellung der Fraktionen auch die Gewährleistung des „Rechts zur Bildung und Ausübung parlamentarischer Opposition" in das Grundgesetz aufzunehmen, fand allerdings nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit, Bericht der Gemeinsamen Verfassungskommission, BT-Drs. 12/6000, S. 89 f. 219 Art. 55 Abs. 2 S. 2 Verf Bbg; Art. 23 a Abs. 1 Verf HH; Art. 40 S. 1 Verf Sachs; Art. 12 Abs. 1 S. 1 Verf SH. Art. 59 Abs. 1 Verf Thür bezeichnet die parlamentarische Opposition als „grundlegenden Bestandteil der parlamentarischen Demokratie" und Art. 25 Abs. 3 S. 1 Verf Bin spricht von einem „notwendigen Bestandteil der parlamentarischen Demokratie." 220 Vgl. etwa BVerfGE 2, 1, 12 f.; 5, 85, 140, 224; 44, 308, 321; 70, 324, 363, sowie BayVGH, DÖV 1989, 308, 309. 221 Vgl. etwa David, Verf HH, Art. 23 a RN 3; Linck, in: Linck/Jutzi/Hopfe, ThürLAVArt. 59 RN 1; Schneider, § 38 RN 4, S. 1056 f.; Stern, Bd. I, § 23 III 1, S. 1038. 222 So etwa Schachtschneider, Der Staat Bd. 28 (1989), 173 ff.

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

nen verfassungsrechtlichen Finanzierungsanspruch für die Erfüllung ihrer „besonderen Aufgaben" einräumen 223 , ohne diese jedoch näher zu konkretisieren. Eine explizite Regelung der Aufgaben einer Fraktion findet sich in den Verfassungen Hamburgs, Mecklenburg-Vorpommerns und Schleswig-Holsteins. So hat die Opposition in Hamburg nach Art. 23 a Abs. 2 S. 1 Verf H H die „ständige Aufgabe, die Kritik am Regierungsprogramm im Grundsatz und im Einzelfall öffentlich zu vertreten". In Art. 26 Abs. 2 der Verfassung von MecklenburgVorpommern heißt es, die Opposition „hat insbesondere die Aufgabe, eigene Programme zu entwickeln und Initiativen für die Kontrolle von Landesregierung und Landesverwaltung zu ergreifen sowie Regierungsprogramm und Regierungsentscheidungen kritisch zu bewerten." Art. 12 Abs. 1 S.2 der Verfassimg von Schleswig-Holstein bestimmt als ihre „Aufgabe, Regierungsprogramm und Regierungsentscheidungen zu kritisieren und zu kontrollieren." Keine dieser konkreten Aufgabenzuweisungen geht jedoch über die allgemein übliche Beschreibung der der Opposition zugemessenen Funktion im Sinne der Kritik, Kontrolle und Alternativenbildung 224 hinaus. Mag man mit gutem Grund die von der Opposition wahrzunehmenden Aufgaben und ihre spezifische Bedeutung für ein parlamentarisches System noch so sehr hervorheben, lassen sich daraus doch keine ausschließlichen und eigenständigen Funktionen der Opposition ableiten 225 . Grundsätzlich werden die Aufgaben einer Volksvertretung - sei es bei der Wahrnehmung der Gesetzgebungs-, Kontroll-, Kreations- oder Öffentlichkeitsfunktion - immer vom Parlament als Ganzem erfüllt 226 . Selbstverständlich beteiligen sich die Abgeordneten und einzelne parlamentarische Gruppierungen an den verschiedenen parlamentarischen Aufgaben immer nur entsprechend ihrer politischen Interessenschwerpunkte. Sie partizipieren daher im Einzelfall mit unterschiedlichen Intentionen und in unterschiedlicher Intensität an der Arbeit des Parlaments und tragen dementsprechend auch in unterschiedlicher Weise zur Erfüllung der parlamentarischen Aufgaben bei. Die Behauptung, die Opposition müsse eigentlich dem Parlament insgesamt zustehende Aufgaben, die die Regierungsfraktionen aus Gründen ihrer Regierungsloyalität geräumt hätten, nunmehr für das Gesamtparlament übernehmen, so daß beispielsweise die Regierungskontrolle zu einer ausschließlichen Aufgabe der Opposition geworden sei 227 , kann damit weder ver-

223

Art. 19 Abs. 2 S. 2 Verf NS; Art. 48 Abs. 2 Verf SA; Art. 59 Abs. 2 Verf Thür. Haberland, S. 161; Linck, in: Linck/Jutzi/Hopfe, ThürLV, Art. 59 RN 3; Schneider, § 38 RN 34 ff., S. 1071 ff. 225 Ebenso Haberland, S. 149. 226 BVerfGE 10,4,17; 60, 319, 327; 80,188, 220; Maunz, in: M/D/H/S, GG, Art. 38 RN 7. 227 Vgl. etwa Florian Becker, ZParl 27 (1996), 189, 198; Gehrig, S. 126 f.; Gusy, AöR 106 (1981), 329, 346, weist darauf hin, daß insbesondere im Gesetzgebungsverfahren die Kontrollfunktion der Opposition nicht nur gegenüber der Regierung, sondern auch gegenüber der parlamentarischen Mehrheit auszuüben sei. 224

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fassungsrechtlich noch mit Blick auf die parlamentarische Wirklichkeit aufrechterhalten werden. Die Kontrolle und die Kritik der Regierung etwa obliegen den Regierungsfraktionen genauso wie den Oppositionsfraktionen 228. Die Regierungsfraktionen äußern die Kritik meist nur mehr im Stillen und üben die Kontrollfunktion nicht vor den Augen der Öffentlichkeit aus. Die kontrollierende Einflußnahme der Regierungsfraktionen in den nichtöffentlichen Fraktionssitzungen oder in den Koalitionsrunden stellt sich mitunter gar als die einzig wirksame parlamentarische Kontrolle der Regierungspolitik dar 229 . Umgekehrt ist es ebenso üblich, daß auch die Oppositionsfraktionen im Rahmen der Gesetzgebungstätigkeit von Fall zu Fall Vorlagen der Regierung unterstützen. Mit dem Begriff der Opposition läßt sich danach allein von Fall zu Fall die politische Intention eines parlamentarischen Akteurs bei der Wahrnehmung einzelner parlamentarischer Befugnisse bezeichnen230, nicht jedoch ein eigenständiger Rechtsstatus. (2) Rechtfertigung durch eine gesonderte Bemessung des Aufwands der Oppositionsfraktionen Trotz der festgestellten rechtlich grundsätzlich nicht zu unterscheidenden Zuordnung parlamentarischer Kompetenzen von Regierungs- und Oppositionsfraktionen ist es gerechtfertigt, wenn nicht in Hinblick auf die Chancengleichheit der Fraktionen sogar geboten, eine getrennte Bewertung ihrer Finanzausstattung vorzunehmen, sofern festzustellen ist, daß sich ihr jeweils erforderlicher Bedarf zur Ausübung ihrer parlamentarischen Befugnisse charakteristisch unterscheidet.

228

David, Verf HH, Art. 23 a RN 1, 8,13; Haberland, S. 165 f.; v.Mangoldt, S. 49. Vgl. zum Ganzen Schreckenberger, ZParl (1994), 329 ff. Schüttemeyer, S. 113, weist daraufhin, daß auch Konrad Adenauer entgegen der allgemeinen Meinung die Regierungsfraktionen nicht als willfähige Gefolgschaft, sondern als Stör- und Druckpotential empfand, ebenso wie Isensee, in der Anhörung „Parlamentsrecht" der Gemeinsamen Verfassungskommission v. 10.09.1992 die Regierungsfraktionen als mächtigste Opposition der Regierung und Ausgangspunkt aller Kanzlerstürze bezeichnete, S. 9. 230 Im Einzelfall kann es erhebliche Schwierigkeiten bereiten festzulegen, wann von einer parlamentarischen Opposition zu sprechen ist. Vor dem Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt ist beispielsweise seit Anfang 1996 ein Organstreitverfahren um die Anerkennung des Oppositionsstatus einer Fraktion anhängig, die an der Regierung formal nicht beteiligt ist, die Regierungspolitik im Parlament aber ständig mitträgt und auch in die Willensbildung der Regierung miteinbezogen wird. Hier tauchen bei der Zuordnung der Fraktion Probleme auf, obwohl dem Wortlaut nach eine eindeutige verfassungsrechtliche Regelung in Art. 48 Abs. 1 Verf SA besteht, nach der die parlamentarische Oppositon durch die „Fraktionen und Mitglieder des Landtags, die die Landesregierung nicht stützen" gebildet wird. Nach der Kommentierung von Reich, Verf SA, Art. 48 RN 1, bedeutet eine Stützung der Landesregierung, daß kein konstruktives Mißtrauensvotum angestrebt wird. Linck, in: Linck/Jutzi/Hopfe, ThürLV, Art. 59 RN 2, bezeichnet die Fraktionen, die die Regierung weder tragen noch dulden, als parlamentarische Opposition, während nach Schneider, § 38 RN 33, S. 1070, noch die Voraussetzung der potentiellen Regierungsfähigkeit und -Willigkeit hinzukommt. 229

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

Gängig ist dabei der Versuch, die Rechtfertigung einer zusätzlichen Finanzausstattung der Oppositionsfraktionen auf die Erwägung zu stützen, es bedürfte eines Ausgleichs für die den Regierungsfraktionen im Gegensatz zu den Oppositionsfraktionen eröffneten Möglichkeit, auf den Sachverstand der Exekutive zurückgreifen zu können 231 . Verwiesen wird stets auf die Beispiele, daß Ministerialbeamte auf dienstliche Veranlassung hin an Sitzungen der Fraktionsarbeitskreise der Regierungsfraktionen, nicht aber an denen der Oppositionsfraktionen teilnehmen oder in den Ministerien Gesetzesvorlagen der Regierungsfraktionen erarbeitet würden 232 . Unabhängig davon, ob eine derartige Praxis wegen des Grundsatzes der Gewaltenteilung 233 oder des Prinzips der parlamentarischen Gleichbehandlung234 bedenklich erscheint, treten derartige Überlegungen in den Hintergrund, wenn man die von den Parlamenten vorzunehmende Bemessung der Finanzausstattung richtigerweise nach Regierungs- und Oppositionsfraktionen differenziert vornimmt. Der als Funktionenwandel beschriebene „neue Dualismus" gewinnt insofern auf der Ebene der Finanzierungsentscheidung an Bedeutung, als damit einhergeht, daß sich Regierungs- und Oppositionsfraktionen in der Schwerpunktbildung ihrer parlamentarischen Arbeit unterscheiden. Dementsprechend sind auch die Mittel, die sie jeweils zur Wahrnehmung einer Aufgabe benötigen, grundsätzlich unterschiedlich hoch. Betrachtet man beispielsweise den Bereich der Gesetzgebungstätigkeit, ist festzustellen, daß die Regierungsfraktionen vordringlich das Ziel verfolgen, in Zusammenarbeit mit der Regierung die Politik gemeinsam zu gestalten. Ihre parlamentarische Arbeit ist dabei weniger darauf ausgerichtet, eigene parlamentarische Initiativen zu entwickeln. Aufgrund ihrer eigenständigen Machtposition gegenüber der Regierung sind sie vielmehr in der Lage, den Inhalt von Regierungsvorlagen selbst mitzubestimmen. Im Gegensatz zu dieser eher breit angelegten und ergebnisorientierten Arbeitsweise der Regierungsfraktionen konzentrieren sich die Aktivitäten der Oppositionsfraktionen darauf, punktuell Ansatzpunkte zur Kritik an der Regierungspolitik herauszustellen und diese aufgrund der geringeren parlamentarischen Erfolgschancen nur im Einzelfall durch eine gezielte Erarbeitung von Alternativkonzepten zu untermauern. Als weiterer Unterschied läßt sich beispielsweise anführen, daß Oppositionsfraktionen ein größeres Interesse daran besitzen, Verfassungsklagen zur Überprüfung der Ergebnisse des parlamentarischen

231 Florian Becker, ZParl 27 (1996), 189, 198; Czepluch, S. 131 f.; Annette Fischer, S. 191; Martin, S. 97 ff.; Reich, Verf SA, Art. 48 RN 2. 232 Becker, ZParl 27 (1996), 189, 198; Blasius, NWVB1. 1993, 1, 4; Martin, S. 96. 233 So die Kritik des Landesrechnungshofs Nordrhein-Westphalen, Vorlage v. 25.3.1992, NRW-Drs. 11/1217, S. 18 ff. 234 Blasius, NWVB1. 1993, 1, 5.

II. Die Modalitäten der Mittelbereitstellung

129

Willensbildungsprozesses oder von Entscheidungen der Regierung einzureichen, ebenso wie die Arbeit innerhalb der Untersuchungsausschüsse ebenfalls vornehmlich durch die Oppositionsfraktionen geleistet wird. Sofern man diese unterschiedlichen Anforderungen, welche die politischen Realitäten an die Aufgabenerfüllung von Regierungs- und Oppositionsfraktionen stellen, anerkennt, folgt daraus gleichzeitig die Notwendigkeit, den jeweiligen Finanzbedarf ebenfalls eigenständig zu bewerten. Die insoweit festgestellte Nähe von Regierung und Regierungsfraktionen ist in diesem Kontext ein natürlicher Ausdruck des parlamentarischen Regierungssystems, in dem sich nicht nur die Legitimation der Regierung vom Parlament ableitet, sondern auch die wesentlichen Ziele der Regierungspolitik sich nur über eine Entscheidung des parlamentarischen Gesetzgebers umsetzen lassen235. Demnach ist es ein begründetes Interesse von Regierung und Regierungsfraktionen, im Vorfeld des parlamentarischen Verfahrens gemeinsam den Inhalt parlamentarischer Initiativen auszuloten 236237 . Es entspricht dabei der gewöhnlichen Rollenverteilung, wenn die Regierung unter Einsatz ihres Fachwissens und ihrer tatsächlichen Sachkenntnis Vorlagen erarbeitet, während sich die Regierungsfraktionen darauf beschränken, lediglich einen parlamentarischen Willen zu den Initiativen zu entwickeln und gegebenenfalls den fachlichen Vor- und Ausarbeitungen durch die Ministerialbürokratie neue Akzente vorzugeben. Oppositionsfraktionen dagegen sind bei der erforderlichen tatsächlichen und fachlichen Aufbereitung der Sachthemen der parlamentarischen Arbeit und zur Bildung eines eigenständigen parlamentarischen Willens grundsätzlich auf sich allein gestellt. Sie bedürfen daher regelmäßig in erhöhtem Maße der Unterstützung durch eine externe Zuarbeit 238 . Ein anderes Beispiel bildet der Bereich der Öffentlichkeitsarbeit. Solange sich Regierung und Regierungsfraktionen in ihrer Arbeit erfolgreich ergänzen, bedarf es zusätzlich zu der von der Regierung durchgeführten und ihr auch gestatteten Öffentlichkeitsarbeit 239 keiner weiteren Information der Bevölkerung durch die Regierungsfraktionen. Für die Oppositionsfraktionen besteht dagegen weit häufiger Anlaß, ihre konträre Position gegenüber der Öffentlichkeit publik zu machen 240 . Hinzu kommt - ungeachtet des obigen Hinweises, daß auch die

235

Vgl. hierzu etwa die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur sogenannten Wesentlichkeitstheorie, BVerfGE 47,46, 78; 77,177, 230; 77, 381,403; 80, 124,132. 236 A.A. Blasius, NWVB1. 1993, 1,5. 237 Vgl. etwa die instruktive Darstellung bei Schreckenberger, ZParl 25 (1994), 329 ff., zu den informellen Verfahren der Entscheidungsvorbereitung zwischen der Bundesregierung und den Mehrheitsfraktionen in Koalitionsgesprächen und Koalitionsrunden. 238 Vgl. etwa Ismayr, S. 546; Jekewitz, ZParl 26 (1996), 395,403. 239 Näher zu den Voraussetzungen und den Grenzen der Öffentlichkeitsarbeit der Regierung, BVerfGE 44, 125. 240 Ebenso Wedemeyer, in: Thiele/Pirsch/Wedemeyer, Verf MV, Art. 26 RN 5. 9 Schneider

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

Regierungsfraktionen die Kritik- und Kontrollfunktion gegenüber der Regierung ausüben daß deren Wahrnehmung durch die Oppositionsfraktionen, wenn sie Wirkung entfalten soll, stärker einer Sensibilisierung und Aktivierung der Öffentlichkeit bedarf. Es zeigt sich damit, daß die Verfolgung ein und desselben parlamentarischen Ziels für Regierungs- und Oppositionsfraktionen mit völlig unterschiedlichen Kosten verbunden ist 241 . Nach dieser an der politischen Funktion der einzelnen Fraktionen orientierten Betrachtung ist daher die Überlegung verfehlt, mit dem Oppositionszuschlag den Oppositionsfraktionen einen Ausgleich für einen etwaigen Nutzen des Regierungsapparats durch die Regierungsfraktionen zu gewähren. Sollte im Einzelfall eine rechtliche Beeinträchtigung der parlamentarischen Opposition etwa in Form der Verweigerung des dem Parlament gegenüber der Regierung zustehenden Informationsanspruchs 242 festzustellen sein, ist dessen sachgerechte Erfüllung einzufordern. Die im übrigen im tatsächlichen Bereich anzusiedelnden Vorteile, die den Regierungsfraktionen aus ihrer Zusammenarbeit mit der Regierung erwachsen, tangieren keine Rechtsposition der Opposition und lassen damit keine Ausgleichspflichten entstehen. Vielmehr ist es als eine Ausprägung des Prinzips der parlamentarischen Gleichbehandlung anzusehen, die finanzielle Ausstattung angepaßt an die unterschiedlichen Anforderungen, die die Erfüllung der parlamentarischen Aufgaben an die einzelne Fraktion stellt, nach einer typisierenden Betrachtung 243 zu bemessen244. b) Zur Geltung einer absoluten Obergrenze Einzugehen bleibt auf die - ausgehend von von Arnim - in der Diskussion vertretene Ansicht, ähnlich wie nach dem vom Bundesverfassungsgericht für die Parteienfinanzierung aufgestellten Grundsatz 245 werde auch die Fraktionsfinanzierung durch eine absolute Obergrenze beschränkt 246. Gesetzliche Rege-

241

So auch Schneider, § 38 RN 26, 38, S. 1067,1072. Vgl. BVerfGE 57, 1, 5; 67, 100, 129; 70, 324, 355; Badura, Stellung, § 15 RN 40, S. 502 f.; Magiern, Rechte, § 52 RN 55 f., S. 1437 f. 243 Vgl. BVerfGE 84,304, 333, 334. 244 Überzogen erscheint die Forderung, aus Gründen der parlamentarischen Gleichbehandlung sei fiir die Oppositionsfraktionen ein Äquivalent zum „Apparat" der Regierung zu schaffen, so aber Blasius, NWVB1. 1993, 1, 5. Über die materielle Ausstattung ist keine Gleichstellung der Fraktionen herzustellen. Vernachlässigt wird insoweit, daß der zusätzliche „Vorteil" der Regierungsfraktionen aus ihrer Teilhabe an der Regierungspolitik erwächst, an der die Oppositionsfraktionen natürlicherweise nicht beteiligt sind, siehe hierzu Stern, Bd. I, § 23 III 5, S. 1044. 245 BVerfGE 85, 264. 246 Von Arnim, Haushaltsrechtliche Veranschlagung, S. 25 ff FN 34; ders., Stellungnahme Hessen, S. 9 f.; ders., Anhörung Hessen 19.01.1993, S. 60 f.; ders., Finanzierung der Fraktionen, S. 54 ff.; Düke, in: Handelsblatt v. 17.09.1996; Annette Fischer, S. 204 ff.; Hans Meyer, Anhö242

II. Die Modalitäten der Mittelbereitstellung

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lungen ohne eine entsprechende Fixierung genügten daher den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht 247 . Auch die Parteienfinanzierungskommission 1993 hat in Anlehnung an die für eine Begrenzung der staatlichen Parteienfinanzierung vom Bundesverfassungsgericht angeführten Gründe die Konkretisierung einer Begrenzung der Fraktionsfinanzierung in den Fraktionsgesetzen empfohlen 248 .

aa)Die auf die Rechtsprechimg des Bundesverfassungsgerichts zur Parteienfinanzierung gestützte Forderung nach einer gesetzlichen Plafondierung In der genannten Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht seine Rechtsprechung zur Parteienfinanzierung grundlegend geändert. Das vormals aufgestellte Verbot einer allgemeinen Finanzierung der Parteien mit Ausnahme der Gewährung staatlicher Zuwendungen in Form einer Erstattung der Wahlkampfkosten 249 wurde ausdrücklich aufgegeben. Zugleich wurden aber aus dem Grundsatz der Staatsfreiheit nähere verfassungsrechtliche Restriktionen für ein mögliches zukünftiges System einer direkten Staatsfinanzierung der Parteien entwickelt. Unter anderem hat das Gericht, vorbehaltlich einer einschneidenden Änderung der Verhältnisse, das höchstzulässige Gesamtvolumen der staatlichen Zuschüsse auf eine absolut und konkret bestimmbare Höchstgrenze - die sogenannte absolute Obergrenze - festgelegt 250. Es hat in diesem Zusammenhang ausgeführt: „Der Umfang der Staatsfinanzierung muß sich auf das beschränken, was zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Parteien unerläßlich ist und von den Parteien nicht selbst erbracht werden kann. Der Finanzbedarf der Parteien zur Erfüllung der ihnen durch Verfassung und Parteiengesetz übertragenen Aufgaben muß sich an dem zur Verfügung stehenden Einnahmerahmen ausrichten. Der Staat darf den Parteien nicht mehr zuwenden, als sie unter Beachtung des Gebots sparsamer Verwendung öffentlicher Mittel, die ja im wesentlichen aus von den Bürgern erhobenen Abgaben bestehen, zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Gewönne der Bürger den Eindruck, die Parteien „bedienten" sich aus der Staatskasse, so führte dies notwendig zu einer Verminderung ihres Ansehens und würde letztlich ihre Fähigkeit beeinträchtigen, die ihnen von der Verfassung zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen." 251

rung Hessen 19.01.1993, S. 82; ders., KritV 1995, 216, 238. Auch die Illustrierten Der Spiegel v. 19.07.1993, S. 40 ff., und der Stern v. 30.05.1996, S. 176, geben die Ansicht von Arnims wieder. 247 So ausdrücklich von Arnim, Haushaltsrechtliche Veranschlagung, S. 59; ders., Partei II, S. 143,148. 248 Parteienfinanzierungkommission 1993, BT-Drs. 12/4425, S. 35 f. Hinzuweisen ist auf die Tatsache, daß von Arnim Mitglied in dieser durch den Bundespräsidenten von Weizsäcker eingesetzten Kommission unabhängiger Sachverständiger zur Parteienfinanzierung gewesen ist. 249 BVerfGE 20, 56,113 ff. 250 Nach dem vom Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 85, 264, 291, aufgestellten Maßstab in Form des Mittelwerts der gesamten staatlichen Parteienfinanzierung der Jahre 1989 bis 1992 wurde von der Bundestagspräsidentin ein Betrag von 230 Mio. DM errechnet, BT-Drs. 12/3113, S. 46. 251 BVerfGE 85, 264, 290.

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

Nach der Ansicht von Teilen der Literatur kommt darin die Befürchtung des Bundesverfassungsgerichts vor einer unbegrenzten Ausweitung der Staatsfinanzierung bei Entscheidungen in eigener Sache zum Ausdruck. Diese sei in gleicher Weise auch bei der Entscheidung über eine Gewährung staatlicher Leistungen an die Fraktionen gegeben. Ebenso wie den Parteien drohten den Fraktionen der Verlust ihres Ansehens und die Beeinträchtigung ihrer Fähigkeit zur Erfüllung ihrer verfassungsrechtlichen Aufgaben. Dieser Effekt werde bei den Fraktionen sogar noch dadurch verstärkt, daß sie sich nahezu vollständig aus öffentlichen Geldern finanzierten 252.

bb) Die Möglichkeit einer Begrenzung der parlamentarischen Bewilligungsfreiheit in Anlehnung an die Parteienfinanzierungsrechtsprechung Soweit die bestehenden Fraktionsgesetze in der Literatur oder in den Medien wegen des Fehlens einer absoluten Obergrenze kritisiert werden 253 , läßt sich deren rechtliche Intention nicht erkennen. Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß Hamburg, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz in ihren Fraktionsgesetzen dieser Forderung durch den ziffernmäßigen Ausweis des den Fraktionen zustehenden Finanzierungsanspruchs formal genügen254. Sinnvollerweise kann auch vor dem Hintergrund der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Parteienfinanzierung - der rechtliche Ansatzpunkt aber nur dahin gehen, ob die Entscheidungsfreiheit der Parlamente bei der Ausübung ihres Budgetbewilligungsrechtes von Verfassungs wegen eine höhenmäßige Begrenzung findet. Selbst im Falle der geforderten gesetzlichen Fixierung ist es den Parlamenten ansonsten unbenommen, in Ausübung ihrer Legislativbefugnis das Gesamtvolumen der finanziellen Leistungen durch eine Änderung der gesetzlichen Obergrenze entsprechend ihren Wunschvorstellungen anzupassen. Die Verfassung selbst gibt weder der Parteien- noch der Fraktionsfinanzierung einen Maßstab vor 2 5 5 . Grundsätzlich sind die Parlamente bei der Bewertung der Mittelausstattung der Fraktionen verfassungsrechtlich gezwungen, sich am Rahmen der verfassungsrechtlich legitimierten Fraktionstätigkeit zu 252

Von Arnim, Haushaltsrechtliche Veranschlagung, S. 26 f RN 34; ders., Stellungnahme Hessen, S. 9; ders., Finanzierung der Fraktionen, S. 57; ders., Partei II, S. 148 \ Annette Fischer, S. 205. 253 Von Arnim, Mainzer Rheinzeitung v. 12.11.1993; ders., Die Zeit v. 18.11.1993; ders., Partei II, S. 143,148;Däke, in: Handelsblatt v. 17.09.1996; Annette Fischer, S. 206; Hans Meyer, Anhörung Hessen 19.01.1993, S.82; Parteienfinanzierungskommission 1993, BT-Drs. 12/4425, S. 36 sowie die Illustrierte Stern, Heft 23/1996 v. 30.05.1996, S. 176, unter Berufung auf von Arnim. 254 § 2 Abs. 3 FraktG HH; § 31 Abs. 1 AbgG NS; § 2 Abs. 3 FraktG RP. 255 Die Verfassungen der Länder Brandenburg, Art. 67 Abs. 1. S. 3 Verf Bbg, MecklenburgVorpommern, Art. 25 Abs. 2 S. 3 Verf MV; Rheinland-Pfalz, Art. 85 a Abs. 3 S. 1 Verf RP, und Sachsen-Anhalt, Art. 47 Abs. 2 S. 3 Verf SA, konkretisieren den Finanzspielraum der Parlamente zumindest dadurch, daß den Fraktionen eine „angemessene" Ausstattung zu gewähren ist.

II. Die Modalitäten der Mittelbereitstellung

133

orientieren 256 . Die genaue betragsmäßige Konkretisierung des Finanzierungsanspruchs ist eine politische Entscheidung, die die Parlamente unter Abwägung sonstiger wichtiger Gemeinschaftsbelange zu treffen haben 257 . Von der Entscheidungskompetenz der Parlamente gedeckt ist daher eine mit Blick auf eine angespannte Haushaltslage spärlich ausfallende Bewilligung ebenso wie eine mit dem Ziel einer Erhöhung der Arbeits- und Funktionsfähigkeit der Fraktionen durchgeführte Anhebung der Mittel. In diesem Zusammenhang ein allgemeines, die Parlamente generell bindendes, verfassungsrechtliches Übermaßverbot anzunehmen, ist dem demokratischen System unter dem Grundgesetz dagegen fremd 258 . Zwar wird teilweise unter Hinweis auf die dienende Funktion des Staates und seine Verpflichtung auf das Gemeinwohl eine Bindung des parlamentarischen Gesetzgebers an das Wirtschaftlichkeitsprinzip hervorgehoben 259. Für die Parlamente besteht allerdings nur die politische Verpflichtung, den abstrakten Grundsatz der Wirtschaftlichkeit neben anderen wichtigen Gemeinschaftsbelangen in die vorzunehmende Abwägung miteinzustellen 260 . Die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit einer vom Parlament getroffenen Prognoseentscheidung - wozu auch die Bemessung des Umfangs der Fraktionsfinanzierung zu rechnen ist 2 6 1 - beschränkt sich damit auf die Fälle eines fehlenden oder eines offensichtlich fehlerhaften Abwägungsvorgangs 262 ' 263 . Eine Überprüfung dieser Entscheidung läßt sich aber grundsätzlich nur im nachhinein vornehmen. Eine Kontrolle der parlamentarischen Entscheidung in Hinblick auf eine von Verfassungs wegen apriorisch geltenden absoluten Obergrenze, die die Einschätzungsprärogative des Parlaments beschneiden würde, existiert dabei jedoch nicht. Etwas anderes gilt auch nicht, wenn man die Entscheidungszuständigkeit der Parlamente bei der Fraktionsfinanzierung unter Berücksichtigung der Begründung des Bundesverfassungsgerichts für die Annahme einer absoluten Obergrenze bei der Parteienfinanzierung betrachtet. Dazu bedarf es einer näheren Darstellung der vom Bundesverfassungsgericht verfolgten Argumentation. Eine differenziertere Würdigung der Entscheidungsgründe zeigt, daß es weniger 256

Vgl. dazu oben B.II.4.b. Allgemein zur Verpflichtung des Gesetzgebers, Gemeinwohlbelange abzuwägen, BVerfGE 33, 303, 334 f. 258 SoausdriicklichMw/fertwg, WDStRL47(1986), 113,127;Stern,Bd.II, § 34 V4, S. 461. 259 Von Arnim, Wirtschaftlichkeit, S. 82 ff; Feit, in: von Arnim, Finanzkontrolle, S. 262. 260 Ebenso Mußgnug, WDStRL 47 (1986), 113,128; Stern, Bd. II, § 34 V 4, S. 461. 261 Vgl. oben Kapitel C.II.l.c.bb. und C.II.2.a. 262 Grundsätzlich BVerfGE 57, 139, 160; Ossenbühl, S. 458 ff.; Schenke, NJW 1979, 1321, 1326; Schulze-Fielitz, Gesetzgebung, S. 180 f. 263 A.A. von Arnim, Partei II, S. 36,405 ff., der wegen des Charakters der Festsetzung als „Entscheidung in eigener Sache" die These aufstellt, die grundsätzliche Richtigkeitsvermutung von Entscheidungen des Gesetzgebers könne bei Regelungen im Bereich der Politikfinanzierung nicht gelten. Daraus ergebe sich u.a. die Konsequenz einer höheren Kontrolldichte parlamentarischer Entscheidungen wie etwa im Falle einer Überprüfung durch die Verfassungsgerichte. Diesem Ansatz ist für die Parteienfinanzierung ausdrücklich Schwartmann, S. 147 f., entgegengetreten. 257

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

das formal in den Vordergrund gestellte Gebot der Staatsfreiheit im Sinne einer Gewährleistung der Verwurzelung der Parteien im Volk ist, das das vom Gericht aufgestellte Gebot einer absoluten Obergrenze trägt 264 . Das Gericht stützt seine Argumentation vielmehr gleichermaßen auf die Gesichtspunkte einer gebotenen sparsamen und zweckentsprechenden Verwendung öffentlicher Gelder sowie das Ansehen und die Funkionsfähigkeit der Parteien. I m Zusammenhang mit der Wiedergabe allgemeiner Grundsätze der staatlichen Ausgabenwirtschaft wie, die Finanzierung beschränke sich auf das ¿ur Aufrechterhaltung der „Funktionsfähigkeit Unerläßliche und durch die Parteien selbst nicht Aufbringbare" oder „die Reduzierung auf das zur Aufgabenerfüllung der Parteien Nötige", vermeidet es das Gericht, eine Verletzung dieser Prämissen ausdrücklich festzustellen. Die sich anschließenden Ausführungen lassen jedoch erkennen, daß das Bundesverfassungsgericht deren Grenzen in einem Maße als erreicht ansieht, daß jede weitere Mittelsteigerung die Möglichkeit in sich birgt, beim Bürger den Verdacht des Mißbrauchs öffentlicher Gelder auszulösen. Nach Ansicht des Gerichts würde der damit verbundene zusätzliche Ansehensverlust eine Schwelle überschreiten, der die Funktionsfähigkeit der Parteien derart beeinträchtigen würde, daß er zwingend zu verhindern sei. Die daraus vom Bundesverfassungsgericht abgeleitete Verfassungswidrigkeit jeder weiteren Finanzierung, ohne gleichzeitig für die getroffene Festlegung einer konkreten Obergrenze eine positive verfassungsrechtliche Begründung zu liefern, hat mehr oder weniger deutliche Kritik erfahren 265. Ungeachtet der Frage, ob das Bundesverfassungsgericht bei der Parteienfinanzierung in bedenklicher Weise seine Kompetenz zu Lasten des Gesetzgebers ausgedehnt hat, soll die Ungeeignetheit einer Übertragung der aufgestellten Forderungen auf die Fraktionsfinanzierung aufgezeigt werden. Zunächst ist festzuhalten, daß das Bundesverfassungsgericht seine Erwägungen in Hinblick auf den Funktionserhalt der Parteien angestellt hat und nicht beabsichtigte, seine Entscheidimgsbefugnis wegen des Charakters der Mittelbereitstellung als Entscheidung in eigener Sache im Sinne eines politischen Gegengewichts zum als befangen angesehenen Parlament auszudehnen 266 . Selbst wenn man die vom Bundesverfassungsgericht für die Parteienfinanzierung und die Festsetzung der Abgeordnetenbezüge getroffene Feststellung, es ermangele in diesem Bereich regelmäßig des korrigierenden Elements gegenläufiger politischer Interessen 267, auch auf die Fraktionsfinanzierung erstreckt, führt dies nicht zu einer Einschränkung der Entscheidungszuständigkeit

264

So aber die einleitende Feststellung des Bundesverfassungsgerichts, BVerfGE 85,264,288. So etwa eingehend Schwartmann, S. 146 ff.; Tsatsos/Schmidt/Steffen, Jura 1993, 243, 248; Volkmann, ZRP 1992, 325, 328 f. 266 Ebenso Schwartmann, S. 146 ff. 267 BVerfGE 85, 264,292. 265

II. Die Modalitäten der Mittelbereitstellung

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der Parlamente. Wie bereits die Ausführungen zur Legitimation der Parlamente in eigener Sache gezeigt haben, wird die Entscheidungsbefugnis der Parlamente durch ihre kollektive Selbstbetroffenheit nicht tangiert 268 . Als Konsequenz der befürchteten Interessenkollission der Entscheidenden besteht lediglich Anlaß, die tatsächliche Mittelverwendung der Fraktionen aufmerksam und kritisch zu kontrollieren sowie gegenüber den Parlamenten die Umsetzung der dabei gewonnenen Erkenntnisse bei einer Verifizierung der Prognoseentscheidung politisch einzufordern 269. Einer Projizierung der Parteienfinanzierungsrechtssprechung auf die Fraktionsfinanzierung steht weiter entgegen, daß bei der Fraktionsfinanzierung nicht in gleicher Weise die Gefahr besteht, Mittelsteigerungen könnten zu einem Ansehensverlust und damit zu einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Fraktionen führen. Die Fraktionen wirken im Unterschied zu den Parteien eingefügt in die organisierte Staatlichkeit. Sie nehmen eine Funktion für das Parlament war und sind dadurch im Gegensatz zu den Parteien bei ihrer Aufgabenerfüllung nicht primär auf eine Rückkopplung zum gesellschaftspolitischen Bereich angewiesen. Noch dazu hat das durch die Fraktionsgesetze ausgestaltete System mit der Begründung einer öffentlichen Rechnungslegungspflicht und der Verankerung einer Befugnis der Rechnungshöfe zur Kontrolle der Mittelverwendung die grundlegenden Voraussetzungen geschaffen, um die Berechtigung der Mittelverwendung auch im Falle eventueller Mittelsteigerungen gegenüber der Öffentlichkeit plausibel darlegen zu können. In dieser Möglichkeit, eine qualifizierte Überprüfung der zweckentsprechenden Mittelverwendung vornehmen zu können, liegt ein entscheidender Unterschied von Parteien- und Fraktionsfinanzierung. Sowohl die Gewährung öffentlicher Gelder für die Fraktionen wie deren Verwendung unterliegen einer immanenten Schranke in Form der Zweckbindung hinsichtlich der koordinierenden Tätigkeit der Fraktionen im Rahmen der Aufgaben der Parlamente, wie es sie in dieser greifbaren Form bei der Parteienfinanzierung nicht gibt. Zur Gewährleistung einer am Notwendigen orientierten staatlichen Finanzierung ist es daher nicht erforderlich, mittels einer Plafondierung eine Begrenzung der Fraktionsfinanzierung zu erreichen. Eine solch starre Lösung, wie sie eine absolute Obergrenze darstellen würde, wäre auch in Hinblick auf die von den Parlamenten im Verfassungsgefüge eingenommenen Stellung äußerst problematisch. Insofern ist es dem unantastbaren Selbstorganisationsrecht der Parlamente zuzurechnen, daß die Parlamente nach ihrer eigenen Vorstellung autonom, damit aber auch politisch verantwortlich, über die finanzielle Ausstattung der für die inhaltliche und organisatorische 268 269

Vgl. das Kapitel C.I. Ähnlich Volkmann, ZRP 1992, 325, 328 FN 51.

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

Qualität ihrer Arbeit erforderlichen Fraktionen entscheiden. Davon wird auch die Kompetenz umfaßt, die Mittel zu erhöhen, sofern dies die Erfordernisse des parlamentarischen Willensbildungsprozesses nahelegen, oder die Zahlungen angesichts einer angespannten Haushaltssituation soweit möglich zu reduzieren. I m Unterschied zur Parteienfinanzierung findet die staatliche Finanzierung der Fraktionen ihre Rechtfertigung darin, daß das verfassungsrechtlich anerkannte Wirken der Fraktionen aus Gründen des Erhalts der Funktionsfähigkeit der Parlamente eine ausschließliche Leistung für den staatlichen Bereich darstellt. Folge davon ist, daß es sich bei der staatlichen Finanzierung der Fraktionen um eine Vollfinanzierung handelt, während bei der Parteienfinanzierung allein eine Teilfinanzierung zulässig ist. Bei der Abwägung über die Bemessung der Finanzausstattung der Fraktionen kann eine potentielle Leistungsfähigkeit der Fraktionen daher keine Berücksichtigung finden. Vielmehr bedarf es einer ständigen Neubewertung des Finanzbedarfs in Abhängigkeit von den Anforderungen, die die parlamentarische Willensbildung an die Aufgabenerfüllung der Fraktionen stellt 270 . Bei einer Begrenzung der Mittelanpassung auf den bloßen Ausgleich von Kostensteigerungen wäre es beispielsweise ausgeschlossen gewesen, den Fraktionen zusätzliche Mittel für die kostspielige Einrichtung und Unterhaltung von Anschlüssen an die gängigen Informations- und Datenübertragungssysteme bereitzustellen. Ein anderes Beispiel für die Notwendigkeit, eine flexible Anpassung der Mittel zu gewährleisten, bildet die zunehmende Verlagerung legislativer und exekutiver Entscheidungsgewalt auf die Europäische Union. W i l l man einen weiteren Bedeutungsverlust der nationalen Parlamente verhindern, nur weil diese faktisch nicht in der Lage sind, die Arbeit der Europäischen Union aktiv zu begleiten, ist es erforderlich, den erhöhten Anforderungen an eine adäquate Wahrnehmung der parlamentarischen Aufgaben, wie etwa durch die Beschäftigung mehrsprachig ausgebildeten Fraktionspersonals oder von mit der europäischen Rechtsmaterie vertrauten Fraktionsassistenten, Rechnung zu tragen 271 . Es besteht daher kein Anlaß und keine verfassungsrechtliche Kompetenz, das Einschätzungs- und Bewilligungsrecht der Parlamente über die Fraktionsfinanzierung durch eine höhenmäßige Plafondierung zu beschneiden272. 270 In Hinblick auf die hier angesprochen Flexibilität der Mittelbewilligung bestehen Bedenken gegen das vom Präsidenten des Landtages Brandenburg zur Anpassung der sogenannten Fraktionszuschüsse entwickelte „Wichtungsschemas", vgl. Vorschlag des Präsidenten des Landtages Brandenburg v. 16.02.1996, Bbg-Drs. 2/2178, S. 3 und Anlage 2. Die Absicht, künftige Mittelanpassungen auf der Grundlage einer ermittelten durchschnittlichen Ausgabenstruktur und unter Berücksichtigung der Preisentwicklung und der Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst vorzunehmen, negiert die Befugnis der Parlamente, jederzeit eine unvoreingenommene Neubewertung des Ausstattungsniveaus in positiver oder aber in negativer Hinsicht vorzunehmen. 271 Allgemein zur Notwendigkeit einer Beteiligung der Parlamente im Rahmen der Kompetenzverteilung im Verhältnis der Länder zu Europa Eicher, S. 83 ff., 87. 272 Im Ergebnis ebenso Jekewitz, ZParl 15(1984), 14, 21; Morloh, NJW 1995,29,30.

II. Die Modalitäten der Mittelbereitstellung

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3. Notwendigkeit einer konkreten Festsetzung der Leistungen durch Gesetz Eine der wesentlichen in der Literatur, der Rechtsprechung und von Teilen der Rechnungshöfe erhobenen Forderungen ist darauf gerichtet, die konkreten Leistungen in in einem speziellen Gesetz betragsmäßig auszuweisen273. Die Mehrzahl der aktuellen Fraktionsgesetze läßt eine derartige Festsetzung vermissen. Lediglich die Länder Hamburg, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz haben die Mittelzuweisung an die Fraktionen in ihren Fraktionsgesetzen nach absoluten Beträgen fixiert 274 . Insbesondere von Arnim hat immer wieder dezidiert die Ansicht vertreten, aus Gründen der Lehre vom Parlamentsvorbehalt und den vom Bundesverfassungsgericht im „Diätenurteil" aufgestellten Grundsätzen 275 sei verfassungsrechtlich zwingend eine derartige Bestimmung der Beträge durch Gesetz erforderlich 276 » 277 . Eine entsprechende Empfehlung hat auch die Parteienfinanzierungskommission 1993 ausgesprochen und sich dabei auf die Annahme eines von Verfassungs wegen geltenden Gesetzesvorbehalts gestützt278. Andere halten einen Ausweis der Höhe der staatlichen Mittel zumindest im Interesse der öffentlichen Transparenz für geboten279. In bezug auf die in den Fraktionsgesetzen überwiegend anzutreffende Ausgestaltung des Finanzierungsanpruchs durch eine Kombination einer gesetzlichen Regelung dem Grunde nach und der jährlichen Festlegung der Höhe im Haushaltsplan kommt von Arnim zu dem Ergebnis, die verfassungsrechtlichen Anforderungen seien nicht gewahrt 280 . Die nicht nur akademische Bedeutung einer derartigen Beurteilung zeigte sich jüngst in einem Verfahren vor dem

273

Vgl. im einzelnen die Nachweise in den folgenden Fußnoten. § 2 Abs. 3 FraktG HH; § 31 Abs. 1 AbgG NS; § 2 Abs. 3 FraktG RP. 275 BVerfGE 40,296, 327 - im Anschluß auszugsweise wiedergegeben. 27 6 Von Arnim, Finanzierung der Fraktionen, S. 35,43; ders., Partei, S. 252 f.; ders., ZRP 1989, 257, 263; ders., DVB1. 1987, 1241, 1246; ders., Haushaltsrechtliche Veranschlagung, S. 59; ders., Partei II, S. 194; ebenso Annette Fischer, S. 203 f.; Mardini, S. 126 f. Für Martin, S. 80 ff, ergibt sich die Notwendigkeit einer titelmäßigen Festlegung im Gesetz aus Gründen des Transparenzgebots sowie aufgrund der von ihm vertretenen Ableitung der Fraktionsfinanzierung aus der Abgeordnetenentschädigung nach Art. 48 Abs. 3 GG und des dort begründeten Gesetzesvorbehalts. 277 Lediglich Jekewitz, ZRP 1993, 344, 349, spricht sich ausdrücklich gegen eine Aufnahme der Haushaltsansätze in die Fraktionsgesetze aus. 278 Parteienfinanzierungskommission 1993, BT-Drs. 12/4425, S. 36,40. Wiederholend sei daraufhingewiesen, daß von Arnim Mitglied in dieser durch den Bundespräsidenten von Weizsäcker eingesetzten Kommission unabhängiger Sachverständiger zur Parteienfinanzierung gewesen ist. 279 Vgl. etwa Hagelstein, S. 196 f.; Kassing, S. 53 f.; Morlok, JZ 1989, 1035, 1045; StraußZielbauer/Schnellbach, ZParl 24 (1993), 588, 592. 280 Von Arnim, Haushaltsrechtliche Veranlagung, S. 59; ders., Finanzierung der Fraktionen, S. 62; ders., Partei II, S. 380; ebenso Annette Fischer, S. 198 ff. 274

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht 281. In seinem klageabweisenden Gerichtsbescheid verneinte das Verwaltungsgericht die Anspruchsqualität des § 6 FraktG SH, weil die lediglich dem Grunde nach getroffene gesetzliche Regelung in Hinblick auf den Charakter der Festsetzung als Entscheidung des Parlaments in eigener Sache den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genüge. Auch die Rechnungshöfe der Länder Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein haben in Prüfungsbemerkungen über die Haushaltsmittel der Fraktionen aus Transparenzgesichtspunkten auf das verfassungsrechtliche Defizit einer fehlenden gesetzlichen Offenlegung der Höhe der sogenannten Zuschüsse und den Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichts Schleswig-Holstein hingewiesen282. a) Zur Geltung eines speziellen Gesetzesvorbehalts Die überwiegend anzutreffende Ausgestaltung der Fraktionsfinanzierung, nach der eine betragsmäßige Konkretisierung des den Fraktionen zur Durchführung ihrer Aufgaben zustehenden verfassungsrechtlichen Finanzierungsanpruchs erst im Haushaltsplan vorgenommen wird, kann nur dann als mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht in Einklang stehend bezeichnet werden, wenn verfassungsrechtliche Gesichtspunkte in einer für die Legislative zwingenden Weise eine Festsetzung der Beträge durch Gesetz verlangen. Ein ausdrücklicher Gesetzesvorbehalt, das Nähere des Anspruchs der Fraktionen auf angemessene Ausstattung durch Gesetz zu regeln, ist in den Verfassungen der Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt zu finden 283 . Von diesen Ländern hat jedoch einzig Rheinland-Pfalz die geforderte Festsetzung der Leistungen durch Gesetz getroffen 284 , während die Fraktionsgesetze im übrigen zur Festlegung der Höhe in die Haushaltspläne verweisen 285 . Auch insoweit stellt sich die Frage, ob der qua Verfassung begründete Gesetzesvorbehalt notwendigerweise einen betragsmäßigen Ausweis im Gesetz verlangt oder diesem durch die gesetzlichen Verweisung in die Haushaltspläne Genüge getan ist. Grundsätzlich wird die vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Wesentlichkeitsdoktrin zur Beurteilung herangezogen, ob und in welchem Umfang der parlamentarische Gesetzgeber eine Entscheidung selbst zu treffen hat oder an 281 VG SH v. 24.05.1995 (6 A 286/94). Zur näheren Darstellung des Verfahrensgegenstandes siehe oben Kapitel C.II.2.a, Fußnote 177. 282 Jahresbericht des Landesrechnungshofs Sachsen-Anhalt 1995, Tz. 1.1, S. 24; Nachtrag zu den Bemerkungen des Landesrechnungshofs Schleswig-Holstein 1994, Tz. 1.4, S. 10 f.; Bemerkungen des Landesrechnungshofs Schleswig-Holstein 1995, Tz. 15.2, S. 108. 283 Art. 67 Abs. 1 S. 4 Verf Bbg; Art. 25 Abs. 2 S. 4 Verf MV; Art. 85 a Abs. 3 S. 2 Verf RP; Art. 47 Abs. 2 S. 3 Verf SA. 284 § 2 Abs. 3 FraktG RP. 285 § 3 Abs. 1 S. 1 FraktG Bbg; § 51 Abs. 1 S. 1 AbgG MV; § 3 Abs. 1 S. 1 FraktG SA.

II. Die Modalitäten der Mittelbereitstellung

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nachrangige Rechtsquellenträger zu delegieren vermag 286 . Betrachtet man unter diesem Gesichtspunkt die parlamentarische Entscheidung über die Höhe der an die Fraktionen zu leistenden öffentlichen Mittel, so ist zunächst festzuhalten, daß auch bei einer bloßen Einstellung der Beträge in den Haushaltsplan die Entscheidung durch das Parlament getroffen wird. Überspitzt formuliert, gilt aus formaler Sicht aufgrund der notwendigen Feststellung des Haushaltsplans durch das Haushaltsgesetz nach Art. 110 Abs. 2 S. 2 GG ein totaler Parlamentsvorbehalt 287. Mithin vermag die Notwendigkeit einer Differenzierung zwischen parlamentarischer und exekutiver Rechtssetzung die Einschlägigkeit eines Gesetzesvorbehalts im Sinne eines Parlamentsvorbehalts nicht zu rechtfertigen. Die Streitfrage konzentriert sich folglich nicht darauf, welchem staatlichen Entscheidungsträger richtigerweise die Verantwortlichkeit für die Entscheidimg zukommt. Vielmehr ist die für die Bereitstellung der Mittel verfassungsrechtlich gebotene beziehungsweise ausreichende Rechtsform-Gesetz oder Haushaltsplan - zu bestimmen.

aa) Die Ableitung des Gesetzesvorbehalts aus einem besonderem Transparenzgebot bei Entscheidungen in eigener Sache I m allgemeinen wird der Geltungsbereich des Gesetzesvorbehalts nach der grundlegenden Bedeutung eines Regelungsgegenstandes für die parlamentarische Demokratie und dabei insbesondere für den grundrechtsbezogenen Freiheitsbereich bestimmt 288 . Zunehmend wird in der Literatur als zusätzliches Kriterium nicht auf den inhaltlichen Gehalt, sondern auf das Bestehen eines besonderen Bedürfnisses für eine Entscheidung im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren oder in der Form eines Gesetzes abgestellt289. Aufbauend auf diesen Argumentationsansatz stellt sich die Frage, ob die derzeit vorherrschende Praxis, eine Konkretisierung des Finanzanspruchs der Fraktionen dem Haushaltsplan zu überlassen, zu beanstanden ist. Die Überlegungen der Kritiker wurzeln in der oben dargestellten Klassifizierung der Mittelfestsetzung als einer Entscheidung der Parlamente „in eigener Sache". Wenn auch eine Delegation der Entscheidungsbefugnis auf eine Kommission aus verfassungspolitischen und verfassungsrechtlichen Gründen abzulehnen war 2 9 0 , wird, um der Tendenz einer Einschränkung des dem parlamentarischen Wil-

286

Vgl. hierzu etwa BVerfGE 47,46,78; 77,177,230; 77, 381,403; 80,124,132. So bereits Mußgnug, WDStRL 47 (1986), 113,123. 288 Vgl. BVerfGE 47, 46, 79; 49, 89, 126; 61, 260, 275; zum Ganzen Ossenbühl, HdBStR III, § 62 RN 17,28, 33, S. 325, 330, 333. 289 Eberle, DÖV 1984, 485, 489; Hufen, NJW 1991, 1321, 1326; Kisker, NJW 1977, 1313, 1315; Magiera, Parlament, S. 205 ff., 236 f.; Ossenbühl, DÖV 1980, 545, 549. 290 Vgl. oben Kapitel C.I. 287

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

lensbildungsprozeß grundsätzlich immanenten Interessenkonfliktes 291 zu begegnen, als Korrektiv ein gesteigertes Maß an Transparenz, Öffentlichkeit und öffentlicher Kontrolle gefordert 292. Zur Begründung wird explizit verwiesen auf die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im „Diätenurteil 1975", mit dem das Gericht eine Kopplung der Abgeordnetenentschädigung an die Entwicklung der Beamtenbesoldung ebenso wie die Zuweisung der Festsetzung von Teilen der Entschädigung auf das Landtagspräsidium verfassungsrechtlich beanstandete. In Hinblick auf die Problematik der Selbstbetroffenheit führte das Bundesverfassungsgericht aus: „Damit werden für den Abgeordneten wesentliche Teile seiner finanziellen Ausstattung in einem Verfahren festgesetzt, das sich der Kontrolle der Öffentlichkeit entzieht. In einer parlamentarischen Demokratie läßt es sich nicht vermeiden, daß das Parlament in eigener Sache entscheidet, wenn es um die Festsetzung der Höhe und um die nähere Ausgestaltung der mit dem Abgeordnetenstatus verbundenen finanziellen Regelungen geht. Gerade in einem solchen Fall verlangt aber das demokratische und rechtsstaatliche Prinzip (Art. 20 GG), daß der gesamte Willensbildungsprozeß für den Bürger durchschaubar ist und das Ergebnis vor den Augen der Öffentlichkeit beschlossen wird. Denn dies ist die einzige wirksame Kontrolle. Die parlamentarische Demokratie basiert auf dem Vertrauen des Volkes; Vertrauen ohne Transparenz, die erlaubt zu verfolgen, was politisch geschieht, ist nicht möglich."293

Daraus sei für die Fraktionsfinanzierung u.a. die Notwendigkeit einer Entscheidung im Wege eines allgemeinen Gesetzgebungsverfahrens zu folgern 294 . Eine bloße Einstellung der Mittel in den Haushaltsplan genüge, obwohl der Haushaltsplan durch das Haushaltsgesetz festgestellt werde, nicht. Dieses Verfahren sei mit der Publizitätswirkung eines allgemeinen Gesetzes nicht vergleichbar. Aufgrund der Einbindung der die Fraktionen betreffenden Haushaltsansätze in den enormen Umfang der Haushaltspläne werde eine umfassende öffentliche Beratung der Einzelposten verhindert. Hinzu komme, daß nach § 1 S. 2 BHO/LHO nur der Gesamtplan, nicht jedoch die Einzelpläne, Kapitel und Titel im Gesetzblatt verkündet würden, aus denen sich erst die im einzelnen bewilligten Mittel und Zweckbestimmungen ersehen ließen. Insgesamt sei der Regelungsgehalt für den Einzelnen nicht zu durchschauen und erschwere dadurch von vorneherein das Entstehen eines öffentlichen Interesses und einer wegen der Befangenheit der Entscheidungsträger zu gewährleistenden öffentlichen Kontrolle. Es sei daher als eine Ausprägung des Parlamentsvorbehalts anzusehen, daß zur Sicherung einer gesteigerten Öffentlichkeit der Auseinander-

291 Vgl. das Bundesverfassungsgericht in Hinblick auf die Parteienfinanzierung und die Abgeordnetenentschädigung in BVerfGE 85,264,292, siehe auch oben Kapitel C.I.2. 292 Von Arnim, Partei, S. 10 f.; Annette Fischer, S. 19, 198; Martin, S. 83 ff.; Parteienfinanzierungskommission 1993, S. 40. 293 BVerfGE 40, 296, 327. 294 Von Arnim, Finanzierung der Fraktionen, S. 30 ff.; Annette Fischer, S. 200 f.; Martin, S. 83 ff.; Parteienfinanzierungskommission 1993, S. 36, 40. Ebenso Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt, Jahresbericht 1995, Tz. 1.1, S. 24; Landesrechnungshof Schleswig-Holstein, Nachtrag zu den Bemerkungen 1994, Tz. 1.4, S. 10 f.; ders., Bemerkungen 1995, Tz. 15.2, S. 108.

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setzung und Entscheidungssuche gerade die elementare Entscheidung über die Höhe der Mittel im Rahmen des besonders öffentlichkeitswirksamen und tiefgestaffelten Willensbildungsprozesses eines parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens ergehe.

bb) Stellungnahme Der dargestellten Forderung kann weder in der verfassungsrechtlichen Begründung zur Anwendung des Gesetzesvorbehalts noch in der Interpretation zu den Folgen eines besonderen Transparenzgebotes gefolgt werden. Betont sei nochmals, daß vor dem Hintergrund der behaupteten Verfassungswidrigkeit einer bloßen Einstellung der Mittel in den Haushalt einzig zur Debatte steht, ob den vorgetragenen Argumenten die Wirkung einer die Parlamente verfassungsrechtlich bindenden Gestaltungsvorgabe beigemessen werden kann. (1) Die Würdigung der Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts im „Diätenurteil 1975" für die Entscheidung über die Festsetzung der Fraktionsfinanzierung Eine Anlehnung an die oben zitierten Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im „Diätenurteil 1975" ist nur möglich, wenn man sich zunächst vergegenwärtigt, in welchem Kontext die Feststellungen in dem damaligen Verfahren getroffen wurden, bevor sich Erwägungen anstellen lassen, ob diese einer Übertragung auf die Entscheidimg über die Fraktionsfinanzierung zugänglich sind. Die dort herausgestellte Notwendigkeit einer sowohl öffentlichen als auch durchschaubaren Festsetzung der Mittel wurde vom Bundesverfassungsgericht als Argument herangezogen, um die verfassungsrechtliche Beanstandung der im saarländischen Abgeordnetengesetz enthaltenen Ermächtigung des Landtagspräsidiums, bestimmte Teile der Entschädigung festzulegen, zu begründen. Das Gericht verfolgte insoweit erkennbar die Intention, durch die Aufstellung eines Delegationsverbots die in Hinblick auf die Bedeutung der Abgeordnetenentschädigung zu gewährleistende öffentliche Kontrollierbarkeit der Entscheidung abzusichern 295. Dem ist - so die im „Diätenurteil 1975" zum Ausdruck kommende Überzeugung des Bundesverfassungsgerichts - dann nicht Genüge getan, wenn das Parlament Teile der ihm durch Art. 48 Abs. 3 GG aufgegebenen Verantwortlichkeit für die Bemessung der Abgeordnetenentschädigung dem Parlamentspräsidium überläßt. Weitergehende Anforderungen an die Form des Entscheidungsverfahrens, das bei dem damaligen Entscheidungsge-

295

Vgl. auch Hubert Meyer, S. 393 ff.; Schönberger, S. 207 f.

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genstand des Bundesverfassungsgerichts über die Festsetzung der Abgeordnetenentschädigung in Hinblick auf Art. 48 Abs. 3 GG ohnehin eines Gesetzes bedarf, hat das Bundesverfassungsgericht dagegen nicht aufgestellt. Das „Diätenurteil 1975" gewinnt damit für den Bereich der Politikfinanzierung allenfalls Indizwirkung für den Umfang der von den Parlamenten selbst zu treffenden Entscheidung. Eine Aussage bezüglich der verfassungsrechtlich gebotenen Regelungsform kann ihm dagegen nicht entnommen werden. (2) Die unterschiedliche Gewährleistung der Transparenz bei einer Mittelfestsetzung durch Gesetz oder im Haushalt Mit dem Ruf nach einer Entscheidung durch Gesetz wird der Versuch unternommen, ausschließlich aus den das Verfahren der Gesetzgebung bestimmenden Besonderheiten die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung abzuleiten 296 . Dem ist entgegenzuhalten, daß der Durchführung eines Gesetzgebungsverfahrens kein Eigenwert zugemessen werden kann. Die für die Entscheidung über die Fraktionsfinanzierung geforderte besondere Öffentlichkeitswirksamkeit ist dem Verfahren der Gesetzgebung zwar immanent. Seine qualifizierte Publizität stellt für sich betrachtet jedoch nur eines seiner allgemeinen Charakteristika dar 297 und vermag aus sich heraus einen Zwang zur Regelung durch Gesetz nicht zu begründen. Es besteht im Gegenteil das Bedürfnis, stets den Zusammenhang zum „materiellen" Gegenstand der Entscheidung, dessen Herausbildung das Gesetzgebungsverfahren dient, herzustellen. Zur Diskussion steht damit zunächst einmal die Frage, welche Funktion der Öffentlichkeit überhaupt bei der Bemessung des Finanzbedarfs der Fraktionen zukommt, bevor darauf eingegangen werden kann, welche verfassungsrechtlichen Auswirkungen dies auf die Wahl der richtigen parlamentarischen Handlungsform nach sich zieht. Prinzipiell ist die Frage der Finanzausstattung der Fraktionen einzig dafür von Bedeutung, über welche qualitativen und quantitativen Möglichkeiten die Fraktionen verfügen, um die ihnen im Interesse der Funktionsfähigkeit der Parlamente zugewiesenen Aufgaben wahrnehmen zu können. Dem Charakter nach handelt es sich damit mittelbar um eine parlamentarische Entscheidung über die Ausgestaltung der Parlamentsorganisation. Ausschließlich die Parlamente selbst sind dabei in der Lage, den Bedarf der Fraktionen abzuschätzen und zu bewerten. Eine aktive Einbeziehung der Öffentlichkeit, die unter Umständen im Interesse der „inhaltlichen Güte und Angemessenheit" einer parla-

296 Ähnlich die allgemeine Beurteilung des Argumentationsansatzes durch Böckenförde, setz^. 384. 297 Schulze-Fielitz, Gesetzgebung, S. 179 f.

Ge-

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mentarischen Entscheidung etwa bei der Betroffenheit von Rechtspositionen Dritter oder zur Befriedigung sozialer Konflikte geboten ist 298 , kann bei vordergründiger Betrachtung für die Richtigkeit der zu treffenden Entscheidung daher nicht erforderlich sein. Mit in die Überlegungen einzubeziehen ist allerdings die den parlamentarischen Entscheidungen im Bereich der Politikfinanzierung unter dem Gesichtspunkt der Rechtsstaatlichkeit entgegengebrachte Skepsis. Der Idee nach wird die Herausbildung einer im öffentlichen Interesse möglichst „richtigen" Entscheidung durch die dem parlamentarischen Willensbildungsprozeß grundsätzlich immanente Pluralität der Meinungen gesichert 299. Die Berechtigung der auf dem Gebiet der Politikfinanzierung bestehenden Zweifel an einer ausgewogenen und ordnungsgemäßen Durchführung des parlamentarischen Entscheidungsverfahrens wurde zum Beispiel bestätigt durch die praktizierte Verfahrensweise bei dem Versuch einer Reform der Abgeordnetendiäten im Sommer 1995. Damals wurde zunächst ein auf die Vorschläge einer Rechtsstellungskommission zurückgehender interfraktioneller Gesetzentwurf über die Medien einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Die im anschließenden Gesetzgebungsverfahren vorgenommenen Änderungen elementarer Regelungsbereiche erfolgten dagegen, ohne daß in ähnlicher Weise die Öffentlichkeit gesucht wurde oder auch nur eine konträre innerparlamentarische Auseinandersetzung zustande gekommen wäre 300 . Das Bundesverfassungsgericht hat im Parteienfinanzierungsurteil 1992 die grundsätzliche Problematik mit den bereits zitierten Worten treffenden beschrieben, es fehle „regelmäßig am korrigierenden Element gegenläufiger Interessen" 301. Zu Recht wird in der Literatur darauf hingewiesen, wegen der herausgehobenen Stellung des Parlaments könne diesem Manko einzig dadurch wirksam begegnet werden, daß die Öffentlichkeit dem Parlament zur Kompensation des Verlusts an einer inneren Auseinandersetzung als Gegenspieler entgegengesetzt wird. Idealerweise führt dabei bereits das Wissen der parlamentarischen Entscheidungsträger um die potentielle Aufmerksamkeit der Wähler zu einer verfassungssichernden Wirkung der Öffentlichkeit. Gleichzeitig stellt die Transparenz parlamentarischer Entscheidungen ein adäquates Mittel dar, um entgegen der allgemein beklagten Politikverdrossenheit das Vertrauen der Bürger zu erhalten oder zurückzugewinnen 302.

298

Grundsätzlich Degenhard, DÖV 1981,477,479; Zimmer, S. 256 ff. Isensee, HdBStR I, § 13 RN 106, S. 629; Kriele, VVDStRL 29 (1971), 107 (Aussprache); Scheuner, Mehrheitsprinzip, S. 58; Schulze-Fielitz, Gesetzgebung, S. 180; Schwartmann, S. 109. 300 Vgl. die ausführliche Schilderung der „irreführenden" Verfahrensgestaltung bei von Arnim, Staat, S. 13 ff.; DER SPIEGEL, Heft 38/1995 v. 18.09.1995, S. 22 ff.; ders., Heft 40/1995 v. 02.10.1995, S. 32 ff. 301 BVerfGE 85, 264, 292. 302 Grundlegend Rauschning, S. 185 ff. 299

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

Eine zusätzliche Folge eines Ausweises der absoluten Beträge in den Fraktionsgesetzen ist die Begründung eines „Gesetzesänderungsvorbehalts". Künftige Korrekturen des Finanzvolumens beschränken sich nicht mehr auf ein bloßes Herauf- oder Herabsetzen eines Mittelansatzes im Haushalt, sondern bedürfen einer eigenständigen mit einer Begründimg zu versehenden Gesetzesinitiative 3 0 3 . Die Entscheidung über die Fraktionsfinanzierung wird dadurch zum Gegenstand eines selbständigen parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens. Zu Recht wird auf die daraus resultierende erhöhte Publizitätswirkung hingewiesen. Die Gesetzesvorlagen sind als Parlamentsdrucksachen der Öffentlichkeit zugänglich 304 . Die Gesetze selbst sind in den Gesetzblättern zu verkünden und gehören als Teil der Abgeordneten- oder Fraktionsgesetze zum gängigen Inhalt der allgemein gebräuchlichen und weit verbreiteten Gesetzessammlungen zum Verfassungs- und Verwaltungsrecht. Demgegenüber wird, wie zuvor erwähnt, im Falle einer Einstellung der Mittel in die Haushaltspläne, mit dem Haushaltsgesetz nur der Gesamtplan, der keine Angaben über die Fraktionen enthält, im Gesetzesblatt verkündet, §§ 1 S. 2, 13 Abs. 4 BHO/LHO. A u f die relevanten Haushaltspläne bestehen für den Bürger dagegen kaum ungehinderte Zugriffsmöglichkeiten. Hinzu kommt die eingeschränkte Überschaubarkeit des Haushaltsplans aufgrund der enormen Ausmaße des Zahlenwerkes. Sofern dieser Umstand nicht bereits per se den Interessierten fernhält, ist es einem Laien und keineswegs nur dem nichtjuristischen - nahezu unmöglich, den auf die Fraktionen entfallenden Mittelansatz herauszulesen. Trotz der nicht von der Hand zu weisenden unterschiedlichen Öffentlichkeitswirksamkeit beider Verfahren kann eine Bewertung, die die bloße Mitteleinstellung in den Haushaltsplan mit dem Verdikt der Verfassungswidrigkeit belegt, daraus nicht abgeleitet werden. Die potentielle Kontrollierbarkeit der Entscheidung ist - wenn auch in unterschiedlichem Maße - in beiden Fällen gewahrt. Bei realitätsnaher Betrachtungsweise wird der Grad der Öffentlichkeit weniger von der Leichtigkeit einer Überprüfbarkeit durch Jedermann" bestimmt als von der insbesondere durch die wissenschaftliche Diskussion und die Medien vermittelten Sensibilität, das Problem aufzugreifen und zu thematisieren. Die Diskussion einer Gesetzesvorlage kommt in der Öffentlichkeit eigendynamisch ebenso wenig zustande wie die eines Titelansatzes im Haushaltsplan. Dies gilt umso mehr, da es in beiden Fällen einem mit den internen Verhältnissen eines Parlaments nicht vertrauten Außenstehenden nur schwer möglich ist, eigenständig die hinter dem Ausweis eines Finanzbetrags stehenden Bedürfnisse des parlamentarischen Willensbildungsprozesses zu bewerten.

303

Vgl. § 76 Abs. 2 GO BT. Auch im weiteren Gesetzgebungsverfahren wird die Begründungspflicht dadurch gewahrt, daß bei Gesetzentwürfen der federführende Ausschuß abweichende Empfehlungen ebenfalls mit einer Begründung zu versehen hat, § 66 Abs. 2 GO BT. Vgl. etwa § 77 Abs. 1 GO BT.

II. Die Modalitäten der Mittelbereitstellung

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Irreführend ist insofern auch die auf die Phase der Beratungen bezogene Behauptung, aufgrund des enormen Umfangs der Haushaltspläne sei eine öffentliche Beratung des die Fraktionen betreffenden Haushaltsansatzes nicht möglich 3 0 5 . Auch im Falle der Durchführung eines Gesetzgebungsverfahrens steht es in der alleinigen Disposition der am parlamentarischen Verfahren Beteiligten, in welchem Zeitraum das Gesetzgebungsverfahren durchgeführt wird und ob es zu einer parlamentarischen Diskussion über die Gesetzesvorlage kommt oder nicht 306 . Sofern das Verfahrensrecht Abkürzungsmöglichkeiten zuläßt, liegt es in der Gestaltungsfreiheit der Parlamente, diese auch auszunutzen, ohne daß sich verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber der Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens erheben lassen307. Letztlich wird es stets davon abhängen, wie die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit selbst einen Rechtfertigungsdruck ausübt und dadurch über das Bemühen der Abgeordneten und Fraktionen um Profilierung untereinander sowie gegenüber dem Wähler eine parlamentarische Diskussion auszulösen vermag. Welche Faktoren dafür im Ergebnis ursächlich sind, ist weder vorhersehbar noch im einzelnen bewertbar. Zu relativieren ist gleichfalls die festgestellte geringere Zugänglichkeit der Veranschlagungen im Haushaltsplan. Zutreffend ist insofern der von Seuffert im Minderheitsvotum zum „Diätenurteil 1975" getroffene Hinweis, für einen Interessierten sei eine Anfrage bei der Parlamentsverwaltung der bequemere und sicherere Weg im Vergleich zu einem Studium der Gesetzesblätter oder der Parlamentsprotokolle 308. Verwiesen werden kann zusätzlich auf das „Parteienfinanzierungsurteil 1966". Das Bundesverfassungsgericht hatte dort an der damaligen Bereitstellung von Sondermitteln für die Aufgaben der Parteien nach Art. 21 GG in Form einer Ausgabeermächtigung im Einzelplan 06 des Bundesministers des Inneren ebenfalls keinen Anstoß genommen. Obwohl die Parteienfinanzierung im Hinblick auf die Problematik der Selbstbetroffenheit der Fraktionsfinanzierung durchaus vergleichbar ist, hatte das Gericht wegen der ansonsten übermäßigen Belastung des Verkündungsblattes keine Bedenken, daß nur der Gesamtplan mit den Endsummen der Einzelpläne sowie denen der einzelnen Kapitel im Bundesgesetzblatt verkündet wird. Dabei war sich das Gericht - wie seine Ausführungen erkennen lassen - durchaus bewußt, daß die Ausgabeermächtigimg für die Öffentlichkeit nur bei Kenntnis der für die Titel

305 So aber von Arnim, Finanzierung der Fraktionen, S. 47; Annette Fischer, S. 201; Parteienfinanzierungskommission 1993, BT-Drs. 12/4425, S. 40. 306 Vgl. etwa §§ 79, 81 Abs. 1, 84 GO BT. 307 Vgl. BVerfGE 29, 221, 233; 30, 250, 261; Hill, S. 62; Schmidt-Jortzig, ZParl 23 (1992), 582, 598. 308 Seuffert, Abweichende Meinung zu BVerfGE 40, 296, 349. Auch nach den eigenen Erfahrungen des Verfassers waren die Parlamentsverwaltungen bei der Beantwortung von Anfragen zum Umfang und zur Verwendung der den Fraktionen gewährten Geld- und Sachleistungen durchgängig äußerst entgegenkommend.

10 Schneider

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des Kapitels ausgeworfenen Beträge und deren Zweckbestimmung verständlich sein können 309 . Die Überlegungen zeigen, daß die grundsätzliche Kontrollierbarkeit durch die Öffentlichkeit auch bei einer jährlichen Festsetzung der Leistungen in den Haushaltsplänen im allgemeinen vorhanden ist. Dem Verlangen nach einem gesetzlichen Ausweis der Mittel aus Transparenzgründen kann dementsprechend nur eine rechtspolitische und keine verfassungsrechtliche Qualität zugemessen werden. Daneben ist in diesem Zusammenhang bisher unberücksichtigt geblieben, daß sämtliche der verabschiedeten Fraktionsgesetze einschließlich der im Blickpunkt der Kritik stehenden Regelungen, die einen Finanzierungsanspruch nur dem Grunde nach vorsehen, den Fraktionen die Verpflichtung zur öffentlichen Rechnungslegung über die Herkunft und die Verwendung ihrer Mittel auferlegen 310 und diese gewöhnlich in den Parlamentsdrucksachen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen sind 3 1 1 3 1 2 . Wenn diese Rechenschaftspflicht sich naturgemäß auch nur auf die Mittelverwendung abgeschlossener Wirtschaftsjahre erstrecken kann, erlaubt die damit verbundene Transparenz der Einnahmen- und Ausgabenstruktur eines abgelaufenen Wirtschaftsjahres, eine öffentliche Meinungs- und Willensbildung über die Berechtigung des Umfangs der Fraktionsfinanzierung in der Vergangenheit und gleichzeitig über die Angemessenheit der zukünftig zu bewilligenden Fraktionsgelder in Gang zu setzen. Sofern der Öffentlichkeit überhaupt eine eigenständige Funktion in Relation zum parlamentarischen Entscheidungsprozeß über die Festsetzung der Fraktionsgelder zugemessen wird, eröffnet die aus der Rechnungslegungspflicht resultierende qualifizierte Publizitätswirkung die Möglichkeit, die politische Einflußnahme auf die Parlamente im Rahmen der kontinuierlich vorzunehmenden Pflicht zur Anpassung der Prognoseentscheidung 313 zu suchen. Ein darüber hinausgehendes Bedürfnis an Öffentlichkeitswirksamkeit, das von Verfassungs wegen zwingend eine Festsetzung der Mittel durch Gesetz verlangen würde, läßt sich danach unter Zugrundelegung der durch die Fraktionsgesetze ausgestalteten Systematik nicht feststellen.

309

BVerfGE 20, 56, 93. Vgl. etwa § 52 BAbgG oder § 4 FraktG RP. 311 Vgl. etwa § 52 Abs. 5 S. 4 BAbgG oder § 7 FraktG RP. 312 Zusätzlich sei verwiesen auf die in Brandenburg, Berlin, Bremen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Thüringen eingeführten Berichtspflichten der Parlamentspräsidenten, § 3 Abs. 3 FraktG Bbg, § 40 Abs. 2 S. 2 AbgG Bre, § 31 Abs. 1 S. 4 AbgG NS, § 8 FraktG RP, § 49 Abs. 2 S. 3 AbgG Thür, beziehungsweise einer Sachverständigenkommission, § 8 Abs. 3 FraktG Bin, über die Angemessenheit der Geld- und Sachleistungen, die ebenfalls neben den geprüften Rechnungen als Parlamentsdrucksache veröffentlicht werden. 313 Vgl. etwa BVerfGE 50, 290, 335; 65, 1, 55; Ossenbühl, S. 518; Schulze-Fielitz, Gesetzgebung, S. 180 f.; sowie oben die Darstellung im Kapitel C.II.l.c.bb. 310

II. Die Modalitäten der Mittelbereitstellung

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b) Durch die Rechtsstellung der Fraktionen indizierte Begründung eines rechtsverbindlichen Finanzierungsanpruchs durch Gesetz Abgesehen von der erörterten, auf den Gesichtspunkt der Transparenz gestützten Forderung nach einer betragsmäßigen Fixierung der Fraktionsgelder in den Fraktionsgesetzen sind in der rechtswissenschaftlichen Diskussion Erwägungen, die die Notwendigkeit einer gesetzlichen Konkretisierung unter Einbeziehung des den Fraktionen in der institutionalisierten Staatlichkeit zukommenden Status und der verfassungsrechtlichen Qualität ihres Finanzierungsanspruchs beurteilen, bisher nahezu vollständig zu vermissen. Wie darzulegen sein wird, ist es jedoch gerade zur Absicherung der Rechtsposition der Fraktionen als auch der der Parlamente an sich angezeigt, als adäquate Regelungsform das Gesetz zur Festsetzung der Fraktionsgelder zu wählen. Deutlich wird dies insbesondere bei den Schwierigkeiten, die bei der Mittelbewirtschaftung auftauchen können. Wird der Umfang der für die Arbeit der Fraktionen bereitzustellenden Mittel allein im Haushalt ausgewiesen, resultiert daraus im Verhältnis von Parlament und Verwaltung allein eine Ermächtigung zur Leistungserbringung und nach überwiegender Ansicht keine Verpflichtung der Verwaltung 314 . Wie oben bereits angedeutet315, ergibt sich dadurch beim Fehlen einer gesetzlichen Konkretisierung des Leistungsanspruchs nach Grund und Betrag das Problem, ob eine Regelung im Gesetz dem Grunde nach, die die Festsetzung der Höhe dem Haushalt überläßt, einen außenwirksamen Leistungsanspruch zugunsten der Fraktionen zu begründen vermag. Eine abschließende Beantwortung dieser Frage bedürfte einer gesonderten Untersuchung. Für die Thematik genügt es hier, auf die mit der bestehenden Rechtsunsicherheit verbundenen Konsequenzen hinzuweisen. Das Ergebnis der rechtlichen Beurteilung entscheidet nicht nur über das Bestehen einer justitiablen Forderung der Fraktionen 316 , sondern auch darüber, ob die Geldleistungen an die Fraktionen als Zuwendungen nach §§23, 44 BHO/LHO erbracht werden und der mittelbewirtschaftenden Stelle damit grundsätzlich ein Ermessen 317 bei der Mittelgewährung eingeräumt ist. Sofern man die Ansicht vertritt, das Zuwendungsrecht sei anwendbar 318, hat dies weitreichende Folgen für die Ausübung der verfassungsrechtlichen Befugnisse von Parlament und Fraktionen.

314 Zum Ganzen Heun, S. 409 ff.; Pechstein, VerwArch 86 (1995), 359, 361; Maunz, in: M/D/H/S, Art. llORn 14. 315 Kapitel C.II.l.b.bb. 316 § 3 Abs. 2 BHO/LHO stellt klar, daß die bloße Ermächtigung im Haushalt keine Ansprüche begründet. 317 BVerfGE 46, 268; Heuer, in: Heuer, KHR, Art. 110 RN 6; Krämer/Schmidt, B IV 2.2, S. 16 f.; Maunz, in: M/D/H/S, Art. 110 RN 69. 318 Davon geht der Direktorenentwurf aus, der in seiner Begründung zu § 8 die Maßstäbe des für Zuwendungen geltenden § 14 HGrG für anwendbar erklärt, Präsidentenkonferenz 1992, S. 55; ebenso Strauß-Zielbauer/Schnellbach, ZParl 24 (1993), 588, 594. A.A. Begründung des Ge-

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

Zur Gewährleistung einer zweckentsprechenden Mittelverwendung sind der Exekutive durch das Zuwendungsrecht eine Reihe von Kompetenzen zugewiesen, wie etwa Bestimmungen über einen Verwendungsnachweis zu treffen, ein verwaltungsmäßiges Prüfungsrecht festzulegen oder im Falle einer zweckwidrigen Mittelverwendung Rückforderungsansprüche geltend machen zu können, vgl. §§44 Abs. 1 S. 2, 3; 44a BHO/LHO. Der Parlamentspräsident, der in seiner Eigenschaft als Chef einer obersten Bundes- beziehungsweise Landesbehörde den Einzelplan des Parlaments verwaltet 319 , besitzt dadurch die Befugnis, durch den Erlaß von Bedingungen, Auflagen oder sonstigen Nebenbestimmungen unmittelbar über die Art und Weise, wie die Fraktionen die ihnen parlamentsrechtlich zugewiesene Position wahrnehmen, mitbestimmen zu können 320 . Insoweit erscheint es mit der verfassungsrechtlichen Stellung und der elementaren Bedeutung der Fraktionen für den Erhalt der inhaltlichen und organisatorischen Arbeitsfähigkeit der Parlamente nur schwer zu vereinbaren, wenn die mittelbewirtschaftende Stelle ihren Beurteilungsspielraum zu nutzen vermag, um eigene Kriterien zur Abgrenzung der Aufgabenbereiche der Fraktionen etwa zu den Parteien zu entwickeln oder eigene Maßstäbe für eine zweckentsprechende und angemessene Wahrnehmung einzelner parlamentarischer Aufgaben aufzustellen. So ist es beispielsweise denkbar, daß die Mittel nicht in voller Höhe zugewiesen werden, weil unter Hinweis auf die zahlreichen Stimmen in der Literatur die Ansicht vertreten wird, eine Verwendung der Gelder für die beabsichtigte Öffentlichkeitsarbeit 321, die Funktionszulagen an Fraktionsmitglieder oder die Aufwendungen für die Zusammenarbeit mit anderen Parlamenten seien mit der Verfassung nicht zu vereinbaren 322. Geht man von der Einschlägigkeit des Zuwendungsrechts aus, wird auf diese Weise den Parlamenten die Kompetenz aus der Hand genommen, selbst letztverbindlich die

setzentwurfs eines Fraktionsgesetzes der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. im Deutschen Bundestag v. 20.04.1993, BT-Drs. 12/4756, zu § 52, S. 9, die von einer Sonderform der Bereitstellung öffentlicher Gelder spricht, fiir die die Bundeshaushaltsordnung keine Regelungen bereithalte; ähnlich auch Rundel, S. 146 f., zur insoweit vergleichbaren Rechtslage bei der Gewährung der Fraktionszuschüsse in Baden-Württemberg nach § 19 des Gesetzes über die Entschädigung der Abgeordneten a.F. 319 Troßmann, Ergänzungsband, GO-BT, § 6 RN 3. 320 So hat das Bundesverfassungsgericht im sogenannten „Wüppesahl-Urteil" auf der Grundlage der ehemaligen Praxis des Bundes, nach der die Geldleistungen an die Bundestagsfraktionen ausschließlich aufgrund einer Ermächtigung im EP 02 Kap. 0201 Titel 684 01 und damit eindeutig in der Form von Zuwendungen erbracht wurden, darauf hingewiesen, daß die Zuschüsse den Fraktionen unter der Verantwortlichkeit des Bundestagspräsidenten zugewiesen würden (BVerfGE 80,188,214) und eine zweckwidrige Verwendung von diesem zu unterbinden sei (BVerfGE 80,188,231). 321 Verwiesen sei auf den Sachverhalt des oben näher geschilderten Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein (Beschluß v. 24.05.1995-6 A 286/94), Fußnote 177 in Kapitel C.II.2.a. Die Parlamentspräsidentin des Schleswig-Holsteinischen Landtags hatte in den Jahren 1994 und 1995 aufgrund von Zweifeln an der beabsichtigten Öffentlichkeitsarbeit einer Landtagsfraktion die sogenannten Zuschüsse nur in Höhe von 75 v.H. ausgezahlt. 322 Näher dazu unten Kapitel C.III.2.C.

II. Die Modalitäten der Mittelbereitstellung

149

parlamentarischen Aufgaben der Fraktionen zu definieren und damit deren Mittelverwendung den Zulässigkeitsmaßstab vorzugeben. Insoweit ist zu berücksichtigen, daß es sich bei der dabei vorzunehmenden Beurteilung primär um eine durch die erforderliche Abgrenzung der Befugnisse von den am politischen Willensbildungsprozeß Beteiligten geprägte Verfassungsfrage handelt 323 , deren Beantwortung nicht der Mittelbewirtschaftung überlassen bleiben sollte. Gleichzeitig wäre jede Einflußnahme des Parlamentspräsidenten als Eingriff in die von der verfassungsrechtlich verbürgten Fraktionsautonomie umfaßte Befugnis der Fraktionen zur eigenständigen und flexiblen Entscheidung über den konkreten Einsatz ihrer Mittel zu werten. Ohne eine entsprechende Überwachung durch die mittelbewirtschaftende Stelle vergrößert sich zwar womöglich die Tendenz zu einer zweckwidrigen Mittelverwendung. Sofern aber wie durch die Fraktionsgesetze von Bayern, Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Thüringen die Möglichkeit geschaffen ist, nachträglich einen Rückerstattungsanspruch für die nicht verbrauchten oder nicht bestimmungsgemäß verwendeten Fraktionsmittel geltend machen zu können 324 , sind die zu mißbilligenden Auswirkungen einer zwekkentfremdeten Verwendung öffentlicher Gelder geringer zu bewerten als eine reglementierende Einflußnahme in die grundsätzlich autonome Aufgabenwahrnehmung der Fraktionen. Zusätzlich gewährleistet eine für den Haushaltsgesetzgeber verbindliche Feststellung der Beträge in den Gesetzen, daß deren Festsetzung den Unwägbarkeiten eines jährlich erneut durchzuführenden Haushaltsbewilligungsverfahrens entzogen ist. Dies führt in Hinblick auf die Haushaltsautonomie der Fraktionen zu einer Verbesserung ihrer Planungssicherheit und ermöglicht es ihnen, ihren Mitteleinsatz zu optimieren, wenn beispielsweise durch die Einstellung von Mitarbeitern oder die Anschaffung und Unterhaltung von Datenverarbeitungs- und Kommunikationseinrichtungen mitunter erhebliche und langfristige finanzielle Verpflichtungen eingegangen werden müssen. Ungeklärt ist daneben weiter die Frage, ob bei einer Mittelfestsetzung im Haushalt der Einzelplan des Parlaments und damit auch die Haushaltsansätze zugunsten der Fraktionen von einer durch den Finanzminister verhängten Haushaltssperre nach § 41 BHO/LHO erfaßt werden können. Insoweit soll hier für eine Einschränkung der grundsätzlich bestehenden Gesamtverantwortung des Finanzministers für eine ordnungsgemäße Abwicklung aller Einzelpläne im parlamentarischen Bereich plädiert werden 325 . Zur Absicherung der verfassungsrechtlichen Stellung der Parlamente und der Fraktionen sowie aus Gründen der Normenklarheit liegt es daher nahe, 323

Vgl. etwa BVerwG, NJW 1985, 2346, sowie oben Kapitel B.III.2.a. Art. 4 FraktG Bay; § 4 FraktG BW; § 6 FraktG Bbg; § 4 FraktG Hess; § 33 c Abs. 1 AbgG NS; § 6 FraktG RP; § 4 FraktG SA; § 56 AbgG Thür. 325 Vgl. Dommach, in: Heuer, KHR, § BHO RN1; Piduch, Bundeshaushaltsrecht, § 41BHO RN1. 324

150

C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

durch eine gesetzliche Regelung über Grund und Betrag einen Rechtsanspruch der Fraktionen auf die festgesetzten Geldleistungen zu begründen.

III. Die Mittelverwendung durch die Fraktionen 1. Die allgemeine Zweckbindung der Mittelverwendung an die Erfüllung parlamentarischer Aufgaben Die Fraktionen unterliegen bei der Verwendung der ihnen zugewiesenen staatlichen Mittel den Vorgaben, mit denen die Bereitstellung und die Bewilligung der öffentlichen Gelder verknüpft worden ist. Bei der Verausgabung ihrer Mittel sind sie damit von Verfassungs wegen zumindest an die Maßstäbe gebunden, die bereits für die staatliche Entscheidung über ihre Finanzierung aufgestellt worden sind. Jede Mittelverwendung muß daher durch die Erfüllung einer im öffentlichen Interesse anerkannten Aufgabe der Fraktionen motiviert sein. Sofern das durch die Verfassungssystematik vorgegebene Aufgabenspektrum der Fraktionen 326 keine Ausdehnung oder eine Einschränkung durch das Verfassungsrecht, durch das einfache Recht oder durch die Ausgabeermächtigungen in den Haushalten 327 erfährt, ist die Zulässigkeit der Mittelverwendung demnach danach zu beurteilen, ob sie zur Wahrnehmung der für die Fraktionen spezifischen Koordinations- und Integrationsfunktion dient und darin zugleich ihre Rechtfertigung findet. Grundsätzlich werden durch diese Zweckbestimmung alle Aktivitäten erfaßt, die erforderlich sind, um den auf die Herausbildung der parlamentarischen Entscheidung gerichteten Einigungsprozeß in der Fraktion und innerhalb des parlamentarischen Verfahrens voranzutreiben. Welcher Tätigkeiten es im Einzelfall für eine sachgerechte Erfüllung ihrer parlamentarischen Aufgaben bedarf und welche finanziellen Mittel für deren Durchführung von Nöten sind, wird maßgeblich durch den jeweiligen parlamentarischen Entscheidungsgegenstand bestimmt. Je nach der Schwierigkeit einer Materie, ihrer politischen Umstrittenheit und ihrer Dringlichkeit sowie nicht zuletzt in Abhängigkeit von dem politischen Selbstverständnis einer Fraktion werden unterschiedliche Anforderungen an eine inhaltliche und politische Aufbereitung eines Sachthemas, an die Erforderlichkeit und die Form einer Rückkopplung zur Öffentlichkeit oder beispielsweise an die Notwendigkeit eines informellen Erfahrungs- und Mei-

326 Vgl. oben die Darstellung „Die öffentlichen und damit finanzierungsfähigen Aufgaben der Fraktionen", Kapitel B.III.2.a. 327 Werden die Mittel wie etwa nach der Rechtslage in Sachsen als Zuwendungen erbracht, wäre weiter gesondert zu klären, inwieweit zusätzlich der mittelbewirtschaftenden Stelle in Gestalt des Parlamentspräsidenten eine Befugnis zur Konkretisierung der Zweckbindung nach § 44 LHO eingeräumt ist, vgl. näher zur Problematik oben unter Kapitel C.II.3.b.

III. Die Mittelerwendung durch die Fraktionen

151

nungsaustauschs mit parlamentarischen Gruppierungen anderer Parlamente gestellt 328 . Solange die Fraktionen die ihnen bereitgestellten öffentlichen Mittel in Ausübung der ihnen verfassungsrechtlich eingeräumten Fraktionsautonomie zur Bewältigung der aktuellen Arbeit des Parlaments einsetzen, lassen sich gegen eine dementsprechende Verwendung prinzipiell keine Bedenken erheben 329 . a) Die gebotene Abgrenzung zum Bereich der Aufgaben der Parteien und der Abgeordneten In negativer Hinsicht ist gemäß der herausgearbeiteten verfassungsrechtlichen Legitimation des Fraktionsstatus der Bereich, in dem eine Entfaltung der Fraktionen im Sinne einer Wahrnehmung ihrer legitimen öffentlichen Aufgaben anerkannt ist, strikt gegenüber dem Feld der Aufgaben, das den Parteien und den Abgeordneten zugewiesen ist, abzugrenzen. Jeder Einsatz von Mitteln der Fraktionen für parteipolitische Zwecke 330 oder zur Unterstützung einzelner Abgeordneter bei der Ausübimg ihrer Mandatstätigkeit 331 ist zu unterbinden. Neben der gebotenen Übertragung der für die Begründung des Fraktionsstatus geltenden Grundsätze auf die Ebene der Fraktionsfinanzierung ergibt sich die Notwendigkeit einer Differenzierung gegenüber den Parteien und den Abgeordneten zusätzlich aus dem den Prozeß der politischen Willensbildung durchgängig beherrschenden Prinzip der Chancengleichheit. A u f der Grundlage der früheren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts war eine Abgrenzung von Parteien- und Fraktionsfinanzierung darüber hinaus zur Vermeidung einer verdeckten Parteienfinanzierung geboten, um eine Umgehung des damals aus dem Grundsatz der Staatsfreiheit der Parteien gefolgerten Verbots einer allgemeinen Staatsfinanzierung der Parteien zu verhindern 332 . Nach der zwischenzeitlich erfolgten ausdrücklichen Aufgabe dieses

328

C.III.2. 329

Näher zur Zulässigkeit einzelner umstrittener Tätigkeitsbereiche, siehe unten Kapitel

Vgl. auch JekewitZy ZParl 15 (1984), 14,21. A.A. Mardiniy S. 109 ff, 116, die unter Anerkennung der sogenannten „Doppelfunktionalität" der Parteien eine Freigabe von 10 v.H. der Fraktionsgelder zur Verwendung für die parteipolitische Arbeit der Fraktionen für geboten hält. 331 So aber beispielsweise die Rechtfertigung der Fraktionsfinanzierung nach der Begründung des Entwurfs eines Fraktionsfinanzierungsgesetzes der Abgeordneten Poppe, Schenk, Schulz, Ullmann, Wollenberg und der Gruppe Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag v. 20.09.1993, BT-Drs. 12/5788, S. 6. Vgl. auch die identische Begründung des weitgehend übereinstimmenden Gesetzentwurfs der Fraktion Die Grünen im Landtag von Nordrhein-Westfalen v. 05.08.1992, NRWDrs. 11 /4162, S. 14. Auch Martin, S. 68 ff., und Morloky JZ1989,1035,1045; ders., NJW1995,29,30, charakterisieren die Leistungen an die Fraktionen als eine Form der Ausstattung fiir die Wahrnehmung des Mandats. Ähnlich Hans Meyer, KritV 1995,216,237; ders., Emanzipation, S. 328, der die Funktion der Fraktionen auch auf die Arbeit der Parlamentarier als solche bezogen sieht. 332 BVerfGE 20,56; von Arnim, Staatliche Fraktionsfinanzierung, S. 39; Horn, S. 172; Morlok, JZ 1989,1035,1045. 330

152

C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

Verbots durch das Bundesverfassungsgericht im Parteienfinanzierungsurteil 1992333 beschränkt sich die verfassungsrechtliche Begründung für eine Unterscheidung nunmehr neben der Einhaltung der getrennten Zweckbindung von Parteien- und Fraktionsfinanzierung auf eine Gewährleistung der finanziellen Chancengleichheit im außerparlamentarischen Bereich. Betreibt eine Fraktion beispielsweise eine Öffentlichkeitsarbeit in einem Stil, die als Wahlwerbung zugunsten der Partei aufgefaßt werden kann, beinhaltet dies eine mittelbare staatliche Unterstützung, über die die übrigen Konkurrenten im gesellschaftspolitischen Bereich nicht verfügen 334 . In bezug auf die gebotene Abgrenzung zur Tätigkeit des Abgeordneten hat das Bundesverfassungsgericht im Wüppesahl-Urteil hervorgehoben, daß jede Verwendung der Mittel für Zwecke, für die der Abgeordnete eine Amtsausstattung nach § 12 BAbgG erhält, zu unterbinden sei 335 . Die Formulierung legt den Schluß nahe, daß nach Ansicht des Gerichts lediglich eine gleichheitswidrige Mehrfachfinanzierung zu vermeiden sei 336 . Unabhängig von der Frage, ob der Abgeordnete für einen ihm im Zusammenhang mit der Abgeordnetentätigkeit entstehenden Aufwand eine Amtsausstattung erhält, begründet jede Tätigkeit des Fraktionsapparats, die einem einzelnen Abgeordneten zugute kommt, einen Eingriff in die statusrechtliche Gleichheit der anderen Abgeordneten 337. Kann dieser Eingriff nicht durch die Verfolgung eines fraktionsspezifischen Zwecks im Sinne der Koordination gerechtfertigt werden, stellt die Bevorteilung eines einzelnen Abgeordneten nicht nur einen Verstoß gegen die mit der Mittelbereitstellung verbundene Zweckbindung dar, sondern führt gleichzeitig zu gleichheitswidrigen Auswirkungen auf die Balance des parlamentarischen Kräfteverhältnisses zwischen den Abgeordneten. Letztlich wird das Prinzip der Chancengleichheit zwar auch durch die vom Bundesverfassungsgericht getroffene Aussage gewährleistet, da von § 12 AbgG des Bundes grundsätzlich alle durch das Mandat veranlaßten Aufwendungen abgegolten werden. Die Möglichkeit einer Verletzung der Chancengleichheit ist allerdings dann gegeben, wenn Regelungen zur Amtausstattung keine umfassende Abgeltung des gesamten mandatsbedingten Aufwands der Abgeordneten beinhalten 338 . Darüber hinaus sollte es bereits aus Klarstellungsgründen 333

BVerfGE 85, 264. Vgl. BVerfGE 44, 125, 143; BVerfG, DÖV 1983, 153; VerfGH Saarland, NJW 1980, 2181, 2183; StGH Bremen, NVwZ 1985, 649; StGH Hessen, NVwZ 1992, 465; VerfGH NRW, NVwZ 1986,463; ders., NVwZ 1992,467. 335 BVerfGE 80,188,231. 336 So beispielsweise die Interpretation von Florian Becker, ZParl 27 (1996), 189, 191; Schulze-Fielitz, DÖV 1989, 829, 835. 337 BVerfGE 40, 296, 317 f.; 70, 324, 354; vgl. auch Czepluch, S. 129 ff. 338 Vgl. etwa §§ 6 ff AbgG Hess, die den Anspruch auf Aufwandsentschädigung lediglich durch eine Aufzählung einzelner Elemente der Amtsausstattung konkretisieren und dadurch nicht zwangsläufig abschließend geregelt haben. 334

III. Die Mittelerwendung durch die Fraktionen

153

geboten sein, mit der Hervorhebung der verfassungsrechtlichen Eigenständigkeit der Abgeordneten und der Fraktionen die Unterschiedlichkeit ihrer Aufgaben zu betonen, da es sich dabei letztendlich um den für eine Beurteilung der Zulässigkeit der Mittelverwendung der Abgeordneten oder der Fraktionen entscheidenden Maßstab handelt 3 3 9 , 3 4 0 . So deutlich sich aus verfassungsrechtlicher Sicht das Bedürfnis formulieren läßt, daß zur Legitimation einer jeden Verwendung der öffentlichen Mittel durch die Fraktionen stets ein Bezug zur Wahrnehmung ihrer anerkannten öffentlichen Aufgaben herzustellen ist, wirft dies bei einer Begutachtung der Ordnungsmäßigkeit einer konkreten Verwendung der Mittel oft erhebliche Schwierigkeiten auf. I m Einzelfall läßt sich von außen - sei es durch die Öffentlichkeit, durch die Parlamentspräsidenten oder durch die Rechnungshöfe kaum beurteilen, ob etwa von den Fraktionen beschäftigte Mitarbeiter dazu eingesetzt werden, um politische Grundlagenarbeit im Interesse der Partei zu leisten 341 oder um Wahlkreisangelegenheiten der Fraktionsmitglieder wahrzunehmen, ebenso wie es beispielsweise einem Aufwand für Fahrt- und Reisekosten an sich nicht anzusehen ist, ob dieser tatsächlich seine Veranlassung in der Verfolgung eines Koordinationszwecks findet. Handelt es sich etwa um die Fahrt eines Fraktionsmitglieds zu einer Parteiveranstaltung, ist zu unterscheiden, ob die Teilnahme primär der Mitwirkung an der Arbeit der Partei dienen soll oder etwa die Informationsgewinnung zur Vorbereitung einer parlamentarischen Entscheidung der Fraktion im Vordergrund steht. Ob die Zweckbindung gewahrt ist, hängt damit oft allein von der subjektiven Einschätzung einer Fraktion und einer entsprechenden Darlegung des von ihr verfolgten Zwecks ab. Die häufig gleichgerichteten politischen Ziele der Fraktionen und der Parteien oder der Fraktionen und der Abgeordneten eröffnen daneben die Möglichkeit, daß ursprünglich durch die Interessen der Partei oder einzelner Abgeordneter motivierte Aktivitäten wie zum Beispiel die Durchführung eines Hearings zu einem Sachthema nicht von diesen, sondern nunmehr unter der Regie der Fraktion veranstaltet und dadurch auch aus deren Geldern finanziert wird. Dieser Vorgang wird unter zweierlei Gesichtspunkten kritisiert. Einerseits zeige sich darin, daß die Fraktionsfinanzierung zu einem Ersatz für die „gestoppte" Parteienfinanzierung geworden sei 342 . Andererseits komme es durch die extensive Fraktionsfinan-

339 Ähnlich von Arnim, Finanzierung der Fraktionen, S. 25 f.; Müller, NJW 1990, 2046, 2047 FN 41. 340 So wird beispielsweise von Annette Fischer, S. 179 f., und Martin, S. 71 f., als negative Folge einer zweckwidrigen Mittelverwendung nur die Möglichkeit einer Verbesserung der privaten Einkommenssituation angeführt. 341 Ismayr nennt das Beispiel, daß auf den letzten SPD-Parteitagen die meisten Anträge des Parteivorstandes in den Arbeitskreisen der Fraktion (vor)formuliert worden seien, Ismayr, S. 42. 342 Von Arnim, Finanzierung der Fraktionen, S. 26 f.; ders., Partei II, S. 149 ff.; Hans Meyer, Fraktionsgesetze, S. 87 f.; Tsatsos, in: Hans Meyer, Fraktionsgesetze, S. 99.

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

zierung zu einer unzulässigen Verschiebung der Machtverhältnisse von den Parteien auf die Fraktionen 343 . Ohne die politisch zu entscheidende Frage zur angemessenen Höhe der Fraktionsfinanzierung aufgreifen zu wollen, ist darauf hinzuweisen, daß allein eine Verlagerung eines Vorhabens auf die Fraktionen, für sich betrachtet, noch nicht kritikwürdig ist. Mit dem Moment, in dem sich eine Fraktion eines Sachthemas - gleich von welcher Seite die Anregung herrührt annimmt, kommt es entweder zu der grundsätzlich anzustrebenden Aufnahme gesellschaftspolitischer Anstöße durch den parlamentarischen Bereich oder es vollzieht sich eine Einbindung der individuellen Interessen einzelner Abgeordneter in den Willensbildungsprozeß der Fraktion. Indem das ursprünglich nur von einem einzelnen Parlamentarier verfolgte Anliegen nunmehr auf der breiteren Ebene des innerfraktionellen Willensbildungsprozesses zur Erörterung kommt, wird gerade der mit Blick auf die Herstellung der Funktionsfähigkeit der Parlamente erforderlichen Vorklärungsfunktion der Fraktionen entsprochen. Zur Präzisierung der Zweckbindung enthalten nahezu sämtliche Fraktionsgesetze Bestimmungen, nach denen eine Verwendung der öffentlichen Leistungen für Parteiaufgaben ausdrücklich als unzulässig bezeichnet wird 3 4 4 . In Hinblick auf die ebenfalls gebotene Abgrenzung zum Tätigkeitsbereich der Abgeordneten ist dagegen regelmäßig eine entsprechende gesetzliche Klarstellung zu vermissen. Eine Ausnahme bilden hier allein die Fraktionsgesetze von Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen, die in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 345 eine Verwendung für Zwecke, für die Abgeordnete eine Amtsausstattung erhalten, ebenfalls für unzulässig erklären 346 . Die überwiegend fehlende Betonung der zugleich gebotenen Grenzziehung zu den Abgeordneten wirft die Frage auf, ob die Ursache dafür ein falsches Verständnis von der Mitwirkungs- und Koordinationsfunktion der Fraktionen an der Bewältigung der parlamentarischen Arbeit ist. Unter Umständen zeigt sich darin, daß entgegen der hier vertretenen verfassungsrechtlichen Legitimation des Fraktionsstatus die spezifische Funkti-

343 Hennis, in: F. A.Z. v. 11.03.1996, Bl. 9; Hans Meyer, KritV 1995,217,228; ders., Fraktionsgesetze, S. 87,100; Stock, in: F.A.Z. v. 06.06.1995, Bl. 1. 344 So § 50 Abs. 4 S. 2 BAbgG; Art. 2 S. 3 FraktG Bay; § 3 Abs. 2 S. 2 FraktG BW; § 4 Abs. 1 S. 2 FraktG Bbg; § 40 Abs. 4 S. 2 AbgG Bre; § 2 Abs. 5 FraktG HH; § 2 Abs. 4 FraktG Hess; § 54 Abs. 2 S. 2 AbgG MV; § 31 Abs. 3 AbgG NS; § 2 Abs. 1 S. 2 FraktG RP; § 2 S. 3 FraktG SA; § 6 Abs. 5 S. 2 SH; § 51 S. 5 AbgG Thür. 345 BVerfGE 80,188,231. 346 § 4 Abs. 3 FraktG Bbg; § 2 Abs. 1 S. 2 FraktG RP, § 6 Abs. 5 S. 2 FraktG SH, und § 51 S. 5 AbgG Thür. Eine entsprechende Bestimmung enthält auch die von der Präsidentin des Abgeordnetenhauses von Berlin nach § 8 Abs. 12 FraktG Bin erlassene Richtlinie für die Verwendung der Geld- und Sachleistungen. Erneut ist jedoch auf die für eine Differenzierung in der Mittelverwendung oben dargelegte Maßgeblichkeit der Aufgabenspektren zu verweisen.

III. Die Mittelerwendung durch die Fraktionen

155

on der Fraktionen auch in einem Tätigwerden zugunsten der einzelnen Fraktionsmitglieder erblickt wird 3 4 7 . b) Erstreckung der Zweckbindung auch auf nichtstaatliche Einnahmen der Fraktionen In die dargestellte allgemeine Zweckbindung der Fraktionsmittel sind auch die nichtstaatlichen Einnahmen der Fraktionen einzubeziehen, die diese etwa von ihren Mitgliedern oder von privaten Spendern erhalten. Ein Vorprüfungsausschuß des Bundesverfassungsgerichts hatte dagegen in einem Beschluß aus dem Jahre 1982 rechtliche Bindungen der Fraktionen bei der Verwendung sogenannter „freier" Einnahmen verneint 348 . Danach wäre nichts dagegen einzuwenden, wenn die Fraktionen großzügige Geschenke verteilen, in parteiergreifender Weise Öffentlichkeitsarbeit betreiben oder nicht durch ihre parlamentarische Arbeit veranlaßte Reisen unternehmen würden, solange nur die Kosten für die Durchführung einer nicht zweckentsprechenden Maßnahme die Einnahmen aus „privaten" Mitteln nicht überstiegen. Es ist jedoch zu bedenken, daß die Fraktionen ihre verfassungsrechtliche Anerkennung allein in der Herstellung und der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Parlamente finden. Aufgrund ihrer Einbindung in die institutionalisierte Staatlichkeit erfaßt diese verfassungsrechtliche Vorgabe das gesamte Wirken der Fraktionen 349 . Sobald die Fraktion als solche tätig wird oder die Fraktionsmitglieder als Fraktion auftreten, handeln sie als eine politische Gliederung eines Parlaments, die demgemäß auch an die für die Fraktionstätigkeit geltenden verfassungsrechtlichen Schranken gebunden ist. Unabhängig davon, aus welcher Quelle die Fraktionen Mittel erhalten, ist deren Verwendung damit allein für anerkannte Zwecke der Fraktionstätigkeit zulässig. Dies hat zur Konsequenz, daß wenn Abgeordnete oder die Fraktion als solche dennoch im Namen der Fraktion andere, nicht durch die Ausübung einer für die Fraktionen spezifischen parlamentarischen Funktion veranlaßte Aufgaben wahrnehmen, die Tätigkeit rechtlich nicht als ein Handeln der Fraktion gewertet werden kann. Sofern derartige Maßnahmen nicht ausschließlich aus den sogenannten 347

Die Bedenken werden weiter verstärkt, wenn den Fraktionen in Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Hessen und Niedersachsen durch die Fraktionsgesetze u.a. die „Unterstützung ihrer Mitgliederals eine anerkannte Funktion zugestanden wird (näher dazu unten im Kapitel C.III.2.a) oder die Fraktionsgesetze im Bund und in Schleswig-Holstein es als eine der Aufgaben der Fraktionen bezeichnen, die „Öffentlichkeit über die Tätigkeit ihrer Mitglieder M unterrichten zu dürfen, § 47 Abs. 3 BAbgG, § 3 Abs. 3 FraktG SH (näher dazu unten im Kapitel C.III.2.b.cc). 348 BVerfG (Vorprüfungsausschuß), DÖV 1983,153; vgl. auch Mardini, S. 115 f. 349 Zum grundsätzlich selben Ergebnis kommen von Arnim, DÖV 1983, 155; ders., Finanzierung der Fraktionen, S. 25; Bich, S. 153; Heuer, Kontrollauftrag, S. 111; Hans Meyer, KritV 1995, 216, 242 ff.; Hubert Meyer, S. 382, 292.

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

„privaten" Mitteln finanziert werden, sondern unter Zuhilfenahme des Fraktionsapparats - und sei es nur unter Mithilfe des Fraktionspersonals - durchgeführt werden, ist bei einem zweckentsprechendem Umgang mit den öffentlichen Mitteln von den Fraktionen zu verlangen, daß diese einen entsprechenden Erstattungsanspruch gegen das privat- oder fremdnützig agierende Fraktionsmitglied geltend machen.

2. Die Zulässigkeit einzelner gesetzlicher Aufgabenbeschreibungen sowie einer zweckentsprechenden Mittelverwendung In Anbetracht der Vorwirkung, der einer Festlegung der parlamentarischen Aufgaben der Fraktionen in Hinblick auf die Möglichkeiten ihrer staatlichen Finanzierung und einer zweckentsprechenden Verwendung der (öffentlichen) Mittel zukommt, sollen einzelne der durch die Fraktionsgesetze getroffenen einfachgesetzlichen Bestimmungen auf ihre Vereinbarkeit mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben überprüft werden. Insofern wird es erforderlich sein, sich mit den bereits bei der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des Fraktionsstatus festzustellenden unterschiedlichen Interpretationen der in ihrem Wesensgehalt allgemein als Koordination und Integration beschriebenen Aufgabe der Fraktionen erneut auseinanderzusetzen. In diesem Zusammenhang wird sich gleichzeitig die Gelegenheit bieten, aufzuzeigen, inwieweit der Vorwurf, die Fraktionen hätten sich mit dem Erlaß der aktuellen Fraktionsgesetze zum Teil in verfassungsrechtlich zweifelhafter Weise der „Gesetzgebung in eigener Sache" bedient 350 , haltbar ist. a) „ Unterstützung ihrer Mitglieder " Anlaß zur Diskussion besteht vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Stellung der Fraktionen u.a., wenn den Fraktionen wie zum Beispiel durch die Fraktionsgesetze in Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, Hessen und Niedersachsen die Funktion einer nicht näher definierten „Hilfestellung" oder „Unterstützung ihrer Mitglieder bei der Ausübung ihrer parlamentarischen Tätigkeit" 351 zugewiesen wird.

350 So der im Kapitel C.I.l. bereits wiedergegebene Vorwurf von von Arnim, Partei II, S. 137 ff.; Hans Meyer, Emanzipation, S. 319 ff., 344; ders., Fraktionsgesetze, S. 90 ff.; Düke, in: Handelsblatt v. 17.09.1996. 351 § 1 Art. 2 S. 2 Mustergesetzentwurf der Präsidentenkonferenz 1992; Art. 1 Abs. 1 S. 2, 3 FraktG Bay; § 1 Abs. 2 S. 3 FraktG BW; § 2 Abs. 2 S. 2 FraktG Bin; § 1 Abs. 2 S. 2 FraktG HH; § 1 Abs. 1 S. 2 FraktG Hess; § 30 Abs. 2 S. 1,2 AbgG NS. Vgl. die in die gleiche Richtung weisenden Stimmen in der Literatur: Fensch, ZRP 1993,209; Mardini, S. 109.

III. Die Mittelerwendung durch die Fraktionen

157

Dies als eine der Aufgaben der Fraktionen anzuerkennen, steht entgegen, daß mit der verfassungsrechtlichen Begründung des Fraktionsstatus einzig zur Herstellung und zum Erhalt der Funktionsfähigkeit der Parlamente zwangsläufig verbunden ist, daß der öffentliche Auftrag der Fraktionen nicht in der Unterstützung ihrer Mitglieder bei deren eigenen Mandatsausübung gesehen werden kann. Die Fraktionen lassen sich von Verfassungs wegen mitnichten - auch nicht teilweise als Hilfseinrichtungen der Abgeordneten begreifen, sondern sind allein aus Gründen ihres Beitrags zu der Erfüllung der Aufgaben des Parlaments und insbesondere der Herausbildung von dessen Gesamtwillen anzuerkennen 352. Die genannten Bestimmungen lassen sich daher entgegen den teilweise in den Begründungen der Gesetzentwürfe anzutreffenden Erläuterungen 353 keineswegs als eine Beschreibung fraktionsspezifischer Aufgaben auffassen. Zu überlegen bleibt jedoch, ob die Gesetzesformulierungen im Wege einer verfassungskonformen Auslegung als Beschreibung einer zulässigen Form der Fraktionstätigkeit eingestuft werden können. Dabei ist insbesondere mit Blick auf die statusrechtliche Gleichheit der Abgeordneten von Relevanz, inwieweit es eine Interpretation der durch das Wesensmerkmal der Koordination gekennzeichneten parlamentarischen Aufgabe der Fraktionen zuläßt, daß Dienstleistungen des Fraktionsapparats, die dem einzelnen Fraktionsmitglied unter Umständen bei dessen eigener politischen Arbeit zugute kommen, als eine verfassungsgemäße Aufgabenerfüllung der Fraktionen eingeordnet werden können. Stimmen in der Literatur definieren unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, verbunden mit einer Betonung der parlamentarischen Stellung des einzelnen Abgeordneten, den Bereich der staatlich finanzierbaren Fraktionsaufgaben äußerst restriktiv 354 . Das Bundesverfassungsgericht hatte ursprünglich in ständiger Rechtsprechimg die den Fraktionen in der parlamentarischen Demokratie zukommende Aufgabe der Koordination mit der gängigen Formulierung einer „Steuerung und Erleichterung des technischen Ablaufs der Parlamentsarbeit" beschrieben 355. Insoweit war es naheliegend, den Bereich der Fraktionsaufgaben auf ein allein organisationstechnisches Zusammenfügen innerfraktioneller Standpunkte zu beschränken. Dies hätte allerdings zur Folge, daß sich eine staatliche Förderung und eine entsprechende Verwendung der Mittel zulässigerweise nur im Rahmen der Herstellung eines Informationsaustau-

352

Vgl. oben die Kapitel B.II.2. und B.II.4.a. Begründung zu Art. 1 Abs. 1 des Entwurfs eines Fraktionsgesetzes der Fraktionen im Bayrischen Landtag v. 05.02.1992, Bay-Drs. 12/4844, S. 4; Begründung zu § 1 des Mustergesetzentwurfs der Präsidentenkonferenz 1992, S. 53. In Berlin ist die besagte Bestimmung des Fraktionsgesetzes unter der insofern fragwürdigen Überschrift „Aufgabe und Rechtsstellung" zu finden. 354 Von Arnim, Haushaltsrechtliche Veranschlagung, S. 17 f.; Bick, S. 37 i.\ Jäger/Barsch, ZParl 22 (1991), 204,205; Hubert Meyer, S. 398;Müller, NJW1990,2046,2047; Ziekow, JuS 1991,28,30. 355 BVerfGE 1,208,229; 1,351, 359; 2, 143, 159 f.; 2 347, 365; 10,4, 14 f.; 20, 56, 104; 43, 142, 147; 62,194,202. 353

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

sches zwischen den Fraktionsmitgliedern wie etwa der Unterhaltung von Sitzungssälen, Telekommunikationsmöglichkeiten oder eines Sekretariats erschöpfen würden. Eine sachangemessene Wahrnehmung der den Fraktionen durch das Parlamentsrecht zugewiesenen Rechte und Pflichten bedarf dagegen - insbesondere auch unter Berücksichtigung ihrer besonderen Bedeutung für die Herstellung und den Erhalt der Funktionsfähigkeit der Parlamente - weit mehr als einer allein verwaltungstechnischen Tätigkeit. Auch das Bundesverfassungsgericht hat seit der Wüppesahl-Entscheidung bei der Charakterisierung der Fraktionsaufgaben das Merkmal des „technischen Ablaufs" fallengelassen und spricht nunmehr bei im übrigen gleichen Wortlaut davon, daß „die Fraktionen die parlamentarische Arbeit in gewissem Grade steuern und erleichtern" 356 . Die wesentliche Aufgabe der Fraktionen - dies sei an dieser Stelle noch einmal hervorgehoben 357 - besteht in der Vorbereitung und Durchführung des die differenzierenden Einzelstandpunkte innerhalb eines Parlaments austarierenden und zusammenführenden Koordinations- und Integrationsprozesses. Um aus der Vielfalt der auf die Erfüllung der Parlamentsarbeit gerichteten politischen Ansätze der Fraktionsmitglieder eine parlamentarische Initiative der Fraktion zu formen und deren Umsetzung im Wechselspiel mit den übrigen am parlamentarischen Verfahren Beteiligten zu betreiben, ist ein Diskussionsprozeß erforderlich, der auf der Grundlage sachlicher Informationen einerseits und in dem Streben nach politischer Gestaltung andererseits zu führen ist. Das Bemühen um die Herausbildung eines mehrheitsfähigen Konsenses wird dabei elementar von den Fraktionen und den von ihnen unterhaltenen Fraktionsverwaltungen durch eine Reihe von Leistungen wie etwa der wissenschaftlichen Aufbereitung der Beratungsgegenstände und deren politischen Problem- und Folgeanalyse unterstützt. Der einzelne fraktionsangehörige Abgeordnete partizipiert zwangsläufig an diesen von Seiten der Fraktionsverwaltungen erbrachten Unterstützungsleistungen auch bei seiner eigenen politischen Arbeit. In Abhängigkeit von dem Grad der Übereinstimmung eines Fraktionsmitglieds mit der Fraktionslinie ist es diesem möglich, unter Umständen völlig auf eine eigene inhaltliche und politische Aufarbeitung der Sachthemen zu verzichten. Dies versetzt ihn in die Lage, die Ressourcen der eigenen Amtsausstattung zu schonen und etwa verstärkt zur Betreuung des Wahlkreises einzusetzen, während „Abweichler" innerhalb einer Fraktion oder die von derartigen Hilfestellungen gänzlich ausgeschlossenen fraktionslosen Abgeordneten sich anderweitig um eventuell erforderliche Informationen bemühen müssen. In diesem Zusammenhang hatte auch das Bundesverfassungsgericht in seiner Wüppesahl-Entscheidung eine Benachteiligung der fraktionslosen Abgeordneten festgestellt. Es zog daraus allerdings nicht den 356 357

BVerfGE 80,188,231; ebenso BVerfGE 84, 304, 336. Siehe oben Kapitel B.III.2.a.

III. Die Mittelerwendung durch die Fraktionen

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Schluß, daß Tätigkeiten der Fraktionen, die zugleich zu Vorteilen der Mitglieder bei der Ausübung ihres Mandats führen, zu beanstanden seien. M i t Blick auf die gleiche Rechtsstellung der Abgeordneten sah das Gericht lediglich eine Verpflichtung der Parlamentsverwaltungen und insbesondere des wissenschaftlichen Dienstes, die Nachteile der Fraktionslosen auszugleichen358. Allgemein wird indessen darauf hingewiesen, daß das grundsätzlich politisch neutrale Dienstleistungsangebot der parlamentarischen Beratungsdienste keineswegs als gleichwertige Kompensation angesehen werden kann 359 , ganz davon abgesehen, daß ein derartiger parlamentarischer Beratungsdienst nicht von sämtlichen Parlamentsverwaltungen unterhalten wird 3 6 0 . Dessen ungeachtet bestehen gegenüber einer mittelbaren Besserstellung der fraktionsangehörigen Abgeordneten dann keine verfassungsrechtlichen Bedenken, solange die Arbeit des Fraktionsapparats oder sonstige Leistungen der Fraktionen an ihre Mitglieder für eine Tätigkeit im Auftrag und für Zwecke der Fraktion erfolgen. Eine „Unterstützung ihrer Mitglieder" kann danach immer dann als legitim angesehen werden, sofern sie mit der Intention erbracht wird, die Koordination der Fraktionsmitglieder nach innen und außen zu fördern 361. Wird diese verfassungsrechtliche Vorgabe gewahrt, werden weder Fraktionslose noch die in unterschiedlichem Maße an den Leistungen der Fraktionen partizipierenden Fraktionsmitglieder in ihrem Recht auf Chancengleichheit verletzt. Trotz der festgestellten Möglichkeiten eines Fraktionsmitglieds, von den Leistungen der Fraktion für seine eigene politische Arbeit zu profitieren, wird häufig übersehen, daß das einzelne Fraktionsmitglied es nicht vermag, eigenständig die politische Zielrichtung der durch den Fraktionsapparat verfolgten Aktivitäten vorzugeben. In der Regel ist die von der Fraktionsführung vorgenommene Einschätzung der Bedürfnisse einer gemeinschaftlichen Mandatsausübung maßgeblich. Eine rechtliche Zurechnung daraus erwachsender, nicht faßbarer Vorteile zur Rechtsposition des einzelnen Abgeordneten ist daher gleichfalls abzulehnen. Daneben wird eine tatsächliche Gleichstellung der Abgeordneten auch vor dem Hintergrund der im Prozeß der politischen Willensbildung streng formalen Geltung des Gleichheitsgrundsatzes 362 nicht gefordert 363 . Von Rechts wegen ist die gleiche

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BVerfGE 80,188, 231 f. Müller, NJW 1990, 2046, 2047. Martin, S. 103 f., ist darüber hinaus der Ansicht, die Ungleichbehandlung sei durch einen Zuschlag bei der Amtausstattung des fraktionslosen Abgeordneten auszugleichen. 360 An einem derartigen durch die Parlamentsverwaltungen eingerichteten parlamentarischen Beratungsdienst fehlt es beispielsweise in Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen. 361 So auch Hauenschild, S. 142. 362 Vgl. etwa BVerfGE 8,51,65; Abmeier, S. 22.0ff.;Birk, NJW 1988,252Schönberger^. 108. 363 Ziekow, JuS 1991, 28, 29. Vgl. auch Morlok, JZ 1989, 1035, 1046, der die vom Bundesverfassungsgericht begründete Ausgleichspflicht als einen nicht gebotenen Schritt von einer rechtlichen Gleichstellung zu einer tatsächlichen Gleichbehandlung kritisiert; sich ihm anschließend Florian Becker, ZParl 27 (1996), 189, 193. 359

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

Ausgangslage als eine Gleichheit der Chancen der Abgeordneten zu gewährleisten 364 . Mit welchem Erfolg das einzelne Parlamentsmitglied sein Mandat schließlich wahrnimmt, ist abhängig von vielfältigen Einflußfaktoren, wie seiner persönlichen Überzeugungskraft, seinem Arbeitseinsatz oder seiner Einbindung in das politische Kräftespiel, z.B. durch die Bekleidung eines herausgehobenen Amtes in Parlament, Partei, Verband, Kirche oder Gewerkschaft. Hierzu zählt auch die zur Ausübung des freien Mandats zu rechnende Entscheidung des Abgeordneten, sich einer Fraktion anzuschließen oder nicht 365 . In welchem Maße den fraktionsangehörigen Abgeordneten dabei „Vorteile" aus ihrer Mitgliedschaft in einer Fraktion erwachsen, wird vor allem vom Umfang der Finanzausstattung bestimmt, die darüber entscheidet, wieviele Mitarbeiter eine Fraktion zu beschäftigen in der Lage ist oder in welchem Umfang sie sich externen Sachverstand durch eine Inauftraggabe wissenschaftlicher Gutachten nutzbar machen kann. Mit der staatlichen Entscheidung über das an die Fraktionen bereitzustellende Finanzvolumen bringt das Parlament zum Ausdruck, in welchem Maße die gemeinschaftliche Arbeit einer institutionalisierten Gruppe von Parlamentariern zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Gesamtparlaments gefordert werden soll. Die damit verbundene „Schlechterstellung" der parlamentarischen Einzelkämpfer erscheint unter diesem Blickwinkel als natürlicher Reflex eines parlamentarischen Verfahrens, das auf die Herausbildung von parlamentarischen Entscheidungen ausgerichtet und angewiesen ist. Kann nach den angestellten Überlegungen auch die teilweise bei der Beschreibung der Fraktionsaufgaben anzutreffenden Formulierung „Unterstützung ihrer Mitglieder" bei verfassungskonformer Auslegung als eine zulässige Form der Fraktionstätigkeit angesehen werden, sind die angesprochenen Formulierungen in den Fraktionsgesetzen aufgrund ihrer Mißverständlichkeit dennoch als bedenklich einzustufen. Es besteht die Gefahr, daß aufgrund der auch nach Abschluß der gesetzgeberischen Bemühungen um Rechtsklarheit weiterhin festzustellenden Rechtsunsicherheiten in der Beurteilung der verfassungsrechtlichen Vorgaben der Fraktionsfinanzierung ihre Fortsetzung finden, indem die in der Vergangenheit mehrfach zu beobachtende extensive Unterstützung der Man-

364 Allgemein Birk, NJW1988,2521; Bernzen/Gottschalck, ZParl 21 (1990), 393,394; Morlok, JZ 1989,1035,1046. 365 So spricht das Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 80, 188, 221, davon, daß die Zugehörigkeit oder die Nichtzugehörigkeit zu einer Fraktion einzig den „tatsächlichen Einfluß der Abgeordneten auf Verlauf und Inhalt der parlamentarischen Entscheidungen" (Anm.: Unterstreichung durch den Verfasser) betreffe. Vgl auch Claus Arndt, Fraktion und Abgeordneter, § 21 RN 9, S. 694; Bernzen/Gottschalck, ZParl 21 (1990), 393, 394; Rösslein, S. 135 ff.; Schütt-Wetschky, Aus Politik und Zeitgeschehen B 21-22/91, 15, 20 ff.; sowie die Darstellung im Kapitel B.II.3.c.cc.

III. Die Mittelerwendung durch die Fraktionen

161

datstätigkeit der Fraktionsmitglieder durch den Fraktionsapparat 366 sich nunmehr auf den Wortlaut der Fraktionsgesetze zu stützen vermag.

b) „ Unterrichtung

der Öffentlichkeit"

Nach den Regelungen sämtlicher Fraktionsgesetze w i r d die „Unterrichtung der Öffentlichkeit über ihre parlamentarische A r b e i t " 3 6 7 entgegen der aus den Reihen der Literatur vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken 3 6 8 und auch der während der Gesetzgebungsverfahren von Seiten der Medien vorgetragenen Einwände 3 6 9 ausdrücklich dem Kreis der von den Fraktionen wahrnehmbaren Aufgaben zugewiesen 3 7 0 3 7 1 . Der wesentliche rechtliche Ansatzpunkt der Kritiker beruht auf der Ansicht, eine Öffentlichkeitsarbeit sei den Fraktionen schon deshalb nicht gestattet, w e i l die spezifischen Aufgaben der Fraktionen sich auf den innerparlamentarischen Raum beschränkten und demnach eine Selbstdarstellung i n der Öffentlichkeit

366 Yg] e t w a Bereitstellen von Bundeszuschüssen der Fraktion Die Grünen im Deutschen Bundestag der 11. Legislaturperiode für zusätzliche persönliche Mitarbeiter ihrer Abgeordneten, Stuttgarter Nachrichten v. 01.04.1989. Ein anderes Beispiel bildet die von der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Wochenzeitung Die Zeit v. 04.08.1995 geschaltete Stellenanzeige für eine wissenschaftliche Mitarbeiterin, nach deren Aufgabenbeschreibung u.a. eine persönliche Zuordnung zu einer Abgeordneten der Fraktion" und die „fachliche Zuarbeit für alle in einem Abgeordnetenbüro zu erarbeitenden Themen" (Anm.: Hervorhebungen durch den Verfasser) vorgesehen war. Verwiesen sei weiter auf die verfassungsrechtliche Problematik, wenn die Fraktionsgesetze des Bundes und von Schleswig-Holstein u.a. die „Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Tätigkeit... ihrer Mitglieder" als eine Aufgabe der Fraktionen bezeichnen; dazu näher unten im Kapitel C.III.2.b.cc. 367 § 47 Abs. 3 BAbgG; Art. 1 Abs. 1 S. 4 FraktG Bay; § 1 Abs. 2 S. 5 FraktG BW; § 2 Abs. 3 Nr. 7 FraktG Bin; § 4 Abs. 2 FraktG Bbg; § 38 Abs. 2 S. 2 AbgG Bre; § 1 Abs. 2 S. 3 FraktG HH; § 1 Abs. 1 S. 3 FraktG Hess; § 51 Abs. 2 AbgG MV; § 30 Abs. 2 S. 3 AbgG MV; § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 5 FraktG RP; § 1 Abs. 2 S. 3 FraktG SA; § 3 Abs. 3 FraktG SH; § 47 S. 2 Nr. 5 AbgG Thür. 368 Vgl. im einzelnen die Nachweise in den folgenden Fußnoten. 369 Der Spiegel v. 19.07.1993, S. 40 f.; F.A.Z. v. 31.08.1993, Bl. 4; Wiesbadener Kurier v. 12.11.1993, Bl. 2; Mainzer Rhein Zeitung v. 12.11.1993; Die Zeit v. 18.11.1993. Es ist jedoch daraufhinzuweisen, daß sämtliche Presseberichte sich in ihrer Kritik auf die durch von Arnim eingenommenen Positionen beziehen. 370 Lediglich zur Illustration des derzeitigen Anteils der Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen an ihren gesamten Aktivitäten seien die entsprechenden Aufwendungen der CDU/CSU-Fraktion in Höhe von 2,06 Mio. DM (5,2 v.H.), der SPD-Fraktion in Höhe von 1,12 Mio. DM (2,8 v.H.), der F.D.P.-Fraktion in Höhe von 1,5 Mio. DM (10,8 v.H.) und der Frakion Bündnis 90/Die Grünen in Höhe von 0,97 Mio. DM (7,9 v.H.) im Deutschen Bundestag für das Haushaltsjahr 1995 genannt, BT-Drs. 13/5473 v. 30.08.1996. Dabei ist daraufhinzuweisen, daß die Quoten eigentlich weit höher ausfallen müßten, da der darauf entfallende Personalkostenanteil nicht mitausgewiesen ist. 371 Bereits die Fraktionen der Frankfurter Nationalversammlung suchten auf dem Wege offiziell herausgegebener und durch die Gesamtfraktion gebilligter Fraktionsberichte den Kontakt zur Öffentlichkeit. Diesem Mittel der Kommunikation mit der Bevölkerung kam damals eine besondere Bedeutung zu, da die Vereinsgesetze Preußens von 1850 und des Deutschen Bundes von 1854 noch Zusammenschlüsse politischer Vereine verboten und sich daher im gesellschaftspolitischen Bereich erst allmählich ein festes System politischer Vereine, Wahlvereine und Parteien etablierte, vgl. Bergsträsser, S. 143; Hagelstein, S. 23 ff. 11 Schneider

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

nicht umfassen könne 372 . Daneben wird die grundsätzliche Zulässigkeit einer Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen wegen der Annahme ihres stets gleichzeitig werbenden Charakters für die mit ihnen eng verflochtenen Parteien in Frage gestellt 373 .

aa) Die Zuordnung der Öffentlichkeitsarbeit zu den fraktionsspezifischen Aufgaben Bei der Beurteilung der Zulässigkeit und der Grenzen einer Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen steht wie bei einer jeden näheren Konkretisierung ihrer öffentlichen Aufgaben im Vordergrund, inwieweit darin eine für sie eigentümliche Form der Mitwirkung an der Erfüllung der parlamentarischen Arbeit gesehen werden kann, die ihrem Charakter und ihrer verfassungsrechtlichen Legitimation als politischer Einrichtung im Parlament entspricht. Vordringlich ist es daher zunächst, sich Klarheit darüber zu verschaffen, inwiefern den Parlamenten überhaupt eine Kompetenz zur Betreibung von Öffentlichkeitsarbeit zusteht. Jede staatliche Öffentlichkeitsarbeit ist dadurch gekennzeichnet, daß sie Wirkung innerhalb des Bereichs der öffentlichen Meinungsbildung des Volkes entfaltet. Gleichzeitig gilt wegen des Prinzips der Volkssouveranität aber die verfassungsrechtliche Prämisse, daß sich die Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen hin zu vollziehen habe. Diesem Grundsatz kommt Bedeutung nicht nur bei der unmittelbaren Einflußnahme des Bürgers auf die Staatswillensbildung in Form von Wahlen, sondern auch bei der in den Prozeß der öffentlichen Meinungsbildung eingebundenen Herausbildung jeder politischen Entscheidung zu 3 7 4 . Jede staatliche Einflußnahme auf diesen die staatliche Willensbildung legitimierenden Prozeß der politischen Willensbildung des Volkes bedarf daher einer besonderen verfassungsrechtlichen Rechtfertigung 375. Die für die Begründung einer staatlichen Öffentlichkeitsarbeit angeführten Erwägungen haben dabei einem steten Wandel unterlegen. War auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine auf ihre Organtätigkeit bezogene Öffentlichkeitsarbeit von Parlament oder Regierung zur Darlegung und 372 Von Arnim, Finanzierung der Fraktionen, S. 23; ders., Haushaltsrechtliche Veranschlagung, S. 18; Morlok, NJW 1995, 29, 31; Landesrechnungshof Bremen, Jahresbericht 1993 v. 27.10.1993; Bre-Drs. 13/683, S. 26 RN 77; ders., Jahresbericht 1994 v. 28.10.1994, Bre-Drs. 13/1024, S. 20 RN 69; sowie ebenso in bezug auf die Ratsfraktionen das OVG Münster, DöV 1993, 207, 208; VG Gelsenkirchen, DÖV 1992, 830, 832; Bauschinger, BayVBl. 1992,488, 490; Hubert Meyer, NWVB1. 1991, 217, 220. 373 Grundsätzlich ablehnend daher von Arnim, Finanzierung der Fraktionen, S. 23; ders., Partei II, S. 87; Hans Meyer, Fraktionsgesetze, S. 88. Lediglich auf die Gefahren hinweisend Annette Fischer, S. 186. 374 Grundlegend BVerfGE 20,56,98 f.; Claus Arndt, Fraktion und Abgeordneter, § 21 RN 20, S. 653; Hesse, RN 150 f., S. 63; Walter Schmidt, NJW 1984, 762, 763. 375 So ausdrücklich das Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 20, 56, 99 f.

III. Die Mittelerwendung durch die Fraktionen

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Erläuterung ihrer Politik, Maßnahmen und Vorhaben gegenüber der Öffentlichkeit ursprünglich nur als Annexkompetenz zu ihren Sachaufgaben anerkannt 376 , wird der Öffentlichkeitsarbeit neuerdings immer mehr der Rang einer eigenständigen, aus dem Demokratieprinzip abzuleitenden Staatsaufgabe zugemessen377. Bezogen auf das Parlament wird ihr vor allem die Aufgabe zugeschrieben, den Bürger nicht nur objektiv über den Prozeß der staatlichen Entscheidungsfindung zu informieren, um ihm ein eigenständiges Urteil und dadurch eine verantwortliche Ausübung seiner staatsbürgerlichen Beteiligungsrechte zu ermöglichen 378 . Darüber hinaus hat das Parlament den Auftrag, sich innerhalb des ihm zugewiesenen Aufgaben- und Zuständigkeitsbereichs - insbesondere in Abgrenzung zur Tätigkeit und den Aufklärungspflichten der Regierung - um eine möglichst weitreichende Akzeptanz und Identifikation des Einzelnen mit den durch das Parlament getroffenen politischen Entscheidungen zu bemühen 379 . Die Erreichung dieses Ziels wird dabei wesentlich davon beeinflußt, welches subjektive Bild dem Bürger von der Arbeit seiner Volksvertretung vermittelt wird. Vor dem Hintergrund dieser nicht nur als zulässig, sondern auch als notwendig einzustufenden Öffentlichkeitsarbeit des Parlaments 380 ist eine Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen von besonderer Bedeutung, um die Öffentlichkeits- und Kontrollfunktion des Parlaments sicherzustellen. Gegenstand der Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen ist es dabei nicht etwa, die Arbeit des Parlaments an dessen Stelle transparent zu machen. Ebenso wie die Fraktionen auch im übrigen nicht in der Lage sind, das Gesamtparlament zu repräsentieren oder zu vertreten 381 , sondern in ihrer Eigenschaft als eine politische Gliederung von Abgeordneten an der Arbeit des Parlaments mitwirken, beschränkt sich ihre Befugnis zur Öffentlichkeitsarbeit darauf, ihren eigenen Beitrag und ihre besondere Funktion innerhalb der parlamentarischen Entscheidungsfindung gegenüber der Öffentlichkeit darzustellen 382. Sieht man die besondere Aufgabe der Öffentlichkeitsfunktion des Parlaments gerade darin, durch eine erhöhte Durchschaubarkeit staatlicher Entscheidungsprozesse das Vertrauen der Bevölkerung in die parlamentarische Demokratie insgesamt zu stärken, ist es unabdingbar, den parlamentarischen Willensbildungsprozeß in allen seinen Phasen und mit den unterschiedlichen Standpunkten offenzulegen. Insbesondere in 376

BVerfGE 20, 56, 99 f. BVerfGE 44, 125, 147; 63, 230, 242 f.; VG Bremen, NJW 1988, 841, 842; Bauschingen BayVBL. 1992,488; Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, S. 30; ders., NJW 1992,1072,1074. 378 Hesse, RN 152, 393; S. 69, 170 f.; Kirchhof, HdbStR III, § 59 RN 174, S. 194; Schürmann, NJW 1992,1072,1074. 379 BVerfGE 44, 125, 147 f.; Bauschinger, BayVBl. 1992, 488; Sarcinelli, S. 472. 380 So ausdrücklich das Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 44,125,147; 63, 230, 242 f. 381 Achterberg, Parlamentsrecht, S. 274 f. 382 Ähnlich die Begründung zu § 2 Abs. 1 S. 2 des Entwurfs eines Fraktionsgesetzes der Fraktionen der SPD, CDU und F.D.P. im Landtag Rheinland-Pfalz v. 04.11.1993, RP-Drs. 12/3756; S. 13. 377

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

Abgrenzung zur vollziehenden Tätigkeit der Regierung vermag gerade ein Einblick in den im wesentlichen von den Fraktionen betriebenen Integrationsprozeß in Gestalt einer Zusammenführung der Vielfalt politischer Ansichten und Absichten zur letztlich verbindlichen Entscheidung des Parlaments einen Eindruck von der Funktionsweise der parlamentarischen Demokratie zu vermitteln. Zugleich stellt sich eine von den Fraktionen und insbesondere von den Oppositionsfraktionen betriebene Öffentlichkeitsarbeit als ein überaus effektives Mittel zur Wahrnehmung der parlamentarischen Kontrollfunktion im Verhältnis zur Regierung dar 383 3 8 4 . Erst eine Öffentlichkeit, die durch die Kenntnis von der inhaltlichen Vielfalt parlamentsinterner Positionen sensibilisiert ist, trägt entscheidend dazu bei, daß Regierung und parlamentarische Regierungsmehrheit in Anbetracht der ihnen entgegengebrachten Kritik gezwungen werden, ihre Entscheidungen in ausreichender Weise darzulegen und zu rechtfertigen. Nicht zuletzt ist mit einer von den Fraktionen betriebenen Öffentlichkeitsarbeit stets verbunden, daß die Fraktionen umgekehrt verstärkt in den öffentlichen Meinungs- und Willensbildungsprozeß eingebunden werden. Dieser Effekt ist im Interesse einer sachgerechten Erfüllung der parlamentarischen Arbeit nicht zu unterschätzen. Nur wenn die parlamentarischen Akteure ein ausreichendes Gespür für die öffentlichen Bedürfnisse und die öffentliche Meinung entwickeln, ist eine am Gemeinwohl orientierte Arbeit der Volksvertretung gewährleistet. Gerade wegen der ständig wachsenden Bedeutung der Fraktionen für die Funktionsfähigkeit der Parlamente ist es daher von besonderer Wichtigkeit, daß sich die Fraktionen in einem ständigen Dialog mit der Öffentlichkeit befinden. Es läßt sich damit festhalten, daß der Beitrag der Fraktionen bei der Erfüllung der Aufgaben des Parlaments über den engen Bereich der parlamentsinternen Koordination hinausgeht und grundsätzlich die Durchführung von Öffentlichkeitsarbeit als Teil der parlamentarischen Arbeit der Fraktionen mitumfaßt. bb) Zulässige Formen der Öffentlichkeitsarbeit und ihre Grenzen In der Art und Weise der Durchführung ihrer Öffentlichkeitsarbeit sind die Fraktionen allerdings strikt zur Wahrung des Grundsatzes der Offenheit und Chancengleichheit im Prozeß der politischen Willensbildung verpflichtet. Aufgrund ihrer verfassungsrechtlichen Legitimation allein wegen ihres Beitrags zu der Erfüllung der parlamentarischen Arbeit ist es ihnen verwehrt, die Öffentlichkeitsarbeit zu nutzen, um lenkend oder in parteiergreifender Weise auf die 383

Annette Fischer, S. 184 f.; Jäger/Barsch, ZParl 22 (1991), 204, 208. Vgl. oben die Darstellung zur Zulässigkeit des gesonderten Ausweises eines Oppositionszuschlags, Kapitel B.II.2.a.bb. 384

III. Die Mittelerwendung durch die Fraktionen

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sich i m gesellschaftspolitischen Bereich vollziehende Herausbildung einer öffentlichen Meinung einzugreifen 385 . Eine Öffentlichkeitsarbeit, die über den Rahmen des für die Darstellung und Herstellung der Akzeptanz Erforderlichen hinausgeht, tangiert das im Prinzip der Volkssouveranität verwurzelte Recht der Bürger auf gleiche Teilhabe an der politischen Willensbildung. Vom Bürger kann dieses Recht auf Teilhabe, ob als Einzelperson oder innerhalb einer Vereinigung, nur wahrgenommen werden, wenn er sich nicht einem Übergewicht bereits etablierter politischer Kräfte gegenübergestellt sieht 386 . Ein ungerechtfertigter Eingriff in die Freiheit und Offenheit des Prozesses der Meinungs- und Willensbildung des Volkes liegt daher immer bereits dann vor, wenn aufgrund einer plakativen Aufmachung der die Öffentlichkeitsarbeit legitimierende informative Gehalt zurücktritt. Die damit einhergehende werbende Wirkung erhöht entweder die Wahlchancen der Fraktionsmitglieder oder die der Partei in einer die Chancengleichheit der übrigen Wahlbewerber verletzenden Weise. Abstrakt tragen der gebotenen Mäßigung die Formulierungen der Fraktionsgesetze Rechnung, indem sich nach deren Wortlaut die Aufgabenzuweisung auf eine bloße „Unterrichtung" der Öffentlichkeit begrenzt. Zur Beurteilung der Frage, wann die Grenze von der zulässigen Öffentlichkeitsarbeit zu einer unzulässigen Einflußnahme auf den außerparlamentarischen Willensbildungsprozeß überschritten wird, werden in Literatur und Rechtsprechung unterschiedlichste Kriterien diskutiert und vertreten. Teilweise wird bereits von einer unberechtigten Öffentlichkeitsarbeit gesprochen, wenn ihre Kosten nur einen bestimmten Anteil am Gesamtvolumen der Fraktionsmittel übersteigen 387 , andere beanstanden eine Öffentlichkeitsarbeit, die in Form von Zeitungsanzeigen, Broschüren oder Flugblattaktionen durchgeführt wird, weil es sich dabei um eine herkömmliche Form der Parteiwerbung handele 388 . Mitunter wird zur Abgrenzung gegenüber den Parteien auch eine Übertragung der vom Bundesverfassungsgericht für die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung aufgestellten Grundsätze 389 auf die Öffentlichkeitsarbeit der Fraktio-

385 Im Ergebnis ebenso das Bundesverfassungsgericht in BVerfGE (Vorprüfungsausschuß), NVwZ 1982, 513, das in seiner Argumentation jedoch vorrangig auf die staatliche Herkunft der für die Öffentlichkeitsarbeit verwendeten öffentlichen Mittel abstellt. 386 Yg] v o n Anhörung Hessen 19.01.1993, S. 109, sowie unter Bezugnahme auf die Parteien Birk, NJW 1988, 2521 ff.; Morlok, Rechtsvergleichung, S. 731 ff.; Tsatsos, S. 15; Wefelmeier, S. 89. 387 Das Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein hält in seinem oben zitierten Gerichtsbescheid vom 24.05.1995 (6-A-286/94) einen Anteil von 10 v.H. für angemessen; ebenso der Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt, Nachtrag zu den Bemerkungen 1994, Tz. 1.3.2., S. 8. 388 Mitteilungen des Landesrechnungshofs Baden-Württemberg v. 02.11.1993, BW-Drs. 11/2837, S.5. 389 BVerfGE 44, 125, 149 ff. Die Grundsätze werden in entsprechender Weise durch die Landesverfassungsgerichte des Saarlandes, VerfGH Saarland, NJW 1980, 2181, 2183; Bremens, StGH Bremen, NVwZ 1985, 649, Hessens, StGH Hessen, NVwZ 1992, 465, und von NordrheinWestfalen, VerfGH NRW, NVwZ 1986,463; NVwZ 1992,467, angewandt.

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

nen gefordert 390 . Neben den im einzelnen herausgearbeiteten Indizien für einen parteiergreifenden Charakter der Öffentlichkeitsarbeit, die u.a. im Inhalt sowie der äußeren Form und Aufmachung von Anzeigen und Druckerzeugnissen zum Ausdruck kommen könne, hat das Gericht für die Vorwahlzeit zusätzlich das Gebot einer äußersten Zurückhaltung und das Verbot einer Öffentlichkeitsarbeit in Form von Leistungs- und Erfolgsberichten aufgestellt. Die eigenständige Funktion der Fraktionen innerhalb der institutionalisierten Staatlichkeit verlangt jedoch, daß auch die zur Gewährleistung eines freien und offenen Prozesses der Meinungs- und Willensbildung des Volkes anzulegenden Maßstäbe unter Berücksichtigung der besonderen verfassungsrechtlichen Stellung der Fraktionen interpretiert werden. Im Gegensatz zur Öffentlichkeitsarbeit der Regierung oder des Gesamtparlaments ist beispielsweise zu bedenken, daß eine Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen keineswegs wettbewerbsneutral zu erfolgen hat. Die Fraktion ist Träger einer politischen Position innerhalb des Parlaments. Dem entspricht es, wenn ihre Öffentlichkeitsarbeit ebenfalls die Gegenposition zu den politischen Standpunkten konkurrierender Fraktionen oder der Regierung deutlich macht. Dies schließt es ein, daß die Fraktionen insbesondere auch zum Ende der Legislaturperiode, die häufig durch eine zunehmende Gesetzgebungstätigkeit gekennzeichnet ist, zur Ausübung ihrer parlamentarischen Kontrollfunktion den Kontakt zur Öffentlichkeit auch in der Vorwahlzeit herzustellen versucht. Die Gründe, die zur Öffentlichkeitsarbeit legitimieren, bestehen nämlich in dieser Phase einer Legislaturperiode fort. Der erforderliche Bezug zur aktuellen Arbeit des Parlaments dürfte allerdings dann nicht gewahrt sein, wenn dies - ähnlich wie vom Bundesverfassungsgericht für die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung beanstandet - in der Form von Leistungsberichten geschieht. Da der Gesetzgeber keine näheren Einschränkungen getroffen hat, in welchen Formen eine „Unterrichtung der Öffentlichkeit" zu erfolgen hat, stehen den Fraktionen grundsätzlich sämtliche denkbaren Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit in Gestalt von Presseerklärungen, Informationsveranstaltungen, Broschüren oder Zeitungsanzeigen zur Verfügung, die geeignet sind, die Parlamentsarbeit der Fraktionen als solche darzustellen oder zur Informationsgewinnung der Fraktionen für die Vorbereitung parlamentarischer Entscheidun-

390 So ausdrücklich die Leitsätze der Rechnungshöfe 1991, Nr. 5; Landesrechnungshof Bremen, Jahresbericht 1994 v. 28.10.1994, Bre-Drs. 13/1024, S. 21 RN 69; Bemerkungen des Landesrechnungshofs Schleswig-Holstein 1992, Tz. 9.7, S. 64; ders., Nachtrag zu den Bemerkungen 1994, Tz. 1.3.2., S. 8. Ablehnend dagegen die Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. im Deutschen Bundestag v. 20.04.1993, BT-Drs. 12/4756, B. zu § 47, S. 7; Begründung des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses der Bremischen Bürgerschaft v. 24.06.1994, Bre-Drs. 13/935, zu § 38, S. 4.

III. Die Mittelerwendung durch die Fraktionen

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gen beizutragen 391 . In jedem konkreten Einzelfall ist jedoch zu prüfen, ob ein klarer Bezug zur Parlamentsarbeit der jeweiligen gesetzgebenden Körperschaft erkennbar ist 3 9 2 . Unter Wahrung dieser Voraussetzung kann unter Umständen auch die kostenintensive Form der Zeitungsanzeige als eine adäquate und gebotene Maßnahme der Aufgabenerfüllung angesehen werden, etwa weil auch die Regierung diese Form der Darstellung gewählt hat oder weil eine Fraktion aufgrund falscher Darstellungen oder gar eines Medienboykotts die Öffentlichkeit nur auf diese Weise zu erreichen vermag. Nachdem in der Vergangenheit das Bewußtsein der Öffentlichkeit, der Wissenschaft und nicht zuletzt der Fraktionen selbst gewachsen ist, daß eine Wahlwerbung der Fraktionen zugunsten der Parteien zu verhindern sei, ist die Aufmerksamkeit nunmehr verstärkt auf die Problematik zu lenken, ob die Ressourcen der Fraktionen nicht zu sehr für eine allgemeine politische Arbeit eingesetzt werden, ohne daß ein ausreichender Zusammenhang zur konkreten Arbeit einer Fraktion im Parlament hergestellt werden kann 393 .

cc) „Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Tätigkeit... ihrer Mitglieder" I m Bund sowie in Schleswig-Holstein bestimmen die Fraktionsgesetze, daß „die Fraktionen und ihre Mitglieder die Öffentlichkeit über ihre Tätigkeit unterrichten"394 können. Wie auch aus der Begründung der Beschlußempfehlung des Bundestagsausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung auf dessen Empfehlung im Bund der Passus „Unterrichtung über die Tätigkeit ihrer Mitglieder" in das Gesetz aufgenommen wurde - hervorgeht, wird der Kreis der Aufgaben dahingehend erweitert, daß auch das einzelne Fraktionsmitglied mit den der Fraktion zugewendeten Geld- und Sachleistungen über

391 Ähnlich Jäger/Bärsch, ZParl 22 (1991), 204, 207; Kretschmer, Anhörung Hessen 19.01.1993, S. 76; Martin, S. 74 f. 392 Der Zusammenhang zur Arbeit des Parlaments, dem eine Fraktion zuzurechnen ist, fehlte beispielsweise bei den von der F.D.P.-Bundestagsfraktion versandten Briefe an Wähler in BadenWürttemberg, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein einen Monat vor den dortigen Landtagswahlen im März 1996, vgl. von Arnim, Partei II, S. 149. 393 Zur Illustration seien einige sensible Formen der Öffentlichkeitsarbeit genannt: Der Landesrechnungshof Bremen äußerte etwa Bedenken gegenüber der Finanzierung eines HAFAStandes der CDU aus Fraktionsmitteln, Jahresbericht 1992 v. 19.09.1992, Bre-Drs. 13/336, S. 25 RN 59. Der Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt empfiehlt die Auflösung einer von einer Landtagsfraktion unterhaltenen zweiten Fraktionsgeschäftsstelle in Halle, Jahresbericht 1995, S. 30. Erlärungsbedürftig erscheint es auch, wenn die SPD-Bundestagsfraktion in ihrem Wirtschaftsplan 1996 Kosten für „Allgemeine politische Arbeit" oder für „Konferenzen mit Schülerredakteuren" ansetzt. Das Augenmerk ist beispielsweise weiter auf die alle zwei Monate mit einer Auflage von 58.000 Exemplaren erscheinende Zeitung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen „grün & bündig" zu richten. 394 § 47 Abs. 3 BAbgG, § 3 Abs. 3 FraktG SH.

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

seine eigene Arbeit in der Fraktion soll informieren können 395 . Zweifelsohne umfaßt eine Darstellung des Beitrags der Fraktionen an der parlamentarischen Entscheidungsfindung naturgemäß auch die von den einzelnen Fraktionsmitgliedern geleistete Arbeit innerhalb der Fraktion. Wendet sich das Fraktionsmitglied jedoch selbst als Urheber einer öffentlichkeitswirksamen Maßnahme an den Wähler, hat dies die Wirkung einer Darbietung seiner eigenen Mandatsausübung. Mithin wird dem Fraktionsmitglied auf diese Weise mit den Ressourcen der Frakion eine in seinem Individualinteresse liegende Öffentlichkeitsarbeit eröffnet 396 , die dem Fraktionslosen gänzlich verschlossen ist und auch nicht in der Mitwirkung der Fraktion an der Erfüllung der Parlamentsaufgaben ihre Rechtfertigung findet. Eine derartige Aufgabenzuweisung steht daher mit dem Recht der Abgeordneten auf Chancengleichheit und der Wettbewerbsgleichheit im Prozeß der Willensbildung des Volkes in Widerspruch 397 . c) „Zusammenarbeit mit Fraktionen anderer Parlamente" aa) Die allgemeine Zuordnung zu den fraktionsspezifischen Aufgaben Mit der in den Fraktionsgesetzen anzutreffenden Klarstellung, daß ferner die „Zusammenarbeit der Fraktionen mit anderen Parlamenten" 398 zu den Aufgaben der Fraktionen zu rechnen ist, nehmen die gesetzlichen Regelungen eine weitere über den innerparlamentarischen Raum hinausgehende Konkretisierung der Befugnisse der Fraktionen vor 3 9 9 . Die Aufgabenzuweisung teilt den Fraktionen 395 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung v. 02.11.1993, BT-Drs. 12/6067, S. 10. 396 Insofern ist es beispielsweise problematisch, wenn im Wirtschaftsplan 1996 der SPDBundestagsfraktion der Titel Öffentlichkeitsarbeit mit dem Zusatz „auch in den Wahlkreisen" versehen ist und aus den Erläuterungen u.a. hervorgeht, daß die Herausgabe von vier sogenannten ,Abgeordnetenbriefen" geplant ist. Ebenfalls zu kritisieren ist die in der Zeitung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen „grün & bündig" enthaltene Rubrik „Porträt", mit der einzelne Fraktionsmitglieder unter Hervorhebung ihrer Persönlichkeit vorgestellt werden. Insoweit handelt es sich um eine bloße Darstellung des Abgeordneten in der Öffentlichkeit, die in keinem Zusammenhang zur koordinierenden Fraktionstätigkeit steht. 397 Vgl. auch die Kritik bei von Arnim, Partei II, S. 151; ders., in: Die Zeit v. 12.11.1993; ders., in: Wiesbadener Kurier v. 12.11.1993, Bl. 2; Hans Meyer, Fraktionsgesetze, S. 91 f.; Martin, S. 75 FN 219. Verfassungsrechtliche Bedenken äußert ebenfalls der Landesrechnungshof Schleswig-Holstein in seinen Bemerkungen 1995,Rz. 15.2,S. 108. 398 § 47 Abs. 2 BAbgG; Art. 1 Abs. 1 s. 4 FraktG Bay; § 1 Abs. 2 S. 5 FraktG BW; § 2 Abs. 3 Nr. 8 FraktG Bin; § 4 Abs. 2 FraktG Bbg; § 1 Abs. 2 S. 3 FraktG HH; § 1 Abs. 1 S. 3 FraktG Hess; § 51 Abs. 2 FraktG MV; § 30 Abs. 2 S. 3 AbgG NS; § 1 Abs. 2 S. 3 FraktG RP; § 1 abs. 2 S. 3 FraktG SA; § 3 Abs. 2 FraktG SH; §47 S. 3 AbgG Thür. An einer entsprechenden Regelung fehlt es in den Ländern mit einem Gesetz zur Rechtsstellung und zur Finanzierung der Fraktionen lediglich in Bremen. 399 Die Regelung hat insofern Kritik gefunden, als dem Gesetzgeber vorgeworfen wird, er habe damit die oft beanstandete „Reisetätigkeit" der Fraktionsmitglieder abgesegnet, so von Arnim, Partei II, S. 143; Hans Meyer, Emanzipation, S. 344; ders., Fraktionsgesetze, S. 91; vgl. die Medienberichterstattung zum sogenannten Parlamentarismustourismus Der Spiegel v. 19.07.1993, S. 40; Der Spiegel v. 07.01.1994, S. 30.

III. Die Mittelerwendung durch die Fraktionen

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insofern ein Betätigungsfeld zu, das aber nicht nur über den parlamentsinternen Rahmen, sondern zusätzlich über die Grenzen der jeweiligen Gebietskörperschaft hinausreicht. In diesem Zusammenhang entsteht ein besonderer Rechtfertigungsbedarf der Fraktionstätigkeit gegenüber der im Bereich der Außenpolitik grundsätzlich bestehenden alleinigen Verantwortung der Regierung. Eine Beurteilung der Zulässigkeit hat auch hier von der Prämisse auszugehen, daß die angesprochene gesetzliche Festlegung fraktioneller Aufgaben und einer entsprechenden Mittelverwendung keinen Einwänden ausgesetzt ist, sofern eine Wahrnehmung dieser Befugnis durch die Fraktionen in einem Bezug zur Erfüllung ihrer parlamentarischen Arbeit im jeweiligen Parlament steht. Eine interparlamentarische Kommunikation und Kooperation kann dabei unter den unterschiedlichsten Blickwinkeln für eine sachgerechte und effektive parlamentarische Willensbildung unerläßlich sein 400 . Bereits bei Entscheidungsgegenständen, die in ihrer Regelungswirkung auf den nationalen Bereich beschränkt sind, erwächst teilweise entweder nur aus Gründen eines Erfahrungs- oder Erkenntnisaustausches oder etwa zur Abstimmung komplexer Materien ein Bedürfnis zur überregionalen Zusammenarbeit. Ebenso wie beispielsweise auf Regierungsebene die Konferenzen der Kultus-, der Justiz- oder der Innenminister zu einer festen Einrichtung geworden sind, ist es erforderlich, daß auch die Legislative ihre Positionen austauschen und aufeinander abstimmen kann, um in angemessener Weise auf eine länderübergreifende Regierungspolitik oder eine entsprechende parlamentarische Regierungsinitiative reagieren zu können 401 . Von zunehmender Bedeutung ist daneben die Beteiligung der Parlamente bei der Rechtssetzung auf zwischenstaatlicher Ebene - sei es zwischen dem Bund und den Ländern, zwischen den Ländern oder im Verhältnis vom Bund und den Ländern zu den Staaten der Europäischen Union oder sonstigen Drittstaaten. Insbesondere bei der in Angelegenheiten der Europäischen Union weitgehend vollzogenen Verlagerung von Legislativbefugnissen auf die Exekutive ist es zwingend geboten, daß die Parlamente über die Möglichkeit verfügen, zumindest ihre parlamentarische Kontrollfunktion wirkungsvoll ausüben zu können. Darüber hinaus macht es eine sachgerechte Mitwirkung der Parlamente bei der Umsetzung von zwischenstaatlichem in nationales Recht und der Beobachtung seiner Anwendung erforderlich, daß die Parlamente und damit vor allem die den Parlamenten ihre politische Handlungsfähigkeit vermittelnden Fraktionen sich eigenständig die notwendigen Informationen erschließen 400 Vgl. etwa vom Landtag Rheinland-Pfalz mit Beschluß vom 20.05.1996 in die Geschäftsordung eingefügten § 68 GOLT RP, der die Zusammenarbeit des Landtags mit anderen Parlamenten und parlamentarischen Einrichtungen regelt, RP-Drs. 13/535. 401 Vgl. zur innerbundesstaatlichen Kooperation und der Beteiligung der Parlamente Adamietz, in: Hans Meyer, Fraktionsgesetze, S. 106 f.; Kisker, Kooperation im Bundesstaat.

170

C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

können 402 . Mittlerweile haben sich insbesondere angesichts der zunehmenden grenzüberschreitenden - regionalen und kommunalen - gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Integration auch mehr oder weniger institutionalisierte Formen einer Zusammenarbeit der Parlamente entwickelt 403 . Die Parlamente haben erkannt, daß sie von anderen Parlamenten Informationen gewinnen können, die es ihnen ermöglichen, die Regierungen besser zu kontrollieren oder ihnen Anstöße zu geben. Damit können sie einen Teil des Informations- und Handlungsvorsprungs ausgleichen, den sich die Regierungen bei der interregionalen Kooperation durch das Recht zur Außenvertretung und das darauf beruhende Kontaktprivileg verschafft haben. Die diesbezüglich erforderlichen Maßnahmen einer überregionalen Zusammenarbeit der Parlamente gehen noch über den durch die Mehrzahl der Fraktionsgesetze herausgestellten allein interfraktionellen Rahmen hinaus und umfassen auch den Kontakt der Fraktionen zu den einschlägigen Dienststellen der Parlamentsverwaltungen oder zu Vertretern der Fachausschüsse404 4 0 5 . Ungeachtet der damit insgesamt sehr weitgefaßten Bandbreite überregionaler Aktivitäten der Fraktionen sei jedoch nochmals die verfassungsrechtliche Notwendigkeit hervorgehoben, im Einzelfall jeweils den Bezug zur aktuellen Arbeit im Parlament herzustellen 406.

402

In diesem Zusammenhang sei hingewiesen auf die vom Bundesverfassungsgericht im „Maastricht-Urteil" (BVerfGE 89, 155, 191) herausgehobene Mitverantwortung der nationalen Parlamente für die europäische Rechtssetzung oder die auf der Regierungskonferenz von Maastricht erfolgte Aufforderung an die nationalen Parlamente zur Kooperation untereinander sowie mit dem europäischen Parlament, 13. Erklärung, BGBl. 1992 II S. 1321. Vgl. zum Ganzen Bellers, in: Graf von Westphalen, S. 521 ff.; Kretschmer, ZG 1994, 316 ff.; Graf von Westphalen, S. 71. Hölscheidt, KritV 1994,405 ff. 403 Vgl. zum Beispiel Bericht der Landesregierung Rheinland-Pfalz zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit des Interregionalen Parlamentarier - Rates Saar/Lor/Lux, RP-Drs. 11/3465, sowie die Pressemitteilung der Landesregierung Rheinland-Pfalz v. 30.08.1996 zur Schaffung eines „Interregionalen Parlamentarier-Rates am Oberrhein". 404 In diesem Sinne bestimmen die Fraktionsgesetze des Bundes, § 47 Abs. 2 BAbgG, und von Schleswig-Holstein, § 3 Abs. 2 FraktG SH, daß sich die Zusammenarbeit nicht nur auf die Fraktionen anderer Parlamente, sondern auch deren parlamentarische Einrichtungen beziehen soll. 405 Als derzeit aktuelle Formen der interparlamentarischen Zusammenarbeit auf europäischer Ebene sind die Unterhaltung von Europabüros durch die Fraktionen zu nennen oder die Durchführung regelmäßiger Treffen der Fraktionsvorsitzenden, die teilweise mit Vertretern der Fachausschüsse erfolgen, näher dazu Bellers, in: Graf von Westphalen, S. 521 ff. 406 Zur Illustration der Problematik sei beispielsweise die Frage in Hinblick auf die von der CDU-Landtagsfraktion von Rheinland-Pfalz im Winter 1992 durchgeführte einwöchige Reise zu Gesprächen nach Südafrika aufgeworfen. Nach der Pressemitteilung der CDU-Landtagsfraktion vom 07.02.1992 bezeichnete es der damalige Fraktionsvorsitzende als eine gute Tradition, die politische Aufmerksamkeit auf Themen zurichten,die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem parlamentarischen Alltag stünden (Anm.: Hervorhebung durch den Verfasser).

III. Die Mittelerwendung durch die Fraktionen

171

bb) „Unterstützung der parlamentarischen Arbeit in den neuen Ländern" I m Zuge der Herstellung der Einheit Deutschlands 407 haben die Parlamente der sogenannten alten Länder in vielfältiger Weise zum Aufbau der parlamentarischen Demokratie und in diesem Kontext insbesondere funktionsfähiger Parlamente in den neuen Ländern beigetragen. In diesem Rahmen haben auch Parlamentsfraktionen die ihrer politischen Richtung entsprechenden Fraktionen in den Parlamenten der neuen Länder unterstützt und dazu Fraktionsmittel verwendet. Zum Teil waren den Fraktionen besondere Mittel zur Unterstützung der parlamentarischen Arbeit in den neuen Ländern eigens zugewiesen 408 , zum Teil erfolgte die Unterstützung aus allgemeinen Fraktionsmitteln 409 ' 410 . Die Unterstützung der parlamentarischen Arbeit in den neuen Ländern ist nicht von der allgemeinen Zweckbindung gedeckt, wie sie in dieser Untersuchung herausgearbeitet worden ist. Sie hat keinen Bezug zur Erledigung der konkreten Arbeit des Parlaments der leistenden Fraktion und findet damit in der Wahrnehmung der spezifischen Koordinations- und Integrationsfunktion der Fraktionen keine Rechtfertigung. Unabhängig davon dürfte sich eine solche Mittelverwendung mit dem von Verfassungs wegen zu gewährleistenden Grundsatz der Chancengleichheit nicht vereinbaren lassen; denn sie begünstigt diejenigen Fraktionen in den neuen Ländern, deren politische Richtung in den alten Ländern ihre Entsprechung findet, und benachteiligt die Fraktionen derjenigen demokratischen Kräfte, die unabhängig und ohne Bezug zum Parteiensystem der (alten) Bundesrepublik entstanden sind 411 . Allerdings mag die Zulässigkeit der Mittelverwendung anders zu beurteilen sein, wenn die Unterstützung aus den Mitteln erfolgt, die den Fraktionen nicht

407 Vgl. Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertrag - vom 31. August 1990, Bulletin Nr. 104/S. 877 v. 06.09.1990. 408 Vgl. die Zuweisung an die Bundestagsfraktionen in Höhe von 6,5 Mio. DM im Jahre 1991 und 6,8 Mio. DM im Jahre 1992, Bundeshaushaltsplan 1991/1992, EP 02, Kapitel 0201, Titel 684 01 Erläuterung e). Die Mittelverwendung wird durch eine Anmerkung im Haushaltsplan ausdrücklich als verbindlich erklärt. 409 So waren, obwohl der Bundeshaushalt 1993 entsprechende Zuweisungen nicht mehr enthielt, in den Verwendungsnachweisen der F.D.P.-Bundestagsfraktion fiir 1993 Ausgaben in Höhe von 475.800,- DM für die Unterstüteung der parlamentarischen Arbeit der F.D.P.-Landtagsfraktionen in den neuen Ländern ausgewiesen, Pressemitteilung des Parlamentarischen Geschäftsführers der F.D.P.-Bundestagsfraktion Richter vom 14.03.1994. 410 Desgleichen sah der Wirtschaftsplan der SPD-Bundestagsfraktion für 1994 Mittel in Höhe von 2.020.300,- DM für die parlamentarische Unterstützung der neuen Länder vor, Wirtschaftsplan 1994 der SPD-Bundestagsfraktion. 411 Unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit ist die Regelung im Haushaltsplan 1994 von Sachsen-Anhalt, Kap. 0101, Titel 684 03 bemerkenswert, die vorsieht, daß der Fraktion LL/PDS wegen einer fehlenden Partnerschaft im Landtag Baden-Württemberg, der Mitarbeiter der Landtagsfraktionen zur Unterstützung der Fraktionen des Landtags Sachsen-Anhalt abstellte, die Kosten fiir zwei zusätzliche Fraktionsmitarbeiter zu erstatten sind.

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

zur Deckung ihres allgemeinen Bedarfs, sondern gerade für diesen besonderen Zweck zugewiesen sind. Insofern läßt sich anführen, daß die Übertragung einer solchen Aufgabe zur Eingliederung der neuen Länder in den föderalen Staatsaufbau der Bundesrepublik Deutschland im Interesse des Staatswohls insgesamt und dem Umstand rechtfertigen lassen, daß die Mitarbeit von Fraktionen der alten Länder beim Aufbau der parlamentarischen Demokratie und insbesondere funktionsfähiger Parlamente sachlich zwingend geboten und unverzichtbar war. Lassen sich so gegen eine Mittelzuweisung und -Verwendung mit diesem besonderen Zweck zwar keine Bedenken mehr erheben, so stellen sich aber auch hier mit Blick auf die Chancengleichheit die bereits genannten Bedenken 412 .

3. Die Art und Weise der Mittelverwendung a) Die Anwendbarkeit der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit

und Sparsamkeit

Nachdem zumindest abstrakt aufgezeigt werden konnte, für welche Zwecke es den Fraktionen erlaubt ist, ihre Mittel einzusetzen, bleibt zu klären, inwieweit sie bei der Verausgabung der staatlichen Leistungen für einzelne Vorhaben die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu berücksichtigen haben. Aufgrund der pauschalierten Form der Mittelbereitstellung könnte man annehmen, daß die Fraktionen aufgrund der ihnen dadurch übertragenen Eigenverantwortung für ihre Finanzwirtschaft befugt sind, über ihre Mittel nach freiem Belieben zu verfügen, solange sie sich nur innerhalb der vorgegebenen Grenzen halten. Dies würde das Recht mitumfassen, die Mittel zweckentsprechend etwa für die Anmietung von Fraktionsräumen zu verwenden, auch wenn diese für die Bedürfnisse der Fraktion überproportioniert sind, oder bei der Anschaffung von Wirtschaftsgütern allein nach der Prämisse zu verfahren, ob bei einem Anbieter Übereinstimmung mit den politischen Zielen der Fraktion besteht. Ein verschwenderischer Umgang mit den eigenen Mitteln ginge in diesem Fall allein im Sinne eines Verschuldens gegen sich selbst zu Lasten der von einer Fraktion im übrigen finanzierbaren Aktivitäten und würde „lediglich" ihre Chancen im innerparlamentarischen Wettbewerb verschlechtern. Demgegenüber spricht der Umstand, daß es sich letztlich um eine Verwendung von durch die Allgemeinheit erbrachten finanziellen Mitteln des Staates handelt, für eine Verpflichtung der Fraktionen auf eine rationale und effektive Durchfüh412

Die Bedenken werden weiter dadurch verstärkt, daß die Sonderzuweisungem in den Bundeshaushalten der Jahre 1991 und 1992, a.a.O., auf die Bundestagsfraktionen nach dem ihr Stärkeverhältnis im Bundestag widerspiegelnden Verteilungsschlüssel aufgeteilt waren. Die den Fraktionen der neuen Länder für ihre Aufbauarbeit bereitzustellenden staatlichen Mittel sind dagegen nach den allgemeinen Grundsätzen der Fraktionsfinanzierung zu bemessen. Danach sind das politische Gewicht und die daraus erwachsenden Bedürfnissen für die Herstellung der Fraktionsarbeit innerhalb der jeweiligen Volksvertretung ausschlaggebend.

III. Die Mittelerwendung durch die Fraktionen

173

rung ihrer Maßnahmen und Vorhaben. Das Gebot einer Einbeziehung von Wirtschaftlichkeitsüberlegungen bei der Entscheidung über die Mittelverwendung würde dadurch zu einem rechtlichen Kriterium, wenn eine Beurteilung des Finanzgebarens der Fraktionen von Seiten der Öffentlichkeit, der Parlamentspräsidenten oder der Rechnungshöfe 413 vorgenommen würde, die sich in der Form einer allgemeinen Kritik - oder sofern die Fraktionsgesetze dies vorsehen würden 414 - bei der Geltendmachung eines Rückerstattungsanspruchs äußern könnte. Andernfalls bestünde als Sanktion eines festgestellten unwirtschaftlichen Verhaltens allein die Möglichkeit, die in die Zukunft gerichtete politische Forderung nach einer Anpassung der Fraktionsmittel zu erheben. Das in Art. 114 Abs. 2 GG mit Verfassungsrang ausgestattete Wirtschaftlichkeitsprinzip 415 und der besonders in § 7 BHO/LHO aufgegriffene Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit 416 gelten grundsätzlich für das gesamte Verwaltungshandeln des Staates, angefangen von der Haushaltsaufstellung über die Mittelbewirtschaftung bis hin zur Rechnungslegung und Rechnungsprüfung 417 . Da die Fraktionen nach der in dieser Arbeit vertretenen Ansicht nicht dem Staat zugerechnet werden können 418 , finden die Grundsätze auf die Finanzwirtschaft der Fraktionen unmittelbar keine Anwendung. Eine Bindung der Fraktionen an die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit kann daher nur entstehen, wenn dessen Geltung mit der Zuweisung der staatlichen Mittel in verpflichtender Weise verknüpft wurde. Entscheidend ist damit, wie die Leistungserbringung an die Fraktionen rechtlich ausgestaltet wird 4 1 9 .

413 Ob und inwieweit den Parlamentspräsidenten als mittelbewirtschaftenden Stellen oder den Rechnungshöfen eine Prüfungsbefugnis über die Finanzen der Fraktionen zusteht, ist von der jeweiligen gesetzlichen Ausgestaltung abhängig, näher dazu unten C.IV.2.a. 414 Im Vorgriff auf die nähere Darstellung der Regelungen zur Rückerstattung von staatlichen Leistungen sei darauf hingewiesen, daß die nur in Bayern, Art. 4 FraktG Bay, BadenWürttemberg, § 4 FraktG BW, Brandenburg, § 6 FraktG Bbg, Hessen, § 4 FraktG Hess, Niedersachen, § 33 c AbgG NS, Rheinland-Pfalz, § 6 FraktG RP, Sachsen-Anhalt, § 4 FraktG SA, und Thüringen, § 56 Abs. 1 AbgG Thür, gesetzlich begründeten Rückforderungsansprüche sich sämtlich auf eine nicht bestimmungsgemäße, das heißt eine sich nicht im Rahmen der Zweckbindung bewegende, Verwendung beschränken. 415 Art. 114 Abs. 2 GG erwähnt den Grundsatz der Sparsamkeit nicht mehr gesondert, der aber allgemein als ein Unterfall des Wirtschaftlichkeitsgebots verstanden wird, Dommach, in: Heuer, KHR, § 7 BHO RN 1. 416 Eine nähere gesetzliche Definition der Begriffe Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit besteht nicht. Allgemein wird ihnen heute die Bedeutung eines Gebots der Optimierung zwischen den angestrebten Zielen und den einsetzbaren Mitteln sowie der Minimierung der zur Zielerreichung erforderlichen Haushaltsmittel zugeschrieben, v%\.Dommach y in: Heuer, KHR, § 7 BHO RN 2,7,9. 417 DommacK in: Heuer, KHR, § 7 BHO RN 1. 418 Siehe oben Kapitel C.II.l.b.aa. 419 A.A. Landesrechnungshof Bremen, Jahresbericht 1994 v. 28.10.1994, Bre-Drs. 13/1024, RN 72, S. 21, der von einer Geltung des § 7 LHO Bre für alle Stellen, die Haushaltsmittel (Steuermittel) ausgeben, und damit auch für die Fraktionen, ausgeht.

174

C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

Werden die Mittel wie beispielsweise in Sachsen als Zuwendungen nach §§ 23, 44 BHO/LHO gewährt, hat die mittelbewirtschaftende Stelle unter Umständen durch den Erlaß entsprechender Auflagen für eine Einhaltung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu sorgen 420. Erfolgt die Mittelzuweisung dagegen zur Befriedigung eines gesetzlich begründeten Rechtsanspruchs wie in Hamburg, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz, findet das Haushaltsrecht für die Bewirtschaftung der Mittel direkt keine Anwendung, so daß der mittelbewirtschaften Stelle kein entsprechender Ermessensspielraum verbleibt 421 . Das gleiche gilt für die im Bund und der Mehrzahl der Länder anzutreffende Gestaltung aus einer Kombination einer gesetzlichen Regelung dem Grunde nach in den Fraktionsgesetzen und einer Festsetzung der konkreten Höhe der Zahlungen im Haushalt. In Anbetracht der verfassungsrechtlichen Stellung der Fraktionen ist auch dort nach Ansicht des Verfassers trotz des konkretisierenden Verweises in den Haushalt von einer den Zuwendungscharakter ausschließenden Begründung eines Rechtsanspruchs bereits durch Gesetz auszugehen422, der einen Rückgriff auf die Regeln des Haushaltsrechts sperrt 423 . Eine entsprechende Verpflichtung der Fraktionen wird nach der Rechtslage in Berlin, Brandenburg, Hamburg, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen gleichwohl dadurch erreicht, daß die Fraktionsgesetze den Fraktionen die Beachtung des Gebots der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei der Verwendung ihrer Mittel auferlegen 424. In den übrigen Ländern fehlt es an einer entsprechenden Anordnung 425 . Die Fraktionsgesetze erstrecken jedoch durchgängig die Prüfungskompetenz der 420 Nach W Nr. 5.1 zu § 44 BHO/LHO ist die Allgemeine Nebenbestimmung für Zuwendungen zur institutionellen Förderung zum Bestandteil des Zuwendungsbescheids (ANBest-I) zu machen, die nach Nr. 1.1 dem Zuwendungsempfänger eine wirtschaftliche und sparsame Verwendung der Zuwendung auferlegt, vgl. Krämer/Schmidt, D XI, S. 1, 7 f. 421 Dommach, in: Heuer, KHR, § 23 BHO RN 2; von Köckritz/Ermisch/Maatz, § 23 BHO Anm. 3.3, S. 8; Krämer/Schmidt, B IV 2.2, S. 16. 422 Vgl. zur Problematik oben unter C.II.l .c.bb und C.II.3.b. 423 A.A. Annette Fischer, S. 191 RN 198, in bezug auf die Geltung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei einer Bildung von Rücklagen. 424 So ausdrücklich in Hamburg, § 2 Abs. 1 S. 2 FraktG HH, Rheinland-Pfalz, § 3 Abs. 1 FraktG RP, Schleswig-Holstein, § 7 Abs. 1 FraktG SH, und Thüringen, § 51 S. 2 AbgG Thür. In Brandenburg ergibt sich die besagte Bindung der Fraktionen allein durch die Anordnung des § 3 Abs. 3 FraktG, daß die Fraktionen die Mittel zur Eigenbewirtschaftung im Sinne von § 34 Abs. 2 LHO erhalten und demnach Ausgaben nur soweit und nicht eher geleistet werden dürfen, als sie zur wirtschaftlichen und sparsamen Verwaltung erforderlich sind. Das Fraktionsgesetz von Berlin bestimmt dagegen in § 8 Abs. 8 FraktG Bin zwar explizit, daß das öffentliche Haushaltsrecht keine Anwendung findet. Die von der Präsidentin des Abgeordnetenhauses von Berlin im Einvernehmen mit dem Ältestenrat nach § 8 Abs. 12 FraktG Bin erlassenen Richtlinien für die Verwendung der Geld- und Sachleistungen sehen allerdings eine „Beachtung des allgemeinen Gebots der sparsamen und wirtschaftlichen Verwendung öffentlicher Mittel" vor. 425 Im Bund sieht § 51 Abs. 1 BAbgG lediglich vor, daß die Einzelheiten der Haushalts- und Wirtschaftsführung in Ausführungsbestimmungen zu regeln sind, die der Ältestenrat nach Anhörung des Bundesrechnungshofs zu erlassen hat. Nach der Begründung des Entwurfs eines Frakti-

III. Die Mittelerwendung durch die Fraktionen

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Rechnungshöfe auf die wirtschaftliche und ordungsgemäße Verwendung der Geld- und Sachleistungen426. Dies legt es nahe, den gesetzgeberischen Willen dahin auszulegen, daß auch die Fraktionen bei der Verwendung der Mittel an diese Grundsätze gebunden sein sollen. I m Interesse der mit der Gesetzgebungstätigkeit angestrebten Rechtsklarheit wäre hier eine eindeutige gesetzliche Normierung wünschenswert. Die hier vertretene Verpflichtung der Fraktionen zur Beachtung des Gebots der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bedeutet aber nicht, daß die Fraktionen bei ihrer Aufgabenerfüllung sich strikt von einer nach betriebswirtschaftlichen Kriterien durchzuführenden Kosten-Nutzen-Analyse leiten lassen müssen. Vielmehr ist das Wirtschaftlichkeitsprinzip neben anderen Rechtsprinzipien 427 und vor allem vor dem Hintergrund des parlamentarischen Auftrags und der verfassungsrechtlichen Stellung der Fraktionen zu interpretieren. Die sich bei einer Anwendung in der Praxis ergebenden Schwierigkeiten lassen sich beispielhaft anhand der allgemein um die Bindung der Fraktionen an das Tarifrecht des öffentlichen Dienstes geführten Kontroverse aufzeigen. Insbesondere aus den Reihen der Rechnungshöfe wird gefordert, daß die Fraktionen, wenn sie schon nicht an das öffentliche Dienstrecht unmittelbar gebunden seien, sich an diesem zu orientieren hätten. Verwiesen wird dabei auf das auch für die Empfänger von Zuwendungen gültige Besserstellungsverbot 428. Danach dürften diese ihr Personal, wenn sie ihre Gesamtausgaben zumindest überwiegend aus öffentlichen Mitteln bestreiten, nicht besser bezahlen als i m öffentlichen Dienst üblich 4 2 9 . Diese Ansicht läßt jedoch unberücksichtigt, daß ungeachtet der nahezu vollständigen Finanzierung der Fraktionen mit öffentlichen Geldern die Fraktionen auch bei einer Gestaltung ihrer arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Besonderheiten ihrer Stellung innerhalb der Parlamente Rechnung zu tragen haben. Eine Fraktionsbildung von Abgeordneten eines Parlaments kann nur für die Dauer einer Legislaturperiode eingegangen werden. Tritt eine Fraktion in der Eigenschaft eines Arbeitgebers auf, ist sie folglich bei einer zweckentsprechenden Verwendung ihrer Mittel nur befugt, an das

onsgesetzes der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. im Deutschen Bundestag v. 20.04.1993, BT-Drs. 12/4756, S. 8, haben die Ausführungsbestimmungen die Aufgabe, die Gebote der wirtschaftlichen und ordungsgemäßen Verwendung der zur Verfügung gestellten Geldund Sachleistungen zu konkretisieren. Zu einer Umsetzung der gesetzlichen Verpflichtung ist es allerdings bis zur Fertigstellung der Arbeit im Sommer 1996 noch nicht gekommen. 426 Vgl. etwa § 53 Abs. 1 BAbgG oder Art. 8 S. 2 FraktG Bay i.V.m. Art. 90 Nr. 3 LHO Bay. 427 So auch die allgemeine Interpretation von § 7 BHO/LHO bei von Arnim, Wirtschaftlichkeit, S. 93 ff.; Dommach, in: Heuer, KHR, § 7 BHO RN 4; Krämer/Schmidt, D XI, S. 7. 428 Nr. 1.3 Anlage 1 zu VV zu § 44 BHO/LHO; vgl. Krämer/Schmidt, D XI, S. 8. 429 Leitsätze der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder 1991, Nr. 3; Landesrechnungshof Bremen, Jahresbericht 1994 v. 28.10.1994, Bre-Drs. 13/1024, Rn 62, S. 19; Mitteilungen des Landesrechnungshofs Baden-Württemberg v. 02.11.1993, BW-Drs. 11/2837, S. 4; Heuer, Kontrollauftrag, S. 110.

176

C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

Bestehen der konkreten Volksvertretung gekoppelte Arbeitsverhältnisse abzuschließen430. Dies gilt auch dann, wenn aufgrund der Verankerung einer Partei in der Bevölkerung davon auszugehen ist, daß ihre gewählten Mitglieder im folgenden Parlament eine Nachfolgefraktion bilden können und werden 431 . Mit jeder neuen Konstituierung einer Fraktion ist, unabhängig davon, ob sie sich zur Rechtsnachfolgerin einer ehemaligen Fraktion erklärt, verbunden, daß sich ihre parlamentarischen Zielvorstellungen durch die Veränderungen in der personellen Zusammensetzung aufgrund neugewählter und ausgeschiedener Abgeordneter oder aufgrund einer neuen politischen Akzentuierung der parlamentarischen Arbeit gewandelt haben. Insoweit kann eine Fraktion ihren parlamentarischen Auftrag nur dann angemessen erfüllen, wenn sie ihrem Personal das entsprechende Vertrauen entgegenbringt und dieses auch bereit ist, die von einer Fraktion in der parlamentarischen Auseinandersetzung eingenommene Position politisch zu unterstützen. Die einer Vertragsgestaltung zugrundeliegende Ausgangslage unterscheidet sich dadurch elementar von den dem öffentlichen Dienstrecht zugrundeliegenden Wertungen. Während einerseits prinzipiell von einem unbefristeten Arbeitsverhältnis ausgegangen wird, was sich auch in der Ausformung des Kündigungsschutzes und der Bemessung von Übergangszahlungen niederschlägt, ist der Tätigkeit bei einer Fraktion andererseits ein weitaus höheres Arbeitsplatzrisiko immanent. Die Fraktion läßt sich insofern mit einem „Tendenzbetrieb" 432 vergleichen, dem es gestattet sein muß, seine Personalstruktur in Abhängigkeit von den sich wandelnden Anforderungen des parlamentarischen Geschehens und den wechselnden politischen Zielvorstellungen einer Fraktion anzupassen433. Dementsprechend muß es den Fraktionen möglich sein, vom Tarifrecht des öffentlichen Dienstes als Orientierungspunkt dann abzuweichen, wenn dies erforderlich ist, um für die fraktionsspezifische Tätigkeit ausreichend qualifizierte Mitarbeiter gewinnen zu können. b) Rücklagenbildung und Rückerstattung staatlicher Leistungen Die Fraktionsgesetze gestatten den Fraktionen durchweg, Rücklagen zu bilden. A u f den ersten Blick löst diese Feststellung Erstaunen aus. Die mit der Begründung eines Rechtsanspruchs auf Finanzierung vermittelte Finanzhoheit legt es nahe anzunehmen, daß davon die Befugnis mitumfaßt wird, eigenver430

Vgl. zur Problematik ausfuhrlich Günther, KJ 1993, 98, 100; Jekemtz, ZParl 26 (1995),

395,422. 431

Zu den gesetzlich festgelegten Voraussetzungen der Rechtsnachfolge vgl. etwa § 54 Abs. 7 BAbgG oder § 9 FraktG RP. 432 Der Begriff wird typischerweise im Arbeitsrecht für die kirchlichen Einrichtungen gebraucht, deren arbeitsrechtlichen Vertragsverhältnisse unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlich garantierten Kirchenautonomie auszulegen sind, vgl. etwa BAG, NJW 1984,1917. 433 Vgl. auch Jekewitz, ZParl 26 (1995), 395, 422; Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt, Jahresbericht 1995, S. 28 f.

III. Die Mittelerwendung durch die Fraktionen

177

antwortlich über die Ansammlung finanzieller Reserven in der Form von Rücklagen zu entscheiden434. Die Anerkennung der Fraktionen als juristische Personen des Parlamentsrecht und ihre Finanzierung aus öffentlichen Mitteln beschränken sich jedoch von Verfassungs wegen auf die Wahrnehmung ihrer parlamentarischen Funktionen im Interesse der Funktionsfahigkeit der Parlamente. Die Fraktionen erhalten die staatliche Leistungen daher nicht zur freien Disposition, sondern verfügen lediglich über ein zweckgebundenes Vermögen, das sie in Ausübung ihrer Fraktionsautonomie ausschließlich für fraktionsspezifische Tätigkeiten einsetzen dürfen. Je nach der gewählten Ausgestaltung der Mittelbereitstellung erwächst daraus für den allgemeinen Gesetzgeber oder den Haushaltsgesetzgeber die Pflicht, diese verfassungsrechtliche Vorgabe durch eine laufende Erfolgskontrolle - insbesondere auch in Anbetracht des Charakters der Finanzierungsentscheidung als Prognoseentscheidung 435 - sicherzustellen 436. Dem entspricht es, wenn die Fraktionsgesetze zur Erreichung des Finanzierungszwecks und vor allem zur Gewährleistung der Chancengleichheit zwischen den Fraktionen Rahmenregelungen geschaffen haben, in denen sich die Möglichkeiten zur Bildung von Rücklagen und die Voraussetzungen zur Rückerstattung von öffentlichen Leistungen gegenseitig ergänzen 437. Grundsätzlich kann dadurch gewährleistet werden, daß verbrauchte oder von den Fraktionen nicht im Sinne der Zweckbindung verwandte Mittel wieder den öffentlichen Haushalten zugeführt werden. Daneben läßt sich auf diesem Weg für jede Wirtschaftsperiode erneut eine annähernd vergleichbare finanzielle Ausgangslage zwischen den im parlamentarischen Wettbewerb konkurrierenden Fraktionen herstellen. I m einzelnen bestehen zwischen den Fraktionsgesetzen allerdings erhebliche Unterschiede, unter welchen Bedingungen die Bildung einer Rücklage anerkannt wird, ob und bis zu welcher Höhe eine Obergrenze gesetzlich festgelegt ist und schließlich inwieweit eine Übertragung auf zukünftige Legislaturperi-

434

Mit Ausnahme der Regelungen im Bund, § 52 Abs. 3 Nr. 2 Buchst, a und Buchst, b BAbgG, in Hamburg, § 2 Abs. 6 FraktG HH, und in Schleswig-Holstein, § 8 Abs. 3 Nr. 2 Buchst, a und Buchst, b FraktG SH, wird in den Fraktionsgesetzen nicht zwischen Rücklagen und Rückstellungen differenziert. Allgemein ist unter einer Rücklage die bloße Ansammlung von Kapital zu verstehen, während Rückstellungen zur Vorsorge für hinreichend konkrete aber noch ungewisse zukünftige Verbindlichkeiten gebildet werden, vgl. etwa die Verpflichtung für Kaufleute nach § 249 HGB. Wie auch die Begründungen der Gesetzentwürfe nahelegen, ist davon auszugehen, daß die Fraktionsgesetze den Begriff der Rücklagen als einen auch die Rückstellungen umfassenden Oberbegriff gebrauchen. 435 Siehe oben Kapitel C.II.2.C. 436 Allgemein Kloepfer, VVdStRL 40 (1982), 63, 90; Pestalozzi NJW 1981,2081,2085. 437 Erfolgt die Mittelbereitstellung wie zumindest in Sachsen als Zuwendung, hängt es von den jeweiligen landesrechtlichen Bestimmungen zum Zuwendungsrecht ab, ob die Bildung von Rücklagen und Rückstellungen gestattet ist. Nach der Neufassung der W zu § 44 BHO und der dazugehörigen Anlage I Nr. 1.8, die inhaltsgleich auch in Sachsen bestehen, ist eine Bildung von Rückstellungen zulässig, soweit sie gesetzlich vorgeschrieben sind. Rücklagen dürfen dagegen grundsätzlich nicht gebildet werden. 12 Schneider

178

C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

oden zugelassen ist, während in den Fraktionsgesetzen des Bundes und von Berlin, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein keine Rechtsgrundlage zur Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen geschaffen wurde. Grundsätzlich ist die Möglichkeit zur Rücklagenbildung als ein sinnvolles finanzpolitisches Mittel einzustufen, um den Fraktionen ein eigenverantwortliches Wirtschaften mit Blick auf die sich im Laufe einer Legislaturperiode ergebenden Schwankungen des Finanzbedarfs etwa wegen künftiger politischer Aktionen oder von größeren Beschaffungsvorhaben zu ermöglichen. Hinzu tritt die Notwendigkeit, Mittel zur Vorsorge für zukünftig fällig werdende arbeitsvertragliche Verpflichtungen wie für Nachversicherungsansprüche oder für die Durchführung von Sozialplänen zurückzustellen 438. Nähere Kriterien, unter welchen Voraussetzungen die Bildung einer Rücklage zulässig ist, legen allerdings allein die Fraktionsgesetze von Bayern, Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Thüringen fest. Dort heißt es, daß die Fraktionen Rücklagen bilden können, „soweit dies unter Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung für größere Ausgaben erforderlich ist, die aus den Einnahmen eines laufenden Haushaltsjahres nicht getätigt werden können" 4 3 9 , 4 4 0 , oder „soweit dies für größere Beschaffungen und für die Erfüllung von Verbindlichkeiten erforderlich ist" 4 4 1 . Eine zusätzliche Begrenzimg der Rücklagenbildung ist in Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz eingeführt worden. Danach darf die absolute Höhe der Rücklagen das Limit von 20 v.H. jährlich und insgesamt nicht mehr als 60 v.H. der jährlichen Leistungen 442 beziehungsweise 35 v.H. der jährlich gezahlten Mittel nicht übersteigen 443. Hinsichtlich der nicht verbrauchten Geldleistungen, für die im .übrigen auch keine Rücklage gebildet werden konnten, sowie für 438

Vgl. dazu etwa die Begründung des Entwurfs eines Fraktionsgesetzes der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. im Deutschen Bundestag v. 20.04.1993, BT-Drs. 12/4756, S. 8. Günther, KJ 1993, 98 ff., schildert insofern plastisch die beim Untergang einer Fraktion sich realisierenden finanziellen Risiken. 439 Art. 3 Abs. 3 FraktG Bay; § 3 Abs. 5 FraktG BW; § 5 FraktG Bbg; § 3 Abs. 4 FraktG Hess; § 31 Abs. 4 AbgG NS; § 3 Abs. 4 FraktG RP; § 52 AbgG Thür. 440 Beispielsweise von den in § 3 Abs. 4 S. 1 FraktG RP aufgestellten Voraussetzungen nicht gedeckt sind die von der CDU-Landtagsfraktion Rheinland-Pfalz in der Jahresrechnung 1995 ausgewiesenen „Rücklagen für den laufenden Geschäftsbetrieb". Zweifel bestehen auch, ob die von der CDU- und der SPD-Landtagsfraktion Rheinland-Pfalz gebildeten Rücklagen für Öffentlichkeitsarbeit, die sich schließlich nach der dargelegten Zweckbestimmung auf die Unterrichtung über die Arbeit im aktuellen Parlament zu beschränken hat, einen über das laufende Haushaltsjahr hinausreichenden rücklagefähigen Aufwand zu begründen vermag. Quelle: Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags Rheinland-Pfalz über die Fraktionsrechnungen 1995 v. 24.04.1996, RP-Drs. 12/8391, S. 8,13. 441 § 54 Abs. 4 AbgG MV; § 3 Abs. 3 FraktG SA. 442 § 3 Abs. 3 FraktG Hess; § 54 Abs. 4 S. 2 FraktG MV; § 3 Abs. 4 FraktG RP. 443 § 5 FraktG Bbg.

III. Die Mittel Verwendung durch die Fraktionen

179

Mittel, die nicht bestimmungsgemäß verwendet worden sind, normieren die Fraktionsgesetze der oben genannten Länder einen Rückerstattungsanspruch 444. Demgegenüber fehlt es im Bund sowie in Bremen, in Hamburg und in Schleswig-Holstein an einer irgendwie gearteten Eingrenzung der Rücklagenbildung. Auch sind dort mit Ausnahme der für den Fall einer Beendigung ihrer Rechtsstellung vorgesehenen Rückführung des Fraktionsvermögens an die Staatshaushalte Regelungen für eine Rückerstattung von nicht benötigten oder nicht bestimmungsgemäß verwendeten Geldleistungen gänzlich zu vermissen. Die Fraktionen sind demnach in der Lage, unverbrauchte Finanzmittel in beliebiger Höhe anzusammeln. Die mitunter in erheblicher Höhe gebildeten Rücklagen der Fraktionen 445 werfen die Frage auf, ob eine durch die Bedürfnisse der Fraktionen nicht mehr legitimierte Überfinanzierung aus öffentlichen Mitteln vorliegt 446 . Zusätzlich birgt eine überhöhte Rücklagenbildung zumindest die Gefahr einer späteren unwirtschaftlichen oder einer sich außerhalb der engen Zweckbindung bewegenden Auflösung der Rücklagen in sich 447 . Diese Problematik wird zusätzlich dadurch verschärft, daß nach der Rechtslage sämtlicher Fraktionsgesetze einmal gebildete Rücklagen aufgrund der Regelungen zur Rechtsnachfolge von einer Nachfolgefraktion in der folgenden Legislaturperiode übernommen werden können. Abgesehen von der befürchteten mißbräuchlichen Verwendung unkontrolliert angesammelter Finanzmittel ist eine derartige Regelung mit der durch die verfassungsrechtliche Legitimation des Fraktionsstatus ebenfalls verfassungsrechtlich vorgegebenen Zweckbindung der Fraktionsmittel nicht zu vereinbaren. Der verfassungsrechtliche Finanzierungsanspruch der Frakionen beschränkt sich auf die Abgeltung des Aufwands für die Erfüllung der parlamentarischen Arbeit innerhalb eines konkreten Parlaments. Die sachliche Bindung, daß die staatlichen Leistungen allein durch die Herstellung und den Erhalt der Funktionsfähigkeit des Parlaments legitimiert werden, dem die Fraktionsmitglieder angehören, begründet gleichzeitig ihre zeitliche Bindung in der Form, daß ihre Verwendung grundsätzlich auf einen innerhalb der entsprechenden Legislaturperiode veranlaßten Aufwand be-

444 Art. 4 FraktG Bay; § 4 FraktG BW; § 6 FraktG Bbg; § 4 FraktG Hess; § 33 c Abs. 1 AbgG NS; § 6 FraktG RP; § 4 FraktG SA; § 56 AbgG Thür. In Berlin bestimmt die von der Präsidentin des Abgeordnetenhauses im Einvernehmen mit dem Ältestenrat auf der Grundlage von § 8 Abs. 12 FraktG Bin erlassene Richtlinie für die Verwendung der Geld- und Sachleistungen, daß zumindest die nicht verbrauchten Mittel dem Haushalt zuzuführen sind. 445 Nach der Feststellung des Landesrechnungshofs Sachsen-Anhalt, Jahresbericht 1995, S. 27, lag beispielsweise der Rücklagenanteil einer Fraktion im Haushaltsjahr 1993 bei über 100 v.H. der Jahreszuschüsse. 446 In der Öffentlichkeit hat insofern die Praxis einiger Fraktionen Aufmerksamkeit gefunden, Rücklagen in Millionenhöhe gewinnbringend auf Festgeldkonten festzulegen, Süddeutsche Zeitung v. 07.05.1993, S. 6, und Der Spiegel v. 17.01.1994, S. 29; vgl. auch Annette Fischer, S. 192; Hans Meyer, Emanzipation, S. 347; Müller, Stellungnahme, S. 5. 447 So der Landesrechnungshof Schleswig-Holstein, Jahresbericht 1995, S. 27.

180

C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

schränkt ist. Wird es zugelassen, daß vielleicht mit Ausnahme gebildeter Rücklagen für arbeitsvertragliche Verpflichtungen Finanzmittel einer Fraktion über eine Legislaturperiode hinaus verlagert werden können, führt dies zu einer Verzerrung der Wettbewerbssituation im nachfolgenden Parlament. Die Durchbrechung des für die Parlamente geltenden Diskontinuitätsprinzips 448 durch die Kontinuität der Finanzwirtschaft der Fraktionen führt daher zu einer nicht zu rechtfertigenden Privilegierung der Fraktionen, die über eine längere parlamentarische Tradition verfügen, gegenüber den sich innerhalb eines Parlaments erstmals formierenden Fraktionen. Gleichzeitig wäre es einer Regierungsfraktion, die sich in ihrer Arbeit weitgehend auf die Zuarbeit aus der Ministerialbürokratie stützt, möglich, Mittel für den Fall eines Wechsels in den Oppositionsstatus anzusparen und dadurch ihre neue parlamentarische Position mit Hilfe einer im Verhältnis zu den konkurrierenden Fraktionen überproportionalen Mittelausstattung wahrnehmen zu können. Beispielhaft ist dagegen die in Berlin getroffene Regelung, die über die Wahlperiode hinaus Rücklagen ausdrücklich nur „für Beschaffungsvorhaben der alten Fraktion und für die Erfüllung von Verbindlichkeiten der alten Fraktion (z.B. Sozialplan), die mit dem Ende der Wahlperiode in Zusammenhang stehen" zuläßt 449 .

IV. Die Kontrolle der Mittelverwendung 1. Buchführungs-, Inventarisierungs- und öffentliche Rechnungslegungspflichten Die Regierung hat nach Art. 114 Abs. 1 GG - so die Bundesregierung über die Einnahmen und Ausgaben des Staates Rechnung zu legen. Durch das zwingend durchzuführende Entlastungsverfahren ergibt sich die Möglichkeit, die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes parlamentarisch zu diskutieren und auf diese Weise die politische Verantwortlichkeit der Regierung auch gegenüber der Öffentlichkeit herzustellen 450.

448

Allgemein Ossenbühl, HdbStR III, § 63 RN 39 ff., S. 369 ff. Zur Begrenzung der Wirkungsdauer der Fraktionen auf die Wahlperiode Jekewitz, Bundestagsfraktionen, § 37 RN 40 f.; S. 1039 f. A.A. der bei der Präsidentenkonferenz 1992 geltend gemachte Vorbehalt Hamburgs, nach dem die Fraktionen als eine dauerhafte selbständige Einrichtung des Parlamentsrechts anzusehen seien, die nicht den Bindungen der Legislaturperiode unterliege, Präsidentenkonferenz 1992, S. 50. 449 §§ 8 Abs. 9 S. 2, 8 Abs. 12 i.V.m. Grundsatz I.B. der Richtlinie der Präsidentin des Abgeordnetenhauses von Berlin zur Verwendung der Geld- und Sachleistungen. 450 Heuer, in: Heuer, KHR, Art. 114 RN 13; Kisker, HdbStR IV, § 89 RN 92 ff., S. 276 ff.; Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Art. 114 RN 17.

IV. Die Kontrolle der Mittelverwendung

181

Mit der auf der Grundlage der Fraktionsgesetze erfolgten Ausgestaltung der Fraktionsfinanzierung in Form der Begründung eines Rechtsanspruchs der Fraktionen ist deren Finanzwirtschaft nicht mehr Bestandteil der Haushaltsführung des Staates451. Die Fraktionen besitzen mit der ihnen dadurch vermittelten Finanzhoheit gleichzeitig aber auch die Verantwortlichkeit für die Verwendung der zu ihren Gunsten bereitgestellten öffentlichen Mittel 4 5 2 . Dies wirft die Frage einer Übertragung der für die staatliche Finanzwirtschaft geltenden Nebenpflichten beim Umgang mit den öffentlichen Mitteln auch auf die Fraktionen a u f 5 3 4 5 4 . Die Gesetzgeber sämtlicher der seit dem auf der Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Landesparlamente von 1992 erlassenen Fraktionsgesetze haben dementsprechend die Fraktionen spezialgesetzlich verpflichtet, über ihre Einnahmen und Ausgaben Buch zu führen 455 , einen besonderen Nachweis über die aus öffentlichen Mitteln angeschafften Gegenstände zu führen 456 , jährlich öffentlich Rechnung zu legen 457 , ihr Vermögen und ihre Schulden auszuweisen458 und - was noch näher zu erörtern sein wird - sich der Finanzkontrolle durch die Rechnungshöfe und teilweise der Parlamentspräsidenten zu unterwerfen 459. Bei den gesetzlichen Regelungen dem Grunde nach in Nordrhein-Westfalen und im Saarland 460 stellt sich die Frage, ob die Leistungen wie in Sachsen als Zuwendungen zu behandeln sind, so daß in diesem Fall für den Zuwendungsempfänger eine Verpflichtung zur Aufstellung einer Übersicht über die Einnahmen und Ausgaben aus § 26 Abs. 3 LHO erwächst, oder ob die Bestimmungen des Haushaltsrechts sinngemäß anzuwenden sind. Allgemein ist festzustellen, daß bei einer Finanzierung der Fraktionen mit öffentlichen Mitteln eine geeignete Durchführung der öffentlichen Rechnungslegung nicht nur zur Rechtfertigung der Einnahmen und Ausgaben erfor451

Siehe oben Kapitel C.II.l.b.bb; C.II.3.b; C.III.3.a. Siehe oben Kapitel C.II. 1 .c.bb. Allgemein Kilian, S. 248; Schmidt-Jortzig/Hansen, NVwZ 1994,1145,1148. 454 Nach a.A. wird eine Rechnungslegungspflicht der Fraktionen in Anlehnung an die Verpflichtung der Parteien nach Art. 21 Abs. 1 S. 4 GG abgeleitet, „über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft" abzulegen, so von Arnim, Finanzierung der Fraktionen, S. 49 ff.; ders., Haushaltsrechtliche Veranschlagung, S. 31, Annette Fischer, S. 208 ff.; Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. im Deutschen Bundestag v. 20.04.1993, BT-Drs. 12/4756, S. 5. 455 Vgl. etwa § 51 Abs. 2 BAbgG oder § 3 Abs. 2 FraktG RP. Eine explizite Regelung einer Buchführungspflicht fehlt lediglich in Mecklenburg-Vorpommern. 456 Vgl. etwa § 51 Abs. 3 BAbgG oder § 3 Abs. 3 FraktG RP. 457 Vgl. etwa § 52 BAbgG oder § 4 FraktG RP. In Rheinland-Pfalz ist die Verpflichtung zur Rechnungslegung durch Art. 85 a Abs. 3 S. 2 Verf RP mit Verfassungsrang ausgestattet. 458 Vgl. etwa § 52 Abs. 3 BAbgG oder § 3 Abs. 4 FraktG RP. 459 In Rheinland-Pfalz erteilt die Verfassung in Art. 85 a Abs. 3 S. 2 Verf RP dem Gesetzgeber ausdrücklich den Auftrag, neben der Ausstattung der Fraktionen auch das Nähere über die Rechnungslegung und die Prüfung der Rechnung durch den Rechnungshof zu regeln. 460 § 30 AbgG NRW; § 29 AbgG Saar. 452

453

182

C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

derlich ist. Ihr kommt darüber hinaus wegen der unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Stellung der Fraktionen anzuerkennenden pauschalen Form der Mittelbereitstellung 461 eine besondere Bedeutung zu. Nur auf der Grundlage einer qualifizierten Rechnungslegung ist es den Parlamenten und der Öffentlichkeit möglich, die als parlamentarische Prognoseentscheidung getroffene Bemessung des erwarteten Finanzbedarfs der Fraktionen mit Blick auf eine eventuelle Anpassung der Mittel zu verifizieren 462 . Zusätzlich führt die damit verbundene Darlegungslast zu einer Selbstkontrolle der Fraktionen bei der Mittelverwendung. Die bei einer Rechnungslegung vorzunehmende Aufschlüsselung der Einnahmen und Ausgaben sollte aber grundsätzlich in einer Art und Weise erfolgen, die die Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels ermöglicht. Betrachtet man die in den Fraktionsgesetzen mehr oder weniger differenziert getroffenen Untergliederungen der hier besonders interessierenden Ausgabeseite, so ist durchgängig eine kombinierte Aufschlüsselung einerseits nach besonderen Ausgabearten wie „Personalausgaben", „Ausgaben des laufenden Geschäftsbetriebs", „Reisekosten" oder „Ausgaben für Veranstaltungen" und andererseits nach Aufgabenbereichen wie „Ausgaben für die Zusammenarbeit mit anderen Parlamenten" oder „Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit" festzustellen. Gegenüber dem Aussagewert eines derartigen Aufteilungssystems bestehen erhebliche Bedenken. Strenggenommen müßte sowohl eine Zusammenstellung aller Ausgabearten als auch eine Addition sämtlicher für die Verfolgung einzelner Zwecke effektiv entstandener Kosten jeweils die Gesamtsumme sämtlicher von den Fraktionen eingesetzten Mittel ergeben. Eine Zusammenfassung von einzelnen Ausgabearten und von einzelnen Zweckbestimmungen innerhalb einer Gesamtrechnung verhindert dagegen eine klare und eindeutige Zuordnung innerhalb der Aufgliederung. Existiert beispielsweise die Gliederungsposition „Reisekosten" 463 , kann ein entsprechender Aufwand nicht mehr gemäß seiner Veranlassung bei den „Ausgaben für die Zusammenarbeit mit anderen Parlamenten" oder bei den „Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit" ausgewiesen werden. Ebenso verhält es sich mit den „Ausgaben für Dienstleistungen Dritter" 464 . Mit der Einführung einer solchen Untergliederung läßt sich nicht mehr erkennen, ob die Kosten im Interesse der „allgemeinen politischen Arbeit" einer Fraktion oder für den „laufenden Geschäftsbe-

461

Siehe oben Kapitel C.II. 1. Im allgemeinen wird in diesem Zusammenhang die Publizitätspflicht damit begründet, sie sei in Hinblick auf den Charakter der Leistungsbewilligung als „Entscheidung in eigener Sache" notwendig, um eine Beurteilung der Erforderlichkeit und der Angemessenheit der Fraktionsfinanzierung durch die Öffentlichkeit sicherzustellen, vgl. von Arnim, Finanzierung der Fraktionen, S. 51; Annette Fischer, S. 209; Martin, S. 112. 463 Vgl. etwa § 4 Abs. 3 Nr. 2 Buchst, i FraktG RP; § 8 Abs. 10 Nr 2 Buchst, g FraktG Bln. 464 Vgl. etwa § 7 Abs. 1 Nr. 2 Buchst, c FraktG BW; § 8 Abs. 10 Nr. 2 Buchst, c FraktG Bin; § 10 Abs. 3 Nr. 2 Buchst, h FraktG Bbg; § 3 Abs. 3 Nr 2 Buchst, c FraktG HH. 462

IV. Die Kontrolle der Mittelverwendung

183

trieb" entstanden sind. Die gewählte Differenzierung läßt daher einen die tatsächliche Situation wiedergebenden Einblick in die Ausgabenstruktur einer Fraktion nicht zu. Weiter sei daraufhingewiesen, daß die Rechnungslegungspflicht der Fraktionen grundsätzlich sämtliche von einer Fraktion getätigten Aufwendungen umfassen sollte, unabhängig davon, ob es sich um eine Verwendung staatlicher Leistungen oder „privater" Mittel der Fraktionen handelt 465 . Die hier vertretene Erstreckung der Zweckbindung auf nichtstaatliche Einnahmen der Fraktionen 466 verlangt entgegen der Rechtslage im Bund und in Berlin, Bremen, MecklenburgVorpommern und Schleswig-Holstein467 eine Ausdehnung der Darlegungslast auch für die nichtöffentlichen Mittel, da sich andernfalls die erstrebte Transparenz des Bedarfs und des Ausgabeverhaltens der Fraktionen nicht erzielen läßt.

2. Die Rechnungsprüfung durch die Rechnungshöfe a) Die Begründung des Prüfauftrags

in den Fraktionsgesetzen

Das durch die Fraktionsgesetze ausgestaltete System einer Fraktionsfinanzierung findet seine Abrundung dadurch, daß durchweg die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder entweder „verpflichtet" 468 oder „berechtigt" 469 werden, die Verwendung der den Fraktionen zur Verfügung gestellten Geld- und Sachleistungen zu überprüfen 470. Der Gesetzgeber hat damit die seit langem zwischen den Rechnungshöfen, den Parlamentspräsidenten und den Fraktionen umstrittene Finanzkontrolle 471 der Fraktionen einer gesetzlichen Regelung zugeführt. Dessen bedurfte es nicht allein aus Gründen der Rechtsklarkeit. Die auf der Grundlage der Fraktionsgesetze getroffene Ausgestaltung eines Anspruchs der Fraktionen auf Finanzierung hat zur Folge, daß die Regeln des Haushaltsrechts nicht nur bei der Leistungserbringung, sondern auch auf die Rechnungsprüfung

465

So in Bayern, Art. 6 Abs. 1 FraktG Bay, Baden-Württemberg, § 6 Abs. 1 FraktG BW, Brandenburg, § 10 Abs. 1 FraktG Bbg, Hessen, § 6 Abs. 1 FraktG Hess, Hamburg, § 3 Abs. 1 FraktG HH, Niedersachsen, § 33 a Abs. 1 AbgG NS, Rheinland-Pfalz, § 4 Abs. 1 FraktG RP, Sachsen-Anhalt, § 6 Abs. 1 FraktG SA, und Thüringen, § 54 Abs. 1 AbgG Thür. 466 Siehe oben Kapitel C.III. 1 .b. 467 § 52 BAbgG; § 8 Abs. 10 FraktG Bin; § 42 Abs. 1 AbgG Bre; § 55 Abs. 1 AbgG MV; § 8 Abs. 1 FraktG SH. 468 Vgl. etwa § 53 Abs. 1 BAbgG; § 9 FraktG BW; § 43 AbgG Bre; § 7 FraktG Hess; § 56 AbgG MV; § 33 d AbgG NS. 469 Vgl. etwa § 5 Abs. 1 FraktG RP; Art. 8 FraktG Bay; § 8 FraktG SA; § 9 FraktG SH. 470 In Thüringen, § 55 Abs. 1 AbgG Thür, und in Mecklenburg-Vorpommern, § 56 Abs. 1 S. 2 AbgG MV, wird der Präsident des Rechnungshofs zur Prüfung berechtigt. 471 Vgl. etwa von Arnim, Staatliche Fraktionsfinanzierung, S. 50 ff.; Heuer, Kontrollauftrag, S. 108 f.; Lange, S. 291; Müller, NJW 1990, 2047; Leitsätze der Rechnungshöfe 1991, Nr. 8.

184

C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

keine Anwendung finden 472 . Aufgrund der rechtlichen Eigenständigkeit der Fraktionen sind diese zwar als „Stellen außerhalb der Bundes- beziehungsweise Landesverwaltung" einzuordnen 473. Dennoch greift die für Stellen außerhalb der Bundes- beziehungsweise Landesverwaltung vorgesehene Prüfungskompetenz der Rechnungshöfe nach § 91 Abs. 1 Nr. 3 BHO/LHO nicht ein, da die Fraktionen nach der Konzeption der Fraktionsgesetze eine Leistung zur Erfüllung eines gesetzlich begründeten Rechtsanspruchs und keine Zuwendungen erhalten 474 . Dies gilt auch im Anwendungsbereich der gesetzlichen Regelungen, die hinsichtlich der konkreten Höhe der zu zahlenden Beträge auf die jährlichen Festsetzungen im Haushaltsplan verweisen 475 . Problematisch ist insoweit, daß nach einhelliger Meinung eine gesetzliche Regelung dem Grunde nach nicht genügen soll, um den Zuwendungscharakter ausschließen zu können 476 . Indem es in den Fraktionsgesetzen aber etwa heißt, den Fraktionen seien die Mittel in Höhe der Festsetzung des Haushaltsplans477 oder in Höhe der getroffenen Festlegung für den Grundbetrag, den Steigerungsbetrag und den Oppositionszuschlag478 bereitzustellen, wird deutlich, daß es sich um einen gesetzlich begründeten Anspruch handelt, der durch die abstrakte Bezugnahme auf den jeweiligen Ausweis im Haushalt auch der Höhe nach eindeutig bestimmbar ist. Die gesetzlichen Formulierungen bringen damit zum Ausdruck, daß die parlamentarische Mittelfestsetzung im Haushalt als eine von den Parlamenten endgültig getroffene Entscheidung anzusehen ist und keinen weiteren Beurteilungsspielraum der mittelbewirtschaftenden Stelle nach § 44 BHO/LHO zuläßt 479 . Die Fraktionen sind daher nach der gesetzlichen Formulierung bereits Inhaber eines subjektiven Rechts, dessen aktueller Gehalt sich lediglich nach der jeweils im Haushalt getroffenen Konkretisierung richtet. Der Gesetzgeber hat daher mit den Regelungen zur Rechnungsprüfung der Fraktionen eine spe-

472

Siehe oben Kapitel C.II.l.b.bb; C.II.3.b; C.III.3.a. Siehe oben Kapitel C.II. 1 .b. 474 So ausdrücklich die Begründung des Entwurf eines Fraktionsgesetzes der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. im Deutschen Bundestag v. 20.04.1993, BT-Drs. 4756, zu § 52, S. 9. A.A. die Begründung des Mustergesetzentwurfs der Landtagsdirektoren, Präsidentenkonferenz 1992, zu §8, S. 55. 475 Dieser Weg wurde von sämtlichen Fraktionsgesetzen mit Ausnahme von Hamburg, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz beschritten, die den Finanzanspruch nach Grund und Betrag im Gesetz verankert haben, siehe oben C.II.3.. 476 Vgl. Vorl.W Nr. 1.2.2. zu § 23 BHO; Krämer/Schmidt, BIV 2.2, S. 16. 477 So in § 3 Abs. 1 FraktG BW; § 3 Abs. 1 FraktG Hess; § 3 Abs. 1 FraktG SA; § 49 abs. 1 AbgG Thür. 478 So in § 50 Abs. 2 s. 2 BAbgG; § 8 Abs. 2 S. FraktG Bin; § 40 Abs. 2 S. 2 AbgG Bre; § 6 Abs. 2 S. 2 FraktG SH. 479 Vgl. auch Rundel y S. 146 f., zur insoweit vergleichbaren Rechtslage bei der Gewährung der Fraktionszuschüsse in Baden-Württemberg nach § 19 des Gesetzes über die Entschädigung der Abgeordneten a.F.. Allgemein Dommach, in: Heuer, KHR, §23 BHO RN 2; von Köckritz/Ermisch/ Maatz, § 23 BHO Anm. 3.3, S. 8; Krämer/Schmidt, B IV 2.2, S. 16. 473

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zialgesetzliche Ermächtigung der Rechnungshöfe geschaffen, für die ansonsten keine Rechtsgrundlage bestanden hätte 480 . Die Durchfuhrung einer Rechnungsprüfung bei den Fraktionen ist zur Gewährleistung eines wirtschaftlichen und sparsamen Umgangs mit den öffentlichen Mitteln von entscheidender Bedeutung. Grundsätzlich ist Gegenstand der staatlichen Rechnungsprüfung nach Art. 114 Abs. 2 GG allein das haushaltsrelevante Verhalten des Staates481. Bei den Fraktionen als gegenüber dem Staat verselbständigten Rechtssubjekten müßte sie sich danach auf eine Kontrolle des Parlamentspräsidenten als der mittelbewirtschaftenden Stelle bei der Erfüllung des gesetzlichen Finanzierungsanspruchs der Fraktionen beschränken. Eine wirkliche Überprüfung der staatlichen Finanzierungsentscheidung ist aber nur durch eine Überprüfung der konkreten Mittelverwendung bei den Fraktionen als Prüfungsobjekt möglich. Nur daraus lassen sich die notwendigen Erkenntnisse über den tatsächlichen Bedarf und das Ausgabeverhalten der Fraktionen gewinnen, die den Parlamenten eine Verifizierung der parlamentarischen Prognoseentscheidung über den allgemeinen Finanzbedarf der Fraktionen und gleichzeitig die vorzunehmende politische Bewertung der Erforderlichkeit einer eventuellen Mittelanpassung erlauben. Daneben ist die in Berlin, Hessen und Rheinland-Pfalz geschaffene Verpflichtung zur Veröffentlichung der Prüfberichte als Parlamentsdrucksache 482'483 geeignet, der Öffentlichkeit einen Zugang zu den Prüfungsfeststellungen zu verschaffen. Dies ist im Interesse der bei den sogenannten „Entscheidungen in eigener Sache" geforderten Transparenz parlamentarischer Entscheidungen von besonderer Bedeutung. Die positiven und negativen Feststellungen eines Prüfberichts des Rechnungshofs bieten der mit den Gesetzlichkeiten der parlamentarischen Willensbildung regelmäßig nicht vertrauten Öffentlichkeit einen Anhaltspunkt, um sich eine Meinung sowohl über die staatliche Entscheidung zur Finanzausstattung der Fraktionen als auch über deren Finanzgebaren bilden zu können 484 . Die aus rechtsstaatlichen Gründen geforderte Durchschaubarkeit des gesamten Willensbildungsprozesses 485 legt es 480 In Rheinland-Pfalz ist in Art. 85 a Abs. 3 der Verfassung ausdrücklich eine spezialgesetzliche Regelung u.a. für die „Prüfung der Rechnung durch den Rechnungshof4 vorgsehen. 481 Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Art. 114 RN 21; Krebs, Kontrolle, S. 182; Leisner, S. 96. 482 § 9 Abs. 4 S. 3 FraktG Bin; § 7 FraktG Hess; § 7 FraktG RP. 483 Durch den Verweis auf die entsprechenden haushaltsrechtlichen Bestimmungen in Bayern, Art. 8 S. 2 FraktG Bay, Baden-Württemberg, § 9 S. 2 FraktG BW, und Niedersachsen, § 33 d AbgG NS, wird den Rechnungshöfen das Recht zugebilligt, relevante Prüfungsfeststellungen in die zu veröffentlichenden Bemerkungen der Rechnungshöfe (§ 97 LHO) aufzunehmen. In Sachsen-Anhalt ergibt sich diese Berechtigung aus § 8 S. 3 FraktG SA i.V.m. Nr. 6 der vom Präsidenten des Landtages im Benehmen mit dem Ältestenrat und nach Anhörung des Landesrechnungshofs erlassenen Ausführungsbestimmung. In den übrigen Ländern stellt sich die Frage einer entsprechenden Anwendbarkeit des Haushaltsrechts. 484 Im Ergebnis ebenso Martin, S. 124; Schönberger, S. 210. 485 So das Bundesverfassungsgericht bei der Entscheidung des Parlaments „in eigener Sache" über die Höhe der Abgeordnetenentschädigung, BVerfGE 40,296,316 f.

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C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

daher nahe, die in die Entscheidungsfindung der Parlamente einzubeziehenden Erfahrungen mit der Mittelverwendung der Fraktionen, die sich in den Berichten der Rechnungshöfe dokumentieren, offenzulegen. Zur Wahrung der Rechtsstellung der Fraktionen ist es dabei jedoch unabdingbar, daß den Fraktionen wie in Rheinland-Pfalz nach § 5 Abs. 4 FraktG RP und in Berlin nach § 9 Abs. 4 FraktG Bin ein Recht zur Stellungnahme eingeräumt wird 4 8 6 . b) Der Prüfungsinhalt Nach den Bestimmungen der Fraktionsgesetze erstreckt sich der Prüfungsauftrag der Rechnungshöfe auf die wirtschaftliche und bestimmungsgemäße Verwendung der den Fraktionen zur Verfügung gestellten Geld- und Sachleistungen. Daneben wird durch sämtliche Gesetze hervorgehoben, daß bei der Prüfung die Rechtsstellung und die Aufgaben der Fraktionen zu beachten und die politische Erforderlichkeit einer Maßnahme der Fraktionen nicht Gegenstand der Prüfung ist 4 8 7 4 8 8 . Die in Anerkennung der besonderen verfassungsrechtlichen Stellung der Fraktionen getroffene Konkretisierung des Prüfungsauftrags wird teilweise als ein Verstoß gegen die in Art. 114 Abs. 2 GG oder den entsprechenden Bestimmungen der Landesverfassungen begründete Prüfungskompetenz der Rechnungshöfe angesehen, die für die Fraktionen aufgrund der angenommenen Eingliederung in die organisierte Staatlichkeit einschlägig seien und eine entsprechende Einschränkung nicht zuließen 489 . Zur Begründung wird weiter auf die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im „Wüppesahl-Urteil" hingewiesen, das die Verpflichtung des Bundesrechnungshofs zur Rechnungsprüfung auf Art. 114 Abs. 2 GG stützt. Das Gericht hatte dazu festgestellt, daß der verfassungsrechtliche Prüfungsauftrag des Rechnungshofs die Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwendimg von Fraktionsmitteln in gleicher Weise und nach den gleichen verfassungs- und haushaltsrechtlichen Maßstäben umfasse wie bei anderen Etatmitteln auch 490 . Die ehemals bei der Suche nach der

486

Vgl. auch die Forderung bei Martin, S. 124 FN 441. Vgl. etwa § 53 BAbgG; § 43 Abs. AbgG Bre. Weitere Einzelheiten zur Durchfuhrung der Rechnungsprüfung werden in Berlin und in Rheinland-Pfalz im Gesetz geregelt. In Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Niedersachsen werden durch die Fraktionsgesetze die §§94 bis 99 der Haushaltsordnungen für entsprechend anwendbar erklärt, während in Sachsen-Anhalt die Einzelheiten der Prüfung im Rahmen der bereits erwähnten Ausfiihrungsbestimmungen geregelt sind. 489 Von Arnim, Anhörung Hessen 19.01.1993, S.59; ders., Haushaltsrechtliche Veranschlagung, S. 60; ders., Finanzierung der Fraktionen, S. 66, der die aus seiner Sicht einschränkenden Regelungen ausdrücklich als verfassungswidrig einstuft; Annette Fischer, S.219f.; Müller, Stellungnahme, S. 5; Bedenken äußertauch der Bundesrechnungshof, Bemerkungen 1993, BT-Drs. 12/5650, S.ll. 490 BVerfGE 80,188,214. 487 488

IV. Die Kontrolle der Mittelverwendung

187

einschlägigen Rechtsgrundlage für eine Rechnungsprüfung der Fraktionen geführte Auseinandersetzung findet damit bei der Beurteilung des verfassungsgemäßen Prüfungsmaßstabs ihre Entsprechung. Der verfassungsrechtliche Prüfungsauftrag der Rechnungshöfe erstreckt sich allerdings ausschließlich auf die Prüfung des Staates. Unter dem Blickwinkel der verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Modalitäten einer Mittelbereitstellung ist in dieser Arbeit bereits eingehend erörtert worden, daß die Fraktionen keinesfalls als eine „Stelle der staatlichen Exekutive" im Sinne des Haushaltsrechts eingeordnet werden können 491 . Soweit die Literatur Bezug nimmt auf die Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts zur Prüfungspflicht der Rechnungshöfe, wird übersehen, daß nach der damaligen Rechtslage die Leistungen im Bund als Zuwendungen erbracht wurden 492 . Eine Kompetenz des Rechnungshofs zur Prüfung der Mittelverwendung bei den Fraktionen ist in diesem Fall spezialgesetzlich durch § 91 Abs. 1 Nr. 3 BHO begründet, der zur Prüfung des staatlichen Ausgabeverhaltens eine Prüfung beim Zuwendungsempfanger in Konkretisierung und in Ergänzung des Verfassungsauftrags zur Rechnungsprüfung nach Art. 114 GG vorsieht 493 . Für eine Interpretation der vom Bundesverfassungsgericht angestellten Erwägungen in dem Sinne, daß die Fraktionen der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes zuzurechnen seien, besteht daher keine Veranlassung. Aufgrund der rechtlichen Eigenständigkeit der Fraktionen gegenüber dem Staat stellt sich mithin in Hinblick auf die in den Fraktionsgesetzen getroffenen Konkretisierungen des anzulegenden Prüfungsmaßstabs überhaupt nicht die Frage, ob es sich um eine zulässige Modifikation des Haushaltsrechts handelt und inwieweit politische Entscheidungen der Kontrolle der Rechnungshöfe unterliegen können 494 . Vielmehr werden - wie oben bereits festgestellt - die Rechnungshöfe durch die gesetzlichen Regelungen konstitutiv zur Rechnungsprüfung ermächtigt 495 . Gegen die dabei getroffene nähere Definition des Prüfungsinhalts lassen sich keine Einwände erheben. Insbesondere ist es vor dem Hintergrund des parlamentarischen Auftrags der Fraktionen und ihrer verfassungsrechtlich verbürgten Fraktionsautonomie als eine sinnvolle Gestaltung anzusehen, daß der Bereich der politischen Entscheidungen ausdrücklich nicht dem Gegenstand der Prüfung zugerechnet wird.

491

Siehe oben Kapitel C.II. 1 .b. Nach der damaligen Rechtslage in den Jahre 1988 und 1989 beruhte die Mittelbereitstellung an die Fraktionen des Deutschen Bundestages einzig auf der Ausgabeermächtigung im Haushalt, Einzelplan 01, Kap. 0201, Titel 684 01. 493 Heuer, in: Heuer, KHR, § 91 RN 1; Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Art. 114 RN 22. 494 So die der wissenschaftlichen Untersuchung zugrundegelegten Ansätze bei Annette Fischer, S. 217 ff.; Jekewitz,ZRP1993,344,349;Strauß-Zielbauer/Schnellbach,ZParl 24 (1993), 588, 594. 495 Im Ergebnis ebenso Martin, S. 123. 492

188

C. Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung

Zu bemerken ist allerdings, daß entgegen der Anregung des von den Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Landesparlamente beschlossenen Mustergesetzentwurfs 496 sich die Rechnungsprüfung mit Ausnahme von MecklenburgVorpommern 497 auf die Verwendung der von staatlicher Seite gewährten Leistungen beschränkt. Die Eingliederung der Fraktionen in die institutionalisierte Staatlichkeit verlangt, daß die Fraktionen unabhängig von der Herkunft ihrer finanziellen Mittel ihre gesamten Aktivitäten ausschließlich innerhalb des Bereichs der herausgearbeiteten verfassungsrechtlichen Vorgaben entfalten 498 . Um die Einhaltung dieser Prämisse durch eine wirksame Finanzkontrolle zu gewährleisten, ist es - wie auch bei der Rechnungslegung - geboten, daß sich die Rechnungshofkontrolle auf die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung der Fraktionen erstreckt. Dazu bedürfte es einer Ausdehnung der bisherigen gesetzlichen Ermächtigung der Rechnungshöfe zur Rechnungsprüfung.

496

Begründung des Direktorenentwurfs, Präsidentenkonferenz 1992, zu § 8, S. 55. § 56 AbgG MV. 498 Siehe oben zur „Erstreckung der Zweckbindung auch auf nichtstaatliche Einnahmen der Fraktionen" das Kapitel C.III.l.b. 497

Schlußbetrachtung Es war ein Anliegen der vorliegenden Untersuchung, einen Beitrag zur Rechtsklarheit in der Frage der Vereinbarkeit der aktuellen Fraktionsfinanzierung mit der Rechtsstellung und dem verfassungsrechtlichen Finanzierungsanspruch der Fraktionen zu leisten und dabei die Berechtigung der gegen die Fraktionsfinanzierung vorgebrachten Kritik zu hinterfragen. Die nähere Auseinandersetzung mit der Rolle der Fraktionen im Parlament und ihrer verfassungsrechtlichen Legitimation, als eigenständiges parlamentarisches Handlungssubjekt aufzutreten, hat gezeigt, daß im Zuge des Bedeutungsund Verständniswandels, den die Parlamente im Laufe der vergangenen Jahrzehnte erfahren haben, auch die Stellung der Fraktionen in der institutionalisierten Staatlichkeit neu zu bestimmen ist. Nachdem im Frühkonstitutionalismus das Parlamentsrecht die Fraktionen formal noch nicht zur Kenntnis genommen hatte, ist die staatsrechtliche Literatur bei der Beurteilung der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des von den Fraktionen innerhalb der parlamentarischen Demokratie unter dem Grundgesetz eingenommenen Status zumeist bemüht, aufgrund der Nähe der Fraktionen zu den Parteien Art. 21 Abs. 1 GG oder aufgrund ihrer Entstehimg aus einem Zusammenschluß von Abgeordneten Art. 38 Abs. 1 GG als Legitimationsgrundlage für das parlamentarische Wirken der Fraktionen heranzuziehen. Die Untersuchimg hat indessen ergeben, daß die Fraktionen eine eigenständige, einzig aus ihrem Beitrag für die Herstellung und den Erhalt der Funktionsfähigkeit der Parlamente begründete verfassungsrechtliche Stellung innehaben. Dem ist bei einer rechtlichen Bewertung der grundsätzlichen Zulässigkeit der staatlichen Finanzierung der Fraktionen sowie bei der Ausgestaltung des Finanzierungssystems Rechnung zu tragen. In der öffentlichen Diskussion um die staatliche Finanzierung der Fraktionen steht im Vordergrund, daß die Entscheidung über ihre Finanzausstattung allgemein als eine „Entscheidung der Parlamente in eigener Sache" eingeordnet und ähnlich wie bei den Kontroversen um die Parteienfinanzierung und die Abgeordnetenentschädigung das Reizwort von der „Selbstbedienung" der Parlamente gebraucht wird. Es darf aber nicht übersehen werden, daß die Fraktionsfinanzierung im Gegensatz etwa zur Parteienfinanzierung aufgrund des Wirkens der Fraktionen innerhalb der Staatsorganisation einer besonderen Zweckbindung unterliegt, an die die Parlamente bei einer Bewilligung der öf-

190

Schlußbetrachtung

fentlichen Gelder wie auch die Fraktionen bei deren Verwendung gebunden sind. Nach dem Ergebnis der Arbeit ist eine Finanzierung der Fraktionen entsprechend der verfassungsrechtlichen Legitimation ihres Status allein zur Ausübung ihrer spezifischen Koordinations- und Integrationsfunktion im Interesse der Funktionsfähigkeit der Parlamente gerechtfertigt. In Anbetracht der überragenden Bedeutung der Fraktionen für eine sachgerechte und effektive Erledigung der parlamentarischen Arbeit ist darüber hinaus von Verfassungs wegen sogar eine Verpflichtung des Staates festzustellen, ihnen die insoweit erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen. Existiert damit zwar ein verfassungsrechtlicher Maßstab für die Finanzierung der Fraktionen, so ist die konkrete Bemessung ihrer Finanzausstattung durch die Parlamente - für sich betrachtet - anhand rechtlicher Kriterien nicht verifizierbar. Mit Ausnahme der praktisch wohl nicht relevanten Fälle, daß die Fraktionsfinanzierung auf eine Höhe herabsinken sollte, die die Arbeitsfähigkeit der Fraktionen gefährden würde, oder eine derart üppige Finanzausstattung gewährt würde, die bei einem zweckentsprechendem Einsatz der Mittel durch einen wie auch immer zu prognostizierenden Bedarf der Fraktionen schlechterdings nicht zu rechtfertigen wäre, steht die Entscheidung über die Finanzausstattung im politischen Ermessen der Parlamente. Sie können etwa im Interesse einer Verbesserung der Arbeitsfähigkeit der Volksvertretung eine großzügigere finanzielle Förderung der Fraktionen beschließen oder auch mit Rücksicht auf eine angespannte Haushaltslage die Leistungen reduzieren. Ob es innerhalb dieses Rahmens zu Mittelanpassungen nach oben oder unten kommt, wird demnach vom Ergebnis der politischen Auseinandersetzung bestimmt. Dabei kann es zusätzlich als unbefriedigend empfunden werden, daß der Bewilligungentscheidung der Parlamente keine detaillierte Bedarfsberechnung zugrundegelegt wird und in Hinblick auf die von der Fraktionsautonomie geschützte Fähigkeit der Fraktionen, flexibel und nach eigenem politischen Ermessen auf die Herausforderungen der parlamentarischen Arbeit reagieren zu können, auch nicht zugrundegelegt werden kann. Eine rechtliche und insbesondere verfassungsgerichtliche Überprüfbarkeit der Finanzierungsentscheidung ist damit in der Praxis weitgehend ausgeschlossen. Unabhängig von diesen Feststellungen sind die Parlamente aufgrund des Charakters der Finanzierungsentscheidung als Prognoseentscheidung verpflichtet, ihre Festsetzung der Finanzausstattung der Fraktionen einer kontinuierlichen Überprüfung zu unterziehen. Wesentliche Grundlagen sind dabei die aus dem Ausgabeverhalten der Fraktionen empirisch gewonnenen Erkenntnisse und der für die Vergangenheit festgestellte Finanzbedarf. Vor diesem Hintergrund kann das durch die Fraktionsgesetze geschaffene Verfahren der Fraktionsfinanzierung als ein geeigneter Ansatz gewertet werden, um die Fraktionsfinanzierung nicht nur auf ein gesichertes rechtliches Fundament zu stellen,

Schlußbetrachtung sondern auch ihre Transparenz wesentlich zu verbessern. Die in den Fraktionsgesetzen durchweg anzutreffende Verknüpfung des nunmehr zumindest dem Grunde nach gesetzlich normierten Finanzierungsanspruchs der Fraktionen mit ihren anerkannten öffentlichen Aufgaben legt die Zweckbindung der Finanzierungsentscheidung offen. Mit der Begründung einer Pflicht zur öffentlichen Rechnungslegung über die Mittelverwendung sowie der zusätzlich konstituierten Prüfungsbefugnis der Rechnungshöfe wird daneben eine nachgängige Kontrolle - auch durch die Öffentlichkeit - ermöglicht. Diese Kontrolle stellt ein korrigierendes Element zu der - weitgehend nicht überprüfbaren - politischen Ermessensentscheidung der Parlamente dar. Sind damit die Voraussetzungen geschaffen, um die Finanzwirtschaft der Fraktionen beurteilen zu können, so läßt dies zwar keine Aussagen über die Legitimität der ursprünglich getroffenen parlamentarischen Bewilligungsentscheidung zu, es wird aber möglich, die Entscheidung über eine zukünftige Anpassung der Mittel nachzuvollziehen und damit zu kontrollieren. In Entsprechung des politischen Charakters der Finanzierungsentscheidung wird auf diese Weise die politische Verantwortlichkeit der Parlamente für ihre Entscheidung verstärkt ins Blickfeld gerückt. Die formalen und inhaltlichen Anforderungen der Fraktionsfinanzierung, wie sie in den Fraktionsgesetzen niedergelegt sind und Gegenstand dieser Arbeit waren, bieten nicht zuletzt die Möglichkeit zu qualifizierter sachlicher Diskussion. Es bleibt abzuwarten, wie die Öffentlichkeit, die Medien, aber auch die Wissenschaft, diese Chance nutzen und ob die Fraktionsgesetze in der Praxis den in sie gesetzten Erwartungen entsprechen werden.

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