Deutsches Wörterbuch: Lieferung 11 Versuch – Vertreten [Unveränderter Nachdruck, Reprint 2022 ed.] 9783112641460

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Deutsches Wörterbuch: Lieferung 11 Versuch – Vertreten [Unveränderter Nachdruck, Reprint 2022 ed.]
 9783112641460

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DEUTSCHES

WÖRTERBUCH VON

JACOB GRIMM UND WILHELM GRIMM Herausgegeben von der

Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin

XII. Bandes I. Abteilung 11. Lieferung VERSUCH—VERTRETEN

1961

S. HIRZEL VERLAG . LEIPZIG IN ARBEITSGEMEINSCHAFT MIT DEM AKADEMIE-VERLAG GmbH, BERLIN

Unveränderter Nachdruck Erschienen im S. Hirzel Verlag, Leipzig G 1, Schuhmachergfißchen 1—3, in Arbeitsgemeinschaft mit dem Akademie-Verlag GmbH» Berlin W 8, Leipziger Str. 3—4 Lizenz-Nr. 202 . 100/71/61 Offsetdruck; VEB Druckerei „Thomas Müntzer" Bad Langensalza Bestell-Nr. 3021/XII/I/-/11 Preis DM 6,— Printed in Germany ES 7 D

1825

VERSUCH

VERSUCHARBEIT-VERSUCHSHOF

das gemüth . . strebt, die goldne zeit, die ihm von auszen mangelt, in seinem innern wieder herzustellen, so wenig der versuch gelingen will GÖTHB 1 0 , 1 «

Weim. (Tasso

973);

sie treibt nicht wahrer muth. es ist der letzte versuch ohnmächtig wtltbender Verzweiflung SCHILLER 13, 269 (vgl auch 3, 56t; jungfrau 2278). versuch zeigt den sinn 'streben, bemühung': seine vorhergehenden versuche und bestrebungen in liberaler rieh tung BISMARCK erinnerungen 2, 87. besonders bei einem Infinitiv mit z u : die nymphe machte drauf zum krankseyn den versuch ZACHARIAS 2, 49;

u m einen versuch zu machen, es (das joch) nach d e m tode des alten Dionysius abzuschütteln W I E L A N D Agathon 2, 91; m o h r (nach vielen vergeblichen versuchen sich wegzustehlen) S C H I L L E R S, 28 (Fiesko l, 9); hat der v e r s u c h , den gemeinschaftlichen gegenständ zu verkaufen, keinen erfolg bürgert, gesetzbuch § 753, äbsatz 2. das adj. attribut betont gewöhnlich das aussichtslose des unternehmen»: es ist ein thörichter versuch, das altgriechische d r a m a ganz wiederherstellen . . zu wollen L U D W I G 5,42; dies ist ein gewagter v e r s u c h , unsere fatalen langen bindewörter in's kurze zu ziehen BÜRGER l, 181 fusznote; (er) machte k r a m p f h a f t e versuche, seine tabaksdose in eine nicht vorhandene tasche zu versenken EBNER-ESCHENBACH 4, 25; die schwerfälligen b r a u n e n machten einen verzweifelten versuch, i n trab zu fallen SPIELHAGEN l, l. 5) im 18. jh. hat man das durch MONTAIGNE (1580) in die literatur eingeführte kunstwort essay durch versuch wiedergegeben, aber aus dem englischen (MACAULAY 1843) um die mitte des 19. jhs. als fremdwort aufgenommen und durch diese unschöne bildung versuch verdrängt, vgl. SCHULZ fremdwb. 180; vorher gebucht bei CHOMEL äcon. lex. 8, 2182; HÜBNER zeitungslex. 4, 80i a ; ( P h i l i p p i ) schrieb zu dem ende noch i m j ä h r e 1732 seine sieben neuen versuche in der deutschen beredsamkeit L i s c o w Schriften, vorrede 20; (Voltaire) schreibet in seinem versuche v o n der epischen poesie BODMER von dem wunderbaren 13. titel: P H . EM. BACH, versuch über die w a h r e art das klavier zu spielen 1752; GISEKE, versuch v o m gebete, ein lehrgedicht poet. werke 31; SCHILLER, versuch über den Zusammenhang der thierischen natur des menschen mit seiner geistigen l , 137; (er hat) versuche zu vergnügen herausgegeben LESSING 8,12; Locke's berühmtestes b u c h ist sein versuch v o m menschlichen verstände HERDER 23, 131; das einzige einigermaszen bedeutende, w a s ich seit meinem hiersein schrieb, ist ein versuch über B u r n s GÖTHE 421, 196 Weim.; Lichtensteins versuch über die terrassenform v o n Südafrika RITTER erdkunde 1, 29; hier . . schreibt er seinen versuch über den despotismus D A H L M A N N franz. revolution 176; m e i n e n historisch-architektonischen versuch w e r d e n sie jetzt gelesen h a b e n GÖRRES briefe 3, 123. auffällig im französischen titel des Werkes: ich lese hier den versuch sur l'esprit v o n Helvetius LAVATER schrift. 1, 192.

daneben geht, unbeeinfiuszt von dem fremdwort, seit dem 11. jh. bis heute versuch in dem sinne 'probestück' her (vgl. auch mhd. oben unter 4): B . hat z w a r einen guten versuch gethan in seinen originibus MORHOF Unterricht 1, 48; die ältesten v o n j e n e n versuchen sind in den j ä h r e n hingeschrieben, in w e l c h e n m a n lust u n d leichtigkeit so gern f ü r genie hält LESSING 10, 290; das p u b l i k u m (hat) viel nachsicht für die unbedeutenden versuche meiner feder GÖTHE 11,62 Weim. (Clavigo); nicht ohne anspielung auf seine eigenen dramatischen versuche KELLER G, 177, wenn meine lieder nichts als nur versuche sind, sind deine lieder meisterstücke RAMLER Jabellese 2, 290. 6) als erstes glied der Zusammensetzung erscheint versuch- seit dem 15. jh., vgl. v e r s u o c h - w a j g e r LEXER 3, 260; mnd. vorsök-iseren L Ü B B E N - W A L T H E R 52S6 (s. unten versucheisen). hier wie in vielen späteren bildungen ist es verbaler herkunft ('wasser, eisen zum versuchen'), aber XII.

1826

eine grundsätzliche Scheidung zwischen Zusammensetzungen mit verbalen und solchen mit nominalem erstem bestandtheil läszt sich nicht durchführen, weil bisweilen beide nebeneinander vorliegen, gegen ende des 18. jhs. setzt bei letzteren die form V e r s u c h s - ein, im adverb. v e r s u c h s weise schon zu beginn des 17. jhs. GÖTHE schreibt versuch-arbeit, -ofen, aber v e r s u c h s - l i n i e n , -mittel, -ritt,-weise (9. unten), als zweites glied der compositum waltet stets ein subst. mit ausnähme des adverb. versuchsweise, das sich dann auch zum adj. umbildet. um keine eigentliche compositum handelt es sich bei den bildungen versuchmachen, versuchmaoher zur umschreibung von versuchen, Versucher: m e h r sinn für ächte naturforschung zu erregen und d e m aphoristischen planlosen versuchmachen zu steuern GÖRKES briefe 2, 8; der prüfende, versuchmachende leser . . . wird sie (die physiognomik) nicht unnatürlich . . finden L A VATER physiogn. fragmente 3, 355; es ist erstaunend w i e arg es dieser versuchmacher m a c h t (der kleine versuche i m denken und empfinden verfaszt hat) literaty,rbriefe 22, 13 (vgl. versuch 5); so brechen sie wenigstens nicht, w i e j e n e r versuchmacher, den hals ENGEL Schriften 2, 267. ebenso v e r s u c h a n s t e l l e n , -ansteller: das versuchanstellen über kapitel geht ins unendliche BODE Tristram 4, 161; zu der mageren milch w u r d e n kleine mengen leinsamenschleim zugesetzt, w i e der ver suchsansteller besonders hervorhebt SCHWERZ ackerbau 840; vgl.

CAMPE.

v e r s u c h a r b e i t , f., probestück: die ersten versucharbeiten eines j u n g e n künstlers GÖTHE I I 8, 285 Weim. militä— v e r s u c h s a b t h e i l u n g , - c o m p a g n i e , f., risch: die . . Versuchsabteilung (bei technischen truppen) besteht aus einer versuchskompagnie . . und einer depotverwaltung ALTEN hdb. f. heer u. flotte 1, 548. — V e r s u c h s a n l a g e , - a n s t a l t , f., - a p p a r a t , m.: auszer der v o n der Versuchsanlage aufgenommenen w ä r m e ist noch derjenige theil des brennstoffes zu bestimmen, welcher unverbrannt durch den rost fällt MUSPRATT chemie 4, 275; nach den Untersuchungen der deutschen Versuchsanstalten 354; die beschreibung einer als Versuchsapparat verwendeten . . elektromagnetischen kraftmaschine 8, 859. Versuchsanstalten als wissenschaftliche institute verfolgen den zweck, die bedingungen eines bestimmten Produktionszweiges durch vornähme praktischer versuche zu erforschen und die ergebnisse der produetion nutzbar zu machen; es gibt landmrthschaftliche, forstliche und gewerblich-technische Versuchsanstalten vgl. Österreich, staatslex. 4, 763b; BITTER hdb. d. preusz. Verwaltung 2, 7 1 7 v g l . Versuchsstation. — Versuchsb a l l o n , m„ zu prüfungszwecken aufgelassener ballon, jüngst übertragen für 'versuch' allgemein: mich haben sie auch neulich in den Zeitungen verlobt g e s a g t . . das w a r ein Versuchsballon, w i e sie es n e n n e n , und es scheint ihnen w o h l an der zeit M A N N kgl. hoheit 182. — v e r s u c h s b a u , m., ein behufs aufsuchung oder Untersuchung von lagerstätten nutzbarer mineralien getriebener bau VEITH bergwb. 540; a m Stauffen w a r e n schon i m j . 1585 bergmännische versuchbaue ZSCHOKKE 33, 263 anm. — v e r s u c h b a u m , m., bäum der Versuchung (zu versuchen A 2): alsbald zu h a n d w u c h s der irdische versuch-baum, denn A d a m s lust hatte das . . zugelassen BÖHME 4, 33; für d e m v e r s u c h b a u m der erkenntnisz des guten und bösen ist m a n ewig sicher S T I L L I N G 3, 401. — V e r s u c h s b e d i n g u n g , / . , - b e g r i f f , m.: versetzt m a n die lösungen von alkalisilicaten . . m i t chlorwasserstoffsäure, so verhalten sich dieselben j e nach . . den versuchsbedingungen ganz verschieden MUSPRATT chemie 7, 1749; zu der bildung u n d wissenschaftlichen erfassung eines abstracten Versuchsbegriffs BRUDER-BACHEM staatslex. 5, 952. — v e r s u c h s b e e t , - f e l d , n., - f l ä c h e , f., - g a r t e n , - h o f , m., in der gärtnerei, land- und forstwirthschaft: (es gab) nur noch in gärten einige versuchsbeete W I M M E R gesch. d. d. bodens2U; die landwirtschaftlichen Versuchsfelder HOOPS waldbäume 632; die forstlichen Versuchsanstalten, . . . deren arbeiten i m w a l d e (versuchsfiächen) ebenfalls f ü r die zwecke des unter-

115

1827 VERSUCHBISZLEIN - VERSUCHSKÖRPER

VERSUCHSKOSTEN - VERSUCHSTREICH 1828

360. — V e r s u c h s k o s t e n , f.: dasz herr F. bis j e t z t richts nutzbar gemacht werden können SCHWAPPACH nicht nur nicht die interessen seiner Versuchskosten foratpolitik 111; er nützte seine wirthschaft zu einer genommen hat, sondern . beträchtlich . . hat .zusetzen art von versuchshof ROSEGGER 3, 218. Versuchsfeld auch müssen PÜCKLER briefwechsel 2, 230. — V e r s u c h s Übertragen: dasz die menschliche besserung eingebläut k u c h e n , - w e i n , m„ 'schmeckprobe'; das erste mundund eingepredigt werden könne, als wäre sie das pasartlich schwäb. lebendig, das zweite veraltet: den alsive Versuchsfeld theoretischer zungendrescher KÜRNBERGER lit. herzenaaaehen 171. — v e r s u c h b i s z l e i n , hiesigen wirthen vorgehalten worden, das sie jederzeit den gewöhnlichen versuchwein in das schlosz »., schmeckprobe (vgl. versuchen B 2): das ist der züherein bringen . . sollen quelle v. 1709 bei FISCHER kilnftigen säligkeit e t w a ein kleins versöch-biszlin (de2, 1371. — V e r s u c h k u n s t , - l e h r e , f., die kunat, gustatiuncula) FRANCK mor. encom. I M , 35 Qotzinger, physicalische versuche anzustellen ADELUNG; er musz vgl. schwäb. versuchkuchen, versuchwein (s. d.). — V e r auch der spräche wohl mächtig seyn und bei einer s u c h b o h r e r , m., - l o c h , n„ im bergbau ein bohrer, Sache seine gedancken fest halten können, da nun hiermit dem man untersucht, ob man richtig trifft oder nicht; zu die erfahrungs- und versuch-kunst erfordert wird, so ein zu-diesem behufe mit demselben gebohrtes loch nennt musz man sich umb diese kunst bemühen CHR. WOLFF man versuchloch CAMPE; HÜBNER zeitungslex.314, 804*. v. d. menschen thun u. lassen 186; das gilt auch von — v e r s u c h e i s e n , » . , sende: dir gebürt auch zü haben der versuchslehre BRUDER-BACHEM staatslex. 5, 952. — versücheisen . . mit zü versuchen die leng und tieff V e r s u c h s l e i t e r , m„ nach dessen Weisungen ein expeder wunden BRAUNSCHWEIG chirurgia n » ; mnd. vorriment angestellt wird: so sind . . die masznahmen . . s6k-iseren LÜBBEN-WALTHER 523". — versuchsnach dem ermessen eines gewissenhaften Versuchsleiters e r g e b n i s , - r e s u l t a t , » . : ein näheres eingehn auf dem einzelfall anzupassen MUSPRATT chemie 4, 329. — die . . . Versuchsergebnisse . . . wird man mir . . . erV e r s u c h s l i n i e , f., übertragen: der geist schieszt aus lassen STÖCKHARDT ehem. feldpredigten 2, 85; aus einer dem centram seine radien nach der peripherie, . . treibt anzahl von Versuchsresultaten geht hervor MUSPRATT wieder neue Versuchslinien aus der mitte, auf dasz er chemie 3, 1745. — V e r s u c h s f a h r t , f., probefahrt: . . ihn (seinen kreis) doch möglichst erkennen und aus(das luftschiff) erreichte bei der Versuchsfahrt nur füllen möge GÖTHE SB, 22 Weim. — v e r s u c h s l o c h , eine eigengeschwindigkeit v o n 3 m. in der Sekunde s. versuchbohrer. — v e r s u c h l u s t , / . , v e r s u c h l u s t i g , ALTEN Mb. f. heer u. flotte s, 258. — v e r s u c h s f e h l e r , adj., die tust, versuche zu machen; einer der dazu lust m.: die unvermeidlichen versuchsfehler (bei gasanalysen) hat CAMPE; ungebräuchlich. — V e r s u c h s m a t e r i a l , beeinflussen daher . . die genaoigkeit der . . resultate - m i t t e l , n„ - m e n g e , f.: dasz . . das Versuchsmaterial MUSPRATT chemie 8, 1067. — v e r s u o h s f e l d , - f l ä c h e sehr ungleichmäszig (ist) MUSPRATT chemie 4, 288; die vgl. v e r s u c h s b e e t . — v e r s u c h f r a g e , f., durch die Versuchsmenge (des stoffes) für die explosivstoffe bedeuman einen in Versuchung führt CAMPE ; versuchscheintend herabzusetzen 7, 933; ich versuchte hierauf noch frage, schalksfrage STIELER 548; vgl. versuchen A S . — einige propädeutische Wendungen als Versuchsmittel v e r s u c h g a b e , f., schmeckprobe, probeatück: uberreiche einer zu unternehmenden cur GÖTHE 88, 225 Weim. — biemit dem Ieser disz wenig meiner gedichte, welche v e r s u c h s m e t h o d e , f.: dasz . . die versuchsmethoden sich den namen einer versuchgabe zugeeignet GROB . . sehr verschieden sind MUSPRATT chemie 4,283. — v e r dichteriache versuchgabe 4. — V e r s u c h s g e g e n s t a n d , s u c h s o b j e c t , n., s. Versuchsgegenstand. — V e r s u c h s MI., - o b j e c t , n„ vgl. Versuchskörper, -material. — v e r o f e n , m.: soll ein versuchofen gebaut werden GÖTHE s u c h s g e s c h ü t z , n., - h a u b i t z e , / . : dasz die franz. regieI I 5 2 , 280 Weim.; versuchsöfen (für Verbrennungen) MUSrung weitere bestellungen auf Versuchsgeschütze machte PRATT chemie 8,546. — v e r s u c h o r t , s. versuchsgesenk. ALTEN hdb.f. heer u.flotte l, 712; die erste versuchskonstruktion einer schnellladehaubitäe war die versuchshaubitze — V e r s u c h s p e r s o n , f.: beobachtungen, die sich all99eid. 2,80. — v e r s u c h s g e s e n k , » . , - o r t , - S c h a c h t , mählich auf hunderte von Versuchspersonen erstreckt m., - s t r e c k e , f., anlagen im bergbau zur Untersuchung haben SIEVERS rhythmiach-melodiache Studien 82. — v e r und probe: ob dieses Versuchgesenk unter der aufsieht s u c h p r o b e , f.: dann in solchem ofen die versucheines . . mannes . . betrieben worden allg. d. bibliothek proben auch recht verricht können werden ERCKER 51, 57; versuchort, eine strecke, welche aus einem schachte mineral. ertzt 5 B . — V e r s u c h s p r o g r a m m , « . : die ergetrieben wird, um einen versuch nach anbrüchen zu weiterung des versuchsprogrammes auf alle theile uninachen CAMPE; Versuchsschacht BEIL technol. wb. l, 689; serer Wissenschaft BERNHARDT waldeigenthum 3, soe. — während . . in den meisten Versuchsstrecken Schlagv e r s u c h r e i h e n , m.: (er) richtet und underlegt das wetter direct aus der grübe genommen werden MUSfeldgeschütz, , . schosz v o m berg zu thal, . . da waren PRATT chemie 7, 88S. — v e r s u c h g l ä s l e i n , - k r ü g l e i n , kein fäler, eitel treffer, es w e r i m rechten berg oder n., saggiuolo KRAMER 2, 1085°; 'probiergefäsz'. — V e r versuchrein FISCHART Oarg. 285 neudr. — V e r s u c h s s u c h s h a n d l u n g , f., versuchte und nicht ausgeführte r e i h e , f.: um das ergebnisz der rechnung mit dem handlung: die Versuchshandlungen wurden indes nur . . gefundenen heizwerth vergleichen zu können, diene geahndet, wenn . . BRUDER-BACHEM staatslex. 5, 953. — die . . Zusammenstellung der werthe einer Versuchsv e r s u c h s j a h r , « . : versuch- oder probirjahr, probareihe MUSPRATT chemie 4, 288; schon aUg. d. bibliothek tionis STIELER 879; schon von CAMPE dafür probejahr 90,144. — v e r s u c h s r e i s e , f., - r e n n e n , » . , - r i t t , m.: vorgeschlagen; das versuch-jahr schliche noch immer aus der jüngsten versuchsreise des schiffes . . von Canton zuckersüsz daher LINDENBORN Diogenes l, 297. — V e r aus, sich neue handelswege an den küsten China's zu s u c h s k a n i n c h e n , n., thier, an dem in den physiobahnen R I T T E R erdkunde 4, 544; versuchsrennen, probelogischen inatituten versuche gemacht werden (vivisection) ; rennen, um die leistungsfähigkeit von rosz und reiter dann auf Verhältnisse des täglichen lebens scherzhaft oder auch radler zu erproben, vgl. MEYER convers.-lex übertragen: er musz sich zum Versuchskaninchen her20, l l l b ; so w a r mein thörichter versuchsritt wenigstens geben; ich bin doch kein Versuchskaninchen 1 — v e r vor der gefahr des recochetirens gesichert GÖTHE 33,73 s u c h s k e s s e l , m„ - k o h l e , f.: summirt man . . so Weim. — v e r s u c h s a t z , m.: als man die wahre bewohl die v o n den versuchBkesseln aufgenommene w ä r m e schaffenheit der altjüdischen Zeitrechnung nicht kannte, als auch die Verluste MUSPRATT chemie 4, 276; man sondern sich mit versuchsätzen behalf, und das licht kann auch . . den heizwerth der feuchten Versuchsvon auszen hineinbringen wollte anmuth. gelehrsamkeit kohle . . berechnen 842. — v e r s u c h s k i n d , N.: die 6,695 Gottsched. — v e r s u c h s e h a c h t , s. versuchgesenk. Schweizer-Mari übte sich auf der wiese i m spiel mit — v e r s u c h s c h i e s z e n , n., prüfungsschieszen: optidem dicken ziehkind des hauses, das die fräuleins das sches instrument, das . . zur . . beobachtung . . bei versuchskind nannten, in mütterlichen handgriffen GAversuchsschieszen benutzt wird ALTEN hdb. f. heer u. BRIELE REUTER tränenhaus 76. — v e r s u c h s k ö r p e r , flotte 2, 669. — v e r s u c h s c h r e i b e r , m., zu Versuchs, m., gegenständ, der untersucht werden soll: der stöpsel 'essayist': Addison ist der vater aller versuchschreiber der Hasche wird nun entfernt und der . . versuchs(essay-writers) Englands HERDER 23, 172. — v e r s u c h körper . . in die Hasche gebracht MUSPRATT chemie 8, s c h l a g , - s c h u s z , - s t r e i c h , m.. Uro, colpo dipruova o

1829

VERSUCHSSCHWÄNZEN -

VERSUCHSZIEGEL -

-WESEN

di saggio, eoup d'essay KRÄMER 2, 1085°; versuchschusz, probierschusz beim armbrustschieszen FRISCH 2, 855"; Schweiz, übertragen: einen Versuchschutz thun, periculum facere, tentare DENTZLER 814"; Basta hat ein versüchschutz auff Bodak gethan und under w e g e n d e n Botschkai mit den seinen vervolget STUMPF Schwytzerchron. 51'. — V e r s u c h s s c h w ä n z e n , n.: ja, wenn das verdammte Versuchsschwänzen (an den höfen) nicht wärl theater der Deutschen (lVSSff.) 17,209. — v e r s u c h s p i e l , n.: versüehspil, prolusio, praeludium, tentamentum MAALER 438^; vor- sive versuchspiel STIELER 2088; CALEPINUS b H38 ; DENTZLER 814*; CAMPE. — v e r s u c h s s t a a t , m.: (wir) thun am besten, in diesem interregnum, . . unsere eignen reges zu sein und kleine versuchsstaaten zu gründen, wir sind experimente: wollen wir es auch sein! NIETZSCHE 4, 808. — V e r s u c h s s t a n d p u n k t , m., - S t a d i u m , n.: zur bescheidenheit einer hypothese, eines vorläufigen Versuchsstandpunktes, einer regulativen fiction herabzusteigen NIETZSCHE 5, 273; nachdem der gebrauch der geschütze das erste rohe Versuchsstadium überwunden hatte, entstand . . eine artilleristische Wissenschaft ALTEN Mb. f . heer u. flotte 1, 627. — V e r s u c h s s t a t i o n , / . , vgl. Versuchsanstalt: landwirtschaftliche SCHWERZ ackerbau 108; BITTER hdb. d. preusz. Verwaltung a, 717b; forstliche BERNHARDT waldeigenthum 3, 138; Versuchsstation des Norddeutschen Lloyd ALTEN hdb. f . heer u. flotte 2,696; anderweit technisch-wissenschaftlich Österreich, staatswb. 8,633. — V e r s u c h s s t r a f e , / . , strafe, die auf den versuch eines Verbrechens oder Vergehens gesetzt iet vgl. reichsstrafgesetzbuch § 4 5 . — v e r s u c h s t r e c k e , - s t r e i c h s. Versuchsgesenk, versuchschlag. — v e r s u c h s t ü c k , n. l ) das material der Untersuchung : dessen gewicht der . . stoszfestigkeit der Versuchsstücke angepaszt wird MUSPRATT chemie 8, 611. 2) probestück: experimentum, ein versüchstuck thün oder versflehen, erfaren FRISIUS 1S6»; MAALER 433ton gegenständen: gewissen friunt, versuochtiu swert, sol man zc noeten sehen

W A L T H E R V. D. VOGELWEIDE 31, 2;

daraus schöpft FREIDANK: gewisse friunt, versuochtiu swert, diu sint ze noete goldes wert wer in kriegsgesängen tausend Speere von versuchter lippe tödtend sendet

95, 18;

STÄGEMANN kriegsgesiinge

neutral:

83.

denn falsche lieb gibt bösen lohn, es ist versucht, glaube sicherlich FORSTER teutsche liedlein 47 neudr.

von örtem 'bebaut, benutzt, bewohnt' in der urkundenspräche vgl. LEXER; das dorf und dag gerichte . . virsucht und unvirsucht Frankf. urk. v. 1333 bei DIEFENBACH - W Ü L C K E R 568.

VERSUCHER

VERSOCHEREI-VERSUCHLICH

4) i » ganz anderem sinne ist kämt, versuocht als adj. adv. gleichbedeutend mit verpänt (verbeint) 'verflucht, nichtewürdig': a~ versuochter mensch LEXER.

monum. habsburg. 3 , 345; dasz sige mit . müntzisen, mit kolen, mit Iiechtern . . . den Versuchern und dem goldtschmidt ouch zelon TSCHUDI helvet. chron. 2, 158'. nach ADELUNG hatte sich dieser gebrauch in Oberdeutschland zu seiner zeit noch erhalten. 3) zu versuchen B 2 'einer, der kostet, schmeckt?: wein, die durch die geswornen Versucher versucht, gerechtferttigt und für tuglich gezeychent sein Nürnberg, poltzeiordnungen 243; speise-versucher, credenziere delle vivande d'un prendpe KRAMER 2, 1035°. übertragen: seid du bist ein emsiger versücher und arbeyter der mynn HARTLIEB buch Ovidy von der liebe 84V 4) zu versuchen B 4—5, ebenfalls veraltet: unter der erde ist es (das Eldorado), ihr herren sucher und Versucher HIPPEL kreuz- u. querzüge 1, 30; so ein artzt desz gestirns unwissendt ist, dasz hérre, ich sprach iu leit: das was durch ein versuochen WOLFRAM V. ESCHENBACH Parzival

614, 7 ;

ich dächte es wäre um ein versuchen zu thun WEISE comödienprobe 817. mit adverbialem, genitiv (vgl. spielens th. 10', 2354): nun laszt uns, wann es euch gelust, ein versuchens understehen FISCHART 6arg. 225 neudr. mehr verbal gefühlt: da aber der jungen (Störche) einer im versuchen des fliegens zur erden fiel HEYDEN Plinius 438; (Montan möchte) alle sein wissen und können manchmal nur für ängstlich tastendes versuchen erklären GÖTHE 25, 269 Weim. (Meister). F. während in den Zusammensetzungen in der regel Versucher- oder versuchungs- den ersten bestandtheil darstellt, ist v e r s u c h k u n s t , f., unmittelbar vom verb. gebildet worden: es ist die erfahrungs- und versuchkunBt an regeln so reich CHR. WOLFP gedanken v. gott l, 185 ( § 329).

VERSUCHER,

m„

mhd.

v e r s u o c h e r L E X E R 3, 259

in

verschiedenen bedeutungen des verbs. 'einer, der versucht': attentator voc. inc. teut. ii 5 B ; tentator CALEPINUS I 4 5 7 B ; examinans S T I E L E R 2236; K R A M E R 2, 1035 B ; ADELUNG; CAMPE, mnl. v e r s o e k e r VERDAM 6 8 6 B ; nl. verzoeker

'bittsteiler, verleiter' SICHERER -AKVELD 1202C; ostfries. f e r s ö k e r DOORNKAAT l , 4 6 5 B .

1) in der neueren spräche ist Versucher meistentheils auf die Verwendung in biblischem sinne eingeschränkt, vgl. versuchen A 3: denn gott ist nicht ein Versucher zum bösen, er versucht niemand ep. Jacobi l, 18; zü geleicher weise als die gött güt und milt geber sein den menschen, also sy auch versöcher sein irer tugent ARIGO decamerone 318; diner gedult versuochaere d. myst. 1, 389, 1. im allgemeinen wird dieses beiwort dem teufel als 'Verführer' beigelegt wegen seiner eigenschaft, die menschen durch Versuchung zur sünde zu reizen, vgl. WETZERWELTE kirchenlex. 11, 642. zu versuchen A 4: und der Versucher trat zu im, und sprach, bistu gottes son, so sprich, das diese stein brot werden Matth. 4, 8 (erste d. bibel 1, 14; cod. Teplensis 1, 3; Zürcher bibel v. 1531); (der teufel) darff alles wagen und . . versuchen, darumb er auch ein Versucher genant PRÄTORIUS blocksberg 121 ; (da) hat er (gott) dem bösen feind als einem sucher und Versucher der menschen zu sich geruffen ABRAHAM A S T . CLARA Judas

1, 42;

0 alter erzfeind I höllischer Versucher l

GÖTHE 9, 248 Weim. (Romeo 1473).

übertragen auf andere personen: (Doja zu Nathan) Versucher! nein wären es die koetbarkeiten auch der ganzen weit I nicht rilhr an 1

1840

in der Zusammensetzung v e r s u c h e r t r a u m , jetzt auf der halben erde scheint todt natur, und den verhangnen schlaf quälen versucherträume

m.:

Shakespeare 9, 296 (Macbeth 2,1). — zu Versucher 4 bildet GÖTHE ein verächtliches v e r s u c h l e r : eine atmosphäre, worin sich vornehme weiber, halbkennende gönner und unvermögende versuchler so gerne begegnen GÖTHE IV 37, 190 Weim. V E R S U C H E R E I , f.,

V E R S U C H E R L E ( I N ) , n„

das

eine

verächtlich, das andre scherzhaft für versuch: in der gränzenlosen empirie unsrer ästhetischen versuchereyen ist es tröstend GÖTHE IV 42, 196 Weim. (vgl. oben versuchler ebd.). versucherle im schwäb. lebendig FISCHER 2, 1371; zu versuchen B 2 'kostprobe', versacherlefas tun 'versuchen, kosten'; er wickelte das papier auseinander, das fleisch lachte ihn an, es war zum küssen, er spielte versucherles, und kurz — nach einer weile hatte er nichts mehr als das leere papier AUERBACH 9, 146. übertragen: glaubet mir, wenn die bauersleut' nicht so halsstarrig wären und jedes jähr das versucherles machen thäten, das die studierten herren aushecken, wir hätten schon manches jähr hungern müssen 2, 96.

VERSUCHERIN, f., 'Verführerin', als weibliches SeitenStück zu Versucher 1 in der neueren spräche geprägt: daher verführen zwar männer, aber jünglinge werden die fromme treue zu berücken wird nimmer dem Versucher glücken gewöhnlich anfangs verführt — und eine versneherin SCHILLER 11, 248 (gang nach dem eisenhammer); bildet zehn Versucher JEAN PAUL werke 1, 293; und die eine andere a r t . . ungebethner gäste, . . — damit es die versucherin (in gestalt seiner gemählin) trat zu ihm und herren b'esucher und Versucher, . . überhaupt alle Zöllsprach OPEL-COHN dreiszigjähr. krieg 99; Ida, die zuner und sündergesellen nur auf einmal wissen HIPPEL letzt als frische versucherin auftritt GÖTHE 412, 8 Weim.; lebensläufe 1, 8. ich fiel der niedlichen versucherin um den hals GAUDY 18, 32; die ehrlichkeit ist die grosze versucherin aller übertragen auf sächliches: der ehrgeiz ist ein groszer fanatiker NIETZSCHE 4, 334. zu Versucher 3 veraltet: V e r s u c h e r FONTANE 4, 98. meines götlichen lustes ain versuecherin ('die meine gött2) veraltet zu versuchen B 1 'untersucher, prüfet': truliche lust gekostet hat') MARG. EBNER Offenbarung. 69,18 tina, trutinator, woger, versücher DIEFENBACH nov. vgl. F I S C H E R 2, 1371. gloss. 373a. in älterer zeit (14.—15. jh.) angestellte beamte V E R S U C H E R I S C H , V E R S U C H L I C H , adj. zu Versubei der münze, 'münzprobierer', die münzarbeitir, die je cher 1; das letztere im 16. jh. erlöschend, das erstere im nach ihren aufgaben als gieszer, . . . schrotmeister, Versucher . . unterschieden wurden vgl. LUSCHIN münzkunde 19. auftauchend; er hat auch geantburt genugsamlich 88; L O R I bair. bergrecht 63; L E X E R ; F I S C H E R 2, i S 7 i ; auf all frag und versuechlich red sächs, weltchron. 873,28 FRISCH 2, 855b; der versöcher hät dag korn zu prennen Weiland; das gelubnis der ewigen keuschheit (ist) auff LESSING 3 , 1 3 2 (Nathan 4, 501);

1841 den

heutigen

tag

ein

vormessen

g e l u b n i s reformations-flugschr.

und

4, 236

got

versuchlich

Clemen.

r e r s u c h e r i s c h , zu v e r s u c h e n I 4, scheint obersächsisch zu sein: e i n e r e c h t e verBUCherische {'verführerische') karte A L B R E C H T Leipziger mundart 231*; d i e s e r g e d a n k e erschien zuerst fast nur in versucherischer gestalt NIETZSCHE 1,546; e i n e w a h r h a f t v e r s u c h e r i s c h e , z u m l e i c h t s i n n v e r l o c k e n d e m u s i k C H R Y S A N D E R Händel 2, 36. V E R S U C H N I S , f . , wie V e r s u c h u n g (». d.) abstractbildung zu v e r s u c h e n , beide aus mhd. zeit; v e r s u c h n i s seit dem 17. jh. erloschen, mhd. v e r s u o c h n i s s e mhd. wi>. 2, 2, 1 2 " ; L E X E R 3, 259; mit den nebenformen versuchnus, versuchnüs. es wird theils in dem sinne der biblischen V e r s u c h u n g (vgl. v e r s u c h e n A i), theils als v e r s u c h (vgl. versuchen B) gebraucht. 1) temptatio, versuchnisz, anfechtung, pinlich ubel D I E F E N B A C H gloss. 577*. 'der zustand der Versuchung': i c h e r m a n e d i c h r e i n e m a g t d a s du v o n d e m g r ü s z o n a l l e m a l u n d v e r s ü c h n u s z b e l i b t d. heyligen leben 239» b ; f ü r uns nit m e r i n versfichnus, sondern got erlös uns v o n d e i n e m ü b e l Satiren u. pasquille 2, 270 Schade; wachent und betten, das tut tich not, und kerent dar an tiwern flisz, dag ¡ r nit fallen in versüchnusz passiomepiel 1986 (2, 263

Urne).

mit genitiv des Urhebers 'handlung des Versuchers': die v i e r t v e r s ü c h n u s z des t e ü f e l s ist sein selbs w o l g e v a l l e n E Y B Spiegel d. sitten L n b i n a ; e i n m ü s z i g g e n g e r w e r e . . d e s z teuß'els v e r s u c h n u s u n d e r w o r f f e n S T U M P F Schwytzerchron. 229 B . 2) 'handlung des erprobens, versuch': experimentum voc. 1420 bei D I E F E N B A C H - W Ü L C K E R 568; d a r u m b d i e d i n g z u e r w e g e n , z u e r m e s s e n , z u v e r s u c h e n , so v i e l u n d der versuchnusz zustehet, n i c h t zu v e r a r g e n ist PARACELSUS opera 1, 262 C ; so b e d u n c k t m i c h b e s s e r u n d w e g e r sin i n s i c h e r h a i t z e w o n e n u n d f e r n e v o n s ö l i c h e n sorgen, d a n n v e r s ü c h n ü s z ze t ü n des dinges, das v i l der w y s e n und gelerten als a r g w ä n i g und sorgveltig vers c h m ä c h e t h a b e n W Y L E translationen 131; m a n e i n beik o m e n thuin soll v o n a l l e n a m p t e n . . . a h m negsten tage, n e m l i c h negst m o n d a g a h n z u h e b e n , u m b ein nott u r f t i g v e r s u c h n u s z z u finden d. städtechron. 14, 931, 40. V E R S U C H U N G , f., hat v e r s u c h n i s (s. d.) verdrängt, mhd. v e r s u o c h u n g e mhd. wb. 2, 2, 12 B ; L E X E R 3 , 259; mnl. v e r s o e k i n g e V E R D A M 636 B ; nl. v e r z o e k i n g . l)

es hält

sich

nur

in

biblischem

sinne.

a ) attentatio voc. inc. teut. i i 5 " ; tentatio, tentamentum A L B E R U S i i i j b ; M A A L E R 433 D ; S T I E L E R 2236; K R A MER 2, 1035/.,- D E N T Z L E R 314 A ; F R I S C H 2, 355 B ; einereizung zum bösen, besonders durch scheingründe ADELUNG. schwäb. F I S C H E R 2, 1371; ostfries. D O O R N K A A T L, 465 B . kaum von dem versuchen gottes (vgl. v e r s u c h e n A 2 ) : w e i l denn nun solche wasserprobe . . gottes Versuchung und s t r a f f e a u f s i c h t r a g e t P R Ä T O R I U S blocksbew LOO. gewöhnlich im anschlusz an A 4 meist im schlir.Men sinne von der mit gefühlen der lust verbundenen anreizung zum bösen, aber auch im guten von der auf sittliche bewährung gerichteten erprobung noch unbewährter tugend vgl. S C H E N K E L bibel-lex. 6, 600. weiterhin abgeschwächt im gewöhnlichen leben wie v e r s u c h e n A S auch von einer geringen neigung irgend etwas zu thun vgl. E B E R H A R D L Y O N n r . 1421. synonyme ausdrücke: d a j e r v o r Versuchung und Verführung v o n gott bewahret w e r d e PARACELSUS opera 2, 429; d e n n d i e d a r e i c h w e r d e n w o l l e n , d i e f a l l e n i n V e r s u c h u n g u n d s t r i c k L Tim. 6 , 9 ; SACHS 3, 39, 16 Keller; preise du die g e b e n e d e i t e , . . dasz du aus den stricken und Versuchungen k o m m s t A L E X I S hosen L, 208; e i n g l ü c k l i c h e s g l e i c h m a e z d e r S t i m m u n g h e b t ihn über alle z w e i f e i und Versuchung hinweg T R E I T S C H K E aufsätze L, 8. C A M P E unterscheidet'die handlung, da man v e r s u c h t ' und 'den zustand, da man v e r sucht wird'. b ) die Handlung: all ding die der herr tet vor euch in d e m land Egipt P h a r a o n und allen sein knechten und die m i c h e l n rersüchungen a l l e m s e i m l a n d : die XII.

1842

VERSUCHUNG

VERSUCHNIS - VERSUCHUNG

z e i c h e n u n d d i e u u m e s z i g e n w u n d e r erste d. bibel 4, 225, 41; d u r c h g r o s z e v e r s ü c h u n g e n , z e y c h e n Zürcher bibel (1531) 5 Mos. 4 F ; m i t w a s v o r V e r s u c h u n g e n d e r gute Eraszmus a n g e f o c h t e n w u r d e GRIMMELSHAUSEN 4, 628, 12 Keller; alle ärgernde, verlockende gedanken w a r e n V e r s u c h u n g e n d e s s a t a n s H E R D E R 19, 165; d i e V e r s a m m l u n g (wurde) a u f g e f o r d e r t , sich d u r c h d i e v e r suchungen F r a n k r e i c h s n i c h t beirren zu lassen, sondern f e s t z u h a l t e n a n d e m k a i s e r H Ä U S S E R deutsche geschichte 2, 606. c ) häufiger der zustand des Versuchtwerdens: so gegnet i m alles das ungelücke, . . ungeloube und m a n i g v a l t i g e v e r s ü c h u n g e T A U L E R 217, 23 Vetter; sö tuot uns Zacharias von der versuochunjie sin d i j wort an sinem buoche schln KONBAD V. WÜRZBURG Silvester

bedie

3123;

der teufel, d e m in der Versuchung des heiligen Antonius d i e n a s e z u r flinte g e w a c h s e n E . T . A . H O F F M A N N I , 10. mit sachlichem genitiv: j e ausgebreiteter die herrschaft der laster i s t , desto z a h l r e i c h e r und g e f ä h r l i c h e r sind d i e V e r s u c h u n g e n u n s r e r t u g e n d CRAMF.R nord. aufseher l , 47. d ) verbalverbindungen: u n d f ü r e u n s n i c h t i n Vers u c h u n g Matth. 6, 13 (erste d. bibel l , 23; S A C H S l , 68, 6 Keller) ,mein liebster hat mich wol probirt, bisz in todt in Versuchung gfiihrt AYRER dramen 2039 Keller; der ruf unsers hauptmanns h a t auch schon ehrliche k e r l i n V e r s u c h u n g g e f ü h r t S C H I L L E R 2, 86 (räuber 2, 3); w a c h e t und b e t e t , das ir nicht in Versuchung f a l l e t Marc. 14, 38 (vgl. Tiroler passionsspiele 304 Wackerneil); wann die da wöllen werden reich, die fallen in Versuchung gleich SACHS 1,289,11 Keller; ich mttszte die that vollbringen, weil ich sie gedacht, nicht die Versuchung von mir wies SCHILLER Walleneteins iod 142; d i e . . m e n s c h l i c h e n a t u r . ., d e r e s s c h w e r w i r d , d e r V e r s u c h u n g . . z u w i d e r s t e h e n F O N T A N E 6, 10; d e r Versuchung w i d e r s t e h e n , widerstreben, w i d e r die Versuchungen streiten, k ä m p f e n , die Versuchung überwinden, obsiegen, in die Versuchung einwilligen, der Versuchung nachgeben KRAMER. e ) noch mehr concret gefaszt; handelnd: furcht vor d e m s e i d e n e n h ä n d e d r u c k s c h m e i c h e l n d l o c k e n d e r Vers u c h u n g Z I M M E R M A N N einsamkeit 3, 238; war sie gut, warun beschleicht mich die entsetzliche Versuchung, die mir das haar aufsträubt SCHILLER 13, ¡0 (.Macbeth 261). unter

gegenständlichem

bilde:

er nimmt den dämon in die wüste mit, ihm ewig flechtend der Versuchung schlingen DROSTE-HÜLSHOFF 2, 257; d e m prälaten gebührt das ancker der hoffnang w i d e r die w e l l e n der Versuchungen a u s z z u w e r f f e n A L B E R T I N U S himschleiffer 222; i h r e s t i r n e s e y e i n g l ä n z e n d e r s c h i l d d e r t u g e n d , a n d e m s i c h a l l e V e r s u c h u n g e n . . . zers c h l ü g e n K L I N G E R werke 3, 167. allgemeiner 'reiz, lockung zu etwas': w o f e r n i h n e t w a e i n e V e r s u c h u n g d a z u a n k o m m e n s o l l t e W I E L A N D Agathon 2, 207; so n a h e d i e V e r s u c h u n g z u r S e n t i m e n t a l i t ä t i n d i e s e r r o l l e l a g L U D W I G 5, 215. mit infinitivsatz: g l a u b e n sie, d a s z i c h i n V e r s u c h u n g w a r , h i n z u g e h e n ? S C H I L L E R 3, 554. gegenstände üben den reiz aus: Schildkröte und trüffeln . . . konnte m i c h nicht in Versuchung führen M O L T K E 6, 281. im genetiv: zu verhindern, dasz auch n i c h t die geringste Versuchung des ansiedelns sich bei m i r f i n d e G Ö T H E 24, 11 Weim. (Meister); d i e k n a b e n . ., die der Versuchung eines wasserbades nicht hatten w i d e r s t e h e n k ö n n e n F . L . J A H N I , 268. im folgenden ist Versuchung durchweg veraltet und heute meist durch versuch

mit deir ersetzt.

116

17. jh.

1843

VERSUCHUNGSA CT - -KLIPPE

2) 'Untersuchung, verhör' im anschltisz an versuchen A L: examen, erfarunge, vorsuchung DIEFENBACH gloss. 214°; van des vursz mortz wegen gescbach mancherlei Versuchung d. stüdtechron. 14, 848, 29; eynes mais da hetten die cristen ein käczerbischoff gefangen . . den solt sant Peter versuchen, da kam ein gros volk zft der versüchung zü der predig der lieyligen leben X X b a. zu versuchen B 1 'Untersuchung, prüfung': darnach ist noch ein ander Versuchung, nemlich man sol desz kupffersteins zween centen abwegen ERCKER beschreib, {iiier mineral. 98"; die Versuchung mit dem such eysen . . ist nit . . sicher BRAUNSCHWEIG chirurgia 65». vgl. mnl. versoekinge 'verhör' VERDAM . geboren 1780 vertagen als 'auf einen gewissen tag bestimmen D . v . LILIENCRON 11, 36 ( P o g g f r e d 8). oder verlegen', allerdings als veraltet im hd. und nur in refiex. form durchaus üblich: ein kriegsgericht verlandschaftlich üblich, in die literatur wird das wort tagt sich nicht LAUBE 14, 94; forderte das Parlament erst um 1800 eingeführt unter dem einfiusz von franz. aj ourner und ajournement, die in der revolutionszeit un- das recht, sich zu vertagen, sobald und wohin es ihm entbehrliche ausdrücke des parlamentarischen Ubens ge- b e l i e b e R A N K E 16, 892. worden sind, sie haben wiederum im gefolgt von engl. VERTAGEH, m„ nicht üblich. 1) zu vertagen l : mnd. adjourn, adjourning, adjoornement die entwicklung von vordager, 'vorlader, gerichtsdiener, der die ladung über'vorladen' zu 'verlegen' 1789 durchgemacht und ihrerseits bringt' SCHILLER-LÜBBEN 6, 328"; pomm. verdager, verim deutschen die aufnähme des alten vertagen in der dagesmann DÄHNERT 619*. 2) zu vertagen 3: 'einer, der neuen bedeutung veranlaszt. nach RATSCHKY 1799 ist, etwas vertaget' CAMPE ; procrastinator, der vertager, Zauvertagen 'ein neugeprägtes wort, das den bei den neu- derer verdeutschungswb. 549 B. fränleischen staataverhandlungen häufig vorkommenden VERTAGUNG, f., abstractbildung zu vertagen, auadruck ajourner sehr glücklich ersetzt', nach CAMPE l ) selten in der älteren rechtssprache im sinne von ververdeutschungswb. 1404 wird vertagen als 'aussetzen, für tagen 1: SCHOTTEL 892b; diei praestitutio vel condictio jetzt übergehen' zur wiedergäbe von ajourniren seit einiger HALTAUS 1904. 'gerichtliche Verhandlung': zu förderzeit in allen Zeitungen wie das franz. wort gebraucht, licher Vertagung und auszfübrung ires angefangenen so will er es (ebd. 649 b ) auch für das fremdwort procrastiniren eingeführt wissen, im wb. 6, 388' umschreibt rechtes urkunde von 1662 ebd. 'gerichtliche Vorladung': er vertagen: 'aussetzen, übergehen, mit stillschweigen wann der Schuldner die bezalung . . . verziehen würdt übergehen, nichts darüber beschlieszen'. HÜBNER zeitungs-und der gleubiger . . die gantt fürnemen wolt, soll er lex. 4, 804*: 'die Sitzungen einer Versammlung als einst- darumb den amptman anrüffen und umb unverzügliche weilen beendigt erklären', das gericht heiszt also . . der Vertagung des Schuldners bitten schwäb. quelle v. 1567 bei F I S C H E R 8, 187S. alterthümelnd bei G Ö T H E in der tag, tag und frist wird gegeben, getagt und vertagt (ajoumer) J. GRIMM kl. Schriften 6, 178. STALDER L, 267 bühnenbearbeitung des Qötz (2, 5); ich bin frei ohne Ver286 Weim. (vgl. vertagen l). bucht als schon bestehenden gebrauch 'etwas auf eine tagung und lösegeld 13 andere zeit {gleichsam auf einen unbestimmten tag) ver- »ocfc nl. verdaging 'Vorladung' SICHERER-AKVELD 1162*. schieben', während die Schweiz, lexieographen nur die 8) im sinne von vertagen 3 will CAMPE procrastinabedeutung 1 kennen, zu der geschichte des worts vgl. tion durch die Vertagung, der aufschub ersetzt wissen zeitschr. f. d. Wortforschung 13, 881; KLUGE etym. wb. 475*. verdeutschu/ngswb. 549b. ältestes vorkommen anscheinend bei KANT: wenn das altgewordensein nicht schon die die ältesten belege stammen aus der zeit der romantiker. A. W . SCHLEGEL gebraucht vertagen noch etwas ungelenk öftere Vertagung . . wichtiger beschlüsse bei sich führte in infinitivischer oder absoluter form: so will ich doch werke l, 898 Hartenstein.

ausdruck im politischen leben: nach der auf die Verdieszmal sogleich aus dem stegereif antworten, . . um tagung am 87. juli wieder erfolgten Zusammenkunft der nicht von neuem in das vertagen hineinzagerathen an Versammlung am 16. oktober HEGEL 18, 821; eine VerW, Humboldt, britfwechsel 83; jetzt scheint die sonne heisz; wenn wir (unter vorhaben) tagung des landtags liege nicht in der absieht der königlichen staatsregierung BISMARCK polit. reden 8, 35. vgl. vertagen, wird frost uns die gehoflte ernte nagen dazu BITTER hdb. der preusz. Verwaltung 2, 717b; VerShakespeare 8,383 (Heinrich der techste 111,-4, 8). tagung einer Verhandlung handelsgesetzbuch § 864 abs. 8; eigentümlich ist auch das vorkommen bei GÖTHE: BO gerichtsverfassungsgesetz § 49 abs. 2. in literarischer dasz ich meinen theil an dem wechselseitig genossenen spräche: guten wohl auf die nächste folgezeit vertagen darf IV wenn uns're gründe 88, 88 Weim. (1819). im schwäb. ist eine abgeleitete beeuch zur Vertagung nicht bewegen können, so zwingt ihr uns zur offnen Weigerung deutung 'einem etwas hintertreiben' üblich FISCHER 8,1873. RAUPACH werke ernster guttung 6, 36; in politischer spräche: die kammer im Sommer zu beseiner geliebten nichts von dieser Vereitelung, oder viel rufen . . und sie dann bis auf den winter zu vertagen mehr Vertagung ihrer glücksträume zu sagen GAUDY 14, GUTZKOW werke 7, 40,* sie durften die berufung des 48. ungewöhnlich in der mehrzahl: and weshalb säume letzten (rathes) vertagen RAUMER Hohenstaufen 5, 837; die (hannöverschen) stände sind sogleich vertagt worden ich? woher diese Schwankungen und Vertagungen? FONVARNHAGEN tagebücher l, 103; ist die Verhandlung auf verlangen der minderheit vertagt handelsgesetzbuch § 284 abs. 8. 'eine handlung fürs erste nicht vornehmen': nachdem er die Verfolgung seiner eroberungspläne . . . vorläufig vertagt hatte MOMMSEN röm. geschichte 3, 63; das abenteuer bedünkte dem kavalier zu lieblich, um nicht die Weiterreise zu vertagen GAU DT 16, 43;

T A N E 6, 883.



dazu V e r t a g u n g s f r a g e , f.. amtliche Verständigungen . . . bezüglich der sitzungs- und Vertagungsfragen BISMARCK erinnerungen 8, 814. VERTAKELN, verb., in der seemannSsprache: l ) 'ein schiff umtakeln' (vgl. th. 1 1 9 8 ) , nach dem nl. vertakelen SICHERER-AKVELD 1193». 8) 'verwickeln, die fäden in unordnung bringen' brem. wb. 5, 8.

1861

VERTANZEN, VERTAPPEN

VERTÄMPERN - VERTÄNDELN

VERTÄMPERN, verb., mundartlich md.: 'geld und zeit verschwenden', mit der nebenbedeutung, dasz es allmählich und unvermerkt geschieht ANTON Lausitz 5, 12; thüring. HERTEL 241. vgl. tampern, tempern th. LL1, 108. VERTÄNDELN, verb., seit ende des 17. jhs. nachzuweisen, beliebt zur bezeichnung verschiedener arten leichtsinnigen thuns und durchbringens (fra-fype). es gehört zum subst. tand und verb. tändeln (th. l l 1 , 103; 105) und bezeichnet ursprünglich 'in kleinigkeiten verkaufen und durchbringen': vertändeln, vertändeln, vendere alla rigatteria

e frä

i ferra-vecchi

K R A M E R 2, 1050 B ;

Österreich.

dieser mensch tändelt gern, vertändelt alles HÖFER 8, 211; die verwirrte freundschaft ist restauriert, wie ein vertändeltes ahnenbild NESTROY 2, 262; denen hat sie lassen kleider machen, einem als j ä g e r , einem als läufer, einem als lakey; und hat des seligen papas seine kleider darüber vertändelt J. E. SCHLEGEL 8, 661. dann verallgemeinert es sich in der bedeutung: vertenteln, mora damnum contrahere, stulte disperdere, dilapidare res suas STIELER 2255; vertändeln, ad res ineptas et inutiles

conferre

F R I S C H 2, 361"; A D E L U N G , CAMPE.

Schwab, vertändle^ 'geld und zeit vergeuden' neben vertänderle", verdenderle FISCHER 2, 1374; dieses auch Schweiz. SEILER Basel 106. älteste quelle ABRAHAM A ST. CLARA, abweichend in form und bedeutung mhd. vertanten 'tändelnd verdecken, beschönigen' LEXER 8, 266. 1) 'auf leichtsinnige art sich um etwas bringen, verlieren, verthun': ich vertändle viel von meinem einkommen GÖTHE IV 3, 258 Weim. ; ich erwartete von dir, dasz du den kaufpreis nicht vertändeln würdest HEBBEL 2, 247 (Herodes 2, S).

edlere gaben und guter: als er u m b ein geringes affenspiel der weit so ohnweiszlich das ewige vertändlet A B R A H A M A S T . C L A R A Judas

L, 1 2 ;

damit

der

Deut-

sche der grosze geistige Spiegel der weit bleiben könne, musz er seine eigenthümlichkeit nicht verschleifen noch vertändeln ARNDT an s. I. Deutschen 1, 880; wir vertändelten unsere besten gefühle RAABE Abu Telfan 2, 154. 'leichtsinnig hingeben': wenn ich den schlüssel zu meinem weiblichen heiligthum an dich vertändle SCHILLER 3, 124 (Piesko 4, 12). 'leichtsinnig versäumen': die mahlzeit

ADELUNG.

2) 'die zeit leichtsinnig hinbringen, vergeuden': in thörichter freyheit hüpft sie ungebändigt umher und vertändelt ihr unbrauchbares leben WIELAND 8, 75 akad. ausg.; die weiber, die weiber I man vertändelt gar zu viel zeit mit ihnen GÖTHE 11, 51 Weim. (Clavigo 1); wozu den lieben schönen augenblick, den uns . . . der zufall angewiesen, mit Wortgefecht vertändeln? S C H I L L E R 5 1 1 0 (Dom Kariös 2, 9).

'unschuldig, harmlos verleben': es ist die letzte blüthe ihrer vertändelten, freieren jugend HERDER 13, 327; dann wird der rest des tages mit kegeln, scheibenschieszen, essen . . vertändelt BISMARCK an braut u. gattin 361. 3) in gutem sinne 'etwas tändelnd überwinden, scherzend über etwas unangenehmes hinwegkommen oder einem anderen darüber hinweghelfen': w i r haben vertändelt das irdische leid und versenkt in die tiefen der wogen H O F F M A N N V. F A L L E R S L E B E N werke 3, 38;

sieh verplämpern (sp. 973) ADELUNG, sinnig verschenken':

1862

'sein herz leicht-

schwarze raben, weisze raben! und ich habe mich vertändelt; ach, am ende w a r ich könig, aber ohne königin ! KELLER 10, 203.

VERTANZEN, verb., ähnlich vertändeln (fra-iype) ¡tanzend hinbringen'. mhd. v e r t a n z e n mhd. wb. 8 , 1 4 » ; L E X E R 8, 266. nhd. saltando perimere S T I E L E R 2256; K R A M E R 2, 1051°; A D E L U N G , CAMPE, elsäss. in deminutivform

vertänzle", auch 'durch tanzen zertreten' HART 2, 697".

ostfries.

ferdansen

MARTIN-LIEN-

D O O R N K A A T 1, 442L>;

nl. vertansen. dem deutschen entlehnt scliwed. fördansa sig, dän. fordandse sig 'zuviel tanzen, sich durch tanzen schaden'. 1) für das üblichere austanzen: der brautkranz w a r vertanzt worden BOY-ED in Velhagen u. Klasings monatsheften (1901) 1, 658; die musik wurde dort im thale aufgefangen von hundert leblustigen menschen und frischweg vertanzt und verstrampft ROSEQGER Schriften 12, 328.

2) 'tanzend verbrauchen': da habt ihr einen gülden I den vertanzt künftigen sonntag auf meine gesundheit d. Schaubühne 6, 305 Gottsched; ich hätte wohl lust könig zu werden und auszumachen, wo die königstöchter ihre schuhe vertanzten GRIMM hausmärchen 2, 241; da hab' ich m a n c h paar kleine schüherln vertreten und später dort in dem gasthof manch ein gröszeres zur kirchweih v e r t a n z t A N Z E N G R U B E R 8, 67.

3) 'sich durch tanzen um etwas bringen, tanzend einbüszen, verthun': glück, ehre STIELER, KRAMER; die witwe, die ihm das seinige vertändelte, verputzte, vertanzte, verschmauste ENGEL 12, 32; der eine verlor sein geld, der andere versoff oder vertanzte den gewinnst ZSCHOKKE 14, 121. 'über dem tanzen versäumen': die mahlzeit ADELUNG; wenn der prinz zu ungestüm wird, so sag' ihm, man müsse in jedem dinge masz halten, und so vertanze die antwort Shakespeare, viel lärm um nichts 2, 1. 4) 'die zeit tanzend hinbringen', älteste bezeugte Verwendung: swer sine zit verhallet und vertanzet unde vertopelt . . . , der wirt jämeric sten an der reitunge BERTHOLD

V. R E G E N S B U R G

1 , 20, 6;

verschleflts

(das

mägdlein) und vertantzet und verspielet es doch wol mehr zeyt LUTHER 15, 47 Weim.; Wollüstlinge, welche die mitternächtlichen stunden in unsinniger frölichkeit vertanzten WIELAND 2, 331 akad. ausg. 6) in gutem sinne 'tanzend über etwas hinwegkommen, etwas unangenehmes tanzend vertreiben, verwinden und vergessen' (vgl. vertändeln 3): sich eine krankheit, die üble laune vertanzen ADELUNG, CAMPE; derowegen sey der ungmut und ungfall . .. zu versingen, verspringen, verdantzen . . , und auff andere weg zu verkurtzweilen und zu verjagen FISCHART Eulenspiegel 15 Hauffen; glückliches volkl . . . welches die bürden der trübsal vertanzt, verscherzt und versingt BODE Yoricks empfindsame reise 2, 103; Tannhäuser zieht den schwarzen frack an und die gefirniszten tanzstiefel und vertanzt sich das gebrochene herz GUTZKOW Zauberer 7, 5. vertanzen kann noch heute in allen braucht werden.

bedeutungen ge-

VERTAPPEN, VERTAPPELN, VERTAPERN,

verb.,

zu

sie wäre wie geschaffen, ihm den rest seiner tage zu vertändeln GUTZKOW Zauberer 1, 291. vgl. vertanzen 5.

tappen 'tastend, unsicher, (th. 1 1 1 , 140). das präfix

4) 'etwas tändelnd verderben, vernachlässigen': wie er die pflanze vertändelt hat, die ich so sorgsam gewartet habe IFFLAND herbsttag 5, 9; woher geschiehts, dasz dieser höchst tragische stoff gewöhnlich zu lustspielen vertändelt w i r d ? BÖRNE 1, 148. 'einen menschen verzärteln': seine frau verpäppelt und vertändelt ihn auf ihrem schosz ARNDT Wanderungen 186 (Meyers Volksbücher). 'sich mit tand befassend, leichtsinnig': ein vertändeltes, gottloses, unehrbares weih HERDER 9, 400.

l) 'mit plumpen füszen zertreten': elsäss. vertappe n ; das land (beet) ist ganz vertappt; eine spinne vertappen

5) reflex. 'sich auf eine leichtsinnige und same art zur ehe versprechen', im gemeinen

unbedachtleben auch

plump schreiten oder greifen' verleiht transitive bedeutung.

M A R T I N - L I E N H A R T 2, 700»; im Odenwald

fatapa

zeitschr.

f . d. mundarten 8, 269. 'durch betasten mit den bänden schmutzig machen, fingerabdrücke zurücklassen': schwäb. des fenster ist ganz vertappet FISCHER 2, 1874. übertragen bair.: du vertappst i b a d6' älls, 'verunschickst alles, lässest die beste gelegenheit Vorübergehn' SCHMELLER 1, 612. dazu ein reflex. 'sich durch Ungeschick verirren' bei TIECK: sie meinen nämlich im stillen, ich vertappe mich hier in die allegorie hinein 9, 176.

117»

1 8 6 3

VERTARRASSEN —

2) vereinzelt steht eine fair -type da: sehuäb. 'ertappen, erwischen'; disem . . . hat mau nachgesetzt und gleich wol verdappet und gefangen ältere quelle bei F I S C H E R ; seit dem 17. jh. nachgewiesen, noch modern. a) im bair. tritt dazu die frequentativform vertappeln: 'etwas in unordentlicher geschäftigkeit verlegen' S C H M E L LER 1, 613; steir. auch 'dümmer machen'; intrans. und reflex. 'dümmer werden, verdummen' U N G E R - K H U L L 221". vgl. damit ein norddeutsches vertapern, verteppern 'durch Ungeschick verderben' M E Y E R Berlin 128 a ; auch preusz.; schles. sich vertapern 'fehlgreifen' W E I N H O L D wb. handexemplar 97. VERTARRASSEN, VERTERRASSEN, verb., zu tarrasz {th. II 1 , 146), 'mit erdaufwürfen, bollwerken, wällen versehen und versichern, verrammeln, versperren': mhd. vertenajen, vertarragen L E X E R 3, 268. das wort taucht im 15. jh. auf und ist im 16. sehr verbreitet, erscheint sogar in poetischer spräche, ist aber vor dem 17. jh. wieder erloschen,. vertarreszen, pessulare, pessulo circumvallare voc. inc. teut. ii 5 b ; D I E F E N B A C H gloss. 431b; ältere quellen

VERTATTERN,

VERTATSCHEN

bei F R I S C H 2,362°,• S C H N E L L E R 1 , 6 1 6 ; F I S C H E R 2 , 1 3 7 4 .

1) in der spräche des krieges: das schlosz, . . . dasz sie . . mit stacketen und schlechten zäunen, alles mit mist, erden und holtzwellen hinderschütten, auszgefüllet und vertarrest K I R C H H O F wendunmuth 3, 52, 2 ; ainer trug stain, der ander holcz, der drit vertarrast luken und der vird halt!' scherm ruken

M. BEHEIM von den Wienern 124.14. gern von den geistlichen Schriftstellern gebraucht: wenn gott ein reformator . . erwecket, . . der kompt durch, und ob schon alle schleg und thor vertarrest und verspert sein M A T H E S I U S Sarepta 154". reflex.: der papisten stroerne pastei, dahindev sie sich vertarrasten, und lassen sich beduncken sie sitzen seer gewisz und fest V E I T b D I E T R I C H an die christliche kirche zu Regenspurg c 3 . in freier Übertragung: der kopff h a t solchen k r u m m e n pundt, so ist vertarrast ir der m u n d t

MURNER gäuchmatt 3138. 2) 'zum verbollwerken verwenden': alles holz von abgebrochenen gebäuen . ., das mag zur notturlTt verzimmert, verdarresset und sonst gebraucht werden F R O N S P E R G E R kriegsbuch bei F R I S C H . 3) nebenformen zu 1 sind vertarren, vertarlassen, vertarlesen vgl. L E X E R , F I S C H E R ; aber so offt er ausz der hiilin gangen, habe er die selbig mit so groszen Velsen oder stein vertharet G E S N E R - F O R E R thierbuch 2 0 V ; da giengen die schuler früe . . in die schul und versperten die . . und vertarlasten alle tür d. städtechron. n , 619, 18 (Nürnberg);

n u n lauQet baldt zu den stat-thorn, das m a n s vertarles und verschüt, mit starcker m a c h t die m a u e r behiit

SACHS 1 0 , 1 0 « , 1 Keller-Götze. VERTASTEN, verb., wie versuchen gebildet (i&u-type). 1) 'antasten, betasten, anfassen, angreifen, versuchen, untersuchen': pertaxare, palmitare, vertasten, virdasten b D I E F E N B A C H gloss. 4S0 ; ind unse heren vamme raide . . tuschen beiden partien giengen ind vertasden, of man einchen wech vinden moechte d. städtechron. 12, 357, 8 (Cöln). mnd. vortasten S C H I L L E R - L Ü B B E N 5, 471*; he wolde de sake na dem rechte vortasten lüb. chron. 2, 645; mnl. vertasten V E R D A M 640". 2) mhd. vertasten 'betasten, schlagend oder stoszend berühren' L E X E R 8, 2 6 6 ;

DU h ä t er sie vertast m i t f ü e j e n und mit henden

knecht Hit vor 10,13 Keller; mnd. den weoh vortasten lüb. urk. bei S C I I I L L E R - L Ü B B E N . 3) 'sich vergreifen, falsch tasten', trans.: nl. vertasten, male tangere, errare tactu K I L I A N 607"; köln. vertaaste b H O N I G l94 . reflex.: dag sich V . . . vertastet habe an einer frau hess. urk. v. 1389 bei D I E F E N B A C I I - W Ü L C K E R 6 6 9 ; C A M P E ; brem. wb. 5 , 3 0 ; nl. S I C I I E R E R - A K V E L D 1 1 9 3 ° . VERTATSCHEN, VERTÄTSCHEN, VERTÄTSCHELN, verb., verwandt mit vertasten, s. täscheln, laschen, tät-

VERTAUBEN

1 8 6 4

1

scheln, tatschen th. II , 150; 160. meist obd. wort: Schweiz. 1, 2 7 0 ; T O B L E R Appenzell 1 8 9 * ; S K I L E R Basel 106; elsäss. M A R T I N - L I E N H A R T 2 , 7 3 2 A ; schwäb. F I S C H F . R 2,1374, 1375; bair. S C H M E L L E R 1,555; tirol. S C H Ö P F 739; schles. W E I N H O L D wb. 97b. C A M P E bucht vertätscheln als landschaftlich für verhätscheln, die bedeutung ist verzweigt: 'schlagen, quetschen — verschütten, verlumpen, verklatschen — verzärteln', den ausgangspunkt bietet die bedeutung des einfachen verbs: 'einen klatschenden schlag mit der flachen hand geben' (in böser oder zärtlicher absieht). V E R T A T T E R N , verb., in obd. und md. mundarten verbreitetes wort. vgl. dattern th. 2, 828; tattern th. ll 1 ,160; verdattern th. 1 2 1 9 9 . Schweiz, vertädern S T A L D E R 1, 2 5 6 ; S E I L E R Basel 1 0 6 ; elsäss. schwäb. verdatteren M A R T I N L I E N H A R T 2, 7 2 5 / . ; F I S C H E R 2, 1093; F R O M M A N N S zeitschr. 6, 120, 8 1 ; frankfurt. verdettern A S K E N A S Y 225. am üblichsten ist die form des part. prät. in der bedeutung 'ängstlich, verzagt, eingeschüchtert, verblüfft, verlegen', so vertatert im Eichsfeld H E N T R I C H 2 5 ; anders lothring. vertattert, verdattert 'schwatzhaft' F I L L M A N N 1 5 5 " . seit mitte des 18. jhs. literarisch nachweisbar: weil der genius erstaunt und vertattert ist, so spricht er auch etwas confus der wurmsaamen (1752) 6 anm. 11 (64 Witkowski); einen beleg bei B E T T I N A bringt sp. 199; 'ist es die menschenmöglichkeit?' hauchte entzückt und heftig vertattert frau Sanna B I E R B A U M prinz kuckuck 2,161. V E R T A U B E N , V E R T Ä U B E N , verb., vom adj. taub gebildet. wie taub mit toben verwandt ist (th. II 1 , 162; b K L U G E etym. wb. 455 ), so ist auch vertauben von vertoben in form und bedeutung nicht durchweg zu scheiden (s. d.). STALDEII

A. intrans. Verwendung ohne umlaut. 1) mhd. vertouben 'taub werden' L E X E R 3, 2 7 2 ; surdescere, vertauben, virdauwin D I E F E N B A C H gloss. 568°; vortaubin schles. voc. d. ii. jhs. aus Räuden 108va; mnd. sine oren sint om so verdovet, dat he der warheyd nicht hoiren kan quelle bei S C H I L L E R - L Ü B B E N 5,431"; nl. verdoouen, obsurdescere, surdum fieri K I L I A N 585"; du salt nit lenger h a n g e n a n dem unglauben, vorblinden m u s t u und vortauben Alsfelder

pass. 5177.

in technischer spräche von taubem gestein und lagerStätten, die keine nutzbaren mineralien enthalten (th. II1, 165), 'erschöpft -werden'; vgl. V E I T H bergwb. 54«. in der neueren literatur erst um 1800: und dabei schreien sie! meine ohren vertauben V A R N I I A G E N Rahel l , 135; da kann die zunge nicht wieder verstummen, das ohr nicht mehr vertauben F . L . J A H N 2, 598. 2) in übertragenem sinne das part. prät.: einen igelichen sündere dem sine liedemaje und sin vfimf sinnen alle vortübit und vorlamit sin zu gütin werkin Leipz. predigten 138, 7 Schönbach; den dichter, der . . sich gedrungen fühlt, den vertaubten nerven des mitleids für hundert elende in seinen mitbürgern wieder aufzureizen L E N Z Schriften 3, 145; das hirn der zeit ist ehern, es ist verstockt, vertaubt, es h a t entflammten Sehern noch i m m e r n i c h t geglaubt

STRACHWITZ ged.

31.

ostfries.

ferdofen von feuer und kohlen, die erlöschen D O O R N K A A T 1, 4 4 3 B . auch nl. S I C H E R E R - A K V E L D 1 1 6 4 " . 3) wie taub 'närrisch, tobend, zornig' (th. II1, 164) bedeutet schiceiz. vertauba (ertauba) 'zornig werden, in harnisch gerathen' T O B L E R Appenzell 1 8 9 " . nach S T A L D E R perfectiv vertauben 'aufhören zxt, rasen' 1, 272 (vgl. vertoben); ferdeupele S E I L E R Basel 106. dem entspricht elsäss. vertäübelen 'austoben' M A R T I N - L I E N H A R T 2, 642b. obd. 'taub' teird durch thörisch wiedergegeben K L U G E ; vgl. verthören, verthörlen. B. in trans. Verwendung erscheint das wort theils mit, theils ohne umlaut. l) 'taub machen, von sinnen bringen, betäuben'•

1865

VERTÄÜBUNG -

VERTAUMELN -

VERTÄUEN

sin houbet was so gar vertoubet, zerstochen mit den dornen

HEINRICH V. NEUSTADT gottes

Zukunft

3301;

etliche w e r d e n t v e r d o b e t m i t i r e n eigenen u f s e t z e n u n d iren a n n e m h e i t e n in sinlich w ü r k l i c h e i t TAULER 192, 9 Vetter (ausg. Augsburg 1608 v e r t a u b t ) ; vielleicht h a t dies e n könig die a l t e f r a u , w i e a u c h j e n e n u n g e r e c h t e n richter . w e i l sie i h m so Tiel m ü h e m a c h e t , u n d k a m in zu v e r t e u b e n , v e r m o c h t , sie z u r e t t e n KIRCHHOF wendunmuth 2, 31; v e r s t u m m t u n d v e r t ä u b t u n d verz a u b e r t u n d v e r b l ü f f t liegt es (das geknechtete volle) in O h n m a c h t F. L. JAHN L, 390. elsäss. v e r t a u b e n , v e r t ä u w e " 'betäuben, verwirren' MARTIN-LIENHART; Schweiz, ferd e u b e SEILER, auch nd.: wind, v o r d o v e n 'betäuben, übertäuben, bethören' SCHILLER-LÜBBEN ; mnl. v e r d o v e n , part. v e r d o v e t , v e r d o o f t VERDAM; exsurdare, swrdum reddere KILIAN 585"; Osnabrück, v e r d ä u w e n 'zum schweigen bzingen, betäuben' STRODTMANN 257; neumärk. f a r d e e f t 'betäubt' zeitschr. f . d. mundarten 4, 74. 2) nur in der älteren periode erscheint die bedeutung 'töten, vernichten' mhd. wb. 3, 62 b ; siet man si mit starkir hant vortilgin und vortoubin (var. betonbin) di vinde des geloubin Nie. v. J E R O S C H I N preuez. chron. 841. 'dämpfen,

niederschlagen': die hütten tfin ich loben im isen und im loch (gefängnit;), tut mancher in (den rauber) vertoben das im gelit sin boch (stolz) Volkslieder 1, 371 Uhland.

3) ein trans. seitenstück zu A 3 bildet Schweiz, v e r t ä u ben (fatöüba) 'erzürnen' VETSCH Appenzell 81; v e r t ö u b m i n i t , oder i gibe k e i m i l c h , seit d' geisz WANDER npriehw. 4, 1612. C. selten hären' mhd.

ist ein reflex. sich v e r t a u b e n 'enden, aufwb.: ßin leben sich vertoubete in dem jare, als er starb passional 570, 90 Köpke. in technischer spräche wie A 1: a l s sich die w e n i g e n vorh a n d e n e n m i t t e l plötzlich v e r t a u b t e n VEITH bergivb. 540.

D. eine trans. Weiterbildung desselben stammes stellt v e r t ö b e r n ( a u s v e r t ä u b e r n ) dar; schles. 'betäuben' (zu B l ) : i m b l i t z e n h a t d e r d o n n e r e i n e n s o l c h e n gräul i c h e n u n d e r s c h r e c k l i c h e n s c h l a g in die k i r c h e g e t h a n , d a d u r c h zwo p e r s o n e n . . . so s e h r v e r t ö b e r t w o r d e n , d a s z sie auf d e r stelle t o d t b l i e b e n sind quelle v. 1535 bei NIE. POL jahrbücher der Stadt Breslau 3, 80. elsäss. v e r t ö b e r e » 'auaschelten' (zu B S ) MARTIN-LIENHART 2, 643 K



v e r t i i u b u n g , f . , ungebräuchliches subst. zu v e r t a u b e n A 1—2, 'das taubwerden, der zustand des taubseins': f ü r d a s blöd g e h ö r , oder die v e r t ä u b u n g , m u s z m a n (,folgendes thun) SEBIZ feldbuti 76; w e n n die g ä n z l i c h e v e r t ä u b u n g u n s e r s i n n e r n n e r v e n u n s m i t einer f u r c h t b a r e n a r m u t h a n W o n n e g e f ü h l f ü r u n s e r g a n z e s leben bedroht LENZ vertheidigung des herm W. 41. nl. verdooving 'betäubung'. VERTAUCHEN,

verb.,

ahd.

f e r t ü c h e n G R A F F 5, 368;

in

(eum) u n m a r i f e r t o c h e n e n d u o t , tecondit obscuritas NOTKER Boethius ebd.; vgl. auch f a r t u c h a l j a n , * obruere, occultare ebd.; mhd. nicht nacligeiciesen; sleir. v e r t a u c h e n , 'unterdrücken, mit anstrengur\g überwinden' (kummer oder schmerz) UNGER-KHULL 221 b ; der w i c h t Stellefort wird sich l e i c h t v e r t a u c h e n l a s s e n ROSEOGER Schriften 5, 228. — intrans. bildurg 'untertauchen' in poetischer spräche: . . . ein blitz der Schönheit zuckt sie durch die tanzreih'n, bald vertauchend, bald verschwindend G R A B D E 2 , 8 0 (Don Juan 2 , 2 ) . VERTÄUEN,

VERTEUEN,

VERTEIEN,

verb.,

fälsch-

lich an t a u 'schiffstau' angelehnt, vgl. FALK-TORP etym. wb. 1315; FRANCK-W'IJK 712A. 'ein schiff vor zwei oder mehrere anker legen, damit es bei der ebbe und flut um seinen anker schwänke' RÖDING wb. der marine 2 , 842; STENZEL 4J7 B ; dasselbe dann gleichzeitig mit dem heck

VERTAUSCH

1866

durch trossen oder ketten an bojen, festmacherpfählen oder festen punkten an land befestigen KLUGE seemannspräche 808; ein schiff vom verankern ALTEN hdb. f . heer u. flotte 1, 378; v e r t e u e n BEIL techn. wb. L, 629; das v e r t ä u e n (auch v e r m o o r e n , v e r m u r e n ) findet anwendung, wo in engen gewässern flut und ebbe laufen MEYER konvers.-lex.6 2 0 , 8 9 * . aus mnd. v o r t o i e n , v o r t o g e n S C H I L L E R L Ü B B E N 5 , 4 7 5 " ; in Estland v e r t ä u e n SALLMANN 7 8 " ; ostfries. f e r t ö j e n D O O R N K A A T 3 , 4 2 1 ; nl. v e r t u i e n F R A N C K -

WIJK 737 B; norweg.-dän. forteie, schiced. f ö r t ö j a dem nl. entlehnt FALK-TORP 265; 1315. die ältesten nhd. belege stammen aus der zeit um 1800; die bedeutung hat sich aber verallgemeinert, vom festmachen eines schiffes überhaupt, mit ausgesprochener anlehnung an t a u als Stammwort. neu ist eine Verwendung in intrans. sinne: der d a m p f e r v e r t ä u t e a m s c h u p p e n KLUGE a. a. o. in den letzten jähren ist das wort in die literarische spräche aufgenommen ivorden: i m m o r g e n g r a a e n lag d i e schute . . . vertaut a m abbruch unter dem kellerloeh FRENSSEN Baas 141. sogar bei obd. Schriftstellern: die k l e i n e m o l e . ., a n d e r d e r d a m p f e r v e r t ä u t lag E . ERTL in Staackmanns samml. 'vom freudigen schaffen' 118. — dazu v e r t ä u u n g , v e r t e u u n g , / . , concret: v e r t ä u u n g e n sind ketten oder taue, welche gebraucht werden, um ein schiff längs einer kaje, an bojen u. s. w. festzumachen KLUGE;

ALTEN

L, 37;

B E I L L, 629;

während

des

erd-

b e b e n s r i s s e n die v e r t ä u u n g e n d e s schiffes hamburg. Zeitungsnachricht v. 1909 bei KLUGE. — auch v e r t ä u a n k e r , m., anker zum v e r t ä u e n eines schiffes ebd. Z7. V E R T A U M E L N , verb., in verschiedenen trans. zu t a u m e l n (th. LL1, 205) gebildet, beuegung und erregung ausdrückt.

bedeutungen als das eine heftige

1) schon

spätmhd. v e r t ö m e l t 'betäubt' LEXER S, 278; er lac vertümelt in dem grase Malagis 63 B . nhd. nur sehweiz. nachzuweisen: w o ich . . . v o n d e m t u m u l t des t a g s n o c h e i n e n so v e r t a u m e l t e n köpf h a t t e BRÄKER L, 158; ich s e l b s t w a r in j a s t u n d h i t z e w i e v e r t a u m e l t 154. vgl. v e r t a u m e l u n g . dän. f o r t u m l e t i hov e d e t , 'närrisch im köpf HELMS 125'. 2) in Nürnberger mundart mit umlaut etwas täumeln, v e r t ä u m e i n , v e r d u m m e i n , 'heimlich bei seite schaffen, entwenden' ScHMELLER 1, 604; so mach dich in die schreibstuben t da verteummel etlich Scharmützel, an groszer meng da spürt mans lützel SACHS 3, 68, 18

Keller.

3) in neuerer spräche (seit GÖTHE) 'etwas im taumel, nicht bei klarer besinnung thun'. von der zeit 'im taumel verbringen, zubringen' CAMPE; w e h dir, w e n n d u a u s z e r d i e s e m p u n k t e d e i n l e b e n v e r t a u m e l s t KÜRNBERGER noVellen 8, 214; wege, a u f w e l c h e n der lustige J u l i u s sein d a s e i n v e r t a u m e l t e RAABE leute aus dem walde 2, 46; lasz mich vergessen alle den härm! wieder mich wähnen droben in jugend, in der vertaumelten lieblichen zeit GÖTHE 17, 40 Weim.

(triumph

der empfindtamkeit

4).

reflex.

'wie im taumel vergehn': so vertaumelt sich der schönste theil des lebens 1, 77. CAMPE nennt auszer diesen beiden Verwendungen noch sein g e l d , sein v e r m ö g e n v e r t a u m e l n , 'im taumel verthun'; nicht literarisch nachgewiesen. — v e r t a u m e l u n g , / . , subst. zu L, nur in älterer spräche, später durch die neue bildung t a u m e l (th. I i ' , 202) verdrängt: die m a h l k u n s t ist ein b e l i e b t e r b e t r u g desz v o n k ü n s t l i c h e r h a n d g e f ü h r t e n p e n s e l s , u n d gleichwie d i e p o e t e n i h r e e n t z u c k u n g e n u n d v e r t a u m l u n g in d e m kopff HARSDÖRFFER gesprechspiele 1, G I*. dän. f o r t u m l i n g 'Verwirrung, betäubung' HELMS 125*. VERTAUSCH, m., seltenes subst. zu v e r t a u s c h e n , dem geläufigen t a u s c h nachgebildet, 'umtausch, ausiausch': Binger quelle v. 1687 bei DIEFENBACH-WÜLCKER 569; o b . . keine heyrath, abdanckung, vertausch, Verhandlung u n d c a s s i r u n g z u g e l a s s e n w e r d e n FLEMING d. teutsche Soldat (1726) 162, § 6; er r e i s t e a u s d e m g a s t h o f e . . .

1867

VERTAUSCHBAR -

VERTAUSCHEN

n i c h t gern d e m v e r t a u s c h e schöner z i m m e r gegen kahle entgegen JEAN PAUL

werke

11/14, 8 9 6 ; i n w e l c h e m

euch

das n e u e j ä h r zu d e m albernsten v e r t a u s c h e abgenützter w ü n s c h e h e r u m treibt THÜMMEL reise 8, 63; findest du bei d e m v e r t a u s c h deines spiegeis keinen vortheil, so bringe ihn m i t PÜCKLER briefWechsel 4, 199. V E R T A U S C H B A R , adj., 'was umgetauscht oder ausgetauscht werden kann': bilder in w e c h s e l r a h m e n sind v e r t a u s c h b a r . ganz junge bildung wie das dazu gehörige subst. v e r t a u s c h b a r k e i t , f . : beide ( k a n o n e n ) h a t t e n . . . m i t r ü c k s i c h t auf v e r t a u s c h b a r k e i t der röhre die sleiche lafette ALTEN hdb. f . heer u. flotte 8, 523; der begriff v o n positivität und n e g a t i v i t ä t , der sich durch die v e r t a u s c h b a r k e i t der Vorzeichen als relativ erweist WINDELBAND gesch. d. philosophie 2, 28. V E R T A U S C H E N , verb., seit dem 14. jh. nachweisbar, zunächst in der urkundensprache. mhd. v e r t ü s c h e n L E X E R 3, 279; mutare, commutare, permutare, summutare FRISIUS S I S » / 1 . ; MAALER434»; CALEPINUS 189B, 281"; LER 314"; commutando

umtauschen aiienare

DENTZ-

S T I E L E R 2 2 6 5 ; K R A M E R 2, 1 0 5 8 B ;

F R I S C H 2, 3 9 4 ° ;

ADELUNG, CAMPE.

schwäb. vertausche 1 1 FISCHER 2,1375; elsäss. vertuschen, vertüschlen MARTIN-LIENHART 2,723 B . mnd. vortüschen, mnl. vertuuschen, 'verspielen' SCHILLER-LÜBBEN 5, 479 A ; VERDAM 641»; vertuysschen, permutare, male permutare, alea consumere KILIAN 608 A ; nl. v e r t u i s c h e n 'umtauschen'. ostfries. fertüskenDooRNKAATl,47OA; Osnabrück. STRODTMANN 262; köln. v e r t u u s c h e HONIG 195A; gotting. vertüs c h e n S C H A M B A C H 2 6 8 » ; waldeck. L I T Z 8 2 A ; mecklenb.

pomm.

f«rtoüsken BAUER-COL-

v e r t ü s c h e n Mi I03B, DÄHNERT

528 H.

die stammworte t a u s c h , t a u s c h e n sind nach th. 11 208 , 209 nd. herkunft und enthalten ursprünglich den begriff des betrügerischen austausches und handels; aber di" ältesten lexicalischen wie literarischen nachweise für v e r t a u s c h e n sind ausgesprochen obd. (alemannisch) und entbehren des betrügerischen nebensinnes. dieser tritt nach den belegen erst gegen 1700 hervor, um dieselbe zeit der sinn 'irrthümlich und unabsichtlich einen tausch begehn', der in der heutigen spräche vorherrscht, während die älteren Verwendungen durch a u s t a u s c h e n , eintauschen, w e c h s e l n ersetzt worden sind, vgl. EBERHARDLYON nr. 214. der erweichte anlaut verdauschen {vgl. th. 1 1 2 0 9 ) steht selten: ich . . v e r d a u s c h t e es zu Soest . . u m gemein . . t u c h Simpl. 188 Sögel, die gleichfalls vereinzelte form v e r t ü s c h e n weist auf den Zusammenhang mit t ä u s c h e n hin {ebd. 210): sind also die bistumb v a s t j e r l i c h e n v e r t u s c h e t und v e r m e n c k l e t worden HEDIO chron. germanicum A VI" l)

'eine waare gegen die andere austauschen, ein ding um ein anderes hingeben', wie v e r s t e c h e n B l {sp. 1636) ein früher üblicher ausdruck des tauschhandels und zwar obd.: mutare merces, vertauschen, abwächszlen, waar u m b w a a r gäben F R I S I U S 818»; v e r t a u s c h e n , v e r s t e c h e n , v e r s c h a n g i r e n eine w a a r gegen die andere KRAMER hoch-niderteutsch. dict. 2 4 8 b ; w a a r e n gegen {nicht mit) w a a r e n v e r t a u s c h e n , troquiren MORITZ gramm. wb. 4, 284;

ADELUNG.

vereinzelt bezeichnet das object den eingetauschten gegenständ: w a n n j e m a n d ein g u t t . . für sich erkauft, oder e r e r b t , oder es sonst v e r t a u s c h e t acta publica 3, 318 Palm; eben da man ihm sein haupt mit dem ehrenkrantze kräntzet, da sein' arbeit, fleisz, und müh' ihm den wehrten lohn ergäntzet und den doctor ihm vertauschet? NEUMARK luetwald

1868

VERTAUSCHEN das lasz der herr weit von mir sein, das ich das erb der vätter mein . . . solt vertauschen oder hin geben !

2, 2 7 0 .

sonst mit angabe des hingegebenen als object: achthalb fueder weiszes wein gelts, so die v o n M a r b a c h ihnen v o n H a t t s t a t t j ä h r l i c h gezinnst, v e r t a u s c h t und verwechselt, lauth tauschbriefs d. weisthümer 4,164 (O. 1454) Grimm; OHEIM Reichenauer chron. 70; und wirt die gab nit v o n freyer h a n d t ohn alle falsche äugen ges c h e n c k t , sondern v e r t a u s c h t FRANCK sprüchw. (1541) l, 138 a ; wie . . die roszmenger die pferde v e r t a u s c h e n MATHESIUS Sarepta 161";

SACHS 10, 4 0 5 , 6 Keller-Götze

;

so lang der schnelle Pregel rauschet. . . und reiche wahren hie vertauschet DACH ged.

752

Österley;

du gehst n a c h England hinüber, verkaufest, v e r t a u s c h e s t zuerst die kleinen steine m i t klugheit GÖTHE 17, 147 Weim. ; ich h a b e ein p a a r Windspiele gekauft und m e i n e b r a c k e n v e r t a u s c h t , . . . einen schönen eichenen ausziehtisch eingehandelt und m e i n e grosze nuszbaumlade dran gegeben K E L L E R 4, 298. subst. inf.: d a sie das v e r t a u s c h e n oder v e r s t e c h e n der w a h r b e t r a c h t habendt, . . wie s c h w ä r und m ü h s a m es were, h a b e n d t sie das geldt erfunden AGRICOLA-BECH bergwerkbuch 14. mit bezeichnung der andern handelnden person: Wer ein Schelmen v o n eim pferd h a t , v e r t a u s c h t in bey seinen freunden FISCHART Qarg. 830 neudr.; wir . . . n a m e n m i t uns einige m e s s e r , h e m b d e . . . , und vert a u s c h t e n sie m i t den einwohnern u m b viehe OLEARIUS Orient, reisebeschreibung 141; ein jeder . . dieses wercklein . . . einem w e l s c h e n w ü r t z k r ä m e r u m b ein bixel voll schnupfftaback v e r t a u s c h e n m a g GRIMMELSHAUSEN 4, 503, 14 Keller; das schlosz Bärnegg . . . v e r t a u s c h t e n sie 1498 a n kaiser M a x S T E U B drei sommer in Tirol l, 160. mit bezeichnung der eingehandelten waare: die h a b e n es {die grafschaft) den B e r n e r n in e i n e m Wechsel a n die vogtei Gundes v e r t a u s c h t MÜNSTER cosmographey 411; dasz sie fische m i t birnstein v e r t a u s c h t e n SCHÜTZ preusz. chron. l, B I b ; er . . . solle eine grosze p a r t h e y hering kauffen, und sie n a c h Cölln schicken, und v o r wein v e r t a u s c h e n SCHUPP Schriften 660; die herschaft ist vertauscht umb geld und heyratgut. R A C H E L ged. am

üblichsten

ist

gegen (KRAMER, MORITZ,

22

neudr.

ADELUNG):

d a m i t er die ewigen gütter gegen eine kleine wohllust verhandeln und v e r t a u s c h e n könne BUTSCHKY Pathmos 477; deshalb v e r t a u s c h t e er beim barbier . . den . . inh a l t seiner sparbüchse gegen ein p a a r gute r a s i r m e s s e r HOLTEI erz. Schriften 24, 52. sprichwörtlich vom schlechten geschäft: m a n v e r t a u s c h t oft ein einäugig pferd gegen ein

blindes

WANDER

4,

1612;

vgl.

MARTIN-LIENHART.

subst. inf.: einige mineralien die er wohl z u m t a u s c h e n b r a u c h e n k a n n GÖTHE IV 18, 13 Weim.

ver-

übertragen, selten von persvnen als tauschgegenständen, die man um andre als werthlos hingibt: uxores commutare, die weyber v e r t a u s c h e n oder a b w ä c h s z l e n F R I S I U S 265»; Moyses . . ist w a r l i c h zwentzig und hundert j a r a l t gesin, und h a t S e p h o r a m sin eefrowen nit vertuschet

HART.

GENGENBACH

169

Oödeke;

vgl.

MARTIN-LIEN-

gelegentlich auf die zeit übertragen: wie wird der späte enkel lauschen, und seine zeit an uns vertauschen unechtes gedieht bei SCHILLER 1, 50.

2) in weiterem sinne 'mit einem andern tauschen': begehrend deine gunst, wolt auch gern kttsz vertauschen

etwas

WECKHERLIN ged.

aus-

1, 459, 71 ;

das saltz im lieben ist verwechselte hegierde, vertauschte gegenhuld LOHENSTEIN Ibrahim

(1680) 3 4 , 1 8 8 ;

sich in dem garten der liebe reichlich zu weiden und freude vertauschend sich schön zu erquicken

GÖTHE 5 , 4 0 Weim.

;

unsere a l t e r n selbst k o n n t e n uns in der kindheit n i c h t u n t e r s c h e i d e n , w e n n wir aus muthwillen die kleider v e r t a u s c h t h a t t e n LESSING 2, 15 {misogyn l, 5); als ob wir die rollen v e r t a u s c h t h a t t e n FONTANE 5, 66. 'eine sache für die andre nehmen, einen zustand einen anderen ersetzen': wo dein heller Saalstrom rauscht! den mit seinen segensspuren niemand für den Rhein vertauscht GOTTSCHED ged.

durch

(1751) 4 7 ;

d a wirst kein lust verlieren, sunder du w ü r s t y n verduschen u m b ein gröszeren lust KEISERSBERG bilgerschafft C I I I d ; weil sie nicht den genius . . für einen

VERTAUSENDFACHEN

1869 VERTÄUSCHEN - VERTAUSCHUNG herabschiffenden fremdling vertauschen mögen HERDER 5, 132; das ist mein glück, und ich vertausch' es nicht gegen die Sicherheit eines todtengewölbes GÖTHE S, 218 Weira. (Egmont); frommer stab I o hätt' ich nimmer mit dem Schwerte dich vertauscht 1 SCHILLER 13, 286 (jungfrau 2583); zu stolz, auch zu weichlich, den herrn der er bisher gewesen war, mit dem bauern zu vertauschen 4, 65; in diesem falle . . würde ich mich nicht sehr bedenken, Wolfenbüttel mit Wien zu vertauschen LESSING 17, 407; wie die Briten ihren unförmlichen schiffsbau . . mit den erfindüngen der vorgeschrittenen Schiffahrt vertauschten RANKE 14, 8. subst. in/.: ob mir das plötzliche vertauschen der frischen bergluft mit der im thal . . das übel zugezogen BRÄKER 1, 56. etwas 'wechseln, verändern, wandeln'; nicht mehr üblich : die bächlein auch thun ratischen . . . nit bald den tbon vertauschen, bleibt gleicher klang ohn ruh SPEE trutznachtigaU 108; Horatio. ja, prinz, und euer armer diener stets. Hamlet, mein guter freund, vertauscht mir jenen namen Shakespeare 3,157 (Hamlet 1, 2); ich sehe diese würd'gen peers mit schnell vertauschter Uberzeugung unter vier regierungen den glauben viermal ändern SCHILLER 12, 432 (JF. Stuart 785); wir sind was wir sind; unter gegebenen umständen kann unser karakter sinken, unsre natur aber können wir nie vertauschen HERDER 20, 343; alltags is nich viel mit ihm, aber mit eins is er wie vertauscht un gar nich mehr derselbe FONTANE 5,184. 3) etwas 'in betrügerischer oder auf täuschung eines andern berechneter absieht verwechseln, austauschen': intervertere, entwenden, unterschlagen, verpartiren, vertauschen FABER 928»; male perjnutare KILIAN; (dasz die kürschner) einen fleck für sich möchten abschneiden . . oder aber das frische futter mit einem schabenfressigen vertauschen ABRAHAM A ST. CLARA 4, 227 Strigl; ihre begleiterin vertauschte unmerklich die ihr anvertrauten kleinen reste mit den gefundenen GÖTHE 23, 279 Weim. {Meister); sie (die nixfrauen) sollen vertauschte menschenkinder sein, statt deren die nixen ihre wechselbälge oben gelassen haben GRIMM deutsche sagen 1, 39. 4) die der heutigen spräche geläufigste Verwendung 'irrthiimlich und unabsichtlich verwechseln' ist literarisch wenig bezeugt: wenn der basz-clavis oder die basis selbst mit einer von ihren radical-stimmen verwechselt und vertauschet wird HEINICHEN generalbasz 623; nicht zu verwechseln mit dem . . in Alexandrien mit Osiris vertauschten Pluto oder Serapis WELCHER alte denkmäler 2, 85; in der garderobe wurden Überzieher, hüte vertauscht HEYNE. VERTAUSCHEN, verb., vereinzelt in älterer spräche für das gebräuchliche täuschen, über die Verwandtschaft von tauschen und täuschen vgl. th. 11 210. lexicalisch nicht nachweisbar, da wurden die Gallier gar vil vertüschet durch werffen und schieszen der pfeylen STUMPF Schwytzerchr. 154 VERTAUSCHER, m., 'einer der vertauscht, commutans STIELER 2265. kaum lebendig.

umtauscht';

VERTAUSCHUNG, f., abstractbildung zu vertauschen: mutatio, permutatio, abwächslung, vcrtauschung, tausch, wächsel FRISIUS 852"; 986»; MAALER 434»; vertauschung, umtauschung KRAMER 2, I058B; KIRSCH 2, 814B; ADELUNG, CAMPE, nl. vertuisching. selten ist concreter gebrauch: und im fremden ort war's leicht, die vertauschung zu verbergen MÜLLNER dram. werke 2,108. im übrigen bezeichnet vertauschung die handlung des vertauschens und schlieszt sich an die einzelnen gruppen des verbs an. 1) als ausdruck für tauschhandel (vgl. vertauschen 1): also soll man auch alle frevelthaten . . verbieten, . .

1870

wie auch verkauffungen, vertauschungen HOHBERG geórgica 1, 85; es ist hier nur von der eigenthumserwerbung . . die rede, . . keineswegs aber von der bloszen vertauschung einer sache . . . gegen eine andere von demselben werthe FICHTE 3, 256; ein capitulare von Karl dem Kahlen von 865 verfügt über die formen, die bey vertauschung kirchlicher grandstücke beobachtet werden sollen SAVIGNY geschickte des römischen rechts 2, 94.

'gegenseitiger auatausch, auswechslung' von gegenständen oder personen: eine dergleichen vertauschung (von büchern) ist bey allen naturaliencabineten in Europa gebräuchlich LESSING 18, 348; das kriegskollegium schlug . . . unsere beiderseitige vertauschung vor J. v. V o s s milit. laufbahn 263; tiefe lehren von vertauschung der seelen HIPPEL kreuz- u. guerzüge 2, 826. 2) die ersetzung eines gegenständes durch einen andern: synecdoche, in der Sprachlehre die vertauschung, vermöge weicher bald ein theil für das ganze oder umgekehrt das ganze statt eines theils genannt wird CAMPE verdeutschungswb. 634»; man stellte einen wahnsinnigen durch die vertauschung seines blutes mit kalbsblut völlig her HUFELAND kunst d. menschl. leben zu verlängern 30; jene andeutungen (von habsburgischer seite) über eine vertauschung Baierns mit Neapel RANKE 29, 68; eine vertauschung des afrikanischen Wohnortes mit der neuen weit PESCHEL Völkerkunde 101. 'wechsel, Veränderung, Umwandlung': die freude, welche er über diese vertauschung der tracht äuszerte, bewies, dasz ihm seine vaterländische sitte doch über alles wohl gefallen müsse FORSTER 2,89; dasz das erz günstiger für die gestalt sei als der marmor und dasz Michelangelo, wenn er heute lebte, die vertauschung des materiales nicht miszbilligt hätte H. GRIMM Michelangelo 1, 816; verfauschung der beneficien, permutatio beneficii WETZER-WELTE kirchenlex. 8, 801; 11, 6M. 3) in der absieht zu täuschen, vorgenommene Veränderung (s. vertauschen 3): als dem Verfasser eines Wochenblatts . . sey ihm diese vertauschung erlaubt literaturbriefe 6, 842. 4) 'irrthümliche Verwechselung' (s. vertauschen * ) : eine ziemliche menge kleiner fehler und vertauschungen, von welchen keine einzige zur Verschönerung der Übersetzung gereicht literaturbriefe 10, 861; im einzelnen sind Verwechselungen und vertauschungen von inschriften auf vasen mehrfach nachgewiesen worden BRUNN kl. Schriften 8, 98. — dazu die compoHta v e r t a u s o h u n g s u r k u n d e allg. d. Ubliothek 67, 242; - v e r f a h r e n LAISTNER nebelsagen 16; - v e r s u c h LASSALLE reden s, 446; - w e r k RANKE 31, 160.

VERTAUSENDFACHEN, VERTAUSENDFÄLTIGEN, verb., denominativbildungen des 18. jh. zu tausendfach, tausendfältig; zuerst bei CAMPE verzeichnet: 'machen, dasz etwas tausend mal da ist, sich wiederholt, geschieht', nl. verduizendvoudigen. 1) von dingen und erscheinungen: ein ton wird einzeln wiederholt, darauf verdoppelt schnell vermehrt, ja öftere fast vertausendfacht BROCHES irdische» vergnügen 8,14; du zogst sie (die federzüge) rein, dann ward's in dieser nacht durch tausendkünstler schnell vertausendfacht GÖTHE 16, 62 Weim. (Faust 6072); mächtigste kunst der neuern, erhalterin, thätigste freundin. . . . . 0 du, die in wenigen stunden worte vertausendföltiget KLOPSTOCK oden 2, 76; das wankende wasser spiegelte den mond zitternd nach, den wir lieber vertausendfältigt als verdoppelt hätten JEAN PAUL werke 1, 344. 2) von geistigen zuständen: wenn sie ihre existenz für die existenz andrer aufopfern und so ihr dasein gleiohsam vertausendfachen wollen KLEIST 4, 69; nun blickt der schmerz verhundertfacht, vertausendfacht hervor PLATEN 1,47.

1871

VERTEUFELN

VERTEIGEN — VERTEUFELN

8) von personell,

auch

reflexiv:

erzitt're RomI wie auf die bäume jetzt, so werden sie, vertausendfacht, dereinst auf dich sich stürzen HEBBEL 5, 252; im borgo, sagst du, wird gekämpft? ich komme! ich vertausendfache mich C. F . MEYER ged. 345. — dazu die unhandlichen substantivbildungen vertausendfachung, vertausendfältigung CAMPE. zu l : die berühmte M a r i a von Carlo Dolci in einer vertausendfachung als grosohenbild D. v. L I L I E N C R O N 8, 137. V E R T E I G E N , verb., zu teig gebildet, von CAMPE zur Verdeutschung von impastiren (frz. empäter) in der spräche der Jcunst vorgeschlagen mit der bedeutung 'die färben dick und fett, unverschmolzen auftragen' Verdeutschung swb. 413 a . V E R T E L B E N , verb.,

s. verdelben sp. 206.

1 verdammen 'VERTEMMEN, verb., nebenform zu sp. 193. mhd. vertemmen 'dämpfen, ersticken' mhd. wb. 3, I 2 A B ; L E X E R 3, 268; suffocare, v e r d e m m e n DIEFENBACH gloss. 565a. 2VERTEMMEN, verb., nebenform zu ^ v e r d a m m e n sp. 194. vgl. d ä m m e n , temmen 'schlemmen' th. 2, 709; i l 1 , 242. abligurio, verschlacken, verschlemmen, verdemmen FRISIUS 7 B ;

mit fullerey das sein verdempt AVENTINUS bei SCHMELLER 1, 509. dazu: lurco, lecker, schlemmer, DIEFENBACH gloss. 840".

verzerer,

vertemmer

V E R T E N N E N , verb., zum subst. tenne gebildet. 3, 2G8; oben th. 1 1 2 5 4 . 1) 'eben wie eine

tenne

LEXER

machen':

und hete ein meder dä gemät, es wser niht so vertennet als von ir dienste manicvalt

Virginal 1044,10.

2) 'mit einem tennenartigen boden versehen': das schiff sei dann gebodemet . . verdennet F I S C H A R T Garg. (1590) 79«. V E R T E P P I C H E N , verb., 'mit teppichen versehen' tapezieren anscheinend von CAMPE gebildet, aber gebräuchlich geworden .

für nicht

V E R T E P S C H T , V E R T Ä P S C H T , adj. gebrauchtes pari, nur in Österreich, mundart 'eingedrückt, verknittert': so n a h m . . der forster seinen alten vertäpschten schlapphut H A N D E L - M A Z Z E T T I Jesse u. Maria 1, 164. V E R T E S S E L N , verb., holstein. mundartlichreflex. 'sich verwirren, in unordnung gerathen': sie ist i m m e r bange, dasz . . ihr h a a r sich vertesselt FRENSSEN Jörn Uhl 62; part. prät.: seine Verhältnisse w a r e n vertesselt w i e mädchenhaar, in das lose b u b e n kletten geworfen 228. V E R T E S T A M E N T I E R E N , V E R T E S T I E R E N , verb., von lat. testamentum bzw. testari gebildet in frühnhd. zeit, beide im Südwesten wie nordosten nachweisbar, 'durch testament, in letztwilliger Verfügung vermachen': vertestamentieren, testamento legare D E N T Z L E R 314"; mit vergaben, verordnen, oder vertestamentieren, w a s ir fügt ze handeln R I E D E R E R rhetoric v I I I 1 » ; fürstliche durchleuchtigkeit hat dem t h u m . . 100 gülden j ehrlichen vertestamentieret HENNENBERGER preusz. landtaffel 293; preusz. die beiden eheleute h a b e n sich vertestamentiert, sich ein gegenseitiges testament gemacht FRISCHBIER 2, 443". dasz sie auch möchten ires gefallens ire gütere verwalten, dieselben vertestieren, vereuszern SCHÜTZ preusz. chron. 1, F I B ; in seinem seltzamen, wunderlichen, dem pfaffen vertestierten legat SANDRUB kurzweil 94 neudr.; urkunde von Burkersdorf 1747 bei D I E FENBACH-WÜLCKER 569; ältere schwäb. quellen bei FISCHER, 2, 1376. V E R T E ü E N , verb.,

s. vertäuen.

V E R T E U F E L N , verb., zu teufel gebildet, ein besonders in der form des part. prät. verbreitetes wort. mhd. vertiuvelen L E X E R 8, 270. literarisch vereinzelt im 16. jh„

1872

häufig seit dem 17. lexicalisch bezeugt: verteufeln neben durchteufeln, perdiavolare K R Ä M E R 2, 1063B; STEINBACH 1, 64; verteufelt, diabolicus, diabolieo modo, pessime F R I S C H 2 , 3 7 0 " ; A D E L U N O ; CAMPE. Schweiz. STALDER 1, 276; S E I L E R Basel 106; elsäss. M A R T I N - L I E N H A R T 2, 657'; schwäb. FISCHER 2, 1376; kämt. L E X E R 60; luxemb. verdeiwelt lux. wb. 458A. mnl. verduvelen VERDAM 620a; nl. vei'duiveld 'verdammt'. in nd. mundarten: verdübelt, v e r d ü w e l t in Osnabrück STRODTMANN 258 ; WaL deck BAUER-COLLITZ 29"; Bremen wb. 1, 279; Hamburg FROMMANNS zeitschr. 6, 138, 2; 141, 8; Lübeck SCHUnd. corresp.-blatt 19, 80; MeckMANN 80; Dithmarschen lenburg ebd. 15, 27; Pommern D Ä H N E R T 520"; in der Altmark verdeiwelt D A N N E I L 237". ins schwed. übernommen fördjeflad H E L M S 135°. l) die weitaus am häufigsten und in der ganzen pe riode erscheinende participiale form ist wohl unmittelbar ohne Vermittlung des verbs gebildet worden, etwa wie es bedeutet urverhenkert von henker vgl. ADEI.UNG. sprünglich 'zum teufel gemacht oder geworden', dann 'vom teufel besessen, teuflisch' und dementsprechend entweder 'verzweifelt' oder 'verdammt, verflucht'. der sinn der Verachtung oder des hasses wird bald zum derben ausdruck der bewunderung; in der spräche des groszen haufens für 'im hohen grade listig, verschlagen, arg' A D E L U N G ; auch 'auszerordentlich gewandt, bewandert in einer fertigkeit'. schlieszlich wird verteufelt ein blosz verstärkender zusatz wie verdammt, verflucht, sehr. eine strenge Scheidung zwischen diesen bedeutung sschattierungen läszt sich nicht durchführen. in Verbindung mit handelnden personen: ein verteufelter mensch, huomo indiavolato K R A M E R ; weil die weit so vergifftet und verteufelt ist, das sie die w a r heit v e r d a m m e n thar L U T H E R 28, 324, 25 Weim.; der verzweiffeit w ü r d erst verteuffeit F I S C H A R T Garg. 406 neudr.; also bringen sich solche verzweiffelte und ver teuffeite leute ü m ihre . . zeitliche ehre HARSDÖRFFER secretarius 2, 60; mag denn ein menschen geist so gar verteuflelt seyn? GRYPHIUS ged. 239 Palm. abgeschwächt: läszt sich doch der verteufelte Benvenuto auch gar nichts sagen GÖTHE 43, 159 Weim.; die griifin w ä r e eine verteufelte reiterin A L E X I S Isegrim 1, 196. in subst. form: zückstu, verteufelte, das messer wider mich? LOHENSTEIN Ibrahim (1680) 10,169. in sächlicher Verbindung: ihr (der ketzer) lehr ist ain verteüflete, durchteüflete und uberteüflete lehr EISENGREIN erklärung (1568) 39 B ; w e h e denen, welche wegen desz verteuffeiten fluchens und bübischen schandbossen das ewige lob . . verlieren MEYFART himml. Jerusalem 2, 346; die verderblichen, abscheulichen und verteufelten meynungen der Socinianer R A B E N E R 1,223. abgeschwächt: aber so geht es mitt der verteüffelten see, m a n ist nie in Sicherheit mitt E. CH. V. ORLEANS briefe 6, 200: 0 verteufelte geschichte! heldenhafter lebenslauf! GÖTHE 1, 177

Weim.;

dieses verteufleite schreiben ist allein der ausleger meiner begangenen laster L O H E N S T E I N Arminius 2, 1104a; ich h a b e einen verteufelten hang zur groszmuth LESSING 2, 145 (schätz)', es giebt in j e d e m hause . . verdammte, verteufelte, verhenkerte tage — w o alles gekreuzt geht und die quere JEAN P A U L werke 7/10, 461; verteufelte Symbole meiner quälgeister! V I S C H E R auch einer 2, 332; ach, das verteufelte bier! F O N T A N E 6, 35. in alterthümlicher spräche gelegentlich mehr verbal gefühlt mit richtungshinweis, 'verdammt, verstoszen': wer sie nit höret, der ist verteufelt und vermaledeit in den abgrund der höllen H A N D E L - M A Z Z E T T I Jesse u. Mariu 1, 357. übertragen 'versessen auf, verrannt in etwas': d r u m b seindt (sie) so erpicht undt verteüffelt auf! diesze sach E. CH. V. ORLEANS briefe i, 414; wo beydes jung und alt in Sünden noch verwildt, schier gar verteüfelt ist ROMPLER v. LÖWENHALT reimgetichte 34.

1873

VERTEUFELN

als adverb. seltener lisch':

VERTEUFELUNG-VERTHAUEN

in Verbindung mit

verben,

'teuf-

versiegle derer zung, die so verteufelt meinen, es sey ein kleines nur den nechsten zn verkleinen NEUMARK lustwald 2, 5. 'sehr': die majestät läszt unt verteufelt warten! WERNER Luther 155; das wasser richtet so 'ne blitzleiche verteufelt zu gründe Shakespeare 3, 831 ( H a m l e t 5, l). gewöhnlich als steigerungsadverb. bei adj. und adverb. verteufelt bange, Omnibus artubus contremiscens STEINBACH; verteufelt bösei mensch! LOHENSTEIN Epicharis (1685) 60,317; ihr seid doch auch verteufelt arm GÖTHE 16. 80 Weim. (Salyros 1, 85); es ist eine verteufelt schwere aufgabe SCHILLER briefe 8, 68; die menschen sind so verteufelt ernst geworden GUTZKOW rittet 8, 127. in den deutschen mundarten ist verteufelt in dieser art als adj. oder adv. gebräuchlich, so schwäb., harnt., luxemburg. und in den angeführten nd. mundarten, bisweilen auch euphemistisch entstellt, wie zu verteukert, verdeikert in der Altmark und Lausitz DANNEIL 237*; ANTON 14, 14; westfäl. verdükert WOESTE 29Cb. 2) daneben erscheint verteufeln als verb. in allen formen und verschiedenen bedeutungen. besonders obd. ist 'böswillig und auf muthwillige weise etwas verderben', z. b. kleider: Schweiz., elsäss., schwäb.; nach HEYNE in gewöhnlicher rede 'teufelmäszig gestalten, gänzlich verpfuschen': er verteufelt die ganze sache; entweder ich verteufle eins (gemälde), mit grenzenlosem leichtsinn, . . . oder ich bin so innig bei der sache, dasz ich selbst nachts noch mich quälen musz A. FEUERBACH an die mutter l, 182; die ganze erde zur folterkammer und jedes einzelne volk zum Schergen und henkersknecht aller übrigen zu verteufeln F. L . JAHN 2, 677. Schweiz, auch 'menschen zu gründe richten': aber die menschen machen es, dem teufel z'lieb und z'ehr lieber umgekehrt, dafür verteufelt er sie GOTTHELF erlebnisse eines schuldenbauers 86. 'sein geld auf schlechte art verschwenden STALDER ; nach, CAMPE landschaftlich 'durch teufeleien, mit teufeleien oder argen, liederlichen streichen verbringen, verthun'. von der zeit: unser bauer, der tröhlt und spielt und . . . seinen ruhetag i m schenkhaus . . . verteufelt PESTALOZZI 8, 109. nur in nd. mundarten erscheint ein verdüveln in negierendem sinne: 'durch fiuclien, mit mehrmaliger nennung des teuf eis verneinen, leugnen' ADELUNG; in Osnabrück STRODTMANN; in Bremen, auch 'sich bestreben, aus wahr falsch zu machen' brem. wb.,- dat laat ik m i nig verdüweln 'das lasse ich mir, gegen die gesunde Vernunft und alle Überzeugung, nicht abdisputieren' ebd.; de let sik nich verdüweln, 'nicht, gegen die bessere einsieht einreden' in Mecklenburg, 'überlisten, übertölpeln' in Lübeck und Mecklenburg. 8) schon in werden' vor:

mhd. zeit kommt

ein

intrans.

'teuflisch

der lib vertiuvelt änez pröt, same tuot diu sele äne got Vaterunser a. d. 12. jh. in MONES anzeiget 8, 42. aus dem 16. jh. tritt ein trans. beleg an die seite, 'teuflisch machen': noch seind si bede eigentlich nit gott und der teüfel selbs, sunder im eingeleibt und mit in vergott und verteuflet FRANCK zeitbuch 4 B . aber erst seit dem ausgehenden IS. jh. ist der trans. gebrauch in der bedeutung 'zum teufel machen' neu aufgenommen und üblich geworden {vgl. verteufelung): dasz beide (Friedrich der grosze und Napoleon) . . von den meisten vergöttert oder verteufelt wurden ZSCHOKKE 3, 165; mit demselben instinkte . . streichen sie aus dem gotte ihrer überwinder die guten eigenschaften aus; sie nehmen räche an ihrem herrn, dadurch dasz sie deren gott verteufeln NIETZSCHE 8, 233. subst. inj'.: damit aber das göttliche um so schöner aus dem dunkel herausstrahle, muszte und konnte das teuflische und das verteufeln XII.

1874

anderer auch nicht fehlen KLINGER werke 12, 78. an änderet stelle 'teuflisch werden' oder 'verzweifeln' {vgl. l)zum verteufeln ist's, sag ich euch, mit dem burschei! HANDEL-MAZZETTI Jesse u. Maria 1, 206. reflex. form, freylich müssen wir das schöne gesicht nicht oft bey seinen teufelsthaten antreffen, sonst wird es sich bald in unsern äugen verteufeln LICHTENBERG Schriften 3, 453; ich verteufle mich dei gott wird jetzund ein gottseibeiuns HEINE werkt 1, 388 V E R T E U F E L U N G , f.. zu verteufeln 3, 'Verwandlung in teufel'. diese verteuflung der götter habe ich im . . . 'salon' . . . besprochen HEINE 6, 77. übertragen, 'teuflische art': wenn sie in diesen Physiognomien wahre verteufelung finden MusÄus physiogn. reisen 1, 53; aus erfahrungen und erlebnissen im grollenden herzen . . . gifte kochen . . . ist entmenschte verteufelung F . L . J A H N 1, 35&. V E R T E U F E N , verb., s.

vertiefen.

V E R T E U F L I S C H E N , verb., ungebräuchliche denomina tivbildung zu teuflisch, reflex. 'teuflisch werden' das wesen, das wir als göttin verehrten, vermenschlicht sieb in einem halben jahi, und soll die sache noch schlimmer werden, so verteuflischt es sich am ende gar CASTELLI werke 12,152. part. prät.: verteuflischte narrheiten und afterbossen Augsburger quelle v. 1711 bei FISCHER 2, 1376. auch eine mischbildung zwischen teuflisch und verteuflischt scheint vorzukommen: weil sie auch mit ihren verteufHischen wesen . . zu winckel kriechen und da weder gott noch menschen scheuen PRÄTORIUS reformata astrologia 200. V E R T E U N E N , verb., kunstausdruck der schiffersprache, dem nl. entlehnt: mnl. vertunen, vertuynen VERDAM 641"; nl. vertuinen; dem nhd. verzäunen entsprechend, 'die höher und planken 2 « r verteunung eines schiffes befestigen oder anlegen' RÖDING wb. der marine 2, 842: BOURIK naut. wb. 708"; CAMPE, dazu verteuning, verteunung, f.: 'die obersten theile eines schiffsgebäudes über wasser . . oberhalb dem . . . belauf der leiste, welche den bord in der mitte des schiffs begrenzt' JACOBSSON techn. wb. 8, 84»; RÖDING 2, 848. V E R T E U T S C H E N , verb., s. verdeutschen. VERTHÄDINGEN, VERTHÄDIGEN, verb., s. vertheidigen.

VERTHÄTIGEN

V E R T H Ä D I G U N G , V R R T H Ä T I G U N G , f., s. Verteidigung. V E R T H A N , adj. und subst. verthun (s. d.).

gebrauchtes part. prät. von

V E R T H A N H E I T , V E R T H U N H E I T , f. vereinzelt in älterer spräche zu verthan gebildet. 'Verschwendung': das im sein gemüt von eitlicher kargheit wegen gefallen ist ins laster der verthonheit BOLTZ Terenz deutsch 107 *. unrichtig gebildet scheint verthunhöit: yederman geben, ist ein thorheyt und verthünheyt FRANCK sprüchu-, (1541) 2, 87 B ; vgl. LESSING 16, 62. VERTHANUNG, unter 3 vertonen.

V E R T H A Ü N U N G , f..

s. Vertonung

V E R T H A U E N , verb. 1) intrans. zu 2 thauen (tt. I i i , 327). vgl. mnl. verdooyen VERDAM 618". verstärktes thauen, 'schmelzen, sich auflösen, zergehn': die eiszapfen vertäuen, wie der gedanke an einen lieben toten R o s EGGER waldschulmeister 156; hat euch kluge band gebraut (zum punsch)f frost und ungestüm verthaut, wie am morgenstrale um die heisze schale Voss ged. 5, 216; mehr als ein dutzendmal hat der alte, wackelige winter seinen zerschlissenen, vertauten mantel mit neuschnee zu flicken versucht Schlesische zeitung v. 15. mai 1910. 2) mit verdauen verwandt ist eine trans. bildung: eine wunde vertaua (adj. tauig), vermüiha 'verderben, zu schlechter eiterung bringen' in Vorarlberg FROMMANNS zeitschr. 5, 483.

118

1876

VERTHEEREN - VERTHEIDIGEN

VERTHEIDIGEN

auadruck der achifferaprache, V E R T H E E R E N , verb., 'mit theer veratreichen, verachmieren' CAMPE, es wird werg in die ritzen dea kahna gehämmert, mit leinöl getränkt und dann v e r t h e e r t : s o l c h e s (fett) i s t g e s c h i c k t die europäischen schiffe a n s t a t t theer, h a r t z , pech zu l , 134*. v e r p i c h e n u n d z u v e r t h e e r e n allg. haushalt.-lex. nl. v e r t e r e n hat neben dieaer bedeutung noch eine zweite, 'theerend verbrauchen' SICHERER-AKVELD l l 9 3 b .

zur alleinherrschaft gelangt. KRAMER setzt v e r t h ä d i g e n , v e r t h ä t i g e n an erste stelle 2, 1044 B ; F R I S C H 2, 366° bringt verthädigen allein.

1875

V E R T H E I D I G , m., vereinzelte aubatantivbildung der älteren aprache, anacheinend nach v e r t r a g geprägt: umb irer b e t e willen h a b e ich diesen vertheidig u n d v e r t r a g k z w i f a c h e n l a s s e n Koburger urk. v. 1509 bei DIEFENBACHW Ü L C K E R 669. VERTHEIDIGEN,

verb.

form. zu mhd. t a g e d i n c , t e d i n c (th. 1 1 2 3 3 ) aua mhd. v e r t a g e d i n g e n , v e r t e i d i n g e n , v e r t ä d i n g e n mhd.wb. 1 , 3 3 6 " ; L E X E R 3, 865. nhd v e r t h e i d i g e n mit schwinden desnasals undirrthümlicher anpaaaung an denominativbildungen von adj. auf -ig. die noch im 16. jh. überwiegenden formen v e r t h ä d i n g e n , vert h ä d i g e n , v e r t h ä t i g e n sind obd.: achweiz. F R I S I U S (S. unten); D E N T Z L E R 3 l 4 b ; xchwäb. F I S C H E R 2, 1372; bair. SCHMELL E R neben v e r t a i d i n g e n 1, 586; öaterreich. verthättigen niederöat. weiathümer 4, 85, 9. im md. herrscht ebenfalls -ä- vor: die heutige Aachener und luxemb. mundart weist v e r d ä d i g e , v e r d ' e d e j e n auf M Ü L L E R - W E I T Z 253; GANGLER 465; lux. wb. 457 b ; schles. v o r t e d i g i n , affirmare Heinrichauer voc. IB. jh. ( i v P 83, 252 r a ) ; daneben ein auffälSchlesiens l , 100. wo ea liges v o r t a d i n g e n lehnaurkunden aufgenommen, ist, erals lehnwort aus der Schriftsprache scheint -ei-: in Buttelstedt bei Weimar fardäedye KÜRS T E N - B R E M E R 95. entsprechend Ut es auf oberfränkischem f a r t ä i d i y ? , fart&idiyn GEBHARDT 63 gebiet in Nürnberg: « . 8. auf nd. boden v o r d a d i n g e n (aua vordagedingen), v o r d e g e d i n g e n , v o r d e d i n g e n , v o r d e d i g e n mnd. S C H I L L E R B A jüngerer L Ü B B E N 5, 8 3 0 » ; L Ü B B E N - W A L T H E R 4 9 5 B ; in zeit bis zu v e r d e g e n entwickelt brem. wb. 1, 212; oatfriea. b b S T Ü R E N B U R G 8 0 9 ; DOORNKAAT l , 442 , 443"; altmärk. verdSLdig'n 'vertheidigen', v e r d ä g ' n 'schützen, verbergen' D A N N E I L 236 b ; pomm. v e r d e g h e d i n g e n , v e r d e d i n g e n DÄHN E R T 519*. mnl. v e r d a d i n g e n , v e r d e d i n g e n VERDAM 6 l 7 b ; v e r d e d i n g h e n , v e r d e d i g h e n K I L I A N 5 8 4 a ; nl. v e r d e d i g e n vgl. F R A N C K - W I J K 7 3 0 * ; P A U L S grundrisz l , 807. im 1,523; übrigem zur erklärung des wortes GRIMM gramm. 2, 296; kl. sehr. 6, 178; 305; GOMBERT bemerkungen 3, 21; l , § 107,2. ADELUNG ist im zweifei, W I L M A N N S gramm. ob v e r t h ä d i g e n in dem sinne 'einen angriff abzuwenden suchen' etwa auf t h ä t i g zurückzuführen ist. die Schreian t h a t bebung mit t h ist wohl durch die anlehnung einßuazt worden. die in der achriftaprache aeit dem 18. jh. herrachende form v e r t h e i d i g e n scheint md. oder bair.-oberfränk. Ursprungs zu sein, vgl. eine hess. urkunde bei HALTAUS 1904, thüring. bei S T O L L E 13; Eisenacher stadtrecht von 1362 in thüring. geschichtsquellen 9, 32. in den vorliegenden belegen aua L U T H E R findet sich v e r t h e i d i ( n ) g e n überwiegend (23 : 7 v e r t h ä d i ( n ) g e n ) . A L B E R U S hat v e r t h e i d i n g e n , v e r t h e i d i g e n neben einmaligem Verthedingen (diet. 3 0 B ) ; F R O N S P E R G E R , CARBACH, B E R T H O L D V. CHIEMSEE, S A C H S , HARSDÖRFPER nur v e r t h e i d i g e n . es schwanken F I S C H A R T , M A T H E S I U S , GÜNZBURG, SCHOTTEL, von den Schlesiern haben SCHWEINICHEN und B U T S C H K Y v e r t h e i d i g e n , L O H E N S T E I N daneben nur einmal v e r t h ä d i g e n (Arminius 1, 4 ) , P R A T O R I U S beides, gelegentlieh findet sich ä : e i in deraelben quelle unmittelbar neben einander, ao v e r t h ä t i g e n neben v e r t h e i d i g u n g d. weiathümer 3, 746, 4 Grimm, die Oberdeutachen halten mit wenigen ausnahmen bis etwa 1700 an -ä- fest (ABRAHAM A S T . CLARA bei S C H M E L L E R ) ; BODMER achreibt schon v e r t h e i d i g e n neben v e r t h ä d i g e r (crit.poet. achriften l , 76; 2, 146), obwohl selbst den Obersachsen noch gelegentlich ein v e r t h ä d i g e n , v e r t h ä t i g e n unterläuft ( B E S S E R 2, 463; anmuth. gelehrsamkeit 7, 734). im 19. jh. findet sich v e r t h ä d i g e n nur noch bei JOH. v . M Ü L L E R (22, 47) und in alterthümelndem stil bei HANDEL-MAZZETTI Jesse u. Maria 2,97. in den wbb. ist die form v e r t h e i d i g e n erat bei ADELUNG und CAMPE

bedeutung

und

gebrauch.

v e r t h e i d i g e n stellt sich der bedeutung nach als deutliche i&xn-bildung dar ähnlich wie v e r s p r e c h e n (ap. 1449 f.), mit dem unterachiede allerdings, dasz hier ausschlieszlich die positive richtung entwickelt ist; und während in vers p r e c h e n der bestimmende sinn in der heutigen Schriftsprache zur herrschaft gelangt ist, hat sich v e r t h e i d i g e n achon im verlauf dea 16. jhs. mehr und mehr auf den befürwortenden sinn beschränkt und das veraltete verbia dahin laaaen sich vers p r e c h e n B (sp. 1464/.) eraetzt. einzelt andere bedeutungen nachweisen. 1) veraltete Verwendung in bestimmendem feierlichen Verträgen gebraucht.

ainne,

von

a ) mit persönlichem object 'aufbieten, laden, vorladen': w e r v o r g e r i c h t v e r k l a g e t w i r d t , i s t er d o n i t , m a n sol i n v e r t ä d i n g e n e i n e s t o d e r ä n d e r e s t , d r e i s t u n d Schwabenspiegel landrecht 93 (vgl. dazu L E X E R und FISCHER); z e h a n d g i e n g er w a er h i n w o l t u n d e n t r a n u n d w a s a u s z b i s er v e r t ä d y n g t w a r d der heiligen leben 91 b a . mnd. mit dativ: die herre sal ieneme vordegedingen, d i e ir (der kinder) ansprake verlovet bevet lehenrecht bei S C H I L L E R - L Ü B B E N . b ) mit unpersönlichem object 'verabreden, abmachen, urkunde festsetzen': schwül). urkunden bei F I S C H E R ; bair. v. 1394 bei L E X E R ; a l s o g o b e n t d i e v o n S t r o s b u r g f ü n f h u n d e r t g ü l d e n d r u f d e s k ü n i g e s r e t e n . . a l s o e s vert e d i g e t w a s d. atädtechron. 9 , 683 , 25 (Straazburg); die r h a t s b o t t s c h a f f t e n v o n B e r n ritten z w i s c h e n d i s e partheien, u n d w a r d vertediget, d a s . . . die von Zürich . . k o m m e n s o l t e n M Ü N S T E R cosmograph. 446; i c h h a b e i m yetz die j u n c k f r a u verheyrattet. d i e s a c h i s t vert h ä d i n g e t (res composita est), d a s h o c h z e i t w i r d t BOLTZ Terenz deutsch 103B; ein brieff sie selber las, wie es verdedingt wer (HERMANN V. SACHSENHEIM) MEISTER ALTSWERT 190, 32; dasselb wolt auch der han vorthedigen, das in die katz nicht solt beschedigen WALDIS Eaopus 1,100 Kurz. auch mnl. VERDAM. c) 'eine gerichtliche Verhandlung, einen procesz zum austrag bringen, eine atreitsache beilegen': arbitrium reeipere, e i n s a c h z e v e r t ä d i n g e n o d e r z ü e n t s c h e i d e n a u f f B s i c h n e m m e n F R I S I U S 1 1 2 ; decidere, v e r r i c h t e n , vert ä d i n g e n , v e r t r a g e n , v e r e i n b a r e n 367 B ; MAALER 4 3 4 * ; e r wel etlich irrung m i t in vertädingen, und d a r n a c h sollen s i e d a s m o r g e n m a l m i t i m e s s e n d. atädtechronik. 23, 468, L (Augaburg); ein fraue, die . . den zanck, so sich gemeinlich zwischen den liebenden personen begibt, v e r g l i c h e n u n d v e r t h ä t i g e t FEDERMAN sechs triumph (1578) 262; o b g l e i c h a i n d i e b s t a l v e r t e y d i n g t i s t , m ü e s dannoch der dieb gestollen güet wider geben BERTHOLD v . C H I E M S E E theologey 520. nl. fransigere, componere causam K I L I A N 584*. d ) 'einem ein ding vertraglich zugestehen, zuerkennen, entrichten': d a ; wir ünserr frauen der äptissin . . chain iriu reht a n der m ü l e n niht vertädingt n o c h verdingt h a b e n Augsburger quelle v. 1337 bei F I S C H E R ; w a n n a l s o ein e m p f a n g e n l e h n g u t d u r c h v e r s t e r b e n d e s h a u b t m a n n s oder seine verlassung wiederum eröffnet, . . . s o l l m e i n e m gn. h e r r n . . j e d e s m a h l ein b e s t h a u b t . . z u v e r t h ä t i g e n v e r f a l l e n s e y n d. weisthümer 3, 746, 4 Grimm (mittelrheinisch); vgl. HALTAUS 1904. auch mnl. VERDAM. e ) 'etwas

für

sich

in ansprach

nehmen,

behaupten':

es het ein hirsch ein groszen streit mit einem pferdt umb eine weidt, die wolt . . . jedes vertheidigen vor sich WALDIS Esopue 1,46

Kurz.

2) 'für eine peraon, aache, handlung eintreten': die unschuld einer person oder die rechtmäszigkeit und Wahrheit einer Sache durch worte beweisen, ursprünglich von vettheidigungen vor gericht gebraucht, nachmals auf alle

1877

1878

VERTHEIDIGEN

VERTHEIDIGEN

LUNG, CAMPE; eine abhandlung welche . . . während den öffentlichen akademischen prüfungen vertheidigen a) 'für einen als anwalt, Sachwalter, fürsprech auf- wird J. C. F. SCHILLER l, 137; einer seiner schüler vertheidigt die lehre von der Unfreiheit des willens . . . treten': defensare causam, adesse causae, in causa pain feierlicher disputation RANKE l, 202. trocinari, suseipere causae patrocinium MAALER 433J; advocatus, der bei im stehet, ob er schon nichts redt, d) 'die Verantwortung für ein vergehen auf »ich nehmen oder das eines anderen rechtfertigen': crimen susdoch zu verteydigen bereytet ALBERUS dict. ssj b . in cipere, sustinere, ein laster ze vertädigen auff sich nemVerbindung mit persönlichem object heute fast allein gemen; vertädingen, versprächen oder Bich desse entläufig: hat er den Roscium, der vom Sylla . . . anges c h l a h e n F R I S I U S 1278", 1281»; e r s o l t a l l e r s o r g e n e n t zogen warde, vor gericht verthedingt SCHWARZENBERG laden sein, sy wolt die sach wol vertedingen WICKRAM Cicero 8; dieser . . hatte auch in oberwehnten rechts3, 58, 27; nu wil ich nicht der sein, der solche laster händeln sowohl den Munatius als Antistius spöttisch des babstumbs vortedigen wolle LUTHER 80 S, 417 Weim.; und anzügerlich vertheidigt LOHENSTEIN Arminius l, und wo sie gott belavdigen, 629. bei ähnlichen vorfallen, 'mit wort und feder für sies als mit mir vertheydigen einen angegriffenen eintreten': so wollen sie gleich wol Csagt das evangelium) den Luther verthedigen NAS antipap. L, 208B; aus dieSACHS 1, 847. 89 Keller; sem vorurtheil wären alle offenbarungs-patronen . . . , doch bin ich auch nicht der, der alles, was so die kirche als ketzer . . angeschrieben, gelobet und er that, als wohl gethan verteid'gen möchte verthädiget worden LEIBNIZ 2, 349; sie vertheidigen ihn LESSING 8,153 (Nathan 5, 217); mit eben der hitze und fast mit eben den gründen, mit wie schön vertheidigst du des zärtlichen geschlechts hochmüthiges vergnügen, welchen ich ihn schon oft vertheidiget habe LESSINO wenn zwanzig thoren knien, die zwanzig zu betrügen! 2, 829 (Sara 4, 8). mit präpos. zusatz bei, vor, gegen: auszergerichtlichen handlangen dieser ort ausgedehnt ADE-

LUNG.

und hilff du mich bev ir verteydigen SACHS 17,49, 36

GÖTHK 9, 24 Weim.

Keller-Qötze;

und mich . . für meinen verleumbdern . . vertheidingen ALBERUS fabeln 5 neudr.; das man ihn {den papst) widder seine eigen schuler und jünger verteydinge LUTHER 26, 602 Weim.; ich habe dich auch vertheidigt . . . gegen meine matter STORM 1, 22. auch mnd. und mnl. b) reflex. 'sich verantworten, sich von einer anklage, beschuldigung, einem verdacht reinigen': confutatio, refutatio, apologia, ein gegenantwort, darin man sich entschuldiget oder verthedingt ALBERUS dict. so b ; quod se satis . . . verteydingen kan und verantworten LUTHER 84 288, 18 Weirn.;

(laune

des

verliebten).

ungewöhnlich ist unpersönliches subject mit persönlichem object als 'rechtfertigen': in widerwertigen Unglücksfällen verhütet und verthediget er (der gute name) den menschen vom bösen verdacht der begangnen unthat ALBERTINUS Lucifer 4, 15. 3) schon in mhd. zeit ist der bedeutungsumfang von vertheidigen erweitert worden, so dasz es bedeutet 'einen angriff von sich oder einem anderen abwehren, für einen rathend und helfend eintreten, besonders durch körperliche gegenwehr'. a) es handelt sieh um ein allgemeines schutzverhältnis: defendere, propugnare, protegere, patrocinari ALBERUS s j * ; STIELER,

DENTZLER,

FRISCH;

nl.

defendere,

defensare, patrocinari KILIAN, in Verbindung mit synonymen ausdrücken: beschermen, besohützen und yorLOHENSTEIN Ibrahim (1680) 67, 490. dedigen; helpen, beschermen und vordegedingen nd. ich nehme keine anklage wider Ieute an, die sich nicht tautologien bei GRIMM d. rechtsalterthümer l, 26; so sullen vertheidigen können SCHILLER 14, 211 (parasit 2, 3); du und wollen wir . . sie . . virdedingen, vergen odir virkannst dich ja selbst nicht vertheidigen vor deinem sten d. städtechron. 17, 158, 20 (Mainz); aller der, so euch eigenen gewissen BETTINE königsbuch l, 106. ungewöhnzu versprechen und zu vertädingen steen 5, 248 anm. l liche Verbindung: eben erhalte ich aus dem konsisto(Augsbufg); ich wil euer schütz sein, und für allen rium den befehl, mich zu vertheidigen — über zehn teufein . . vertretten und vertheidigen MATHESIUS Sa punkte »u vertheidigen, deren sie mich angeklagt . . . repta 44". ohne Synonyma: use vorbenomede here schal haben IFFLAND theatral. werke 2, 118. auf unpersönos vordeghedingen to alle usen noden d. städtechron. liches subject übertragen: und wie gerne hören wir die 6, 26, 13 (Braunschweig); da brach auf ir grosze püberei, stimme der sich selbst vertheidigenden leidenschaft ? dasz sie sich solcher gebraucht hett mit kuplen, mit WIELAND Agathon L, 238. kindt zü verteidigen (unterbringen unehelicher hinder), c) mit unpersönlichem object, 'einen rechtsstreit als mit schanck, miet und gab einnemen und mit gelt ausSachwalter führen': advocaten, welche . . . die aller- leihen 89, 21, 24 (Augsburg). schlimmste und fauleste Sachen verthätigen ALBERTIgegenüber beschirmen und beschützen enthält verNUS hirnschleiffer 16; dasz sie eine schlechte sache theidigen den begriff der abwehr lebender Viesen durch haben vertheidigen müssen LESSING 2, 69 (freigeist 2, 2); lebende wesen vgl. EBERHARD-LYON nr. 299. es widerspricht (sie) führte einen tapfern und heftigen kleinen prozesz also dem Sprachgebrauch, wenn vertheidigen statt schützen darum, den sie selbst vor gericht verteidigte auf grundim sinne der abwehr unpersönlicher Widerwärtigkeiten gelage einer rechnung KELLER I, 231. 'in schütz nehmen': braucht wird: so wenig ein nackender sich mit Spinneeines andern guten ruf, unschuld ADELUNG, CAMPE; weben wird für dem wind und frost vertheidigen könverteidige die warheit bis in den tod Sirach 4, 33; was nen PRÄTORIUS Anthropodemus l, 194; die mittel, mit für ein gesetz verpflichtet uns, dasz wir unsre ehre denen Julius Caesar sich gegen kränklichkeit und kopf. . vertheidigen sollen? HARSDÖRFFER secretarius l, Cc schmerz vertheidigte NIETZSCHE 8, 139. vnü; b) mit persönlichem object, 'einen durch abwehr körperherr mit trostreicher hand ausz aller noht mich reisz, licher angriffe schützen': der herr wird die gerechten verthädigend dein wort zugleich und meinen handel WECKHERLIN ged. 1, 386. mit seinem arm verteidigen Weisheit 5, 17; S. Peter . . , 'die berechtigung oder Wahrheit einer behauptung, eines der seynen herrn Christum wollte mit dem schwerd verteidigen LUTHER 18, Sil Weim.; (krähen) welche ihnen anspruchs nachweisen, aufrechterhalten': bei dem, das (den storchen) den weg ihrer reise weisen, und für anwir gegen got, k a i . mt. und aller weit zü verthedingen dern vögeln verthädigen sollen PRÄTORIUS winterflucht wissen d. städtechron. 23, 852, 84 (Augsburg); wente se 144; dar vele rechticheyt to hadden, dat se dat vordedingen euch zu verteid'gen, eure holde unschuld konden myt oren papenböme 16, 321, 26 (Braunschweig); zu schützen vor der räche des tyrannen, das er vil eher kläger seye und anspruch habe als das will er zum morde jetzt den bogen spannen SCHILLER TeU 2633. er beklagt sein recht erst verthädigen müszte SEBIZ feidbau 3. bei der disputation: einen satz vertheidigen, reflexiv, 'sich wehren': Sesitach . . muste sich zu fusze dessen Wahrheit gegen angriffe und gegenbehauptungen, zu gegen ihm vertheidigen LOHENSTEIN Arminius l, S9B; beweisen und zu behaupten suchen, vgl. KRAMER, ADEer faszte . . den kerl . . bei der kehle, dasz dieser . . hör't, wie die albere so hönisch sich vertheidig't!

118*

1879

VERTHEIDIGER

VERTHEIDIGER1N — VERTHEIDIGUNG

das kind losliesz, a n d sich gegen den angreifenden zu vertheidigen suchte GÖTHE 21,161 Weim. {Meister), sprichwörtlich: der k a n n sich leicht vertheidigen, der nicht angegriffen w i r d W A N D E R 4, 1618. unpersönliches subject: w e n n m a n gegen ein herz, das sich nicht vertheidigen w i l l noch vertheidigen kann, alle mögliche batterien spielen läszt L E N Z Schriften L, 65. absolut in nominaler form: die lincke aber (ist) zu vertheidigen nutzlich SUTORIUS fechtbuch 80; er führte den krieg vertheidigend N I E B U H R röm. geschickte 3, 161. c) mit sächlichem object: darzu ist einem, so (in einer feldschlacht) . . sein h a u t verthätigen musz, nicht w o l müglich v o n allem bescheid zu geben KIRCHHOP wendunmuth 2, 308; tapfere helden . . , 'so die grundsäulen meines reiches unzerschüttert verthetigen SCHOTTEL friedenssieg 68; er musz herbei sein schlosz zu vertheidigen GÖTHE 8, 98 Weim. (Götz), 'ideale guter kämpfend schützen': unsere christliche fursten, die den glauben verteydingen und den Türcken fressen L U T H E R 11, 270, 6 Weim.;

de* frerobdlingen patron, verthädiger und schütz W E C K H E R L I N ged. 2,188; giebts schönre pflichten für ein edles herz, als ein vertheidiger der unschuld seyn SCHILLER Teil 1617.

zu vertheidigen 8 b, c, 'wer körperliche angriffe von andern abwehrt': auff solche barmherzickeyt, die i m welltlichen schwerd regirt und handelt, sehen solche beuwie rische verteydinger nicht L U T H E R 18 , 390 Weim.; vertheidiger und angreifende n u n m e h r gegen einander standen GÖTHE 88, 207 Weim.; geschickt, das ungliickselge land von seinen vertheidigem und freunden zu erlösen

SCHILLER 12, 69 (Piccolomini 1, 2 var•). mit präpos. ztisatz: hierher gehört ein lied über F r a n k furts vertheidiger gegen die mit dem Franzosen verbündeten reichsfürsten U H L A N D Schriften 4, 175. v e r t h e i d i g e r i n , f. CAMPE, ZU vertheidiger 3: (die gottheit) w a r doch vertheidigerin und rächerin desselben (gesetzes) W . v. HUMBOLDT Schriften 1, 46; alles ist jelzo n e u ; drum mu^z auch die kriegskunst, als vertheidigerin, neu s e y n ! KLOPSTOCK Oden 2, 93, 28.

's ist ein Alzeller mann, er hat sein' ehr verthcidigt und den Wolfenschiesz erschlagen SCHILLER Teil 159.

unpersönliches

subject:

seine frevheit vertheidigte mit sturmes macht der Belt WalUnstcins tod 230. 4) ganz anderer art, nach bekanntem muster ist ein luxemb. v e r d ' e d e j e n 'verprocessieren, für sein geld ausgeben' Itac. tob. 457B.

gebildet, processe

V E R T H E I D I G E R , m., zu vertheidigen, schon in der älteren periode gebildet, aber häufiger erst seit dem 18. jh. L U T H E R gebraucht die ältere form verteidinger, ebenso FRANCK (bei FISCHER 2, 1378). Verteidiger ist zuerst bei SACHS

nachweisbar,

seit

LOHENSTEIN

und

THOMASIUS

allgemein gebräuchlich in der Schreibung vertheidiger. im 18. jh. weist nur BODMER noch ein mundartliches verthädiger (crit. poet. Schriften 2, 146) neben vertheidigen (ebd. l, 76) auf, die im obd. heimische form: verthädinger, verthädiger Schweiz. CALEPINUS 1010b, 1436 b ; schwäb. FISCHER

2, 1373 ( W E C K H E R L I N

ebd.).

KRAMER

verzeich-

net 2, 1044° allein verthädiger. mnd. vordegedinger SCHILLER-LÜBBEN 5,S80 b ; sindicus, vordegedinger, vordedinger, vordediger DIEFENBACH gloss. 536u; die Hussiten, als verthediger und recher der cere des Johannes Hussen SCHÜTZ preusz. chron. 3, Y i v f . nl. verdediger. 1) vertheidigen 1 an die seite zu stellen und veraltet ist: pactor, ein vertrager, vereiniger, verthädinger CALEPINUS

101011.

von

der

rechtfertigung

mit

gründen,

'ge-

richtlicher anwalt, fürsprecher' (vgl. vertheidigen 2 a ) : syndicus, ein verordneter einer gemeind, mit befehl, ihr sach vor gericht zu handien, es seye zu klagen oder zu versprechen ('befürworten'): ein verthädiger CALEPINUS 1436b; dasz die gegener beweisen müssen, nicht die vertheidiger der kirchendiener THOMASIUS kl. d. Schriften 163; j e d e m beklagten vergönnet m a n einen vertheidiger HERDER 19, 79; den reden der ankläger und vertheidiger zu lauschen, w a r leidenschaft des volkes FREYTAG werke 14,126. der rechtssprache durchaus geläufig. im anschlusz an vertheidigen 2 c, 'wer eine einrichtung oder anschauung gegen gegnerische angriffe in schütz nimmt und verficht': Anicius machte sich zum vertheidiger des glückes LOHENSTEIN Arminius 2 , 503»; die elenden vertheidiger des theaters, die es mit aller gew a l t zu einer tugendschule m a c h e n wollen, thun i h m mehr schaden LESSING 17, 802; als vertheidiger des glaubens könne er nicht gestatten, dasz eine böse saat gesäet w e r d e R A N K E 4, 81. 2) im anschlusz an vertheidigen 3 a 'Schützer, schutzherr, patron': de domheren hadden ok eren vordeghedingher in deme hove KORNER lüb. chron. 226"; es sol schütz herr, verteidinger, gesell und genossen gleich so viel als die selbschuldigen gelten, darumb, das sie solche laster nicht strafTen L U T H E R SO2, 338 Weim.; w i e dann gcbreuchlich, defensores und Verteidiger zu suchen, unter welcher n a m e n . . solliches publicirt w ü r d e SACHS 15, 7, 9 Keller-Götze;

1880

V E R T H E I D I G U N G , f., abstractbildung zu vertheidigen. die heute übliche form erscheint zuerst bei L U T H E R und KIRCHHOF (neben vertheidung vgl. 3 a) und hat sich bei den guten Schriftstellern des 17. jhs. durchgesetzt, die obd. des 16. jhs. gebrauchen verthädigung, W E C K H E R L I N und ALBERTINUS noch im 17., letzterer neben verthetigung; von den nd. SCHOTTEL vertheidigung neben verteihtigung (haubtsprache 392"), MORHOF verthedigung. das letzte verthätigung läszt sich 1742 bei LINDENBORN (Diogenes 2, 22) nachweisen. KRAMER 2, 1044° bucht verthädigung neben vertheidigung; verthätigung bespöttelt SCHÖNAICH (ästhet. 317, 20 Köster) als niedersächsisch; vertheidigung allein bei

ADELUNG

und

CAMPE,

mnd.

vordeydegung

DIEFEN-

BACH gloss. 536B (sindicus); vordegedinge neben vordegedingnisse, vordedingnisse S C H I L L E R - L Ü B B E N 5 , 330"; L Ü B B E N - W A L T H E U 495 B ; pomm.

verdedingnisse D Ä H N E R T

519"; mnl. verdadinge, verdedinge VERDAM 617B; nl. verdediging. zur Wortbildung vgl. GRIMM d. gramm. 3, 538. die mehrzahl von vertheidigung ist nicht üblich; das gegentheil

behauptet

BRAUN

1ob. (1793)

285».

1) in anlehnung an vertheidigen 1 veraltet. 'Vorladung vor gericht': w a n n . . der glaubiger auf die zalung tringen und die gant f ü r n e m b e n wolte, soll er uns . . u m b unverzugenliche vertädigung des Schuldners pitten schwäb. quelle des 16. jhs. bei FISCHER 2, 1373. 'entrichtung': im fall aber solche schuldige empfängnus oder verfallen bestenhaubts vertheidigung hinterlassen würde, soll mein gn. h. m a c h t haben sich an das gut zu halten d. weisthümer 8, 746, 6 Grimm (mittelrheinisch); dat in oren husen de jfiden quek moghen snyden unde slan sunder gave unde vordeghedinge mnd. quelle bei SCHILLER-LÜBBEN; ebenso mnl. VERDAM. nhd. alterthümelnd: bei den mehrsten bekannten alten nationen . . w a r die gemeine vertheidigung eine grundsteuer MOSER 1, 220. 2) zu vertheidigen 2. 'gerichtliche Vertretung': eine der schwierigen pflichten der anwälte und rechte der angeklagten H Ü B N E R zeitungslex. 4 , 804B. seit dem 16. jh.: w a s dann Cicero öffentlich . . in verthädigung seiner freünd . . geredt SCHWARZENBERG

Cicero

16 V;

der in Yerthiidigung und k l a g die m a c h t und falsche zeugnusz hasset W E C K H E R L I N ged. 2, 81;

sie (die aldermänner) können anklage und vertheidigung . . abweisen KLOPSTOCK gelehrtenrepublik 19. vom gerichtlichen verfahren übertragen: dasz sie so vortheilhaft von mir gesprochen haben . . ich d a n k e ihnen . . für ihre vertheidigung LESSING 2, 69 (freigeist 2, 2); das schöne w e r k : vertheidigung der kunstliebenden und gelehrten, betittelt NEUMARK palmbaum 455. 'eigne rechtfertigung' (zu vertheidigen 2 b ) : m a n möchte doch auch die vertheidigung des kaisers hören, ihn also nicht ungehört condemniren acta publica 6, 7 Palm; jedoch w o l l e ich diese meine vertheydigung mit beschei

1881

VERTHEIDIGUNG

denheit vornehmen, und gantz nicht wieder schelten THOMASIUS gedancken 3, 106; ich würde gegen seinen zorn noch einen schatten von vertheidigung aufzubringen wissen LESSING 2, 804 (Sara 8, S). 'das eintreten für die Berichtigung einer sache' (vgl. vertheidigen 2 c , d): treffliche rede zur vertheidigung seiner unschuld GÖTHE 43, 304 Weim.; verthedigung der reime MORHOF Unterricht L, 570; er beurlaubte sich, ohne ein wort zur Verteidigung seiner malkapelle vorzubringen KELLER 6, 215. 'rechtfertigung von vergehen und lästern': die sünde . . ., die keine Vergebung hat. denn sie hat auch keine busze noch reue sondern verteydigung und entschuldigung LUTHER 19, 610 Weim.; der stolz, dessen vertheidigung ich auf mich nehme ZIMMERMANN v. d. nationalstolze 95. in concretem sinne, 'Verteidigungsschrift, rechtfertigungsschrift': apologia, apologetico KRAMER 2,1044°; die vertheidigung unterscheidet sich von schutzrede und schutzschrift dadurch, dasz sie sich auch auf thätliche angriffe bezieht und auch thätlicher mittel zur abwehr sich bedienen kann CAMPE; EBERHARD-LYON nr. 1161; wollen wir diszfals weder eine iobschrifft noch schutzrede oder vertheidigung der poesie machen LOHENSTEIN Arminius l , d 2; seine abhandlung und vertheidigung wird m a n wenigstens aus der geschichte der pflanzenlehre nicht ausschlieszen können GÖTHE II 6,189 Weim.; umsonst waren Ulrichs schriftliche Verteidigungen HAUFF 1, 60; Milton . . schrieb die vertheidigung seines volkes und erblindete für immer TREITSCHKE aufsätze 1, 22. 3) zu vertheidigen 3. ein Wortspiel zwischen den bedeutungen von 2 und 8 bei BRENTANO: Libussa. was kannst du, Slawosch, zur vertheid'gung sagen? Slawosch, dasz ich nur zur vertheid'gung ihn geschlagen G, 145. 'schütz, Sicherung, Sicherheit' (zu vertheidigen 8 a): (wir haben sie) in unse bescherminge unde vordegedinge genommen lüb. urkunde von 1412 bei SCHILLER-LÜBBEN ; ob er (der bauer) wol vielmal bey dem Iandfürsten . . . umb schütz und vertheidigung angesucht KIRCHHOF wendunmuth 2, 278 (schütz und vertheydung 2, 70); wie ich doch zur Verwahrung und vertheidigung meiner per son hätte thun können GÖTHE 44, 19 Weim.; wenn es sich um Verhütung der niederlage und u m vertheidigung unsrer nationalen Selbständigkeit gehandelt hätte BISMARCK

erinnerungen

2, 125.

'abwehr feindlicher angriffe' (vgl. vertheidigen 8 b): also erweiset die vertheidigung eine in recht gegründe lobwürdige tapfferkeit HARSDÖRFFER secretarius 2, 505; ein so zu angriff und vertheidigung wohlgerüsteter heeresund volkszug GÖTHE 7, 163 Weim. (offensiv- und defensivbündnis vgl. Verteidigungsbündnis); notwehr ist diejenige vertheidigung, welche erforderlich ist, einen gegenwärtigen rechtswidrigen angriff von sich oder einem anderen abzuwehren bürgerl. gesetzbuch § 227 abs. 2. in einer reihe von fällen pflegt die heutige spräche Zusammensetzungen zu bilden, 'vertheidigungsiveise': sintemal uns doch . . kein anderer schilt fürzuwerffen noch andere verthädigung mehr uberbliben ist FISCHART binenkorb 46*; schwerlich möchte etwas aus unserer kriegsgeschichte der vertheidigung von Saragossa an die seite zu setzen sein IMMERMANN 18, 28. 'vertheidigungszustand': Frankreich hat von der natur eine vertheidigung erhalten, welche Deutschland fehlt ARNDT an s. I. Deutschen 2, 81; dasz er sein heer ohne schanzen, ohne vertheidigung hier dem feind gegenüber legt? TIECK 2, 25. t) wirkliche Zusammensetzungen sind seitdem 18. jh. in groszer zahl üblich geworden, seltener in rechtlichem, meistens in militärischem sinne, wo sie für die fremdworte defensivbündnis « . s . w . eingetreten sind, vgl. SCHULZ fremdwb. 126. CAMPE führt im verdeutschungswb. 289" als derartige neubildungen vertheidigungsanstalten, -bündnis, -krieg, -waffen an. das zweite glied pflegt ein subst. zu sein; von adj. sind nur zu verzeichnen vertheidigungsfähig, -unfähig, -los, -mutbig; adverbial nur vertheidigungsweise. von älteren Bildungen sind nur verthei-

VERTHEIDIGUNGSABSCHNITT - -KUNST 1882 digungsbrief, -mann (s. d.) nachweisbar. — v e r t h e i d i g u n g s a b s c h n i t t , in der militärsprache theil des ganzen, zu besserer Übersicht eingetheilten festungsgeländes, vgl. ALTEN heer u. flotte 3,702. — v e r t h e i d i g u n g s a n l a g e , - a n s t a l t , f.: weniger als von diesen imponirenden Vert e i d i g u n g s a n l a g e n wissen wir von der anlage MOMMSEN röm. geschichte 6,171; m a n traf verschiedene vertheidigungsanstalten GÖTHE 33, 282 Weim.; CAMPE. — v e r t h e i d i g u n g s a r t , / . . - und so wie es thöricht wäre, sie (die königsburg zu Persepolis) mit unsern vestungen . . zu vergleichen, so klärt sie vielmehr die älteste vertheidigungsart auf HERDER 15 , 604 anm. — v e r t h e i d i g u n g s a r m , m.: dasz der zerschmetterte vertheidgungsarm des schweren schilds entwehnt und die vom Speer durchstochne seite nicht den panzer leiden wUl LESSING 3, 362 (Kleonnis). — v e r t h e i d i g u n g s b e w e g u n g , f.: U n t e r a b t e i l u n g e n . ., die . . zu überraschenden angriffs- sowie vertheidigungsbewegungen bestimmt sind WILHELM I. mil. Schriften 1,387. — v e r t h e i d i g u n g s b r i e f , m.; in abweichender form im 16. jh.: in und sin gotzhus ze schirmen . . lut aines vertedigungsbriefs ('schutzvertrags'), der noch vorhanden ist WATT d. hist. Schriften L, 478; Coligny beging die Unvorsichtigkeit, seinen vertheidigungsbrief ('rechtfertigungsschreiben') mit den Worten zu schlieszen LAUBE 4, 218. — v e r t h e i d i g u n g s b u n d , m., - b ü n d n i s , n„ Schutzbündnis, defensivalliance CAMPE ; verdeutschungswb. 143 b ; alle vertheidigungsbündnisze sind . . gerecht und nothwendig HERDER 23, 32; u m dadurch eben allem gemeinschaftlichen unter ihnen (den kleinstaaten) und folglich jedem Verteidigungsbunde vorzubauen JEAN PAUL werke 85, 86. — vert h e i d i g u n g s e n t w u r f , m„ in militärischem sinne: dasz dieser vertheidigungsentwurf das flache lanö von Schlesien . . gesichert haben würde FOUQUE gefühle, bilder 2,12. — v e r t h e i d i g u n g s f ä h i g , adj., - f ä h i g k e i t , f.: weszhalb . . die einzeln gelegenen bauernhöfe . . . im nothfall vertheidigungsfähig waren MOMMSEN röm. geschichte 2, 19; (die) natürliche Verteidigungsfähigkeit der landschaften, . . thäler, spalten, klüfte, felsen RITTER erdkunde 10, 907. — v e r t h e i d i g u n g s f r o n t , f.: der nachtheil der centralen und exponirten läge des deutschen reichs mit seinen ausgedehnten vertheidigungsfronten nach allen Seiten hin BISMARCK erinnerungen 2, 294. — v e r t h e i d i g u n g s g r a b e n , m., - g r e n z e , - m a r k , f.: so ward der natürliche vertheidigungsgraben (der Lech) in so vielen Völkerkämpfen zum grenzgraben RIEHL naturgesch. des volkes 1, 168; im krieg giebt ein ström keine vertheidigungsgränze ARNDT an s. I. Deutschen 2, 10; jenseits der Pyrenäen vertheidigungsmarken . . zu gründen F. SCHLEGEL werke 1,215. — v e r t h e i d i g u n g s g r u n d , m., - k o s t e n , / . . was ich zu seinen vertheidigungsgründen sagen soll, weisz ich in der that nicht MENDELSSOHN Schriften 5, 268; CAMPE; vertheidigungskosten, gebühren für den vertheidiger vor gericht vgl. BERNHARDI zum bürgerl. gesetzbuch 844". — v e r t h e i d i g u n g s h e e r , n., - k r a f t , - s c h a r , f., in militärischem sinne: theorie des schwachen angriffsheeres und des starken vertheidigungsheeres MOLTKE 7, 103; in jeder provinz die möglichst stärkste Verteidigungskraft heimatlich zu entwickeln .MEINECKE leben Boyens 2, 23A; üblicher in der mehrzaM vertheidigungskräfte; Bern . . zog vertheidigungsschaaren zusammen ZSCHOKKE Schriften 6, 67. — v e r t h e i d i g u n g s k a m p f , - k r i e g , m., - S c h l a c h t , f.: (der deutsche krieger ist) freudiger und rühriger beim angriff und raschen vordringen, als im vertheidigungskampf FOUQUE gefühle, bilder 1, 205; krieg, orlog (feierlicher angriffskrieg), ländwehr (vertheidigungskrieg) F. L. JAHN 1,32;

defensionskrieg

CAMPE;

ordneten tausendmahl tausend eine vertheidigungsschlacht, den rücken der hölle zu decken SONNENBERG bei

CAMPE.

— v e r t h e i d i g u n g s k u n d e , - l e h r e , f., Verdeutschung von apologetik vgl. CAMPE. — v e r t h e i d i g u n g s k u n s t , f.. CAMPE; theils war er vor plätzen der europäischen vertheidigungskunst nicht gewachsen JOH. v. MÜLLER

1883

VERTHEIDIGUNGSLINIE -

-WERK

8, 166. — v e r t h e i d i g u n g s l i n i e , f.. in der kriegsbaukunst vgl. CAMPE; die hauptsächliche vertheidigungslinie der R ö m e r ist auch hier der Rhein geblieben MOMMSEN räm. geschickte 5,184. — v e r t h e i d i g u n g s l o s , adj.: ist es ihnen anständig, einem v e r t e i d i g u n g s losen manne den dolch ins herz zu stoszen? NICOLAI Nothanker l, 149. — v e r t h e i d i g u n g s m a n n , m., in abiceichender form: du bist j e schuldig, ehe du verteidingsman wirst, anzuzeigen, was du verteidingen w i l t LUTHER antwort auff das überchristlich buch bocks Emser zu Leiptzig l , 870". — v e r t h e i d i g u n g s m a s z r e g e l , f.: nach allen Seiten mit vertheidigungsmaszregeln beschäftigt R A N K E 14, 295. — vertheidigungsmas c h i n e , /.: belagerungs- und vertheidigungmaschinen aller art R I T T E R erdkunde 11, 354. — V e r t e i d i g u n g s m i n i s t e r , m.: hier unser Verteidigungsminister {in Österreich) ROSEGGER Schriften II 6, 14. — v e r t h e i d i g u n g s m i t t e l , n.: dieses an hülfsmitteln und vertheidigungsmitteln reichste land ARNDT an s. I. Deutschen 3, 79. 'Schutzmittel': natürliche Verteidigungsmittel für die erhaltung der steppen und grasformationen HOOFS waldbäume 106. — v e r t h e i d i g u n g s m u t h , m„ - m u t h i g , adj.: ich . . . könnte deshalb den gröszeren vertheidigungs-muth weniger gegen angriffe des meinigen (lebens) als gegen die eines fremden . . beweisen JEAN PAUL werke 24/26, 229; CAMPE; durch. . kämpfe . . waren Charaktere gebildet und ein frischer, verteidigungsmutiger geist in den einzelnen genährt worden H. GRIMM Michelangelo 2, 409. — v e r t h e i d i g u n g s o r d n u n g , /., - p l a n , m.: militärische paszsperren . . gehören nothwendig zur eidgenössischen vertheidigungsordnung ZSCHOKKE 9, 200; nach altem brauch war der vertheidigungsplan auf die Zunftordnung gegründet, so dasz j e d e zunft ihr besonderes stück Stadtmauer zu besetzen hatte R I E H L aus alter zeit 1,211. — v e r t h e i d i g u n g s p o s t e n , - p u n c t , m.: dasz eine . . stadt selten einen guten vertheidigungsposten ausmacht allg. d. bibliothek 118, 587; alle Vormauern sind in seiner gewalt, . . alle militärischen vertheidigungspunkte überflügelt GENTZ Schriften 4, 31. — v e r t h e i d i g u n g s r e c h t , n., - r e d e , - s c h r i f t , f., in der rechtssprache: wegen dem überhaupt j e d e m menschen zukommenden straf- oder vertheidigungs-recht HALLER restauration 2, 249; Ciceronis vertheidigungs-rede v o r den poeten . . Archias GOTTSCHED crit. historie l, 16; ADELUNG; (da) gab jener 1673 eine vertheidigungs-schrifft heraus THOMASIUS gedancken 2,249. — v e r t h e i d i g u n g s s c h l a g , m.: ich w a r nicht mit einem vertheidigungsschlage zufrieden, sondsrn rächte meine wunden mit dem tode der gans HEINSE 2, 264. — v e r t h e i d i g u n g s s t a n d , - z u s t a n d , m., - S t e l l u n g , / . : als i m 1547sten j ä h r e churfürst Joh. Friedrich Wittenberg in vertheidigungsstand setzen liesz anmuth. gelehrsamkeit 6, 214 Gottsched; ADELUNG; üblicher Verteidigungszustand: so stellte ich mich in Ordnung, den dolch in der rechten, . . vollkommen i m Verteidigungszustände GÖTHE 43 , 236 Weim.; eine Verteidigungsstellung einzunehmen und sich zum kriege zu rüsten R A N K E 16, 300. — vertheidigungsstreit, m., übertragen: m a n hat z w o nationen Europa's in einem e r r ö t e n d e n vertheidigungs-streit gesehen, auch nur eine neue krankheit wider willen dem entdeckten volk gebracht zu haben HERDER 9, 357. — v e r t h e i d i g u n g s s y s t e m , n.: neben Caesars groszartigem Vert e i d i g u n g s s y s t e m der dürftigen anstalten zu gedenken MOMMSEN röm. geschickte 3, 287. — v e r t h e i d i g u n g s t h u r m , m.: in der festen Buxhaver kirche . . , mit bollwerken, ringmauern und einem dicken vertheidigungsturme versehen ALLMERS marschenbuch 1/2, 430. — v e r t h e i d i g u n g s t r i e b , m.: das w i l l ich die nationalfähigkeit, den patriotischen vertheidigungstrieb . . nennen anmuth. gelehrsamkeit 8, 21 Gottsched. — v e r t h e i d i g u n g s v e r s u c h , m.: viele bände wurden m i t vertheidigungsversuchen angefüllt DÖLLINGER akad. Vorträge l, 249. — v e r t h e i d i g u n g s w a f f e , f., - w a l l , m., - w e r k , n.: j e d e m thier und j e d e m narren haben die götter seine V e r t e i d i g u n g s w a f f e n gegeben GÖTHE 17, 93 Weim.; CAMPE; er nähme blos die kirchhofs-

VERTHEIDIGUNGSWEISE - VERTHEILEN 1884 mauer zu seinem vertheidigungswall JEAN PAUL werke 35, 11; fast i m mittelpunkt aller vertheidigungswerke ist eine neue stadt, als vornehmster waffenplatz gegen die Germanen, erbaut worden ZSCHOKKE Schriften 89, 58. — v e r t h e i d i g u n g s w e i s e , adv., defensive, gegensalz zu angriffsweise: er sagte dies vertheidigungsweise (um sich zu rechtfertigen) CAMPE ; Rebhuhn focht einige zeit, blos vertheidigungsweise BODE Thomas Jones 1, 161. — v e r t h e i d i g u n g s w e i s e , - W i s s e n s c h a f t , f., - w e s e n , n.: (er) ward 1747 mit der Verbesserung des Verteidigungswesens in Finnland betraut ALTEN heer u. flotte s, 293; den nutzen begreiflich zu machen, den sie (die Offiziere) aus der vertheidigungswissenschaft ziehen können allg. d. bibliothek 24, 249. — v e r t h e i d i g u n g s z e u g e , m.: schutzzeuge, den man zu seiner Verteidigung vor gericht aufstellt CAMPE 4, 309*. V E R T H E I L B A R , adj.. V E R T H E I L B A R K E I T , f., 'was vertheilt, eingetheilt, ausgetheilt werden kann', kaum üblich ; 'sich vertheilen lassend' CAMPE, 'die fähigkeit, ausgetheilt, mitgetheilt werden zu können': das erste, was beim Christentum öffentlich anerkannt und gelobt wird, ist seine vertheilbarkeit, sein anschmiegen an jede denkart HERDER 20, 114. V E R T H E I L E N , verb. schon got. fradailjan in demselben sinne wie heute: fradaili{> wesi Jiarbam, mw/ois Joh. 12, 5. aber dhd. fartailjan, ferteilen 'privare, defraudare, proscribere' GRAFF 5, 417 (vgl. 1) und dementsprechend mhd. verteilen mhd. wb. 3, 8711; L E X E R 3, 267. mnd. vordelen weist beide bedeutungsrichtungen auf SCHILLERLÜBBEN 5, 331 • 1> ; desgleichen mnl. verdelen VERDAM 617b; condemnare, abiudicare, separare, dividere, dispertiri KILIAN 584®. altengl. fordselan, dispensare, erogare BOSWORTH-TOLLER 304". nhd. meist 'theilen, austheilen, verbreiten': dissipare, (¿¿«¿»-¿IUERCDIEFENBACHgloss. 187*°; dissecare, diffindere, disscindere S T I E L E R 2271; KRAMER 2, 1069*; DENTZLER 3i4 b ; FRISCH 2, 368V ADELUNG, CAMPE, mundartlich: Schweiz. STALDER 1, 277; elsäss. MARTIN-LIENHART 2, 676"; schwäb. FISCHER 2,1375; in Cronenberg fordi'e.lan LEIHENER 88*; luxemb. siebenb. verd61en lux. wb. 458"; ebenso pomm. DÄHNERT 519"; ostfries. DOORNKAAT 1, 443®. nl. verdeelen aus dem mnl. entwickelt; dän. fordele, schwed. fördela dem mnd. entlehnt. vgl. zum wort GRIMM d. gramm. 2, 830, 853. 1) der in der älteren spt achperiode vorherrschende üble nebensinn von vertheilen erklärt sich wie in versprechen II (sp. 1469), verwünschen, v e r u r t e i l e n , dem bestreben nach deutlichkeit ist der unterfang dieser bedeutung in vert e i l e n und versprechen zuzuschreiben, vertheilen ist offenbar von v e r u r t e i l e n (s. d.) verdrängt worden, wie dieses besagtes von hause aus 'einen urtheilspruch fällen': iudicare, richtin vel vorteilin 1laudener (schles.) voc. lS.jh. ( l V Q 102/. 96 rb); der aller weit richter ist, solt derselb nit recht verteylen Zürcher bibel (1531) 1 Mos. X V I I I 0 ; sie wurdent verteilet, dag ir iegelicher in 10 j ö r e n nit solt in den r8t kumen d. städtechron. 8, ISO, 18. an der mehrzahl der belege aber ist der üble sinn unverkennbar. eine räche zahl von belegen findet sich im mhd. wb., bei L E X E R , HALTAUS (1904/.), SCHMELLER (1, 601) und FISCHER, über die mhd. rection vgl. W.GRIMM kl. Schriften 8, 279. a) 'eitlen verdammen, zum tode verurfheilen': DIEFENBACH-WÜLCKER 569; zum tode verteilen, capitis damnare S P I E L E R 2271; an disen mseren wart vertailt Ryal und da bi gesailt mit ainer wid umm sinen nak JOH. v. WÜRZBURG WilK. v. Osterreich 5606; (da) min lieber sun Jesus nach der juden rate vor dem richter Pilate wart verteilet in den tot der spiegü 373 (1, 222 Mone); to Colne wart en wullenwever vordelet to deme dode lüb. chron. l, 298; deszhalb weder papst noch ander sich understeen mögen, die abgeschiden sei ze vertailen oder ze absolvieren BERTHOLD V. CHIEMSEE theologey 617; das wird . . mit allen teufein ins ewige und helli-

1885

1886

VERTHEILEN

VERTHEILEN

sehe feaer vertheilet werden MATHESIUS Sarepta 145*; und ward och vertailt als ain kätzer RICHENTAL Constanzer concil 83. das part. prät. verteilt häufig als auaruf 'verdammt, verflucht, verwünscht'. b) mit dativ der person, 'ssu Ungunsten jemandes ein urtheilfällen, ihm ein recht aberkennen': cassare, destruere, annihilare voc. inc. teut. i i 5 b ; DIEFENBACH gloss. 104 b ; diu wer im doch nicht tobte; man verteilte img leben unt stnen pris

wird unser könig nicht in dir uns hergestellt, obgleich ihn schon vertheilt der himmel und die weit?

W O L F R A M V. ESCHENBACH Parztval

627,19;

dem (heerflüchtigen) verdelt m a n sin ere unde sin lenrecht, unde nicht sin lif Sachsenspiegel 1,40; vgl. SchwabenSpiegel lehenrecht 174 bei FISCHER. HÖFER etym. wb. 8, 858 bezeugt: er h a t deinem bruder recht verthailt, 'lästern, aus zorn viel böses von oder zu einem sagen'. c) 'einen eines rechtes berauben': privatus, ferteiliter; proscribantur, firtelit werdan ahd. glossen bei STEINMEYER-SIEVERS

i, 156";

H A R T M A N N V. A U E büchlein

695;

FISCHER.

d) 'einen bei der theilung Übergehn, beeinträchtigen, benachtheiligen', nur obd.: dem vater vaste leidet, das er in het verteilet genesis 52,13 Diemer; (wenn) ein teil vür den andern sö v a s t verteilet würde an vesten oder an gülte, dag si d a n n den selben teil gebeggern, gemßrn und geleichen mügen Wittelsbacher urkunde v. 1331 bei LEXER; Schweiz, einen vertheilen a n gaben, praeterire aliquem donis; er ist vertheilt worden, praeteritus est DENTZLER. dazu ein reflex.-gebrauch: 'übereilt und leichtsinnig theilen; andern soviel geben, dasz man selbst dabei zu kurz kommt' vgl. DENTZLER ; STALDER ; CAMPE ; im schwäb. geradezu höflichkeitsformel bei annahme eines geschenkes FISCHER, ähnlich in Lusem vortpaln 'zuviel, reichlich, übermäszig theilen' BACHER 420. e) mit sächlichem object, 'etwas verwerfen, swag er hoeret oder siht, das verteilet er niht und dunket in alle; guot

verschmähen':

L A M P R E C H T V. R E G E N S B U R G tochter

Syon

8806.

8) seit dem 18. jh. in dem heute gebräuchlichen sinne, in berührung mit theilen, abtheilen, eintheilen, austheilen. nach EBERHARD-LYON bezieht sich vertheilen auf ein ganzes, das erst gesondert werden musz, sowie auf viele, denen ein ganzes theiltceise gegeben Vierden soll; austheilen aber blosz auf das übergeben mehrerer dinge, auch wenn sie vorher kein ganzes ausgemacht haben nr. 213. mit diesem grundsatz decken sich die belege nickt durchweg. a) 'ein ganzes oder eine gruppe in theile zerlegen, sondern': du wirst es (ein paket zum aufbewahren) verteilen müssen SCHNITZLER Anatol 71; will m a n aber die schaf nicht . . . vertheylen, sonder . . . herdsweisz verhandlen SEBIZ feldbau 136; diewi) . . jetzt das land in zwey regiment verteilt was, ward fürbas das gantz land Unterwaiden genämpt TSCHUDI helvet. chron. l, 78. von Stoffen: mit hönig zu einem pflaster gemacht, vertheilet es (kümmet) das von sehlägen geronnene blut HOHBERG georgica 1, 585; pomm. een verdeelend plaaster, das die schlimme materie eines geschwulstes, geschwürs auseinanderbringt vgl. DÄHNERT; die luft . . . gleich in quartierbouteillen vertheilen LICHTENBERG briefe 8, 42; dasz sie doch alle der B a t t e n s holte, und ihren verstand weit droben i m Ariostischen monde in tausend Haschen vertheilte BÜRGER l, 319. heute ungebräuchlich statt t h e i l e n : ohne zweifei gab es a u c h in frühster zeit schon vertheiltes waldeigenthum J. GRIMM d. rechtsalterthümer 2, 16; sie (die kirche) ist in zwei kapellen vertheilt STILLING 4, 419; ich . . . musz ohne gnade m e i n e n tag zwischen spazieren und a u s r u h e n vertheilen briefe

N E U M A R K lustwald

284;

1,413.

HOFFMANN v . FALLERSLEBEN 5, 37;

kein treu und wahrer freund, der bey mir schwachen sitzt, und durch erzehlungen die lange zeit vertheilet ('vertreibt') H O F F M A N N S W A L D A U U. and.

er liesz aber fünff t ö c h t e r n , die wurden des landes verteylt ('verwiesen') Schwabenspiegel landrecht 886 bei

135;

b) 'zerreiszen, zersplittern, zerstreuen': dein landt wirdt n a c h mir weit vertheilet, und n i m m e r wider z u s a m m e n in ein h a n d t k o m m e n buch der liebe 276i>; das zerrüttete, vertheilte Deutschland schmiegte sich HERDER 23, 40; meint er, was ich erwarb, damit woll' er nun schalten, und woll' es nach und nach vertheilen? GÖTHE 9, 43 Weira. (die mitschuldigen); dem ruhigen bürger dem nimmt er sein gut, dasz er's nach belieben vertheilt und verthut

8, 1 0 6 ° ;

sö müegen wir verteilet sfn 6ren unde guotes

DROSTE-HÜLSHOFF

K Ö N I G ged.

selbstliebe, neid und stolz — mit schmerz vertheilen sie sich unser herz HERDER 37, 373; lieb' und leid kan er allzeit mit ihr vertheilen, denn die last liegt halb so schwer auf zweyen seulen

ged.

7, 87

Neukirch;

sie sind fähig den Schlummer der schläfrigsten menschen zu vertheilen, ihre säfte zu verdünnen KLEMM der grüne hut 61 Wien, neudr. von personen: (er) moste de Sassen . . vordelen in mennyghe land, dat se nicht to hope en bleven KORNER lüb. chron. 26°; die zwar grosze menge der Christen . . ., weil sie unter so unzehligen theilen des reichs sehr vertheilet und zerstreuet waren ARNOLD kirchenhistorie 139; die lust und das Pflichtgefühl zur arbeit h a b e n n u r wenige, und diese sind vertheilt ui ter einander bekämpfende fractionen und parteibestrebungen BISMARCK erinnerungen 2, 308.

c) 'einzeln hingeben, vergeben, austheilen': vertheile so dein brot, dasz du nicht leidest noth

WANDER

4,1618:

auszerdem musz . . das eingehende geld . . u n t e r die einzelnen mitrheder nach dem Verhältnisse der grösze ihrer schiffsparten vorläufig verteilt und ausgezahlt werden handelsgesetzbuch § 502 aba. 3; Moses befehl w a r : das land sollte nicht eher vertheilt werden, bis es ganz eingenommen wäre HERDER 12, 164; ohne wähl vertheilt die gaben, ohne billigkeit das glück SCHILLER 11, 893 (siegesfest). alterthümlich mit dativ der person: laken, die m a n of dem tage den Samaythen vorteylte Marienburger treszlerbuch 396; 80 (hasen) n a c h dem Brieg geschicket, die andern aber sonsten den r ä t h e n vertheilet SCHWEINICHEN 472 Österley. üblich mitpräpos. zusatz: a n mehreren orten vertheilte m a n brot und würste unter das volk GÖTHE 86, SSI Weim. (Meister); dasz die denkschrift a n die bundestagsgesandten vertheilt werde TREITSCHKE auf Sätze 1, 366. in übertragener Verwendung: n u r darin (in einem garten) sollte m a n geheimnisse vertheilen JEAN PAUL werke 7/10, 87; wie mir das schicksal leben und liebe gütig vertheilt BRENTANO 2, 808. Verhältnissen d) 'getrennt anordnen, nach bestimmten zerlegen': dis nochgeschreben ist vorteylt in dy selben schiff: item 16 m. 28 scot vor 120 schok brotes Marienburger treszlerbuch 494; weitter aber (werden) die hertzadern vom nabel in den s a m e n auszgespreytet und verteylt RYFF anatomi B i n " ; New River . . ., dessen wasser durch maschinen . . in vielen kanälen vertheilt wird ARCHENHOLZ England u. Italien 1, 135. leute, menschen, besonders Soldaten: die Soldaten in die quartiere, die m a n n s c h a f f t in regimenter KRAMER ; dasz . . unsere regimenter gleichmäszig über das ganze reich vertheilt sind

MOLTKE

7, 1 2 5 ;

drauf erhob sich Eloa, vertheilte die engel der erde weit um Golgatha her KLOPSTOCK Messias 8, 236; bleibt, wie ihr mSgt, vertheilt, doch an der brücke stehn! GRYPHIUS trauersp. 172 (Katharina 1,686). bücher, rollen, gegenstände: die Ordnung, n a c h welcher die bücher in selbiger (bibliotíiek) vertheilet und gestellet sind LESSING 17, 419; etwas dramatisches bald

8187

VERTHEILEN

allein, bald mit vertheilten rollen zu lesen MÖRIKE werke 8, 69; alle thüren und fenster (im schlösse) waren zwar etwas nach altem geschmack, und nicht ganz gleichförmig vertheilt BRENTANO 5, 172. kunstausdruck in der maierei vgl. ADELUNG, CAMPE; das licht wurde ohne Schwierigkeit verteilt und jede partie in licht und schatten vernünftig und klar ausgefüllt KELLER 2, 49; in dessen schönem durch alle stimmen vertheilten und verschlungenen gesang man das innige Zwiegespräch liebender vernimmt 0. JAHN Mozart 4, 113; der wahre dichter vertheilt das mitleiden durch sein ganzes trauerspiel LESSING 17,80. part. prät. 'verschieden, mannigfach, bunt': das schochtafelbrett . . . welches alles von kristallin und jaspis vertheylet was WICKRAM L, 263; mit seiden, sammet, oder etwan gülden stück, vertheilten teppichen, bedeckt FRONSPERGER kriegsbuch 1 , d 4 V ; u m ihn zu treffen, laszt uns auf vertheilten wegen das ufer des meers durchstreifen MEISSNER Alcibiades 3, 232. pflichten, rechte, anlagen: nach den gentes sind die rechte und lasten des Staates vertheilt JHERING geist des röm. rechts 190; es fragt sich, ob unter der groszen masse eine menge von anlagen . . vertheilt sei GÖTHE 22, 106 Weim. (Meister). e) in übertragenem sinne mit gebrauch der einzahl, 'die antheile an etwas nach verschiedenen Seiten hin vergeben, ausdehnen': der den kampff vertheilen und dem besten das gewinnst . . geben solt XYLANDER Polybius 45; Görres hat auch diesen ölbildungsprozesz sehr richtig an den körper vertheilt IMMERMANN I, 98; wenn er nur das gleichgewicht klug vertheilte KLINGER werke 4,223; es war wunderlich, wie gewissenhaft er seine pflicht an das haus verteilte LUDWIG I, 240. 3) besondere aufmerksamheit verdient der reflexive gebrauch, der zuerst von KRAMER besonders gebucht ist. vgl. auch l d. a) sieh in die erbmasse theilen', nur in tliüring. Urkunden des 17. jhs. nachzuweisenalsz ich mich mit meinen brudern . . ausz dem väterlichen angefallnen lehn verteilet gehabt DIEFENBACH-WÜLCKER669; geschwister, so sich verteilet, mögen mit ihrem gut thun, was sie wollen thüring. geschichtsquellen 9, 141. b) 'sieh zergliedern' (vgl. 2 a): dasz sie . . in hundert gemeinen . . . sich vertheilet MICRAELIUS Pommerland 1, 8; ein so ungeheurer staat würde keiner Verwaltung fähig seyn. er müszte sich also in mehrere kleine Staaten vertheilen

LESSING

13, 355 ( =

HERDER

17, 125).

zu

2 b, 'sich auflösen, zersplittert werden': vordele dy nicht in allen wind, non ventiles te in omnern ventum Sir. 5,11 bei

1 8 8 8

VERTHEILER — VERTHEILUNG

SCHILLER-LÜBBEN;

dasz rüder, mast und seile zerscheitert und zerstückt am ufer sich vertheile d. Schaubühne 2, 72 Gottsched; das drohende gewitter hat sich vertheilt und der sonne wieder platz gemacht; der Schleier an dem himmel fing auch an, sich zu verdünnen und zu vertheilen STIFTER 5 1 , 241; j e vielfacher die Verrichtungen und bestimmungen der thiere, . . desto mehr sehen wir ihre Sinnlichkeit sich vertheilen und schwächen HERDER 5, 23. zu 2 c, 'sich hingeben': was liegt näher als die ausflucht, sich an beide weiten zu vertheilen LOTZE mikrokosmus L IX.

c) 'sieh sondern, verzweigen, verbreiten' (etwa 2 d entsprechend). von personen: denn sie wollen sich nicht von einander vertheilen Amadis l , 40; die Römer vertheileten sich mehrentheils in Böhmen an den pannonischen grentzen BUCHOLTZ Merkuliskus 1459; die mannschaft mag sich nun auf die mauern vertheilen GÖTHE 1 3 2 8 7 Weim. (Götz); sie vertheilten sich merkwürdig geduckt zu ihren friedlichen hütten RAABE Horacker 66. von gegenständen: ädern, die sich . . in unzählig viele kleine äderlein verteilen HEBEL 2, 40; jedweder finger vertheilet sich in noch dreissig andere GRYPHIUS Horrib. 45 neudr.; diesen hinderlichen, und, wenn er sich in die ganze masse vertheilt, gefährlichen bruch GÖTHE 22, 115 Weim. (Meister), von unfesten Stoffen, in eigentlichem und in übertragenem, sinne:

gieb mir eine dose gift; solch scharfen stoiT, der schnell durch alle ädern sich vertheilt Shakespeare 1,153 (Romeo 5,1); wie sich da rechts und links streitend die flamme vertheilt! H E R D E R 26, 82;

(der worte) eindruck war rein und ungesucht, doch zu voll und überladen, so dasz licht und schatten sich nicht recht vertheilen konnten J. GRIMM kl. Schriften l, 283; so und nicht anders kann das vollkommene, das genügende im geist sich erweitern und vertheilen und beleben alle BETTINE frühlingskranz 472. d) zum ersatz des passivs: die übrigen truppen vertheilen sich auf den limes MOMMSEN röm. geschickte 5, 142; die rollen von Frankreich und Deutschland insbesondere vertheilten sich wie spott und ernst D. F. STRAUSZ

6, 23.

V E R T H E I L E R , m„ VERTHEILERIN, f., 'eine person, welche etwas vertheilet' CAMPE; sector STIELER 2271. das wort ist nicht häufig. 1) zu vertheilen 2 c, 'spender'-. wodurch . . der papst zum unmittelbaren vertheiler aller geistlichen würden der Christenheit erhoben werden sollte RAUMER Hohenstaufen l , 29; unsre unglücklichen gefährten beerben mich, du bist nur der Verteiler LUDWIG 3, 752; sei gnädig, o selige, d u , des rechts vertheilerinn, geflügelte Nemesis

HERDER

15,409;

die vertheilerin heisz' ich (Lachesis), die schickt, was die menschen betrübt und beglückt A R N D T werke

3, 77.

2) in technischer spräche: vertheiler, vertheilerscheibe, Vorrichtung zum wirksam werden lassen des elektrischen stromes, vgl. BLASCHKE elektrotechnik 135. auch nl. verdeeler. 3) 'vertheiler', condemnator.

zu vertheilen l a ,

nur

bei STIELER:

VERTHEILUNG, /., verbreitete abstractbildung zu vertheilen. mhd. verteilunge LEXER 3 , 268 in der bedeutung von vertheilen 1; nhd. vertheilung im 16. jh. nur einmal bei FISCHART, im 17. spärlich belegt; SCHOTTEL 392*; S T I E L E R ADELUNG;

2271;

CAMPE;

KRAMER dimension,

2, 1069"; D E N T Z L E R ausmessung

3l4b;

KINDERLING

reinigkeit 252. mundartlich verdSlong luxemb. wb. 458"; ostfries. ferdeling DOORNKAAT 1, 443". das wort fehlt bei L Ü B B E N - W A L T H E R ; mnl.

v e r d e j i n g e in der mhd.

wie

nhd.

bedeutung VERDAM 617 b ; bei KILIAN 584 0 nur die form verdeeltheyd, divisio, schisma; im nl. verdeeldheid 'Uneinigkeit' neben verdeeling 'vertheilung' SICHERER-AKVELD 1162B0. dän. fordeling wie fordele dem deutschen entlehnt, die mehrzahl ist ungebräuchlich, doch bei HERDER 6, 486: ein umfang, nicht minder grosz als die Schöpfung: in seinen vertheilungen so simpel und allumfassend. 1) zu vertheilen l 'verurtheilung': so virdampnet er uns zi jungist an der forhtlicher virdeilunge des jungistin urteiles predigtentwurf anf. des 12.jhs. (zeitsehr. f . d. alterthum 15, 442, 7); condemnatio STIELER. mundartlich obd. vertheilung, partitio temere facta DENTZLER; 'übereilte, leichtsinnige theilung' (vgl. l c). 2) 'theilung, Zerlegung, Zergliederung, sonderung' (vertheilen 2 a): das wir zwischen gott und uns müssen eine vertheilung m a c h e n : er gibt uns die gnad . . aber darnach müssen wir uns selbs fort . . helffen FISCHART binenkorb 222 b ; desz vaters wesen und natur ist auch desz sohns wesen und natur, ohne eintzige Zusammensetzung, vertheilung DANNHAWER catechismusmilch 5, 598; dasz dem hirten an der ganzheit des landeigenthums gelegen sein musz, dem bauer an der vertheilung J. GRIMM d. reehtsalterthümer 2, 7. 'ausstreuung': die göttin unterrichtet den jungen säemann in vertheilung der saat, indem sie zuerst das korn ausstreut GERHARD dkad. abhandl. 2, 415. 'Zerstreuung, Zersplitterung' (2 c): die geringe anzahl der Soldaten, ihre grosze vertheilung, . . . alles dieses erstickt die despotischen entwürfe ARCHENHOLZ England u. Italien l 2 , 578; es (das quecksilber) . . verdünnt and vertröpfelt sich in unzählbare vertheilung BODE Montaigne 6, 230; wird viel-

1889 VERTHEILUNGSANSCHLAG -

-BECKEN

leicht durch Verteilung der arbeit zeit gewonnen? HAUFF

2, 332.

öffentlicher

Unterstützungen

RANKE

29 , 270;

gehen wir zu der vertheilung der jährlichen preise . . . über

HEGEL 16, 199; vertheilung des zündnadelgewehrs

1890

458; - c a n a l , - c y l i n d e r , m. 2, 301; 4, 1343; - g e f ä s z , n. 7,1237; - k e g e l , m. 7, 600;

3) 'vergabung, spendung' (vgl. vertheilen 2 c): bei vertheilung

VERTHEIEUNGSCANAL-VERTHEUERN - l e i t u n g , / . 3,914;

-napf,

m. 4, 1806; -Oberfläche, -Öffnung, - p l a t t e , f . l, 878; 7, 607; 1, 475; -rohr, n. 4, 1594; -sehieber, m. l, 522; -Vorrichtung,/. 3, 1495. in der tuchfabricatwn: v e r t h e i l u n g s w a l z e , /. PRECHTL encyclop. 19,110. in der landwirihschaft: v e r t h e i l u n g s g r ä b e n , m„ -röhren, /. SCHWERZ ackerbau 208 ; 73. in der Wahrscheinlichkeitsrechnung: v e r t h e i l u n g s f u n c t i o n , -kurve, - t a f e l ,

an die linientruppen WILHELM I. milit. schriften 8, 103. 4) 'anordnung, eintheilung' (zu vertheilen 2 d): der feind, der bei Verteilung seiner Streitkräfte . . schwere / . CZUBER 1, 351; 348. fehler gemacht hatte MEINECKE leben Boyens 1, 365; da VERTHEUERN, verb., schon in mhd. zeit zum adj. fand ich mich sehr gerührt durch die vertheilung und theuer gebildet, vgl. theuern th. II 1 , 371. im MautsOrdnung der gedanken (in der logik) LEIBNIZ 1, 377; was verhältnis steht mhd. vertiuren ; vertüren mhd. wb. 3,41*11; hoft ihr von dieser weisen vertheilung (der ämter)? LEXER 8, 270, 279. in mnd. vorduren sind beide formen SCHILLER 3, 60 (Fiesko 2, 8); einen kleinen räum zu zusammengefallen S C H I L L E R - L Ü B B E N 6 , 847 B . in mnl. einem groszen . . . machen durch Ordnung und durch verdieren, verduren sind sie noch getrennt VERDAM 618', zweckmäszige Verteilung (der möbel) LUDWIG 2, 392; die 620"; bei K I L I A N 584B nur v e r d i e r e n , 'carius reddere, gute vertheilung von licht und schatten, mit einem worte, das helldunkle LESSINO IO, 264; GÖTHE 48, 9 fieri; augere, iniendere pretium'. Weim.; BEIL techn. wb. 1,629; der älteste . . hatte diese I. in nhd. spräche ist das mhd. vertüren dem einungleiche vertheilung der güter auf erden lange still fachen verb. 2 dauern (th. 2, 842) gewichen. gekränkt dulden müssen IMMERMANN 18, 105; dasz die unpersönliche wie persönliche construction in dem sinne Umlage und vertheilung der erforderlichen steuern ihnen 'einen dauert, gereut etwas': (den ständen) überlassen wurde RANKE 25, 146; dasz er lie sich es niht vertüren, man diese vertheilung der Seelenkräfte . . nicht in den er scGg in mit tem eere durch zustand eines natürlichen menschen übertrage HERDER und« falt in tot in aie burch ged. des ii.-12.jhe. 208, 10 Diemer ; 5, 104. mit dem genitiv der einzahl (zu vertheilen 2 e): na ja des toraes is vordaret, Vorstellungen vom gleichgewicht der massen, von der na ju de lamen lede tnret, vertheilung des druckes LOTZE mikrokosmus 1,4; gena ist der stoltheit ja gestaret setzesvorschläge, welche . . eine gerechtere vertheilung (sagt der esc! zum p/erde) sog. GERHARD v . MINDEN 59,64 Seelmann; der kriegsdienstpflicht überhaupt bezweckten BISMARCK in verdürte nie dehein kleit, polit. reden 3, 6. im waren die büch vi! bereit ('nichts war ihm zu schade') 5) ein reflex. vertheilen 3 ist für die Bedeutung 'VerHERBORT v . FRITZLAR troj. krieg 3081; breitung, ausdehnung' vorauszusetzen, in der elektrodie jungfrauwen fürwitz verteuret KIRCHHOF wenduntechnik das entströmen der elektrischen materie in alle theile eines anderen körpers HÜBNER zeitungslex. 4, 804b; muth 2, 97. die vertheilung der mittheilung entgegengesetzt GEHLER II. lebendig ist nur das dem mhd. vertiuren entphys. wb. 3, 297; wie ein elektrischer körper auf einen sprechende wort: vertewern, verteuwern, incarire voc. ihm angenäherten, nicht elektrischen leiter wirkt, nämlich inc. teut. i i 5B,- theuren, vertheuren, übertheuren STIEdurch vertheilung l, 30; BLASCHKE elektrotechnik 135; die LER 2275; K R A M E R 2, 1070°; pretium rei augere F R I S C H vertheilung der zungenschlundnerven in den papillis val2, 371 B ; ADELUNG, CAMPE, auch in obd. wie nd. mundlatis SÖMMERRING menschl. körper 2, XL; der rauch . . arten vertreten: tirol. vertuiren SCHÖPF 775; bair. vgl. sieht aus wie vertheilung jener drohenden pestwolke unter vertheuerlich; Schwöb. vertiura kaum populär über die einzelnen Wohnungen LAISTNER nebelsagen 88; FISCHER 2, 1376; luxemb.-siebenbürg, verdeieren lux. wb. zu der lehre von der geographischen vertheilung der 457»; ostfries. f e r d i i r e n D O O R N K A A T l , 444 B ; pomm. v e r pflanzen über den erdboden A. v. HUMBOLDT kosmos d ü r e n D Ä H N E R T 520*. aus dem mnd. ins dän. übert, V I I . nommen fordvre. 6) dazu kommt eine anzahl von subst. Zusammensetzun1) die bedeutung ist 'eine waare kostbarer, seltener gen, die alle erst dem 19. jh. angehören: v e r t h e i l u n g s - machen, den preis einer waare steigern': durch solchen anschlag, m., -art, f.: den unterhalt des gerichts schädlichen vorkauf wird alles vertheuret und in hohen übernahmen die reichsstände . . und brachten ihn nach anschlag getrieben SCHOTTEL haubtsprache 647 die einem besonders dazu entworfenen vertheilungsanschlag färbe, der zoll, die fracht vertheurt diese wahre KRAauf EICHHORN d. staatsgeschichte 4, 303; da diese verthei- M E R ; lungsart (der neuen gewehre an die truppen) indessen sö ist eg (das eisen) vertiwert gar und nimt ouf von jär ze jär nicht stattgefunden hat WILHELM I. milit. schriften 2,103. TEICHNER ged. 16 Karajan; — v e r t h e i l u n g s m a s z s t a b , -plan, m.: der vertheietlich theten staigern, vertheuern lungsmaszstab für die zollerträge würde stets für Deutschir hauszzins in heasern und scheuem land nachtheilig bleiben BISMARCK erinnerungen 1,106; SACHS 11, 435, 10 KeUer-Götze; gegen den verteilungsplan ist einsprach bei dem . . seewisch das gesäsz an die hecken, dasz nicht das häu mannsamte zulässig handelsgesetzbuch § 749 als. 3. — v e r - vertheurst FISCHART Garg. 338 neudr.; weil dessen (des t h e i l u n g s s t e u e r n , f., repartitionssteuern, bei denen brotes) mangel alles vertheuret PRÄTORIUS glückstopf die einzubringende summe auf die provinzen, kreise, ge- 284; wie die gewinnsüchtigen buchhändler die bücher meinden u. s. w. nach bestimmten normen vertheilt wird vertheuern LEIBNIZ 2,159; aber Bärbel liesz sich die vgl. MEYER convers.-lex. 620, 113"; 16, 809*. — Verth ei- waare nicht vertheuern FREYTAG werke 18, 128. die l u n g s v e r f a h r e n , n., zum zweck der befriedigung der part. als adj.: die baumwolle als das rohe material ist gläubiger, erfolgt sowohl bei der Zwangsvollstreckung alsgewaltig vertheuert ('theurer') NICOLAI reise 7, 19; im im concursverfahren ebd. 20, Iis*; die Zahlung hat in nächsten jähr erschien die Odyssee . . ohne verteudiesem falle an das für das vertheilungsverfahren zuernde erörterungen VOSS antisymb. 2, 215. der reflex. ständige gericht zu erfolgen einführungsgesetz z. bürgert, gebrauch ist ganz geläufig zum ersatz des passivs: bei gesetzbuch A 53. dem stetigen sinken des geldwerths vertheuern sich die ferner gibt es in den einzelnen technischen zweigen einelebensmittel und leben6bedingungen ohne unterlasz. anzahl von fachausdrücken, in der elektrotechnik: vertheurer zu stehn kommen': t h e i l u n g s a p p a r a t , m., - b r e t t , n., -kästen, m„ nun wird er (der goldne kram) sich vertheuern: - l e i t u n g , f., -netz, -Schaltbrett, n., - s c h i e n e , in meinem neuen Vaterland musz ich ihn jetzt verstenem GÖTHE 6, 71 Weim. -Sicherung, -Station, f., -system, - v e r m ö g e n , n. BLASCHKE elektrotechnik 135. in der chemie: v e r t h e i 2) 'eine handlung kostbarer, seltener machen, ihre auslungsapparat, m. MUSPRATT 4, 429; -becken, n. l, führung erschweren': XII.

119

1891

VERTHEUERER -

VERTHIERTHEIT — VERTHÖRELN

VERTHIEREN

ok de has darto vorhurden unde on den köp vordurden Braunschweig, chron. 16,112, 43; der des Werkes wünschen solde, der het eg niht vertiuret HEINRICH V. D. TÜRLIN kröne 101B (239); er will den Zugang nicht zu seinem ohr vertheuert, und die erlaabnisz ihn zu bitten, unbesteuert RÜCKERT werke 8,137; mein anhang (würde) irer vil v o m regiment abschrecken, w a n n m a n es m i t m i r vertheuren wolte FISCHART trostbüchlin 81, 86; m a n d a m i t den appell&nten die rechtfertigung vertheuren u n d das mutwillig appelirn abschneiden w i l AYRER Processus 478. diese Verwendung ist noch der heutigen spräche geläufig, wenn die beziehung auf den geldaufwand hervortritt: dasz sie . . die bewirthschaftung der groszen guter u m etwas vertheuerte JHEHING geist des römischen rechts 2 247; auslagen, die das leben jetzt so sehr vertheuern IMMERMANN werke l, 99. 3) in übertragenem sinne, 'den, genusz oder die äuszerung von etwas erstrebenswerthem Jcostbar machen, erschweren' : alle schäferfeyre feyren, last will lust und luft verteuren, spiele haben ausgespielt BIRKEN Pegnitz sckäferey 37; wie auch die weit ihm das geffihl vertheure, ergriffen ftthlt er tief da£ ungeheure GÖTHE 15, 73 Weira. (Faust 6273). im mhd. ein part. prät.

'kostbar,

anspruchsvoll'

:

ob uns hie ieman wese bt s6 vertiurtes muotes fri, den des künde gezemen d a ; er mShte vememen ditze fremde meere Bilerolf 2. V E R T H E U E R E R , m., V E R T H E U E R L I C H , adj., seltene bildungen, 'wer vertheuert, was vertheuert', zu vertheuern 1: verteurer, ßagellator annonae, iniquus aestimator rerum STIELER 2875; Luther predigt gegen die vertearer des korns (der herausgeber B U C H W A L D i n der Weim. ausg. 34 2 , 672). als agitatorisches Schlagwort in neuester zeit besonders in comp. Üblich: brotvertheurer, fleischvertheurer. — schädlicher vor- u n d vertheuerlicher aufkauf ~Würzbwrger Verordnung v. 1696 bei SCHMELLER l , 618. V E R T H E U E R U N G , f., übliche abstractbildung zu vertheuern 1; vertenrung, iniguitas, improbitas aestimationis STIELER 2976; KRAMER 2, 1070°; CAMPE, ein trans. verb. liegt zugrunde, 'handlung des steigems': gegen diese b e d r ü c k u s g (der concurrenz) vertheidigt sich . . der Verkäufer durch . . aufkaufen, durch künstliche Vert e u e r u n g FICHTE werke 3, 458. ein refiex. verb. liegt zu gründe, 'zustand der Neuerung': w e n n gewicht und gehalt einer silbergeldart vermindert w e r d e n , so entsteht d a r a u s . . eine scheinbare vertheurung N I E B U H R röm. geschickte 1, 268. beides läszt sich voraussetzen: die agitationslüge v o n der vertheurung der lebensmittel zu b e k ä p i p f e n BISMARCK erinnerungen 2, 236. i n übertragenem sinne: h ä u f u n g der pfründen i n einer hand, w e l c h e bereits eine 'vertheuerung der geistigen speise' hervorgerufen TREITSCHKE aufsätze l, 12. V E R T H I E R E N , verb. das wort erscheint vereinzelt schon im 17. jh. (vgl. L), ist dann aber erst im 19. jh. nachgewiesen. CAMPE schlägt im verdeutschungswb. 165» verthieren nach dem beispiel von vergöttern, vermenschlichen, verengein zum ersatz für aromatisieren 'thierähnlich machen' vor. im wb. verzeichnet er es in intrans. wie trans. Verwendung mit der bedeutung 'zum thiere werden oder machen'. l)

trans.

'thierisch, roh und fühllos machen': du bist Zirtze, die verthieret, und zu wilden sauen macht KNITTEL sinnenjrüchte (1677) 23;

w e i l . . öffentliche hinrichtungen ein volk verwildern, verrohen, vertieren, vertiegern F. L . JAHN 2, 1052; jedes edlere gefühl in i h m (dem volke ist) erstickt, durch dauernde sclaverei und harten druck verthiert R I T T E R erdkunde 4, 969. seltener in der jüngsten spräche: a n d e -

rerseits verthierte ROSEGGER Schriften

die s c h m a c h 13, 332.

das volk

1892

noch m e h r

2) eine ausgesprochene intransitivbildung ist selten: w e s h a l b gerade die (eigenschaften), a n denen die nation unter harfenklang vertiert? ROSEGGER sünderglocke 13. 3) das in der regel als adject. gebrauchte part. prät. läszt eher den rückschlusz auf ein intrans. zu. 'in thierischer form sich darstellend': klein, rauhhaarig, m i t oft vertierten gesichtern, sind die . . Philippinen-stämme RATZEL Völkerkunde 2, 873. sonst stets in übertragenem sinne: er verwünschte dabei die pfaffen, die tyrannen, . . die verthierten menschenschinder GUTZKOW ritter 7,228; die groszen äffen und waldteuffel . . w a r e n nichts anderes, als ganze gottlose, n u n vertierte Völker oder solche einzelne gottesleugner K E L L E R L, 63. adverbial : die gesjchter blickten verwittert, verwildert, vertiert mitunter KÜRNBERGER der amerikamüde 407. diese letzten, aus dem anfang der fünfziger jähre stammenden belege gehen auf das im revolutionsjahr 1848 von HECKER und STRUVE geprägte Schlagwort von den verthierten Söldlingen zurück, dem sich die umbildungen verthierte soldateska und verthiertes söldnerpack anschlössen vgl. GOMBERT zeitschr. f. d. Wortforschung 3, 155; 8, 23; LADENDORF schlagwb. 324; B Ü C H M A N N geflügelte worte 633. diese bezeichnung blieb besonders an den verhaszten preuszischen truppen haften: so ist der b a u e r ein zuverläsziger . . unterthan, der . . stets die kernigsten 'verthierten Söldlinge' zu d e n regimentern liefert SCHEIDTMANN Studien über das junkerthum in Preuszen (1850) 4; die preuszische armee, b e i m Z e u s ! ist doch kein h ä u f e n verthierter Söldlinge KÜRNBERGER novellen 2, 133. selten ist verthiert als subst.

gebraucht:

wenn die verthierten reizend scheinen verrenkte fratzen und possen, ist mir der unsinn ein mistqualm, beizend IMMERMANN werke 15, 94. —

das nl.

bildet verdierlijken in demselben

sinne.

V E R T H I E R T H E I T , V E R T H I E R U N G , f., abstractbildungen zu verthieren. verthierung CAMPE ; 'Übergang in thierischen zustand, Verrohung, Verwilderung': der krieg . . führt zur ... verthierung unsers geschlechts ZSCHOKKE 2, 188. verthiertheit, 'zustand der Verwilderung, fühllosigkeit': (der katholische glaube) ist besser, denn gar keiner, besser w i e die materielle verthiertheit des norddeutschen pöbels FLORENCOURT polit., lcirchl., lit. zustände in Deutschland (1840) 24. V E R T H O N E N , verb., denominativbildung zu thon (s. d.). L) trans. im bergbau: schachte, bohrlöcher, die sohle eines stollens verthonen oder verletten, 'mit Letten oder thon auskleiden' V E I T H bergwb. 540. 2) intrans. beim töpferhandwerk, 'in thonartigen zustand Übergehn, sich mit einer thonartigen Schicht überziehen', dazu das subst. v e r t h o n u n g : T. unterscheidet b e i m brennen der thonw a a r e n einen zustand der verthonung (z. b. feuerfeste steine und backsteine) und der verglasung K E R L thonicaaren 60. V E R T H O R E N , V E R T H Ö R E N , V E R T H Ö R E L N , verb., denominativbildungen zu thor, m. (th. 1 1 3 9 2 ) . von hause aus ist verthoren die intrans., verthören die trans. form; aber schon mhd. kommt vertören nicht nur intrans., sondern neben vertieren auch trans. vor mhd. wb. 8, 51 B , 52*; LEXER 3,271. vertörlen ist alem. form neben trans. vertören STALDER L, 277; 2,507; SEILER Basel 106; MARTIN - L I E N H A R T 2 , 707A. alle drei formen bei CAMPE. md.: lothring. vertoren F O L L M A N N 155"; oberhess. CRECELIUS 2, 863. im nd. fehlt das wort, eine ähnlich lautende nd. form vertören gehört zu verzürnen (s. d.) FROMMANNS zeitschr. 4, 360, 81; DOORNKAAT I, 470*; SCHAMBACH 268". L) intrans.

bildung,

'ein thor, thöricht,

närrisch

wer-

den': da; sie 36 gar vertörten, die sine rede horten STRICKER Daniel 4219;

1893

und werden die seu durch zauberey zu lauter strowisehen. der bauer verthört darüber, und sihet, was endlich aus den strowischen werden wolt HERTZOG schildwache Kv. üblicher im part. prät., besonders mit auf, 'vernarrt in, versessen auf etwas': er was vertoret uf sin wip hoher und Maller 79b. 2) der refiex. gebrauch hat denselben sinn: ich tuon mich nit gern vertoren, es wser der züg an in verloren des teufeU netz 1266; ich hoff, wir wolln uns nicht vertorn ROSENPLÜT in FROMMANNS zeitschr.

1, 262.

vgl. älter sehwäb. FISCHER 2, 1381; elsäss. lothring. 'sich zerstreuen, kurzweilen'; Schweiz, elsäss. sich vertörlen, 'sich ausschlieszlich mit etwas beschäftigen und darüber alles andre vergessen' FOLLMANN.

STALDER, S E I L E R , MARTIN-LIENHART,

3) am häufigsten ist trans. gebrauch, mit persönlichem object, 'bethören': deludere, verdoren DIEFENBACH gloss. I72 b ; DIEFENBACH-WÜLCKER 569; ein trugener . . sprach, er were keiser Friderich, und vertörete vil edeles Volkes in tütschen landen d. städtechron. 8, 45, 16 (Sbraszburg); ach minnicleicher got, du solt den ungelauben stören, das si nicht vertoren dein volk, das du erarnet hast VINTLER blume der tugend 8099.

Schweiz. vertore n , vertörlen, 'einem die zeit kürzen, ihn spielend aufhalten', von kunstgriffen, die man anwendet, um erwachsene hinzuhalten und zu versäumen STALDER. 'geistige kräfte und äuszerungen närrisch machen': wir vinden an diner menscheit. die grtege kleine, . . die richeit geermet, die wisheit vertoret d. myst. l, 342, 4; ir reden wart zerstoaret, ir sin der wart vertceret HEINRICH V. NEUSTADT gottes Zukunft

3481.

während die beiden vorigen gebrauchsarten in nhd. zeit durch bethören ersetzt worden sind, hat sich verthören mit dinglichem obj. in dem sinne 'thöricht hinbringen, leichtsinnig verthun' länger gehalten. Schweiz. S T A L D E R ; STAUB-TOBLER I , 907; oberhess.

1894

VERTHÜMEN

VERTHUER — VERTHÜMEN

CRECELIUS;

CAMPE ; wie unnützlich er manchmal das geld verthöret, das er jetzo wol nützlicher und nöthiger anzuwenden hätte OPEL-COHN dreiszigjähr. krieg 888; der tSren milte tören lobent: die dan durch tören lop ir guot vertoerent und vertobent, die haben der tSren lop REINMAR VON ZWETER 121

Roethe.

von der zeit: drumb weil sie also fam dahin, ist zu letzt schand und spot ihr g w i n . . der sein jugendt also vertordt . . AGRICOLA mueica inttrumentalü 135. VERTHUER, m„ s. verthuner. VERTHUERISCH, VERTHUIG, VERTHUIGLICH, VERTHÜISCH, VERTHULICH, adj., s. verthunerisch, verthunig, verthunisch, verthunlich. VERTHUIGKEIT, VERTHULICHKEIT, subst., s. unter verthunig, verthunlichkeit. VERTHÜMEN, verb., zu dem im nhd. nicht selbständig vorhandenen subst. thum (th. i l l , 434), ahd. mhd. tuom, altsächs. altengl. mnd. döm, got. döms, 'Verhältnis, stand, würde, zustand, urtheil, gericht', abstractbildung zum verb. thun, vgl. KLUGE etym. wb. 467 *>. verthümen ist gemeimvestgerm., auf deutschem boden mehr im nd. und md. als im obd. (ostfränk., vereinzelt bair., nicht alem.) verbreitet: ahd. furtuomen, forduomen nur im Tatian GRAFF 5, 338; mhd. mit und ohne umlaut vertüemen, vertuomen, vertümen mhd. wb. 3,134"; LEXER 3, 277/.,- vorzugsweise md. zahlreiche orthograph. Varianten der spätmhd. zeit verzeichnet DIEFENBACH gloss. 165°. bei LUTHER findet sich vorthumen neben vorthümmen 103, 412,16 bz. 21 Weim. im laufe des 16. jh. erlischt verthümen und wird von verdammen verdrängt, das dem lat. damnare entlehnt und seit nhd. zeit nebenher gegangen ist (vgl. sp. 190). altsächs. fardömian GALLEE Vorstudien 64; mnd. vordomen SCHILLER-LÜBBEN 5, 340"; pomm. verdömen

DÄHNERT 519®; ostfries. ferdomen DOORNKAAT l, 444a. mnl.

v e r d o e m e n VERDAM 618 b ; KILIAN 584 b ;

nl.

ver-

doemen, verdommen FRANCK-WIJK etym. wb. 121a, 730°. vgl. altengl.

f o r d e m a n BOSWORTH-TOLLER 304 a ; STRAT-

MANN-BRADLEY 235*; altnord. fordoema, fyrirdoema FRITZNER ordbog l,454 b , 519". schwed. fördöma, dän. fordgmme sind dem mnd. entlehnt FALK-TORP etym. wb. 255. vgl. zum wort GRIMM d. gramm. 2, 853. 1) 'einen verurtheilen, verdammen, verstoszen, verfluchen, verbannen', besonders in geistlicher spräche: ablegare, condemnare, confundere, damnare, detestari, execrare, mulctare, suggillare DIEFENBACH gloss. 3°, 140', 142 a , 165°, 177b, 215°, 370% 565°; wib, wär sint thie thih ruogtun? nioman ni forduomta thih? . . . noh ih thih furtuomu (condemnavit, condemnabo) Tatian 120, 6, 7; der entphet d a j urteil damit er vortümet wirt zu dem ewigen tode Leipz. predigten 1, 95, 18 Schönbach; wand er därumbe wirt vertuomet mit éwiger unsselikeit LAMPRECHT v. REGENSBURG tochter Syon 2356;

mich hat unhail vertilmet, da; ich bin kainer eren wert Jon. v. WÜRZBURG Wilh. v. Österreich 5204 rar.; gott ist, der uns rechtfertiget, wehr wil uns verthümen? KARLSTADT in der Weim. Lutherausg. 18, 461, 32; wie fleiszig war er . . die ehelichen priester mit den andern hurern zu verdummen KTMEUS von der priester ehestand (1533) k l " ; Publius Scipio (wiewol der nit verwisen oder auszgetriben was, oder verthümet noch v e r u r t h e y l e t ) CARBACH Tit.

Liv.

417».

part. prät.: di andere (stat) ist in der helle, dä sint di vortumeten d. mystiker l, 234, 24 Pfeiffer; was hilffts, das man die sach verblümt? er ist mit leib und seel verthümt WALDIS Eeopue 2, 8 (vgl. EYERING proverb.

subst.

1,331).

infinitiv: wen ich dich anrueff in der not, so sorg ich kein vertuemen

SACHS 22,122, 26 Götze.

refiex. gebrauch: ir múgent üch also halten und reden in vernünftiger wise, ir vertüment üch domitte TAULER 309, 10 Vetter. 2) 'etwas in bann und acht ihun, verwerfen': dar wart vorbannen und vordomet der tempelerer orde d. städtechron. 1, 183, l (Magdeburg); Nie. v. JEROSCHIN preuse. chron. 25408; de sik hlr sines states efte adel beromet, wo mannich sine sele d&rmede vordomet des dode» danz 1640 Baetheke; so würdet ir (Juden) auch hören gern sein wort das ir verthttmet RING WALT evangelio.

N F ;

das euangelion das kann nicht anders den yre weyszheyt und gerechtigkeyt vorthumen und maledeyen ire eygene vormessenheyt LUTHER 10 3, 418, 16 Weim. part. prät, 'verflucht, vrdammt': hette ich den vertumeten brief, den ich torechter gief . . dem tuvele hie bevor schreib paenonal 133,87 Köpke; welcher sich dem vertümbten reich diser verflöchten weit und iren regimente widersetzen will MOHR evangelion von der Jeirchweihunge (1525) A s " . 3) in nicht geistlicher spräche; 'etwas herabsetzen, verrufen': oder das du dein wahr wolst rhümn, eins andern aber gar verthttmn RINGWALT lauter warheit 175 (vgl. MOSCHEROSCH Phttander 2, 890); sin adil her dar mede vortumit und wel sin lastir ufflnbarin der riüertpiegel 1479 Bartsch (Cattder he.). nur nd. 'ins Unglück bringen, verderben'-. dit sint de de stat verdomen, alle de ich uch hei nomen Hagen» köln. chron. 1426 (d. städtechron. 12,62). 4) ein mnd. vordomen 'verzehren, verprassen' wird zwar von LÜBBEN-WALTHER 497* als besonderes wort angesetzt, ist aber wohl derselben herkunft (vgl. verthun).

119»

1895

VERTHÜMLICH -

VERTHUN

VERTHUN

1896

SEILER Basel 107; STALDER I, 280; elsäss. vertnen MARTIN-LIENHART 2, 641*; schwäb. vertun FISCHER 2,1391/.,Österreich, fatan CASTELLI 125; tirol. verthuen, vertüen SCHÖPF 788, 778; ostfränk. vertun SPIESS Meiningen 269; hess. feadon SCHÖNER Eschenrod 91; fardön, fardö'e.nin ost- und mittelfränkischen vocabularien findet sich LEIHENER Cronenberg 88B; luxemb. verdin, verdöen, ververtamen, -dumen, -thunen, abortire DIEFENBACH gloss. dünn; siebenbürg, verdiin lux. wb. 458AL!; waldeck. f«r4*. — doun BAUER-COLLITZ 82*. nd. verdoon: ostfries. STÜein nomen agentis v e r t h ü m e r 'Verschwender' ist nur RENBURG 310*; DOORNKAAT 1, 444*; brem. wb. l , 227; in älterer zeit belegt LEXER 3, 278; SCHILLER -LÜBBEN hamb. RICHEY 86; pomm. DÄHNERT 6l9* b ; aber neumärk. 5,840*. farduun zeitschr. f . d. mundarten 4, 74. VERTHÜMLICH, adj., md. und nd., 'verdammlich, die reiche bedeutungsverzweigung läszt in verthun mehverdammenswerth'. vertuomlich SCHER^-OBERLIN 1787; rere richtungen unterscheiden, die auf eine fair- bzw. framhd. tob. 8, 18**; LEXER 8, 378. nhd. die ketzer . . sehen, type zurückweisen, nur die letztere ist verbreitet. wie verdumlich der selbigen lern gewest Alsfelder quelle A. trans. gebrauch in Verbindung mit seltenerem intranv. 1620 bei DIEFENBACH-WCLCKER 570. mnd. vordösitiven. melik SCHILLER-LÜBBEN 6, 340*; dat sacrament entfangen in beiderlei gestalt were vordomelik hamb. quelle 1) verthun als verstärktes thun. ebd.; mnl. nl. verdoemelijk VERDAU 6i8 b ; SCHUERMANS a) intrans.: ob sye sollichs billich oder unbillich an B vlaamsch id. 782 . dem mnd. entlehnt ist schwed. föruns forderen, übel oder wol verthünd EBERLIN V. GÜNZdömlig, dän. fordammelig. BURG 3,103 neudr. stärker 'alles thun, was in seinen kräf-

dat wart Tan den erven entweder vörelömet und vördömet quellt v. 1604 bei SCHILLER-LÜBBEN ; als lebendig verzeichnet BAUER-COLLITZ 29* ferdoBmen für den Waldecker dialect.

zu verthümen 4 gehört ein für Waldeck bezeugtes verthumlich, 'zum verthun, zur Verschwendung geneigt' aus dem iß.jh. BAUER-COLLITZ 138. VERTHÜMKEIT, VERTHÜMUNG, f., VERTHÜMNIS, f. n.; md. und nd. abstractbildungen zu verthiimen, 'verdammnis, Verdammung", mhd. vertüemecheit, vertüemnisse, vertaomnisse, vertüemunge mhd. wb. 8,184*; LEXER 8, 278; dis enist nüt getan zü herter verdümekeit, sonder das die snnde do mit bekant and gewegen and gros geachtet werde TAULER 288, 2 Vetter; wanne wir von natnren sint kinder des zomes and des ewigen todes and würdig des ewigen verdümpnisses von ansern wegen 59, 25; got der hat ans nicht geschaffen zu vertumnys, er hat bereyt uns alle zn der selekeit md. poei. paraphrate des buche» Biob 10389 Kareten. md. vortummung, suggillatio DIEFENBACH gloss. 565". vgl. verthamigheit, verthumnis, verthamang bei DIEFENBACH-WGLCKER 570; mnd. vordÖm(e)nisse, vordomingc SCHILLER-LÜBBEN 5, 840*"; ostfries. ferdSmnis DOORNKAAT 1, 444*; mnl. verdoemcnisse, verdoeminge, verdoemtheit VERDAM 618b; verdoemenisse, eondemnatio KILIAN 584B; nl. verdoemenis, verdoeming. vgl. altengl. fordSmednes, eondemnatio, proscriptio BOSWORTH-TOLLER 804*. altnord. fordoeming, fyrirdeeming FRITZNER L, 454"; 519*.

ten, in seinem vermögen steht', nur auf grund des Lessingschen Sprachgebrauchs von CAMPE, aber als ungewöhnlich verzeichnet: anstatt von einer critik zu beweisen, dasz sie falsch ist, beweisen sie, dasz sie zu strenge ist, and glauben verthan zu haben I 10, 191 (dramaturgie 96). vielleicht nach dem vorbilde LUTHERS: ein lauter euszer lieh gebete, da man . . . meinet, wenn so viel gelesen odder gesprochen sey, so habe man verthan, so doch das hertz nicht einmal erferet, was der mund redet 28, 78, 21 Weim.; wenn ich das thue, so ists gut und ich hab verthan 28, 286, 31; 26, 169, 30; 432, 35; wenn du dem nachlebest, so hastu vertahn, rite mandata executus es, si, quod imperatum est, faeis STIELER 2359; wenn wir demnach das jenige thun, was er für nöthig zu thun erachtet, . . so haben wir verthan SPERLING Nicodemus (1719) 2, 516. lebendig im elsäss., 'dafür sorgen': indem han ich yerdon, dasz er nimm geht gehn stehlen I MARTIN-LIENHART; auch noch thüring. (anmerkung in der Weim. Lutherausgabe 26, 482); haben sie das buch — nun gut; so habe ich vertan, wie die Thüringer sprechen F. L. JAHN briefe 493. b) trans. 'zustande bringen, ausrichten': Domimcus sprach, das er hett so viel (geld), das er die reis verthet FISCHART S. Dominici leben 342; ein dichter kann viel gethan, und doch noch nichts damit verthan haben LESSING 10, 122 (dramaturgie 79); nachdem er dergestalt seine Zärtlichkeit für mich vertan, hat er später nichts weiter von mir wissen wollen STORM briefe in die heimath 63. lebendig im schwäb. 'fertigbringen, bewältigen': ich kann's allein nit vertu" FISCHER.

VERTHÜN, verb., schon in ahd. zeit reich belegt: farton, fertaon, firdaon GRAFF 5,821/.; mhd. vertuon mhd. wb. 8, l45 b ; LEXER 8. 278; verthuen, verthun, verthon voc. ine. teut. ii 6*; DIEFENBACH gloss. 808°, 483«, 6*; Schweiz, verthün FRISIUS («. unten)-, MAALER 434*B. sonst%verthun ALBERUS, CALEPINUS (S. unten); STIELER c) in sinnlicher anschauung 'auseinander thun': Schweiz, 2359; 'KRAMER 2,1083b; DENTZLER 8l4 b ; FRISCH 2,874*; 'ausbreittn, auseinanderlegen' STALDER ; schwäb. die mah ADELUNG; CAMPE, altsächs. fardön GALLEE Vorstudien den 'auseinanderschütteln' FISCHER. 68; mnd. vordön SCHILLER-LÜBBEN 5, 840b; mnl. ver2) eine hd.-type wie vergeben ist verthun in der bedeu doen VERDAM 6i8 b ; KILIAN 584b; nl. verdoen. vgl. alt¿ung 'wegthun, hingeben, austheilen'. engl. ford6n, perdere, destruere, interficere, seducere, scea) mit sächlichem object: erogo, auszgeben, auszteilen, lerare BOSWORTH-TOI.LER 804B. verthün (Schweiz.) FRISIUS 481*; locare, elocare, auszlautlich bemerkenswerth ist der alem. conj.präs.; Schweiz.: leihen, auszthun, verthun, verpachten APIIERDIANUS das er nit mer auff diser fart über sein leben oder eynmethodus (Köln 1601) 205; verthun ein gut, transferre kommen verzeere and verthüye, accommodet FRISIUS HALTAUS 1905; seine waaren verthun, consumare, ren19b; elsäss.: (dasz der papst) das gelt . . von den leüten tiere KRAMER; mnd. 'vertheilen, verheuern' SCHILLER-LÜBschind und schab, und verdieg d a j annützlich MURNER BEN; 'vermiethen' brem. wb.; ostfries. DOORNKAAT. überan den adel 50 neudr.; schwäb.: das er so vil gelt verhaupt mehr nd. und md. als obd. verbreitet, elsäss. beim thie quelle v. 1601 bei FISCHER 2, 1392. vereinzelt taucht kartenspiel 'drücken, für eine aufgehobene karte eine andie unorganische Weiterbildung verthunen auf: abortire dere ablegen' MARTIN-LIENHART ; DIEFENBACH gloss. 686»; ihrem verthunen gemesz bei ouch gap künec nie einer zuo sin selbes hOchgezft FISCHER, im bair. erscheint die fortbüdung vertuenitzen so manegen riehen mantel tief unde wtt, noch sö guoter cleider, der si mohten vil hän, (SCHMELLER L, 577) bei SACHS : die durch Kriemhilde willen wurden alle vertän mit schiesen ich nit vil verthu; Nibelungenlied 1309, 4; ich musz dir teglich sehen zn, dasz si vil kilchen-kleinot musztend vertan, die narung wie du mir thnst vil geldts verschmieszen (var. verthunitzen) 21,94,18 Götze, ze überkommen TSCHUDI helvet. chron. 1, 30; wenn die wein vortan werden Iglauer stadtbücher bei JELINEK dem lebenden mundarten ist verthun allenthalben geläufig: schweig, verthue, verthoh TOBLER Appenzell 189 b ; 85d; wenn das ding (gerächt von der toten katze im hier)

1897

1898

VERTHUN

VERTHUN

anter die leate kommen wäre, wir hätten keinen tropffen bier verthan WEISE comödienprobe 240; welche . . . ein hausz an der strasze auferbaut haben, damit sie ihre messer daselbst besser verthun könten ZINZENDORF kl. Schriften 740; wer klug ist, mag sein pfund yerthan and guten Wucher treiben GÜNTHER ged. 34; weil er credit hatte, den Weinbauern ihre vorräthe abnahm, ihn (den wein) einzeln an die benachbarten landwirthe verthat MERCK ausgew. sehr. 233.

than CAMPE; doch heute nur der Volkssprache recht geläufig.

b) in perfectivem sinne von Verlagsartikeln, die 'völlig abgesetzt, vergriffen' sind: demnach aber dasselbe {lobgedickt) . . zu unterschiedenen malen bey mir gesucht und begehrt, solches aber vor etlichen jähren schon yerthan worden, die kupferblate auch von handen kommen NEUMARK palmbaum 880; wann ich denn von dem Verleger vernommen, dasz die ersten exemplaria dieses werckleins bey nahe schon verthan wären SCHMIDT rockenphilosophie 2, 4. c) weiter verbreitet ist der gebrauch persönlichen objecto .- das aber etliche kinder werden zuweilen verthan und weg geschickt und ihr eitern nicht gewis kennen ihr lebenlang LUTHER 26, 151 Wein».; dasz man hier die töchter noch anders zu verthun weis, als blosz allein an sie d. Schaubühne 4, 101 Gottsched, in der form des subst. in f.: denn jagend dient zur zucht, and Schönheit zum yerthan; sind diese beide weg, so l&st man sie {die jungfern) wol robn LOG AU sinnged.

100 (412; vgl. LESSING 7,406);

b) meistentheils 'ohne noth und auf unnütze art verwenden', ein geringerer grad von verschwenden ADELUNG; verthun ist uligemeiner alq durchbringen, verschwenden, vergeuden, verschleudern EBERHARD-LYON nr. 892; da; er sin gilt vertaen hab ane ere und unadelichen Schwabenspiegel lehenrecht 156; der 25. abt war liederlich, verthett vil mit weybern STUMPF Schwytzerchron.

524»;

derselbig hett sein gut verthan mit prassen, bnlerey and spiel SACHS 17, 240, * Keller-Götze

;

als aus dem teuren golde, des mancher mehr vertut, als er sein hat zu solde FLEMING d. ged. 1,166;

einen liederlichen kerln, der mehr geld verthun als erwerben kan WEISE erznarren 71 neudr.; man klagt über geldmangel und verthut, was man hat HERDER 16,183; da die beute nicht nur vertheilt, sondern zum theil schon verthan war NIEBUHR röm. geschickte 2, 237; das verthun der letzten habe, das hänseln der gläubiger . . 0wird) gepriesen KELLER 3, 38. übertragen: man IKszt ihr toben wfithend hausen, schon ist die halbe weit verthan

{Faust

4828);

du warst mein alles I jetzt verthust du nicht (var. mehr von deinem eigenthum SCHILLER 3 , 477 5, l ) ; wären es die häupter unserer brüder, wir nicht tollere jagd um sie reiten können, jetzt kraft verthan FREYTAG werke 8, 306.

GÜTHE 16,12 Weim.

nichts) (kabale hätten ist die

den liebenden war kein verthan bewast, als das man im bemOhn zur gegen-liebe spür'te poesie der Niedersachsen 1, 324 Weichmann, in sprichwörtlichen Verbindungen seit alters beliebt: vil verthon and wenig gewunnen elsäts. 'versorgen, verheirathen' MARTIN-LIENHART. MURNER schelmenzunß 61 neudr.; 3) in perfectiver Verwendung. dann nichts gewinnen, vil verthon, a) 'verbrauchen, verzehren': attenuo, verthün, verzeeren macht ein zuletzst betteln gobn FRISIUS 134»; absumo, consumo, insumo, verzehren, verFISCHART prakttk 8 neudr. ; thun, verbrauchen, anwenden, auszgeben CALEPINUS denn viel verthnn, and wenig werben, ist ein guter weg zum verderben 14», 822 744"; älter mittelfränk. vgl. Oermania 26, 853; ROLLENHAGBN Froschmeuseler G I L L » ; gar seltten würt verdient der Ion wie gewannen, so verthon, 3er vor verzert ist und verthon wie es kompt, so wider gon B R A N T narrenschiff 113; MURNER narrenbeschwörung 242 neudr.; nicht jedem freand solt trauen bald, du habst dann vor ein Scheffel saltz ubel gewonnen, böslich verthan mit ihm verthan, in eyer und schmaltz EYERING proverb. 2,179; EYBRING proverb. 1,644; verthan wirs alls für unserm endt, so gibts ein richtig testament dem kompthur zu Thorun vor syne zerunge, die her SANDRUB kurzweil 88 neudr. ; mit unserm homeister vortet Marienburger treszlerbuch unrecht guth will zween Schelmen haben: 316, 85; man verthut im winter viel Iiechter, viel holtz einen der es gewinne, den andern der es verthne KRAMER. mittel zum leben: haben sie so viel hundert MOSCHEROSCH Philander 1,417 tausent gülden so lange verkleidet, verthan odder ver{ähnlich RACHEL tatyr. ged. 64); jung's blut, vertha dein gat, sandet, sollen sie auch ein mal eine busze davon geben wer weisz, wie's im alter thut 2 LUTHER 80 , 181 Weim.; meynt ihr, wan der Teütschen SCHELLHORN sprichw. 142. saurerworbenes gut nicht alles nach Parisz für solche schwäb. Sprichwörter bei FISCHER. närrische neue trachten ubermacht würde, es könte sonst c) mit dativ der person, 'einem andern etwas durchnioht verthan werden? MOSCHEROSCH Philander 2, 78; bringen, ihn um etwas bringen': ein mann, der durch arbeit sein brod verdient, lebt die dan es ist gar ein gantzen wfitt, meisten tage über sparsam und verthut gemeiniglich daszt mir min vetterlich erb vertfist nur wenige groschon HABENER 4,161; dasz, wer in Paris neujahrspiel 68 (2, 381 Mone); nicht viel zu thun oder zu verthnn hat, sich in der der nit nur seinem bisthum vil entzogen, sunder auch länge nicht sonderlich da befindet KNEBEL nachlasz 2, andren stifften und kirchen vil verthan hat MÜNSTER 377. mit präpos. zusatz in etwas: in kleidern verthut cosmographey 788; ein wollüstiger kerl verthut im hausder bursche in Gieszen . . blutwenig LAUKHARD leben stande sich und seinem weihe alle das ihrige THOMAL, 98. SIUS kl. d. Schriften 136; er war . . ein böser bub, vervon Stoffen und dingen, die verbraucht oder abgenutzt that seiner mutter viel geld H. L. WAGNER theaterwerden: stücke 124. dieweil der berg nun brennet, d) von der zeit: die zeit mit müsziggang verthun und seine gegend stets vom wasser wird berennet, so dasz, wann hartz, alaun and schwefel sind verthan, KRAMER; ihr samen widerumb sich doch erholen kann 86 vertet er stner stunde vil OPITZ opera 1, 44; an iegellchem seitenspil GOTTFRIED V. STRASZBURG Tristan 2094; von dem feuer, das nichts thut, als verthun und verda ich in schnöder lust, in toller eitelkeit zehren EICHENDORFF werke 8, 486; als die ([spiesze) verand grimmer angst verthan die beste lebenszeit! tan, griffen die helden zu den Schwertern WILWOLT GRYPHIUS trauersp. 271 {Cardenio 1,7); v . S C H A U M B U R G 157; so sei die zeit in fröhlichkeit yerthan! er sprach 'fiwS war kom min sper... ? GÖTHE 15, 21 Weim. {Faust 5058). 'hSrre, ex ist mit tjost vertäu' 4) in anderweitigem üblen sinne. W O L F R A M V. ESCHENBACH Parzival 302, 20. 'verarbeiten': die maurer haben allen kalk, die zimmermeister alles holz verthan ADELUNG; die butter ist ver-

a) rAit persönlichem object 'abthun, verderben', mhd.:

nur

1899

VERTHUN

VERTHUN

din tagende sint s6 reiner art, dag du den Sünder niht vertuost

Winsbeke

71,11.

bis etwa 1700 vom abtreiben der frucht: aboriire DIEFENBACH gloss. 686»; ein kind, eine frucht verthun KRAMER; die sich selbs döten, oder hencken, und fcynd vertünt, und die ertrencken

BRAUT narrenschiff

93, 3 1 ;

so ein frau ein kind vertuot, sol sie lebendig in das erdrich begraben . . werden tirol. quelle v. 1573 bei SCHÖPF ; hat man . . baders tochter mit schoben auszundt, weil sie ein kind verthun Schwab. quelle des il.jhs. bei FISCHER ; die die kinder vortuen . . . e das sie geborn werden böhm. quelle bei JELINEK 853. in subst.form: wer sich mit gifft oder kinder-verthun vergreifft HOHBERG geórA gica L, 35 . b) mit sächlichem, object, 'verderben, zunichtmachen': weit ir iwer werdekait also gar an mir vertün? iwer adellicher rñn würde an mir gekrenket JOH. v. WÜRZBURG Wilh. v. Otterreich 16825; bey Welchem geschöpf kann die macht seyn, gottes unsterbliches werk zu verthun; woferne das tod heiszt ? BODMER Noah

6, 348

{von SCHÖNAICH ästhetik 353 verspottet). Schwab.: das mehl, die arbeit ist vertan FISCHER, mit dativ der person: als etwa neun Soldaten dem bauren einen hahn verthaten LOGAU sinnged.

140 (611).

schwül.: vertu 6 mir die sache nicht; dem hat m a n ' s vertan FISCHER. Österreich.: ich verthu' dir schon dein versteckenspiel! ANZENGRUBER 4, 57; du muast m a main 'n rock nöt fatan CASTELLI 125. niedersächs.: die frau . . tröstete sich damit, dasz der 'alte kerl' ihrem kinde nun nichts mehr 'vertun' könne SOHNRET im grünen klee 70. Österreich, 'geringschätzig behandeln, verachten, verschmähen': had sein huimát vorthán und sitdem had a' d' naoth STELZHAMKR dichtgn.

1, 3 1 , 1 1 ;

die ich geliebt habe, sind tot und hin — auf das lieb gotteswort seind sie gestorben, auch ich will's nit vertun HANDEL-MAZZETTI arme Margaret 50. elsäss. 'verlegen, so dasz ein gegenständ nicht zu finden ist': hühner verthun die eier MARTIN-LIENHART. diese vereinzelt auftauchenden gebrauchsarten werden sich jedenfalls auch in andern mundarten belegen lassen. c) absolut 'eine that vergebens thun, eine verfehlte handlung vornehmen', erst spät und nur vereinzelt nachzuweisen; von PAUL wb. 613 b als volksthümlich bezeichnet: ein neuer narr — zu neuer pein — wo kommt er her — wie kam er ein — der alte fiel — der hat verthan — GÖTHE 15, 9 Weim. (Faust 4759); der hat verthan und versungen ganz R . WAGNER 7 , 1 9 2 (meistersinger).

obd. ei mein, dö dummheiten hab'n bei uns für alle Zeiten verthan ANZENGRUBER 5, 85; das hat verthan für alle zeit (.'damit ist es aus') 2, 27. in jüngster spräche: wer diese probleme philologisch faszt . . — der allerdings hätte bei mir von vornherein vertan kunstwart 27, 190 (november 1918). neben einem er hat verthan 'es ist aus mit ihm' kommt auch er ist verthan ('abgethan') vor: kömmst du mir noch mit dem dummen bauerkerl? du weist ja, dasz er so gut als verthan ist WEISZE komische opern 3, 251. B. der ausgedehnte reflexive gebrauch schlieszt sich theils an die einzelnen arten des transitiven an, theils vereinigt er mehrere von diesen. l) 'sich vergeben' (vgl. A 2 c) ohne schlechten nebensinn, von mädchen, 'sich aus dem hause begeben, heirathen; zu eitlem, manne kommen': das mädchen will sich gar nicht verthun ALBRECHT Leipziger mundart 281*; auch schles. DRECHSLER in germ. abh. 11, 265; ich gebe Julien . . . das recht wieder, sich selbst zu verthun und ihre hand zu vergeben nette Heloise 3, 49 (zeitschr. f . d. Wortforschung 12, 62). von arbeiten, 'sich verdingen': mnd.

1900

vor sine misdat, dat he sik twen heren vordtn (var vormedet) heft lüb. urk. bei SCHILLER-LÖBBEN. nhd. sich verthun zu einem herrn KRAMER. dazu ein part. prät.: mit der arbeit bin ich für die ganz wochen verthan LUDWIG 2, 55. 2) zu einer fair - type (vgl. A L), mit leichtem Übergang zu üblem nebensinn, 'sich umthun, sich vorwagen': an profiant und futter (war) grosz mangel, so dasz sein volck etwas weiter sich auff die fütterunge verthun muste SCHÜTZ preusz. chron. 2, M i v f ; sechzig knecht . . . vertetten sich zu weit, wurden der merertail erstochen WILWOLT v. SCHAUMBURG H5; doch durften die unsern sich nicht zu weit vertuhn, weil von unterschiedlichen orten her sich starker entsaz merken lies BUCHOLTZ Herkuliskus 28; das man nicht aus seinem beruffe schreitte, und sich zu weit verthue PAPE bettelteuffel D 7 R. pomm. ik hebb mi mit em to wiid verdaan, 'ich habe mich mit ihm zu weit eingelassen'; ik kann mi nig wiid verdoon, 'nicht weit wagen' DÄHNERT; konfusionsräthe haben in meinen geschäften . . so viel angerührt, dasz ich mich nicht weit verthun kann ARNDT briefe an eine freundin 104. landschaftlich obd. wie nd. 'sich gleichsam auseinanderthun, sich breitmachen, groszthun' CAMPE ; Schweiz. STALDER, TOBLER: si verthue wie dreu eier im chrätli; hamb. holst, verdoh dy man nich to veel, 'mache dich nur nicht zu breit' RICHEY, SCHÜTZE, das brem. wb. verzeichnet 'sich vergnügen': sik up sine egen kanne beer verdoon, 'auf eigne kosten'. PAUL und HEYNE bezeugen als obd. 'die zeit hinbringen'. 3) zu der perfectiven fra-type (vgl. A 8). 'sich verflüchtigen, verziehen': am säume hin zog sich der pulverrauch und wollte sich nicht gleich vertun FONTANE 6, 74; die besten man ü j holde und bat die mit dem ktinege gän, dä er ir rät Wolde hän. in einer kemenäten si sich schiere vertäten Dietrichs flucht 824; es glaubt es jederman, dasz die Vollkommenheit sich gantz in euch verthan FLEMING d. ged. 506.

'sich völlig ausgeben, bankrott machen': (der bischof) het sich also verthon, das sein zerung und des bistumbs auffheben kaum das halb j a r kleckt FRANCK chron. Oermaniae 131 B (141'); da verthet sich der graf und machet fül schulden schwäb. quelle des 16. jhs. bei FISCHER;

s6 vertuont aber die dinen sich, der man hat durch dich vertän al sin rfchtum liedersaal 1, 528, 352 Laszberg. 'sich verzetteln, verplempern': freilich, wenn m a n alles nachmachen will, verthut sich viel PETRASCH lustspiele l, 723; in kleinen fehden und wegelagereien verthat sich ihr (der ritter) kriegerischer muth FREYTAG Werke 18, 41; unsere aufgabe war nicht, uns hier . . in . . knäuelkärnpfen zu vertun FONTANE l, 521; dasz manche leute im land enttäuscht sind von meiner heirat und sagen, ich hätte mich vertan und sei hinabgestiegen TH. MANN königl. hoheit 180. 4) im üblen sinne (vgl. A 4) 'eine falsche oder schlechte handlung begehn, sich vergreifen, sich irren'; schon in ältester zeit gebräuchlich (GALLEE 64; GRAFF 5, 321"): altsächs. ne uerduo thi an thesamo guoden manna ('habe du nichts zu schaffen mit diesem gerechten') Essener glossen Matth. 27, 19; ahd. dag si6 sih dn demo (lichamen) fertätin, ut saevirent in cum NOTKER ps. 68, 12. sprichwörtlich: m a n hat sich eh verredt, dann verthon (von der bürgschaftsleistung) FRANCK sprüchw. (1541) l, l l 2 b ; schöne weise klugreden (1548) 6 b , 24 b , 40 b ; EYERING proverb. copia 3, 190; derhalb man spricht, sich hab ein man viel eh verredet, dann verthan SACHS 8, 364,15 Keiler. alterthümelnd: der mesner hat's j a eh gewuszt; es kann ihm doch einer einmal vertun HANDEL-MAZZETTI Jesse und Maria l, 363; die leute sollten französisch können,

1901

VERTHUERISCH -

VERTHUER, V E R T H U N E R

verthaten sich aber noch zuweilen IMMERMANN werke 20, 128. mundartlich 'sich irren, fehlgreifen' schwäb. FISCHER; LEIHENER

Cronenberg;

BAUER-COLLITZ

deck; neumürk. 'sich verfassen, versehen, falsch fen' zeitschr. f . d. mundarten 4, 74.

Wal-

zugrei-

nicht übertragen, 'sich verirren'; dasz aber die schwalbe sich in hohen bergen verthue, solches lassen wir uns leichtlich . . überschwatzen PRÄTORIUS winterflucht 70; wie auf bergen ohne bahn das volck der thiere sich verthan (rara per ignaros errent animalia montes) OVERBECK Virgil« hirtengedichte (1760) 103 (eclog. 6,40). zu A 4 a gehört mnd. mnl. nl. 'sich entleiben, sich umbringen'. C. das part. prät. verthan ist in älterer spräche als adj. verbreitet, doch erlischt der gebrauch mit dem, 16. jh. es gehört offenbar tu einem reflex. verbum (vgl. B 3, 4). 1) ahd. fertäno, firdäno, sceleratus, publicanus, sacrilegus, perditus, reu», perversus, scelestus, profanus, deterrimus GRAFF 5 , 322; mhd. 'verbrecherisch, schuldig, verflucht, böse' LEXER S, 279; älter schwäb. 'verdorben' FISCHER 2, 1392. als adj. gebraucht: in dägon eines küninges joh härto firdänes OTFBID I 4 , 1 ;

(da) was ein bürger Eberl Schmid, ein vertan rnensch d. städtechron. 15, 26, 17; die Winden und menig vertaun volk RICHENTAL Constanzer concil 112. subst. gebraucht: diä in iro sündän iöh pegräben sint ällero männo fert&nosten NOTKER ps. 67, 7; ftä ßä fie, il ir vertanen I W O L F R A M V. ESCHENBACH Parzival

284,15.

2) im 16. jh. 'verschwenderisch, liederlich': zu vil milt ist verthan FRANCK sprüchw. l, 26; disser . . . was ein costelich verdoin man, ind verdede der kirchen goit d. städtechron. 14, 692, 23 (Cöln); det verthan sun, der in fern land gezogen und widerumb haimkomen ist zue seinem vater BERTHOLD V. CHIEMSEE theologey 132; dasz du lausiger sophist nicht den monarchen der Arcanen für einen unwissenden narren und verthonen geuder haltest PARACELSUS operu l, 922 A; das sie abhieb den kessel sider, und heist mich ein verthonen buben SACHS 3, 68,15 Keller. 3) vereinzelt ist schwäb. vertan sein, 'aus der Ordnung gebracht, verwettert, fassungslos vor schmerz durch anstrengung und ärger, erschöpft oder verstimmt' FISCHER. D. der subst. inf. das verthun ist vereinzelt gebräuchlich (vgl. A 2; AVE-LALLEMANT gaunerthum 2, 27). VERTHUER, VERTHUNER, m„ subst. zu verthun. hauptsächlich obd. wort: mhd. vertuosere, vertuoer mhd. tob. 3, 146B; LEXER 3, 278; verthuer, verthuner, nach undurfften, prodigus voc. inc. teut. ii 6 a ; DIEFENBACH gloss. 462°; damnosus, vergüder, verthüyer, der ein grosz gfit verthüt und durchhin rieht FRISIUS 362"; verthuer, Verschwender KRAMER 2, 1083°; schwäb. verthoner, verthuner FISCHER 2, 1392/.,- elsäss. vertuener MARTINLIENHART 2, 641B; oberhess. verduner, verthuner CRECELIUS 2,864; feadü e r SCHÖNER Eschenrod 91; frankfurt. verduhner ASKENASY 145; ostfränk. va'tüar in Henheberg, Koburg, Meiningen FROMMANNS zeitschr. 2, 414; 3, 393; 6, 329; SFIESZ 270. von nd. lexicographen aufgenommen: vertuher, prodigus SCHOTTEL haubtsprache 322; CAMPE, mnd. und mnl. fehlt das wort, ist aber gebrauchlich im heutigen nl. verdoener. die deutsche Schriftsprache gebraucht statt verthuer lieber Verschwender. vereinzelt kommt alem. auch umgelautet vertüger vor: bruche cost und zerung umb ritterschaft ist eerlich, umb hilf! der fründen vernünftig, aber umb hilff der güdern und vertügern ('Vergeuder und verthuer') gantz verloren WYLE translationen 152 , 28. dazu ein fern.: was ist ain frouw anders dann ain zerstörerin der jugend, . . . ain vertügerin erbes 99, 28. eine weibliche form verthuerin verzeichnet CAMPE, vertunerin FISCHER. ¿71 der reformationszeit hat man ein Wortspiel mit thfimherr (domherr') gebildet: der pfarrer von Trier

VERTHUNISCH

und sein verthümherren nemen das gelt flugschriften 2, 60 Clemen; (das kirchenguth) von den armen uff die pfaffen, von der prediger u£f die verthoner oder thumherren GÜNZBURG 1, 176 neudr.

1902

reformaUonsist gefallen notturft der EBERLIN v.

verthuer ist ein ähnlicher ausdruck wie Verschwender; 'einer, der sein oder anderer leute guth durchbringt': des guotes ein vertuoasre KONRAD V. HASLAU jüngling 1113; wird kain spiller nit, . . wird kain verthoner und ungerattes kind d. städtechron. 23, 217, 11 var. (Augsburg); ob er gutz wandels were, kein büler, suffer oder vertaner ein oberrheinischer revolutionär aus dem Zeitalter Maximilians I. 158 Haicpt; die luderer, Verschwender, verthuner taufft er (der Schmeichler). . freygebige ABRAHAM A ST. CLARA etwas für alle 2, 398; so ist der eine ein Verschwender, der andre ein verthuer gewesen L E S S I N G 3, ?8l.

verbreitet ist das Sprichwort: ein Sparer musz (will) einen verthuer ('verzehrer') haben KRAMER; EYERING proverb. 2, 179; teutsche sprichw. (1790) 95; in hemneberrg. mundart FROMMANNS zeitschr. 2, 409 ; 414; 3, 393. uf ain Sparer gehert ein verthoner Zimmerische chron. 2, 427; es ist ein alt 6prichwort, das der sparer alweg ein verthuer habe KEISERSBERG bei MARTIN-LIENHART. mit anspielung auf das Sprichwort ANZENGRUBER: die allgemeine Wehrpflicht . . führt ebenso den söhn des verthuers wie den des sparers in die fremde 3, 207. VERTHUERISCH,

VERTHUNERISCH,

adj.

zu

ver-

thuer, verthuner gebildet, 'verschwenderisch', nach ADELUNG und CAMPE ist verthuerisch ausdruck der niederen sprechart: um dem . . verthuerischen Unwesen . . . zu steuren allg. ci. bibliothek 70. 69. mundartlich gebraucht: elsäss. vertuenerisch MARTIN-LIENHART 2, 64i b ; schwäi. vertunerisch FISCHER 2, 1393; verdüerisch CRECELIUS 2, 864; meining. vertuerisch SPIESZ 269. VERTHUNHEIT, f., s. verthanheit. VERTHUIG, VERTHUNIG, adj., auch mit umlaut, von verthun abgeleitet, 'verschwenderisch'. in älteren wb. reichlich vertreten: verthüig, prodigus FRISIUS 1065" (u. ö.); MAALER

434 B ;

DIEFENBACH

gloss.

462 C ;

DIEFENBACH-

WÜLCKER 569; ein Vergeuder, Verschwender, verthüiger m e n s c h C A L E P I N U S 330° (u. ö.);

verthuig SCHÖNSLEDER

J i s b ; ein verthüig leben DENTZLER 3L4B. CAMPE will verthuig vor verthulich den vorzug geben, wenig lebendig erhalten: verth unig verzeichnet KEHREIN 1,432 für Nassau, literarisch nur für das 16. jh. nachweisbar: auf! das wir in als den verthunigen zeerhafftigen son . . . gütlich widerumb annemen LUTHER bulla bapst Leonis X. wider D. Martin Luther L, 260b; die geschieht des verthünigen sons MELANCHTHON-SPALATINUS anweisung in der heil, schrift (1523) 81; durch verthuenigs prächtigs wäsen, böses hauszhalten, und verschwenden Frankfurter erneuerte reformation (1578) L, 49 § 5; darneben ein weyb geliebt, das köstlich und verthüig; was er erüberigt, sy verthon habe GESNER-FORER thierbuch 47; der junger was ein maier, gar wild, wunderbarlich und gar verthüig WICKRAM

S, 124, 34.



dazu das subst. v e r t h u i g k e i t , f., 'Verschwendung', und die adj. fortbildung v e r t h u i g l i c h 'verschwenderisch': prodigentia, verthüyigkeit; prodige, verthüyigklich FRISIUS I065b; MAALER 434b. VERTHUISCH,

VERTHUNISCH,

adj.,

auch

mit

um-

laut, 'verschwenderisch': mhd. vertuonisch LEXER S, 279; unnütz, verthunisch MEICHSZNER handbüchlin (1567) 20»; vertuhnisch, prodigus SCHOTTEL haubtsprache 358; bair. vertuenisch, schwäb. verthunisch, im 17. jh. erlöschend SCHMELLER 1, 577; FISCHER 2, 1393; lebendig in HessenNassau verthunisch, verdüisch, verdöisch KEHREIN 1, 432; C R E C E L I U S 2, 864.

nach

A D E L U N G und

CAMPE

ist

verthuisch ausdnick der niederen sprechart. die form verthüisch ganz vereinzelt: dasz der vatter verthüisch were, seiner hauszhaltung übel vorstünde Frankfurter erneuerte reformation (1578) 201. sonst stets mit nasaleinschub: ain seltzamer junger herr . . . insonderhait.

VERTHUNIS-VERTIEFEN

1903 VERTHULICH — VERTHUNLICHKEIT gechzornig, ungotzförohtig, verthonisch Zimmer, chron. 1, 237, 17; die sorgfeltigen w e r d e n v e r w e g e n , . . . die spareten verthunisch (erster druck: verdunlich) SCHWARZENBERG vom zutrinken 40 neudr.; G e r m a n i a gibt sehr YÌ1 a r m s voloks und bettler . . so ein verthuenisch volck F R A N C S weltbuch (1567) « " ; ein m a n n soll i m h. ehestand . . nicht verthuenisch sein MOSCHEROSCH inaomnia cura 74 neudr.; sey nicht verthunisch, sey aber auch kein karger filtz ZINKGREF apophthegmata 182 (vgl. verthulich). VERTHÜLICH,

VERTHUNLICH,

adj..

die

meistver-

breitete der adjectivbildungen zu v e r t h u n : sumptuosus, verthuelich CORVINUS fona 280; prodigua, profuaua, effuaua, verthulig CALVISIUS thesaurus 6 * 1 ' ; vertuhlich, prodigua, prodige STIELER 2359; verthulich, unverthul i c h , consumabile, inconsumabile KRAMER 2, I 0 8 3 b o ; KIRSCH 2, 816°; FRISCH 2, 874»; älter schwäb. verthunlich FISCHER 2, 1393; bair. vertaenlich SCHMELLER I, 677; tirol. verthunlich SCHÖPF 778; steir. verthulich U N G E R - K H U L L 222 B ; achtes, verthulich W E I N H O L D handsehr, nachlasz T 142*. ala lebendig nur elsäaa. und heas. nachzuweisen: vertuenlich M A R T I N - L I E N H A R T 8, 64i b ; vertunlich CRECELIUS 2, 864. ADELUNO bezeichnet verthulich ala üblich in der vertraulichen sprechart, CAMPE als gewöhnlich, aber ungut, über verthonlich ist wohl die enticicklung von verthanlich gegangen : so ain wittib unerberlich und vertanlich w ä r e tirol. quelle v. 1578 bei SCHÖPF

773.

v e r t h u l i c h : ob er karg oder vortiielich sey? B A R T H weiberspiegel s l b f ; die tollen, vollen . ., verthulichen und u b e r m a c h t e n pancket MATHESIUS Syrach 116"; die o b r i g k e i t . . m i r als einem verthulichen menschen nichts folgen liesz W E I S E erznarren 44 neudr.; der brunii ist unerschöpfft und doch vertahlich nicht HARSDÖRFFER gexprechspiele 6, X X X X V I L B ;

1904

damit auch . . unordnung, verthuligkeit, verschleppen und dergleichen miszbräuche verhütet . . bleibe sächs. hofOrdnungen 2, 82 Kern; ein regente k a n anders als aus denen beuteln seiner unterthanen keine beständige schätze sammeln, unbeständige Sammlung aber ist nichts anders, als verthulichkeit allg. haushalt. lex. 2,682»; Verschwendung und verthulichkeit öcon.-phya. lex. 8, 1878; die weiber i m dorfe . . fingen an zu b r u m m e n über die verthunlichkeit ihrer m ä n n e r GOTTHELF sehr, l , 856. dazu nl. verdoenlickheyd, profusio, 584B; v e r d o e n l i j k h e i d VERTHUNIS,

prodigentia

SICHERER-AKVELD

VERTHUNUNG,

KILIAN

1164».

VERTHUUNG,

f.,

sel-

tene substantivbildungen zu v e r t h u n , 'verachwendung': verthunüs JELINEK 853; unser herren h a b e n betrachtt die grosz vertünüsz Egerer atadtrecht ebd.; verthuung, verthunnung, conaumptio, prodigalitaa voc. inc. teut. ii 6 » ; gloss.

DIEFENBACH

462B;

DIEFENBACH-WÜLCKER

569;

prodigentia, profusio, geudigkeit, verthüung, Verschwendung CALEPINUS H 6 i b ; ein m e n s c h . . , der sein leben mit verthuung und Unachtsamkeit hingebracht OLEARIUS persian. baumgarten 50. VERTICAL,

adj.

und

adv.,

im

18. jh.

aus

dem

lat.

ver-

ticalis entlehnt: 'scheitelrecht' A D E L U N G ; 'aenkrecht, aus dem acheitel- oder wirbelpunkte' KINDERLING reinigkeit 342; CAMPE wünacht ea durch scheitelrecht verdrängt zu sehen verdeutschungswb. 662» (vgl. SCHILLER Don Kariös 848). auch nl. verticaal 'scheitelrecht', in der literatur seit der classiachen periode: w i e der menschliche körper in verticaler Stellung sich als stehenden erweist GÖTHE 49, 175 Weim. adverbial gebraucht: horizontal und vertical trägt sie (die gerade Unie), und stützt a u f s gewisseste HERDER 22, 41. — durch fortlaaaung von linie entsteht das subst. v e r t i c a l e , f., 'scheitellinie': die a b lenkung des bleiloths v o n der verticale in der n ä h e eines berges A . v. HUMBOLDT kosmos l, 176.

v e r t h u n l i c h : (sie) g e b e n a u e z unvernünfitigklichund vertönlich (prodigaliter) die gütter Offenbarung der heil, vrittiben Birgitte (Nürnberg 1602) 4, 78; die prächtische, s c h a l c k b a f t e , verthunliche und unbehttlfliche w e i b e r FISCHART ehzuchtbüchlin 250;

V E R T I E F E N , verb., analogiebildung im engen anachlusz an das grundwort tief, während daneben eine lautgesetzlich richtig entwickelte form verteufen hergeht, die im 17. jh. erlischt, verteufen ist besonders bei md. autoren vertreten, so bei L U T H E R (15, 804 ; 802, 521; 28, 474 Weim.). OPITZ bevorzugt verteufen vor vertiefen (neben einander im buch v. d. d. poeterei 11 bzw. 58 neudr.). von den Schlesiern des 17. jhs. schwanken zwischen beiden formen

wiltu ye verthùnlich syn, uff ein mal schütten als in Ryn MURNER narrenbeschwörung 212, 68 neudr. ;

nachlasz T 53»; GOMBERT ergänzungen 8, 10; DRECHSLER Wencel Scherffer 260). verteufen bevorzugen GRY-

%um dritten hat er auch an einen mann gedacht, der, weil er gar zu fromm, die frau verthulich macht H E N R I C I ged.

1,360.

l a q u a y e n , pagen und dergleichen unnützer gefräsziger oder verthunlicher leute Simpl. 500 neudr.; sey nicht verthunlich, sey auch kein karger flitz MOSCHEROSCH Philander l, 638 (vgl. verthuisch). seit der classisehen periode ist verthulich, verthunlich nicht mehr üblich; danach läszt sich jedes nur noch einmal belegen: die vornehme, vorwitzige und verthuliche j p g e n d F . L . JAHN werke L, 536; es giebt schulmeister, w e l c h e . . . verthunlich sind und durch eigene schuld in die a r m u t h versinken GOTTHELF Schriften 6, 200. das wort kommt auch im nl. vor: verdoenlick, prodigua, profuaua K I L I A N 584"; verdoenlijk SICHERERAKVELD 1164*. VERTHULICHKEIT,

VERTHUNLICHKEIT,

/.,

aubat.

zum vorigen adj., 'verachwendung': prodigentia, Verschwendung, verthuligkeit, Vergeudung CALVISIUS thesaur. 641»; vertuhlichkeit, prodigitaa STIELER 2359; verthulichkeit, prodigalità KRAMER 2, 1088C; prodigalitaa, aumtuositas KIRSCH 2, 315»; älter steir. U N G E R - K H U L L 222B; auch ADELUNG und CAMPE bekannt, das wort ist aus dem 17.—19. jh. zu belegen, aber in der Schriftsprache nicht üblich: dasz sie nit auf einer Seiten in zu vii verthunlichkeit, auf der ander Seiten in schendliche kargheit und geitz fallen LORICHIUS Instruction (1618) 428 ; diese m ä n n e r h a b e n geärgert ihre w e i b e r , mit ehebrechen: diese w e i b e r ihre männer, mit verthuenlichkeit und unfreündlichkeit MOSCHEROSCH Philander l, 460; daher auch Bestius sehr au(T die Griechen schilt, das mit verthuligkeit sie alles angefüllt ADAMI ferstut (1674) F 6 B ;

OPITZ,

PHIUS,

BÖHME,

BUTSCHKX

SCHERFFER,

LOHENSTEIN,

(vgl.

WEINHOLD

SCHWEINICHEN;

PRÄTORIUS.

bis

auf

vertiefen

den heutigen

handschr.

LOGAU, tag

hat

aich verteufen in der bergmannsprache erhalten: Schächte, bohrlöcher verteufen, abteufen, 'in die tiefe niederarbeiten, durch bergmännische arbeit herstellen' VEITH bergwb. 540. zu verteufen gehört md. vertûfen mhd. wb. 3, 84B ; bis du 'lieh gar vertufest, sunde mit sunden hufest paraphrase d. b. Daniel 881 HiUmer. ferner mnd. vordupen SCHILLER-LÜBBEN 5,347»; oatfries. ferdüpen

DOORNKAAT

L, 443».

vertiefen, das aeit dem 18. jh. allein erscheint, ist schon in der älteren periode häufiger: vertiefen mhd. wb. 3, 34b; L E X E R 8, 2 6 8 / . ; F R I S I U S (S. unten); VINUS

582;

SCHOTTEL

L089 B ; D E N T Z L E R

814 B ;

89;

M A A L E R 434 B ;

STIELER

KIRSCH

2279;

2, 815»;

COR-

KRAMER

2,

F R I S C H 2, 372 B ;

ADELUNG; CAMPE, älter bair. schwäb. SCHMELLER L, 590; FISCHER 2, 1377. heute nicht im eigentlichen sinne der mundart angehörig, pomm. verdeepen DÄHNERT 519»; ostfries. ferdêpen DOORNKAAT (S. oben); mnl. nl. verdiepen VERDAM 618»; K I L I A N 584B. in schlesischer mundart ist der vocal verkürzt: ich bin su vertiftt uff L i s e Durnrusen ('erpicht') GRYPHIUS lustsp. 257. anderweitig findet er sich gerundet: Christus zum leben uns beriieft vom tod, darinn wir sind vcrtUeft A. REUSZNER (kirchenlied 3,133 Wackernagel) ; er hatte sich in seinen gedanken so sehr vertühflet ZESEN Roeemund 36 neudr. (neben vertieffet, vertiefft rosenmànd A 7»; Helikon 8, L 8 B ).

1906 vereinzelt tiefern :

VERTIEFEN ist

eine comparativische

Weiterbildung

ver-

die (wttnde) hat mir Rosemunde mit einem augen-blitze . . . vertietfert und verschlimmert ZESEN Helikon 2, 59.

lebendig im lusernischen

vortiavarn BACHER 480.

dän. fordybe, schwed. fördjupa entstammt einßusz.

deutschem

der bedeutung entsprechend wird vertiefen und verteufen gemeinsam behandelt, es empfiehlt sich die Scheidung nach trans., reflex., part. gebrauch. A. trans,

gebrauch.

1) eine örtlichkeit, einen gegenständ 'tief, tiefer machen, anlegen': (Soldaten) die . . noch dazu sümpfe trocknen, hafen vertieften . . musten LOHENSTEIN Armin, L, 44 \ mit präpos. zusatz: in die wände (des saals) waren verhältnismäszige bogen vertieft (eingelassen) GÖTHE 28, 197 Weim. {Meister); hatten sie sümpfe . . zu seen vertieft NIEBUHR röm. geschickte L, 77. 'vertieft vorstellen, annehmen': auch Kleomedes vertiefte die erdfläche in der mitte, um das mittelmeer zu fassen A. v. HUMBOLDT kosmos 2, 404. mit poetischer freilieit : am bache saszen wir in den frischungen des schattens. wenig wurde der scheue fusz zuerst gesenkt, bald ganz vertiefet, nun auch das knie KLOPSTOCK oden 2, 130, 35. mhd. 'tief hineintreiben': ich swanc im (dem eher) ab die wer gar vor den ougen. dag swert ich künde vertieffen in eine ronen gar an wider zougen jüng. Titurel 5755. bei den gürtlern: die mit dem haustempel ausgehauenen Scheiben zu knöpfen vertiefen, 'hohlschlagen' CAMPE, töne in tiefer läge hervorbringen: (die Sänger) dehnen, erheben, und vertiefen ihre töne nach den phantasien eines andern GOTTSCHED crit. dichtkunst 790; die sttsze vielfachheit, die ihre stimme drehet, jetzt gurgelt, jetzt vertieft, jetzt wunderschnell erhöhet WIELAND 1, 81 akad. ausg. 2) 'einen eindruck oder zustand tiefer machen, verstärken, steigern': die durch den schlaff vertieffte hitz GUARINONIUS greuel 1298. besonders in der maierei: die schatten in einem gemäl vertiefen KRAMER ; mit dunkleren färben, als die anlage ist, etwas an einem gemäl ausnehmen und ihm einen schatten geben JABLONSKI lex. der künste 815 b ; er (Zeuxis) h a t zü erst das gemei mit schatten abgesetzt, erhöcht und vertiefft FRANCK zeytbttch 87 B ; (ich) will nächst ein oder zwei porträts die groszen bilder aufs äuszerste vollenden und vertiefen A. FEUERBACH an die mutter a, 289. in jüngerer spräche übertragen : Valentin suchte nicht den schatten zu vertiefen, der auf Fritz Nettenmairs handeln fiel LUDWIG 1, 294; sein (des Germanen) streben, alles bedeutsam zu vertiefen und in die erscheinung einen geheimen sinn zu legen FREYTAG werke 17, 193; wo die philosophie, statt den geist zu vertiefen und zu befreien, vielmehr ihn verflacht MOMMSEN röm. geschichte 2, 412; mein bewusztsein, dasz ich mich auf rein deutschem gebiete . . befand, (wurde) durch die entgegenkommende haltung des publikums . . vertieft BISMARCK erinnerungen 2, 272. mit persönlichem objeet: ich zweifle, ob ein solcher schmerz 'verbessert' — ; aber ich weisz, dasz er uns vertieft NIETZSCHE 6, 9. auszergewöhnlich bei KLOPSTOCK 'in schwermuth versenken': ernste muse, verlasz den wehmuthsvollen gedanken, der dich traurig vertieft oden 1, 89, 22. in der form des part. präs. adverbial gebraucht: das bewusztsein ihrer Verschuldung, ihr sinnen . . weckte vertiefend die innere weit LUDWIG 2, 193. 3) 'versenken in etwas', nur in älterer spräche, dem nebensinn des schädigens: (der flusz)

mit

die äcker überschwämmt, die wiesen gantz ersäuftet, des jahres trost, die saat, in sand und schlämm vertänlTet

SCHERFFER (1666) bei DRECHSLER 260.

sonst übertragen: einen in schulden bringen, mit gältschulden vertieffen oder verstecken, obruere aere alieno FRISIVS 896*; 817"; er ist sehr mit schulden vertiefet XII.

1906

VERTIEFEN

STIELER; dieser vertiefte den Prusias in allerley laster LOHENSTEIN Arminius 1, 882*; dasz J F G die landschaft mit Siegelung sehr verteufet und zu merklichem schaden gebracht hätte SCHWEINICHEN 200; die begirden verteuffen die menschen zum verderben AGRICOLA sprichwört. 304. 4) die bedeutung 'einen im geist oder in gedanken versenken' kommt dem heutigen gebrauch des reflex. und des part. prät. nahe: Schönheit der liebsten ists Schiffelein: solches vertieftet mich, willig zu scheiden immer noch weiter ins meer hinein Venwgärtlein 15 neudr . gelehrte, die ihren kopff in den . . bücher-schatten dermaszen vertieffet, das sie darüber zu narren worden BUTSCHKY Pathmos 488; (dasz) ihr eure gedancken in schwere traurigkeit vertieffet HARSDÖRFFER secretarius 1, G g

VIII".

mit dativ auffällig: die ihren verstand am meisten in den Wissenschaften vertieft haben J. E. SCHLEGEL 3, 313. B. der reflexive gebrauch ist spräche weitaus häufiger als der

heute wie in transitive.

älterer

1) örtlich, 'vertieft werden, eine tiefere läge annehmen, tiefere anlage erhalten' (vgl. A L): wie das umdrehen um ihre achsen ihnen (den planeten) die sphäroidische figur gegeben, indem sich der mittelgurt erhoben, die Polarkreise aber vertiefet haben anmuth. gelehrsamkeit 2, 52 Gottsched; eine . . rinne, die sich . . nach links hin . . zu einer . . tiefen grübe vertiefte FONTANE I, 322; sein angesicht verfiel, seine äugen vertieften sich GUTZKOW werke 4, 50; in seinem starken fleisch hatte sich die kugel so vertieft, dasz sie nicht herausgebracht werden konnte ARNIM kronenwächter 2, 68. 'sich nach der tiefe zu hinziehen': der boden wird, rings u m den ganzen see her, morastig und vertieft sich schräg gegen das ufer herab FORSTER 8, 88; (sie) wendete sich gegen den sich in gebürge vertieffenden schau-platz, und sang LOHENSTEIN Arminius 2, 865*. mit poetischer freiheit

(wie KLOPSTOCK unter A L):

der schönste fusz . . entblöszet sich, und plätschert durch den koth, vertiefet sich, und forschet in der lache RAMLBR fabeUese 1,94. van tönen: bey welchen perioden der ton stark wird, sich erhöht und vertieft HEINSE 5, 228. 2) von lebenden wesen, 'sieh tiefer hineinbegeben in eine örtlichkeif: gen.-major Bulach aber woltc, in die OberPfaltz sich mehr zu vertieffen, und vom fusvolck weiter zu verthun, nicht getrauen CHEMNITZ schwed. krieg 2, 39; in bergwerken vertiefte m a n sich nicht zu sehr, wo nicht scheinbare hofnung sich eräuget BBCHOLTZ Herkuliskus 1451; als wenn die störche sich in sumpfigte örter des winters vertieften PRÄTORIUS winterflucht 69. später nur obd.: ich vertiefe mich in einen unbewanderten hayn SONNENFELS 3, 260; aufs neue in die schatten enger lagunen sich vertiefend, eilte sie (die gondel) der . . meerfläche zu C. F. MEYER Jenatsch 128. 3) 'sich steigern, verstärken', in der maierei gebräuchlich (vgl. A 2): das rote licht in der höhe vertiefte sich und glomm u m viele zacken und zinnen ZAHN helden des alltags 134; er (der cirket) vertieft sich uns in schatten, die aussieht wird schief und unvollständig HERDER I, 361. mit poetischer kühnheit: doch wie vertieft sich hier der halb entzückte kiel? zwar schreibt von Danzigs rühm nicht leicht ein rohr zu viel

GOTTSCHED ged. (1761) 1, 388.

von einem eindruck oder zustand: w a s uns als das ideal . . erschien- die Verbindung kriegerischer kraft und geistiger ausbildung, das h a t sich jetzt vertieft MEINECKE leben Boyens 1, 124. ähnlich schon itihd.: der sach für ze kamen, 6 sich die noch vester vertieft habsburg. Urkunden 3, 367.

120

1907

VERTIEFEN

4) bis ins 18. jh. erhält sich die Verwendung in sinne, 'sich in schuld verstricken' (vgl. A 3). geldschulden:

VERTIEFEN üblem

sS vertiefet ir ioch verre, ir setzet rillte nnde velt, ir yerkoafet inwem huobegelt Dietrich* flucht 7986; sich i n schulden vertiefen, aere alienp obrui DENTZLER, KRAMER, FRISCH; das sich Hanns Thoman . . in ettlich w e g e vertiefft hett and gelt haben mueszt Verhandlungen über Absberg 9 Baader; welcher sich in schulden so, vertieftet, dasz er . . endlich gar banckerot zu spielen . . genötiget wird COMENIUS Sprachenthür 865; oder werden sie für j e n e freien, die . . sich in schulden vertieft haben, den vorschusz thun MOSER werke 8, S17. besonders Schweiz.: HALLER U,song 377; BRÄKER 1,214. moralisch: sich in Wollüsten vertieften, immergere se in voluptates CORVINUS; Schweiz.: in lästeren DENTZLER; w i e gar sie sich m i t söllichen begirden vertiefind und beschwärind W A T T hist. Schriften 1, 72; die . . der sünde mit einer entsetzlichen lust nachlaufen, sich m i t ihr belustigen und vertiefen BODMER von dem wunderbaren 157; nach dem sie bey der frauen schliefen, theten in stlnden sich vertieften SACHS 20, 333, 27 Götze; wer wolte sich vertieffen in l&sten, die von pein und herben schmertzen triefen NEUKIRCH anfangtgründe 222. allgemein 'sich versündigen, sich vergehn': mit schlachten vertieffen sie sich in irem verlaufen, darumb mus ich sie alle sampt straffen Hos. 6, 2; das er sich etwas thut vertieffen an dem heyligen stol zu Rom oder gleych an dem gottes-nom SACHS 14, 306,18 Kdler-Qötze. ähnlich noch GOTTSCHED: dasz sich mein aug auf deinen Iiigenwangen . . verirrt, vertiefet und vergiszt? ged. (1761) 1, S54. ohne präpos.

bestimmung: dasz sie sich dermahleins vertiefft oder mit unzncht sich vergriefft AYRBR dramen 3006 Keller, 'sich leichtsinnig und zum eignen nachtheil in etwas oder mit einem einlassen', besonders Schweiz.: dasz er sich nit in die sach fräfenlich liesze, oder sich mit dem handel vertieffte, ne se temere in causam deduceret FRISIUS 373 B ; 246*; sich mit fründtschafft und gesellschafft gegen einem vertieffen, implicari 660*; MAALER; BENTZLER; doch so hatt sie sich in dem anlasz zü dem sprach so . . vertieft, dasz si bi obgedachter erkantnus bliben mftszt W A T T hist. Schriften 1, 491. noch lebendig: 'sich in gefährliches einlassen' STAUB-TOBLER 1,907. anderweitig obd.: ich mag mich mit ihm nicht vertiefen STIELER; er soll sich vilmals mit unzüchtigen weibern vertiefft haben und v i l unraths gestifft FRANCK zeytbuch 406B; {dasz die verliebte jungfrau) weder stammen noch nammen bedencken würt und sich wider aller irer freünd willen mit dem ritter vertieffen WICKRAM 1, 282, 7. md.: euch tyrannen . . warnen und bitten, das ihr doch euch nicht in unschuldig blut so jemerlich verteuflet LUTHER 23, 474, 23 Weim.; (er hatte) sich an die stadt Osnabrügge gemachet, in deren belagerung er gleichwol anfangs nicht zu sehr sich vertieffen wollen CHEMNITZ schwed. krieg 2, 208; Melo bereuete schon: dasz er sich mit diesen furchtsamen frembdlingen so vertieffet hätte LOHENSTEIN Arminius 2, 1063*. 5) 'sich in einen seelischen zustand, eine Stimmung oder betraehtung, völlig versenken': in gedanken sich vertiefen STIELER; sich in einer sache, matery, in den wissenschafften vertiefen KRAM ER; wenn man sich so weit darin einläszt, dasz man nicht leicht wieder daraus zurückgebracht werden kann ADELUNG, nach heutigem Sprachgebrauch vertieft sich der mensch in einen gegenständ stets absichtlich, indem er ihn mit ganzer kraft zu durchdringen sucht; er versinkt aber in gedanken, in träumereien oft wider seinen willen vgl. EBERHARD-LYON nr. 1412. diese Unterscheidung trifft noch auf die spräche

1908

HERDERS nicht zu, die vertiefen in beiderlei sinne verwendet. die Verbindung mit acc. scheint durchweg verbreiteter zu sein und gelangt im 19. jh. zur herrschaft (vgl. C 4); doch erscheint daneben weiter der dativ: ich denke mich . . i m griechischen zu vertiefen W . v . HUMBOLDT an Welcker 134; in der lästerchronik jener zeit mich vertiefend HOLTEI vierzig jähre 1, 80; ich . . vertiefte mich i m lesen HEINE S, 21. 'sich einer Stimmung oder aufwallung hingeben': alsdan so ersincket sie (die seele) in denselben neugebohrnen willen-geist, und vertäuffet sich in die allerlauterste demuth BÖHME 6,193; princessin 1 sie vertäu&t sich vor der zeit in pein GRYPHIUS trauersp. 114 (Leo 5,1,106); um so hitziger vertiefte man sich in- den zorn gegen den unverschämten DAHLMANN franz. revolution 110. 'sich einer träumerischen betraehtung hingeben': denn ich hatt in ihren glantz mich vertieffet also gantz LOGAU sinnged. 11 (15); der greis vertieft sich, frohbetroffen, in seines gastes angesicht LENAU 477; w i r . . . vertiefen uns in idealische träume HERDER 1, 349; das feurige mädchen vertiefte sich in die unwahrscheinlichsten Voraussetzungen und möglichkeiten HOLTEI erz. Schriften 35, 174. 'sich in eine betraehtung oder Untersuchung versenken': darum sollend sy mit festem glouben sich für und für in gott vertiefen ZWINGLI d. Schriften 1, 100; ich vertief! mich zu ferr inn diser materi, w i e w o l ichs zu anfang nicht i m sinn gehabt FISCHART Oarg. 196 neudr.; unsere männer vertieffen sich in der schlifft, dasz sie an die kinder und an ihre hochzeit mit keinem worte gedencken WEISE comödienprobe 233; der gefaszten absieht gemäsz hatte ich mich vor allem in die weitschichtigen acten zu vertiefen RANKE 25, v n ; du hast dich sehr in diese Wissenschaft vertieft GÖTHE 10,113 Weim. (Tusso 218). in der form des subst. inf.: aus dem liebevoll hingegebnen vertiefen in das kunstwerk LUDWIG 2, 636. C. sehr vet breitet ist der adj. gebrauch des part. prät. 1) 'tief angebracht, eingebettet' (vgl. A 1, B 1): die nasenlöcher (beim schwarzspecht) . . in einer vertieften rinne NAUMANN naturgesch. der vögel 5 , 255; vertiefte arbeit im gegensatz zur erhabenen (erhobenen) CAMPE ; mit welcher die deutsche nazion auf so vielen Schlachtfeldern und auf wappenfeldern nasz hinblickt und ihren namen nur als vertiefte arbeit findet JEAN PAUL werke 34, 11; zumahl, wenn selbiges (aemälde) beschattet, als durch vertiefiten grund, noch mehr erhaben schien BROCKE ird. vergnügen 4, 356. 'tiefliegend, tief stehend': ein weites t h a l , . . . ostwärts gegen die gebirge zu vertieft, westwärts aber gegen das meer zu erhöht GÖTHE 31, 8 Weim.; nunmehr stehen selbe (äugen) in dem kopff vertieffet ABRAHAM A ST. CLARA mercks Wien 51. von personen veraltet: der feldherr drang sich inzwischen zu dem in die feinde ziemlich vertieften hertzog Arpus durch LOHENSTEIN Arminius 2, SSI1". in der gärtnerei nennt man vertieft ein blatt, woran die fläche zwischen den ädern vertieft ist (lacunosum) JACOBSSON techn. wb. 8, 84»; ausgehöhlt oder vertieft (eoneavus) einen körper, der eine gleichförmige hohle Wölbung bildet BISCHOFF wb. d. beschreib, botanik 42. 2) 'verstärkt, gesteigert' (vgl. A 2, B 3); vertiefte schatten im gemäl KRAMER; ich tauche mich mit geist und sinn durch die vertiefte bläue hin MÖRIKE werke 1, 53. übertragen: die vertieffete grundelose erbarmhertzikeit gottes TAULER 66, 7 Vetter; (sie) blieb daselbs biszweilen fünff oder sechs tag in solcher vertiefiten andacht . . . so lang bisz die bibel gar ausz wäre FISCHART binenkorb 23"; mit ausgebreiteteren und vertieften kenntnissen HERDER 12, 354; ein an sich altes, aber in un-

VERTIEFEN

1909

seren tagen vertieftes vorurtheil, dasz der b a u e t keine bildung habe ROSEGGER Schriften l, 7. 3) in schlechtem, sinne 'versenkt, verstrickt, befangen in etwas' (vgl. A 3 , B i) : hebben se kinder unde sint vordupet in schulden lüb. recht bei SCHILLER-LÜBBEN ; er steckt in tausend schulden vertäuffet bis über die ohren GRYPHIUS Horribil. 40 netidr.; beede theile desz kriegs m ü d und mit vielen schulden vertiefft HARSDÖRFFER secret. 1, v u v u b ; den gegenwärtigen in schuld vertieften m a n n EICHHORN d. staatsgeschichte 3,419. in laster: in fleischlichen Wollüsten KRAMER; daj bin in Sünden ein vertiefet man Winsbeke 66, 2 Haupt; das es alles . . . im geytz erseufft und verteufft ist LUTHER 15, 304, 34 Weim.; wofern dieselbe gute leute mit andern falschen und . . ketzerischen meynung nicht wären verwickelt und vertiefft gewesen Simpl. 440 neudr. ; in zwang, pedanterie und narrheit vertieft SCHUBART briefe 1, 100. ohne zusatz, 'versündigt, gesunken': wie jamerlich wir vertiefft, und S. Peters schiffleyn so erbermlich verfüret sey CASPAR GUETEL eyn selig neujar (1522) B 4»; wormit so vil arme vertieffte sünder zum gestatt der ewigen seeligkeit gezogen worden ABRAHAM A ST. CLARA Judas l, 128. 'tief verstrickt': denn weil bey seiner ankunfft Catumer schon mit Adelmunden wäre vertiefft gewesen, hätte er nicht ihm . . . seines königs tochter antragen können LOHENSTEIN Armin. 2, 612 durchweg veraltet und ungebräuchlich, obwohl noch ADELUNG und CAMPE buchen: in Sünden, in schulden vertieft sein. 4) 'geistig versunken in einen zustand': in beschauung göttlicher dinge KRAMER; in betrachtungen, über einer arbeit vertieft sein ADELUNG ; vgl. über den geisteszustand FICHTE werke 2, 837. während der reflex. gebrauch sich bis ins 16. jh. zurückverfolgen läszt (vgl. B 5), ist das part. prät. erst um 1700 zu belegen: sollten . . der kayser und Polen auf die Türken . . mit ernst dringen, und keiner in andere consilia vertieft seyn LEIBNIZ l, 199; lang in trauren vertieft, lernt ich die liebe KLOPSTOCK oden 1, 94, 1 ; in seine eignen leidenschaftlichen betrachtungen vertieft GÖTHE 23, 6 Weim. (Meister); Karl v. Moor (in ein buch vertieft) SCHILLER 2, 28 (räuber l, 2) ; in ein fricassée vertieft LAUBE 8, 44. während die hier belegte Verbindung mit dem acc. im 19. jh. zur herrschaft gelangt ist, erhält sich daneben die mit dativ bis in die mitte des 19. jhs. : da tritt er endlich, im gespräch vertieft, aus seinem hause LEBSING 3, 149 (Nathan 5, 125); vertieft in der künde der überirdischen weit NOVALIS 4, 70; im schachspiel vertieft LUDWIG 2, 425. ohne präpos. zusatz: beide saszen eine weile ruhig und schauten vertieft den leuchtenden becher an TIECK Schriften 4, 399. in anderer art: Caspar richtete den bis zur trunkenheit vertieften blick auf ihn WASSERMANN Caspar Häuser 77. auch subst. gebraucht oder gesteigert: der mehreren in die zeitung vertieften etwas in's ohr raunte GUTZKOW werke 6, 112 ; wozu überhaupt romantik ? mochte der vertiertere dichter sich gesagt haben KÜRNBERGER herzenssachen 169; dessen anfechtungen den faden der vertieftesten Spekulation zerreiszen SCHILLER l, 150. in scherzhaftem sinne sprichwörtlich: he ös vertîft wî de hund, wenn er op de zock huckt FRISCHBIER preusz. sprichw. 2, 190; nicht so sehr vertieft, wie der hund zum maulwurf sagte, als er ihn aus dem loche holte WANDER

4, 1613.

5) ein adverbialer gebrauch ist an 1 anzulehnen: vertieft geschnittene edelsteine, vertieft geprägte münzen in der bildenden kunst vgl. H. METER gesch. der bild. künste 3, 173; kupfertafel l. in der botanik: vertieft-genabelte fläche im kelchrande der mispel, vertieft-punktierte samen SCHLECHTENDAL flora 25, 46 ; 9, 185.

VERTIEFER - VERTIEFUNG

1910

— v e r t i e f e r , m„ ungebräuchliches nomen agentis zu vertiefen B 5: scrutator, immiscens, partieeps STIELER 2280. — V e r t i e f s t e m p e l , m., zu vertiefen A L, bei den gürtlern ein Stempel, um die mit dem haustempel ausgehauenen Scheiben zu den knöpfen zu vertiefen oder hohlzuschlagen ADELUNG, CAMPE; PRECHTL encyklopäd. 2, 298; BEIL techn. wb. L, 629. VERTIEFTHEIT, f . , junge bildung zu vertiefen C 4, 'versunkenheit, Versonnenheit': zwei wichtige indizien, sagte der Präsident mit dem gleichen ton von vertieftheit WASSERMANN Caspar Hauser 108. VERTIEFUNG, f . , substantivbüdung zu vertiefen in seinen verschiedenen bedeutungen. erst im 18. jh. häufiger; aus dem 16. jh. liegen nur zwei belege vor: Vertiefung bei ZWINGLI, vorteuffung bei GUETEL (S. unter 3). die form verteufung ist nicht weiter zu verfolgen; nur in der spräche der bergleute hat sich verteufung (det hauptschächte) wie das verb. verteufen (sp. 1904) erhalten VEITH bergw. 540. ältester leoncalischer nachweis: lacunar . . eine getäffeite decke . . die unterschiedliche vertieffung h a t CORVINUS fons 456; lacunatio, umbra picturae STIELER 2280; Vertiefungen in der maierei KRAMER 2, 1089B; ADELUNG; CAMPE, nd. scheint das wort zu fehlen, mnl. verdiepinge VERDAM 618 •; KILIAN 584 6 ; nl. verdieping in eigentlichem und übertragenem sinne; daneben zur bezeichnung der höhe eines zimmers oder stockwerks vgl. SICHERER-AKVELD 1163°. danach ostfries. ferdSping, ferdüping; auffällig: hg hed god w a t in sin ferdSping, 'er ist geistig begabt' STÜRENBURG 315 b ; DOORNKAAT I, 443 \ ebenfalls entlehnt dän. fordybning, schwed. fördjupning. zu scheiden ist im gebrauch die abstracte von der concreten bildung. jene bezeichnet die handlung des vertiefens oder den zustand des Vertieftwerdens und vertieftseins. 1) 'die tiefere anlage, das tiefermachen einer örtlichkeit': die Vertiefung solcher wände geschieht durch einen kleinen Vorhang HARSDÖRFFER gesprechspiele 6, 47; mit meister Timmler wegen dem eckpfeiler, dem berappen des gebäudes und Vertiefung des hofes (gesprochen) GÖTHE III 6, 185 Weim. bildlich: der antrag ist eine zweifellose Vertiefung des Mains, als grenze (zwischen Nord- und Süddeutschland) BISMARCK reden 4, 188. in der musik: jede erhöhung oder Vertiefung (des tones) läszt sich durch schlüssel bestimmen SCHUBART ästhetik d. tonkunst 294. von plastischer arbeit: da nehmlich die bildhauerey . . nur das, was durch Vertiefung und erhöhung auf der fläche sichtbar ist, ausdrücken soll LESSING 11, 309. ungebräuchlich zu einem reflex. vertiefen B L, 'das abnehmen, fallen': ist die arch Noe, nach vertieffung der wasser im sündflusz verharlich blieben GUARINONIUS greuel 451. ungewöhnlich 'tieferer stand': die sonne . . gosz aus ihrer Vertiefung über die schattenbeete der thäler ihre goldführenden purpurflüsse JEAN PAUL werke 7/L0, 214. 2) 'Verstärkung, Steigerung' (zu vertiefen A 2, B 3, C 2): Vertiefung des ursprünglichen particularismus MOMMSEN röm. geschickte L, 23; nicht das bedürfnisz n a c h Vertiefung seines regen geistes war es, das i h m augenblicke des wildesten einsetzens seines . . . Iebens gab GUTZKOW Zauberer 5, 302. 3) zu vertiefen A 3, B 4, C 3 veraltet, 'Verschuldung, Versündigung': seynt nit allein die geystlichen . . zu solcher erbärmlicher vorteuffung und des schyfs verfürung, vor got, mitursacher und schuldig GUETEL eyn selig neujar (1522) B 4*; dasz söliches us verzwyflung beschicht und Vertiefung des fleischs und viehischen anfechtungen ZWINGLI d. Schriften 1, 58; welche die Vertiefungen der menschen in Sünden und sündlichen lüsten eine hurerey und ehbruch heiszen BODMER von dem wunderbaren 155. 'zustand der Verschuldung': wie ich in so groszer Vertiefung Geldschuld) vor Herzog Heinrich stecket SCHWEINICHEN 171. 'demüthigung, erniedrigung': es (das reich) dürfte dadurch vielmehr in unrath und Vertiefung als erhebung und a u f n e h m e n gerathen M. J. SCHMIDT geschickte der Deutschen 4 , 889. 120*

1911

VERTILGEN

VERTIEFUNGSGRAD-VERTILGBAR

1912

VERTILGEN, verb. vgl. tilgen (th. 11l, 499). die form 4) am üblichsten ist in der heutijen spräche Vertiefung als 'innere Versenkung, eingehende betrachtung' (vgl. ver-ahd. firtilön, firdilSn ( n u r bei O T F R I D ) G R A F F 6, 398, mhd. vertllen ([Schwabenspieget) LEXER 3, 870 läszt an tiefen A4, B 6, C 4): scrutatio, scrupulosüas STIELER; eine entlehnung aus lat. delere denken; doch ist die frage weil nun hiezu ein besondrer tact, eine besondre Verunentschieden, sonst stets die erweiterte form ahd. fertiefung in seinen abgeschiedenen -autor nöthig . . wird tiligßn (hauptsächlich bei NOTKER) GRAFF 6, 399; mhd. GÖTHE 4»s, 176 Weim.,- er hat gamichts von der hochvertiligen, vertilgen, vertiljen, vertiljen mhd. wb. 3, 37"; gespannten. BChw&rmeriBchen Vertiefung in die gottesL E X E R 3,270. nhd. v e r t i l g e n A L B E R U S i i j b ; S T I E L E R 8285; idee FREITAG werke 17, Ml, 'zustand der versunkenK R A M E R 8,1090*; D E N T Z L E R 3I4 B ; F R I S C H 8,372°; A D E heit': und wie sie in solcher Vertiefung steht, LUNG; CAMPE, obd. vertilcken, vertilgken, abdicere, abdenkt sie ans vergessene morgengebet luere, drcumducere, circumscribere, delere FRISIUS ÄB UHLAND ged. 1,469. (u.e.); MAALER4S4"; Zürcher bibel (1631); erst im 17. jh. 5) eoneret, 'das tief oder tiefer gemachte, die tiefe stelle,dringt auch hier vertilgen durch, in Schwab, mundart verSenkung', seit dem tt.jh.: die vertieffungen ans denen altet FISCHER2, 1379. md. in derbedeutung 'verzehren':oberg r u b e n i h r e r g e d ö r r t e n w a n g e n Z I E G L E R Banise 887; die hess.SCHÖNEREschenrods-, lux.wb.i&&*; leipz. ALBRECHT scene ist ein grabmahl, in dessen Vertiefung zwey Bärge 231. wind, vordeligen, vordelgen, vordilegen, vordilgen L E S S I N G 8, 445; d e r w e g ging d u r c h e i n e k l e i n e VertieSCHILLER-LÜBBEN 5, 331B. mnl. verdelign, verdeligen fung

GÖTHE

SS, 293

Weim.;

einige

Vertiefungen

und

V E R D A M 617"; v e r d e l g h e n , v e r d e l l i g h e n K I L I A N 684»;

nl.

Seitengänge gaben dem räume ein düsteres und ververdeigen. nd. verdeigen: ostfries. DOORNKAAT 1,443»; worrenes ansehen KELLER L, 31. sehr häufig im 19. jh„ brem. wb. 1, 196; altmärk. DANNEIL 236 '; westfäl. verdiiauch in technischer Sprache: versenckt, in der Vertie- gen W O E S T E 290». vgl. altengl. f o r d i l g i a n B O S W O R T H fung, figura depressior, en abime; in der wappenkunst T O L L E R 3041'; S T R A T M A N N - B R A D L E Y 235». eine figur in der mitte des schildes, kleiner als die umvertilgen bedeutet 'völlig ausrotten', sein gebrauch ist stehenden J A B L O N S K I lex. der künste 814»; T R I E R wappenkunst 86; QUERFURTH herald, terminologie 166; MÜL- in der lebenden spräche wesentlich eingeschränkt worden. LER-MOTHES archäol. wb. 2, 963. in der maierei sind 1) in den mundarten hat es nur den sinn 'essend oder Vertiefungen die dunkeln stellen ohne Widerschein, be- trii'kend verzehren' (s. oben), daraus in die literatur sonders in den falten eines gewandes öcon.-phys. lex. 8, übernommen: in solchen wehmuthsaugenblicken konnte 8183; BEIL techn. wb. L, 680. die reisz- und tuschwerck er . . so viel bier oder wein oder grog 'vertilgen', wie . . mit allen . . vertieffungen und verhöhungen GUARIihm . . . hingestellt wurde GUTZKOW Zauberer 1, 861; N O N I U S greuel 186; eigentlich hoffte ich, dasz die verwünschte pastete vertilgt werde MOLTKE 6,171; zuletzt hatten die heerhaufen durch die vertieffiingen wird's auge selbst bethöret . . wie heuschreekenschwärme vertilgt, was etwa noch LOHENSTEIN Rosen 135; in scheune und stall zu finden war FREYTAG werke 13, keine Vertiefung, kein vorgrund, das feld einflachessttlck 216. scherzhaft: leinwand BODMER Noah 204 (7, 21); zwanzig thaler, harte, blanke, die Vertiefung des gemähldes kann sich in den freyen kann man sie vertilgen? nein! GAUDY 1,130. himmel, oder gegen höhere gebäude der Stadt verlieren 2) daneben gehraucht man vertilgen noch vom ausrotten LESSING 9, 188; gegen westen die nähern gebirge von von Ungeziefer und unkraut, wie schon ADELUNG festEste, deren gestalt und Vertiefung man deutlich erstellt. von thieren: ein lintwurm und ein einhoren . . kennen kann GÖTHE III l, 834 Weim. thaten groszen schaden den leuten auff der strasz and 6) in der Zusammensetzung (Vertiefung 4): v e r t i e - die chont nymant verdiigen SCHILTBERGER reisebuch 103 ; f u n g s g r a d , m.: die verschiedenen vertiefungsgrade des lasz, göttin, mich den seiden-wurm vertilgen erhabenen gehören ebenfalls zu der gesammtheit seines LOHENSTEIN Ibrahim (1680) s. 49 z. 633; stoffs VISCHER ästhetik 1,483. — V e r t i e f u n g s l e h r e , unzählge ungeheuer f.; die Vernunft- und Vertiefungslehre W. v. HUMBOLDT vertilgte deine tapfre hand SCHILLER 15 76 (Phädra 1664); Schriften 5, 889. — V e r t i e f u n g s u n f ä h i g k e i t , f.: kammerjäger war der wandernde mann, welcher ratten gänzliche Vertiefungsunfähigkeit in bezug auf das puncund mäuse vertilgt in haus und hof LAUBE 1, 135. tum saliens des gedichts mit gänzlichem mangel an pflanzen: P h a n t a s i e H E B B E L 13, 844. die plttmlen und den grönen clee . . . »VERTIEREN, verb., s. verthieren. die machet val der kalte schnee, er will sy gantz vertiligen 2 VERTIEREN, verb., aus lat. vertere gebildet, vom 16. HXTZLERIN liederbuch s. 72; bis LT. jh. nachtuweisen, aber nicht mehr üblich. CAMPE moos und unkraut aber musz der rechen vertilgen giebt es im verdeutschungswb. 668a durch übersetzen wieallg. haushalt. -lex. 3, 724; in sämmtlichen provinzen die der, von dem es völlig verdrängt worden ist: sonst so hälfte der rebstöcke zu vertilgen MOMMSEN röm. geviel den dollmetschen belangt, hab ichs . . zn vertiern schiehte 6, 99. 'ttnschönheiten beseitigen': saltz mit öl und fürgenommen FISCHART Qarg. 14 neudr.; wenn er . . honig angemacht, vertilget die blauen nasen RYFF Spieden ganzen poeten in succum et sanguinem vertiren gel der gesundtheit 98b; alle nationen in Amerika ver. . soll HERDER l, 808. freier: seine lehre in deutsches tilgen den bart HERDER 13, 243. allgemein üblich 'spugemüth und handeln zu vertiren HOLTEI erz. Schriften ren beseitigen': nachdem er längst alle spur derselben (er7, 78; schütterung) auf seinem gesichte vertilgt LESSING 10,90; hier liegt herr Skriebler, der, in langer lebensfrist, so haben wir von diesem raschen eindruck mit Übersetzungen des unfugs viel verführet, die letzte spur vertilgt bis ihn (nach gleicher art) der tod ins grab vertiret GÖTHE 10,171 Weim. (Tasto 1638). KRBTSCHMANN 6, 354. VERTIGERN, verb., 'tum tiger machen': weil nach meiner Überzeugung öffentliche hinrichtungen ein volk verwildern, verrohen, vertieren, vertiegern F. L. JAHN s, 1068.

VERTILGBAR, adj„ 'tilgbar, zu beseitigen', scheint von KLOPSTOCK gebildet zu sein, heute ganz geläufig: die. die »che ist selbst dem widerrufe nicht vertilgbar oden 8,41,87; es. sei die bewegung, die einmal entstanden ist, auch noch so schwach, so ist sie doch durch keine macht mehr vertilgbar FORSTER 8, 840; ein alteingewurzeltes, schwer vertilgbares Vorurteil RITTER erdkunde 8,1068.

ähnliche Verwendung statt des üblichen tilgen: mein sonnenschein vertilget eisz und schnee LOHENSTEIN Sophoniebe 4, 687 (1689 >. 76) ;

sie strich uns . . ambrosia unter die nasen, deszen lieblicher duft des thranes gertlche vertilgte Voss Odüeeee 4,446 Bernays. veraltet von büchern oder schriftstellen: welche (bücher) unwidersprechlich wider zucht und erbarkeit lauffen, und mit dem feuer begerter maszen zu vertilgen HARSDÖRFFER gesprechspiele 1, N M " ; und unterm schein gerechter Züchtigung die alten freiheitsbnefe zu vertilgen

SCHILLER 14,886 (.Teil 311);.

VERTILGEN

VERTILGER - VERTILGERHAND

das tagebuch der Wetterbeobachtungen auf der reise geheftet . . . die einzelnen noten vertilgt GÖTHE III 7, 169 Weim. in biblischer spräche 'völlig vernichten': das er (gott) alle die weit wolte vertilgget han TAULER 268, 34 Vetter; zustöret und zu grund vertilget müsse werden weit und alles LUTHER 34 2, 42, 5 Weim.; und will euwere hohen altär vertilcken Zürcher bibel (1531) 8 Mos. 26 E. ähnlich: Kains gesiechte wart verdeiget Sachsenspiegel 3, 42, 8; der herr war wie ein feind; hat Israels palläste

o der Verbrecher! sein name sey vertilgt! diesz schwert dein rächer!

1913

und sie dazu vertilgt

OPITZ ged. (1690) 3, 34;

ob man Carthago gantz verstören und vertilgen solt FRANCK chron. Qermaniae 18; darmit ward das edel geschlecht der fürsten von Schwaben gar vertilcket STUMPF Schwytzerchron.

256*;

so würde sie die beiden söhne ihm ermorden und vertilgen seinen stamm! SCHILLER 14, 108 (braut 2347).

Shakespeare 1, 214 (sommernachtstraum 2, 2). 5) vereinzelt ist die bedeutung 'verunreinigen, zunichtmachen': dasz also ein kleyd von 60 . . gülden in einem gusz (indem ein gefäsz aus dem fenster entleert wird) gantz vertilgt und verderbt wirdt GUARINONIUS greuel 508. 'ein land verheeren': sie wolden Kürlant noch m£r vertilgen, dan sie hatten vor

livländ. reimchronik 4889. ebenso ungewöhnlich von der zeit, 'verzehren': wie in ihr {der zeit) jeder augenblick nur ist, sofern er den vorhergehenden, seinen vater, vertilgt hat SCHOPENHAUER 1, 38.

6) nominalformen, heerend':

dasz der himmel den könig Pharao nicht ganz hat wollen vertilgen LUDWIG 2, 207. sprichwörtlich scherzhaft: einen vertilgen wie der ochs das kraut WANDER

ich sehe dich schon . . . mit zockenden wettern im vertilgenden aug' STOLBERG 1, 95.

'auslöschend': der halbe mond . . . übergieszt ihn (den himmel) mit dem flore seines milohigen lichtes, jedes sternlein in seiner nähe vertilgend STIFTER 2, 92. in dem sinne von vertilgbar wird zu vertilgend gebraucht: schwer zu vertilgende nebelflecken A. v. HUMBOLDT kosmos 3,28; ein schwer zu vertilgendes unkraut SCHLECHTENDAL flora 26, 198; in blinder, nicht zu vertilgender w u t P Ü C K L E R briefwechsel

und da ich heut verübet was wieder dein gehöht . . . das sey vertilgt und tod

3) in übertragener Verwendung:

DACH (evang. kirchenlied 8, 96 Fischer-Tümpei);

h&tT ich euch nur nicht gerührt, ihi saiten, die von der vertilgten

sy vertilgent unser ee (glauben)

vertilge meine schuld FLEMING ged. 1, 8; gut mach' ich meinen fehler, indem ich ihn vertilge! GRABBE 1,146.

ähnlich: also ubermasz des weins vertilget die vernunfft AM3ACH vom zusauffen B i v b ; das auch das gedächtnisz der poeterey . . vertilget und auszgerottet würde OPITZ poeterei 4 neudr.; der geist ist zu vertilgen, den das glück ihrer rebellischen Umtriebe umhergeblasen hat GÖTHE 89, 8* Weim. (Götz); vertilgt war der ausdruck schwermütiger sehnsucht E. T. A. HOPPMANN i, 64. mit poetischer freiheit: du nahmst mir meinen himmel nur, um ihn in kGnig Philipps armen zu vertilgen SCHILLER 5 2 , 176 (Dom Karlos 1, 6).

4) gewisse biblische Wendungen pflanzen sich stetig fort: ich wil die menschen . . . vertilgen von der erden L Mos. 6, 7 ( L U T H E R ,

der darauf sinne, die englische zunge von der erde zu v e r t i l g e n R A N K E 14, 62.

tilge sie aus dem buch der lebendigen psalm 69, 29; verflucht sey ihr name I . . dasz er aus dem buche der lebendigen vertilgt würde I LESSING 2,280 (Sora l, 9); ist sie aus den lebendigen vertilgt, frei bin ich, wie die luft auf den gebirgen SCHILLER 12, 540 (M. Stuart 3237).

wenn wird er sterben und sein name vergehen? psalm 41, 6; wenne irstfrbet er unde wenne wirt fertiligot sin nämo? (peribit) N O T K E R ps. 40, 6; ein kayser . . suchte in alleweeg den nahmen Jesu zu vertilgen ABRAHAM A S T . C L A R A Judas

freyheit sangen

4, 852;

KLOPSTOCK oden 2,107,17;

nach vertilgten bürger-kriegen LOHENSTEIN Arminius 2, 968b; eine ewige langeweile, von keiner freude vertilgt TIECK Schriften 8, 214. substantivisch: wär' es ja besser, der vertilgte als der vertilger zu seyn BÜRGER I, 299. subst. inf.: das vertilgen unzähliger insektenbrut NAUMANN naturgeschichte der vögel 21, 477. VERTILGER, m., nomen agentis zu vertilgen, üblicher als das gleichbedeutende tilger (th. Ii 1 , 600), von der mhd. zeit bis ins 19. jh. gebräuchlich: mhd. wb. 8, 87"; LEXER 3 , 2 7 0 ' ; K R A M E R 2,1090*; abolitor, deletor K I R S C H 2,816*; CAMPE, obd. v e r t i l c k e r M A A L E R 4S4 B ; mnl. v e r d e l i g e r VERDAM 617"; nl. v e r d e i g e r .

zu vertilgen 2: dem aase der insecten muszten . . . vertilger gesetzt werden RATZEBURG Ichneumonen l, 32; die menschen oder helden treten auf als vertilger, vertreiber der riesen J. GRIMM kl. Schriften 2, 404; der teofel Asmodes beiszt ein vertilger oder vflrderber LUTHER vorrede aufs buch Tobie (7, 417 Bindseil); komm, engel Mahomets! vertilger, komm! GÖTHB 9,826 Weim. (Uahomet 1100); (Agamemnon) ein vertilger der festummauerten Troja

ZWINGLI);

sich auch an den tyrannen räch und sie vertilget von der erd SACHS 1, 228, SB Ketter; vertilget, grosze götter, von der erde den mann, der menschenblut mit tust vergiesztl GÖTHE 9, 826 Weim. (Uahomet 1128);

l , 170.

adj. gebrauchtes part. prät., 'beseitigt, beendet':

4, 1613.

Tirol.pass. 16 Wackerneil; das gsatz aufheben, . . vertilgken, abdicare legem FRIb SIUS s ; wenn Jacob die oberste gewalt bekömmt, so wird der cananitische gottesdienst wieder vertilget WEISE comödienprobe 165; dorumb reuet eüch und wert bekert das eüwer sünd werden vertiligt (deleantur) apostelgesch. 3, 19 (erste d. bibel 2, 291, 18; ebenso bei LUTHER);

part. präs. als adj. gebraucht, 'ver-

eine vertilgende flut Uber alles erdreich zu schicken BODMER NOah 1, 34 («. 4);

mit persönlichem object: ich vertilig den menschen den ich hab geschaffen erste d. bibel 3, 60, 19; das er alle götter in den landen vertilgen solte Judith 8,11; und wird sie auch in kurtzer zeit vertilgen umb ire boszheit SACHS 18,371, 3 Keller-Götze; doch ist den bettlern Saladin so feind — dasz er mit strumpf und stiel sie zu vertilgen sich vorgesetzt LESSING 3, 20 (Nathan 1, 408); nimm diese fahne! dieses schwert umgürte dir! damit vertilge meines Volkes feinde SCHILLER 13, 217 (Jungfrau 1081);

1914

Voss Mas 2, 288; dieser unmensch, dieser vertilger des Claudius geschlechtes A. ü. v. BRAUNSCHWEIG Octavia l, 774; der vertilger seiner vettern zu sein DAHLMANN gesch. v. Dänemark l, 312. zu vertilgen 8; des evangelii vertilger LUTHER 80A, 372 Weim.; ein mörder und vertilger aller zucht und tugendt buch der liebe 1514; todtenerwecker I vertilger des ewigen todes! KLOPSTOCK Messias 8, 235.

für

scherzhaft in der Zusammensetzung: barbier KLENZ scheltenwb. 13*;

bartvertilger

(Hamburg) die Stadt der lieben, guten, frommen beefsteakvertilger und gefüllten kassen LILIENCRON 11,92 ( P o g g f r e d 4). —

vertilgerhand,

f.:

Cliffords vertilger-hand erschlug mein rosz

Shakespeare 8,175 (Heinrich der sechste II 6, 2).

1915

VERTILGUNGSLEHRE-VERTOBEN

V E R T I L G E R I N - VERTILGUNGSKRIEG

V E R T I L G E R I N , f., weibliche form zum vorigen in denselben bedeutungen: eine vertilgerin des Ungeziefers am Nil CREUZER Symbolik 5, 322; ich beschwöre dich, o norne, vertilgerin KLOPSTOCK oden

203;

eine vertilgerin der wütheriche in Rom LOHENSTEIN Arminius l, 12*; die finsternusz ein vertilgerin der geschämigkeit ist GUARINONIUS greuel 1076. scherzhaft: aristokratische weinvertilgerinnen, die es mit dem geübtesten trinker aufnehmen konnten SCHERR Blücher i, 124. V E R T I L G U N G , f.. abstractbildung zu vertilgen, schon ahd. fertilgunga, vertilegunge, abolitio,exterminiumSTEINMETER-SIEVERS glossen 8, 224b; 414"; 416"; GRAFF 5, 400. mhd. vertilgunge mhd. wb. 8, 37"; LEXER 3, 270; deletio, antiquatio, consumptio ALBERUS i i j b ; STIELER 2285; KRAMER 2, 1090"; DENTZLER 8l4 b ; exstirpatio KIRSCH 2,315*; FRISCH 2 , 372°; CAMPE, obd. obliteratio, vertilgkung, ausztilckung FRISIUS 893*; MAALER 434B. mnd. vordelginge, vordilginge SCHILLER-LÜBBEN 5, 331B; mnl. verdeliginge VERDAM 617"; nl. verdelging. bis in die jüngste zeit hinein erscheint das wort oft in den verschiedenen bedeutungen von vertilgen, ein actives verb. ist vorauszusetzen: ich sah dich . . . mit dem flammenblick der Vertilgung KLOPSTOCK oden 1, 210, 67; (•inquisitionstribunaT) welches sehr bald eine unwiderstehliche kraft der Vertilgung entwickelte RANKE 4, 277. ein passives verb.: das ende deines gantzen geschlechtes . ., ein so trauriges ende . . als die Vertilgung ist BODMER von dem wunderbaren 421; das gütige schicksal, welches auch über die künste bei ihrer Vertilgung noch gewachet WINCKELMANN 6, 16. in der regel erscheint Vertilgung in Verbindung mit subj. genitiv. dasz ihre voreitern . . v o m himmlischen feuer ihre (ider riesen) Vertilgung erholet hätten LOHENSTEIN Arminius l , I20 b ; geduld und versuche würden zur Vertilgung der ratten und raupen auch sehr dienlich sein FORSTER 2, 431; die reichliche Vertilgung von butterbroten SEIDEL Hühnchen 307. die verdambten begern nit allain irer gantzlichen vertiligung, sonder das got in seiner substantz und wesen auch vertiligt wäre BERTHOLD V. CHIEMSEE theologey 148; nach verdilgunge synes swogers, syner swester GERSTEN BERG hess. chron. 365; die Vertilgung des tyrannen ist und bleibet mein zweck A. U. v. BRAUNSCHWEIG Octavia 1, 372; die Vertilgung der ketzer RAUMER Hohenstaufen *, 281. Catilina (hat) . . . zü vertilckung seines vatterlands einen band geschworen FRANCK zeytbiich 73*; er . . . fordert aber die Vertilgung Troja's GÖTHE 411, 299 Weim.; die Vertilgung aller erkenntnisz würde zugleich die Vertilgung alles lebens seyn F. H. JACOBI I, 403. — in der Zusammensetzung ist Vertilgung erst im 19. jh. häufig geworden; CAMPE verzeichnet vertilgungskrieg, -meer. v e r t i l g a n g s a r t , - g e s e t z , f., bei der ausrottung von Ungeziefer und schädlichen thieren BREHM ihierlebeh 2, 30; OKEN naturgeschichte 7, 11. — V e r t i l g u n g s e i f e r , - h a s z , m., - g l u t h , f.: Unteroffiziere . ., die sich wohl auch, in ihrem Vertilgungseifer (im gefecht) übernehmen können M. GREIF nachgel. Schriften 124; jeder krieg . ., wenn er auch ohne allen schein eines Vertilgungshasses aus gewöhnlichen Ursachen geführt ward NIEBUHR röm. geschichte 1, 116; sie entrisz Anchisens laren Ilions vertilgungsgluth BÜRGER 1, 127*. — v e r t i l g u n g s h e e r , m., - j a g d , / . , - k ä m p f , - k r i e g , m.: (da) schickte er ein vertilgungsheer in deren land R I T T E R erdkunde 2 , 455; trotz der wahnsinnigen vertilgungsjagd (auf hasen und rehe) ROSEGGER Schriften 7, 321 ; die geschichte des groszen Vertilgungskampfes zu erzählen ZSCHOKKE 7, 65;

1916

mir ist von dieser wüthenden parthey der grimmige Vertilgungskrieg geschworen SCHILLER 12,453 (M. Stuart 1269; vgl. 3218). — V e r t i l g u n g s l e h r e , - m a h n u n g , f., die ausrottung schädlicher insecten betreffend HARTIG forstl. lex. 888; die politischen Vertilgungsmahnungen gegen diese ketzer GERVINUS gesch. d. d. dichtung 2, 166. — v e r t i l g u n g s m a s z r e g e l , - m e t h o d e , f., - m i t t e l , n., gegen schädliche insecten: ROSSMÄSSLER der wald 270; R I T T E R erdkunde 8, 801; allg. d. bibliothek 86, 178. — v e r t i l g u n g s m e e r , n.: suche nicht den ström zu hemmen, der so lang' sein bett nur füllt, bis er zornig vor den dämmen zum Vertilgungsmeer entschwillt BÜRGER 1, 45 A. — vertilgungsplan, -schlusz (entschlusz), m„ - S c h l a c h t , f.: während beide parteien sich schon in vertilgungsplanen steigerten und überboten ZSCHOKKE 9, 313; es w a r eine Vertilgungsschlacht NIEBUHR röm. geschichte 3, 502; (sie) gingen über EU des abfalls heer, wo sie nun vertilgungsschlüsse faszten, wir beschlossen keine gegenwehr JUNG-STILLING 2, 468. — V e r t i l g u n g s s u c h t , f., - s y s t e m , n.: die gantze Cristenheit wandte sich gegen diese secten . . mit gleicher Vertilgungssucht w i e gegen die juden GERVINUS gesch. d. d. dichtung 2, 162; aber w e r trägt denn die schuld an diesem unsinnigen Vertilgungssystem? HAUFF 2, 187. — v e r t i l g u n g s w e r k , n.: den söhn in seinem Vertilgungswerke zu stören, obwol der dadurch angerichtete schaden ihm sehr empfindlich sein muszte MEYR aus dem Bies 2, 436. •— Vertilgungswerth, - w ü r d i g , adj.: so war mir seine erscheinung . . unerträglich, vertilgungswürdig KELLER I, 157; ha, um so mehr abscheulich, widrig, ganz vertilgungswerth FOUQUÉ held des nordens 2,108. V E R T O B E N , verb., zu toben, mhd. nhd. vertoben mhd. B wb. 3, 47 ; LEXER 3, 270; defervere DIEFENBACH-WÜLCKER 569; STIELER 2283; KRAMER 2, 1093°; desaevire DENTZLER 3l4 b ; leniri, sedari KIRSCH 2, 315»; CAMPE. Schweiz. STALDER 1, 272; SEILER Basel 106; schwäb. FISCHER 2, 1380. mnl. verdoven VERDAM 619*. über die verschiedenen bedeutungen vgl. WILMANNS gramm. 2, § 126, 4 B und 6. 1) 'übermäszig in den zustand des tobens gerathen, stark toben', nur in• älterer spräche, intrans.: hui teuffei, ich musz verrasen, . . ich vertoh, halten mich FISCHART Garg. 366 neudr.; in zwlvelm muote si vil gar vertobeten minnesinger 3, 60B Hagen. besonders im part. prät.: das m a n ' n s ö vertobet sach úf die geloubigen an den touf pastional 259, 46 Köpke. mhd. auch reflexiv. 2) perfectiv, 'aufhören zu toben, austoben', von menschen : got der sis gelobt da; et Hagen hät vertobt, der künde strits nie werden sat die klage 1761 Lachmann; sein zorn ist vertobet STIELER; ich . . müsz in also über stock und stein füren, wann ich ihn heymbringe, das er hat vertobet SCHUMANN nachtbüchlein 292; weil dann ein Sprichwort sagen thut, das die jugent vertoben müsz AYRER dramen 2658 Keller; ABRAHAM A ST. CLARA Judas 3, 412; KIRCHHOFER schweia. sprüchw. 194; schwäb. bei FISCHER; m a n musz die jugend vertoben lassen, die jugend musz vertobt seyn SCHELLHORN sprichw. 99. dafür heute üblicherjugend musz austoben. von dingen, die sind: er (der most) und vertobt SEBIZ stürm in der stadt

in gährung und waUung begriffen habe . . gantz und gar auszgewütet feidbau 522; (er) liesz den ersten vertoben ZSCHOKKE 32, 59;

die fluten angst, die sich in mir empöret, vertobten nach und nach HALLER ged. 156 Birzel.

1917

VERTÖBERN -

VERTÜLLEN

mit richtungsbestimmung : der ström vertobt in ein friedliches thal CHAMISSO 3, 37. von gemüthsbewegungen: doch nach vertobtem Wahnsinn fällt wie tan ein langer Schlummer auf dein aagenlid MÖ&IKB werke 3, 120. rejlex. gebrauch in demselben sinne: die wilde flamme an ihm (dem angreifer) sich vertoben lassen SCHUBART Schwab, thron,. (1789) 486; das gewitter hatte sich vertobt ROSEGGER Schriften 3, 144; der affect vertobt sich LUDWIG 5,133. 8) trans., 'tobend durchdringen, vergeuden': die dan dar tören lop ir guot vertcerent nnt vertobent, die haben der tflren lop REINMAR V. ZWETER 121 (2,199® Hagen). nhd. 'die zeit tobend hinbringen, durchrasen': eine ganze stände vertoben CAMPE; die jähre, die andere in dem freien leben der Universität vertoben GERVINUS gesch. d. d. dichtung 6, 130; meine erinnerung an die vertobte Vergangenheit drückt mich mehr, als sie mir wohltut ANSELM FEUERBACH an die mutter l, 223. VERTÖBERN, verb., s. vertäuben D (sp. 1865). VERTÖFFELN, verb., nur obd. l) intrans., 'zum töffel (th. 11 630) werden, verblöden': der schlug, wenn's etwa galt, auch einmal los und liesz den mann am herde nicht vertfiffeln GRILLPARZER 8,134 (Libussa). 2) trans.: Schweiz, elsäss. schwäb. verdöffle", vertSSle» 'verhauen' SEILER Basel 106; MARTIN-LIENHART 2,668*; FISCHER 2, 1881. schwäb. auch 'schelten'. VERTOLLEN, verb., zum adj. toll gebildet, ein vorzugsweise md. und nd. wort, virtollen, insipere DIEFENBACH gloss. 801*; vertollen, austollen, ad sanitatem redire STIELER 2282; CAMPE, mnd. vordullen intr. und trans. SCHILLER -LÜBBEN 5, 947*; mnl. verdullen, verdollen ebenfalls VERDAM 619 B ; KILIAN S86*; nl. verduld 'verdammt/', vgl. mengl. fordallen STRATMANNBRADLEY 236". 1) üblich ist nur aas part. prät. in adj. gebrauch 'toll, von sinnen': das du . . so thumbküne und vortolt bist JONAS wilch die rechte Jrirch ist (1684) D 3 b ; ein vertolter heuchler und schwermer H l * ; die übrige die eben so närrisch und verdollet in den köpffen waren als er Simpl. 576 neudr.; frecher krieger, du vertollter landbetrttger BUKEN Pegnitz tchäferey 37; myt ghedult, al unvonchnlt, gar mannichfalt wart he vordult Brauntchweiger echichtepiel 2105 (D. städUchron. 16,169). in den lebenden mundarten: elsäss. vertollt 'nicht bei klarem bewusztaein, im fieber' MARTIN-LIENHART 2,677*; luxemb. verdolt 'von sinnen' lux. wb. 468b ; eng verdolt krankheet, 'hitziges fieber' GANGLER 466; brem. verdulld, 'verzweifelt, verteufelt brem. wb. 1, 269; holst, verduld 'drollig' SCHÜTZE 1.868; 4 , 302; nach CAMPE letzteres auch in dem sinne 'das sieht sehr arg aus', in Osnabrück verdullt 'verdorben, verdorrt': et is verdullt in der eerde sagt man, wenn der same gar nicht aufgeht oder auch die wurzeln vor hitze in der erde vergehn STRODTMANN 267. das intrans. 'toll werden, toll sein' ist in anderen formen veraltet, obwohl CAMPE bucht: da möchte man vertollen ; dannoch kompt er mit seiner tieffen speculation . . , dasz er beinahe darinn verdollt FISCHART binenkorb 74B; dasz er vertollet in dem köpf LINDBNBORN Diogenes 2, 32; an beyden syden se ganz vordullen JOSEF todiünden 4165. 2) ein per f . vertollen 'aufhören zu tollen, bis zur erschöpfung tollen' CAMPE kann wie vertoben 2 gebraucht werden: er vertollet, impetus consenescit, in quietem abit STIELER. 3) trans.: das geld vertollen, 'auf eine tolle art durchbringen, verthun'; den abend vertollen, 'verbringen, zubringen' CAMPE; wir haben manche mitternacht mit

VERTÖLPELN — VERTONUNG

1918

einander vertollt HAUFF 5, 62. anders mnd., 'von sinnen bringen': ik bidde dy, here, verdulle den rad Achitophes 2 Sam. 16, 81 (Lübecker bibel 1494). vgl. vertoben 3. VERTÖLPELN, verb., 'zu einem tölpel (th. 11«, 668) machen oder werden', es ist eine ähnliche, aber jüngere bildung wie vertöffeln, vertollen («. d.). vgl. mhd. verdörpem LEXER 8, 97; mnd. vordorperen SCHILLER-LÜBBEN 6, 341». intrans. 'tölpelhaft werden' CAMPE, part. prät. 'verblendet, vernarrt': er sah und hörte mich nicht, so tief war er vertölpelt in seinem erfolgsdusel ROSEGGER nixnutzig volk 3. refiex. mnd.: dat de vrowe sie vordorperde ofte vordorperet hedde bi eres mannes levende Rigaer quelle bei SCHILLER-LOBBEN. trans. 'durch tölpdei verscherzen, sieh verlustig machen, verlieren' CAMPE; moribus efferatioribus sibi deesse, gratia excidere STIELER 2282. 1 VERTÖNEN, verb., 'aufhören zu tönen, verklingen' CAMPE; ein weichlich geklingel vertfinet im ohre DENIS lieder Sineds 80; die stimmen der Sänger eretarben, die klänge der instrumente vertönten GAUDT 14, 48; bis der gottesdienst aus war . ., als kaum das ausläuten (der glocken) vertönt hatte H. HESSE diesseits 102. subst.form in übertragener bedeutung: der Sternenhimmel schlug funkelnd über sie zusammen, und das entweichende vertonen spülte die aufgehobnen seelen vom erdenufer los JEAN PAUL werke 7/10, 618; ein . . vertonen der emp&ndung AUERBACH Schriften 5, 57. 'austönen, tönend Übergehn': da bricht der jubel los, bis die willkommengrttsze vertonen in ein mächtiges gedieht LILIENCRON 12,19 (Poggfred 13). schwäb. vertonen, vertönen 'antworten' ist wohl fälschlich an tönen angelehnt vgl. FULDA versuch 649; SCHMID 183; FISCHER 2, 1381, 1377. in ganz abweichendem sinne wird mhd. verdienen 'verklatschen' gebraucht mhd. wb. 1, 383*; LEXER 8, 97. — V e r t o n u n g , f., subst. in abweichender bedeutung, 'abtönung': die stimmlaute . . sind vielfacher Vertonung fähig BREHM thierleben 4, 475. 2 VERTONEN, verb., in jüngster zeit zum ersatz für das fremdwort componieren mit unmittelbarer anlehnung an das subst. ton gebildet: Richard Strausz hat Wildes Salome mit congenialem nachempfinden vertont; vgl. WEIGAND-HIRT. das wort hat sieh durchgesetzt sammt den subst. v e r t o n e r für componist und V e r t o n u n g für composition, obwohl es anfangs mit etwas spöttischem beigeschmack gebraucht wurde: vertonen, vertoner KLENZ scheltenwb. 79*. heute ernsthaft: seitdem seine (Möri• kes) lieder durch Hugo Wolfs Vertonung das entzücken vieler tausende geworden sind HEINEMANN deutsche dichtung 200.

3 VERTONEN, verb., bisweilen mit falscher anlehnung an tönen auch als vertönen gebraucht, ist nd. herkunft und nur vereinzelt in die Schriftsprache übernommen worden•• mnd. vortonen 'zeigen, vor äugen stellen, lehren, andeuten, offenbaren' (neben gleichbedeutendem vortögen) SCHILLER-LÜBBEN 6, 475*; mnl. vertonen (neben vertogen) VERDAM 640B; KILIAN 607B. in neueren mundarten vertonen 'vorzeigen, sehen lassen' brem. wb. 6, 81 ; ostfries. fertönen DOORNKAAT l, 470*; hamburg. vertönen 'verstellen, geberden' RICHEY 309. aus dem, nl. vertoonen ins dän. und schwed. Übernommen: fortone sig, förtona sig 'sich zeigen, erscheinen', in der seemannsprache bezeichnet vertonen die art, in der sich die gegenstände auf dem meere dem auge zeigen vgl. FALKTORP etym. wb. 264. — dazu das subst. V e r t o n u n g , f., 'Schaustellung, darStellung, erscheinung': des landes, der kästen, eine perspectivische abbildung oder Zeichnung einer kilste oder

VERTÖNUNG -VERTÖTEN

VF.RTRABEN-VERTRACKT

eines Vorgebirges aus einem gewissen gesichtspunkt be-

nichten' Sc H I L L E R - L Ü B B E N 5, 339 b ; nhd. in solchem g r a u s a m e n gesicht und zuschreyen . . w i r d er w i e h a l b vertödtet, f ä l l e t . . auff seine knye nieder . ., w i l beten PRÄTORIUS blocksberg 577; nun können w i r die zeit, so sonst zum- sinnen und leeren grübeln . . vertötet werden muszte — z u m edeln ernst benutzen F. L . JAHN 2, 705.

1919

trachtet (auf Seekarten üblich) RÖDING wb. der marine 2, 843. mnd. vortoninge SCHILLER-LÜBBEN 5, 475*; mnl. vertoninge VERDAM 640B; K I L I A N 607 B ; nl. vertooning

'Schaustellung, aufwand'; 1, 470*; brem.

ostfries. fertöning DOORNKAAT

Vertonung: allerhand Vertonungen,

'aller-

lei gestalten' brem. wb. 5, 81; Hamburg, allerhand Vertonungen RICHEY 809. literarisch sind die formen verthönung, verthanung, verthaunung

entstellter form

bezeugt,

letztere

in

auf hochdeutschem Sprachgebiet: mittler-

weile sie n u n von dem Vellocatus kein aug verliesz, und der könig sie eben so sehr anschauete, brach Martagnis endlich diese s t u m m e verthönung A. U . v . B R A U N SCHWEIG Octavia 4,244; darunter vier kleine j u n g e n verborgen, an den vier eken desz schauplatzes stillstehen, und bisz z u m abzug der verthanung beharren HARSDÖRFFER gesprechspiele 8, 205; die verthaunungen (welches w o r t v o n den Niederteutschen geborgt) sind s t u m m e gebrechen, mit w e l c h e n eines jeden gemüts meinung auszgedruckt w e r d e n k a n l , c V I I I ' / D I » . vgl. bei dem-

selben Schriftsteller vertreck. auch älter nd.: nach ausweiserung der vertahnung ('Zeichnung, risz, baurisz') nd. correspondenzblatt 15, 54; 16, 10. VERTÖNUNG, VERTONUNG, tonen, 3 vertonen.

s. i vertonen, 2 ver-

f.,

VERTONNEN, verb., zum subst. tonne, in der bergmannsprache: 'einen Schacht mit tonnenfach verseihen, mit hölzern auskleiden', auch austonnen VEITH bergwb. 541. — dazu v e r t o n n u n g , f., l ) das vertonnen. 2) das tonnenfach selbst: (es) w e r d e n durch das fördern auf stollen u n d schachten die gestängfahrten, fördermaschinen und die vertonnung abgenutzt ebd. — vgl. nl.

vertonnen 'in andre tonnen packen, umpacken'

SICHE-

RER-AKVELD 1194». Y E R T O P P E L N , verb.,

s. verdoppeln.

VERTORFEN,

von

torf

wer-

den, in torf Übergehn', gewöhnlich im part. prät.;

bil-

verb.,

torf gebildet,

'zu

dung des 19. jhs.: ein solcher saurer, verkohlter und i m eigenen sinne vertorfter h u m u s SCHWERZ ackerbau 40; die wiesenmoore, w e l c h e . . aus d e m vertorften w u r z e l g e w e b e verschiedener saurer halbgräser gebildet w u r d e n ALLMERS marschenbuch l, 79. — dazu V e r t o r f u n g , / . ,

'der Vorgang des vertorfens':

den ganzen

prozesz der

Verwitterungen, an- und a b s c h w e m m u n g , Vertorfung und eisensteinbildung unseres norddeutschen Schwemmlandes l , 10; 97. V E R T O S E N , verb., perfectivbildung

tönen, 'aufhären, zu tosen'; nachweisbar,

älter md. in intrans. 8, 67*; LEXER 3, 272;

doch schon

wie vertoben, ' v e r -

erst im

19. jh.

literarisch

von STALDER 1, 292 und

CAMPE

gebucht. LENAU 472; werde ruhig, werde friedlich, lasz den schlachtgesang vertosen STRACHWITZ ged. 166; so vertost der ganze plunder (die erscheinung), nüchtern liegt die weit wie ehe EICHENDORFF 1, 685.

VERTÖSEN, verb., 'verprassen',

causativbildung

zum

verschwei-

ich wil in (den ablast) nit underston ze lösen, wir wend das unser sunst wol vertösen N . M A N U E L von papst und priesterschaft 1249 Bächlold; hat Tigillus sin vätterlich und müterlich erb, schanntlich . . vertöset mit zevil uszgeben RIEDERER rhetoric c ib. thüring. zeit vertösen, 'vertändeln' HERTEL 245;

auch preusz. die zeit verdösen, 'verträumen', eine Verabredung verdösen, 'vergessen, versäumen'; in den mundarten wohl weiter verbreitet. — dazu v e r t ö s e r , m.: prodigus, geuder, vertöser, brässer SCHÖPFER syn. c l ' ; v o n eim güder ( V e r g e u d e r ) oder vertöser RIEDERER rhetoric c ib.

VERTÖTEN, verb., ungebräuchliche

'absterben'

mhd. wb.

stn ongen begunden im röten, sin herze im vurtöten HEBBORT V. FRITZLAR troj. krieg 1530. preusz.

vertoten

gebraucht

vom

'absterben,

FRISCHBIER 2, 429. —

dazu, mnd.

des

beines

v e r t ö t u n g , f.,

einschlafen'

subst.

vordodinge SCHILLER-LÜBBEN

5, 339B.

VERTRABEN, verb., 'durch traben vertreiben, verlieren machen' CAMPE, kaum üblich; nur in reflex form bezeugt: laufe und trabe w i e du willst, das übel läszt sich nicht vertraben CAMPE; zum spil hab ich kein glück gehabt, hat sich verdrabt. das musz ich lassen geschehen FORSTER teutsche liedlein 185 neudr.

'einen fehltritt

begehn': es ist. . nicht der kleinste unter-

scheid zwischen d e m m a n n einer frau die sich vertrabet hat, und zwischen d e m m a n n einer t u g e n d h a f t e n

frau discourse der mahlet 8, 199. anders nl. verdraven, trans. 'um etwas in, die teette traben'

SICHERER-AKVELD 1164°.

V E R T R A C H T , f . m.,

s. vertrag.

VERTRACKT, adj. und adv., von hause aus umlautloses part. prät. zu dem verb. vertrecken 'verziehen, verzerren, verwirren' (». d.). es erscheint als selbständiges wort zuerst auf mitteldeutschem boden. die ältesten belege finden sich bei schlesischen Schriftstellern; in der vorrede zu RÄDLEINS sprachmeister (1716) wird es als meisznisch erwähnt {vgl. KLUGE etym. wb.), in ESTORS teutscher rechtsgelahrtheit (1767) 1422 als oberhessisch ('boshaftig'); ADELUNG bezeichnet es als im gemeinen leben und der vertraulichen sprechart sehr häufig und so wie verzweifelt gebraucht; entsprechend CAMPE 'äuszerst verworren, seltsam, arg und unangenehm', in den lebenden mittel- uñe niederdeutschen mundarten sehr häufig: thüring. HERTEL 246; mansfeld. JECHT 119a; in Leipzig und Berlin ALBRECHT 231», BRENDICKE 189"; lausitz. ANTON 5, 18 ( o f t 'listig'); in Posen BERND 8S8; preusz. FRISCHBIER 2 , 4481 (auch 'verstockt'); pomm. DÄHNERT 528b

(noch 'verunstaltet'); kehrt, unförmlich'); artig');

Osnabrück.

waldeck. BAUER-COLLITZ 32* ('verköln. HONIG 195» ('übelgelaunt, bösSTRODTMANN 262 {als adverb.

'sehr'),

in die obd. mundarten ist es erst aus der Schriftsprache eingedrungen: Schwab. FISCHER 2, 1881; Schweiz. SEILER Basel 106; elsäss. M A R T I N - L I E N H A R T 2, 753». im 18. jh.

der donner und der stürm vertosten, die luft voll duft und liedern weht

vorigen; dilapidare, verbrassen, uffwenden, gen, vertösen SCHÖPPER syn. c l ' . obd.:

Verwendung,

1920

denominativbildung

von tot für das übliche töten: md. vordotin, dotslan DIEFENBACH gloss. 304»; mnd. vordoden 'ertöten, ver-

wird es von obd. schriftsteilem aufgenommen und macht sich besonders in Österreich heimisch, in der heutigen Schriftsprache

ist

vertrackt

nach

EBERHARD-LYON

ein

derber kraftausdruck für verzerrt in seiner uneigentlichen bedeutung; ob es im bewusztsein der gebildeten zu lat. contract 'verkrümmt, zusammengezogen' in beziehung gesetzt und daher als fremdwort empfunden wird (ebd.), ist wohl recht fraglich, es wird thatsächlich ganz wie verdammt, verflucht, verteufelt (s. d.)

gebraucht.

1) die grundbedeutung 'verzerrt' scheint GÖTHE noch deutlich vor äugen zu haben: meist schöne männer, keine einzige vertrackte gestalt, mehrere grosz 30, 128 Weim.; sagte der leidige p f a f f e , mit so einer gewissen

vertracten miene 44, 288. in doppeltem sinne von körperlicher entstellung wie geistiger vericirrung: absurd ist's hier, absurd im norden, gespenster hier wie dort vertrackt, volk und poeten abgeschmackt 15,144 (Faust 7793).

gebraucht:

ausz

einem halsstarrigen und vertrackten bösen sinne TORIUS blocksberg 295;

2) in verblaszter bedeutung attributiv

PRÄ-

so züchtigt mir den geilen Midas-sohn, bis sein vertracktes feil die spate reu empfindet GÜNTHER ged. 492;

1921

VERTRAG

winterbeulen machst du mir, du vertrakte liebe! SCHILLER 1, 350;

«ine Yertrackte art die leute zu bedienen I W I E L A N D werke (1794) 12, t l (Sylvio 2, 5, 4); das vertrackte französische wort K R E T S C H M A N N 4, 15; die dreifach verhüllte, vertrackte geschieht' A N Z E N G R U B E R »,309; das vertrackte baumwollenspinnen B R Ä K E R 8, 96; die vertrackten phrasen hingen sich aneinander wie harzige kletten K E L L E R E, 310.

mit

persönlichem

subst.:

1922

VERTRAG

der vertrackte bösewicht

L O H E N S T E I N Arminiua 9, 1554; ein vertrackter kerl der Schnaps! G Ö T H E 17, 262 Weim.; so ein vertrackter tausend sa sa S C H I L L E R 8 , 360 (kabale l , l); 'löttervolk, vertracktes!' zeterte die Traudel R O S E G G E R Schriften 3, 103.

3) seltener in anderer form, prädicativ: ey, vertrakt, wenn ich nur erstlich wieder heraus wäre! L E S S I N G 2, 28 (misogyn 2, 6). adverbial: die guten leute . . , die mich so vertrackt ansehen F R I E D R I C H A R N D T in,Arndts Schriften an s. I. Deutschen l, 86. gesteigert: wo ist dann deutsche art? — auf, zeigt mir sie, statt launen, immer bunter und vertrackter

GRILLPARZER 2 , 1 8 3 ;

als ich hier ankam, hatte ich an einem tage den vertracktesten contrast zu schauen I M M E R M A N N 2 0 , 1 7 6 . als subst. gebraucht: aber etwas geschmackloses, etwas vertraktes musz hinein V I S C H E R auch einer 2, 840. — C A M P E bucht dazu d i e v e r t r a c k t h e i t ; kaum üblich. V E R T R A G , m., substantivbildung zu vertragen. die nebenform v e r t r a c h t erscheint auf mittel- und niederdeutschem boden bis zum 16. jh.: md. vertraht, f . m., mhd. wb. 8 , 78 B ; L E X E R 3 , 278; thüring. urkunden ebd.; obir die vertracht und betedigunge schles. lehnsurkunden 1 , 241; zum vertracht, zum frieden F A B E R thesaurus 8 4 6 * ; da ward ein solcher verdracht gemacht b B Ü S C H I N G lüneburgische chron. 24 ; wie auch in andern verfrachten, da es leib und gut betrifft, oft geschieht, dasz ein verbundnis zu nicht wird L U T H E R briefe 3 , 2 6 2 ; der endliche frieds vertracht R O L L E N H A G E N indische reisen 54; thorheit ists, das man im vortracht, die man mit seinem feinde macht, sein besten vortheil ubergibt

W A L D I S Eeopus

1, 72.

mnd. vordracht, f . , häufiger als vordrach S C H I L L E R L Ü B B E N 5, 341/.,- verdracht, vordracht als veraltet bezeichnet im brem. wb. L, 288, ebenso bei F R I S C H 2, 380°. auf md. boden erscheinen auch die formen verdrag und Vortrag: von des wegen der keyser eynen verdrag mit im anname hertzog Ayrrum I v i b ; vermöge eines . . zwischen den keuifern undt besitzern der herrschafft aufgerichteten Vortrages acta publica l, 48 Palm. eine diminutivform v e r t r ä g l e i n , «... bildet H E I N E : auf jedem feigen verträglein, das gegen den liberalismus geschlossen wurde, prangt obenan das . . . Siegellack (Österreichs) 7, 290. 1) mit geringen ausnahmen schlieszen sich die belege für vertrag sämmtlich an vertragen III an und treten in dem heute allein üblichen sinne auf: pactio, conventio D I E F E N B A C H gloss. 405"; pactum, conventio, condescensio voc. inc. teut. ii 5 b ; vereynigung, uberkummung, verbyntnusz, vertrag gemma gemmarum r8*; 91 b ; das überein kommen, der vertrag A L B E R U S Kk i j b ; foedus, pundt, pündtnusz, Verbindung, vertrag und frid F R I S I U S 573 b ; M A A L E R 434 c d ; eines gerichtshandels auszspruch b C A L E P I N U S 874 ; vergleichung, gütliche S C H O T T E L 6 4 7 B ; S T I E L E R 2814; K R A M E R 2 , 1 1 1 2 " ; D E N T Z L E R 8 L 4 B ; F R I S C H e b 2, 880 ; A D E L U N G . C A M P E verdeutschungswb. 453 , 454»

will es zum ersatz für pactum durchgeführt wissen; schon Z E S E N hat es für contract eingesetzt vgl. K L U G E 4 von Luther bis Lessing 185; zeitschr. f . d. Wortforschung 14, 76».

mnd. vordrach S C H I L L E R - L Ü B B E N a. a. 0.; mnl. verdrach V E R D A M 619*; pactum, pactio, compositio, conventio, conciliatio, decisio, concordia K I L I A N 5 8 5 " ; nl. XII.

verdrag; ostfries. verdrag W O E S T E B

H E L M S 135 .

ferdrag D O O R N K A A T 1 , 4 4 4 * ; 290*. ins schiced. übernommen nach F I S C H E R 2, 1381 ist vertrag

lich nicht eigentlich populär;

vertrage ist geläufig.

doch vgl. 2.

die

westfäl.

fördrag

mundartmehrzahl

a) bedeutung: vertrag ist die gegenseitige bewilligung einer zusage, ein versprechen mit gegenversprechen, besonders eine feierliche Verabredung einer solchen bewilligung; im gemeinen leben ein contract, in manchen fällen auch der vergleich, bei einem vergleich wird vorausgesetzt, dasz der gegenständ vorher streitig gewesen, was vertrag unentschieden läszt A D E L U N G ; durch Verträge können blosz unvollkommene rechte in vollkommene, unbestimmte pflichten in bestimmte verwandelt werden MEND E L S S O H N Schriften 8, 196. der vertrag ist: eine natürliche begründungsart von rechtsverhältnissen JHERING geist des röm. rechts 115; nach dem bürgert, gesetzbuch die durch antrag und annähme des antrags zu stände gekommene Willenseinigung zweier parteien; eine Unterart des rechtsgeschäfts und zwar ein zwei- oder mehrseitiges, über unsern 'vertrag' im älteren germanischen recht GRIMM rechtsalterthümer 2, 140; PAULS grundrisz 8, 158.

b) das bündnis ist eine art des Vertrages C A M P E ; das verlöbnisz war ein vertrag, durch welchen mann und weib sich zu einem haushalt und gründung einer familie für das ganze leben verbanden F R E I T A G werke 17, 87; ein geystliche ehe und natürlicher vertrag zwischen diesem mann und weib F I S C R A R T binenkorb H3b; apotecker, medicus th&ndt dir warlich nttt umb suszt, dann sy beid hondt ein vertrag MURNER narrenbeschwörung 102 neudr. zum theil in Verbindung mit synonymen: recht, urthail,

vertreg . . zu bestetigen K N E B E L ICaisheimer chron. 5 2 ; und was dann von den fürsten des reiches erkant, das solt bei eines reiches vertrag, straff, urteil und determination stehn F R A N C K chron. Oermaniae 113; wo sie . . auff guten glauben handeln . . . mit daiding, vertrag und verschreiben SACHS 17, 388, 34

so schafft, dasz, die man euch wird nennen, fiir uns mit eyden sich zu dem vertrag erkennen

Götze;

GRYPHIUS trauersp. 209 (Catharina 3, 354); sie entbieten mir einen vertrag G Ö T H E 8 , 112 Weim. (Götz); auf welchen vertrag ich freundin seyn will, das habe ich ehrlich vorausgesagt I F F L A N D 11, 87; die jahresrente, die der gnädige laut vertrag an seine ausländischen vettern zu entrichten habe H O L T E I erz. Schriften 4, 129; kraft Vertrags, auf vertrag K R A M E R . übertragen: die anknüpfung irgend eines gedankens mit einem laute der menschlichen stimme beruht auf einem vertrage des sprechers und des hörers P E S C H EL Völkerkunde 108.

c) vertrag erscheint

in einer reihe bestimmter

Wen-

dungen: ein vertrag und tädingstuck annemmen und verwilligen, in einen vertrag gon, accedere F R I S I U S 1 4 B ; einen vertrag oder vereynigung machen, pacisci 9 8 8 B ; und der könig verwilliget in den vertrag, den Lysias mit Maccabeo und den jüden gemacht hatte 2 Macc. 11, 23; und eynen vertrag mit ine machten ine zu geloben, das sy sie nit tödten Sölten erste d. bibel 4, 445, 24; forthin ich kein vertrag auffricht, bisz der grim todt das leben bricht

SPRENG

die muse, schlau besonnen, ging den vertrag bald ein

Ilias

309B;

SCHILLER 1, 352;

sobald der vertrag geschlossen war M. J. S C H M I D T geschickte der Deutschen 1, 221. K R A M E R kennt die Wendungen: einen vertrag miteinander machen, stiften, in vertrag treten, sich in einen vertrag einlassen, zum vertrag schreiten; das heute überwiegende schlieszen aber findet sich nicht vor A D E L U N G erwähnt, und erst bei CAMPE ist einen vertrag über etwas mit jemand schlieszen als die herrschende gute wendung durchgedrungen. den vertrag halten, brechen: sto pacta, ich halt den vertrag, fall nit ab A L B E R U S ; C A M P E ; und schwuren einander, ihren vertrag ewig zu halten B Ü R G E R 2 5 6 * ; 121

1923

VERTRAG

VERTRAGSABSCHLUSZ — ERBE

ein vertrag, den sie so leichtsinnig brachen, kann mich nicht mehr binden SCHILLER 3, 471 (kabale 4, 9).

trag gehabt haben sächs. urkunde v. 1536 bei HALTAUS 1906; alle, die umb gottes worts willen etwas thun, die müssen solche hohe Unehre und schände dulden und leiden, und wirds ir keiner vertrag haben LUTHER bedencken etlicher gelarten 2, 4»;

d) im letzten falle handelt es sich offenbar um eine eoncrete Verwendung 'der contract, das document, die Urkunde': vertrag und köuff in geschrifft gestelt, verschreybung oder schuldzädel, perscriptiones FRISIUS 989B; {im jähre) 1800 hat man angefangen um wichtige Sachen, als kouff, . . vertrag . . in tütscher sprach ze schriben TSCHUDI helvet. chron. 1, 102; hat käiser Rudolph . . . gebotten, dasz man alle , . . Verträge in deutscher . . . spräche verabfassen . . solte HARSDÖRFFER secretarius l, a v n b ; warum verschmähte sie's, den Edinburger vertrag zu unterschreiben SCHILLER 12, 404 {M. Stuart 106); und wir wollen auch neben euch den vertrag sigeln zugeleich AYRER dramen 239, 34 Keller ; o Uppen ihr, die thore des odems, siegelt mit rechtmäsz'gem küsse den ewigen vertrag dem wuchrer tod! GÖTHE 9, 270 Weira. {Romeo 1950); wie der vertrag auszweiset, so im 1407. jar auffgericht MATHESIUS Sarepta 17». sprichwörtlich vom 'vergleich': dann besser ein mager Vortrag als ein fett urtheil MOSCHEROSCH Philander l, 241; ein magerer vertrag in gute ist besser als ein feister, der mit recht vertheidigt wird WANDER sprichw. 4, 1618. persönlich gedacht: vertrag bricht allen streit 1614; o eine that, die aus dem körper des Vertrages ganz die innre seele reiszet Shakespeare 3, 272 (Hamlet 3, 4). 2) in nd. mundarten bedeutet vertrag in näherer anlehnung an das verb. 'das vertragen, einvernehmen, die Verträglichkeit, eintracht': et is kein vordrag zwischen den beiden jahrb. f . nd. Sprachforschung 84, 62•; preusz. FRISCHBIER 2, 4481; altmärk. dat is'n verdrag as üln und krein DANNEIL 237, 276; westfäl. he es van guadem verdrag WOESTE 290". HEYNE verzeichnet als wort des gemeinen lebens: in dem hause ist kein vertrag; wo kein vertrag ist, da ist auch kein segen im hause denkw. u. erinnerungen eines arbeiters 63 Göhre; kein verdrag — kein verschlag FRISCHBIER preusz. Sprichwörter 1, 273. seltener in der literatur: durch busse kegen gott und freundlichen vertrag . . . für den menschen LUTHER 18 , 382, 15 Weirn.; vgl. 336, 12; dann die kirch gottes hab mit inen kein vertrag NAS antipap. 2, VII*; sein friedliebendes gemüthe brachte die . . in Deutschland erwachsene zwytracht . . . zu einem vertrage LOHENSTEIN Arminius l, 171*; meine schwestern, wenn ihr zu einigem vertrage kommen wollt, miiszet ihr . . die Wirkungen unterscheiden, auf die ihr arbeitet HERDER 15, 280; Staaten, mit denen Rom in vertrag stand NIEBUH R röm. geschickte 8, 609; und wir tranken vertrag mit einander, was ich gerne that, ob ich gleich dem frieden wenig traute HEBBEL 8, 182. 3) zu vertragen II 8 gehört vertrag 'verzug, aufschub', das CAMPE als landschaftlich bezeichnet: die sache hat vertrag, 'sie leidet aufschub'; lausitz. es hat noch vertrag, 'hat nicht eile' ANTON 14, 14; pomm. DÄHNERT 519b. mnd. SCHILLER-LÜBBEN; mnl. sonder verdrach, 'ohne verzug' VERDAM; cessatio, dilatio KILIAN, früher ist es auch obd. und md. nachzuweisen: cessatio pugnae pactitia, der anstand oder vertrag des kriegsz FRISIUS 205b; welcher {aufstand) . . durch einen vertrag und anstand auf 20 jähre beygeleget worden BIRKEN Donaustrand 166: in hoffnung geburlichen vertrag zu erlangen Casseler urkunde v. 1507 bei DIEFENBACH-WÜLCKER 570. 'dauer, bestand' LEXER: vrevelich gewalt di lenge nicht gewerin mac noch wil habin virtrac md. schachbuch 172, 9 Sievers. 4) 'geduld, nachsicht, nachlasz, erlasz' {zu vertragen II) erscheint nur obersächsisch und nd.; vertrag haben, 'überhoben sein': ihr soltet euch dermaszen in die sache geschickt haben, dasz wir dieses anlangens solten ver-

1924

dorumme durch den sujen smag hat er lenger sin vertrag und let i j nicht hin gliten snel ; er helet 13 in siner kel md. paraphrase des buches Hiob 8060 Karsten; edder mach ik des nicht hebben verdrach, man sette my kamp, velt un dach Reinke de I'os 4428. vgl. SCHILLER-LÜBBEN; mnl. VERDAM; abstinentia, relaxatio KILIAN. 5) zu vertragen I 6 gehört trug, gewinn' LEXER;

ein ganz

vereinzeltes

'ein-

nust doch mfn h6ste vortrac, daj ich an si gedenken mac md. ged. 3, 145 Bartsch. Schweiz* vertrag, abtrag, 'unterschied' STALDER 1, 294. — 6) zahlreich sind die Zusammensetzungen mit vertrag; sie gehören in der mehrzahl der rechtlichen und geschäftlichen spräche des 19. jh. an. um eine einfache zusammenrückung handelt es sich bei vertragschlieszend: die Türkei war jetzt zum ersten male in eine europäische conferenz als vertragschlieszende macht eingetreten TREITSCHKE deutsche geschichte 5, 117. subst. gebraucht: durch einen der vertragschlieszenden bürgert, gesetzbuch § 314. die composita erscheinen selten ohne -s in der fuge: das vertrag-gelt KNEBEL Kaisheimer chron. 488; vgl. FISCHER 2, 1388. eigentümlich in pluralform: an vertrag fressereyen . . 800 speisen GUARINONIUS greuel 861. schon im 16. jh. ist das -s in der fuge vorherrschend: Vertragsartikel, -brief, -freund, -handlung, -leute, -mann; demgegenüber findet sich noch Vertragbrief, -zeit, -widrig bei RANKE, SCHILLER, LAGARDE. vertrag-, vertrage-, vertragsbuch ist nebeneinander belegt («. d.). von adjectiven ist vertragsähnlich, -brüchig, -widrig (s. d.) nach art der subst. behandelt, ebenso die adv. vertragsgemäsz, -mäszig, -widrig; verträgewidrig aber weicht ab: von einer verträgewidrigen Unterdrückung CRAMER Neseggab 4, 484. v e r t r a g s a b s c h l u s z , m.: um die bei einem Vertragsabschlüsse üblichen gaben . . in empfang zu nehmen C.F.MEYER Jenatsch 310. — v e r t r a g s ä h n l i c h , adj.: vertrage oder vertragsähnliche Verhältnisse G Ö SCHEN Vorlesungen 22, 67. — V e r t r a g s a r t i k e l , m.: zugleich damit die verschreibung und vertragsarticul.. uberreichend FISCHART Oarg. 430 neudr.; DUEZ 235. — Vertragsbedingung, -beredung, -bestimmung, f.: die kirche . . liesz sich vor der hand gelindere Vertragsbedingungen gefallen RAUMER Hohenstaufen 6, 139; JHERING geist des röm. rechts 2-, 479; hdwb. der staatswissenschaften 7,96. — V e r t r a g s b r i e f , m„ in der älteren obd. rechtssprache 'Vergleichsurkunde' UNGER-KHULL 222*; FISCHER 2,1888; vgl. mnd. vordracht-, vordrachtesbrfif 'Vertragsurkunde' LÜBBEN-WALTHER 497b; ihre Vertrags* und pnndnisbrieff, so sie mit eynander auffgericht . . haben LUTHER 18,337,32 Weim.; ward aller gefaszter unwill zwischen ihnen auffgehaben und vertragen, und solcher vertragsbrieff.. versiegelt KIRCHHOF wendunmuth 2, 117; dem gröszern häufen . . muszte Georg Truchsesz zuletzt einen Vertragbrief gewähren RANKE 2,156. — V e r t r a g s b r u c h , » » . , - b r ü c h i g , adj.: da Ariovist wegen dieses Vertragsbruchs die dienten Roms angriff MOMMSEN röm. geschichte 8, 242; wie schamlos eine . . . Vertragsbrüchige krämerpolitik TREITSCHKE auf Sätze 2, 543. — v e r t r a g b u c h , v e r t r a g e b u c h , v e r t r a g s b u c h , n., im bergwesen üblich: vermeszbuch CAMPE; buch, in welches die entscheidungen der streitenden parteien, des bergmeisters eingetragen sind VEITH bergwb. 72, 412, 541. — V e r t r a g s d a u e r , /. hdwb. der staatsmssenschaften 6, 898 ; 7, 90. — V e r t r a g s e n t w u r f , m., - e r n e u e r u n g , f.: eine . . grosze mosaikplatte war überlegt mit Protokollen und Vertragsentwürfen C. F. MEYER Jenatsch 299; MOMMSEN röm. geschichte L, 322. — v e r t r a g s e r b e , m.: der Erblasser kann durch vertrag einen erben einsetzen . . ver-

1925

VERTRAGSFORM-VERTRAGSWEIN

t r a g s e r b e bürgert, gesetzbuch §1941. — v e r t r a g s f o r m , /..- J. GRIMM rechtsaltertkümer 1, x v m . — v e r t r a g s f r e u n d , m.: arbiter, scheidman, mittelmann, mittler, e n t s c h e i d e r , V e r t r a g s f r e u n d t SCHÖPPER Synonyma g v j b . — v e r t r a g s g e m ä s z , adv.: aber er f o r d e r e , dasz a u c h die Franzosen v e r t r a g s g e m ä s z h a n d e l n J. v . M Ü L L E R 23, 87. — v e r t r a g s g e s t a l t , /..• Joseph o f f e n b a r t e seinen eisernen willen, in v e r t r a g s g e s t a l t w a r d derselbe . . u n t e r z e i c h n e t ZSCHOKKE Schriften 34, 305. — v e r t r a g s h a f e n , m.: die Zulassung z u g e w i s s e n , dem ausw ä r t i g e n h a n d e l g e ö f f n e t e n v e r t r a g s h ä f e n hdiob. der staatswissenschaftm 4, 1079. — V e r t r a g s h a n d l u n g , / . : (sie) hatten a u c h . . die V e r t r a g s h a n d l u n g . . v e r h i n d e r t Verhandlungen über Absberg 127; SCHWARTZENBACH 83*. — V e r t r a g s k o s t e n , / . : der V e r k ä u f e r h a t d e m käuf e r a u c h d i e V e r t r a g s k o s t e n z u e r s e t z e n bürgert, gesetzbuch § 467 abs. 2. — V e r t r a g s k ö n i g , m., - m a c h t , / . , - s t a a t , m.: (die heutigen fürsten) sind V e r t r a g s k ö n i g e FICHTE 7, 603; n a c h l a n g w i e r i g e n V e r h a n d l u n g e n der drei V e r t r a g s m ä c h t e e n t s c h l o s s e n sich diese z u e i n e r t e i l u n g hdtcb. der staatswissenschaften 5, 236; 720. — V e r t r a g s l e u t e , - m a n n , m.: in der älteren rechtssprache vgl. FISCHER 2, 1883; arkitratores, g ü t l i c h e thedungsleuth, Vertragsleuth, u n d e r h ä n d l e r SATTLER phraseologey 493; ALBERUS nov. dict. 41*; v e r t r a g s m a n n , underhänd e l e r z w i s c h e n p a r t h e y e n , s c h l i c h t e r ebd.; SCHWARTZENBACH 85"; STIELER 1237. — v e r t r a g s m ä s z i g , als adj., adv., subst.gebraucht; v e r t r a g s m ä s z i g k e i t , / . CAMPE schreibt v e r t r a g m ä s z i g , v e r t r a g m ä s z i g k e i t ; R o m w a r nun s e i n e r v e r t r a g s m ä s z i g e n l e i s t u n g e n ledig N I E B U H R röm. geschickte 3 , 306; w e i l sie v e r t r a g s m ä s z i g . . i n W i e n e i n t r e f f e n m u s z t e HOLTEI erz. Schriften 11, 309; d a nun das g e s e t z l i c h e und d a s l e i d e n s c h a f t l i c h e , das v e r t r a g s m ä s z i g e und das ursprünglich n a t u r w ü c h s i g e . . . z u s a m m e n erst das l e b e n a u s m a c h e n K E L L E R 4, 187; w e i l . . d e m zustande der bloszen vertragsmäszigkeit a b e r g e r a d e e t w a s f e h l t z u m s t a a t SCHLEIERMACHER werke m 5, 275. — V e r t r a g s m i t t e l , n . : d a m i t dieses w e r c k u n t e r e u c h selbsten durch g ü t l i c h e Vertrags mitt e l a c c o m m o d i r t und h i n g e l e g t w e r d e n m ö g e HARSDÖRFFER secretarius 2, 437. — V e r t r a g s p f l i c h t , f.: allg. d. bibliothek 69, 287. — v e r t r a g s p u n e t , m.: KRAMER 2, U i 2 b ; CAMPE; w o n u n die v e r t r a g s - p u n e t e n n i c h t e r f o l g e n , so ist d e r v e r t r a g selbst z e r s c h n i t t e n W I D M A N N Fausts leben 120; er . . w i r d d e n P o l e n Vertragspunkte v o r l e g e n VARNHAGEN tagebücher 4 , 364. — v e r t r a g s r e c h t , « . : i n n e r h a l b e i n e s Umkreises r i c h t e t , unter g e w i s s e n u n d n a t u r r e c h t , a u c h n o c h das v e r t r a g s r e c h t FICHTE 6, 132. — v e r t r a g s s e h l u s z , m., 'abschlusz des Vertrages' lidwb. der staatsiirissenschaften 7, 475. — V e r t r a g s s c h e i n , m., - s c h r i f t , f., -spruch, m.: da m u s z i h n e n d e r m a n n d i e V e r t r a g s s c h e i n e v o r l e s e n ROSEGGER Schriften I I 5, 138; es h a b i m v o r h i n niem a n d t d a v o n gesagt, so w e r d es a u c h i n der vertragss c h r i f f t n i t g e m e l d e t ACHACIUS chronica 290 b ; i m fünfft e n j a r e n a c h e r g a n g e n e m k a i s e r l i c h e m Vertragspruche ßeinke Fuchs (1588) 271. — V e r t r a g s s t r a f e , f.: handelsgesetzbuch § 2 1 2 abs. 2. — V e r t r a g s t h e o r i e , / . : als die p o l i t i s c h e und s o c i a l e V e r t r a g s t h e o r i e f ü r d i e w a h r e Offenbarung des Zeitgeistes g a l t R I E H L naturgeschickte des Volkes 3, 214. — V e r t r a g s t r e u e , f . : diej e n i g e gute W i l l e n s s t ä r k e und Vertragstreue, w e l c h e e i n v e r e i n b a r t e s , e i n f a c h e s , f e s t u m s c h r i e b e n e s gesetz o h n e arg z u e r t r a g e n v e r m a g K E L L E R nachgel. Schriften 238. — Vertragsunterschrift, urkunde, f. BISMARCK polit. reden 4, 115; RITTER erdkunde 14, 40. — v e r t r a g s v e r b i n d l i c h k e i t , - V e r l e t z u n g , f.: allg. d. bibliothek, anhang zu bd. 53/86, 2029; hdwb. der staatswissenschaften 7, 96. — V e r t r a g s v e r h ä l t n i s , n . : es e n t w i c k e l t e sich z w i s c h e n d e m v o l k und s e i n e m gott e i n . . v e r t r a g s v e r h ä l t n i s z D. F. STRAUSZ 3, 213; kandelsgesetzbueh § 9 2 abs. 2. — v e r t r a g s v e r h a n d l u n g , f., - v e r s u c h , m . : b e i d e n V e r t r a g s v e r h a n d l u n g e n in Mail a n d C. F. MEYER Jenatsck 311; n a c h m a n c h e r l e i Verh a n d l u n g e n und v e r t r a g s v e r s u c h e n R A N K E 3,411. — v e r t r a g s w e i n , m„ 'trunk zur bekräftigung der abmachung':

VERTRAGSWEG-VERTRAGEN

1926

morgen sols ein vertragswein geben: so beben wir an das heutig leben FISCHART Garg. 147 neudr. — v e r t r a g s w e g , m., - w e i s e , / . : i m g e w ö h n l i c h e n v e r t r a g s w e g e MOMMSEN reden 884; H u o o encyclopädie 26. — v e r t r a g s w e i s e , adv.: conventionell KINDERLING 244; und solchs (streiten) auff rauhe wäg gar nicht, sonder Vertrags weisz zfigericht FISCHART flöhatz 53

neudr.;

zu dem geräucherten speck, den die baueni ihm bringen vertragsweis MÖRIKE werke 1, 78. — v e r t r a g s w i d r i g , adj. adv.; auch v e r t r a g w i d r i g CAMPE ; auf grund e i n e s v e r t r a g w i d r i g e n Vorgehens LAGARDE Schriften 119; a l l e . . v e r t r a g s w i d r i g e n V e r f ü g u n g e n zur ü c k z u n e h m e n H A L L E R restauration 3, 376; dasz sich v i e l e . . B ü n d n e r . . v e r t r a g s w i d r i g i m V e l t l i n eingen i s t e t h ä t t e n ZSCHOKKE Schriften 38, 248. — V e r t r a g s w o r t , n.: so b e s t i m m e n . . d i e V e r t r a g s w o r t e g e n a u den u m f a n g der V e r p f l i c h t u n g JHERING geist des römischen rechts 2 2 , 478. — v e r t r a g s z e i t , f.: vor dem a b l a u f e der V e r t r a g s z e i t handelsgesetzbuch § 67 abs. 3; doch bei SCHILLER v e r t r a g z e i t : (ein stück) das i c h i n n e r h a l b m e i n e r v e r t r a g z e i t n o c h m a c h e n m u s z briefe 1, 151. — v e r t r a g s z u s t a n d , m . : der ganze vertragszustand ist d a n n a u f g e h o b e n SCHLEIERMACHER werke 12, 268. V E R T R A G B A R , adj.. V E R T R A G B A R K E I T , /..- 'was vertragen werden kann'; das adj. ist nicht geläufig, vgl. nl. v e r d r a a g b a a r 'versetzbar'. das subst. bezeichnet den zustand: w a s er . . v o n seiner (des glaubens) vertragbark e i t . . v o r b r i n g t , s t i m m t allg. d. bibliothek 44, 364. V E R T R Ä G E N , verb., vereinzelt vom adj. t r ä g e (s. d.) abgeleitet: v e r t r ä g t , 'trägegeworden'; homo totus ex fraude et mendacio factus, d u r c h und d u r c h e i n gantz v e r t r ä g ter b u b CORVINUS fons 906; preusz. se ösz v e r d r e e g t w i e e zigg (ziege) FRISCHBIER sprichw. 1, 273. umlautlos, trans. u. intrans.: tardare, retardare, v e r d r a g e n , vert r a g e n DIEFENBACH gloss. 573°, 495°; torpere, vertragen 589 *. doch vgl. v e r t r a g e n I I 8 (sp. 1934). im älteren nd. ist der gebrauch ausgedehnter: v o r t r a g e n SCHILLER-LÜBBEN 5, 476" B . mnl. v e r t r a g e n VERDAM 641*; v e r t r a e g h e n , pigrescere, lentescere, retardare K I L I A N 607B; nl. vertragen. ostfries. f e r t r a g e n , 'hinziehen' DOORNKAAT 1, 470"; brem. v e r t r a g e n , 'träge, lustlos, müde, kraftlos werden' brem. wb. 5, 95. der unpersönliche gebrauch ist nd., pigere DIEFENBACH gloss. 434A;

'es verdrieszt

mich':

nu bidde ik ju, vrunt unde mage, dat ju mili wille nicht vortrage sog. GERHARD V. MINDEN 94, 38 Seelmann. V E R T R A G E N , verb., in den bedeutungen reich verzweigtes comp, von t r a g e n , schon ahd. häufig: fartragan, f e r t r a g e n , bei OTFRID firdragan GRAFF 5, 497; mhd. vert r a g e n mild. wb. 3, 74 f . ; LEXER 3, 272 f . ; mehrfach bei DIEFENBACH, ALBERUS, FRISIUS, CALEPINUS, FABER \s. unten); MAALER 434/.; STIELER 2314; KRAMER 2, 1111/.; ÜENTZLER 314/.; KLRSCH 2,315»; FRISCH 2, 380 BC ; A D E L U N G ; CAMPE, auch als mundartlich häufig gebucht; Schweiz. STALDER L, 294; SEILER 106; TOBLER B 190*; elsäss. MARTIN-LIENHART 2,744 ; schwäb. FISCHER 2, 1381 JF.; bair. SCHMELLER 1,656/.; steir. kämt. ÜNGER-KHULL 222*, LEXER 66; lothring. FOLLMANN 155B; oberhess. CRECELIUS 2, 863; SCHÖNER Eschenrod 84; lux. siebenbürg, v e r d r ö e n lux. wb. 468 b ; pfälz. AUTENRIETH 148; frankfurt. ASKENASY 225; köln. HÖNIG 191"; meining. SPIESS 270; obersächs. GÖPFERT zeitschr. f . d. mundarten 4, 50; waldeck. BAUER-COLLITZ 32*. altsächs. f a r d r a g a n GALLEE 65; mnd. v o r d r a g e n SCHILLER-LÜBBEN 5, 342 f . ; 6, 303»; mnl. nl. v e r d r a g e n VERDAM 619*; K I L I A N 585*". » » ¿ . v e r d r a g e n : ostfries. DOORNKAAT L, 444*; götting. SCHAMBACH 260; kolstein. SCHÜTZE 4, 199, 205; altmärk. D A N N E I L 237*; neumärk. zeitschr. f . d. mundarten i, 74; berlin. MEYER 128"; preusz. FRISCHBIER 2, 443*. — v e r d r a g e n , v e r d r e g e n : brem. wb. 1,237; Osnabrück. STRODTMANN 257; westfäl. WOESTE 290B; lübisek SCHUMANN 32; pomm. DÄHNERT 519". entlehnt sckvied. f ö r d r a g a , dän. f o r d r a g e .

121»

1927

VERTRAGEN

VERTRAGEN

1928

bedeutungsrich-

wo er hin kam, kan ich nit sagn. ich glaub, die rabn habn ihn vertragn AYRER dramen 1844, 22 Killer;

I. soweit vertragen eine anschaulichere bedetitung aufweist, liegt eine ItvAype zugrunde ('wegtragen, austragen'); nur gelegentlich scheint eine fair- (l, 6) oder iaxa-type (6) hineinzuspielen.

es f a n d sich nicht ein blättchen, 'das w a s s e r w i r d ' s vertragen h a b e n ' , sagte S a b i n ROSEGGER weltgift 248.

in

vertragen

tungen

lassen

sieh

drei

grosze

unterscheiden.

1) 'in einer richtung hintragen, befördern': fartregit, verasportabit ahd. glossen 1, 445 b Steinmeyer-Sievers; tragen, zntragen, apportare voc. 1482 k k 3 * ; vertragen, hintragen, transferre D E N T Z L E R ; mich wundert w a j dich her vertrnoc WOLFRAM

V. E S C H E N B A C H

Parzival

49,18.

'rings umher, hin und her, von einem, ort zum andern tragen': differre, vertragen yetz a n das, denn in dises ort FRISIUS 414*; MAALER; S T I E L E R ; item do gab ich den tregern vor den selben roggen czu vortragen 6 ß 8 A . handelsrechnungen des deutschen Ordens 472, 20 Sattler; dasz dieselbig Sperma vertragen wirdt durch die g e i s t . . die tragen ihn a n end nnd örter, d a er auszgebrütet m a g w e r d e n PARACELSUS opera L, 101B ; fragmente eines gewissen Werks . . , das . . aus einer provinz i n die andre vertragen w a r d LESSING IS, 882; w e n n die bienen den b l u m e n s t a u b in die kelche vertragen BETTINE GIInderode L, 46; w e l c h e . . das spärliche w a s s e r des dogenbrunnen s a m m e l n nnd in die häuser vertragen GAUDY 18, 85; w e i t nnd breit durch Deutschland, H o l l a n d u n d R u s s l a n d w i r d d a s schnitzw e r k v o n den Tyrolern vertragen ZSCHOKKE L, 108; weiters h a t er die gemeindeschriften z u vertragen R o s EGGER Schriften I I 9, 155. subst. inf.: sein vater hatte ihn . . f r ü h z u m vertragen der . . briefe und packete gebraucht C. F . Meyer Jenatsch 83. heute gewöhnlich durch austragen ersetzt. 2) 'auseinandertragen, zerstreuen, verschlagen, verschwenden': alle ir h a b w a r t v e r w ü e s t nnd vertragen gesta Romanorum 169 Keller; damit (van dem salz) nichts vertragen noch verrört w e r d e quelle v. 1616 bei LORI bair bergrecht 487*; hirUmbe verfilen die steyne unde w o r d e n v o n j a r e n zu j a r e n vertragin GERSTENBERG hess. chron. 267; i han es hämpfeli haber g'streut, do chund de wind und het's vertreit WM. achwetz. alt. Schriftwerke 14,140; die lüfte es (das fingen) vertragen weit in das land hinein EICHENDORFF 1, 625; und wie vom wilden weltsturm weit vertragen ein ferner vogel in ein fremd* gebiet B R E N T A N O Schriften 6, 7.

er hat sein vatergut ziemlich vertragen, imminuit, effudit, decoxit STIELER; das geld in unnützen dingen vertragen K R A M E R ; FRISCH; noch schwäb. FISCHER; darmit vertregst vil geldts fürwar. was kost dein schiesen dich ein jar? SACHS 21, 93,33

Götze;

d a m i t die profand gespart und nicht vergebens vertragen w e r d e FRONSPERGER kriegsbuch l , fir. selten auf die zeit angewandt: ich k a n n die trennung nicht recht vertragen, aber ich darf die zeit nicht vertragen, d r u m leben sie w o h l NESTROY 2, 38; w e n n sie zuweilen über einem b u c h die zeit vertrug STEUB deutsche träume l, 186. 8) 'etwas an eine stelle tragen, wo es nicht hingehört und nicht wiederzufinden ist, verschleppen': ich h a b e es vertragen und weisz nicht m e h r w o h i n ; die dohlen pflegen gerne das geld zu vertragen ADELUNG; Osnabrück, götting. westfäl. STRODTMANN, SCHAMBACH, WOESTE; elsäss. MARTIN-LIENHART.

'in bestimmter absieht dem anblick entziehen': schwäb. eine krankheit vertragen in einem glas oder papier dorthin, wo weder sonne noch mond scheint, und sie dort begraben F I S C H E R ; ein b a u e r n h a u s . . . , aus dem sie den aufrechten m a n n . . a n einen stillen ort vertragen hatten, w o . . . w ü r d e und bürde ein ende h a t Z A H N helden des alltags 1 0 ; w a n ein katz merckt, d a s m a n w e i s z , w a sy die j u n g e n h a t , so vertragt sy sie KEISERSBERG emeis 7 A ; die katzen vertragen oft ihre j u n g e n KRAMER; FRISCH; A D E L U N G ; CAMPE; solcher teuffei etliche v e r w a h r e n die schätze, . . v e r w a h r e n u n d vertragen sie biszweilen v o n einem ort z u m andern PRÄTORIUS Anthropodemus 1, 93. von menschen: der . . w o l t i n a n ein heimlich stat tragen und w o l t in vertragen das m a n sein nit innen w ü r d e der heyligen leben 8 0 * b ; er (Jesus) sey wahrhafftiglich mit leib u n d seel vertragen und transportiret w o r d e n PRÄTORIUS blocksberg 229. 'kinder aussetzen': wie er desz künigs tochter kind vertragen hett inn walt geschwind SACHS 2, 89, 25 Keller (.vgl. 20,184, 30 Götze). 'einem andern dadurch etwas entziehen': KRAMER ; heimlich beiseite schaffen und verkaufen FISCHER; die becken stalen und vertragen die seck d. städtechron. 2, 304, 28; w u r de hof nicht betonet is, dar w e r d de v r u c h t des hoves vordraghen, diripietur Sir. 86, 27 bei SCHILLER LÜBBEN; dasz auch kein bauer schärfer prügelt, wenn ihm ein dieb das körn verträgt TRILLER päd. beirachtungen 2,299; bis sy die würst gaszen sy sorgten und entsaszen, in wurden die vertragen HÄTZLERIN liederbuch 261 (192); (sie) hetten den schätz für sich gespart und in vertragen fein allein FISCHART Eulenspiegel v. 13023; mir hat a wolf a schäfel iaz voträgn vollesschauspiele in Bayern u. Österreich 307, 176 Hartmann; knechte sind oft saumselig b e y m futtern oder gar tückisch, vertragen's d e m einen und w e r f e n ' s d e m andern überflüssig zu MALER M Ü L L E R S, 42; w i r w e r d e n doch uns'rer f r a u wirthin die knndschaft nicht vertragen HOLTEI erz. Schriften 18, 127. dieser ausdruck ist seit 1700 verbreitet: einem k r ä m e r das geld vertragen; vertragt m i r d a s geld nicht, non comprate da altri che da mei KRAMER; ZU seinem nachtheil bei einem andern kaufen ADELUNG, CAMPE ; md. und nd.: meining. schles. die kundschaft einem k a u f m a n n vertragen SPIESS, HOLTEI (». oben); frankfurt. m e r soll seim vatterland des gold und silwer net vertrage ASKENASY; berlin. verdragen se m i r nich's j e l d ! MEYER; pomm. ik w i l l e m dat geld nig verdrägen DÄHNERT. 4) schon die letzte Verwendung entwickelt oft üblen nebensinn, veraltet 'den weg des Verderbens führen, verführen, schädigen': Dlrich . . vertrug sein pferd i n dem Scharmützeln, das er davon m u s t Valien d. städtechron. 2, 66, 8 ; unpris sin het aldä gewalt, dö in sin gir dar zuo vertruoc, ime gruoge er minen herren sluoc WOLFRAM V. ESCHENBACH Parzival 321, 9; dasz dich des nachts kein grau vertrag, durchs feindes list und triegen, des tags keyn pfeil nicht schaden mag WALDIS psalter 163B (ps. 91).

1,146;

in einzelnen mundarten vom vieh: falsch austragen, eine fehlgeburt haben' pfälz. AUTENRIETH, schwäb. FISCHER; schwäb. auf den winter übertragen, der verträgt, wenn es schon um Martini gefriert und nachher wieder wärmer wird, wenn kein schnee kommen wiU und keine winterliche kälte eintritt ebd.; reflex. elsäss. sich vertragen, 'sich durch tragen schaden machen' M A R T I N - L I E N H A R T .

ich wil etwan ein ausred finden, sam habn mire die katzen vertragen SACHS 9,463, 9 Keller;

selten ist 'einen austragen, ins gerede der leute bringen, verleumden'; meist obd.: einen gegen etlichen fälschlich

so wie ein kind, das eine frucht vertragen, und ganz vergasz, wohin es sie gesteckt Ariostos Roland 1,192 Gries; (die mause haben) das gelt zernaget und zerbissen, so gar vertragen und vertrieben, ist nit ein pfennig über blieben W A L D I S Esopus

1929

VERTRAGEN

Verträgen, vertragen, verklagen, verrätschen, verklapperen, verlümbden, verschreien, verschwätzen FRISIUS B

B

B

56 , 376 , « * » , 587 , 605», 901», 1265»; MAALER; d a s h e i m -

lich vertragen oder verrathen, anklagung, delatio CALEPINUS 381B; v e r l e u m b d e n DENTZLER; bair. SCHNELLER;

die predigermunch haben die armen lieben fraaen gegen dem bäbst mit der unwärheit belaidigt und vertragen habsburg. Urkunden (l&.jh.) 3, 67; ward Crato . . . dermaszen gegen Liutolfen vertragen, dasz er . . das closter verlaszen müszt WATT hist. Schriften 1, 187; do er also mit disen falschen meren zd in vertragen ward, weli disen meersagern wider in gelopten SEUSE 124, 17; damit er . . den frommen and theüren ritter gegen allem hoffgesindt vertragen möcht WICKRAM I, so, 19; der seinen nechsten heimlich vertreyt, den wil ich umbringen Zürcher bibel (1531) ps. 100»; vgl. schwell, schausp. des 16. jhs. 1, 153 Bächtold; eyn zeichen der liechtfertikeyt ist, elouben was eyn yeder seit, eyn klapperer bald vil lüt vertreit

BRANT narrenschiff 101 Zamckc;

Vilmar pfleget mann und weib bei der herrschaft zu vertragen, und vermeinet grosze gunst und befördrung zu erjagen GROB dicht, versuchgabe 38;

(sie) verlenmdet, stiehlt, verträgt, laart, ist heimtückisch SCHUBART briefe L, 190. seltener nd.: leöln. HONIG; SO werde in der gesindestube g e r e d e t . . als aber die schürzeunagd es an die frau vertragen, sei die zum tod erschrocken worden STORM 6, 315. der ganze gebrauch ist veraltet. 5) ohne üblen nebensinn in perfectiver Verwendung, austragen, zu ende tragen': wenn ein kind nicht vertragen wird, das es nenn monat hat, so ist es ein unzeitige geburt A G R I C O L A sprichw. 351. sonst 'abnutzen': hintragen, vertragen, verbrauchen, degero F R I S I U S 880»; (gott hat) kleider und schue in die viertzig jarlang gantz behalten, nicht sich vertragen und vernützen lassen L U T H E R 28, 725, 16 Weim. ;

VERTRAGEN

1930

mag-mer-schi nüd verträga, 'es mag sich für mich nicht der mühe lohnen, ich möchte mich nicht darum bekümmern' T O B L E R Appenzell; 's mag si nitt ferdräge S E I L E R Basel. II. vertragen in der allgemeinsten Verwendung 'ertragen, erdulden' wird von W I L M A N N S gramm. 2, § 126, 7 mit dem hinweis auf ertragen (got. us-) als ira-type angesprochen. dhd. erscheint vertragen fast ausschlieszlieh in dieser bedeutung, wie sie auch nhd. an häufigkeit des gebrauchs alle anderen in den Mntergrund stellt: ferre, aufferre, tolerare, sustinere, supportare G R A F F ; altnd. fardragan scal, patiar vos G A L L E E (Essener glossen); ähnlieh mhd. und mnd.; nhd. per ferre, supportare, tolerare, sustinere, pati, sufferre gemma gemmarum A l a»; B 2 b b ; C 3 b b ; D I E F E N B A C H gloss. 425°, 568", 586°; S T I E LER; KRAMER;

FRISCH.

sinnliche anschauung schimmert selten einmal hindurch: da hingegen der gute priester . . alles auff seinen breiten schuldem vertraget der wohlgeplagte priester (1695) 149. oft wird vertragen mit leiden zusammengestellt: das ers (das leiden) . . . so wenig vertragen wil, als jemand leiden kan, das man ihm im augapffel viel tastens mache L U T H E R 28, 150, 29 Weim.; leid und vertrag, dein leyd nit klag, an gott nit zag, glück kompt all tag schöne weite klugreden (1548) 24b; schweig*, leid1, meid' und vertrag, dein noth niemand klag' HERDER 25, 599 (ähnlich verändert schon bei F A B E R thesaurus 335»; b S P R E N G 1lias is ).

seit dem 17. jh. hat eine fortschreitende Verengung des gebrauchs von vertragen gegenüber ertragen stattgefunden, das im mhd. überhaupt selten ist ( L E X E R 3, 164). in der heutigen spräche erträgt man beschwerden, wenn dazu ein höheres masz von kraft und besonders festigkeit des willens gehört; man verträgt etwas, da* auf körper oder geist von schädlicher Wirkung sein könnte, wenn man es ohne nachtheil genieszt oder erduldet vgl. E B E R H A R D LYON; der mensch erträgt mit pläsir, dasz man über ich will es (das kleid) noch vollends vertragen d. Schaubühne 3,132 Gottsched; ihn (aus kurnmer) weint; aber dasz man über ihn lacht, es muEz auf erden jeder mensch sein pärchen narrenschuh' verträgt er nicht R A A B E Horacker 95. A D E L U N G weist vertragen WILH. MÜLLER ged. 325. vertragen dem 'gemeinen leben für das anständigere ertragen' zu. gewöhnlich in der form des part. prät. statt des üblicheren abgetragen: nam daselbst zurissen und vertragene 1) am geläufigsten ist das ertragen von körperlichen alte lumpen Jer. 38, 11; alte odder beschabene, vertrabeschwerden: einem so viel stösze geben als er vertragen gene . . kleider LUTHER 23, 543, 8 Weim.; kann K R A M E R ; die alten lang vertragnen Sachen das weib vertrug auch disen stos, FISCHART nachtrab v. 616; lies von der bitt nit abe zieht diesen filz, unscheinbar, alt, vertragen, RINGWALT evangelia L v»; aus seinem busen TIECK Schriften 3, 259; dasz ich einen puff lerne vertragen H O L T E I erz. Schrifkönige und fürsten gleich alten vertragenen kleidern . . ten 15, 238; holstein. et kann en gooden stoot verdragen abzuthun A R N D T an s. I. Deutschen 8, 8 7 ; in ihrem verS C H Ü T Z E ; diese schale ist sehr dick und beträchtlich tragenen kleidchen kam sie zu ihm in den garten S T O R M fest, so dasz sie einen ziemlichen druck verträgt, ehe 2, 163. noch schwäb. F I S C H E R ; frankfurt. ASKENASY; sie reiszt S Ö M M E R R I N G menschl. körper 5 , 4 5 4 ; man müsse pomm. D Ä H N E R T . nun auf beiden Seiten die streiche und schmerzen des frei: vaterlande vergehen, volkstümer bestehen, veralten haders vergessen, vergeben und vertragen R A N K E trage werden von aer zeit vertragen F. L. J A H N 2, 573. 4, 60. reflex. mhd. 'zu ende kommen': besonders von der Widerstandsfähigkeit des magens: d; SCHWAN 2, 938»; unter die leute bringen, absetzen ADELUNG, CAMPE; im kleinen verkaufen SCHMELLER.

ältere

urkunden

bei

LEXER,

SCHMELLER,

FISCHER; SCHIRMER kaufmannssprache 205. allgemein: verkauften, verganten und vertreiben ebd.; auch sol kein unser burger . . einichem gast . . pfenwert oder wäre hie nit verkauffen oder vertreiben Nürnberg, polizeiordnungen 130; der kaufman bei in seins gewerbs über lant nicht geraten mocht, auch der handwerckman sein arbeit nit vertreiben solt d. städtechron. 2, 125; auff das unser land und leute, so m i t fischen handeln, ihr gewerbe haben und ihre wahre vertreiben mügen und nicht zu schaden komen LUTHER 26, 586 Weim.; v i l schwaczen und als die hund bellen, bis das sie iere w a r vertryben STEINHÖWEL de claris mulieribus 131, 9; ich glaub, wann ir auf einen marckt kernen und solch güt masz geben, ir wurden eüwer w a r bald vertriben haben WICKRAM 3 , 40 , 30; {dasz man) die frücht anderszwo hin könt verfüren, . . fürnämlich bey einer feinen statt, darinn alles höher und besser vertriben wird SEBIZ feldbau 20; da bev mag mann nit lang zeit bleiben, theur kauften, und wolfeil vertreiben BRANT narrenschiff 51, 60; mein wahr ofTt nicht vertreiben kan SACHS 17,260, 21

weil man sich von handelsleuten oift betragen lassen musz, . . . also sei kein land vorhanden, da man echte waar vertreibt

Keller-Götze;

ZINZENDORF die letzten reden 85;

kauften die fabrikate der kaiserlichen fabriken und vertrieben sie unter die barbaren FREYTAG bilder 1, 287. einzelne artikel: nim hin, du vertreibst in wol ('bringst den verdächtigen Pfennig in umlauf und bei anderen an')

Sterzinger pais. v. 1500 bei SCHMELLER; man vertreibt sein geld, bringt es unter die leute, wenn man es durchbringt, mit unnützen unüberlegten ausgaben verthut CAMPE; d a ; sie ouch d a ; selbe altgewant hinnanvürme selber verkoufen und vertriben süllent Siraszburger Zunftordnungen 219 lirucker; damit er den win

1977

VERTREIBEN

dester förderlicher vertriben mocht, hette er im ain gasthus ze buwen fürgnomen WATT hist. achriften 2, 292; sonst aber vertreibt Gallien mehr grobes Segeltuch LOHENSTEIN Arminius 2, I87 b ; das er solch obangezeigt büeh im truck -rollenden, offenlich auszgeen und vertreyben lassen mag BONER Plutarch, privileg; {dasz die buchhändler) falsche, schädliche und ärgerliche Schriften zu verlegen, einzuführen und zu vertreiben sich nicht entsehen LEIBNIZ 2, 281; auszerdem können wir sie (die schrift) wenigstens durch verschenkte exemplare im norden sogleich vertreiben DAHLMANN an J. Grimm,, briefwechsel 1, 112; des schiefere, den er weit in das land und über dessen grenzen hinaus vertreibt LUDWIG l, 144; mit dem orden zu brechen, der . . den ablas in aller weit predigte und vertrieb BÄNKE I, 187; wenn die bank . . auszerhalb des . . angewiesenen gebiets ihre noten vertreibt oder vertreiben läszt bankgesetz (14. 3. 1876} § 50. subst. inf.: so dasz der anschlägige köpf . . sich eines colonialwaarenhändlers . . zum vertreiben seiner artikel bediente GUTZKOW werke l, 207. statt dessen gewöhnlich der vertrieb (s. d.).

VERTREIBPINSEL, VERTREIBER

1978

bandit, ein vertribner ansz seinem vatterlandt. CALEP I N U S 531*, 6 8 3 b ; v e r t r i e b e n e r , v e r j a g t e r H U L S I U S - R A V E L L U S 359*; Z E H N E R 118; D E N T Z L E R ; S T E I N B A C H ; v e r -

triebener, flüchtling, refugié; vertriebener und verwiesener, exHirt, exulant MORITZ gramm. wb. 4, 285. nl. verdrevener, exsul, extorris KILIAN 585B. deshalb war er alls ein vertribner verursacht worden, dagegen zu handien Verhandlungen über Absberg 9; die vertriebend wurden ergetzt ires elende

SACHS 2 , 1 4 2 , 2 8

niemand sich sein annimbt, und meinet jederman, gott nehme sich auch selbst keines vertnebnen an

Keller;

ZINKGRBP ged. 64;

es ist auch nit unser fürnemmen, ein jeglichen verdorbnen oder vertribnen zu eim artzt zu machen PARACELSU8 chirurg. achriften 278 A; die besten fabeldiohter . . . fanden sich glücklich, wenn sie der nackten vertriebnen (der Wahrheit) ein . . gewand verschaft hatten HERDER 15, 556; ihr (vögel) indesz, wie armselige vertriebene, . . werdet auf euerm eignen boden . . als unkraut behandelt GÖTHE 17,102 Weim. (vögel); die unglückselige, die . . . als eine hilfesuchende, vertriebne, bei der verwandten schütz zú suchen kam

übertragen, 'anbringen': was wäre Winckelmann . . , wenn er . . . seine archäologie in der stillen berufsSCHILLER 12,403 (M. Stuart 88); thätigkeit eines professors oder in lateinischen reden die thränen der vertrieb'nen, . . \ertrieben hätte JUSTI Winckelmann 1, 235. mit perdes feldherrn dumpfe gruft, sönlichem object und in reflex. Verbindung: verschwinden vor'm beschrieb'nen stein unter'm Iindenduft myn kindt kan ich mir gwinlich machen, RÜCKERT werke 1, 78; myn lieben kindt also vertryben, das sy by der kirchen blyben dasz scharen von vertriebenen jenseits der grenzen um(er will teine töChter an geistliche verschachern) MURNER narrenbeschwörung 98, 57 neudr. ; herzogen KELLER 2,161; endlich glaubte der vertriebene doch die rückkehr wagen zu dürfen TREITSCHKE deutdoch kann er vier lateinscher wort, die wttrfft er usz an allem ort, sche geschickte 8, 54. das er by synen eren blybt, 3) in besonderem, sinne bedeutet vertrieben 'umhergefür einen gelerten sich vertrybt 190, 37. trieben, durchtrieben, verschlagen' und läset sich ebenso *) zweifelhaft ist die einordnung der bedeutung 'umvon dem eben behandelten gebrauch wie etwa von II 8 gehen, umfahren': mnd. den tollen vordriven LÜBBENaus verstehen, sicherlich bezeichnet das adj. verschlagen WALTHER ; sie bettin im den . . zoll vertriben Schwab, auch von hause aus einen menschen, der weit umhergequelle v. 1397 bei FISCHER; über die maut mit ochsen kommen ist und sich dabei witz gekauft hat (gegen, die ader sust mit anderm vifa vortriben, der sol von iczerkl&rung auf sp. 1091). vgl. bildungen wie noXvTQOTtos, lichem haupt VI gr. pusz geben nach gnaden Iglauer versutus, callidus ('schwielig'). stadtbücher 3, 39B (bei JELINEK 852); es sollen die Zölle mit seiner frau, die er 'eine harte unleidliche bremse nicht vertrieben werden, den vertreibern aber sollen und ein abtrünniges, vertriebenes weib* nennt schwäb. richter und Zöllner nachjagen und das vertriebene abquelle d. 16.jhs. bei FISCHER; so aia vertribner argnehmen waldeck, quelle v. 1581 bei BAUER-COLLITZ 138; listiger schmaychler an dich gerathen sölte SCHWARdafern gedachter Ilmenauischer zoll verfahren oder verZENBERG teutsch Cicero 78; du bist wanckelhafftiger oder trieben würde Gothaer urkunde v. 1670 bei DIEFENBACHvertriebener als eine töpfferscheibe MEYFART teutsche WÜLCKER 570. vgl. den zoll verfahren sp. 290 (10). rheiorica (1653) 136. lebendig bezeugt als lübisch: dörchIII. das part. prät. vertrieben ist als adj. und subst., dreben, verdrehen SCHUMANN, etwas anders ostfries. 2u I i gehörig, im gebrauch, schon ahd.: actus, pulsaverdräven uutseen 'verstört aussehen wie ein landstreiius, compulsus, fartripaner, fartribane glossen 2, 466b; cher' S T Ü R E N B U R G . — 657b; 670*; 733" Steinmeyer-Sievers; acta, repudiata, rein der Zusammensetzung kommt nur V e r t r e i b p i n s e l , pulsa, firtribiniu, fartribaniu 4, 29*; l, 344b; 2, 306b. m., vor, 'pinsel zum vertreiben der färben' (s. II 2) 1) adj. 'verbannt': exulatus, propulsus, proscriptus, CAMPE ; vertreib- sive schlichtpinsel, temperatorius STIEpulsus, repulsus D I E F E N B A C H gloss. 220°, 4FIT>467*, 472", LER 1425; runde lackir-, vertreib- tnd anstreich-pinsel 493«; exulo, ich bin vertriben, im elend ALBERUS; verwerden auch öfters.. mit dem stiele verbunden PRECHTL triben und flüchtig außz Asia, desertor Asiae FRISIUS techn. encyclop. LL, 139; BBIL techn. wb. L, 680; MOTHES 389*; K R A M E R 2, 1129*; D E N T Z L F R : S T E I N B A C H , attch baulex. L, 414. auch nl. verdrijfpenseel. vgl. vertreimnl. verdreven, pulsus, propulsus VERDAM 619*; KILIAN ber 6. 585B; teileten den raub gleich unter sich, und unter die VERTREIBER, m„ gebräuchliches subst. zu vertreiben, vertriebene weisen, wittwen und alten 2 Macc. 8, so; L) gewöhnlich zu 1 1 , 'einer, der verjagt, austreibt, in Gisippus . . . wie er von Athena ein vertryben mann die Verbannung treibt: ahd. exterminatore, vertribtere was MONTANUS Schwankbücher 124; schreiben vertrieglossen 3, 419B Steinmeyer-Sievers; GRAFF 5 , 487; mhd. bener frau Germanien an ihre söhne FLEMING ged. L, vertriber, repulsor, expulsor voc. inc. teut. ii 6 B ; DIEFEN102; Hannibal alB eyn vertribner und verweister mann BACH glosa. 493°; nhd. vertreiber, exterminator voc. 1482 von seinem vattcrlandt Carthago CARBACH Tit. Liv. k k i b ; F R I S I U S 523*; M A A L E R 4 3 5 4 ; depulsor, expulsor, 417 V, propulsator, ein abtreiber, vertreiber, verstoszer CALEscheinst du dir hier vertrieben ond verwais't? P I N U S 398 B , 1173»; H U L S I U S - R A V E L L U S 359*; exactor, exGÖTHE 10, 8 Wcim. (Iphigenie 75); pulsor S T I E L E R 2322; K R A M E R 2, 1 1 2 9 * ; expulsor, externicht ohne blut räumt er das feld, ja selbst minator, exactor STEINBACH 2, 858; CAMPE. (eine schrift) vertrieben bleibt er furchtbar noch dem land gegen die vertreiber der republikaner JEAN PAUL ebd.; SCHILLER 14,335 ( T e n 1431); dem vertreiber der Mongholen kaiser aus China RITTER aber das ist j a schrecklich, . . . nahm der aus all' seierdkunde 6, 705; die menschen oder helden treten auf nen himmeln vertriebene Anton das wort HOLTEI erz. als vertilger, vertreiber der riesen J. GRIMM kl. SchrifSchriften Ii, ISO. ten 2, 404. mit abstractem genitiv: worinn er ein ver2) subst.: externa, exul, ein vertrybner gemma (1508) treiber der vandalischen barbarey . . . genennt wird i 4 B ; apolis, extorris, bandit, vertribner FRISIUS L04B, M. J. SCHMIDT gesch d. Deutschen 1, 192. nl. verdrijver. 524B; extorris, exul, ein vertriebner eines Iandts, ein

1979

VERTREIBERIN -

2) 'einer,

VERTREIBUNGSMITTEL — VERTRENNEN

VERTREIBUNG

der unangenehmes

verscheucht'

(zu I 3):

Licnita sey gegrüst, du bangigkeit vertreiber OPITZ teutsche poemata 220 neudr.;

seine munterkeit (wird) ein vertreiber unsers traurens seyn S C H W A B E belustigungen l, 401. 3) in perfectivem sinne nur in der Zusammensetzung Zeitvertreibe!- (s. d.) S T I E L E R ; K R A M E R . 'einer,

4)

der Sachen in

umlauf

bringt,

waaren

ab-

setzt' (zu II 3): die reichsten producenten in England würden dann mit den emsigsten vertreibern in Holland verbunden sein, und beide vereinigt allem teutschen handel völlig den garaus machen G Ö R R E S Schriften 2, 398.

'ein umfuhrer

5) (sp.

des zolls' (zu II

4)

s.

BAUER-COLLITZ

1977).

6) wie vertreibpinsel (sp. 1978) wird auch vertreiber gebraucht (zu vertreiben II 2): pinsel mit weichen haaren, um aufgetragene färben auseinanderzureiben und abzuschwächen M Ü L L E R - M O T H E S archäol. wb. 2, 9 G 3 B ; breiter, weicher malpinsel zum abtönen, verbreitern von färben K R O N T H A L techn. lex. 2, 063A; M O T I I E S baulex. 4, 426. VERTREIBERIN, f . , meist zu vertreiber 2: STEINHACII

expultrix

2, 858;

hier ist mein der sonnen liecht, das die helle tages-kertze, die vertreiberin der naebt, aller schwartz und tunkel macht OPITZ opera 1, 81 (Daphne 5);

so die natur der dingen ein vertreiberin ist der kranckheiten P A R A C E L S U S opera L, 589 A ; eine meisterin der warheit, . . ein vertreiberin der traurigkeit J O H A N A R N D Thomas a Kempis 148; komm, auserwähltes götterkind! vertreiberin so mancher plage G O T T S C H E D ged.

(1749) 2, G2;

(iliebe) die vertreiberin der schmerzen, immer ihres siegs gewisz

adj., veraltet, zu gründe richtend'

mhd.

vertribenlicli, vertribenlicher coste und s c h a d e diplom. habsburg. 185 Chmel. nhd. vertreiblich, scaeciabile: w o l vertreibliche w a h r e , eine unvertreibliche kratze ('die vertrieben oder nicht VERTREIBLICH,

'verderblich,

vertrieben

werden

kann')

VERTREIBNIS,

LEXER

KRAMER

/., ».,

Vertreibung verdrängt,

3 , 276:

2, 1129

veraltete abstracibildung, mhd. vertribnisse L E X E R

durch 3, 276;

e i n vertribnisse aller Undinge keyserrecht (1372) 5 Endemann. nhd.: w i e o f f t i c h , aller l i e b s t e r leser, m i t dies e m f ü r s t e n ( v e r t r e i b n u s v o n land und freunden . . .)

mitleidens gehabt hertzog Aymont

(1535)

a

II'.

f . , von der ältesten bis zur jüngsten zeit verbreitete abstracibildung zu vertreiben in den verschiedenen bedeutungen. älteste glosse: firdribunga, repudiurn 1 , 7 2 1 A Steinmeyer-Sievers; GALLEE Vorstudien VERTREIBUNG,

mhd.

65.

vertribunge

mhd.

wb.

3,

89°;

LEXER

mnd.

verdrivinge V E R D A M G I Y B ; nl. verdrijving; födrifning.

3,

276.

schwed.

l ) zu vertreiben I 1, 'austreibung, verstoszung, Verbannung, Verweisung': repulsio, depulsio, repudium scilicet uxoris voc. inc. teut. i i 6 " ; Vertreibung in das elend, liminium voc. 1488 kk 1 " ; D I E F E N H A C H gloss. 330, 493 c ; profugatio 463 b ; v e r t r e y b u n g , V e r b a n n u n g , verjagung, ausztreybung, eiectio, exaetio F R I S I U S 4 6 5 " , 507 1 1 ; M A A L E R 435 D ; 359";

exilium

STIELER

ADELUNG;

C A L E P I N U S 523 2322;

KRAMER

HULSIUS-RAVELLUS

2, 1 1 2 9 " ;

FRISCH

2, 3 8 4 ° ;

CAMPE.

das heilig creucz ist . . eyn Vertreibung der abgötter der heyligen leben 34B b ; zur Vertreibung der bösen geister M A T H E S I U S Sarepta 127 b ; Vertreibung des teufels A R N I M trösteinsamkeit 204; das w ä r e dann freilich die Vertreibung aus d e m paradiese FONTANE 5, 204. das

Christi

küniglich TSCHUDI

schwert

zur

helvet.

chron.

vertribung L,

25;

der

durch Vertreibung der M a u r e n SCHILLER i, 109; seit Vertreibung der Jesuiten giebt es . . keine ordentliche öffentliche schule FORSTER 1, 39; aus dem Zeitraum, der unmittelbar auf die Vertreibung der könige folgte NIEBUHU röm. geschichte 1, 178. w a n n Sidonius begerte . . die abty zu Sant Gallen, so w a r er in vertribung Sant Ottmars den unrechten fürsten verwilligen OHEIM Reichenauer chron. 39, 26; mit einem frescogemählde geziert, die Vertreibung Heliodors vorstellend GÖTHE 31, 23 Weim. in passivem sinne: w a s n u n diesem ehrlichen m a n n e nach seiner Vertreibung v o n Göttingen begegnet ist L i s c o w Schriften, vorrede 36; wollte dein vater diese gelegenheit versäumen, so drohte uns . . gewaltsame Vertreibung HOLTEI erz. Schriften 27, 33. 2) 'ausscheidung von metallen' (vgl. vertreiben I 2): das korn enthält . . noch die arsenmetalle des kobalts und nickels mit einem Überschüsse von arsen, zu dessen Vertreibung m a n das korr . . erhitzt MUSPRATT Chemie 4, 1408. 'beseitigung von leiden' (zu I 2 und I I 1): erugatio, Vertreibung der runtzlen oder rumpffen CALEPINUS 494"; dorumb der ägyptisch Macarius so vil Wunders gewirckt in vertribung viler kranckheit HEDIO chronicon 208"; so würst du sein tugenä erfahren in stärckung des gesichts und Vertreibung der flüsz GÄBELKOVER artzneybuch 1, 111; die purgation . . gebet mir ein, zu Vertreibung der unreinigkeit ALBERTINUS zeitkürtzer 39 das kräftige hartzt zur Vertreibung des hustens LOHENSTEIN a Arminius 2, 3l0 ; die erste Wirkung w a r . . . die Vertreibung der geschwulst allg. d. bibliothek 8, 36. das ich zü vertrybung schwerer gedencken und far.tasyen, dises gedichte zü tütsch transferyerte W Y L E translationen 248, 27; ein lustiges spectacul, so sie . . . zu Vertreibung der melancholiae . . sehen lassen wolten GRIMMELSHAUSEN

J . E . S C H L E G E L * , 253.

vienden

bey Vertreibung Arminius 2, 5 7 8 B ;

aller fürsten des geblütes L O H E N S T E I N m e h r als seine . . kriege . . wirkte j e n e Vertreibung der Hugenotten H E R D E R 23, 77; er schwächte seine Staaten

1980

4, « s o , 20

Keller.

3) 'verscheuchung' (zu vortreiben I 3): sie (die kirche) beschwert, auch die kertzen . . , zu Vertreibung des tonners und des plitzes FISCHART binenkorb 16 a ; d a r a u f : Vertreibung der ünsternisz CREUZER Symbolik 2, 16; die Egyptier . . m a h l e n . . eine fliege zu Vertreibung dieses geschmeiszes LOHENSTEIN Arminius 2, 206". 4) von der zeit ( 2 » l 4 ) : zü Vertreibung der langkweil SCIIAIDENRAISZER Odyssea 73"; ich thue es für die lange weile, wider, zu Vertreibung derselben ADELUNO lehrgebäude 2, 144; w o r v o n er ligerhafft worden, und zu Vertreibung der zeit geistliche bücher gelesen ABRAHAM A ST. CLARA Judas 1, 12; w e n n ein a b w e s e n d e r cosmopolit . . keinen stoff zur Vertreibung der zeit hergäbe LICHTENBERG nachlasz DEDEKIND papista

conversus

L III .

trans.: aber zu keiser Heinrich des vierdten zeiten, vertrat das reich den fusz MATHESIUS Sarepta 87". vertreten der füsze geschieht durch einen fehltritt, oder wenn man auf eine seite wankt, allg. haushalt.-lex. (1749) 8,681; einen fusz vertreten, luxare; einen vertretenen fusz wieder einrichten STIELER; vertretten, verrencken, verstauchen KRAMER; DENTZLER; STEINBACH; F R I S C H ;

sie haben den fusz, hand, rücken und dergleichen verrenckt oder vortretten KNOBLOCH von dem podagra (1606)