Deutsches Wörterbuch: Lieferung 1 Weh – Wehr [Unveränd. Nachdr. der Ausg. Leipzig. Reprint 2022 ed.] 9783112641729

150 99 43MB

German Pages 84 [85] Year 2022

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Deutsches Wörterbuch: Lieferung 1 Weh – Wehr [Unveränd. Nachdr. der Ausg. Leipzig. Reprint 2022 ed.]
 9783112641729

Citation preview

DEUTSCHES

WÖRTERBUCH VON

JACOB GRIMM UND WILHELM GRIMM Herausgegeben von der

Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin

XIV. Bandes I. Abteilung 1. Lieferung WEH —WEHR

19 5 8

S. HIRZEL VERLAG • LEIPZIG IN ARBEITSGEMEINSCHAFT MIT DEM AKADEMIE-VERLAG GMBH. BERLIN

Unveränderter Naehdraek Erschienen im 5. Hirzel Verlag» Leipzig C 1, Schuhmachergaßchen 1—3« in Arbeitsgemeinschaft m i t dem Akademie-Verlag G m b H , Berlin W 8, Blohrenstraße 39 Lizenz-Nr. 202 . 100/370/58 Offsetdruck : V E B Druckerei „Thomas Müntzer** Bad Langensalza Bestell- u n d Verlagsnommer: 3 0 2 1 / X I V / I / l Preis: DM 5,— Printed in G e r m a n y

2

WEH

WEH

WEH, WEHE, inierj. subst. adv. adj. Verwandtschaft und form. 1) die au» einem, naturlaut entstandene interj. ist in allen germ. dialekten auszer dem altfries. (doch heute wi auf Sylt nach SIEBS grundrisz i ' 1404 und in orten der nordfries. küste nach WREDE ans. f . d. a. 20, 334) vorhanden: got. wai, in Zusammensetzungen auch waja-, ahd. mhd. asächs. mnd. wS, ndl. wee, ags. w&, w&, wei, me. wß, engl, woe, anord. vei, vae. auf dem westgerm. worte beruht ital. span. port. guai, afrz. wai, n/r. ouais DIEZ4 176, dieses

inseln durchgeführt: b e a SCHMELLER cimbr. 171, BACHER Lusern 225. aubeia bei FISCHART und aubi bei dem

1

als

owä, ow&j ins elsäsz. rückenÜehnt

MARTIN-LIENHART

2, 776. in den idg. sprachen sind verwandt die gleichbedeutenden ai. uv6 (NEISSER in Bezz. beitr. 30, 303), avest. vayöi, klagen'

iran. Svöi, lett. w a i , lit. w a i — in w a i t o j u 'weh(COLLITZ in Bezz. beitr. 17, 4), air. f i , cymr. gwae,

com. go-, breton. goa, lat, vae, alexandrinisch ova, ovä. eine ursprüngliche gr. entsprechung wird vermiszt, doch steht nichts entgegen, ai, aial bei den tragikem hierherzuziehen, das nach laut und bedeutung stimmt, die neigung zur reduplication teilt eil mit seiner germ. entsprechung. 2) J. GRIMM wollte in dem, subst. das ursprüngliche, in der interj. ein altes subst. sehen (gr. 3, 283 n. abdr.), doch drängen die gröszere Verbreitung der interj. in ältester zeit, ihre unten dargelegte entfaltung und ihr Charakter als naturlaut zur umgekehrten auffassung. den subst. avest. voya— 'weheruf, arm. vay 'unglück', lett. waidi, pl. 'jammer' tritt auf germ. boden die gleichbedeutende substantivirung zur seite, die nur got. fehlt: anord. vse, vi, ags. w£a, wä, ahd. mhd. asächs. mnd. wS und ags. wäwa, ahd. wßwo, mhd.

mnd.

w 6 w e m.,

ahd. w 8 w a f.,

daraus

entlehnt ital. gaajo m„ span. port. gaaya f . 'leid'. 3) an der substantivirung nimmt nachmals theil mhd. ow®. man hat darin die interj. w6 verstärkt durch den schmerzensruf 6 gesehen, dieser, dem ahd. ags. anord. fremd, im mhd. erst seit dem 12. jahrh. alleinstehend gebraucht, ist höchstwahrscheinlich aus dem lat. entlehnt (oben theil 7, 1041; WILMANNS d. gramm.1 2, 667) und stets lang, neben ow6 steht aber häufig und von ihm gewisz nicht zu trennen mhd. ouw6, mit ouw aus ow, nicht aus öw: o ist ursprünglich kurz und hat sich offenbar ohne rom. einflusz aus anlautendem w entwickelt wie in den nhd.Partikeln

owol, owach, owoch ( W I L M A N N S d.

lösung (au) w a i ( h ) , s. die artikd au, aubeia, aubi, autsch, a u w e ( h ) , auweih, owehen, w a i ( h ) .

4) als erstes glied von Zusammensetzungen (GRIMM gr. 2, 783 n. abdr.) wie got. wai-dSdja 'missetäter', wai-fairtujan eig. 'wehe weit rufen', daher 'wehklagen', wai-nei aus weh und dem fragenden nicht! (BEZZENBERGER got. adverbien 89; beitr. 27,181 n.; für den ersten bestandtheil gleichlaufend anord.

vesall 'unglücklich',

veill

'schwach' (aus ve und stell 'glücklich', heill 'gesund' BUGGE arkiv 2, 226 f.), ags. weelan 'krank machen, peinigen' (zu • wi-h&l 'geschwächt'), ahd. w6-wurt 'leidvoUes schicksaV, wS-v6rhen 'wehklagen' bezeichnet weh früh einen schlimmen zustand, in got. waja-mSrjan ßXaatprjfielv wajamireins {so, nicht waj a-märei, als verbalabstract) ßiMaifirj/xla, anord. w a j e m a r i R 'taddhaft'

(v. GRIENBERGER zph. 82, 289)

tritt es in gegensatz zu ewprjfiHV u. s. w. damit wird weh dem adverb wohl gegenübergestellt und selbst zu adverbieller Verwendung hinübergezogen, die sich in den betheiligten dialekten rasch entfaltet, an das adverb wieder sehlieszt sich ein junges adj. wehe, dem das altmail. guajo selbständig vorangegangen war. 5) der anlaut ist der oben theil 18, l erörterten Schwankung unterworfen, anl. b statt w ist auf bair. mundart beschränkt: aube deiner wunden I die tun mir von herzen be

w e e bei der HÄTZLERIN, STEINHÖWEL, KEISERSBERG, EBERLIN, SCHWARZENBERG und wird im 16. jahrh. zur norm in der Schweiz (Zürcher bibel, MANUEL, PARACELSUS, MAALER), in Oberdeutschland von Straszburg bis Augsburg (DASYPOD, Z i m m . Chronik, TRISTRANT, P I N I CIAN) und in einem südsaum Mitteldeutschlands (HUTTEN, KIRCHHOP, FOLZ). ZU anfang des 17. jahrh. stirbt die Schreibung mit ZINKGREF und SCHÖNSLEDER aus, ver-

drängt

durch

weh, das, von Mitteldeutschland

(CRON-

BERG, SCHEIDT, ATRER, FLEMING, RIST, ZESEN, WEISE, REUTER, BUTSCHKY) nach Oberdeutschland (FREY, SPAN-

GENBERG) übergriff,

zwischen beiden Schreibungen schwan-

ken SACHS (auch w e und whe), FISCHART (auch w e )

und

SPEE. einflusz der kanzleien ist schon in der entwicklung bis hierher wirksam, jetzt übernimmt LUTHER aus der obersächsischen kanzlfi seine form wehe, die nach ihm bei ALBERUS, RINGWALDT, STUMPF, GRIMMELSHAUSEN, RAVELLUS, STIELER im Wechsel mit weh, bei FRANCK im Wechsel mit wee, JeiCoCHLAEUs, HAYNECCIUS, MATHESIUS, LINDENER, im Faustbuch, bei A L B E R T I N U S , MOSCHEROSCH, ABR. A S. CLARA sowie bei HENISCH, COMENIUS, SCHOTTEL, DENTZLER, BÖDIKER als norm gilt, die

Schreibung ist nicht eindeutig, denn vielfach hat der complex vocal + h + e den lautwert der einfachen länge, beweis sind Schreibungen wie leher 'vacuus' flugschr. aus den ersten jähren der ref. 4, 152, 22, LUTHERS praeterita sähe, flöhe

u. s. w„

n a h e m e n für

namen bei

ihm,

(du solt) uff dissem tuch gahen und vor den richter stän Alsfelder pass. 3782. ALBERUS braucht

trotz

der Schreibung

w e h e das wort

in

reim und rhythmus stets einsilbig, und noch oft beweist der vers gegen die Schreibung, z. b. wird stumpfer reim verlangt: denn mir ist wehe wenn ich dich nimer sehe bergreihen (1531) 33, 15 neudr. ; wehe uns armen frawen, wehe ! wer soll uns nun trösten mehr (lies: meh)

gramm.*

2,668). aus mhd. ouwe, nhd. auweh wird mhd. frühnhd. ou (theil 7, 1387), nhd. au als interj. derb körperlichen schmerzes abgelöst, neben ouw8 stellt sich mit anderer ablautsstufe mhd. ouwi, nhd. auwei oder, nach jener ab-

L U F T K u h n s zs. 36, 143)

Nassauer AGYRTA S. an alphdb. stelle. 6) der stammvocal germ. ai ist im auslaut schon im 7. jahrh. zu 6 geworden, so gilt ahd. mhd. alts. mnd. wfi. frühnhd. herrscht die Schreibung we noch bei TAULER und NIKLAS v. WYLE. daneben tritt zur bezeichnung der länge

nur für

altd. passionsspiele aus Tirol 219 Wackernell; die einsilbige form ist räum ; derwegen jhm fast wehe geschieht H A Y N E C C I U S Hans Pfriem (1582) 12 neudr.; ach wehe dem lieben hertzen mein, ach weh mir armen immerdar SPRENG Mas (1610) 255'>; entspr. Aeneis 128*.

metrisch gesichert erscheint der zweisilbige gebrauch von wehe erst 150 jähre nach dem aufkommen der Schreibung bei GERHARDT (unter I A 1 a). soweit altes 6 im einsilbigen wort nicht lautgesetzlich zu Se geworden (BEHAGHEL S grundrisz L 703) und soioeit nicht — e des adverbs von einflusz war, ist die zweisübigkeit als spelling pronunciation aus dem Schriftbild entwickelt, wehe reiht sich den von

W . BRAUNE einigung

der deutschen

ausspräche

(1904)

charakterisirten beispielen für diese erscheinung an. nur in streng schriftgemäszer rede gewinnt diese zweisilbige form boden, mundartlich lebt sie nur in der gegend von Magdeburg bis Berlin (anz. f. d. a. 20, 334). auch schriftsprachlich bleibt die einsilbige form stets möglich, beim subst. sogar im übergewicht; vom Sprachgefühl wird sie fortan als kürzung der zweisilbigen form empfunden. ADELUNG versucht eine sprachlich haltlose Scheidung zwischen weh und webe. 7) LUTHER,

der somit

an

der einbürgerung

wesentlichen antheil hat, verfährt

von

wehe

doch selbst keineswegs

einheitlich: thut dyrs whe, denck, das gotte deyn dibstal, undanck etc. auch w e h e thue Weim. 34 I 835, 20. in seiner

eigenhändigen niederschrifi der bibelübersetzung kommen 7 weh auf 5 wehe, in der ausgabe letzter hand von 1545 SCHNELLER* 2, 828. 826, und nur in den südlichen sprach- herrscht weh vor, eigenhändige änderungen verfahren tchaiupiele da mittelalten 1, 84,19 Hone;

XIV.

1

3

WEH

wahllos: die erste niederschrift bietet Hiob 10,15: weh mir, Jer. 4,19: mein hertz thut mir wehe, die zweite Hiob 10,15: so ist myr aber wehe, Jer. 4,19: wie ist mir so hertzlich weh. 8) mhd. steht neben ow6 ein verbreitetes owi, ouwi (niemals ist bloszes wl überliefert, s. KRAUS ZU REINÖOT v. DURNE Georg 1083): ouwi, spracs, ich onwtse HEINRICH T. VELDEKE Enett 12831 Behaghel; die tören sprechent snifl snl, die armen liute ow8 owl WALTHER 76, 2; das nebeneinander noch frühnhd.: nem aber einr ein zd der ee, so würd es sein o wei o we Schadet salirtn 2, 215, 700. als forteetzung von ouwi ist oben theil 13, 1081 f. nhd. (au) wai erkannt und sein gebrauch eingegrenzt worden, zu der angabe über das hur- und livländische fügt sich .in Esthland ruft man uich, wo man in Livland waih ruft HOLTEI ein mord in Riga (1855) 86. neben diesem wai hat sieh ein wei auf verschiedenen wegen eingestellt: vereinzelt als umgekehrte Schreibung in mundarten, die altes ei zu 6 monophihongiren. LUTHER schreibt: hie müsz man der natur weh thun vnnd weh thun Iassenn v. d. guten werken 63 neudr., aber druck A bietet wey statt des ersten weh. dann aber lautlich entwickelt aus mhd. w6: auf nd. boden von Westfalen bis fast zur Elbe, in Mecklenburg und einer südlichen sichel der mark Brandenburg, md. in Lothringen und im Odenwald, obd. in Württemberg

WEH (interj.)

4

da si (die eeligen) uon ewen zv ewen gar sunder alles wewen vor deme guten gote leben passional 391,74 Hahn ; also das sä untz an iren dot me keins groszen wewes noch lidendes me befundent NICOLAUS V. BASEL Straszburger hs. um 1385 (nach Ch. Schmidt), von sieh aus entwickelt das n. den unter II D 2 gebuchten plur. weher. 11) compar. und superl. werden gern ersetzt durch wirser, wirseste (III Es Ad), gelegentlich auch umschrieben: am meste, medelste we MARTIN-LIENHART 2, 775. zur ausbiegung führt merkbar der zusammenstosz zweier voeale ( w e e r KEISERSBERG, FISCHART, w e h e r L U T H E R , SCHEIDT, SACHS, J. BÖHME, GRIMMELSHAUSEN, H E I N R I C H JULIUS, OLEARIUS, GELLERT, WIELAND, GÖTHE, K L I N G E R ,

JUNG-STILLING), er wird vielfach gemieden, auch wo compar. und superl. vom stamme weh gebildet werden: bayr. w6ner SCHMELLER4 2, 828, eis. wöner MARTINLIENHART 2, 775; alem. wehser MEISINGER volkswörter aus dem Wiesenthal 42, eis. wis'ar MARTIN-LIENHART 2, 775; kölnisch wihter HÖNIG 202». bedeutung und gebrauch. I. die interj eetion gehört in alter zeit dem Sprachgebrauch der bibel an, dient hier zur Übersetzung von gr. oval, lat. vae, und dient damit von haus aus zur Verwünschung, so sehr spätere fheologie diesen eindruck abzuschwächen gesucht hat: zv merckenn das das wörttle ve, zü teutsch wee, gewonlich in der gschrifft bedeüt trauwrigkaytt oder erbarmung, vnderweylen ein auffhebung (vorhält) der verstockten, blynden vnndannckparkaitt. Jacobus Faber und Bayern, s. WRBDE am. f . d. a. 20, 382 f . ; SCHAMBACH Scapulensis vber des xxij. capittel Mathey fünff vnd 292; BAUER-COLLITZ 112; F O L L M A N N 534; L E N Z vgl. wb. vyertzig wee ausz den propheten von dem w&rtlin ve (1524) 76; H. FISCHER aüas 10. ein aus wS entwickeltes wi gilt A i b ; aber der hailig Hieronimus spricht, es bedeiit die im md. westen bis Nassau einschlieszlich und nördlich bis ewige verderbnus oder ewigenn flfich das.; wehe ist in Duisburg, Düsseldorf, Geldern, sowie im ganten osten den reden Christi und den Unterweisungen der apostel, vom rennsteig bis Siebenbürgen, s. WREDE das.; CRECELIUS wie Matth. 23, isf. l Cor. 9, 16 mehr ein bedaurnngswort oberhess. 2, 898; LEIHENER Cronenberger wb. 134; HÖNIO als ein nrtheilsspruch TELLER Wörterbuch des neuen testaKöln 202; KISCH Nösner Wörter 172; vgl. wb. 246. besonder-ments6 478 (1792). von den lexikographen nennt STIELER heiten sind wie um Eitzing und auf Alsen, wia um Mül2458 weh ausdrücklich 'maleprecandi formulam'. heim a. d. Bühr, weu um Soest, wea von Schweinfurt bis A . das object, dem die Verwünschung gilt, steht im echten Würzburg, wS in Memmingen, seitab steht kämt, wüw dativ: 'verderben dem . . .' adj., wüwa adv., wüwa v. als formen der kindersprache, 1) so findet sich die Verwünschung bei ULFILAS: wai s. LEXER kämt. 262. f>us Kaurazein, wai fras Bejisa'idan Matth. 11, 21. Luk. 9) waih zur kennzeichnung jüdischer rede wird oben 10, 13; aj>f>an wai (mim qifmhaftom jah daddjandeim in theil 13, 1031 gleichfalls aus mhd. ouwi hergeleitet, in den jainaim dagam Mark. 13, 17; af>J>an wai izwis jiaim gabelegen ist dieses waih stets citat aus jüdischem munde, beigam, unte ju habaid gaf>laiht izwara Luk. 6, 24, für so gleich im ältesten 1673: (beim wwrfeLn) so werff ich gr. oval ooi, oval de xals . .., oval v/ulv. die ahd. bibdauch an. die meisten seynd frey. (wirffet hin) an wey, Übersetzung nimmt zunächst lat. vae herüber: uS iu leiditä sagt Schaulen, dasz seyn nur drey. doch noch nicht blintes. u8 iu Suaascaffinft enti pharisterä Monsee-Wiener verspielet pedant. schulfuchs 203. nun besteht ein hebr. fragment 17 Sench, für: vae vobis, duces eaeci, vae vobis 11 >; wirt es aber verhengt, w e e seiner seel PAHACELSUS (1616) l, 91 B Husen weh aber dem verstockten heer GERHARDT 8, 347B Fitcher-Tümpel; wehe dem, der nicht zum frommen solches stabes weisz zu kommen 3, 420*. selbst in den Wörterbüchern des 17. und 18. jahrh. Hingt der biblische ton der Verwünschung durch: aber wehe dem teuffei vnd ( w o sie der gemeinschafft nicht absagen) seinen mitgenossen . . . vae diabolo . . . malheur au diable . . . guai al diamolo COMENIUS janua (1643) 989; w e b e den gottlosen, malum sit impiis STIELER 2458; wehe a)len gottlosen BÄDLEIN 1037. seit dem 18. jahrh. dringt sie in den getragenen etil zumal der ode und des dramas: die könige, weh ihnen, weh 1 zerschmetterten . . . schäumende schalen KLOPSTOCK oden 2, 25; heil dirl weh dem erobrer, welcher im blute der sterbenden geht 1, 114; weh j e d e m dann AYRENHOFF werke (1814) 2, MO; dreimal wehe dem menschen, der . . . FR. L . SCHROEDER dram. werke 2, 185 (1831 fähndrich 2, 6); w e h ihrem namen HERDER 23, 46 Suphan; weh dir, Verführerin, meer 26, 21; sie stirbt — weh deiner Unbesonnenheit I GOTTER 8, 256 (1773 Merope 3, 6); wehe dem manne, der sich an der mitgift seiner frau erholen w i l l GÖTHE Weim. I 43, 17; w e h e dem, der zusehen und sagen könnte: die therm I 19, 71; weh ihr! sie verdarb mir diese lust I V l, 186; wehe dem der meiner lava in den weeg k ö m m t 179; aber wehe, wem Btets, wie dem Vesuv, stygischer qualm entqnaimt Voss «am«, ged. (1802) 3, 24; weh denen, die dem ewigblinden des lichtes himmelsfackel leihn SCHILLER glocke v. 878; wehe dem vater der die rathschlüsse einer höheren weiszheit durch verzärtlung zerniohtet SCHILLER 2, 22 (räuber l, l ) ; er sah meine thränen, und w e h ihm, wenn er sie nicht sehen durfte HÖLDERLIN 2, 89 Litzmann; w e h e aber der matter die vorhänge vor ihren frevel von den gesetzen macht HIPPEL über die ehe (1774) 176; weh dem der lügt! titel von GRILLPARZERS lustspiel (1888); w e h e der hand, die dich zu schädigen waget 1 MÖRIKE L, 91 Göschen; w e h e dem diener, der in sein zimmer getreten w ä r e , ehe er die glocke gezogen hatte RANKE sämtl. werke 37, 183; das . . . takelwerk w a r durchaus mit eis überzogen und w e h e den bänden, welche daran arbeiten muszten G. FORSTER sämtl. Schriften L, 116; weh dem, der als altfränkisch kind der berge zu tbal verirrt ans stiller waldesnacht SCHEFFEL frau Avenüure 149.

WEH

6

(interj.)

b) seit dem 18. jahrh. erscheint das verwünschende weh verdoppelt: we vnde we dem herzen daz eine clefsche zange hat pattional 116, 87 Hahn; w e e w e euch, wöllen j r gotes zorn abwenden, teüffel veriagen mit glocken gethiin? EBERLIN 2, 9 neudr.; weh, weh, weh, denen die auff erden wonen LUTHER offenb. Joh. 8, 18; we, we der statt Jerusalem! we, we auch allem volck in dem! we, we dem templ und seiner zier! we, we euch allen und we mir! H. SACHS 2, 338 Keller; weh! 0 web der lüge I sie befreiet nicht, wie jedes andre, wahrgesprochne wort, die bnist GÖTHE Weim. I 10, 60; aber wehe dem mörder, wehe, wehe, wehe dem mörder, wehe SCHILLER 14, 93 (braut 3, 5); dasz 's gott erbarm'! schrie Hänschen. gar nicht mehr essen und trinken? da steht mir der verstand stille! wer kann das aushalten? o wehe, wehe mir! dasz ich dir folgte! w e h e dir, dasz du mich so verlockt hast BECHSTEIN d. märchenbuch (1908) 58. c) das object der Verwünschung kann mit über angeknüpft werden: w e h vber alle grewel der bosheit LUTHER Sesek. 6, 11 (heu ad omnes abominationes malorum); w e h e aber, vnd aber wehe, vnd wehe j n in alle ewigkeit, vber alle vnbusfertige . . . hertzen RINGWALDT chrisü. Warnung A 6 B ; liebstes kind, du weinest? wehe über den, der diese köstliche tropfen aus so himmlischen äugen preszt SCHILLER 2, 51 (räuber 1, 3); w e h über euch MÖLLNER dram. werke 2, 149 (schuld 4, 4); wehe über dich, sand-Jerusalem IMMERMANN l, 29 Hempd. 2) relativ spät wird die alte Verwünschung 'verderben dem . . .' umgelenkt im die mildere meinung 'unglücklich der . . .' das unheil des angesprochenen wird nicht mehr gewünscht, sondern mit antheil festgestellt, die erregung des sprechenden wandelt sich aus zorn in bedauern. a) das bedauernde weh mit dativ zeigt sich nicht vor WALTHER: sS w9 dir, tiuschiu znnge, wie ßtöt din ordennnge 9, 8; o senen, du vil pitters krantt, wee dem, der dich in hertzen pawt HÄTZLERIN liederbuch 4 ; wer ain übel weib hat unsäliclichen es im gat: sy ist ttbel und bSs von art, 219; we im, das er geporen ward! o du armer Esope, w e e dynen schultern (vae tibi scapulisque tuis) STEINHÖWEL Äsop 39. im nhd. kommt diese mildere meinung wesentlich unter dem einßusz des sübst. w e h 'gram, leid' (s. u. I I ) zu breiter entfaltung, sie wird im 18. u. 19. jahrh. die beliebteste amcendung der interjeetion: w e h dem glauben, dem man also mus stutzen und hülffe suchen und betteln, das er keyn w o r t aus der weytten groszen schrifft mag auffbringen, so doch alle artickel sonst so reychlich und mechtig sind gegründet LUTHER Weim. 18, 149; w e h dyr land des konig eyn kind ist pred. 10, 16; wee dem, der im zeuil vertrtlwt H. R . MANUEL weinspiel 2185 neudr. ; wee dem der liebt, vnd liebt vmbsunst ZINKGREF aueerlesene gedichte 12 neudr.; wehe der armen kunst zu lesen, wenn ihr vornehmstes geschäft seyn musz, den wortverstand deutlich zu machen LESSING 8, 7; aber w e h e den buchhändlern in dummen ländern, w o schon viel mannfakturen sind NICOLAI nothanker 1, 120 (1773); wehe dem, den sein böses glück an einen ort treibt, w o diese schändlichen leute ihren mist abladen WIELAND Lueinde (1788) 3, 131; wehe dem Engländer, der diesen (den alten) . . . nachahmen wollte GERSTENBERG schlesw. litbr. X I I 88 neudr.; wehe der philosophie, wenn jeder phantast sich in absieht i h r • erkenntnisgründe auf seine empfindung berufen dai GERSTENBERG litdenkm. 128, 178; w e h e dem, der diese erhabene Weissagung v e r w i r f t JUNG-STILLING werke 3, 17 Grollmann; wehe dem, der nicht daraus trank! — und noch weher dem, der ihn annahm 3, 324;



7

WEH

(interj.)

aber wehe dem, der die kraft ihres einfältigen ausdrucks nicht noch heutiges tags tief in den palsen seines herzens fühlt SCHUBART ästhetik der tonkunst 263; wehe dem Menelaus, den der pfeil eines solchen bogens trift HERDER 3, 149 Suphan; wehe dem menschen, dem die scene miszfallt, in der er auftreten, handeln und sich verleben soll 5, 168; web dem menschen, dessen herz nichts zur freud' entzündet. . . wohl dem menschen, dem das blut in den adem hüpfet

GOTTBR ged. (1787) 1,108;

wehe ihnen, wenn sie sich . . . irren, oder sonst nicht gesezmäszig verfahren ARCHENHOLZ England und Italien 1, 2, 320 (1785); schneidet, schneidet, ihr herrn, durch schneiden lernet der schttler, aber wehe dem frosch, der euch die Schenkel musz leihn GÖTHE T t d m . I 6, 281;

8

W E H (interj.)

'o ein vnbilliche tat', 'er würds zwifaltigen, du hfltst dich dann', 'wee mir armen' (ei misero mihi) BOLTZ Terenz deutsch (1539) 88b; wehe mir! dem gedanken erlieg' ich GERSTENBERG Vgolino 3 (nat.-lit. 48, 242); ach, ach, wehe mir, ach! SOPHOKLES Phüoktet 3, l deutsch von Steiniryckd (1760) 49; wehe mir aermsten 4, 2, 64; wehe mir, was soll ich unglücklicher nun anfangen? 4, 4, 73; wehe mir, ich bin verkauft, verlohren bin ich 4, 4, 68; hat sie (die kunst) keinen reiz für mich, weh' ihr, der leblosen! habe ich für ihre reize kein gefühl, wehe mir, dem gefühlberaubten HERDER 22, 97 Suphan; weh mir! ach sonst war meine seele rein GÖTHE Weim.

1 5 , 13;

weh mir, da kommen sie, wie werden sie mich hshnen 9, 26; der einsichtige . . . mann weisz keine Worte zu linden, weh mir! 24, 187; 'wo du ohnmächtig wirst, so durchstosz' ich . . . dich und mich', 'weh mir' LENZ l, 101; weh mir! was seh ich

eben darum wehe dir, Weislingen 8, 67; weh dem, der fern von eitern und geschwistera SCHILLER 14, 56 (traut 2, 2 ) ; ein einsam leben ftthrt 10, 3; wehe mir! in welche hand weh dir, dasz du ein enkel bist 14, 93; hat das ungltlck mich gegeben 60 (2, 3); weh meinem kränze 14, 237; entsprechend 21, 108; 40, 108; HI 1, 91; weh dem lande, ebenso 85. 87. 89; weh dir! weh mir ob diesem neuen lichte wo der zügellose pöbel herrscht. KLINGER n. theater 2, ARNDT ged. (1860) 488; 113 (Damocles 3); weh ihr (der weit), wenn tauseqde nicht er — er mein mann? ich bin verloren! in die einsamkeit eilten werke 8, 87 (Fausts leben); aber weh mir! o wär' ich nie geboren! wehe dir dann, schöner Organismus des denkens, wehe BAUERNFELD 3, 21 (Fortunat 1, 5 ) ; deiner natur, einfacher geist SCHILLER l, 85 (philps. der es sind nicht weniger als 4 Russen auf demselben boden physiol.); mit uns, der löwe, wehe mir, ungerechnet briefe von und weh dem fremdling den die wogen an HERWEGH 282; wehe mir, dasz die stunde zu kommen warfen an den unglQcksstrand 11, 292 (bürgerlied); droht O. LUDWIG ges. Schriften (1892) 2, 435; aber weh' wehe den eitern, die ihre kinder solchen . . . mietlingen m i r , w e n n i c h u n g e s c h i c k t w a r F O N T A N E ges. werke 15,148; anvertrauen KNIGQE Umgang 2,203 (1796); wehe mir aber, wenn sie mich erbarmungslos verstoszen weh dir, wenn sie ins garn dich ziehen P Ü C K L E R briefwechsd (1873) 1, 421. PFEFFEL poet. versuche 1, 23 (1812); c) eine seltene Steigerung dieses weh wagt ANDR. SCULTwehe aber allen armen in der fremde ARNIM werke 1, 7 E T U S 1642: Ghrimm; wehe der nation, wo die Juristen dazu verurach überweh mir armen! theilt sind THIBAUT notwendigkeit e. bürgert, rechts (civ. ich heule, wie ich will, so ist doch kein erbarmen LESSING 11,191. abh. 1814); wehe den unglücklichen, die ihre räche gereizt haben RITTER erdkunde 5, 269 (1822); in normaler Steigerung wird weh ein zweites mal gesetzt: weh ihnen, regt sich zweifei in der brüst et) von altersher hinter den dativ: MÜLLNER dram. werke 3, 170 (k. Yngurd 4, 3); w& mir vil armen unde ouwö daher weh jedem volke, das sich mit der deutschen HARTM. v . AUE O. Heinrich 1290; literatur befaszt GRILLPARZER 9, 184; wS mir hiute und immer we weh den Persern! Römer kommen, Römer ziehn im Aug heran H . v . FREIBERG Tristan 4967 Bernt; PLATEN werke 1, 7 Hempel; o kluft des holen felsen, schwühl und beeist, dich werd wehe euch, die ihr ich nie verlassen, sey noch mein grab! ach weh' mir es wagtet, glückliche zu sein GRABBE 1, 61 Blumenthal (herzog von Qothhmd 1, 2);aermsten, wehe . . . elend, in dieser hole des todes raub! o wehe mir, wehe, wehe! ach wehel SOPHOKLES Phiwehe dem, der da noch unter diesen letzten ist 0. LUDloktet 4, 5 deutsch von Steiniryckel 75 f.; nun habt ihr WIG ges. Schriften 2, 14; aber wehe ihnen, wenn sich es — aber, o verlaszet mich dennoch nicht — wehe diesem stolz nicht zugleich jene demuth gesellt RIEHL mir, wehe 8, 1, 53; d. arbeit (1861) 264; weh dem edelmann, der in ihre weh dir Messina I wehe! wehe! wehe hände gerieth RANKE werke l, 139; in den kaiserlichen gemächern fand man einen zettel mit den Worten: weh dem lande, dessen könig ein kind ist 837; weh dem armen schlängelein STORM werke (1899) 1, 100;

SCHILLER 14, 90 (braut 3, 4).

ß) Schiller steht allein damit, dasz er das zweite weh noch vor den dativ stellt: weh, weh mir I o entsetzensvolles licht! 14,104 (braut 4, 3 ) ;

wehe! weh mir! welche tSne weh dei frau, die nicht im falle der noth ihren mann wie verfahren sie mein ohr zu stellen vermag EBNER-ESCHENBACH l, 57. 18, 284 (Jungfrau 4,1). b) erst von der milderem auffassung aus ist es möglich, y) in älterer spräche wird der dativ selbst auch widerdie interjection auf die eigne person zu beziehen, 'wehe mir' ist nie selbstverwünschung, stets liegt klage über das holt: we mir, myn kind, we mir, daj du so bald von schuol bist komen STEINHÖWEL Aesop 231 KeUer; je doch eigene leid, angst davor, selbstbedauern darin: ist ein grosze menge des schlechten volcks desz ers6 wS m i r armen W A L T H E R 25, 1; schrocken vnd leidig worden, hat also gesagt: we vnsz ach und we uns armen, wa; solde wi gebornl we vnsz, mAszen wir noch lenger der vnmänschlichen got hat vil groge marter gar an uns verlorn spiel von den zehn jungfrauen 545 Becken; tyrany der münch vnderworffen sein EBERLIN V. GÜNZBURG 1, 11 neudr.; aber we mir (sed heu mihi), desselben ist nit ain sölich o lieber herr, whe mir, whe mir! angesicht als des. wer ist den nit bewege des form, ich bring erschröckljch botschafft dir alter, geburt vnd tugend? NIKLAS V. WYLE translat. 26 H . SACHS 6, 36 Keller; Keller; o wehe mir! wehe mir, wehe mir! o wehe uns beyden wee mir, das ich ye wardt geporen in alle ewige ewigkeit RIST friedej. Teutschland 212 (8, 3); altd. patsioMtpiele aus Tirol 62, 956 Wackemell; weh mir! weh mir! wo er weilet? wee mir, mein kraft wil mir zerrinnen da». ; SCHILLER 14, 54 (braut 2 , 1 ) . vnd sprachend weyter: wee vnns, dann es ist vorhin ¿) die mderholung ist schon seit etwa 1200 erstarrt zu nit also gestanden Zürcher bibel (1531) 1. kön. 4 B; wehe der formel weh mir weh, die mhd. dichter gern in den mir, wenn ich das euangelium nicht prediget« LUTHER reim »teilen: (1545) 1. Kor. 9,'16; 'hem, hab acht, lasz das weib faren'.

WEH

9

(inierj.)

WEH

ei schrei Ifite 'oy roß, oy mS' da; sprichet tiutsche 'we mir, we' Eracl. 3928 Graef (ohne Vorbild bei Gautiere); si« wnofte lüte unde schre und sprach vil dick«: w® mir, wg I war umbe sol ich tot ligen? H . v . D. T Ü R L I N kröne 11900;

der abbet sprach: sö wS mir, w$ wariburgkr. 66,1 Simrock. die formet

ist stets von neuem,

möglich:

bist da mir verloren, weh werte mir, weh KÖRNER 1, 30 Hempel. sie ist vtittig erstarrt

bei H . SACHS:

so wir sint alt, machtlos vnd kranck so verget vns das frSlich gsanck, vnd singen den den wemer wee, pis vns die ellent sei aus gee /ab. u. echw. 2, 611, 41 GStze; auch werke 9, 19, 1; 216, 21; 181, 6; 21, 822, 17. mit leichter abweichung bei HEROS, schulmeister zu Roth a. d. Rednitz: und sing darzu den wemerlawe ird. pilgerer (1562) 47b. das prädicat singen steht ilberaU so fest, dasz man an ein wirkliches Hogelied denken möchte, s. u. wemerleichen, auch w e i m e m , wemern. d) der dativ kann auch hier durch anknilpfung mit präipositionen ersetzt werden, über steht wider voran, u m und vor finden sich vereinzelt: w e h über mich und über mein Schicksal GÖTHE Weim. I 81, 132; w e h über mich, dasz ich auf deine schwüre bauen konnte IFFLAND theatr. werke 1, 87 (Thurneisen 2, 4); ach, weh um Gloster, um den armen mann (ifoe it me for Gloucester) SHAKESPEARE Heinrich VI. theil 2, 8, 2 Schlegel; bea bart vor michl ahi me SCHMELLER cimbr. 171. 8) vorgesetztes o, ach, au, in sich hier unterschiedslos gebraucht, verstärken die interjection vor dativ. a) auf LUTHER beschränkt sind o weh und ach w e h im fluche: o w e h und aber w e h euch verdampten falschen propheten Weim. 18, 348; ach wehe und aber w e h e allen unsern l e r e m and buch Schreibern, die also sicher daher faren 28, 70. b) länger dienen o weh und ach w e h mti dativ, den ton des bedauems zu vertiefen: 0 weh dem, der mit einem hadr in seiner not von diesem badr sich mus die kolbe lassen reibn

RINGWALDT laut. Wahrheit v. 98;

o w e h denn ein jderman, der nit bus gethan evangelia B ö » ; 0 wee dem liebsten mein! SPEE tmtzn.

(1649) 44;

ach weh denselben hertzen, die alle bitterkeit in stiller angst verschmertzen

CHR. W E I S S kl. leute (1676) 346.

e) bei selbstbedauern sind die zusätze früh und relativ stärker entwickelt. a) o w e h mir steht widerum voran: ow® mir verlornen, dat ich den onnutten man dlnen vader ie gewan H. v. VELDEKE Kneit 13040 Behaghel; 0 wS mir vil atmen dag ich ie wart geborn Eracliue 8938 Graf; owS mir armer meide, das ich z e r weide ie wart geborn N{b. 617; owS mir, sprach vrou Hilde Gudrun 927; o liebi f r a $ w e e $ und uns, der hunt den ewer herr so lieb hat, der hat ewer chindel getAtet. . . do viel die fraw auf die erden, und waint und chlagt und sprach: o w e mir heut und ymmer mer w e gesta Rom. 109 Keller; awe mir w e , w o l ich erkenne dein liebe klein zfl mir ist ARIGO decamerone 88 Keller; 0 we, 0 we mir armen questionierer MANUEL vom papst U. ». priesterschaft 437; und sticht mich sehr, 0 weh, weh mir H . SACHS 6,142

o wehe (1650) 6 ;

uns

armen manschen

KeUer;

MOSCH EROSCH gesichte

o, warum (Ohrt ich sie nicht lieber von der st&tte, so nackt sie war I 0 weh mir armen wicht WIELAND werke {.Leipzig 1855) 19, 90;

10

(INTERJ.)

hinabzustürzen — 0 weh mir LENZ ges. Schriften 1, 8» Heek; 0 weh mir, weh mir, wenn er jezt erschiene SCHILLER 14, 81 (braut

3,1);

0 w e h mir unglückseigen TIECK Schriften 1, 67. ß) ach w e h mir ist in der bedeütung dem vorigen völlig gleich: LUTHER stellt Jer. 4, 81 ach w e h mir denn, meine seele ist müde vber die todschleger erst aus o w e h her, ach weh mir jamer Uber jamer H . SACHS 9, 29

Keller;

ach, weh mir armutseling weib 17, 29; ach weh mirl eine mausz liegt warlich tod darinn RACHEL tat. ged. (1664) 17 neudr.; acht wehe, wehe, mirl GERSTENBERG lü.-denkm.

30, 364.

y) au w e mir ist schon im 11. jahrh. bezeugt: et tot i a m ictus et incussiones ferre non sustinens barbarice clamans: au wS mir w i 1 v o c i f e r a v i t . . . quisnam ille erat, inquit, qui auwß vociferavit? EKKEHARD casus 8. OdUi M. O. scriptores 2, 98, 40 (». theil 7, 1041 und GRIMM gr. 8, abdr.); an288 wehneuer mir! ist auch noch von vnsrer Stadt ein rest? OPITZ d. poemata (1629) 9,126.

B. ganz selten tritt an stelle des dativs ein gleichwertiger acc.: s0 wS mich, sprach der recke, das ich den ltp gewan Nib. 2073 A (ow® mir B ) ; owS mich gotes armen, dag ich ditz gelebet hän 8090 A (ow® mir C). C. neben den dativ der person tritt ein gen. der Sache, schon ahd.: her skancta cehanton sinan fianton bitteres Ildes. s6 nn® hin hio thes Itbea Ludwigelied v. 64. 1) zur rechten entfaltung kommt dieser gen. erst in der mhd. dichtung, die ihn zum gen. der Ursache fortbildet ( E R D M A N N syntax

1, 82):

also der uater den roch sach riuwechlichen er sprach: der roch ist mines chindes; so we mir sines todes, dag mih got so hat uergeggen dag in dehein tier solde ureggen genetit 77,1 Diemer; owt mir dirre worto Parzival 91,19; dO rief trürecltchen diu kOneginne milt: w® mir dises leides Nib. 963; entsprechend 1578; 1901; 1937; 2251; Hildeboldes swester hSrte ich eines lfite schrien: w® mir mlnes braoder we NEIDHABT V. REUENTAL 74, 94;

si sprach: w i mir alse dlner balden iage RUBIN BeidOb. Uederhs. 597, 20 Pfaff; so wg mir tac der kfinfte dln TBSCHLER dat.

auch mnd. ist die construction

942,14.

möglich:

Reynke sprack: wee noet 1498) v. 4815. Reynke de my vot der (Lübeck 8) nhd. nur in archaisirender dichtung: weh mir des schenkeis, den ich oft aufspeisete . . . weh mir des bechen, den sie gleich und gleich gemischt Voss Arittophantt 8, 876; weh mir dieser fabelt wie wird mir beklommen . . . wehe mir der zeitung, welche dieser (brautring) kündet! weh mir der bedeütung, die mein gleichnisz findet ARNDT ged. (1860) 202;

weh mir der pein, die mich durchbohrt weh mir des getSnes

349; RÜCKERT ges. ged. 4,346.

8) vereinzelt ersetzen fügungen mit präpositionen den gen.: w e der werlt von den schänden, die sie nicht bew a r t deutsche predigten des 14. jahrh. 39, 6 Leyser; 0 weh mir um den ritter, er reitet in sein grab RÜCKERT get. ged. 3, 488.

D. der gen. der Ursache bleibt stehen, auch ux> der dativ der person wegfällt. 1) neben einfachem w e h reicht dieser gebrauch vom 12. bis ins 19. jahrh. a) Ursache des wehs ist in der regel ein Vorgang oder zustand: w® der leide din, er sprach: liebiu swester, st grtgea schaden stn Nib. 982 ; dag wir niht mohten ine

11

WEH

(interj.)

ow8 der nahtselde, sprach GtselhSr d a ; kint, und ow§ mtner vrhrode die mit uns komen sint 1765; obe des diu guote niht verstat, w§ gewaltes dens an mir begät REINMAR minnes. frühl. 162, 6; sl sprächen alle: we der stunt d a ; uns min frowe wart ie kuntl des verdirbet unser herre HARTM. V.AUE £r«C 2995; s6 w8 der jämerltchen nflt, das wir vns Iebendic müssen scheiden MARKGRAF v. HOHENBURO Heidelb. liederhs. 66, 9 Pfaff; w e e diser bottschafft, soll ich eilende f r a u nit ander zftgab ynd ehestewr von meinem herren v n d e h e m a n n w a r t e n sein CARBACH Livius 185B; aber w e h e des Schutzes, der die geistlichen so thewer ank&mpt, das j n e n leib y n d leben dröber w e h t h a n mAcht L U T H E R Jen. 5,148» (1530); weh meiner ehr, weh meines guts, weh meiner freud, weh meines muts H . SACHS 7, 61 Keller

(1582);

ist dann das wenig ( w e e des laids) mich noch untz auff disen tag die hend mit plüt der meinen gefeüchtigt ansehen h a b e n mögen BARLETIUS Scanderbeg deutsch von Pinieian (1538) 30"; Seifried sol gefroren sein, aber weh der kalten Sachen, denn die hSlle wird das eis endlich bald zu wasser machen J. GROB dichter. Versuchung (1678) 58; ihr liebt und schreibt sonette I weh der grille GÖTHE Wehn. I 8,16. b ) selten {wie schon oben) eine person: si sint auch niht werleich, w a n sie beschirment iriu scheefei niht, w e d e r mit gebet noch mit predig noch mit gaistleichen sträfen . . w 6 der verfluochten hirten, sie sint mietnemer KONRAD V. MEGENBERG 197, 15 Pfeiffer; w e e desz sündtlichen volcks, das v o n n lästern träffenlich ist Zürcher übel Jes. 1, i (1530) 320«, (1536) 72"; w ! deinar 'wehe dir' bedauernd, nicht drohend; t äss w&' w i seiner 'armer teufel' KISCH Nösner Wörter und Wendungen 172. 2) auch in dieser Stellung wird

die klage gern

a) ach (nnd) w e h mit gen. reicht bis ins 16. ach w8 der hOhzite, sprach der künic her

verstärkt. jahrh.:

Nib. 1938;

ach und we der herten stund, noch hüt so mfls ich in der helle grund schauspiele des mittelalters 1, 296 Mone; w e und ach der bösen fart, das ich ie geboren ward 1, 301; ach weh, Venus, des meinen hertzen, wie ist es jetzt verwundt mit schmertzen H. SACHS fastn. 2, 75 Götze (1517); ach wee der Schmach und hertzen-leyd werke 2, 29 Keller (1545); ach weh meiner weiblichen ehrn 12, 8 (1527); ach w e des trosts den du mir gabst I ir treulosn bischof, w e und ach SCHADE Satiren 1, 113, 94 (1542).

b) a u w e h mit gen. bleibt vereinzelt: awe meines hertzen petrüebpten pein altd. passionsspiele a. Tirol 62, 956 Wackernett. c) um so kräftiger ist o w e h mit gen. entwickelt, a) hier tritt auch ein gen. der person wider hervor: owe danne schcenes wtbes! sOne kam ich nie vor leide in groejer angest mtnes libes REINMAR Winnes, frühl. 196, 27; o w e des (erste niederschrift: w e h e dem) sündigen volcks, des volcks v o n groszer miszethat L U T H E R 1523 Jes. l, 4; o weh der feigen ritter, die vor dem brautritt graut

o w e e des anheilst sprach Keyen überlaut Tristrant 117,19 Pfaff (1498); o w e desz groszen Iaidts EBERLIN v. GÜNZBURG 1, 26 neudr. (1521); o w e der eilenden botschaft MANUEL vom papst u. s. priesterschaft 1021; so ich dich lieb musz meyden geschieht mir ach o w e der sach FÖRSTERS teutsche liedlein 15 neudr. (1539); o weh der groszen angst und not H . SACHS 2, 35 Keller

vorherrschend,

dichtung

aber auch wider

sie sprach: o weh des Wunsches, dasz ihn mir gott verlieh RÜCKERT ges. ged. 3, 498;

o weh des scheidens, das er that, da er mich liesz im sehnen werke (1867) 1, 425. y) selten tritt an steUe des tons der klage die sehnsucht wie sonst bei a c h : owe der schcenen ongen, diu mich ane lacheten und mich dicke frö macheten FLECK Flore 1830 Gotther. 11) gelegentlich treten o w e h und ach verbunden auf: owe ach miner fünf sinnen! in der helle müsz ich brinnen schauspiele des mittelalters 1, 302 Mone; o w e e und ach diser groszen not Tristrant 50, 17 Pfaff. E. wo jede bestimmung durch einen, casus unterbleibt, steht w e h als satz für sich und kann in dieser absoluten Stellung seine bedeutung freier entfalten. l ) uncomponirtes w e h ist von früh an gleichmäszig häufig, die bedeutung hat anfänglich weiten Spielraum. а) w e h kann abwehrend

W A L T H E R 13, 26;

owg sS verlorner stunde 52, 4; owg unde heiA hei mins herren den ir sluoget Parzival 407,16; ow$ nu des mordes, der dä geschach ze bSder Sit fViUehalm 401, 30; owe miner leide! sprach des kUnegee wip Gudrun 926;

stehen:

'dü redest sam e ; st dtn spot'. we, nein eg, durch got HARTM. v . AUE Erec 7512. auch staunen drückt es aus: er meinet aber niht die tugent, dag etellche Iiute tugent heigent. so einer eine botschaft hovelichen geworben k a n oder eine schüggel tragen k a n oder einer einen becher hövelichen gebieten k a n unde die hende gezogenliche g e h a b e n k a n oder für sich gelegen k a n , sö sprechent e t l i c h e liute: ' w e c h l w e l c h ein wolgezogen kneht dag ist (oder m a n oder f r o u w e ) ! dag ist gar ein tugentlicher m e n s c h e : w 8 w i e tugentliche er k a n gebärenI' sich, diu tugent ist vor gote ein gespötte BERTHOLD V. REGENSBURG l, 96 Pfeiffer, eine frühe specialisirung ist w e h als kampfschrei, schrei der wuth, hetzruf im kämpfe: wie dicke sich die recken gut mit siegen vnderlieffen! genüge wee, w e e ! rieifen, die andern sprachen: naher dar! Büerolf 112» v. d. Hagen u. Büsching; hier entsteht die stabreimbindung w e h und w a l l e n , oben theü 18, 295 f. vom 12. bis 16. und dann wider dem 19. jahrh. belegt ist. dazu: hilff mir, brüder grymm ! der kam schnell gelauifen, er schray: we vnd wällen

auf die spräche der

beschränkt, ist der gen. der sache: owt miner stangin Rother 1695 v. Bahder; Owe getriwer helfe, die ich verlorn h i n Nib. 2252; owe miner besten zit und owi mtner lichten wllnnecltchen tage H. v. MORUNOEN minnes. frühl. 128,15; o w t des, wag rede ich tumbe 135, 29; o w i der wtse die wir mit den grillen sangen

(1545);

o weh des laids fabeln 5, 622, 39 Götze (1549); o wee der leidigen decken, die du gelanget hast, ich sihe vier fttsz da strecken, du hast gewisz ein gast Garg. (1575) 34 neudr. ; lieb hat ausz seinen (Jesu) Äuglein rundt fast tausent pfeil verschoszen; hat mir mein hertz verwundet sehr, o wee der süszen peine SPEE trutznacht. (1649) 5 ; entsprechend 91;

R Ü C K E R T ges. ged. 3, 488 (1837).

ß)

12

(interj.)

WEH

dort auch schon

die aus

HÄTZLERIN 263;

übertragen:

wee, waffen, waffen, w ä f f e n ! wes legt man uns nit schlauffen? б) die normale bedeutung wird w e h trauer und schmerz:

auch für

273. das

absolute

ir ander wort was we I owe H A R T M . V. AUF. Erec

5758;

ein vrtwtp schrei: w e ! Durkelhart von Grammase hAt mir leides vil getfin NEIDHART v . REUENTAL 239, 71 Haupt (unecht)-, w S , mit w a s straffe er dich w u r d kestigen vnd pingen N I K L A S v . W Y L E transl. 29, 16 Keüer; do schreyt er whe, sed Uli non terrentur L U T H E R Weim., 84, l , 814;

13

WEH

(interj.)

WEH

weh I wan d6rfer tolle hirten mflasen stets bey sich bewirthen R I E M E R pottt. maulaffe (Leipzig aber — weh! wie schmerzt die wunde SCHUBART sämü.

ged.

1680) 5 7 ;

(1885) 1, 1 8 ;

weh! da entfiel mir vom mittelfinger mein bräutgamsring zu gründe HERDER 25, 146 Suphan, weht was seh' ich, welch ein bild! GÖTHE Weim. I 2, 41 aber wehe — basiliskenpfeile deine blike SCHILLER 1, 222 (anthologie), und — wehe! halbtranken stürz ich nach dir aufs eis hin maier MÜLLER werke 1, 181; wehe! noch erblick' ich sie, die jammerst&tte HÖLDERLIN dichtungen 1, 88 Litzmann; plötzlich, wehl von pfeil und bogen wird er wieder fortgezogen R Ü C K B R T werke

(1867) 8 , 1 8 .

e) zur vertitfung des ausdrucka wird weh mehrfach man hOrte niuwan wil w8l w81 vor in kroigieren dä W I R N T v. GRAVENBERG Wigaloii 4 5 5 8 Benecke; wehe! wehe! hab' ich doch das wort vergessen! GÖTHE Weim. I 1 , 2 1 6 ; weh! wehl innre warme seelenwärme, mittelpunkt I 12, wehl webe! was sagst du? halt ein, halt ein S C H I L L E R 14, 1 0 9 ( b r a u t 4 , 4)

wehe! wehe! mich durchrast's ganz malcr M Ü L L E R werke 1 , weh! weh! wer giebt die todeswunde mir? FOUQUÄ hdd da norden» (1810) 1 , weh'! wehe! ruf ich dir. verberge dich I lasz fUrder ew'ge mitternacht dich decken

175 54;

H . v . K L E I S T 1, 816 ( P e n t t e » . 2 4 ) ;

wehl wehel deine hand ist starr und todtensteif AUERBACH Hof er

168;

(interj.)

14

owS, eedftht der recke, sol ich minen Up von einer meit Verliesen Nib. 621; owS s6 muog ich trOreclIche dannen gän H. v. MORUNGEN minnes. frühl. 134, 2; da; ich singe owS von der ich iemer dienen sol 140, 14; owS, do ich danne muoste gen, wie jcemerllch ich umbe sach R B I N M A R minnes. frühl. 164, 19; owS der habest ist ze junc WALTHER 9, 89; nun hab ich weder schappel noch gebende noch frowen zeinem tanze, owö 25,10; mSht ich die lieben reise gevaren ttber s8, s6 wolte ich denne singen wol, und niemer m8r ouwe 125,10; o wehe, spraoh der student, es gieng mir wol und ubel LINDENBR rastbitchlein 11 Bolte; o weh, da kopirt man bald anff, was pro widerpart ausz der kannen feilt Oarg. 1575 neudr. 62; o wee, was angst vnd noth S P E E trutznacht. (1649) 42; in der lieb wird manch junges hertz bethOrt, ade, ade, o weh venusgärtldn (1656J 7 neudr.; o weh, gedachte ich, du sollst gewisz zuvor beichten, eh er dir den rest gibet Simpl. 273 neudr.; o weh! so brlillt's um mitternacht SCHUBART tämtt. ged. 2,106; der stern steht ttber meinem haus! o weh I das ist mir za verfänglich GÖTHE Weim. I 8 , 1 8 4 ; o wehl sie zerdrückt mir (die deutschheit der poesie) die hand A. W. SCHLEGEL Athenäum l, 6 (1798); die mette schallt, mit einem kusz entwich er. doch o wehl im hof, durch den er waten musz lag nun ein tiefer schnee P F B F F E L poet. versuche (1821) 1 , 5 9 ; o wehl was ist? TIECK Schriften (1828) 1, 67; o wehl jammerte sie EBNER-ESCHENBACH l, 124; o weh, dort am feuer, am luszersten, steht ein cherub mitflammendemSchwerte RÜCKERT werte (1867) L, 163; s höscht nit immer juhfe, s hascht gar se dick: o weh

wehl wehl umsonst. M A R T I N - L L E N H A R T 2, 775. man sucht umsonst, das Weyla hat verscharrt, c) die underholung ist bei oweh eindrucksvoller: die kluge jungfrau M Ö R I K E werke 3 , 1 0 3 Götchen. ow6, ow9 unde ow8 die beiden weh werden gewissermaszen übereinandergeöiürmt (und gienge dehein wort m6 in dem auadruck weh über weh: dem herzen sO nähen, wehfiberweh I klagttberklag! H. SACHS 2,9 Keller; dag solt ich gevihen) 2. büchlein 1; vnd wehe vber alle wehe, wo wir solohen dienst vnnd zehant der engel lttte sehr! beruft in den wind schlagen MOSCHEROSCH insomnia cura owg, ow8, zem dritten w8 WALTHER 25,15; die tOren sprechent snlft snl, (16*8) % neudr.— in eigner weise nebeneinander stellt MURNER die armen liute ow6 owi 7«, 2 ; die Idagerufe: aber we allenthalben we, wo gerechtigkeit owe und OWP1 darnider ligt von Luters leren (1520) e 1'. sul wi Jhesum Cristum nummerme gese! d) gleichen erfolg hat die bindung mit synonymen: spiel von den 10 Jungfrauen 507 Becken. da sy ir kind erslagen sach, d) relativ öfter als beim einfachen weh sucht die widersi sprach: H . v.we N Eund U S T Aungemach! D T Apollonius 5526 Singer; holung abweichende formen: ach lieber herr was grossen verlusts fftgent jr diesem owe hüt und iemer me landt, we vnd ach, wie habt jr vns von der höhe in die ich mfls gan in der helle se tchauipiele des mittelaltera 1, 801 Hone; tiefte mit ewerm hinnen scheyden versenckt lustig geach in angst- vnd marter see schieht von Aymont (1585) F*; we vnd ach, wer gibt vns ich versinke, weh o weh hinfürters so vil pferd vnd hamasch, als jr vns bei SCHOTTEL frieden» sieg 5 5 neudr. ewerm leben gabent? o 4*; neben klage 'not' bei H. SACHS namentlich indem Synonyma eintreten und einfaches weh oben th. 6, 908. nachschlägt: 2) oweh widerholt die schicksale des uncom/ponirten weh. in der helle mfls ich sieden und brSten. a) die abweisende bedeutung ist hier bis ins 16. jahrh. owe grosz hertzleid ach und we 296; o weh, weh, angst weh, noth weh, ouwf, st sint des vil vrO dir Ludfer, weh mir vnd vns allen dag si der lantwer aisé A Y R E R proc. 2 , 8 ; Ober werden mOegen owehe, wehel mord und brand DROSTE-HÜLSHOFP werke HARTM. v. AUE Iwetn 2167; 2, 189 Cotta. lassen sioh darzu duncken, sie thun woll dar an und e) oweh als auaruf schmerzhaften schrecken» setzt die sey gut gerecht, dar zu auch christlich, o we, o we leyder bedeutung der Hage stets schon voraus: neyn . . . ist er auch da mit entschuldiget? o we neyn o wehl wie hab ich mich gestochen M E L C H I O R H O F M A N N 1525 bei L U T H E R Weim. 18, 4 2 8 ; CRONEGK Schriften (1766) 2 , 248 ; b) das normale ist wider oweh als klage, wie es ALBERUS o weh, da war der erste wünsch gethan HEBEL werke 2,88 H 4b bucht: ohei, heu, dolentis. anwehe, owehe; Behaghel; und — o weh! — so schrie Giaointa auf; eben dag ich ie in diser bösen zit den busenstreif nähend, hatte sie sich heftig in den ouwe leider wart geborn grave Buodolf K« 18 Gr(mm; flnger gestochen E. TH. A. HOFFMANN U, 8 Orisebach; mit listen sprach er alsS : ich will — o wehel — welches schrecken! ouwô, ditz voie ist starke nnvrS sie kommt heran, sie wird mich sehn UHLAMD ged.' 36 (.entschluez); HARTM. V. AUE /wein 1432;

15

WEH

(interj.)

WEH

als abends ich einst saramt meinem gemal, dem behaglichen sasz an der tafel, spann plötzlich, o weh! sich ein solches getüm von der decke herab in den mund mir PLATEN 851 (verh. gäbet 1); o wehl da wackelt der r a t h . . . h e r a n BAUERNFELD ges. sehr. 1, 24 (leicktsinn aus liebe 1, 9). f ) LUTHERS awe leitet gern das bedauern über eine miszliebige enbwicklung, eine schiefe beweisführung ein: so mfichten wir auch sagen: awe. er seufft zu seer und m a c h t sich zu vol Weim. 19, 898 (1526); denn ich mttste doch dencken: a w e , es ist gauckel werck, und keyn grund da 18, 119 (1525). durch zusatz von j a erhält es den ironischen klang einer scheinbaren bestätigung, die zw Verneinung den spott fügt: 'warum nicht gar': wo ist n u dein gott? lasz dir j h n heißen 1 awe j a , Elias wird komen vnd dich abnemen das schöne confitemini (1530) K 3"; entspr. D l 4 , ein wünsch wird abgelehnt: d a r u m b werden zu der zeit viel gespottet und gesagt h a b e n : awe j a , zihet hin und b a w e t , yhr solt was feines bawen, yhr seid geschickt dazu, wie der esel zu singen 23, 530 (1527); Mose sprach: wir wollen ziehen mit j u n g vnd a l t . . . er (Pharao) sprach zu j n e n : awe j a , der herr sey mit euch, solt ich euch vnd ewre kinder dazu ziehen lassen? 2. Mos. J0, 9f. (1545). eine schluszfolgerung wird verworfen: das gemeynschafft des leydens Christi und gemeynschafft des leybs und bluts Christi, eyn ding sey. ists nicht feyn? awe j a , gantz feyn 18, 169 (1525); die wort die ich rede, sind geist vnd leben etc. hieraus folget das Christus von seinem fleisch rede, da er sagt: fleisch ist kein nütze, awe ia, schone folge 26, 370 (zweimal. 1528); entspr. 30, 2, 478. wo das wort allein steht, hebt es eine ganze argumentation in schneidender kritik auf: LUTHER bespricht die 28 artikel der Erfurter 1525 und beantwortet den zweiten: au we j h a , nichts besszers 18, 531. ALBERUS wagt sichtbar unter dem, eindruck von Luthers awe j a das gegenstück awe neyn 'das sei ferne': welchen lutherischen artieul wolt ihr zum ersten angreiffen, der priester e h e ? a w e neyn Widder Jörg Witzeln L 6» (1539). g) nhd. au weh ist beschränkt auf den ausdruck körperlicher schmerzen, wie sie FLEMING apostrophirt: auweh! was bin ich doch, als mein selbst eigner spott poemata (1660) 621; au Wehl herr harlequin, weswegen schlagt ihr mich? CHR. R E U T E R kindb.-schmaus

(1695) v. 106;

au weh I soll ich mein bisgen brodt lieng Murner heimlich an zu heulen, mit diesem schlimmen wiesei theilen, so leid ich endlich selber noth LICHTWER fabeln

(1748) 2 , 1 2 ;

au w e h l w e h ! ich werde dich beym Areopagus verklagen WIELAND Lucian (1788) l, 94; au wehl was soll das heiszen? 99; (er u m a r m t ihn heftig) au wehl a u w e h ! schon genug! sohon genug KOTZEBUE dramat. sp. 2, 262; laut schreit der frosch au weh! das Wasser will ihm vergehen ARNDT ged. (1860) 82.

körperlichem schmerze unmittelbar nahe stehen vereinzelte gebrauchsweisen wie: au wehl mein hertze schreyt! tritt Phyllis nicht zu hart B . NEUKIRCH in

HOFFMANNSWALDAUS

u. a. auserlesenen ged. (1697) 2, 66; er langte hinein, aber au w e h ! er brachte nichts als todte m&use an den tag ARNDT mährchen l, 333. 3) «) ach weh tritt spät auf und bleibt seltener: dan ach w e h ! es ist kein mensch so übel von dem glück geplaget ZESEN Sofonisbe (1647) 35; ich Sprech: ach weh! mein liecht verschwind GERHARDT litder 3, 322 Fischer- Tümpel ; ach weh! was soll dieses seyn? CHR. R E U T E R kindb.-tdmau»

(1695) v. 103;

ach w e h l k a n Jacob unsere künste verachten, so wird er noch unser könig CHR. WEISE comödienprobe (1696) 176; drauszen, ach wehl dröhn die gefahren GERSTENBERG Ugolino 4 (nat.-lit. 48, 250). b) die widerholungen suchen verschiedene wege: nicht böser meinung, nein: ach weh, weh ttber wehen, (der zaubrer kläglich sagt) ist disz also geschehen D . v . D. W E R D E R Arioet

(1636) 4, 2 9 , 1 ;

ach weh I ach weh! wie wird es ihm doch gehn NEUMARK fortgepfl. musik.-poet. luttw. (1657) 1, 41;

16

(interj.)

ach wehe und aber wehe in ewigkeit Simpl. 463 neudr.; so verscheuchte dich ein allzugroszes glück von ihrer seite. ach wehe I weh GÖTHE Weim. 111, 313; wehe I ach wehe! o schmerz! o schmerz! die dritte, so traut betrog sie mich auch? RICH. WAGNER Rheingold (1853). 4) auwinnen auweh (s.u. wind und weh) ist eine eigenthümlichkeit MOSCHEROSCHS : als er dieses noch redete, hörete ich ein geschrey under der truppe, und grewliches raffen: ach wehe, helas, auweh I mordio, helfio! rettio! auwinnen auweh Phüander (1650) L, 572 ; 8 mordio, mordio, helffio, kombt mir zu hülff, er schlegt mich zu todt. ach weh vnd ach w e h : auwe vnd a u w e ; auwinnen auwe 2, 947. F. weh als satz kann mit nachbarsätzen in Verbindung treten, ihnen syntaktisch übergeordnet werden. L) schon in der got. bibel veranlaszt das gr. vorbild oval orav xaXw? vftäg sl'rcwoi Luk. 6, 26 die construction: wai fian waila izwis qif>and allai m a n s , und biblisch bestimmt ist der gebrauch, wo er gelegentlich in die mundart dringt: bea hart, az bar vorkearnüz net 'wehe wenn wir uns nicht bekehren' SCHMELLER eimbr. 171, ebenso: aber wehel durch welche aergernusz geschieht ABR. A S. CLARA Judas (1690) 2, 47. nach solchen vorbüdern wird in gehobenem stile von einfachem weh zumeist ein ausrtrf, nicht selten auch eine frage abhängig gemacht. a) der ausruf enthält eine klage, die gleich oft mit dasz und wie eingeleitet wird: ay Munsalvsesche, jämers zil I we da; dich niemen troesten wil Parzival 318, 30; witze unde manheit, dar zuo Silber und da; golt, swer diu beideu hat, beltbet der mit schänden, we wie den verg&t des himeleschen keisers solt WALTHER 13, 8; entspr. 90, 23; wft da; zw8n als edele namen mit den schamelösen werbent 45, 33; ach und we das ich ie ward geborn! Schauspiele de» mittelaltert 1, 295 Mone; Henricze sprach: da; sei, daz sey! w6, wie schier diez was geschehen WITTENWEILER ring 101 Bechtlein; weh, das ich hab gefolget dir H. SACHS 1, 39 Keller; dagegen ist vns zugestanden (we das wir das erlebt haben) das du eyn feind der statt Rom vnsers gemeynen vatterlandts worden bist CARBACH Livius 87*. spät erst stellen sich wenn -Sätze ein, gehäuft in SCHILLERS glocke: wehe, wenn sie losgelassen v. 163; doch wehe, wenn in flammenbächen das glilhnde erz sich selbst befreit 344; weh, wenn sich in dem schosz der Städte der feuerzunder still gehäuft 354; wehe! wenn uns der teufel Benvenuto sehen sollte GÖTHE Weim. I 43, 91; m a n h a t die schlummernde liebe des volkes durch aufrufe und verheiszungen entzündet, wehe, w e n n sie so völlig getäuscht würde AITERBACH Hofer 122. widerum wird die anknüpfung mit wenn vorausgesetzt in fügungen wie: weh, wer deinem dienst sich aufgeopfert hat GÖTHE Weim. I 16, 25; wehe, wer dem glttck will weichen ARNDT werke 5, 305 1lösch. b) ausdruck einer klage ist in der regel auch weh vor fragesatz, das zumal in mhd. dichtung eine rolle spielt: we, wi mah her oh dar an verzagen? HARTM. v. Aus Iwein 1400 nach ht. A; we wag hilfet mich da; mtn Bunne ist üf gegän? HEINR. v. MORUNGEN mimte», frühl. 134, 37; we, wie lange sol ich ringen umbe ein wip der ich noch nie wort zuo gespräch? 135, 9; w6 wanne kumet mir heiles tac? RBINMAR minnes. frühl. 188, 38; w& wie tuont die jungen sö, die von fröiden solten in den lttften «weben? WALTHER 42, 3 3 ;

w6 war umbe tuot si das, der mSn herze treit vil Meinen hag? 112, 33; wg, war umbe heeret niht diu guote mtnen sanc? NEIDHAKT 67,10
(d. wilde Jäger); wenn die nachtigall verliebten Hebevoll ein liedchen singt, das gefangnen und betrübten nur wie ach und wehe klingt GÖTHE Weim.

1 8 , 180.

gleichfalls von haus aus mit dem vollen, gefühlston, der der interjection gebührt, sind präposiüonale Verbindungen gesprochen zu denken: nun weil sie füren auff der seh, unwissent, in zu ach und weh, trancken sie beide das bultranck H . SACHS 18, 1 * 8

Keller.

namentlich aber mit ach and weh, das neben den verben sterben, trauern, quälen steht: noch mftszt sterben mit ach und wee N. MANUEL totentanz str. 64 Bächtobi; vnd wenn er so nach seinem spara mit ach vnd weh ist hingefahrn RINGWALDT laut.

Wahrheit

sein eheeemahl Philace beklagt jhn mit ach vnd wehe

v. 3 0 ( 1 6 9 8 ) ;

SPRENG Tita« (1610) I I SS 1 ";

da musz er denn die unerhSrten plagen mit ach und weh in ewigkeit ertragen NEUMARK Jortgepjl. musik.-poet. luetw. (1667) 1, 48; wen strengen richten sprach zur langen qval verteilt, sein leben kümmerlich mit ach und weh zurftdern: dem darf kein Zuchthaus nicht der kräfte mark entädem SNELFER iprachschatz, vorrede (8G). der volle gefüklston ist längst verloren, wo ach und weh als object oder subject in den satz eingebaut ist: ich vant ach unde wS, und siufzec manec herze Parztval 308, 18; ach und we wirt von uch genommen nummer me Alkfelder pastionsspiel 4669 Grein; schaiden pringt mir ach vnd wee HÄTZLERIN 1 9 3 ;

(in der ee) entpfündt ich nüt dann ach vnd wee GENGENBACH 6 0

Goedeke;

jetzt trotzt er ihrem ach und weh

GOTTER 1, 8 4 ;

und wo-n-i geh und steh is lautar ach und weh volksschauepiele in Bayern 184 Bartmann, cc) in prosa setzt der ausdruck erst zu ende des 15. jahrh. ein: do erhüb sich ein geschrey ander des grafen her von ach und wee Tristrant 129, 9 Pfaff; schon neben den verben des rufens ist hier nirgends mehr der inierjectionale klang vernehmbar: darüber sie anfieng zeter, ach vnnd weh zuschreien B. KRÖGER Ciawert (1687) 21 tieudr.; so gehts an mit ach und weh Philander 1, 161; sie haben alle ach und weh über ihn geschrien CHR. REUTER Schlamp, krankheit (1696) 100 neudr.; ach und wehe rufen RÄDLEIN 1083; nichts als ach und weh seuffzen LUDWIG 8412; alle caffeegesellschaften, alle wochenstuben, schreyen ach und weh RABENER Schriften 8, 3 7 4 ( 1 7 5 8 ) ; l i e s z . . . a c h u n d w e h e r s c h a l l e n

MUSAEUS

Volksmärchen 1,9 Sernpel. die präpositionalen Verbindungen entfalten sich in prosa nicht recht: warum müssen wir so gebunden seyn, und jeden tropfen lust mit ach und weh erkaufen HEINSE werke 4, 108 Schüddekopf (Ardinghello 1, 809); kündigt sich immer mit ach und weh an maier MÜLLER werke 2, 14 (1811). als subject und object steht es dem matteren ton entsprechend früh: and bleybt da nichts denn sande, finstemis, ah nnd wehe LUTHER Weim. 18, 481 (1686); vnd Lazarus het ach vnd wee S C H W A R Z E N B E R G 157, 8 .

dd) die umkehrung weh and ach steht nur im vers, reim und melodik tu liebe: wan der die helle brach, der füege in w8 unt ach FRIEDRICH V. HAUSEN Minne».

frühl.

49, 8 ;

28

(die knechte) börint w8 vnd ach unsanfte dicke erweckit, mit scarphen Worten erschreckit

HUGO V. LANGENSTEIN Martina

189, 92

Keller;

vnd diese wort mit weh vnd ach in seinem paroxismo sprach RINGWALDT cftristl. Warnung F ! k (1588); denn so wird ein thr&nen-bach, seufftzen, winseln, weh vnd ach mehren deine schmertzen Venusgärtlein (1856) 176 neudr.; er . . . seufzet weh und ach PFEPFEL poet. versuche (1818) 1, 31; was half sein weh und ach? 6, 124; zu Hannchens thttr, da kam ein geist mit manchem weh und ach IFBRDER 6, 187

Suphan;

GÖTHE Weim.

I 1, 1 6 ;

er rafft sich auf durch wald und feld, und flieht laut heulend weh und ach BCRGER 71B (d. wilde Jäger); rSslein wehrte sich und stach, half ihm doch kein weh und ach besonders lernt die weiber führen; es ist ihr ewig weh und ach so tausendfach aus einem punkte zu kuriren GÖTHE Weim.

I 14, 9 4 ;

der könig spräche und ging, und alle folgten nach, und Rostem blieb allein mit seinem weh und ach RÜCXERT werke 6, 530 Beyer; sterben musz er mit weh und ach MÖRIKE werke 1, 160 Qötchen. ß) sonstige äuszerungen von leid neben weh sind mannigfach, aber nicht häufig: neheines leides ist si (die höüe) wane, dä ist wuoff unde w£ d. Sprachdenkmale des 12. jahrh. 51, 16 Karojan ; daraus entspringt unss weh und clag Endinger judenspiel 88 neudr.; habt frewd und lust: was habt jhr mehr als endlich weh und klagen? GERHARDT lieder 3, 321 Fischer- Tümpel; wilt von mir haben, dir einen bericht zu thun, was für wehe vnd klage die verdampten in der hell haben Volksbuch v. Faust (1587) 87 neudr.; vnd es wirt doch ein wehe vnd zittern viel grösser vnd schwerer seyn, als das ander das.; Ceres voll von weh vnd zehren OPITZ poeterey 53 neudr.; mein vermögen ist ein liedt, und für allen weh und zehren S . DACH 761

Osterley;

ich wehrte mich, Tschrie und (1828) zeter 1, 3 4 8 ; I E C K weh Schriften

einen kerl . . . welchem sie zetter, mord und wehe nachschryen Phüander 1, 609; und als man sie (die hexe) in den kessel schob, da schrie sie mord und wehe HEINE 1, 39 Elster; er . . . rufe mit mir räche und weh KLINGER werke (1809) 1, 85; tage . . . des wehs und jammers TIECK Schriften (1888) 1, 88; ach, es giebt so viel weh und jammer auf der weit G. HAUPTMANN eins, menschen (1891) 87. y) viel lieber steht weh neben bezeichnungen inneren leides. aa) zufrühst neben leid selbst (s. auch wehleidig): owe ach hüt und iemer me, ich han leid und menges we schauspiele da Mittelalters 1, 895 Mone; so namentlich im 16. 17. jahrh.: das da (im einigen leben) kein leid noch -wehe mehr sein vnd weder weit noch teufel mehr vns plagen vnd betrüben wird LUTHER Jen. 6, 282» (1684); wo ist weh? wo ist leyd? wo ist zanck? Sprüche 23, 89; seitdem dichterisch: (die manche haben) ein strengen orden angefangen, in härem hembt uud grawen kleidt, auff hartem lagr in weh und leidt DEDEKIND papista convertue C 3°; erforsch sein hertzenleyd und weh H.SACHS 1,120Keller; ein jeglicher war voll von sorgen, weh und levden SIDNEY Arcadia üben. v. Opitz (1643) 283; wil die seele stets wohl leben, musz sie sich der lust begeben, die nichts hat, denn weh und leidParnatz (1658) 870; RIST

29

W E H (subst.) mit der zeit wird leid und weh dich bald beziehn STIBLBR geharrt. Venus (1660) 109 neudr. ;

bb) wenig weiter reicht in der dichtung angst a n d w e h (stete in dieser folge):

die

Verbindung

darnach volgt ewig afiest vnd we SCHWARZENBERG

158,1;

(sott) vertreibt von in all angst und weh SACHS l, 160 Keller; ersäuf all angst nnd weh im meere deiner gnaden GERHARDT lieder 8, 301 Fischer-Tümpel; entsprechend 3, 336. 370; (im ttfmmel) wo verdrusz und angst und weh der auserwehlten ewig schonet GÜNTHER(1735) 12; falsche Doris, nun adieu, mich bringt deine glatte stirne nun nicht mehr in angst und weh N E U K I R C H in

HOPFMANNSWALDAUS

U. a. gedichtm (1697) 1, 346; o tag voll angst I o stunden voller wehe N E U K I R C H ged.

(1744) 68.

ee) in der Zusammenstellung mit schmerz schwebt w e h zwischen 'körperlichem' und 'seelenleid': als solches die Sarraide gehöret hatte (die hinriehtung Vires sohnes), huhb sie ihre äugen auf gen h i m m e l . . . sie w a r d v o n w e h u n d schmerzen so eingenommen, dasz sie nichts mehr sagen konte ZESEN Ibrahim (1645) 2, 186; wie mußte der (Jacob) sich plagen, in was für weh Und schmerz, in was für furcht und zagen sank oft sein armes herz GERHARDT 886, 37 Qocdeke; ietzunder wird sie dich gleich hertzen mit der üand, bald einen sporenstich in deine Seiten tuhn, dasz dir für weh und sohmertzen die äugen Übergehn RACHEL tat. ged. (1664) 81 neudr. ; habt nicht ganz vergessen, was, zum weh euch, mir zum schmerzen, euch getrennt vor dessen R Ü C K E S T werke (1867) 1,127.

dd) neben wechselnden synonymis verwandter art begegnet w e h gelegentlich im 16., häufiger seit dem ende des 18. jahrh.: w e n n w i r nicht gefallen w e r e n , so w e r e es also gangen, das alle hetten frucht müssen tragen, denn der segen w a r gesprochen, das es on w e h e und bfise last solt zu gehen L U T H E R Weim. 84, 79; reus h a b müssen sein kreutz mit tragen usgue an die richtstette vd quod huic homini zu trotz, w e h und mherer schand 28, 384 (1589); d e m n a c h . . . ist mein freundlich christlich verm a n e n , w o l t solche w e h e v n d v n f a l l i n den lieben Christum sencken Jen. 6, 805b (Erl. 55, 68); von Holoferno vnd seim w&sen, des glevchen ouch von andren mee, die er (der wein) hat bracht in not vnd wee H. R . MANUEL weintpiel (1548) 1134 neudr.; sol der misgunst gram und weh uns noch vor der zeit verzehren? S. DACH 715 Österley. d a r u m b k a n ich keiner gnade m e h r hoffen, sondern w e r d e w i e der Lucifer i n die ewige verdammnusz v n d w e h e verstoszen Volksbuch, v. Faust (1587) 31 neudr. die neueren dichter heben durch das synonym eine Seite der bedeutung von w e h tinderholend hervor, weshalb w e h meist an erste stelle tritt: bis er ohne w e h u n d krankheit die äugen zuschlosz HERDER 18, 888 Suphan; im neuen jähre glück und heil! auf weh' und wunden gute salbet auf groben klotz ein grober keil 1 auf einen Schelmen anderthalb« GÖTHB Weim. I 8, 888; und was noch übrig ist von schreck und weh, nimmst du, o herr, durch deinen milden blick 10, 860 (nat. iochter 848); mit k u m m e r ,

trübsal

und

weh

maier

MGLLER

werke

(1811) l, 6i; ein wehe nur und eine schände wird bleiben, wenn die nacht verschwand: dasz in dem eignen heimathlande der feind die bundeshelfer fand STORM (1878)1,100; und ruhig wink' ich, wenn in weh und sehnen sich nächtige schatten meinem lager nahn SCHEFFEL fraU Aventiure 164. e) w e h neben gegensätzlichen

30

W E H (subst.)

begriffen.

tt) aus freier FRID vorliegt:

gegenüber Stellung, wie sie etwa bei GOTT-

eg enst.1t nu niht als wilent dö wir ein wol, dö wir ein we, eine liebe und eine leide gemeine truogen beide Tristan 19484; nim einweder hie din wol oder dort din we an enden, doh nim hie din we dar an genende vmb dort iemer werndes wol nach dirre weite eilende Beidelb. UederU. 1210, 26 P/aff, oder bei SINGENBERG: ouch sint gewis swag man wil vertriben, d a j da d a ; wol vil lihte an dem ende wirt ein we das. 553, 4 erwächst die feste formet w o h l und w e h 'gutes und schlimmes ergehen', die umgekehrte folge w e h und w o h l ist vereinzelt durch reim und melodieführung veranlaszt: kein angst noch quaal, kein weh noch wol vns scheiden sol, dich lieb ich mein täubelein Venusgärüein (1666) 88 neudr.; mich deucht, dein neuer stand läst meine kühnheit hoffen, dasz ich sein weh und wohl durch diese kuast getroffen G Ü N T H E R 639.

(?) w o h l und w e h in dieser folge meidet den ist nhd. auch mannigfacher zu reimen:

hiatus,

sein anvertrautes hertz, mit der er in der eh' hat auszgestanden leid und freude, wol und weh R I S T Parnaez

(1652) 384;

er ist der herrscher in der höh, auf ihm steht unser wol und weh GERHARDT lieder 3, 386' Fischer-Tümpel; sondern fest in wol und weh als ein felsen bey mir steh 419B; ich fühl ein ewig wol und w e h . . . wenn ich in deiner gnade steh DROLLINGER gedickte (I746) 15;

parallel stehende formein wie lieb und leid stellen auch den freundlichen begriff voran: sein lieb und laid, wol und wee scholt man guten gesellen sagen fastnachtsp. 778, 29 oder gleiten vom einsilbigen ausdruck auf den zweisilbigen über: leute die glauben, alles stehe mit seinem leib und leben, m i t seinem w o h l und w e h e nur zu ihrer Verfügung da 6 . KELLER 4, 51. y) so ist w o h l und w e h seit dem 15. jahrh. in vers und prosa der herrschende ausdruck, zunächst für das ergehen des einzelnen: selig und wolselig ist der mensch, den got lert mit w o l oder mit w e e scheiden v o n diszen zeitlichen lttsten diser weit KEISERSBERG brSs. 8, 78*; w i e sie aus der vögel schreyen . . . k ü n f t i g e s w o h l und w e h a b n e h m e n könten Faustbuch des chrisÜ. meynenden 81 Szamatölski; ich und dein vatter in der eh haben gelitten wol und weh mit einander wol dreyssig jar H. SACHS 17, 53 Keller-Qötze; in wohl und weh, wie's um ihn sei, mein herz noch imm'r ihm wohne bei HERDBR 85, 166 Suphan; des lebens becher zu genieszen, in welchen wohl und wehe flieszen und diesz durch jenes zu versüszen das ist des weisen Wissenschaft GOTTER 1, 230; wir feierten dein kläglich miszgeschick, du lieszest uns zu wohl und weh zurück GÖTHE Weim. I 3, 80; entspr. 83, 207; das w o h l oder w e h e dieser familie KRETSCHMANN sämtl. werke (1784) 3, 844; leite mich in einer sache, w o v o n das w o h l oder w e h meines lebens abhängt W I E L A N D werke (1856) 81, 158; Karoline kannte n u n . . . die verborgensten wurzeln, aus denen der freundin w o h l und w e h keimte HOLTF.I erz. Schriften 8, 148; w o h l u n d w e h e der menschen D . F. STRAUSZ Schriften 6, 66; sobald es sich u m mein persönliches w o h l oder w e h handelte Gr. KELLER werket, 81; mir w ä r e alles gleichgültig, auch w o h l und w e h e des nächsten? EBNER-ESCHENBACH 4, 809. S) .vom w o h l u n d w e h e eines gemeinwesens spricht man kaum vor HERDER: vielmehr h a b e n i h m seine reine patriotische oden über Deutschlands w o h l u n d w e h . . . den meisten r a h m erworben 87,807 Suphan; entspr. 17,16S; w o j e d e r einzelne das allgemeine w o h l nnd w e h z u m

31

WEH

{suhst.)

vorwand n i m m t GÖTHE Weim. IV 29, 118; die wenigsten hatten Italien und noch wenigere Rom gesehen, dessen wohl und wehe ihre letzte sorge w a r M. J. SCHMID geschickte der Deutschen, (1778) l, 84; hier wurde n u n ernst und feierlich verhandelt über das wohl und wehe des ptaats E. TH. A. HOFFMANN werke 6,18 Orisebach; entspr. 10, 37; über wohl und wehe des ganzen (Iclosters) wird entweder von diesen Obrigkeiten besonders, oder von allen stimmfähigen mönchen zugleich im gemeindesaal entschieden FALLMERAYER fragmente 2, 37; vor wenigen j ä h r e n erst war Napoleons stolzes wort erklungen, die Vermischung des Wohles und wehes der kirche mit den interessen eines staates vom dritten ränge, 'dieser scandal', sei zu ende TREITSCHKE hist. u. pol. aufsätze 1, 248; entspr. d. gesch. 3, 528; wovon wohl und wehe einer nation, eines s t a m m e s , eines geschlechtes abhängt SCHERER lit.-gesch.1 7. vereinzelt spricht HERDER 13, 292 Suphan vom wohl und weh des klimas, BÜRGER 320" vom wohl und wehe der poesie. f ) neben andern gegensätzen wird weh nie formelhaft, nicht selten freud und w e h : er hat auch mir von Adams zier ein gehilflen mir zugstelt die mir beysteh in freud vnd weh FÖRSTERS liedlein (1566) 199 neudr. mit weiser huld vertheilt das echicksal weh and freuden Uz werke 113 (49, 41) neudr.; mein herz war wieder erneuert bey ihrem anblick, in alle freude, in alles w e h maier MÜLLER werke (1811) l, 94. länger hält sich glück und w e h : Berlin . . . sah hier gleichsam als im Spiegel sein gluck, und andrer städte weh NEUKIRCH ged. (1744) 6 ;

du willst mein glück, Myrtill, und mehrst doch nur mein weh GELLERT tchrijlen (1765) 3, 277; der greis legte . . . den keim des künftigen glücks und wehs in das herz seines sohnes KLINGER 4, 9; erst froh, dann schmerzlich, und zuletzt kein gipfel des glücks, kein abgrund des wehes, dem nicht ein laut wäre gewidmet gewesen GÖTHE Weim. I 29,161; bei deinem weh, bei deinem glücke 11, 77; denn durch des groszen weltgeschicks Verkettung ist unser glück fttr dein weh eingetauschet RÜCKBRT werke (1867) 1, 85; dem bösen (kann) hier nicht soviel glück geschehen, dasz i h m nicht gegen sein künftiges weh wie nichts däuchte GERVINUS gesch. d. d. dichtung 8* 15. erst im 19. jahrh. wonne und w e h : mit welchen gefühlen von wonne a n d w e h ARNDT sämü. werke l, 201; aus den letzten Worten drang ein ton verächtlicher gleichgültigkeit, der den lehrer mit weh und wonne durchrieselte HOLTEI erz. sehriften 19, 16. £) andere paarungen sind selten und auf die poesie beschränkt: und weder Phrynens schosz, noch eine folterbank wird Uber ihn erhalten können, die lust ein gut, den schmerz ein weh zu nennen WIELAND werke (1863) 3, 236 (d. leben ein träum 8); mancherlei, mein vater, ist des lebens wonn' und weh GÖTHE Weim. I 39, 211; gehrt' ich nach wonne, weckt ich nur weh R. WAGNER walküre 1 (1853); ein freier sinn in lust und weh schwelgt gern in sang und reim KÖRNER werke 2, 84 Hempel; ein lied mein morgen- und mein abendsegen, ein lied für jeden jubel, jedes weh HERWEGH ged. einet lebendigen (1841) 89; und in mir singt wie Schwäne sehnsüchtig lust und weh LUDWIG tchriften 1, 36. f ) zu weh 'seelenleid' gehören mehrere Zusammensetzungen, sie folgen hier in alphabetischer reihe, in Sperrdruck die in früheren bänden übergangenen: a b s c h i e d s - , a n g s t - , a u s - , beicht-, d e n k e r - , erden-, f o r t - , gedanken-, heim-, h e i m a t - , h i n a u s - , höllen-, k ü n s t l e r - , liebes-, nach-, trennungs-, w a l d - , weiber-, weit-, wittwer-, wüstenweh. 4) weh 'körperlicher schmerz' (dafür in der kindersprache wehweh, s. dieses) definirt der arzt HÖFLER 788: einzelner plötzlich eintretender sehmerz als gemeingefühl, das

W E H (subst.)

32

aber nach der örtlichkeit differenziert werden kann, im gegensatz zu schmerz nicht qualitativ bestimmt, es wird vorausgesetzt, dasz jeder a m eignen leib erfahren h a t w a s weh ist. leiden ist ein durch quantität und dauer bestimmtes weh. zunächst ist dem hinzuzufügen, dasz auch der schmerz des thieres wqh heiszen kann: das weh oder die kranckheyt, welche die Frantzosen die rindshammer vnd m a r t e a u n e n n e n , mag m a n ausz dem erkennen, w a n n die rinder vber den gantzen leib schaudert SEBIZ f eidbau (1580) 127*. zu den einzelnen punkten der definition ergeben sich folgende bemerkungen: a) die Vereinzelung des leidens wird sprachlieh selten ausgedrückt: er het ein frauwe hochgemeidt, die het ein wee (thün ich vch kund) wann das ir zü der selben stund kein meister nit gehelffen mocht KLINGLER vom tpiel (1520) v. 339 in Qoedeket Gengenbach 381; grüne rautenbletter vnd rein gerstenmeel durch einander gestoszen vnnd plasters weisz auff die schmertzlichen äugen gelegt, benimpt das wee BOCK kräuterbuch (1551)27"; h a t der mensch irgend ein weh, so fühlt er sich krank B. v. ARNIM frühlingskranz (1844) 35; und ob sie auch durch manches weh zu tödten dich bestreben R. Z. BECKER Mild, liederb. (1799) 17; viele weiber, viele flöhe, viele flöhe, vieles jucken — thun sie heimlich dir ein wehe darfst du dennoch dich nicht mucken HEINE 1, 411 Elster (1851). b) der plätzliche eintritt ergiebt sich bisweilen aus der natur des leidens: von wee ist j m geschwunden, dolor animam clausit MAALER 487*; onmacht vnd wee im hertzgrüblin, cardiacus morbus 220b ; dieser (der erblindende Tireeiat) stand sprachlos, denn weh' um strickte die kniee fest ihm, die stimme hielt bange bestttrzung zurück A. W. SCHLEGEL Athenäum 1,135 (1798); er wird ganz selten sprachlich bezeichnet: grumpt dir der bauch villeicht dermassen . . . wo dich das weh getroffen hat, da lasz jn (den magenwind) farn mit lautem schall SCHEIDT grobianut (1551) 1243 neudr. und verbietet sich gelegentlich aus der Situation, so bei der ewigen höUenstrafe, dem langsamen hungertod und der erschlaffung: erbarm dich vatter Abrahe, mein sie in diser flammen wee SCHWARZENBERG 110, 2 ;

(um ihret glauben» willen) man dise schände in bot da; si do Sölden sterben und lesterlich verterben alsus in des gebrechen we pastional 86, 31 Köpke; ich radt, man geb jn fürter mee kein Pfennig, das eye hungers wee ersterben und durch armüts not HUTTEN dag vnd vormanung 565 Balke; die götter sahn aus lichter höhe die erdensöhn' erschlaft, und sannen mitleidsvoll dem wehe zum labsal neuen saft Voss ged. (1802) 4, 198. plötzlicher eintritt ist demnach eine mögliche, keine nothwendige eigenschaft des körperlichen wehs. c) .'schmerz als gemeingefühl' ist weh beim mangel örtlicher bestimmungen: ob e j die göte mir geboten sö woite ich gerne sterben Ä, dur da; ich niht dag grimme w6 müest an ir Übe schouwen KONRAD V. WÜRZBURG trojanerkrieg 23274 Ketter; krop Brun int water van grotem torn unde beghunde van grotem we to brummen Reynke de vot (1498) v. 767; die aloe bringt bittres weh, macht gleichwol rothe wangen GERHARDT lieder 3, 315 Fitcher-Tümpd; die jungfraw vermeynt, dasz er andere kranckheit vnd weh hette Amadis 1, 70 Keller, auch wo positive bestimmungen fehlen, bleibt es gemeingefühl: weich das seihig

33

W E H (subst.)

end mit rosz öly . . . also das es on w e ausz gat BRAUNSCHWEIG chirurgia (1539) 44B; vnd hiltr das mir das hertze mein fein sanfft gebrochen werde, vnd wie ein liecht ohn vbrig weh auff dein vnschftldig blut vergeh RINGWALDT handbüchl. D 4 » ; ein mensch, der lose händel treibt... der hat an seinem leib kein weh laut. Wahrheit (1598) v. 156; ihr echiesz ich in die haut, doch ohne weh, des schützens pfeil pedant. schul/uehs (1673) 169. damit ist weh der gegebene ausdruck für ein leiden, das nicht näher genannt wird, aus dem Zusammenhang hervorgeht, undefinirt bleiben soll. d) doch auch ohne dasz unterscheidende bestimmungen hinzutreten, wird weh Bezeichnung specifischer leiden, am frühesten der ischias: das (zipperlein) an der hüfft das wehe genannt, ischias COMENIUS janua (1644) 88. viel verbreiteter ist weh schlechtweg für 'epilepsie', das in der mundart des badischen Oberlands weithin (in Todtmoos Bleibach Fröhnd Wolterdingen) lebendig ist, doch auch in den nachbarlandschaften: die epilepsie, fallsucht, wird falligswai, waidäg, waia schlechtweg genannt BUCK med. Volksglauben aus Schwaben (1865) 14; er het e w e 'epileptische krämpfe' MARTIN-LIENHART 2, 776; s w é 'die epilepsie, das fallende weh', er het's w e 'leidet an epilepsie'. bluet fome g'chöpfte drinke isch guet gege's w e SEILER 312; bös-weh n. 'epilepsie', auch weh ohne beysatz STALDER 1, 207. 2, 440. mit epilepsie verwechselt vrird die eclampsia infantium, kinderfiais: fallende sucht oder siechtag, epilepsia, morbus caducus. diese kranckheit greifft junge so w o l als erwachsene persohnen an. bey den jungen kinderen heiszt man sie kindlein-wehe, weele ZWINGER sicherer u. geschwinder arzt (1703) 424; j a es können die kinder offt etliche wochen durch damit geplaget werden, endlich aber, wenn indessen gute Verhütungs-mittel underlassen werden, entstehen die vollkommenen gichter oder weele darausz, und nehmen die kinder mehrmahlen dahin 425 f. in Elsasz-Lothringen bezeichnet weh 'skropheln : s kind hat s ganze geeicht voll weh 'wunde, geschwür' FOLLMANN 53+: dis kind het s ganz gsicht voll w e 'skrophulöse ausschlage, drüsenschwellungen MARTIN-LIENHART 2, 776; hierben z. th. auch: weh n. in kathol. Ortschaften von Hagenau bis oberhalb Zabern eine nur durch religiöse masznahmen (wallfahrt, gelübde usw.) heilbare, mit einem ausschlag verbundene oder in einer eiternden wunde bestehende krankheit. für einzelne krankheiten giebt es bestimmte Wallfahrtsorte, z. b. Hägen bei Zabern für die hüftgelenksentzündung, daher diese das H ä j e w e genannt, Fleocburg im kanton Wasselnheim für skrophulose, daher das Fléxburjerwe das. e) durch vortretende bestimmungen wird eine ganze reihe von krankheitsnamen gebildet: a) unter den differenzirungen des wehs nach Symptomen spielt das kalte weh die gröszte rolle, das malaria (wechselfieber, s. quartanweh t. 7, 2321), eintagsfieber (Schüttelfrost) und febris rheumatica umfaszt, ohne dasz sich die älteren belege der einen oder andern art sieher zuweisen lieszen. die Wörterbücher geben kalt w e e als Übersetzung von febris schlechthin: febris est pestis quedam: seu morbus: das kaltwee oder feber gemma gemm. (1508) k 2«; febris, das kaltwee, oder lieber DASYPODIUS (1537) 71°; kaltwee, fieber. febris, febrícula 360"; febris . . . das feber, das kaltwee, der frerer JUNIUS nom. (1577) 808B und entsprechend GOLIUS (1582) 261 (s. o. frörer t. i I 849); febrícula ein feberle vel kaltwehle DIEFENBACH gloss. 228b aus EMMEHUS U. SCHELLING lexicón trilingüe (1590); das kalte wehe, fieber, n. laßeure RAVELLUS (1616) 401; feber, da9 kaltweh, der ritte; das feber haben, am feber kranck ligen, das kaltweh haben, mit dem feber behafftet sein EMMELIUS sylva quinqueling. (1630) s. v. feber; das kaltwehe, febris FRISIUS dict. (1703) 2, 803; das kalte wehe, fieber, la fievre, febris POMEY groszes wb. (1709) 338; das kalte w e h e , fieber RÄDLEIN (1711) 1038. nur wenn kalt w e h unterschiedslos auch für die temperaturerhöhenden fieber gebraucht wurde, konnte KILIAN (1777) 319 auf seine etymologie verfallen: 'dicitur koude et koud-wee q. d. dolor XIV.

WEH

34

(subst.)

aut morbus calidus: sicut febris ä feruore Lalinis', neben der der näherliegende richtige gedanke: 'nisi mauis koudw e e dici febrem frigidam, ä frigore, horrore vel rigore febrem intermittentem prcecedente' s. 320 zurücktritt, genauere begriffsbestimmung ist in den Wörterbüchern selten: quartana s. febris: das viertägig kaltwee oder ritten gemma gemm. ( l 5 0 8 ) x l » ; kaltwee oder fieber, das nur eyn tag weret. ephemerinus, diaria febris. kalt wee das von feüchtigkeyt kumpt, da der leib auszwendig heysz, vnnd inwendig kalt ist. epialos DASYPODIUS (1537) 360c, aber auch technische werke bieten wenig faszbares: febris, das kalt w e e in gemeyn. febris acuta, das verborgen truckend kaltwee GERSDORFF feldbuch der loundarznei (1530) 99B; wider das st&twärend fieber, welches man das kalt weh nennet SEBIZ feidbau (1579) 66; kalt-wehe febris tertiana ZWINGER sicherer u. geschwinder arzt (1703) 704; vollends unbestimmt sind die litterarischen belege: wenn dich der ritt schüttet nur ein tag vnd das kalt wee hast, so ist alle hübsche hinweg KEISERSBERG brös. (1517) L, 106»; zületst starb er im fünfften j a r seines reichs am kalten w e e S. FRANCK chron. (1538) 71; das dich s kalt wee ankumm als Filtz H. R. MANUEL weinspiel (1548) 3143 neudr. das kalt w e e würd noch vil zitterns geben, besonders den barfüszern, sie ziehen dan vor offen FISCHART groszm. 16 neudr.; wie er dann . . . nie keine kranckh e i t . . . ausgestanden, ohn allein die vier letzte j ä h r über seines lebens, da ihn das kalte weh oftmals angestoszen WELLER deutscher adler (1666) 33; Sabinus (ein arzt) hat mir zwar das kalte weh vertrieben GROB dichter. Versuchung (1678) 18. nach dem Volksglauben kann man die krankheit aus angst bekommen: beydes hohe und niedere Soldaten waren mir feind, umb dasz ich, trutz einem unter ihnen allen, das hertz hatte, etwas zu unterstehen und ins werck zu setzen, das die gröste tapferkeit und verwegneste hazarde erfordert und darüber sonst manchen das kalte wehe angestoszen hätte GRIMMELSHAUSEN 3, 212 Keller (Courage c. 9). als helfer gegen das kalte weh wird der gichtheilige Andreas angerufen (urquell 1897 s. 77), doch nicht allein: er (könig Sigmund von Burgund f 523) ward . . . für einen heiligen verehret, vnd für das kalt wehe angerüfft STUMPF Schweytzer chronick (1606) 201»; sanct Paulus, sanct Bartholomeus, die zween söhne Zebedaeus, der heilige sanct Wen7el, und der seelige Stenzel, die seyn gut vors kalte "weh, und behüten für donner und schnee GRYPH ivsHorr. (1663) 28 neudr. unddanach G.HAUPTMANN Flor. Geyer s188. als arznei wird aus der Schweiz, •wo allein der ausdruck fortlebt (id. 3, 240) angegeben: viertens ist der adler stein gut für das kalt wehe zu pulffer gestoszen in weisem wein getrunken, ist brobath ZAHLER krankheit im Volksglauben des Simmentais (1898) 84. auch das kalte weh begegnet als thierkrankheit: w i e auch die hirtenpfeif vnd das weydgesang den kranken geysen j r kalt w e e benemme FISCHART ehzuchtb. 224 Hauffen; w o das maulthier das kalt w e e bekompt, so gibe j m grün köl zuessen SEBIZ feldbau (1580) 164. neben kalt weh begegnet die zusammenschreibung kaltweh mitunter beim selben Schriftsteller, doch stets mit innerer flexion, s. o. 5, 94, das. 86 das kalte, kalt. ß) das fallende w e h , die krankheit bei der man fällt, mit verschobener beziehung des pari., ist der deutsche name der epilepsie, der seit ende des mittelalters das schon ahd. fallandiu suht ablöst; andere Varianten s. th. 3, 1286. er wird durch die Jcürzung w e h vorhin II B 4 d vorausgesetzt, hat der gröszeren Seltenheit der epilepsie entsprechend im sprachleben nie so breiten räum eingenommen wie das kalte w e h , ist aber älter bezeugt als dieses: der künig Davit hüt des viches von gehorsamy wegen sines vaters. do sach er d a j ain w i b das fallend w e e hett oder die grosse sucht MONES anzeiger 12, 352; cataplexia (so!) wallent w e DIEFENBACH nov. gloss. 79 aus einem lat.-hd. voc. aus Würzburg, anfang des 15. jahrh. (darin w statt y in deutschen Wörtern häufig); cataplexia die fallend sucht, das fallend wee das. 28 aus dem voc. rerum von }. KELLER (Augsburg 1468); titiXrj\pla . . . das fallend wehe, fallendt siechtag FRISCHLIN nom. (1586) 81». 86»; Hippocrates will nicht recht öffentlich bekennen, dasz die bösen geyster

3

35

WEH (subst.)

WEH (subst.)

36

äugen-, b&rmutter-, bauch-, bein-, berg-, beutel-, die leut einnemmen und besitzen, sondern sagt, es sei das fallend wee FISCHART Bodins daenumomania (1581) blasen-, brand-, brüst-, darm-, diech-, erb-, faust-, 448. der auadruck ist heute noch lebendig, im, Südwesten F l e x b u r g e r - , fusz-, g a l l e n - , geburts-, gehirn-, gleich-, des gebiets, dem die alten belege angehören: das fallende glieder-, grippe-, haar-, Hägen-, hals-, hand-, haupt-, h e i l i g e n - , herz-, h e r z g r ü b l e i n - , hirn-, hüft-, hühner-, w e h BUCK med. Volksglauben aus Schwaben (1865) 46. 60; s falle(n)d (gfallet) W5 Schweiz. Id. 1, 751 aus Appenzell, j u c k - , kalt-, Kehrets-, kerb-, kindel-, kinder-, kindes-, klauen-, köpf-, k r a n z k o p f - , kreuz-, lank-, laus-, Bern, Gallen, Solothurn und Wallis, STALDER 3, 440 aus den Vierwaldstätten, Zug, Zürich, Schaffhausen, Qlants; leib-, lenden-, lungen-, magen-, mandel-, maul-, milz-, mund-, mutter-, nach-, nasen-, nieren-, ohren-, s f a l l e n d e v e , f a l l e d e w e M A R T I N - L I E N H A R T 1,106. 2, 776; s fallet weh 'fallsucht' FOLLMANN 534. Schweiz und Elsasz podagram-, quartan-, ranzen-, rippen-, r i t t e n - , kennen neben dem neutr. ein fem., verursacht offenbar durchrücken-, Sänkires-, scheide-, schinken-, schütdas parallel stehende sucht: d falle(n)d WS Id. l, 761; te!-, Seiten-, stein-, stirn-, tag-und-nacht-, tanz-, taubhaupt-, todes-, tränen-, turn-, vor-, wachs-, d fallendi, fallede, falledi we 'epilepsie' MARTIN-LIENHART 2, 776. in Schwaben und der Schweiz wird das part. neuer- winder-, zahn-, zäpflein-, zungenweh. 5) als euphemismus ist ein seltenes wehe 'folter' zu verdings durch das adj. fallig ersetzt: BUCK 66, H. FISCHER stehen: nach dem Gombrecht judde etliche miszhendel 2, 928. 932, Id. 1, 751 f., entsprechend einer neigung der begangen vnd erkant hait, inen witer mit wehe fragen mundart, die auch siedig vor siedend, glüig vor glühend DIEFENBACH U. WCLCKER 897 aus Frankfurter archivabevorzugt. Heilmittel giebt BUCK an: armensttnderschmalz hilft gegen das fallende weh med. Volksglauben aus lien von 1506; (mit!) wehe fragen, torquere, torturae subSchwaben 46, meerschweine (mSrseila) sollen epileptiker ßcere SCHERZ-OBERLIN 2, 1963 nach einer Straszburger actennotiz. die dichterische figur das goldne weh für 'der im zimmer halten, dann verlieren sie das fallige weh so, goldene pfeil' theilt mit der vorigen die Übertragung von dagegen: eichhörnlein soll man meiden zu essen, man der folge auf die Ursache: bekommt gern das fallende weh davon 50. das subst. bleibt gelegentlich als selbstverständlich aus: wachtelhirn . . . der sklave rief ihm, als er aus der wunde das goldne weh ihm zog einem menschen, der das hinfallende hat, ins gesioht J. N . GÖTZ bei RAMLBR fabellese (1783) 1, 252. b geschmiert, vertreibt solches HOHBERG (1695) 2, 79l . C. der plural tritt hinter dem reich entwickelten sing y) das böse weh ist die nd. entsprechung für fallendes weh, nur mnd. nd. nl. ist sie bodenständig: rüde is het durchaus zurück. 1) bei wehen 'seelenleiden' widerholt sich in rascherem nnde droghe. se vordrift dat grone fleema, de bösen win unde dat starke hosten nd. jahrb. 15, 132 aus einem mnd. gang die entfaltung des sing. a) der interjection stehen nahe die acht wehe der bibel arzneibuch von etwa 1400; comitialis morbus . . . sant Matth. 28, 18ff. bei OTFRID: Valentis plag, sant Veltis plag, das boBswee, die hinor wiht es ouh tho ni alta ¡oh manag we in zalta, fallende sucht JUNIUS nom. (Antw. 1577) 297; das böse thag hortun sie io thuruh not so Matheus ig redinot. wehe n. schwere kräncke f. Vepilepsie, mal caduc, le mal zalt er in sum siban we 4, 6, 46; sainct Jean HULSIUS dict. \von RAVELLUS 1616) 401; dat weh, weh, weh denen, die auf erden wohnen offenb. böse w6 'die fallende sucht' WOESTE wesffiU. ma. 318. was über diesen nd. kreis hinausgreift, sind Wörterbücher, Joh. 8, 13 mag GÖTHE vorgeschwebt haben: drei wehe sind die eines vom andern abhängen u. deren keines sich auf ausgerufen Weiln. I 41, 2, 145. den biblischen brauch kennt den Wortschatz einer mundart beschränken will: das böse er sicher: mir ist das gleichniss vom ungerechten hausweh, epilepsia, morbus caducus FRISIUS dict. (1703) 2, 803; halter . . . göttlicher . . . als die sieben bischoffe, leuchter, hörner Siegel sterne und wehe Weim. IV 4, 112, gedas böse wehe n. schwere kranckheit f. Vepilepsie, le mal caduc POMEY groszes wb. (1709) 338; das böse wehe, meint sind hier die imä nhjyal offenb. 15, L. 45 weh zählt ein anonymus 1524 aus altem und neuem, testament schwehre kranckheit, schwehre noth, die umfalle RÄDzusammen in der flugschrifi: fünff vnd vyertzig wee. LEIN (1711) 1, 1037. in litterarischem gebrauch steht der ausz den propheten vo dem wörtlin, ve. vielgereiste FISCHART allein: solche kranckheyten von b) auch im plur. ist die bedeutung 'gram' früher zur onmachten, schweimelung, hertzsperrung, geystverlierung, stelle als die körperlichen sehmerzen. tropf, bösz wee und s. Veltins leiden Bodins dämonoa) ohne attribut wendet die älteste geistliche litteratur mania (1581) 331. einmaliger euphemismus ist bös weh das wort gern an: 'syphilis': da ist ain grose stuben gesein, ist halben zl uaeuuen aaard ans iz kund, thag er nan (Adam den vndermachet: in dem ainen thaill sendt die mann gesein apfd) scoub in sinan mund vnnd inn dem anderen die frawen, die das bös wehe OTFRID 2, 6, 25; oder blatter haben gehabt; darin hat man sie gehaylet sament ubermuotemo, unde der fore nide anderro uu8vnd in das (guayak-) holz gelegt Freiburger diöcesanuuon sat uuerden nemag, neftz ih (superbo et insadabili archiv 19, 64 aus Biberach um 1635. .)

FREILIC.RATII 1,

303;

dasz auch in der Völker gang wehen deuten auf gebären GEIBEL 2, 94 (Juniusl.); ran dieselbe zeit ward in England anter schweren wehen das Unterhaus geboren TREITSCHKE hist. und polit. aufSÄTZE (1886) 1, 9.

d) poetisch werden auch Situationen ganz anderer ort unter dem bilde der wehen erfaszt, wobei wechselnd das andrängen gegen eine enge, die befreiung aus schmerzlichen fesseln, der gegensatz gegen die vorausgegangene lust in den Vordergrund treten (vgl. herzenswehen aus BÜROER THEIL 4 I I

1248):

denn freilich mag ich gem die menge sehen, wenn sich der ström nach unsrer bude drängt und mit gewaltig wiederholten wehen sich durch die enge gnadenpforte zwängt GÖTHE

44

W E H (adv.)

nun schau mit hunderttausendfachem blicke hierher, wo gegenwärtig dein geschicke im kämpfe blut'ger wehen wird geboren R Ü C K E R T werke (1867) 1, 3 3 ; jedwede zeit hat ihre wehen, ein jnnges Deutschland wird erstehen

WHm.

I 14,

9;

und da ich gesehen, wie aus ihren wehen frei die erde ward R Ü C K E R T werke (1867) 1, 1 4 6 ; was in lust und wehen jemals in die erscheinung trat, ist's nicht fUr immer, nicht für uns geschehen, ermuntrung, Warnung, trost und rath? G E I B E L neue ged. 3 5 ; bis tief wo er selber noch ein ungeborener träumte die wehen der schSpfung M Ö R I K E werke 1, 80 Göschen; das gleiche büd schon bei BÖRNE: da ist die nachtseite, die weibliche natur des lebens, das empfangende, gebärende, da hören wir die wehen der Schöpfung ges. Schriften 2, 174. III. adverbiale Verbindungen. A. weh sein. 1) wie alle adverbialen Verbindungen auszer weh thun ist weh sein in der anwendung auf geistige zustände älter als in der auf körperliche. a) weh sein von seelenschmerz aller art ist in dichtung und prosa aller Landschaften und Sprachperioden seit ältester zeit geläufig: so is themu liuuio uue the so undar thesumu himile scal herron uuehslon Heliand 4626 hs. M; entsprechend 5466 C; inti iu Suua gilSrtSn ist ouh uuae TATIAN 141, 25 (et vobis legisperitis vae Luc. 11, 46); so bist du ouh timens umbe dag, dag dir uufi nesi NOTKER ps. 79, 17 Galler hs.; den edelen juncfrouwen was von arebeiten we Nib. 358 A; den vrouwen den was wS, das s i verswigen muosten da; varn vor ir mägen Gudrun 897; sy sausen nider, aissam ee. da was der küniginne wee, wenn das geschähe, das sy die geste sähe Biterolf 1262; denn wer begeret ein schirm . . . denn dem wehe ist und ein widerstand fiilet? LUTHER Weim. 10, 3, 52; wie vbel dirs gehe, wie wee dir sey, wie ein elender mensch du sey est das schön confitemini (1530) C 2»; byn ich gottlos gewesen, so ist myr aber wehe Hiob 10, 15; wer schuldig ist, dem ist wee flugschriften a. d. ersten jähren der ref. 4, 166 Clemen; dem land ist wee zö aller frist, deBz herr ein kind on weiszheit ist S C H W A R Z E N B E R G V. zutrinken (1534) 25 neudr. ; sprachend zft mir: herr Jarlime, ist üch nit hüt im seckel wee? H . R . M A N D E L weinspiel (1548) 3105; wie wehe dem ist, der liebe sucht da keine ist SCHOTTEL 1128; wem ist, der das vernimmt, nicht einen augenblick weh? GÖTHE Weim. 141, 2, 257; es ängstet mich, und musz Henrietten ängsten, wenn sie denken kann, dasz es ihnen weh sei KNEBEL an frl. v. Böse 27. mai 1791 (nachlasz 3, 2); sie rang in ihren schmerzen, ihm war so weh als ihr R Ü C K E R T ges.

ged.

3, 511.

b) die beziehung auf seelisches wird gern ausdrücklich bezeichnet a) von alters her durch zu mute : Sot von Norwege, was im iht we zu muete A L B R E C H T j. Titurel 1773 ; vor dem Walhen (dem fürsten von Luxemburg) was in (den Kölnern) we zû mût, als das nit unbillich was, wann er bracht leut als laub und gras L I L I E N C R O N Mst. voUcel. 2, 47 (1475); Ysegrym was to mode wee Reynke de vos (Lübeck 1498) v. 4465 ; dem ritter Reinharten seer we zû mût was WICKRAM werke 1, 274 Bolte; der bursche sah ihr nach; ihm war weh und wohl zu muthe EBNER-ESCHENBACH 5, 39. ß) seit dem 18. jahrh. mit ums herz: mir ist ordentlich weh ums herz WIELAND Lucian (1788) l, 52; wenn er auszog rühmlichen sieg zu erwerben, da war mir's nicht weh um's herz GÖTHE Weim. 18, 147. vorher gelegentlich im herzen: ach wie weh ist mir im hertzen vor dem innerlichen schmertzen, der mich heimlich klagen heist N E U M A R K fortgepfl. musik.-poet. lustw. (1657) 1, 131. c) der gegenständ des wehs wird mit präpositionen o»geknilpft: «) fügung mit nach thut ein element der sehnsucht, zumeist der liebessehnsucht, hinzu: dfi heim ir lieben friunden

was nftch den hermüeden wê Nib. 315 A ; sô wœr mir immer näch dir wê und hân doch immer näch dir ptn Parzival 55, 26; dem s! nu näch dem gräle wê unt doch wider näch ir minne 389, 10 ; dû lä dir niht ze wê stn näch dem guote W A L T H E R 82,

35;

noch uncheusch ist vil manigem we das e r mit willen pricht die ee S U C H E N W I R T 40, 71 Primisser; und (ich) wil euch piten umb die ee, wan nach Hilla ist mir gar wee Jastnachtsp. 577, 24 ; zu dir bin ich gedigen nach dir ist mir so wee F O R S T E R S liedletn (1556) 193 neudr.; denn so oft er auf die frau die äugen warf, war ihm so weh nach ihr W I E L A N D werke (1853) 11, 1 3 9 ; entsprechend 36, 3 7 ; ach es war so lange mir so weh nach ihr R Ü C K E R T ges.

ged.

4, 380.

in prosa ist die fügung selten: wer nur gutem rath vnd lehr des heiligen geistes folgen wolte, der bliebe her niden . . . vnd liesz herrn dienst vnd genade denen, so wehe darnach ist MATHESIUS hochzeitpr. 85, 13 Lösche; dasz jnen nach gott vnnd der weit weh mûszt sein Qarg. 399 neudr. die Wörterbücher mögen auch wesentlich poetischen gebrauch im sinn haben: es ist jhm wee darnach, triste nobis desiderium reliquit. desiderio illius tabeseit, es ist jhm so wee darnach, er mflcht verschmachten, zergehn SCHÖNSLEDER (1622) Nn 2 B ; es ist ihm wehe darnach, desiderio cestuat... es ist ihm nicht wehe darnach, nü pensi habet DENTZLER (1697) 2, 344; es ist mir nicht wehe darnach, non propero illa re frui SERZ teutsche idiotismen (1797) 174. ß) eng an die construction mit nach schlieszt sich: es käm zû wiszheit mancher me wann jm nit wer zûr bûlschafft we B R A N T narrenschiff 13, 78 Zarncke; noch näher fast: mein liebes buch . . . aber, weil du's dann nicht besser haben willst, so geh wohin so weh dir ist (quo descendere gestis) W I E L A N D Horazens britfe (1782) 1, 301. y) der gegenständ eines miszbehagens, einer trauer kann im 14. bis 16. jahrh. durch mit angefügt werden: (nach Konradins gefangennähme) zuktent sü einen smideknehte uf zû kunige, wand er ime enlich wag . . . deme kunige wag mit der hêrschaft wê, darumbe verstal er sich von den herren und lief wider zä dem anebüsze d. städtechr. 8, 150 (Fritsche Closener, Straszburg 1362); vnd ist in auch vber die massen wee mit dem lieben kleynen fride,

45

46

WEH (adv.)

WEH (ade.)

den got noch so gnedigklich . . . erhelt LUTHER das schön covfitemini (1530) B LB; d u bäwrlein war so schlecht vnd gut, thet jhr kein leyd, wie mancher thut, sonder hub sie auff ausz dem sehne, vnd war jhm mit der schlangen weh

'mythische' sei, dem jetzt erst das geschichtliche nachfolge C. REINHOLD in Schweglers jahrbüchern der gegenwart 1846, 374; darauf die frau zwar gleichermaszen grosz ergötzen an dem tier bezeugte; doch mochte es ihr wind und weh inwendig sein MÖRIKE erzählungen* 803. von dorther buchen es die Wörterbücher: UNGER-KHULL

ALBERUS fabeln (1634) 14, SS neudr. ;

desselben wegert er sich nit, (es war jm auch nit weh damit) SCHEIDT grob. (1561) 4808 neudr. in neuer zeit stellt sich Vereineelt um, für statt dieses mit ein: Falstaff der ist todt und uns musz weh drum sevn (and we must ycarn

therefore)

SHAKESPEARE Heinrich

F . 8, 3

Schlegel;

er solle die leute nicht gehen lassen (zu der gefährlichen arbeit), wenn ihm so weh sei für sie F E L D E R Sonderlinge (1867) 2, 287. d) von früh an tritt weh sein gern in gegensatz zu wohl sein: andere sint unrehteren danne ih s i . dien ist uuola, mir ist uu6 N O T K E R ps. 74, 6 Galler hs.; dö begonde anderen uuola sin, mir uu£ sin canticum Ezechiae v. 17 (Piper 2, 618); aller vnuerstandigen creaturen, die nit wissen noch versteen . . . wann j n wol oder we ist B E R T H O L D V. C H I E M S E E tewtsche theologey 197; schaffe dag ich frö gestS: so ist mir wol, und ist in iemer w8 W A L T H E R 68, 1 9 ;

in was wol und niht ze we Parzival 203, 11; entspr. 888, 80; dir ist nu wol: e was dir wfi WIRNT v. GRAVENBERG Wigalois

4664

Benecke;

steir. 634, SCHMID schwäb. 583 f., SCHMELLER 2 8, 949, MART I N - L I E N H A R T 8, 776, S T A L D E R 2, 453, T O B L E R appenz.

449,

sonst aus der Schweiz FROMMANN 5, 305, SCHERZ-OBERLIN 8, 8039; KEHREIN nass. 446, CRECELIUS oberhess. 2, 917, AUTENRIETH pfälz. 162, GERZON jüdisch-deutsche spräche

189, PAUL2 668; im badischen ober- und Unterland ist es geläufig: s wird mr wind und weh, wenn i nur dra denk, daneben willeweh in Hesselhurst, windelweh am Kaiserstuhl, winn un weh in Frankfurt, wëennewî oberhess., Winnen unn we aus Straszburg 1784 OBERLIN bei SCHERZ 8, 8039. älter sind andere nebenformen: do wurt der truc also gar unlidelich, und so wi und so we TAULER predigten

Straszburger

hs.

(nach

CH. SCHMIDT

hist. wb. 420), namentlich aber: du findest manchen in eim vngereformierten clôster dem wufi vnd wee ist, das e s n i t r e c h t z û g a t KEISERSBERG emeis

(1517) I3 B ;

wer

kan allwegen gedultig sein, wan einem so wun vnnd wee ist? ich sprich das das winden vszwendig so eim wee ist, heiszet nit vngedult evangelia mit uslegung (1517) 8 1 6 " ;

eh' spännen wir beym trocknen brot, am rocíen, ich und mein fräulein, uns die finger wund und weh W I E L A N D werke

21, 287

und als die sonn' am abend sinkt die herzen bänger schlagen . . . und alle bl&tter klagen, die ganze luft ist wund und weh

Göschen;

yetz bin ich fro, dann weder wee noch wol volles- und gesellschaftslieder des 16. jahrh. 1, 117, 19 Kopp; LENAU neuere ged. (1840) 6 3 ; (1848) 4 9 ; weyl ich entberen musz der eh es ist mir, als wäre hier noch alles weh und wund ist mir gleich weder wol noch weh FONTANE ges. werke I 5, 103. H . SACHS 2, 25 Keller; ß) andere bindungen treten zurück: da war dem doctor mir ist so wohl, so weh bange vnd wehe gewesen, hat nicht gewust wo ausz GÖTHE Weim. 11, 19; LUTHER tischrede von 1540 arch.f. ref.-gesch. 5, 361; j a es ihre gegenwart gestern hat so einen wanderbaren einist jnen . . . bang vnd wee, das ich nicht besser zu fus druck auf mich gemacht, dasz ich nicht weis, ob mir's bin FISCHART podagr. trostb. 71 Hauffen; wohl oder weh bey der sache ist IV 3, 64; wo dem mir ist ganz weh und bang, dasz unsre freude Schöpfer nicht wohl wurde bei einem werke, da kann's in rauch aufgeh dem beschauer ewig nur weh sein G U T Z K O W ritter vom SCHILLER 13, 488 ( T u r a n d o t 3487); geist 1, 4; wie du aber ungeduldig auffuhrst und schwurst, dir sei mir is so wohl und weh, i m5cht bald rern, bald singa übel und weh E. TH. A. HOPFMANN 6, LOO Orisebach; die volktschauspiele in Bayern 314, 366 Hartmann. erwachsene haustochter schwieg, ihr war so ach und e) neben synonymen. weh ROSEGGER schelm aus den Alpen 1, 836. er) formelhaft ist die bindung mit wind, das nebst mhd. f ) quantitätsbestimmungen bei diesem weh sein sind alt, winde swf, wint stm. 'schmerz' zu winden gehören könnte, häufig und mannigfach, zumal in der dichtung: wie lat. tormina zu torquere; die bedeutung würden bein was starke wê umbe ir vil edeln herren, den si dâ hêten vlorn lege wie der aus P I N T E R unter harnwinde 4 I I 498 verNib. 954 C (vil wê A); mitteln, etwa auch anord. vindr 'sich windend', aber diese ob man ir intere von mir sage, ableitung läszt die gleich alten nebenformen Winne, wunne da; ir dâ von sí sanfte wê unerklärt, darum wird vielmehr (s. H A U S C H I L D nd. korr.W A L T H E R « , 11; Matt 27, 36) an Winnen 'aufgeregt sein', got. winnan 'leivon ir schuldn ist mir sß wê den' anzuknüpfen sein. Winne entspricht dann got. winnö Parzival 521, 27; nä&os, TMx&rjfta, wunne ist ablautbildung dazu wie got. mir ist so ängstlichen wee wunns; winde aus "winnado reiht sich nach v. B A H D E R Schweiz, schausp. 1, 20, 77 Bächtold; den abstraetbüdungen für krankhafte empfindungen wie ach wie ist mir so weh ahd. magapigado, juckido, swerido am. GERHARDT UederS, 40411 Fischer-Tümpel; die formet ist im Süden und Südwesten zu hause (s. dem schäfer ist gar soG Öweh T H E Weim. 11,85; auch III E S J ) : sie hatte mir das unwichtigste von der weit zu sagen, ir Übe noch ir herzen nichts als was ich schon wuszte : dasz es ihr entsetzlich wart nie sö winde noch sö we (var.: wunne) weh sei, dasz sie sich an den Rhein, über den Rhein, KONRAD V. W Ü R Z B U R G trej. 18937; j a in die Türkei wünsche I 28, 86; von dir so ist mir wind vnd we man setzte s' in ein schiffel, und stiesz es auf die see : H Ä T Z L E R I N 1, 73, 9 ; die kindlein rangen die hände, noch nie war es Hörnen so weh jm ist nun nit meer wind vnd wee so er allain ist, R Ü C K E S T ges. ged. 3 , 4 9 7 . sunder er ist geren also bey j m selber zufriden KEISERSzu den quantitätsbestimmungen stellt sich der comparativ : B E R G predigen teutsch (1510) 1 6 B ; ist es auch müglich, das einem menschen weher und halt di ramme wohl I i möcht der no allerlei sage, banger sein kan, als mir jtzunder ist? HEINRICH JULIUS aber 's wird der windeweh I di kerli, di kerli H E B E L werke (1834) 1, 3 6 ; v. BRAUNSCHWEIG Susanna 198 Holland (verk. bearb. 8, 4); dazu im glossar: wind und weh, ausdruck für das geihm ist weher dabei wie mir KLINGER theater 4, 801. fühl der unruhe bei langem warten 2, 291; einem deut8) auf der grenze zu weh sein von körperlichem schmerz schen, der nicht einen bestimmten philosophischen cursus stehen fälle metaphorischen gebrauche, dabei wird ein wehdurchgemacht hat, musz es wind und weh werden, wenn sein auagesagt von Vorgängen, die im eig. sinne nicht er hört, dasz unser classisches drama, wie wir es von schmerzhaft sind: ihm nicht lassen wehe seyn, parcere Lessing, Göthe und Schiller haben, vielmehr nur das labori DENTZLER clavis (1697) 8, 344, oder von objecten, die

47

WEH

(adv.)

WEH

keinen sehmerz fühlen: dasz es der erde so sauwohl und so weh ist zugleich GÖTHE Weim. III L, 4. a) weh sein von körperlichem schmerz ist jünger und seltener als von geistigem: ist einimo lide uue des inphindent alliu diu andrin NOTKER ps. 80, 10 Galler hs. ; ist mir an miner hand we, den ser tragent allü minü lider st. Oeorgener prediget 175,15 Rieder; er krümet ainen Schenkel, als ob im fast wee an dem hindern fuosz wäre STEINHÖWEL Äsop 142; o deus meus, mi is we over al min lif Lübecker totentanz (1489) 551 Baethcke; entupr. 191; wenn der tod an der thüren rumpelt, do brettet es. so dir so wee ist, vnd nit weist wo du bliben solt K E I S E R S B E R G post. (1522) 3, 67»; e s i s t d i r w e a n d e i n e m l e i b E B E R L I N (1524) 8, 90 neudr.; die e n n d e , do j m w e h

ist, mit aufgelegtem senff eyns verseeren CELSUS (1531) +4» Khüffner; 0, es ist mir we in der seitten H . SACHS 6, 150

Keller;

ich pin elent und mir ist we 18, 273; der grausam gros w e t h u m b , den er gehabt, der h a t t ihn umbs leben bracht; dann es sey im alle seine tag nie so weh gewesen, als da er gestorben sey FREY gartenges. 73 Bolte; es ist mir wee im haupt von der sonnen, es ist mir wee zum hertzen MAALER 487"; es ist mir wehe übers hertz DENTZLER (1697) 2, 344;. j a wan der teüffel gestirbt, ist j m noch nicht weh FISCHART groszm. 9; dann wo eim weh ist, da h a t er die h a n d t Eulenspiegel 13 Sauffen; liebes kind, wo ist dir weh? es sprach: mich beissen sehr die flöh flöhhaz

(1573) 547;

bald ist dem leibe weh, bald wird der geist erschrekt GROB dichter.

Versuchung

(1678) 42;

alter wenn etwa der leib vom schaudernden froste dir weh ist Voss Boraz (1806) 2, 11; ich konnte nicht begreifen, wie sie (die schauspieler) mir zumuthen wollten zu glauben, dasz es ihnen wohl oder wehe sei GÖTHE Weim. I 23, 48; kind, wie wehe mir, als ich dich gebar, und noch endlos weher, da m a n dich mir entreiszt GRABBE werke 3, 270 Orisebach (Hannibal 4); s is m we wü im e hund; s is m so we, ass 1 n i m m ka ufste 'er ist schwer betrunken' MARTINL I E N H A R T 2, 775.

b) die Ursache des wehseins wird mit von. (wegen) angeschlossen: wan dag in zallen ziten we von hunger und von durste was HARTM. V. AUE Iwein 6208;

ist der harn weis und dick, so ist dem menschen wee von

kelde

und von

feuchttigkeit

O R T O L F V. B A Y R L A N D

(1477) 8»; mein herr aber satzte sich auff sein lotter-bette, weil ihm entweder vom zorn oder der uberfüllung wehe war GRIMMELSHAUSEN Simpl. 87 neudr.; j m was sehr weh von wegen der schweren kranckheit der äugen XYLANDER Polybius (Basel 1574) 169. c) ein specialfall gehört eng zu wehe 'geburtskrampf': sie ist die braut dem herrn vertrawt, ir ist weh und mos geberen LUTHER Jen. 8, 866B; Rebecca greifft auff den bauch unnd spricht: mein herr, mich dunckt, mir sev gleich we. ancilla, nach der wehmuter laufi H . SACHS 1, 90

vermainend diweil ir wee zum kind, ea wird an die bindrümen gehn geschwind

SPEE trutzn. (1649) 3 4 ;

es wurde einem bei den darstellungen . . . wehe ums herz JUNG-STILLING werke 3, 281 Grollmann; sie werden wehe werden, wenn sie die bilder sehen werden, die ich nach Cassel geschickt habe MERCK briefe 1, 326: wie n u n ? Berg? rede, wird dir w e h ? LENZ ges. Schriften 1, 67 Tieck; mir ward weh bey ihnen GÖTHE Weim. IV 3, 56; i h m einen possen zu spielen, dasz ihm angst und weh' dabei würde MusÄus Volksmärchen 1, 49 Hempel; überrechnete man, wie viel von diesen kostbaren resten . . . zerschlagen worden w a r . . . so konnte einem ganz wehe zu muthe werden JUSTI Winckelmann 2, 89; thu auf, dasz ich mich wärmen kann! da wird's so weh der schönen RÜCKERT werke (18G7) 1, 62. b) der gegenständ einer sehnsucht wird mit nach angeschlossen : dö miunet er s! deste me, und ime wart näch ir alsö we da; diu minne nie gewan groegera gwalt an keinem man HARTM. v. AUE Iwein 1606;

denn so oft er auf die frau die äugen warf, ward ihm so weh nach ihr

WIELAND 18, 52 (Qeron);

es soll dir so wider und so weh werden, n a h dem menschen und n a h dem ohrtt, da du es gestohlen, hast, als dem jünger Judas w a h s , . d a er Jesum verrathen h a t Schweiz, archiv für volksk. 2,265 (aus Horgen bei Zürich 1857). für nach steht gelegentlich auf: nach tische musz ich dich sehen, es wird mir schon weh auf heut abend GÖTHE an frau v. Stein 2, 269. c) der gegensatz wohl wird vorausgestellt: wand im wirt von rehter liebe neweder wol noch we WALTHER 1 4 , 1 ;

mir wurde wol oder we, d a j schuof diu werde Itonj§ Parzival 607,11; welcher armer gesel stelt in die ee, ist ym vorhin wol, ym wirt darnach wee FOLZ von allem hauerat 711 Hampe; du heimathliches thal, mir wird so wohl und wehe, dasz ich dich nun einmal

Keller;

FISCH ART Garg. (1575) 154 neudr. ;

k a m ihr botschailt, wie das ihr gefattern eine weh zö einem kind were worden MONTAN US schwankbücher 395 Bolte; zu einem kind wehe seyn, in kindsnöthen ligen R A V E L L U S (1616) 4ÖL.

B. weh werden 1) von seelischem leid ist schon ahd. und alts. gut entivickelt, während die anwendung auf körperlichen schmerz erst mhd. und mnd. einsetzt. a) von alters her steht weh werden von reue, trauer, todesangst, liebeskummer: ioh, so ih iu nu zellu, uu&rd mir uue mit minnu OTFRID 5, 7, 3 7 ;

mim wart dä vor nie sfl we, desn wser nü al vergeben HARTM. V. AUE Iwein 684; entspr. 3937;

48

(adv.)

vor jämer wart vil Iiuten we Parzival 107, 6; ich nenne iu siner mäge mgr, den ouch von minne ist worden wl 586, 15; dö wart dem schüler an der stat £ da; her von dannin trat an dem herzin alsö we IINR. KLUSENER marienleg. 1135 md. ged. 33 Bartsch; sie breiten stetecliche den gelouben und die rechte e. in wart dar umme dicke we livl. reimchron. 2600 Meyer; an meinem herezen wirt mir wee ARIGO decam. 378 Keller, in nhd. zeit treten angst, Unbehagen, ärger hinzu : heuts tags will ich anheben, das sich für dir fürchten vnd erschrecken sollen alle völeker vnter allen himeln, das, wenn sie von dir hören, j n e n bange vnd weh sol werden für deiner zukunfft 5. Mos. 2, 25; bisz da ich kam vmb all min hab . . . do ward mir wee vnd übel zmüt H . R . MANUEL weinsp. (1548) 3111 neudr.; botz! wie wird mir so angst und weh griech. dramen 2, 191 Dähnhardt (ARISTOPH. wölken 829); ach, ach, wie geh wird mir so weh

ersehntest

wiedersehe

LENAU ged. 1, 251 (1857);

der freiherr erzählte mir eine seiner sinnigen geschichten . . . mein busen wurde so weit, mir wurde so wohl und so w e h

I M M E R M A N N Münchh.1

2, 14.

d) die syntaktische besonderheit, dasz in Verwünschungen prät. statt des preis, steht, findet sich in der formel weh ward, nach GRIMM gr. 4, 175 ist die eigenheit wol so tu erklären, dasz das unheil als schon längst bestehend gedacht und durch die Verwünschung nur auf seinen empfänger gelenkt wird: uue uuard thi, Hierusalem, quad he, thes thu te uuarun ni uuest thea uurdegiskefti the thi noh giuuerden sculun Heliand 3691 M; entsprechend das aus lat. 1¡ah entlehnte alts. u u a h (SIEVERS zph. 16, 111):

49

WEH

(adv.)

WEH

uuah uuartli thesaro uueroldi, quathie, ef thu iro scoldis giuuald egan 5573; uuard tho mennisgen uue, thaj er nan (Adam den ap/el) u j thoh ni spe

OTFRID 2, 6, 27;

ir valsches herze kan den valsch wol brüwen. so we in ie wart! so we der valschen Zungen, dii valschet in ir herzen vnd mit sinne GOTTFRID v . NIFEN Beidelb.

liederhs.

110,32 Pf äff.

weiterhin findet sieh die fügung nur auf bayr.-östr. boden, lebt aber hier bis in eine moderne mundart hinein: p f i ! heetest du zwei zungen, sö liefest du nieman ü j gehoeren. du gesnerst s6 vil mit der einigen, dag dir wS wart, d a j dich din muoter ie getruoc an dise werlt B E R T H O L D V. R E G E N S B U R G L, 159

Pfeiffer;

schmerzen bei der geburt. der gebrauch löst sich aus dem allgemeinen ab: si was swangir, si trfich einen sun andir, ir wart uil we do si sin ze chemnaten gie genesis 71, 4 Diemer; als sy nun auff den see kamen und durch ungefert lang faren müszten, nähnet die frau zü der geburt, und ward ir also wee, das sy nit genesen mocht, und starb Tristrant 2, 8 Pf äff; sie gebiert ehe j r wehe wird, sie ist genesen eines knabens, ehe denn j r kindsnot kompt Jes. 66, 7; es wird vns angst vnd wehe werden wie ynn kindes nSten Jer. 6, 24. die prägnante formet ist: ihr wird weh zu einem kinde' (s. o. th. 5, 709): und wenn das weib ein kind thut tragen und ir denn weh wird zu dem kind

nu we dir, armer corper, wart HNR. v. NEUSTADT visio Philiberti 142 Singer; pfi dich! sprach das schretel, pfi! sol ich sie schouwen? we mir wart! nein, nein, ich kume nicht üf die vart HNR. v. FREIBERG schretel 839 Bernt; bea de belte bart 'wehe der weit' . . . bea bart, az arz net tut 'wehe, wenn ihrs nicht tut' SCHMELLER cimbr. 171. 2 o ) die anwendung auf körperlichen schmerz bleibt seltener. w e h bezieht sich hier auf körperschwäche, die auf eine Verwundung oder im verlauf einer krankheit folgt, auf schwere plötzliche erkrankung, auch tödliche, doch auch auf leichteres Unwohlsein namentlich des magern und Unterleibs: ich bin mvde. ich ne mach nicht me. mir ist worden harte we grave Ruodolf K 20 Qrimm; an ir hßhem fluge wart ir we (der verwundeten wildgans) Parzival 282, 19; der wirt sprach: neve, Sit noch 6 wart dem kttnege niht s8 we 492, 24; s6 rehte we in werden was, sö wol wart in RUDOLF T. EMS 48, 26

Pfeiffer;

des warte deme vorbenomeden her Godescalke w e to der P e r n o w e , dat he van groter kranoheyt nicht over komen en konde Lübecker urkundenbuch 8, 608 (1366); uppe den dinstedach wart eme w e myt haste . . . unde gaf dar sinen geist up KORNER Lübecker chronik 55c; welckereme schipmanne, sturman offte bosman w e e werdt van der see, also dat he wedder gift, dat is tho vorstaende, oft he seeck wurde, de schall eines lones entberen lüb. recht 566 Hoch; als wier . . . waren zü herberg in eim dorff, ward mier we, das ich wond, ich raiesti erstiken TH. PLATTER 81 Boos; wil einer aber seiner schwieger gut in seiner jugend angreyffen vnd seinen vater erben, ehe j m wehe wird MATHESIUS hochzeitpr. 289, 82 Lösche; wann sie so kawren und in wehe wirdt, dasz das secret nit weyt ist LINDENER Katzipori 136 Bolte; welche mit groszer betrübnus v o m gesind vernahmen, dasz ihrer tochter wehe worden wäre GRIMMELSHAUSEN vogdnest 402 Keller; er antwortet nicht: ich musz doch um hülfe rufen; ich glaube, i h m ist w e h worden LENZ ges. sehr. 1, 61 Tieck; du, salz mit isop reiche, bursch, und zwiebeln mir! mir scharfen Bufzfisch, denn vor zwiebeln wird mir weh (xoouuiijic ydo äffrofiai) Voss Aristophanes 1, 79 (Acharner 1111); da wurde dem mädel so Übel und weh BÜRGER d. pfarrers tochter v. Taubenheim (1781) str. 15; i h m noch w e wSre, öb er stirbt 'es kann ihm noch schlecht ergehn, es ist noch nicht aller tage abend' MARTIN-LIENHART 2, 775. — eher hierher als zu w ä h 'kunstvoll' (18, 508) gehört: (eine tänzerin) die dadurch in ihren bewegungen immer weicher, züchtiger, j a weher wurde und unbewuszt den sieg gewann ZELTER an Oöthe 14. Febr. 1882, 6, 401 Riemer. b) ein specialfall des vorigen ist alem. w e h werden 'in ohnmacht fallen': w e h werden, übel werden, in eine Ohnmacht fallen, wie steinweh werden in einem noch verstärktem sinn STALDER 2, 440; stein weh 'ganz ohnmächtig', verstärkende Zusammensetzung TOBLER bei Frommann 5, 194; s is m w e wore 'er ist ohnmächtig geworden' MARTIN-LIENHART 2, 775; s wird mr w e 'ioh werde ohnmächtig' mündliche angabt aus Hesselhurst, Euenheim, Düringen, Bleibach in Baden. c) älter alt beim subst. ist die spedalisirung auf die XIV.

50

(adv.)

H . SACHS 1", 252

vielleicht ist jetzundt ewer zeit, vnd wirdt euch weh zu einem kind, das euch der liebe gott entbind ALBERUS fabeln

Keller-Götze;

(1550) 46, 17

neudr.;

dem schüszelkorb ward weh zu einem kinde Ambraser Liederbuch (1582) nr. 141, 9; es ward einer frawen under jnen wee zum kind MÜNSTER cosmogr. (1560) 76. gelegentlich findet sich eine ausbiegung des gebrauchs: in dem sie durch ein wald reyset, empfände sie sich wehe Amadis 1, 411 Keller. C. weh geschehen. l ) oft und alt von seelischem schmerze. a) die Wörterbücher buchen die Wendung spät: es geschieht j h m w e e darzu, sentit multum diffieultatis et laboris ... er laszt j h m nicht wee geschehen, est fugiens laboris

SCHÖNSLEDER

(1622) N N 2 B ;

es

geschiehet

uns

allen daran wehe BÖDIKER grundsätze d. d. spräche (1690) 258; es geschieht mir weh, male me habet, cegre est animo FRISCH 2,429B. früher zu platze ist namentlich die dichtung: vi! manigem hertzen wee geschieht, vnd tregt doch fräd verporgen HÄTZLERIN liederb.

4;

es warb ein schöner jiingling über ein braiten see vmb eines königes tochter: nach laid geschach jm wee FORSTERS frische liedlein (1540) 97 neudr.; derhalben keinem wee geschieht, den du schon schiist vnd schmehest hoch, weil von eim lfigner kompt die schmoch FISCH ART Dominici leben 1638 Kurz; das Welschland dörfft jhr suchen nicht, darüber vns jetzt weeh geschieht SPRENG Äneis

freylich ist dir weh geschehen, da der tod dein wohl geschwächt

55 1 ;

GOTTSCHED ged. (1751) 239.

nur in gehobenem stil erträgt ungebundene rede die Wendung: ich wünsch' es von herzen; aber ich gestehe ihnen, dasz mir weh dabey geschieht AYRENHOFF werke (1814) 8, 262; w i e könnte ihnen da weh geschehen? PÜCKLER briefw. (1873) 1, 266. in den mundarten kommt sie kaum vor: w e st mar e"n groschn äl'zuigst, so gschicht ma scho w6i SCHMELLER 4 2, 828, etwa könnte für älteren mundartlichen gebrauch zeugen: dann w o kein fraw, da geschieht dem krancken w e e S. FRANCK sprichw. (1545) l, 10 b . b) von synonymen finden sich bang und leid daneben: so Scholen de olderen, den doch weh und bange gescheen is, nemande derhalven dar tho tho antwordende vorpflichtet syn Sassen- und Holstenrecht 130 Dittmert und als er die schöne Prinzessin sah, ihm leid und weh um das herz geschah ARNDT werte 6, 256 Rösch u. Meisner. die bindung mit wol findet sich im erbieten zu rechtlichem austrag einer sache: (der angeklagte wein erbietet sich zu recht,) mir bsch&he rächt wol oder wee H . R . MANUEL weinspiel

(1548) 3377

neudr.;

(Dido wollte Äneas) zu der ehe, ihr auch darüber wol vnd wehe geschehen lassen an der stett SPRENG Aneis 68b. c) früher als alle diese gebrauchweisen findet sich weh geschehen in Verwünschungen: wß geschehe dir, tac, da; dü mich läst bt liebe langer bliben nieht WALTHER 88,16;

4

51

W E H (adv.)

W E H (adv.)

52

schwer', je ungirer mer ebbes duht, je w66er geschiehts ¿m. un sott es ne allen au recht weh no drüber gschehn d) gern und früh, stehen gradbestimmungen, wider vor- MARTIN-LIENHART 2, 775; es i£ m w6 gschehe 'man hat wiegend in der dichtung: ihm körperlich zu viel zugemutet' mündliche angabe aus Euenheim in Baden. ich schiet von ir das >ch von wlbe niemer mit der rißt gescheide D. an freude, leid, hohen mut, kummer geben o. Mi. 4 noch da; mir nie sö w8 geschach I 1, 1698 reiht sich ein vereinzeltes weh geben an: RBINMAR minnee. frültl. 161,18; einen vttrsten gab er wä wartburgkr. 82, 4 Simrock. dä von ist dicke mir geschehen eng dazu steht weh machen, das transitive gegenstück zu ser undB marterliche w8 weh geschehen, lexikalisch nur bei MAALER 487i: der KONRAD V. WÜRZBURG troj. 21271 Keller; wind hat mir wee im haupt gmacht, condoluit caput de wie weh ist ans dadurch geschehn uento, mundartlich aus Hesselhurst am Rhein gemeldet: STOPPE Parnatz 381; ach, lieber gott, wie wehe wird haät dr wS gmacht? das anderwärts im bad. Oberland dann mir und dir geschehen BORGER 29 b ; als eis. empfunden, aber von dort nicht gebucht wird, sie umfieng es und sie druckt' es an sich nah, der litterarische gebrauch beschränkt sich im 15. 16. jahrh. und mir geschah auf die dichtung, seitdem auf die prosa: so weh darob RÜCKERT get. ged. 4, 885. ich han ims (dem ehemann) nie gemachet weh der gebrauch in prosa entbehrt hier der gehobenen Hanges : fattnaclUtp. 322, 6; so weh kan dir doch nicht geschehen, ut dieere cogaris mein hordt, du machst mir wee, in carde: hab ich nicht mehr verdint? LUTHER Weim. wilt du mein red nit h i n für gftt 84 I 389; ihrer viel giebet es auch hent zu tage ab, welche HÄTZLERIN Uederb. 280; ftaszerlich ein überaus groszes mitleyden so zum schein di stimme des herren . . . macht w$ den thyron von sich erweisen . . . es geschiehst ihnen trefflich weh in der wüsten SCHEDB ptalmen 104 neudr.; (meinte man offt) dasz dieser und dieser arme tropff also dies macht mir weh, und diese Stimmung meiner seele hat sich meinem brief eingeprägt CHARLOTTE SCHILLER notleiden musz GRIMMELSHAUSEN Simpl. l, 663 Keller und ihre freunde 1, 168 (9. jan. 1790); mag eB die saugende (druck H von 1685); in solchen Killen, wo einem (vermärzluft oder sonst äuszeres einwirken seyn, was mioh dächtigen) sehr wehe geschehen würde, wenn man ihm wohl nicht krank, doch wehe und unlustig machte unrecht thäte, musz alle behutsamkeit gebrauchet werden CHR. WOLFF vern. ged. v. d. geseUsch. leben (1725) ZELTER an Göthe 4. april 1810, 1, 896 Riemer; der anblick des diaconus hatte ihm wohl und wehe gemacht 816; man mus nicht allein ansehen den schaden und verIMMERMANN Münchh. *I, 219. derben der weit, und wie wehe jnen geschieht, sondern E. weh tun. auch, wie wehe es uns thut . . . das man sein wort also 1) diese häufigste Verbindung ist zugleich die einzige, verachtet LUTHER Weim. 34 II 466. der comparativ scheint aufs 16. jahrh. beschränkt: souil einr höher steiget, souil bei der die anwendung auf körperlichen schmerz der auf sedenschmerz vorangeht, zweifellos hat das verbum der weher geschieht jm wenn er feit SCHEIDT grob. (1551) formet diese richtung gegeben, neben schmerz im eigentglosse zu v. 1976 neudr.; dann wäre ich dir nicht zu lichen sinne bezeichnet wqh tun vereinzelt 'ekeln' in mundhüllte kommen, so würde dir viel weher geschehen seyn arten, denen dieses wort fehlt: den Egyptern wird es Volksbuch vom geh. Siegfried (1726) 75 neudr.; weethön zetrincken Zürcher bibel (1531) 2. Mos. 7 C, oder oder mainBt, das vileicht solch leut nicht werd sind, das sie han solch freud, 'hart zusetzen': so wUrd des weer dir geschehen fliuhit er (Satan) in then se, thar giduat er imo uue das solche leut must frölich sehen OTFRID 1, 5, 55. glückh. schiff kehrab 481 neudr. a) der schmerzerreger ist mit dem dativobject identisch: 2) von körperlichem schmerz findet sich weh geschehen darüber machen die narren ein comment unnd sagen, seltener gebraucht, zaghaft in hs. A des Nib.: die pfortt eng sein, das sey im we thun mit peiczschen, oder iu geschihet von minen handen w6 614. fasten LUTHER Weim. 10 III 876; nemini dedit corpus ad auf der grenze zu sedischem Unbehagen steht: hoc, das er im sol wethun und schaden 28, 208; es stoszt mit jagene in vil wé geschach sich mancher selbs mit eim finger ins auge und thut im die nacht, sie hatttfn ungemach wehe tischrede von 1540 im archiv für rrf.-gesch. 5, 857; 8 dam sie qu&men durch den hagen in dem wege vil he van der ledderen trnde dede sik ttvl. reimchronik 5115 Meyer; gans we Lübecker chron. 3, 48 Orautoff; von beeinträcktigung in jeder hinsieht: wS geschehe der hSchgeztte, sprach der künec her (sS w i der höchztte A ) Nib. 1038 C.

wes sy dann lust vnd sy des newszt davon dem chind sein crafft zu fliuszt. mag es der frawen werden nicht, so wisz, das dem chind wee geschieht

da zog ich an ein sack darnach, thet mir mit fasten weh und schmertzen H . SACHS 18,150 Keller-Götze; thut euch weh, zerreisst die brüst, raufft das haar, entblSst die glieder

HÄTZLBRIN liederb. 288. S. DACH 579 Ötterley; so ist weh geschehen von rein körperlichem schmerz und Unbehagen relativ spät zu treffen, lexikalisch erst 1697: erhaben sie sich wehe gethan? IMMERMANN 1, 85 Hempd; ich bin gefallen und habe mir weh gethan HOLTEI laszt ihm nicht wehe geschehen DENTZLER 2, 814, nur vierzig jähre 1, 21; er ist gestürzt und hat sich auf der ganz vereinzelt in der dichtung: brüst wehgethan GÖRRES ges. briefe 2, 479. er schlieff, weil ihm zu wen geschehn, dergleichen schmertzen auszustehn b) liegt der schmerzerreger auszerhalb des objects, so NBUKIRCH in HOFFMANNSWALDAUS u. a. ged. (1697) 2, 173, sind verschiedene fälle möglich, er ist: besser entwickelt in prosa: da mit dem megdlein nicht a) ein lebendes wesen, mensch oder thier: ze wee geschehe ARIGO decam. 88 Keller; do in also von tuosttt der rede iht mg, dem geschütz so wehe geschach, das si es nit mer leiden man tuot dir, weijgot, als wS STRICKER p/affe Ami» 2446 Lambel; mochten WILWOLT V. SCHAUMBURG 186 Keller; und sol im dannocht nit weh geschehn FREY gartenges. 62 Bolte; die dirte ploge: Moyses slftg sine röte uf das gemülle uf die erde, do wart das land vol snoeken die den lüten ich hab die kinderzucht ausz vaterlieb zu dir underwe dotent d. städtechr. 8, 263 (Königshofen, Straszburg 1500); lassen, damit dir nicht wehe geschehe; thun lassen was straichel in (denftund),vnd fang jm floh, dir beliebet und gefallen, damit dir wohl geschehe vnd sprich, das thet meim httndlin weh Philander l, 620; dan man sagt, es pflege denen paaren, SCHEIDT grob. 2878 neudr.; so also znsdmmen haltend fallen, nicht bald wehe zufahrst uns zur hSIlen, thnst nns weh geschehen Simpl. 90 neudr.; entspr. 98; (die menschen GERHARDT lieder 3, 389» Fischer-Tümpel; spielen) um küsse, damit dem verlierenden theil nicht ein . . . zufriedener mann, der sich über alles freut, wehe dabey geschehe WIELAND Lucían (1788) 8, 18; und keinem- kind zu weh thut KLINQER theater 3, 120; schob mir den korb so auf den leib, dasz mir sehr wehe zu boden fiel der riese von eines streiches wucht... geschah GÖTHE Weim. I 48, 46. dazu stimmt ein breiterer der riese sprach am boden: du hast mir wehe gethan mundartlicher gebrauch: * gschicht m we 'es fällt ihm RÜCKBRT ges. ged. 8, 507;

53

WEH (adv.)

WEH (adv.) sie drückt mich und sie preszt mich, und thut mir fast ein weh HEINE 1, 101 Elster;

er duet kern flo we "ist ein gutmütiger mensch' MARTINLIENHART 8, 775. ß) ein lebloses ding:

sy (die mlinche)

sprechen,

die

milch thü inen we im haubt nnd das habermüsz thü

i n e n w e i m m a g e n KEISERSBERG der Seelen paradisz 228"; der reyff vnd auch der kalte sehne der thut jhr wee: noch freud sie sich des sommers FÖRSTERS frische liedlein 32 neudr. (1539); geh fort, o west, vom m&dchen, gehl lasz ruhn den welken flieder! du thust ihr mit den blttthen weh, die du auf sie streust nieder LBNAU ged. (1867) 1, 293;

do iS nimmeh e so vil gnts dran, as im weh im au d u h t MARTIN-LIENHART 2, 775. y) ein Vorgang oder reiz von auszen, Schläge oder es halff an jm kein streich noch schlagen, vnd theten jm die streich wol weh, wolt doch nit sagen a noch b

licht:

SCHEIDT grob. 1462 neudr.;

ich wolt, da&z ich ein hüben het, der erst kern von dem a b c, dem noch die ruthen theten wee FISCHART nachtrab v. 344 Kurz; dasz jn sein angel thet so weh Eulenspiegel 1017 Haufen;

(1592) 65; d a s l i c h t ,

d a s so plötzlich auf

sie eindrang, that ihr weh POLENZ Grabenhäger l, 108. hierher gehört vor allem das seit dem 12. jahrh. häufige «las, es t u t weh, in den Wörterbüchern

merkwürdig

frenetieus eyn dem dat houed we aöyd DIEFENBACH nov. gloss. 182 (aus e. lat.-nd. wb. von Köln 1417); wem das haubt stettigs wee tut der nem rautten safft ORTOLP V. BAYRLAND arzneibuch (1477) 18B; wann du dann wol hast ausz gerast die gestrig füll vertriben hast, dasz dir nimm thüt das köpflin weh

SCHEIDT grob. 2431 neudr.;

eins montags tet mirs köpflein we, ich het getrunken vil den tag darvor, mich recht verste UHLAND volkel. 625;

lexikalisch erst spät: j'ay mal k la teste . . . der kopff thut mir weh DUEZ nomencl. (1652) 101; der kopff thut m i r w e h e la testa mi fä male RÄDLEIN (1711) l, 1038; d a s

haupt thut mir weh caput dolet STEINBACH (1734) 2, 956. so auch vom thier: die erst sucht des valcken ist an dem kopff, als im der kopff wee tüt MYNSINGER von den falken 22. von zähnen und äugen: ihm thetten alle zehn, we, das er nit beyssen mocht EBERLIN 8, 86 neudr.; der zan dem abt det vber we H. SACHS fabeln 192, 79 neudr. ; kleibe es über den zahn der dir wehe thut TABERNAEMONTANUS (1664) 897; sie . . . s t e c h e n h i r m i t u n t e r die weh-

tuhenden zähne und das zahn-fleisch BUTSCHKY Pathmos (1677) 576; von dieser salbe nehmet ein wenig, schmieret den wehthuenden zahn damit mediz. maulaffe (1719) 72;

der teuffei . . . schreit vnd heultet mit jemmerlioher stimm, als wann jn die schlege weh thun NIGRINUS von zäuberern

54

spät:

dirumpitur, disrumpitur, es thut jm so wee, er möcht B

d e r s c h n e l l e n SCHÖNSLEDER (1822) N n S ; m a n greifte e i n e n

da an, wo es ihm recht wehe thut, was gilts er wird schreyen, ruh a galled hörst on the back, and he will

winek LUDWIG (1716) 2418; es t h u t m i r in a l l e n gliedern weh, dolor meduüaris mihi insidet STEINBACH (1734), 2 95T. um so früher dichterisch: selbe laet er stn bluot, d a ; im alsfi we tuot hochzetl 835 Waag; so thüts mir martter wee im rucken H. R . MANUEL weijupiel 415 neudr.; entspr. v. 719; gefror sehr hart, fiel tieffer schnee, welchs wandergsellen thut sehr wee FISCHART Eulenspiegel 6368 Haufen.

ein halbgehöhlter zahn hat jüngst mir wehgeth&n RCCKERT werke (1867) 8, 152;

die äugen thun mir weh oculi dolent STEINBACH (1734) 2, 956; wenn mir nur die äugen nicht so wehe thäten, dasz ich's lesen könnt maier MÜLLER Faust SS neudr.; als darauf ein auge weh ihm that BECKER Mild, liederbuch (1799) 74. vom leib und inneren Organen: wo rechte we mi min herte deit Lübecker totentanz 646 Bätheke; magensücbtig stomaehieus, oder dem der mage wee thüt DASYPODIUS (1537) 880 4 ; entspr. 238 d ; iedoch hftn i c h des

(getauten honigs) vil gej^en auf dem geu, dö ich ain kindel was; dft nftch tet mir mein leibel gar w6 KONRAD v . MEGENBERG 88, 27

Pfeiffer;

dat gantze lyff deyt my we« dar van Seynke de vos 549 Wolf; thuet dir der leib Vnd der bauch wehe, so gehe zum meer, vnnd lasze dich bezauberen ALBERTINUS Lucifers kbnigreich 88; der bauch thut mir wehe RÄDLEIN 1, 1038; seyd ihr denn noch gesund? gott lob! ich kann über keine krankheit klagen, nnd euer lieber mann? dem thut auch keine ader weh SALZMANN moral. dementarb. in neuerer zeit von ausgeprägt prosaischem klang: sie schlahen mich, aber es thut myr nicht weh Sprüche 23, 85; 1, 71; es thut ihm kein finger weh KRETSCHMANN sämtt. werfte 8 II 153. von rücken und gliedern: der ruoken thut es ist gar vil besser mit der boumwollen, vnd thüt nit m i r leyden w e h SPANGENBERG Alcestis 2074 D/ihnhardt; also wee als soltest du vff die blosz äderen brennen GERSDORFF feldbuch

(1517) 29, 2 B ; es wird

der wundarznei

entsetzlich wehe thun PETRASCH lustspiele (1765) l, 104; wenn ein kind einem anderen ärmeren kinde . . . einen schlag gibt u. s. w., so musz man nicht sagen: thue das nicht, es thut dem anderen wehe KANT 10, 439; er wird sich lösen und frei machen, schlimmstenfalls wie der fuchs aus dem eisen, es tut weh, und ein Stückchen leben bleibt dran hängen FONTANE ges. werke I 5, 171; es thut garnicht weh. keine spur G. HAUPTMANN einsame metischen

(1891) 98.

dementsprechend

mundartlich

weitver-

breitet: das tut nich weh, Lene, das kenn' ich FONTANE

ges. werke I 5, 138;

nösn.

wl

dä =

mosdfr.

w!

d6n

'schmerzen': 9t dfit mar wi (ndsn. ebenso) KISCH vergl.

wb. 246. c) als scheinbarer schmerzerreger glied zum subject gemacht.

wird

das

schmerzende

«) von köpf und Zähnen, die die gröszte rolle spielen, ist das weh durch den ganzen leib zu verfolgen: ist dag ain mensch lang sitzt oder slteft des nahtes an dem mdnschln, sö wirt e j trag und swaer und wirt huostend und wirt oft im dag haupt fliisgich und wfituond KONRAD v. MEGENBERG 66, 14 Pfeiffer; entspr. 875, 20; roken helpet se (die fiele) deme bösen hovede dat van hette we deyt mnd. arzneibuch von etwa 1400 nd. jb. 15, 132; deme dat hovet we dot, unde hettet: de dwa dat vorhovet dicke mit coldem w a t e r . . . deme dat hovet we dot van colde: de neme polleyen unde lorberen das. 142;

mir thut der ganze rücken weh GÖTHE Weim. I, 15, 18;

thäten mir auch meine rippen zehnmal weher BABO schauspiele (1798) 4; auch thaten mir die rippen weh ARNDT sämtl. werke 1, 134; s bai duet-mer wider Wiser 'schmerzt mich mehr' SEILER Basler mundart 312; bald tuat eam da fuasz weh, bald 's g'n&ck volksschauspiele in Bayern 224, 109 Hartmann; ich mag mich schon hinlegen, wo ich will, es thut mir alles vom liegen weh RAIMUND werke 1, 15 Glossy. ß) körperliches wehtun setzen die folgenden anwendungen voraus: ey sagt die frauwe, die weiber haben zähn daselbst im maul (in der 'wassernusz'), die thun jhnen offtmaln gar wehe, und müssen als dann die männer solchen wehtagen vertreiben MaynhinMers sack (1612) A iij r . so not/wendig ist das zahmoeh attribut des lebens, dasz ihm tut kein zahn mehr weh heiszen kann 'er ist tot': sie (die karnne) macht gar kurtze weilen, wann sie einen thut ereilen, dasz ihme nimmer mehe hinfort kein zahn thut wehe

zi. des harzvereins 35, 65 (aus Braunschweig 1605); wenn ich nur erst die fünfzig thaler habe, so mag frau und kind gehen wohin sie wollen — das kind — dem wird nach jähr und tag auch kein zahn mehr weh thun SALZMANN Carl v. Carlsberg a l, 230. ohrenieeh wird als folge widriger eindrücke hingestellt: wenn sein vatter ihm 4»

55

W E H (adv.)

WEH

unaufhörlich den nutzen des reichthums prediget, dasz ihm die ohren davon wehe thun discourse der mahlern (Zellweger) L, 58 Vetter; endlich gingen sie an das nachlesen; aber da thaten ihnen dem (so!) ohre die hiatus so oft weh, dasz sie jene wichtigere recherche weiter hinausrückten F. A. WOLF briefe an Heyne (1797) 187. entsprechend attgenuieh: die äugen thun dem weh, der etwas wider seinen willen sehen musz TREUER d. Dädalus (1675) 1, 137. 2) zwischen körperliches und seelisches weh t u n schieben sieh einige gebrauchsweisen, die auf körperlichen schmerz zurückweisen, aber von vornherein nur übertragen gebraucht werden. a) körperlich mögliche schmerzen werden als complex seelisch verstanden. a) ganz nahe zu den letzten belegen stellt sich: es t u h t mir in den ohren wehe STIELER 2458 von verletzenden äuszerungen; das einem in ohren . . . wehe t h u t H. GUARINONIUS grewel der Verwüstung (Ing. 1610) 192; viel ausgebildeter in den äugen wehe t u n vom neid, gebucht erst bei FRISIUS dict. (1703) 2, 303; POMEY (1709) 338, litterarisch seit dem 16. jahrh. gut bezeugt: wiltu mir heut etwas beweisen, dadurch ich mich fürnemlich erfreue und das deinem m a n in den äugen wee t h u e (oculi doleant) BOLZ Terenz (1539) 162b; es thett j n allzeit wehe in äugen, das die teutschen das römisch reich vnd Italiam Sölten regieren S. FRANCK chronicon Germ. (1538) 981; 115® u. ö.; inmaassen die reychtumb Julij Pompeio argwönig, wehe in äugen thet STUMPF Schweitzer chronick (1606) 170*; drey st&tt ich (Juno) hab, Argos vnd Spartam hochgenant, darzu Mycaenas weit erkant, thund sie dir in den äugen wehe vnd wilt du das auch vndergeh die eine oder ander schon, so ist es meinethalb gethon

SPRENG iJia« (Augeb. 1610) 40 *>. im 17. jahrh. vom geuriszen: den schneidern t h u t nichts gestolenes im aug wehe Simpl. 426 neudr.; bei GÖTHE von ästhetischem miszfallen: damit ihnen das schiefe, k r u m m e in dem auge selbst weh t h ä t e Weim. I 47, 333. vereinzelt und spät in den zahnen weh t u n : also auch schwatzen sollte ich nicht m e h r und die töne t h a t e n mir in den zahnen wehe GÖTHE Weim. I 25, 148. ß) das herz t u t mir weh wird wie es blutet mir ganz gewöhnlich von seelischem schmerze gebraucht: mein hertz, mein hertz t h u t mir wehe . . . wie ist mir so hertzlich wehe Jer. 4, 19;

mein hertz thut mir vor sorgen weh H . SACHS 1, 151

Keller;

das j m auch das hertz wird darüber weh t h u e n MUSCULUS hosenteufel 19 neudr.; noch niemahls hat mir mein herz so wehgethan PH. HAFNER lustspiele (1812) 1, 29; so, dasz mir mein hertz im leibe darüber weh that, so that it made my heart ake LUDWIG (1716) 2412; es wird eine empfindung des leidens seyn: ihr wird das herz wehthun ABBT verm. werke VI, 1119; nur wird es ihrem theilnehmenden herzen wehe t h u n zu vernehmen, das der braven burgemeister Bohl in Lobeda . . . ein trauriger fall begegnet ist GÖTHE Weim. IV 30, 35; wie t h u t das herz mir weh, dasz ich n u r eine frau bin EBNERE S C H E N B A C H L, 124;

seinem herzen thut es wehe R Ü C K E R T gee. ged.

5 , 240.

y) sich den köpf zerbrechen ist in der bedeutung 'sich geistig anstrengen' so fest geworden, dasz die erinnerwng an den schmerz, den die sache macht, nicht körperlich verstanden wird: auf alle fälle will ich mir nicht den köpf zerbrechen, denn das t u h t weh, sagte meine mutter GÖTHE Weim.

IV L, 119.

b) durch metapher werden objecte mit Schmerzempfindung begabt, die keine haben. ä) prosaisch der beutel: da fieng der son aller erst an zu schlemmen vnd spielen vnd was dem seckel weh thet PAULI schimpf (1555) 139*; spielleut, schalcksnarren, schöne frauwen und was den leib erfreuwet und dem geltsack wee t h u t KIRCHHOF wendunm. 1, 267 österley; treiben alles das, so dem gelt weh und dem lieb wol-

(adv.)

56

t h e t WICKRAM 2, 29 Bolte; da gings in floribus her, und blieb nichts unterwegen, was nur dem geld wehe t h u n mögte Simpl. 226 neudr. (Kurz 1,278, entspr. 3,899); manche ehrliche h a u s f r a u befürchtet, dasz m a n . . . ihren stolz oder geiz beschreien werde: blosz darum t h u t sie ihrem beutel wehe, 6 pfennige hervorzugeben und die tadlerinnen zu kaufen GOTTSCHED vern. tadlerinnen2 (1738) l, 216; alles m a c h e , was m g8Id we duet 'unnützer weise geld ausgeben' MARTIN-LIENHART 3, 775. nahe angrenzend: der aufwand der frauen t h u t den m ä n n e r n wehe, sumtus uxorwm onerant maritorum penates SERZ 174. ß) poetisch von wind und blumen: er (der nordmnd) hab im lenz ihn (den westwind) oft geplagt, den blumen wehgethan R Ü C K E R T werke (1869) 3, 79. c) durch metapher wird als schmerzhaft hingestellt, was nur entschlusz kostet oder lästig ist: a) sich weh tun mit einer arbeit heiszt 'sich (überanstrengen', verwandt mit franz. avoir du mal ä faire qc.: das geschieht nu nit mit süssen guten tagen, szondernn hie musz m a n der n a t u r weh thun vnnd weh thun lassenn LUTHER (1520) von den guten werken 63 neudr.; eh solt euch all der bader krawen, dann ich wolt ewer füsz-thfich sein, vnd haben alle mfth vnd pein, vnd thet ich meinen glidern weh S C H E I D T grob. (1561) 1568 neudr.,zu dem merck auch disz reeipe: thu dir ja nicht mit kauften weh, als mancher, der ein dorff erkaufft und nach dem geld zun juden lauift RINGWALDT laut, warheit (1598) 35; es ist gewisz so ein fauler schlinget, der sich lieber mit betteln behilfft, als dasz er sich mit arbeiten solte weh t h u n CHR. WEISE klügste leute (1675) 190; er h a t sich wehe gethan (an seinem vermögen) impendio exhaustus est SERZ 174; du wurs m we due iron. 'du wirst dich anstrengen bei dieser arbeit' MARTIN-LIENHART 2, 775. mit umsprung des objects: wider die faulen: er t h ü t groszer arbeit nit wee S. FRANCK sprichw. (1545) 1, 6*; daraus bei SCHOTTEL

1121.

ß) mangel, armuth, hunger tun w e h : wen gelust, dem tfit mangel wee H Ä T Z L E R I N liederb. 2 8 8 ; den köchen thut kein mangel wehe G Ö T H E Weim. 1,15,13; a r m ü t t h ü t dem alter wee FRANCK Sprüchwörter (1541) 1, 159"; armut wehe t h u t SCHOTTEL 1127; vbermuth m a c h e t armuth, a r m u t h wehe t h u t ALBERTIN u s hirnschleiffer (1664) 40; armuth wihe (lies: wehe) thut, Bethlehem und Leiden ligen unweit von einander ABR. A S. CLARA Judas (1687) 1, 322; doch wer armuth nie empfunden, weisz es nicht, wie weh sie thut SCHUBART ged. (1825) 2, 147; dahero auch ohne zweiffei das bekandte sprflehwort mag entstanden seyn: junges blut! spar dein gut; hunger im alter wehe t h u t gestr. rockenphilos. 3, 185 (1706); freylich musz ich mich an deine schafe halten, wenn mich hungert, denn hunger t h u t weh LESSINQ 1,224 (fabelnS, 16); lieber gott — der hunger t h u t weh I F F L A N D theatr. werke 2, 229 (spieler 2, 6); hunger t h u t weh IMMERMANN Münchh. 8 2, 92; und auf den appetit kommt es an und auf den hunger. das heiszt, wenn er nicht zu grosz ist und nicht weh t u t FONTANE ges. werke I 6, 46 (quitt 6). 3). weh tun von sedischem schmerz steht hinter der anwendung auf körperschmerz entschieden zurück, aber während körperlich nur ein leichter schmerz damit bezeichnet wird, ist im gebiet des seelischen er, es h a t mir weh getan ein sehr starker auadruck für beleidigung, kränkung, gram und noth. a) ein zeitliches vorangehen des deutschen Südwestens kann nicht zufällig sein: uuiS lango sol mir d a j uue tuön, d a j ungelouba richesot? NOTKER ps. 12,3 Galler hs.; hern iwein tete der zwivel we wederm er helfen solde HARTM. v. AUE Iwein 3846;

wand im tete da; scheiden wS 6518; der gespenstige gelange der tete in allererste we, w6 unde maneges wirs dan e G O T F R . v. STRASZBURG Tristan 17844;

57

W E H (adv.)

WEH

(adv.)

58

B0 strahlt sie mir so kvmo ich vor liebe in so we tûnde not wehthuend in der seele aug das man mich vil dicke siht bleich vnd rot LUDWIG g es. Schriften 3, 182 (Scud. 2, 9). MARKGR. v. HOHENBURG Heidelb. liederhs. 56, 86 Pfaff; als Vorbereitung dieses ausdrucks kann etwa gelten: weil das (die Schilderung de» Unglücks) tftt an den mären we RUDOLF V. EMS Willehalm 1025 Junk; sie den kräfften des gemüthes w e h thun, sol man sie dû minne ist ain senftes wort . . . (bestimmte arbeiten) am meisten fliehen BUTSCHKT Pathain wetûndes herze liep 4404 (entspr. 4443) ; mos (1677) 12. 13 fraget manicher wie ig dir gee d) seelisches wehtun ohne zusatz ist ginge i j dir wol, i; det yme we a) selten objectiv beeinträchtigen, schaden tun: die deutsche hm. zu Basel 1, 39 Binz (aus Mainz 1400); blödigkeit der äugen würd dem gesicht wee thûn er tuet ans allen sammen wee altd. pas&ionsspiele a. Tirol 9 Wackemell ;FISCHART praktik 29 neudr.; diser pundt thet dem adcl weh im kropff STUMPFF Schweytzer chronick (1606) 343B; ob dir w e tût dins eben rrçentsehen knmber st. Georgener auch wasz für inconvenientien ausz dem fall immixtionis prediger 216, 18 Rieder; einem tregen thût das nochfolgen entstehen, auch meinen gnedigen herren wehe thun w e der ewigen wiszheit betbüchlein (Basel 1518) V I I b ; es wurde, wann man de facto contra hoc jus et regale acthät eim menschen w e e am anfang recht zû thûn . aber quisitum. sich setzen und davon priviren solte akten des von tag zû tag würt es y e besser vnd j m lichter KEISERSOldenburg, gesandten MYLIUS 20. jan. 1652 in Weckherlins BERG post. (1522) 1, 31». gedichten 8, 167 Fischer; aus hasz gegen die tyrannischen b) die übrigen landschaften weisen in mhd. zeit nur Atriden würde ich ihm beystehn, ihnen wehe zu thun etwa ein fünftel der belege auf: SOPHOKLES Phüoktet 2, 1 deutsch von Steinbryckel (1760) dag (der fall des mädchens) tet mir wol halbe; wê, wan ich het sin war genomen 35; ein auszerordentlich gescheutes gesicht, das viel das über al den anger mê groszes hat, dem aber das hervorstehende kinn, und der nie sô schœneg was bekomen steife bart w e h e thun LAVATER phys. fragmente 1, 212; NEIDBART XLIII Haupt (unecht); solch ein kerl . . . kann einem Faust wehe thun maier dem meister tet die rede wê MÜLLER werke (1811) 2, 100; livl. reimchromk 9612 Meyer. erst LUTHER schafft dem ausdruck Verbreitung, der ihm von strafe u. asketïk geläufig ist: die straff thut dir faul und w e h e Weim. 84 I 335; thut dyrs w h e , denck, das gotte deyn dibstal, undanck etc. auch wehe thue das. ; wie es denn recht vnd billich ist, das euch solcher fall soi wehe thun, weil sie ewer nehestes vnd bestes glied ist, dazu ewer eigen leib gewesen ist Erl. 55, 62 (trostschrift an Broitzen 25. aug. 1534). in der bibel giebt er dem wort allmählich ausdehnung: w i e viel mehr wirt er yhm w e h e thun, so w y r sagen, das kind ist tod? 2. Sam. 12, 18 (erste niederschrift: leyde): ich aber wenn sie kranck waren, zoch eynen sack an, thet mir wehe mit fasten {so seit 1531 ; erste niederschrift und noch 1528 : demütiget meyne Seelen) ps. 85, 18; ich sähe die verechter vnd thut mir wehe (so seit 1531; erste niederschrift und noch 1528: vnd es verdros mich) ps. 119, 158. c) es ist nöthig die beziehung auf herz und seele ausdrücklich zu bezeichnen, eben weil die auf den leib früher fest ist. a) von, i m herzen ist der ältere zusatz: unde heijt ir Itonjê, sô tuot ir im von herzen wê Parzival 633, 16; das tat mir warlich w e im herzen Oarg. 49 neudr. ; dasz es mir im herzen w e h e thet, dieweil sie meinem wahrh a f t e n schreiben nit statt oder glauben geben wolten GÖTZ v. BERL. 98 neudr.; male animo est, mir ist w e e v m b das hertz SCHÖNSLEDER (1622) N n 2 b ; das thut mir i m hertzen wehe, dolet hoc cordi meo DENTZLER (1697) 2, 344; das ist es, was mir oft im herzen weh gethan, was die natur verwirft und keiner loben kann NEUKIRCH ged. (1744) 110 ; sein anblick wird mir i m herzen w e h thun GÖTHE Weim. I 8, 24; oft thut es mir im herzen weh, dasz du nicht bei mir bist IV 8, 49 ; allen thut es weh im herzen, die den bleichen knaben sehn HEINB 1, 35 Elster. ß) in der seele herrscht in neuerer prosa vor: es thut mir in der seele weh, dasz das wort genie so gemiszbraucht wird JUNG-STILLINO 9, 83; unserm Siegwart that es in der seele weh, sich so tief erniedrigen zu müssen MILLER Siegwart 1, 231; es thut mir in der seele wehe . . . dasz diese ketzer einen theil von Gallien besitzen M. J. SCHMIDT gesch. der deutschen (1778) 1, 209; fiel mir die prinzessin . . . zu füszen und bat mich um gotteswillen, ihr nur wenigstens eine exspectanz auf mein herz zu geben, sie that mir in der seele weh . . . aber gebrannte kinder scheuen das feuer IMMERMANN Münchh1, 126 ; klatsch ! klatsch I hieb er auf die magern brüder des Pegasus und trabte mit uns auf dem stoszenden steinweg, dasz es uns in der seele w e h that HAUFF 7, 164 Sempel (mem. des Sat.); die seiner seele weh thaten ALEXIS Roland (1840) 1, 38;

da« laster weh dem menschen thut GÖTHE Weim. 116, 17. ß) oft subjectiv in vielen schattirungen : aa) 'es geht mir nahe, schmerzt mich' — über eine reaction des betroffenen wird nichts ausgesagt, mundartlich nur aus Basel: 's hett em w e do 'ging ihm nahe' SEILER 312; lexikalisch: sein lieber thut mir weh, de febri eju.t doleo STEINBACH 2, 956; dein zustand thut mir weh, doleo vicem tuam FRISCH 2, 42musz O. LUDWIG ges. Schriften5,247; entspr.2, ASS; 6, 325; gerade weil er die trelTende Wahrheit in manchen ihrer schärfsten bemerkungen selbst empfand, that sie ihm weh und, verletzte ihn HOLTEI erzähl. Schriften 5, 41; entspr. 3, 106; 7, 98; vierzig jähre L, 124; ich thue niemanden gern w e h GUTZKOW ritter v. geist l, 390; dies allein thut mir weh, und es würde mich wahrhaft unglücklich machen, allein um unserer dummheit willen nicht ein oder z w e i jähre noch glücklich sein zu dürfen G. KELLER ges. werke 2, 87; dir schreiben, w a s ich vorhabe, fällt mir schwer, es wird dich empören, es wird dir w e h thun EBNERESCHENBACH 4, HL; entspr. 4, 73. ce) stärker als das vorige und als leid tun ist die Bedeutung 'verdrieszen' — der betroffene lehnt sich gegen den reit auf. von den beispielen der Wörterbücher gehören

WEH

60

(adv.)

hierher: wehe thun, verdrusz bringen . . . es that mir w e h e , dasz da mich nicht auff die hochzeit ludest RAVELLUS (1616) 401; wehe thun, verdrusz bringen mortifier, piquer, choquer RÄDLEIN 1, 1038; sich etwas w e h e thun lassen grauiter ex re aliqua dolere HEDERICH promt. (1729) 2614; es mag dir wohl w e h thun, dasz deine schweBter so reich heirathet GELLERT bei Adelung, litterarisch ist der gebrauch älter, doch auch beschränkt: solch gespai thett dem von Guettenstain w e e Zimm. chronik 2, 258; als nun der hertzog hie aber ein mal vnderlag, thet es j m gar wee, das er von einem kleinen fürsten solt überwunden werden MÜNSTER cosmogr. (1560) 163; w i e er nun etliche zeit kein gelt hatte zu verpraszen, und sah seine vorige . . . gesellschafft. . . frölich sein . . . thet es ihm w e h e KIRCHHOF wendunm. 2,197 Österley; ob nun wohl solches herzog Friedrichen . . . wehe thät, konnte es doch nioht geändert werden SCHWEINICHEN denkwürdigk. 43; sonder das auch ein böse eh thu nicht allein den bösen wee, sonder ganz land vnd statt verfftre FISCHART ehzuchtb. 144 Haufen; weil er mit jn (den tevfeln) gut kuntschafft hett vnd wlist, was jn wirsch vnd weh thet von s. Dtminici leben v. 8260 Kurz; uns thut nicht weh, dasz du uns mit deinem schleichen manche schöne lust nimst hin STIELER geharn. Venus (1660) 128 neudr. zwar thut es weh und ärgert sehr GERHARDT lieder 3, 364» Fischer-Tümpel ; es würde mir wehe thun, wenn ich deswegen einen einzigen gedanken wegstreichen sollte GLEIM briefw. 1,123 Körte; absonderlich thats ihr wegen des mauls w e h maier MÜLLER werke 1, 169. dd) ein Spezialfall ist die wähl tut w e h oben theil 13, 516: es thut einem zwischen ihm und dem Spadi-Do die wähl w e h RAIMUND (1855) 6, 14 (barometerm.); will er lieber das geisterschlosz . . . oder das feurige racheschwert von Hildebrandt? da thut mir die wähl weh, erwiderte er HAUFF 9, 60 Hempel. e) stets seelisch ist weh tun mit den präpositionen nach und um, die meist eine sehnsucht anknüpfen: nach gelt und gut alle weit wehe tut HENISCH 1474; danach: nach ehr und gut alle weit j h r w e h thut SCHOTTEL 11251; o eiland, das ich meine, wie thuts nach dir mir weh ARNDT ged. (1860) 426; die alten jungfern oder auch die jungen, denen es um einen mann sehr weh thut, pflegen in ihren leibes- und Seelennöthen gewöhnlich zu einem selbstgemachten Orakel ihre Zuflucht zu nehmen SCHUMMEL spitzbart (1779) 360. bedauernd bleibt: es thut den richtem wehe wohl um den wackern mann WILH. MÜLLER 1, 398. f ) bei zufügung des gegensatzes wohl ist w e h tun selten und nur in älterer spräche körperlich gemeint: es thue dir wol oder we kain frist gib ich dir me. ich stach dir ab deinen kragen fastnachisp. 476, 21; ja fraw, er (der wein) thut eüch wol vnd wee Pfarrer von Kalenberg 1112 neudr. die regel ist seelischer gebrauch: er hatt an mir geprochen, das tütt mir wol vnd we HÄTZLERIN liederb. 78; w i rechte mynn ir hin gepett, davon echaidet sy nit ee, es til wol oder wee, sy milsz der tod vertreiben 243; ist keinem angelegen was wohl vnd wee jhm thut ZINKGREF auserl. ged. 9 neudr.; kundschaft thut w o l und w e h SCHOTTEL 1145; er lieBz Mignon rufen, um sie auf diese Veränderung vorzubereiten. — meistert sagte sie, behalte mich bei dir, es wird mir wohl thun und w e h GÖTHE Wehn. I 23, 112; es thut so weh, so wohl hernach

I 6,48;

aber diesz verwunden thut mir nicht w o h l , sondern wehe LAVATER verm. Schriften 8, 131; ein groszer herr ist freylich ein andres d i n g , als unser einer, denn er

61

WEH

k a n n wohl und weh t h u n KLINGER werke 3, 43. so auch bei loserer fügung: seine art von lustigkeit t h u t mir wehe, ich wollte wetten, dasz i h m dabei nicht wohl ist GÖTHE Weim. I 83, 824; eines zu thun mag die gute, die liebe mir taugen: weh in dem herzen und wohl in den äugen RÜCKBRT gel. ged. 4, 354.

g) synonyme begriffe werden selten beigesetzt: der jung trat in die pues dar nach, er tet im selber wint und wee KURZMANN Albanut bei Schönbach Wiener titz.-ber. 88, 872; das dut mim gesellen winne und we EBERH. WINDECKE (Konstanz

1415)

bei Liliencron bist, volkd. nr. 54 v. 31; das thut mir heymlich weh und andt H. SACHS 16, 82 Keller; ebento 17, 3.

h) gradbestimmungen sind mannigfach: cc) steigernd in alter zeit vil, gar, satt u. &., bis sehr die stehende bestimmung wird, neben der sich eine neue mannigfaltigkeit entwickelt: e ; tuot vil we, swer herzecliche minnet an s6 hohe stat, dft sin dienest gar versmät HEINRICH T. MORUNGEN minnet. frühl.

mir tuot endecllchen we da; den winder niemen des erwenden mac, er entwinge uns abe beidiu bluomen unde kl8 NEIDHART V. REUENTAL 36,18

134,14;

Haupt;

das Maria die mäter din uns (den teufeln) hut tet als nim me, so si uns tet gar we tchautpiele des mittelaltert 1, 299 Hont; nun Ciro thet gar wee die Schmach H. SACHS 2,124 Keller; es thet y h n whe gar sat LUTHER Weim. 34 I 238; das t h u t hertzlich whe 245; es wird dem herrn seer w h e t h u n haben, cum dixit: osculo 227; stormeden se do myd gudem ernste dat slot unde deden eme sere we KORNER Lübecker chronik 219"; dede he dar deme lande sere we 140°; h a b e n mich im hertzen gebissen, haben mir sehr wehe gethan valde me momorderant epistolae tuae de Attica nostra HENISCH 265; das t h u t mir sehr wehe hoc magno mihi est dolori... sich etwas sehr wehe t h u n lassen magno dolore adfici HEDERICH (1729) 2614; denn ew. excell. würdige geschäftsführung verletzt zu sehen t h u t mir sehr weh GÖTHE Weim. IV 28, »0; dieser aussprach hatte ihr wieder sehr weh gethan HANS V. KAHLENBERG Eva Sehring (1901) 17. — welche history mir rechtschaffen wehe t h a t RINGWALDT christl. Warnung A 6*; ich will i h m rechtschaffen wehe t h u n LUDWIG (1716) 2412; hat uns ein lungenhieb nnr ernstlich weh gethan, ach! so vergeht uns wohl die Zierlichkeit im schmertzen GÜNTHER ged. (1736) 666;

z u m andern, t h u t es uns auch schmerzlichen wehe, das e. g. unlängst in alle gebiete und städte geschrieben SCHÜTZ Preuszen (1599) 174B; sein abschied t h ä t mir schmertzlich weh Simpl. 393 neudr.; diese worte thaten j h m überaus wehe RÄDLEIN L, 1038; sein absterben h a t mir ungemein weh gethan LUDWIG 2413; er t h u t mir greulich weh GÖTHE Weim. I 9, 102; er t h u t v e r d a m m t w e h O. LUDWIG ges. Schriften

62

W E H (adv.}

(adr.)

8, 126.

ß) vergleichende zusätze sind in allen und in jedem stil möglich: in tete diu schäme alsO we

sprachperioden

HARTM. v. AUE Iwein 6224;

Isolde und Tristande den was diu huote als ande, verbot da; tete in alse we, da; si alse fU;eci!chen e ze ir state nie gedähten Triitan 18123; na tft wir in so we mit des werches sere d a ; si niht uolgen gusgetanen Spellen exodat 133, 8 Diemer; gensdecltchiu minne, 1&: war umbe tuost da mir sO wü? WALTHER 56, 27;

dag klage ich vnd mfis mir dike tün so we OTTO V. BRANDENBURG Heidelb. liederhe. 18, 33 Pf ä f f ; mir tfit die ain so we, so don, das ich der andern wol empir HÄTZLERIN liederb. 842;

wie thut mir das so weh und andt H. SACHS 2, 26 Keller;

Ptholomeus Epyfames des vorgenanten s u n : dirre tet den juden also we, das sü apgötte anebetten müstent d. städtechr. 8, 314; wie wollt' er dich kränken, da i h m dein trotz so wehe t h u t maier MÜLLER werke 1, 70; dabey es uns so wehe gethan, einen m a n n von den edelsten und seltensten talcnten dieselben misbrauchen zu sehen GERSTF.NBERG lit.-denkm.

128, 387.

y) einschränkungen sind seltener: diu bete tet in niht ze we

Parzival 631, 5; alles gefiel dem knaben so wohl, dasz es ihm nicht sonderlich wehe t h a t seinen vater abreisen zu sehen GÖTHE Weim. I 24, 238; ich h a b ihr doch heute zu wehe gethan BAUERNFELD ges. Schriften L, 145; obschon ich ihr damit nicht zu wehe t h u n will 2, 145; es t h a t mir wehe genug, dasz ichs t h u n muste LUDWIG 2413; die hälfte der städte . . . durch die er den entgegengesetzten städten i m m e r wehe genug t h u n konnte M. I. SCHMIDT geschickte der deutschen (1778) 3, 59; es t h u t mir wehe genug, dasz ich nicht m e h r habe PFEFFEL pros. vers. 7, 61. S) für comparativ und Superlativ werden sonst gern suppletivformen herangezogen, namentlich in südwestdeutschen mundarten: werätar, wersar, a m werätsta MARTINLIENHART2, 775; MANKEL mundart

des Münstertals

(1883)

170; wirser SPRENG idioticon Rauracum 43 Socin; wirser, wiser, a m wi(r)siste SEILER Basler mundart312; w i h r s c h e r TOBLER appenz. sprachsch. 443"; würscher: wie schüfterer as d' ribst, wie würscher tuat s dam strüdel FROMM ANN 6, 897, 92, aus Saanen im Berner Oberland, gerade die heranzielmng von wirs ist alt : des wart er an den ffl;;en sat, die taten im wirs danne we aUd. wälder 3, 225 (beitp. aut e. Wiener he. det U.jahrh.). der organische comparativ steht gern im vergleich des typus körperliches tut w e h , seelisches weher: bruder sey versichert, dasz ich dich so hoch liebe als mich selbsten, und dasz mir die beleidigung, so ich dir heut zugefäget, viel weher t h u t , als die kugel, damit du mich an meine stirn getroffen Simpl. 340 neudr.; diese verzweiffeiten bereits a n einem glücklichen entsatz der vestung, das mir weher t h ä t als meine wunden Simpl. 1, 456, 8 Kurz; ein weher (blatebalg) machet wind, stäubt ab, weht feuer an, noch weher thut die schmach, als mancher böser zahn S E U M E kl. teuteche.fi lexikon (1733) 374; es t h u t mir weher als ihm eum dum ferio, magis mihi nocet quam Uli SERZ (1797) 174; zwar wein beschweret oft den köpf, doch der thut manchem ehetropf wohl zehnmal weher G Ö T H E Weim. I, 4, 94. älter und häufiger find aber beide glieder der vergleichung seelisch: guis t h u t dem euangelio weher adhuc hodie! Turca non so wehe ut pabst und rottengeister LUTHER Weim. 34 II 553; dasselb thut auch dest weher mir H . S A C H S 12,129 Ketter; de valsche vrunt deyt my weger weij myn openbare viend mnd. ecclesiasticus 196d; m a n kan auch dem teufel nicht weher t h u n , denn wenn m a n von dem Jesichen und seiner menschwerdung redet LUTHER lischrede von 1540 archiv f . ref.-gesch. 6, 357; dan es t h u t i h m (dem teufet) nichts weher, als w a n m a n i h m seine herrligkeit fürwirft, wie er so ein schöner fürst und könig gewesen ist J. BÖHME morgenrSte (1612) 7, L; und k a n m a n einem Russen nicht weher t h u n , als wenn m a n ihn einen Juden schilt OLEARIUS pers. reisebeschr. (1647) 166; n u n t h a t solchs (die Verachtung ihrer mundart)... den Doribus weher AGYRTAS grillenvertreiber (1670) 2; ein lobspruch, den ich mir wegen seiner grösze nicht zueignen kann, t h u t mir weher, als ein verdienter verweis GELLERT 3, 4 (zärtl. schwestem L, 1); vergib m i r , Agathon, w e n n ich dir weher gethan habe, als meine absieht war WIELAND werke 8, 163 {Agathon 12,10); ein anderes übel, d a s . . . den kirchen fast weher that, als die öffentlichen beraubungen, waren die noch immer sich den kirchen aufdringende m&ohtige Vasallen M. J. SCHMIDT gesch. der deutschen (1778) 8, 286; u m desto weher t h a t es mir, w e n n mioh . . . das personal a n ausführung groszer saohen

63

WEH

(adv.)

hinderte GÖTHE Weim. I 21, 28; entspr. I V 5, 176; beweise Ihun w e h e r als Schmähungen K. L . v. HALLER restaur. d. xtaatswiss. (1816) l, 182; w e h e r konnte mir nicht leicht etwas tun PÜCKLER briefw. 3, 192; dem a m t m a n n thats weher, von dem 'ausgebissenen' kinde zu scheiden, als dem knaben von i h m W . 0 . v. HORN aus der Maje 1, 94; es that ihm weh, dasz sie nicht glücklich w a r mit ihm, w e h e r noch, dasz er sie neuem schmerz entgegenführen sollte F. LEWALD Wandlungen 3, 170 (1853). f ) der Superlativ, nur von seelischem wehtun, ist seit dem 16.jahrh. nicht selten, obgleich die Wörterbücher schweigen (eine ausnähme: das aber thut mir noch a m allerwehesten LUDWIG 2413), doch nie aus dem Südwesten zu belegen: auch weys ich nicht w a s mir a m wehesten thut HUTTEN 2, 181, 35 Böcking-, unter dem kus und freundlichen geberd crudfigunt Christum, und das thut a m wehesten LUTHER Weim. 34 L 227; so fühlet der mensch, dasz es gott thut, das thut auch a m aller wehesten MENGERING gewissensrecht (1633) 211; eine strafe, welche dem lasterhaften a m wehesten thut J. E. SCHLEGEL werke S, 330; das w a r es eben, w a s ihr a m wehesten that W I E L A N D Lucian (1788) 2, 103; sie ists gewohnt, am wehsten ihm zu thun BÜRGER werke 167; die stube hat mir a m wehsten gethan, da w i r das haus verkaufen muszten GÖTHE Weim. I N , 131; ich habe ihn nicht an dem flecken anzutasten gesucht, w o es i h m a m wehesten thun muszte LENZ vertheidigung des herrnW. (1776) 82; ich will euch heute keinen wünsch versagen, weil ich von meinen unterthanen allen euch heut am wehesten gethan SCHILLER 12, 486 (Maria Stuart 2, 9); dich musz, wie mich, ein wesen trösten, das innig liebte, litt und starb; das selbst für die, die ihm am wehsten gethan, mit tausend freuden starb NOVALIS Schriften 2, 27 Tieck u. Schlegel; was ich vollbringe, thut mir selbst am wehsten, doch musz es sein, und musz also geschehn IMMERMANN I 1, 188 (trauerspiel in Tyrol 2, 5). F. völlig

vereinzelt

steht w e h

gemuten:

das weib zu missen, wisse, gemuthet mich weh R. WAGNER 6, 336 (rheingold). begegnet fast nie in freiem adverbialem ge-

IV. w e h brauch. A. einige fälle gehören scheinbar hierher, thatsächlich ist aber 1) die interjection als citat in den satz gestellt: wir hän niht gewisses mS wan hiute wol und mome wö und ie ze jungest der tot HARTM. v. AUE a. Heinrich 714; selten wol, alzeit weh, ist täglich brod in der eh SCHOTTEL 1128 {genau so bei ALEXIS Boland 1, 886); wie weh ist einer Stadt geflucht, in der ein advocaten-schreiber das handwerck seines herrn, das er nicht kann, versucht LICHTWER fabeln 3, 20. eng zur interjection stellt sich auch ein comparativ wie: j e mehr hund, j e w e h e r dem beinl HENISCH 262. 2) das adverb ist aus den adverbialen Verbindungen entnommen und jünger als diese: weher, adv. compar.: plus mal, avec plus de douleur RÄDLEIN l, 1038; jhr auge bat: nur immer zu, je weher desto besser MÜRIKE werke 1, 60 6löschen. 8) in neuer spräche kann auch das adjectiv (s. u. V ) zu gründe liegen: w a s w a r das doch für ein eigenes gefühl, w o h l und w e h zugleich I 0 . L U D W I G ges. Schriften l, 208. B. das echte adverb ist selten und jung: ich bitte dich, mein honigsüszer mann, lasz mich dich bis Staines begleiten. nein, denn mein männlich herz klopft w e h (my manly heart doth yearn) SHAKESPEARE Heinrich V. 8,8; so Mint so weh, so lieb ein fem geläute: Vergangenheit, wo flohst da hin? ARNDT ged. (1860) 160; ihm schlag das herz so wonnig and weh KÖRNER werke », 14 Eempel;

WEH

64

{aäj.)~WEHA

da staunt' mich an gar seltsamlich so lieb, so weh und inniglich, und sprach zu mir die schöne njaid HEINE 1,19 Elster; aus der unergründlichen tiefe der Zeiten an das tageslicht gestiegen, sonnen sich diese menschen darin, so gut es gehen will, rühren sich und w e h r e n sich ihrer haut, u m w o h l oder w e h e wieder in der dunkelheit zu verschwinden, w e n n ihre zeit gekommen ist G. KELLER l, 12; er . . . stöhnte w e h auf FRENSSEN sandgräfin (190S) 134; Thorbeeken j a m m e r t e w e h auf 243. V. w e h als attributives adjectiv findet sich in neuerer mundart und mundartlich bestimmt gelegentlich auch in der litteratur. A. die mundarten kennen das adj. längst nicht allgemein: ä weaer, w e a w e r finger, köpf u. s. w . LEXER körnt. 252; weoh's wehes,, was wech's haben heiszt an einer wunde oder an einem geschwüre leiden HÜGEL Wiener dialekt 187'; A w i fängar, än w i hänt KISCH Nösner Wörter u. Wendungen 172; ein w6er fuesz, köpf SCHMELLER 3 2, 823; W E I N HOLD beitr. zu e. schles. wb. 2, 104; e w e ' e fanger wb. der luxemb. mundart 479; e wies b i n HERTEL Thür. Sprachschatz 255 aus Altenburg; die hatt' w e h e äugen, es w a r auch schon eine ältliche perpon hess. blätter f. Volkskunde 3, 61 vom Vogelsberg, dafür bös MEISINGER Rappenauer mundart 227 und auch im alem. theile Badens. B. der litterarische gebrauch verbreitet sich erst in neuester zeit. 1) nur die anwendung auf körperlichen schmerz findet eine stütze an der mundart: dieser oktober gab uns zwei dramatische neuigkeiten, die als erzeugnisze des weinmonats etwas von der natur des rebensaftes h a b e n : H o u w a l d s leuchtthurm, den rausch, den unmäsziger genusz des weines gibt und dr. Blumenhagens Simson, die wehe nüchternlieit, die auf einen solchen rausch folgt BÖRNE ges. Schriften (1840) 5, 309; Bismarck w a r wirklich recht krank, ich nur etwas, an w e h e n äugen JOHANNA v. BISMARCK (1855) bei KEUDELL Bismarck 49; dasz sie zu schluchzen begann . . . über den eisigen w i n d und ihre müden w e h e n füsze I. KRAPAN zwischen Elbe und Alster 197. 2) viel besser entfaltet sich die anwendung auf seelischen schmerz, die früh sogar einen poetischen Superlativ entwickelt: als sei ich jener frommen schwestern eine, die, ew'ge Dräut', an todesbetten stehn, dem seeligsten (Christo) in weh'sten brUdern dienend DE LA MOTTE-FOUQUÄ dram. dichtungen (1813) 1, 108. genug — es ist die weheste stelle in meinem herzen, die ich berührt habe J. G. FORSTER briefw. l, 237; es ist eine w e h e empfindung, dasz sie nicht da sind GÖTHE 6. juli 1777 Weim. I V 3, 162; zum sichern zeichen, dasz ich das w e h e fleckchen getroffen LICHTENBERG briefe l, 858; sie barg an ihre keusche brüst des königs haapt in weher lust RÜCKERT werke 12, 118; ich h a b e keine vernünftige Schreibmaterialien, und ein wehes herz, es wird doch daraus kein brief CHAMISSO werke 6, 205 Hitzig; mit weher, doch unausgesprochner frage JUL, MOSEN Ahasver (1838) 70; das berührte eine w e h e stelle in L i n a ' s herzen H N R . KÖNIG Jerömes karneval (1855) 2, 282; ein w e h e r klagelaut brach ans ihrer brüst STORM sämü. werke 3, 281 (aquis sttbm.); ein eigen wehes gefühl schosz i h m durchs herz GERSTÄCKER blau wasser (1858) 189; v o n einem w e h e n schmerz durchzuckt unter dem äquator (1861) l, 101; ein w e h e s lächeln GG. EBERS homo sum (1878) 167; ein wehes mitleid mit diesem igel verliesz sie nicht HANS V. KAHLENBERG Eva Sehring (1901) 9 ; sie dachte an Deutschland, an zu hause, der uralte, w e h e kinderwunsch: n a c h hause I zu einer mutter I 121; and nun erklingt mein Wunderglockenspiel in süszen, brünstig süszen lockelauten, dasz jede brüst erschluchzt vor weher lust G. HAUPTMANN 4, 146 (»er«, glocke 3); weher mut weint in die weiten BIERBAUM irrgarteN 24; an der w e h e n Vergangenheit HEER könig der Bernina (1904) 222; in w e h e m trotz 227; ihre w e h e n gedanken 288; sie liesz i h m beide hände und sah ihn mit verwirrten, w e h e n angen a n FRENSSEN Hiüigenlei (1905) 868. W E H A , interj., K H U L L 628°.

steirisch lenkruf für

Zugochsen UNOER-

65

WEHADER-WEHDARM

WEHADER, /. die krampfader am fusz (vena saphena magna), weil sie schmerz machen und bei den geburtswehen anschwellen soll HÖFLER krankheitsn. 9B, daher auch f r a u e n a d e r das. 4* und oben theil 4 I 76, kinds-, m u t t e r a d e r . dazu w e h a d e r k n o t e n , m. ansckwdlung (varix) an der frauen- oder kindsader HÖFLER krankheitsn. 285B. WEHATZEN, verb. hinnire w e h a a c z e n DIEFENBACH nov. gloss. 204* aus einem rheinländ. voc. ex quo von 1476; w f i c h a z n wehklagen jammern, SCHMELLER H, 824, in den belegen als wehlaut des ebers und des bocks; w e w e t z e n ächzen, jammern UNGER-KHULL 631*. w e h a t z e n als ableitung auf - a t z e n zur interj. w e h tritt neben mhd. ä c h z e n , j ü c h e z e n , p h ü c h z e n , r u c k e z e n , w o c h e z e n WILMANNS d. gramm. S2, 109. WEHÄUGIG, adj. mit schmerzenden, kranken äugen HÖFLER krankheitsn. 874". älter (im 12. jahrh.) ohne suffix -ig: lippus w e i h o u g e r vel s u r o u g e r STEINMEYER-SIEVERS 4, 257, 44. W E H A U S R U F , m„ der ausruf w e h l als ausdruck des schmerzes CAMPE 5, 627"; weheruf, jammergeschrei, wehklage KALTSCHMIDT gesammtwb. (1851) 1056'; dasz ich ihn hüll' in wettergewölk, und ihn fortwälz' unterm geheul und dem wehausruf meiner Sklaven SCHUBART sämtl. ged. 1, 68; unglückliche! wenn diesem wehausruf das lager der Hellenen nun erwachte COLLIN 6EI Campe. W E H A U S R U F E N D , adj. zusammengerückt aus interj. und part.: die b e i d e n w e h a u s r u f e n d e n s y m m e t r i s c h e n f i g u r e n . . . d r ü c k e n g r a u e n u n d s c h m e r z . . . a u s F. G. WELCHER alte denkmäler (1850) 2, 167. WEHAUSRUFUNG, f . d i e w e h a u s r u f f u n g e n ü b e r d i e p h a r i s ä e r (Matth. 23) d i e h a r t e n a u s d r ü c k e ü b e r d i e damalige generation . . . j e d e g e w a l t s a m e rede stehet a n i h r e m ort J. G. HERDER werke 19, 222 Suphan. WEHBEFLISSEN, adj. part., dem eignen leid nachtrachtend: drücke dir nicht wehbeflissen selbst den rosendorn an's herz 1 R Ü C K E R T werbt (1867) 1, 622. '.vKTTBEHAGEN, n. bei RÜCKERT von der liebesneigung, die bis zur qual festhält: und dasz ich so in wohl- und wehbehagen, nicht zu, nicht abwärts könnend, an dir hange werke (1867) 1, 298. WEHBELADEN, adj., zusammengerückt aus subst. und part.: ich, Brunhild, das sterbliche, das wehbeladne weib GEIBEL 6, 26 (Brunhild 2, 1). W E H B E L A S T E T , adj. stärker als das vorige: drum sandt' zu Kadmus gToszer königstochter mich mein wehbelastet vaterland SCHILLER 1, 319. W E H B E L N , s. w e h e i n . WEHBENGEL, m. 'knüppel der schmerz bereitet': m a n . . . erzehlete etliche stücklein v o n i h m so r ü h m l i c h , dasz sich t h e i l s über einen so j u n g e n kerl verwunderten, u n d b e d a u r e t e n , d a s z der l i s t i g e h e s s i s c h e obrister S. A. i h m e i n w e h - b e n g e l (einen revers) a n g e h e n g t , d a m i t e r e n t weder den degen beyseits legen, oder doch s c h w e d i s c h e w a f f e n t r a g e n s o l t e GRIMMELSHAUSEN Simpl. 382 neudr. (2, 18, 1 Kurz), zur erklärung bietet sich aus älterer obd. mundart der brauch, hunden b e n g e l , z w e r c h - , s c h l e i f b e n g e l anzuhängen, um sie am unbefugten jagen zu hindern H . FISCHER schwäb. wb. i , 848, Schweiz, id. 4, 1371. die thätigkeit des j ä g e r s v o n S o e s t soll wol damit als ein wildern charakterisirt werden. W E H B I S S I G , adj. w e ' b ö s s e r e c h 'leicht entzündlich, schmerzhaft, zu w e ' b ö s s e r e n 'jucken, von einer wunde die im, heilen begriffen ist' wb. der luxemb. ma. 479. zu b e i s z e n , vgl. b i s s , m . 'hautjucken', b i s s i g 'räudig' Schweiz, id. *, 1686. 93. 96; b i s s i g 'empfindlich, von hindern die bei Unwohlsein klagen' MARTIN-LIENHART 2, 101*. WEHDARM, m. L) der hungernde darm (intestinum jejunum) wird zum sitze der darmverschlingung, daher w e h d a r m 'ileus, volvulus, miserere' HÖFLER krankheitsn. 92". 2) im spott benennung eines menschen, der jeden schmerz gleich unerträglich findet HÖFLER das. und SANDERS L, 267* nach SCHMELLER H, 824, XIV.

WEHDE—WEHDENDUNK

66

3) gleichfalls pars pro toto ist w e h d a r n i im bair. walde als bezeichnung eines neidischen, der nie genug bekommt (wie h u n g e r d a r m oben iheil 4 II 1945) SCHMELLER *l, 540. 2, 824. HÖFLER das. SANDERS das. WEHDE, f., selten m., wol nach analogie von häufen, neben der jungen ableitung w e h e und dem spärlich entwickelten verbalabstract w a h t (oben 13, 1031) ist zu w e h e n eine ableitung auf -ida in md. mundarten von Hessen bis Sachsen verbreitet, obd. neben Schweiz, und schwarzwäld. W ä c h t e (s. o. 13, 173) im alem. und steirischen vorhanden, die verschiedenen möglichkeiten des gebrauche sind vorgedeutet in den Zusammensetzungen s c h n e e - , wind-, h e u w e h d e . 1) die häufigste anwendung ist die auf den vom wind zusammengewehten schnee, in diesem sinne wird w e h d e (wie W ä c h t e ) gelegentlich litterarisch: w o h e u e r m u l d e n und tiefe schneebecken sich zeigen, t h ü r m e n vielleicht i m n ä c h s t e n j ä h r e s c h n e e - h ü g e l u n d w e h e t e n s i c h auf H. A. BERLEPSCH die Alpen (1861) 255. zur erklärung des t s. WILMANNS d. gramm. 22, 340. obd. ist das die einzige Verwendung: w a i j d e 'zusammengewehte schneemasse' mündliche mittheilung aus Bleibach im Breisgau, w ä h t e desgl. aus Neustadt im Schwarzwald; die w ä j e t e 'das zusammengeieehte', d i e w i n d w ä j e t e 'zusammengewehte schneemasse' HUNZIKER Aargauer wb. 285; hierher auch: d i e s c h n e e g e w ä h d e 'schneemasse, die durch stürm zusam/mengeweht ist' UNGER-KHULL 55l b . ins md. greift diese bedeutung im Osten wie im westen hinüber: w e h d e , s c h n e e w e h d e ' v e r w e h t e s t e l l e , w e h e ' auf den, Leipziger dörfern HILDEBRANDS bemerkung zu ALBRECHT Leipziger mundart 234 (volkstümliches auf der Thomasschule gesammelt 2, 148); s c h n e e w e d e 'Schneehaufen' VILMAR id. von Kurhessen 443; w e h t , w ö h t f. 'der vom winde schichtenweise zusammengewehete schnee' KEHREIN Volkssprache in Nassau l, 441. 2) dem md. eigentümlich ist die anwendung auf heu: h e u w e d e 'heuhaufen' VILMAR 443; w e h d e m. 'stattlicher häufen, bes. heu, doch auch allg.': w 6 d e Salzungen HERTEL Thüringer spraehschatz 255; Salzunger wb. 50. 3) wie hier gilt die Verallgemeinerung zu 'häufe, menge' auch in Wasungen: 0. WEISE unsere mundarten 112, und hessisch: w 6 d e / „ wsede, w S t (zuweilen auch, doch selten, w S d e n m.) im ganzen fuldaischen land, zumal im kreise Hünfeld, bis nach Friedewald und Hersfeld, so wie an der obern Werra.... e i n e w e e t l e u t e , auch metaphorisch: e i n e w e e t geld, e i n e w e e t s c h u l d e n VILMAR 443. W E H D E N D U N K , m. ein nd. name des schierlings. man hat Zusammensetzung mit u n g e l 'schmiere, talg' vermuthet, doch ist die Zerlegung in w e h d e n - d u n k sicher aus dem vergleich mit gleichbedeutendem w o d e s c h e r n e (ahd. s c a r n o 'Schierling") bei SCHILLER-LÜBBEN 5, 758', STEINMETER-SIEVERS 3, 596 anm. 4 und w e h d w i s s e l unten, im 15. 16. jahrh. herrschen die formen w o d e n d u n k , w o d e n d u n g e l : w o d e n d u n k , a c o n i t u m voc. Oldenburg, bei SCHILLER-LÜBBEN ; w o d e n d u n k - d u n g e l 'Schierling, eicuta, aconitum' LÜBBEN-WALTHER mnd. handwb. 566". 591»; e t l i k e vorgifftige k r ü d e r e s i n t d e m m i n s c h e n e i n d ö d t l i c k vorgifft, a l s e c i c u t a w o d e n d u n g e l , dar m e n e t l i k e l ü d e t h o A t h e n e n h e l f t p l e g e n h e n n e t h o richtende MEIGER de panurgia lamiarum ( H a m b u r g 1587) 1 c. 6; w o d d e l d u n g oenanthe FOCKE abh. des natururiss. Vereins Bremen 5, 438 (aus Haiein 1878). diese formen vereinigen sich mit nnd. w e d e n d u n k , wenn man den ersten bestandtheil des worts zu asächs. w ö d i a n zieht: 'wütend machender dunk', wie w u t s c h i e r l i n g , W ü t e r i c h (weitere parallelen bei HOOFS aengl. pfianzennamen 51). das zweite glied ist ags. f>ung m. 'aconite, poisonous plant' SWEET dict. 185", HOOPS 83 f., das asächs. im 12. jahrh. begegnet: luparia t h u n c STEINMETER-SIEVERS 3, 719, 50 aus cod. Cheltenham. 7087. die bedeutung des simplex schwankt zwischen verschiedenen giftkräutern: axövixov ist 'sturmhut, eisenhut', luparia 'Xwxoxxovov unde lupi moriuntur' corpus gloss. lat. 3, 568, 19ff. bei w e h d e n d u n k weicht die bedeutung nach anderen doldengewächsen aus: w e d e n d ü n k 'chaerophyllum hirsutum' FREGE versuch e. allg. botan. handwb. (1808) 2, 137; 'ch. bullosum' w e d d e l d u n g FOCKE 5, 432 (Hadeln); 'oenanthe' w i e r e n d u n g e l 5, 438 (st. Jürgen); 'comarum palustre' w e S n d u n g e l 2, 855 (Oberneuland); k l e i n w e d e n d u n k 'pferdekümmel, oenanthe phellandrium FRISCHBIER 2, 460. im ganzen steht aber die bedeutung 'giftiger Wasserschierling,

5

67

WEHDISTEL—WEHDWINDE

cieuta virosa' fest: DIETRICH vollst, lexikon der gärtnerei (1808) 3, 96; LIECHTENSTEIN sachwb. (1834) 10,888; FRISCHBIER 8, 159; FOCKE 5, 433 (Heinmühlen), auch für die eontrahirte form weding im Eimland ders., weSndungel im bremischen: weSndungel ein kraut welches an morastigen örtern wächst, und wenn es mit der wurzel von den Schweinen gefressen wird, derselben todt ist. daher haben einige das Sprichwort von einem bösen weibe oder andern boshaften menschen: ik kenne dat krand, sede de dfivel, do hadde he ween-dungel freten brem. wb. (1771) 5, 218. — die bes. giftige wurzel in der Zusammensetzung wödungelenwortel LÜBBEN-WALTHER 567"; so heft eyn stucke van eyner wortel dar gelegen, welker dat eyne kynt vpgenamen vnd daraf gegeten vnd den anderen beyden ok gegeuen. auerst de kynder synt tor stunt krank geworden, vnd eyn strax dot gebleuen . . . men mende, yt were eyn stucke van eyner wedungelen wortel gewest. hamb. Chroniken in nsächs. spräche 449 Lappenberg (1562). WEHDISTEL, s. wegdistel. W E H D O R N , s. wegedorn. WEHDRIAGKEL, m„ latwerge zum schmerzstillen: electarium theriacale HOLFERT-ARENDS5 228*. W E H D R O H E N , verb. nach dem Vorbild von wehklagen wagt KLOPSTOCK: es umringt schon den ahndenden, schon wehdroht mir die nacht (der blindheit) oden 2, 55 (das gehör) ;

WEHDWISSEL—WEHE

68

4) heute allein lebendig ist wehdwinde als 'winde', schon ags. überwiegen die glosseme 'convolwlus, involuco; viticella, volvola', als 'zaunwinde' zeigt sich das wort in mnd. dichtung:

de h«rt . . . quam an enen dicken dorn, daran beworen sine horn mit br&mdore so bewunden, mit wedewinden ök verbunden, dat se nicht komen üt ne künden GERHARD V. MINDEN 86, 34 Seelmann, desgleichen in botanischer fachsprache: wedewynde, volubilis alba, volübilis minor SCHILLER-LÜBBEN aus e. arstedygeboeck von 1488; in der neueren botanik als 'ackerwinde': wähdwinn convolvülus arvensis NEMNICH 5, 680, auch 2, 1805; wedewinde, grosz, convolvülus arvensis. wedewinde, klein, polygonum convolwlus FREGE versuch eines attg. bot. handwb. (1808) 2, 187. der versuch, eine andere convolvulacee als kleine wehdwinde auszuscheiden, schon im 18. jahrh.: cuscuta podagra wenge wide winde STEINMEYER -SIEVERS 3, 538, 58. in nnd. mundarten 'ackerwinde': wiewinde, wiewinge WOESTE 824»; wiewind m. FROMMANN 6, 493 aus Lippe; wewinne 5, 300 aus Fallersleben; w6-, wiwinne SCHAMBACH 296B; widewinge JECHT 128B; wäwind, plur. wäwinn DANNEIL 244; wfierwind FOCKE 5, 433 aus Achim; wSderwing, widwing, wSdwinde FRISCHBIER 2, 460 aus Samland und Friedland, allein steht weddwinn 'zaunwinde' bei SIBETH meckl.vorpommersche ma. I05B; wihr-wihne convolvulus sepium FOCKE abh. des naturw. Vereins Bremen 5, 447 aus Lengeauszerdem nur das adjectivisch gebrauchte particip rich in Westfalen. 5) nur durch Verwechslung mit wehdendung oder wehdnun wohlan, beschwör* es bei Styx wehdrohenden wassern (ääatoi) VöSs IUat 14, 871; wissel kann die bedeutung 'Schierling' eingedrungen sein: cicuta, dat is wedewinde, vnde is eyn krut vtermaten wie wenn hell auftönet der kriegsausrut der drommete, wann am die Stadt herwtthlt wehdrohender feinde getQmmel k o l t . . . drunke eyn mynsche dat crud, he mosde ster(•9vfiOQaiat^g) 18, 220. uen . . . dyt crud dranck de grote Socrates SCHILLERW E H D R Ü B E L «. wehtribel. LÜBBEN aus dem kräuterbuch Wolfenb. hs. 23, 3/. 81B. W E H D W I N D E , f. nd. name mehrerer Schlingpflanzen, 6) in der heilkunst hat der wehdwindensaft eine rolle von FRISCHBIER 2, 460 als 'weidenwinde, winde die sich um gespidS: daz saff von der wedwinden SCHMELLER aus die Weidenruten schlingt', gedeutet, doch widerstreiten die ags. cgm. 598f. 40; wedewindensap als mediein LÜBBEN-WALformen wifowinde, widubindae, jünger wuduwinde BosTHER 567B. WORTH-TOLLER 1255». 1279», corpus gloss. lat. 5, 367, 81. W E H D W I S S E L , f. 'Wasserschierling, cieuta virosa', ags. 318, 64, die als ersten bestandtheil ags. wudu, älter widu wudu-hwistle SWEET 8l3b, wöde-wistle BOSWORTH-TOLLER 'holz' erweisen, sieh dem in nd. Ortsnamen häufigen 1261B; and. deute wedewesle STEINMEYER-SIEVERS 3, 596, -wede 'hain' vergleichen und ein hd. wietewinde erwarten 31, de deute wodewspele 8, 598, 87; mnd. wedewesle, *wisle Ueszen. während winde als pflanzenname erst in spätahd. SCHILLER-LÜBBEN 5, 648* aus Stralsunder und braunzeit bezeugt ist (BJÖRKMAN ZS. für d. wortf. 8, 807), erschweigischen vocabularen; wedewespel, weydewespel, weist die Zusammensetzung seine existenz schon vor der wedescherlingk, weydescherne . den vrouwen vorgheyt auswanderung der Angelsachsen (LÖWE in Kuhns zs. 39,296). alles mannes lust, de ore brüste vnde ere ysbeen mit 1) die 'sich um das holz windende pflanze' ist seit dem deme sape -vackene kolt bestriken vnde dat sulue hel8. jahrh. das geiszblatt, so ags.: BOSWORTH-TOLLE'R 1879», pet den mansnamen, de gerne kusch wesen willet das. 6 SKEAT princ. 1, 409; asächs.: caprefolium withewind aus einem herbar von 14831 als entlehnung auch in hd. STEINMEYER-SIEVERS 3, 719, 41 aus cod. Cheltenham. 7087, Umgebung (BJÖRKMAN ZS. für d. wortf. 3 , 307): cicuta 12. jahrh.; mnd.: wedewinde caprifolium, periclymenon widerewispele STEINMEYER-SIEVERS 8, 538, 43. als ersten LÜBBEN-WALTHER 567B; nnd. lonicera wfierwind FOCKE bestandtheil nimmt HOOPS altengl. pflanzenrumen 50/. das abh. des naturw. Vereins Bremen 6, 437 (aus Rotenburg adj. got. wdfis, ags. wöd, Wide-, ahd. -wuot 'wüthend' an, a. d. Wümme); ahd. als entlehnung: caprifolium, wideso dasz der Schierling auch diesen namen von seiner giftuuinda STEINMEYER-SIEVERS 8, 471, 84 aus cod. Bonnenwirkung hätte (s. wehdendunk). die zweite worthälfte versis 318, 11. jh. gleicht FRANCK etym. woordenboek 1144 mit got. wizdila, 2) seit dem 9. jahrh. für epheu, der hd. mit congruentem doch widerstreitet dessen bedeutung 'waid' (GUNDERMANN namen baumwinde heiszt, ags.: volvola uuidubindae, herba zs. für d. wortf. 8, 114). der hohle stengd des schierlings simüis hedere que uitibus et frugibus circumdari solet und parallelen wie nnd. scharnpipe legen es nahe, mit corpus gloss. lat. 5, 898, 54; mnl.: wedewinde hedera HOOPS 51 an ags. hwistle 'pfeife' zu denken: wehdwissel horae bdgicae 7, 123 aus dem voc. copiosus, Löwen um bedeutet dann 'wuthflöte, tollpfeife'. 1483; ingroen, ewich of weminde hedera das. 47 L,

des 10. jahrh.

58f.;

R Ü C K E R T werke

(1867) 1,

IM;

ich legte es (mein haar) mit dem gröszten vergnügen auf den altar des Vaterlandes und fühlte behaglich die frische luft a m meinen geschorenen köpf wehen G. KELLER ges. werke 8, 90; wo die rohe rassische l a f t so herbstlich und unmenschlioh w e h t britfe von und an HERWEGH 18; v o m park her wehte die warme, weiche l a f t des maiabends herein v. POLENZ Qräbenhäger 2, 150. attributiver bestimmung steht hier die diminution nahe: so offt ein lfifftlein weht, so ist kein haar an ihm, das nicht zu berge steht R A C H E L tat. ged.

H B R D E R 87, 4 4

Suphan;

da wehen die lüftchen so schaarig B Ü R G E R 8, 2 9 ;

liesz den kehrenden w&ndrer die flnth bestehn, dasz er sterbe, wo lttfte der heimath wehn F R B I L I G R A T H gea. dichtungen

(1886) 6 , 1 8 8 ;

die lüfte, die daher wehen (von der heimath) HERDER 17, 311 Suphan; die lüfte, welche süsz und sommerlich in den chor der cicaden wehen HUMBOLDT kosmos (1815) 8,18. ß) mit attributivem adjectiv: die grosze hitze wird durch frische lüfte gedämpft, die fast den ganzen tag über wehen GÖTHE Weim. IV 89, 259; und Apoll belebt die stille seiner thäler, seiner höhen. sQsze laue lttfte wehen 1 8 , 24; da lacht ein milder nie bewölkter himmel und leichtre lOfte wehn S C H I L L E R 13, 810 (Jungfrau

1, 7 ) ;

dort wehen sanft're lQfte M Ü L L N E R dram.

werke

(1828) 2 , 9 ;

nur wellen ziehn, und leise lQfte wehen mit süszem duft ums holde brautgemach

E . SCHULZE bez. rote v. 1996.

8) der übertragene gebrauch bevorzugt den plural: die lüfte gottes wehten SCHUBART leben u. gesinnungen 8, 8; in den bildern dieser (dichtung). . . wehn erquickende lüfte HERDER 2, 83 Suphan; der dichtkunst heil'ge lttfte wehen K Ö R N E R werke 2, 2 1

Hempel.

C. nur übertragen steht hauch als subjeet des wehens: der hauch des gottes, der Adelberts flöte zu beseelen schien, wehete in ihre saiten PFEFFEL pros. versuche (1810) 6, 41; es weht wie ein eisiger h a a c h über mein leben PÜCKLER britfwechsd (1878) l, 458. in Übertragungen auch eturm: der in der noth mich kennt, nicht aus dem spiel sich drfihet, so bald ein unglüks-sturm und trübes lüftlein wehet R A C H E L ged. 8 5

neudr.;

gleich einem schwanken röhr, wann zweiffels-stttrme wehn H E R A U S ged.

8 0 1 (1721).

D. so selbstverständlich ist die luft subjeet des wehens, dasz sie bei unpersönlichem gebrauch mit Sicherheit ergänzt wird, auch in syntaktisch doppeldeutigen fällen ist die beziehung nicht zweifelhaft: weisz doch gott mit welchem hirten sie auf's neue sich ergeht: musz ich in das meer mich gürten, wie es sauset, wie es weht GÖTHE

Weim.

I 3, 31.

denkm.

R U D O L F V. E M S Barlaam

257, 1 7 ;

HADAMAR V. L A B E R jagd

ttr. 2 9 1 ;

e ; wtee, es regen, es snte, e j tfio d a j oder ditze, gedanken ich an schrie

w a n n sie (die eset) langsam und faul herein gehen, als dann wehets oder regnets gern ALBERTINUS Ousman 165; ein soldat stunt uff der wacht, als es sehr schneyte, hagelte, wehete, so dasz der arme übel gekleydte soldat halb erfroren in das wachthaus lief WEIDNER apophth. 4, 170; hat weit dat sööwen prSstem (skruadern) kön ian kualwskan eg hual friesisches Sprichwort HAUPTS zeitschr. 8, 856; hat weit an hat sneit an hat skap hat dreit das. 371; komm, goldne z e i t . . . komm zu uns, wo dir es schon im haine weht, und herab von dem quell schon tönet KLOPSTOCK 1 , 1 7 ( a n

neudr.;

60

in den zweigen über ihr rauschte es wunderbar, wie wenn sie aus eigenem antriebe sich selbst bewegten, denn kein lüftchen wehte HOLTE I erz. Schriften 5, 108. b) der pLural spielt eine relativ gräszere rolle, a) adverbial oder ähnlich bestimmt: frfihlinges lüfte wehn. der himmel heitert sich

SCHERER

d8 wftte es vor der selben zlt: alsfi weete (liet: wtet) es iemer sSt

Hempel;

nun weh an diesem orte, o goldne luft, fortan

M Ö L L E N H O F F und

Giseke);

er hat sie gelehnt an den eichensprosz . . . die inhaltvolle Telynl es weht um ihre saiten, und sie tönt von sich selbst-, vaterlandl 1, 944 (hügel u. kahl); aus verborgnen grotten und felshöhlen her weht' es unter den bäumen hervor mdler MÜLLER werke L, 41; dir (dem eichhorn) sagts der geist, wie der wind sich dreht, du stopfest zuvor ihm die klinzen, und lauschest behaglich, wie's drauszen weht, du frohster verzauberter prinzen

R Ü C K E R T ges. ged.

4,271;

die erde dröhnt; von Deutschland weht es her, mir ist, ich hör ein lied im winde klingen, es kommt heran schon wie ein brausend' meer, um endlich alle schände zu verschlingen S T O R M werke

1,149.

2) in moderner prosa ist das gebiet von es w e h t beschränkt durch es zieht, das für den durch widerstände eingeengten und dadurch beschleunigten luftzug (nicht wind) allein gilt, heute fällt darum die folgende Wendung auf: m a n . . . setzte sie (die genesend'¿) vor ein fewr in ein gemach, dar es nicht wehete KANTZOW chronik von Pommern (letzte bearb.) 401 Oäbel. 3) es w e h t ist die gelindere beicegung der luft (s. o. COMENIUS), ausnahmen sind selten: i, n a will't waienl sagt man, wenn sich einer zu viel heraus nimmt: nun will es gar zu arg werden brem. wb. 5, 165. im ganzen bedarf es einer ausdrücklichen Verstärkung, Ho wehen einmal den scharfen luftzug bezeichnen soll. a) seltsam und vielleicht eher transitiv im mnd.: (am 22. nov. 1412) so de lade wolden slapen gan, weygede it so groten starken storm, dat des gheliken nement denken mochte brem. geschichtsquellen l*l Lappenberg; o k w e y e d e it vele stormes (gen. abhängig von viel), dat de schipvarenden lüde wol vornemen, de uppe der zee vordrunken DETMAR

chronik

2, 843 Orautoff

(1478).

b) in nhd. prosa wird durch adverbien verstärkt: da wehet es erst sawer vnter äugen LUTHER Jen. 6, 49B (1533); ü vente fort . . . es wehet starck, der wind gehet sehr DUEZ nomencl. 14; die mittelste (klippe) ist niedrig, wanns hart wehet, so gehet die See darüber MANSON seebuch 12; die Je nacht hat es stark geweht, ich denke bei jedem windstosz an die armen marschen NIEBUHR leben 8,128. qualitative adverbien sind jung: hier auf dem httgel weht es kühl KRBTSCHMANN tämü.

werke 6, 2 4 7 ;

kalt weht es und stürmisch aus norden

CHAMISSO werke 8 , 7 2 ;

es wehte so lau herüber über's dach HOLTEI erzähl. Schriften 15, 154. II. die luft ist der noihmendige träger von fetter, schall und geruch, darum stets betheiligt, wo im leben diese drei währgenommen Vierden, so kommt die spräche der dichtung dazu, ihnen die eigenschaft des wehen» zuzuschreiben

79

WEHEN

A. flamme, licht, glut weht, d, i. sprüht, glüht, flimmert, züngelt. 1) im eigentlichen sinne, die alten ansätze bleiben ohne fortgang: man sach dä fiwer helmen wsen nnt swert in henden umbe drsen Parzival 222, 5; das frauenbild, vor dem zwei kerzen wehen, das war's, dem man die ehr' erwies STOPPE Parnasz

1,112.

a) besonders geeignet ist flamme als subject dieses wehens, weil es den begriff des züngelnden, flatternden (s. u. V B) herausarbeitet: dann seh ich . . . flämmchen erwachen und wehn KLOPSTOCK 2, 120 (bündnis); kein jüngling mehr, in dem noch flammen wehn, bleibt ohn' erröthen bey uns stehn LENZ ged. 102 Weinlaid; vom wind gegeiszelt, wehn die flammen schon bis an des giebels höh'n SCHILLER 1, 2 3 4 ;

wenn die flamme weht T I E C K Schriften (1828) 1, 83. b) ein gleiches gilt für die fackel unter den gebilden von mensehenhand, die morgenröthe unter den naturerseheinungen: es wehten fackeln in einem weiten kreise spanischer Soldaten hin und wider GÖTHE Weim. 18, 286; und schon dunkelten die fluthen, und sie liesz der fackel gluten von dem hohen söller wehn SCHILLER 11, 342 (Hero u. Leander); die flttgel der morgenröthe wehen KLOPSTOCK 1, 251 (mein Vaterland); hoch Aurora flammend weht EICHENDORFF ged. 2,131 Vietze. c) alle dichter:

anderen

bindungen

bleiben

wohin du schaust, da wehen funken noch in seinem fuszpfad

SCHUBART Bärntl.

Wagnisse

ged.

wie des dampfes eäule weht, schwinden alle erdengröszen

einzelner

SCHILLER 11, 895 (SIEGELEST);

UHLAND ged.'

aus dem blütenschnee fühlt* eine glut ich wehn

R Ü C K B R T ges.

und seufzer wehn, die selten ich ersticke

PLATEN 104;

doch sehnsuchtsthränen rinnen, and seufzer wehn: von hinnen! ach von hinnen I

wenn was irgend ist geschehen, hört man's noch in späten tagen; immer klingend wird es wehen, wann die glock' ist angeschlagen GÖTHE I 4, 71; wohl, rief sie, wohl, so schwör' ich dir den frommen schwur der liebe . . . er wehe hoch zum haus des herrn PLATEN 2 ; wie schnell zusagen wehn aus fürstlichem mund, und acht gleichschnell verweht sind 116; der elfenton altnord'scher lieb' und kunst weht durch den sinn ihm FOUQUE held des norden» (1810) 1 A 2»; dazwischen hört' ich eine stimme wehen MÖRIKE werke 1, 54; und dann wehte durch's ganze gedieht ein unverkennbar heimathlicher ton HOLTEI erz. Schriften 24, 256. möglich, sind aber doch auch harte worte: und es ist als wehte mitten durch gebete dumpfer flüche schall R Ü C K E R T ges. ged.

3) vor allem

hat EICHENDORFF die fügung geliebt: und nun wehen lerchenlieder, und es schlägt die nachtigall gedichte 75 Strausz (der schalk); schon wehen wunderklänge aus der ferne 100 (glückliche fahrt);

keine glockenklänge wehen mehr fromm über die felder 2, 184 Dietze; das Waldhorn (statt: der ton des Waldhorns) fromm wird auf und nieder wehen 197. nächst ihm ich mein' ich höre wehen leise deiner stimme klang ged.

ged.

4, 3 8 7 ;

die gräber bersten und die Sarkophage, durch 5de grUfte weht des lichtes helle PLATEN 187 (gläs. pant. 3). 2) auch im bildlichen gebrauch steht die flamme voran, nur die f a c k e l folgt hier: wenn die flamme deines zorns weht maier MÜLLER werke l , 175; die flammen meiner seele wehen bis zum körper und sengen den mürben lebensfaden ab J. PAUL Hesperus 2, 240; die göttliche flamme, die in allen weht WACKENRODER herzenserg. noch läszt zu nimmermüdem streben die forschung ihre fackel wehn GEISEL 4, 232 (heroldsrvfe).

B . töne wehen, d. h. sie klingen weit ins land: man hörte vogeldoene höh in den wölken waegen. man sach Og Saiten dregen die lerken gen den lüften REINFRID v. BRAUNSCHWEIG 2827 Bartsch; nachriehten werden ruchbar: Servatius heilt durch handauflegen einen geborstenen altar: da; zeichen witen wsete Servatius hg. von Haupt (zs. 5) v. 1064. 1) nhd. gilt dieses wehen zuerst von Seufzern: lasz fliessen dein hertz vnnd äugen, lasz winden vnnd wehen deine seufftzer, lasz gehen in luiTten deine begirden: zn mir, zu mir soltu schreyen SPEE g. tugendb. 221; was sie (die gottverlobte) weint, das weinet sie mit wonne; was sie seufzt, das wehet himmelan BÜRGER 98"; ein pilger . . . der freundlich sich znr Seite dreht, woher des fräuleins seufzer weht maier MÜLLER werke 1,245;

(1837) 3, 4 2 3 ;

waffengelärm und wilder kampfruf weht durch den stürm, tosend schwingt sich die geisterschlacht durch die lüfte SCHEFFEL Ekkeh. 222.

LENAU: 100;

1, 266 (1823).

FOUQUE reiseerinnerungen

2) wo Worte zum subject erhoben werden, sind es vorwiegend gelinde und freundliche: da weht' es oft so bittend und so schmeichelnd, oft, wie ein göttergebot, von den zarten, blühenden lippen HÖLDERLIN dichtungen 8, lll Litzmann;

(1825) 2, 1 1 ;

da wir heut das fest begehen, dem tausend freudenfeuer spiilhn, und, wo sie nicht von bergen wehen, doch tief in allen herzen glühn

(1797) 7 8 ;

80

WEHEN

(1857) 1, 3 4 ;

durch den wald vom himmel weht eine leise liebeskunde 90; durch alle haine weht die trauerkunde 98; wohl hast du ihrem rühm gelauscht, der weit durch die Provence wehte werke 4, 36 Qrün (Albigemer). 4) neuere dichterinnen bilden den wortgebrauch fort: wo bist du denn, o hört, o lebenshauch? kannst du nicht wehen, dasz mein ohr es hört? DROSTE-HÜLSHOFF 3, 77 Cotta; doch wills nicht gelingen, aus tönen, die mir entgegen wehn, die melodie zu verstehn HERTHA KÖNIG Sonnenuhr

(1910) 6.

C. dufte wehen ist die jüngste der drei fügungen. mit seltener ausnähme stumm steht er da, ein ritterlich phantom, und um ihn wehn des moders feuchte düfte DROSTE-HÜLSHOFF 2, 248 Cotta sind es blumendüfle. l) das wort duft scheint dabei unentbehrlich, ausnahmen, sind: hier wehet eine zimmet-lufft STIELER geh. Venus 92 neudr.; wohlgerüche wehten durch die luft KOSEGARTEN bei Campe 5, 627". am abend wehet mein reinster duft PFEFFEL poet. versuche 2,125; an den bergen nmher wehet der lilien duft HERDER 26, 27 Suphan; wo du gehst, werden düfte wehn maier MÜLLER werke 1, SOS; lasz mich duft der rosen kosten, der von meiner heimat R Ü C K Eweht & T ges. ged. i , 1 9 1 ;

81

WEHEN ein maienathera kommt aus deinen landen her, es weht wie duft vom ort, wo wir uns fanden, her PLATEN 81 (gan. 97); der duft von unsern fliederbüschen wehte SCHNITZLER

2) nur variirt:

durch

Zusammensetzung

gr. kakadu ( 1 8 9 9 ) 4 3 ; wird es gelegentlich

was streift vorbei im dämmerlicht? war's nicht mein holdes kind? und wehten aus dem körbchen nicht die rosendüfte lind? UHLAND ged.' 45 (Vorabend); noch wenig schritt', hier wehte fliederduft DROSTE-HÜLSHOFF 2 , 1 0 7 Cotta.

III. wie die den menschen umströmende luft, weht auch die ihm entströmende, der crepitus ventris spielt dabei kaum eine rolle (er liesz einen wind wehen, et fece passare

im, vento

GÜNTZEL [1648] 845), umsomehr

der

athem,

dem

3) auch die neuere prosa verfügt über das bild: die allgemeine theilnahme, deren odem er um sich wehen fühlte, hatte ihn erst recht befestigt RANKE werke 1, 335; die unvergänglichen denkmale der frühesten jahrhunderte, in denen der odem der jungen menschheit weht . . . be kam das deutsche volk j e t z t . . . in die hände 2, 57, jener athem von Unabhängigkeit, der in ihm weht NITZSCH d. Studien (1879) 177; die Berliner luft ist doch etwas stickig und hat nichts von dem atem gottes, der drauszen weht FONTANE ges. werke I 5, 806. IV. die eigenbewegung, deren Ursache man nicht sieht, können körperliche gebüde und abstractionen mit der luft theilen. A. die alte spräche sieht windartige eigenbewegung, ein sprühen, in dem splitternden holz und im blut, das aus der wunde spritzt: trunzüne starc al niuwe von in wseten gein den lüften

ja schon der der blume entströmende duft mindestens poetisch nahe steht, auf die gehobene rede der neuen zeit bleibt auch dieses wehen beschränkt. A. der eigentliche gebrauch ist schwer vom bildlichen abzugrenzen:

Parzival 262, 19;

der helt was zornes draete: er sluog in das im w » t e vome Schafte Oger swarten bluot

den meisten weht's aus einer brüst bald heisz, bald k a l t ; sie sind zur lust und unlust gleich geschwind BÜRGER 4 7 * ; i c h zog, d a ging lebendig d e r o d e m i n m e i n e m b u s e n . n o c h w e h t ' s ; i c h r e c k t e m e i n o h r hin, d a k l a n g s maier

MÜLLER werke L, 16, doch, ist er in zweifellosen fällen bis heute vorhanden: wohin jhr athem wehet, ihr athem also bald, leich dem westwind auszseet er blttmlein mannichfalt

f

ZINKGREF

auserl. ged.

keinen Süden wil ich sehen, wenn mir, liebste, nur beginnt vmb die Uppen her zu wehen deines munaes süsser wind

56

neudr. ;

(Marold verwundete Tristan) d a ; d a ; bluot Gf schraete und after dem werde waete

(1909) 187.

vom

athmen

des

thierrachens

braucht

LENAU

denn wenn ein feind sich schleicht in seine nähen, der sieht im gltthwurm roll'n des tigers äugen, der spttrt im nachtwind seinen rächen wehen

werke 4, 3 Grün (Albigenser). nur als nachbar des athems kann das lächeln wehen: der tiefe, beinahe wehmütige ernst der züge . . . war durch ein lächeln gemildert, das fein und flüchtig um die zarten Uppen wehte HAUFF 7, 81 Sempel. B . häufiger ist bildlicher gebrauch der fügung 1) namentlich neben lebensodem: der ström der zeit steht nie still; jetzt rieselt er sanft, jetzt rauscht er gewaltig; allenthalben aber wehet auf ihm othem des lebens HERDER 17, 5 Suphan; lebensodem zur erneuung weht gewisz auch Uber mich BÜRGBR l l b ;

leben odem wehte überall maier MÜLLER werke 1, 16; ihr blumen am gestade, wo weht des lebens odem? 85; was in diesem schönen aufruf antiker weit (der Iphigenie) doch als geheimer lebensathem der gegenwart weht und w i r k t VARNHAGEN V. E N S E denkwürd.

auch:

(1837) 1, 421.

hierher

sein (gottes) odem weht durch diese Strahlenlaube

TIEDGE bei Campe

2) freier

5, 6 2 7 " .

schaltet RÜCKERT:

meint ihr, wenn meines oderas stürme wehen, die bürgen eurer feinde werden dauern? Werlte (1867) 1, 1 8 ; wohl hat, als dumpfer brodem der knechtschaft uns umgab, ein leiser freiheitsodem geweht von diesem grab 76; solang als gottes odem weht get. ged. (1873) S, 436.

XIV.

212, 25;

Tristan 6934;

swa die knöphe der gaislen hin giengent, da zuktent sü im dag flaisch von dem ruggen, und wäte im dag blüt nach der gaislen st. Georger prediger 29, 28 Bieder. B. moderner spräche ist das fremd geworden, sie kennt ein wehen bei ätherischen wesen, die sich die phantasie aus luft und licht gebildet denkt: zum sehen nicht taugen die thränenden äugen; sonst müsztet ihr sehn von hinnen mich (mein unsterbliches) wehn RÜCKERT ges. ged. (1837) 3, 9 4 ; die ziehenden ¡'höre der schattengestalten

Königsb. dichterkr. 87 neudr.;

HEINE werke 1, 32 Elster; während sie sprach, belebten sich ihre äugen, von ihrem feinen munde wehte ein hanch zu Eustach hinüber, der ihn gefangen nahm ZAHN die da kommen u. gehen

155, 2 ;

von Parziväles drucke bluot wsete Üg örn und ü ; der nasen

und

schiffet heim zum theiiren lande wo ihr athem weht SCHILLER 11, 237 (Toggenburg)\ nur ein stilles leben führen wollt' ich, wo dein odem weht

wehen:

82

WEHEN

wehn hinter ihm drein 167; die geister . . . die um sie (die bäume) wehen und weben ARNDT sämtl.

werke

(1892) l , 243;

das alter ist ein

däm-

merungsfalter, der recht unheimlich um unsere ohren weht STIFTER Studien (1850) 5, 193. die lautlose rasche leichtigkeit der bewegung beherrscht die Vorstellung so stark, dasz, wenn diese elemente gegeben sind, derartiges wehen auch von leibhaften wesen gesagt werden kann: das wild weht den berg hinauf WITHOF bei KINDBRLING reinigkeit

(1795) 437;

sie weht' im hemdchen an die thür und liesz mich still hinein BÜRGER 103V

mundartlich ist dieser Sprachgebrauch fest geworden: hS weide h&st weg — man weid häst up DOORNKAAT KOOLMAN 8, 529 B .

C. nhd. das hauptgebiet dieses wehens sind aber abstractionen. 1) in aller spräche wird der geist als hauch behandelt, seine bewegung ist demgemäsz ein wehen. a) in religiöser färbung ist der Sprachgebrauch alt: (ider hl. geist) wil si durchwSgen mit sinen genadon . . . sin gaist hät gewiget und diu wagger der zeher diu sint vlieggende worden Grieshabers predigten l, 33; man fühlt alsofort, dasz ein höherer geist im ganzen buche (der apokalypse) weht, als in irgend einem werk des menschlichen genies JUNG-STILLINO werke 3,19 Grollmann; o allmachtl rief sie, die um dieses grause staubgewühl weht, o höre mich!

BENZEL-STERNAU

bei Campe

5, 6 2 7 B ;

woher er (der heilige geist) kommt, wohin er weht, das hat noch niemand ausgespäht GÖTHE Weim. I 5 , 1 3 2 ; hier webet gottes g e i s t . . . du hSrst sein wehn

Voss sämtl. ged. 5, 72. b) von weltlichem, geiste findet sich der ausdruck in vielfältiger abschattung: doch eh' ich Erlang verlasse, so musz ich noch den musikalischen geist preisen, der damals daselbst wehte SCHUBART leben l, 65; lesen sie mehrere, frühere oder spätere oden Klopstocks, and

6

83

WEHEN

WEHEN

84

wo Uber Ekhofs grab geheime schauer wehn GÖTTER 1, 271; angst rieselt ihm durch mark nnd bein; ihm wird so schwill, so dumpf und taub! entgegen weht ihm kaltes grausen, dem nacken folgt gewittersausen, das grausen weht, das wetter saust BÜRGER 71L (der wilde Jäger); entspr. 721»; welch ein lispeln, welch ein schauer weht vom grabe des geliebten GÖTHE Weim. I 5, 12; doch gibt es noch ein sSszes, das vom Innern zum innem spricht, genieszbar in der ferne, das kann nur bis zu dir hinüber wehen I 2, 14; seliger trost wehet' um ihn maier MÜLLER werke l, 87; kalt wehn des grabes schrecken wo dräuend der granit in kühngethttrmten blocken den abgrund übersieht MATTHISSON ged. 132; ängstigende ahndung weht um mich, mir dünkt, ich sehe KÖRNER 8, 7. die unsichtbaren dämonen schadenfroh lachen und die e) die feste formet der geist weht lieht freiere Wengierigen zähne fletschen TIECK Ftii. Accorombona 2,103 (1840); dungen nach »ich und wird von ihnen vorausgesetzt: schauer weht von diesen wänden (des grabgeaStbes) Schöpfung wehete in seinem allmächtigen barte maier GRILLPARZKR werke (1874) 2,131 (ahnfrau 6); MÖLLER werke L, 87; eine kalte strenge weht durch das zwar du lieszest nicht die stimme kritischer Vernunft erschallen, ganze lied SCHERER Uteraturgesch."1 65; aber nach dem kapitole, dessen höhn ich jetzt erklimme, ans jedem lied weht, was gewehet lieszest wehn du mir begeistrung PLATBN 66 (verm. ged.); im ersten hat RÜCKERT gel. ged. 4,118. ein leises etwas, nenn' ich wink es oder grusz, weht von dir zu mir und lindert unsre plage lange schon 2) alle andern Verbindungen sind auf die spracht der 86 (gas. 122); diehtung beschränkt, neben wechselnden abstractionen steht es ist worden kühl und spät, wehen seit dem 13. jahrh. bis jetzt: nebel auf der wiese weidet, durch die Sden haine weht wand sin kint vnr in bat, heimweh — alles flieht und scheidet da sin gesiebt (die sehJcrafi) im wider wart (lies: wat) LENAU ged. (1857) 1, 115; ugen an den oagen paesional 302, 96 Köphe; und wie reizend ist die dirne, diu red ist tlppec, wenn sie vor dem räuber steht und iuwer zunge IOppec: und um ihre blonde stirne dä wtet von der giehe tot glühend hasz und neigung weht REINBOT v. DURNE Georg 4179 Kraus; GEIBSL 2, 36 (Jumutl.); erzöllen den andern jhren gesellen, was für gefärligkait lasz einmal noch durch meine brüst vnd angst vns vnder äugen gewähet het SCHAIDENdes vollen lebens schauer wehn, eb seufzend in die grosze nacht R E I S Z E R Odyssea (1588) 89 B ; auch meine steme untergehn von dem orte STORM get. tchr. 1, 25; wo der pforte nur eine liebe weht in nnserm bunde, drohende gefahren wehn nur ein gedank' im festlichen gewühl GÖTHE Weim. 1 16, 204; WAIBLINGER ged. aus Halten 92 Grisebach. so lang dir das glück weht läugnen noch, dasz auch auf deutschen höhen oder in ihren thälern ein prophetischer geist der Zeiten wehe HERDER 17, 67 Stiphan; bei ihrer (der gemmen) betrachtung weht ein belebender geist über die endlosen trümmer GÖTHE Weim. IV 42, 274; der alte Vasari, in welchem der geist der Urväter der kunst noch wehte WACKENRODER herzenserg. (1797)40; geistergeschichten I wo geister spuken weht kein geist JAHN Volkstum, 202; obschon dieses bttchlein in Paris gedruckt ist, so hoffe ich dooh, sie werden finden, dasz ein rein deutscher geist darin weht GÖRRES ges. briefe 3, 122; so viel ist klar, dasz in allen hervorbringungen schon gegen die mitte des jahrhunderts hin, ein anderer geist weht RANKE sämtl. werke 37, 318; der geist groszer heldenzeit weht drin (im Waltharüied), wild und fast schaurig SCHEFFEL iSMceA.425; und der geist der alten beiden wehte in den tannen

so hast du gute freundt

z8. des mähr, landetmut. 1,134 (aus Znaim); so lange das glük meinem vatter günstig wehete, dacht ich, dasz es beständig nur liebliche düfte hauchen würde; aber izt hat das unglük so heftig auf ihn zugestürmt BODMER Karl v. Burgund 19,30 neudr. (8,1); heiterer friede wehte unter uns PFEFFEL pros. versuche 5,139; durch die ganze natur weht jene kraft HUFELAND kunst d. leben tu verlängern (1797) 3. 3) von menschlichen gedanken und erinnerungen: schon wehten leise ahndungen in seinem geiste: ist es dieser misztrauische sultan wohl werth, dasz ich mich ihm aufopfre . . .? KLINGER 7,127; ist es denn solchen (lesern) noch dunkel, dasz dreifache Spitzbüberei hier wehe und spinne? JEAN PAUL werke 40,119 (holzschnitte); so wehten thOricht vorwärts die gedanken

CHAMISSO werke 4,166 Hüxig (Salat y Gamet);

wie der wind zu herbsteszeit mordend hinsaust in den w&ldem, weht mir die Vergangenheit von des gltlckes Stoppelfeldern LBNAU ged. (1867) 1,103; wie wird das bild der alten tage durch eure träume glänzend wehn

V. alle bisherigen gebrauchsarten kennen wehen als eigenbewegung. seit dem mittelalter kann wehen, mit umsprang des subjects, auch von körpem ausgesagt werden, die der wind trägt. A. der gewehte körper wechselt als ganzes den ort. 1) am frühsten sind es sehr massive körper, die dergestalt wehen, so dasz der auadruck gewissermaszen als Hyperbel neben dem wehen etwa von lanzensplittem steht: reht als diu ors geweeget an (lies: än) loufen kamen dur den luft, sus fuoren sl nä muotes guft REINFRID v . BRAUNSCHWEIG 1044

Bartech;

in demesulven iare (1859). . . do was so grot wint in Pratzen, dat bi Groneshove weiden alle umme bome mit den wortelen . . . ok de kloctorn to Mispelwalde mit al den klocken weide van der stede r v j vote gans unde untobroken DETMAR chronik von Lübeck 1, 281 f. Qrautoff; etliche meinten, man soltesie (die gesträuche) liegenlassen, es möchte etwan ein starcker wind kommen und sie zu dem flecken wehen AGYRTAS griUenvertreiber (1670) 57. 2) zumeist und jetzt immer sind es aber doch dinge, die nach aller etfahrung vom winde getragen werden: dat schip w e i d d'r m a n

so h e n

DOORNKAAT

KOOLMAN

8, 629B; ein pulver, das der wind hin vnd her wehet vnd 4) vor allem aber von gefühlen, Stimmungen und leiden- wirfft PARACELSUS opera (1616) 2, 845 Suser; ich sab: vorbey der eiche webte Schäften: dunkler der staub, und mein blick verlor sie (die wetUavfenden) S dlner wunden j i m e r waet Pantvat 160, 86; KLOPSTOCK 1,102 (die beiden muten)-, ej reiner man Jhesus, denn wie empor an blauen himmelshöhen wie martig bitter zorn aus mit meiner kraft zugleich die sonne schwebt, vor dinen oren wete und weit hinweg die dunkeln wölken wehen, HEINRICH V. NEUSTADT gottu zukauft 2626 Singer; die dort das licht, wie mich das leid, umwebt wie das meer gantz ungestim, FRBILIGRATH 1,18.

E . SCHULZB bez. rote v. 19;

dasz die schif oft untergehen: also kan zu bot der grim eines forsten ärger wehen WECKHERLIN 3, 266 wenn fflr ihn zum himmel tausend wünsche wähen DENIS ¡Uder

Sixds

Fischer;

(1772) 106,11;

aber Luna lenkt die zügel Ober thal und waldeshügel, aetherwSlkchen wehn und tragen ihren klaren silberwagen PLATEN 20; die letzten gelben blätter wehten von den STORM sämtl. werke (1899) L, I I »

bäumen

85

WEHEN

B. viel reicher entwickelt ist wehen von dingen, die an einer Seite fest sind und mit dem freien ende flattern, die anschauung ist im wehen der flamme (oben II A) schon angebahnt, derart wehen 1) leichte Keider: s6 hol waeren diu füegeltn, sieht ze tal und üf gedrftt, als« ir von loufe dag hemdel wftt und der burgnevinne biz an diu knie ULRICH v. D. TÜRIJN WiUehalm 192, 4 Singer; wehet das flOgelkleid dir an der Schulter? HÖLTY 78 Halm; wie die apfelgrUnen bänder wehen von dem Strohhut SAUS ged. (1793) 32; da träumte mir, als käme die schöne frau ans der prächtigen gegend unten zu mix gegangen oder eigentlich langsam geflogen zwischen den glockenklängen, mit langen weiszen schieiern, die im morgenrothe wehten EICHENDORFF sämü. werke* 8, 28 (taugeniehts); wir . . . lieszen bänder flattern, schleier wehen B . v. ARNIM Qünderode l, 181; ihre langen rücke flogen und wehten um die wette G. KELLER werke 4, 262; mir war, als sähe ich den saum seines blauen mantels durch die zweige wehen STORM werke (1899) l, 180; Helenen's weiszes nachtkleid wehte durch die stäbe des gitterwerkes HOLTEI erx. Schriften 20, 180; entspr. 21, 188; viel blaue, grüne röckchen wehn, gleich bunten rftdem sieht man's drehn DROSTB-HÜLSHOFF 2, 84 Cotta. 2) haare: die haare wehten mir um die stirne maier MÜLI.ER werke 1, 17; und wo die haare lieblich flattern, um menschenstinien freundlich wehn SCHILLER 2, 66 (traniche d. Ibykus); noch seh' ich . . . ihr blondes haar. . . im winde wehn SALIS ged. (1793) 8; sieh seine graue haare weh'n um den bereiften bart BECKER Müd. Uederbuch (1799) 103; wie gewitterklar mein' ich dich zu sehn, und dein langeB haar frei im stürme wehn LBNAU ged. (1867) 1, 34; Marianne legte den hut ab. der wind risz ihr kleine haarlocken an stirn und schläfe auf, dasz sie wehten ZAHN die da kommen und gehen (1909) 24. auch im bilde kann der dichter vom wehen des haare sprechen: lasz, leben, nicht so wild die locken wehen, es will so rascher ritt mir nicht mehr glucken EICHENDORFF ged. IIS Btrautz (.abschied). ohne bild beim haar der Stiere: um den bog des riesenpferdes weht des reiters gelbe mahne FaBlUOKATH tämU. werte (1886) 1, l&l (Zewenritt). 8) haare und federn als hdmbusch: er sprichts, und sohleunig weht auf seinem haupt des fremden helmes busch, Androgeos„ geraubt SCHILLER 6, 886 (An. 2 Str. 69); grosze thaten dort geschehen durch des helden arm, ihres helmes bttsche wehen in der feinde schwärm 11, 237 (Toggenburg); vom goldnen helme weisze federn wehn DROSTB-HÜLSHOFF 2, 205 Cotta; ums braune antlitz wehn im morgen wind ihm weisze federn 2, 213; von den tschako's weht die feder FREILIGRATH l , 72. 4) was im boden wurzelt,, weht mit der spitze, vielleicht hierher gehört A. v. DROSTES kühnes bild: auch keiner glühen rosen schein, die üppig unter dornen wehen werke 1, 164. geläufig

ist der auadruck von gras und saat, bäum und hain .und des grases spitzen wehen GÖTTER 1, 85; dorn und distel wurden stehen, wo jetzt goldne saaten wehen RÜCKBKT ges. ged. 1, 432; weht, bäume des Iebens, ins harfengetSn KLOPSTOCK l , 167 (dem unendlichen); wird sein festlicher name schon genannt, die palme weht? 1, 81 wo (fiiedensburg); entspr. 1, 100;

WEHEN

86

zur wölke steigen, rauschen, ihm ungehSrt, der deutschen dichter haine, begeisterer, wehn nah am himmel sie 1, 174 (kaiser Heinrich)-, er ist gestorben und die palme des nachruhms weht auf seinem grabe SCHUBART leben 2, 28; und päppeln wehen in blauer lud BORQBR 9 B ; um uns her am wassersaum regt sich blatt und hälmehen kaum, nur die pappel wehet Voss 6, 201; enttpr. 4,165; da wo die alte flehte allein zum himmel weht GÖTHE Weim. 11,115; e i n e . . . birke wehte Uber mir ARNDT sämtl. werke 1, 180; es wehn zwei bäumeleln A. v. ARNIM werke 13, 88 Grimm; sie haben nicht die linden gebrochen, die noch wehn RÜCKBRT get. ged. (1837) 3, 28 (werke 1, 75); durch der linde flüstern, die leise weht, wo dein elterphaus unter blumen steht FRBIUORATR get. dichtungen 5, 121; die quelle nur bricht murmelnd durch's gebUsch, die alten bäume nur weh'n träumerisch 1, 48; (der himmel) der ein einziger edelstein sohien, und die riesigen lindenwipfel wehten dran hin und her, als ob sie ihn noch blanker fegen wollten G. KELLER ges. werke 3,112; die blattgehänge der birken a m bahndamm wehten und flatterten wie gespenstige roszschweife G. HAUPTMANN bahnwärter Thiel 88. 5) fdhne, wimpel, banner sind zum wehen bestimmt, a) im eigenfliehen sinn: der admiral läst die flagge, oder schiffs-fahne wehen, the admiral has setup the flog LUDWIG (1718) 2418; als auf das glück der neuen republik gebunken wurde, weheten auch in unserem garten eine dänische und nordamerikanische flagge H. STEFFENS was ich erlebte (1840) 1, 80f.; cedemhäuser trägt der Atlas auf den riesenscnultem: sausend wehen Uber seinem haupte tausend flaggen durch die lflfte GÖTHE Weini. I 2, 55; drum flog ein schiff heran und liesz die flagge stattlich wehen HÖLTY ged. 30 Halm; und läszt er gleich nicht flagg' und wimpel wehn HAGEDORN versuch einiger ged. 42 neudr.; und Gallien . . . dessen fahnen und wimpel unter allen himmeln wehn RAMLER lyr. ged. (1772) 188; es läuft ins meer, die segel blähen sich rauschend auf, die wimpel wehen PFBFFBL poet. versuche (1805) 8, 104; sobald der groszherr sich in sein kaik begeben hatte, feuerten die batterien der festung und der fregatte, bunt« wimpel wehten von allen mästen, und die Schiffsmannschaft in ihrer rothen uniform paradirte auf den raaen MOLTKE ges. Schriften 8, 134 (1887); bald soll des reiohs banner gegen ihn wehen GÖTHE Weim. I 13, L, 254; ihre teuern Schwerter blitzen, ihre guten banner wehn HBINB 1, 154 Elster; bald weht ein schwarzes banner hoch vom thor DROSTB-HÜLSHOFF 2, 211 Cotta; schon weht von den vier kästelten herab des propheten panier PLATBN werke 1, 13 Hempel. als feldzeichen

weht der adler in der fahrte: Preuszens adler soll zum kämpfe wehen KÖRNER werke 1, 124 Hempel; zeichen, das voran im streite weht ARNDT sämü. werke 4,15.

am häufigsten

doch von der fahne selbst: wo unsre fahnen vorwärts wehn, da weh auch die Standart hinein, da siege rosz und mann KLOPSTOCK 1, 218 (»chlaMlied); wo Machmuts fahne weht, da sinkt der muth, der muth SOHUBART sämü. ged. (1825) 3, 88; das zeichen sieht er prächtig aufgerichtet . . . das in so mancher Siegesfahne weht QÖTHB Weim. I 18, 178; 6*

87

WEHEN bis das raubnest ganz zerstört, und nichts, als eine schwarze fahne von seinem öden trümmerhaufen weht H. v. KLEIST werke (1863) 2, 519 (Hermannschlacht 5, 24); flammen lodern, fahnen wehn v . SCHENKENDORF ged. (1815) 18; vom grauen thurme wehten bunte fahnen GEIBEL 1, 10; entepr. 3, 130;

als die fränkischen f a h n e n auf den w ä l l e n von Mainz wehten KERNER bilderbuch (1849) 75; aber nicht so verstand es W i l h e l m , w e n n er einst die päpstliche fahne auf der flotte . . . hatte w e h e n lassen RANKE werke 14 S38; der sonnenwirth . . . läszt eine flasch' u m die andere springen; ich h a b ' gehört, er h a b ' einen fahnen a u f m hut w e h e n H. KURZ sonnenwirth i, 128; von dem freiheitsbaum . . . w e h t e die deutsche fahne briefe von u. an HERWEGH (1896) 159; die fahne w e h t v o m dache, die gräfin w i r d a n g e k o m m e n sein EBNER-ESCHENBACH 4, 131; sobald sie ihn erblickte, liesz sie ihr goldgesticktes taschenfähnlein w e h e n l, 117. an f a h n e reiht sich färbe in gleicher Verwendung: auf einer courierreise nach Berlin . . . w e h t e n in d e m kleinsten Städtchen die gelb-weiszen f ä r b e n MOLTKE ges. Schriften 1, 25. b) im poetischen bilde: der Schönheit fahne weht purpurn noch auf wang' und lippe dir GÖTHE Weim. I 9, 269; das leichte segel weht, es zittern well und Qut DKOLLINGER ged. 75 (1745). nur

im vergleich

mit wimpel

und flagge möglich

88

WEHEN

sind:

hoch von dem ragenden mast wehet der festliche kränz SCHILLER 11, 87 (Spaziergang v. 115); zum teppich musz er hin sich wenden, der winkend ihm entgegen weht RÜCKERT ges. ged. (1837) 3, 71. V I . der substantivirte inßnitiv folgt in rascherem gang dem intransitiven w e h e n in aUe wichtigeren Verwendungsarten. A. zumeist von der eigenbeioegung. l) subject ist der wind. a) schlechthin von wind, luft, oder in selbstverständlicher beziehung auf diesen (ungenannten) träger der handlung: summa, des rauchs, nebels, staubs und wehens ist hinden und vornen (in einer Schlacht) ohne maszen KIRCHHOF 2, 304 österley; z w a r i h m strömten zurück die trocknern locken v o m w e h e n des herwirbelnden windes LAVATER verm. Schriften 1, 282 (1774); ich höre . . . das w e h e n deiner w i n d e v o m berge herüber maier M Ü L L E R werke l, 358; ich verstehe die gestirn- und himmelszeichen, das w e h e n aller w i n d e und den sand i m meer GRIMM märchen 2, 285 (1812); die hitze . . . w a r stark; die hohen berge hinderten das w e h e n der lüfte RITTER erdkunde (1822) 3, 814; denn Thyia w a r . . . ohne zweifei göttin des w i n d s und des wehens WELCKER alte denkmäler (1849) 1, 160; unter dem w e h e n des windes w a r es ihr, als höre sie den bekannten abgemessenen schritt STORM werke (1899) 1, 127; ihr thränend auge schien den himmel anzuflehen: die haare flogen wild nach reger lüfte wehen Uz werke 297 neudr.; nichts kommt an die thttr, als des windes gebrause, ein wehen und weben und wogen RÜCKERT ges. ged. (1837) 3, 447; keines Wetters last, kein wehen hindert deiner reise lauff S. DACH 687 Österley; leszt auff den hagel vnd das wehen sich nicht einmal der himmel sehen mit vnbewölcktem sonnenschein? Kimigsb. dichterkreis 93 neudr.; w e h e n flare, »pirare. das w e h e n flatus FRISIUS (1703) 2, SOS", ebenso im bilde: das w e h e n aus der häimath ist westhauch in der schwülen hitze des tagwerks BENZELSTERNAU beif Campe 5, 627b; sein nahen ist ein wehen aus der ferne, sein reden wie ein strömen von den bergen H. v. KLEIST 1, 40 (/am. Schroffenstein 2, 1). b) das w e h e n im eigentlichen sinne wird näher bestimmt. a) nach seiner art durch attributives adjectiv, das Tieben dem infinitiv mit für das adverb eintreten musz:

mit meinem starcken blost und wegen für ich zü sehne und schlos den regen WICKRAM 7, 299 Bolle; der . . . sonnen schein kan zur see nach rauhem wehen leuten so gewünscht nicht seyn S. DACH 563 Österley; habt jhr nicht das kalte wähen, das die gantze weit erfrört sausen vmb euch her gehört? Königsberger dichterkreis 199 neudr.) j a zephyr selbst musz durch das sanfte wehen sich noch in sie verliebet sehen NEUKIRCH ged. 286 (1744); geh hin mit deinem sanften wehen, westenwind fortgepfi. musik-poet. lustw. (1657) 1, 296; ein holder west, ein sanftes wehen . . . erfüllet mich mit muht und lust DROLLINGER ged. 15 (1745); mit lieblichem wehen athmen die weste KLUPSTOCK oden 2, 4 (entspr. 112); ein starkes w e h e n erfüllet das haus HERDER 19, 25 Suphan; da trieb ein kleines w e h e n die entfliegenden laute heiszer und näher an ihr herz JEAN P A U L Hesperus 3, 239 (entspr. 3, 76); die birken taumeln in dem lauen w e h e n B . v. A R N I M Oünderode 2, 138; wenn dann ein leises wehen im schönen blütenbaura vollendet unsem träum BECKER Mild, liederbuch 5 (1799); bei diesem kalten wehen sind alle straszen leer UHLAND ged 1, 48 Schmidt (winterreise); o süszes graun, geheimes wehn 1, 16 (schäfers sonntagslied)-, was weckst du, frühling, mich von neuem wieder? dasz all die alten wünsche auferstehen, geht übers land ein wunderbares wehen Venus); EICHENDORFF ged. 76 Strausz (frau ihr busen stieg, wie sanft im schwülen wehen der sommerluft ein weiszes segel schwillt E. SCHULZE bez. rose v. 257; oft, wenn ein melodisch wehen durch der Säulen hohlen Schaft zog, sasz er dort, sang schöne lieder SCHEFFEL trompeter 164; und in den büschen ein schaurig irrgarten wehn BIERBAUM 207; noch stand der sternseher a m offenen fenster und athmete das wilde aber nicht kalte w e h e n ein RAABE leute aus dem walde 2, 92. ß) nach seiner richtung: bey zephyrs lauem wehn PFEFFEL poet. versuche (1812) 8, 53; was, leichter west, sinnst du für schwere sachen, dasz du so ganz des wehens hast vergessen? RÜCKERT werke (1867) 1, 341. y ) nach tages- und jahreszeit: durch die ganze Schöpfung,

auf

du schwebtest u m mich blumenreicher aue . . .

im w e h e n des abends maler M Ü L L E R werke L, 94; Stäudlin erschien Homer im wehenden mitternachtsschauer BODMER krit. ged. 79 neudr.; und giengen dann, im wehn der abendkühle, der hütte zu HÖLTY ged. 57 Halm; ich fühlte das wehen der morgenluft HÖLDERLIN ges. dicht. 2, 92 l.itzmann; der feierstunde heilig wehn schwellt meinen jungen muth KÖRNER werke 1, 117 Hempel; es ging der dämmrung wehen um das stille dörfchen her 2, 106; w o in der Sommernächte wehen ein hirte gern, ein dichter ruht MÖRIKE werke 1, 49 Göschen; damit da das w e h e n des frühlings ihre gesunknen schwingen hebe JEAN PAUL Hesperus2,237; u n d (ich) fühlte das w e h e n des k o m m e n d e n frühlings durch meine ganze seele SCHUBART leben 2, 213; das periodische wiedererwachen der natur beim ersten w e h e n der frühlingslüfte A. v. HUMBOLDT ansichten der natuY (1808) 1, 173. 2) subject sind flamme, schall oder d u f t : und als wollte sie (die flamme) im wehen mit sich fort der erde wucht reiszen, in gewalt'ger flucht, wächst sie in des himmele höhen SCHILLER 11, 312 (glocke){

vor dem frischen wehen des lebens, dem stürmischen vorschritt des Volkes, der solchen Wechsel bedingt

hast du vernommen von der Stadt, die sich gemacht zum fonix hat, um aus der flamme wehen virjtingt hervorzugehen? R Ü C K E R T werke

G. KELLER 1, 155;

ihrer rede mildes wehn war in mir zum stürm ('Stoben, sie, der schöne maientag, in mir zum gewitter worden Ü H L A N D ged.''

373;

als er auf dem rasenplatz bei den rosen angekommen, ging ein süsztönendes wehen durch die büsche E. Tu. A. HOFFMANN 5, 59 Orisebach; in dem duft regt sich ein wehen, wie von leisem morgenwind im lenz 0 . LUDWIG ges. Schriften 1, 235; ein sanfter jüngling löscht das licht und ruht — sanft wird das ende, wie ein wehn der harfe N O V A L I S im Athenäum

3, 196 (1800);

mäonidisch und maronisch klang die leier in lindem wehn Voss sämtl. ged. 6, 81. 8) vom wehen des athems gleichfalls nur dichterisch: ich fühle schon wehn von dem oden, der über mich ausgeht maier MÜLLER werke l, 36; merkbar war das wehen seines odems in jeder groszen that der weit SCHUBART sämtl. gedickte 2, 282; welch ein säuseln, welch ein wehen, wann sie kosend mich nmfing, und mit süszem liebeflehen BÜRGER 43B; brünstig mir am halse hing {Sero) stUrzte auf die knie und weinte laut, mit ihres atems wehn, mit ihren thränen zum leben ihn zu rufen ohne furcht bemüht G R I L L P A R Z E R werke

5, 112;

so warm das haupt, so süsz des athems wehn 6, 105. 4) von abstractionen wird das substantiierte wehen relativ häufig gebraucht, einzig gefühl als subject bleibt selten: es schweigt das wehen banger erdgefühle GÖTHE Weim. 11, 7 (Zueignung). von gott: und fühle die gegenwart des allmächtigen, der uns nach seinem bilde schuf, das wehen des allliebenden, der uns in ewiger wonne schwebend trägt und erhält 119, 8 (Werther)-, bis . . . er gott geschaut . . . und in der kunst des herren wehn gespühret Z. WERNER Luther (1807) VI prolog; entspr. XVI. vom heiligen

90

WEHEN

WEHEN

89

geiste: lasz dein sanfftes wehen auch bey uns geschehen, dämpfte fleisch und blut

B . SCHMOLCKE trost- u. geistreiche Schriften 1, 402 (1740).

von tod und leben, Schönheit, liebe und dichtung, die zunächst als geistige flügelwesen vorgestellt werden können: seiner gnaden linder ost leszt hie durch ein sanfftes wehen unser rechtes wachsthumb sehen S. D A C H 573

Österley;

erstes wehen der Schönheit aus dem schosze der nacht, des unsichtbaren GLEIM briqfw. 1, 260 Körte; das wehen und weben der räthselhaft mordgeschichtlichen romanzen ist hier höchst lebhaft zu fühlen GÖTHE Weim. 140, 349; dem zu vergleichen nicht ist, was entgegen uns blüht aus der dichtung neilgem wehen W . v . HUMBOLDT ges. werke 3, 397;

drum breit' ich sehnend rings um ihn (den tod) mich her; ich lasse mich von seinem wehn umfangen R Ü C K E R T werke 3 , 1 9 1 ;

der liebe sanftes wehen schwellt mir das bewegte herz KÖRNER werke 2, 26 Hempel; sein blick, je mehr und mehr zum stem entglüht, verkündet Uberird'scher trSstung wehen DROSTE-HÜLSHOFF 2, 247;

durch das wehen ihrer milden lehre weckten sie meinen geist J. GRIMM kl. Schriften 1,114; indem man . . . in dem abgegriffenen handexemplar der gesetzsammlung, das schon von den randglossen entschlafener Vorgänger bedeckt ist, wieder seite um seite aufgehobener bestimmungen durchstreicht, die man vor wenig jähren vielleicht selbst in diesem papiernen tempel aufgehangen hat, empfindet man nicht immer den rechten respekt

nachgel.

Schriften

(1893) 9.

B. von mitgetheilter bewegung. l ) von körpern, die als ganzes fliegen, zufällig selten: das wehen des flugsandes RITTER erdkunde (1822) l, 1028. 8) dafür in poesie und prosa gern von dingen, die mit einem freien ende flattern: magst wohl die ernste stirne sehen, der äugen gluth, der locken wehen GÖTHE

Weim.

I 2, 265;

der hufe donnerndes gepoch, der mahnen schwarzes wehen L E N A U ged. (1857) 1, 146;

im helmbusch erst ein weh'n sich regt, ein rauschen ihn durchklingt A . W . SCHLEGEL 1, 272

Söcking;

(ihr lied, das) statt im weh'n der haine mitzuwallen, von der steine hartem bau zurücke prallt 1, 284; es ruft mir aus der zweige wehen KÖRNER werke 1,108 Hempel; ein Engländer . . . sagt: es finde sich kaum ein schriftstellcr . . . der sich und seine leser mit den melodien der vögel, mit dem sanften wehen der gebüsche . . . nicht unterhalte ZIMMERMANN einsamkeit l, l l l ; ach um diese bäume und ihr frisches wehen beneide ich dich HEINE l, 48» Elster; dann auch der fahnen weh'n von luft'gen zinnen FOUQUE held des nordens 1, 127; um ihre grauen thore fliegt scharlachner fahnen trotzig wehn F R E I L I G R A T H ged. (1841) 292;

er risz . . . die beiden nebenflügel auf, so dasz von dem zuge, der ging, die gardinen . . . ins wehen kamen FONT A N E ges. werke

I , 5, 161.

V I I . auch das particip halt sich vorwiegend zum intransitiven wehen. A. die eigenbewegung ist auch hier das älteste, don tritt sie nachmals gegen die mitgetheilte bewegung zurück. 1) der eigentliche gebrauch geht durch unsere gan ze prosa: si boreas emissus ab treicio antro i. a uallibus traciq hanc verberet. also i j tanpe ueret, übe daran ib tiu bisa fone tratia uuantiu dia naht zefuoret NOTKI: Boethius 1, 7 ( P i p e r n z. 17); er hatt auch in ihm oi andern e l e m e n t . . . ein brennends fewr, ein weheno lufft, ein nasz schwartz truckens erdtreich PARACELSU.S opera (1616) 2, 18" Suser; es war othem gottes, wehende luft, die das ohr aufhaschte HERDERS, 14 Suphan; sanft wehende winde führten uns nach und nach bei vielen felsigen inseln vorbei G. FORSTER sämtl. Schriften 1, 117 (1843); dieser in den tropen beständig von osten nach westen wehende wind, welcher so sehr das erstaunen der Seefahrer des 15. jahrhunderts erregte, ist der passatwind JOH. MÜLLER lehrbuch der kosm. physik (1856) 373; durch einflusz der von Süden wehenden steppenwinde RATZEL Völkerkunde (1888) 2, 7. übertragner gebrauch ist nur dichterisch möglich: o lasz den reinen hauch der liebe dir die gluth des busens leise wehend kühlen GÖTHE

Weim.

1 1 0 , 60.

2) ungenaue beziehung ist nur in gehobenem stil möglich: ich benutze die heitere stille eines schönen, wehenden, blauen sommermorgens, dir in meinem eignen artigen garten unter ein paar dichten platanen weiter zu schreiben PASSOW an Voss 23.juni 1811 (leben in briefen 143); wenn mildschimmernden scheins der mond den äther durchleuchtet, dann durch die wehende nacht, o freundin, schaue zum himmel SCHEFFEL Ekkeh. 465.

stürzendes wasser reiszt luft mit sich und wird selbst wehend genannt: gekühlt von dem wehenden quell sasz und hatt' auf die Telyn sanft sich gelehnt Braga KLOP3TOCK 1, 206

darum

(Skvtda);

es wendet nach dem ströme des quells sich der lautenklang des wehenden bachs 1, 209 (der back); es rieselt, klar und wehend ein q u e l l i m e i c h e n w a l d

S A L I S ged. 61 (1793).

auf den ort wo wind weht angewendet, kommt zu der bedeutung 'windig':

wehend

91

WEHEN

92

WEHEN

beid' an der warte vorbei und dem wehenden feigenhügel, immer hinweg an der maner, entflogen sie Uber den fahrweg (j/nfidtrta) Voss IUas 2 2 , 1 « ; sie durchwandelten bald die wehenden krümmen des berges (xttixag fyt/iiolooas) Odyssee 19, 432 (1781: des berges luftige krümmen, 1831: erreichten des bergs scharfluftige krümmen). 3) der anwendung auf flamme, schall und geist reiht sich beim partieip die auf Aug und flügelschlag an: nah hinter ihm an den dunkeln gestaden blieb es in seinem tritte zurück, wie wehende flammen KLOPSTOCK Messias 1, 620; Selma, mein wort: du erblickst, sterb' ich vor dir, wehende Hänichen oden 2, 71; was das für einen gewaltigen einflnsz auf das verständnisz ihrer spräche hat, ist hier nicht der ort zu sagen; dasz dies wehende aber den ursprang ihrer spräche verrathe, ist offenbar HERDER 5, U Suphan; der Ober dem ganzen wehende hauch verkündet uns das Oberhaupt, den Phidias H. METER geschickte der bildenden künste (1824) 1, 2 8 9 ;

jetzt wandten ihren wehenden Aug die todesengel gen himmel KLOPSTOCK Messias 8, 6 6 9 ; die Zwietracht mit wehendem flttgel trieb Ober Germaniens httgel und thäler der zündenden funken wuth KRETSCHMANN sämtl. werke 1, 279 ( 1 7 8 4 ) ; ihm naht der Wahrheit wehender flügelschlag

seh' ich freundesgestalten mir winken durch wehende zweige des dämmernden hains GÖTHE Weim. I 4,191 ; nun hing sie (die sonne), ein strahlennest, in den wehenden zweigen maier MÜLLER werke L, 82; neben dem häuschen, unter wehenden buchen, sind etliche tische und stühle so einladend hingestellt STEUB drei sommer in Tirol 1,12 ; der klare ström der zeit geht Uber einen hinabgelagerten blumenboden schöner s t u n d e n . . . o wenn sich diese Eden-aue wieder aufwärts hebt und ich kann an deiner hand über die wehenden blumenfelder dieses lebens blicken JEAN PAUL Sesperus s, 119; ruht im wehenden gras, wann sich die kühl' ergieszt HÖLTV ged. 77 Halm; ein dirnlein gar sittig mit fröhlichem sinn brach blumen vom wehenden rasen K I N D ged. (1808) 101.

c) segel, Wimpel und fahnen: Wood mit seinem Homer auf den trümmern Trojas, und die Argonauten, Odysseen und Lusiaden unter wehendem segel, unter rasselndem Steuer HERDER 6, 169 Suphan; ein dänisches und ein englisches schiff, die mit allen segeln und wehenden flaggen auf dem wasser sanft vorbei fuhren G. FORSTER sämtl. Schriften (184S) 2, 416; ihr (der sonne) wehrt umsonst der wehende Vorhang K O S E G A R T E N dichtungen

es lag am ufer drunten ein schmuckes schiff bereit, mit bunten Wimpeln wehend

PLATBN 107.

B. die mitgetheilte bewegung ist beim partieip besonders gut entwickelt. 1) mit ihrer ganten masse fliegen blätter oder Wolken: . . . rauschte vor dem fusz des Messias ein wehendes blatt. an dem blatte hing ein sterbendes wSrmchen KLOPSTOCK Messias 2, 6 2 1 ; darnach: mit dem laute, womit der I&sterer endigte, rauschte vor den fusz des Messias ein wehendes blatt hin LSSSIHO 8, 62 Lachmann-Muncker; lauter einzelne im stürm der Zeiten wehende blätter aus dem buch der begebenheiten HERDER 5, 219 Suphan, oben fället Luna die wehenden wolkenfladen mit flüssigem silber an JEAN PAUL Sesperus 1,118. 2) mit einem freien ende flattern a) kleider, haare und federn auf dem hut: unter keiner gestalt hat der fürst der finsternisz grössere eroberungen gemacht, als wenn er im leichtfertigen gewande der bulerin erschien, und oft mit einem tappon, verschobenen halstuch, wehender schürze und frechem blikke die schönsten entschlüsse der erwachenden tagend niedertrümmerte SCHUBART leben L, 226; mit wehenden locken BÜROER werke L, 876 Bohtz; deine wehenden locken schlugen harmonisch herab auf den goldnen riemen maier MÜLLER werke 1, 172; wie hold schmückt unser eichenkranz der falben wehenden locken glänz KRETSCHMANN sämtl. werke 1, 121 (1784); hier im zweiten gemälde . . . ist die still in sich schwebende person des höchsten wesens . . . von einem ungeheuren Sturmwind ergriffen . . . dargestellt, der weisze bart wehend, die arme befehlend ausgestreckt GRIMM Michelangelo (1890) 1, 298; Isotens goldenes haar um Tristans sohultern wehend STORM werke (1899) L, 60; ein seidner h u t . . . mit bunten, in den lüften wehenden federn E. TH. A. HOFPMANN 14, 151 Orisebaeh; bei Homer . . . hat Paris . . . zum bogen auch lanze und schwerd und ehernen heim mit wehendem busch WELCHER alte denktnäler (1849) L, 61; der hohe dreieckige tratzhut, über und über mit hahnen- und Pfauenfedern, fuchs- und eichhornschwänzen verbrämt . . . ehe der welsche sich besinnen konnte, sahen zwei funkelnde äugen unter dem wehenden trutzhut ihm in das entfärbte gesicht HETSE nov. 2, 810 (weinhüter). wol weil man von nasenflügeln spricht, wagt HERDER : muth hebt die brüst, lebensothem die wehende nase 8, 172 Suphan. b) bäum, zweig und gras: wehende palmen GOTTER 3,102; risch der warte vorbei und dem wehenden feigenbaume BÜRGER werke 1, 286 Bohtz;

U H L A N D ged.'

8,189;

262 ;

es waren vereine, die, das im morgenwinde wehende banner voran, der festhütte zuzogen ZAHN die da kommen und gehen (1909) 128. C. unter wächeln II 1 a) ist oben theil 13, 84 die bedeutung 'sich zitternd bewegen, weben von der heiszen luft' aus bair.ästr., fhilr. und vogüändischer mundart belegt, der vogüänder JEAN PAUL liebt eine anwendung von wehend, der sichtlieh dieses wächeln vorschwebt: derbrief ... leuchtete ihrem zarten auge milder als die gegenwart des gegenständes, dessen glühfeuer erst durch eine entfernung zur wehenden wärme fiel unsichtb. loge 8, 26; aoh wenn er sich in die wölken hätte hinaufstürzen können, um auf ihnen, durch den wehenden himmel über die unübersehliche erde zu ziehen Sesperus 1,168; entspr. 2, 98. 8,46; biogr. bdustigungen 1, 67; flegeljahre 1, 90; dann auch als, verbum finitum : seit einigen tagen weht ein blauer himmel, wie ihn nur meine phantasie verlangen kann brUfw. 817 Nerrlich. VIII. die bedeutung 'fächeln' ist ausier bei STIELER 2460 (ich begehre nicht, dasz mir iemand wehet, nolo mihi fleri ventulum. wer wehet hier ? qvis est hie, qvi ventum eiet, excitât t) stets bestimmt durch angabe des geräths, mit dem man fächelt: aber das iüngst döchterlin dz weiet mit den henden hin vnd her, vnd sprach stetz: ich wil keinen man, ich wil keinen man, vnd von dem selbigen weien wurden im sein hend zd dem ersten truoken PAULI schimpf u. ernst 28 österley ; elsässiseh noch lebendig als: mit einem gegenständ heftig in der luft herumfahren, wäj nit eso mit dr ruetel MARTINLIENHART

2, 8 0 6 " ;

nun aber sollen schöne frauen mit taubenblick mir in die äugen schauen, mit pfauenwedeln luftig wehen GÖTHE Weim. I 16, 363; in unsrem Übermut grüszten wir wieder, und Lina wehte sogar mit dem taschentuch FONTANE ges. werke I 5,181. in neuerer Schriftsprache steht das rçftexivum : ich fing mich an mit dem fechtet zu wehen Clarissa 2, 822 (nach Paul ts. f . d. wortf. 12, 66); ich wehete mich mit dem fechtel das. 878; die herra und damen besehen die bûcher und loben sie höchlich, endlich weht sich die eine mit dem Richer LENZ pandämonium german. 80 Schmidt; damit wehte sie sich mit ihrem sohnupftuch ein paar mal um die aagen und ging in die weihnachtsstube zurück STORM werke 1, 181 (unter d. tannenbaum). neben dem refleotivum, kann dann die bestimmung, womit man sich fächelt, auch wider fehlen: sie kühlet ihr gesteht mit einem weher, sie wehet sich LUDWIG (1716) 2418; ich nahm hierauf den fechtel und wehete mich Clarissa 2,819.

93

WEHEN

vereinzelt steht bei S T I F T E R die himmelsluft als subject des rqfl. wehen; sonnensohein ist drauszen, als wäre er recht feierlich bestellt, and eine tiefdunkle bläue ist am himmel, fest sich wehend, wie frohnleichnamsfahnen, und frühsommer auf allen hügeln prangend Studien11, 73 (fdäMumcn). IX. transitives wehen. A. subject ist der wind. 1) dem ivind als dem grasten Zerstörer klarheit hat der Uther, brand das feuer und zerstSrung weht der stürm A R N D T ged.

(1860) 32

traut die spräche das mögliche zu: aber achl wan wir in unseren hoffnungen und gemachten concepten am allersichersten und gewissesten zustehen vermeinen, so komt unversehens ein wind, der allen bettel auff einmal ttbem häuften wehet, woran wir so lange zeit gebauet Simpl. 453 neudr. a) er weht ganze menschen von der stelle: diu ros nftch etiche truogen diu liehen küneges kint mit hurte fttr ein ander, sam si wfiete ein wint Nib. 184,2 C; hett ich ain wint, der mich dar w&het

der Ostwind weht euch nach Paris, drum gieszt, so bald ihr euch erhaben, ihn in das Segeltuch ALXINGER Doolin von Mainz (1787) 6 str. 84.

b) ein formelhafter gebrauch legt den nachdruck auf das wähl- und ziellose des wehens: de wind weide hum d'r hen D O O R N K A A T K O O L M A N 3, 6 2 9 B ; mein Caspar, wannen wehet dich der wind har? W I C K R A M 2,105 Balte; o herr der pfarrer, was wint wät euch do her? A R I G O decamerone 471, 7 Keller (darnach L I N D E N E R rastbüchlein 47 Bolte; in welche gegend, nach welchen orten der wind ihn wehe, dünkte ihm unbedeutend H O L T E I erz. Schriften 86, 90; das soll, bey gottl von Artus rittero nicht

W I E L A N D 18, SO

poet. versuche

1, 170 ( 1 8 8 9 ) ;

ihr winde, die ihr jene wellen bäumet und jene wölken durch die lttfte wehet

425; 3, 9 ;

Zephyrus wehete die Wurfscheibe dei Apollo dem Hyacinthus an den köpf, dasz er starb R A M L E R fabellese 3, 243; den spinnenfaden . . . den die l u f t . . . gegen meinen rockkragen wehte 0. L U D W I O ges. Schriften l, 148; die art, wie er von dieser tugend {der beständigkeit) redet, 'damit er nicht wie ein leichtes rohr von den winden hin und her geweht werde', zeigt fast eine besorgnisz an, dasz es geschehen könnte R A N K E sämtl. werke 4, 113. b) mit dem freien ende werden geweht Strickleiter, segel, kleider, haar und halm: do der (die Strickleiter) nit beschwert, weht in der wint hin und her W I L W O L T v. S C H A U M B U R G 6 2 ; dann ursach in den dingen allen, sie wissen nichts darumb, so musz es ein fürgang nemen, wie der windt den segel wehet P A R A C E L S U S paragranum {Straszb. 1616) 1, 226 B; könig Boreas . . . wie er einst neun tage und neun nächte allen wind untergeschluckt, um beym nächsten feste des Oceans schlanken töchterchen gar lieblich die röcke von den beinchen zu wehen maier M Ü L L E R werke 1, 1 2 9 ; einige hohe zweige wilder rosen, die eine leise luft hin und her wehte G Ö T H E Weirn. I 28, 75; dicht ist die mähn' und senkt sich geweht auf die rechte der schultern

(iactata.)

Voss Virgil 1, 222 (georg. 3, 86);

von stürmen selber zu erwarten, dasz auch sie den halm zur reife wehen T I B D G B Schriften

(1796) 1, 2 7 3 .

3) licht, klang, duft werden geweht: da* Sur spranc von st&le

alsam es waete der wint

Nib. 430, 4;

indem erblicket' er Schimmer, der beynahe verlosch, geweht von dem winde

Metsiat

15, 2 0 9 ;

(gottee) munde

Lachmann-Muncker; die ferne sandte endlich nur hirtenflötentöne, und die Wohllaute wehte ein mildes lüftchen bald weiter, bald näher J E A N P A U L bei Wackernagel lesebuch 3 I I 9 3 9 ; LESSING 1 , 1 0 0

(1802) L, 1 5 ;

Nib. 461, 4C;

oden

55;

den fluch in Ihre Sphären weht

366.

2) eine andere redensart betont das mögliche: de wind waiet wol sand-barge to hope, man kine dikke büke: er ist von Hunger und kummer so fett nicht geworden brem. tob. 6, 165; de wind weit wol berg' tohOp äöwer kene dicke bük, d. h. von nichts kommt nichts D A N N E I L 848; de wind waiget wol snShöpe binin, fcwer kainen dicken nacken W O E S T E 814». derart, mit allerhand leichter wäre als object, herrscht trans. wehen auch im freien gebrauch. a) der gewehte körper ist frei beweglich: de wind weid de bladen fan de bomen D O O R N K A A T K O O L M A N 8, 589b; er fuortej (Sigfrid da» schiff) also balde, sam ob eg wate der wint

KLOPSTOCK

sämtt. werke 2,

der morgen weht mit goldner schwinge mir um die stirn den kühlen schein G E I B E L 2 , 4 (Juniusl.); sie (die weit) bebt, sie wankt, so oft ein hauch aus seinem

(Qeron);

so blase denn mich unbestand du sausewind umher . . . und wo im dorf die fiedel klingt, da wehe mich hinein W O L F F Jahr, tchüler (1900)

KRBTSCHMANN

also wehn blüthen im may weste dahin

KLOPSTOCK

werden noch gesagt im fremden lande, Sesungen asz einer nach dem andern, kegeln gleich, vom ersten, den der wind herbey geweht, wird diesen fremden gast ein guter wind einst nach Europa wehen, so kann er, ohne weit zu gehen, dergleichen gOtter täglich sehen

(ein blitz fuhr) an der zeder hinab, stürzte, zermalmte sie, dasz der wind ihre Splitter weht

U H L A N D ged.'

liederbuch 4 6 ; so ferr der windt ihnen entgegen oder vngestümm, müssen sie ersauffen oder werden wider zurück in Asia geweht vnd geworffen F R O N S P E R O E R kriegsb. iij 189b; wie Eulenspiegel drey schneiderknecht von einem laden fallen macht vnd darnach . . . sagte: der wind hett sie herab gewehet F I S C H A R T Eulenspiegel Hauffen; in dem . . . wann wir dem wind widerstreben, er uns zu bodem wehet A L B E R T I N us färsü. lustgarten (1619) l, 1 1 7 ; wir seyn in dises ungestimme meer gestürzt worden, das uns bisweilen hoch erhebet und aufwirft, bald auf dem seichten sizzen läszt; und {lies: uns) aber stets von einem ohrte zum andern wehet und treibet B U T S C H K Y hd. kanzetley 699; als er in gräflichen und seinen eigenen angelegenheiten den ganzen tag zwischen Nikolopolia und Lukas-stadt hin und her geweht, endlich zur tafel kam J E A N P A U L , komet 8 , 1 3 7 . was in alter zeit Hyperbel ist, wird dureh die luftschiffahrt Wahrheit:

sich so zu boden habe werfen lassen

alles holtes to brukende, also alse id de wint weyet lüb. urkundenbuch 4, 4 0 3 (1380); durch seinen willen wehet der sudwind vnd der nordwind, vnd wie die vogel fliegen, so wenden sich die winde, vnd wehen den schnee durcheinander L U T H E R (1545) Sirach 43, 18 f.; weyen den snee dörch einander nd. bibel (Witt. 1599) das.; wie sich der staub mit allerhandt winden verkehrt vnd hin vnd her gewähet wirdet, also verenderen sich die reichthumb alle augenblick A L B E R T I N U S zeitkürzer (1603) 66b; also ist serpentina . . . nicht änderst zu verstehn, sonder gleich dem wind, der den staub ab dem korn wehet P A R A C E L S U S Chirurg, bücher (1618) 214» Huser;

ich hab' sie (.die blätter) Uber die hügel geweht mit meinem flügel R Ü C K E R T werke

HÄTZLERIN

PFBFFEL

94

WEHEN

die luft, so auf- und niedergeht, jetzt frischen klang herüber weht

D R O S T E - H Ü L S H O F F 2, 6 3

Cotta;

hinschaun soll ihn nur ergetzen, wann sein schiff herum sich dreht, nur der süsze duft ihn letzen, den der west vom ufer weht BÜRGER 46*; kühlende hauche des nordwinds wehten erfrischung daher dem matt arbeitenden leben

Voss Hin» 6, 698; der wind wehte tannenduft über die matten Z A H N die da kommen und gehen (1909) 234. 4) unkörperlich denkt sich die mundart die plötzliche erkrankung: grad wi a mi gewäjt M A R T I N - L I E N H A R T 2, 806* und so leitet diese Verwendung des trans. wehens über zu fällen, wo abstractes als ein geweht werden gefaszt wird.

95

96

WEHEN

WEHEN

a) früh und gern stellt man sich religiöse Beziehungen so vor: o w e , edlü sele und sflssü, d " solt d i c h v r ö w e n i e m e r m e , w o n dir ist w o l z e f r ö w e n n g e s c h e h e n dag du zfl g o t d i m h e r r e n hist g e w ä g e t und er i n dich st Oeorger prediger 64, 14 Rieder;

e i n i g e d a m e n w e h t e n sich l u f t m i t i h r e n f ä c h e r n H. v . KAHLENBERG familie Barchwitz 34 (1902). 2) 'wirbeln':

jvbileus ist vsz verchünt, wir Sölten tilgen unser sünt! das hat der bös vemomen, valschen sämen hat er gesäet, der sei hail gantz hin gewät, ablas ist vnderchomen IIÄTZI.ERIN 1, 29, 5; herr dein wille soll geschehen! worte, die aus Jesu munde mir in mancher jammerstunde kühlung durch die seele wehen SCHUBART sämtl. ged. 1, 50; dasz das s c h l e c h t und r e c h t e Christenthum eine edle gleichgültigkeit, e i n e n g e w i s s e n liederton im l e b e n w i r k t , der uns bei a l l e m in der w e i t , w ä r s auch ein Alexanderv e r l u s t , r u h e ins herz w e h e t HIPPEL I, 89 (lebensl. l ) . b) sonst bleibt trans. w e h e n von gefühltem und gedachtem selten: schon begann für die Franken die morgenröthe zu dämmern, wehete schauer die frühe KLOPSTOCK oden (1889) 2, 94; aber ha! den Spöttern und tyrannen weht entsetzen ihr Verdammerspruch HÖLDERLIN 1, 111 Litzmann; i c h bin m ü d e , b e g e b e n h e i t e n anzusehen, d i e selbst unsre f r e y e l u f t s c h w e r v o n m e i n e r stirne w e h e n k a n n K L I N GER neues theater 1, 201 (Roderico 4, 2); sobald die l a u e n z e p h i r . . . d e n l a c h e n d e n f r ü h l i n g m i t i h r e n f r o h e n fitt i g e n d a h e r w e h e n B. MAYR päckehen satiren (1769) 58; dann w e h t ein herrlicher . . . w i n d alle empfindungen . . . i n dieses l a n d h i n e i n WACKENRODER herzenserg. (1797) 60; d i e brise w e h t e i h m a l l e dünste aus d e m k ö p f EDM. HÖFER bewegtes leben (1856) 10. B. pflanzen können Urheber eines wehens sein. 1) b ä u m e : die eiche weht ihm gelispel KLOPSTOCK 1, 185 (Thuiskon) \ der flieder und die linde Wehn mir bange seelenschauer HÖLTY lied eines mädchem; dasz mir deine palme kühlung wehe ged.44Halm; angenehme kühlung wehen sollt' ein myrtenfächer dir BÜRGER 6 a ; die alten bäum' herum — so manchem wehn sie lebensathem wohl zum grossen werk Z. WERNER theater 4, 95 (kreuz a. d. Ostsee I 2, 1); eine eiche pflanzt um diesen stein, wachse, freier bäum in freiem lande! wehe blasse schrecken bleicher schände! ARNDT ged. (1860) 148; nur die flehten stehn um ihn, und aufwärts wehn sie mit den flügeln grün des kindlichen gebetes reine gäbe DROSTE-HÜLSHOPF 2,194 Cotta; 2) b l u m e n : er trug an einem andern tag den raub von zwanzig blumenbeeten, der bunt in seinen körben lag, die süszen baisam von sich wehten PFEFFEL poet. versuche 7, 36; die nesseln, die hier schauer dem narren wehn HÖLTY ged. 58 Halm; kann mein herz vor groll nicht hüten: ob sie (die blumen) holde düfte wehn: und mit stillem zauber sehn: kalt und roh sind diese blüthen LENAU ged. (1857) 1, 203; vom kelch der blüten, die nach stiller nacht sich öffneten und in emeu'ter pracht dem jungen tage düfte wehten KIND ged. (1806) 22. C. transitives w e h e n mit einem menschen als Urheber ist nicht eben häufig, aber mannigfaltig entwickelt nach drei richtungen: l ) 'fächeln': die knaben treten hinan, wehend die p a l m z w e i g e über s e i n e m h a u p t HERDER 28, 267 Suphan; oft auch erleichtert ilim'den gang ein freund und spricht geduld ihm ein, und weht, mit myrtenzweigen, kühle ihm in das glühende gesicht GOTTER 1, 253; nnd von den schiffen, von dem strande wehn die weiszen tücher noch den letzten grusz GÖTHB WeinI.110, 348;

schauer, schauer zurück, Würger bei jedem staub, den dein fliegender gang wirbelnd gen himmel weht SCHILLER 1, 43 (eroberer); Penthesilea, wie Sturmwind ein zerrissenes gewölk, weht der Trojaner reihen vor sich her H. v. KLEIST 1, 168 (Benthes. 1); h e i l i g e I s a b e l l a , w e h e h i m m e l s l u f t a u f m e i n e h e i s z e stirn A. v . ARNIM sämtt. werke 1, 186 Grimm. 3) 'fegen': a) als fegen des tanzbodens ist ein eis. w e h e n 'tanzen' zufassen: na, du hes din t e i l j e t z g e w ä j t M A R T I N - L I E N HART 2, 806b. b) oben theil 13, 507 ist alem. Schwab, w ä h e n f. plur. 'baekwerk' vermutungsweise zum verbum wehen gestellt worden, die etymologie wird gesichert durch ein mundartliches w ä j a 'backen, kuchen backen' bei MARTIN-LIENHART 2, 806B, das urspr. als fegen des backofens zu fassen ist, s. zs. f. d. wortf. 12, 214. X . die über fünfzig Zusammensetzungen mit - w e h e n sind vielfach transitiv und intransitiv zugleich; die in früheren bänden übergangenen sind gesperrt gedruckt: ab-, a n - , auf-, aus-, be-, d a h e r - , d a h i n - , d a r n i e d e r - , d a z w i s c h e n - , durch-, durcheinander-, ein-, einher-, e m p o r - , ent-, entgegen-, fort-, gegen-, her-, h e r a b - , h e r a n - , h e r a u f - , h e r a u s - , h e r b e i - , h e r ü b e r - , herunter-, h e r z u - , hin-, h i n - u n d h e r - , h i n a b - , hinan-, h i n e i n - , hinü b e r - , hinunter-, hinweg-, h u i - , nach-, nieder-, über-, um-, untereinander-, ver-, v o n e i n a n d e r - , vor-, voran-, weg-, wider-, w i d e r u m - , wind-, zer-, zu-, zurück-, zusammen-, zwischenwehen. 2 W E H E N , verb. zu subst. und interj. w e h in allen theoretisch möglichen bedeutungen. l) die intransitiven gebrauchsweisen wiegen vor, sie sind zum subst. w e h zu ziehen: a) 'weh empfinden' fehlt hd., doch nnl. er w S e t v a n d e gal 'leidet an leber- oder magenbeschwerden' DE COCK völksgeneeskunde in Viaanderen (Gent 1891) 195. b) 'weh bereiten, schmerzen' ist auf deutschem boden die älteste bedeutung. subject ist zuerst der schmerzende körperiheil: nu wevn so mir dei ougen da ich mit kesihe LAMPRECHT Alezander 194, 15 Diemer; v o n d e m z a n d s w e r ist der s m e r z grog und w e h e n t d i e z e n d e . (vom podagra) ist der w e groge und w e h e n t d i e v u e g g e SCHMELLER 2 2, 824 aus cgm. 724 bl. 183 u. 206; w e m die z e n d t w e h e n t der n e m b r o s e n , derr d i e i n der sunne BIRLINGER ZS. f. d. phil. 17, 236 und LEXER 3, 813 aus mag. BARTHOLOMAEI practica (bair., 15. jahrh.). gleichfalls früh mit der Ursache des schmerzes als subject: sein chlainhait er do mit im trueg und ward im wayen gar genueg KURZMANN Albamis hg. von Schönbach Wiener sitzber. 88, 872 v. 238 ( s t e i r . vor 1428). hierher der unpersönliche gebrauch: 8 w e t gar grüserli i n m i m b u c h 'ich habe heftige leibschmerzen' M A R T I N - L I E N HART 2, 777* und die kämt, kinderworte w ü w n und w ü w i l a n 'weh tun' LEXER 262. c) 'wehklagen' ist die am besten entwickelte bedeutung: w e h e n lugere, in luctu vivere, lamentari, ejulare, plangere . . . compos. b e w e h e n . . . er b e w e h e t d e n t o d seines sohnes STIELER 2459. das hauptgebiet dieses gebrauchs sind von altersher die mundarten des Südostens: er ward do wayen und auch chlagen das es halt niemt chan gar gesagen KURZMANN Amicus v. 879 Schönbach s. 847; w e a b ' n z u n ä c h s t v o m s c h r e i e n der s c h a f e und k ä l b e r , d a n n a u c h v o n k l a g e l a u t e n a n d e r e r t h i e r e und d e r m e n s c h e n LEXER kämt. 252, dazu HAUSCHILD ZS. für d. wortf. 12, 40; w e a ( b ) m , part. g a w e a b a t wehklagen, stöhnen BACHER Lusern 225; b e b e n wehklagen, piangolare S c HM ELLER eimbr. 171. als neubildung zur interj. w e h ist dieses w e h e n auch sonst möglich (s. o w e h e n 7, 1388): unglückliche, ihr kömmt nicht zu ihr, euer wehen, eure seufzer, eure klagen hSrt sie nicht LENZ ged. 127 Weinhold.

WEHENABSCHNITT-WEHENPULVER

WEHENSCHIESZEN—WEHER

8) transitiver gebrauch geht von der interj. aus, jem. •wehen ist ursprünglich 'ihn weh rufen machen' und gelangt von da zum sinne von 'prügeln, büszen': Mars, o wehe mir 1 wehe m i r . . . wühterich. o wehe uns beyden . . . Beinhart, was schreiet ihr bluthunde noch viel, ich will euch bald so wehen, dasz euch die ribben im leibe sollen krachen R I S T friedej. Teutschland (1653) 212; da hast, du einen ranzen, darin steckt ein knüppel, und sobald du sprichst: knüppel aus dem ranzen, so springt er heraus und weht die leute durch und durch GRIMM kinder- und hausmärchen (1812) l, 170; wehen 'strafen'; er ist 5 thaler geweht BAUER-COLLITZ 180. ViEHENABSCHNITT, m. mehrseitig wurde versucht, die dauer der einzelnen wehenabschnitte, die Intensität der wehen und die dauer der wehenpause mittels des sogenannten tokodynamometers graphisch darzustellen 3 EIJLENBURGS real-entyclopädie (1901) 26, 11$. taie auch alle folgenden Zusammensetzungen mit wehe-, deren zahl •in der neueren kunstspraehe der medtcin jedes jahrzehnt vermehrt, dem 18. jahrh. noch fremd. W E H E N A R T , / . nach dem zu anfang dieses kapitels gesagten müssen wir gemäss der Wirkung und der art des auftretens folgende physiologische wehenarten unterscheiden: die dolores praesagientei . . W I N C K E L fuindbueh der geburtshülfe (1904) l, 88*. WEHENARTIG, adj. zu schwache kontraktionen der gebärmutter mit normalen oder ebenfalls zu schwachen wehenartigen schmerzen, begründen die wesentlichsten erscheinungen beider krankheitsformen BUSCH und MOSER handbuch der geburtskunde (1843) 4, 102. WEHENBEFÖRDERND, adj. wchenbefördernde mittel, so werden diejenigen mittel genannt, welche die kraft besitzen, die wehenthätigkeit zu steigern, und zwar durch direkte einwirkung auf die gebärmutter BUSCH und MOSER handbuch der geburtskunde 4, 489. WEHENDRANG, m. die Verletzungen der scheide können zu sehr ernsten blutungen führen, sie entstehen meist durch xmverhältniszmä.szige grösze und abnorme einstellung des kopfes, durch überstürzte ausstoszung bei heftigem weliendrang GG. MEYER erste ärztliche hülfe3 (1905) 812. W E H E N D R Ü C K , m. Schatz führte die gummiblase seines tokodynamometers bis oberhalb des kindlichen kopfes in das cavum uteri ein und bestimmte die wehenfrequenz, die kurvenformen des wehendruckes und die absolute wehenkraft W I N C K E L handbuch der geburtshülfe 1, 879. W E H E N E I N T I T R I T , m. der weheneintritt bei abnorm hoben körpertemperaturen erklärt uns die so häufige Schwangerschaftsunterbrechung bei acuten fieberhaften Processen EULENBURGS realenc." 26, i n . WEHENFREQUENZ, f . , s. wehendruck. WEHENGICHT, f . , s. wehgicht. W E H E N K R A F T , / . nicht die wehenkraft, vielmehr deren frequenz in summa wie in ihrem aufeinanderfolgen wächst mit dem geburtswiderstände W I N C K E L handbuch der geburtshülfe l, 884. s. auch wehendruck. WEHENLOSIGKEIT, f . die künstlich herbeigeführte wehenlosigkeit ist stets die folge einer unzeitigen oder nicht indicirten Zangenanlegung EULENBURGS realenc.3 £6, las. WEHENMÜTTER, f . , s. wehmutter. W E H E N P A U S E , f . in der regel zeigt sich auch nach dem wassersprunge eine längere zeit andauernde wehenpause BOSCH und MOSER handbuch der geburtskunde 4, 32; sehneidende wehen: dio gebärwehen beim einschneiden des kindlichen kopfes in den dämm, wobei der köpf in der wehenpause nicht mehr zurücktritt und ein schneidender schmerz, von der gebärenden empfunden wird HÖFLER krankheituna.menb. (1899) 798*; den freien intervall zwischen j e zwei wehen nennt man wehenpause, dio wehenpause ist nicht allein auf den gebortobeginn beschränkt, sie kommt auch später noch vor EULENBURGS realenc.3 26,112; diese als wehen empfundenen uteruskontraktionen kehren in mehr oder weniger regelmäszigen Zwischenräumen, den wehenpausen wieder W I N C K E L handbuch der geburtihülfe 1, 878. W E H E N P U L V E R , «. mittel zur beförderung der geXIV.

burtswehen, besteht aus mutterkorn oder darans dargestellten präparaten. wehenpulver dürfen nur auf Verordnung des arztes gegeben werden, da ihre anwendung zur unrechten zeit (vor eröffnung der weichen geburtswege) sehr üble folgen naoh sich ziehen kann METERS groszes konv.-lexikon" an alph. stelle; wehenpulver: secale com. pulveratum HOLFERT-ARENDS8 228. WEHENSCHIESZEN, n. wehenschieszen (in die beine) — ausstrahlende, in die beine sich fortsetzende nervenschmerzen bei den geburtswehen HÖFLER 668* aus BÄUULF.R kurze beschreibung der 1734 zu Oermersheim herumgezogenen bösartigen fieber (1757) 618. W E H E N S C H M E R Z , m. die wehe ist daher, wie dies auch ihr terminus schon anzeigt, mit einem Schmerzgefühl, dem sogenannten wehenschmerz, verbunden 3 EULENBUROS realenc. 26, 113; zu schmerzhafte wehen sind solche, bei denen ein miszverhältnisz zwischen dem contractionsgrade des muskels und dem Schmerzgefühle besteht, es reicht hier der wehenschmerz bis in die wehenpause hinein 129; der wehenschmerz beginnt später und endet früher als die kontraktion W I N C K E L handbuch der geburtshülfe 1, 883. W E H E N S C H W Ä C H E , / , wir können demgemäsz auch hier wieder drei krankheitsformen annehmen, und zwar die wehenschwäche, die sohwäcne der gebärmatter und die schwäche des weiblichen körpers BUSCH und MOSER handbuch der geburtskunde 4, 90; wehenschwäche, die {frz. inertie de la matrice ou de l'utérus) VILLABET handtob. der ges. medizin (1891) 2, 945b; wehenschwäche dagegen ist der gesammtbegriff füi alle jene zustände, bei denen infolge ungenügender uteruscontractionen mutter, frucht oder beide einen schaden erleiden EULENBURGS realenc.*26, 121; wehenschwäche f. obst.: faiblesse des contractions utérines SCHOBER med. wb. s(l908) 841*. WEHENSTILLSTAND, m. es kommen ohne erkennbare Ursachen wehenstillstände sogar von stunden und tagen vor W I N C K E L handbttch der geburtshülfe 1, 878. W E H E N S T O S Z , m. wehenstösse: die stossweise erfolgenden geburtswehen beim pferde HÖFLER 692« aus C H R . MAYER fünfzigjähr. erfahrungen über tierzucht(l893) 12. W E H E N S T U R M , m. wenn dieses mehl nur zwei procent mutterkorn enthielt, so erhielt die patientin vier grm. mutterkorn, d. h. eine hinreichende dosis, um allerdings einen wehensturm zu erregen R . R O B E R T histor. Studien aus dem pharm, inst. Dorpat (1889) 1, 22 ; wehensturm ein durch ergotin (mutterkorn) hervorgerufener paroxysmus von geburtswehen, die ohr.e wehenpause rasch sich wiederholen HÖFLER 699b; eine geburt verläuft präcipitiert, wenn die geburtswiderstände gewaltsam rasch überwunden werden . . . die Ursache dieses ereignisses wird mit wehensturm oder hyperdynamia uteri bezeichnet W I N C K E L handbuch der geburtshülfe 2, 8085. WEHENTHÄTIGKEIT,/. die zu starke wehenthätigkeit ist von allen Schriftstellern mit der übermäszigen stärke der bewegungsthätigkeit der gebärmutter identisch aufgeführt. wenn sie aber auch in der regel beide vereint sind, so können sie doch auch getrennt vorkommen, indem die wehentätigkeit und bewegungsthätigkeit des uterus als zwei verschiedene funktionen dieses organes anzusehen sind BUSCH und MOSER handbuch der geburtskunde 4, 94; nicht zu bezweifeln ist es schlieszlich, dasz plötzlich einwirkende sehr intensive psychische affecte gleichfalls nicht selten die wehenthätigkeit auszulösen vermögen EULENBURGS realenc. *26, 111 ; wehentätigkeit f. obst. : contractions utérines de I'accoucbement SCHOBER med. wb. *84l». W E H E N Ü B E R E I L U N G , f . bei noch kürzeren pausen und gröszerer aufregung spricht er (Wigand) von wehenübereilung und den stärksten grad der wehenthätigkeit, wobei die wehen schlag auf schlag folgen, bezeichnet er mit dem namen wehenüherstürzung W I N C K E L handbuch

97

der geburtshülfe

2, 2086.

98

WEHENÜBERSTÜRZUNG, f . . s. wehenübereilung. WEHER, m. namen agentis zum verb. wehen 'flare'. 1) in personlicher bedeutung selten und veraltet: Weier, weiger (fäeherer), vxyrfschaufder LÜBBEN-WALTHER 669«; weher, der, flator, spirans, Ventilator S T I E L E R 2460. 2) in sachlicher bedeutung kann weher jedes gerüth be7 1

9 9

WEHGEHEUL-WEHGESANG

W E H E R - W E H G E F Ü H L

zeichnen, das luftzug erregt: den kornstäuber, Schaufel

D O O R N K A A T K O O L M A N 3, 5 2 9 ' ,

die worf-

LÜBBEN-WAL-

THER 569*, den feutrwedel mit dem man die gluth das. und LUDWIG (1716) 2418, besonders aber den

aufweht f¿icher,

mit dem man sich kühlung schafft und den fliegen wehrt: die weher oder feichel (welche von papier gemacht werden, und deren sich [in Italien] die manns-leute zu sommers-zeiten auch bedienen) CH. Gr. BESSEL schmiede des polit. glüks (1678) 145. a) nach ausweis der Wörterbücher ist dieses weher {neben wehel, m., s. dies) vorwiegend nd.: LÜBBEN-WALTHER 569*; flabellum Weyer, quast gemma vocabulorum

von ca. 1500 bei DIEFENBACH nov. gloss. I75 B ; flabeUum e i n Weyer, muscarium flegenquast CHYTRÄUS (1594) 865;

weher ventilabrum, flabrum BÖDIKER grundsätze (1690) G SB; weher . . . alias wecker, est flabeUum STIELER 2460; weher, m. wäher fächer, ventaglio, rosta, ¿vantail BÄDLEIN (1711) l, 1038; ein w e h e r , flabellum,

wind

zu

machen FRISCH (1741) 2, 429C; weyer: fächer, wedd, luftweher: ventilabrum RICHEY (1748) 887; fächer . . . weger, w a d e r l e , w a i e r , w e d e l JACOBSSON (1781) 1, 682». b) wenn anderseits KALTSCHMIDT gesamtwb. 1056* den

gebrauch des Wortes süddeutsch nennt, so schwebt ihm wol das schweizerische weher m. 'fächer' vor, das STALDER 2, 440 aus Olarus und Schaffhausen bucht, sonst wiegt obd. wächel vor, s. dies. 'WEHER, m. zum verb. wehen 'lamentari'. in alter zeit nur bei STIELER 2459: weher, der, qverulus, luctuosus, cegritudine affüctus. weherinn, die, fcemina qverula . . . weher tarnen et weherinn feri poetica sunt cum compositis. angst-, herzen- et schmerzenweher, in qvestus flebiles sese profundens. auch in neuer mundart nur ganz vereinzelt: weabsr m. das wehklagen, der wehklagende; weabtfran f . wie mask. BACHER Lusern 225. WEHERIN,/. 'klagendes weib', die movirteform zum zweiten weher, s. dies, gleich selten zum ersten weher l): fcemina flans, spirans, ventulum fadens, flabeUifera STIELER 2460. WEHESHALB, adv. wi&shalp, vor schmerz, schmerzes halber

MANKEL mundart

des Münstertals

(1888) 171.

WEHFAHRT, f . seltenes gegenstück zu wolfahrt, wie umgekehrt neben häufigem wehtag seltneres woltag steht: grade des miszlingens (fiasko- oder pleitemachens, des fehlschlagens, der wehfahrt) E. F. FRIEDRICH skattarif des Kdnigsberger skats 8. WEHFINGER, m. kinderwort für den wehthuenden, zumal den durch panaricium (wurm, adel) leidenden finger, HÖFLER krankheitsnamenb.

887», von erwachsenen

nur

mit

vorbehält gebraucht: es ist ein zauber- oder heilspruch, heute allerdings nur noch von den kindern und kinderfreunden . . . (in Heinsberg bei Jülich) zur besprechung eines kindlichen 'wehfingers' und dgl. angewandt zs.für d. Unterricht 5, 694; entspr. 8, 120 aus Franken. WEHFRAU, f . frau die der gebärenden in den wehen beisteht, jünger und seltener als hebamme und auch als das nächststehende wehmutter (s. u.). für ADELUNG scheint wehfrau das geläufigere wort zu sein: die wehfrau . . . eine hebamme, welche auch wohl wehmutter genannt wird, auch bei CAMPE bekommt wehmutter nur eine Verweisung auf wehfrau, doch ist ihm jenes das gewöhnlichere wort, ursprünglich wol md.: auch im falle der not, wie die christlichen wehefrawen die heilige t&uffe den kindern m i t t h e i l e n MATHESIUS Sarepta

(1571) 194*;

kindermutter

oder hebamme, auch wehmutter, wehefrau, püppelmutter AMARANTHES frauenzimmerlex. 1044; (der nix) hatte eine grosse mulde voll gold und setzte sie in dem schönen hellen zimmer der wehfrau vor GRIMM sagen \ 72; LIECHTENSTERN

sachwb.

(1834) 10, 288, K A L T S C H M I D T

samtwb. 1056*, WEIGAND *2,1064, nirgends aus echter

ge-

mundart.

WEHGEBRÜLL, n. vom schmerzensschrei kranker kühe: and nun schritt er mit dem beil davon und nach der richtung hin, aus der das wehgebriill gekommen war E . ZAHN die da kommen

und

gehen

(1909) 145.

WEHGEFÜHL, n. weh bereitendes gefiihl, zum subst. weh, wie dieses vorwiegend von sedenschmerz, zumal trauer: der gedanke an meine ewig geliebte mutter . . . ist nicht mehr von jenen ersten heftigen schmerz begleitet, er ist in ein sanfteres wehgefühl gewandelt WILHELMINE STRECKER an Bürger (briefe 4, 77 Strodtmann);

100

und so auch überkam in jener zeit in mitten fröhlich lärmender gelage, mein herz oft plötzlich solche traurigkeit, solch wehgeftlhl, als ob es alles leid der weiten weit in seinem schoosze trage HALM 7, 2 9 3 ;

er verstand nur halb ihre worte; aber er verstand, dasz sie sich von ihm gewendet, ein unsägliches wehgefühl ergriff ihn HEYSE nov. l, 118 (am Tiberufer); an Borromäus dachte er kaum, oder doch nur mit einem völlig gestaltlosen dumpfen wehgefühl 226 (büd der mutter). die bedeutungen 'erschütterung, Übelkeit kommen dem körperlichen schmerz näher: dann wird ein wehgefühl durch deine ruhe schlittern RAMLER bei Campe;

wer diesen bärentanz ohne wehgefühl nur ansehen kann, für den tanzen sicher die Vulkani nicht AYRENHOFF werke (1814) 5, 818, 18. in körperlichen schmerz mündet das wort poetisch und in wissenschaftlicher rede aus: denn, schmerzt uns nur der finger, haben auch die Übrigen gesunden glieder etwas von wehgefühl (to that sense of pain) SHAKESPEARE Othello 3, 4;

das gefühl ist entweder ein wohlgefühl oder ein wehegefühl STRÜMPELL psychologie 97. WEHGEHEUL, n. ein heulen zum ausdruck von weh, zum subst. weh wie wehgebrüll, -gekreisch u. s. w. und wie diese auch von subjecten, die ihren affect nicht mit der interj. weh ausdrücken: im wehgeheul des sturms BAGGESEN bei Campe;

sieh hier alles vereinigt. . . wehgeheul des verzweifelnden lästerst dumme wuth . . . des betrogenen betrugs LAVATER physiogn. fragmente 1, 98; hoch brennt der wald, vom lager aufgestöret, das wild verzweifelnd aus den gluten stürzet, gewecket von des wildes wehgeheule . . . kommt, schwirrend rings heran mit trunkner eile der vögel schwärm in seinen tod geflogen LENAU ged.

(1857) 1, 224.

meist aber von menschen, zumal solchen, die sich nicht zu zähmen wissen: er hatte den wunden Cappan gepflegt 1 noch gröszere arbeit war es ihm, des Hunnen langes ehegemahl zu trösten, nachdem das erste wehgeheul verstummt und ihre thränen getrocknet, war bis nach Sonnenuntergang ihre rede nur ein einziger groszer fluch auf den klostermaier SCHEFFEL Ekkeh. 801. im krassen stil auch von anderen: das wehgehenl geschlagner väter, der bangen müter klaggezetter, das winseln der verlasznen braut ist schmausz für unsre trommelhaut SCHILLER 1 , 1 3 0 . 2 , 1 5 4 ( r ä u b e r 4, 5 ) ;

des Orkus dampfgestaden entächzte wehgeheul KOSEGARTEN bei Campe; ja räche — räche labt, erquickt mich noch! des vaters tod, der mutter gräszlich leben, die angst, die qual, mein wehgeheul; ihr sollt es rächen — höret ihr? COLLIN Segulue 104 (III 5).

m. leid kündendes gespenst, vielleicht dem gr. xaxo6alfi(i)V nachgebildet: dort schwebt der wehegeist heran, der schwarze schatten, der durch dieses haus fährt, wenn das unglöck naht, die schuld und die busze F R E Y T A G haruischrift 8, 201. WEHGEIST,

WEHGEKREISCH,

n.

ich bin ein altes krokodil. . . ich weisz mit list'gem wehgekreisch mir stets die mahlzeit zu erwttrken

GEIBBL 4, 86 (spätherbttbl.).

WEHGERÖCHEL, n. vom sterbelaut des menschen: eöffnete erden . . . ie mutter den Säugling ins wehegeröchel and sterbegewinsel hinuntergurgelnd HÖLDERLIN (1788) 1, 68

W E H G E S A N G , m. ein S C H M I D T gesamtiub. 1056».

Litzmann.

klagdied, eine degie seltsam von thieren: schweren, dumpfen, hohlen klanges scholl des abschieds thränenvolle stunde, wie aus heis'rer unken munde die stimme des wehegesanges

KALT-

KOSEGARTEN bei Campe.

101

WEHGESCHICK-WEHGESCHREI

SCHILLER 11, 390 ( s U g e q f w t ) .

von der klagenden frau auf das verwünschende zaubcrweib übertragen: und wie sie eben durch den pfeilergang gewander schleppend, wehgesänge murmelnd an mir vorüberschritt GEIBEL 6, 90 (Brunhüd 5, 1) ; endlich auf die belebte natur: klage nur, nachtigall, wehmüthig über unser aller erbfirmlichkeit : dein eüszes adagio klingt nur in den wehgesang der natur über unsern abfall, der sich täglich erneut TIECK novellen (1854) 10, 511 (Waldeinsamkeit). WEHGESCHICK, » . das ahd. wèwurt 'leidvoUes Schicksal' lebt bei zwei nhd. dichtem auf, denen doch nicht noth wendig das Hildebrandslied dabei gegenwärtig war: allein mit ruhigem und festem herzen, als könnt' er auch mit wehgeschicke scherzen, begegnet er der unheilschwangren künde W . v . HUMBOLDT get. werke 7, 453;

meine armuth, mein wehgeschick, was mich kränket, und was mich drängt, alles schauet mit einem blick gott, der's lenkt RÜCKERT ge«. ged. 4, 107 (werte 7,165). WEHGESCHLAGEN, adj. part. zu einer wendung mit weh schlagen, die sich den th. 9, 86*/. genannten bildlichen Verwendungen von schlagen anreiht: du jammervolle, wehgeschlag'ne Stadt GRABBB werke 3, 271 (.Marius 11). WEHGESCHREI, » . schreien als ausdruck von schmerz und leid, zum subst. weh (s. wehgeheul). 1) dieser herleitung entsprechend nicht auf wesen beschränkt, die ihren affect in die interj. weh kleiden können, sondern auch von der belebten oder belebt gedachten natur some von abstracüonen: als unser herr nun war an's kreuz geschlagen erhoben alle vögel wehgeschrei RÜCKERT ges. ged. 4, 305 (werke 2, 241) ;

vergebens erhoben sich auf das wehgeschrei der Wurzel alle blumen E. TH.A. HOFFMANN sämü. werke 12, 32 Orisebach; eines neubaues der geschichte, welchen eine unbegreiflich hohe waltung unter wehgeschrei zur weit bringt. DAHLMANN geschichte der franz. revol. 3. 2) meist aber von menschen und so seit dem frühesten auftreten: d. Faust fiel vom stuel in die klufft jmmer j e tieffer hinunter, mit grossem zetter vnd wehgeschrey Volksbuch v. Faust (1587) 51 neudr. ; wer lest sich mit wehgschrey hie hSrn vnd wolt vnsem triumph zerstSrn? AYRKR dramen 1, 159 Keller. a) träger der klage ist oft eine frau : das wehgeschrei der jüdischen Rahel, dasz es mit ihrem geschlecht aus sei, erinnert an den baldigen Untergang Judäas HERDER 19, 403 Suphan; das getümmel geplünderter städte, das wehgeschrei geraubter weiber . . . sie füllen die trompete der fama 23, US; er ging ins kutscherh&uschen, wo die seinigen ihn mit lautem wehgeschrei empfingen 20, 168;

o wie hab ich grund, da deins die hälfte meines leids nur ist, dein wehgeschrey durch meins zu übertäuben SHAKESPEARE Richard 3. 2, 2 Schlegel 9, 76 ; war nur mag das sein? vielleicht des ritters wittwe, die mit klagen und wehgeschrei mein ohr betäuben will TIECK Schriften

(1828) 3,127;

dasz sie hier durch ein ungemessenes, unangenehmes weh- und klaggeschrei verstöre diese ernste feierlichkeit RÜCKERT werke 9, 336 (enttpr. 3, 41). b) männer erheben ein wehgeschrei, sofern sie ihren affect nicht zu zügeln wissen, faune, ungebärdige züchtUnge, wilde: welch ein erbärmlich wehgeschrei ! GÖTHE Weim.

102

komm und abschied... durch schläge erhielten KERNER büderbuch (1849) 338; der stamm . . . erhebt ein lantes wehgeschrei RATZEL Völkerkunde (1888) 2, 74. daher mit dem ausdruck der miszbiUigung: es darf die feier der comitien nicht angstausruf, nicht wehgeschrei entweihen

die gegebene trägerin der klage ist die frau: and in langen reiben, klagend, sasz der Trojerinnen Schaar . . . in das wilde fest der freuden mischten sie den wehgesang, weinend um das eigne leiden in des reiches Untergang

H O L T E I erzähl. Schriften

WEHGESICHT-WEHHAHN

1,16, 79;

das wehgeschrei solcher, die . . . den sogenannten will-

COLLIN Regulus

145 ( T 5 ) ;

man wartete, bis die wirtschaftliche nothwendigkeit die bekehrten feinde in das preuszische lager trieb und dergestalt die alten pläne des prenszischen beamtenthums unter dem wehgeschrei der unbelehrten liberalen ins leben traten TREITSCHKE hist. und polit. aufsähe 1, 246. berechtigt dagegen im höchsten affect, 100 es sich um leben, tod und äuszerste bedrängnisz handelt, fast nur dichterisch: am andern ufer sahen sie die that, doch durch den ström geschieden, konnten sie nur ein ohnmächtig wehgeschrey erheben SCHILLER 14, 410 (.Teil V 1 ) ;

er horte viele nächte ein wehgeschrei vom Rhein

SCHENKENDORF ged. (1815) 99;

derweil im weiszen schlosz ein wehgeschrei erscholl RÜCKERT werke (1869) 12, 152;

da werden auf das wehgeschrei- der frommen zu tausenden die wilden raben kommen LENAU werke 4, 24 Qrün; flieht, war die losung, der himmel rot von brand und Wachtfeuer, die luft erfüllt vom wehgeschrei flüchtender leute SCHEFFEL Ekkeh. 176; ein wehgeschrei gellt duroh das land ROSEGGER Schriften 13, 89. geflissentlich übertreibt HIPPEL: ich hab indeszen leute gekannt, denen vom rothen übel ward, es war ihnen ein ach und wehgeschrey lebensläufe nach aufst. linie (1778), 1, 485. WEHGESICHT, N. leidensmiene (dies th. 6, 678 nachzutragen): ihr (MageUmei) feuervoller blick aus schwarzen äugen stach sehr von dem ach- und wehgesichte LANGBEIN « C h r i f t e n (1841) 1, 817.

des gastwirths ab W E H G E T Ö N , n.

JEAN P A U L fügt

zu g e t ö n , das

er

gern

braucht, das subst. weh als qualitative bestimmung. seine bildung tritt neben angst-, trauergetön und in gegensatz zu freuden-, jubelgetön (th. 414399): auf einmal wurde ein herzschneidendes wehgetön nahe geweht, welches klang, als stöhne das Weltall herbstblumine 3, 16. WEHGETÜMMEL, n. neben zahlreichen Zusammensetzungen mit getümmel aufgrund seiner genetivverbindungen (th. 4 I 4586/.) steht vereinzelt die mit der qualitativen bestimmung weh: erscheine, recht der grossen himmel I erschein' und sitze zu gericht und hSr' ein seufftzend weh-getQmmel, doch mit verstopfften ohren nicht GRYPHIUS trauersp.

WEHGEWINSEL, n.

(1668) 424.

neben jammer- und klaggewinBel

(th. 4 I 6105):

in lautem wehgewinsel wird sie weinen, wird mit den händen ohne mitleid schlagen ihre brüst (¿jU* ö!-vt6vovs uir ^gijwjffet) CHR. STOLBERG 14, 202 (SOPH. Aiat

631).

WEHGICHT, /. Zuckungen, die mit den geburtsschmerzen auftreten, ecla/mpsia parturientium HÖFLER 192*. in einem Handschuhsheimer gichtsegen von 1818 werden sie besprochen .* man musz zuerst den taufnamen sagen und sprechen: 77 tag die reiszenden gichter, die wehgichter, die schwimmenden (lies: schweimenden) gichter, die milzgichter und die verfluchten gesichter HEILIG ZS. des vereint für volksk. 1895, 296.

WEHGREISTEN, verb. in geburtswehenstöhnen, kreisten: sih, do w^-greist eer ain b8s stykke, grosbeuchet gangen mit finglukke: wird aber aiE fttler gebaem MELISSUS psalmen 89 neudr. WEHGUTTER, /. flasche mit arzneien zur förderung der geburtswehen: wihgöttera TOBLER appenz. sprachsch. 443*, zu gutter 'flasche' aus mlat. guttarium. WEHHAFT, adj. wehicht, wehesam et wehhaft, adj. et adv. lamentarius, lamentabüis . . . STIELER 2459; danach: wehehafft, oder wehsam . . . wofuU, dolefuU LUDWIG (1716) 2413. WEHHAHN,

m.

der

wel'rhaon und w&rhaon, 'wehen')

DANNEIL

altmärk.

im

wind

wetterhahn:

wehende

Wetterfahne (weir von 246.



wein

103

LÖBBEN-WALTHER

568B.

WEHHERZIGKEIT, f . entsprechend der gelehrten bedeutung von wehherzig: weeherticheit, bloedicheit, ontsynnynge, raserie vecordia. weherticheit vecordia v. d. SCHUEREN

490»

teuthonista

WEHICHT, WEHIG,

Verdam.

adj. su w e h e n verb.

und

weh

subst.

wehig 'windig' einzig bei CAMPE und dort als veraltet, vorher bei STIELER 2461 : wehieht et wehend, adj. et adv. ventosus, ventilons, »pirana, proflans, wehichter ort, loca ventis expósita, conflages. daneben kennt STIKLER 2459 wehieht lamentarius, lamentaUlis, das eich in der Steiermark als wehet "leidend, krank' widerfindet UNGERKIÜUI.L

623».

WEHIGKE1T,/. im bayr.-östr. des 13.jahrh. als wêwicheit : elliu laster und schände und schäme und wêwicheit vr&xn im (Adam) begegenet und der grimmige tôt altd. predigten aus St. Paul in Kärnten 13, 20 Jeitteles. WEHKLAGE, f. von

da

ins

nnl.

ein

wort

gedrungen:

79SV w e e k i a a g e , w e e k l a g t

der

nhd.

Schriftsprache

weeklaeghe

KILIAN

K R A M E R (1759) 2018.

104

WEHKLAGE

WEHHALTEN-WEHKLAGE

WEHHALTEN, plur. im einmaligen Wortspiel mit ehh alten 'dienstboten' wie stereotyp wehestand mit ehestand : alles das sein stehet i n fremder, gefehrlicher misztrawiger band, sein eygene ehhalten, j a weehalten, knecht vnnd mägd betriegen j h n e darumb FISCHART Oitrg. 100 neudr. WEHHERZIG, adj. gebildet wie wehmäthig und diesem noihwendig gleichbedeutend, aber in den Wörterbüchern früh unter einflusz des scheinbar gleichen lat. vecors gerathen; weehertich (of weickhertich) vecors. weherttich vecors v. d. SCHWEREN teuthonista (Cleve 1477) 480» Verdam ; danach: vecors, vecordis weehertzig quasi ve in corde habens gemma gemmarum Str. 1508 und noch 1520; danach wider: wehherzig ohnmächtig infolge von herzweh HÖFLER 281». die gelehrte bedeutung auch mnd. in quellen, die vom latein abhängen: dat sint ghecke kinder v e d e wehertich (filii insipientes sunt et vecordes) Lübecker bibel von 1494 Jer. 4, 22; vnde sa sprak to deme wehertigen (vecordem iuvenem) Truiebtds Halberstädter bibel von 1522 jrrov. 7, 7. dock mnd. auch die allgemein vorauszusetzende bedeutung 'betrübt' : vakene vnde vele straffende dynen vorreder Jndam, deme du ok in dat leste drovelik vnde weeherdig dat genettede brod hefst gegeuen speygel der dogede (Lübeck 1434) 358 bei SCHILLEF-LÜBBEN 5, 653;

und (1777)

auch TFAU.

nächsten, doch tsi er stärker, die wehklage besser formuliert. ein unterschied, den WEIGAND wb. der synonymen* 2, 202 F. glücklich an SCHILLERS braut von Messina vergegenwärtigt: der eher läszt, über seinen getöteten fürsten die stimme der klage und wehklage erschallen, aber Aber den stummen erwacht lauter unermeszlicher jammer

bei der mutier, als sie die leiche erblickt, so theilen sich beide Wörter in das fdd, wo sie neben, einander stehen: w o er weilet, ist der frühling, ¡acht er, Humen aufgebrochen, leid und jammer, weheklage stirbt dem weg, den er erkohren TIECK Schriften

(1828) 1, 28.

andere Synonyma stellen sich mehr gelegentlich daneben: es traf nur leider ein, w a s zeichen, fall und heulen und manche weheklag zuvor hat angedeut NBUKIRCH in Hoffmamiewaldaut u. o. gedichten 3, 224;

allgemein verbreiteten sich wehklage, elend und mangel RAUMER gesch. der Hohenstaufen (1823) 1, 46; denn zu allen Zeiten haben die menschen das nahende alter übel empfangen . . . oder sind doch in wehklage darüber ausgebrochen J. GRIMM kl. Schriften l, 194; das haus fand er erfüllt von wehklag' und get5n RÜCKERT werke 11, 60.

a) dasz wehklage die laute, in worte gekleidete Hage ist, wird gern betont, oft durch ein benachbartes verbum: auch hab ich gehört die wehklage der kinder Israel LUTHER (1545) 2. Mos. 6, 5; (worin ich) das gewimmer der weh&klagen nicht hörte SCHUBART leben i, 52; mein got, mein got, w a r y m verl§st-dü mich, von meinem heil entwichen hindersich, enteuisert weit vom rugzen iabnerlich

meiner wjklage ?

SCHEDB pealmen 73 neudr. ;

mein knän w a r meinem damahligen bedüncken nach der glücklichste, weil er mit lachendem munde bekante, was andere mit schmertzön und jämmerlicher weheklage sagen musten Simpl. l, 22,-12 Kurz; er . . . rief ihre namen den leeren öden wänden des hanses . . . in lauter thränender wehklage vergeblich zu LENZ ges. Schriften 3, 132 Tieck; unglückseliger! zürnte sie mir, dir weint' an der lippe w e h k l a g ' ; und du hörtest nicht hin KI.OPSTOCK Oden (1889) 2 , 1 0 * ;

seltener durch attributive zusätze: darum nur eitel wehklag sind, die sr aussbreit mit Worten hoch H . SACHS werke 18,343 Keller-Götze;

veklage, achwed. veklaga sind junge enüthnungen aus dem nhd. ursprung. klage vereinigt zwei in ihrem ursprung zusammenfallende, im gebrauch weit auseinander entwickelte bedeutungen: 'querimonia' und 'gerichtliche klage', wehklage ist verdeutlichende zussrmmensefoung mit dem subst. weh, die jene erste bedeutung sichert, das bestreben zu unterscheidei tritt gerade in den frühesten belegen hervor: (in aber mache eine wehklage vber die fürsten Israel

w a r u m , frag er, erfüllst du aber hier den leeren wald mit deinen wehklagen? MUSÄUS roUcsmärclten 1, 27 Hempel. b) noch mehr als klago selbst (s. th. 5, 907) musz wehklage auf pluralische ausdruckst/reise hindrängen, da bei ihm der gedanke an den ausdruck der klage in Worten stärker ixt. LUTHER, der bis 1541 klaget. 5, 15 übersetzt L O T H E R (1545) Hesek. 13, i ; d u M e n s c h e n k i n d , mache, hattei vnser reigen ist j n n wehklage verkeret., läszt 1545 eine wehklage vber Tvrum Hesek. 37, 2; entspr. 2& lä. den plwi'ai siegen, weiterhin bleibt dieser gleich, häufig: 32, 2, im citat bei H. SACHS gemerkbüchlein 8S neudr. gott erhört jre weeklagen, vnd gedacht an seynen pundt de,mit tritt wehklage neben jammerklage (s. da)-, j a m m e r Zürcher bibel (1531) 2. Mos. 2 D ; ein mensch, der seine klage, sive wehklage, ¿julatio, lamentatio, qviritatus wehklagen v o » Gesellschaft zu gesellschaft trägt, ist ein STIELER 963, ist aber im gegensatz zu diesem dem mhd. pedant seiner traurigkeit J. F.. SCHLEGEL werke 5, 74: noch durchaus fremd, schon darum ist WILKENS herkeine wehklagen über andere, so gegründet sie seyn sUilur.g möchten LAVATER verm. Schriften 2, 90; die bauten . . . uat man wiklage von im vemam Tyrol u. Fridebrant 9.2 fiengen mit lauten wehklagen an, wenn ihre hütten einfür Überliefertes onde w e m a n klage unmöglich, noch stürzten MILLER Siegwart 2, 485; daher eilt das Zeitalter die vorlutherischen Übeln kennen wehklage nicht, bei auf seiner bahn weiter, ohne a a f dis wehklagen eines LUTHER ist es dann vorhanden, wo jene klag, d a ; seuftzen, hypochondristen zu hüren G. FORSTER sämtl. Schriften wainen bieten, die hd. Wörterbücher buchen wehklage seit 5, 66; das glück und die wehklagen begünstigter und T56L: die weeklag ein kläglich weinen vnd heulen, ein unhegönstigier lieb© scheinen . . . ans buchen und wald, jämerlich geechrey von grossem kamber vnnd leid ans meer und luft laut zu werden H. STEFFENS was ich MAALER « 7 B , die meisten bringen nichts erhebliches bei: erlebte l, 318; ihre wehklagen dringen dnreh mark und G O L I V S OFT68.

besser vereinigen sich die gegensätze im wehmüthigen lächeln: da sah die freude mit wehmüthigem lächeln ihren begleiter an FOUQUE zauberring (1818) l, 10; indem er seine worte mit einem wehmütigen lächeln begleitete, das er ihnen wie eine liebkosung mitgab, um sie in die herzen der hörer einzuschmeicheln R. HUCH triumphgasse (1908) 10, dies auch adverbial: die . . . herren vom gerichte lächelten wehmüthig H O L T E I erzähl. Schriften 8, W9. fremder bleibt: mit wehmüthigem humor G. HAUPTMANN eins, menschen 75 (akt 8). selten wird die antithese durch ein adverb eingeführt: von der Chaussee sang eine baritonstimme, die sich entfernenden Strophen des alten frohwehmütigen Wanderlieds KAHLENBERG Eva Sehring (1901) 39. durch einfache umkehr wird dabei wehmüthig selbst zum adverb: kannst du dir wohl vorstellen, wie leicht, wie wehmüthig froh dem Schiffer zu muthe sein mag, dessen fahrzeug in einer langen, finstern stürmenden n a c h t . . . umhergetrieben ward, wenn er nun an der sanfteren bewegung fühlt, dasz ein stiller, heiterer tag anbrechen wird ? H . v. K L E I S T briefe an s. braut 806 Biedermann; ein wehmütig lächelnder mund . . . ihnen eigen-

133

WEHMÜTHIG

WEHMÜTHIG

134

eo, eh' der schlaf die augenlider tümlich GRIMM Michelangelo (1890) l, 18; allein möchte mir schlieszt bei nächtiger einsamkeit, er bleiben mit seinen wehmüthig-süszen empfindungen ruft er wehmütige bilder wieder HOLTEI erzähl. Schriften 7, 147; welche verführerische aus schönerer Vergangenheit stimme raunte ihm das geheimnisz wehmüthig-wonneMOLTKE ges. Schriften 1, 252; voller eehnsucht... in ohr and brast? 21,10. einen besonders wehmüthigen eindruck macht der an6) auszerdem bedeutet attributives wehmüthig 'voll blick der gewaltigen trümmer groszer bürgen 4, 22; schon innerer trauer' stets, wenn der träger der eigenschaft ein so betrachtet gewinnt das bild des Brygos einen wehmensch, ein nicht geäuszertes gefühl oder eine Vorstellung ist.mütigen inhalt H. BRUNN kl. Schriften 3, 129. a) die erste möglichkeit ist unter den ältesten Zeugnissen S) fügungen anderer art bleiben vereinzelt und berühren für wehmüthig III vertreten, nachmals selten: etwas einem uns fremd: übersah ich nun öfters die grosze masse, die stolze ähnliches, wovon der wehmütige deutsche keine vor mir lag . . . so fühlte ich mich in wehmüthige Verahnung hat ARNDT sämtl. werke l, 158; dem wehmüthiworrenheit versetzt GÖTHE Weim. I 41 II 27; in jeder gen, brütenden, träumerischen Hamlet BÖRNE ges. Schrif- ernsthaftesten und heitersten, glücklichsten und wehten 2, 172. mütigsten katastrophe des lebens HUMBOLDT briefean ß) um so besser entwickelt ist dieses wehmüthig bei Welcker 102; diese familie ist wirklich ganz liebe und gefühl und empfindung, zunächst bei diesen umfassenden wehmüthige treue gegen alle, dio ihnen je nahe geausdrücken selbst: kann die traurige, wehmüthige empfin- standen DROSTE-HÜLSHOFF briefe an L. Schücking 168. dung des ewigen scheidens . . . treuer gesagt werden, als 8) als eigenschaft von worten, Seufzern und blicken ist in (Klopstocks) ode 108 an Fanny? HERDER S, 860 Suattributives wehmüthig von haus aus im gleichen sinne phan; Kreisler hatte noch nie den alten so tief bewegt 'voll tiefer trauer' gemeint, kann aber anders verstanden gesehen, wie dieser denn von jeher keiner wehmütigen werden: 'als ausdruck innerer trauer'. keine dieser geempfindung räum geben wollte, sondern dergleichen brauchsweisen reicht ins 17. jahrh. zurück: wegzuspotten pflegte E. TH. A. HOFFMANN sämtl. werke a) vorwiegend von worten irgend welcher art: der10, l « Qrisebach; ohne dasz sie von einem dieser gegengleichen wehmütige wort brachte er noch viel vor stände trost für ihre wehmütigen empfindungen zugeGRIMMELSHAUSEN Vogelnest 2, 477 Keller; er ist über sprochen bekommen hätte IMMERMANN l, 83 Hem/pel. den Juras zurückgekommen, seine geister sind mit bei Mittel- und Norddeutschen dafür lieber wehmüthiges trübsinn umwölkt; er hält wehmütige anreden an seine gefühl: wird uns nicht zu theil, was wir begehrten, so Staaten, dasz sie ihm von neuem gold und truppen geben entsteht nicht eben schmerz und leiden, als ein wehBODMER Karl v. Burgund 21, 33 (III L) neudr.; brach in mütiges niederschlagendes gefühl, sondern verdrusz . . . wehmüthige worte aus SCHNABEL insel Felsenburg FICHTE Sittenlehre (1798) 246; in dem gewühl aufgeregter 65, 19 neudr.; da er sich eben fertig macht, die luft. . . leidenschaft.und wehmüthiger gefühle HUMBOLDT Kosmit einem wehmühtigsten geschrey zu erfüllen LISCOW mos 2, I i ; das wehmüthige gefühl, welches jeden gebilSammlung sat. u. ernsth. Schriften 158; rief mit wehmüthideten ergreift, wenn er hört, dasz ein mann wie sie . . . ger stimme MusÄus Volksmärchen 1,52 Hempel (Rübezahl 4); an schmerzlicher krankheit leiden musz, kann ich ihnen da er ihn {den brief) zum dritten mal anfieng, rief er nicht schildern GRABBE werke 4, 861 Blumentlud; es ist mit wehmüthiger stimme HIPPEL lebensläufe (1778) 1, 181; überhaupt ein wehmütiges gefühl für den maier und ich winkte dem kleinen enget noch ein wehmüthiges bildhauer, dasz er seine werke, wenn sie wirken sollen, lebewohl zu PFEFFEL pros. versuche 1, 190; selten stirbt in alle weit zerstreuen musz RIEHL, deutsche arbeit (1861) ein mitglied irgend eines collegii, ohne das einige der 287. nächstdem wird das herz als sitz des gefühls wehübriggebliebenen collegen mit wehmüthigem nachdrucke müthig genannt: ich drücke sie noch einmal an mein sagen sollten . . . ABBT verm. werke 6 I 243; getrost scheiwehmüthiges herz GLEIM briefwechsel l, 168 Körte; nen möchte der Vorredner, und endigt dennoch in wehmütigem ton Voss antisymbolik (1826) 2, 305; darauf traten mehr nur erregt ihr auch Preuszen, Hannover . . . und einige kleine bei. die mein wehmütiges herz Voss »ämtl. ged. 3, 60; meisten gaben nachher wehmüthige schriftliche erklärungen hinzu. Preuszen fügte sich nur, weil es immer deinen lieben brief vom 26. d. m. habe ich ebenfalls hier noch besser sei 'einen unvollkommenen bund zu schlieszen vorgefunden und mit wehmüthigem herzen die details von vaters leiden daraus gelesen MOLTKE ges. Schriften als gar keinen' TREITSCHKE d. gesch.* L, 705; die mutter 4, 266, sodann die Stimmung als gesamtergebnisz der ein- . . . hatte ihn . . . mit guten lehren entlassen, freundlich zelnen gefühle: dieser wehmütigen herzensstimmung ihres — aber ohne wehmüthige abschiedsworte HOLTEI erzähl. Schriften 5, 10; Oswald blieb bis zum augenblioke des fürsten hatten es auch seine grosze und kleinen beletzten abschiedes gleichgültig, auch bei den wehmüthigdienten zu danken . . . SCHUBART leben L, 261; die Stimsten anrufungen von Seiten der mutter 18, 289. mung einer wehmütigen melancholie GUTZKOW ritter vom geist (1860) 1, 128, anderseits auch bestimmte einzelne et) die worte können inhaltlich im sinne der wehmuth gefüÜU: meine beruhigung wäre alsdann diese, dasz bey bestimmt sein, als bitte oder klage: welche ehre anzueinem gewaltsamen zorne kein wehmütiger gram räum nehmen sie ihn auch mit wehmühtigen bitten und flehen haben könne LESSING 2, 804 Lachmann-Muncker; ein nöhtigen Liscow Sammlung sat. u. ernsth. Schriften 762; wehmüthiges mitleid überrascht uns plötzlich, und wir wir drangen mit dem wehmüthigsten flehen in ihm zerflieszen in thränen MENDELSSOHN philos. Schriften BAHRDT geschickte s. lebens (1790) l, 66; die wehmüthige (1777) 1, 76; nicht zürnend, nur wie mit wehmütigem herzliche klage drang tief in die seele des hörers GÖTHE schmerze LUDWIG ges. Schriften 1,208; aus einer . . . weh- Weim. I 21, 218; sie . . . macht in solchen wehmütigen mütigen innbrunst weinen WACKENRODER herzenserg. klagen ihrem kummervollen herzen räum maier MÜLLER (1787) 7; die innig wehmüthige thierliebe in uns . . . werke l, 31; da brach sein herz in wehmüthige klagen deutet das nicht noch weiter, nicht auch noch auf unser aus ARNIM werke 11, 52 Grimm, jenseit hinaus? FOUQUE gefühle, bäder (1819) 2, 88; ohne ß) die klage ist kunstmässeig gestaltet: eine wehmütige regung MÖRIKE werke 8, 44 Göschen. dir nur, liebendes herz . . . y) später und seltener von Vorstellungsinhalten: aus sing' ich traurig allein diesz wehmüthige lied KLOPSTOCK oden 1, 31; wehmütigen träumen fährt der knabe auf maier MOLLER werke l, 262; erfüllen uns mit der wehmüthigen ahnung lasset uns jetzt eins der rührendsten gedichte der Ebräer ARNIM werke 7, 6 Grimm; rest einer alten wehmüthigen lesen, in dem das kühnste siegesgemälde der alten weit naturreligion, die sich in Hylas und Hyakinthos . . . kund zur wehmütigsten elegie wird HERDER 12, 70 Suphan; sah gebe WELCKER alte denJcmäler 4,176 anm.; Natalie zieht er die frauen . . . und hörte, wie sie ihren wehmütigen, mich mit liebesbanden in die Wirklichkeit zurück, der nicht melodischen trauergesang erhoben RITTER erdmich die wehmüthige erinnerung an frühere Zeiten oft kunde 15, 347; wenn ich . . . liege, höre ich oft ihren wehentführen möchte HOLTEI erzähl. Schriften 2, 11; in weh- mütigen gesang Pocci lust. komödienbüchlein 9; auch hier müthiger erinnerung an die Vergangenheit öffnete ich die ist wenig regelmäszigkeit, aber die sohönste blume der niedere thilre zum pedantenstübel STEUB drei sommer ernsten und besonders wehmütigen poesie SOLGER nachgel. in Tirol 1,167; schriften (1826) 1, 2; eine wehmüthige sage MOMMSEN 9»

135

136

WEHMÜTHIG

WEHMÜTHIG

röm. geschickte l , 303; nicht u m s o n s t gedenke ich gern des W a c h t l s , d a ich dort a u c h z u m e r s t e n m a l ein Volkslied aus d e m Unterinnthal g e h ö r t , welches in s e i n e r wehmüthigen, a c h t b a j u w a r i s c h e n weise alle anziehen m u s z STEUB drei sommer in Tirol 1, 25. b) die kunst kann dann auch der worte entbehren: aber m i t einem englischen t a n z fing ich a n , und hörte m i t der düstersten, wehmüthigsten p h a n t a s i e auf J. M. MILLER briefwechsel (1778) L, 55; die w e h m ü t h i g e n klänge (des posthorns) zitterten durch die trübe n a c h t HOLTEI erzähl. Schriften 24, 47; das spiel w a r beendigt, das pianoforte schlosz n a c h einer triumphierenden passage m i t einigen wehmütigen akkorden MÖRIKE werke 3, 127 Göschen, so bedarf auch der unmittelbare gefühlsausdruck nicht erst der worte: die elegie will d e m leser durch ihre w e h m ü t h i g e n und verliebten seufzer und klagen eine innige . . . gemüthes-bewegung abnöthigen BREITINGER crit. dichtkunst (1740) 1, 88; aber ich spürte w o h l , wie es in i h r e m busen fortwährend arbeitete, zornige und wehmütige seufzer sich bekämpften und m i t einander zerdrückt und hinuntergesperrt wurden KELLER ges. werke 2, 226; oder ob n u r ein w e h m ü t h i g e r seufzer a u s seiner brüst sich losringt SCHERER lit.geschickte7 492.

seegen fiieszt mit dem blute, seegen auf die mSrder, wenn sie einst wehmütig fühlen des Verbrechens abscheulichkeit und gnade erwinseln LENZ ged. 3 Weinhold; sie empfand diesen Wechsel wehmütig MÖRIKE werke 3, 146 Göschen, der ausdruck des empfindens braucht nur implicite in dem satze zu stehen: wehmütig g e w ä h r t e n die v e r w a n d t e n der t o t e n das g a s t r e c h t bei dieser letzten einkehr KELLER ges. werke 2, 83. b) neben verben, die ein thun bezeichnen, ist das adverb ursprünglich ebenso gemeint, doch besteht hier die möglichkeit, es aufzufassen als 'mit dem ausdruck innerer trauer' (entsprechend III A 3). subject ist dabei stets ein mensch: er forderte ein glas w e i n , t r a n k aber nicht, sondern sasz ganz w e h m ü t h i g in einem winkel HEBEL sämtl. werke 3, 497. a) in der regel geschieht das thun einem andern zu liebe: Usong küszte dankbar und w e h m ü t h i g dieses verm ä c h t n i s z HALLER Usong (1771) 34; i n d e m er sich z u m Sebaldus w a n d t e und i h m wehmütig die h a n d drückte NICOLAI Seb. Nothanker 2, 101; er k a n n n i c h t s weiter r e t t e n und entfernt sich w e h m ü t h i g GÖTHE Weim. I 38, 29;

c) zumal können blicke wehmüthig in diesem sinne sein: a c h gott, da siehst du m i c h n u n wieder m i t d e m wehmütigen blick an, den i c h so fürchtete TIECK Schriften 2, 295 (abschied l, 5); wohl wirft er da einen wehmütigen blick auf den Untergang der r e i c h e n w e i t heidnischer Schönheit TREITSCHKE hist. u. polit. aufsätze 1, 6 ; ich p a c k t e m e i n e bilder z u s a m m e n und w a r f i m abgehen einen w e h m ü t i g e n blick auf die S a m m l u n g roher Zufälligkeiten und g e m a l t e r düngerhaufen KELLER ges. werke 3, 54; das auge, n i c h t m e h r wild, s t r a h l t e in fast wehmüthig e m lichte GRILLPARZER 8, 8 (kloster bei Sendomir). 4) nur in dem damit erreichten jüngeren sinne 'innere trauer ausdrückend' kann attributives w e h m ü t h i g gemeint sein in einigen gebrauchsweistn, die, früh im iS.jahrh. angebahnt, doch nicht recht durchgedrungen sind: das ger e c h t e leiden und die eintzige beruhigung eines betrübten m a n n e s . . . m i t w e h m ü t h i g e r feder entworffen PIETSCH geb. Schriften (1740) 259; w e n n sie m i c h m i t d e m ehrlichsten gesichte versichert h ä t t e n , ihr möglichstes zu thun, so würden sie in einigen augenblicken m i t einer w e h m ü t h i g e n Stellung wiederkommen, und es betauern, dasz i h r e a n g e w a n d t e m ü h e u m s o n s t sey LESSING 2, 87 Lachmann-Muncker; Waitwell, w e n n du m i r die liebe erzeigen und bey mir bleiben willst, so lasz m i c h kein so w e h m ü t h i g e s gesicht sehen 2, 846; wir denken sie (die sirene) u n s , wie sie, d e m vorbeigeruderten in schmerzlicher gier nachzublicken, auf den s c h w ä n z sich b ä u m t . . . m i t w e h m ü t i g e m gesicht ein zärtliches eleleu I w i m m e r t V o s s antisymbolik l, 267; h a l t , herr baronl wohin so eilig? zu ihrer b r a u t ? — h a t m e i n e w e h m ü t i g e s c e n e die s e h n s u c h t n a c h ihr e r r e g t ? BAUERNFELD ges. Schriften 3 , 2 3 5 ; seine m u t t e r w a r hingegen eine u m so wehmütigere erscheinung, als a u f ihr n o c h der unverminderte s c h m e r z u m den unlängst verlorenen gatten . . . lastete BRACHVOGEL ein neuer Falstaff2 22. B . das adverb, im ganzen jung (s. o. den beleg aus NEUMARCK), steht mehrfach prädicativem wehmüthig parallel: sie . . . b a t i h n u m Vergebung . . . t h a t dabey so wehmütig und untröstlich KLINGER werke 3, 89, am gewöhnlichsten in der Wendung wehmüthig ums herz: sie hielten einander umschlungen, und selbst der garde des goldnen h a h n s w a r d w e h m ü t h i g u m das herz KUNGER IO, 180; es ist m i r dabei r e c h t w e h m ü t h i g u m ' s herz ARNIM werke 9, 249 Grimm, ungeschickter wehmüthig zu m u t e : dasz i h m . . . b e y m . . . a u s s p r e c h e n ihres n a m e n s ganz wehmütig zu m u t h e geworden sey WACKENRODER herzenserg. (1797) 18, die von sorgsamen stilisten als teutologie empfunden und gekürzt wird: Göthe reiset in wenigen tagen n a c h Coblenz a b . es ist mir fast wehmüthig geworden, dasz e r dorthin soll KNEBEL an Herder (von und an Herder 8, 87). l ) das adverb als bestimmung eines verbs. o) 'voll innerer trauer' bedeutet wehmüthig als bestimmung der verba des empfindens (entsprechend dem adj. III A 2 b ) :

die nachwelt kennt mitleidend meine klagen, und steht vielleicht bey dir wehmüthig still CRONEGK Schriften

(1766) 2 , 3 2 8 ;

wehmüthig grüszt er noch einmal den Spielplatz s'einer kinderjahre

GKIBEL werke (1888) 8, 3 7 .

ß) sehr gewöhnlich ist dieses thun ein sprechen: graus a m e r printi, erwiederte sie wehmüthigst, ihr redet wider e u c h selbst ZIEGLER Banise (1689) 319; der a l t e J a c o b , wie er den blutigen r o c k seines sohns . . . gesehen, h a t gantz wehmütig aufgeschryen . . . ein böses thier h a t ihn gefressen ABR. A. S. CLARA etwas für alle (1699) 1, 267; soll ich dirs s a g e n ? so will ich es h a l t w e h m ü t h i g klagen STRANITZKHY Wiener neudr. 6, 9 (um 1706); bitten sie ihren v a t e r wehmüthigst, dasz er v e r z e i h t GELLERT werke 10, 157; m e i n weib schrieb mir und b a t m i c h wehmütig, sie n i c h t zu v e r l a s s e n SCHUBART leben 2, 8 ; aber E v a ruft i h m wehmütig zu maier MÖLLER werke 1, 108; i c h weisz, begann n u n der fiohbändiger ganz wehmütig und z e r k n i r s c h t E . TH. A. HOFFMANN sämtl. werke 12, 29 Grisebach; E m i l sagte den erinnerungen a n m a n c h e grüne stunde i m tiefen w a l d e wehmüthig lebewohl HOLTEI erzähl. Schriften 2, 193; die gr&fin spricht wehmütig: die liebe ist eine passion HEINE werke 1, 85. hier ist auch wol einmal ein hochentwickeltes thier als subject möglich: a l s wir weiter gingen, günste er ( d e r kund) w e h m ü t i g hinter uns h e r HNR. SEIDEL Seinhart Memmings abenteuer 2, 82. y) die w e h m u t h der Seele offenbart sich am unmittelbarsten im blick: sie sieht einige augenblicke ihren gem a h l wehmütig a n AYRENHOFF werke 1, 201; er s a h wehmütig m i c h a n HÖLDERLIN ges. dicht. 2, 181; du darfst eben n i c h t so w e h m ü t h i g n a c h dem schlösse hinseh'n FOUQUE gefühle, bilder L, 42. am liebsten steht das verb. blicken selbst: sie blickt w e h m ü t h i g n a c h ihr KOTZEBUE dram. werke (1827) 2,63 (menschenh. 3, 7); Pirithous blickt w e h m ü t h i g a u f dieselben H. MEYER gesch. der bild. künste (1824) 2, 141; ein Zeitalter . . . zu d e m s c h o n der censorische Cato als aus der m i t t e eines e n t a r t e t e n geschlechts wehmütig hinaufblickte NIEBUHR röm. geschickte 2, 524; eine verhüllte gestalt . . . blickte lange wehmüthig zu i h m (dem sarge) nieder EBNER-ESCHENBACH ges. sehr, L, 1C2; entspr. 4, 74. mit blick und seele wird auch das bildnis ausgestattet, das ohne dies unter c) gehören würde: Ferdinands bildnisz sieht m i c h so wehmütig a n TIECK Schriften 2, 306. c) die grundbedeutung 'voll innerer trauer' ist von vornherein unmöglich, wo als subject ein stück der auszenwelt steht, hier bedeutet das adverb 'mit dem ausdruck innerer trauer' (entsprechend dem adj. III A 4): klage nur, nachtigall, w e h m ü t h i g über unser aller e r b ä r m l i c h k e i t : dein süszes adagio klingt n u r in den wehgesang der n a t u r über unsern abfall TIECK noveUen (1854) 10, 511; der m o n d glänzte wunderbar durch das verschlungene weinlaub, die b ä u m e s t a n d e n so ernst da, und r a u s c h t e n so weh-

138

WEHMÜTHIG—WEHMÜTHIGKEIT

WEHMÜTHIGLICH—WEHMUTHLAUT

mütig, ich war die ganze zeit über wie bezaubert Schriften 2, 310; die weiden flüstern wehmütig LUDWIG ges. Schriften 2, 186;

wb. 280 und MÜLLER-ZARNCKE 2 I 267 argwöhnen: weemoedicheit veeordia v. D. SCHUEREN teuthonista 490" Verdam; veeordia wemyetikeit gemma gemmarum Hagenau 1512, wemietigkeit Lahr 1518, wemuetigkeit Straszburg 1520; nach DIEFENBACH nov. gloss. 377 weemodicheit auch schon in der nl. gemma Deventer 1500. das eindringen in hd. wBrterbücher zeigt DIEFENBACH gloss. 608B, schon im 15. jahrh. erscheint nd. wemodicheit durch hd. wemietigkeit zurückgedrängt, doch bleibt die bildung entbehrlich, sobald sich wehmuth eingebürgert hat (s. dies) und darum

137

der vogel im gezweige singt, wehmttthig rauscht der hain, und jedes blatt am bäume klingt und ruft: gedenke mein LENAU ged. (1857) 1, 2 7 2 ; gleichwie nachtlüfte w e h ' n in blüthenhagen, wehmttthig säuseln, doch kein blatt entführen . . . so sollte dieses lied mit seinem trauern durch deine reiche freudenblüthQ schauern 1, 70;

wehmüthig zitterten sanfte klänge auf lauem winde getragen über das bemooste Strohdach HOLTEI erzähl. Schriften 10, 9. d) für sich geht die mit spielender freude am reim ausgestaltete formet de- und wehmüthig, stets in dieser folge, relativ früh auch als attributives und substantimrtes adj.: warum er ein deh- und wehmütiges gespenst von einem keuchenden rappen lieber ritte, als ein muthiges pferd BODE Tristr. Schandi L, 43; die schleichenden, die de- und wehmüthigen, fand ich immer am eitelsten SCHLOSSER bei Schütz rasirspiegel für Deutsehlands Universitäten (1830) 194, doch ganz vorwiegend adverbial: de- und wehmüthig sich zu füszen legen MusÄus Volksmärchen (1826) L, 131; gleich geben sie herr Schmidten die hand und bittens ihm de-und wehmüthig ab SCHUMMEL Spitzbart (1779) 180; dasz ein mann . . . de- und wehmüthig um deine hülfe bitte FR. L. SCHRÖDER dram. werke 4, 4 (ehrgeiz u. liebe 1, 2). gern und jetzt stets mit ironischem beiklang: de- und wehmütig musz nun der herausgeber gestehen, dasz das verworrene gemisch — durch seinen leichtsinn veranlaszt E. TH. A. HOFFMANN sämü. werke 10,10 Orisebach; er stellte ihm de- und wehmütig vor, dasz ein starkes festes gemüt dazu gehöre, seine trauerspiele aufzufassen 11, 59; kammerrath und keller X zu H., deund wehmütigst bericht erstattend von einem auf ihn eigenst angesehen gewesenen tod- und mordanschlag K E R N E R bilderbuch

(1849) 309.

die formet

ist

nothwendig

auf die prosa beschränkt, wo sie sieh einmal in ein gedieht verirrt, wird sie sogleich weiter zerspielt : jetzt sind die schwingen gebrochen, w i r sind z u m kreuze gekrochen, bitten demttthig, flehmüthig, w e h m ü t h i g : laszt uns im häufen nun auch mitlaufen RÜCKERT werke (1867) 1, 248.

2) selten bleibt das adv. als bestimmung eines andern adverbs: wenn sie bisweilen aus dem offnen fenster etwas auf dem hofe anzuordnen hatte, geschah es mit einer Weichheit der stimme, in der sich ihre gewohnte freundlichkeit recht wehmüthig lieb offenbarte FOUQUE gefüble, bilder 1, 6; dann gab sie mir die hand und sagte wehmütig leise und doch so freundlich KELLER ges. werke 2, 37, oder eines adj., doch ist es vor prädicativem, substantivirtem und attributivem adj. gleiehmäszig vertreten, wobei es wenig verschlägt, ob beide in einem zugegeschrieben sind oder nicht: beide (lieder) machen wehmüthig traurig HERDER 25, 542 Suphan; nimmst du dein heimweh wirklich so rein, so wehmüthig-süsz, so sehnsüchtig-treu mit hinaus, wie du's herein gebracht? HOLTEI erz. Schriften 39, 254; die ganze gegend war ins weisze schweigende gewand des winters eingehüllt und stimmte die seele zum wehmüthigfeyerlichenMiLLER Siegwart (1777) 3, 590; die Faraker riefen . . . in wehmüthigfreudigem tone . . . ach der glückliche hat ihn gesehen KLINGER 6, 259; mit einem wehmüthigfrohen andenken der jähre, wo wir noch so angenehm träumen konnten FICHTE kritik der Offenbarung 237; wenn er dann wieder hinaustrat, lag ein wehmüthig weicher ausdruck »uf seinen Zügen MOLTKE ges. Schriften 1, 233; mit wehmütig-mitleidigem lächeln LUDWIG ges. Schriften 5, 113. WEHMÜTHIGKEIT, / . mid. und mnd. in allen bedeutungen von wehmuth und diesem gleichwertig vorhanden: O U D E M A N S 7, 899;

SCHILLF.R-LÜBBEN

5, 668;

LÜBBEN-

WALTHER 571. vielfach mit veeordia 'wuth' widergegeben. Offenbar sachgemäsz und der ältesten bedeutung von wehmuth entsprechend, nicht nur durch die gleichheit der bildungsweise veranlaszt, wie DIEFENBACH mitteUat.-hd.-böhm.

selten: A D E L U N G (1801) 4, 1437 betont das; von ihm übernehmen das Stichwort C A M P E 5, 628 und M E Y N I E R teutschfranz. handwb. (1802) 2924.

mnd. ist neben der schon hervorgehobenen bedeutung 'zorn' auch die der zweiten hauptbedeutung von wehmüthig entsprechende 'kleinmuth' vorhanden: wemoidicheid schal en islik salch man miden, wente der wemoidicheit volghet mede droifnisse in desser werld SCHILLER-LÜBBEN aus dem mnd. ecclesiasticus {Haager hs. von mitte des 15. jahrh.) 29°; ihr körperliches gegenbüd ist 'beeinträchtigung': des vntuchteghen ghaue maket wemodicheit der oghen das. 114 D (tabescere facit oculos Sir. 18, 18), vorherrschend ist doch schon die nhd. bedeutung 'betrübnis': de hebben ihesum so leff in wedderstande vnde in wemodicheit eres herten, als want en luckliken vortgeyt bock van der navolghinge Jhesu Christi (Lübeck 1489) 2, 11. nhd. gilt dieser sinn aUein. die ostmd. autoren des 16., 17. jahrh., die dem obd. den gebrauch von wehmuth und wehmüthig vermittelt haben, bleiben bei wehmüthigkeit fast ohne nachfolge: ich heul vor unrhu meines hertzen, vor groszer wehmütigkeit schmertzen H . SACHS werke 1 8 , 1 6 4 , 33 Keller-Götze;

als sie sich aber mitten in ihrer bestürzung und wehmütigkeit an allen enden der höhlen umsähen ZESEN Sofonisbe 334; aber was fragt das diebische gesindel darnach ? so unter der larven einer äuszerlichen wehmüthigk e i t d i e u n w a r h e i t v e r k a u f f e t M T . A B E L E V. L I L I E N B E R O

künsü. unordnung (1670) 1,6. ABR. A S. CLARA bleibt seiner schreibgewohnheit auch hier treu:, ja es seye die wehemütigkeit der betrangten leut vergröszert worden, nit ein wenig, durch die sorglose obsicht der geistlichen mercks Wien (1680) 169. WEHMÜTHIGLICH, adv. in Wörterbüchern selten: wehemüthiglich, triste, avec un coeur abatu; nueste, dolenter P O M E Y (1709) 3, 338.

mnd.

in

der

bedeutung

'jammernd'

(«.wehmüthigII): dar de prutzeschen, lijfflandeschen unde vele andere stede unde de gemeyne copman unser henze (hansa) wemodeliken over clagen Göttinger urkundenbuch 2 nr. 153 (Lübeck 1431). nhd. von den lyrikern gelegentlich vor dem gleichbedeutenden adv. wehmüthig bevorzugt, weil es sich dem rhythmus besser fügt und für die versmelodik ergiebiger ist: mein schätz, sprach er wehmUthiglich OVERBECK ged. 152; du siehst mich an wehmütiglich, und schüttelst das blonde köpfchen; aus deinen äugen schleichen sich die perlenthränentröpfchen HEINE 1, 87 Kister; dort schwankt hervor die liebe, tote mutter, und schaut wehmütiglich besorgt und weint 2, 252. WEHMUTHKUMMER,

m. eine tautologie

ZIEGLERS,

die

mit recht ohne nachfolge geblieben ist: so begreiffe sie demnach, und lasse die vorgebildete freude, welche bey ehestem wiedersehen unsere hertzen beseligen wird, ietzigen wehmuths-kummer übertreffen, so wird sie sehen, wie eine groszmüthige hoffnung das Unglück selber trotzen könne asiatische Banise (1689) 323. WEHMUTHLÄCHELN, n. die oxymora mit wehmuth lächeln (wehmuth III B 3 d) und das wehmüthige lächeln (wehmüthig III A 2a) haben gelegentlich wortbildend gewirkt: mit trübem wehmuthslächeln COLLIN bei Campe 5, 628; d a s w e h m u t h s l ä c h e l n K A L T S C H M I D T gesamtwb.

(1851) 1056.

WEHMUTHLAUT, m. wehmuth äuszert sich im allgemeinen (s. wehmuth III B 2 o) nicht in Worten, so dasz es eigen

klingt,

wenn

E R N S T F R I E D R I C H S C H M I D T 1829

ein

buch überschreibt: wehmuthslaute eines frühverblichenen.

WEHMÜTHLER—WEHMUTHSÜSZ

WEHMÜTHTHAU—WEHMUTHVOLL

WEHMÜTHLER, m. wer leicht wehmüthig wird und et gern zeigt. WEHMUTHLIED, n. ein lied als auadruck innerer Wehnrath, in seiner bedeutung enger als wehmuthlaut: sanft neigend sein haupt an Michaels busen, t&nte sein schmerz, wie wehmuthslied vom grab' des geliebten SONNENBERG bei Campe 6, 688; das wehmuths lied KALTSCHMIDT 1056. WEHMUTHPULVER, n. wehmutspulver: pulvis femperans HOLFERT-ARENDS5 228, als mittel gegen erhöhte Körperwärme, wie sonst niederschlagendes pulver das. 172 und oben 7, 790. wehmuth ist dabei aufgeregtheit körperlicher art. WEHMUTHREGEND, adj. part. ein dichterisches wagnisz PYRKERS, dem -erregend zu kräftig Idingen mochte: und vom thurme herab die wehmuthregende glocke, die zum abendgebet uns lud, und zu stiller betrachtung Tunistat 11, 346. WEHMÜTHREICH, adj. bei BODMER für melancholisch, das nicht in den vers gepaszt hätte: dadurch besiegt' er (Opitz) auch das ungefäll der zeit, worinn er lebete, wiewohl das herbe leid viel wehmuth-reiche vers' ihm in die sinnen legte krit. ged. 10 neudr.

süsze, behagliche gefUhl des friedens im herbste? HOLTEI erzähl. Schriften 86, 808; trautes flüstern, sanftes tändeln, wehmutsOsze heimlichkeiten HEINE 1, 363 Elster. WEHMÜTHTHAU, m. im dichterischen bilde von thränen: anfangs sind wir (lieder) fast zu kläglich, strSmen endlos thränen aus . . . andre stehn genug zur schau, denen heisze mittagsstrahlen abgeleckt den wehmuthsthau UHLAND ged.' 4. WEHMUTHTHRÄNE, f . auszer bei CAMPE 6,628 (als wort der höhern Schreibart) und KALTSCHMIDT 1066 kaum je gebucht, doch bei dem nahen beieinander von thränen und wehmuth (s. dies I I I B 2 b) nicht gleichgütig, zunächst in der lyrik: vergönnet, dasz wir euch mit wehmuts-thiänen waschen HERAUS ged. (1721) 126; . . . trinkt ein glas Madera tropfenweise, wie der liebe süsze wehmutthräne tröpfelt HERDER 29, 162 Suphan ; und wie von wehmutsthränen erglänzte ihr augenpaar HEINE 1, 107 EUter.

WEHMUTHS- in Zusammensetzungen s. wehmuth-, WEHMUTHSANG, m. wie wehmuthlied: wo sonst nur lärmte tamburin und zimbel, erhob sich jetzt beim klingen der chitarre der wehmutsang, die schmelzende romanze HEINE 2, 290 Elster. WEHMUTHSCHAUER, m. erschütternder anfall von wehmuth CAMPE 5, 628; danach KALTSCHMIDT 105«; SANDERS 2 II 898"; o sUsze zeit! durchbebt von wehmutsschauer gedenk' ich dein SALIS ged. (1793) 5. WEHMUTHSCHLEIER, m. wie ein Schleier das gesteht, so verhttUt wehmuth die seele: ja, sein scharfes auge entdeckte den wehmuthsschleier über Rodewalds äugen GUTZKOW ritter vom geigte 9, 486. WEHMÜTHSCHLUMMER, m. seelische cUpresrion und körperliehe müdigkeit können einander berühren: nah ich nach dreiszig nachten wieder, dich zu wecken aus tiefem wehmutsschlummer, stolze sch&nheit Pocci lutt. komödienbüM. (1871) 4, 4. WEHMUTHSCHRECKEN, m. ein betrübender tindruck wirkt als schreck, wenn er plötzlich einsetzt und weit freundlichere bilder verdrängt: stieg ich in meinen gedanken zu lebendigem thierschönheiten and so fort zum menschen empor . . . ein geräusch vorbeygehender unterbrach mich, ich blickte auf — gottl mit welchem wehmnthsschrecken mich das bild traf — ich sähe drey, gerade die allerversunkensten, häszlichsten, ekelhaftesten kerls LAVATER physiogn. fragmente 1, 70. WEHMUTHSCHWANGER, adj. dem bei WIELAND und SCHILLER beliebten unglücksschwanger stehen am nächsten unheil- und verderbenschwanger bei STEFFENS und CAMPE, es folgen sorgen-, lieber-, ahndungs-, todesschwanger bei GOTTER, MATTHISON, W . V. HUMBOLDT, GRILLPARZER, endlich, schon fast als caricatur: schwebe steigender empor wehmuthschwangres wSlkchen OVERBECK verm. ged. 14. WEHMUTHSCHWEIGEN, n. an wehmuth H I B 2 ) anzuknüpfen: dir war der stürm der leidenschaften lieber, als wehmuthsschweigen tief im stillen herzen W . v. HUMBOLDT get. werte 7, 486. WEHMUTHSCHWER, adj. vom sedischen druck der trauer: wenn ich so sitze in meinem sanften träume, wo ich an euch denke . . . da wird mir oft bisweilen sehT wehmuthschwer HOLTEI erzähl. Schriften 16, 10. WEHMUTHSTIMME, f . sehen unter wehmuth III B2a) war zu betonen, wie KLOPSTOCK der geltenden Vorstellung, dasz wehmuth stumm macht, widerspricht, noch offenbarer thut er es mit seinem wort

sehr bezeichnend führt zur zeit der romantik ein monolog der jungfrau von Orleans das wort zum drama hinüber: diese stimmen, diese tflne, wie umstricken sie mein herz, jede kraft in meinem busen lösen sie in weichem sehnen, schmelzen sie in wehmuths-thränen SCHILLER 13, 284 Goedekt; danach beim jungen GRILLPARZER : Bertha, ach, was hab' Ich denn begangen, das euch also aufgeregt und euch heiszt die äugen schelten, die, den euern bang begegnend, sich mit wehmuthsthränen füllen werke 2, 18 (ahtrfrau 1). nun auch in prosa, doch immer in romantischer umwdt: die thränen sind wegweiser nach einer andern weit hinüber, auch die schmerzeng- und wehmuthsthränen FOUQUE gefühle, bilder (1819) 2, 40; so soll sie (die ähnung) mich wieder trösten, die ein ewiges meer alle wehmuthsthränen in ihren wogen fortwälzt B. v. ARNIM frühlingskranz (1844) 49; was wirft sie (Bismarcks braut) sich nicht alles vor, mangel an r&cksioht, an Selbstbeherrschung, an frömmigkeit; dann kommen die gedanken an Marie, die wehmutstränen, betrübliche familiennachrichten, zwischendurch aber hochzeitspläne und so fort MARCHS Bismarek l, 866. WEHMUTHTRAUM, m. ein durch seine unerföUbarkeit zur trauer stimmender träum: verlängter sehnsucht wehmutstraum SAUS ged. (1798) 29. W E H M U T H T R I E B , m. die thräne als sprosz. den die wehmuth (im sinne der totentrauer) treibt: ihr kinder, deren trost und hoffen nun in der dunkeln grübe ruht: beweint den fall, der efich betroffen, mit einer trähnenreichen flutl der mutter treu und zarte liebe verdienen tausend wehmuhtstriebe DROLLINOER ged. 266 (1732).

139

wehmuthsstimmen erschallen bei CAMPE 6, 628. WEHMUTHSÜSZ, adj. setzt das oxymoron süsze wehmuth (das. III B s a ) voraus: woher stajnmt das wehmuth-

140

WEHMUTHVOLL, adj. vor CAMPE 6, 628 nicht verzeichnet, nach ihm nur bei KALTSCHMIDT 1066 und SANDERS 2 I I 1486°, dennoch ein wichtiges gegenstück zu wehmüthig: rhythmisch bequemer als dieses lebt es das erste Jahrhundert seines bestehens ganz, seine weitere entwicklung vorwiegend in gebundener rede, das s der comjpositionsfuge fehlt oft in den älteren belegen, bei KÄSTNER, UZ, GÖTZ, CRONEGK, ATRENHOFF, nach KLOPSTOCKS zeit selten und wol stets in gewollter abkehr von dem gewohnten bei ARNDT, ARNIM und HEINE. von den verzweigten gebrauchsweisen von wehmüthig sind hier nur zwei entwickelt: l) das attributive adj. a) einen eigenen, von wehmüthig abstehenden sinn kann man am ehesten in den prosaischen Verwendungen erwarten, hier liegt thatiüchlich ein ton auf dem erfiUltsein mit wehmuth: da der arme den . . . trost hat, dasz ihm

141

WEHMUTHWEICH—WEHMUTHZERRISSEN

WEHMUTHVOLL

die seinigen in wehmuthsvoller dankbarkeit die äugen 8ChIieszen M . J . SCHMIDT gesch. der Deutschen (1778) L, 468; den grösten theil der vorigen nacht habe ich unter wehmuthsvollen, aber auch da noch angenehmen wiederhohlungen jener standen durchgewacht LICHTENBERG briqfe 8,46; von zwey genien mit wehmuthsvollem ausdruck ARCHENHOLZ England u. Italien (1786) L II « 6 ; mit wehmutsvollen blicken J . D . F A L K satiren (1800) 2, 94; und jeder wehmuthsvolle seufzer der ewig dürstenden sehnsucht wurde zum tobenden scherz des zorns FOUQUE gefiihle, bUder (1819) L, 188; bei diesen wehmuthvollen äuszerungen der fttrstin ARNIM werke 19, 276 Grimm, diese specifische bedeutung greift, vor substantiven verwandten, sinnes, in die diehtung über: euch schmelzen zarte klagen das wehmuthsvolle herz maier MÜLLER werke 8, 888; Stellas wehmutsvoller seufzer — er raubte mein herz — dein kehlchen — es klagte HÖLDERLIN gel. dicht. 1, 48 Litzmann; o wie pflegtest du den armen jungen . . . in der lieben, wehmutsvollen einsamkeit 1, 64. b) in der regd ist aber kein unterschied gegen wehmttthig zu spüren, so gleich in dem bisher ältesten beleg: busze 1 fang die milden thr&nen, so mir jetzt in äugen stehn, und mit wehmuths-vollen sehnen zur erharmung opffern gehn GÜNTHER 117.

et) wie jenes ist auch wehmuthvoll von, haus aus 'voll innerer trauer', so (wie eben) stets vor substantiven, die ein geftihl oder einen vorsteUungsinhalt bezeichnen: sie seufzt und wehmuthsvoller kummer mischt bitterkeit in ihres herzens glück WIELAND bei

ach, mit wehmuthsvoller rührung, freundin, denk ich dein, hier, wo lelchtsinn und verffihrung giftbethaute rosen streun MATTHISON tchriften

Campe;

schrie B. v. ARNIM die Oünderode (1840) 1, 826; es ist die sohluszscene, wo . . . Alban? und Edgar sich wehmuthsvoll dem anblick dieser Zerstörung überlassen G . F O R S T E R sämtt. schriften (1848) 8, 466; sie standen wehmutsvoll vor der haustüre G. KELLER werke 4, 246. auch hier reicht dieser eigene sinn in die gebundene rede: doch glücklich in erinnrung jener bilder, den schmerz bald heftig fühlend und bald milder, ging wehmuthsvoll auch dieser tag vorüber KERNER bilderbuch

(1825) 1, 20;

KLOPSTOCK Mottos

7, 688;

sein wehmuthsvoller ton, der anblick seiner thr&nen . . . risz mich zum irrthum hin AYRENHOFP werte 1, 77; sie drückt vielleicht, mit bangem schmerz und wehmuthsvollen tfinen, euch an ihr unbescholtnes herz J . M . MILLER ged. (1783) 81;

also beid' uns erwiedemd in wehmutsvollem gespi&che, standen wir, herzlich betrübt, und häufige thr&nen vergieszend Voss Oäyeeee 11,466; du schaust mich an mit wehmutvoller milde HEINE 8,18 Elster, 2) das adverb geht in seiner ganzen entwUMung ein halbes jahrh. hinter dem adj. her. gelegentlich ruht auch hier der ton auf dem erfillltsein, in einigen prosastellen wäre sonst wol wehmttthig gesetzt: kühn, bitter, wehmuthsvoll beklagten . . . viele biedere propheten die gebrechen und lasterdes fallendensamaritanischenreichs J.v. M Ü L L E R sämtl. werke (1810) l, 448; wie sie so wehmutsvoll auf-

(1849) 863;

herr, eine RSmerinn fleht dringend, wehmuthvoll dich um gehSr AYRENHOFF werte 3,126. a) soweit sich aber wehmuthvoll paraUel zu wehmttthig entwickelt, bedeutet es neben verben des thuns 'voll innerer trauer': du selber fehlst mirl einsam und wehmuthsvoll und etill und weinend irr' ich KLOPSTOCK oden 1, 28 (WingcHf 4); vom vater selbst verkannt, leckt sie, da er sie klopft, ihm wehmuthsvoll die hand J . A . SCHLEGEL verm. ged. (1789) 8 , 1 6 8 ;

wehmutsvoll nun 10st' er die rostigen ketten der knechtschaft Voss «am«, ged. 8, 81; wie zuckt's so wehmuthsvoll durch meinen geist GRABBE werte 2, 276 Bl-umenthal; l&szt du der heimat friedensauen so manch ein langgewohntes glück, um dir den eignen herd zu bauen halb wehmutsvoll, halb froh zurttck MÖRIKE werte 1, 61 Qötchen. b) daneben kann sich der sinn 'mit dem ausdruck innerer trauer' einstellen, wenn das bestimmte verb ein sprechen bezeichnet: dein unterthan, der wehmuthvoll, was er mit dir verlohren, den enkeln noch nach vielen jähren sagt auch

ernste muse, verlasz den wehmuthsvollen gedanken, der dioh traurig vertieft KLOPSTOCK oden 1, 89; geliebtes bild . . . das in des mondes wenmuthvollem Schimmer so mild herniederblickt ARNDT werte 8, 214 Sötch u. Meisner; gemildert zeigt erinnernng das leben im wehmutsvollen, aber ruh'gen lichte, wo hell und dunkel in einander schweben PLATEN werke 1, 446 Hempel. ß) vor substantiven, die einen gefiMsausdruck in Worten oder thränen bezeichnen, ist wehmuthvoll ursprünglich nicht anders gemeint, geht dann jedoch über in die bedeutung 'trauer ausdrückend': verzeih, unsterblicher, die wehmuthvollen thr&nen, die ein geliebter vater weint Uz werke 168 neudr.; diese wehmuthsvollen sDszen thr&nen TIECK tchriften 1, 278; auf mein wehmuthvolles (lehn GÖTZ ged. 18 neudr. ; auch erhub sich von fem mit wehmuthsvollem gelispel eine stimme der einst verstummten, der lahmen, der blinden, und der todten, die Jesus den frommen I den menschlichen I nannten

142

KÄSTNER verm. tchriften

(1766) 1,141.

humoristisch: hier gruben wir ihn em, wir kinder, grosz und klein, und sagten wehmutsvoll: du guter hahn, schlaf wohl Voss tämtt. ged. 6,184. so auch wo es sieh um stummen ersah von Worten handelt: was schüttelst du so wehmuthsvoll dein haupt? COLLIN bei

Campe.

adj. bezeichnet glücklich und knapp an der Stimmung innerer trauer das stück, das in ausdruck und thun sichtbar wird: ein mensch, als hätt' ihn der april geboren . . . jetzt wehmutweich, jetzt trotzig, nimmer stet WEHMUTHWEICH,

GEIBEL 1, 84.

dichterisch auch von der stimmenden umweit: in stiller, wehmutweicher abendstunde umklingen mich die l&ngst verschollnen lieder und thr&nen flieszen von der wange nieder, und blut entquillt der alten herzenswunde HEINE L, 60 Elster. W E H M U T H W O N N E , f . aus der formet wonne der Wehnrath (». o. wehmuth III B 8 E) erwachsen: dein l&chelweioen ist wie unsre wehmuthswonne RÜCKERT werte 8, 408. WEHMUTHWUNDE,/. zu wehmuth III A1) 'liebesgram': wol dem nun . , . den so ein weiszer Schild (wie die brüste) vor wehmuthswunden schützt NBUKIRCH bei HOFFMANNSWALDAU U. a. ged. (1727) 8, 4.

WEHMUTHZÄHRE, / . vereinzelt neben wehmuththrSne und jünger als dieses, zu wehmuth III A 3) 'trauer um einen verstorbenen': stillt, liebste, eure wehmuths-z&hren bey der erloschnen augen-lust SCHMOLCKE trott- und geistreiche tchriften

(1740) 1,1117.

WEHMUTHZEICHEN, n. dichterisch für 'thräne': ich sehe schon die dankbarkeit und wehmuth zeichen geweint von fürsten, die dir gleichen

RAMLER lyr. ged. (1772) 324.

WEHMUTHZERRISSEN, adj. pari. Zerrissenheit hat R. M. MEYER vierh. schlagworte nr. 46 als spottwort erwiesen, das zuerst gegen das junge Deutschland, gleich darauf gegen die romantik angewandt wurde. GOMBERT

143

in das irdische herz . . . wehmuthzerrissen von wilder betrtlbnisz F R . SCHLEGEL 2 10, 29.

WEHMUTHZWANG, m. bezwingen : umsonst,

der versuch, die wehmuth zu

der w e h m u t h s - z w a n g hält keine thränen m e h r HERAUS ged. (1721) 201.

WEHMUTTER,

f.

von

den

bedeutungselementen,

l , 212 seit 1554),

moder voraussetzen, auch hewelsche ist jetzt ausgestorben in

Elberfeld

B U C H R U C K E R 69.

S) gleichfalls vom nordwesten gehen die dem franz. sagefemme nachgebildeten namen aus: nl. vroedvrouw (de vroevrouwe schon bei H. JUNIUS nomendator (Antw. 1577) 15") wijzevrouw, aach. wiesfrau MÜLLER-WEITZ 261, clev. 1477 wisemoeder SCHÜREN 503, köln. 1507 wijsz moder gemma gemmarum, elberf. wiese moar BUCHRUCKER 69 als wort der älteren mundart, westf. 1379 wisemöer WOESTE 102, nd. 1741 weise mutter FRISCH 2, 435°, samländ. klök frü F I S C H E R 55.

die

das wort mutter umfaszt, kann gerade das wichtigste, die eigentliche mutterschaft, verblassen, indem sich dann die sonst möglichen demente strenger zusammehschlieszen, wird mutter, zumal in bäuerlichen und kleinbürgerlichen Verhältnissen, die geehrte ältere frau, die waltende gattin des hausvaters (s. o. 6, 2807). auch in diesem neuen bedeutungskreis können wider die wichtigsten elemente schwinden : in niedriger traulicher spräche ist die anrede mutter weder eine ehrung, noch gilt sie nothwendig der Vorsteherin des haushalts, noch auch nur der verheiratheten frau (6, 2808). dafür tritt, nothwendiger als bei dem ähnlich entwickelten muhme, der begriff der waltenden fürsorge ins licht, und in den hierher gehörigen Zusammensetzungen bienen-, gast-, käse-, viehmutter ist mutter geradezu 'Wärterin', das legt die neue einschränkung auf die verantwortliche Wartung nahe, zu der man von je die ältere, alleinstehende frau verwendete, auf die pflege der gebärenden: nd. ist (nach mündlicher angäbe aus Solstein) moder Lürssen u. s. w. schlechthin anrede der hebamme, Zusammensetzungen verdeutlichen diesen sinn: bade-, hebe-, kinder-, püppel- und am klarsten wehmutter. L) die bedeutung 'hebamme' gilt für dieses wort von vornherein ohne schwanken. a) für obstetrix haben die Germanen keinen einheitlichen namen und auch in deutschen mundarten wechselt die bezeiehnung so oft, dasz die Deutschen schon darum die sache erst nach ihrer trennung in Stämme durchgeführt haben können, stellt, man die alten Zeugnisse mit den in den mundarten geltenden Worten zusammen, so ergiebt sich ein buntes bild. a) der älteste name ahd. hevianna ist obd. der verbreiterte {s. o. 4 II 715): im 8. jahrh. setzt er in alem. quellen ein und gilt als hebamm Schweiz. (FRISIUS; M A A L E R ; H U N Z I K E R 125; Schweiz.id.

144

WEHMUTTER

WEHMUTHZWANG—WEHMUTTER

hat zs. f. d. wortf. 3, 157 zerrissen im entsprechenden sinn bei den romantikern selbst aufgezeigt, unser wort, das hierin GOMBERTS beobachtung bestätigt, vertritt einen ernsthaften gebrauch, der allein kaum zur kritik herausgefordert hätte:

elsäsz.

(MARTIN-LIENHART L, 35) sowie im bad. Oberland uneingeschränkt bis heute, schuiäb. gilt hef^mm BIRLINGER 225, bäir. hefang SCHMELLER2 L, 1057 seit'1452, cim.br. höufing, wien. hefamm HÜGEL 80, tirol. häfamm SCHÖPF 253 seit 1518, FROMMANN 6, 148, steir. hebang, hefang und hebwang UNGER-KHULL 334, siebenb. he 6 wan sieb. wb. l, 99, beide aus älterer spräche, ins md. greift hebamme nur im westen über: lothr. hebang FOLLMANN 284, lux. h'ewän lux. wb. 179, Rappenau heewam MEISINGER 43, Handschuhsheim heiwam LENZ 31, ins nd. sporadisch als junges lehnwort: köln.hewamm HÖNIG 76, elberf.hewamm BUCHRUCKER69, holst, hebammsch (nach mündlicher auskunft), saml. hewamm E. L. FISCHER 55, nl. hefamme OUDEMANS 3, 65. ß) die etymologie, die im zweiten bestandtheil von hevianna ahd. ana 'groszmutter' sieht, kann sich stützen aufhess. elter WEIGAND5 L, 826, eller VILMAR 90, kinner-, borneller CRECELIUS L,337, sudetischbädeäle ALBRECHT83, siebenbürg, gruisso sieb. wb. 1, 99, preusz. groszmutter FRISCHBIER 1, 256, saml. gröszmutta FISCHER 55, vielleicht auch auf hebamme, heb&nckele bei MEGISER thesaurus polyglottus (1603) 2, 148 f., wo überall worte für 'groszmutter' denselben bedeutungswandel vollzogen haben. y) parallel gebildet wäre dann das im ersten bestandtheil zu hebamme stimmende hebemutter des nordwestens {s. o. 4 II 720), das nirgends auf hd. gebiet und in lebende mundart reicht: mnl. heye{l)moder OUDEMANS 3, 112, nl. 1777 hefmoeder KILIAN223, clev. 1477 hevelmoeder SCHÜREN teuthonista 149, köln. hevemoeder WOESTE 102, mwestf. heyvemoder FROMMANN 5, 361, mnd. hevemoder SCHILLER-LÜBBEN 2, 263. lebendig sind westf. hiawelsche WOESTE 102, in Cronenberg h i ß a LEIHENER 50, die heve-

die

beziehung

zum

franz.

hat

schon

FRISCH

erkannt, gewisz spiegelt sich darin eine sachliche forderung, die die geburtshilfe von Frankreich aus erfahren hat. f) ein verhüllender zug macht sich zuerst in den bildungen mit bad- als erstem bestandtheil geltend, nd. ist

bademuhme,

bei

FRISCH

(1741) 1, 48B

als

veraltet:

helgol. bgrmem SIEBS 203, hamb. bademöhm RICHEY 368, Rostock 1582 bademöme CHYTRÄUS {und vom nd. badmüm 1515 in PAULIS hd. Eulenspiegel 5 neudr.), waldeck, bädmoüm BAUER-COLLITZ 8. daneben, dort veraltet, bademotter BAUER-COLLITZ 124, sonst nd. als b§rmöder lebendig SIEBS 203, paderb. bähmoer GRIMMS märchen 2, 204. dieses bademutter greift über nach Obersachsen ALBRECHT 83, Posen BERND 13 und Schlesien oben 1, 1071 aus S C H W E I N I C H E N , dazu S T E I N B A C H 2, 94, sowie nach Baiern S C H M E L L E R 1, 208, Steiermark UNGER-KHULL

43 und Kärnten LEXER 194 seit 1437. hierzu wieder sudet. bädeäle ALBRECHT 83. euphemistisch bis zur undeuüiehkeit sind kindermutter in Leipzig ALBRECHT 146, kindmuhme in Weiszenfels 1680 oben 5, 770, kindfrau in Nassau K E H R E I N 223,

kfengefraiwe

in

Thüringen

H E R T E L 134,

keannfrä in Oberhessen CRECELIUS 2, 500, sowie das dortige kinnereller s. 0. in gleicher tendenz wird a m m aus hebamme in der Wetterau ALBERUS 1540 wie nach mündlicher angabe heute noch in Darmstadt und Würzburg, ein seltsames saigamm in Neckargemünd bestätigt die glosse: obstetrix seigam des variloquus bei DIEFENBACH gloss. 390". alt ist auch henneb. ammefrä REINWALD 2, 21, SPIESZ 7, unterfränk. ammafra, -fräla RUCKERT 10, siebenb. ommfrae sieb. wb. 1, 99 seit 1536. die schon im 16. jahrh. vorhandene Volksetymologie amtfrä das. und KISCH Nösner Wörter 11 zeigt nebenher, wie früh das hebammenwesen amtlich geregelt war. spedeüe bezeichnungen wie Schweiz, chüechlimueter id. 4, 594 seit 1650, hdgol. bünta(r)wif (d. i. wickelfrau) SIEBS 206 geben der hebamme den namen nach einem nebensächlichen theil ihrer thätigkeit, verfahren also auch euphemistisch, die schönste derartige bildung hat doch auf deutschem boden keinen reflex: isl. Ij6sm6dir HERRMANN Island 3, 101. b) für das wort wehmutter ist in diesem bilde kein platz, nirgends in deutschen mundarten ist es lebendig. a) in dialektwörterbüchern erscheint wehmutter höchstens als deutung des heimischen wortes, so bei R I C H E Y (1754) 368, M Ü L L E R - W E I T Z Aachen (1836) 261, S P I E S Z Henneb.

(1881) 7. auch die gebrüder GRIMM deuten jenes bähmoer mit wehmutter. in nhd. Wörterbüchern nicht vor ALBERUS 1540 und seit ihm auffallend häufig mit der unter weh, wehklage(n), wehmuth, wehmöthig als kanzleimäszig erkannten Schreibung wehe-, also recht sichtbar als Schriftwort: obstetrix a m m , wehemütter ALBERUS dict. m l b ; wehemutter, obstetrix STIELER 41; obstetrix... hebamme, wehemütter DENTZLER davis {Basel 1697) 512; wehe-mutter AMARANTHES frauenzimmerlex. (1715) 274 neben wehmutter 1044; wehemutter, bademutter oder hebamme a midwife. eine wehemutter, die der rechten wehemutter stelle vertritt, a midwife's deputy LUDWIG (1716) 2413; an etlichen orten ist amme so viel als eine wehe-mutter, oder (wie andere reden) eine kindfrau, an etlichen orten heiszt es nur eine säug-amme J. H. SEUME kl. teutsches lexicon (1731) 11; wehemütter werden sonst auch hebammen, oder bademütter genennet J.H.HERMANN allg.teutsch-jurist. lexicon (1739) 1, 749;

die wehemutter

B. D. v.

SCHARFFENBERG

kurzgef. orth. lexicon {Chemnitz 1746) 190. die Schreibung wehmutter wird in den Wörterbüchern erst spät durchgeführt: H E D E R I C H (1729) 2616; S T E I N B A C H (1734) 2 , 9 5 ; H A Y M E jurist. lex. (1738)1318; J. H . H E R M A N N (1741)2,57; F R I S C H 1,23»; 2, 429 6 ; N I E R E M B E R G E R (1753); A D E L U N G (1801) 4 , 1437; C A M P E 5, 628; M E Y N I E R teutsch-franz. handwb. (1802) 292'

145

WEHMUTTER

146

WEHMUTTERHAFT

die wehemutter staunt', es schrien die w e i b e r : ß) diese Verbreitung und Schreibung legen den verdacht hilf J e s u s ! zähne bringt er auf die weit nahe, dasz wehmutter gerade als wort der nhd. SchriftSHAKESPEARE k. Heinrich 6. I I I 5, 6 Schlegel; sprache zuletzt auf LUTHER zurückgeht, vor dem es völlig da kommt die wehemutter herein, fehlt, ihm ist hebamme fremd, von sich aus sagt er einsie ahndet schon, w a s geschehen m a g sein mal (DIETZ 1, 6«) amme wie ALBERUS, die Varmstädter CHAMISSO werke 3 , 283 Hitzig. und Würzburger, in der bibel braucht er achtmal wehmutter, ff) häufiger ist doch seit anfang des 18. jahrh. wehoffenbar doch auf irgendwelcher mundartlichen grundlage, mutter: solten sich demnach alle abergläubische weiber von der uns sonst nur jede spur entgeht, denn hebr. fH^p ins hertz hinein schämen, die so viel gauckeley und zauberey mit dem kleidgen ersinnen, insonderheit theils als factitives part. f . zum stamme gebären 'die der geburt weh-mütter, welche manche ehrliche leute, die von beistehende' GESENIUS14 270 und das gleichbedeutende lat. solchen narren-possen noch nichts wissen, fein unterobstetrix konnten nicht Vorbild, sein, gr. (lala höchstens richten gestrieg. rockenphilos. (1706) 3, 188; entspr. 199; für den zweiten bestandtheil. die älteren deutschen bibeln es wurde mir auferlegt, mich von zwei weh-müttern bieten amm, hebam, höffammen, heffammend, LUTHER besichtigen zu lassen SCHNABEL insel felsenburg 307 dagegen: da es jr aber so sawr ward in der geburt, neudr.; unter dem thätigen beistände . . . der eiligst hersprach die wehmutter zu jr l. Mos. 35, 17; die wehmütter beigeholten wehmutter gebar Emilie endlich einen antworten Pharao: die ebreischen weiber sind nicht todten knabenHENR. KÜHN verbildung und leichtsinn (1804) wie die egyptischen, denn sie sind harte weiber, ehe 167; die arme hexe hat jetzt einen hübschen feinen die wehmutter zu jnen kompt, haben sie geborn 2. Mos. und frisirten mann, aber leider I ihr duchessen-kleid ver1, 19. citat aus diesem verse ist wehmutter buch der liebe setzt, um die wehmutter und den pfarrer zu bezahlen (1587) 305*, aus l . Mos. 38, 28 d i e w e h m u t t e r n a m e i n MÖSER patr. phant. (1820) 2, 89. das wort gibt gelegenrothen faden HENISCH (1616) 969, l. sonst hat LUTHER heit, im ausdruck zu wechseln: eine andere (Verordnung das wort selten: spiritus sanctus wird yhre (Marias) weunter dem namen der hebammenordnung, muter sein gewest Weim. 27, 490,10, von Zeitgenossen bieten Bernstorfs), hat gefährliche miszbräuche ausgerottet, und das veres nur ihm nahestehende Protestanten Mitteldeutschlands: L u c i n a m u s t wehmutter sein fahren der wehmütter der aufsieht vernünftiger ärzte also bey vns in kindes fahr, unterworfen H. P. STURZ Schriften (1782) 2, 129. sanct Margaret in solcher f a h r e) in gehobener nhd. prosa hilft wehmutter das nüchterne bey vns der weiber göttin w a r alltagswort hebamme vermeiden: da ihn die wehmutter ALBERUS Sab. 23, 68 Braune; mir brachte hub ich ihn gen himmel und rief: bin ich ancilla, n a c h der w e h m u t e r lauff nicht ein glücklicher mann? SCHILLER 2, 20 Goedeke; SACHS 1, 90, 16 Keller; schnell muszten die diener eilen, um wehmutter und da jr aber die kreffte entgehen wolten, tröstet sie die arzt herbeizurufen E. TH. A. HOFFMANN werke 2, 227 Grisewehemutter, es gewere dem kinde noch nicht, gott wird bach; eine hallische wehmutter erzählte, dasz folgendes gnedigklich helffen MATHESIUS hochzeitpr. 165, 7 Lösche, ihrer lehrmeisterin begegnet GRIMM sagen 2 l, 71; ärzte dem lat. vorbild wünscht WICKRAM nahe zu bleiben, und wehmütter bezeugten . . . kinder von sieben mowenn er OVIDS matres Cadmeides metam. 9, 30* so gibt: naten könnten leben DAHLMANN kl. Schriften 328; es die w e h m ü t t e m stunden umb m i c h war roth und hutzelig und wog seine sieben pfund . . . und trösten m i c h a l s a m m e n g m e y n nur sein geschrei war wunderlich verhohlen und hatte werke 8, 19 Bolle; der wehmutter nicht gefallen wollen STORM sämtl. werke nach ihm begegnet das wort noch zweimal im Elsasz, bei 7, 235; entspr. 4, 255; ich muszte an der offenen thüre dem vielsprachigen FISCHART: deszgleichen thaten jhr vorübergehen; eine wehmutter und eine nachbarin gebür die weemütter, ausz vielen orten erfordert Garg. räumten auf G. KELLER ges. werke 3, 95; auch schien 156 neudr., und bei MOSCHEROSCH, der es doch nur verder graf damals milder gegen sie zu werden, und blieb deutlichend neben sein dialektwort hebamme stellt: dieser sogar über den sommer zu hause, das kind zu erwarten, teuffei, dachte ich bey mir selbst, musz eine gute hebwie aber dann die wehmutter es ihm reichte und es so ame oder wehemutter gehabt haben Philander (1650) schmächtig in den windeln lag . . . sagte er kein wort 407. als Verdeutlichung wol auch: ob es nicht wahr . . . HEYSE nov. 1, 255 {grafenschlosz). dasz die N. lange zeit hero alleine für eine hebamme 5) gern im vergleich: ja, die furcht ist eine wehmutter und wehmutter, vnd nicht für eine zäuberinne . . . geder tapfferkeit, in dem ein alles fürchtender mensch halten worden sey NIGRINUS von zäuberem (1592) 378; auch alles fähig zu wagen ist LOHENSTEIN Arminius die hebamme, wehemutter und andere zur tauffe mit1, 350; wir hätten von glück im Unglück zu sagen, wäre gehende weiber PRAETORIUS philos. colus (1662) 105. seit der französischen revolution nur jede Schlacht die y) aus dem rückgehen auf LUTHER erklärt sich ungemutterzwiebel oder wehmutter eines neuen groszen zwungen, dasz forthin die Verwendung des Wortes von der mannes geworden J. PAUL dämmerungen 65; heimath der schriftsteUer unabhängig ist und dasz kaum so, Green, du bist wehmutter meines w e h s , je ein katholik es braucht, der lebendigen spräche bleibt und Bolingbroke ist meines kummers söhn es fem, das scheint schon die Schreibung wehemutter zu SHAKESPEARE Eichard I I . 2, 3 Sehlegel. bestätigen, die weiterhin häufig ist: wodurch unschuldige 2) aus der hauptbedeutung abzuleiten ist wehenmutter hertzen und ohren heftig geärgert, ja junge mägdelein als weiblicher dämon, über den HÖFLER krankheitsn. 429 verschmitzter als alte erfahrene wehemütter werden nach LAISTNER rätsei der sphinx 2, 379 berichtet, der RIST friedej. Teutschland (1653) 137, obstetrix, quae parseinerseits das t)tatsächliche aus SCHMELLER2 2, 824 f. entturientibus fert opem, wehemutter oder hebamme BAS. nimmt: eine hebamme in Augsburg hat einst die jungen FABER thesaurus eruditionis (1654) 1028; weil ich nicht kinder im namen des teufels getauft und umgebracht, nun wüste, was ich thun solte, liesz ich die wehe-mutter geht sie als gespenst um und gefährdet die kreiszenden; holen mediz. maulaffe (1719) 426; man sagt, dasz es die kinder weist man zurecht mit der drohung: die wämuatar wehemutter bey meiner niederkunft versehen haben von Augsburg kommt. soll HIPPEL lebensläufe 3 II 552; verflucht die wehe3) selbständig entwickelt hat sich wehenmutter für die mutter, die das wort aussprach: der knabe lebt GERwehen auslösende gebärmutter HÖFLER 429, wie es auch STENBERG Ugolino nat.-lit. 48 , 266; einer andern stand ein spruch aus Plimballen bei FRISCHBIER hexenspruch eine mannsperson bey der geburt bey . . . nach 3 stunden und zauberbann in der provinz Preuszen (1870) 70 vorerfährt die wehemutter, dasz es nicht der mann sey aussetzt : GÖTHE Weim. IV 9, 275; die wehemütter halten deshalb wehremutter, beremutter, gar viel auf diese kräuter GRIMM sagen ' l , 73 u. 8. gedu willst blut lecken, legentlich beweist das metrum gegen die Schreibung: das herz abstoszen. ich m u s z sehen au ff die refier, dasz ich die keiserin nicht verlier, w i e ich j h r ein wehemutter bring

später bisweilen metrisch XIV.

AYRER dramen 2, 1339 Keller; gesichert:

nein, das sollst du nicht thun.

auch mnd. hevemoder begegnet in diesem sinne: SCHILLERLÜBBEN

2, 263.

WEHMUTTERHAFT, f . das gebundene leben einer hebamme an miszliebigem orte: während ihrer fast zwanzig-

10

147

WEHMUTTERHÄUBLEIN—WEHNE

jährigen wehmütternhaft im kirchspiel BODE Tristr. Schandi 1, 106. WEHMUTTERHÄUBLEIN, n. das amnion, das zuweilen ein kind auf dem köpfe mit zur weit bringt, vom aberglauben als glückverheiszend gedeutet HÖFLER krankheitsn. 221, zur suche HYRTL kunstworte der anatomie 81 /. sonst bälglein, glück, hemdlein, kindelfell, kinderbälglein, kindesbürdlein, -büschlein, -haut, -netzel, -kleidchen, schafhaut, bei knaben heim, bei mädchen glückshaube, labhäublein, westerhaube.

W E H N E L N - W E H R (fem.)

148

rindvieh' WOESTE 828; win* 'auswuchs an der bauchhaut des rindviehs' BAUER-COLLITZ Waldeck 114; vom vieh wol auch viana 'harte fleischgeschwulst' HOLTHAUSEN Soester ma. § 60, dort auch die erklärung des westf. ia aus umlauts-e in isolirten wortformen. WEHNELN, v. im älteren schwäb. 'wiehern' (s. dies), aus mhd. winhelen mit schwäb. e statt i vor nasal: vnd in dem er fleissiglich fürzoge, hört er ein pferdt wehnlen Amadis 1, 268 Keller; auch übertragen: und wurde Amadis unnd Galaos, jeder in eine sondere kammer gelegt, in welchem bald darnach die frauw vom Gantasy . . käme, W E H N B E U L E , f . verdeutlichende Zusammensetzung zum hierumb dann Galaos (als der nach keinem andern futter folgenden: ween und ween-bulen, die beulen oder knoten oder habern wehnlet unnd schrie) sie dermassen tracder kühe zwischen feil und fleisch, worin eine dicke tieret. . . das sy manch malen . . . gesaget. . . das ir made liegt brem. wb. 5, 226/. WEHNE, f. 'geschtoulst', ein nd. wort, zu trennen von lebenlang sie kein . . . bessere und lieblicher nacht verhd. wahne 'fehlen desfleische*unter der haut (ahd. *wana, schliessen und hingebracht l, 840. WEHNHOLD, /. begünstigung von freunden, nach BECH wanl) oben 18, 648 f., vielmehr mit ags. wenn m. f. 'ImOerm. 6, 285. 19, 54 zu mhd. wine 'freund' und halde petigo, tumour' BOSWORTH-TOLLER 1190, SWEET 203, mengl. wen 'Verruca' STRATMAN 677, engl, wen 'auswuchs, 'geneigtheit', ein thüring.-braunschweigisches wort vom ausgang des mittelalters: welch radt bye buesze waz gewarze, Überbein, knarren', nl. wen f. 'warte' KRAMER (1759) 1, 2034, wfläm. wan m. 'kröpf, auswuchs am bäum' bieten lezzit . . . die buesze sal der rath fordere unde nemen ane wenholt, deme riehen als deme armen DE BO 1180, mnd. wene f. 'struma' SCHILLER-LÜBBEN gesetzsammlungen der stadt Nordhausen 62* Förstemann 6, 670, L Ü B B E N - W A L T H E R 572 aus wgerm. * w a n j a - KLUGE(Statuten 3, 19); das sal furder uff ewigkeit, ane abgang LUTZ 281. dies zum idg. stamme *ven 'verletzen', zu dem also gehalden und alletzyt das geschosz uffs glichst und als pari. pass. got. wunds, ags. asächs. nhd. wund geane wenehalt uffgeleget und genomen werden urkunden hören FICK4 8, 888 f. FEIST 824. was wehne von diesen verwandten trennt, dasz es nicht die offene, sondern die der stadt Kahla (1459) 40 Bergner. das genus ist in dieser geschwollene Verletzung der haut bedeutet, vereinigt die ver-beliebtesten formel nicht erkennbar, daraus entspringt Unsicherheit: an allen wenehalt solch spende zeu gebin das. schiedenen gebrauchweisen des Wortes unter sich. 48 (1471). auch umdeutungen kommen vor: ohne wahn1) dabei scheidet sich ein gröszeres ostnd. gebiet von hulde Frankenhausen 1558, s. o. 13, 669. auf nd. gebiet ist einem kleineren westlichen, in Lübeck setzt die Überliefedie häufigste formel nach wehnholde (LOBBEN-WALTHER rung ein mit der glosse: struma, wene, est in flacco corpore brevilogus von 1408 bei SCHILLER-LÜBBEN 5, 670. 572); gi scrivet, we hebben dat na weneholden ghescheden, des wethed, dat we dem also node don wolden Hildes'beule, geschundst' in übertragenem sinne ist wehne im heimer urkb. 8 nr. 892 (1896); lt. jahrh. in Stralsund: verbinden sich Niclas und Johannes von der Werle, Wislaffen beizustehen, bis das grotes dynges sik underwant desulve Ludeke Hollant. er seine stat Stral-Sund widderkriege. Wislaff gesagt, der he eettede äff unde tho, sund were eine bose wehne in seinem lande KANTZOW alle dynck scholden wesen so. Chronik von Pommern 184 anm. Oäbel. Wizlaw 8. von Hilgen na wlnholte leep de schyve, he wart tomalen bedryve (eifrig) F 1886, sein krieg mit Stralsund endete 1817, in die zeit d. »tädlechr. 16,121 (»chicMspiel, vor 1499); vorher gehört das wort, wenn es authentisch ist. aus KANTZOW oder seiner quelle: folgendes ist gemelter Witzso hadden se upgesat unde wolden dat ock so hebben laff . . . mit seinen unterthanen, den strallsundischen, die van Btunt, dat neyn radespersone eyn ampt scholde er pflag eine böse wehne in seinem lande nennen, wegen hebben, men Blichte personen van den meynen borgeren. jhrer Privilegien, als wenn sie dieselbe nicht rechtmeszig over dat wart geholden na wenholte: malk (jeder) drang solten von seinen vorfahren erlanget haben, in Uneinigsick darby dar dat ampt na was 16, 364 (schichtbuch, 1514). keit gerathen MICRÄLIUS altes Pommerl. (1640) 8, 871. WEHNIS, f . 'trübsal', eine der seltenen bildungen auf -nis zu subst., s. WILMANNS wortbildungsls. 858 jf. : für Mecklenburg bucht SANDERS 3 II 1467°: wähne, wehne seid getrost, in nacht und wehnis 'fleischiger oder schwieliger aaswuchs, balg-, fettgeschwulst, badet sich die seele rein Überbein' und kommt damit den altmärkischen gebraucheH. BETHOB tonntagsztg. f. d. d. hau» 1905/6«. 995. weisen nahe: w&n 'eine erhöhung, beule in der haut, höheres alter und fem. genus verbürgt das Wortspiel: von Überbein' DANNEIL 248. hier überall ist wehne, im eigentlichen oder übertragenen sinne, eine geschwulst am men- der frawen Venus oder wehenus GUARINONIUS grewel schen. darüber hinaus weist im Ostgebiet einzig eine der Verwüstung (1610) 1087. voücsmedicinische anga.be aus Suppin: hat ein vieh wenen, W E H P O S A U N E , f . bei der apokalyptischen Schilderung der letzten dinge: so nimmt man vor Sonnenaufgang einen stein aus der als die dritt weposaun erschallt, daohtraufe, bestreicht den schaden dreimal kreuzweis da rai ain groser stern alsbald und spricht... zs. des Vereins für volksk. 8, 898. vom himel, welcher Wermut his, I) im westnd. ist zunächst möglich eine engere bedeuder verbittert pronnen vnd QQsz FISCHART bibl. hMorten 383 Kurz. tung 'gewächs am auge'. wol für die alte grafschaft Mark gilt: w6n 'kleines geschwür am auge' WOESTE 820, in WEHR, WEHRE, f. 'vertheidigung, waffe'. zur wurzel jene gegend möchte man die notiz des gloss. latino-saxon. •var- (s. auch wehr n. und wehren verb.) gehören die von 1480 setzen: egillopa en wene DIEFENBACH gloss. 196°, nomina gr. fyv/itt 'schütz'; ital. *vero 'thor' in umbr. dort mag der vielreisende Obersachse BARTISCH das wort verisco 'bei der thür', verof-e ' t » portam', osk. veru gehört haben: wenns denn (die wassergalle am auge) also 'portam' v. PLANTA gramm. der osk.-umbr. dial. l, 468. 8, harte wird, so nennet mans ein Wehnen, grützknoten, 710, lat. vestibulum (aus *verostabulum) 'räum bei der oder atheroma, die gemeinen leute heiszens auch ein thür' WALDE* 889; aslav. vora 'verzäunung', zavorb 'mit stangen gesperrter durchgang', vrata 'thor'; lit. vaf-tai vberbein augendienst (1588) 150». plur. 'thor'; ir. ferenn 'gürtel, Strumpfband', alle auf die 8) in« 17. jahrh. reicht die bedeutung 'geschwulst am grundbedeutung 'hemmung' zu vereinigen, im germ. stellen vieh' zurück: niemant soll auch ein beist sohlachten sich hierzu, zunächst abgesehen von ags. asächs. wer (diese und verkaufen, welches eine wenne hat KRUMBHOLTZ gewerbe der Stadt Münster 200; ein scheues pferd . . . so unter wehr ».), die nomina anord. verja /. 'vertheidigung, Verwahrung', vom f . 'vertheidigung, schütz' FALK-TORPein fusz verbellet, schwamm, Wehnen, welches eine grüne ferse hat J. F. BEHAMB roszteuscherrecht (1715) 65k. woher DAVIDSEN 1869f., afries. were, wiri f. 'vertheidigung, der östreichische jurist diese bedeutung kennen mag, zeigt waffe' RICHTHOFEN 1186, 89, mnd. were/. 'vertheidigung, waffe' SCHILLER-LCBBEN 5, 677, mnl, we(e)r/. 'widerihr heutiges 'gebiet: wiene 'warze bei pferden oder im holz' JELLINGHAUS nd. corresp.-bl. 19, 51 aus Heepen bei stand, waffe, kriegsmackt' OUDEMANS 7 , 900. 921, ahd. wart, wer!/, 'vertheidigung, befestigung' GR ÄFF l, 989, Bielefeld; wiane 'auswuchs, geschwulst an pferden und

149 mhd. wer(e) f.

WEHR (fem.)

150

WEHR (fem.)

'vertheidigung, waffe' mhd. tob. 3, 510,

wehr ab; ein Saseler beleg steht nahe: anno Christi 1092. haben die juden in ettlichen Stetten teOtschs lands gros durch echtung erlitten, vnd als man sie zfl Speier auch form. angriff, flohen sie in des künigs pallast vnd in des 1) das starke fem. wert, nomen actionis zu einem schwachen verb. der ersten ctasse wie mendi, resti, toufi, bischoffs hof, stelten sich zü der wflre, dann sie hetten url6sl, well (Y. BAH DER verbalabstracta 89, BRAUNE ahd. ein rucken vom (lies: am) bischoff MÜNSTER kosmogr. gr. § 218) ist ahd. reichlich beiigt. treu, im typus der alten (1660) 678. auf der andern seile reicht die erseheinung bis Leipzig: dise amazones streytten nicht mit dem maul, abstractbildung auf -ini (KLUGE nom. stammöildungsl.a § 148 f.) ist der obcrschwäb.-schweiz. plural auf -inen: die sonderen mit der wöhre unnd faust SCHUMANN nachtbüchlein (1659) 265 Bolte. die masse der belege liefert in doppelhacken . . . an der schwere das ine ein mann alter zeit Schwaben: des satzten sich die gesellen ze wör tragen und von einer wehr zur andern bringen . . . mag geen in und stachen die spiesz in sie und die rosz, dasz . . . sie werden gebraucht in den besatzungen, auff und sie vielen städtechron. 6, 17, 10 (Augsburg vor 1466); entspr. an den w e h r i n e n FRONSPERGER kriegsbuch 1, 90B (1578); 4, 881, 28. 6, 221, 12. 817, 5; (die beiden) wüsten sich nit und gewunnen die eidgenossen vil armbrusten, harnesch mer zft eretten, lieszen sich on wöre zu todt schlagen und setzschilten und ander werinen chronik der stadt Pontus und Sidonia (Augsburg 1498) D 2» (1589: on gewehr); Zürich 829, 9 Bierauer; bevestigung, als thttrn, ringkmauren, weerinen STUMPP Schwytzerchronik 418* (1608). — weyter rflfft er der bapst den weltlichen arm . . . vber in der bedeutung 'waffe' erscheint wehr bair. im 18., schwäb. mich an, als ob er in eynem schlag alle wör gegen mir und schwell, im 18. jahrh. gelegentlich als neutrum, offen- brauchen wöll HUTTEN 1, 401 Böcking (Tübinger druck)-, geschickt zum streit in bögen vnd andern Wöhren FRANCK bar nach dem vorbild von Schwert und gewehr, daher welüntch (1542) 189*; (man soK) in alweg vor alles verwol auch das schwanken: auch sol iederman mit seiner suchen, ehe man nach angebottnem fried zur wöhr greif! wer berait sein, so best er mag, wann ain landgeschrai auferstuende, das er das hab östr. weisth. 2, 221 (Tirol kriegsbüchlin des friedes (1660) 168»; (Longinus wurde) dermaszen überwunden, das die ttberigen überbelibnen 18. jahrh.); Römer geisel geben und das halbtail irer wöhr und dri kunige riten nach dem her, die fuorten totlichiu (vor.: totliche) wer. güeter dahinden lassen muosten Zimm. chron. 1, 4, 1; starchiu sper voll Angeran entspr. 1, 4, 17. 22, 6. 88, 17 u. o.; wöhr als einzige Schreiman fuorte mit den forsten dan bung bei WECKHERLIN sowie in SPRENGS Rias und Äneis wol zweinzech fnoder ode mer (Augsburg 1610). Baiem folgt wenig später: furor arma WIRNT WlgaUrt» 10670; ministrat, der zorn macht einem bald ein wöhr monae. zwei tusent riter U5 erweit Augustin. bei SCHMELLER9 2, 978; bei den tänzen, die huoten hinden nach dem her dann durch den gemainen baursman, und als uns andie fuorten freislichiu (vor.: freisliche) wer: langt an etlichen orten mit püchsen, armbst, langen tusent schützen mit starchen bogen 10680; spieszen, helmparten, wurfhagken, pleikugeln, hierndann er war auch vom spiesz kommen, und kam zum heubeln, puchhandschuch, panzerstrichen und andern wehr, dasz ich mich sein wol betragen und erwehren mocht GÖTZ V. BERLICHINGEN 102 neudr. (sonst wehr/.); unzimliohen wören und harnasch ze tragen in groszer stiege er also bald vom pferde . . . fasset das wehr in menig besucht werden landpot in Ober- und Niederbaiern die faust, den schilt an den arme Amadis I (1569) 16 (1518) L7B; imm tawf wirt ainer aufgenomen vnd beKeller; hette ihm auch das haupt zerspalten, wo er nicht schriben zfl Söldner, die firm gibt demselben Söldner den streich mit seinem wehr auszgenommen hett 130; hellm, auch andere wäre vnd waffen BERTHOLD v. CHIEMzucket er das wehr, des fürnemmens, im das haupt abSEE t. theologey (1628) 414; wöhr, seitenwöhr, ensis, zuschlagen 249; eilends hett er ein ander wehr, stäche gladius lateralis, wöhr anhengen. ich greiff an d' wöhr das durch herr Heinrichen buch der liebe (1587) 884*; doch vocab. von 1618 bei S C H M E L L E R ; bei AEO. A L B E R T I N U S (trotz dem spuk) habe er ein hertz gfasset, syn gwör kommen 7 wöhr auf 2 wehr; zuckt vnd vmb sich ghowen. da sye er von stund an (ich lobe die alte Khlichte zeit,) von der vernunfft, vom whör, mantel, hött vnd hendda nur nach ehr mit seiner wöhr schüch kommen BRANDSTETTER Cysat § 116 (1678). mit streitten vnd obsigen wie hier wol gwör nachwirkt, so beei^fluszt gewehr das ist von dem plan ein bidermann zur cron hinanfT gestigen genus in dem versprengten Zeugnis: BALDE Agathyrsv* (München 1647) 48, 1; LEXER S, 767.

ein wehr [weer] heisst schantz' und dämm, so wut und flut abwehrt; das wehr (gewehr) ist gut, wenn sich der feind empSrt SEUME U. tätliches lex»'ton (1738) 274.

2) umlauttose formen bieten im 8./9. jahrh. die ältesten glossen: framea uuari STEINMEYER-SIEVERS 1, 144, 6, propugnacxda (g)iuuari 4, 877, 14. auf offene ausspräche deutet ä in schwäb. quellen des 16./16. jahrh.: hetten (die baitern) ainander geholfen als biderleut und hetten sich zu wftr gesetzt... in wär kain laid nit geschechen städtechron. 5, 41 (Augsburg vor 1466); doch hat Pfaltz hoch zuuoran in mich getrungen, jch sol von der wäre Iassenn, sein f. g. kiinnde mir dises zugs nit gestatten SCHERTLIN v. HURTENBACH leben 181; in der barnasch camer, darin Vlyssis waffen vnd wfter verwaret wurden SCHAIDENREISZER Odyssea (Augsburg 1687) 2b. nachmals wird eine falsche etymologie für diese Schreibung verantwortlich gemacht: andere schreiben indesz währ, leiten es von wahren, aufbewahren ab K. MÜLLER verdeutschwb. der kriegsprache (1814) 26, möglich, dasz solche gedanken auch schön bei ZESEN mitgewirkt haben: dacht' ich ganz und gahr nicht, wie und womit ich mich zur währe stallen solte Ibrahim (1644) 1, 78. 8) ö aus umlaut-e nach w hat sich in wehr nicht durchgesetzt wie in gewöhnen, schwören, wölben, zwölf, ansätze finden sich (wie bei gewöhr th.il 5401) in allen bedeutungen des Wortes, fast nie ungemischt aber weithin obd. und md. seit 460 jähren, der Freiburger drucker Johann Wörlin (jetzt heiszt der name meist Wehrle) führt seit 1620 einen doleh im wappen, leitet also seinen namen von

wann vnser feynd imm schwartzen h5r beschfitzen dj mit arger wör SCHWARZENBERG (. Cicero (1586) 152".

am längsten gilt ö in östreieh: da ainer auf kürchtogen raufhändl anhebt 82 pf. pfening, wan er aber mit wöhr oder dollich zueschlieg oder mit einer pixen schieszen wolt 50 pf. pfening östr. weisth. 6,129 (Niederöstr. 16. jahrh.) ; unzimlich wöm. item niemand soll unzimblich wörn, als pttxen, stäckl, armprost, wurfpeil, kreuzhacken, pleikugln und dergleichen tragen 8, 888 (Tirol 16. jahrh.)4, das. 2, 88 (1686); 1, 14. 40 (Salzburg 1825); 2, 22 (Rufstein 17. jahrh.) u. ö.; mit wöhr und wafTen ABR. A S. CLARA Judas 2 (1690) 77; hierher auch gegenwöhr das. 1 (1686) 299; aus lebender mundart: wöre, wässerwöre LEXER kämt. 266. 4) were f . hat nach r mit vorangehendem kurzem vocal sein auslautendes e obd. seit dem 11. jahrh. verloren: uon dem gent dei rippe, er machet im einen rukke, dei pivgent sich furher dem herzzen ze wer

genetie 6, 28 Diemer. wer ist normalform im Nibelungenlied, bei HARTMANN, W O L F R A M , W I R N T , GOTTPRIED, W A L T H E R , H E I N R I C H v . D. T Ü R L I N , RUDOLF V. EMS, KONRAD V. W Ü R Z B U R O ,

ENIKEL, OTTAKAR USW., md. bleibt in der regel were: her greue nu sehet wie wir vnse were (: here) von prise wol haben bewart graf Rudolf Cb 1 Grimm; sie dogten vnd riffen an die w e r « sie liffen der kvnic quam auch zv gewer HERBORT v. FRITZLAR Troj. 1824;

10*

151

WEHR (fem.)

WEHR (fem.)

152

wo engel durch das leben gehn di . . . brachen den vride an im unde heimsuchten in und 6anft die wege zeigen . . . mit gewapenter hant, mit gerukter were, mit howen da steht das herz in guter wacht, unde mit Stichen Freiberger stadtrecht c. 28 § 9 u. o. (um und braucht nicht eigne wehre 1300); unde der (der falsche Woldemar) sprach, her were FÖRSTER ged. 1,16 Tieck; lebinde worden unde hiesch seyn veterliches erbe weder da wehrte sich der zwölft', und als ein held wollt' er gebaren, da sprach der menschenfresser: jetzt magst du die wehre sparen unde wolde das habin, unde zouch mechtiglichen unde RÜCKERT ges. ged. 4, 889; gestrengiglichen obir on (markgraf Ludwig), unde her der kaiser nimmt sein schwert von seiner hufte schnell: bestalte seyne were kegen om, szo her beste künde J. ROTHE hier will ich meiner wehre so lange sein beraubt, dür. Chronik cap. 684 z. j. 1847 Liliencron; bis ich des kaisers ehre gerochen an ihrem falschen haupt PLATEN 320. der abir had einen solchin mud daj her sinin glichin tar bestehin so sogar bei obd. dichtem: und in noetin vordir (von vom, ins gesicht) were tud, und die rohen seelen zerflieszen der hei;it kune, des mue; ich jehin in der menschlichkeit erstem gefühl, ROTHE ritterspiegel 1883 Bartsch; werfen von sich die blutige wehre und wel mich legen al da her, SCHILLER 11, 296 (bürgerlied); dasz ich auch thuwe were herr Oliver war auch nicht froh, Alsfelder passionsspiel 218, 6946; er sah auf seine wehre: da irmante di gemeine zu Hademar unde stalten sich es ist mir um mich selbst hicht so, vigentlichen zur wehre (var.: zu gewere) mit werfen, wie um die Altekläre UHLAND ged. 355; mit geschosse unde ander grosze arbeit Limburger chronik Füllenstein, gebt euch gefangen! 68, 18; wer vor armutt nit ein pantzer vermochte zu Ottokar. eure wehre, Heinrich! kauften, dag derselb ein eisenhut oder sust ein were ihr Ulrich Lichtenstein, graf Bernhard Pfannberg, haben solte städtechron. 8, 884, 6 (Nürnberg 1440); wer ihr gebt die Schwerter, und euch selbst in haft es, das iemant . . . bi nacht off der gassen one liecht GRILLPARZER sämtl. werke 6, 68 Sauer; und mit geverlichen waffen oder were betretten wurde die wehre an der seite HAUFF 9, 32. oberrhein. stadtrechte 1, 496 (Heidelberg 1466). mnd. gilt were im schütz dieser licenz bewegt sich auch die obd. prosa allgemein auszer- im äuszersten westen: freier: als der thurm gewonnen, als in die wehre gebrochen worden, spaltete das erste schwert des tapfern oich helpent dir der heiiger coninge dri und steint dir mit truwen bi, commandanten haupt J. v. MÜLLER sämtl. werke 24, 79; mit alme hemelschen her auch die wehre ist beim menschen fertigkeit, die er doint si mit dir, Colne, wer durch eigne freiheit sich erwerben musz GÖRRES ges. städtechron. 12 v . 5873 (um 1280); entspr. v. 363. 720. 6036. Schriften 2, 184; alle gebildeten stände tragen noch die im 16. jahrh. gilt die zweisilbige form weiterhin in md. wehre, die freilich zum zierlichen degen eingeschrumpft kanzleien: die pfarguter sollen alle wider zur pfarr komist VLSCHER ästhetik 2, 285. men und für aller peschwerung als mit were abreiszen, 5) selten ist diphthongirung des stammvocals zu ie: auch der schefer beschedigung mit abnutzung der wirt yman begriffen vnd auf gehalten vom (lies: von) fruchte . . . beschützt werden mittheil. des alterthumsdem richter oder von sinem gesinde, der sol ze b u j j e vereins Zieickau 7, 89 (1538). unter den Schriftstellern steht geben ein schok grojjer pfenninge, vnd sol verlorn haben LUTHER mit seiner normalform wehre zunächst allein verpoten wier, ob man die bey im vindet Altprager und bei der aufnahme, die sie im ausgang des jahrh. stadtrecht 14 1lössler (statutarrecht v. 1329 § 20); dazu aus findet, ist wol mehr mnd. were Vorbild: wenn ein ander neuer Tiroler und bair. mundart wiar f . d. mundarten meint, wir sein noch weit von jhme, so hat er die 3, 462, gwiar n. SCHMELLER2 2, 978. wehre schon im leibe HEINR. JUL. V. BRAUNSCHWEIO 6) nhd. ist e vor auslautendem r gedehnt wie in der, 539 Holland (1593 Vinc. Lad.X 8); bat sie wölten jn auff er, her, meer. dehnungszeichen kann schon ein rhein. i, y sein: die bürg tragen, vnd auff die wehre setzen lassen dese (pforten) wunnen si al up einen daich, HENNEBERGER erclerung der preusz. landtafel (1595) 50; dat manich mit ougen anesaich, zogen sie (die fratten) hämisch und wapenröcke an und sunder vurrait, unde veingen giengen auff die ringmauer mit ihren gewehren und de up de porten zo weire geingen traten an die zinnen und beweiseten sich zu der wehre städtechr. 12, 93 v. 2479 (Köln um 1280); WAISSEL preusz. chronik (1599) 71*; warft ine Vosz mit to enen heyrgeweyde hoert . . . alle tymmerreschop, ock einer kandel biers an den kopff. so zuckte Ramelow alle weyr, de tho ener hant hoeren codex trad. westf. l, seine wehre KANTZOW chronik v. Pommern 868 Oaebel. 191 (ende des 15. jahrh.). viel häufiger bezeichnet ee die seit OPITZ steht wehre bei md.-nd. dichtem: länge: do hebbe wy al vnse weer vnd wapen affgelecht cott ist mein schlosz und hohe wehre ROTMANN restitution (Münster 1584) 107 neudr. hd. ist psalmen Davids 111 (59, 5); Nürnberg ausgangspunkt: item ain jar vor, ee sich der bey dem (gott) ist mein heyl und ehre, krieg anving, warnet man iederman, d a j er sich fürsehe meine stärcke, meine wehre mit allerlei, dag da gehöret zu der weer städtechr. 2, 243, 3 GERHARDT 3, 437» Fischer-Tümpel; (1449); entspr. 249, 16. 253, 23. doch ist auch hier die eine gantze hamburgische schifTsflotte ausz vielen . . . Schreibung langst nicht durchgeführt: unserr herrn vom ländern zum ernst und wehre, als zur lust und errat hetten geben in idem virteil helmbarten und lang gätzung RIST neuer t. parnass (1652) biij»; spiesz von der stat were; die selben wer gaben dann der jungfer lust wehrt keine wehre, die genanten . . . den haubtleuten . . . die beschauten sie wil sie, so hiltft kein halten nicht dann mit irer weer städtechr. 2, 257/. (1450); bey wem STIELER geharnschte Venus (1660) 87 neudr. ; einich solich verpotten weere . . . erfunden . . . der sol dasz die mördliche wehre sein nachbegreifflichkeit zu theilen nicht vermag zuvoran soliche getragne were verloren haben NürnTREUER d. Dädalus (1675) 1, 454. berger polizeiordnungen 51 Baader, neben wehr und wör die theoretiker lassen gern die wähl: wehr unbenanten bei S C H W A R Z E N B E R G : geschlechtes das wehr oder gewehr . . . ist eine schutzain weiser hauptman zfi der Schlacht wehre , auch im wasser; sonsten ein degen . . . damit, so er sein spitz vnd hauffen macht am nächsten ordent zü dem streyt, man sich wehret . . . sonst saget man auch eine wehre den er güt weer vnd hämisch geyt GIJEINTZ rechtschreibung (1666) 159; wehr vel wehre (die) t. Cicero (1535) 131. defensio, propugnaculum STEINBACH (1731) 2, 97S; wehr, nächst Nürnberg in den ältesten drucken von Ulm, Eszdie, oder die wehre VOIGTEL handwb. (1795) 8, 606; mit lingen, Freiburg: als aber die sicilischen sahen, das sie dem weiblichen e, wehre, ist dieses wort im hochdeutsich redlich zur weer stelten und erwörten STAINHÖWEL schen seltener, als ohne dasselbe ADELUNG (isoi) 4, 1488. de claris mul. 315 Drescher; ebenso Äsop 202 Österley; sich damit ist der geltend* zustand erreicht, der die seltnere der wäffen oder der weere zegebruchen NICLAS v. WYLE zweisilbige form nach versbedarf stets erlaubt: translatiomn 209, 2 Keller; ebenso 146, 11. 147, 84; so hat jegliche wehre, die ihr getragen, die krafft des windes mich und mein bywoner über doppelt und dreifach ist sie mir werth unsern willen und strenge weer har getriben RIEDEREI GÖTHE Weim. 1 1 1 , 2 5 2 ;

153

WEHR

(fem.)

WEHR

Spiegel der rhetoric (Freiburg 1493) 28b; genau so Straszburg 1505 23b. im Elsasz dehnt sich die Schreibung nachmals aus: by Silo vor der hütten sich versamlet, vnnd flucks zur weer griffen HEDION Josephus (1531) 85" (1556: mit gewehrter handt 81"); zühandt sich . . . mit rossz und harnasch und weer zürichten liesz WICKRAM l, 201, 25 Balte; ebenso 2, 82, 35; mit welchen weeren er begert FISCHART nachtrab 25 v. 840 Kurz. hauptgebiet wird die Schweiz, zu doppelsetzung stets geneigt: min vatter hat zwen schön ochsen ghan, die wolt jm der vogt nemmeir mit gwalt, darwider ich (MelcMhat) mich z4 weer stalt Schweiz, schausp. 3, 81, 154 (Urner Telletisp. 1512); was kundt ich th&n, dann truren das, das ich nüt dann ein wybsbild was, on weer, ein schooff, dem wolff erloubt 1 , 1 2 0 , 259 (BULLINGER Lucretia

1533);

wir band kein weer noch schwerdter nitt 3, 127, 1904 (RUFF Tellenepiel 1545); ein weyb sol nit manns weer tragen Zürcher bibel (1531) 5. Mos. 22, 5; die weere schirm propugnaculum MAALER (1561) 487b; vil ross, weer vnd waaffen Warden gen Reutlingen gebracht S T U M P F Schwytzerchronik (1606) 105'; entspr. 423', dagegen wehr 89b. 43b, wehren I7 b . 320". 7) durchgesetzt hat sich die Schreibung wehr, freilich (wie gewehr th. 41 5401) nicht ohne widerstand, zunächst mag schon die Schreibung weer in einem, theil der fälle einen gleitlaut mit treffen wollen, der sich mundartlich auch zwischen junger länge und auslautendem r leicht entwickelt hat. noch näher läge es, an gleitlaut zu denken bei Schreibungen wie wäer und wäher, wenn er je metrisch zu stützen wäre, doch ist das nicht möglich: in der harnasch camer, darin Vlyssis waffen vnd wäer verwaret wurden SCHAIDENREISZER Odyssea (1537) 2B; fluctibus moles opponere das wasser mit einem wäher auffhalten oder schützen BAS. FABER SORANUS Thesaurus eruditionis (1587) s. v. moles. so wird wäher wie auch das viel häufigere weher in der mehrzahl der fälle als doppelte bezeichnung der länge gemeint sein (wie wehe th. 14, 2). weher gilt im 15. jahrh. in Thüringen: auch was vor wehere im rathusse ader wo der rath von der stad wegen schencken (läszt), gerückt wurden, sal sich der rath zu halden und die an den kagk slahen MICHELSEN rechtsdenkm. aus Thüringen 228 (Rudolstadt 1404); eyn rad hat macht das volk zu geschutcze buchsen unnd armbrost der stad zu nutcze unnd wehere alle jar zu thune unnd zu besserne geschichtsquellen der prov. Sachsen 39, 409 (Erfurt 1480); entspr. 323. 373. thür. noch 1691: dicitur etiam wär, weher et schutzwär . . . abweher (lies: ahlweher) captura angvülarum STIELER 2512; wol •von da übernommen weher RÄDLEIN 1, 1038. sporadisch tritt die Schreibung obd. auf: so sein alle Tyroler als purgkfrider schuldig in allen sorgfeltigen kriegsleuffen, so lang die weren, das fürstlich schloss Tyrol tag und nacht bei den thorn und allen wehern und all ander weg . . . zu bewaren östr. weisth. 5, 3 (1505); so einer jemandt mit einem todtlichen waffen oder weher überlauffet, anficht oder schlecht peinl. halsgerichtsordnung art. 140 Kohler (1507); darzü glaub ich gentzlich, got habe mir in meinen syn geben die weher züuerschliessen, auff das j r nit villeicht zwischen den trincken jrgent ain römor anfahet vnd zü den wehren lauffl, ainander damit belaidiget. dann das Schwert oder weher macht ain fraidigen man noch fraidiger SCHAIDENREISZER Odyssea (1537) 69*; wer wurfhacken und ander verpotne weher tregt oder aufstecket, dem sol es ain richter n e m e n östr. weisth. 6, 481 (Niederöstr. vor 1581). — wenn man dann, gleichfalls noch im 15. jahrh., auf doppelte bezeichnung der länge verzichtet, bleibt im thür. wie im obd. geltungsbereich von weher gern das erste e weg, zumal in unßectirter form: dem schulthessen geburen alle wher vnd wafen, damit gefretielt wirt in der stad M I C H E L S E N rechtsdenkm. aus Thüringen 352 (Erfurt 1483); es soll inen auch ain haubtman hämisch, w h e r , pheil und pulfer mittailen östr. weisth. 5, 702 (Tirol 16. jahrh.)-, wiewol grosze wher aus der stat geschach Zimm. chron. 1, 37, 39; entspr. 121, 16; dann auch: wer vber den andern messer,

154

(fem.)

schwert oder ander where rücket MICHELSEN rechtsdenkm. aus Thüringen 280 (Königsee 1559). demgegenüber ist es kaum zufr'l, dasz eh zunächst stets in flectirten formen auftritt: urtachhalben das sie messer vnd gerackte wehre uff dem freyen huse ober Studenten getzogen . . . haben quellen zur gesch. Leipzigs 2, 32 Wustmann (1472); dasz derselbe erwählte leibes halben eine starke, vermögende person, auch leidlich, arbeitsam und zu der wehre für andre seine nachbarn geschickt sey bair. landtagshandl. 18, 431 Kremer (1512); entspr. 432. relativ jung ist die Schreibung wehr im einsilbigen wort: lief ein iglicher zuhaus und nam seinen hämisch und wehr und lief nach dem rathaus städtechr. 27, 108, 24 (Magdeburg 1525); ain jeder in seinem hämisch und mit guetter gefasster wehr mittheil, des hist. Vereins f . Steiermark 45, 242 (Marburg 16. jahrh.); der wurden . . . tausent erstochen und gefangen, aber nit grosze wehr von in getan WILWOLT v. SCHAUMBURG 39 Keller; entspr. 190. entschieden ist zu gunsten der Schreibung wehr mit SACHS, bei dem auf 14 wehr 2 weer und 4 wer kommen, und mit LUTHER: während die eigenhändige niederschrift der bibelübersetzung noch 3 were auf 2 wehre bietet, steht 1545 neben 10 wehre nur 1. Macc. 5, 43 noch were, auszer der bibel kommen bei LUTHER auf 17 wehre 5 were und 1 weer. bedeutung. von der grundbedeutung 'hemmung' aus entfaltet sich wehr nach zwei hauptrichtungen, zuständlich und gegenständlich, je nachdem de f Zusammenhang mit dem vorausliegenden verb. wehren lebendig bleibt oder verblaszt. I. die wehr als handlung. A. als 'hemmung' sucht die wehr eine vorausgehende handlung aufzuheben, sie ist widerstand. l) in der mehrzahl der fälle tritt der widerstand als that auf, sprachlich unterschieden nach dem thäter, der sie vollbringt, den attributen, die sie erhält, und den wechselnden verbalen zusammenhängen, in die sie gestellt erscheint. a) der thäter kann a) ein einzelner sein, ist er dann bestimmt bezeichnet, so findet die wehr im einzelkampf statten wart nie herter strit erkant, sprach Parziväl. mfns bruoder hant twanc mich ze wer in grdjer nfit. wer ist ein segen für den töt Parziväl 759, 9f. ; zebant sach ich in üf stän unde nähen zuo mir gän. weder wider mich sin muot wsere übel ode guot, desn weste ich niht die wärheit, und was iedoch ze wer bereit HARTM. v. AUE Iwein 478; und wolt sich ouch mit wiben ze wer nicht gewerren H E I N R . v . D. TÜRLIN kröne

14194:

dar begrep he de were so langhe, dat de borghere eme to hulj>e quemen chronik des Lübecker lesemeisters DETMAR 1, 46 Orautoff (1385); do der Wende furste Nyclotus dat vornam, do dachte hie to der were geschichtsqu. des erzstiftes Bremen 63 Lappenberg (um 1400); dasz er sich mehr . . . stercket vnd bald hernach durch gewaltige streich vnd wehr sie zu rück triebe Amadis l, 66 Keller (1569); wo auch gegentheil sich nicht in die wehr begeben, er vngeachtet dessen ihm einen stosz zu versetzen nicht vnderlassen wolte Philander ges. (1650) 109; doch eh' er noch erwachend sich zur wehr gerüstet ZACH. W E R N E R söhne des thales (1803) 1 , 6 7 ;

in wehr gegen hof und land, in wehr gegen dich selbst

R . W A G N E R ges. Schriften

7, 75 (1859).

in minder kunstgerechtem einzelkampf vollzieht wehr, wo eine frau als kämpf er genannt ist:

sich die

solch wer deheiner frouwen wten ich immer mir erg§ Mb. 101, 2 C; swie vaste si sich werte, ir wer wart ze jungest kranc

102, 4 ;

die vrowe hielt sich enwer gegen dem manne pastional 378, 79 Bahn;

155

WEHR (fem.)

W E H R (fem.)

mit torae he to or Iip bi oren hären he se grêp unde warp dar neder dat bose wtt unde vil mit Biegen up or Uf, dat se mit were klene wrak G E R H A R D V. M I N D E N 28, 41

Seelmann.

viel weiter ist der kreis des Widerstands, wo die person des kämpfers unbestimmt bleibt: der man stet ba$ an sine wer wisende sin antlitze, wen her zn kämpfe sitze' H E I N R I C H V. HEHLER apokalypte

9644

Helm;

was gott pflantzt, das ble7bt für wind und gewesser, was gott nicht pflantzt, das wird ausgerodt nnd vergeen, da hilflt keyn wehr LUTHER Weim. 18, 468 (1626) ; dan wo nit wehre ist, da hatt der teuffei die weyde bald vorterbet 10 11,19; es mnsz die taplferkeit verdrieszen, wenn kleinmutn ihren fortganç schwächt, und thrinen statt des blntes flieszen. sie sucht nur wehr und widerstand, sie sucht mehr rühm als leut und land G Ü N T H E R 138;

doch ist ein gebot ausgerufen, dasz man aller elenden leute, so zu keiner wehr oder widerstand vermöglich wären, schonen sollte L i s c o w Sammlung sat. und ernsth. sehr. (1789) 88; dem krieger hilft jetzt weder muth noch wehr, die schnelle pest ereilt die schnellsten boten P Y R A U. L A N G E 138 (29, 391)

neudr.

auch widerstand im kämpf der geister kann die wehr des einzelnen sein: die gerechtest vrtail zetreffen, vnd hier zfi sin Vernunft spitzet, vnd sin kunst vf die bane zA der weere vf das best gewappnet bringen tût NICLAS v. WYLE transi. 146 Keller. ß) wehr als widerstand einer gruppe von kämpfem, als that einer Schiffsmannschaft, eines Wachtpostens, einer besatzung, leibgarde o. ä. führt meist sehen in krieg und schlackt: die çaliot man fluchtech s ach vor im vil diche uf dem mer: er het emschumpfiert ir wer W I R N T v . GRAFBNBBRG

Wigaloit

10493;

ze wer enthielt sich nieman von al der massente niwan ritter drte HARTM. V. AUE Erec 8682; sus wart dem grfiven Âliero ungenaedeclfchen schiere evangen unde erslagen sin her. annoch entweiter ze wer mit einer ltttzelen kraft

Iwein 8762;

wan der wahter sind viere, die den turn bewachent und sich in die wer mâchent, s® sie werdent gewar, da; >ht lebendes kume dar K O N R A D FLECK Flore

4278;

die besessen in kurzem zil wurden mir denn halbe wunt . . . das s> ze dheiner wer tohten OTTAKAR öltr. retmehr. 74299 Seemüller; es ward gehalten in dem krieg, dag man schraib purger und gest, welch tilglich warn zu der weer von trabanten mit pttchsen und mit armbrosten städtechr. 2,249,16 ( N ü r n berg 1460) ; uf die selbie czit, als er (Karl d. Kühne) starb unnd erslagen wart, was vorsehelich, das von om ykeine wehere gescheen mochte, danne flien geschiehtsqu. der prov. Sachsen 39, 878 ( E r f u r t 1477) ; nachdem er von inen umbringet, sein und seiner diener wher, dieweil iherer sovil, nit erschieszen möcht, ward er sampt denselbigen gefangen Zimm. chron. 1, 121, 16. selten einmal ist derartige wehr minder zünftig: wir hatten beständig ein bloszes taschenmesser unter dem haupte zurechtgelegt und selbige allbereit zur wehre gefasset SCHNABEL insd ftIsenburg 261 neudr. y) wehr als widerstand einer menge ist die Schlacht, ihr träger das heer; im reim sind die beiden gern gebunden: dt für st mtn triwe pfant, des inren hers dechein hant kamt durch mtne n6t ze wer. zwischem graben und dem Osera her wart gesttetet dirre vride Parztval 210,1 ;

156

der kunic Dimitri was ein helt, vumf tfisent Rügen Qg erweit mit den begreif er dfl die wer. entriten was stn ander her livländ. retmehr. 7639 Meyer; die alten, die das gsehen handt, sagendt, das in dtttsches landt der gecken kam ein grosses here, die sy vertriben handt mit were MURNER narrenbeschw. 1, 80 neudr. ; als dann so wöllen wir das heer geschwind antreiben zu der wShr SPRENG Iltas (1610) 21» J entspr. 31«. auch auszerhalb des reims läszt sich dieses wehr mehrfach geradezu mit kämpf widergeben: weit ir den brunnen und da; lant niht Verliesen &ne strft, s0 warnet iueh der wer enztt HARTM. V. AUE Iwein 1860; o j r lieben ritter vnd knecht, eylet zu der wehr buch der liebe (1687) 119»; und schon ist blut aufs feld gefallen in wehr und gegenwehr KRETSCHMANN sämmtt. werke (1784) 1, 86 ; zur wehr und flucht gleich ungeschickt AYRENHOFF werke (1814) 1, 279, 28;

nie werde es von deutschen männern verkannt, wie . . . deutsche weiber, ihnen gleich, den ältesten rühm erneuerten, und zwar nicht auf dem felde der wehre, des ungestümes und der gewalt, sondern in den Wohnungen des friedens . . . gleichsam, was die männer herzustellen angefangen, das alte hochherzige deutschthum, das haben die frauen zu vollenden und zu runden gesuoht J. PAUL herbstblumine 8, 28; Carus ist erschlagen I jeder thut auf kämpf und wehr verzieht, und es folgt des heers Verzweiflung auf die schfine Zuversicht PLATBN werke 1, 8 Bempel; durch Zions gassen rief ich auf zur wehr O. LUDWIG get. Schriften 3, 897 (Makk. 4). in der regel wird doch auch hier der sinn 'vertheidigung' gewahrt: dt der herzöge dag gesach dag sin wer was st kranc, mit dem vanen er d6 dranc durch dag kreftige her unz vil nfthe zuo dem mer herzog Ernst 3816 Bartsch; si wurden kranc an ir wer Dietrichsflucht6604 Martin; und slugen sich mit gantezer macht und rechter were van en liv-, esth- und curländ. urk.-b. 10, 896 Bunge (1447); zu wehr und krieg, ad dtfensionem et offensionem FRISCH (1741) 2, 480»; auf den starken wällen reiheten sich bogenschUtzen zur wehre an das hunderttödtende geschUtz RITTER erdkunde 6, 608. so auch, wenn in der dichtung gelegentlich der träger der wehr viel weiter gegriffen ist als 'heer': (die götter bethörten die menschen) dO was dag liut an witzen kranc. ir vreise, ir zouberlist sie twanc, dag ir wer was g&n in blüc RUDOLF V. EMS Barlaam 329, 33 Pfeiffer ; auch schallt zftstillen mich kein wer, kein bann, kein acht HUTTEN 1, 460, 27 Böcktng; wenn nicht mehr will fruchten and're wehre R Ü C K B R T werke (1867) 1, 20;

es bebt das land. der feind an unsern grenzen er fordert auf zu wehr und widerstand GRILLPARZER sämtl. werke• 9,211 (Jüdin v. Toledo 6). i) sogleich an diese ursprünglichste bedeutung von wehr schUeszen sieh sonderentwieklungen an. in der fechtkunst wird die 'vertheidigung' zum 'kunstgriff, durch den man den hieb abwehrt', in diesem sinn ist ausnahmsweise ein plural möglich und im 16.jahrh. beliebt: (bei einem fechtmetster) da war einr von denselben gsellen, der thet der kunst fleiszig nachstellen, vnd an denselben meister bgern, das er jn wolt in allen wehm als leren, was er selber wüst WALDIS Etopus 4, 72 V. 10 Kurz; übt sich in summa inn allen ritterlichen wehren FISCH ART Oarg. (1676) 78 neudr.; hie brauchten sich geübte und wolerfahrne fechter in allerley wehren KIRCHHOF wendunmuth 2, 40 österley. — im kämpfe gegen das feuer wird

157

WEHR

W E H R (fem.)

(fem.)

158

wehr früh als 'widerstand durch die that' verwendet: wu fuer uszkumpt unde beruften wirt, da sal eyn iglicher mitteburger by libe und gute zculowffen und sich mit redelicher .were bewisen by der stad höchsten busse codex dipl. Saxoniae II 15, 66, 38 (1488); das ein yderman der zcu dem fewr laufft . . . sullen ane were ader wasser dorzcu nicht k o m m e n Görlitzer Statuten 133. der wider-

er spielt die schar alsam den schfim ein kiel zetrtbet üf dem mer. sich huop von ritterlicher wer vil hurteclich gedrenge KONR. v. WÜRZBURG turnier zu Nantes 780 Bartech ; Hector der mante ouch stne schar und slnes werden vater her, m dag i t ritterlicher wer die Kriechen wider slttegen Troj. 26266.

mein unauszleschlich feuer erkennet keine wehr, kehm Thetis mir zu Steuer und gösz auff mich ihr meer — iedoch würd' aus den wellen die flamme schlagen für

durch zufaU lebt der ausdruck in einer 830 jähre jüngeren darsteüung des Trojanerkriegs wider auf:

stand wird, wenn er erfolg hat, zur

STIELER geharnschte

abhüfe:

Venu« (1660) 60

t h u t , d a s i s t d e r u n t e r s c h i e d R O S E Q G E R Schriften

(1895) 1,868.

nach dem Vorbild der feuerwehr wird in den letzten jähren auch von Öffentlicher Organisation der wasserwehr gesprochen. b) die attributiven adjectiva, die den widerstand als that näher bestimmen, enthalten kaum je einen tadel. das mag damit zusammenhängen, dasz diese art der Charakteristik wesentlich dem waffenfrohen mittelalter angehört und dasz sie nur in kämpf Schilderungen vereinzelt bis ins 17. jahrh. reicht. a) wo das attribut ein urtheil über die art der wehr ausspricht, ist es lob mit mehr oder weniger sachlichem inhalt: ir rtterschaft diu werte unz in da; lant vuor der kQnec Artüs, aiser swuor, zuo dem brunnen mit her. dA bedorfter guoter wer: im entoht ze herren niht ein zage HARTM. v . AUE Iwein

2460;

KONRAD V. WÜRZBURG Trqj.

17838.

noch wil ich dir der nennen m8, die dfl in der alten 8 dag guote israhSIsche her bdschirmden mit ir höher wer| RUDOLF V. EMS Barlaam 60, 2 Pfeiffer; Iseg al diu weit gemeine derror (vor TrQja) mit werken und mit her, wir mShten uns mit höher wer dar inne wol gevristen das mhd. häufigste attribut ritterlich, vorgedeutet JEIWIRNT: sin hant vil manigen in das KraP mit riters were hat geleit Wigaloi* 7800; und bei ihm gleichmäszig

beliebt:

mit weremit er siegen reit wider durchriterlicher die poinder ei fttnden ritterliche wer, strengen tjost und herten strlt, ob si kernen im en zit mit manlichem muote.

wen es (das los) wird treffen vnder euch, derselbig streit ohn alle scheuch in krafft vnd ritterlicher w5hr

neudr.

so lag, als spät im 19. jahrh. die abhüfe organisirt wurde, der name feuerwehr nahe, wie er seit begründung der ersten freiwilligen feuerwehr in Meiszen 1841 schnell durchdrang und alsbald auch concrete bedeutung 'gesamtapparat der abwehr, löschmannschaft' annahm: die feuerwehr ist ein institut, a n dessen vorzttglichkeit jedem gelegen seyn musz MAGIRUS alle theüe des feuerlöschwesens (Stuttgart 1860) 1; nimmermehr weicht die feuerwehr, droht geftÄr auch noch so sehr lieder/ür deutsche feuerwehren (Freiburg o. J.) 80 (zum 26. aug. 1860); lieder der Augsburger feuerwehr 1862; gleichzeitig o. th. 8, 1607; belege aus AUERBACHS Waldfried 1874 und Landolin 1879 bei SANDERS Erg. zur amtlichen geltung hat sich der gute name feuerwehr nicht unbestritten durchgesetzt, er findet sieh in keinem preuszischen gesetze, statt dessen ist von gemeinde- oder schutzwehren und vom feuerlöschen die rede, s. handwb. der staatswiss? 4, 88. in neuester zeit bevorzugt gerade die fachsprache wider das einfache w e h r : als erster löschzug war die städtische wehr zur stelle Freiburger Zeitung v. 25. jan. 1911. — der letzte Vorgang widerholt sich, wenn in obd. mundart aus dem alten nothw e h r (th. 7, 965) das grundwort isolirt wird: geschossen ist geschossen, n u r ob m a n ' s aus lust oder aus wehr

7811;

10827;

ist auch im volksepos und in der zweiten hälfte des 18. jahrh. vorhanden: wir mtlesen doch enterben, s® sprach dö Gtselher. uns enscheidet niemen von rtterllcher wer Nib. 2043;

SPRENG mos

(1610) 86".

das schon mhd. vorhandene subst. nötwer scheint eine fügung nötlichiu wer vorauszusetzen,

(s. th. 18, 834) sollte fortleben:

als subst. waffenwehr

das e r ubirwant dt her] nicht mit wftpönlichir wer noch ouch mit des llbis macht, sundir mit wortin der andächt

NIKOLAUS v . JEROSCHIN 2197

StrelUke.

ß) der begriff des Widerstands wird mit wechselnden attributen verstärkt: ein ander burc sie sfichten dö gewaldecllchen mit ir her. dä vunden sie vil grö?e wer livl. reimchr. 6848 Meyer; bleven de Fransoysere alleweghe in groter were KORNER

Lübecker chronik bei

SCHILLER-LÜBBEN

6, 677;

ain statt dj stflnd in grosser wehr, als sj verlegt das römisch hör

SCHWARZENBERG t. Cicero (1686) 118;

dar n a c h zohe Lavienus ausz geheisz Julii mit seinem here y m zugeordent für die s t a t Tryer . . . und belegert die, und n a c h handlung mercklicher were des ernsts, den sie etlich zeit gegen y m übten, gewan er doch a m lesten die s t a t durch verreterey städtechr. 8, 270, 16; von d a n n e n zoch er in Stellnuswerf, darin eine kleine Versammlung k a m , doch nit so stark, auf das sie sich eniger ¿waltigen wer understeen darften WILWOLT V. SCHAUMBURG 198 Keller; d a n n sie bereit durch vngläublichen streit des Gargantua b a u m s vnd des Gimnastis . . . vnd anderer gewaltiger wehr also geringert waren, dasz j n e n die katz inn alle m a c h t den rucken hinauff lieff FISCHART

Garg.

(1676) 409

neudr.;

der Griechen vnd Troyaner heer, welche biszher mit starcker wöhr gegen einander sich gesetzt SPRENG Hias

(1610) 32«; entspr.

41«; 81».

y) rein sachlichen inhalt fügen die fristbestimmungen lang und kurz bei: seht, wie der strtt g&t entwerl die Tiutschen treip man vaste her und von Mitschier die heiden. eloubt, da* an den beiden (die vom hönig abgefallen es tages al sin ir gelac: [waren) das e r sö langer wer phlac, von den zwein scharen das geschach OTTAKAR öttr. reimchr. 674 Seemüller; von den egyptischen streitwägen ist er nach langer wer erlegen SACHS werke 20, 270, 20 Keller-Götze; hierher, nicht zu w ä h r e f. IV 'dauer', an das man denken könnte, wenn es nicht nach th. 13, 765 blosz ostmd. wäre: derselbigen kranckheiten ist morphea eine, darin schrepffen etc. gut ist, nicht heylung halben, sonder auff ein schein vnd glantz ein kurtze wehr PARACELSUS

S

opera

1, 730« Huser

(1616).

c) reich entwickelt sind mhd. wie nhd. verbalfügungen mit wehr in formelhaftem gebrauch. a) die einzige, in die wehr als accusativobject gefügt ist, (grosze) wehr thun, zeigt zugleich die bedeutung 'widerstand als that' am deutlichsten, denn so oft sie, von anfang des 13. bis ende des 16. jahrh., vorkommt, steht sie stets in kriegsschilderungen, fast nur in Chroniken: Parzivftl reit niht eine: dä was mit im gemeine er selbe und ouch sin höher muot, der sS manllch wer dä tuot Parzival 7S7, 16;

159

WEHR

(fem.)

WEHR

hei daichte, w e hei dis dede wer, und s a m e n d e stillich ein her, m i t dem hei si maichde eme underdain, de den Coelneren zo Staden wolden stain 12, 193 v. 6036; mit storme dede he solke weren gegen den hispanigeschen heren van Flosse un Blankflosse 13 bei BRUNS romant. u. a. gedichte in altplattd. spräche (1798) 226; die Rügen hatten sulche schar, da; ie wol sechzic man einen dütschen ritten an. die brüdere täten wer gnflc," idoch man sie dar nider slüc livl. reimehr. 2255 Meyer;

die Hessen thatten grosze wehr, erwarben sieg, auch guth und ehr hess. reimchr. 272 Adrian (nach 1567). ß) sonst immer einzelt mit a n :

ist wehr mit präposition.

wan Morgän was an siner wer, der bestuont in ofte mit her und tete in dicke schadehaft öfter

mit

eingefügt,

ver-

Tristan 361,

in: ob sich kainer gen uns in were wolt stau, den sullen wir pald nider schlan fastnachtspiele 1, 419, 29 Keller;

darnach erweit er (Somulus) tusent vsz den jungen, die Sölten mit j m in der wer sein vnd die stat beschirmen, die nant er milites CARBACH Livius (1514) 4 B ; (Camillus) was in allen nötten ein tröstlicher heldt, vnd kund sich nit mynder wyszlich dann kecklich in die wer schicken 66b; von welchem lermen dann nicht allein der bauer, sondern auch die gantze nachbarschafft erwachte und sich einbildete, es wären krieger vorhanden, wessenwegen ein theil ausrisse, das ander aber sich in die wehr schickte GRIMMELSHAUSEN Courage 3, 182, 10 Kurz; des deden ze em eyn wedderstand vnde zetten zik in de were vnde wolden em v n t f i r e n mit weide vnde mid wöld. in der züluen were bleuen iuwer t w e döt meckl. urk. 18, 85 (1371); zoch darnach v o n einer stat zu der andern, die sich in kain wehr setzten W I L WOLT v . SCHAUMBURG 190 Keller; das pantherthier förcht sich dermassen für j m , dass es sich gegen j m gar nicht in die wehr stellet HEYDEN Plinius (1565) 164. y) die häufigste, in späterer zeit einzige Verbindung zu wehr, ein ansatz schon ahd.:

ist

ni uuard ther thar tho funtan, ther uuolti unidarstantan, tha; zi thin gigiangi, zi uueri tho gifiangi O T F R I D 2, 11, 28;

aa) zu wehr -sein ist auf die ältere mhd. dichtung beschränkt und bedeutet da in kämpfSchilderungen 'auf widerstand gerüstet sein': im w&rn al ein beidiu her: gein den was sin hant ze wer "Parzival 380, 16;

160

er reit gein Meljanzes her. dä wärn die burgaer ze wer, da; mans in danken mohte; wan da; i n doch niht tohte da; velt gein Überkraft ze behabeni si wärn entwichen geime graben 383, 18; entspr. 802, 26; sus lac der frouwen Larien schar gegen einer porten bi dem mer. do waren beidenthalp ze wer dag ugger und da; inner her WTRNT v. GRAFENBBRG Wigalois 10925; sö hilfet uns des recken hant da; wir dem Etzelen her sin al deste ba; ze wer Biterolf u. Dietteib 5108 Jänicke; entspr. 9581; der wirt sprach: nu Sit ze wer, her gast, man wil iuch bestän HEINR. v. D. TÜRLIN kröne 20497.

vert dan der buschof over berch m i t h e r u n d e deit d a v u r d a t rtche wer städtechr. 12, 42 v. 720 (Köln um 1280);

die unsern teten van en zere grosse were liv-, esth- u. curländ. urk.-b. 10, 395 Bunge (1447); di v o n Limpurg traden zu in unde daden grosze wehr (var. gewere) mit werfen unde schiszen Limb, chron. 76, 10 T ^ ä s ; man sagite ouch, wie der keiser lege zu Andarnach, unnd is legen bie vier tusent mannen vor Linss, die hetten on eyn bolwerg an gewonnen unnd vorbrant, do die v o n l i n s s grosse were von gethon hatten KONR. STOLLE geschichtsqu. der prov. Sachsen 89 , 345; bisz Titus Manlius vff der rechten sytten grosz ritterliche w e r thett CARBACH Livius (1514) 73b; w i e w o l Hanno grosz w e r thet, noch ward er zületst in eynem treng, da der stryt a m aller herttesten was, von den Römern tod geschlagen 91*; putatis, quod non fecimus istis 6 annis ein w e r gethan nostris orationibus LUTHER Weim. 28, 58, 16; sein doch herr W a l d m a r freiherr v o n Zimbern, und herr Engelhart von Wolfhartshausen, ritter, demnach sie baide grosze wör gethan . . . v o n den feinden umbgeben, endtlichen umbgepracht worden Zimm. chron. 1, 38, 17; der sich mannlich hielt vnnd grosse wehr vnd schaden thet buch der liebe (1587) 341»;

(fem.)

von der schlackt wird die formet auf ethisches gebiet übertragen, etwa wie in neuer spräche 'zu feld liegen': gein der riwe sult ir sin ze wer Parzival 662, 7; da; was Theserei;es her, der ie gein schänden was ze wer, unt dem diu minne nam den Up Willehalm, 378, 14. bb) zu wehr stehen ist anschaulicher und hat sich in der spräche des rechts wie der dichtung länger behauptet: ne ghen borghere uan Lubeke schal uan rechte hereuart uaren, danne to siner were schal he stan vnde weren sine stat altes lübiscftes recht (1294) 338 Hoch; die ungetriuwen brähten für; hüs ein michel her. die eilenden knebte die stuonden wol ze wer Mb. 1935 B ; am ohrt, da itzt wird auffgefuhrt die starke und vehste munition, dem feindt desto besser zu wehren stöhn zs. des Harzvereins 34, 39 (Braunschweig 1588); egen den Amor bin ich in meinem busen gewafinet urch die Vernunft; ich steh einer dem einen zu wehr, ich ein sterblicher ihm dem unsterblichen, aber ist Bacchus ihm zur seite, wer mag gegen zwei gStter bestehn? HERDER 26, 86 Suphan; ob er erklimme die höh'n, und dort, die entfesselnden sclaven waffnend, stehe zur wehr', und fall' im rühmlichen tod nur PYRKER Tunisias (1832) 12, 575. cc) wechselnde Wendungen, aus denen früh die beiden einzigen, die bleiben sollten (s. dd und ee) herauswachsen, gehen stets auf thäüichen kämpf und sind meist reflexiv: iedoch bereite ich mich ze wer HARTM. v. AUE Twein 698; w a ; sol mir geschehn? ich möhte nu wol kumbers lehn: wil sich min kumber meren? ze wer sol ich mich keren Parzival 571, 10; iekelich zv wer sich balde schuf passional 40, 7 Hahn; de hertoge vernam dat wol, dat he to hove nicht komen ne mochte, he ne hadde verlorn sin lif. he saged' it sinen mannen unde vrunden unde scop sich te were gegen deme keisere, so he best mochte sächs. weltehronik 108, 39 Weiland; stelle dich zur wehre LUTHER Jer. 46, 14 erste niederschrift; w i e die feind ir Ordnung und hauffen machen und sich zur wehr schicken FRONSPEROER kriegsbuch (1578) l, 170"; nun waren aber die pauren daselbst stark uf der wacht, die hetten sich sichtlich zu der wehr gerichtet Zimm. chron. 3, 291, 26. secundär ist nicht-reflexiver gebrauch:

S

des morgens fruo mit krache reit gein JÖflanze Artüses her. sin nächhuot schuof er ze wer: dS die niht strites funden dä, si kerten näch im üf die slä Parzival 667, 6; darna von des alden koninges rade namen des jungen koninges lüde uppe der Mose groten schaden, do v o r de aide to Colne finde schop de stat herlike to were sächs. weltehronik 186, 41 Weiland; auch der der ainen wie vormelt tätlich anfiel oder zu wer schicken (tät), die solten von der ganzen gemain . . . angriffen (werden) östr. weisth. 4, 85 (Tirol 16. jahrh.). dd) sich zur wehr setzen ist vom 12. jahrh. bis in neue mundart und Schriftsprache hinein häufig und bedeutet bis auf GÖTHE stets widerstand als that. die formet geht wol aus vom festen zurechtsetzen im sattel, selten ist sie durch zusätze gestört: