Briefe, die neueste Litteratur betreffend: Teil 13 [Reprint 2022 ed.]
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Briefe/ die

Neueste Litteratur betreffend.

XIII"'

Theil.

Berlin, 1762. bey Friedrich Nicolai.

Inhalt -er Briefe des dreyzehnren Theils. Zwey hundert und achter Brief. Ueber die Fort­ setzung oes Versuchs vom Genre, ans der Samml. vernr- Schriften BSt. i. Die anschauende ErkentniS ift nicht der Grund der Evidenz in der Mathematik, erschöpft auch nicht das Wesen des Genieß S. 3 Zwey hundert und neunter Brief. Merkwürdige Stelle aus diesem Versuche/ wider die schwülstigen Hexamettisten. S. 15 Zwey hundert und zehnter Brief. Deö Vers. Ge­ danken von der anjchauenden Erkentnis werden ge, prüft. Sie ift kein UnterscheidungsLeichen des Schönen. Uns Menschen ist deutliche Erkentnis ohne Zeichensprache unmvgbch. Empyrische Er, kentnis der göttlichen Eigenschaften ist mchr hin­ länglich. S. 19 Zwey hundert und eilfter Brief, p. Pauli Abzug auö dem Reiche der schonen Wissenschaften, nebst desselben Abschiedsunterreduntz nut ftinern Kunst, richter. ^Lutzlrche Regeln für Biographen, aus dem Rambler. S. zz Zweyhunderr und zwölfter Brief. Klotzii opuscu» la poetica Ulid C. C. S * * Carminum libri duo

werden beurtberlr. ^Betrachtungen über die Natur der Elegie. Sie gründet sich auf vermischte Empfin­ dungen. S- 6t Zweyhunderr und dreyzehnrer Brief. L)ie deutsche Übersetzung der Mores Eruditcrum ist höchst elend. r S. 87 Zweyhunderr und vierzehnter Brief. Jeder Licerons drey Gespräche vom Redner, übersetzt von Heinze. Gute UeberfetzunMs-icherVriginalwercke dmichem em Sptache. 97 Zwey-

Zweihundert und fünfzehnter Brief. Hr. Heime glaubt, wir könten euu Beictsamkeit haben w von das Gegerttheil bewieser wrrd S- »oz Zweihundert und sechzehnter Brief, von des Hm. Heinze Schreibart. Vo,- dem verschiedenen Genie der Deutschen und lar. Sprache. Versuch emer verbesserten Uebersetzung von der ersten Penode. S. ri7 Zweihundert und siebenzehnter Brief. Desgleichen von der zweiten. Eurige Nacdläßigkerttn itt des Hm. H. Ueberfttzung. Im ganzen benschtet, übersetzt er gut, aber nicht schön. S. r-z Zweihundert und achtzehnter Brief. Herr Je, rard ^leerann zu Rotterdam setzt einen Preis von fünf und zwanzig Dukaten auf das allerLlteste Denkmal von dem jetzt gebräuchlichen Papiere. Bon dessen Admonitiorie de .Charta nostratis feu lintes orgine. Gedanken über diese Materie. 'S- i;i Zweihundert und neunzehnter Brief. Eüre kriti­ sche Vsrbeffernng einer Stelle desLaeitu-. S-141 Zweihundert und zwanzigster Brief Der Ucbersttzer der neuen Heloise rst grimmig, drohet allen Kunstlichtern einen schweren K ieg, und nimmt die elerrde Ueberfttzer in seinen Schutz. S« 14g. Zweihundert ein und zwanzigster Brief. Plötz­ lich versteigt er srch in eine Arr von mystischer Philosophie, und erzehit abentheuerliche Anekdoten aus der obern Welt. S «61 Zweihundert zwey und zwanzigster Brief. Von einer patriotischen Gesellschaft in der tzchweiy, zum Besten der SttrenLebre und der Gesetzgebungs­ wissenschaft. Gedanken drüber, Preisfragen die­ ser Gesellschaft für das Jahr 1763. S. 169

Brie-

Briefe, die neueste Litteratur betreffend.

Dreyzehenter Theil.

A

Briefe, die neueste Litteratur betreffend.

L Den 7. Januar. 1762.

Zweyhundert und achter Brief. §^)on dem Versuche über da« Genie, davon

ich Ihnen einst* Nachricht gegeben, ist minmehr m dem ersten Stücke des dritten Ban« des

der

Sammlung

vermischter

ten u. s. w. eine Fortsetzung ;u lesen.

Schrif« Sie ver­

dient es, daß ich mich dabey verweile, denn sie

verräth einen Versaffer, der selbst denkt, und nicht immer mit solcher Aengstlichkeit in die Fußstapftn seiner Vorgänger eintritt, als wenn die

mindeste Abweichung den Hals koste« svlte.

Ich

kan zwar nicht sagen, daß er mich von seinen Grundsätzen durchgehends überzeugt hatte.

Ja,

ich bin so gar in der Hauptsache, wie Sie sehe« werden, nicht völlig seiner Meinung.

A 2 * ®. den drey und neunzigsten Brief-

Indessen

ist

ist doch nicht j» längnen, daß seine Abhandlung viele nützliche Amncrkunge« enthalte, und durch­ gehends lesenswerth sey. Da man in Deutsch­ land noch immer gewohnt ist, entweder für Pro­ fessors, oder für Schulknabrn zu schreiben; so ist do Mann, der für Liebhaber philosophiret, eine etwas seltene Erscheinung, dir billig alle un­ sere Aufmerksamkeit verdienet. Sie werden Sich noch erinnern, wie weit der Vers, in dein ersten Abschnitte in der Untersuchung des Genies gekommen. In dem zweyten Ab­ schnitte nähert er sich nach einer etwas weitläufi­ ge« Vorbereitung, dem Ziele, und untersucht, „woher es komme, daß man einen Menschen, „der die Ansangsgn'mde der Mathematik nicht „begreifen kan, für einen Dummkopf hält, da „man es einem Menschen von Genie leicht ver„giebt, wenn er mit den Ansangsgründen der „Metaphysik nicht fertig werden kan?„ — Eine ähnliche Untersnchuiig hat letzthin der Königlichen Akademie der Wissenschaften wichtig genug geschie-

fthirnen, eilten Preis darauf zu setzen, und wo ich nicht irre, so scheinet der Vcrf. die Beantwor­

tung dieser Frage gar zu sehr ans die leichte Achsel tu nehmen. Er glaubet, der Unterschieb bestünde blos in dem Vortheil, den die Anfangsgründe der Mathematik haben, „daß die Wahrheiten, weh „ che sie darstcllen, durch Bilder unterstützt wer„bcn, oder die Wahrheiten selbst vielmehr, ihre „Natur, ihre Eigenschaften, ihre Behandlung, „werden wirklich in concreto, und in indivi­ duellen Fällen vor Augen gelegt. Es muß also „viel leichter seyn, führet er fort/ die vorgetra„gcne Sachen zu fassen, als wenn man sich von „ den Wahrheiten der Metaphysik reelle Begriffe „machen, nnd aus blos willkührlichen Zeichen, „dergleichen die Worte sind, das Bild der Sache „selbst heraus suchen soll. Oder mit andern ..Worten: man kan viel eher und leichter zur an„ schauenden Erkenntniß derer ersten Wahrheiten „der Mathematik, als der Metaphysik gelam „gen.» — Ich mag hier nicht untersuchen, ob diese Folge auch richtig sey; die Figuren geben A 3 uns

lins dm Gegenstand der Mathematik anschaueud zu erkennen, daher erzeugen sie mischauendc Be­ griffe von den mathematischen Wahrheiten. Ich will dieses so lange dahin gestellt seyn lassen. Mein wie stehet es um die Anfangsgründe der Re­ chenkunst und Algebra? Hier erregen die Zeichen keine bildliche Begriffe, keine Anschauung der Sachm, sondern die allertrockenste symbolische Erkentniß, und gleichwohl sind die Anfangsgründe der Zah­ len-und Buchstabenrechnung fast so leicht zi« begrei­ fen, als dir Anfangsgründe der Geometrie. In der Buchstabenrechnung wird, wie bekannt , das Re­ sultat in allgemeinen symbolischen Zeichen- schul­ den, und sodann erst die Sachen statt der Buck/ staben gesetzt. In der höhern Analyst halt es öf­ ters sehr schwehr, die Orakelsprüche des Resul­ tats ;u erklären: das heißt die Meinung und den Verstand der symbolischen Zeichen herauszu­ bringen, und in Sachen zu verwandeln. Wer fichs aber einfallen liesse, einen ganzen Atgebraischen Proceß hindurch immer die bezeichnete Grössen und ihre Verhältnisse statt der Zeichen zu den-

denke«, der würde sich eine unbeschreibliche, aber auch vergebliche Mühe machen. Es scheinet also vielmehr , daß in der Wissenschaft der Grössen und ihrer Verhältnisse, die ZeichenerkenMis der leichteste und ebenste Weg zur Wahrheit sey. — Doch unserm Vers beliebt das Gegentheil hiervon. Ihm ist di« bildliche oder anschauende Erkenntniß daS einzige Mittel die Wahrheit zu begreifen, zu erfinden, zu erdichten, ein Genie zu werden; kurz, das grosse Geheimnis, das einen Homer, phidtas, Lasar, Newton und Leibnitz dt» Weg zur Unsterblichkeit geführt hat.

Er »erstehet aber durch anschauende Erkentnis, „eine Erkentniß, vermöge weicher wir die Sachen „in concreto erblicken, mit ihren Würkungen, „Zufälligkeiten und Veränderungen, die in der„selben aus dem VerhälMiß mit andern zu entste­ igen pflegt,,, und ziehet aus angeführter Beob­ achtung folgende Schlüsse. „Wer viel anschauende „Erkentniß, oder viel Fähigkeit dazu hat, der »kan eine Sache leicht fassen; wer eine Sache A 4 „leicht

„leicht fassen kan, der hat Genie; Genie haben, »heißt also; anschaurnde Erkentniß von Sachen „besitzen, oder eme Fähigkeit ;u solcher Crkent„niß haben.»

Diele Sätze zu bekräftige«, führet er eine Menge von Beobachtungen an, daß der Mangel an anschauender Erkentniß für eine» Mangel des Genies gehalten wird. Seine Betrachtungen und Nchengedankcn die er dabey anbringt, sind nützlich und angenehm zu lesen; besonders kiest er un­ sern deutschen Afterphilosvphen den Text, deren Wis­ senschaft in einem mierltuchtrten WörterKam beste­ het, die ihr System Herbete», jedes Wort schul­ mäßig erkläre», und alle Schlupfwinkel der Sophistcrry durchkriechen, ohne daß man den gering­ ste« Funke» von Genie bey ihnen wahrnähme. Do« diesen klagt er mit Recht, daß ihnen entwe­ der die Fertigkeit oder die Fähigkeit mangele, ihre Schulbegriffe in der Natur auftusuchen, und dadurch anschauend j» erkennen. Sie schwören in verba magistri, denn sie kennen nur die Wör-

Wörter, nicht die Sachen; müssen daher ewig das Alte Wiederkauen, ohne jemals in ihrer eige­ nen Wissenschaft eine neue Aussicht zu entdecken. Und wenn sie ja etwa durch Hülfe der ihttcn vor­ geschriebene» Methode arif einen neuen Gedanken gerathen, so 'geschiehet es gewiß unversehens, und ohne Absicht. Sic sind meines -Erachtens mit den Tnprtcnwürkcrn tu Frankreich ju verglei­ chen. Diese knüpfen ihre Faden gedankenlos nach vorgeschriebenen Regeln ein, und gaffcu vol­ ler Verwunderung, .wenn sie aus ihrer dunrmen Arbeit aus der andern Seite ein göttliches Ge­ mählde des le 25rim hcrvorkommen sehen. Eben also müssen unsere Systemwürkcr erstaunen, wenn sie ihre Erklärungen nach der Methode eines Wolfs oder Baumgartens einknüpfen, und von ohngesehr eine« neuen Gedanken hcrvorkommen sehen.

Indessen gehet-unser Vers, in srinem Eifer wie­ der die symbolischen Weltwrisen offenbar ;u weit, wenn er gleichsam ihnen zum Trotz, eine andere A 5 Classe

Classe von Schriftstellern in den Adelstand des Genie- erhebt, deren Anspruch auf diese Würde vielleicht nicht viel gegründeter ist.

Ich meine dir

Esprits de lumiere. die die Gabe besitze», die allerabstractestcn Wahrheiten durch mannigfaltige «ab sinnreiche Exempel zn erläutern, und wie der

D. sich ausdruckt, gleichsam für die Empfindun­ gen ihrer Mitbürger zu bringe«. „Denn je ab»stracter rin Begrif ist, schließt er, desto schwch, „rtr ist er in der Natur aussusuchen, desto schwe-

„ rcr ist es, zumal ohne einige Hülse der Bezeich-

„nungskunst, ihn anschaneud- zu mache», oder „ in der Patur wieder darzustrllen; desto mehr FL„higkeit und Reichthum der anfthauendcn Erkent-

„niß ist zu diesem Nnternehmen erforderlich, und „desto mehr Genie beweiset es also, an dnnjent„gen, der es glücklich hinaussühret.»

Freylich! weu« da- Wesen des Genies, wie der V. hier vorausziisetzen scheintt, einzig und allein in der anschaurnden Erkentniß bestünde; so

wäre nichts bündiger, als dieser Schluß.

Allem

si»

f» müßten auch Fontenelle, Akgarotti und andere Schriftsteller dieser Art, für grosse Genies gehal­ ten werde», und Meier, der zu der Bamngartischen Aesthetik die Exempel hinzugethan, müßte mehr Gmie bewiesen haben, als Baumgarteck" selbst, den» diescr.hat die Wahrheiten abstrahirt, sener aber die abstrakten Wahrheiten in anschmiende Begriffe verwandelt. Wird sich wohl unser Verfasser zu dieser Folgerung verstehen? Gewiß nicht! Ich finde auch, daß er an verschie­ denen Orten die Gabe zu abstrahircn, und aus besonderen Fallen allgemeine Wahrheiten zu er» finden, zu den wesentlichen Bestimmungen des Genies rechnet. Nur an manchen Stellen drückt er sich so schwankend aus, daß mau glauben solle, «r setze das Wesen des Genies einzig und allein in die Fähigkeit zur anschauenden ErKntniß; und dieses kau ihm unmöglich ringerämnet werden.

Was dünkt Ihnen wohl? War es durch Hülse der anschaurnden Erkentniß, daß Newton auf dir grosse Erfindung kam, die Schwehrr zu einem allgr«

allgemeinen Triebwerke der Natur zu machen,

und dadurch die Bewegung der Himmelskörper $n erklären? — Was für eine bildliche oder an-

schauende Vorstellung der Sache hat wohl der Er­ finder der Differentialrechnung in Gedanke« ge­

habt, als er ans der Betrachtung des allmähligen und stetigen Wachsthums der Grössen in der Natur, eine allgemeine und symbolische Rechen­ kunst des unendlich kleinen abstrahirte? Gewiß, hi« waren ganz andere Elftndungsmittel nöthig, als die blosse anschanende Erkentniß, und gleichwohl wird niemand läugnen, daß diese herrliche Erst» düngen nirgend anders als auf dem fruchtbare«

Boden eines Genies habe« wachsen können. ~ Unser Vers, wird sagen, die grosse Erfind« wer­ den gleichwohl ihre «fundene Wahrheiten nicht blos nach denWvrten und symbolischen Zeichen begriffen;

sondern zugleich dir Folgen und mögliche Anwen­ dungen derselbe« ausbrsondrre Fälle eingesehen ha­ ben? — Allerdings! da fie grosse Geister waren» so hat ihreGffentniß nicht mag«, dürftig und unfruchtbar seyn könne«. Jed« Bcgris war für

ße

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fie eine Quelle von Wahrheiten. Will der Verf. die Fruchtbarkeit der Erkentniß Anschauung nennen; so kau ihm dieses niemand verwehren. Er gestehe aber, daß diese Fruchtbarkeit nicht blos in der An­ wendung einer allgemeinen Wahrheit auf besondere Fälle bestehen könne; daß diese Fähigkeit das All­ gemeine auf besondere Fälle anznwenden, ;war, (wie ersich an einigen Orten gar richtig ansdructt,) eine wesentliche Eigenschaft des Genies sey, aber in der That weniger Stärke des Geistes verrathe, als die Gabe das Allgemeine im Be­ sondern wahr;unehmen, deutlich z» erkennen, und in eine abstracte Wabrheit ju verwandeln; und endlich daß das Wesen des Genies durchaus in keine Fähigkeit der Seele allein und ausschliessungs­ weise j» setzen sey; sondern, daß alle Vermögen und Fähigkeiten'der Seele in einem vorzügüchen Grade zu einem grossen Endzwecke übereinstim­ men müssen, wenn sie den Ehrennamen des Ge­ istes verdienen sollen. Alle Beobachtungen die der Verf. ansühret, beweisen höchstens, daß eine unfruchtbare E«kentniß,

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kentniß, fie mag einzeln oder allgemein seyn, eine« Mangel des Genies andeutc. Wen das Beson­ dere oder Einzelne so sehr blendet, daß er nichts Allgemeines heranszuziehrn vermag; so auch, wer das Allgemeine mit so blöden Augen anstehct, daß er nicht gewahr wird, wo es mit dem Beson­ dern zusammen hängt, der zeigt einen schwachen Geist, ein eingeschränktes Genie. Man kan aber nicht sagen, daß jede Unfruchtbarkeit der Crkentniß in einem Mangel der Anschauung bestünde, und wenn auch dieses wäre; f» würde doch nur daraus folgen, daß ein Genie die Fähigkeit zur anschaurnden Erkcntniß haben müsse, aber nicht, daß das Genie nichts anders sey, als diese Fä­ higkeit. -

Doch wo grrathe ich hin? Ich wolle Ihnen einen Auszug aus dieser Abhandlung liefern, und verliere mich im Disputiren. — Nun kan ich nicht wieder auf den schleichenden Auszugston kom­ men, und muß hier abbrechen. Leben Sie wohl.' D.

Zwey-

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ls

Zweyhundert und neunter Brief. Ei„ Stelle habe ich Ihnen aus dem jweytei»

Abschnitte anjnfLhren vergessen, die unsere Nacht­ sänger angehen. Sie sollen dem Verfasser dienen, seinm Satz $u bekräftigen, daß man ohne an« schauende Erkentniß kein Genie haben könne. »Man weis, spricht er, was eine neue Dich„tungsart, in Deutschland für eine Menge hirnlo» »srr Gedichte hervorgebracht hat. Gilt es, nach »dem äusserlichen zu urtheilen; so müssen sie eben „so schön, eben so rührend und erhaben seyn, »als die Originale, die ihre Muster gewesen seyn „sollen. Schauer, tiefempfindbar, staunend, „fchanervoll und tausend andere starke oder ma„ lende Ausdrücke,find nicht grjpahrt; doch lesen wir „fie ohne Empfindung, und unser GeW sagt rS „uns, daß die Verfasser ohne Genie find. Warum? „wir wollen fie mit einem Originale vergleichen. „EinRlopstok, den die Gerechtigkeit einst de« „grossen Genies zuzahlen wird, wenn seine Geg„ner längst werden vergessen seyn; ein Rlopstock unter«

„unternahm es, die feinsten und unbemerkteste« „Empfindlingen dem Anschaucn der Mensche« „darzustellen, oder die stärksten und crschütte-

„ruugsvollesten Leidenschaften nach der Natur zu >, schildern. Er muste deswegen auf alle ihreZi'iqe „ und Wendungen, auf ihre mannigfaltigen Wär„kmigcn und Verhältnisse Achtung geben, und sie „von ihrer Geburt an, bis auf ihre höchste und >, feinste Entwickelung, bis pi ihrer tiefsten Ent„sernung in der Seele verfolgen; das heißt: er „muste sie anschauend erkennen, ehe er sie an»

„schauend barstellen kontc. —

Der Beschluß künftig,

Briefe, die neueste Litteratur betreffend IL Den 14 Januar. 1762.

Beschlliß des zweyhunderk und neun­

ten Briefes. {(Xtme elende Nachahmer hingegen haben die „Kunst, Empfindungen auszusuchen, nicht „verstanden, sie haben sie nie in ihrer Natur er-

„ blickt, oder nie anschauend erkannt; nur seine „Worte, nur die Namen der Empfindungen ha­ rten sie sich von ihm zu eigen gemacht, und diese „mischen sie ohne Wahl und Verstand unter ein»

„ander, ohne damach zu fragen, welche Empfin„ düngen dadurch geschildert werden, oder welche

„im gegenwärtigenFallgeschildertwerden müssen; „genug,

aus der Mischung wird rin Gedicht.

„ Dürfen sie sich aber wundem, daß der Leser von

„Gefühl keine Wahrheit, keine Richtigkeit, keine „Schicklichkeit darin antrist?„— Es ist merkwür­

dig, daß alle deutsche Mißgeburten deS Dkt'standes Dreyzehnter Theil.

B

und

rg

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imd Witzes, philosophischen oder poetische» Ge­ schlechts aus eben derselben Fäulniß entstanden sind. Die ncmlichen Ursachen erzeugen beyderley Arten von Gewürme, elende Dichterund elende Philoso­ phen. Es sind immer Worte ohne Geist, Methode ohne innere Erlcnchtimg. Redensarten ohne Gefühl, die sie von ihren Meistern auf dummen und blinde» Glauben annehmen, aus deren Vermischung nim­ mermehr ei» begeistertes Ganze entspringen kau. Zu Wolfens Zetten fuhr die Demonstrirsucht in die seichten Köpfe, und bis sie träumten, sie wären Metaphysiker; jetzt führet sie del' Schwindelgeist der Empfindungen so lange im Zirkel'herum, bis sie hinfatlen und sich begeistert glauben. Aber es gilt hier, was die Atm von ihren begeisterten zu sagen psiegten; ,

Et Veneris lauri fexta columba tulit. An femper primo vates fub flore juventae Fata in Plutonis lurida regna vocant ? Nil prodeft cecinisse Deos/cecinisse puellas ?

Die neunte Elegie scheint dem V. verunglückt;u ftyn. Phöbus erscheint ihm darin im Traume; weissagt ihm seine künftige Dichtergrösse, erlaubt ihm als Jüngling noch die Freuden der Liebe $u besingen, schreibt ihm aber für das Alter andere Materien vor; wo es schon wunderbar läßt, daß ihm Phöbus erst lauter Materien aus der Physic vorlegt; noch seltsamer aber was er ihm am Ende sagt. Fatone, an noftro vita fit arbitrio ? Nam sunt cuique rei fua teinporn. Suggerit uva« Autumnus, flore» ver tibi3 Bruma nives.

Was

8s Was den Phöbus veranlasset habe, diese bekannte Sache hier auSjuführen, und ob er den Dichter damit;ur Abhandlung seiner physikalischen Mate­ rien habe i« den Stand setzen wollen, ist nicht allzuleicht anzugeben. Auf die Elegien folgen Epigrammata; davon die meisten von alter Erfindung sind, darunter sich aber doch Elogium Kkiftii, in malum Poetam, und Votum auSjeichnen. Ich will ihnen dir bey­ den ersten gleich hier abschreiben. Cur viret haec tellus violis ? cur innuba laurus Spargit inumbrato frigora facra loco ? Kleiftius hic molli compostus pace quiefcit» Qui vixit Musis, & cccidit Patriae. IN MALUM POETAM. Quidam peflimus einnium poeta, Quem ridet, sibi maxime placentem, Quidquid eit hominum politiorum, Ut mos eit fuus, usque & usque vertu Me paene enecat heu! ineleganti Infulfo illepidoque frigidoque-

Et laudes tacitus fuas requirit.

83

Set

Sed grates refero, lnalamque pefiein

Rurfos eneco.

Quomodo ? tacendo.

Jch'bl^ttcre zurück, und sehe, daß ich Ihnen eie «en langen Brief, anstatt ein paar Seiten, wie ich Willens war geschrieben habe. Ich schliesse. Wünschen Sie nicht mit mir, daß Phöbus dem Hern: S. nach einmal im Traume erscheinen, nnd ihn aufmuntcrn möchte, auch in Prosa zu schreiben, da er einmal die Sprache in seiner Ge­

walt hat.

Wir brauchen nicht lauter Dichter,

unterdessen daß unser historisches Feld noch sö leer ist.

— Zwar wann man alles reiflich überlegt, so solle man fast überhaupt wünschen, daß alle deut­ sche Schriftsteller zwar mit der römischen Sprache zuvor so verlrai'kick bekannt wären als Herr R, und Herr G. aber wenn sie schreiben wollen, lie­ ber deutsch schrieben. B.

Zwey-

Zweyhundett und dreyzehnter Brief. „Wer wolte sich denn so schülerhaft an die „Worte, binden? allenthalben gnkt das Wör-

„technch hervor; und wo die Znsammensezung „ein wenig schwerer, als gewöhnlich ist, habt ..ihr den Verstand nie cingefthe», sondern wie ein

Mann ohne Kops geschrieben. „ —

Was denn

nun? gar nichts weiter, als daß ich mit einem Menschen rede, der mir ein Exercitium bringt, und dazu die Mores Eruditorum gewählt hat. Nun geht Eie wol dergleichen Zeng nichts an; aber was das schlimmste ist, es ist gcdrnkt wor­ den*, und der Uebcrsczer kan nun seine Strafe nicht mehr im Verborgenen ausstehen. Alle Jah­ re unter einem so unnüzcn Haufen, als unsere gewönlichcn Uebersezer sind, ein öffentliches Bey­

spiel'der Gerechtigkeit kan nichts schaden.

Noch

dazu an einem Menschen, der schon ost gesündigt hat! Wal er sich nicht genant, will ich mich um

F 4

seinen

• Die Sitten der Gelehrti'N. Berlin, bey Arnold Wever 1761.

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—-

..................

ftinm Namen nicht bekümmern: aber vom Geschlechte der trifpinm ist er. Was ihn aus den unseligen Einsal gebracht, dir viores Erudkorum, die mit Vorsazc latei­

nisch geschrieben sind, zu verdeutschen, würde schwer zu rathen seyn, wenn nicht bey geivisira Köpfen alles wiederstmische leichter zu erklären wä­ re, als das Vernünftige. Ich will sie nicht lange aushalten; etliche Pro­

ben von Hauptftl nhern sollen Ihnen wol jkigen, in welcher Klaffe mein Schüler noch sizt. S. 32. heißt bey ihm Artigere Aures, „dir „Ohren aufsperret»,, Mich nimmt aus gewisse«

Ursachen fthr Wunder daß der V.dcu eigentlichm Verstand des Artigere hat versehlm können. Ucbrigens dirnt ihm zur Nachricht, daß so viele

Leute ich auch noch kennen gelrrnct, keiner davon ftine Ohren Mder aufsperren noch zuziehen kön­ nen ; und die Lntdekung derdM gehörigm Muffeln

würde für unsern gntrn R. eine grosse Wohlthat wer­ de«, so oste er von den Unverschämten durch das Dorlesen ihrer schlechten Gedichte ans seinrr ein­

samen Swbr gemartert wird.

Ä«

Ja dem Gespräche zwischen Burmannm nnd Ll-risten sagt derV. *

Ars ich gcsimi die Schmä-

„huirgcu, die nicht eine Antwort, sondern .—Ja, Ja, Hr. Uebers. was thue ich? Freylich wissen Sie und ich nicht, was Sie thun. Ein ähnliches Pröbchen kommt S. 20, vor; das ich ihnen doch noch hersezen will. Wenn man es

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es nicht täglich vor Augen sähe, so könnte man sich nicht über;eugen, daß Leute dreiste genug seyn können, Perioden,, darinn gar kein Menschen, Verstand ist, druken ju lassen. Der V. hatte als eine« sichern Weg sich berühmt zu mache«, angerathen, daß man an viele berühmte Männer, auch Aus­ länder schreiben solle, «m Briefe von ihnen jn er« twinge«, mit denen man nachherprahlen fönte. * Wenn der berühmte Mann nicht gleich antwor-„tet, so schreibe noch einmal und noch einmal; „die Mühe wird sich wol lohnen: dis ist der, wer» „den sich die Leute einander ins Ohr sagen, aus „dem die Holländer so viel machen. Sie solten „es kaum glauben, wie oste er Briestaus Italien „kriegt, wie viele sich seine Freundschaft ausbitten: „und * herum, tänquam ill® priores forte non perlatae essent, fcribe tertium, Non frustra hunc laborem confumes. Hic eft ille, insufurrabunt sibi invicem homines, quem Batavi fufpiciunt: vix credas, quam crebras ex Italia litteras accipiat, quam multi ejus familiaritatem cxpetant: tune de illius eruditione dubitas? ah ! nefeis, qua

fama apud exteros floreat.

„und denn, Herr, könne» sie noch an seiner Ge­

lehrsamkeit Misten? Wahrhaftig gewissen nicht, „wie berühmt er auswärts ist.Ein Kind von is Jahren, das nicht qanzverwahrloßt ist, mus ein­

sehen, daß dieses von redend, eingeführten Pcisonen und nicht von dem V. selbst gesprochen werde. Nun sehen sie, wie der lieber;", unter dem Kinde von i2 Jahren ist. Schreiben sie wieder zum „drittenmal, als wenn Sie etwa ihre Briefe nicht

„ bekommen hatten. Sie werden dis nicht um„ sonst thun. Die Leute werden sich unter tinaiv „der iys Ohr sagen, dies ist der, den die Hollän„der hochh>.lten; Sie glauben es kaum, wieviel „Briefe sie aus Italien bekommen, wie viel sich „ihre Freundschaft ausbitten werden: wird als„ bann jemand an ihrer Gelehrsamkeit zweifeln? „ach! sie wissen nicht, in welchem Ruhm sie bey „dm Ausländern sieben! Ich mag zu dergleichen Schnizern nichts hinziv

sezen; wenn ich erst bey einen Schriftsteller den merklichen Mangel an Empfindung des Zusam­ menhanges entdekc: Dann kehre ich mich von ihm «eg und überlasse ihn seinem eigenen Schiksal.

Sie

9s

Sie werden nun wol nicht fordern, daß ich auch die kleinere Schnizer anstreiche. Einen einigen

der lustig ist, will ich zum Schlüsse hinsrjcn. Der V. beschreibt einen Dichter nach allen Merkmalen des Wahnwizes und giebt endlich auch dieses an tum oculo intento, laeto huic hominum gcr.

neri proprio, fed difficil! dictu, & qui, ut interroges, quid in charta scriptum fit, flagita-

re videtur, te adfpicit.

Nun unser Ucbersezer:

,, der darauf dich mit starren, muntern, dieser

„Art Leute eigenen Augen ansichet, und der zu „verlangen scheinet, daß du fragen sollest, was „auf dem Papiere geschrieben sey. „ Merken sie ein­ mal, daß der Stümper em starres und munteres Auge sehr leicht zusammen reimen kan. Gcwis; er mus eine eigene Grsichtsbildung haben; Ohren die er aussperren kan, und starre Augen, die doch

munter sind, denn von sich mus er diese Eigenschaf­ ten hernehmen, die bey keinem andern Sterbli­ chen anjutreffen find. Soll ich ihm wol noch die

Wvhlthat erzeigen, und ihm sagen, daß lato sich Alls hominum generi beziehe, und baß das fol­

gende qui aus Auge sein Absehen habe? Doch der-

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dergleichen Leute haben noch alzuviel zu lerne». Wäre es denn nicht dahin zu bringen, daß jeder Rektor für seine Schüler gut stünde, daß sie von ihren Erercitien nichts svlten druken lassen, und ihnen zudem Ende niemals 3 bis vier Bogen Ma« «uscript in den Handen liesse?

25.

Briefe, die neueste Litteratur betreffend«

VII. De« san;elberedsamkeit ste„hen: von der panegyrischen haben wir sehr wenig

„und fast noch weniger von der politischen und „akademischen.

Ich müßte mich sehr irren,

„wenn die Ursache davon nicht vornehmlich „in dem Mangel des Geschmack» und folg« „sich in der Verabsäumung der rechten Regeln der

„Bv

..

,

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10s

»Beredsamst zu suchen wäre denn an guten Äöp„ftn fehlt es unserm Dattilandt gcwis nicht eben „so wenig als es zu dieses hcldcnreichen Zeiten au „Gelegenheit oder an Aufmunterung fehlen kan.„ Dieser Geschmack fönte mm am besten, meint er, aus den Schriften der Alten erlangt werde«. „Man „wendet zwar ein, daßM ihre Lehren für unsre „Zeiten nicht schiften, weil Cicero und Demost, »hene» keine Bischöfe gewesen, A-ffrotcles und „Cinintilian auch für keine geistlichen Eandida„ trn geschrieben hatten. Aber das iß wunderlich. „Ein Periode, eineMetaphore, eine Apostrophe, „ein Enthymcmaisi im Mosheim nichts anders „als ütt Demosthenes; die Gnade der Erlösung * wird eben so erhoben, als die Gnade des in

öffentlichen Blättern die Nachricht, daß Herr Ök’tarö Meerman jN Rotterdam, ein in det gelehrten Welt eben so rühmlich bekannter Mann, die Schrift des Herrn Schöpflin in einer Schrift Origines Typographien betitelt gänz­

lich widerlegen, und durch neue unumstößliche Be­

weise, die Ehre der Erfindung der Buchdrucker kunst den Holländern zueignen werde.

I 2 • S. den u» und folgende Briefe

Ich

IZS



Ich muß gestehen, daß ich aus diese Schrift ungemein neugierig bin; es ist mir zwar sehr gleichgültig, ob ein Holländer oder rin Deutscher sich j» erst beweglicher Buchstaben jmn Drucke« bedienet habe, denn, daß dis das wesentlichste Stück derDuchdruckrrey sey, wird Herr M doch hoffentlich dem Herrn S. nicht abstreiten — aber ich bin nur sehr begierig ;u ersahren, ob es mög­ lich sey, daß Herr S. bey aller möglichen Auf­ richtigkeit Vorsicht Deutlichkeit und Ordnung dennoch einen falschen Satz habe behaupten kön­ nen— ist es, so haben wir einen neuen Beweiß mit wie vielen Mißtrauen, man bey histori­ schen Wahrheiten verfahren müsse. Herr Meerman erstreckt sein« Sorgfalt noch weiter. Er ist bey dieser Gelegenheit aus eine Sache gekommen, von der man sich in der That wundern muß, daß man bisher noch so wenig da­ von weiß; nähmlich auf die Untersuchung von dem Ursprünge des jetzt gebräuchlichen Papiers. Schon die Göttingische Gesellschaft der Wissen­ schaften, hat auf die Entscheidung dieser Frage eine« Preiß gesetzt. Herr M. setzt ebenfalls eine«

IZZ einen Preiß darauf. Er ermuntert nähmlich die Gelehrten aller Länder, die Bibliotheken ihres Landes zu untersuchen, und ihm von dem daselbst befindlichen ältesten Buche oder Dokumente, das wirklich auf leinenes Papier geschrieben ist, aufs späteste gegen den i Februar. 1763 Nachricht zu geben, und verspricht zugleich demjenigen, der das allerälteste Denkmahl von dieser Art entdeckn wird, eine Belohnung von Fünf und Zwanzig Dukaten auszahle« zn lassen. Ich will das meinige beitragen um die löbliche Absicht des Herrn M. bekannter zu machen. Die Anmerkungen die er in seiner Admonitione de Chartae nostratis feu lineae origine, bekannt gemacht, verdienen ohnedem, daß ich sie damit unterhalte, da sie der ganzen Sache ein ungemei­ nes Licht geben, und angenehme Nachrichten ent­ halten. Herr M. unterscheidet sorgfältig drey verschie­ dene Arten von Papieren, welche verschiedene Schriftsteller verwechselt haben, nähmlich i)das ägyptische, welches aus dem Kraut Papyrus, I 3 oder

*34

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»der aus Baumrinde verfertiget ward, 2) das Baumwollene , 3) das jetzt gebräuchliche, web' ches bekanntermassen, aus lernen»,, Lumpen, ge­ macht wird. Von den Papirrarten weiche bey Int Chine fern und Japanern gebräuchlich waren, ist jetzt nicht die Rede.

Das Dgyp-isck- Papier ist bey den Grieche» und Römern sehr gebräuchlich gewesen, aber we­

gen seiner Kostbarkeit nach des Eustachius Zeug­ niß im zwölften, oder nach Mabillems Meinung

bereits im eilftcn Jahrhunderte aus dem Gebrau­ che gekommen. Das Baumwollene Papier Iain an die Stelle, welches bey dm Arabern, dir man für die Erfinder desselben halt, schon im

Jahr 1049 gebräuchlich war, von ihnen zu dm Griechen und von da zu den übrigen Europaischm Völkern kam. Endlich kam unser itziges leine­ nes Papier auf, welches eine Zeitlang mit dem Baumwollenen Papiere zugleich gebräuchlich war,

«ndlich aber die Oberhand behielt. Bis nm die Mitte des dreyzehntm Jahrhun­

derts findet man noch das Bamnmllene Papier, «nd

...... -V-------- I3s und keine Spur von dem leinenen. Herr M. be­ weiset dieses mit einer Stelle aus den conftitutionibus 8iculis Kaiser Friederichs II. in welcher

Chart ae Papyri und bombycinae als gleichgülti­ ge Wörter gebraucht werdeu. Er führet auch «dch eine Stelle aus den Gesetzen Alphonsus des weisen Königs von Castikim an, die aber

vielleicht noch einigem Zweisel unterworfen seyn könte. Der gelehrte P. Montfaucon gestehet selbst, dgß alle Dokumente, so er auf dieses Pa­ pier geschrieben gesehen, jünger als das Jahr 1270 sind.

Ob gleich Peter Abt von Clügny in

seinem ohngefehr im Jahr 1120 geschriebenen Tractat contra Judsos von Michern seiner Zeit redet, gui ex rafuris veterum pannorum compactieffent, so ist doch sehr wahrscheinlich, daß dieses vom Baumwollenen Papier;u verstehen sey. Es wird also immer sehr schwer zu bestimmen

seyn, wo und wann unser leinenes Papier;u erst ausgckommen sey, und der Herr M. glaubet,

daß bey dem allgemeinem Stillschweigen der Ge­ schichtschreiber, dieser Streit schwchrlich ander­ werde können geendigct werden, als wenn man

I 4

das

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=====

das älteste Denkmahl dieser Art in jeden kande aufsuche. Herr M will indessen, um diese Um tersuchung ;u erleichtern, die bisherige Bemerkun­ gen von jedem Lande, wieder ins Gedächtniß Wren.

In Italien sind nach Maffrys Geständnisse, alle aus leinen Papier geschriebene Bücher jünger als das Jahr 1300, ja er glaubt, daß das älteste Dokument von 1367 sey. Don Spanien hat man keine genaue Nach­ richt, inzwischen kann man aus Muthmassungen, die Epoche des Gebrauchs des leinene« Papiers, um eben die Zeit oder etwas später setze«.

In England hat man in der Cottonianifchen Bibliothek ein auf leinenes Papier geschriebener Dokument vom Jahr 1342 gesunden. Deutschland anbctreffend, schreibet Lohn« laus Balbinus in seinen Mifcell. Histor 'Regn. Bohemix, daß er verschiedene auf gewöhnlicher Papier von dem Jahr 1340 geschriebene Codices gesehen habe. Dieser wird durch tinen auf ge­ wöhn-

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wöhnlichrs Papier geschriebenen Lchnbricf vom Ja^re 1339, den man im Qucdlinburgischcn Ar« chive gesunden hat, noch mehr bestätiget Ja Herr M. bezeuget daß er su Amstcrdamm rin Duch ans gedachtes Papier so Anno 1322 ge­ schrieben, geseheir habe.

Ja Frankreich hat Mabillon ftüt älteres Stück als vom Jahre 1314 gekannt, neulich hat Herr Büller in seinen recherches hiftoriques für les carte« i jouer ein Dokument auf solches Papier vom Jahre 1302 angegeben. Herr M. merket an, daß alle diese Bcmcrkun« gen noch unvollkommen sind, und muntert daher die Gelehrten zu der oben gedachten Untersuchung auf, warnet sie aber das Baumwollene Papier nicht mit dem leinenen jii vermengen, welches sehr leicht geschehen kann.

Ich wünsche daß diese Aufmunterung de« vor­ gesetzten Endzweck erhalten möge. Wenn ich aber meine Gedanken von dieser Materie entdeke» soll, so glaube ich schwerlich, baß man eine Epo35 ch«

138



che des ersten Gebrauchs des leinene« Papierscsisctzkn wird, indem vielleicht von den alten PaPiermachern sehr offt Baumwollene Lumpen, mit Leinwand vermischt zum Papier gebraucht worden. Vielleicht hat man in die erstem Zeiten Papier aus unverarbeiteter Baumwolle gemacht, aber selbst die von Herrn M. bcygebrachte Zeugnisse beweisen genitgsam,- daß man sehr frühe angesangen dir ersten Produkten des Landes besser zu schä» hen, und nur Lumpen (rasuras veterum pannorum) zum Papier gebraucht habe. Nun ist leicht zu begreifen, daß wo man sowohl Leinenzeug als Daumwollenzeug getragen, man auch sowohl lei» vrne als Baumwollene Lumpen gesunden, und La beyde gleich brauchbar sind, vielleicht kein Be­ denkengesunden beym Papier beyde zu vermischen. Wenn man in übrigen die Zeit bedenket, da marr anstatt des Baumwollenen Papiers «»gefangen hat, sich des leinenen zu bedienen, so fällt man natürlicher Weise auf eine Muthmassung, die die Ursach zu dieser Veränderung sehr wahrscheinlich angicbt: Venedig war bekanntermassen vor Zeiten der einzige Sitz des Orientalische« Handels, und er



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es ist leicht zu erachten, daß es de« andern Euro» päischen Landern unter andern Griechischen und

dergleichen Waaren, auch viele Baumwollene Zeuge werde zugeführct haben, die mit der Zeit 1» Lumpen, und hernach zu Papier geworden, indem man diese Lumpen wohlfeiler und bequemer

fand, als Egyptische Baumrinden und Pflantzm» blätter. Nachdem andere Länder an der Hand« lung Theil genommen, hat man auch vermuthlich besser auf dir Prodncte eines jeden Landes Acht gehabt, und es ist natürlich, daß je mehr Hanf und Flachs in Europa gcbauct worden, desto we­ niger Baumwollene Zeuge aus Griechenland und Asien cingeführet worden, und also rin grösserer Vorrath von Leinenen, als von Baumwollenrir Lumpen gewesen. Selbst nach Herrn M. Zeug­ niß findet sich das älteste bisher bekannte Denk­ mahl des leinenen Papiers in Holland, woselbst und in den benachbarten Ländern bekanntermassen

feit lairgen Zeiten viel Flachs grbauet wird- In Italien und Spanien hingegen findet man, daß da- Baumwollene Papier am längsten gebraucht

worden, welches sich gleichfalls sehr leicht brgrei« fen

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■ ■ —- ■

»

fm läßt Und wenn mau bedenkt wt« früh da­ mächtige Hanseatische Bündniß dein Venetiant« fchen Handel die Wage gehalten; so solte man. fast glauben, daß man in den Hamburgischen, kübeckischen, Bremischen, Msinsterschen, und andern Niedersächsischen Bibliotheken vielleicht noch ältere Dcnkinahle des leinenen Papiers fin­ den werde, als dasjenige bas Herr M. in Hol­ land gesunden hat.

Re.

Zwey-

I4i

Ztveyhundert und zwanzigster Brief. Ä^ögen sie doch meiner immerhin spotten: ich muß rine kritische Verbesserung einer Stelle des Tacitus, aus die ich letzthin gefallenbin, vom Herzen weg haben. An die Wände glaube ich würde ich sie schreiben, wenn ich sie Ihnen nicht schreiben dürste. Im Ernste, ich möchte Ihr Urtheil darüber wisse». Die Stelle ist im An« fange des 14. Buches der Annalium. TacituS beschreibt dir geheimen Künste, welch» Poppaa beym Nero angeweadet, um sich Wirch die Bey« seiteschaffung der Agrippina und Octavia seines Ehebettes zn versichern. Der feinste Kunstgrif, den sie anbrachte, war dieser daß sie den Nero auf seiner schwachen Seite faßte und ihn sich selbst lächerlich machte, »crebris criminationibus, „aliquando per facetias incusare principem, y pupillum vocare, qui jtiffis alienis obnoxius „ non modo imperii feil libertatis etiam indigeret. „ Cur enim differri nuptias suas? formam scilicet

Mdisplicere (5 triumphales avos ? zIn fecunditatem verutp auimum? timeri , ne uxorfaltim injuu riat

X43

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„ rias patrum, iram populi advtrjus superUMi

„avaritiamque matris aperiat.,, &c.

Sv ist niltt

dir Strllc im Terte abgedruckt; die Gelehrte» sind darinn alle einstimmig, daß das verum am-

mum keinen gesunden Verstand gebe. Und sie ha« den Recht. Sie haben also angesangeu zu schnei­ den, einzusetzen, und die Wunde mit Pflastern zu bedecken, ohne sie zu heilen. Eine Verbesserung, die ein grosses Glück gemacht hat, rühret schon vomFalernus her, welcher vterumannuum gelesen.

Sinnreich genug, nur leider nicht richtig. Denn i) wäre dieses meist einerley mit dem vorhergehenden fecunditas. Aber Taeitns ist kein solches Schwätzer.- 2). ist es auch nicht wahr daß die Poppäa uterum annuum gehabt hatte, denn vom Crispinus hatte sie nur ein Kind und vom Otho keines. Kurz das uterum annuum kann hier nicht Statt finden. Andre haben geschrieben „ambiguam fecunditatent, verum ftiatrifflo»

„nium „

Eben so ungereimt, das verum ma*

trimonlum war es eben, zu dessen Hinderniß sie die Gründe in der Furcht vor diesem oder jenem

an ihr befindlichen Umstande aufsuchen wollte.

Unter

Unter diesen Gründen zeigt sie erst, diejenigen iro» «isch an, welche es nicht sind und findet endlich den emsigen wahren. Dieses leitet mich auf «w ne Verbesserung, die mit der klcinesten oder saft ohne alle Gewalt angebracht wird. Ich lese neinsich folgender massen: „ Cur enim dlfferrinuptiaS fuas ? formarn fei» „ licet displicere & triumphales avos ? an fecun,»ditatem ? Verum, gniimun timeri, ne uxor fal„timinjuriaspatrum See. Vergönnen sie Mir NUN dir ganze Stelle zusammen zu übersetzen: „Sie „ machte dem Prinzen ost hitzige,manchmal beissende „Vorwürfe; nannte ihn einen Mündling, der „noch unter dem Gebote andrer stehend nicht blos „dy'Regienmg sondern sogar der Freyheit ent„ behrte. Denn warum werde wohl ihre Der« „mählnng immer aufgeschoben? Es mißfalle mim# „lich ihre Schönheit, ihre mit Triumphen ge„schmückte Vorfahren, oder etwa ihre Fruchtbar« „kcit? Aber vor ihrer Herzhaftigkeit fürchte man „sich: die Gemahlin wenigstens möchte die Drü-

„kungm des Rathes, die Erbitterungen des Vol­ kes

144

========

„kes gegen den Uebermuth und den Geitz seiner »Mutter an den Tag bringen.,, Sie sehen nun wohl von selbst, was ich änds« re. Veirum ist bey mir fcill adjectivum sondern das Wort des Gegensatzes; das hier in den Zu, sammenhang nothwendig gehört. Poppäa woltr ihre Ironie nicht weiter treiben, sondern nun im Ernste die wahre Ursache der Verzögerung, unter der sie litte, entdecken. Und'durch die Heraussa« ge dieser wahren Ursache brachte sie zugleich der Agrippina einen Stoß bey, der desto gefährlicher seyn mußte; je unerwarteter dieses dem Nero war «ud je schmeichelhafter es für ihm wurde, hie ge, Heimen Kabalen feiner Mutter ans eimnäl vor sich offen zu sehen. Aber wo kömt denn das « hin? Weg komt es, weil es doch nur eingeschoben wor» den. Die Abschreiber nemlich, die das Verum fiV ein adjectivum vom ammus gehalten, glaub­ ten daß sie zwischen fecunditatem und verum nothwendig das Verbindungswort setzen müßten,

Die Fortsetzung künftig.

Briefe, bk neueste Litteratur betreffend.

X. Den u.Mart. 1762

Beschluß des zweyhundert und zwan­ zigsten Briefes. CjVi ich sie nun in dm Stand gefetzt habe, Ihr Urtheil jii fallen , so erwarte ich es, und

fttze weiter nichts hinzu. Einm guten Rath aber muß ich Ihnen doch noch ertheilen. Bedenken Sie bey der Beurtheilung daß sie jetzt mit einem Wort­

kritiker zu thun haben. In allen andern Stüekm kau ich dm Wicderspruch ertragen: aber würklich wenn sie hier nicht «uerlep Meinung mit mir sind: so nmß es Ihnen (mit ihrer Erlaubniß sey es ge­ sagt) am Verstände fehlen. Scherz bey Seite. Eine Anmerkung will ich zum Schluffe machen. Sie wissen, daß wir oste den geheimm Gedanke«

geliebkosct haben, den Tacitus in unsre Sprache ju nbcrfctzcn, wc«l diesem durch" eine solche Uebersetzling eine des gröffcsten Wohlthaten fönte erröteZvreyzehnter Theil.

K

fm

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seit werden. Der Tacitus ist der wahre Man« für sie. Aber je langer ich den Tacitus lest: desto schwerer scheinet mir die Aufführung: und mein Embryo fängt würklich an zu schwinden. Denn ausser den Cchwicrigkeiten des Styls, die gewiß beträchtlich sind: schrecken mich die vielen gan;

verdorbenen Stellen ab. In einem lateinischen Texte kan ich sie so, wie sie sind, stehen lassen.

Aber in einer Uebersetzung will jedermann Ver­

stand; und nun die Wahl — nicht blos der Lese­ arten, sondern der Muthmassungen.' So finde ich ;. E. in der durchausverdvrbenen Stelle Annal. L XIV. n. 16. wo von der Gedicht-

schmiererey des Nero die Redeiß, keine Verbes­ serung, die nur recht leidlich wäre. Was würde also für den Uebersetzer zu thun übrig seyn? Er müste nach der schärfsten Untersuchung und nach einer dem bekannten Karackter seines Originals gemässen Hcrmenevtik den Verstand so gut almöglich bestimmen und sich dabey an keinen Text halten: am Ende aber in einer besondern Abhand­

lung anzeigen, welchen Muthmassungen oder Lese­ arten er durchaus gefolget sey Und aus welche« Grün-

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Gründen. Vornemlich wüste er sich vor de« Kommentatoren in Acht nehmen, die meistenallen Verstand ganz weg erklären. UrbriqenS, wer will, wage sich an diese- Werk, ich wünsche Ihnen wohl M irden.

25.

ai

Zwey-

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'

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Zweyhundert ein und zwanzig­ ster Brief. Äbermals eine lustige Erscheinnng! MS dem Zirkel der gezüchtigten Ucbrrsrtzer tritt rin grimmi­ ger streitbarer Mann hervor/ der es für alle seine

Handwerksbrüder mit uns aufnehmrn will; und nicht nur mit uns, sondern mit allen möglichen Kunstrichtern, die jemals daS Herz gehabt haben,

oder haben werden, einen elenden Ucbcrsetzer zu tadeln. Was? die Kunstrichter? Das sind ihm Dumköpse, alberne, unwissende, grobe Leu­ te, die von den armen Uebersetzern gute Arbeit verlangen, und entweder die Einsicht, oder die Billigkeit nicht haben, zu bedenken, daß die Um­ stände, in welchen er und seines gleichen sich be­ finden, ihre Forderung unmöglich machen. Er

versichert uns, er sey der Urbersctzer der neuen Helsise, der Briefe einer Peruanerin, und noch anderer Schriften, und habe die Unver­ schämtheit der Kunstrichter lange genug mit Ge­ duld angesehen. Er wäre von je her ihr abgesag­

ter Feind gewesen, wäre aber von Natur ein gut-

herzi-

'

149

herzigesGeschöpf, das nicht gerne beleidiget. Nunmrhr aber sey er gereitzt >md aufgebracht worden, nun solten alle Kunstl ichter seine wichtige Faust empfinden. — Seine erste Bravade führt den Titul: Anmerkungen zum Gebrauche deut« scher Runstrichter, nebst einigen andern Wahrheiten, die ohne Benennung des Otts/ auf Soften des Vers, herausqekommen. Sie solten Ihre Lust sehen, wie seltsam sich der Mann gebärdet. Er gestehet selbst, daß seine Ueber» setzung schlecht fty, und gleichwohl tobt er gant ausgelaffen, daß wir sie so genennt haben. Sei­ ne Wuth macht neben dem kleinmüthigrn Ge­ ständnisse von dein schlechten Werthe seiner Arbei­ te» den allerfiltsamsten Contrast. Was sich die Kunstrichter dgrmn bekümmern, fragt er, ob er gut, oder schlecht übersetzte? Er versichert, er übersetze weder für die Kunstrichter, noch für die Nachkommenschaft; sondern einzig und allein für ein Häuschen Leser, die ihm für seine Bemühung Dank wissen, und also wäre es ein boshaftes, ungrtogenrs und pöbelhaftes Beginnen von de» Kunstrichtern, dir sich unterstünden ihn ju tadeln. K z In

Iso

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In diesem seltsamen Tone ist das ganze Büchlein gechrrcben, nur hier.und da erlaubt sich der Vers, «ine kleine Aus'chw.iffung in interessantere Matekien (.wie er sagk, um seinen Lesiru auch etwas zu denkenzugeben), und kömmt von seiner schlechten Uebersetzung, ich weis nicht wie, aus die listige Staatsstreiche des Leusels (©. 8g. und f.) auf die Regierungsform der stille (88) und

auf die Zahl 4, 24, 7, in welche sich alle Werke der Natur sollen auflösen lassen (97).

Er schwärmet

in dieser mystischen Gegend eine Zeitlang herum, und verlieret indessen die obmrtt>ifd>en Teufel, die Kunstrichter, ganz aus dem Gesichte. Plötz­ lich fährt er mit gedoppeltem Grimme auf sie los, poltert, kämt, schreiet und stößt zu Boden, was

ihm in den Weg kömmt. Rammler, Ebert, Voltäre, Dusch die Vers, der Bill verschönen Wissenschaften, unser Verleger, alles siehet er

im Zorn für Kunstrichter an, weiset diesem die Zähne, schilt Voltären einen Atheisten, die Verf. der Bibl Gaukler und Possenreisser, und denjeni­

gen Vers, der Briefe, der seine Uebersetzung ge­ tadelt hat, einen ungeschliffenen, groben, stechen,

bos-

===== boshaften tt. s. w.

Isl

Zuletzt kömmt er auf die geta-

drlte Stelle selbst/ und gestehet/ daß man sie mit Recht getadelt habe. Niemand, ist seinen ungesitteten Anfällen mehr ausgesetzt, als unser Verleger, in welchem er sich ein­ bildet, den Vers., »nd sogar den einzige» Vers, der Briefe zu finden. Was'für genaue Nachrich­

ten er von un em geheimsten Umständen habe» muß! „Die untci'gcsctzten Buchstaben lasse mau „sich nicht irre machen, spricht er. Der ganze

„zehnte Band ist aus der Feder des guten tT. „ Man erkennt ihn an dem herausgehängten Zei„ chcn seiner Frechheit. — Sein College arbei­ tet überaus selten, und ergreift philologische, „auch wohl etwa philosophische Mateuen.Uns arme Mitarbeiter 23 R. D. Z und wie wir alle heissen, streicht er also ganz unbarmherzig

aus dem Buche der Lebendige« aus, vermuthlich

weil er in der Leiter der Dinge, die er (S-4Z.) gleichfalls durch die Zahl 4, 24 und 7 bestimmt, keine Stelle für ims übrig hat. Wie aber, wenn ihm der böse Geist einen Staatsstreich gespielt hätte, und unter andern physikalischen Uebeln, K 4

Krieg,

Is2

-..... .........

Krieg, Pest, Einsturz der Städte (S. 78) Md hypochondrischen Krankheiten (S.78.), die er «ach des Vrrf. System heworgebracht, auch ohne fau Vorwisseu, ei» Paar böse Kunfinchtcr untergeschove« hätte? Es kan nicht anders seyn, der 2:nklaAvi muß seine Hand an Spiele haben, und iinftrm Gegner rin Blendwerk vormachen. Denn Sre wissen, daß Herr N. an dem zehnte» Bande unsrer Briese einen sehr geringen Ancheit hat, und der College, ans welchen der V. zielet, unterliegt ö'ters der Verführung (eines bösen oder guten Geistes? das mag ich nicht ausmachen) aus der ihm angewiesenen Sphäre zu treten, um mit einem Urbersetzer Händel anzufangm. Damit Sir unser« Gegner näher kennen kerne«, so muß ich Ihne« einige Stelle« aus seiner Apologie für die Uebcrsetzuugen anführrn. Man sollte sie fast für eil» Satire auf dieselben halte«. — „Das „Schicksal der deutsche« Uebersetzmigen, spricht „er, ist bekant. Es erscheint ein berühmtes Ori« „ginal in fremder Sprache; alsbald wird der „Schluß gefast, es z« übersetzen. Diese Arbeit „mm muß so sehr, als möglich beschleuniget wer« »de«.

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IsZ

,, dm. Auf der einen Seite wünscht sic das Nkllgie« „rige Publicum bald vollendet, und;warmic aller „ersinnlichen Schönheit vollendet j» sehen; aus der „andern dringt der Verleger jirni Vortheil seiner „ Angelegenheiten daraus, und das darf ihm nie» „maob verdenken, denn nichts als Vortheil, war „seine Absicht. Gesetzt auch, er ist vernünftig «geling, einsusehen, daß die Eil schlechterdings „der Vollkommenheit des Wcrcksschadet, so darf „er doch nach seiner Einsicht nicht verfahren;, denn „um ihn her lauren andere gewinsüchtige Leute, gegen die man weder dnrch das Recht der erste» „Ankündigung, noch durch Privilegien sich tim „wahren kan. „ Dieses ist, wie er an einer ander» Stelle versichert, die wahrhafte Geschichte seiner Uebersetzlmg, und feiner Meynung nach, die gültigste Entschuldigung für alle Fehler, dio sich in einer so übereilten Arbeit nothwendig ein­ schleichen müssen. „Unsere Kunstrichter, .spricht „er, müssen entweder ausserordentliche Dum„ topfe seyn, die nicht wissen, wie es im gelehrten „Staate zugehet, und daß der Gelehrte, so ball» „er Schriftsteller wird, von dem Verleger ab» K 5 »hängtz

Is4

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„hängt, oder nicht begrciffcn, was eine richtige „untadelhafte Uebrrsetzung sagen will. Wen« sie „aber das wisse« und verstehe«; so sind sie die „allerboohaftcsten Leute von der Welt, die, „beyder bckantcnUnmöglichkeit, Dinge verlan„gen, die ausser der Sphäre meiner Kräfte sind, „und zur Strafe dafür, daß es mir unmöglich „war, mir übel begegnen. Hier haben sie ein „Dilemma, an dessen Auflösung sie sich müde „sinnen mögen!» Es ist unnöthig mein Herr! die Auflösung ist schon da. Auch wir sind Gelehr­ te, die von einem Verleger abhängcn. Auch un­ ser Verleger hat Angelegenheiten, deren Vor» theil aber keine übereilte Uebersetzungen, nur Briefe über die Litteratur erfordert. Fahren Sie fort,zum besten Ihres Verlegers schlechte Uebersetzungcn zu liefern, damit wir zum besten des Unsrigen viel zu tadeln bekommen. Leben und leben las­ sen, sagt das gemeine Sprichwort. Die Fliege näh­ ret sich von der Verwesung eines Löwen, damit die Spinne sie aussaugcn könne. Ist Ihr Verleger ein grösserer Sünder als Sie, so überliefern Sie ihm seine« gebührende« Antheil an der Straft. Wir

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Iss

Wir radeln niemals den Ucberseßer; nnr allezeit die Uedki setzung. Wer Schuld ist, baß sie schlecht gerathen, der mag sich aus die Brust schlagen.

„Wenn ich mich aber nicht tum Ueberfttzen „verstanden hatte; so hätte vielleicht ein wett »» schlechterer Uebersi tzer die A>bcit libernommm.,» Das kan s yn! Wie wollen Sie aber, mein guter Herr! d-e noch schlechtere Hande von dem Wercke abhalten? Durch Ihre Eilfertigkeit? —Gemeiniglich sind die «lendesten Uebersetz-r auch, dir rüstigsten. Wenn sich die Verleger nicht für die Critik fürchteten; so würden sie gewiß die noch schlechter« Ucbcrscker aus wehr als einer Ursa­ che, Ihnen vorzieben, denn nichte als Vor« theil, ist ihre Absicht. Die wenige Zeit, die man Ihnen noch gelassen, den Vorzug, den man Ihnen vor elendem Schmierern gegeben, habm Sie einzig «nd allein den boshaften »»atfttzlift fenen Kunstrichtem zu verdanken, die von den Verlegern noch einigermassen gefürchtet werden. Wir sind gegen. Ihre Urbersetzung strenge gewe­ sen,

rs6

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scn, damit Ihnen der Verleger künftig mehr Zeit lasten möge, und damit schlechtere Uebersetzer ganz und gar abgeschreckt werden, sich an ein schwerer Werk zu wagen. — Sehen Sic! das war un­ sere Absicht, und wenn Sie nicht selbst zu dm schlechteste» Ucbcrsctzcrn gehören; so hätten Sie unsre Bemühung mit Dank erkennen, so hatte» Sie allcnfals mit Ihrem Verleger, aber nicht mit dem Unsrigen zanken sollen. Der letztere ist ganz gewiß nicht Schuld, daß sie übereilt worden sind, und wir, in der That! wir können keiner dafür Unsertwegen hätten Sie sich, wer weis wie lang, besinnen mögen, ob man etourderie nicht bester als Einfalt, und faire peor nicht richtiger, als furchtbar seyn übersetzen könne. Vielleicht hätten Sie unterdessen wahrgcnommen, daß das gelehrter theil mit sich bringt, 5 ine Schriftsteller dreister zu mache». Mein wir bedenke« von einer ander« Seite, daß die Pieces du tems eigentlich auf de« Geschmack des grossen Haufens den größten Ein« ssuß Haden: daß eine Staatsgeschichte der gute« und bö 'en Geister so vi.l Leser nicht findet, als ein witziges Ephemeren; daß man sich also in einem flüchtigen Blatte zwar in Ansehung der Ausarbei­ tung einige Nachlaßigkeit, und vielleicht in Anse­ hung des Styls einige Ungleichheit verzeihen kön­ ne, daß aber Fehler, die de» Verstand unter­ brechen. .nirgend und um so viel weniger in klei­ ne« Modcschriften verzechttch sey« können, daß im Gegentheil ein geradbrechter Gedanke, ei» jerstümmelter Einfall, oder ei» sinnloses Gewäsche «irgend so schädlich sey, als in Belustigungsschrist tot, nirgend so ansteckend sey, als in Uebersetzun, gen von dergleichen Schriften, weil der deutsche Leser dadurch verdorben, und.';« glauben veranlasset wird, es fänden sich dergleichen anstößige Fehler auch in der von den Ausländem bewundetteu

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If9

dcrten Urschrift. Endlich, daß ein grosser Unterschied. — Doch, wem schwatze ich alles dieses vor? Sie/ mein Freund! sind unsirciliq davon überzeugt/ und unser erbostes Gegner hat für sei­ ne Kunstrichter keint Ohren. Ich habe überlaut lachen müsse«/ als ich fol­ gende Stellen gelesen. „ Mit alle dem war es „besser, wenn unsere schlechte Schriftsteller Ueber« „setzer wurden, als wenn sie, wie in Frankreich, „elende Romans selbst schrieben, oder wie in „England, die Regierung oder Religion anficlen „und die Kirche samt dem Staate zerrütteten. „Mancher wäre vielleicht ein öffentlicher Gift» ,, Mischer, ein Voltäre geworden, wenn nicht Uebrrsetzungen ihn glüklicher beschäftiget hatten. „ Ein Giftmischer ist freylich arg; aber wir, mein Hm Ucbcrsctzer? Ein Voltäre hätten Sie wer­ den können? O hätten Sie doch in Ihrem Leben keine Zeile übersetzt! — Und noch weis ich kein besseres Mittel für Sie, die Knnstrichter zum Schweigen zu bringen, als wenn Sie aus Rache dis

i6o

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die Uebersetzungcn ander« überlassen, und 6«f -ut Glük cs immer wagen, ein 'Voltdte zu seyn.

Ä.

Briefe,

die neueste Litteratur betreffend.

XI. Den l8-Mair. 1762

Zweyhundert zwey und zwanzigster Brief.

Stellen die ich Ihnen angeführt, sind in dieser Schmähschrift noch die allersittsamsten. In der Folge wird der Vers, nach seiner Art witzig, er sprudelt Satyre, erdichtet Briefe und treibt sein kindisches Spiel bis zum Ekel. Sein Witz erregt Mitleiden, seine Satyre macht nie­ manden mehr als ihn selbst;nm Gelächter, und die Schmähungen und Schimpfworte, die er wider uns ausstößt, sind so beschaffen, daß kein Vernünftiger darüber empfindlich werden ka«. Ein jeder sichet, daß ihn der Zorn ausser aller Fassung gebracht haben muß, und ein Schriftstebler, der so wenig kaltes Blut zeigt, vergiebt mir allzuviel von seinem Rechte, macht seinem

Dreizehnter Theil.

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Gegner den Triumph gar j« leicht. Man Ich nur seine Erdichtung von *Drbi(, seinen Brief an 5-trn p. D , einen andern an unsern Verleger, und einen Dritten im Namen des Heim Rons, stau Au Roi M-d-s. Er meinet, die Gabe zu spotten sey ihm nicht natürlich, und er habe

fic nur affectirt, um in dem Ton unsrer Briese ;ti schreiben. In der That, wenn unser Spott dem Seinigen ähnlich siehet; so müssen wir mehr Mit­ leiden, als Gelächter erregen. —

Doch genug

von dem polemischen Theile dieser Schrift! Bit­ terkeit ohne Gründe verdienet nicht beantwortet

ju werde«. —

Aber von der eingeschalteten Zauberpbilosophke,

die ich in meinem vorigen Schreiben berührt, werden Sie vermuthlich einen umständlichem Be­ richt erwarten. — Sie sollen befriedigt fei)«!

Merken Sie auf! Sie werde« über die wun­ dervolle Weisheit unsres Philosophen erstaunen. Er wird Ihnen Dinge offenbaren, die kein mensch­ liches Auge gesehen, kein Ohr gehört hat, keine irrdische

B2-—Ä==-5

163

Mische Vernunft ergründen kan. Mitten in den kritischen Zänkereycn wird seine Feder, wie er

sagt, lüstern, sich über andere Materien auszubreitcn. Er senkt sich plötzlich in die Tiefen einer

mystischen Weisheit, und erzehlk Begebenheiten tmd Anekdoten aus der obern Welt, so umständ­ lich, als wenn ihm das ganze himmlische Archiv zu Dienste gestanden hatte. Ich werde Ihnen ei­ nige von den wichtigsten Anekdoten ausjiehen. •— „GOtt hat jwoen obersten Gattungen von Gei­ stern aus jedem Reiche die Verwaltung der Welt, das Amt der Vorsehung übelgeben. — Was der Seraph in der obern Welk thut, sollte der Teufel in der mistigen thun, allein er hielt seine Prüfung

Nicht cnis, wodurch die ganze Welt zerrüttet wor­ den. GOtt mußte also die Teufel ihres Amts entsetzen, und selbst das Steuer in der Hand neh­

men; allein die Teufel wollten sich nicht ganz ver­ drängen lassen, und moralische Gründe hinderten ihre völlige Entfernung. Nunmehr wird unsere

Welt beständig durch eine Wirkung und Gegen-

L 2

Wirkung

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Wirkung GOttes und des Teufels regiert. Die Ausführung eines Enrfchluffes gelingt, oder mislingt, nachdem ibn Gott oder der Teufel eingcgcben. Der Satan thiirmct List auf List, er versucht Bosheit auf Bosheit; durch alles dieses weis GOtt seine Absichten durchzusetzen. „ — Die obere Welt hat, nach dem System die­ ses Philosophen auch täglich ihre Lustspiele, i» welchen Satan wider seinen Willen den Scapin, vermuthlich mit thränenden Augen, .machen muß. „ Es kömmt häufig ein spottendes Verhängnis vor, sagt unser Vcrf. Wenn nähmlich der Teufels ost mit grosser Mähe, alles zur Ausführung ei­ nes beliebten Entwurfs veranstaltet hat, vernichtet GOlt durch unvcrsehene Hindernisse alles mit ei­ nem Male. Darauf nimt er die zubcreiteten Werkzeuge, so wie er sie findet, flicht sie in seinen Plan ein, und, befördert damit seine Entzweke. Solchergestalt wird der Teufel täglich zum Gelächter der Ober - Welt Um sich dafür zu rächen, äfft er im Ganjcnoder stükweisedieGöttlichen

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i6s

lichen Anstalten nach,,, wovon Sie in der Folge mehr hören werde».

Nunmehr lassen ßch alle Nqturgeheimnisse mit einer bewundernswürdigen Leichtigkeit erklären. Der Teufet hat die gröste Macht auf Erden, weil ihm ihre meisten Bewohner folgen; was Wunder, daß alles so bunt über Eck gehet? — Wer ver­ ursacht Unwissenheit, Aberglauben, Krieg, Pest und Einsturz der Städte? Der Teufel. „Im „letzten Falle arbeitet er daran viele Jahre, um „tergräbt allmählich die Gründe einet Stadt,

„leitet dahin einen gehörigen Vorrath von Luft „und Feuer und läßt zu gemessener Zeit die Mine „ springen. Gott widersteht ihm allezeit, und ver„ hütet tausend ähnliche Fälle; aber immer ist es „nach den Gesetzen der Welt nicht möglich.,, — Was ist die Ursache von schweren und tödtlichen

Krankheiten? Der Teufel. — Vom Hypochom der? — Eben derjelbe. „Sobald ein kleiner „Grad von Unordnung im Körper da ist, wird

„es dem Teufel leicht, einige Luftthrile an emL 3

».Pfind-

„psindliche Orte jii schieben, wo sie eine» Druck, „eine schmerzhafte Spannung erregen u. s. w Von den Ukachaffungen des Satans einige Beyspiele anznführcn. Er stellte eine» Plato auf Um den Moses, einen Hom>r Und pindar, um den David, einen Socrates, »in den Hiob «achzuahmen. Darum konte2tugusttn die heydnischen Tugenden mit Recht scdmnikrnde Laster nenne». Denn sie find ein Werk des Satans. — Unter dem Namen Momus, Merk-.r. lies ek sich zu den Göttern zehlcn. — Die mahometaNische Religion ist gleichfalls eine Nachäffung des Satans, der alle Originallvcrke Gottes so elend übersetzt. ..Er ahmte bey dieser Religion die „Viclwc berey der Erzvater, die hebräische Bet „schneidiing, und die Entdalisamkeit derNaziräer „nach. — Den Chincscrn gab er einen ton* fueiu», glcichfals den Mos s vorzustcllen, untere richeete sie in den Wissenschaften/ ü. s. w. ~ Gott setzte Unter den Inden nur Richter; allein der Teufet machte sie Nach der Monarchie lüstern, HK

============ 167 die er schon um sie her aufgerichtet hatte. Die Geschlechtsakt der Teufel ftlbst ist, nach dem Be­ richte unftrs Allwissenden, monarchisch eingerich­ tet! — Endlich sind sogar die Fehler der Ab­ schreiber und falschen Lesarten in den heiligen Dä­ chern glcichsals von ihm. — Unser Verf.wris noch weit wichtigere Geheim­ nisse. Wie lang dauert ein planetenal.er? So viel Jahrtausende als Tage aus die Schöpfung verwandt wurden. Im siebenten Jahrtausende haben alle Geschöpft einen Fcycrtag, und ftlbst der Teufel wird als denn einen Rubctaq bekommen (S. 8y)." Wie viel Stufen sind von den Thie­ re bis jnm Menschen? — Nicht mehr denn drey und dreyßig. (S.96). — Wie viel Steinarten giebt es wohl? —- Es müssen ihrer vier und jwauzig seyn, denn wir wissen vier Elemente, und sie­ ben Metalle, und alle Werke der Natur lassen sich durch 4, 24, 7. a»slösen(S.97)

d4

Ich

168 ===== Ich fchli.sse weiter, sagt unser Vers. Noch weiter? So wünsche ich ihm denn viel Glük. Ich kau ihm unmöglich nachklcttern. R.

Zwey-

-

■■ ■ . ...

169

Zweyhundert drey und zwanzigster Brief. Eine Nachricht aus dem Reiche der Gelehrsam­

keit, die Sie nicht wenig vergnügen wird! Nicht wahr? Wir haben sehr viele gelehrte Gesellschaf­ ten, wir haben ihrer fast zu viel, und gleichwohl hat es bisher noch an einer der nützlichsten gefehlt. An einer Gesellschaft, derer Augenmerk unmittel­ bar auf die philosophische Stheniebve, und

besonders aus den wahren Patriot ir so wichtigen Theil derselben, die Wiffenfct) :ft der Gesetze, gerichtet gewesen wäre. Wenn alle übrige Wissen­ schaften nur entweder dieDequchmlichkeit- od-.rdas vernünftige Ergötzen der Menschen, zur u ninttelbaren Absicht haben; so ist es diese ,-llcin, die ohne Um­ wege auf die wahre Glückseligkeit der Menschen, eines jeden ins besondere, so wohl als ganzer Staaten und Völker abzielet. Man kan zweifeln, ob es einem Staate nützlich sey, die Mi-rel zur

Bequemlichkeit, und vielleicht auch zu dem aller­ vernünftigsten Ergötzen all us. nr zu veiviel-altigen.

In dieser Absicht ist vielleicht das geieyrte-

L s

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17®

1..........

sie Volk nicht immer das weitste, und also nichf immer das glüklichste. Daß aber jene wahre Weisheit/ die philosophische Zr'kcnlehre, je­ ne Krone der Wissenschaften, die Wissenschaft der Geftye, wenn sie bey einem Volke blühen. Nicht nothwendig die wahre Glükseeligkeit desselben befördern müsse, bis dahin hat sich die Aweifel­ sucht paradoxer öpfe wohl noch niemals verstiegen. Diese Wissenschaft ist der einzige, der herrlich­ ste Weg, den die stillen Betrachtungen des Welt­ weisen zu nehmen haben, um aus dem Schatten seiner Einsamkeit in die grosse Welt überzngehen, dem Bürger, dem Regenten und seinen Rathgekern zur Richtschnur ihres Wandels zu dienen, und aus blossen Spttulationen würksame Trieb­ federn der menschlichen Glüekseeligkeit zu werden. Nur in dieser Betrachtung kan der Weltweise im eigentlichen Verstände ein Lehrer der Könige, ein Aussetzer des menschlichen Geschlechts genennet werden. Ob er gleich im Verborgenen arbeitet, Und von dem Staatsruder allzusehr entfernt ist, als daß er selbst Hand anlegeti fönte; so hat doch die Geschichte Beyspiele genug auszuweisen, daß (eine

feint Einsichten bis in das Herz eines grossen Re­ genten, bis in das Cabinet eines tugendhaften Staatsraths gedrungen, die Beredsamkeit eines patriotischen Redners beseelt, eine feurige Jugend zu ihrer Ausbreitung erweckt, Und die Vorurtheile eines ganjen Volks besiegt haben. Welche Beloh­ nung für den Patrioten, wen« -er so glücklich ist, durch seine Bemühungen eine einzige Jdee jum Be­ sten der menschlichen Gesellschaft in den Schwang zu bringen, einen einzigen Gebrauch, der dem Wohl eines einzigen Volks nachtheilig ist, zu tilgen! So herrliche Früchte sich die menschliche Ge­ sellschaft von dem Wachsthume dieser Wissenschaf­ ten zu versprechen hat; so wenig öffentliche An­ stalten hat man bisher zu ihrer Ausnahme vorkehten sehen, und ich freue mich Ihnen melden zu können, daß sich in der Schweitz endlich eine Ge­ sellschaft gelehrter Patrioten zusammen gesunden, die ihre Bemühungen zum Besten derselben verei­ nigen wollen. Sic haben indessen vor der Hand weder von der Einrichtung dieser Gesellschaft, noch von ihren fernern Absichten etwas mehr bckant zu machen für gut gefunden, als baß sie jähr­ st^

172



' ' ■ ——

lich aus die Beantwortung einer in diese Materie einschlagcnden Aufgabe ciucn Preis setzen wollen. Am Beschlusse dieses Cchrubeus werde ich Ihnen eine Abichrist von ihrem Avertissement, nebst der Ankündigung der Preisfragen für das Jahr 1763,

so wie nur solche von einem Freunde sind zugeschicet worben, ansügcn. Daß aber die gemeinschaftlichen Bemühungen,

Rathschläge und Einsichten einer gelehrten Gesell­ schaft zur Beförderung dieser Wissenschaft eben so nöthig sind, als zur Beförderung der Natur»

gcschichte und Experimentalphysik, wird niemand in Zweifel jichen, dem die Grenzender philosophi» Gietensehre in ihrem weitestem Umfange, und besonders in ihrer pragmatischen Anwendung auf die Wissenschaft der Gesetze nicht ulibekant sind. Lin vollständiges System von den Gesetze» ist eben sowenig das Merck eines Privatmans, als eine vollständige Naturgeschichte. Es übersteigt bey­ nahe so gar die Graste einer ganzen Gesellschaft, wenn sie cs nicht durch öffentliche Anstalten dahin

bringt, daß sich die Tugendhaften und Weisen aller Völker mit ihr zu einem so grossen Entzwecke

vrr-

======

I73

verbinden. Dicscö Feld ist überhaupt nech gar zu wenig aiigebanct, als daß man sich so leicht eine reiche Erndte zu versprechen hätte. Es fehlet noch so gar an einer ausführlichen Geschichte der Ge­ setzgeber, die meines Erachtens nothwendig voran gehen muß, ehr man mit Hosnung eines guten Erfolgs jcnrS grosse Merck unternehmen kan. Ein gelehrter Freund hat mir einest kleinen Aufsatz mitgethrilt, in we'chem über den Plan einer allgemeinen Sittenlehre folgende Ge­ danken enthalten sind. „Die Stttenlehre überhaupt hat zwey beson„derc Theile, einen natürlichen oder philoso„phischcn, und einen positiven oder historischen. „Dieser ist, und jener sollte eingcführt seyn. „Die natürliche Sittenlehre ist eine Wiffrnschäft der Menschen, wie sie nach dem rechten „Gebrauche der Vernunft seyn soltcn und fönten, „und der Gesetze, die am geschicktesten sind, sie „der grösten Glücksceligktit, deren sie fähig sind, „theilhaftig zu machen. «Diese

-74------------------------- 1 „Diese Wissenschaft schränkt sich keineswege„blos auf die allerallgcineinsten Begriffe, aus je# „ne einförmigen Regeln cm, die sich auf die ab„stracte Kentnis des Menschen gründen, und da„her allen Ländern und allen Zeiten ohne Unter„schied zukommen. Die Sittcnlehre heftet zwar „allezeit ihr Augenmerk auf den ursprünglichen „Menschen, allein sie suchet vornemlich de» „Menschen, so wie sie itzt find, nützlich zu wer„den; sie umfasset zwar das Interesse aller Völ„ker überhaupt, allein sie nntcUäßt deswegen nicht, „ die Entwürfe zu ihrem Besten nach der unendlichen „Mannigfaltigkeit ihrer Umstande einzunchten, „und wenn sich ein Zusammenfluß von unüber„windlichen Hindernissen dem höchsten Gute „widersetzen, das sic allezeit den Mcn chen zu vcr„ schaffen wünschet; so suchet sie ihnen wenigstens „ den Weg z» zeigen, auf welchem sie zu demaller, „kleinsten Uebel, oder zu einer solchen Glücksre„ligkeit gelangen können, die ihnen ihre grgenwar„tige Umstände zu hoffen erlauben. „Die Gesetze und Vorschriften der natürliche» „Sttkenlehre haben drey Hauptgegenstände. „Einige



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I7f

„Einige derselben gehen ans die verschiedene Art „tmsererPrivathandkrngen; woraus das naeür» liche privairecht eusspringt. Einige beziehen „sich auf die Regierung, und machen das na„türkiehe Staatsrecht aus. Endlich zielet die „ dritte Classe der Gesetze aus das Thun und Las„sen der Völker gegen einander; und hierin be„ stehet das alüeliche X>ölEeri td)t „Man unterstand sich in den vorigen Zeiten „ mit gleicher Verwegenheit Welten und Republi„ken ans zu baue», man schrieb der Natur und „dem Menschen Gesetze vor, und gleichwohl kam te man weder die Natur noch den Menschen. „Ohne entnis der Begebenheiten können keine „Grundsätze sestgcsetzt werden. Ein beständig in „sich selbst eingesponnenet Geist, kan nichts am „ders als Irrthümer ausbrüten „Will man die natürliche Sittenlchre zur Doll« „kommenbeit bringen, will man zu einer Wissen« „schäft der Gesetzgebung gelangen, so wie sie den. „Menschen in allen möglichen Umständen, in „welche sic Zufall oder Weisheit versetzt hat, am „ersprirslichsten ist, so muß man den Menschen „krm

1*76

—---- =

„ kennen, wie er gewesen, imd wie er ist; man „muß ihn in allen Zeiten, in allen Weltgegendm „und in allen Umständen sehen; man muß sein „Thun und Lassen genau beobachten, die Gesetze, „die er über alle Arten von menschlichen Hande „limgtn eingesnhrt, ihren Einstuß auf seinen Zu„ stand, ihre Abänderungen und ihre Ursachen „gründlich studieren.

Die Fortsetzung künftig.

Briefe, die neueste Litteratur betreffend.

XII. Den 2 s. Mart. 1762.

Beschluß des zweyhundert drey und ' zwanzigsten Briefes.

w ^^ieses ist der Endjwek der positiven ober

historischen Sittenlehre. Die Geschieh« „te eines jeden Volkes, es mag glücklich oder un„glüklich, wild oder gesittet, alt oder neu seyn, „enthält einen Vorrath von Beobachtungen, die „zu dieser Wissenschaft gehören. Was die Men„schen angehet, ist für den Menschen eine Quelle „des Unterrichts. Ihre Tugend und ihre Laster, „ihre Einsichten und ihre Irrthümer, ihre Wris„heit und ihre Thorheit, alles ist in gleichem Gra« „de lehrreich. „Die Beobachtung ist also die Quelle der posi„tiven oder historischen Sittenlehre, und da jene Dreyzehnttr Theil. M »nie«

178

.... —— i

-

„niemals völlig erschöpft werden kan; so sichel „man wohl daß auch diese allezeit wird unvollkom„men bleiben müssen. Indessen ist nicht zu läug„nen, daß uns die Geschichte eine unendliche »»Menge von Begebenheiten und einzelnen Vorsäl„len aufbehallen, die dem Sittenlchrer ein gros„lses kicht geben können. Die Bemühungen aller »»Geschichsschreiber sollte einzig und allein dahin „abzielen, diese unschätzbare Trümmer zusam„mein, und zum Gebrauch der philosophischen „Sittenlchre zu erläutern, und ins Acht zu setze». „Man kan dw historischen Beobachtungen, die „dahin gehören, gleichfalsin drey Classen einthci« „len. Sie lehren uns entweder privatsitten „und Pnvatgesetze kennen, und machen das posi„tive privatrecht aus; oder sie beziehen sich auf» „die Regierung, und gehören zu dem positive»» „Sta tsrecht: oder endlich handeln sie von bet „ öffentlichen Angelegenheiten, woraus das postti„ve Völkerrecht entspringet, u. s. w. „

Diese

L79 Diese Eintheilung der Sittenlchre in einet Philosophischen und historischen ist ungemein nütz» »ich. Mich dünkt, daß man bisher in Frankreich die philosophische und in Deutschland die histori­ sche Sittenlehre t« gering geachtet. Daher feh­ let es dem tiefsinniqen System eines Wolfs an pragmatischer Anwendung auf die Geschichte, und den seinen Beobachtungen eines Montes» quis» an allgemeinen systematischen Grundsätze». Ein Werk, das dm gründlichen Tiefsinn rinervolfs mit dem scharfsinnigmBeobachkungsgeist ep nes Monresquiou verbände, wäre meines Erach­ tens das vollkommenste Mcisicrstük der menschlichen Vernunft; vielleicht ein Ideal, das die menschli­ che Kräfte übersteigt, dem sich aber die größte« GrmeS unsrer Zeit, so vitt als möglich, zu nä­ hern suche« sollte«.

M.

M 2

Aus

Igo

- --------





Aus der Schweih. Eine patriotische Gesillschaft allhier, die fich die Erörterung und Ausbreitung der wichtig« strn Wahrheiten zu Beförderung der Glükseeligkeik

der Menschen und der Vcrvollkommung der bür­ gerlichen Gcsellschaftten j» ihrem Augenmerke gesetzt hat, wird jährlich vier Fragen oder Aufgaben in dieser Absicht dem Publico vorlezrn, und einen Preis von zwanzig Ducaten demjeni­ gen zu theilen, der über eine dieser vier Fragen nach seiner freyen Wahl, die beste Abhandlung (jederzeit vor dem ersten des Brachmonates des auf die Ankün­ digung der Preisfrage«^ folgenden Jahres ) wird ringelirfrrt haben. Die Preisschriften müssen post frey an die typographische Gesellschaft in Bern übermacht werden, welche in CommiKion hat, dieselbe anzunehmen, und an ihre Behör zu übergeben. Die Nahmen der Verfasser müssen

wie gewöhnlich in eignen Zeilen verschlossen, und mit einem Wahlspruche, der auch auf der Preis­ schrift stehen wird begleitet seyn. Sie können übrigens

übrigens in Deutscher, Französischer, Englischer, Italiänischer, oder Lateinischer Sprache abgefaßt seyn.

Preisfragen. *

Ueber welche man vor dem ersten Brach­ monats 176z die Beantwortungen Mer obigen Bedingungen erwar­ tet. I. Durch welche Mittel können die »erbot«

denen Sitten eines Volkes wieder herge« stellet werden? Was hat ein Gestzgeber hierzu für einen Weg einzuschlagen!

».Finden sich dergleichen Vorurtheile, die

Ehrerbietung verdienen, und die ein guter Bürger öffentlich anzugreifen sich

«in Bedenke»» machen soll? z. welches Volk ist jenrals da» glüklichste

gewesen?

M;

4. Wie

4

Wie könte zwischen den Bürgern uhb

Landleutcn der v« rschiedmen Freystaa-

ten des Erdgenößischen Bundes eine verr

traulichere Bekanrschaft und eine enger re Freundschaft gepflanyt werden?

Ende deo dreizehnten Theils.

Druckfehler.

V.»5. 3. io. daß sie Genie; lie-, da- -e gemein u. s. w. E. 37- 3- *7- teitliches G. lies, teitlicheS Glück. . ®. x,.A. 9. eine- miverheyratheten Frauen,immer­

allen ihre« Stol,; lie-, eine- röntgen Frauenzim­

mer- allen Stolz u. f. w.

4

Wie könte zwischen den Bürgern uhb

Landleutcn der v« rschiedmen Freystaa-

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traulichere Bekanrschaft und eine enger re Freundschaft gepflanyt werden?

Ende deo dreizehnten Theils.

Druckfehler.

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allen ihre« Stol,; lie-, eine- röntgen Frauenzim­

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