Briefe, die neueste Litteratur betreffend: Teil 16 [Reprint 2022 ed.]
 9783112626481

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Briefe,

die

Neueste Litteratur betreffend.

XVim

Theil.

Berlin, 1763. bey Friedrich Nicolai.

Inhalt der Briefe, des sechszehnten Theils. Zwey hundert und fünf und fünfzigster Brief. Er,

zädlung der im Journal Etranger 1760 recensirten

tteutscben &ücben

S/ Z.

Zwey hundert und sechs.und

fünfzigster Brief.

Auszug aus sehr erheb« lieh scheinet, ganz kur; sey» müssen, um mich bey demjenigen, was für Sie intereßant seyn kan, etwas länger auszuhalten. Ja ich werde sogar einige Anzeige» die nicht viel bedeuten, ganz über­ gehen. Es verstehet sich auch, daß ich von dm Artikeln, welche andere Nationen angehen, nicht­ anders als beiläufig etwas erwähnen werde. Ich fange also mit dem Jahre 1760 am Dem Januar ist ein Prospekt»» oder abgemeine Einleitung vorgesetzet. Nachdem darin von der Nützlichkeit der Journale überhaupt, etwas gesagt worden, folgen einige Betrachtungen über die alten und neuem Sprachen, dabey, wie Sie leicht vermuthen können, behauptet wird, daß die französische zur allgemeinen gelehrten Spra­ che am aücrbcquemsten sey. Inzwischen erkennet der Herr Abt Arnand auch die Schwächen sei­ ner Muttersprache, und verschweigt nicht die Vor­ theile de» übrigen Sprachen. Einige feiner Ur­ theil von der deutschen Sprache zeigen gleich­ wohl, wie sehr schwer sich ein Ausländer, von der Litteratur eines fremdrn Volks, und einer A4 Sprache

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Sprache/ die er nicht vollkommen inne hat/ einen v-lkommen richtigen Begriff machen kan/ und

Wie behutsam er deshalb in seinen Urtheilen ver­ fahren solte. Der Herr Abt sagt z B. die deut­ sche Sprache wäre nicht gcschikt, das Lächerliche auszudrüken.

Noch sonderbarer ist cs, wenn

er sagt: „Daß die Inversionen in der deutschen „Sprache weniger gebraucht würden, seitdem sie „von Gelehrten bearbeitet würde, die die Philo> „sophie und die französische Sprache studirct „hätten."

Je mehr ich mich besinne, je weniger

kann ich finden, daß in dem Gebrauch der Inver­ sionen in unserer Sprache einige Veränderung vorgcgangcn wäre. Und die französische Spra­

che würde allenfalls wohl am unschuldigsten daran gewesen seyn.

. Sie erinnern sich ohnsehlbar noch, daß rin deut­ scher Schriftsteller den Verfassern des alten Journal etranger vielleicht Nicht ohne Grund den Vorwurf gemacht hatte, d.ißSie bey dem Worte Etranger eben das dachten, was die Griechen bey. dem Worte Barbar gedacht haben. Der Herr Abt erklärt sich hierüber sehr billig, er ver­ sichert,

sichert, daß er cette Idee infultante fcittttotgtS

mit dem Worte Etranger verbinde, er betrachte alle Gelehrten als Mitglieder einer einzigen Re­

publik, deren sämtliche Mitglieder unter sich gleich sindund wo niemand sich einer Tiranncy an­ massen darf. Eben so vernünftig erklärt er sich ü' er die Art wie die V. die Werke der Auslän­ der beurtheilen wollen. Er sagt, sie würden sich wohl hüten, die ausländischen Werke, nach der'

Weise der französischen zu beurtheilen; noch mehr würden sie sich hüten über die Werke der Aus­

länder solche übereilte Urtheile zu fällen', die schon

vorher das Journal etranger in Mißcrcdit ge­ bracht hätten..» s. w. Ain Ende nennet der Herr Abt noch einige sei­ ner Mitarbeiter, sie sind der Herr v. Montüela,

der'Herr v. LU-erlon, Herr Süard, Herr Baer, (Gcsandschaftsprcdigcr des Schwedischen Gesandten;)

Herr Staunton ein Engländer,

der 'Herr v. Lscharner, (der Ucbersctzer der Ge­ dichte des Hrn V Faller;) und Herr Schmidt, beyde zu Bern. Gegen das Ende dieses Jahres sind noch hinzu gekommen, der Herr Abt Bails,

A s

Herr

IO Herr Abt Roubaud, und Herr Huher, ein Schweitzer von Geburt. Uebrigens kommt in diesem Monate ausser ei« ttigcti kurzen Anzeigen noch nichts ausDeutschland vor. -Den Herrn Prof. Halle verwechseln hier die D. mit den Herrn v. Haller, bey Gelegenheit der Anzeige von des Ersten Naturgeschichte der Thiere. Im Februar und Mar; wird von des Pt Aoocowich Philosophie naturalis Theoria ausführlich Nachricht gegeben. Sic kennen die­ ses Buch schon aus dem zweyten Theile unsererBriefe, also sage ich hier nichts weiter davon, Am Ende der Recension wird ein Verzcichniß dersämtlichen Schriften des Paters bcygesüget. Ein Schreiben eines Gelehrten aus Ro« stsck, (welches aber ohne Zweifel erdichtet ist,) streitet wider Herrn le Lat zu Nonen, der die ausgerechnete Erscheinung des Cometen von 1759 mit dem System der CartcsianischcnWirbcl, welches doch dadurch beynahe unwidersprechlich widerlegt wird, hatte vereinigen wollen. Des

Des Herrn Fucsli Leben Rupetzki.und Ru, gendas wird mit dem verdienten Lobe recensirct, Der Madame Rlopstockm hinterlassene Schriften, müssen ihrer" ganzen Anlage, und dem darin herrschenden Geschmacke nach, aller­ dings einen» Franzosen etwas ganz neues und son­ derbares gewesen seyn. .Inzwischen urtheilen die V wirklich davon mit der Zurückhaltung, die sie sich in Ansehung der Werke der Ausländer vorgeschriebcn haben. Sie sagen: „Ein Gemälde der „ehelichen Liebe ist nur für diejenigen rührend, „ die im Stande sind, sie zu empfinden, doch hat „man bemerket, daß es jederzeit seine Wirkung „thut, wenn es von einer geschickten Hand her„ kommt, und mit natürlichen Farben gemahlt „ist... Sie fahren fort, die Schriften der Madame A. aus diesem Augpunkte zu betrachten, übersetzen eine schöne Stelle daraus, und auch eine Stelle aus dem Trostschreiben eines Freun­ des des Herrn R. Bey Gelegenheit der Todten« brieft der beiden Eheleute, woraus auch einiges zur Probe übersetzt wird; merken Sie, wie mich dünkt, sehr richtig an: „Sie werden zeigen, „wie

„wie sehr, ohngeachtct man gewohnt wäre, leb„haft zu empfinden, dennoch, die Sprache der „Einbildungskraft und eines erdichteten Schmer« „zes, von der Sprache des wirklichen Schmer„zes unterschieden sey.,. Eine kurze Nachricht von der neuerrichteten chursürsllichen Akademie zu München, imglcichen von der zu Anspach hcrausgckommcncn OdenSammlung (wobey ein Lied des sei. Herrn von Chronegk übersetzt wird,) macht den "Beschluß des Märzmonats. Im 2lpril wird des Herrn von R lei st Früh­ ling nach der 1756 gedruckten Ausgabe, übersetzt geliefert. Die V sagen bey dieser Gelegenheit: „Als der Poet Eupolis im Schisbruch umkam, „ da er seinem Vaterlande Athen gegen die Lace„bämonier dienen woltc, gaben die Athenicnser „ein Gesetz, wodurch den Poeten verboten ward, „künftig die Waffen zu führen. Wenn es unfern „itzigen Sitten, Gebräuchen und Regierungsfor„mcn gemäß wäre, die Poesie eben so wichtig zu „finden, und für diejenigen die sich darin hervor„thun, eben die Sorgfalt zu haben, so würde „Deutsch-

»Deutschland nicht den Verfasser dieses Werks, »einen der grösten Dichter und der tapfersten „Krieger seiner Nation, bedauern dürfen. Die Uebcrsctzung dieses vvrtrcflichcn Gedichtes, scheinet, soweit es die französische Sprache erlaubt, sehr gut gerathen zu seyn; ich sage erlaubt, denn bey einer solchen Uebcrsctzung inerkt man es recht deutlich, wie sehr in der einen Sprache Richtig­ keit, aber auch Zwang; in der andern Sprache hingegen Freiheit, aber auch Unregelmäßigkeit herrschen. Ich will nur eine kleine Stelle anfüh­ ren, welche zum Beispiel seyn mag, wie eine jede von diesen Eigenschaften, wcchsclsweise Vortheil und Schaden bringen könne. In überirdischer Hole Don krausen Büschen gezeugt, sitzt zwischen Blu­ men der Geißhirt Bläst auf der Heven Schalmey, hält eia, und hö, ret die Lieder Hier laut in Buchen ertönen, dort schwach, und endlich verloren Bläst, und hält wiederum ein. Tief unter ihm klettern die Ziegen, An jähen Wänden von Stein, und reissen an bit­ term Gesträuche. Dieses

H

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Dieses wird in der Ucbersctzung folgendermaßen gegeben: „ Afli aü Milieu des fleurs dahs tin berceau „ farme de buiffons touffus, le Berger enfle „fön chalumeau sonore; il s’interrompt de „tems en tems pour entendre fes airs ä, tra« i, vers les hetres, ou fes fons fe perdent enfin „par gradration. Autour de Lui les chevres „grimpent für des Lochers efcarpes & brou* „tent la feuille ameie für le bord des pre„cipi^es.,, Wenn man diese Stellen/ so kurz sie sind/ ge« hau miteinander vergleichet/ so wird man em­ pfinden, was ich oben angemerkct habe. Der Ucbersetzcr selbst, ist hievon vollkommen überjcugt, und füget am Ende einige Anmerkungen hiüjtt, die ich ihrer Gründlichkeit und Nichtigkeit wegen, sehr gern ganz hieher setzen möchte, wenn es nur der Platz erlaubte. Er'sagt: „Jede Ueber» „setzung ist ein Schleyer, und wir möchten diesen „Schleyer gern so durchscheinend machen, wie „jene Gewänder auf der Insul Eos, von denen „Anakreon redete, nach denen sich die gricchi»schm

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Is

»schea Bildhauer richteten, um das Nackende »hinter dem Gewände, erscheinen und gleichsam .fühlen zu lassen. „ Er entschuldiget sich wegen ,er vielen Beiwörter, die in der französischen Sprache ungewöhnlich scheinen, in der That aber n der Dichtkunst vielfältigen Nutzen haben; Er »reiset den Franzosen die in der deutschen Dichtunst gewöhnliche Art/ kleine Umstände zu bechreiben, an. Er entwickelt einige Schönheiten >es Frühlings, und schliesset endlich folgender­ nässen: „Der Herr v. Rleist kennete die Men, i und betrachtete die Natur. Unsere Poeten mü,gen sich ja nicht betrügen; bloß aus diese Art, »werden Sie uns Sachen vorlegen können, die , zugleich neu und wahr sind. Die Natur, deren »Erscheinungen, Eigenschaften^ Wirkungen und »Verhältnisse unendlich, und folglich »»erschöpf, „lieh sind, wird ihnen allemahl, wenn sie darauf »Acht haben, neue Ideen und neue Gemählde „darbieten; aber bloß von den Alten werden sie „lernen, diese neue Ideen gehörig auszubilden, „das heißt, den seinen Punkt zu kennen und zu „treffen, wo die Kunst und Natur sich unter„ein-

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bliothek der schönen Wissenschaften wird angezeigt, und des Herrn Winkelmann» Betrach­ tungen über die Werke der Kunst, daraus über­ setzt. „Herr Winkelmann sagen die D. redet „von den Allen wie ein Alter selbst, seine Gedan„ken stnd eben so gründlich, so edel, so simpel." Ja diesem Monate wird auch noch eine Nach­ richt von der engländlschen Uebersetzung der tteumannischen Chymie gegeben.

Die Fortsetzung felgt künftig.

Briefe, die neueste Litteratur betreffend. II. Den 13. Jenner 1763.

Beschluß des zweyhunvert und fünf und fünfzigsten Briefes. O>m Maimonat liefet man einen Brief aus Wien, worin von dem Zustande der dortigen Litteratur Nachricht gegeben werden soll. Man siehet wohl, daß der V die übrigen Theile von Deutschland gar nicht kennet, und überhaupt sehr seicht urtheilet. Ich will nur eine einzige Stelle anführen. ..Man findet in Deutschland „wenig Meisterstüke, noch weniger wahre Kens »ner, selten einen Liebhaber. Der Deutsche ist »inzwischen doch Musikus und sogar Maler. .»Man siehet in diesem grossen Theile von Europa ganze Städte, deren Häuser mit Bildern ke,»schmieret sind (barbouilles); und in allen Dör­ fern findet man Hirten die auf einigen JnstruSechszehnter Theil. B menten

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„menten spielen." Welch ein Urtheil über eine Nation, die in der Malerey und sonderlich in der Musik, die grösten Meister hervorgebracht hat! Zum Beweiß, daß diese Künste den Deutschen nicht ganz unbekannt wären, versichert der V. Häuseranstreicher und Dudelsakspieler in Deutschlknd gesehen zu haben!-'

Den grösten Theil dieses Briefs macht eine weit« läufige Nachricht von der französischen Komödie und Italiänischen Oper in Wien aus. Diese Schauspiele intereßiren aber meines VedünkcnS nicht allein die deutsche Litteratur ganz und gar nicht, sondern sind auch nicht einmahl für Sie Franzosen besonders anmerkungswürdig, denn es ist ja Weltbekannt, daß an den meisten grossen und kleinen deutschen Hösen französische Komödien und italiänische Opern zu finden sind.

Des Herrn weisse, Beytrag ;um deutschen Theater wird recensiret; aus dem Trauerspiele Eduard III. wird eia weitläufiger Auszug gelie­ fert, und dasselbe mit dem gebührenden Lobe belegt. DeS

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IS

Des Herrn rvmkelmaun Nachricht von -em

Terühmtea Torso, nebst

noch

einigen andern

Nachrichten, sind aus der Bibliothek der schönen

Wissenschaften übersetzt.

Man erwähnet auch noch «Niger Dissertationen rind mittelmäßige« Gedichte, die aber weder für einen Deutschen noch Franzosen interessant sind. Wett interessanter müssen einem jeden -mischen

Leser im Brachmouate,

über

den

Mechanismus der italiänischen

«nglandischen seyn.

die Betrachtungen

und deutschen Verssficatio»

Der Verfasser dieser Abhandlung ist ein

gcbohrncr Franzose, nemlich der Herr Chevalier von Lastelus, Oberster des Regiments la Marche-

Provmce. daß,

Dieses ist ohnfehlbar das erstemahl,

wenigstens

ein

Ausländer die

deutsche

Dichtkunst, auch nur in einige Vergleichung mit

der Dichtkunst unserer Nachbarn

gesctzet hat.

Man muß es also dem Verfasser Danck wissen, daß er sich hat erinnern wollen, daß auch die

Deutschen eine Vcrsisication haben; und es ist

«n einem gcbohrnen Franzosen allerdings zu bevtrn-kM/ daß er Kentniß genug von der deutschen B a

Sprache

io Sprache und ihren innern Eigenschaften hat, uttt über ihre Bersifieation, einige im Ganzen betrach­ tet, nicht ungegründcte Urtheile zu fällen. Ja dieser Abhandlung wird zuvörderst die ita­ liänische und engländiHe Vcrsifieation miteinan­ der verglichen, und in beiden ungemein viel-ein­ stimmiges gefunden r und daraus kommt der D. auf die deutsche Sprache. Er füllt im Anfänge ein etwas ungütiges Urtheil darüber. Er meint, die besten deutschen Köpfe würden nicht in Abrede seyn können, ..daß ihre Sprache etwas barba« risches an sich habe, sowohl wegen der vielen .'.Cvnsonanten, mit denen sie überhaupt ist, als „wegen der sonderbaren (bifarre) Construction ».ihrer Redensarten, die dem Schriftsteller keines« „Weges mehr Freyheit oder mehr, Hülfsmittel „giebt, sondern nur ohne Noth die meeaphyfl« ,, sche Ordnung der Wörter störet." Ich zweifle sehr, daß unsere beste Köpfe hierinn der Meynung des Herrn Verfasser seyn werden; Eie werden ohnfelbar gar nicht sindcn, daß die vielen Con­ sonanten so gar fürchterlich sind, als es manchem Franzosen vorkommt, und im Gegentheil werden sie



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2r

sie, wie mich dünkt, ganz ausdrücklich behaupten, baß die verschiedenen Constructiouen deren verschie­ dene Redensarten unserer Sprache fähig sind,/ dem Schriftsteller allerdings mehr Freyheit, mehr Hülfsmittel gebe. Und wie könte es auch anders.

seyn, Haller, Rlopstok, Kleist, Zachar'ä, Geßner, die der Verfasser unter unsern besten Köpfen insbesondere nennet, haben sich dieser

Freyheit und der daraus entspringenden Hülso-

iii ittcl alznost bedienet, als daß sie nicht der deut« scheu Sprache dafür danken sollen. Der Verfasser giebt ein gar seltsame- Beispiel davon/ daß die deutsche ssonstructionen die meta­ physischen Ordnung der Wörter verändern sollen, Er sagt, „Gestern Abend langte der Frldmar», schall Graf von Daun, alhier an" klängeeben so

als wenn man schreiben wolle. „Hier au foir ;,vint le ’ Feldmarchal Comte de Daun i?i

,,par." Wenn doch der Herr Verfasser bedacht hatte, daß eine jede Sprache ihre eigene Art hatte, und daß man wenn man alle Partikclgen in eben der Ordnung in'eine andere Sprache übertragen Wolle, es allemahl lächerlich werden müsse, Der

B z

Herr

LL

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Herr Verfasser sagt «Ls eben dieser Seite: .,Ab£5 „Ii plupartdes anciens Auteura allemands sc „fönt -Ms bornes Lchercher &.c“ Würde (V wohl glauben daß diese Redensart deswegen »n» natürlichst, welk sie der Ordnung der Wörter nach im Deutschen lautet: „Auch der meiste „Theil der alte» Schriftsteller deutschen sich.habm „sie eingeschränkt $u suchen u s. w." In wir fern Inversionen nützlich oder schädlich sind, muß gewiß aus ganz andern Gründen, als durch solche wörtliche Uebersetzungen erörtert werden; und was diesen Fall betrist, wenn der Herr Verfasser bedacht hätte, baß hier an $m Adverbium motus id locutn sey * und daß es hier auf den Begrif, welchen das kam schon ;u erregen angefangen hatte, gleichsam das Siegel setze, welches sein französisches par ganz und gar nicht thun kan> so würde er zu vermuthen ansangen / daß die Ursach, warum dergleichen Partikeln in der 6tut# scheu Sprache, so, und nicht anders gesetzt wer» de» • ®. Wächten Proleg. ad Glossar. G«rfr>. Sees. V*

verglichen mit Lrisch. Th-1- S. -6.

rz

den sich dennoch wohl philsssphjsch könne erklä­

ren lassen. Doch dieses ausjusühren würde freilich mehr Raum erfordern als ich übrig habe. Ich halte mich also nicht weiter dabey auf, zumahl da der

Herr Verfasser gestehet, daß diese vermeinte Fehler der deutschen Sprache, durch andere Schönheiten ersetzet werden. Er kommt nun auf

unsere Versarten, und findet mit Recht daß dw Jambischen und Trochäischen die vornehmsten sind; von diesen.kommt er aus die Hexameter. Mich wundert daß er nichts von unsern daktylir schen, anapastischen und chorijambischen Versarten redet, die doch gemein genug, und wirklich der deutschen Sprache beynahe noch an­ gemessener find als der Hexameter. Von diesem unsern deutschen Hexameter, re­ det er freylich nicht mit dem Enthusiasmus,' mit dem die Herren Schweizer davon reden; Er läugnet kurzweg daß er der Hexameter der Alten sey. Und er hat Recht! — Wie kann auch wohl rin Ausländer der die Alten kennet, anders

B 4

denken.

denken wenn er unsere Hexameter j. E. folgender« massen bejeichnct sichet:

Kein Neid »er | suchet kein | Stolz.

Dein |

Leben I fließet ver I borgen Und waS muß er vollends denken, wenn er so vielt deutsche Hcxamenter ließt, welche, man mag die Aussprache oder die Ordnung der Wörter betrach­ ten, gar keinen Schein von Wohlklang haben. — Muß er nicht denken es sey mit dem ganzen deutschen Hexameter eine Chimäre? — Könte 'man ihm aber nur begreiflich machen, daß wir lange und kurze Silben haben, die von so verschiedener Art sind, daß man um diesen Nuancen richtig zu bezeichnen ausser dem gewöhnlichen — und wenigstens noch drey verschiedene Zeichen haben müste, so würde er finden, daß ob zwar verdeutsche Hexameter nie derHexametcr dcrAItcn werden wird, derselbe dennoch durch die Kraft eines Genies, dem Hexameter der Alten ungemein sich nähern könne.. Doch der Herr Verfasser erkläret sich auch hier­ über sehr billig, er gestehet, ,.daß es einem Aus„länder nicht jukomme über einen Punkt, der



2s

„eine so tiefe und seineKenntniß'derdentschenSpra„che ersodert/ zu urtheilen, daß aber aus den „poetischen Schönheiten, womit die Werke der „deutschen Dichter angcfüllet sind, zu vermuthen „ sey, daß sie wol was die Schreibart und den Wohl„klang betrist, nicht weniger vortrefirch seyn müs,'sm." Ich will nur noch mit einem Exempel bestäti­ gen, wie leicht ein Ausländer irren könne, wenn er von dem Eigenthümlichen einer Sprache nicht genug unterrichtet ist. Der Herr Vers, giebt zu verstehen, dasjenige was Herr Ramler in seinem erläuterten Battcux (Th. i S. 169.) von der dafür sagt, nicht hinlänglich sey. — Ich kann dis leicht erklären, Herr R. konte bey seinen deut­ schen Lesern gewisse Kenntnisse voraussetzcn, die vielleicht bey einem Ausländer sich eben nicht tref­ fen; daher sind wir Deutschen auch mit seinem Vortrage zufrieden, unser V. hingegen verstehet Herrn Ramler ganz unrecht, und will aus des­ selben Vortrag schliessen, daß wenn die dafür auf ein einsylbigtcs Wort fiele, dieses einsylbigte Wort die Stelle eines spondaischm Fusses verB 5 träte.

frist. Er will diese Meynung durch folgende» Der- bestätigen.

Einig er | teilet« 1 Fürst | unÄtt i wilidllcher | Held Ich kau nicht begreifen, daß der V. nicht gettttrff hat, daß dieser Vers kein Hexameter, sonder» offenbar em Pentameter ist. Ich habe von dieser Abhandlung deswege» etwas weitläufiger geredet, weil fit beweiset, daß sich die Ausländer itzt wirklich Mühe geben, unsre Sprache und Dichtkunst, fich genauer bekannt zu machen als jemals geschehen ist. In diesem Stücke werd noch (vbidah und der Einsiedler, eine Enählung, aus der Wo­ chenschrift der Bienenstock übersetzt, imglcicheu ist darin ein Brief ans Wien befindlich, der tin Fest , so der venetianische Bothschaster, aus der Donau gegeben hat, beschreibet. Im Heumonat stehet die Uebersetzung des Ehrengedächtnißes des Herrn von Kleist, tickst desselben nachgestochenen Kupserbilde. Die Verfasser haHn in der Einleitung zu ihrem Jour­ nale

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2? die sie

nale S. 35. versprochen: „die Urkunden „übersetzen würden/ mit aller möglichen Treue „darzustellen." Ich wünschte daß dem Ueber« sctzcr des Ehrengcdächtmsscs dieses Dcrspre« chcn bcigcfallcn wäre. Er ist würklich mit seiner Urkunde so frey umgegangen als möglich. Er Hal sie durchaus abgckürzct/ und dis wolle ich ihm am leichtesten vergeben, denn viele kleine Um« stände, die in Deutschland interessant waren, würden für einen Franzosen uninteressant gewesen seyn. Aber daß der Uebcrsetzcr, das Werk zu­ weilen mit seitenlangen moralischen und andern Betrachtungen, wieder verlängert, ist ihm meines Erachtens nicht zu vergeben, denn die eingeschal­ tete Stellen, passen sich mchrenthcils sehr schlecht in den Zusammenhang und zu dem Ganzen über­ haupt- Z E. S. 86 nachdem erzählt worben, daß der Herr von Rleist in Dänormark den Soldatcnstand ergriffen habe, setzt der französische Uebersetzer folgendes hinzu: „da er seine Pflichten „kennetc, so urtheilte er, daß cS für einen Offi« „cier nicht genug sey, wenn er bereit wäre sein Blut „für sein Vaterland rn vergiessen, sondern daß

„er

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„er auch sein und der Soldaten Leben an rechten

«Orte in Gefahren setzen und zu schonen wissen „mässe." ,Ich weiß überhaupt gar nicht wie diese Anmerkung hieher kommt, und sie schickt sich insbesondere am allerwenigsten in das Leben eines Kriegers, der leider! nur allzuwenig daran dachte, seinLcbenzuschonen. Bey Gelegenheit des Frühlings, beweiset der Uebersetzer auf mehr als zwey Setten, -daß ein Poet die Natur be­

schauen müsse, und, sie nicht beschreiben könne, wenn er sie nur aus seinemCabinete kenne. Bei der Erzählung daß gutherzige rußische Husaren dem verwundeten Kleist Gutthaten erzeigten, merkt der Franzose S. 92 an: „Daß ein um „natürlicher Gcitz freylich die Kosaken angctncben

»»habe, den Herrn von Kleist aufs neue zu beram „ben, daß ihm aber die Husaren Hülssleistung „erzeiget hätten, dazu köntcn sie keinen andern „Bewegungsgrnnd gehabt haben. — Sicen’est „ ce penchant fecret, qui, malgre nous nous

,»iritereffe au bonheurde nosfemblables; pen„chant imprime par la nature, qui ne fe pert „quetrop fouvent, & qui ne s’acquiert jamais.“

Ich

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Ich weiß nicht ob man in Frankreich dergleichen Einschiebsel für schön hält. In Deutschland hält man es für unnütz/ kalte Anmerkungen niederzu­ schreiben/ die dem mittelmäßigsten Leser von selbst rinfallkn müssen. Wenn man dergleichen ringeschoöene Stellen ausnimmt/ kann man mit der Ucbersetzuug ziemlich zufrieden seyn Am Ende werden noch einige Strophe»/ eines auf den Herrn von Bleist bersertigen Trauergcdichts mitgetheilet Des Herrn winkelmann/ Betrachtungen Über die Grazie/ werden aus der Bibliothek der schönen Wissenschaften übersetzt. Hagedorns Werke werden angeptiesen und einige Fabeln daraus übersetzt. Noch wird ejn deutsches Gedicht: Gedanken beym Beschlusse des Jahres 1759 übersetzt. Ich habe das Original davon nicht gesehen/ kan also von der Uebersctzung weiter nicht urtheile»/ aus welcher aber doch so viel erhellet/ daß dieses Gedicht nicht schlecht ist. Im Augustmonat/ kommen die Verfasser auf das erhabenste Werk/ das Deutschland jemals hervor«

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hervorgebracht hat, nämlich auf das Helden« gcdicht der Messias. Sie liefern nach der Co« xenhagcnschen Ausgabe, von den bisher heraus­ gekommenen Gesängen einen, weitläufigen Auszug,

der im September und «Dekoder dieses Jahres fortgcsetzet, und im October und LTovembec des»761tenJahresgccndigetwird. Dieschönfien Stellen werden übersetzt, imgl.ichcn die beiden Ab­ handlungen des Hm. Rlopstoko und die Ode an den König von Dännemark. Die Verfasser ur­

theilen von dem Hrn. Rlopstock ungemein rühm­ lich, und lassen seinem poetischen Genie alle mögliche Gerechtigkeit wiederfahrcn. Von seinen Nachah­ mern sagen sie mit grossem Rechte. „Da Herr ^Rlopstock in den Tempel des Geschmacks hiy„rillgcdrungen ist, hat er die Thüren mit eben so „viel Kraft sogleich hinter sich. zugezogcn, als „er angrwendet hatte sie aufzustossm.

Seine

„Nachahmrrzeigen in ihren Werken nichts als die „heftigeaber vergebliche Gewalt, die sie sich an«

„gethan haben, um ihm gleich zu kommen." Der Tobak, ein Gedicht, wird aus denpro»

faischrn Gedichten des Herrn von Gerstenberg übersetzt.

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übersetzt. Mich wundert daß die Verfasser gerade dieses Gedicht gewählet haben. . Die vier ersten Theile der Briefe die neueste Litteratur betreffend, werden recensirt, und' daraus die Nachricht die wir im ;2ten Briefe vvn den Tändeleien gegeben haben, übersetzt. Gebauers portugisische Geschichte wird recensirt. Diese Recension hat mit dem zrten Briese über die n. L. viel ähnliches. rvlnkelmannsBeschreibtzngdesStoschifchen Cabinets und Geßners Idyllen werden kürzlich «ngc;cigt. Im September, wird des Herrn Schlegel» Ukbersktznng des Datteux, und sonderlich dessen eigene Abhandlungen mit dem verdienten kobe belegt. Im Gctober ist ausserdem obengedachten Aus« rüge aus Hrn. Rlopstoks Abhandlung von der heiligen Poesie nichts besonders enthalten. Im November finde ich eine Abhandlung von dem sonst in Deutschland üblichen Faustrechte. Sie ist vermuthlich aus dem Deutschen übersetzt, mir kst aber brr Verfasser unbrkant. Des

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Des Herrn de Haen Schrift wider die Einpropfung der Pocken wird recrnsirt; die Verfasser wenden alle Mühe an, die Einpropfung wider den Herrn de Haen zu vertheidigen. Der Beschluß folgt künftig.

Briefe,

die neueste Litteratur betreffend. III. Den 20. Jenner. 1763.

Beschluß des zweyhundert und fünf und fünfzigsten Briefes. |3eter6 Auslegunaskunst, und noch ein

*■ Paar kurze Anzeigen, machenden Beschluß dieses StükS Im December wird D- Langhans, Anwei­ sung zum Gebrauch der Panacea Helvetica wider die Wassersucht, ganz übersetzt. Ferner, finde ich eine Abhandlung von den Dythyrambcn, welche ursprünglich französisch geschrieben zu seyn scheint, als ein Beyspiel wird das Gedicht Lypern betitelt, aus dem prosai­ schen Gedichten übersetzt, welches viel von einer Lythyrambe an sich hat. Es werden auch ans Herrn Schmids poeti­ schen Gemählden zwey Idyllen übersetzt, welche Sechzehnter Theil. C Mik

mir wirklich in dieser Ucbersetzung besser gefallen als im Original, Noch folgen einige kurze Anzeigen von Büchern/ unter andern/ von des Herrn V. von Lreny Gedichte die Graber. In einem künftigen Briefe werde ich Ihnen Nachricht von den deutschen Büchern geben/ wel­ che im Journal etrangcr vom Jahre 1761 recen« sirrt werden.

Re.

Zwey-

Zweihundert und sechs und fünfzigste? Briest

Die Verfasser des journal Stranges, fahren int Jahre 1761 fort, ihre Landesirute mit den de» sien deutschen Werken bekannt zu machen. Sie zeigen zugleich, daß ihre Correspond.rnz nach Deutschland immer volkommcncr geworden, und ihnen nichts verborgen geblieben, was in Deutsch» latid einigermassen merkwürdig ist. Sölten deutsche Leser gleich nicht all» ihre Urtheile gänp lich unterschrriben, so weiß manschen, wie viel man auf'den Unterschied der Erziehung, der Den» kungsart, der Sitten und der Sprache rechne« mus; — und überhaupt sind ja auch in Deutsch» land selbst, über verschiedene Stücke unserer Litte­ ratur, die Meynungen getheilt. Im Januar, wird der erste Theil dec Schriften, des Herrn von Lhronegk angezeigt und desselben Leben übersetzt geliefert. Im Februar, wird die Abhandlung von den «Quelle» und Verbindungen der schönen wist schäften nnd.Rünste, aus dem ersten Bande C 3 der

Z6

der Bibliothek der schönen Wissenschaften ganz übersezk geliefert Aus dein Urtheil, welches die Verfasser über diese Abhandlung fällen, erhel­ let sehr deutlich, wie schwer es einem Ausländer fallen müsse, von fremden Schriften volkommcn richtig zu urtheilen, wenn er nicht die dortige Art za stuLircn, und dem allen Lesern bekannten Lchrbegriffc gemäß sich anszudrücken, volkommcn inne hat. Bloß weil den Verfassern dieses gcfehlet hat, ist ihnen in manchen deutschen Schriften man­ ches nicht so verständlich gewesen, als es deut­ schen Lesern ist. Sie sagen z. E. von dieser Ab­ handlung; „Wir sind versichert, daß diejenigen „von unsern Lesern, welcheLeftn können, lind sich „nicht fürchten zu denken, in dieser kleinen Schrift, „tiefe, neue, wahre, zuweilen sogar erhabene „Aussichten bemerken werden. Cs herschet in „ dem Original freilich nicht der Grad von Deut„lichkett, üul den Man sich billig in solchen „Schriften befleißigen solle, doch Wik haben ge„sucht dis in der Uebersctzung zu ersetzen. Ausser„dem, wenn mag nach der flüchtigen Art, mit der „der Verfasser seine Ideen hinwirst, und der „wenigen

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..wenigenMühe die er sich giebt sie zu entwickeln, „ und ihre Beziehungen anzudeutcn, urtheilen soll ; „so siehet er ohnfchlbar diese Anmerkungen,, als „ den- Entwurf eines grossem Werkes an “ So urtheilet rin französischer Gelehrter. In Deutsch« land aber hat man diese Abhandlung mit ganz an« dcrn Augen angesehen. Man hat eben nicht gewünscht, daß der Verfasser derselben rin gan­ zes Wcrck über die Grundsätze verschönen Miss scrschastcn schreiben mögte, den an Aestcthiken haben wir keinen Mangel. Man war es sehr wohl zufrieden, daß der Verfasser uns den Eckel rrspart, die so verschiedentlich aufqcwärmte Grund­ sätze der Aesthetik, von neuem austragen zu sehen, daß er sich nur bey denjenigen Gedanken anfgchaltcn, die wenigstens das Verdienst der Neuheit haben, und das unter uns bckante, als bekant vorausgcschikt hat- Daher scheinen den Deutschen die Gedanken in diesem Aussatze von der einen Seite nicht sy ausscm deutlich, aber auch von der andern Seite nicht so dunkel und übel zusammen­ hängend als den französischen Kniisirichtsrn. Die Nebergänge, die her Vers, ausgelassen, die beson­ dern Materien, die er nur gleichsam berühret um C 3 ihre

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ihre Stelle zu bezeichnen, können von einem Denk» sehen, der sich seines Systems erinnert, gav leicht hinzugcsctzt und ausgesührt werden, da em Ausländer, dermit unsrerSchulphilosophre sobekant »ichtist, alles neu, aber auch verwirrt finden muß. Ein ähnliches Urtheil fällen dieselbe Kunstrich-

richier über die philosophischen Briefe über dir Empsindungen, die sie m ihren Journale übersetzt liefern. * In Deutschland wird man Weder das Lob,

noch den Tadel, ohne Einschränkung unterschrei­ ben, mit welchem sic diese Schrift belegen. Der sie wenig von unsern methaphysischen Schriften gelesen; so scheinet ihnen in diesen Briefen alles neu und ausserordentlich, und sie glauben der Verfasser habe ein neues System vortragen wollen, da man in Deutschland fthr genau anzeigcn kan, wie vieles er seinen Vorgängern zu verdanken, und was er vdn dem ©einigen hinzngcthan hat. Da­ her finden die französischen Kunstriehter freylich

neue und erhabene Ideen, wo ein Deutscher viel« leicht

* Im May, Junius, Auzusius, November und December 1761..

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leicht die Grundsätze seines Schulsystems ivieder finden wird, und klagen auch hingegen über Kürze

rind Dunkelheit, wo uns alles weitläufig genug auseinander gesetzt scheinen muß. Ucberhaupk müssen auswärtige Leser, die mit unserer Philoso­

phie nicht bekant sind, in allen unsern Schriften Lücken finden,, die sie nicht ausfüllcn können. Der Philosophische Geist hat sich bey uns aus alle Thei­ le der Gelehrsamkeit verbreitet, und giebt unscm schönen Schriften selbst eine gewisse Trinlure von Ernst und Gründlichkeit, die uns eigenthümlich isrr und einem Ausländer den Charakter der Nation zu erkennt» geben muß., Hingegen müssen wir. von auswärtigen Lesern aus eben der Ursache der

Dunkelheit, beschuldiget werden, so lange sie noch mit unserer Litteratur nicht bekant genug sind. Wen» uns Dcutschendie Schriften eines Pascal, Fontenelle, Montesquieu und einiger andern französischen Wcltweisen nicht bekant waren; so würden wir uns in die ncuernSchristca dicscrNation

uns glclchsaLs nichtzu findeirwisseu. Und wie viel mehr-muß dieses den Ausländern in Ansehung unserer Litteratur wiederfahren, da bey uns die

E 4

Phr»

40

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Philosophie eine merkliche Gewalt über die Sprache gewonnen,

und wir zur Verbesserung der

schönen Wissenschaften, so zu sagen, den Weg über die Mcthaphysik genommen haben. — Noch ein Umstand, Der Ihnen die verschiedene Den-

kuugSart der Deutschen und Franzosen zu erkennen

geben wird! der siebente Brief über rie Empfin­ dungen ist in Deutschland unter allen übrigen mit dem größtcnDcyfall ausgenommen worden, weil die scs vielleicht dcr einzige Brief ist, in welchen der V.

sich am meisten von seinen Vorgängern entfernt,

und eine Idee wagt,,die zwar subtil ist, aber grosse Aussichten verspricht.

Dieser Bries ziehet

den Vers, von den französischen Kunstrichtcr gera­

de den starckstcn Vorwurf zu, und sie machen tau­

send Entschuldigungen bevor sie ihn übersetzen. Sie sagen (Aout S 37.) ,, Quelque ingenieux, „que seit le systeme, que M. Moses a fuivi

„ dans fa Theorie des Sensations nous n’aurions „ jamais entrepris de traduire en entier fön

,, ouvrage , fi toutes les Ltttresqui le ccmpo,,fent reflembloient a la premiere des trois

t,que nous allons faire connoitre,

Lorsque ,.nous

■---------- — 41 ,,nous reclamerons tonte l’artention du Le„ cteur — ce fera für des objets profonds 8c „non für des idees creufes “ — Es ist wahr, die Herrn Verfasser sind viel zu höflich, als daß sic diesen Tadel nicht ein Lob beysügcn sotten, bas aber manchem Dentschcn eben so unverdient scheinen wird, alsdcrTadclr „D’ailleurs ß Ton „ aecufe M. Moses d’ttre fouvent obfcur par „combien de vpes sublimes profondes & lu„tnineufes cc vice n’eft il pas rachete? Avec ,,quel art ouplütot avec quel. bonheur, aux „reflexions les plus abftraites il fuit unir les „fentimens les plus afteflueux! U s. UV“ Ucbrigens ist die Ucbersctzung gröstcnlhcils sehr gut gerathen, einige wenige Stellen ausgenom­ men, wo philosophische Kunstwörter den Überse­ tzer etwas irre gemacht Lu haben scheinen. Ich kehre nun von meiner Ausschweifung zurük. Im Februar ist noch, ausser einige» kurzen Anzeigen, des Herrn Prof. Bambergers Ge­ schichte des Glass, aus den Commentariis Gotting. Übersetzt.

C5

Im

42

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Im Mär; werden des Herrn Lichtwehrs Fabeln nach der Ausgabe vom Jahre 1758 recen-

siret, und mit dem verdientem kobe belegt. Ei­ nige. der besten Fabeln werden daraus übersetzt. Ich höre das seitdem die sämtlichen Fabeln des Herrn Lichtwehr ins französische übersetzt wor­ den, und besonders herausgekommcn sind. Eine ausdcmDeutschen übersetzte Ode an das Slük, wird auch, in diesem Monate geliefert. Die Urkunde dieses Stüks ist mir nicht bekannt.

Aus den poetischen Empfindungen und Gemählde aus der heiligen Geschichte, wer­ den wieder einige- Stücke übersetzt. Die Verfasser

halten von diesen Gedichten mehr als einige deut­ sche Knnstrichter. Herr Huber hat sie auch kürzlich sämtlich ins französische übersetzt. Ein

Urtheil, daß bey dieser Gelegenheit über die deut­ sche und französische Poesie gefället-wird, ist für die Deutschen beynahe alzu schmeichelhaft: inzwi­ schen kan cs doch zeigen, aus was für einen Aug-

Pinikte man itzt in Frankreich nnsere Dichtkunst ansichct. „Unterdessen sagen die Verfasser S. „126.00s bey uns die Dichtkunst von Philosophie^

„Witz

„Witz und Affectation verdorben wird; so bleibt „sie bey dem Deutschen beständig simpel, edel „natürlich und wahr. Wir mahlen nur unsere „Ideen und unsere Capricen, sie mahlen die „Natur. Wir denken nur darauf, uns sehen „und bemerken zu lassen, sie vergessen sich ganz, „und zeigen nur die Sache die sie nachahmen. »,Wir laufen nach Sentenzen, und sie bringen aller „in Empfindung Wir amusnen aufs höchste „einige Menschen, und auf wenige Augenblicke: „sie aber werden auf immer das Vergnügen.aller „empfindlichen Seelen ausmachen." Dis sagt ein Franzose und Beuhours wo bist du l

Noch finde ich- in diesem Monate, eine Ab­ handlung von dem Landfrieden im deutschen Reiche. Dieses sehr wohl geschriebene Stük ist von dem Verfasser der in meinem vorigen Briese angeführten Abhandlung vom Faust-, echte. Ich kenne den Verfasser nicht, ich wünsche aber, daß er ein Deutscher ist; und daß er die Geschichte, in seiner Muttersprache bearbeiten wolte; denn ft scheint ein Mann zu seyn, der geschickt ist,

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zu Füllung dieser grossen Lücke in der deutschen Litteratur nicht unglükliche Versuche zu thun. Am 2(ptil wird des D. Auenbrugger1 in Wien bekannte Dissertationen de percufiione Thoracis rccensirt. Aus Utzens lyrischen Gedichten, werden die beiden Oden, die Wollust unddie Grotte d,er Nacht übersetzt. Im Drachmonat erscheint der Briesdcs Hrn. Professcr Sulzers übersetzt, worin er sein unter den Handen habendes Wörterbuch mit des Hrn. Professcr Gottscheds Handbuche vergleichet. Die Urkunde steht im 5kn Theile der Priese die n. L. bekrcffent S.Z Z und folgt). Herrn Müllers Nachricht von der vermeint­ lich bescßcncn Lohmcnnin, wird auch in diesem Stücke retensirt, und wie man sich leicht vorstcl-' len kau, mit demjenigen Befremden, das jedermaun darüber empfinden muß, daß man in unserm erleuchtetem Jahrhunderte, der Welt solche Fratzen hat vorlegen dürfen. Dcr-crste Theil von des Herrn Zachariä Mil­ ton wird auch angcjciget.

Im

Im Heumonat: des Herrn von Rstist sämt' kiche Werke werden nach der neuen Ausgabe in gr. 8- angezeigt >' das Gedicht Lißides und Ha­ ches , wird daraus übersetzt. Das Buch Instruction militaire du Roi de Pruste pour fes Generaux, wird seht weitläufig und mit grossem Lobe tecenfirt. Im Augustmonat wird des Herrn Wie­ land Ldmemma, ein Paar Trauerspiele von Herrn Bodmern u. s w angczeigt. Man nierkt in diesen und in einigen andern Urtheilen, daß rin Schweizer (Herr Huber) ein Mitarbeiter an dem Journal etranger geworden ist. In Deutschland urtheilet die algemetne Stimme der denkenden Leser nicht völlig so vorthcilhast von einigen neuern Schriften. Einen neuen Beweist dieses Satzes finde ich im September, wo des Herrn Rlopstoks Tod Adams recenfirt wird. Wenn das darüber ge­ fällte Urtheil wahr ist, so ist Here Llopstoek, für einige Kritiken die in Deutschland über sein Trauerspiel ergangen find, genugsam schadloß ge­ halten. Der Recensent redet von diesem Stüke mit

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-

------- ——g

mit dem größestcn Enthusiasmus. Das alte und neue Theater hat seiner Meynung nach kein Sujet geliefert, was diesem Trauerspiele an Ein» falt, .Grösse und Jnkercße gleichet. Gleichwohl gestehet er, daß dieses Stük auf keinem Theater kan aufgeführct werden. — Dis widerspricht sich ja meines Erachtens — warum ist denn des Sophokles Oedipus auf Lolone, der in der That mit diesem Stuke viel ähnliches hat, auf dem alten Theater aufgeführct worden, und' ist den neuern so ost ein wichtiges Hülfsmittel jn tragischen Erfindungen gewesen. Jn eben diesem Monate stehet rin Versuch über die deutsche Dichtkunst. Der Verfasser zeigt, daß er von der neuesten deutschen kittcratur sehr wohl unterrichtet ist. Er beschreibt sehr genau Ivie weit die Deutschen in jedem Theile der schönen Wissenschaften gekommen find. Er führet alle unsere besten Köpfe nahmentlich nach alphabeti­ scher Ordnung an, und urtheilet von den Ver« dienstcn eines jedxa mehrentheils mit sehr vieler Einficht. Da unsere Dichter und Kunstrichter unter uns bekannt genug find, so wird es nicht nöthig

nöthig seyn etwas von des Verfassers Nachrichten i« wiederholen.' Doch will ich nur eine kleine Probe von seiner Art zu urtheilen geben. Ec

sagt, man solte eine Waage der deutschen Poeten verfertigen, so wie de piles den Entwurf zu einer Waage der Maler gemacht hat. er, Rleist würde erreicht haben:

Z. E. sagt

In der Kunst zu Malen den » I i8 Grad. In der Harmonie des Hexameters^" Im jambischen Verse Im lyrischen Verse In der heroischen Einsalt

F

17 7 15 17 8 '7

B In der tragischen Kunst # Im Epigramm« Doch ist dis eigentlich nur ein flüchtiger Eln fall, denn der Verfasser bemerket selbst, daß

eine solche Waage das Verdienst der Dichter nicht genau bestimmen könne, und daß es sogar üble

Folgen haben könne, wenn man es alzugenau bestimmen wolle. Die Gedanken von dem Ursprünge, wachs-

rhume und Verfalle der Verzierungen in den schönen Künsten, wxrdeo reeensirt. Am Ende

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=====

dieser Recension sagen die Versässe/: „wenn dir

„Vollkommenheit der Kunst darin bestehet die „Natur wohl zu sehen, so dürfen wir den dcut-

„schcn Künstler wünschen,

daß sie sie mit den

„Augen der deutschen Poeten ansihen mögen." Im'October ist ein übersetzter Auszug aus eines gewissen Rempius Dissertation de Oscu-

lis befindlich. Jmgleichen ist des Herrn von Gerstenberg Hochzeit der Venus und des Bachus übersetzt. Die vier Briefe Herrn Gellerts und Aabeners,

welche wider ihren Willen vor einigen Jahren gedrukt worden, sind hier gleichfalls übersetzt. Die

Verfasser, welche freilich die Ursachen nicht so

lebhaft haben einschen können, warum die Bekantmachnng dieser Briefe ihren Verfassern empfindlich gewesen, behaupten dieselben sollen sich damit be­ ruhigen, daß ihnen diese Briefe viel Ehre machen, Den Beschluß dieses Stückes macht die Uebcrse-

tzung einer von Herrn Gegners Idyllen. Der Beschluß folgt künftig.

Briefe, die neueste Litteratur betreffend. IV. Dm 27. Jenner 1763;

Beschluß des zweyhundert und sechs und fünfzigsten Briefes. November ist befindlich: Ankündigung einer Deutschen Gesellschaft in Wien von Joseph Edeln von Sonnenfels. Es ist son­ derbar, daß wir in Deutschland von dieser Geselschaft noch nichts gewust haben, und erst über Paris die Nachricht davon veknchmcn. Inzwi­ schen scheinet es, daß Oesterreich, wo die deutsche Litteratur so zu sagen noch in ihrer Kindheit ist, sich viel Gutes von dieser Gesellschast zu verspro­ chen hat. Die gegenwärtige Rede ist ein treflicheS Stück, und wenn alle Mitglieder der Gcselschast so viel Geschmack haben als der Herr v. Sonnen­ fels , so wird sie bald alle unsere übrige deutsche Gesellschaften beschämen. Sechszrhnter Theil.

D

Die

so

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Die Rriegsliedrr des preußischen Grena­

diers, werden mit grossem Lobe belegt. Man siehet daraus, daß sich die Verfasser weder durch die politischen Umstände, noch durch den einmahl cingeführten Geschmack ihrer Nation, abhalten lassen, das wahre Schöne allenthalben aiifzusuchm.

Die meisten von diesen Liedern, werden ganz über­

setzt, und zwar mehrenthcils sehr gsiWch, so schwer es auch ist, die einsältige und zugleich kör«igte Verse des Grenadiers in Prose über zu tragen. Ich will eine kleine Probe an dem Herausforderungsliede voe der Schlacht bey Rosbach geben. Heraus aus deiner WelftSgrust Fruchtbares HUdenheer u- f. w-

Sors de ta saniere, armee redoutable, fors „viens au combat en rase Campagne, avec

„ courage & avec tes armes de Bataille.“ „Nous, petit troupeau: nous fommes de ja „debout, nous chantons de ja le chant de ba„taille. Nous t’eveillons par notre bruit

„guerrier & par le cliqueus de nos armes.“ „ Pourquoi

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fl

„Pourquoi fommei!les-tu? Ce repos con«

„vient-il ä des Heros? Si ta caufe cft jufte „pourquoi n’ofes tu te montrer? Herr« Leßittgo Fabeln werden nunmehr vor« genommen; mit dessen neuer Theorie von den Fa­ del», sind die Verfasser nicht zu frieden, sie sagen, doch ohne weitere Gründe anzusühren, sie sey plus ingenieuie que vraie. Den Fabeln selbst

entziehen sie aber keineswegcs das gebührende Lob, und übersetzen auch eine gute Anzahl davon. Im December wird aus Herrn Leßings Miß Sara Sampson ein ausführlicher Auszug gelte-

ert, und die schönsten Austritte ganz übersetzt.

fEs werden auch verschiedene Einwürfe wider einzelne Scenen gemacht, die wohl einer näheren Beleuchtung werth wäre». Da man aber so zn sage» immer das Buch bei der Hand haben müsse, so würde mich dieses hier aizuweit führen.

Im

ganzen laßen die Verfasser diesem Stüke alle Ge­ rechtigkeit wiederfahren. Ich weiß von guter Haub, daß dieses Trauer­ spiel vielleicht noch diesen Winter aus dem franzö­

sischen Theater i» Paris wird aufgestihret werden;

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Eine

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— ----- • —!=

Eine Ehre, die vielleicht noch keinem Stüke, das nicht ursprünglich französisch ist, wiedcrfahrcn seyn mag. Herr Diderot wird auch nächstens die Uebersetzung diesesTraucrspicls imd des engiändv schcn Spielers, mit vielen Anmerkungen heraus.geben. Noch wird in diesem Monat die Uebersetzung eines kleinen Gedichts mitgetheilct, weiches die Fortsetzung der bckanten Geschichte von Inkle und Mariko enthält. Dis Stük soll von Hcrm Geßner seyn, inzwischen erinnere ich mich nicht, «in seinen Werken gelesen juhaben. Re.

Zwey-

Zweyhulldert und sieben und fünfzig­

ster Brief,

^ch laß neulich Dalemberts Lebensbeschreibung des unsterblichen Montesquieu, und sand darin eine Anmerkung über die vervielfältigten kleinen Gesellschaften der schönen Wissenschaften, die mir

ungemein richtig schien, und die auch i« Deutsch­ land vortrestich fönte angewendet werden. Der junge Montesquieu ward in die Akademie zu Dmirdeaux ausgenoimnen. Diese Gesellschaft war bisher eine sogenannte witzige Akademie gewesen;

Montesquieu aber wüste die Mitglieder dahin zu bereden, daß sie sich nicht mehr mit den schönen Wissenschaften, sondern vielmehr mit physischen Untersuchungen beschäftigten. „Er war üben „zennt, sagt Dalembert, daß die Natur, dies»

„würdig ist, beobachtet zu werden, auch allent„ halben Auge» findet, die würdig sind, fie ;u „beschauen; hingegen da man in den Werken „des Geschmacks durchaus nicht mittelmäßig seyn „darf, und die Hauptstadt doch allemahl der „Mittelpunkt aller Kenntnisse und Hülssmittel, D 3

„die

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»die zum Geschmacke dienen, bleibe« wird, f» „würde es allzuschwer seyn, weit von derselben, „eine hinlängliche Anzahl vorzüglicher Schrifd „steiler zu finden. Er betrachtete die witzige Ge» „scllschastcn, die in unsern Provinzen immer ins „unendliche vermehret »verden, als eine Art, oder „vielmehr als einen Schatten von gelehrtem „Liirus,- der dem wahren Reichthum schadet, „ vbiic einmahl den Anschein der Wohlhabenheit „ darzubietcn. — Man fand hernach, daß eine „richtige Ersahrung, einer matten Rede, oder „ einem schlechten Gedichte weit vorzuziehen fei/, „und es ward zu Bourdeaux eine Akademie der „Wissenschaften errichtet.,, Welch eine nöthige Lektion ist dis nicht, für unsere viele kleine deutsche Gesellschaften, und der« gleichen, die sich jede in ihrem Stadtgen nichts gewisser einbilden, als daß sic ans den Geschmack der Drusschen den wichtigsten Einffüß habens Die Anzahl derselben vermehret sich täglich; kaum hat ein Magister auf seiner Universität sich einiges Ansehen verschaffet, als er einige seiner Zuhörer « eine Gesellschaft zusammen bringt, allenfalls wen»

wenn schon eine deutsche Gesellschaft im Orte ist, einen neuen pomphaften Namen erdenkt und her­

nach unter Beistand zchrn unbattizer Mitglieder, das eilste mit mehrerer Ernsthaftigkeit, und mit eben so viel Fcyerlichkcit aufnimmt, als wenn rin Herzog und Pair, der eben Direktor der srqnjöfischen Akadenäe ist, den grösien Schriftsteller der Nation aufnimmt. Nachdem diese Complimcnte gcendigct find, läßt er sich auch wieder als einen andern Richelieu, als einen Stifter einer Geftll-

schaft, die einer ganzen Nation nicht gleichgül­ tig ist, bcromplimeutiren, und steht diesen Weih­ rauch mit vorfitzermäßigcm Anstande in sich: Comme tin Cure faisant la ronde Encenfe a Vepres tont le lnonde, Puis fe tient dreit, arant cesse, Peur etre a fön tour encenfe«.

Daß die Mitglieder kleiner deutscher Gesell­ schaften, rn ihren Thorheiten noch weiter gehe», als die Mitglieder kleiner Französischen, geschiehet von NcchtS wegen, denn die Mitglieder jener, kennen gemeiniglich die Welt weniger, und sind

pedantischer als die Mitglieder dieftr.

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Es wäre

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also schon rin patriotischer Dienst, wenn man solche deutsche Gesellschaften anwcisen könte, an­ statt langweiliger Reden, und uoch schlechterer Verse, physikalische Versuche zu machen, welche doch wenigstens einigen Nutzen haben würden. ' Eine in Duisburg errichtete gelehrte Gesell­ schaft, muß diese Wahrheit eingcsehcn haben, in­ dem sic sich anstatt deutscher Reden und Gedichte lieber mit den Wissenschaften, beschäftigen will. Zwar hat sie sich nicht sowohl auf physikalische Versuche, als vielinehr auf dasjenige eingelassen, was man vor dreißig Jahren im eigentlichsten Verstände Gelehrsamkeit nannte. Inzwischen ist die Gesellschaft nicht zu verachten; sie hatjwar ihre Mitglieder nicht genauer zu erkennen gegeben, aber, was sie von denselben rühmei, klingt schon merkwürdig genug. Es sind, Heist cs in der Vorrede zu dem ersten Theile der Schriften der Gesellschaft: * „Es sind unter den Gottesge„lehrrcn keine neumodische Propheten, unter den „Rcchregelehrten keine Legulistcn uud römische „Schnurrenkrämer, unter den Arzneygelehrten „weder

• Duisburg bey Hofmann, 1761. in groß Qu.

------- S7 „weder Markt- noch Stubenschreier, unter den „Weltweisen keine Wölfische oder Neutonische „Nachbeter, Runstrichter von gewöhnlichen „Schroot und Korn, die im Sylbenstcchen die „Wissenschaften suchen, sind unter ihnen unbe„sannt, und in der GcschLchtekunde, in den „Rameral- und policeywiffenschasten, fön» ,nen sie sich rühmen, rechte Muster in ihrem »Mittel zu haben.,, Sie können sich leicht vorsicllen, daß die Mu, ster der Geschichlkunde zuerst meine Neugierig­ feit aus sich gezogen haben, da ich es immer so sehr beklaget habe, daß dieses wichtige Stück der schönen Wissenschaften bisher in Deutschland bei­ nahe ganz unbearbeitet geblieben ist. Ich schlug in dem ersten Theile der Schriften der Gesellschaft nach, und sand — Eine Abhandlung von R.(l>tto III. wahrem Geburtsjahre — Nach, lese »»gedruckter Urkunden — Diplomati­ sche Historie eines Distthums, das nicht mehr existirt — und schämte mich für mir sel­ ber, daß ich mich nicht sogleich besonnen habe, daß unter der Geschichlkunde und unter der D 5 Ge»

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—'



Geschichte selbst ein so grosser Unterscheid

istNachdem mir nun diese Hofnung sehkgeschlagen war« und das übrige meist in juristischen Ab­ handlungen bestand, die mich, ohne daß ich da­ durch ihrem innern Werthe etwas absprechen will, nicht sehr intercßirten, so koirte für mich wohl nichts natürlicher seyn, als nach Runstrichtcrn von mehr als gewöhnlichem Schroot und Zlotne zu suchen, und da fand ich denn in diesem Fache zwei- Abhandlungen, die wirklich so unge­ wöhnlich so original sind, daß ich Ihne» cinigr Nachricht davon geben muß. Die erste Herrn M. Georg Liyels Erklä­ rung eines Jüdischen Grabsteins zu Speyers Im Jahre 1741 wurde zu Speicr bey Pflaste­ rung eines Hofes ein Jüdischer Grabstein gesun­ den, den der Ligenthümcr des Hauses hernach in seine Gartenmauer eimnaucrn ließ. Nunmehr nach zwanzig Jahre» hat es Herr k noch der Mühe werth gehalten, einen weitläufigen Commentarius über diesen Grabstein zu machen, und Sie werden kaum glauben, mit wie vieler Ernst­ haftigkeit

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häftiakeit und Eifer er sich angelegen seyn käst, dieses herrliche Denkmahl des ehemaligen Juden' kirchhofcS zu Spcier, dermassen ausjuklären, daß auch für den Einfältigsten nichts bunkcls mehr daran bleiben Fen. Er führet, nachdem er aller» ley Jüdische Gelehrsamkeit vorangcschickt hat, die­ se wichtige Aufschrift, nach dem Hebräischen Erundtcxt an, und übersetzt sie noch dazu einmahl insDeutsche und zweimahlins Lateinische. Hierist die deutsche Uebersetzung: Dieser «Saufe sey Zeuge, und dieses Mahl sey

auch Zeuge,

welches aufgerichket worden ;um Häupre, Frauen

Richeli», einer Tochter Rabbi.Isaacs des Le­ viten, Die allhier ist begraben worden den 8 des Monars

Thamnms im Jahr von Erschaffung der Welt

SX3SIhre Seele ruhe im Paradies, Amen, Amen» Amen, ewiglich.

Und dis ist denn der Text, worüber Herr L. wert gelehrtere und sinnreichere Anmerkungen macht.

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macht, als man'wohl erwartensolte. Ergehet jedes Wert insbesondere durch, und erkläret weit­ läufigst alles, was nur zu erklären ist. Ich muß Ihnen nur ein Paar solche Anmerkungen ziir Probe hersctzcn, daraus Sie sich ohngcsehr einen Begrif von der ganzen gelehrten Abhandlung wer­ den machen können: „ Aichelin, das ist der Name der verstorbenen .„Fran aus unserm Grabsteine. Man muß aber „nicht glauben, als ob ihr Mann Nichel, und „sie von ihm Nichcli» geheissen Nein, bei den „Juden ist cs nicht wie bei unS Christen».s.w.— „Was besonders den Namen Richlin anbctrist, „so ist derselbe nach der Polnischen Juden Aus„spräche. Die Deutschen sagen Rechlin oder „Rächlin, d. i. Rachel oder Nahes, oder aus „ Liebkosung im Nominativo Nachclchcn oder Ra„Helgen, wenn schon das liebe Kind endlich sine „Frau wird, wie ein grosser Karrengauk.., „ Po. alhier. Es ryird hoffentlich niemand „glauben, daß, obgleich der Stein in besagte „Gartenmauer eingesetzt ist, die Richlin daselbst „begrabe» liege.» Ich

—•

—---------

Gl

Ich habe'grosse Lust gehabt, diese Abhandlung thtincm Rabbi ju zeigen, der mir einige Änmer, kungea über die Rabesche Uebersetzung des Tal» muds mitgclheüc hat; er würde sich ohnsehlbar sehr über den Umsang unserer Gelehrsamkeit ge­ wundert haben, da ich aber weiß, daß er auch deutsche Schriften liefet, so möchte ihm vielleicht aus Hinkmaro von Rcpko Noten ohne Text,

der zweite Grav eingefallen seyn, „welcher unter „dem Schütte einer Stadt in Deutschland so viel „Weisheit hervorzichct, als kaumineilfFolian„tcn Raum hat, und welchen die glückliche Er, „g-nzung einer verloschenen Grabschrist, „der Himmel weis von welcher Schneider», „frau in seinem Vaterland! unsterblich macht.» Die zweite Abhandlung ist betitelt: E. O. L. Huchs Beweist/ daß der erste Psalm die säte ,a) sinnlicher vorsicllct ^.1-5. ,,b) tugendhafter bildet. §. 6.,, „II. Prädikats, welches der geistliche Dichter „ a) nachdrücklicher beschreibt, h. 7-iz. ,,b) genauer bestimmt. §. 14.15.,, „III. Beweises, womit der König „$) die innerliche Glückseligkeit derFroin„men darthut.. Diesen Beweiß fasset er „1) vief scharfer ab §. 16-18. kleidet ihn „2) in ein, Gleichnis ein §. 18.19. er„lautert ihn 3) durch das Gegentheil, „h. 20.21. „ ,,b) Die äusserliche Glückseligkeit der From„men schärtet.- Auch dscsen Beweiß „richtet David 1) viel strenger ein. 22-zi. träget ihn 2) in einem „Gleichnisse vor. §. 23.24. kläret ihn

»3) durch

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„3) durch den Gegensatz auf.

6Z 25'

»3° » „IV. Der moralischen Folge, welche David „ans seinem Beweise ziehet Diese ist in „Absicht der Tagend viel reiner. §. zr.„ Da haben sie den Inhait. Wollen sie eine Probe der Abhandlung selbst haben, so will, ich Ihnen ans diesen 32. §. jl nur den h. 5. hersetzen, und sie werden nicht mehr verlangen. Der Herr Verfasser, nachdem er angcmcrkt hat, daß im Anfang beider Oden ein Tugendhafter be­ schreiben wird, fährt fort. z-5

» Ehe wir einmal trat Inhalt beider Beschreibijn„gen eines Tugendhaften betrachten: so müssen „wir schon behaupten,- daß David dir Regeln „der schönen Wissenschaften mehr beobachte „ als Horaz ‘ Es sind die Volkommcnhcitcn eines „Menschen, der nicht im Rathe der Gottlosen „wandelt, noch auf den WU der Sünder tritt, „noch sitzet da die Spötter sitzen rc.>(h. 4.) ft „beschaffen, daß sie viel mehr in die Sinne sal„len.

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„tat, als die abstrakte und philosophische Be« „schreibung eines volkvmmenen und lastersreien »Mannes (h. 3.) Horaz hat also wider fol»gende Regel des Herrn Professor Meier» „gehandelt, welche David, hingegen sehr w wohl beobachtet hat, nämlich: »Man muß alle abstrakte, und algemeine Be» „griffeund Wahrheiten es mögen nun höhere „oder niedrigere Gattungen oder Arte» seyn, „nicht in abstrakt», sondern in Concreto „denken. Man sehe dieses berühmten Lehrers „ersten Theil der Anfangsgründe aller schönen „Wissenschaften im 128. h. auf der 275km . „ Seite." Nicht wahr sie haben genug! Der arme Ho­ ra; — daß er doch den 128. h. in Meiers Aesthetik nicht gelesen hat!

Der Beschluß folgt künftig.

Briefe, die neueste Litteratur betreffend.

V. Den 4'. Februar. 1763»

Beschluß des zwey hundert und sieben und fünfzigsten Briefes. Und dis waren Kunstrichtcr,

vsn mehr als

gewöhnlichem Schrootund Soin? —

O gebt uns lieber Silbenstecher her!"—

Wirk«

lich, die wichtigste und gemeinnützigste Abhand« fang in diesem gan;en Bande ist vielleicht dieje­ nige,

die ein Spötter der Silbenstecherei be­

schuldigen könte.

Es ist des Herrn I. G. W.

Dunkels Nähere Erklärung über sein werk

von Ueber einkunst der griechischen Sprache Mit der Keltischen oder Glejsarium harmonitum graco - edtiaan.

Herr Dunkel muß in die­

sem Theile der Litteratur eine ungemeine Starke gehabt haben r

Es wäre daher sehr ju wünschen,

daß dieses aus 10 Alphabeten bestehende Werk

nach dem unglücklichen Ende dieses Mannes,

Sechzehnter Theil.

E

von

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von einem andern dazu geschickten Gelehrten ans Licht gegeben würde. Die verschiedenen Proben die hier gegeben werden, zeigen eine wunderbare Uebereinstimmung der griechische« mit der cclti? schm, und mit der von dieser herstammendm deutschen Sprache. Diese Uebereinstimmung ist der größten Ausmerksamkeit würdig. Inzwischen ist Herr Dunkel so bescheiden, baß er aus dieser Uebereinstimmung nichts schliessen will, z. C. etwa, daß die griechische Sprache von der eelti« schen herkomme u. d. gl. Er will nur bloß zeigen, daß diese Uebereinstimmung wirklich da sey; und dis kan einen Kenner mehr zum Nachdenken bewegen, als eine leichtsinnig gewagte und schlecht bewiesene Hypothese.

Re.

=——=—=

§7

Zwey hundert und acht und fünf­

zigster Brief. A°f die es recht gut meinende Schläge ei­

nes Liebhabers * sind Verweise und zärtlich? Rückschläge gefolgt/ die das verliebte Spiel sehr lebhaft sortsctzen. Der Vers, des Herrn und Diener hat seinem Kunstlichter in einem Send­ schreiben geantwortet/ das in eben der spitzigen, launhafren und figurreichen Schreibart abgesagt ist, öie jenen unterscheidet. Er billiget verschie­ dene voa seinen Kritiken, sacht sich wider einige zu vertheidigen/ und sagt zuletzt seinem Kunst, lichter offenherzige Gegenwarheiten, welche mit denen ziemlich Übereinkommen, die wir ihm bey der Anzeige seiner Rreuzzüge zu verstehen ge­ geben haben. Er läßt seinen vorzüglichen ^alcm tm Gerechtigkeit wicdcrsahrcn, und tadelt deck affectirtcn Gebrauch, den er öfters von denselben macht. — Da beide, Kunstlichter und Gegen­ kunstrichter sehr gute Köpfe sind, so kan Ihne» nichts gleichgültig seyn, das vonJhnmkömint. Es Es

*'& irvfilr Brief, S-1?«

Es können zugleich einige Schriftsteller daraus abnehmen, wie sreymüthige Kritiken von vernünf­ tigen Leuten ausgenommen zu werden verdienen. Ohne Empfindlichkeit über etwa eine Kleinigkeit im Ausdrucke, ohne Eindringung in die beson­ dere Abfichten, wo vielleicht keine vorhanden find, begegne man Scherz mit Scherz, vertheidige fich mit Nachdruck, wo zu vertheidigen ist, opfere seinem Gegner das Uebrige auf, oder erhole W wieder durch eben so beherzte Gegenangriffe. —> Hier ist das Sendschreiben selbst:

Treu-

-- - - ~ ,j §9 TreuherzigesSchrciben eines

Lay en - Bruders im Reich, an dm

Mag um in Norden oder doch in Europa.

1762. Wein Herr und Liebhaber.

^\ie Briese über die neueste Litteratur * haben die Beurtheilung des Herrn und Die-' ncrs aus ihre Rechnung gesetzt. Der Auszug, mit seinen Strichen liesse mich schliessen, daß das Original nych mehr enthalte, ich verdoppelte mein Verlangen und Bemühung, dessen habhaft tu werden. Ich habe es erhalten, und —* was Sie nicht wissen, noch mehr dazu. Ich erkannte Sie an Gang und Miene, ohngeachtct ich weder ein Marcel, noch rin Freymäum bin. Da ich. E 3 di? *"mer kdheil. pag. 35.

die bloße Aufschrift ihrer Soeratischen Denk» Würdigkeiten sahe, hielte ich Sie vor ritten Phantasten, nachdem ich sie gelesen, vor rinen Mystickrr und seitdem ich mit ihren Magis aus dem Morgenland bckaaitt geworden, vor einen Pdeptum. Beynahe hätte ich Sie über den ver« mischten Anmerkungen von der Wortfügung der Französischen Sprache vor altes dieses zusammc» gehalten. Sie schm, mein Herr, die Vertraulichkeit' ist vor die erste Bekanntschaft schon ziemlich' groß, nehmen Sie es vor den Affert rinrs Geliebten, oder vor die Schwatzhaftigkeit eines Cammer» Dieners, ich werde bey keinem sonderlich gewim «en oder verlieren, es ist mir so, mich Ihnen zu öfnrn, und genug — wann wir uns unter rin» ander verstehest. Meine Napsodie, sagen Sie, ist jmn Theil aus Fran-ösifcher Seide gesponnen. Ich bin mir zwar mir Deutschen Hanfs dabey bewußt; Höch» siens möchte das Blumwerk von Seide seyn. Sie tvissch, mein Herr, in den Fabricken richtet man sich nach dem G-schmack brr Käufer. So lange unsere Hoheiten und Durchlnuchtigkeiten dieFran» losen

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zosen vor ihre Lehrer, und nun, doch um dir Ge­ bühr, vor ihre gute Freunde und Beschützer hal­ ten, schiene mir der Rlughrit nicht ungemäß zn seyn, ihrer verwöhnten Zunge zu mitkibigeti Eh­ ren ein Gerichte sehr anziehenden Geschmacks mit einem Französischen Ausschnitt zu garnire». Un­ ser Kirchen-Vater Lutherus sagte schon: Ein Diener,, der seinen Herrn lieb hat, kleidet sich in die Tracht, die er am liebsten sieht. Ein Vorurthril', das der Warheit beförderlich ist, deswe­ gen unbenutzt zu lassen, weil es nurVorurtheilist, wäre Stolz. — — Ich habe übrigens weder den Adt Düguet noch andere Pandecten Französischer Lehrer über die Pflichten der Grossen gelesen, viel­ weniger geplündert, nicht aus Stolz, sondern weil mich der Unterricht eines Prinzen in vier Octav-Bänden eben so abschrcckt, als der gleich korpulente -thristliche Philosoph neben Einem Capitel des Briefs Pauli an die Römer; es ver­ drießt mich an jedem Buch, worinn die Verfasser mehr sagen, als sie denken, mehr beweisen, als sie selbst glauben; die Athenienscr 'kommen mir dagegen yoch entschuldbar vor. E 4 Wann * Aitor, 17, 19, 20.

Wann aber der vor die gebrauchte Materialien erstattete Tribut in dm Übersetzungen besteht, so bin ich daran, glauben Sie es, gewiß so unschul­ dig, als an den Lieserungen von Haber und Heu, so wir in Kraft de- Wcstphälischen Friedens, vor Las Französische Macher-Lohn unserer Freyheit geben. Doch, mein Herr, die Rache ist süß; wie wird Ihnen zu mnth seyn, wann Ihre liebens­ würdige SocratischeLaune von dem Hn. Roques in ächt Französisch-Deutsch übersetzt und nach Gut« finden Jdro Ehrwürdigen aäot^oemr™™ ver­ kürzt oder verlängert, kurz, verstümpcrt wird, alsdann — — alsdann mag Ihnen ihr Freund Trescho zurufen:

— —• Zum Fluch schön übersetzt!

Sie meinen: Der Herr und der «Lämmer« Diener hätten sich wohl zum Titel .eben so gut, wo nicht besser geschickt. Ich kenne die Verrich­ tungen dieser Leute nur in so wett, daß sie ihre Herrn aus- und ü!'kleiden ihnen von guten und bö­ sen Dingen zuweilen das sagen, was sich sonst keitur zu sagen hcransnehmen darf, auch wohl mit ihnen,

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ihnen, wann esdic Herrn zu bunt machen, tro« tzen und doch wieder ausgesucht werden Ich kins also zufrieden, mein Herr, und dankbar davor, daß Sie mir die Standes-Erhöhung zum politi­ schen Cammer-Diener ertheilet haben, ich werde sie bep Gelegenheit geltend zu machen suchen.

Ich bin weder ein Cabinets- noch CanzleyMann, sondern------ doch bald hätte ichs schon wieder vergessen, wozu sie mich gemacht haben. Jene Schulen habe ich so weit durchgangen, als zu Fassung der Elementen nöih j wäre. Daß andere aus einem ABC Buch (und mehr soll der Brand von der Gottbcir Cbristi und es folgren Träten

nach; der überwundene eutschuldigke sie damit? EK seyen mot'.is anitoi nvokintarü.

ger meiner Stadt, was gehts michan und was hülfe mirs, wann andere reiner und gesünder seynd? Die Umschaffung, wenigstens Palingenesie ganzer Staaten gehört vor einen n«»--»'-«;, vor ei­ nen Skythen, wieder, so der Bild - Säule zulicf und doch zerdenkt sich ost der Schöpfer- Geist über Mittel, um------- -—um etwa den Ver­ stand einzupropfcn, o nein! nur um die Bärte ab­ zuschaffen. Und Sie------ Sie fordern die All­ wissenheit, wo nicht die Allmacht des regierenden Herrn, mit der Knute, stakt Schlüssen, in der Hand an einem Cammer-Diener- Gönnen sie mir die Freyheit, die sich' Pope * genommen hat.

Nun komm eich an dem schwersten Punct, und/, wanns gute Worte nichtthun, so bleibe ich stecken. Es ist die gallichte und sauer gewordene Denkungsund Schreib-Art. Ein altes Sprüchvort sagt: Leben und leben lassen. Ein Land- Arzt, dcrS nicht besser wußte, hat den Schmidt scineLDorss, dec Oeuvres T. VII. p.255.

J’aurai foin, que jamais.

mes porträits ne choqtleront que ceux, que jq voudrai bien choquer«

der zugleich ältester Gerichtsmann war, mit SauerKraut und Milch vom hitzigen Fieber turirt, cs ist mir auch etwas dergleichen in meiner Praxi be­ gegnet, und, gedankt scye es der leicht und stark verdauenden Herren- LT-rtur, keiner derselben ist an diesem Cßig-und Gallen-Trank gestorben, bey etlichen hat er sogar wohl durch geschlagen. Sie wissen ja, wie es den Leuten geht, die hinter Re­ cepte kommen, ein gutes Herz und viel Vertrauen zu sich selbst haben, diese geben sich am liebsten mit doctoriren ab und wagen sich an Krankheiten, vor deren bloßen Nahmen rin Doerhaave zittern würde. Ihnen, mein Herr, scye cs gegeben, durch lange und sorgfältige chymische Processe der­ gleichen köstlichen Essenzen zuzudcreiten, wovon Sie uns bisher einige Tropfen geschenkt haben. ■—■ — Felices, quibus ista licent Miramur & illos. Nun mein Herr, wische ich meinen Mund, noch klebricht von den Küssen der Wäscher, und biete meinen Wangen dar den Schlagen des Liebhabers. Sie haben recht, meine Dinte/chlug damahls gewaltig durch und fiele ins Gelbe. Der Fehler ist nun nicht mehr zu verbessern und meine Demüthigung

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Demüthigung um so grösser, da die Schrift das Unglück gehabt, mit allen ihren Fehlern zu gefal­ len und in wicderhohltrn Auflagen und Uebersctzungen mit tausenden in die Welt verbreitet zu wer­ de», ehe noch das prüfende und richtende Auge eines einsichtigen Kenners die viele Ungleichheiten und Unschicklichkeiten darinn bemerkt hatte. Ich kan mich mit einem solchen Trost nicht beruhigen, den Swift ♦ seinen Freund gegeben hat. Mit offenem Herzen und Armen würderch den strengen und redlichen Freund, den die Briefe über die neueste Literatur ' einem sicheren Verfasser ««gewünscht, empfangen haben und noch empfan­ gen. Freunde aber, wisseriSie, lassen sich nicht su­ chen sondern finden, wieBoeltger, der Goldmacher, sein Porcellam - Ermunterung und Beyfall, wo nicht gar Belobung lund Verehrung, ist von gesälligm, aber kurzsichtigen Freunden noch wohl zu haben, aft hinc illa lacrymae.

So ♦

s’en säut que vous n’ayez falt rire autan£ dliommes, que des Minifhes d’Etat ne peuvent cn faire p] eurer, kcttre ä Mr. Gfty
den so mancher und seltsamer in den politlschea Hospitälern vorkommenden Krankheiten durch länu

fiere und bewährte Erfahrungen erLtnet habe. Nun sollte ich schliessen- Liebe erfordert aber Gegenliebe. Nur noch ein und ein halbes Wort. Ihre Laune ist so-original, so Unterrichtend, ft Bedeutungsvoll, daß, wann ich eben so sehr Miilistkk wäre,' als ich nur (cum gratia & pefmis8 r so

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S!==

su Veflrae Humanitatis) Cammer-Diener bin, ich meinem Herrn unablässig aniiegrn würde, Sie mit einem recht ansehnlichen Gehalt jum Lehrer der langen Weite in AJma hac nostra **ana jii bestellen; was ich mir aber dabey ausbittcn würde, wäre dieses: Ihre alhuprismatische Schreib- wo nicht Dcukungs-Art in eine mit un­ serm Dombackenen Zeit Alter übereinstimmendere Ä'.chtung zu bringen. Es ist wahr, SocratcS diente dem Staat als Bildhauer, als Soldat, als Patriot, als Mehrer, als Rath; thun sie eben das und noch mehr, vergessen Sie aber nie die Würde Ihres Berufs. Wer wird Ihnen Ih­ re tzlückf.elige Laune verargen ober beneidend Was soll aber der krause Titel? was der Hahn im Holzschnitt? der nicht-der SoerakischcHaus« und Opfer-Hahn ist, sondern ein Gickel von ReuBabylon, der Haupt - Stadt 'der.Gallier. Ist Ih en das Schlc'I a> eines Dlopsiocks nicht fürchterlich genug, dessen Meßiade eine Panöo« rcn-Bü6)se von Hexametern wurde? Wollen Sie das Haupt einer neuen Seete der SLaur.tr seyn? Anhänger, Bewunderer, Copistcn werden Sie finden, mehr als ihnen lieb seyn wird, Enpfindey

8f bett Sie in sich Trieb und Anschluß zur Verbesse-

rung der Staaten, wohlan! zeichnen Sie Dcßcins und werben nach Jcsiua Ausdruck Männer, fix

sie zum Nutzen der kranken Welt heut oder morgen ausführen; die Lapjllotten aber hchcr Häup­ ter überlasten Sie, uns Cammer-Dienern, wir werden vors Aufwickcln bezahlt; entdecken Sir wanus Ihnen so ist, und verfolgen Sie die moralische«» Schelmen und ‘ Seelen - Verkä'iftr, die Einpropsung des guten Geschmacks überlassen sie aber den Quacksalbern und die

Schatten-Spiele des Witzes den Kindern» die Lrivolireir und Consorten leben vom Schatten; lafpß Sic sich nie bewegen, Werke zu schreiben, die Welt seufzt unter Büchern, wie unter Soldatcn, unsere Zcit ist, wie die, da Moses nach Egypten käme und dem Volk ans Herz redete, es aber vor Angst und Drangsal ihn nicht einmal ver­ nehmen konnte. Ihr patriotischer Bolingbroke sagts schon *: Zu Haupt Verbesserungen gehö­ ren Mittel, die Züchtigung und Lehre zugleich ent­

halten; ich meyne, es fehlt uns Teutschen nicht

daran.

F3

Die

* C'est par des calamites Nationales, qu’nne cor-

mption natianale doit fe guenr, P-ettre ft, Pope

Die grammaticalische Klanbereyen seynd ihrer, unwürdig, die gelehrte Gassen-Kehrer mögen sich damit aufhalten- Cie haben den Stern gesehen, lassen Sie andere Irrwischen nachlaufrn. Es ist Ein Wort, sieaclmäßig vor jeden Autor und auch vor unsere Freundschaft, hier am Dach desMaynö, dort am Balchl>chen Meer; i Cor, )II, 11'15. Dixi!

?I°-S

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Zwey hundert

und neun

37 und

fünfzigster Brief. ich Ihnen rin Paar Worte von des Herrn Lindners Schulhandlungcu schrieb, glaubte ich in der That nicht, daß ich noch einmal daraus zu, rückkommcn solle. Das Examen jn der Schule ist dismal vorbey, dachteich, HcrrLindnerwird für das nächste Jahr andre Schulhandlungen ma­ chen, und Feindschaften unter den Eltern erregen, wenn er dem Herrn Carl eine Rolle giebt, die man für Lonraden begehrt hatte; — meinethal­ ben; ich habe meine' Gedanken vom Schuldrama gesagt, und nun Abschied auf ewig. Aber, aber so hat es Herr Linbner nicht.verstanden, Mei­ ne Gedanken haben einen Bries- Wechsel cprfgt, den ich Ihnen schicke, damit ste künftig glich bey den geringsten Kleinigkeiten gegen unsere seichte Aus­ sprüche auf ihrer Huth seyn mögen. Erst sehen Sie jween Briese zu Thorn gedruckt, an denen Herr Lindner n ichts will geschrieben haben. Aber König Salomo wurde bald errathen, toelchcs dex Ton der wahren Mutter ist. Darauf kommen fünf Wirten-Briefe das Schuldrama betref­ fend; die nach der Gewohnheit des leicht zu erraF 4 thenden

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thcndcn Verfassers unter andern Mottos auch die­ ses haben: Es ist ein stnabc hie, der hat fünf Gerstenbrodt; und ich wölke wol wetten, daß die­ se fünf Gerstenkrodte kaum fünf Leute sättigen wer­ den; denn nicht alle, die sich weiße Stäbe schnei­ den, können Wunder thun. Der erste von den erwehntcn Briefen klagt über die Ungezogenheit, wow.it wir urtheilen, über Fcchtcrstrciche; kurz, man will das Kind nicht in zwey gleiche Theile zerschneiden lassen.Darübcr will ich ihnen nichts mehr sagen. Ist es nicht seltsam, daß man uns die Freyheit rauben will, die Sachen ibey ihrem Namen zu nennen ohne vorausgeschicktes falva venia. Und ich glaube noch dazu, daß meine Briese ühcr Herrn Lindners Schrift mit aller möglichen Achtung, ohne den Ton unsers Briefwechsels zu verlieren, geschrieben sind. Aber ich woltc fast errathen, warum ich durchaus soll beleidigt haben: Herr Lindner hatte den Di­ derot gelesen, der von urbaren Genien ganz neue Arten der Schauspiele erwartet. Hr. L. giebt uns wie er sagt, eine nene Art von Schauspielen, die zrdas Schuldrama nennet, und läßt uns beschei’ dm

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den den Schluß herauszichcn.—Der Kritiker hat, deucht mir, gefaxt, daß diese Schauspiele cntwcder nichts neues, oder nichts bedeutend wären, und das ist mm freilich ungezogen, Man hat sich nur bey der Idee des Schuldrama aufgchattcn, und gestanden, daß man in den Schul-Lust« Spielen nurchicrnnd dar etwas standen, daß ich Jünglinge von 16, 17, 18 Jahren, die Leiden

Leidenschaften, als Triebfedern grosser Tugenden und grosser Verbrechen' fühlen,' nicht unter die Zünder rechne.

Was antwortet man nun? Hören sic:, Eilt „ Schuidrama kan entweder nur anständige Noe« „ len für Schüler in sichbegreiffen, und diese De, clamakionsübung ist nichts neues.,, (Das däch­ te ich auch und habe cs gesagt,),, oder es sind „ ganze Stucke, darin die Nollen selbst auf die „ Schüler sich passen und sie zu Cchultugenden „ oder andere in ihrem künftigen Leben, z. E- auf „ Akademien, auch durch sinnliche Vorstellungen „ anhikltcu." Fast möchte ich sagen, meine Herren, vergessen Sie chrcs Freundes eigene Erklärung nicht, er will eine ganze Handln, g haben: wo will er diese unter Kindern finden? Nimmt er aber den Ka» raktcr der Jünglinge dazu: dcmi ist es mit seiner Erlaubnis kein neues Drama. Um uns aus der ganzen Verwirrung zu helfen, nehmen Sie Hs» razens Beschreibung von den verschiedenen Alkern. iteddefii

Reddere voces qui jam feit puer & pede

cerco Signat humum gestit paribus col’udere & irani

Colligit ac ponit temere & nuitatus in horas.

Wo ist bey einem solchen Alter eine Handlung, die Absicht, Plan, Knoten »nd Verwikclung ha­ be, möglich? Dienste Anlage entwischt unter den

Händen. Colligit iram ac ponit temere. In dem Verfolge wird man noch weniger festen Füs

fassen können. Mutatus in horas. Und dis sind eigentlich die Personen für das Schuldrama, wenn es eine neue Gattung seyn soll.

Kommen

aber die Jahre, darinn den Schüler die Züge treffen prodigus aeris, fublimis , cupidus: O! dann läugne ich weder daß eine Nolle für ihn seyn könne, noch daß er eine Handlung anspinneu kön­

ne; aber cs werden immer andre Personen von reifen Alter darin verwickelt werden. Will inan auch diese Personen durch Kinder Vorsteven lassen :'

meinetwegen: aber ausser daß man fragen fönte; warum nicht durch große Leute? So bleibt ausge­ macht, daß diese Rollen zusammen, genommen kei­ ne Handlung geben, die den Schülern gemäß ist. Zch könte alsdann noch ferner tnit Rousseau frd
eßdeu in einem Pavillon des großen Gar­ tens hat ausstcllen laffcn. Dem PrinzenElbeuf ward das weitere Na. su Iren untersagt, und man dachte m mehr.als dreißig Jahren nicht daran bis auf Befehl

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deß

iyo

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des ktzigcn Königs der Brunnen weiter ausgegrabcn ward, und da man eine Inschrift mit dcmNamen der Stadt Hcrkulanum sand, so machte dieses Muth zu

weiterer Fortsetzung der Arbeit unter der Erde. Zum Unglück ward die Aussicht über diese unter­ irdische Arbeit einem Spanischen Ingenieur, Na­ mens RoccoGlachino Alcubierrc aufgetragender

durch seine Unerfahrenheit Schuld an vielen Scha­ den, und dernVcrluste vieler schönerSachcn ist Ein Exempel, M Hr. W ansühret ist lächerlich ge­ nug. Man «Ätdektc an einem Gebäude eine Jnschrifft, welche ans ehernen Buchstaben bestand,

die an zween Palmen lang sind. Anstatt diese Joschrifft vorher abziizeichncn, riß man die Buch­ staben auS der Mauer, warf sic ia, einen Korb untereinander, und zeigte sie in dieser Verwirrung

dem Könige. Man kan leicht denken, daß der gute D. Rocco aus die Frage, was wohl diese Buchstaben bedeuten möchten, ziemlich betroffen gewesen sein müsse. Nachher hat man dem Ingenieur-Major Carl Weber, einem Schweitzer von Geburt, die Aussicht aufgctraqen, und diesem verständigem Manne hat

znan alle gute Anstalten die nachher getroffen wor­ den

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den, jti danken. Er hat zuerst einen richtigen Grund und Aufriß dieser Entdeckungen gemacht. Nachdem men in den Hcrkulanischen Entdekungen glücklich gewesen war, fing man an die. andern Orte ausjusnchen. Es fand fich die wahre Lage des alten Stadia, und man grub auch

zu 'Pompeji die Ucbcrdleibscl des grossen Amphttbeatcrs weiter nach, das beständig über der Erde auf einem Hügel;» sehen gewesen.' An

beiden Orten konte man mit weit wenigem Kosten nachgrabcn, als zu Hcrkulanum, indem man keine Lava ;u übcrwmdcn batte. Gleichwohl da man der schäzbarsien Entdekungcn gewiß ist, wird

das Werk dennoch so schläfrig getrielcn, daß an allen unterirdischen Orten nicht mehr als fünf' zig Arbeiter' vertheilt worden find, und eine grosse Stadt, wie Pompeji anszngrabcn, waren bey des

Herrn W. lcztern Ruse nur acht Menschen be­ schäftiget. Wenn man so schläfrig fortfabrt, so werden an diesen Orten freylich für die Nachkommen

im vierten Gliede noch Entdeknugen genug übrig bleiben, zu geschweigen, daß zu Pozznolo, 23cja, £t;nis, und Mrsenum, wo die präch­ tigsten Landhäuser der alten Römer gewesen

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find, vermutlich-noch wichtigem Schätzt zu ent­ decken wären. Die Entdkungen selbst theilet Hr. W.in unbe­ wegliche und bewegliche. Unter dcnDcweglichen ver­ dienet dasThcater tüHerkulanum den crsicnPlatz.Es hakte dasselbe achtzehnReihen Sitze, über dicseSitze erhub sich ein porricus und unter demselben waren noch drei Reihen Sitze. Man rechnet, daß in diesem Theatar drcytauscnd fünfhundert Menschen sitzen kontcn, ausser denjenigen die in der Arena oder Platea Pla; hatten. • Oben auf dem Theater stand eine Quadriga die ein Wagen mit vier Pferden bespannet, nebst der Figur der Person aufdcmselben in Lebensgrös­

se, alles von vergoldetem Marmor. Ich muß Ihnen doch mit Hr. rv. eigenen Worten erzäh­ len, wie unverantwortlich, der obengcdachte Atem feiern mit diesem trcflichcn Werke umgcgangen ist. „Diese Werke sind wie leicht zu errathen ist; von „der Lava umgeworfm, zerdrücket undzcrsiükct, „aber es schlcte bep der Entdekung kein Stük an ,denselben. * Wie verfuhr man aber mit diesen kost• So gan; ruveMßig möchte dieses wohl nicht ;u hehauxttn ftvn, da ans.des Marchese Venuri

I-Z „ kostbaren Trümmern? Es wurden alle Stücke „gesammlet, auf Wagen geladen, nach Neapel „gesührct, und in dem Schloßhofe abgeladcn, „wo dieselben in einer Ecke auf einander geworfen „ worden. Hier lag dieses