Auf seinen Namen werden die Völker hoffen: Die matthäische Rezeption der Schriften Israels zur Begründung des universalen Heils 3110594994, 9783110594997

Die Studie verbindet die Frage nach der Kompatibilität von partikularen und universalen Heilsaussagen im Matthäusevangel

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Auf seinen Namen werden die Völker hoffen: Die matthäische Rezeption der Schriften Israels zur Begründung des universalen Heils
 3110594994, 9783110594997

Table of contents :
Vorwort
Inhalt
1. Einleitung
2. Das Heil für die Völker in den Schriften Israels – ein summarischer Überblick
3. Die matthäische Genealogie – eine programmatische Einführung der Partizipation der Völker am Heil?
4. Segen und Abrahamkindschaft – Partizipation der Völker am Heil?
5. Völkerwallfahrt zum Zion – Partizipation der Völker am Heil?
6. Das Völkermahl – Partizipation der Völker am Heil?
7. Der Weltenbaum – Partizipation der Völker am Heil?
8. Licht der Tora – Partizipation der Völker am Heil?
9. Das Gericht – ein Gegensatz zur Partizipation der Völker am Heil?
10. Der auferstandene Christus als Weltenherr – Grund für die Partizipation der Völker am Heil?
11. Das Heil für die Völker und die Schriftenrezeption des Matthäus – Auswertung und Fazit
Literaturverzeichnis
Stellenregister (in Auswahl)

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Carolin Ziethe Auf seinen Namen werden die Völker hoffen

Beihefte zur Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft

Herausgegeben von Matthias Konradt, Hermann Lichtenberger, Judith Lieu, Laura Nasrallah, Jens Schröter und Gregory E. Sterling

Band 233

Carolin Ziethe

Auf seinen Namen werden die Völker hoffen Die matthäische Rezeption der Schriften Israels zur Begründung des universalen Heils

ISBN 978-3-11-059499-7 e-ISBN (PDF) 978-3-11-059428-7 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-059277-1 ISSN 0171-6441 Library of Congress Control Number: 2018009481 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com

Für Helga, Wolfgang und Maximilian

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Theologischen Fakultät der Ruprecht-KarlsUniversität Heidelberg im Wintersemester 2016/17 unter dem Titel „Das Heil für die Völker im Matthäusevangelium und die Schriften Israels“ als Inauguraldissertation angenommen und für den Druck geringfügig überarbeitet. Ohne vielfältige Unterstützung und Zuspruch, die mir immer wieder zuteil wurden, wäre das Fertigstellen der Arbeit nicht möglich gewesen. Mein herzlicher Dank gilt an erster Stelle meinen beiden Doktorvätern Prof. Dr. Matthias Konradt, der das Erstgutachten erstellt hat, und Prof. Dr. Manfred Oeming, der das Zweitgutachten geschrieben hat. Sie haben dieses die Testamente übergreifende Projekt angeregt und auf vielfältige Weise gefördert. Produktive Gespräche entstanden stets in der neutestamentlichen und alttestamentlichen Sozietät sowie im NT-Oberseminar der Universität Heidelberg. Allen Teilnehmern sei für ihre Rückmeldungen und Anregungen gedankt. Darüber hinaus wurde die Arbeit weiter bereichert durch intensive Diskussionen mit dem Lesekreis „die Vorläufigen“ – Dr. Henning Hupe, Saskia Lerdon, Prof. Dr. Hanna Reichel, Dr. Joachim Vette. Letzterem verdanke ich darüber hinaus wertvolle Einsichten in das Verständnis von Ps 107. Des Weiteren waren vor allem Dr. Friedrich-Emmanuel Focken, Prof. Dr. Jan-Christian Gertz, Elisabeth Maikranz, Dr. Frederike van Oorschot, Dr. Dirk Schwiderski und Dr. Lisanne Teuchert wertvolle Diskussionspartner. Die mühevolle Arbeit des Korrekturlesens haben Inga Mrozek, Prof. Dr. Hanna Reichel und Livius Ziethe auf sich genommen. Christine Böckmann, Rahel Brandt und Salome Lang waren eine große Unterstützung beim Erstellen des Registers. Ihnen allen gilt mein herzlicher Dank. Den Herausgebern der Beihefte zur Zeitschrift für neutestamentliche Wissenschaft (BZNW) danke ich für die Aufnahme in die Reihe, Herrn Stefan Selbmann und seinem Team für die freundliche Betreuung von Seiten des De Gruyter Verlages. Schließlich möchte ich mich bei meiner Familie bedanken: Bei meinen Eltern Helga und Wolfgang Stalter sowie meinem Bruder Maximilian Stalter für ihre vorbehaltlose und tragende Fürsorge, bei meinem Mann Livius Ziethe, der die Arbeit mit viel Geduld und Ermutigung begleitet und mit getragen hat, sowie bei meiner Tochter Éliane, die den intensiven Abschluss der Arbeit tapfer mit mir zusammen durchlebt hat. Heidelberg, im Mai 2018

https://doi.org/10.1515/9783110594287-001

Inhalt  . . . .. .. .. .. .. . 

Einleitung 1 Die Völker im Mt – die Problemstellung der Arbeit Forschungsgeschichtlicher Überblick 5 Methodische Überlegungen 13 14 Die Rede von den „Schriften Israels“ Der autoritative Stellenwert der Schriften 16 Die Textform(en) der Schriften 19 Eigenheiten und Identifizierung von Zitaten und 22 Anspielungen Der Umgang mit den Schriften 28 Vorgehen 30

2

Das Heil für die Völker in den Schriften Israels – ein summarischer Überblick 33 34 . Heil für Israel – Unheil für die Völker .. Die Erwählung Israels – ein Ausschluss der Völker? 34 .. Das Gericht über die Völker 37 38 . Weder Unheil noch Heil für die Völker .. Das universale Weltgericht 39 .. Die Völker als Werkzeuge des Gerichts und Heils Jhwhs 40 .. Die Völker als Zeugen des Gerichts und Heils Jhwhs 41 .. Das Mit-Sein Gottes auf dem Zion und der Dienst der 42 Völker .. Umkehr der Völker – Ende des Gerichts durch Jhwh 43 . Heil für die Völker 44 .. Bundesschluss mit der ganzen Schöpfung 46 .. Die Menschheitsfamilie 49 .. Segen für alle Völker 53 .. Der Lebensraum für alle Völker – der Weltenbaum 56 .. Israel als Lebensraum des Fremden 58 .. Tora für die Völker 59 .. Gottesfürchtige und einzelne Jhwh-Verehrer unter den Völkern 61 .. Fremde Völker als Gottesvolk 64 .. Die Völkerwallfahrt 66 .. Das Völkermahl 69 .. Gottes explizites Rettungsangebot für die ganze Welt 71

X

.. .  . .. .. .. .. . .. .. .. .

Inhalt

Die Antwort der Schöpfung – das Lob Gottes durch Rühmen, 72 Anbetung und Opfer Zwischenfazit 74 Die matthäische Genealogie – eine programmatische Einführung der Partizipation der Völker am Heil? 78 Βίβλος γενέσεως – Mt 1,1 und Gen 2,4; 5,1 79 83 Die Funktion der Toledot-Formeln Die Toledot von Gen 2,4 und 5,1 in der LXX 87 Die Toledot als Gliederungssystem 89 90 Konsequenzen für Mt 1,1 Die „heidnischen Stammmütter“ – Mt 1,2 – 17 93 Sünderinnen 95 98 Ungewöhnliche Umstände „Heidnische“ Herkunft 100 Zwischenfazit 105



Segen und Abrahamkindschaft – Partizipation der Völker am Heil? 107 . Jesus, der Sohn Abrahams – Mt 1,1.2.17 110 . Falsche Sicherheit in der Berufung auf Abraham – Mt 3,9 . Die „Vielen“ mit Abraham im Königreich der Himmel – Mt 8,11 f 130 131 .. Die Vätertrias Abraham, Isaak und Jakob .. Die „Vielen“ – οἱ πολλοί 133 ... Eine ähnliche Gruppe in Ps 106LXX/107MT? 137 ... Konsequenz für Mt 8,11 147 .. Die „Söhne des Reiches“ – οἱ υἱοὶ τῆς βασιλείας 148 . Zwischenfazit 153  . . . . .

121

Völkerwallfahrt zum Zion – Partizipation der Völker am Heil? 156 Der Zug der Magier als (proleptische) Völkerwallfahrt – Mt 2,1 – 12 156 Das Hinzukommen der „Vielen“ als Völkerwallfahrt? – Mt 8,11 f 165 Der Tempel auf dem Zion ist das Bethaus für alle Völker – Jes 56,1 – 8 und Jer 7,11 in Mt 21,13 168 Denn vom Zion wird Weisung ausgehen 175 Zwischenfazit 177

Inhalt

 . . . . .  . .. .. .  . .. ... ... .. .. . . .. ... ... ... .. ..

XI

Das Völkermahl – Partizipation der Völker am Heil? 179 Die kanaanäische Frau dringt auf die Teilhabe an den Resten des 181 Mahles – Mt 15,21 – 28 Das eschatologische Mahl für die „Vielen“ – Mt 8,11 196 Das königliche Hochzeitsmahl – Mt 22,1 – 14 200 Vergebung der Sünden für die „Vielen“ beim Abendmahl und 210 Ausblick auf das eschatische Festmahl – Mt 26,26 – 29 222 Zwischenfazit Der Weltenbaum – Partizipation der Völker am Heil? 225 Das Gleichnis vom Senfkorn: Mt 13,31 f als Darstellung des 225 Weltenbaums Völker als Vögel in den Schriften Israels? 228 230 Konsequenzen für Mt 13,31 f Zwischenfazit 233 Licht der Tora – Partizipation der Völker am Heil? 235 Das Volk, das im Finstern sitzt, sieht ein Licht – Mt 4,12 – 16 und Jes 8,23 – 9,1 235 Das Erfüllungszitat Jes 8,23 – 9,1 in Mt 4,15 f – sprachliche 238 Eigenheiten Mt 4,15 240 Mt 4,16 243 Die universale Ausrichtung des Zitates durch Γαλιλαία τῶν 246 ἐθνῶν Die Verheißung: Das Volk, das in Finsternis sitzt, sieht ein großes Licht 252 Die Jünger als Licht der Welt und ihre Torapraxis – Mt 5,13 – 16 259 Recht für die Nationen und Hoffen auf den Namen – Mt 12,15 – 21 und Jes 42,1 – 4 265 Das Erfüllungszitat Jes 42,1 – 4 in Mt 12,18 – 21 – sprachliche Eigenheiten 268 Mt 12,18d 270 Mt 12,20c 270 273 Mt 12,21 Recht wird er den Völkern verkünden – κρίσιν τοῖς ἔθνεσιν ἀπαγγελεῖ 274 Bis er das Recht zum Sieg führt – ἕως ἂν ἐκβάλῃ εἰς νῖκος τὴν κρίσιν 280

XII

.. . .. .. .. .. .. .. .  . . .

Inhalt

Und auf seinen Namen werden Völker hoffen – καὶ τῷ ὀνόματι 282 αὐτοῦ ἔθνη ἐλπιοῦσιν Das mt Gesetzesverständnis 288 Gültigkeit der Beschneidung für die Menschen aus den Völkern? 288 292 Gesetzesauslegung als Schriftenauslegung Gesetzesunverständnis der Pharisäer 297 301 Gewichtung verschiedener Gebote Grundlage der Schriftenhermeneutik und Autoritätsfrage 303 Gesetz und die Völker 305 309 Zwischenfazit Das Gericht – ein Gegensatz zur Partizipation der Völker am Heil? 312 Das Endgericht als Völkergericht? – Mt 25,31 – 46 313 Die Völker im Gericht als Mitrichtende oder als Zeugen? – 323 Mt 12,41 f Zwischenfazit 329



Der auferstandene Christus als Weltenherr – Grund für die 331 Partizipation der Völker am Heil? . Der Tod Jesu und die Erlösung „für viele“ – Mt 20,28 und 26,28 331 . Erfüllung der Schriften in der Passionserzählung – 339 Mt 26,24.54.56 . Das Bekenntnis der römischen Soldaten – Mt 27,54 344 . Der erhöhte Weltenherr und der universale Missionsbefehl – Mt 28,18 – 20 347 .. Die Frage nach der Universalität des Missionsauftrags 352 .. Das Heil für die Völker im Missionsauftrag und dessen Bezug auf die Schriften 357 . Zwischenfazit 364  . .

Das Heil für die Völker und die Schriftenrezeption des Matthäus – Auswertung und Fazit 366 367 Theologische Aspekte Schriftenhermeneutische Aspekte 376

Literaturverzeichnis 381 Abkürzungsverzeichnis

381

Inhalt

 . . . .. .. .. .. . .   . . 

Quellen 383 383 Biblische Schriften Altorientalische Quellen 384 Jüdische Quellen 384 Qumran 384 385 Philo von Alexandria und Flavius Josephus Weitere frühjüdische Quellen 386 388 Targumim, Mišhnah und Talmud Christliche Quellen 389 Weitere Quellen 389 389 Hilfsmittel Kommentare 390 Kommentare zum Matthäusevangelium 390 393 Kommentare zu weiteren Büchern Sekundärliteratur 396

Stellenregister (in Auswahl)

445

XIII

1 Einleitung Die Frage nach dem Heil für die Völker gehört bereits in den Schriften Israels¹ zu den grundlegenden Streitfragen, die mit besonderer Heftigkeit immer wieder diskutiert wurden. Die verschiedenen Ansichten und Positionen wie auch Argumentationsweisen in den Schriften stehen, ohne dass ein Konsens deutlich würde, z.T. unversöhnlich nebeneinander. Die Vehemenz der Auseinandersetzung spiegelt dabei die grundlegende Dringlichkeit der Fragestellung: Wem gilt das göttliche Heilshandeln?² Gilt es allein einer auserwählten Gruppe oder potenziell allen Menschen? In den Schriften Israels bezieht sich diese Frage besonders auf die Gegenüberstellung von Israel, als dem erwählten Volk Gottes, und den Nicht-Israeliten. Kann es Heil für Menschen aus den Völkern geben? Gibt es gelungene Gottesbeziehung für Nicht-Israeliten? In der Beantwortung dieser Streitfrage werden einerseits sehr unterschiedliche theologische Positionen deutlich, andererseits ergeben sich sehr verschiedene Konsequenzen für den Umgang der eigenen Gruppe mit Fremden. So finden sich in den Extrempositionen sowohl Texte, die ein umfassendes Gericht über alle Völker ankündigen oder

 Zur Rede von den „Schriften Israels“ vgl. Kap. 1.3.1.  Heil lässt sich ganz allgemein im Sinne einer gelungenen Gott-Mensch-Beziehung definieren. Die Offenheit, die bereits in dem Begriff selbst mitschwingt, ist im Sinne einer produktiven Offenheit zu verstehen, die es ermöglicht, verschiedene Konzepte von „Heil für die Völker“ zu erfassen, ohne darin deren Heil zu schnell auf einen bestimmten Aspekt (wie z. B. Teilhabe am Gottesvolk) zu begrenzen. Heilvolles Handeln Gottes ist demnach auch nicht auf ein eschatologisches Handeln Gottes engzuführen, sondern wird als rettendes Handeln Gottes in vielen Texten innerweltlich gedacht. Zwar gibt es Texte, die ein eschatologisches Heil verheißen, doch ist „Heil“ im Sinne der hebräischen Wortwurzel ‫„ ישע‬retten, erretten, befreien“ (Gesenius, „Art. ‫ישע‬,“ 510 f) zu verstehen. Außerdem werden für das rettende Handeln die Vokabeln ‫„ גאל‬loskaufen, auslösen, erlösen, befreien“ (Gesenius, „Art. ‫גאל‬,“ 189 f) und ‫„ פדה‬loskaufen, auslösen“ (Gesenius, „Art. ‫פדה‬,“ 1037 f) verwendet (vgl. auch: ‫ ;פצה ;פלט ;נצל ;חשך ;חלץ‬zu σώζειν; σωτήρ und σωτηρία vgl. Hatch/Redpath, Concordance Septuagint, 1328 – 1332). Elliger, DtJes I, 151 schreibt: Besonders „der ‫ ֹגֵאל‬handelt immer aus einer inneren Verbindung zu dem zu Erlösenden heraus“. Ihm schließt sich Preuss, Theologie I, 51 an. Flebbe, „Partikularismus“, 6, Anm. 13 schreibt: „Der Begriff ‚Heil, [sic!] ist ein unscharfer und offener Begriff, den wir an dieser Stelle aber nicht einschränken können und wollen, weil sich in den Texten verschiedene Aussagen finden, die wir mit dem Begriff ‚Heil‘ verbinden. Heil kann in diesem Zusammenhang dann sowohl ‚eschatische Rettung, [sic!] wie auch die irdische Zuwendung Gottes, auch die Zugehörigkeit zur ‚Heilsgruppe‘ oder die Erfahrung von religiöser Akzeptanz meinen“. Vgl. zur Etymologie des deutschen Wortes „Heil“ und zu den ihm zugrunde liegenden Begriffen der Schriften Frey, „Heil“, 163 – 169. Daran anschließend bietet er auch einen knappen Überblick über Heilsvorstellungen der Schriften Israels und der frühjüdischen Apokalyptik (170 – 178), allerdings ohne Fokus auf das Heil für die Völker. https://doi.org/10.1515/9783110594287-002

2

1 Einleitung

auf sozialer wie religiöser Ebene eine radikale Abgrenzung von allen Nicht-Israeliten fordern, als auch Texte, in denen ein Heilsuniversalismus vertreten wird.³ Die Frage nach dem Heil für die Völker bleibt auch im 1. Jh. n.Chr. weiterhin virulent und wird folglich für die frühen christusgläubigen Gemeinden ebenso relevant. Für diese steht jedoch der Aspekt im Fokus, inwiefern Menschen aus den Völkern in die Gemeinde, als Heilsgemeinschaft, integriert werden können. Auch hier kann festgehalten werden, dass unterschiedliche frühchristliche Autoren unterschiedliche Lösungen für diese Frage fanden, die in ihren Argumentationen oft eng an die Schriften Israels rückgebunden wurden.⁴ Im Folgenden soll diese Fragestellung speziell für die matthäische (mt) Position in den Blick genommen werden. Das Matthäusevangelium (Mt) ist hier von besonderem Interesse, da es, wie kein anderer frühchristlicher Text, eine Spannung aufweist zwischen partikularen (Mt 10,5 f; 15,24) und universalen Heilsaussagen (Mt 28,19 f). Zugleich ist dieses Evangelium deutlich in der jüdischen Tradition verwurzelt⁵ und intensiv im Dialog mit den Positionen der Schriften Israels, auf die es in seinen eigenen Begründungen immer wieder rückbezogen ist.

1.1 Die Völker im Mt – die Problemstellung der Arbeit Das Mt ist wie die Schriften Israels ein Zeugnis der anhaltenden Diskussion über die Heilsteilhabe der Völker. Dem entspricht auf der Ebene der mt Gemeinde die Frage nach der Aufnahme von „Heiden“ in die Gemeinde sowie die daran geknüpfte Frage nach den möglichen Bedingungen für eine solche Aufnahme. Sozialgeschichtlich ist nicht ganz eindeutig zu klären, inwiefern die mt Gemeinde bereits „Heiden“ (in signifikanter Zahl) in ihre Mitte aufgenommen hatte⁶ oder mit

 Vgl. zum Überblick über die verschiedenen Positionen bezüglich des Heils für die Völker in den Schriften Israels Kap. 2.  Vgl. Barrett, „Interpretation“, 397, der schreibt: „A[n…] important field in which Old Testament material was used as the source and foundation of Christian legislation was that of the admission of the Gentiles, over which, as is wellknown, controversy raged in the middle of the first century.“  Unabhängig von der genauen Verortung der mt Gemeinde noch innerhalb oder gerade außerhalb des Judentums ist deren enger Bezug zum frühen Judentum Konsens der mt Forschung, vgl. Senior, „Between Two Worlds“, 5.  Davon, dass die Mission von „Heiden“ bereits Realität, gar „eine offensichtliche Tatsache“ war, geht Bartnicki, „Bereich“, 254 aus. Siehe weiterhin in diesem Sinne: Walker, Heilsgeschichte, 113; Hahn, Mission, 120 – 128; Strecker, Weg, 33; Clark, „Gentile Bias“, 1– 8; Frankemölle, Jahwebund, 108 – 111: „[D]as ganze MtEv setzt die „Heidenmission“ als selbstverständlich voraus“ (108); Levine, Dimensions, 51.166; Weaver, Missionary Discourse, 152– 153; Stanton, Gospel, 139 –

1.1 Die Völker im Mt – die Problemstellung der Arbeit

3

der Thematik erst konfrontiert wurde.⁷ Auf der Basis der unterschiedlichen Aussagen innerhalb des mt Textes sowie der Akribie, mit der Matthäus seine Position schriftengebunden im Laufe der Erzählung darlegt, lässt sich jedoch folgern, dass das Thema in der Gemeinde selbst, und vermutlich auch im Dialog mit anderen frühjüdischen Meinungen, noch umstritten war (unabhängig davon, ob bereits „Heiden“ konkret aufgenommen wurden oder noch nicht).⁸ Die Darstellung der mt Erzählung bietet jedenfalls ein facettenreiches Bild, das – wie bereits gesagt – sowohl die Sendung der zwölf Jünger allein zu Israel (Mt 10,5 f) als auch die Aussendung der Jünger zu allen Völkern kennt (Mt 28,19 f). Diese Spannung wurde in der Forschung vielfach wahrgenommen und auf unterschiedliche Weise gedeutet.⁹ Eng verknüpft ist sie mit der mt Christologie, da die Hinwendung zu den Völkern erst durch den auferstandenen und erhöhten

140; Wong, Theologie, 93.95.187– 189; Park, Mission, 186; Senior, „Between Two Worlds“, 14– 18; Byrne, „Messiah“, 55 – 73; Carter, „Matthew and the Gentiles“, 260; Foster, Community, 248 – 252; van Aarde, „Jesus’ Mission“, 420; Balabanski, „Mission in Matthew“, 170.172; Feneberg, Erwählung, 64– 67.  Vgl. Saldarini, Community, 69. Er hält eine primäre Orientierung hin auf die Mission von „Heiden“ für die mt Gemeinde für unwahrscheinlich, schließt aber deren Aufnahme auch nicht grundlegend aus. Schließlich zieht er auch Kontakte der Gemeinde zu weiteren christusgläubigen Gemeinden in Betracht (202). Repschinski, Controversy Stories, 348 bindet die mt Gemeinde ebenfalls eng in den jüdischen Kontext ein, geht aber dennoch von „Heidenmission“ aus. La Verdie/Thompson, „Communities“, 574– 576 sehen im Mt den Versuch, die Gemeinde von der Notwendigkeit der „Heidenmission“ zu überzeugen. Dafür, dass die mt Gemeinde keine Menschen aus den Völkern aufnahm und dies auch nicht unmittelbar vorhatte, plädiert Sim, „Christianity“, 185. Vgl. schon Sim, „Matthew and the Gentiles“, 39 – 44. Dort, wo Menschen aus den Völkern aufgenommen wurden, mussten diese gemäß Sim, „Christianity“, 195 zuerst zum Judentum konvertieren (vgl. auch Sim, Matthew and Christian Judaism, 256). Kritisch gegenüber der These Sims äußert sich z. B. Senior, „Between Two Worlds“, 8 – 11. Overman, Gospel, 411 deutet Mt 28,19 unter der Perspektive der Eschatologie statt der konkreten Mission zu den „Heiden“ durch die mt Gemeinde.  Von einem Konfliktthema geht auch Brown, „Representation“, 21– 32; Brown, „Matthean Community“, 220 aus. Im Hintergrund dieses Konflikts steht für ihn eine Umsiedlung der mt Gemeinde von Palästina nach Syrien (Brown, „Matthean Community“, 214). Brooks, Community, 120 – 122 sieht in der Frage nach der Mission von „Heiden“ einen der Punkte, die den Konflikt mit der Synagoge verschärft haben, sodass es schließlich zum Bruch mit der mt Gemeinde kam. Als einen solchen Konfliktpunkt deutet die „Heidenmission“ auch Feneberg, Erwählung, 66 f. Luz, Mt I, 91 schreibt: „Dass sie [die Heidenmission] für die matthäische Gemeinde nicht einfach selbstverständlich, sondern ein bewußter Aufbruch zu neuen Ufern ist, zeigt sich m. E. daran, daß an diesem Punkt – und nur an diesem! – das Matthäusevangelium einen Bruch enthält“. Von einem umstrittenen Thema gehen auch Balabanski, „Mission in Matthew“, 170 f; Repschinski, „Heidenmission“, 425.429; Tomson, „Matthäusevangelium“, 331 aus.  Vgl. zum Forschungsüberblick Kap. 1.2.

4

1 Einleitung

Weltenherrn erfolgt.¹⁰ Hinzu kommen Texte, die eindeutig Gericht auch für die Völker ankündigen (vgl. z. B. Mt 25,31– 46) oder „Heiden“ als Außenseiter, die nicht zur Heilsgemeinde gehören, charakterisieren (z. B. Mt 18,17). Wie stellt sich das Heil für die Völker im Rahmen eines derart facettenreichen Befundes dar? Um auf diese Frage eine fundierte Antwort zu finden, gilt es, jene theologischen Argumentationen im Mt zu untersuchen, die sich für eine Heilsteilhabe der Völker aussprechen. Dabei ist auffällig, dass gerade in der Frage nach dem universalen Heilsangebot immer wieder auf die Schriften Israels verwiesen wird. Eine Fundierung der über Israel hinausreichenden Soteriologie allein im Christusgeschehen reicht trotz christologischer Rückbindung des Heils für die Völker nicht aus. Im Hintergrund dieser starken Profilierung der Schriften wie der Schriftenauslegungsautorität des Matthäus liegt vermutlich die mt Kommunikationssituation, die sowohl nach innen in die Gemeinde als auch nach außen gegenüber der pharisäisch dominierten Synagoge zu verorten ist. Der starke Bezug auf die Schriften Israels führt dabei zu einer Sinnkomplexion, die ein vertieftes Verständnis der Rolle der Völker ermöglicht. Zugleich wird die Stimme des Matthäus dadurch in die Fülle der Positionen, die sich in den Schriften Israels wie in frühjüdischen Texten zum Heil der Völker äußern, eingegliedert und profiliert. Dabei kann es nicht darum gehen, die universale Komponente der mt Heilsvorstellungen als Neuheit gegenüber den Schriften Israels zu etablieren. Dem widerspricht der Befund innerhalb der Schriften, die bereits universal ausgerichtete Heilsverheißungen kennen.¹¹ Universaler als universal kann die Teilhabe am Heil jedoch nicht werden. Demnach gibt es im Mt auch keine stärkere Tendenz hin zu einem wie auch immer gearteten „Mehr an Universalismus“, sondern es gilt nach seiner Begründung auf der Basis der neuen heilsgeschichtlichen Ereignisse zu fragen. Die Neuerung im Mt besteht also nicht in der Stiftung einer möglichen Gottesbeziehung für die Völker, sondern in der Christologisierung dieser Beziehung, ohne den stetigen Bezug auf die Traditionen der Schriften Israels aus den Augen zu verlieren. Die Untersuchung der Schriftenbezüge kann dabei nicht auf die konkreten Schriftenzitate enggeführt werden, sondern auch Anspielungen oder ganze Erzählungen sowie die Übernahme oder Abgrenzung von theologischen Vorstellungen der Schriften müssen beachtet und ausgewertet werden. Dabei gilt es, sowohl nach der theologischen Kontinuität wie auch nach den Veränderungen an übernommenen Traditionen zu fragen, die durch die mt Rezeption entstehen.Was

 Vgl. ausführlich dazu Konradt, Israel. Anders hingegen Hahn, Verständnis der Mission, 103 – 111, der davon ausgeht, dass sich schon der irdische Jesus den „Heiden“ zuwandte.  So Stettler, Gericht, 84.

1.2 Forschungsgeschichtlicher Überblick

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wird verändert, was wird fortgeführt? Widerfährt einzelnen Traditionen, die in den Schriften Israels explizite Heilsvorstellungen Israels sind, eine Universalisierung, oder bedient sich Matthäus in seiner Darstellung des Heils für alle Völker allein solcher Traditionen, die schon vorher mit den Völkern oder gar universalem Heil verknüpft waren? Welche Antworten findet Matthäus in einer solch kontrovers diskutierten Frage wie dem Heil für die Völker, wenn er sich zugleich intensiv auf die Schriften Israels bezieht, in denen die Antworten auf diese Frage ebenfalls umstritten sind? Diesen Fragen gilt es im Folgenden nachzugehen.

1.2 Forschungsgeschichtlicher Überblick Die bedeutsame Rolle der Schriften Israels ist in der Matthäusforschung allgemein anerkannt. Verändert hat sich im Laufe der letzten Jahre jedoch die Fragestellung hinsichtlich der Rezeption derselben: In älteren Studien steht besonders die Frage nach der konkreten Form der zitierten Quellen im Mittelpunkt. Welche Bibel las Matthäus? Die Bandbreite der Vorschläge reicht von einer hebräischen Vorlage der Schriften Israels bis zu verschiedenen griechischen Versionen, wobei jedoch kein Konsens erzielt werden konnte.¹² Dabei kam den sog. Erfüllungszitaten (Mt 1,22 f; 2,15.17 f.23; 4,14– 16; 8,17; 12,17– 21; 13,35; 21,4 f; 27,9 f), die als mt Redaktion anzusehen sind, besondere Aufmerksamkeit zu.¹³ Der Versuch einer direkten Rekonstruktion trat schließlich in den Hintergrund des Interesses, doch wurde die Frage nach den konkreten Quellen auch  Hier seien besonders die Monographien von Kilpatrick, Origins; Stendahl, School; Gundry, Use sowie Soares-Prabhu, Formula Quotations genannt. Auf die verschiedenen Hypothesen zur Erklärung der mt Textform ist an dieser Stelle nicht weiter einzugehen, vgl. jedoch Kap. 1.3.3. Vgl. weiterhin van Segbroeck, „Citations“, 107– 130; van Cangh, „Bible“, 493 – 499.  Die Erfüllungszitate erhalten ihren Namen durch ihre charakteristische Einleitungsformel (ἱνα πληρωθῇ τὸ ῥηθὲν διὰ τοῦ προφήτου λέγοντος), die auch in leichter Variation auftreten kann. Zu dieser Formel vgl. ausführlich Rothfuchs, Erfüllungszitate, 27– 56; Soares-Prabhu, Formula Quotations, 45 – 106. Zu den Erfüllungszitaten, mit im Einzelnen unterschiedlichen Ausrichtungen, vgl. weiterhin Gundry, Use, bes. 89 – 127.193 – 204; McConnell, Law; Rothfuchs, Erfüllungszitate; van Segbroeck, „Citations“, 107– 130; Hartman, „Scriptural Exegesis“, 131– 152, bes. 137– 141; Sand, Gesetz, 151– 156; Cope, Matthew, 32– 52 (speziell zu Mt 12 und Jes 42,1– 4); France, „Formula-Quotations“, 233 – 251 (besonders zu Mt 2); Stanton, „Matthew“, 205 – 219, bes. 214– 217; Oberweis, „Beobachtungen“, 131– 149; Brown, Birth, 96 – 104; Menninger, Israel, 65 – 74; Senior, „Lure“, 89 – 115. Auch in der neueren Forschung wird den Erfüllungszitaten weiterhin Aufmerksamkeit zuteil, so z. B. bei Miler, Citations; Beaton, Isaiah’s Christ, 22– 34, der sich besonders mit Mt 12,17– 21 auseinandersetzt; Luz, Mt I, 189 – 199; Hermann, „Bedeutung“, 482– 483. Auch das Konzept der „Erfüllung“ wird in der Forschung weiterhin behandelt, vgl. z. B. Müller, „Reception“, 313 – 330, bes. 318 – 321; Hamilton, „Virgin“, 228 – 247.

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nicht völlig aufgegeben, wie einzelne Beiträge der neueren Forschung zeigen.¹⁴ Besonders die Aufarbeitungen der Funde aus Qumran und der judäischen Wüste haben gezeigt, dass die frühen Texttraditionen wesentlich diverser waren, als vor den Funden angenommen wurde, was eine Rekonstruktion der von Matthäus benutzten Textform(en) wesentlich erschwert.¹⁵ Neben den Versuchen der Rekonstruktion der mt Quellen sind weiterhin jene Untersuchungen zur Rezeption der Schriften zu nennen, die an inhaltlichen Fragestellungen orientiert sind.¹⁶ In der älteren Forschung orientieren sich diese primär an christologischen Aspekten (häufig verbunden mit der Analyse von Erfüllungszitaten).¹⁷ In der neueren Forschung nimmt die Menge an inhaltlich orientierten Arbeiten zur Schriftenrezeption deutlich zu. Dabei verschiebt sich der Schwerpunkt von der Christologie¹⁸ auf die Frage nach der Rezeption einzelner Bücher der Schriften im Mt¹⁹ sowie auf die Analyse einzelner Perikopen,²⁰ Ge-

 Verwiesen sei besonders auf die Studie von Menken, Matthew’s Bible, der von einer nicht mehr erhaltenen revidierten LXX-Fassung als Grundlage ausgeht. Außerdem ist exemplarisch auf verschiedene Aufsätze zu den Zitaten einzelner Bücher der Schriften hinzuweisen (Menken, „Deuteronomy in Matthew“, 42– 62; Ham, „Minor Prophets“, 39 – 56; Brown, „Genesis“, 42– 59) sowie auf eine Untersuchung von Zitaten, die auf die mt Kindheitsgeschichte begrenzt ist (Moyise, „Matthew’s Bible“, 11– 24).  Es soll hier jedoch keine direkte Abhängigkeit des Bedeutungsverlustes der Frage nach der Form der Quellen von dieser Erkenntnis postuliert werden, da z. B. auch schon Stendahl, School auf einige der Funde eingeht. Es soll lediglich auf die Schwierigkeiten aufmerksam gemacht werden, die mit der fortschreitenden Veröffentlichung der Textfunde für die Arbeit an dieser Frage einhergehen.  Pointiert dazu äußert sich Oberweis, „Beobachtungen“, 135: „Es ist nämlich davon auszugehen, daß Mt auch auf das AT rekurrieren kann, ohne dies durch förmliche Schriftzitate kenntlich zu machen.“  Vgl. Lindars, Apologetic (nicht nur für Mt); Rothfuchs, Erfüllungszitate; Moo, Old Testament; Frankemölle, Jahwebund, 357 f.386 – 388. Das Zusammenspiel von Christologie und Erfüllungszitaten sowie deren Bedeutung für ihre Kontexte wird exemplarisch bei Bauer, „Function“, 142 deutlich: „This affirmation, made here in the genealogy, forms the theological and hermeneutical basis for the ‚fulfilment quotations‘ that punctuate the narrative of the Gospel. Conversely, the fulfilment quotations illumine the meaning of the genealogy; for they indicate that Jesus as the Christ does not simply bring salvation history in general to fulfilment, but that he brings to full realization all that was implicit in individual events, persons, and declarations within Israel’s history.“  Doch ist ein christologischer Fokus auch in der neueren Forschung noch zu finden. Vgl. z. B. Miler, Citations; Menken, „Messianic Interpretation“, 457– 486; Broer, „Ankündigung“, 171– 186; Hays, Reading Backwards, bes. 35 – 53; Porter, Tradition, 49 – 123, der auch vorsichtig Rückschlüsse auf den historischen Jesus zieht.  Vgl. z. B. Leske, „Isaiah“, 152– 169; Moffitt, „Bloodshed“, 299 – 320; Bermejo-Rubio, „Day“, 111– 131, der allerdings die Evangelien insgesamt bespricht und kein mt Profil herausarbeitet; zu

1.2 Forschungsgeschichtlicher Überblick

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bote²¹ oder Motive.²² Auch theologische Themen, die in beiden Testamenten eine Rolle spielen, wie zum Beispiel der Bund,²³ das Gesetz²⁴ oder heilsgeschichtliche Vorstellungen,²⁵ sowie typische Themen der neutestamentlichen Autoren, wie zum Beispiel Passion und Auferstehung,²⁶ werden im Licht der Schriften Israels bearbeitet. Des Weiteren wird auch nach der Rezeption einzelner biblischer Personen gefragt.²⁷ Dabei werden nicht mehr allein die direkten Zitate analysiert, auch wenn sie immer noch einen wichtigen Aspekt darstellen. Vielmehr werden die Argumentationszusammenhänge der Schriften Israels untersucht²⁸ und ihre

Jeremia siehe Knowles, Jeremiah; zu Jesaja siehe Carter, „Evoking Isaiah“, 503 – 520; Beaton, Isaiah’s Christ; zur Rezeption von Sacharja siehe Ham, Coming King; McAfee Moss, Zechariah Tradition; zum Dodekapropheton siehe Shepherd, Twelve Prophets, der sich nicht ausschließlich auf das Mt bezieht; zu verschiedenen Schriften siehe weiterhin Moyise, Jesus and Scripture, 33 – 51. Aber auch einige überblicksartige Zusammenstellungen zu verschiedenen Schriften Israels sind erschienen: Foster, „Use of Zechariah“, 65 – 85; Menken, „Psalms in Matthew“, 61– 82; Menken, „Deuteronomy in Matthew“, 42– 62; Ham, „Minor Prophets“, 39 – 56; Brown, „Genesis“, 42– 59.  Vgl. zu Jes 42,1– 4 in Mt 12,17– 21 z. B. Beaton, Isaiah’s Christ; Poulsen, God, 168 – 181; oder zu Jes 7,14 in Mt 1,18 – 23 z. B. Hamilton, „Virgin“, 228 – 247.  Vgl. exemplarisch Chandler, „Love Your Neighbours“, 12– 56.  Zu Einzeluntersuchungen von verschiedenen Perikopen, Gesetzen und Motiven liegen zudem einige neuere Sammelbände vor: z. B. Evans/Johnston, Searching the Scriptures; Evans/Zacharias, ’What Does the Scripture Say?’; siehe zuvor schon Tuckett, Scriptures. Prominent verhandelt wurde z. B. auch das Motiv des Hirten, vgl. dazu neben Ham, Coming King und McAfee Moss, Zechariah Tradition, wo das Motiv im Rahmen der Sacharjarezeption eine Rolle spielt, besonders Chae, Shepherd und Willitts, Shepherd-King; weiterhin Heil, „Ezekiel 34“, 698 – 708.  Vgl. z. B. Horn, „Verheißung“, 187– 199; Müller, „Bundesideologie“, 23 – 42.  Vgl. z. B. Snodgrass, „Matthew“, 99 – 127; Thielman, Law, 47– 77; Hays, „Gospel of Matthew“, 165 – 190.  Vgl. z. B. Kennedy, Recapitulation, der dazu sowohl auf die mt Rezeption der Genesis, des Rutbuches und der Chroniken eingeht wie auch auf die Rezeption verschiedener Motive (Exodusmotiv; die Rolle des Pharaos in Gestalt von Herodes); Hays, Echoes of Scripture in the Gospels, 109 – 139.  Vgl. z. B. Porter, Tradition, 153 – 177; Novakovic, Dead, die sich jedoch nicht allein auf das Mt, sondern auf die Evangelien insgesamt bezieht; Weren, „Matthew’s View“, 210 – 221.  Vgl. z. B. Allison, New Moses; Pichler, „Abraham“, 54– 74; Ebach, Josef und Josef; Huizenga, „Akedah-Überlieferungen“, 71– 92; Huizenga, New Isaac; Gurtner, „Fasting“, 1– 11. Zur Rezeption der Frauen im mt Stammbaum siehe Kap. 3.2.  So z. B. bereits bei Senior, „Lure“, 90, der darauf verweist, dass die Erfüllungszitate nicht der einzige Fokus der Forschung in der Frage der Schriftenrezeption sein sollten. Ein Zusammenspiel von Analyse einzelner Zitate (zehn Jesajazitate) und deren größerer Kontexte, denen die Jesusüberlieferungen und weitere Zitate der Schriften passend zugeordnet wurden, liegt z. B. auch bei Patrick, „Pesher Gospel“, 43 – 81 vor. Vgl. weiterhin Hays, „Gospel of Matthew“, 169, der zu-

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theologischen Vorstellungen kommen insgesamt stärker in den Blick, wobei auch die frühjüdische Rezeption für das Schriftenverständnis im 1. Jh. n.Chr. eine immer größere Rolle spielt.²⁹ Insofern ist in vielen neueren Arbeiten „die Tendenz zu verzeichnen, die Analyse der Schriftenrezeption in umfassendere Interpretationszusammenhänge einzustellen.“³⁰ Methodisch sind diese Studien häufig mit Impulsen der Intertextualitätstheorien verbunden,³¹ sodass die Schriften Israels als Intertexte für die Auslegung des Mt fungieren. Die vorliegende Arbeit setzt ebenfalls mit einer thematisch zugespitzten Fragestellung zur Rezeption der Schriften im Mt an: der Frage nach dem Heil für die Völker. Bisher liegt – trotz der Fülle der Literatur zur Rolle der Schriften Israels im Mt – noch keine Studie vor, die dieses, für das Mt prominente Thema unter dem Fokus der Schriftenrezeption umfassend bearbeitet.³² Einige Studien befassen sich zwar mit der innermatthäischen Darstellung des universalen Heils,³³ die Mehrheit der Matthäusforschung setzt hingegen bei der Wahrnehmung der Spannung von Partikularismus und Universalismus an, sodass das Heil für die Völker nicht ohne die theologischen Konsequenzen für Israel diskutiert und in vielen redaktionskritischen und narrativen Studien erörtert wurde. Dabei wurde die Spannung häufig derart aufzulösen versucht, dass die Hinwendung zu den Völkern die Antwort auf die Ablehnung des Messias durch Israel sei:³⁴ „Israel rejected her Messiah; therefore God has rejected Israel.“³⁵

sammenfasst: „And indeed, that is just what we find in this narrative: A diverse and complex use of Scripture.“  Vgl. dazu auch Kap. 1.3.4 und die dort diskutierte Überarbeitung der Kriterien von Hays, Echoes of Scripture in Paul, 28 – 32 durch Evans, „Listening for Echoes“, 51 und Huizenga, New Isaac, 10.63 – 65.  Konradt, „Rezeption der Schrift“, 921.  Vgl. für einen kurzen Überblick z. B. Luz, „Intertexts“, 119 – 137; Schneider/Huizenga, „Matthäusevangelium“, 20 – 29. Vgl. zur weiteren Diskussion Kap. 1.3.4– 5.  Eine knappe Darstellung, jedoch ohne ausführliche Analysen, bietet z. B. Hays, Echoes of Scripture in the Gospels, 175 – 185.  So vor allem in älteren Studien, wie z. B. Stoevesandt, Jesus; Meinertz, Heidenmission, der sowohl auf die Position Jesu als auch auf die der einzelnen Evangelien eingeht; Jeremias, Jesu Verheißung. In der neueren Forschung liegt eine Studie von Tisera, Universalism vor, der primär alle Stellen bespricht, an denen im Mt das universale Heil deutlich wird, allerdings auch Mt 10,5 – 6.23b.  Dieser Ansatz ist in der Forschung weit verbreitet und bis in neuere Darstellungen hinein zu finden: Vgl. Kilpatrick, Origins, 122 f; Clark, „Gentile Bias“, 1– 8; Bornkamm, „Auferstandene“, 106; Walker, Heilsgeschichte, 9.75; McConnell, Law, 159; Lange, Erscheinen, 90 f.488 f; Gaston, „Messiah“, 27– 33; Hare/Harrington, „Disciples“, 366 f; Senior, Passion Narrative, 260 sowie Senior, Passion of Jesus, 122; Hare, „Rejection“, 38 – 40; Meier, Vision, 180; Verseput, Rejection, explizit z. B. 279; Matera, „Plot“, 243.252 f; Paul, Texte, 302– 314; Sparks, „Gospel as Conquest“,

1.2 Forschungsgeschichtlicher Überblick

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Zu dieser Deutung wurden primär Textstellen wie Mt 10,5b.6; 15,24; 21,43; 22,8 – 10; 27,53; 28,16 – 20 (u. a.) herangezogen. Alternativ wurde auch ein Entschränkungsmodell angenommen, bei dem die Israelmission auf die Völker ausgeweitet wird.³⁶ Dies hat zwar einerseits den Vorteil, dass nicht (zwangsläufig) von einer Verwerfung Israels auszugehen ist, andererseits wird dadurch dessen Erwählung nivelliert.³⁷ „Israel [ist] künftig nichts anderes als eines der Völker.“³⁸ In Folge dieser Ablösung und Entschränkung wurde nicht allein für das Verhältnis Israel und Völker, sondern auch für Israel und die Kirche eine Substitution postuliert:³⁹ Die Kirche habe Israel als erwähltes Gottesvolk abgelöst.⁴⁰

655 f. Zu den Kommentaren, die dieses Deutungsmodell vertreten, gehören z. B. Kingsbury, Mt, 72– 77; Luck, Mt, 236; Blomberg, „Mt (2009)“, 25 f; Luz, Mt I, 92: „Das Matthäusevangelium erzählt […], wie es dazu kam, daß der größte Teil Israels am Schluß Jesus ablehnt (vgl. 28,1– 11). Die Antwort darauf ist der Befehl des Auferstandenen an die Jünger, ‚alle Völker‘ zu Jüngern zu machen (Mt 28,16 – 20).“ Broer, „Antijudaismus“, 339 f spricht bei dieser Deutung von einem „ekklesiologischen Entlastungsversuch“ gegenüber dem Vorwurf des Antijudaismus.  Gaston, „Messiah“, 32.  So z. B. bei Bosch, Heidenmission, 190 f: „Der Bund Gottes mit Israel wird nicht ersetzt durch den Bund mit Jesu Anhängern. ‚Israel‘ bleibt Volk des Bundes mit Jesu Anhängerschaft. […] Dadurch wird das πρῶτον [sic!] das auf Golgatha schon prinzipiell aufgehoben worden ist, auch faktisch und endgültig aufgehoben.“ (191; Hervorhebung im Original); Vögtle, „Anliegen“, 265 f; Strecker, Weg, 33.117 f; Sand, Mt, 596; Bartnicki, „Bereich“, 250 – 256 („Die historische Sendung der Jünger Jesu, die auf Mission zu Israel geschickt werden, hat als Vorbild zu gelten auch für jene Jünger, für die jene Einschränkung schon nicht mehr verbindlich ist“ [256]); Hultgren, „Mission“, 344.  Eine Aufhebung der Erwählung Israels erfolgt z. B. bei Tisera, Universalism: „Jesusʼ coming which is a definitive fulfillment of the OT messianic prophecies, signifies a re-esteblishment of the original creation in which salvation is universal“ (332). Zwar sieht G. Tisera in der Erwählung Israels einen wichtigen Moment der Heilsgeschichte, doch ordnet er diesen der eigentlichen Schöpfungsordnung unter.Vgl. auch Levine, Dimensions, 273, die ebenfalls von einer Ausweitung des Heils ausgeht. „But this extension does not entail a loss of the Jew’s soteriological benefits: they have lost only their unique position“ (273). Weiterhin: Dormeyer, „Überschrift“, 1381.  Dobbeler, „Restitution“, 26.  Vgl. z. B. Trilling, Israel, 162, der davon ausgeht, es gehe darum, „diese Ekklesia Christi als das wahre Volk Gottes zu erweisen und mit ihm zu identifizieren“ (Hervorhebung im Original). Frankemölle, Jahwebund, 121 schreibt: „Nicht ‚Israel‘ ist dann als Kontrast zu den ‚Heiden‘ gedacht, sondern die nachösterliche Gemeinde der Jünger“. Dabei kommt es auch hier zu einer Ablösung, denn „‚Israel‘ hat sein Privileg als Jahwes Eigentumsvolk vertan. An seine Stelle tritt ein neues Bundesvolk, die Jünger in der Nachfolge Jesu, das ‚Volk‘ Jesu (1,21b), das von nun an ‚seine Gemeinde‘ (16,18) bildet“ (219). Dabei geht H. Frankemölle von einem theologischen Gesamtkonzept des Mt aus, das durch die „Synthese“ der „geschichtlichen Spannung von AT – NT, Israel – Kirche, Bundestreue Jahwes – Bundestreue der Menschen usw.“ geprägt ist und in „christlicher Transformierung in Erwartung des zukünftigen Gerichts“ durchgehalten wird (384). Menninger, Israel, 135 – 157 beschreibt die Kirche als das wahre Israel, wobei er darauf hinweist, dass sich

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1 Einleitung

Diesen Interpretationsansätzen stehen in der neueren Forschung einige überzeugende Arbeiten gegenüber,⁴¹ die versuchen, die Spannung in der mt Erzählung in ihre jeweilige Deutung zu integrieren, ohne von einer Ablösung Israels durch die Kirche oder die Völker auszugehen (so z. B. Axel von Dobbeler⁴²; Florian Wilk⁴³; Gernot Garbe⁴⁴; Hubert Frankemölle⁴⁵; Matthias Konradt⁴⁶).⁴⁷

diese Beschreibung auf das Konzept bezieht, aber nicht in der mt Terminologie spiegelt. Zwar geht auch er von einer Ablehnung Jesu in Israel aus, doch durch die Deutung der Kirche als „Rest“ (171) liegt in dieser Gruppe kein völliger Abbruch zur bisherigen Erwählung Israels vor. Die Rede vom „Rest“ kann dann als Kontinuität gemäß der Israel eigenen Verheißungen gedeutet werden. Von einem Konsens der Exegese spricht für diesen Verlust der Erwählung Israels Kampling, Blut Christi, 5.Vgl. weiterhin: Schnackenburg, „Ihr seid das Salz“, 198; Hübner, Theologie NT III, 103.  Vgl. zum Verhältnis dieser beiden Aspekte Konradt, Israel, 5 f, der zu Recht auf eine mangelnde Unterscheidung hinweist: „Auffallend ist, dass die beiden genannten Ablösungsthesen nicht selten gar nicht als zwei Relationen wahrgenommen, sondern ohne jede Differenzierung in eines gesetzt werden. So kann 21,43 angeführt werden, um die Ablösung Israels durch die Völker zu belegen. Kirche und Völker sind aber keineswegs austauschbare Größen. […] Die ‚doppelte Ablösungsthese‘ – Ablösung Israels zum einen durch die Völker, zum anderen durch die Kirche – operiert also mit zwei Verhältnisbestimmungen, die soteriologisch auf unterschiedlichen Ebenen angesiedelt sind.“  Die jeweiligen Argumentationen unterscheiden sich jedoch im Detail.  Dobbeler, „Restitution“, 18 – 44 setzt bei den beiden Sendungsaufträgen Jesu an (Mt 10,5b.6; 28,19 f), die er als komplementär zueinander versteht, „weil sie einander in ihrer Verschiedenheit ergänzen“ (28). „Für Israel bedeutet es die Restitution des am Boden liegenden, verschmachtenden Volkes, das aufgerichtet und so für die Herrschaft seines Gottes bereitet wird. Bei den ‚Heiden‘ geht es dagegen darum, sie allererst unter die Herrschaft des einen Gottes zu bringen, und das bedeutet: sie von den toten Götzen zu dem lebendigen Gott zu bekehren.“ (28; Hervorhebungen im Original).  Wilk, Jesus und die Völker, 287 sieht die Aufgabe Jesu gegenüber Israel darin, sie zum Licht der Völker zu machen, wobei Matthäus auch in der Ausweitung auf die Völker an der Ausrichtung Jesu auf Israel festhalte: „Die Sendung Jesu zu Israel zielt darauf, zunächst ganz Israel, dann zumindest einzelne aus diesem Volk um sich zu sammeln“ (147). Dementsprechend gehe die Sendung der Jünger zu Israel auch nachösterlich nicht in der Sendung zu allen Völkern auf (288). Vielmehr erfüllen sich in ihr Israels Erwählungsgeschichte und die Verheißungen an Abraham (151). Insofern wird die über Israel hinausgehende Sendung zu den Völkern nicht mehr als die Folge der Ablehnung Jesu in Israel verstanden, sondern als dessen genuine Aufgabe als erwähltes Volk, als Kinder Abrahams. Die Schuldfrage erstreckt sich gemäß F.Wilk ebenfalls nicht allein auf Israel, sondern ist bei Juden und „Heiden“ zu sehen, was er in der Heilsbedeutung des Todes Jesu sowie dem „Zusammenwirken von Juden und ‚Heiden‘ bei der Kreuzigung Jesu betont“ sieht (151): „[S]o wird anschaulich, daß alle Menschen auf die Tilgung ihrer Schuld vor Gott angewiesen sind“ (151). Dennoch geht er schließlich von einer Übertragung der Aufgabe Israels auf die Gemeinde aus: „Da Israel sich mehrheitlich weigert, sich um Jesus zu sammeln, und da die jüdischen Autoritäten, unterstützt von der Volksmenge Jerusalems, seine Tötung herbeiführen, überträgt er

1.2 Forschungsgeschichtlicher Überblick

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Israels Aufgabe, als Gemeinschaft der Kinder Abrahams unter den Völkern zu leben, auf die Schar der Jünger“ (152). Ein ähnlicher Zusammenhang findet sich auch bei LaGrand, Mission, 251, der schreibt: „As disciples they were prepared as God’s agents – in ways they themselves could not yet fully understand – for Israel’s mission to the nations“ (Hervorhebung im Original).  So geht Garbe, Hirte Israels, 209 – 211 davon aus, dass Israel in allen heilsgeschichtlichen Epochen seine Sonderrolle beibehält. Folglich löse die universale Mission jene an Israel auch nicht ab. Allerdings habe sich Israel dennoch durch die Ablehnung des Messias schuldig gemacht, sodass Gottes Strafgericht über es ergeht. Dieses sieht G. Garbe mit der Zerstörung Jerusalems (70 n.Chr.) als erfüllt an. Das Gericht ergehe über die schuldige Generation und ihre Kinder, aber „nicht im Sinne einer Ausweitung der Verantwortung auf alle folgenden Generationen Israels“ (120; Hervorhebung im Original). Unklar bleibt an diesem Ansatz, wie diese Deutung eines innergeschichtlichen Gerichts an ganz Israel mit dessen Weiterexistenz zusammenzudenken ist. Trotz G. Garbes Annahme, dass Israel seine Sonderstellung nicht verliert, sieht er den Grund zur Hinwendung zu den Völkern in der Ablehnung Jesu durch Israel, vgl. Garbe, Hirte Israels, 59.75.150.212– 214. „In Verbindung mit dem Tötungsbeschluss der Pharisäer (12,14) und dem Rückzug Jesu ist dies ein deutliches Signal, das sich am Gesamtverständnis bestätigen wird: Die Hinwendung Jesu zu den Weltvölker [sic!] ist Folge der Ablehnung, die Jesus in Israel erfahren hat; hier im Kontext sind zwar nur die Pharisäer erwähnt, aber die Ablehnung wird sich auf das ganze Volk ausweiten“ (59). Andererseits finden sich auch Sätze wie „[a]us Juden und Weltvölkern sollen ‚alle Menschen‘ in die Gemeinde der Jünger berufen werden“ (210), sodass sich die im Mt enthaltene Spannung letztlich in ihrem Deutungsversuch fortsetzt.  Bei H. Frankemölle ist die Revision seiner eigenen Position bemerkenswert. Vertrat er in Frankemölle, Jahwebund, 210.250.256.259 noch die These, dass die Kirche Israel als Volk Gottes ablöst, da Israel verworfen sei, so betont er in seinem Matthäuskommentar (vgl. z. B. Frankemölle, Mt II, 68.484– 486) die bleibende Bedeutung Israels. Vgl. auch Frankemölle, „Theologie“, 93 – 129; Frankemölle, „Bund“, 353: „[E]in heilsgeschichtliches Ende ganz Israels als λαός im Sinne von Bundesvolk (Gottes) [ist] nicht impliziert. Verstockung bedeutet biblisch nicht ‚Verstoßung auf immer‘. […] Israel bleibt λαός Gottes“ (Hervorhebung im Original); sowie Frankemölle, „Bund“, 362: „Mt [ist] – autororientiert formuliert – kein Vertreter eines Substitutionsmodells, wie ich früher meinte feststellen zu können“. Dennoch geht er nicht soweit, eine (christologisch rückgebundene) doppelte Sendung zu Israel einerseits und den Völkern andererseits anzunehmen. In Frankemölle, „Sendung“, 45 – 51 schreibt er: „Diese theozentrische Christologie [vgl. die Namen Jesus [Jhwh erweist Rettung] und Immanuel [Gott mit uns], C.Z.] impliziert im Kontext des Gottesbildes in den heiligen Schriften Israels […] zudem eine universale Sendung dieses ‚Jesus‘ zu Israel und den Völkern“ (47; Hervorhebung im Original). Von einer Aufhebung der Sendung zu Israel oder einer Ausweitung dieser Sendung nimmt er jedoch explizit Abstand (49).  Konradt, Israel sieht als Grundmoment der mt Erzählung die Christologie an. Dabei geht er von einer strengen (christologisch begründeten) Trennung aus: Der irdische Jesus ist als der messianische Hirte Israels, als Sohn Davids, allein zu den verlorenen Schafen Israels gesandt, der dementsprechend auch seine Jünger zunächst allein zu Israel sendet. Es gehe dabei nicht um die Begründung der Verwerfung Israels, sondern „die Erfüllung der Israel gegebenen Heilsverheißungen“ (93). Verwerfung finde nur dort statt, wo es zur Ablehnung Jesu und seiner Botschaft komme, was nicht Israel als Ganzes betrifft, sondern allein die jüdischen Autoritäten. Es geht also um eine innerjüdische Differenzierung (181– 284). Nach Jesu Tod und seiner Auferstehung (der soteriologischen Grundlage) jedoch werde er von Gott zum Weltenherrn eingesetzt und als solcher

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1 Einleitung

Die Ablehnung eines Ablösungsmodells geht des Öfteren einher mit der sozialgeschichtlichen Annahme, dass die mt Gemeinde noch als eine innerjüdische Gruppierung anzusehen sei („intra muros“⁴⁸), die sich als eine (heilsrelevante) Teilgruppe Israels verstand, aber noch nicht auf den Trennungsprozess von Kirche und Israel zurückblickte.⁴⁹ Ist jedoch die mt Gemeinde selbst noch ein Teil Israels,⁵⁰ so ist die Annahme einer Größe „(ganz) Israel“ im Gegenüber zur „Gemeinde“ hinfällig.⁵¹ Dementsprechend wird in manchen Studien ein größeres Gewicht auf die differenzierte Wahrnehmung der Gruppen im Mt gelegt, in dem

sendet er seine Jünger zu allen Völkern. „Die Integration der Völker in die Heilszuwendung nach der israelbezogenen Partikularität des irdischen Jesus […] ist nicht Antwort auf die vermeintlich kollektive Ablehnung Jesu in Israel, sondern sie geht als Zielpunkt der mit der Erwählung Abrahams begonnenen Heilsgeschichte organisch aus der Zuwendung zu Israel hervor“ (398). Dies werde im Laufe der mt Erzählung immer wieder proleptisch deutlich. „Der matthäische Universalismus ist also israelbezogen, wie umgekehrt Israel von der Erwählung Abrahams an als auf die Völkerwelt hingeordnet erscheint“ (400). Wichtig ist dabei, dass die Kirche „nicht als das neue Gottesvolk konzipiert ist“ (403). Dennoch ist die Gemeinde Heilsgemeinde, sodass auch Menschen aus den Völkern allein dort Heilsteilhabe widerfahren kann.  Vgl. weiterhin z. B. Cuvillier, „Particularisme“, 481– 502, der zwar die Rolle Israels nicht explizit bespricht, aber die Spannung zwischen Partikularismus und Universalismus dahingehend zu lösen versucht, dass er eine Gemeinde annimmt, die sowohl ihr jüdisches Erbe als auch das Evangelium als relevant bewahrt; Kvalbein, „Matthew“, 57.61 f, der von der Erfüllung der Verheißungen an Israel ausgeht; Paschke, Particularism and Universalism, 232, der eine universalistisch ausgerichtete Deutung der Bergpredigt vorlegt.Von dort kommt er zu dem Schluss, dass im Mt bereits mit Mt 4,18 – 10,4 eine universale Phase vorliegt, die in Mt 10,5 – 28,17 von einer partikularen unterbrochen wird. Der partikulare Zug wird durch die besondere Notwendigkeit der Hinwendung zu Israel ob des steigenden Drucks durch die Autoritäten begründet, sei jedoch zeitlich begrenzt.  Dieser Begriff geht auf Bornkamm, „Enderwartung (1975)“, 13 – 47, bes. 36 zurück und hat sich in der Forschung weitgehend etabliert. Allerdings birgt er die Problematik, dass die Beantwortung des „intra“ oder „extra“ stets von der Perspektive abhängt. Es ist daher sogar durchaus möglich, dass sich die mt Gemeinde selbst als „intra muros“ ansah, während die mt Gegner diese Gruppe bereits als „extra muros“ bezeichnet hätten.  Hier seien vor allem Overman, Gospel; Overman, Church; Saldarini, Community sowie Sim, Matthew and Christian Judaism, 109 – 163 genannt. Kritisch zu diesen Riches, Mythologies, 202– 209; Foster, Community, 36 – 65. Von einem bereits vollzogenen Trennungsprozess geht hingegen Luz, Mt I, 96; Luz, „Antijudaismus“, 319 f aus. Auch Feldmeier, „Israel“, 140 – 146 erklärt den Konflikt mit der Synagoge auf dem Hintergrund einer bereits vollzogenen Trennung.  Während die Mehrheit der Forschung in Matthäus zu Recht einen judenchristlichen Autor oder gar einen christusgläubigen Juden sieht, gehen einige von einem heidenchristlichen Hintergrund aus: vgl. Clark, „Gentile Bias“, 1– 8; Strecker, Weg, 15 – 35; Paschke, Particularism and Universalism, 9 – 11.  Dementsprechend wurden Mt 21,43 (vgl. z. B. Dobbeler, „Restitution“, 25) oder 27,25 (vgl. z. B. Feldtkeller, Identitätssuche; Dobbeler, „Restitution“, 25 f) nicht mehr auf ganz Israel gedeutet.

1.3 Methodische Überlegungen

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besonders der Konflikt mit den Autoritäten eine wichtige Rolle spielt.⁵² Gerade in dieser Konfliktsituation mit der pharisäisch dominierten Synagoge, die vermutlich den historischen Hintergrund des Konfliktes zwischen Jesus und den Pharisäern wie Schriftgelehrten in der mt Erzählung darstellt, gewinnt die Auslegung der Schriften Israels eine besondere Brisanz. Der Konfliktsituation nach außen stehen Streitthemen der Gemeinde nach innen gegenüber: so auch die oben genannte Streitfrage nach der Aufnahme von Nicht-Juden in die mt Gemeinde, bei der die Schriften ebenfalls als Autorität angeführt werden. Diese grundlegende Bedeutung der Schriften bleibt auch in den genannten neueren Untersuchungen zum Mt, die die Frage von Israel und den Völkern reflektieren, nicht unbeachtet,⁵³ doch fehlt bisher – wie bereits festgestellt – eine umfassende monographische Aufarbeitung der Frage nach dem Heil für die Völker im Spiegel der Schriften Israels. Die vorliegende Arbeit setzt demnach an den beiden für die Matthäusforschung wichtigen Aspekten „Heil für die Völker“ und „mt Schriftenrezeption“ an und führt sie zusammen.

1.3 Methodische Überlegungen Im Rahmen der skizzierten Fragestellung ergeben sich einige methodische und hermeneutische Probleme, zu denen es sich zu positionieren gilt. Diese beziehen sich besonders auf die Rezeption der Schriften Israels und betreffen nicht nur Fragen der Terminologie, sondern auch der Autorität der Schriften, der Quellenlage, der Identifizierung von Zitaten und Anspielungen sowie nach dem „Wie“ des mt Umgangs mit den Schriften.

 Vgl. Gielen, Konflikt; Repschinski, Controversy Stories; Konradt, Israel, 95 – 180, der die unterschiedlichen Reaktionen der verschiedenen Gruppen innerhalb Israels auf das Wirken Jesu in Israel herausarbeitet: „Das synagogale Gegenüber wird bei Matthäus geradezu ‚verteufelt‘“ (404), was auf die historische Konfliktsituation der Gemeinde zurück zu führen sei. Zum Konflikt mit den Pharisäern vgl. auch Konradt, „Erfüllung der Tora“, 129 – 152. Für eine stärkere Differenzierung plädiert auch Levine, Dimensions, 274, wobei sie vor allem eine soziale Unterscheidung der Gruppen in der mt Erzählung sieht.  Das enge Zusammenspiel von Schriftenrezeption und der Frage nach dem Heil für Israel und die Völker wird z. B. schon von Gollinger, „Heil für die Heiden“, 202 gesehen. Auch Brown, Birth, 104 sieht einen Zusammenhang speziell der Erfüllungszitate mit der Frage nach Universalismus und Partikularismus.

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1 Einleitung

1.3.1 Die Rede von den „Schriften Israels“ In der vorliegenden Studie wird der Begriff „Schriften Israels“ verwendet, da durch ihn verschiedene Aspekte deutlich werden: Zum einen benennt der Begriff jene Schriften aus der Tradition Israels, die für die Analyse relevant sind, und grenzt sich damit von den Schriften der hellenistisch-römischen Umwelt ab.⁵⁴ Zum anderen verdeutlicht „Schriften Israels“ auch, dass keine kanonische Exegese betrieben wird, die sich auf einen bestimmten Kanon, zum Beispiel den masoretischen Kanon (MT) oder den der Septuaginta (LXX)⁵⁵, bezieht.⁵⁶ Des Weiteren werden damit die Begriffe „Altes Testament“/„alttestamentlich“ vermieden, die für das 1. Jh. n.Chr. anachronistisch sind. Hinzu kommt, dass die Rede von „Schriften“ typisch matthäisch ist: Matthäus verwendet das Wort γραφή nie im Singular, sondern immer im Plural (vgl. Mt 21,42; 22,29; 26,54.56).⁵⁷ Besonders auffällig ist Mt 21,42, da Matthäus dort die mk Vorlage, die einen Singular bezeugt (οὐδὲ τὴν γραφὴν ταύτην ἀνέγνωτε, Mk 12,20), in den Plural abgeändert hat (οὐδέποτε ἀνέγνωτε ἐν ταῖς γραφαῖς). Die Wendung ἐν ταῖς γραφαῖς verweist auf eine Sammlung von Schriften. Doch ist diese nicht mit dem späteren dritten Kanonteil der Hebräischen Bibel, den „Schriften“/Ketuvim, gleichzusetzen, da auf ἐν ταῖς γραφαῖς allein in Mt 21,42 ein Zitat aus diesem (Ps 118,22) folgt.⁵⁸ In Mt 22,29 hingegen beschuldigt Jesus die Sadduzäer, dass sie die Schriften nicht kennen würden (μὴ εἰδότες τὰς γραφάς), nachdem sie ihn explizit nach der Auslegung zu Dtn 25,5 f gefragt haben. Ähnlich

 Dabei ist nicht zu bezweifeln, dass Matthäus (und schon gar nicht die neutestamentlichen Autoren insgesamt) auch durch Schriften der hellenistisch-römischen Umwelt geprägt war, zumal manche späten Schriften Israels selbst stellenweise vom Hellenismus beeinflusst sind. Gleiches gilt für frühjüdische Schriften, die sich zu einem Großteil (z.T. implizit) positiv oder negativ mit dem Hellenismus auseinandersetzen. Die hellenistisch-römischen Schriften stehen für den untersuchten Zusammenhang jedoch nicht im Fokus.  Zu den unterschiedlichen LXX-Fassungen vgl. Tov, Use, 15 – 17; Marcos, Septuagint; Kreuzer, „Entstehung“, 29 – 88; Kreuzer/Sigismund, „Überblick“, 89 – 94.  Eng damit verbunden ist die Frage nach den Quellen, mit denen Matthäus arbeitet. Auf diese wird im Folgenden noch einzugehen sein, siehe Kap. 1.3.3. Es kann auch keine Aussage über die Reihenfolge der Schriften untereinander gemacht werden, denn es „gibt keine erkennbaren Indizien für eine feste Abfolge der Rollen“ (Oeming, „Hervorwachsen“, 55).  Interessanterweise wird diese Vorstellung in modernen Übersetzungen in den mt Text eingetragen. So übersetzen z. B. die Einheitsübersetzung wie die Neue Lutherbibel nicht „in den Schriften“, sondern „in der Schrift“.  Anders deutet Sim, „Canon of Scripture“, 455 Mt 21,42: „Despite his use of this bipartite expression, Matthew seemingly accepted the third division of the scriptures that was by his time widely acknowledged. The Psalms loom large in Matthew’s canon […] and are in fact identified specifically as ‚scripture‘ in 21:42.“

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unwahrscheinlich ist das Verständnis von ἐν ταῖς γραφαῖς als Ketuvim in Mt 26,54, da es dort um die umfassende Erfüllung der Schriften und nicht allein eines Teils der Schriften geht. Mit αἱ γραφαί sind im Mt also vielmehr die Schriften insgesamt gemeint, die plural bleiben und nicht zu der Schrift verschmelzen. Neben der Wendung αἱ γραφαί finden sich weitere Gruppierungen: So werden nicht nur einzelne Werke mit ihrem jeweiligen angenommenen Verfasser, wie zum Beispiel Ἠσαΐας (Mt 3,3; 4,14; 8,17; 12,17; 13,14; 15,7), genannt: In Mt 26,56 heißt es „die Schriften der Propheten“ (αἱ γραφαὶ τῶν προφητῶν), womit ein Teil der Schriften gemeint sein dürfte. Häufiger findet sich die Wendung „Gesetz und Propheten“ / ὁ νόμος καὶ οἱ προφῆται (Mt 5,17; 7,12; 11,13 [in umgekehrter Reihenfolge]; 22,40).⁵⁹ Mit οἱ προφῆται sind im Mt mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht allein die prophetischen Texte im engeren Sinn, sondern alle Schriften Israels gemeint, die nicht zum Gesetz zu zählen sind. So folgt der Einleitung τὸ ῥηθὲν διὰ τοῦ προφήτου λέγοντος in Mt 13,35 ein Zitat aus Ps 78,2. In den verschiedenen Handschriften zum Mt wurde später versucht, die Identität des genannten Propheten genauer zu bestimmen: Dabei wurde das Zitat fälschlicherweise Jesaja zugeordnet, während es in anderen Handschriften zwar als Psalmenzitat markiert wurde, doch in diesen Fällen nicht der prophetische Ursprung abgeändert, sondern Asaf als Prophet bezeichnet wurde (vgl. Ps 78,1).⁶⁰ Dies heißt dann, dass eine Einteilung in zwei Gruppen, nämlich Gesetz (Tora, die auf den Propheten Mose zurückgeführt wird) und alle anderen autoritativen Bücher prophetischen Ursprungs,⁶¹ ein für das Mt vertretbares Konzept darstellt,⁶² das letztlich mit αἱ γραφαί, also den „Schriften Israels“, korreliert.  Ein Bezug allein auf das Gesetz (ὁ νόμος) findet sich ebenfalls, vgl. z. B. Mt 5,18; 12,5; 22,36. Zur Formel ὁ νόμος καὶ οἱ προφῆται vgl. auch Barton, Oracles of God, 35 – 95. In Barton, „Canons“, 208 schreibt er: „Though many sources from the late Second Temple period, including the New Testament, speak of ‚the law and the prophets‘, we ought not to assume that ‚prophets‘ here refers to the books called ‚prophets‘ in the Hebrew canon: it may be a general term for non‐Torah scriptural books.“  So überliefern ‫*א‬, Θ, f1.13 u.a. Ησαιου, während der Kirchenvater Hieronymus (5. Jh. n. Chr) auf mehrere Handschriften verweist, die in dem genannten Propheten Asaf erkennen (vgl. Ps 78,1). Darin zeigt sich, dass die Verfasser der Psalmen durchaus als Propheten angesehen wurden; vgl. zu diesem letzten Punkt auch Hermann, „Bedeutung“, 482, Anm. 14; Ulrich, Dead Sea Scrolls, 288.  Vgl. auch Josephus, Ap 1,39 – 41, gemäß dem die Zeit der prophetischen Inspiration mit Mose beginnt, dem die Verfasserschaft der Gesetze zugeschrieben wird, und in der Zeit des persischen Herrschers Artaxerxes endet. Danach reißt die prophetische Sukzession ab, sodass keine weiteren, entsprechenden Bücher geschrieben wurden.  Zu weiteren Zweiteilungen in den Texten aus Qumran vgl. Evans, „Dead Sea“, 72 f. Für Matthäus eine Gruppierung der Schriften in zwei Teile anzunehmen schließt nicht aus, dass dieses Verständnis im 1. Jh. n.Chr. möglicherweise nicht mehr überall geteilt wurde. Es gibt durchaus

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1.3.2 Der autoritative Stellenwert der Schriften Anknüpfend an das Vorausgehende stellt sich die Frage, inwiefern die Schriften Israels im Mt als autoritative Texte angesehen werden.⁶³ Ein notwendiges Kriterium für die Autorität der Schriften ist der Gemeindegebrauch: Autoritativ war das, was gelesen wurde. Mit diesen Texten wurde theologisch weitergearbeitet.⁶⁴ Jedoch ist dies kein hinreichendes Kriterium, da gleichzeitig auch die Möglichkeit besteht, dass ein Text nicht als autoritativer Text gelesen, sondern vielmehr als ein Text verstanden wurde, von dem es sich abzugrenzen galt. Hinzu kommen daher zwei hinreichende Kriterien,⁶⁵ die die gelesenen Texte als autoritativ kennzeichnen: (1) Den Texten wird ein Wahrheitsanspruch zugeschrieben (vgl. z. B. Mt 5,18). Die Schriften sind zu erfüllen oder gelten durch das Eintreten aktueller Ereignisse als erfüllt (vgl. Mt 26,54.56).⁶⁶ Hier sind an erster

einige Belege, die auf eine Dreiteilung hindeuten: In Lk 24,44 heißt es πάντα τὰ γεγραμμένα ἐν τῷ νόμῳ Μωϋσέως καὶ τοῖς προφήταις καὶ ψαλμοῖς περὶ ἐμοῦ. Die Psalmen stehen also neben dem Gesetz und den Propheten, ohne unter die Propheten gerechnet zu werden. Eine Dreiteilung findet sich auch im Sirach Prolog (Sir 1,7– 10), wobei auch hier die dritte Gruppe unbestimmt bleibt (τῶν ἄλλων πατρίων βιβλίων). Zu nennen wäre auch Philo, VitCont 25, vgl. dazu z. B. Evans, „Dead Sea“, 71– 79.  Vgl. zum Prozess der Entstehung autoritativer Schriften im Frühjudentum Ulrich, Dead Sea Scrolls, 281– 297, der verschiedene Faktoren für verschiedene Bücher oder Textgruppen unterscheidet. Vgl. auch Lim, „Authoritative Scriptures“, 303 – 322.  Vgl. z. B. van der Kooij, „Scriptures“, 57: „[W]ithout beeing studied, the ancient books – the Scriptures – would remain silent objects“. Oeming, „Hervorwachsen“, 54 spricht von „kritische[r] Rezeption“ und versteht darunter nicht nur schriftgelehrte Fortschreibung, sondern auch „Beliebtheit der Texte beim Volk“. Die Texte wurden an den verschiedenen „Orten der Textüberlieferung (Torgerichtsbarkeit, Tempel, Palast, Jüngerzirkel,Weisheitsschulen,Volksfeste)“ mit Leben gefüllt. Für die späteren Jahrhunderte sieht er eine parallele Entwicklung (55 – 57); vgl. weiterhin Schmid, „Schrift“, 270. Dass dieses Kriterium später auch für den christlichen Kanon galt, zeigt auch Theissen, „Texte“, 424.432– 434.  Die folgenden Kriterien orientieren sich an den Kriterien, die Barton, „Canons“, 211– 215 anführt, wurden jedoch an den Befund des mt Textes angepasst. Über die oben angeführten Kriterien hinaus nennt J. Barton noch Widerspruchsfreiheit (consistency), wobei sich hier die Frage stellt, ob damit ein sinnvolles Kriterium für Autorität vorliegt, da z. B. der Kanon, dem in verschiedenen Traditionen ein hoher Grad an Autorität zugesprochen wird, diesem Kriterium nicht entspricht. Vgl. zur Kritik an dieser Pluralität sowie zu ihrer Wertschätzung Barton, „Unity“, 11– 26. Zur Pluralität des Kanons vgl. weiterhin z. B. Dohmen/Oeming, Kanon, 27; Oeming, „Biblische Theologie“, 83 – 95, der in der Erfassung der Einheit in der Pluralität/Vielheit des biblischen Kanons eine besondere Aufgabe Biblischer Theologie begründet sieht. Zur neutestamentlichen Perspektive auf den Sachverhalt vgl. exemplarisch Wolter, „Vielfalt“, 45 – 68.  Vgl. auch Hays, Echoes of Scripture in the Gospels, 107.

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Stelle die sog. Erfüllungszitate zu nennen.⁶⁷ Hinzu kommt die Formulierung γέγραπται als mögliche Einleitung für Zitate aus den Schriften (vgl. Mt 4,4.6.7.10 u. ö.)⁶⁸ oder auch die etwas spezifischere Formulierung οὕτως γὰρ γέγραπται διὰ τοῦ προφήτου (Mt 2,5).⁶⁹ Das Kriterium des Wahrheitsanspruchs ist jedoch nicht auf Texte, die den Erfüllungsgedanken explizit machen oder durch einen ähnlichen sprachlichen Marker gekennzeichnet sind, engzuführen. (2) Verbunden damit ist das Kriterium der (Gegenwarts‐)Relevanz, da autoritative Texte zur Deutung aktueller Ereignisse herangezogen werden. Die Texte erhalten also Autorität, indem ihnen zugestanden wird, dass sie für die aktuelle Situation normative oder deutende Aussagen machen können.⁷⁰ Dies wird im Mt besonders an der Rückbindung der Christologie in die Schriften deutlich (vgl. z. B. Jes 7,14 in Mt 1,23). Aus diesen zwei hinreichenden Kriterien lassen sich verschiedene Modi ableiten:⁷¹ (a) Texte werden zur Erläuterung herangezogen. So kann in diesem Sinn zum Beispiel zu paränetischen Zwecken auf die Schriften Bezug genommen werden (vgl. z. B. Mt 9,13). (b) Es finden sich über den originalen Kontext hinausreichende Deutungen, d. h. Verheißungen werden für den neuen Kontext passend ausgelegt, auch wenn eine solche Interpretation im vorherigen Kontext wenig Sinn ergibt (vgl. z. B. Ps 118,22 in Mt 21,42). Das heißt auch, dass Texte nicht nur im Literalsinn verstanden werden (vgl. Mt 5,21 f), wozu ferner die Freiheit gegenüber dem Originalwortlaut passt, an dem nicht immer genau festgehalten

 Insgesamt finden sich im Mt zehn Zitate, die mit dieser Formel eingeleitet werden: Mt 1,22 f; 2,15.17 f.23; 4,14– 16; 8,17; 12,17– 21; 13,35; 21,4 f; 27,9 f. Vgl. dazu auch Anm. 13. Ein ähnliches Phänomen wie die mt Erfüllungszitate fndet sich auch in Qumran, besonders im Damaskusdokument, vgl. dazu Brooke, „Traditions“, 577 f.  Ähnliche Marker finden sich auch in anderen Schriften. Zu möglichen Markierungen zur Einleitung von Zitaten in den Schriften Israels vgl.Weingart, „Erkennst du auch“, 143 – 170. Auch in den Schriften von Qumran finden sich entsprechende Markierungen. So heißt es z. B. in CD A xi,20 – 21 (Charlesworth, DSS 2) ‫ כתוב‬und in 4Q270 frg 7 i,19 (z.T. rekonstruiert; DJD 18) ‫וכתוב‬.  Weiterhin sind folgende Formulierungen zu nennen: ὁ ῥηθεὶς διὰ Ἠσαΐου τοῦ προφήτου (Mt 3,3); καλῶς προεφήτευσεν περὶ ὑμῶν Ἠσαΐας, λέγων (Mt 15,7).  Schmid, „Schrift“, 276 f sieht diese besondere Qualität der Texte, die „ihren Weg zur ‚Heiligen Schrift‘ entscheidend befördert hat“, darin begründet, dass die Schriften „nicht nur Gegenstand von Interpretation [sind], sie sind bis in ihre Substanz hinein selbst Interpretation. […] Was ‚Schrift‘ ausmacht, ist kein bestimmter Inhalt, sondern eine bestimmte Verweisstruktur, die jeweils mit anderen Inhalten verbunden ist.“  Diese werden von Barton, „Canons“, 211– 215 mit dessen anderen Kriterien auf einer Stufe genannt, doch stellen sie eher Unterformen dar, da sie letztlich alle drei vom Wahrheitsanspruch und von der Relevanz einer Schrift abhängig sind.

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wird (vgl. z. B. Jes 42,1– 4 in Mt 12,18 – 21).⁷² (c) Dabei können Details zum Maß der Auslegung werden oder genannte Details ganze Kontexte evozieren (vgl. z. B. Jer 7,11 in Mt 21,13). Da sich die genannten Kriterien und Modi im Mt breit belegen lassen, ist evident, dass die Schriften Israels für Matthäus autoritative Texte sind. Hinzu kommt nun noch ein weiterer Aspekt, nämlich der der Auslegungsautorität: „It should be noted […] that the ancient books, Scriptures, would not have been seen as carrying any authority if their teaching had not been brought into force and if they had not been studied by the appropriate authorities – the scholar-scribes. Interpretation of books that were considered authoritative required authoritative and authorized persons to bring the ideas into effect.“⁷³ Dieser Aspekt ist im Rahmen der mt Schriftenrezeption insofern interessant, als sich daran die Frage nach dessen eigener Autorität als Ausleger der Schriften stellt. Dieser Autoritätsanspruch steht besonders in Relation zu dem der Autoritäten der Synagoge.⁷⁴ Ihnen gegenüber tritt Matthäus mit einem deutlichen Autoritätsanspruch auf. Im Rahmen der Frage nach dem Heil für die Völker, das im gesamten Mt aus den Schriften begründet wird, ist auch eine schriftgelehrte Diskussion zu diesem Thema innerhalb der mt Gemeinde(n) denkbar, in der Matthäus seine Position durch das Mt profiliert. Eine andere Frage ist hingegen, ob darin auch ein höherer Autoritätsanspruch von Matthäus für seine eigene Auslegung gegenüber den Texten der Schriften selbst mitschwingt. Zwar weist er die Schriften Israels als autoritativ aus, aber ordnet er ihnen seine Autorität als Ausleger unter?⁷⁵ Für eine Höhergewichtung der eigenen Autorität gegenüber jener der Schriften spricht scheinbar der freie Umgang mit den Texten und Traditionen in der Rezeption. Gegen eine solche spricht,

 Vgl. Lim, „Authoritative Scriptures“, 306: „One must not, however, read into scriptural authority any modern, fundamentalist sense of the inviolability of the biblical text.“  Van der Kooij, „Scriptures“, 70. Vgl. auch Ulrich, Dead Sea Scrolls, 285.  Vgl. Overman, Gospel, 6 – 34.141– 147; Stanton, Gospel, 146 – 168; Saldarini, Community, 44– 67; Overman, Church, 306 – 327, bes. 319 – 324; Sim, Matthew and Christian Judaism, 109 – 163; Hays, Echoes of Scripture in the Gospels, 107. Auf der narrativen Ebene wird dies unter anderem auch am Streit Jesu mit den Pharisäern und Schriftgelehrten um die angemessene Auslegung der Tora deutlich. Vgl. dazu Konradt, „Erfüllung der Tora“, 129 – 152. Ebenfalls mit einem narrativen Ansatz setzt Levine, „Portrayal“, 177– 193 bei der mt Darstellung der Synagoge sowie der Autoritäten an, doch warnt sie am Ende ihrer Ausführungen vor vorschnellen Rückschlüssen auf die tatsächliche mt Gemeindesituation.  Zum komplexen Autoritätsverhältnis von rezipiertem und zitierendem Text vgl. exemplarisch Najman, Sinai, 1– 16. Für die dtn Texttradition hält sie fest, was in gewisser Weise auch für den mt Umgang gilt: „For the Deuteronomic texts had developed ways to recast tradition, while simultaneously honoring tradition and claiming continuity with it. The only passable roads to textual authority led through the past“ (15).

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dass die Schriften ingesamt im mt Text als solche erkennbar bleiben und nicht im mt Text aufgehen (trotz vieler nicht markierter Anspielungen).⁷⁶ Dadurch bleibt ihre eigene Autorität auch gegenüber dem mt Text ausgewiesen. Auch die Darstellung des mt Jesus, der die Deutungshoheit über die Schriften hat und sich zugleich ihnen gegenüber als gehorsam erweist, damit diese erfüllt werden, deutet darauf hin, dass die Autorität des Prätextes und die des rezipierenden Textes in einem komplexen Wechselverhältnis zueinander stehen.

1.3.3 Die Textform(en) der Schriften Dass Matthäus eine breite Schriftenkenntnis hatte und aller Wahrscheinlichkeit nach auch bei den Lesern voraussetzte, wird im gesamten Evangelium deutlich. Besonders sei an dieser Stelle auf die mt Fähigkeit verwiesen, Anspielungen, die er im mk Text vorfand, zunächst zu identifizieren und dann zu vollen Zitaten auszubauen oder als Schriftenzitate zu kennzeichnen:⁷⁷ Als Beispiel ist die Ergänzung des Propheten Daniels in Mt 24,15 (τὸ ῥηθὲν διὰ Δανιὴλ τοῦ προφήτου), zu nennen, wo Mk 13,14 nur eine Anspielung auf den aus Dan 9,27; 11,31; 12,11 bekannten „Gräuel der Verwüstung“ (‫ השקוץ משומם‬/ τὸ βδέλυγμα τῆς ἐρημώσεως)⁷⁸ bietet. In Mt 13,13 – 15 erweitert Matthäus den Bezug auf Jes 6,9 f im Vergleich zu Mk 4,12.⁷⁹ Des Weiteren ersetzt Matthäus in Mt 21,5 die Anspielung auf Sach 9,9 in Mk 11,2 durch ein Zitat, das er mit der für Erfüllungszitate typischen Einleitung kennzeichnet (ἵνα πληρωθῇ τὸ ῥηθὲν διὰ τοῦ προφήτου λέγοντος; Mt 21,4).⁸⁰ Angesichts dieser berechtigten Annahme einer umfassenden Schriftenkenntnis von Matthäus stellt sich jedoch ob der bereits genannten Vielfalt der

 Lim, „Authoritative Scriptures“, 305 schreibt über Auslegung in Qumran: „[T]he biblical source-text is not to be subsumed in the commentary. The source remains identifiable and the pesherists were conscious that what they were writing was not scripture but an interpretation of it.“ Er geht dabei davon aus, dass eine deutliche sprachliche Kennzeichnung vorliegen muss (306). Dies ist für das Mt nur an manchen Stellen der Fall, doch scheint es plausibel, von diesen her die Autorität der Schriften auch für weniger deutlich markierte Zitate oder Anspielungen anzunehmen.  Vgl. Davies/Allison, Mt I, 30 f.  Der Ausdruck τὸ βδέλυγμα τῆς ἐρημώσεως, wie er auch in Mt 24,15 übernommen ist, steht so nur in Dan 12,11LXX, wohingegen in Dan 11,31LXX und Dan 12,11TH die Artikel fehlen (βδέλυγμα ἐρημώσεως). In Dan 9,27LXX/TH stehen die Verwüstungen im Plural (βδέλυγμα τῶν ἐρημώσεων), nicht jedoch in Dan 9,27MT (‫)שקוצים משמם‬. In Dan 11,31TH steht βδέλυγμα ἠφανισμένον.  Als mt Erweiterung dürfte auch der Umfang des Zitates aus Dtn 8,3 in Mt 4,4 gelten.  Vgl. ebenso Konradt, Israel, 345, Anm. 309, der auch auf Mt 4,4 verweist. Dort ist jedoch nicht gegenüber Mk, sondern gegenüber Lk 4,4 das Q-Zitat aus Dtn 8,3 erweitert. Vgl. dazu auch Strecker, Weg, 24; Hays, Echoes of Scripture in the Gospels, 105 f.

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Versionen der Schriften im frühen Judentum unweigerlich die Frage nach der von Matthäus verwendeten Version. Allerdings besteht weder über diese Frage noch über die Frage nach den Sprachkenntnissen von Matthäus Einigkeit.⁸¹ Die Textform der expliziten Schriftenzitate entspricht weder durchgehend dem Text der LXX noch dem MT. Während die Reflexionszitate dem MT zumindest nahe stehen,⁸² folgen andere Schriftenzitate, die Matthäus aus dem Mk oder aus Q übernommen hat, der LXX.⁸³ Verkompliziert wird die Debatte weiterhin dadurch, dass nur schwerlich von der LXX gesprochen werden kann⁸⁴ und auch die hebräische Texttradition im 1. Jh. n.Chr. noch keine endgültigen Vereinheitlichungsbestrebungen durchlaufen hat.⁸⁵ Inwiefern gehen Textabweichungen auf den Vorlagentext, inwiefern auf mt Redaktion zurück? Aus diesem Befund ergeben sich verschiedene Interpretationsoptionen, die sich grob schematisierend in Gruppen (mit z.T. deutlichen Unterschieden in Detailfragen) einteilen lassen: (1) Matthäus kannte sowohl hebräische wie auch griechische Texte.⁸⁶ (2) Matthäus hatte einen hebräischen Text als Vorlage, den er selbst übersetzte, sodass die Abweichungen vom hebräischen Text redaktionelle

 Vgl. Bacon, Studies in Matthew, 470 – 477; Stendahl, School, 39 – 217; Gundry, Use, 89 – 150; Strecker, Weg, 19 – 35.49 – 85; Soares-Prabhu, Formula Quotations, 63 – 106; Clark, „Gentile Bias“, 4 f; Davies/Allison, Mt I, 32– 58; Stanton, „Matthew“, 210 – 213; Luz, Mt I, 193 – 196; Menken, Matthew’s Bible.  Vgl. Bacon, Studies in Matthew, 470 – 472; Stendahl, School, 97– 127, bes. 127; Strecker, Weg, 50; Senior, „Lure“, 92. Anders hingegen Gundry, Use, 152: „In text-form they are no more nonSeptuagintal than the rest of the synoptic quotation material, outside Marcan formal quotations, and they range from the purely Septuagintal to the wholly non-Septuagintal.“ Beaton, Isaiah’s Christ, 24 f hingegen kommt zu dem Schluss: „They [die Erfüllungszitate] both resemble and yet differ from the MT and LXX, and, to complicate matters further, at various points the quotations contain readings completely at variance with all known textual traditions.“  Vgl. Menken, Matthew’s Bible, 5; Senior, „Lure“, 92; Stanton, „Matthew“, 211.213; Beaton, Isaiah’s Christ, 21.  Einen Überblick über die LXX-Fassungen bieten Marcos, Septuagint; Kreuzer/Sigismund, „Überblick“, 89 – 94.  Zur Pluralität der Schriften, besonders in der Periode des zweiten Tempels, vgl. z. B. Lange, Handbuch; Lange, Qumran; Collins, „Changing“, 23 – 45; Crawford, „Pentateuch“, 123 – 136; Gertz, „Schriftauslegung“, 10 – 13; Lange, „From Many to One“, 121– 195. In Bezug auf die LXX siehe z. B. New, Quotations, 121.  Davies/Allison, Mt I, 32– 58 halten einen in Hebräisch wie Griechisch versierten Autor des Mt für möglich. Vgl. auch Stanton, „Matthew“, 213 f. Stendahl, School, bes. 200 – 206 geht von einer Art Schule aus, die Zugang zu verschiedenen Texttraditionen hatte (ähnlich den Möglichkeiten in Qumran; K. Stendahl zieht eine Parallele zum Habakkuk Kommentar), wobei er zwischen Pesher-Übersetzungen und LXX-Einflüssen unterscheidet. Eine ausführliche Kritik der These K. Stendahls findet sich bei Gundry, Use, 155 – 159, der jedoch ebenfalls einen gemischten Texttyp annimmt (147– 150.174).

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theologische Korrekturen wären.⁸⁷ (3) Die Vorlagen des Matthäus entsprachen bereits der LXX-Fassung, die sich später durchsetzte. Die Abweichungen wären dann wiederum redaktionelle Veränderungen⁸⁸ des Textbestandes durch Matthäus.⁸⁹ (4) Matthäus kannte eine, vermutlich griechische, alttestamentliche Textform, die später verloren ging und die es entsprechend zu rekonstruieren gilt.⁹⁰ (5) Auch die Kenntnis mündlicher Traditionen, für die überhaupt keine Textvorlage im Gemeindebesitz angenommen werden kann, ist denkbar.

 Vgl. Holtzmann, Evangelien, 259; Soares-Prabhu, Formula Quotations, 104 geht für die Erfüllungszitate davon aus „that these are free targumic translations made from the original Hebrew by Matthew, in view of the context into which he has inserted them“; Torrey, Documents, 41– 90 nimmt an, dass das Mt ursprünglich auf Aramäisch verfasst und erst später ins Griechische übersetzt wurde.  Hanson, Interpretation, 7 problematisiert die Annahme einer zu starken redaktionellen Veränderung der Zitate gegenüber den Schriften, indem er schreibt: „[I]f you have previously altered the text of scripture in order to adapt it to your proof, it fails altogether as a proof.“ Dem ist in gewisser Weise zuzustimmen, doch zeigen die folgenden Analysen, dass der Umgang mit den Schriften stellenweise wesentlich freier war, als dies gegenüber einem autoritativen Text aus mancher moderner Perspektive erwartet wird.  Kilpatrick, Origins, 56 f hält fest: „[T]he evangelist was in the main dependent on the LXX“ (56). Der Evangelist sei des Hebräischen nicht mächtig gewesen. Zitate, die sich nicht der LXX zuordnen lassen, schreibt er mündlicher Tradition zu. New, Quotations, 117– 123, bes. 122 postuliert für alle Zitate, die Matthäus zuzurechnen seien, eine LXX-Fassung (als mögliche Ausnahme nennt er Mt 12,18 – 21; 21,5). Von einer starken Abhängigkeit von der LXX auf Seiten des Endredaktors geht auch Bacon, Studies in Matthew, 131– 142 aus, wobei er auch auf Ausnahmen aufmerksam macht, die sich nicht durch direkten LXX-Einfluss erklären lassen. Vgl. außerdem Strecker, Weg, 21 f.50; Luz, Mt I, 195. Anders hingegen Soares-Prabhu, Formula Quotations, 83: „The LXX is not ‚Mathew’s Bible‘“.  Vgl. Menken, Matthew’s Bible, 5, der eine revidierte LXX als mt Vorlage, ähnlich jenen LXXRevisionen, wie sie aus der Hexapla des Origenes (οἱ γ‘) bekannt seien, postuliert. Diese prämatthäische LXX-Fassung zeichne sich zum einen durch eine Annäherung an den hebräischen Text aus, wodurch die re-hebraisierenden Tendenzen der mt Zitate erklärt werden können, zum anderen durch sprachliche Verbesserungen des Griechischen. Das prä (engl. Original: pre-Matthean) meint in diesem Zusammenhang, dass sie dem Autor des Evangeliums vorlag und nicht auf seine eigene Übersetzertätigkeit zurückzuführen ist. Die Annahme einer LXXrev erschwert jedoch im Folgenden jegliche Weiterarbeit. Ein nicht überlieferter Text, der zudem nur fragmentarisch (nämlich im Umfang der Zitate) rekonstruiert werden kann, kann nicht als Referenzpunkt für Anspielungen gelten, die z. B. auf Stichworten beruhen oder theologische oder narrative Konzepte übernehmen. Auch Moyise, Jesus and Scripture, 43 f zieht eine Textform in Erwägung, die weder exakt dem MT noch der LXX entspricht, und führt die pluralen Textvarianten in Qumran als Beleg solcher divergierender Überlieferungen an. New, Quotations, 123 erklärt mit einer solchen LXXFassung Mt 12,18 – 21; 21,5; 26,31, da diese nicht zu seiner eigentlich präferierten These passen, dass sich Matthäus auf die LXX bezöge.

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Die Frage, mit welcher Textform Matthäus genau gearbeitet hat, ist letztlich eine, wie es scheint, kaum lösbare Problemstellung. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die vorliegende Studie nicht ausschließlich mit den direkten Zitaten beschäftigt, was eine Rekonstruktion der konkreten Form der vorliegenden Schriften noch einmal deutlich schwieriger, letztlich unmöglich macht. Daher sollen im Folgenden MT und LXX⁹¹ als potentielle Bezugstexte angeführt werden, um auf diesem Hintergrund das mt Profil zu schärfen. Da die Textfunde vom Toten Meer und in der judäischen Wüste eine Rezeption griechischer und hebräischer/ aramäischer Texte nebeneinander für das 1. Jh. n.Chr. bezeugen, widerspricht dieses Vorgehen nicht den historischen Umständen. LXX-Textfassungen wie die hebräischen Textfassungen können als theologische Stimmen wahrgenommen werden, die die Auslegung der biblischen Texte über Jahrhunderte geprägt haben und auch die literarische Produktion im 1. Jh. n.Chr. maßgeblich mitbestimmten.

1.3.4 Eigenheiten und Identifizierung von Zitaten und Anspielungen Die Notwendigkeit, die Schriften Israels umfassender zu untersuchen als allein die expliziten Schriftenzitate,⁹² wurde in der neueren Forschung zum Mt bereits erkannt.⁹³ Auch für das Thema der vorliegenden Arbeit, der Frage nach dem Heil

 Als LXX-Text wird die Göttinger Septuaginta zugrunde gelegt, sofern vorhanden. Finden sich in anderen LXX-Überlieferungen jedoch relevante Textvarianten, werden diese gesondert genannt. Ähnliches gilt für protomasoretische Texttraditionen der Schriftrollen der judäischen Wüste, die von MT abweichen. Die Notwendigkeit des Vergleichs mit den verschiedenen Texttraditionen wird z. B. auch von Beale, Handbook, 42 genannt.  Im Fall der Zitate lässt sich unterscheiden zwischen formalen Zitaten, die durch eine Zitateinleitung (oder ähnliches) gekennzeichnet sind (so z. B. die bereits genannten Erfüllungszitate), und informalen Zitaten, die keine Einleitung aufweisen, aber dennoch klar als Zitat erkennbar sind (vgl. z. B. Mt 3,17).  Vgl. auch Hays, Echoes of Scripture in the Gospels, 108. Des Öfteren orientieren sich Untersuchungen über die Schriftenrezeption im NT an den in NA27/28 und/oder UBS angeführten Zitaten und Anspielungen aus den Schriften Israels, um eine sinnvolle Textauswahl zu treffen. Vgl. z. B. die Vorgehenshinweise in Beale, Handbook, 35 – 39. Diese Textauswahl suggeriert einen gewissen objektiven Bestand an untersuchbarem Textmaterial, doch unterliegt diese Zusammenstellung letztlich ebenso einer gewissen Subjektivität wie jede andere Zusammenstellung intertextueller Verknüpfungen, wie z. B. auch der unterschiedliche Bestand beider Textsammlungen deutlich zeigt. Dazu stellt Menken, Matthew’s Bible, 1, der seine eigene Analyse an NA27 und UBS orientiert und mit folgender Aussage legitimiert, fest: „Any determination in this field has a certain amount of arbitrariness, and this procedure cannot be influenced by a possibly arbitrary selection on my part.“ Doch muss, besonders wenn die Rezeption der Schriften den Modus des Zitates verlässt, grundsätzlich mit Bezugsversen oder -texten gerechnet werden, die weder in NA27/28 oder UBS

1.3 Methodische Überlegungen

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für die Völker, ist diese Einsicht grundlegend. So sind zum Beispiel nur zwei der zehn Erfüllungszitate für die Frage nach dem Heil für die Völker relevant (Mt 4,15 f; 12,18 – 21).⁹⁴ Dementsprechend sind auch die Anspielungen in die Schriften mit zu bedenken.⁹⁵ Da ein Bezug auf einen Intertext über Anspielungen jedoch deutlich schwieriger zu bestimmen ist als ein Bezug durch ein Zitat, sollen im Folgenden verschiedene Kriterien diskutiert werden, gemäß denen Anspielungen als plausibel angenommen werden können. Die Grundlage hierfür bieten jene Kriterien, die von Richard B. Hays in seinem Buch „Echoes of Scripture in the Letters of Paul“ formuliert wurden. Diese wurzeln in einer methodischen Verbindung von Intertextualitäts-Theorie, wie sie in der Literaturwissenschaft angewendet wird, mit Denkansätzen der historischkritischen Exegese.⁹⁶ Dafür versucht Richard B. Hays, die möglichen Orte, an denen der hermeneutische Akt des Wahrnehmens und Verstehens einer Anspie-

aufgeführt sind. Insofern können die dort angeführten Listen als erste Orientierungshilfe dienen, aber nicht als limitierende Zusammenstellung.  Siehe dazu Kap. 8.1 und Kap. 8.3.  Die Abgrenzung zwischen unmarkiertem Zitat und Anspielung ist nicht immer eindeutig zu bestimmen. Moo, Old Testament, 20 f schreibt: „An extremly popular citation technique […] utilizes Scriptural words and phrases without introduction and without disrupting the flow of the narrative“. Kaum noch wahrnehmbare Anspielungen nennt Hays, Echoes of Scripture in Paul, 29 „Echos“, kritisch gegen R. B. Hays hingegen Porter, „Allusions“, 39. Problematisch an einer Unterscheidung von Anspielung und Echo ist vor allem, dass die Grenze zwischen beiden fließend und damit letztlich sehr subjektiv gestaltet ist. Anders definiert Huizenga, New Isaac, 62: Er sieht im Begriff Echo keinen Unterschied in der Lautstärke, sondern in der Art des Verweises. „The term ‘allusion’ should refer to the verbal, syntactic links between texts, and the term ‘echo’ should refer to that which the Model Reader is to produce by means of that verbal allusion, the effect created by the allusion in the Model Reader’s act of reading“ (Hervorhebung im Original). Damit verlagert er die Kategorie Echo jedoch in einen Bereich, der in der vorliegenden Arbeit nicht untersucht wird.  Hays, Echoes of Scripture in Paul, bezieht sich vor allem auf Hollander, Figure of Echo und beschreibt seinen Ansatz als „fresh imaginative encounter with the text, disciplined and stimulated by historical exegesis“ (27). Für einen Überblick zu intertextuellen Ansätzen, bei dem auch die verschiedenen Diskussionskontexte sehr schön deutlich werden, vgl. z. B. Morgan, „Intertext“, 1– 40. Vgl. weiterhin Alkier, „Text“, 1– 18; Moyise, „Intertextualität“, 23 – 34; Schneider, „Texte“, 361– 367; Miller, „Intertextuality“, 283 – 309; Baucks, „Intertextuality“, 27– 46; Wagner, „Intertextuality“, 259 – 269. Problematisiert wird eine Verbindung von Intertextualität mit historisch-kritischer Lektüre von Hatina, „Intertextuality“, 28 – 43, der zum einen auf die unterschiedlichen ideologischen Kontexte der Methoden verweist, zum anderen auf die verschiedenen inhärenten Verständnisse von Text sowie auf die mangelnde Unterscheidung zwischen „Einfluss“ und „Intertextualität“.

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1 Einleitung

lung⁹⁷ stattfinden kann, nicht gegeneinander auszuspielen, sondern in ihrer Spannung zueinander zusammenzuhalten.⁹⁸ Auf dieser Grundlage führt er sieben Kriterien ein, anhand derer die Wahrscheinlichkeit eines Echos / einer Anspielung im Text und dessen Bedeutung für den Text zu messen sei:⁹⁹ (1) Verfügbarkeit (availability) fragt schlicht danach, ob die Quelle der Anspielung dem Autor zur Verfügung stand. Dadurch wird Richard B. Haysʼ Verständnis von Intertextualität diachron, da nur ältere Texte als potentielle Intertexte gelten. (2) Umfang der Anspielung (volume) geht davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit der Anspielung mit der Länge der Referenz steigt. Aber auch Aspekte wie Popularität des Bezugstextes und dessen Stellung innerhalb des Korpus der Schrift können eine Rolle spielen.¹⁰⁰ (3) Häufigkeit der Anspielung (recurrence) meint sowohl das mehrfache Auftreten einer Anspielung auf den gleichen Vers des Intertextes als auch auf den gleichen weiter gefassten Kontext des Intertextes. (4) Thematische Kohärenz (thematic coherence) zwischen der Anspielung und der Argumentation des Textes. (5) Historische Plausibilität (historical plausibility) fragt danach, ob der Autor die Anspielung intendiert haben könnte und ob sie von den damaligen Lesern verstanden wurde. (6) Rezeptionsgeschichte (history of interpretation) sucht nach späteren Lesern, die die gleiche Anspielung gehört haben. (7) Grad der Zufriedenstellung (satisfaction) meint, inwiefern die dargebotene Auslegung und Darstellung überzeugen. Dieses Kriterium hat sowohl den Kreis der (modernen) Rezipienten (Gruppe von Exegeten, Gemeinde o. ä.) im Blick als auch den Grad der Zufriedenstellung in Bezug auf die

 Er selbst spricht hier von Echo, doch wurde eine Unterscheidung zwischen Anspielung und Echo für die vorliegende Arbeit nicht vorgenommen.  So Hays, Echoes of Scripture in Paul, 27. Er nennt folgende fünf Aspekte, die in seinen Intertextualitätsbegriff einfließen: (1) Intertextualität ist autorenintendiert und findet dort statt, wo sie als solche belegt werden kann; (2) Intertextualität wird plausibel, wenn sich zeigen lässt, dass die historischen, ursprünglichen Leser die Anspielung hören konnten; (3) Intertextualität findet allein auf der rhetorischen oder literarischen Ebene der Texte selbst statt; (4) Intertextualität geschieht beim modernen Rezipienten des Textes im Akt des Lesens; (5) Intertextualität ist dort plausibel, wo sie im Rahmen der hermeneutischen Annahmen einer Interpretationsgemeinschaft stattfindet (z. B. Kirche; Exegeten). Kritisch gegen diesen Ansatz äußert sich Porter, „Allusions“, 37. Allerdings sind auch für ihn Anspielungen autorenintendiert, wenn er definiert: „Allusion is concerned to bring an external person, place, or literary work into contemporary text“ (40). Ähnlich äußert sich Beale, Handbook, 31: „An ‚allusion‘ may simply be defined as a brief expression consciously intended by an author to be dependent on an OT passage.“  Hays, Echoes of Scripture in Paul, 29 – 32. Starke Kritik an diesen Kriterien übt wiederum Porter, „Allusions“, 38 f, der Kriterium 1– 3 problematisiert und Kriterium 4– 7 nicht mehr auf die Identifikation, sondern Interpretation von Anspielungen bezogen sieht. Weitere Diskussion mit einer Response von R. B. Hays findet sich in Evans/Sanders, Paul and the Scriptures, 42– 96.  Vgl. auch Hays, „Message“, 36.

1.3 Methodische Überlegungen

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großen Bögen des Textes, wenn die Analyse einer möglichen Anspielung zu ihnen in Beziehung gesetzt wird. Die Kriterien von Richard B. Hays beziehen sich im engeren Sinn auf Anspielungen auf die Schriften (MT und LXX). Eine solche Eingrenzung ist jedoch nicht unproblematisch, da die Schriften im 1. Jh. n.Chr. nicht nur selbst (als Schrift) vorlagen, sondern vielmehr auch als interpretierte Schrift. Dieser Sachverhalt wird u. a. am Phänomen der „rewritten bible“ deutlich.¹⁰¹ Fortschreibung und Aktualisierung finden nicht mehr im Text selbst statt, sondern außerhalb, in eigenen Werken. Hinzu kommen erste Kommentare, wie die Pešarim, die die Schriften Israels zeitgemäß auslegen.¹⁰² „The contents of the Scriptures thus existed within the life of the culture, in tradition and in worship.“¹⁰³ Damit einhergehend lässt sich eine Verschiebung in der theologischen Deutung von Texten und zum Beispiel der Erzählfiguren feststellen.¹⁰⁴ Leroy A. Huizenga hat Richard B. Haysʼ Kriterien genau auf diesen Sachverhalt hin erweitert: „[O]ne should listen not simply for echoes of Scripture but for echoes of interpreted Scripture.“¹⁰⁵ Auf dieser Basis und in Kombination mit Umberto Ecos hermeneutischem Konzept der kulturellen Enzyklopädie reformuliert er die sieben Kriterien.¹⁰⁶ Dabei wird deutlich, dass sich deren Gewichtung zueinander verschiebt: (1) Die Verfügbarkeit als Text kann nicht mehr einfach als gegeben angenommen werden. Dies führt jedoch nicht zu einer Aufgabe der Quellenarbeit, sondern Leroy A. Huizenga sieht gerade in diesem Punkt die Notwendigkeit, historische Rekonstruktionsarbeit zu leisten und nach den bekannten Facetten eines Themas, einer Tradition oder eines Textes zu fragen. (2) Der Umfang der Anspielung bleibt wichtig. Doch dürfen nicht nur syntaktische Ähnlichkeiten auf  Zur Problematik der Bezeichnung „rewritten bible“ vgl. Najman, Sinai, 7 f, Anm. 14. Zum Stellenwert der Literatur der zweiten Tempelperiode als Interpretation der Schriften siehe exemplarisch Charlesworth, „Crucible“, 20 – 43.  Vgl. Collins, „Changing“, 23 – 45; Gertz, „Schriftauslegung“, 9 – 42.  Huizenga, New Isaac, 10.  Besonders deutlich wird dieses Phänomen an der Gestalt Abrahams. Es reicht nicht mehr aus, allein Gen 12– 25 als Intertext zu lesen. Vielmehr wurde Abraham zu einer Symbolfigur, die von verschiedensten Gruppierungen für ihre je eigenen theologischen Darstellungen, die sich in ihrem Profil sehr unterscheiden, verwendet wurde. Zur Verwendung von Abraham im Mt vgl. Kap. 4. Einen ausführlichen Überblick über Abraham in den Schriften Israels und der frühjüdischen wie frühchristlichen Literatur bieten Mayer, „Aspekte“, 118 – 127; Wieser, Abrahamvorstellungen; Siker, Disinheriting; Pichler, „Abraham“, 54– 74; Mühling, Blickt auf Abraham.  Huizenga, New Isaac, 10, (Hervorhebung im Original). Dieser Einwand gegen den Ansatz von R. B. Hays findet sich bereits bei Evans, „Listening for Echoes“, 51.  Huizenga, New Isaac, 63 – 65. Dabei geht er in seinen methodischen Überlegungen besonders auf U. Ecos Vorstellung eines idealen Lesers (model reader) und der kulturellen Enzyklopädie ein, vgl. Huizenga, New Isaac, 21– 58.

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1 Einleitung

die Schriften mitbedacht werden, sondern darüber hinaus auch Traditionen und Interpretationen der kulturellen Enzyklopädie, die sich für den Leser aus der Anspielung ergeben. (3) Die Häufigkeit der Anspielung wird ebenfalls um nachbiblische Texte und Traditionen ergänzt, sonst jedoch nicht weiter verändert. (4) Auch beim Kriterium thematische Kohärenz wird die Erweiterung auf außerbiblische Traditionen betont, da diese nicht immer mit der Darstellung von Traditionen innerhalb der Schriften übereinstimmen, sondern z.T. vielfältige Fort- und Weiterentwicklungen zu registrieren sind. So kann thematische Inkohärenz zum Text der Schriften mit thematischer Kohärenz zur frühjüdischen Tradition einhergehen. (5) Die historische Plausibilität wird in Leroy A. Huizengas Überarbeitung wichtiger als in Richard B. Haysʼ Modell. Dies gilt besonders für den Aspekt, ob eine Anspielung durch die kulturelle Enzyklopädie des Lesers im 1. Jh. n.Chr. beim Hören des Textes aktiviert wurde. (6) Rezeptionsgeschichte gilt nicht mehr als wichtiges Kriterium, da die nicht geringe Wahrscheinlichkeit besteht, dass bereits die frühchristlichen Ausleger der ersten Jahrhunderte durch eine andere kulturelle Enzyklopädie geprägt waren als die ursprünglichen Rezipienten. (7) Der Grad der Zufriedenstellung steigt für Leroy A. Huizenga mit der Kohärenz der Anspielung zu den großen narrativen Bögen, indem die Frage zu beantworten ist: Passt eine bestimmte Deutung, eine Anspielung, ein neuer Sinnhorizont zum Gesamtkonzept des Textes? Die dargestellte Überarbeitung inkludiert einen wichtigen Aspekt der Schriftenrezeption, der, wie Leroy A. Huizenga selbst moniert, in vielen Studien zu kurz kommt:¹⁰⁷ den Einfluss der heute nicht mehr biblischen Schriften des frühen Judentums. Es reicht daher nicht, allein die Texte des MT und der LXX zu den neutestamentlichen Schriften in Beziehung zu setzen, sondern auch deren Auslegung in frühjüdischen Texten ist von Bedeutung. Die Erweiterung der Kriterien von Richard B. Hays durch Leroy A. Huizenga ist grundsätzlich positiv zu bewerten, weshalb sie der weiteren Arbeit methodisch zugrunde gelegt werden. Dennoch sind sie auch in ihrer überarbeiteten Fassung mit einigen methodischen Problemen verknüpft, die im Folgenden benannt werden: Zu (1): Das Kriterium der Verfügbarkeit ist ein schwieriges, da es schnell auf spekulativer Rekonstruktion beruht. Welche Schriftrollen standen Matthäus genau zur Verfügung? Welchen Text genau hat Matthäus gelesen? Die kontroverse Debatte um die Zugänglichkeit wie um die Form der Quellentexte zeigt dies deutlich.¹⁰⁸  Huizenga, New Isaac, 9 – 14. In älteren Studien finden sich z.T. explizit Aussagen, dass Matthäus nicht an spätere Traditionen, „sondern an das A.T. selbst anknüpft“, vgl. Jeremias, Jesu Verheißung, 52, im Anschluss an Stoevesandt, Jesus, 145.  Vgl. dazu Kap. 1.3.3.

1.3 Methodische Überlegungen

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Zu (2): Durch die Ausweitung auf die kulturelle Enzyklopädie, die durch eine semantische oder syntaktische Verknüpfung mit einem Intertext der Schriften mitgehört wird und möglicherweise sogar unbedingt mitgehört werden soll, öffnet sich ein Raum, der allein durch das Kriterium des Umfangs der Anspielung nicht mehr zu kontrollieren ist. Damit verbunden ist die grundsätzliche Frage, wie der Umfang einer Anspielung zu definieren ist, wenn eine Anspielung zum Beispiel auf eine ganze Tradition verweist? Auf wie viel der Exodustradition muss zum Beispiel referiert werden, um eine sichere Anspielung zu identifizieren? Kann nicht bereits ein einziges, prägnantes Wort den gesamten Ereigniszusammenhang evozieren? Zu (3): Das Kriterium der Häufigkeit ist als das stärkste anzusehen, da die Wahrscheinlichkeit von Anspielungen tatsächlich steigt, wenn mehr als eine Anspielung auf den gleichen Intertext besteht.¹⁰⁹ Indem mehrfach darauf rekurriert wird, werden die Leser „trainiert“, genau auf diesen Intertext bei der weiteren Lektüre zu achten. Ebenso kann eine besonders deutliche Anspielung die Plausibilität anderer Anspielungen steigern. Allerdings darf dieses Kriterium nicht zu einem notwendigen werden, da es im Einzelfall dennoch vorkommen kann, dass es im gesamten Text nur eine einzige Anspielung auf einen bestimmten Intertext gibt. Zu (4): Besteht thematische Kohärenz, zum Text der Schriften oder deren Interpretation in der frühjüdischen Enzyklopädie, ist dies sicherlich ein Grund, um eine Anspielung überhaupt erst als solche wahrzunehmen. Jedoch gibt es auch Fälle, in denen gerade die Umarbeitung eines Topos durch die Anspielung auf einen Intertext deutlich wird, sodass die Inkohärenz dem Rezeptionstext überhaupt erst Sinn verleiht. Zu (5): Mit dem Kriterium der historischen Plausibilität hängt letztlich die Frage zusammen, ob Intertextualität vom Autor intendierten Verweisen auf Intertexte entspricht oder ob Intertextualität Texten an sich eigen ist. Besonders unter Berücksichtigung der frühjüdischen Enzyklopädie ist die Frage, ob ein damaliger Leser die Möglichkeit hatte, eine vermutete Anspielung überhaupt zu verstehen, genauso wichtig.¹¹⁰ Zu (6): Die Tatsache, dass ein anderer Ausleger im Laufe der Rezeptionsgeschichte die gleiche Anspielung gehört hat, zeigt zwar, dass die Annahme einer solchen eine Möglichkeit des Verstehens bietet, doch werden Verweise eher ge-

 Auf die Häufigkeit als wichtigen Indikator für die Plausibilität einer Anspielung verweist z. B. auch Moo, Old Testament, 20. Daneben gilt es nach ihm, auch die Angemessenheit gegenüber dem Kontext und den Stil des Autors zu berücksichtigen.  Für das Mt steht dieses Kriterium in einem anderen Licht als für die paulinischen Briefe, da davon auszugehen ist, dass der Autor des Mt Teil der mt Gemeinde war, wohingegen Paulus an unterschiedliche Gemeinden mit möglicherweise unterschiedlichen Enzyklopädien schrieb.

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hört, die auf Bekanntes hindeuten. Welche Texte jedoch besondere aktuelle Bedeutung hatten, änderte sich im Laufe der Jahrhunderte z.T. erheblich, sodass diesem Kriterium kein zu großes Gewicht beigemessen werden darf. Zu (7): Einerseits ist die Bezeichnung Grad der Zufriedenstellung in gewisser Weise irreführend. Muss Exegese die Gemeinschaft der Exegeten zufriedenstellen? Inwiefern zufrieden? Wird unter dieser Prämisse nicht jegliche Sperrigkeit von biblischen Texten von vornherein geglättet? Andererseits ist der Blick auf das gesamte Textkorpus, auf seine Dynamiken und Konzepte durchaus ein sinnvoller und wichtiger.

1.3.5 Der Umgang mit den Schriften Die vorgestellten Kriterien zur Identifizierung einer Anspielung reichen jedoch noch nicht aus, um die mt Schriftenrezeption angemessen zu beschreiben, da gerade die Art und Weise, wie die Schriften aufgenommen werden, damit nicht beschreibbar, in dieser Arbeit jedoch von besonderem Interesse ist.¹¹¹ Dazu ist zunächst die Frage nach der Einbeziehung des Kontextes des Prätextes wichtig.¹¹² So finden sich im Mt zum einen isolierte Bezüge in die Schriften, die sich allein auf den tatsächlich aufgenommenen Text beziehen. Zum anderen spielt Matthäus auf Texte an und setzt dabei die Kenntnis des Kontextes als unbedingt notwendig voraus. Dabei kann es durchaus vorkommen, dass Matthäus Texte nur partiell rezipiert, aus dem Zusammenhang aber deutlich wird, dass der Kontext des Zitats / der Anspielung für das Verständnis essentiell ist.¹¹³ Hinzu kommt, dass die verarbeitete Tradition im Rezeptionstext nicht traditionskonform erscheinen muss.¹¹⁴ Der innovative Charakter des Mt besteht gerade

 Einen Vergleich von Schriftenrezeption der frühchristlichen Autoren mit der von Philo, Qumran und den Rabbinen bietet Barrett, „Interpretation“, 377– 411.  Die in der Forschung zur Beschreibung dieses Phänomens z.T. gebrauchten Begriffe „atomistisch“ und „holistisch“ werden nicht verwendet, da sich für den Begriff „atomistisch“ die Frage stellt, wie in einem intertextuellen Bezug die kleinste, nicht weiter teilbare Einheit aussehen soll. Der Begriff „holistisch“ suggeriert einen umfassenden Bezug, der ebenfalls kaum zu bestimmen ist, da der Umfang des mitzuhörenden Kontextes oft erheblich schwankt und sich selten auf die Schriften als Ganze bezieht.  So z. B. bei der Aufnahme von Jes 56,7 und Jer 7,11, vgl. dazu Kap. 5.3.  Lachmann, Gedächtnis, 111 formuliert: „Die Transformation der fremden Texte bedient sich unterschiedlicher Verfahren und ist von unterschiedlicher Intention. Was die Verfahren des Einbringens der fremden Texte im manifesten Text angeht, so schaffen diese nicht nur Formen der Präsentation, wie Zitat, verdecktes Zitat, Analogie-Zitat, Allusion, Syllepse usw., sie stellen auch spezifische Beziehungen zwischen dem manifesten und dem Bezugs-(Referenz‐)text her. Ja, es ist

1.3 Methodische Überlegungen

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in der Verarbeitung, im Weiterdenken und Neukombinieren des vorliegenden Materials.¹¹⁵ So entsteht durch die intertextuelle Beziehung neuer Sinn, der dem rezipierten Text nicht inhärent ist, aber auch dem rezipierenden Text ohne die Verknüpfung nicht eigen wäre. Daher ist ein wichtiger Aspekt der Intertextualität als Sinnkonstitution zu beschreiben, bei der eine „auf der Verarbeitung fremder Texte beruhende[…] Sinnkomplexion“ stattfindet.¹¹⁶ Dadurch wird das Augenmerk weg von der Frage nach den konkreten Quellen hin zu dem im intertextuellen Bezug Neugeschaffenen gelenkt. Die Formen der Rezeption lassen sich in unterschiedliche Typen aufteilen,¹¹⁷ gemäß denen die mt Schriftenrezeption beschrieben werden kann: (1) Autorisierende/legitimierende Rezeption – in diesem Fall erfüllen Prätexte eine unterstützende Funktion. Es geht entweder darum, die Aussagen des Prätextes zu legitimieren (z. B. Mt 22,34– 40), oder die jeweils eigenen theologischen Intentionen mit diesen Zitaten zu autorisieren (so z. B. bei den Erfüllungszitaten). So ist es der mt Jesus, der die Schriften in ihrem Vollsinn auslegt, und zugleich wird die mt Christologie aus den Schriften begründet. Die beiden Intentionen unterscheiden sich letztlich in ihrer Argumentationsrichtung. (2) Reakzentuierende Rezeption – hierbei werden Traditionen gemäß den Schriften aufgenommen, doch kommt es dabei zu einer Schwerpunktver-

eigentlich diese zwischen dem manifesten und dem Referenztext entstehende (implikative) Beziehung, die jene neue textuelle Qualität hervorbringt, die als Intertextualität gilt.“ Vgl. auch Brown, „Genesis“, 42 f: „In either case, by setting an Old Testament text in a new context, Matthew creates new significance via a new set of connections. In intertextuality, this phenomenon is referred to as ‘transumption’ – ‘the way in which one text is taken up and changed by another text through an echo of the former.’ Therefore, it is not enough to identify a citation, allusion, or echo and delineate its formal connections to the precursor text.“  Levinson, Kanon, 102: „Die Tradition selbst erscheint hier als hermeneutische Konstruktion, da das Zitieren von Tradition ein Mittel zu ihrer Überarbeitung darstellt.“  Lachmann, Gedächtnis, 88. In Bezug auf seine Auslegung der paulinischen Schriften schreibt auch Hays, Echoes of Scripture in Paul, 24: „Paul’s citations of Scripture often function not as proofs but as tropes: they generate new meanings by linking the earlier text (Scripture) to the latter (Paul’s discourse) in such a way as to produce unexpected correspondences, correspondences that suggest more than they assert.“ Evans, „Listening for Echoes“, 47 nennt das von R. B. Hays beschriebene Phänomen implizite Typologie.  Ähnlich kategorisiert auch Plett, „Intertextualities“, 19, wenn er von „affirmative intertextuality“, „negative intertextuality“, „inverted intertextuality“ sowie „relativistic intertextuality“ spricht (Hervorhebung jeweils im Original). Relativierende Intertextualität bezieht er dabei vor allem auf eine Form der Intertextualität, in der alles mit allem verbunden werden kann. „Its manifestations are collage and montage, questioning everything, even their own status“ (19). Diese Form tritt jedoch im Mt nicht auf, weshalb sie hier vernachlässigt werden kann.

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1 Einleitung

schiebung. So kann zum Beispiel ein Nebenaspekt einer Tradition an Gewicht gewinnen, wohingegen ein Hauptaspekt in den Hintergrund tritt.¹¹⁸ (3) Transformative Rezeption – hier wird der Prätext teilweise aufgenommen, dann jedoch in seiner theologischen Ausrichtung verändert. Dabei bildet die neue Ausrichtung einen Kontrast zu den Erwartungen, die durch das traditionelle Verständnis geweckt werden, wie es in den Schriften selbst und durch ihre zeitgenössische Interpretation deutlich wird (z. B. Mt 2,1– 12; 21,13).¹¹⁹ Dies geschieht im Mt zumeist dort, wo die theologische Aussage des Prätextes in Konflikt mit anderen für Matthäus entscheidenden theologischen Aussagen tritt. (4) Negierende Rezeption – bei dieser Form wird der rezipierte Text negativ bewertet und zum Beispiel als Gegenbeispiel für die eigentliche Aussage angeführt.

1.4 Vorgehen Durch das enge Netz an mt Bezügen in die Schriften Israels ist es notwendig, zunächst die Aussagen zum Heil für die Völker, wie sie in den Schriften vorkommen, summarisch darzustellen (Kapitel 2). Der Schriftenlektüre des 1. Jh. n.Chr. entsprechend wird dafür eine synchrone Lesart angewendet, die die verschiedenen Vorstellungen topologisch anordnet, wodurch die Multiperspektivität der Aussagen besonders deutlich wird.¹²⁰ Dabei liegt der Fokus auf den Schriften Israels selbst, wohingegen auf die Deutung der Texte und die theologischen Argumentationszusammenhänge im Frühjudentum in Kapitel 2 zwar stellenweise knapp verwiesen wird, diese jedoch primär erst in den folgenden Kapiteln zur mt Rezeption angeführt werden. Ein Großteil der Topoi, in denen das Heil für die Völker in den Schriften thematisiert wird, lässt sich auch in den mt Texten ausmachen, weshalb die Darstellung der relevanten Texte des Mt ebenfalls anhand dieser Topoi erfolgt.¹²¹ Dabei werden die mt Perikopen stets auf ihre Bezüge in die Schriften befragt,

 Vgl. zur Akzentuierung der Abrahamsgestalt in der mt Rezeption Kap. 4.  Besonders deutlich wird dies im mt Umgang mit der Zionstheologie sowie der Vorstellung des Mit-Seins Gottes (vgl. dazu Kap. 5 sowie Kap. 10.4).  Da die Textbelege für manche der herausgearbeiteten Topoi sehr zahlreich sind, werden in diesen Fällen Belege exemplarisch angeführt. Auf Vollständigkeit wird daher verzichtet. Andere Texte hingegen werden mehrfach aufgenommen, da in ihnen verschiedene Topoi verarbeitet/ zusammengearbeitet sind.  Vgl. auch Kap. 11.

1.4 Vorgehen

31

wobei auch die frühjüdische Rezeption der Schriften mit im Blick ist. Die programmatische Einführung (Kapitel 3) bildet die mt Genealogie (Mt 1,1.2– 17), in der bereits grundlegende Einsichten der mt Theologie gewonnen werden. In den Kapiteln 4– 8 sind die mt Perikopen gemäß der Topoi „Segen in Abraham“ (4), „Völkerwallfahrt“ (5), „Völkermahl“ (6), „Weltenbaum“ (7), „Tora“ (8) geordnet. In Kapitel 8 gilt es auch die Frage nach den Konsequenzen des mt Gesetzesverständnisses angesichts der Aufnahme von „Heiden“ in die mt Gemeinde zu stellen: Welche Rolle spielt die Tora für das Heil der Völker? Gilt auch ihnen das Gesetz oder vertritt Matthäus eine gesetzesfreie „Heidenmission“? Allerdings kann nicht allein vom Heil der Völker gesprochen werden, ohne auch dessen mögliches Scheitern in den Blick zu nehmen, wie es anhand der in der mt Erzählung prominenten Vorstellungen vom Gericht deutlich wird. Diesem Aspekt gilt es demnach in Kapitel 9 nachzugehen. In Kapitel 10 schließlich wird die christologische Dimension des Heils für die Völker dargelegt, da auch sie einerseits selbst eng an die Schriften Israels rückgebunden ist und andererseits durch sie die Partikularität des Heils im Wirken des irdischen Jesus, des Sohn Davids, wie die Universalität des Heilsangebotes durch den erhöhten Weltenherrn deutlich werden. Dabei gilt der Tod Jesu als das Grunddatum der mt Soteriologie. In diesem Rahmen ist auch Mt 28,18 – 20 zu besprechen, da in der Vollmachtskundgabe des Auferstandenen und dem sich anschließenden universalen Missionsbefehl viele der vorher herausgearbeiteten theologischen Linien zusammenlaufen. Abschließend werden die Ergebnisse der Arbeit in einem letzten Kapitel (Kapitel 11) gemäß ihrer theologischen wie schriftenhermeneutischen Aspekte gebündelt. Schließlich gilt es noch, einen Hinweis zur Anordnung der mt Texte zu geben. Zwar wurden diese jeweils den verschiedenen Topoi zugeordnet, doch sind zwei Ausnahmen zu verzeichnen, in denen verschiedene Topoi zum Tragen kommen: Mt 8,11 f und 26,28. So gehört Mt 8,11 f zum einen durch die Nennung Abrahams in den Kontext der Frage, ob mit der Einspielung des Erzvaters Segensvorstellungen für die Völker mitschwingen oder nicht. Insofern ist es sinnvoll, Mt 8,11 f in diesem Zusammenhang zu besprechen (Kapitel 4). Zum anderen gibt es Stimmen in der Forschung, die hinter diesem Logion den Topos der Völkerwallfahrt erkennen, weshalb die Besprechung von Mt 8,11 f unter diesem Aspekt an Mt 2,1– 12 angeschlossen (Kapitel 5.2) ist. Des Weiteren sind die beiden Verse durch das Stichwort der „Vielen“ (πολλοί) und der Rede vom eschatologischen Mahl mit Mt 26,28 verknüpft. Daher stellt sich die Frage, ob Matthäus die Vorstellung eines Völkermahles positiv rezipiert (Kapitel 6.2). Ähnlich verhält es sich mit Mt 26,28, da der Vers zum ersten Mal in Kapitel 6.4 im Rahmen des Völkermahles relevant wird, jedoch für die Deutung des Todes Jesu ebenso von besonderer Bedeutung ist (Kapitel 10.1). Um Dopplungen zu vermeiden, werden die Texte dort ausführlich

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1 Einleitung

besprochen, wo sie zum ersten Mal relevant werden. Im Kontext der anderen genannten Topoi werden die Ergebnisse entsprechend vorausgesetzt und fließen jeweils in die Auswertungen ein.

2 Das Heil für die Völker in den Schriften Israels – ein summarischer Überblick Um die mt Schriftenrezeption umfassend zu verstehen und herauszustellen, welche Traditionen und Motive Matthäus wie weiterverarbeitete, ist es sinnvoll, zunächst zu sondieren, welche Rezeptionsmöglichkeiten sich ihm aus den Schriften überhaupt anboten. Da die Frage nach der Heilspartizipation¹ von NichtIsraeliten dort eine massive Streitfrage darstellt, bei der einerseits eine rabiate Abgrenzung von allen Völkern gefordert wird und andererseits einzelne Stimmen umfassend universales Heil² proklamieren, reicht es nicht aus darzustellen, wie die Schriften Israels vom Heil für die Völker sprechen, sondern es sind zunächst auch einige Gegenpositionen knapp anzuführen. Dass diese Betrachtung nicht ohne die Frage nach dem Heil für Israel möglich ist, ergibt sich bereits aus den untersuchten Texten, den Schriften Israels. Dieser Aspekt soll jedoch im Folgenden nicht im Vordergrund stehen. Die leitende Frage lautet: Inwiefern haben Menschen aus den Völkern teil an Gottes rettendem Handeln?³

 Zur Frage nach dem Verhältnis der Völker zu Israel und deren Heilsteilhabe liegen bereits verschiedene Studien vor. Oft stehen dabei Einzelaspekte wie Erwählung oder Teilhabe am Gottesvolk im Mittelpunkt. Auch die Wahl der untersuchten Texte wurde oft auf bestimmte Textkomplexe eingeschränkt: Vgl. z. B. Gross, Weltherrschaft; Hempel, „Wurzel“, 244– 272; MartinAchard, Israël; Bächli, Israel und die Völker; Altmann, Erwählungstheologie; Fohrer, „Universal Ideas“, 59 – 67; Lutz, Jahwe; Schreiner, „Berufung“, 94– 113; Perlitt, „Israel und die Völker“, 17– 64; Liedke, „Israel als Segen“, 65 – 74; Huber, Jahwe; Zenger, „Jahwe“, 39 – 62; Hausmann, Israels Rest, 246– 253; Schreiner, „Segen für die Völker“, 196 – 226; Blenkinsopp, „Second Isaiah“, 81– 103; Davies, „Destiny of the Nations“, 93 – 120; Gross, „YHWH verehren“, 11– 32; Gross, „YHWH und Religion“, 34– 44; Fechter, Bewältigung; Gross, „Israel und die Völker“, 149 – 167; Lohfink/Zenger, Gott Israels; Fischer, Tora für Israel; Huwyler, Jeremia und die Völker; Schreiner, „Gott Israels“, 11– 29; Roth, Israel und die Völker; Riecker, Priestervolk; Haarmann, JHWH-Verehrer; Schultz, „Nationalism“, 122 – 144; Mell, Gott; Hossfeld, „Aspekte“, 153 – 161; Gärtner, „Gottesvolk aus Israel“, 1– 29; Kaiser, Gott Israels; Timmer, Non-Israelite Nations.Weitere Literatur findet sich im Folgenden jeweils bei der Besprechung der verschiedenen Topoi.  Dafür, dass eine Differenzierung der Kategorien stattfinden muss, anhand derer Universalismus wie Partikularismus und damit zusammenhängend die Frage nach Ethnie und Soteriologie untersucht werden, spricht sich im Anschluss an Runesson, „Judaism“, 55 – 75 auch Flebbe, „Partikularismus“, 1– 5 aus. Runesson, „Judaism“, 62– 64 unterscheidet drei Aspekte, zu denen es jeweils zu fragen gilt, ob in Bezug auf diese universal oder partikular argumentiert wird: Ethik, Heilsteilhabe und Mission. Einen Schwerpunkt auf die z.T. widersprüchlichen Aussagen zum Verhältnis von Universalismus und Partikularismus setzt Fenske, „Ringen“, 181– 199.  Zugespitzt formuliert Gross, „YHWH und Religion“, 34 f das Problem folgendermaßen: „Wie kann ein Fremdvolk YHWH verehren, ohne zu YHWHs Eigentumsvolk zu gehören? Wie aber https://doi.org/10.1515/9783110594287-003

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2 Das Heil für die Völker in den Schriften Israels – ein summarischer Überblick

2.1 Heil für Israel – Unheil für die Völker In einem ersten Schritt soll demnach zunächst von der klassischen Gegenüberstellung von Israel und den Völkern ausgegangen werden. Gerade darin wird deutlich, dass es in den Schriften Israels rigorose, geradezu schroffe Abgrenzungstendenzen gibt. Dementsprechend werden im Folgenden zunächst Texte angeführt, die eine trennende Gegenüberstellung von Israel als dem erwählten Volk einerseits und den Völkern andererseits befürworten (2.1.1). Darüber hinaus gibt es Texte, in denen die Völker nicht nur nicht erwählt werden, sondern ihnen explizit Unheil verkündet wird (2.1.2). Mit dieser Darstellung wird zugleich eine Kontrastfolie geschaffen, auf der aufbauend die Vorstellungen von einem soteriologischen Handeln an den Völkern profiliert werden können (2.2 und 2.3).

2.1.1 Die Erwählung Israels – ein Ausschluss der Völker? Die Erwählung Israels gehört zu den grundlegenden theologischen Aussagen der Heilsgeschichte Israels:⁴ „Dich hat Jhwh, dein Gott, auserwählt, um ihm ein Eigentumsvolk (‫ לעם סגלה‬/ λαὸν περιούσιον) ⁵ zu sein aus allen Völkern (‫ מכל העמים‬/ παρὰ πάντα τὰ ἔθνη)“, Dtn 7,6. In Ex 19,5 wird die Erwählung weitgehend parallel formuliert und schöpfungstheologisch begründet. In der Erwählung widerfährt Israel⁶ als Volk Gottes Heil. Dabei kann von Gen 17 her die Beschneidung als körperliches Zeichen dieser Erwählung gedeutet werden.⁷ Die Erwählung des Volkes Israel ist jedoch keine Heilsgarantie für den Einzelnen, da in manchen Texten, besonders in weisheitlichen Traditionen, zwischen Gerechtem (‫ צדיק‬/ ὁ δίκαιος) und Frevler (‫ רשע‬/ ὁ ἁμαρτωλός) unterschieden wird (z. B. Ps 37,31 f; Prov 10,25.30) und nur Ersterem Heil zukommt (z. B. Ps 118,20 f;

könnte es zu YHWHs Volk werden, ohne Israels Identität zu zerstören, und wie stünde es unter solchen Umständen mit der Einheit des YHWH-Volks?“  Als heilsgeschichtliches Urereignis bezeichnet Preuss, Theologie I, 43 – 48 den Exodus, von dem sich die Erwählung Israels herleitet: „Der erwählende Gott ist der erlösende und befreiende“ (48). Vgl. weiterhin: Galling, Erwählungstraditionen; Gross, „Herausführungsformel“, 425 – 453; Labuschagne, Incomparability, 151 f; Weimar/Zenger, Exodus; Smend, „Auszug aus Ägypten“, 27– 44; Rendtorff, Theologie II, 55 – 58; Preuss, „Exodus and Election“, 286 – 303.  So auch in Dtn 14,2; 26,18 u. ö.  Zur Verwendung des Israelbegriffs vgl. Weingart, Stämmevolk.  Insofern muss diese auch in Jos 5 vor dem Einzug ins Land der Verheißung am ganzen Volk vollzogen werden.

2.1 Heil für Israel – Unheil für die Völker

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Prov 11,8).⁸ Die Rede von den „Feinden Jhwhs“ (‫ )איבי יהוה‬kann sich auf Menschen aus den Völkern beziehen (1Sam 30,26; Nah 1,2.8),⁹ ist jedoch nicht auf eine ethnische Ausdifferenzierung engzuführen (vgl. z. B. Ps 37,20; 97,3, wo die Frevler gemeint sind).¹⁰ Dass Fromme und Gerechte darüber hinaus eine aktive Rolle im Gericht übernehmen, ist in Ps 149,5 – 9 und Mal 3,21 der Fall. Während sich Mal 3,21 gegen die Gottlosen wendet, sind in Ps 149¹¹ die Völker Ziel des richtenden Handelns. Erwählung impliziert stets, dass es andere geben muss, die nicht erwählt sind – in diesem Fall die Völker. Dies führt zu einer massiven Abgrenzung von den Völkern (bes. Dtn 7; Esra 9 f; Dtn 23): In Dtn 7 ist Israel aufgefordert, bei der Landnahme an den zuvor im Land wohnenden Völkern den Bann zu vollstrecken (V. 2). Eine familiäre Verbindung ist nicht gewollt (V. 3). Israel wird als zu Jhwh gehörend erwählt (‫ בחר‬/ ἐκλέγω)¹², aus den übrigen Völkern ausgesondert und aufgrund dieser Aussonderung als „heiliges Volk“ bezeichnet (V. 6).¹³ Die Begründung verläuft über theologische Argumente.¹⁴ Es werden die Liebe Gottes zu seinem Volk und sein Treueschwur an die Väter angegeben (V. 8). Die Nichteinhaltung dieser Trennung durch Mischehen wird an verschiedenen Stellen problematisiert. Zum Teil wird darin die Gefahr des Abfalls von Jhwh gesehen, da durch die fremdländischen Frauen fremde Kulte in die Gesellschaft eingeführt würden (Dtn 7,2 – 4; Ex 34,15 f; 1Kön 11,1– 8).¹⁵ Hinter Esra 9 – 10 hin-

 Aber auch die prophetischen Texte kennen die Vorstellung einer Differenzierung innerhalb Israels im Gericht, sodass nur einem „Rest“ endgültig Heil widerfährt (so z. B. Zeph 3,11– 13), vgl. auch Gärtner, „Jerusalem“, 273 – 275.  Vgl. auch Jer 46,10 und Jes 42,13. Roth, Israel und die Völker, 288 schreibt: „Solche Stellen verstehen die Völker nicht mehr als Werkzeuge Jhwhs, sondern als seine Feinde und bilden einen Gegensatz zum deuteronomistischen Völkerkonzept.“  Vgl. auch Jes 1,24; 26,11 und in dieser Hinsicht uneindeutig 2Sam 12,14. Einen Überblick über die Vorstellung der „Feinde Jhwhs“ bietet Roth, Israel und die Völker, 276 – 289: „Im zukünftigen Gericht über die Völker wird Jahwe nicht nur diese, sondern auch die Abtrünnigen in Israel zur Rechenschaft ziehen und vernichten“ (289).  Vgl. auch SapSal 3,7 f.  Vgl. auch Ps 135,4. Zur Erwählung vgl. Rendtorff, Theologie II, 27– 29; Schreiner, „Berufung“, 95 f; Kaiser, „Ortsfremde“, 48 f.  Vgl. in diesem Sinne auch: Dtn 14,2; 26,19; 28,9. Vgl. auch Ex 19,6, wobei hier der für Israel seltener gebrauchte Begriff ‫ גוי קדוש‬verwendet wird. In Dtn 14,21 wird bezüglich des Nichtverzehrs von Aas die Heiligkeit des Volkes als Begründung angeführt, wobei die Fremden (‫גר‬/πάροικος) und Ausländer (‫נכרי‬/ἀλλότριος) dagegen kontrastiert werden.  So auch Flebbe, „Partikularismus“, 7. In Lev 11,45; 20,26 wird die Heiligkeit des Volkes mit der Heiligkeit Gottes begründet.  Vgl. auch Frevel, „Introduction“, 9.

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2 Das Heil für die Völker in den Schriften Israels – ein summarischer Überblick

gegen steht die Forderung nach Reinheit.¹⁶ Der „heilige Same“ (‫ זרע הקדש‬/ σπέρμα τὸ ἅγιον) habe sich durch die Heirat fremdländischer Frauen mit den Völkern vermischt (Esra 9,1 f). Dies führt zu einer systematisch aggressiven Abschottung Israels durch eine radikale Scheidung der Mischehen¹⁷ (Esra 10,2 f) in Form eines Bundesschlusses der Israeliten¹⁸ mit Gott (V. 3). Auch in Neh 10,31 wird von dieser radikalen Absonderung von allen Fremdstämmigen, durch ein Heiratsverbot der Kinder, berichtet.¹⁹ Die Wahrung der eigenen Identität verläuft also über eine radikale Trennung von den Völkern.²⁰ In Dtn 23 geht es um die Frage nach der Zugehörigkeit zur Gemeinde (‫בקהל‬ ‫ יהוה‬/ εἰς ἐκκλησίαν κυρίου).²¹ Dabei findet ebenfalls eine deutliche Abgrenzung von den Völkern statt,²² wobei zwischen Fremden verschiedener Völker unterschieden wird. Die Ammoniter und Moabiter werden negativ bewertet und von der Versammlung Jhwhs ausgeschlossen (V. 4), die Edomiter und Ägypter sollen jedoch nicht verabscheut werden (V. 8). Radikal gegen die Teilnahme von Menschen aus den Völkern am Kult äußert sich auch Ez 44,6 – 9. In rechtlichen Angelegenheiten wird die Sonderstellung Israels ebenfalls deutlich. So ist es zum Beispiel im Falle des Erlassjahres erlaubt, den Ausländer zu drängen, seine Schulden zuvor zurückzuzahlen (Dtn 15,3), bei einem Israeliten hingegen ist dies verboten.

 So auch Frevel, „Introduction“, 9: „[T]he reproach claims for (genealogical) purity“. Flebbe, „Partikularismus“, 8 – 10 geht davon aus, dass hier ein ethnisches Konzept einer sonst in den Schriften eher verbreiteten „theologischen Ethnos-Definition“ (9) gegenübergestellt wird.  Dazu, dass Absonderung oft mit der Thematik von Mischehen verbunden ist, vgl. z. B. Delling, Lehre, 42– 53. Frevel, „Introduction“, 10 unterscheidet drei Argumentationsmuster, die zur Ablehnung von Mischehen und zu der daraus resultierenden Absonderung führen: „an emotional one focusing on endogamy found in the partiarchal narratives, a religious rationale focussing on monolatry and religious identity which might be labeled ‚Deuteronomitic,‘ and a cultic line focusing on purity and genealogy.“ Weiterhin ist zur Thematik der Mischehen auf Frevel, Marriages zu verweisen.  Dazu, dass in Neh 10,29 allein Israeliten gemeint sein können, vgl. Heckl, Neuanfang, 329 – 336, bes. 334.  Zum nachexilischen Verhältnis des ‫ עם הארצץ‬und der ‫ בני הגולה‬vgl. Gunneweg, „‫“עם הארץ‬, 29 – 36; Kaiser, „Ortsfremde“, 48 – 52.55 – 59.  In dieser Linie steht auch die Theologie des frühjüdischen Jubiläenbuches; vgl. Jub 20,4– 8, wo das Verbot der Mischehen auf Abrahams Anweisung zurückgeführt wird (vgl. weiterhin Jub 30,13 f; 41,1– 3). Ausführlich zur Mischehenthematik im Jubiläenbuch Frevel, „Separate Yourself“, 220 – 250. Ein Verbot von Mischehen findet sich auch in TestLev 9,10; TestJud 11,3 – 5; 14,6 sowie in Philo, SpecLeg 3,29 und Josephus, Ant 8,191 f.  Zum Verständnis des ‫ קהל יהוה‬in Dtn 23 vgl. Ebach, Fremdendarstellungen, 74– 83.  Laut Kaiser, „Ortsfremde“, 53 findet die „dtr Isolationsforderung“ in Dtn 23 ihren „deutlichsten Ausdruck“.

2.1 Heil für Israel – Unheil für die Völker

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Wie eng die Verbindung Israels mit Gott ist, kommt in der sog. Bundesformel²³ zum Ausdruck (‫ והייתי לכם לאלהים ואתם תהיו־לי לעם‬/ καὶ ἔσομαι ὑμῶν θεός, καὶ ὑμεῖς ἔσεσθέ μου λαός; Lev 26,12). Passend dazu bezeugt Dtn 4,19 f, dass die einzelnen Völker jeweils den Gestirnen als ihren je eigenen Göttern zugeordnet worden seien. Bittere Polemik und Degradierung der Götter der Völker finden sich bei DtJes (z. B. Jes 41,23 f; 44,6 – 20; vgl. Jer 51,18). In diesen Texten wird die scharfe Trennung zwischen Israel und den Völkern auf religiös-kultischer Ebene deutlich, die Auswirkungen bis in den familiären Bereich hat. Eine Heilsteilhabe der Völker an Jhwhs rettendem Handeln ist hier undenkbar.

2.1.2 Das Gericht über die Völker Von dieser Sonderstellung Israels ausgehend scheint es nur konsequent, dass den Völkern in vielen Texten Gericht²⁴ verkündet wird. Besonders prominent geschieht dies in den sog.Völkersprüchen. Einen je eigenen großen Abschnitt bilden sie in Jes 13 – 23; Jer 46 – 51MT/Jer 26 – 31LXX²⁵; Ez 25 – 32²⁶ und Am 1,3 – 2,3²⁷.²⁸ Die Völker sind Adressaten der Gerichtsankündigung.²⁹ Jene, die namentlich genannt werden, sind hauptsächlich die unmittelbaren Nachbarn Israels (Philister, Moabiter, Edomiter, Ammoniter, Syrer, Phönizier). Aber auch den herrschenden Großmächten Ägypten, Babylon³⁰ und Assur – bzw. ihren Königen in stellvertretender Form – wird das Gericht angekündigt.³¹

 Ex 6,7; Dtn 26,17 f; 29,12; Jer 7,23; 11,4; 24,7; 30,22; Ez 11,20; 36,28; Sach 8,8 u. ö. In Negation findet sich die Bundesformel in Hos 1,9. Vgl. dazu Lipinski, „Art. ‫“עם‬, 191, weiterhin Rendtorff, Bundesformel.  Allgemein zum Gericht und zum Versuch einer Kategorisierung vgl. Brandenburger, „Gerichtskonzeption“, 4– 54 und dazu kritisch Müller, „Gott als Richter“, 23 – 53.  Ausführlich zu den Fremdvölkersprüchen in Jer 46 – 49MT Huwyler, Jeremia und die Völker.  Vgl. dazu Fechter, Bewältigung. Ausführlich zu den Fremdvölkersprüchen Ezechiels, vgl. Premstaller, Fremdvölkersprüche.  Die Sprüche im Amosbuch beschränken sich nicht auf die Fremdvölker. Vielmehr sind an die Gerichtsansagen an fremde Völker (Am 1,3 – 2,3) in Am 2,4– 16 Gerichtssprüche über Juda und Israel angeschlossen.  Weitere stehen in Joel 4; Obd; Zeph 2; 3,6 – 9; Nah.  Darüber hinaus gibt es jedoch auch Texte, in denen vom Gericht über die Völker die Rede ist, diese aber nicht direkt als Adressaten angesprochen werden, vgl. z. B. Jes 62,3 – 6; Ez 36,5.  Es ist auffällig, dass gerade Ezechiel keinen Fremdvölkerspruch gegen Babylon aufweist, wohingegen die Sprüche gegen Babylon in Jes 13 und 14 geradezu als Typus gestaltet sind, sodass sie auch allgemein auf andere Mächte anwendbar wären, vgl. Preuss, Theologie II, 309 f.

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2 Das Heil für die Völker in den Schriften Israels – ein summarischer Überblick

Allerdings fällt auf, dass die Gerichtssprüche nur in Ausnahmen wegen Fehlverhaltens gegenüber dem erwählten Volk Israel ergehen. Wird jedoch ein solcher Vorwurf laut, so liegt er im Spott³² der Völker über das Unheil, das Israel oder Jerusalem widerfahren ist (Ez 25,3.6; 26,2), oder darin, dass Völker den Feinden Israels direkte Mithilfe leisteten (Am 1,11; Obd 10). Ein viel häufiger genannter Grund für Gottes Gerichtshandeln an den Völkern ist deren Hybris (Jes 13,11; 16,6; 23,9; Jer 48,7.29 f; Ez 28,17; Am 2,9; Obd 3), die sich z.T. sogar explizit gegen Jhwh richtet (Jes 14,13; Jer 50,29; Ez 28,2; 29,3; 32,12). Ein weiterer Anklagepunkt liegt in ihren übertriebenen und menschenverachtenden militärischen Bestrebungen: Jes 14,6 bezeichnet Babel als Unterdrücker, Ägypten wolle sein Heer über die Welt erstrecken (Jer 46,8), die Völker zertreten alles (Jes 18,2), sie verbreiten Schrecken und Bosheit (Ez 32,26; Nah 3,19). Die Leidtragenden der Vergehen der fremden Völker lassen sich demnach nicht auf Israel beschränken, sondern können auch andere Völker umfassen (vgl. auch Am 1,2– 2,16). Daran wird deutlich, dass die Gerichtsansagen nicht grundsätzlicher Natur sind in dem Sinn, dass sie an die Völker ergehen, weil sie Völker sind.

2.2 Weder Unheil noch Heil für die Völker Es zeigt sich bereits hier, dass eine grundlegende Gegenüberstellung von Israel und Völkern nicht per se aufrecht zu halten ist. Dass sie sogar zu kurz greift, wird im Folgenden gezeigt: Zum einen ist der Gerichtsgedanke nicht auf die Völker beschränkt. Vielmehr finden sich Texte, die auch Israel, trotz seiner Erwählung, Gericht ankündigen. Hinzu kommen jene, die von einem universalen Weltgericht sprechen, bei dem die Aufteilung Heil für Israel und Unheil für die Völker ebenfalls nicht mehr greift (2.2.1). Zum anderen lassen sich Texte identifizieren, die den Völkern zwar noch kein explizites Heil zusprechen, ihnen jedoch eine andere Rolle zuteilen als die der Gerichteten. So können die Völker selbst als Werkzeuge Jhwhs im Gericht über andere fungieren (2.2.2), oder aber sie sind Zeugen seines heilschaffenden Handelns, das sie zur Gotteserkenntnis führen

 Hinzu kommen Gerichtsankündigungen für einige andere, wie Kusch (Ez 30,5), Elam (Jer 49,34– 39) und Arabien (Jes 21,13 – 17); vgl. ferner die große Aufzählung verschiedener Völker, die unter Gottes Zorn fallen, in Jer 25,15 – 29.  Der Spott der Völker drückt sich auch in der Wendung ‫ איה־נא אלהיהם‬/ ποῦ ἐστιν ὁ θεὸς αὐτῶν aus, vgl. Ps 79,10; 115,2; Joel 2,17; ähnlich Mi 7,10; Jer 2,28; Ez 22,4; 36,4 f; Ps 44,14 u.ö. In 2Chr 32,17 ist sogar von einem Spottbrief über Jhwh die Rede, in dem es heißt, er könne sein Volk nicht retten. Zu Texten, die umgekehrt aus der Perspektive Israels über die Götzendienste der Völker spotten, vgl. Preuss, Verspottung.

2.2 Weder Unheil noch Heil für die Völker

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kann (2.2.3). Zu einer ambivalenten Reaktion bei den Völkern führt die Vorstellung des Mit-Seins Gottes auf dem Zion. Eine partielle Heilsteilhabe liegt auch in der Vorstellung des Dienens der Völker am Zion vor (2.2.4). Schließlich wird ihnen, wie auch Israel, die Möglichkeit zur Umkehr und damit die Möglichkeit zur Abwendung des Gerichts eingeräumt. Auch dort, wo das Gericht ergeht, ist es nicht unbedingt mit ewigem Heilsausschluss gleichzusetzen (2.2.5).

2.2.1 Das universale Weltgericht Von den oben angeführten expliziten Gerichtsansagen gegen ein bestimmtes Volk sind jene Texte zu unterscheiden, die von einem universalen Gericht ausgehen, ohne jedoch zwischen den einzelnen Völkern zu differenzieren. Diese Universalisierung³³ findet sich zum Beispiel im Zusammenhang der Vorstellung vom ‫יום‬ ‫יהוה‬.³⁴ In Jes 13,6 f wird der Tag Jhwhs verheißen, an dem jedes menschliche Herz schmelzen/sich fürchten wird (‫ כל־לבב אנוש ימס‬/ πᾶσα ψυχὴ ἀνθρώπου δειλιάσει; V. 7) und die Erde zur Wüste werden soll (‫ הארץ לשמה‬/ τὴν οἰκουμένην ὅλην ἔρημον; V. 9). Auch in Obd 15 wird das Gericht des ‫ יום יהוה‬allen Völkern angekündigt. Jenseits des ‫ יום יהוה‬wird in Jes 66,15 f von einem Gericht über „alles Fleisch“ (‫ כל־בשר‬/ πᾶσα σάρξ; V. 16) gesprochen, womit sowohl die Völker als auch die Zionsgemeinde gemeint sind.³⁵ Jes 66,24 geht über die Vorstellung eines ein-

 Die Universalisierung des Gerichtsgedankens im Allgemeinen arbeitet Stettler, Gericht, 67– 108 als eine von drei Entwicklungslinien heraus, die die Vorstellung des Gerichtsgedankens in den Schriften geprägt haben. Zunächst geht er von einer Individualisierung aus (1), wobei nicht mehr das Volk als Kollektiv gerichtet wird, sondern der Einzelne sich im Gericht verantworten muss. (2) Universalisierung – die Gerichtsankündigung ergeht nicht mehr nur an Israel, sondern an die ganze Welt. (3) Eschatologisierung – das göttliche Gericht erstreckt sich nicht mehr, wie es für die Mehrzahl der Texte in den Schriften gilt, innerhalb der Geschichte, sondern wird auf einen eschatologischen Gerichtstag verschoben.  In Ez 30,3 ist vom Tag Jhwhs als „Zeit der Nationen“ (‫ )עת גוים‬die Rede, wohingegen die LXX verdeutlichend vom „Tag des Endes der Völker“ (ἡμέρα πέρας ἐθνῶν ἔσται) spricht. Dieser allgemeinen Aussage schließt sich in V. 4 ein Fremdvölkerspruch über Ägypten an. Auch in Joel ist der Tag Jhwhs als Völkergericht gekennzeichnet, vgl. Roth, Israel und die Völker, 56 – 109, der auch die Entwicklung der ‫יום יהוה‬-Vorstellung innerhalb des Dodekaprophetons nachzeichnet (93 – 99).  Vgl. Gross, „Israel und die Völker“, 161. Der Ausdruck „alles Fleisch“ (‫ כל־בשר‬/ πᾶσα σάρξ) wird vor allem in Gen 6 – 9 eindeutig in einem universalen Verständnis verwendet. Auch Hiob 34,15 bezeugt ein universales Verständnis, wenn es heißt, dass „alles Fleisch“ sterbe (‫)גוע‬, ähnlich Jes 40,6. Vgl. auch das eindeutig schöpfungstheologische Verständnis von Dan 4,9, wo „alles Fleisch“ als Zusammenfassung der zuvor genannten Tiere des Feldes und Vögel des Himmels gebraucht wird.

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2 Das Heil für die Völker in den Schriften Israels – ein summarischer Überblick

maligen, universalen Gerichts hinaus, da dieses dort als ewiges Gericht verstanden wird.³⁶ Deutungsoffen sind Texte wie Zeph 1,14– 18, da nicht klar ist, ob ‫ כל־ישבי הארץ‬/ πάντας τοὺς κατοικοῦντας τὴν γῆν in V. 18 mit „alle Bewohner der Erde“ oder „alle Bewohner des Landes (Israel)“ zu übersetzen ist.

2.2.2 Die Völker als Werkzeuge des Gerichts und Heils JHWHs Die Völker erfahren jedoch nicht allein das göttliche Gericht oder sind Adressaten seiner Ankündigung, sondern können als Werkzeuge Jhwhs einen aktiven Part in der Durchführung des Gerichts übernehmen. Einige Texte sprechen von der Sammlung eines Heeres von Völkern und Königen auf Geheiß Jhwhs.³⁷ Alternativ kann auch ein Volk statt eines Heers von Völkern genannt sein (vgl. Joel 2,2 f: ‫עם רב‬ ‫ ועצום‬/ λαὸς πολὺς καὶ ἰσχυρός; V. 2)³⁸, wobei auch hier dessen Kriegsstärke betont wird. In Hab 1,5 – 12 sind es die Chaldäer,³⁹ die Jhwh zum Gerichtsvollzug einsetzt, in Jes 10,5 die Assyrer.⁴⁰ Dies gilt jedoch nicht nur für Völkerheere oder ganze Völker, sondern auch Einzelpersonen können diese Rolle (pars pro toto) übernehmen. Besonders Nebukadnezzar wird als „Knecht Jhwhs“ bezeichnet (Jer 25,9; 27,6; 43,10) und sein Handeln an Israel⁴¹ wird als Beauftragung durch Jhwh stilisiert. Die Darstellung Nebukadnezzars als Werkzeug Jhwhs beschränkt sich jedoch nicht auf das Strafhandeln Jhwhs an Israel, sondern bezieht auch andere Völker mit ein (z. B. handelt er in Jer 46,24– 26; Ez 30,10 an Ägypten)⁴². Völker können also im Namen Jhwhs zum Unheil für andere Völker werden. Als Besonderheit kann die Betitelung des Perserkönigs Kyros als „Jhwhs Messias“ (‫ לכורש למשיחו‬/ χριστῷ μου Κύρῳ) in Jes 45,1 angesehen werden, der in Gottes Auftrag die Stadt Babylon einnimmt, also als König über ein fremdes Volk an

 Vgl. Westermann, DtJes, 340: Hier „ist die Vernichtung als Gottes Gericht nicht mehr einmaliger Akt, sondern ewiger Zustand: die ewige Verdammnis. […] Auch das ist universal zu fassen: alle Feinde Gottes, in Juda und außerhalb Judas.“  Vgl. Jes 13,4 f.27; Jer 50,9.41; 51,27 f; Ez 26,3; 28,7.  Vgl. auch Timmer, Non-Israelite Nations, 31 f. Für Zeph 3,11– 13 geht Oeming, „Gericht“, 294 ebenfalls von Völkern als Werkzeug Gottes aus.  Vgl. dazu Timmer, Non-Israelite Nations, 140 f.  Vgl. auch die Vorstellung des „Feindes aus dem Norden“ in Jer 4,5 – 7; 6,1 u. ö.  Dieses Schema funktioniert jedoch auch umgekehrt, denn in Jes 10,17 sind es z. B. Israel und „sein Heiliger“, die die Funktion eines Werkzeugs Jhwhs an Assur übernehmen, vgl. auch Jes 11,13 f; 41,15 f; Jer 51,20 – 23; Ez 25,14; Obd 18; Mi 4,13; Zeph 2,9 f; Sach 9,13; 1Bar 4,25. In Jes 26,5 f sind es die Elenden und Geringen, die diese Funktion übernehmen.  Vgl. auch Ez 26,3, wo viele Völker (‫ גוים רבים‬/ ἔθνη πολλά) gegen die Stadt Tyros anbranden; vgl. auch 28,7.

2.2 Weder Unheil noch Heil für die Völker

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einem anderen Fremdvolk im Auftrag Jhwhs handelt.⁴³ Laut 2Chr 36,23 erkennt er sogar selbst seine Erwählung durch Jhwh.⁴⁴ Die Eroberung Babylons wird dabei nicht als Gericht an der Stadt, sondern als befreiendes und somit rettendes Handeln charakterisiert.⁴⁵

2.2.3 Die Völker als Zeugen des Gerichts und Heils JHWHs Neben ihrem Part als Werkzeuge können die Völker auch als Zeugen auftreten. Während der Zeuge im israelitischen Gerichtswesen eine wichtige Rolle spielt (Dtn 17,6; 19,15) und zum Beispiel das Auftreten als Falschzeuge immer wieder als verwerflich charakterisiert wird (Prov 25,18; Ps 27,12; 35,11 f), werden Menschen aus den Völkern nur in Jes 43,9 mit dem Begriff „Zeugen“ (‫ )עדים‬bezeichnet.⁴⁶ Des Weiteren gibt es Texte, in denen sie zwar nicht wörtlich als ‫עד‬/μάρτυς bezeichnet werden, jedoch eine ähnliche Funktion erfüllen: In Dtn 29,21.23 bezeugen die folgenden Generationen Israels sowie die Völker die Auswirkungen des Gerichts, das über Israel ergangen ist, und fragen nach dessen Grund. In Ez 26,16 wird Tyrus zum Schreckensbild, aufgrund dessen sich die Völker und Inseln entsetzen (ähnlich Ez 28,18 f). Die Völker treten jedoch nicht allein dann als Zeugen auf, wenn sie das Gericht Gottes bezeugen sollen, sondern sind auch Zeugen seiner Wohltaten. So

 Vgl. Kratz, Kyros, bes. 45 – 47. Grätz, „Kyroszylinder“, 347 geht davon aus: „Der eigentlich unerhörten Aussage, Kyros sei der ‚Gesalbte‘ Jhwhs, wird […] auch ein wenig die Schärfe genommen. Denn dieser Gesalbte dient letztlich den Interessen des eigentlich Erwählten JakobIsrael.“  Dass diese Darstellung nicht der historischen Selbstdarstellung entspricht, zeigt die Inschrift des Kyroszylinders (TUAT I, 407– 410; vgl. auch Schaudig, Inschriften, 550 – 556). Daran wird deutlich, dass die Darstellung der Völker als Werkzeuge Jhwhs auch immer eine theologische Aussage ist. Hinzu kommt, dass die Nabonid-Chronik bezeugt, dass Kyros gar nicht selbst Babylon einnahm, sondern sein Feldherr Gubaru/Gaubarva, vgl. Gressmann, Altorientalische Texte, 366 – 368, bes. 368, sowie Schaudig, Inschriften, 25.  Vgl. Kyroszylinder (TUAT I, 407– 410).  Häufiger findet sich die Vorstellung von Zeugen im gerichtlichen Setting in frühjüdischen Texten. Explizite Aussagen, dass Völker in den Zeugenstand treten, finden sich auch hier nicht, allerdings sind es oft Gerechte, die diese Funktion erfüllen, und somit nicht notwendigerweise Israeliten. Bereits in Ez 14,14.20 wird Hiob, ein Nicht-Israelit aus Uz (vgl. Hiob 1,1), sogar neben Noah und Daniel als exemplarischer Gerechter dargestellt. Stellenweise sind es auch die eigenen Handlungen und Werke, die den Sünder vor Gericht überführen (vgl. SapSal 4,20; 2Bar 24,1; 40,1; 48,47; 4Esra 7,35; 1Hen 96,4.7; 97,3 – 5); vgl. dazu auch Stettler, Gericht, 153.

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2 Das Heil für die Völker in den Schriften Israels – ein summarischer Überblick

findet der Exodus vor den Augen der Nationen statt (Lev 26,45).⁴⁷ Dabei lassen sich die Texte, die den Völkern ihr eigenes Gericht vor Augen führen (vgl. Mi 7,14– 17; Ez 21,4.10),⁴⁸ von solchen unterscheiden, die ihnen Erkenntnis ermöglichen: So sind die Völker – gemäß Ez 36,34– 36 – Zeugen der Restitution des Landes Israels, wobei sie zwar nicht selbst Anteil haben an dem geschehenen Heilshandeln (sie werden als Vorüberziehende [‫ כל־עוב‬/ παντὸς παροδεύοντος] bezeichnet; V. 34), sondern vielmehr zur Erkenntnis Jhwhs gelangen (‫ וידעו הגוים ]…[ כי אני יהוה‬/ καὶ γνώσονται τὰ ἔθνη ὅτι ἐγὼ κύριος; V. 36), indem sie das Land Israels sehen, das wie der Garten Eden sein soll.⁴⁹ Die Bedeutung der Tora, wie sie Israel gegeben ist,⁵⁰ erkennen sie ebenfalls als besondere Weisheit Israels an (Dtn 4,6). Laut Dtn 31,12 sollen die Fremden in Israel die alle sieben Jahre stattfindende Toralesung mit anhören, davon lernen und schließlich Gott fürchten sowie nach den Weisungen der Tora leben.⁵¹ Des Weiteren findet sich besonders bei DtJes die Vorstellung, dass die Einzigkeit Jhwhs an dessen Taten erkannt wird (z. B. Jes 41,5; 49,26).⁵²

2.2.4 Das Mit-Sein Gottes auf dem Zion und der Dienst der Völker Die Erkenntnis Jhwhs, die sich an verschiedenen Aspekten, wie zum Beispiel Jhwhs geschichtlichem Handeln an Israel, festmachen kann, zeigt sich auch an der Vorstellung, dass Jhwh ein Gott ist, der mit seinem Volk ist (vgl. prominent dazu die Immanuel-Verheißung in Jes 7,14; 8,8). Dies ruft bei den Völkern unterschiedliche Reaktionen hervor. In Jes 8,9 f sollen die Völker erschrecken, da Jhwh mit Israel ist. Hingegen berichtet Sach 8,20 – 23 davon, dass es gerade das Wissen um Gottes Mit-Sein ist, das die Völker motiviert, zum Zion zu ziehen (‫כי שמענו‬ ‫ אלהים עמכם‬/ διότι ἀκηκόαμεν ὅτι ὁ θεὸς μεθ᾽ ὑμῶν ἐστιν; V. 23). Auch im Tem-

 Ex 12,38 erwähnt sogar eine große gemischte Gruppe (‫ ערב רב‬/ ἐπίμικτος πολύς), die am Auszug der Israeliten partizipiert. Vgl. dazu Greenberg, „Menschheit“, 33; Flebbe, „Partikularismus“, 20.  Vgl. auch Jes 49,26, wo das Gericht über Israels Unterdrücker angesagt ist, das aber für die restliche Welt (‫ כל־בשר‬/ πᾶσα σάρξ) zur Erkenntnis Gottes als Retter und Erlöser (‫ )מושיע וגאל‬führt.  Vgl. auch Jes 61,9 – 11; Ps 126,2.  Während die Tora Israel gegeben ist und die Völker sie nur als solche anerkennen, gibt es auch Texte, in denen sich Tora – als Gottes Ordnung – auch an die Völker richtet, vgl. z. B. Jes 2,3 oder Jes 42,4MT (‫)ולתורתו איים ייחילו‬, hier vermittelt durch den Knecht Gottes.  Vgl. dazu Ebach, Fremdendarstellungen, 196 – 198.  Jes 45,1– 7 bringt zum Ausdruck, dass die Erkenntnis Jhwhs durch die Völker auf den Siegeszug des Kyros zurückgeführt wird und dieser wiederum auf Jhwh. Außerhalb von DtJes vgl. Jos 4,23 f; Jes 37,20; Ez 20,9.

2.2 Weder Unheil noch Heil für die Völker

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pelweihgebet Salomos wird sowohl das Hinzukommen von Menschen aus den Völkern (1Kön 8,41– 43) als auch das Mit-Sein Gottes mit ihnen (1Kön 8,57) erwähnt.⁵³ Dieses Hinzukommen zum Zion führt des Öfteren zu einer untergeordneten Teilhabe am Heil. Die Völker werden zwar nicht vernichtet, jedoch haben sie zum Beispiel die Aufgabe, Israel (unterwürfig) zu dienen (vgl. Jes 14,2; 45,14 f; 49,22 f; 60,10; 61,5 u. ö.).⁵⁴ Eine andere Form des Dienens findet sich zum Beispiel in Dan 7,13 f, wo es heißt, dass die Völker nicht Israel, sondern dem Menschensohn dienen werden.⁵⁵

2.2.5 Umkehr der Völker – Ende des Gerichts durch JHWH „Die Erwählung Israels war kein Verzicht JHWHs auf die anderen Völker“⁵⁶ und das Gericht über die Völker ist nicht das letzte Wort. Die Fremdvölkersprüche im Jeremiabuch kündigen zunächst Gericht an, doch bleibt die Unheilsansage nicht absolut als totale Vernichtung des jeweiligen Volkes stehen, sondern wird durch Jhwh selbst auch wieder beendet. Ägypten wird restituiert (Jer 46,26); das Geschick Moabs (Jer 48,46), Ammons (Jer 49,6) und Elams (Jer 49,39) soll wieder gewendet werden. Insofern wird schon hier, durch das Gericht hindurch, ein heilsschaffendes Handeln Gottes auch an den Völkern deutlich. Andere Texte sprechen von einem „Rest“, der von den Völkern übrig bleibt,⁵⁷ ebenfalls nachdem diese durch das Gericht Gottes hindurchgegangen sind:⁵⁸ In

 Vgl. auch 2Chr 13,12 und in Verbindung mit zionstheologischen Aussagen auch Ps 46,8.12.  Vgl. zudem 4Q504 IV,8 – 13 (DJD 7); 1Q28b V,20 – 29 (DJD 1); 1QM VII,7– 18 (Sukenik, DSSHU). Siehe dazu Holtz, Gott, 104– 106.  Vgl. dazu auch Kap. 10.4.2.  Preuss, Theologie II, 306.  Siehe Hausmann, Israels Rest, 249: „Da, wo anderen Völkern der Titel ‚Rest‘ zugestanden wird, ist auch ihre Eingliederung möglich.“  Vgl. auch Jes 17,6; 24,6; Sach 9,7. Zu diesen Texten ist auch Jes 66,19 zu rechnen. Hier ist von „Entronnenen“/„Geretteten“ (‫פליטים‬/σεσῳσμένους) die Rede, die aus dem Gericht (V. 18) übrig geblieben sind. Interessanterweise scheint es gemäß Jes 66,19 Völker zu geben, die so weit entfernt leben, dass sie keinen Anteil am Gericht haben. Dafür, dass es sich in Jes 66,18 wirklich um ein Gericht handelt, auch wenn die Vokabel nicht explizit auftaucht, führt Gross, „Israel und die Völker“, 161 f, Anm. 24 drei Argumente an: (1) Der Ausdruck „alle Völker und Zungen“ (‫כל־הגוים‬ ‫ והלשנות‬/ πάντα τὰ ἔθνη καὶ τὰς γλώσσας) nimmt den Ausdruck „alles Fleisch“ (‫ כל־בשר‬/ πᾶσα σάρξ) aus V. 16 auf. (2) In V. 19 von „Entronnenen“ zu sprechen, ist nur unter einem Gerichtsaspekt sinnvoll. (3) Sammeln zum Gericht mit ‫ קבץ‬findet sich so auch bei Joel 4,2. Gärtner, „Gottesvolk aus Israel“, 9 f.19 f spricht sich gegen (1) aus,votiert jedoch trotzdem dafür, dass es sich in Jes 66,18 um ein Gericht an den Völkern handelt, wobei sie besonders Punkt (2) betont. Anders allerdings Koenen, Ethik, 209, Anm. 9.

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2 Das Heil für die Völker in den Schriften Israels – ein summarischer Überblick

Zeph 3,9 bleibt ein „Rest“, der nun reine Lippen hat,⁵⁹ um den Namen Jhwhs anzurufen.⁶⁰ In Sach 14,16 pilgern alle Übriggebliebenen aus den Völkern (‫ כל־הנותר מכל־הגוים‬/ καταλειφθῶσιν ἐκ πάντων τῶν ἐθνῶν) jedes Jahr mit Israel zum Laubhüttenfest nach Jerusalem, um den Herrn anzubeten.⁶¹ Die Aussicht auf einen „Rest“ am Ende des Gerichts als alleinige Hoffnung für die Völker greift jedoch zu kurz. Vielmehr besteht auch für sie die Möglichkeit der Umkehr, bevor das Gericht über sie ergeht. Besonders eindrücklich wird dies in der Erzählung von der Umkehr Ninives, die in Jona 3 f geschildert wird, in der vom König bis zum Vieh alle Buße tun (Jona 3,5 – 9). Grundlegend für ihre Umkehr ist dabei, dass sie zum Glauben an Gott gekommen sind (‫ ויאמינו‬/ ἐνεπίστευσαν; Jona 3,5).⁶² Umgekehrt lässt sich die Zuwendung Gottes auch von seiner Beziehung zu seiner Schöpfung her, zu der die Völker ebenfalls gehören, begründen: „Das Anliegen des Buches Jona ist Gottes unparteiische Sorge um das Wohlergehen aller seiner Geschöpfe“⁶³ (vgl. Jona 4,11).

2.3 Heil für die Völker Die bisherige Darstellung hat gezeigt, dass die Völker keineswegs per se Adressaten des Unheils sind, sondern ihnen verschiedene Rollen zugeschrieben werden, die differenziert betrachtet werden müssen. Ein ähnlich vielfältiges Bild er-

 Vgl. zu dieser Vorstellung auch Jes 6,5 – 7, wo die Läuterung der Lippen des Propheten ebenfalls zu dessen Integration in den Kult führt, siehe Hartenstein, Unzulänglichkeit, 203 f; weiterhin Oeming, „Gericht“, 290.294.  Dazu kommentiert Altmann, Erwählungstheologie, 30 sogar: „Jede Verschiedenheit zwischen den Völkern ist aufgehoben; keine Rede mehr von einem erwählten und besonders bevorzugten Volk. Die Theologie dieses Glossators ist einer der Höhepunkte des Alten Testaments, ja der gesamten Bibel. Der religiöse Universalismus hat jegliche Erwählungstheologie überwunden.“ Vgl. zudem Oeming, „Gericht“, 289 – 300; Timmer, Non-Israelite Nations, 160 – 164; Gärtner, „Jerusalem“, 270 – 278, die darauf hinweist, dass in Zeph 3,9 von ‫ עמים‬die Rede ist, im Unterschied zu Zeph 2,5; 3,6, wo es ‫ גוים‬heißt (276).  Jene aber, die sich dem Dienst an Jhwh verweigern, werden weiterhin dem Gericht unterzogen, vgl. Sach 14,17– 19; Jes 60,12. Wildberger, „Art. ‫“בחר‬, 293 weist darauf hin: „[D]er Partikularismus des Erwählungsglaubens ist durchbrochen, was sich schon bei Deuterojesaja angebahnt hatte, ohne daß doch die Sonderstellung Israels preisgegeben wäre.“  Vgl. Kaiser, „Wirklichkeit“, 49; Roth, Israel und die Völker, 171: „Eine Jhwh-Verehrung von Heiden ist möglich und denkbar. Deswegen ist […] das eschatologische Gerichtskonzept überflüssig und wird abgewiesen.“ Davon, dass dies aus der Sicht Israels zum Stein des Anstoßes werden kann, geht Weimar, Geschichte, 185 aus, der die Reaktion Ninives als „geradezu provozierend“ bezeichnet.  Greenberg, „Menschheit“, 26.

2.3 Heil für die Völker

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gibt sich auch für die verschiedenen Möglichkeiten einer Heilsteilhabe, die es im Folgenden genauer darzustellen gilt. Wie umfassend diese Heilsteilhabe der Völker ausfallen kann, wird in Am 9,7 deutlich, da dort das rettende Heilsereignis Israels, der Exodus,⁶⁴ kein Alleinstellungsmerkmal des Gottesvolkes mehr ist.⁶⁵ Eine Herausführung aus fremdem Land durch Gott wird auch für die Philister und Syrer angenommen: „Habe ich nicht die Israeliten heraufgeführt (‫ )העליתי‬aus dem Land Ägypten und die Philister aus Kaftor und Aram aus Kir?“⁶⁶ Auch die Vorstellung eines Bundesschlusses ist nicht auf Israel beschränkt. Vielmehr schließt Gott mit der ganzen Schöpfung einen Bund, der unabhängig vom Bund mit Israel besteht und mit der Menschheit vor ihrer Ausdifferenzierung in verschiedene Völker geschlossen wurde (2.3.1). In diesem Zusammenhang stellt die Menschheitsfamilie also ein Konzept dar, das der Volkswerdung vorausgeht und alle Völker verwandtschaftlich verbindet (2.3.2). Der göttliche Segen ergeht ebenfalls nicht nur an Israel. Durch die Gestalt Abrahams ist im Segen die Erwählung Israels eng mit dem Heil für die Völker verknüpft (2.3.3). Eine ähnliche Verschränkung ergibt sich auch über den Fokus des Lebensraumes der Völker. Zwar ist dieser einerseits auf die ganze Welt bezogen, wie es zum Beispiel im Bild des Weltenbaums geschieht (2.3.4), aber auch Israel kommt als Land, in dem Menschen der Völker als Fremdlinge leben, in den Blick (2.3.5). Fremdlinge im Land Israel sind vor allem in der Tora bedacht, woraus sich folglich die Frage nach der Beziehung der Völker zur Tora Gottes, die als Gottes gute Ordnung und damit als Heilsgabe betrachtet werden kann, stellt (2.3.6). Daran wird deutlich, dass eine Darstellung des Heils für die Völker nicht allein in einer Untersuchung der Möglichkeit der Inklusion von Menschen aus den Völkern ins Volk Israel aufgeht, was durch die Gruppe der Jhwh-Verehrer unter den Völkern weiter unterstrichen wird (2.3.7). Nichtsdestotrotz gibt es auch Texte, die (einzelne) Völker explizit als Volk Gottes bezeichnen (2.3.8). Daneben stehen Texte, die von einer Wallfahrt der Völker zum Zion ausgehen und die Völker somit in eine eigentlich für Israel typische Aktivität integrieren (2.3.9) sowie eine Teilhabe am eschatologischen Mahl anvisieren (2.3.10). Hinzu kommen schließlich Texte, in denen Gott seinen Rettungswillen gegenüber den Völkern unmissverständlich ausspricht (2.3.11). Zuletzt sollen jene Texte näher in den Blick ge-

 Als das grundlegende Heilsereignis Israels wird der Exodus z. B. von Preuss, Theologie I, 43 – 48 gedeutet.  Vgl. auch Timmer, Non-Israelite Nations, 51. Ausführlich zur Deutung von Am 9,7 auch Steins, Gericht, 105 – 125.  Etwas anders bezeugt die LXX: „die Fremdstämmigen aus Kapadokien und die Syrer aus der Zisterne“ (τοὺς ἀλλοφύλους ἐκ Καππαδοκίας καὶ τοὺς Σύρους ἐκ βόθρου). Für den hier wichtigen Aussagezusammenhang fällt dieser Unterschied jedoch nicht ins Gewicht.

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2 Das Heil für die Völker in den Schriften Israels – ein summarischer Überblick

nommen werden, die vom universalen Lob Gottes als Antwort auf sein Heilshandeln sprechen. In ihnen wird der Aspekt der Heilsteilhabe durch einen mit Israel gemeinsamen kultischen Akt noch einmal besonders deutlich (2.3.12).

2.3.1 Bundesschluss mit der ganzen Schöpfung Die Grundlage eines Bundesschlusses mit der ganzen Schöpfung besteht darin, dass die ganze Schöpfung als Lebensraum für alle Menschen als bewahrungswürdig angesehen wird: Mit der Flut wurde der Lebensraum für die Menschen zerstört, da die Scheidung der Wasser, die Gott in der Schöpfung vornahm, um einen trockenen Lebensraum zu schaffen (vgl. Gen 1,6 – 10), wieder rückgängig gemacht wurde (Gen 6,17; 7,10 f). Mit dem Beschluss Gottes, die Erde nie wieder zu überfluten, wird der Lebensraum für die ganze Schöpfung dauerhaft gesichert (Gen 8,21 f; 9,11).⁶⁷ Dies wird durch einen Bund mit der gesamten Schöpfung, den sog. Noahbund, besiegelt (Gen 9,9 – 11). Der Noahbund unterscheidet sich von den nachfolgenden Bundesschlüssen mit Abraham (Gen 15; 17)⁶⁸ oder Israel am Sinai (Ex 24), bei denen jeweils eine erwählte Gruppe das Gegenüber des Bundesschlusses ist,⁶⁹ insofern, als dass der Bund mit Noah und seinen Söhnen und damit mit allen Menschen geschlossen (Gen 8 f) wird. Selbst die Tiere (‫ כל־נפש‬/ πάσῃ ψυχῇ τῇ ζώσῃ; V. 10) sind darin inkludiert. Von einem ewigen Bund (‫ברית‬ ‫ עולם‬/ διαθήκην αἰώνιον), der universalen Charakter hat, spricht nicht nur Gen 9,16,⁷⁰ sondern auch Sir 17,12.⁷¹ Diskutabel bleibt, ob die Einhaltung des Noahbundes allein auf Gott beschränkt ist, da auch Gebote an die Menschen

 Siehe Carr, „Biblos geneseos II“, 335: „The Noachic covenant forms the structure for the ongoing continuance of humanity despite their ‚evil inclination‘“.  Dafür, dass auch der Bundesschluss in Gen 17 universale Aspekte aufweist, argumentieren Naumann, „Ismael“, 79 – 85; Ziemer, Abram – Abraham, 309; Blenkinsopp, „Abraham“, 235 – 238.240; Pury, „Abraham“, 76 – 82.  Lohfink, „Bund und Tora“, 37 macht darauf aufmerksam, dass sich diese Sonderstellung Israels auch in den zukünftig ausgerichteten Bundesverheißungen bei Jer (31,31 u. ö.) und Ez (27,21– 28 u. ö.) nicht ändert. Vgl. auch Jes 54,9, wo der Bund mit Noah in einer israelspezifischen Verheißung angeführt wird. Eine Gleichordnung des Israelbundes mit dem Völkerbund sieht Fischer, Tora für Israel, 62 in Jes 54,9.  Vgl. auch schon Gen 9,12 und die Rezeption des Noahbundes in Sir 44,18.  Eine mögliche Identifizierung dieses ewigen Bundes mit dem Noahbund zieht Marböck, „Bund“, 139 in Erwägung, schließt andere Deutungsoptionen jedoch auch nicht aus.

2.3 Heil für die Völker

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ergehen (Gen 9,4– 6).⁷² Je nachdem, wie stark man die Forderung an die Menschen gewichtet, wäre dieser Bund aus Sicht der Menschen kein unkonditionierter Bund.⁷³ Dafür, dass die Einhaltung der noachidischen Gebote durch die Menschheit tatsächlich Auswirkungen auf das Bestehen des Bundes hat, kann Jes 24,5 herangezogen werden. Dies ist die einzige Stelle, an der nicht das Volk Israel den Bund bricht, sondern die Weltbevölkerung als Ganze:⁷⁴ Der ewige Bund wurde gebrochen (‫)הפרו ברית עולם‬,⁷⁵ die Gebote (‫ )תורת‬und die Satzung (‫ )חק‬wurden übertreten und verändert. Die Erde wurde von ihren Bewohnern entweiht (‫)חנף‬, wobei sich ‫ חנף‬in der Tora allein in Num 35,33 findet, wo das Entweihen des Landes durch Blutvergießen verboten wird. Somit kann eine Verbindung von Jes 24,5 zu den noachidischen Geboten, die das Blutvergießen ebenfalls explizit untersagen, gezogen werden (Gen 9,6).⁷⁶ Probleme bereitet scheinbar die Vorstellung, dass hier ein ewiger Bund gebrochen wird.⁷⁷ Doch ist es durchaus möglich, dass ein Bund von Seiten der Menschen gebrochen wird, deswegen Strafe erfolgt (parallel zu Dtn 29), aber Gott den Bund dennoch nicht bricht, sondern seiner weiterhin gedenkt.⁷⁸ Tatsächlich vom Zerbrechen des Bundes mit allen Völkern ist in Sach 11,10 f die Rede. Das Besondere daran ist, dass er nicht durch die Menschen, sondern von Seiten Gottes aufgekündigt wird (‫ להפיר את־בריתי‬/ τοῦ διασκεδάσαι τὴν διαθήκην μου).⁷⁹ Ein weiterer Bund, an dem Fremde beteiligt sind, wird in Jes 56,6 erwähnt. Hier ist das Bewahren des Bundes von menschlicher Seite, neben dem Halten des Sabbats,⁸⁰ dem Lieben des Namens Gottes und dem Dienen Gottes, die Grundlage  Das rabbinische Judentum kennt später sieben noachidische Gebote; vgl. zu den Quellen und zur Diskussion über ihre Herkunft Müller, Tora für die Völker, 25 – 64.  Vgl.Wildberger, Jes II, 991 f. Greenberg, „Menschheit“, 28 geht davon aus, dass die gesamte Menschheit auf die noachidischen Gebote festgelegt wurde: „Spätere göttliche Strafen an den Menschen werden jedoch weder unter Bezugnahme auf diese Gebote gerechtfertigt noch ausschließlich deshalb auferlegt, weil diese Gebote verletzt wurden“.  Vgl. auch Fischer, Tora für Israel, 58 – 68.100: „Was Jer 23,9 ff. als Gerichtsfolge für Israel vorstellt, wird in Jes 24 auf die ganze Weltbevölkerung übertragen“ (60).  In Jes 24,5LXX fehlt ein Äquivalent zu „brechen“ (‫)פרר‬: „sie veränderten (ἤλλαξαν) die Ordnungen, einen ewigen Bund“.  Vgl. Fischer, Tora für Israel, 60.  Vgl. Wildberger, Jes II, 991 f.  Mit Verweis auf Gen 17,13 f und Lev 26,14 ff.42 vgl. Fischer, Tora für Israel, 61 f.  Vgl. Fischer, Tora für Israel, 61, die auch hier von einer Verbindung mit dem Noahbund ausgeht: „Was hier angekündigt wird, ist offensichtlich die Aufkündigung des Noachbundes, in dem Gott sich verpflichtet hatte, die Flut nicht noch einmal kommen zu lassen.“  Vgl. Maier, Völkerwallfahrt, 385, der dazu festhält: „Dagegen bildet die Schabbatobservanz […] auf den ersten Blick einen Kontrast zu diesem universalen Ethos, da sie ja ein Spezifikum

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2 Das Heil für die Völker in den Schriften Israels – ein summarischer Überblick

für eine gelungene Gottesbeziehung. Dabei handelt es sich nicht um grundsätzlich alle Menschen, sondern um Gottesfürchtige, die bereits eine Beziehung zu Gott haben. Die Verwendung von ‫( הנלוים‬Jes 56,6) erinnert an Jer 50,5MT/27,5LXX, wo von Israeliten gesagt wird, dass sie Jhwh anhängen (‫ ונלוו אל־יהוה‬/ καταφεύξονται πρὸς κύριον), und dies mit einem ewigen Bund (‫ ברית עולם‬/ διαθήκη αἰώνιος) verbunden ist.⁸¹ Dass das Halten des Bundes in Jes 56,6 die Beschneidung im Sinn von Gen 17 fordert, ist möglich, wird aber nicht explizit gesagt. In der Forschung wird das Halten des Bundes in Jes 56,6 auch regelmäßig mit dem Halten des Sabbats gleichgesetzt.⁸² Sicher sagen lässt sich jedoch, dass die ethnische Herkunft nicht das ausschlaggebende Kriterium darstellt, um den Bund zu halten und damit zur Versammlung Jhwhs zu gehören. Jes 56,1– 8 wird häufig als Gegenposition zu Dtn 23,2 – 9 gesehen, da in letzterem die Völker explizit von der Versammlung des Herrn ausgeschlossen werden.⁸³ Zum Ausschluss von Menschen aus den Völkern kommt es auch in Esra und Nehemia,⁸⁴ wo sich das Volk Gottes gerade durch die radikale Absonderung von allen Fremden konstituiert (Esra 9; 10,11; Neh 9 f.13).⁸⁵ In Jes 56,1– 8 steht auch den Fremden ein Platz im Haus Gottes zu und der Tempel wird zum „Bethaus für alle Völker“ (‫ בית־תפלה לכל־העמים‬/ οἶκος προςευχῆς πᾶσιν τοῖς ἔθνεσιν; V. 7).⁸⁶ Die Existenz eines Bundes mit allen Menschen steht jedoch nicht im Kontrast zum Bund Gottes mit Israel. Vielmehr ist es im narrativen Verlauf der Genesis, bis hin zu Jakob (Israel), möglich, den Noahbund mit der ganzen Schöpfung als die

Israels darstellt.“ Vgl. dazu auch Gosse, „Sabbath“, 359 – 370, der im Zusammenkommen von „Gerechtigkeit üben“ und Sabbatobservanz in Jes 56,1– 8 eine Parallele zu Ez 18 – 20 entdeckt, ohne jedoch Aussagen über eine potentielle Abhängigkeit zu machen. Ruszkowski, „Sabbat“, 72 geht von einem extrem hohen Stellenwert des Sabbats an dieser Stelle aus: „Einen noch höheren Stellenwert gewähren weder Neh noch das Jubiläenbuch oder die Makkabäerbücher dem Sabbat.“  Vgl. auch Sach 2,15, wo das gleiche Verb für die Völker verwendet wird, die sich Jhwh anschließen.  Lohfink, „Bund und Tora“, 55 geht davon aus, dass mit Bund hier nicht Beschneidung, sondern ebenfalls Sabbatobservanz gemeint sei. Dafür führt er Ex 31,13 – 17 an. Für Ruszkowski, „Sabbat“, 71 f wird das „Halten oder das Nichtentweihen des Sabbats […] fast zum Inbegriff des Bundes (‚am Bund festhalten‘ steht sowohl in V. 4 wie auch in V. 6 mit dem ‚Sabbatgebot‘ in direkter Verbindung).“  Vgl. z. B. Westermann, DtJes, 250; Donner, „Abrogationsfall“, 81– 95; Blenkinsopp, Jes III, 83.138. Kritisch hingegen äußert sich Koole, Jes III, 12 f.  In Neh 13,1 scheint sogar auf Dtn 23 angespielt zu sein (vgl. Maier, Völkerwallfahrt, 389).  Auf diesen Zusammenhang verweist auch Maier, Völkerwallfahrt, 389. Zugleich räumt er jedoch ein, dass in Esra 6,21 die Rede von Fremden ist, die sich von der Unreinheit der Völker frei gemacht haben. Insofern könnten damit durchaus Fremde im Sinne von Jes 56,1– 8 gemeint sein (390).  Vgl. zu Jes 56,1– 8 noch einmal ausführlicher Kap. 5.3.

2.3 Heil für die Völker

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Grundlage anzusehen, auf der die Erwählung Abrahams und seiner Nachkommen basiert:⁸⁷ Durch die Parallelität zwischen der vorflutlichen Urgeschichte (Gen 1,1– 6,8) sowie der Fluterzählung und nachflutlichen Urgeschichte (Gen 6,9 – 11,9)⁸⁸ fällt auf, dass die Verengung des narrativen Fokus, die am Ende beider Erzählungen erfolgt, unterschiedlich begründet wird. Während Gott in Gen 6,5 – 7 beschließt, die Menschheit zu vernichten, ist dies am Ende der zweiten Erzähleinheit keine Option, da er mit Noah den Bund geschlossen hat, die Menschheit gerade nicht mehr zu vernichten (Gen 9,9 – 11). Daher erfolgt die Verengung durch die Erwählung einer bestimmten Familie (Abrahams), wobei alle anderen Familien zwar zerstreut werden (Gen 11,1– 9), aber überleben. Insofern lässt sich der Bundesschluss mit der gesamten Menschheit in der Genesis eng mit den Vorstellungen einer Menschheitsfamilie zusammendenken. Dafür spricht auch, dass zum Zeitpunkt dieses ersten Bundesschlusses die Menschheit tatsächlich aus einer einzigen Familie bestand, die sich erst mit den Söhnen Noahs in verschiedene Völker auffächert (Gen 10).

2.3.2 Die Menschheitsfamilie Prominent begegnet die Vorstellung einer Menschheitsfamilie – wie bereits im Rahmen des Bundesschlusses mit Noah deutlich wurde – am Anfang der Genesis. Durch die Teilhabe an der einen in Gottes Ebenbild geschaffenen Menschheitsfamilie (vgl. Gen 5,1– 3) besitzt jeder grundlegend auch die Möglichkeit einer Gottesbeziehung.⁸⁹ Besonders deutlich wird dieses Konzept der Verbindung aller Menschen über Verwandschaftsverhältnisse an den sog. Toledot-Formeln (‫)תולדות‬,⁹⁰ die die gesamte Erzählung der Genesis gliedernd durchziehen:⁹¹ In Gen 2,4 steht als erste Toledot die Toledot des Himmels und der Erde (‫תולדות השמים‬ ‫ והארץ‬/ ἡ βίβλος γενέσεως οὐρανοῦ καὶ γῆς), die universal ausgerichtet ist. Diesem

 Vgl. Carr, „Biblos geneseos II“, 333 f.  Vgl. Carr, „Biblos geneseos II“, 328 – 333; Sasson, „Tower of Bable“, 211– 219; Rendsburg, Redaction, 7– 25; Jensen, „Ursprung der Kultur“, 39 f. Außerdem Niditch, Chaos, 11– 69, bes. 59 – 67, die jedoch den Hauptbruch nicht in Gen 6,9, sondern in 6,1 sieht.  Vgl. auch Flebbe, „Partikularismus“, 12: „[J]eder Mensch als Mensch hat über seine Abstammung von Adam, über familiale, patrilineare Zugehörigkeit zur Menschheitsfamilie einen Bezug zu Gott.“  Die LXX bezeugt für ‫ תולדות‬sowohl βίβλος γενέσεως (in Gen 2,4LXX und 5,1LXX) als auch αἱ γενέσεις.  Vgl. dazu auch Hieke, Genealogien, 45 f; Carr, „Biblos geneseos I“, 161; Weimar, „ToledotFormel“, 87 f.

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2 Das Heil für die Völker in den Schriften Israels – ein summarischer Überblick

die ganze Schöpfung umfassenden Anfang (Gen 2,4)⁹² folgt eine kontinuierliche Verengung bis zur Darstellung der zwölf Stämme Israels durch die Toledot Jakobs (Gen 37,2).⁹³ Mit der in der Josefs-Novelle narrativ ausgestalteten Toledot Jakobs, die sich in seine zwölf Söhne und damit in die zwölf Stammväter des Volkes Israel segmentiert, endet das Buch Genesis und nach einem kurzen Brückenteil (Ex 1,1– 7) ist in Ex 1,9 zum ersten Mal vom ‫ עם בני ישראל‬/ τὸ γένος τῶν υἱῶν Ισραηλ die Rede. Des Weiteren verengt sich der Fokus, der auf die Volkswerdung Israels zielt, nicht kontinuierlich, sondern in ungleichmäßigen Schritten.⁹⁴ Damit ist jedoch nur die grobe Entwicklungslinie innerhalb des Toledot-Systems beschrieben, da nicht ausschließlich genealogische Hauptlinien vorliegen, die das Werden des Volkes Israels Stück für Stück beschreiben, sondern sich auch Toledot finden, die nicht weitergeführt werden und damit genealogische Nebenlinien darstellen;⁹⁵ so Gen 25,12 (Ismael); 36,1.9 (Esau).⁹⁶ Gerade diese aber geben oft Auskunft über die Abstammung verschiedener Völker und stehen stets vor der weiterführenden Hauptlinie.⁹⁷ Doch geht es bereits ab Gen 10, anders als noch in Gen 5,1, nicht

 Die enge sprachliche und funktionelle Verknüpfung von Gen 2,4 und 5,1– 3 zeigt, dass auch Thompson, Origin Tradition, 70 mit seiner Aussage über Gen 5,1 f unter Einbezug von Gen 2,4 Recht behält, wenn er schreibt: „Gen. 5.1– 2 establishes the Toledoth structure which holds all of Genesis together, presenting the book’s fundamental theme: the development of mankind which eventually will lead to the origin of Israel“ (Hervorhebung im Original).  Dass die Vätergeschichte die Volkswerdung zum Ziel hat, wird laut Köckert, Vätergott, 266 bereits durch die Platzierung von Gen 12,1– 3 am Übergang der Ur- zur Vätergeschichte deutlich.  Den Anfang bilden die Toledot des Himmels und der Erde, die die gesamte Schöpfung einbeziehen. Diese werden in Gen 5,1 durch die Toledot Adams auf die Menschheit hin verengt, als lineare Toledot im Folgenden weitergeführt und in Gen 5,32 durch die namentliche Nennung der drei Söhne Noahs, Sem, Ham und Jafet, in eine segmentäre Genealogie aufgefächert. Durch die Konzentration auf die Familie Noahs und die an Gen 6,9 angeschlossene Sintfluterzählung, bei der die Menschheit so gut wie ausgerottet wird, liegt eine erneute Verengung vor. Dann allerdings öffnet sich der Blickwinkel wiederum auf die gesamte Menschheit. Anders Eissfeldt, „Biblos geneseos“, 33: Er sieht die Toledot immer an den Stellen, an denen eine Einengung des bisherigen Schauplatzes zu finden sei. Dies stimmt zwar meistens, Stellen wie Gen 10 zeigen jedoch, dass das Prinzip der Verengung nicht konsequent durchgehalten wird.  Carr, „Biblos geneseos II“, 327 verwendet zur Beschreibung dieses Phänomens Sprache aus dem Bereich des Films, wodurch es ihm gelingt, die vorliegende literarische Situation treffend zu beschreiben: „It is as if we are following a camera as it shoots a scene. We learn about a film by watching what the camera includes, what it then zooms in on to emphasize, and what it leaves out.“  Neben diesen genealogischen Nebenlinien, die mit ‫ תולדת‬eingeleitet werden, gibt es auch solche Genealogien, die weder auf die Volkswerdung Israels zielen noch den Ausdruck ‫תולדת‬ aufweisen. Dazu gehört z. B. die Genealogie Kains in Gen 4,17– 22.  Besonders deutlich wird dieses Phänomen an den eng zusammenstehenden Toledot Ismaels (Gen 25,12) und Isaaks (Gen 25,19) sowie an den Toledot Jakobs (Gen 37,2), die erst nach den

2.3 Heil für die Völker

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mehr um die Menschheit in ihrer Gesamtheit⁹⁸, sondern um ihre Existenz als verschiedene Völker, die sich über die ganze Erde verteilen. Demnach liegt der Fokus an dieser Stelle auch nicht mehr auf dem chronologischen Nacheinander, sondern auf der horizontal ausgerichteten topographischen Ausbreitung über die Erde.⁹⁹ Dabei fällt auf, dass zuerst die Völker an den „Enden der Erde“ aufgezählt werden, die Söhne Jafets, von denen die ‫ איי הגוים‬/ νῆσοι τῶν ἐθνῶν abstammen (Gen 10,5),¹⁰⁰ und erst dann die näher liegenden Völker (Gen 10,6 – 31). Aus dieser Anordnung lässt sich eine erste Orientierung in Richtung Israel erkennen, da dessen Stammvater Sem bereits in Gen 10 eine herausgehobene Stellung einnimmt.¹⁰¹ Schließlich wird der chronologische Faden in Gen 11,10 durch die To-

doppelten Toledot Esaus (Gen 36,1.9) stehen. Vor den Toledot Sems (Gen 11,10) stehen die Toledot aller drei Söhne Noahs, die sog. Völkertafel (Gen 10,1). Ähnlich charakterisiert Scharbert, „Sinn der Toledot-Formel“, 45 f, ohne jedoch die Unregelmäßigkeit in der Kontinuität der Dynamik zu beachten. Er erkennt in den Toledot-Formeln entscheidende Wendepunkte der Heilsgeschichte: „Jedesmal, wenn die Formel auftaucht, erfolgt eine Einengung des Gesichtskreises in der Weise, daß ein Teil der Menschheitsfamilie, deren Geschichte bisher umrissen wurde, ausscheidet und neuer Segen oder neue Verheißung auf einen engeren Kreis eingeschränkt wird. Bei dieser Gelegenheit werden die von einem Stammvater ausgehenden Generationenfolgen aufgezählt. Dabei werden zuerst die ausscheidenden Nachkommen, von denen nicht mehr weiter gesprochen wird (‚Ausscheidungstoledot‘), aufgezählt; daran schließen sich dann die Generationenfolgen an, deren Geschichte weiter verfolgt wird (‚Verheißungstoledot‘)“. Eine Ausnahme bilden Gen 2,4, da diese Toledot am Anfang der Menschheit steht, ihr also keine genealogische Nebenlinie vorausgehen kann, sowie Gen 6,9, die durch die weitgehende Vernichtung der Menschheit durch die Sintflut keiner „Ausscheidungs-Toledot“ bedarf, da sich durch die Fluterzählung automatisch eine Einengung ergibt.  Noch deutlicher als in Gen 5,1MT wird die Ausrichtung auf die Menschheit an sich in Gen 5,1LXX, wo ‫ ספר תולדת אדם‬mit βίβλος γενέσεως ἀνθρώπων übersetzt wurde.Vgl. ausführlich dazu Kap. 3.1.  Vgl. auch Tengström, Toledotformel, 26 f.  Siehe dazu Horowitz, „Isles of the Nations“, 35 – 43. Vgl. zum Bild der Inseln für die Völker Kap. 8.3.1.3.  Vgl. auch Tengström, Toledotformel, 26 f: „Hinsichtlich der Stellung und Funktion der Stammtafel im literarischen Zusammenhang können wir zunächst feststellen, dass auch sie, wie die erzählerische Genealogie, Israel in den Blickpunkt stellt. Dies geht aus dem Aufbau von Kap. 10 der Genesis hervor: Der Stammbaum Sems steht an letzter Stelle, obwohl Sem der älteste Sohn Noahs ist. Dadurch richtet der Text die Aufmerksamkeit des Lesers vor allem auf die Nachkommenschaft Sems“. Preuss, Theologie II, 307 sieht hingegen Israel in der Völkertafel als Gegenüber zu den übrigen Völkern, da es durch seine Nichterwähnung kein Teil der übrigen Völker ist und seine Geschichte erst mit Gen 12 beginnt. Allerdings stellt sich die Frage, ob die Nichterwähnung Israels nicht eher auf den Zeitpunkt im Ablauf der Erzählung zurückzuführen ist. Israel entsteht als Volk erst im Übergang von Gen auf Ex. Ein ähnliches Phänomen findet sich in späteren Texten (vgl. z. B. das Jubiläenbuch oder die Testamente der zwölf Patriarchen), wo die Väter bereits nach dem (zur Zeit der Entstehung des Textes bekannten) Gesetz leben, dieses aber

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2 Das Heil für die Völker in den Schriften Israels – ein summarischer Überblick

ledot Sems wieder aufgenommen, die dann in Gen 11,26 in der Zeugung der drei Söhne Terachs endet¹⁰² und im Anschluss daran eindeutig auf Abraham und damit auf das Volk Israel zuläuft.¹⁰³ Trotz der stückweise erfolgenden Zuspitzung auf Israel wird an den Toledot deutlich, dass alle Völker letztlich durch familiäre Bande verbunden sind. Ein ähnlicher Aufbau wie Gen 10 begegnet in 1Chr 1,1– 4, da auch hier, nachdem die Generationen linear von Adam bis Noah nachgezeichnet wurden, die Nachkommen der Söhne Noahs segmentär angeführt werden.¹⁰⁴ Die genealogischen Listen in 1Chr 1– 9 sind nicht allein unter Betrachtung ihrer historischen Reminiszenzen interessant, sondern bilden auch ein theologisches Programm ab.¹⁰⁵ Allerdings ist in der Forschung umstritten, ob darin die universalistische Ausrichtung des Chronisten und eine Betonung der einen Menschheitsfamilie zum Ausdruck gebracht werden soll¹⁰⁶ oder ob nicht die Erwählung Jerusalems im

in der Erzähllogik erst am Sinai offenbart wird und die Erzväter sich daher noch nicht explizit darauf beziehen können.  Es ist auffällig, dass die linear verlaufende Toledot Sems, wie die Toledot Adams, im letzten Glied in eine segmentierte (je drei Söhne) Toledot aufgespalten wird, zumal auch beide Genealogien nach dem gleichen Schema aufgebaut sind: „A war X Jahre alt und zeugte B und lebte danach Y Jahre und zeugte Söhne und Töchter.“ Allerdings fehlt in Gen 11,10 – 26 die Nennung des Gesamtalters jedes Gliedes. Durch diese Parallelität entsteht der Eindruck, dass nach der Sintflutkatastrophe und dem Bericht, dass sich die Menschheit danach wieder über die ganze Erde ausbreitet, bewusst an den vorherigen Verlauf der Geschichte angeknüpft wird. Die Toledot Sems sichert also die Kontinuität der ersten Generationen hin zum Volk Israel.  Eine Gliederung auf syntaktischer Ebene wird von Weimar, „Toledot-Formel“, 80 – 84.91 f angestrebt, der vier Typen von Toledot-Formeln unterscheidet (80 – 84) und diese dann in Beziehung zueinander setzt. Interessanterweise erfüllt sich für ihn gerade in den untergeordneten Toledot Gen 5,1; 10,1; 11,10 der verheißene Segen, indem jene eng an Gen 1,28; 9,1.7 anknüpfen.  Wie groß die literarische Abhängigkeit von 1Chr 1– 9 gegenüber der Genesis ist, zeigt Oeming, Israel, 73 – 89; vgl. auch Japhet, Chr, 85 f.  Oeming, Israel, 217 spricht von einem „proleptischen Summarium“ (Hervorhebung im Original). Des Weiteren stellt er besonders vier Aspekte heraus, die in 1Chr 1– 9 zum Tragen kommen: (1) „der genealogische Zusammenhang der Menschheit seit Adam“; (2) „die genealogische Ordnung der Stämme Israels“; (3) „die siedlungsgeographische Verteilung der Menschheit und der Stämme Israels“; (4) „die Geschichte der Menschheit und der Stämme Israels“ (208).  So z. B. Japhet, Chr, 75. Vgl. auch Knoppers, Chr I, 294: „Seen in this context, the presentation promotes an imago mundi in which the tribes of Israel emerge at the end of a long development. Israel may be the focus of the Chronicler’s presentation, but his imago mundi also presents Israel as very much related to the other nations, which precede Israel or develop alongside it. The descendants of Israel will be singled out for exclusive attention, but these descendants live within a community of nations of which they are but one part“ (Hervorhebung im Original).

2.3 Heil für die Völker

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eigentlichen Zentrum liegt und die vorausgehenden universal ausgerichteten Listen allein der Profilierung dieser Erwählung¹⁰⁷ dienen.¹⁰⁸ Dennoch muss, unabhängig von den möglichen Deutungsoptionen, festgehalten werden, dass 1Chr 1 eine Universalität darstellt, die sich sowohl chronologisch (von Adam beginnend) als auch geographisch (die Genealogien spiegeln die gesamte damals bekannte Welt) erstreckt.¹⁰⁹ Dadurch wird die folgende Geschichtsschreibung des Chronisten nicht losgelöst von ihrem universal verstandenen Kontext erzählt.

2.3.3 Segen für alle Völker Der Erhalt von Segen ist ein Heilskonzept, an dem die Verschränkung von Israel und den Völkern besonders deutlich wird. Bereits in der Genesis wird zum einen Israel als Teil einer größeren Menschheit gesehen, zum anderen aber bleibt die Erwählung Israels nicht ohne Bezug auf die Völker. Dass Abraham und in dessen Nachfolge Isaak und Jakob von Gott besonders gesegnet werden, schließt die anderen Völker nicht vom göttlichen Segen, der als innerweltliches Heilshandeln Gottes verstanden werden kann, aus. Dies gilt vor allem für Gen 12,3, wo es heißt: „Und es sollen sich in dir segnen alle Familien/Stämme des Erdbodens/der Erde“ (‫ ונברכו בך כל משפחת האדמה‬/ καὶ ἐνευλογηθήσονται ἐν σοὶ πᾶσαι αἱ φυλαὶ τῆς γῆς). Zur Diskussion steht, inwiefern Gen 12,1– 3 auf die Urgeschichte oder die Vätergeschichte zu beziehen ist,¹¹⁰ wodurch entweder ein Rückbezug auf die Menschheit allgemein oder ein Vorverweis auf die Sonderstellung Israels in der Erwählung Abrahams stärker betont

 Vgl. Oeming, Israel, 89 – 91; McKenzie, Chr, 60 – 62.  Die Spannung, in der die beiden Modelle zueinander stehen, kommt auch in einem weiteren Lösungsansatz zum Ausdruck, der von einem chiastischen Aufbau von 1Chr 1– 9 ausgeht, sodass die Darstellung der Leviten – also letztlich des Kults – im Mittelpunkt steht, zu dem sowohl Israel als auch die Menschen im Exil unter den Völkern aufgerufen sind. Vgl. Sparks, Genealogies, 29 – 32.238: „The barrenness of 1 Chr 1 is how the tradition described Judah during its exilic period: no temple, no cult, no officiating cultic officials, no land. […] This suggests that life in 1 Chr 1 was lived in a type of ‚exile,‘ an exile that was removed only when Israel settled into its land (1 Chr 2– 8), just as the exile of Israel ended with the return to, and resettlement of, Judah and Jerusalem“ (328).  Vgl. Oeming, Israel, 96, der in der universal ausgerichteten Chronologie Israel als Zielpunkt erblickt und in der räumlichen Ausweitung Israel als Zentrum ansieht. Insofern kann er auch sagen, dass es sich um „eine kleine Universalgeschichte“ handelt (207; Hervorhebung im Original).  Vgl. Schreiner, „Segen für die Völker“, 203 – 207; Köckert, Vätergott, 264 f; FlurySchölch, Abrahams Segen, 14– 24.

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2 Das Heil für die Völker in den Schriften Israels – ein summarischer Überblick

wird.¹¹¹ Weiterhin wird besonders das Verständnis von ‫ ונברכו‬diskutiert, da nicht klar ist, ob passivisch „es sollen gesegnet werden“ oder reflexiv „es sollen sich segnen / sich Segen wünschen“ übersetzt werden soll.¹¹² Die LXX vereindeutigt und übersetzt mit einem Passiv (ἐνευλογηθήσονται).¹¹³ Inhaltlich steht damit die Frage nach der Segensmittlerschaft Abrahams¹¹⁴ im Raum, da diese in der passiven Formulierung deutlicher gegeben ist, für die reflexive Variante jedoch zunächst diskutabel scheint.¹¹⁵ Geht man von einer Segensmittlerschaft aus, so heißt dies, dass die Völker Anteil an dem Segen haben, der Abraham zuteilwird, und zwar weil Abrahams (segensreiches) Handeln an ihnen geschieht.¹¹⁶ Verneint man diese Möglichkeit jedoch, dann ist die Passage in dem Sinn zu lesen, dass die Völker im Angesicht des gesegneten Abrahams diesen ebenfalls segnen oder sich in Abrahams Namen Segen zusprechen. Allerdings ist nicht zu vernachlässigen, dass den Völkern dadurch dennoch Segen zuteilwird: „Ich werde segnen, die dich segnen“ (‫ ואברכה מברכיך‬/ εὐλογήσω τοὺς εὐλογοῦντάς σε; Gen 12,3a).¹¹⁷ Allein die Rolle Abrahams verändert sich vom aktiv Handelnden hin zum Segensgaranten.

 Blum, Komposition, 299 geht für Gen 12,1– 3 davon aus, dass „es unbestreitbar in kompositioneller Funktion auf einen großen Kontext angelegt“ ist, da „hier doch der Anfang des Weges Abrahams programmatisch gestaltet“ wurde.  Zu einem kurzen forschungsgeschichtlichen Überblick vgl. auch Zenger, „Jahwe“, 41– 46. Vgl. weiterhin Kraus, Volk Gottes, 34; Schreiner, „Segen für die Völker“, 197– 203; Grüneberg, Abraham, 34– 66; Flury-Schölch, Abrahams Segen, 90 – 121.322 f. Zenger, „Jahwe“, 51 schlägt zudem vor, dass ‫ ונברכו‬mit „(für sich) Segen erlangen, am Segen teilhaben“ übersetzt werden soll.  Dies gilt auch für die Parallelstellen Gen 18,18; 22,18; 26,4; 28,14, die z.T. die gleiche Niph’al Form bezeugen wie Gen 12,3, stellenweise jedoch auch den Hit’pael (‫)והתברכו‬. Zu den Parallelstellen vgl. z.B Flury-Schölch, Abrahams Segen, 135– 180. Die LXX übersetzt dessen ungeachtet jedoch einheitlich mit ἐνευλογηθήσονται. Schreiner, „Segen für die Völker“, 200.225, der für die LXX von einer messianischen Ausrichtung ausgeht, bringt diese Deutung der LXX in Zusammenhang mit Jes 49,6.  Zur Segensmittlerschaft Israels (und in diesem Zusammenhang auch der Patriarchen) vgl. Riecker, Priestervolk.  Kraus, Volk Gottes, 35 stellt die Vermutung auf, dass die klassische Segensmittlerhypothese in der Exegese stark durch die paulinische Zitation in Gal 3,8 beeinflusst sein könnte, obwohl Gal 3,8 weder mit Gen 12,3MT noch mit 12,3LXX übereinstimmt.  So Schreiner, „Segen für die Völker“, 196 – 226, bes. 198 – 202; vgl. auch Wolff, „Kerygma“, 354: „Jahwes Segen für Abraham soll also die Folge haben, daß er selbst als Segen wirkt.“ Dagegen jedoch schreibt Schmidt, „Segen für die Völker“, 137: „Hier weißt nichts auf eine Aufgabe hin, die Abraham mit seinem Tun wahrzunehmen hätte“.  Ähnlich formuliert auch Num 24,9. Zu den Bileamsprüchen schreibt Schmidt, „Segen für die Völker“, 137: „Daß dem gesegneten Israel als Aufgabe zufällt, mit seinem Wirken den Segen an andere weiterzugeben, deuten diese Sprüche nirgends an“.

2.3 Heil für die Völker

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Die Segenszusage in Gen 12,1– 3 lässt sich demnach entweder als Konkretion des Segens an Abraham deuten¹¹⁸ oder aber als die umfassende Segenszusage an alle Menschen, die der ganzen Vätergeschichte vorangestellt wird.¹¹⁹ Jedoch schließt der erste Aspekt das Erlangen von Segen durch die Völker nicht aus (vgl. Gen 12,3a), ebenso wenig wie der zweite Aspekt nicht zwangsläufig von einer Segensmittlerschaft Abrahams abhängig ist, da die Völker auch ohne eine solche zum göttlichen Segen gelangen: „Wenn die ‚Geschlechter der Erde‘ sich ‚in Abraham segnen‘, d. h. sich unter Nennung seines Namens Segen wünschen […], so ist dabei natürlich vorausgesetzt, daß sie dann auch Segen empfangen.“¹²⁰ Die Verheißung in Gen 12,3 wird mehrfach innerhalb der folgenden Vätergeschichte wieder aufgegriffen (vgl. Gen 18,18; 22,17 f; 26,4 und 28,14).¹²¹ An allen Stellen steht die Verheißung von Segen im Zusammenhang mit einer großen Nachkommenschaft:¹²² Im Laufe der Vätergeschichte bleiben das Werden zu einem großen Volk und der Segen für die Völker zunächst Verheißung. Abraham und Isaak haben beide nur zwei Söhne. Innerhalb der Genesiserzählung könnte die Josefsgeschichte eine erste Erfüllung dieses Segens darstellen. Sie bildet zum einen die Grundlage für die folgende Erzählung des Volkes Israels (ab Ex 1), die in Ägypten ansetzt. Zum anderen wird berichtet, dass durch Josef tatsächlich Menschen aus den Völkern, nämlich Ägypter, Segen erfahren (vgl. Gen 41; besonders V. 43 [‫]אברך‬¹²³).¹²⁴ Damit ist zu überlegen, ob das Motiv des Segens für die Völker

 Siehe z. B. Kraus, Volk Gottes, 37 f, hier 38: „Im Segen für die Völker soll die Segnung Abrahams sich bewahrheiten – und seine einzigartige Stellung unterstreichen.“ Ähnlich Grüneberg, Abraham, 243.  Vgl. Westermann, Gen II, 176; Wehmeier, Segen, 179. Zenger, „Jahwe“, 49 schreibt: „Der Horizont der in Abraham eröffneten Segensgeschichte ist also der universale Horizont der vom Fluch bedrohten Menschheit: es [sic!] ist ein Horizont universalen Heils“.  Westermann, Gen II, 176. Anders hingegen Kraus, Volk Gottes, 40: „Gen 12,1– 3 parr haben nicht in erster Linie eine Segensverheißung an die Völker im Blick und verstehen Israel in keinem Fall als Segensmittler“ (Hervorhebung im Original).  In Gen 18,18; 22,18 und 26,4 heißt es ‫ כל גויי הארץ‬/ πάντα τὰ ἔθνη τῆς γῆς statt ‫ משפחת האדמה‬/ αἱ φυλαὶ τῆς γῆς. Zudem ist zu bedenken, dass zwar Isaak und Jakob besonders gesegnet werden, aber weder Ismael noch Esau segenslos bleiben.  Vgl. Kraus, Volk Gottes, 34; anders gewichtet Köckert, Vätergott, 288, Anm. 602, der die Verheißung, dass Abraham zum großen Volk werden soll (‫ לגוי גדול‬/ εἰς ἔθνος μέγα; Gen 12,2) stärker an das Motiv des „großen Namens“ (‫ ואגדלה שמך‬/ μεγαλυνῶ τὸ ὄνομά σου; Gen 12,2) knüpft.  Auf diese Möglichkeit der Lektüre des unpunktierten Textes verweist auch Willi-Plein, Gen II, 272. In der LXX wurde ‫ אברך‬nicht übersetzt. Stattdessen heißt es allgemein, dass ein Herold vor Josef herrief (ἐκήρυξεν ἔμπροσθεν αὐτοῦ κῆρυξ).  Vgl. weiterhin Gen 39,5. Diese These gewinnt an Plausibilität, wenn man bedenkt, dass Segen in der Genesis durchaus irdisch konkret gedacht wurde im Sinne von Landbesitz, landwirt-

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2 Das Heil für die Völker in den Schriften Israels – ein summarischer Überblick

als gegenläufig zur sich auf Israel zuspitzenden Toledot gesehen werden könnte. Zwar verengt sich der Fokus von der Menschheitsfamilie (Gen 10) auf Israel (Gen 37,2), doch bleibt eine grundsätzliche Heilsteilhabe von Menschen aus den übrigen Sippen der Erde durch die Segensverheißung möglich. Auch über die Genesis hinaus gibt es Texte, die auf Gen 12,1– 3 Bezug nehmen:¹²⁵ Hier ist besonders Jes 19,24 zu nennen,¹²⁶ wo es heißt, dass Israel ein Segen in der Mitte der Welt (‫)ברכה בקרב הארץ‬¹²⁷ ist.¹²⁸

2.3.4 Der Lebensraum für alle Völker – der Weltenbaum Dass sich Heil auch als unbelastetes Leben in Sicherheit und Wohlstand verstehen lässt, wird am Motiv des Weltenbaums deutlich.¹²⁹ In den Schriften Israels begegnet diese Vorstellung zwar eher selten,¹³⁰ aber sie ist ihnen auch nicht völlig

schaftlichen Erträgen und großer Familie (vgl. Leuenberger, Segen, 476; Wehmeier, Segen, 201– 203). Auch in der späteren Abrahamrezeption wird auf diese Vorstellung Bezug genommen, vgl. Jub 20,9 f.  Vgl. möglicherweise auch Ps 72,19; Jer 3,14– 18; 4,2; Sach 8,13. Einen Bezug auf Abraham bietet auch Ps 47,10, wobei das Segensmotiv keine Rolle spielt, stattdessen jedoch zu fragen ist, inwiefern die genannten Fürsten der Völker Teil des Volkes des Gottes Abrahams sein können. Für eine Anspielung auf Gen 12,1– 3 vgl. jedoch Schreiner, „Segen für die Völker“, 207; Wieser, Abrahamvorstellungen, 172.  Vgl. zu Jes 19 auch Kap. 2.3.8.  Anders liest die LXX, da sich der Segen dort nicht mehr auf die anderen Völker mit erstreckt, sondern sich allein auf Israel und die Israeliten bezieht: εὐλογημένος ὁ λαός μου ὁ ἐν Αἰγύπτῳ (Jes 19,25).  Vgl. dazu Zenger, „Jahwe“, 60 – 62. Flury-Schölch, Abrahams Segen, 321 spricht sich unter Verweis auf den Kontext Jes 19,1– 23 explizit dagegen aus, dass Jes 19,24 f über die Verheißung von Gen 12,1– 3 hinausgehe: „Während Jes 19 also eher religiös-imperialistische Vorstellungen vertritt, verlautet davon in Gen 12,2b und seinem Kontext kein Wort: Hier wird, ohne irgendwelche Bedingungen an andere Völker zu stellen, der theologische Selbstanspruch formuliert, dass Abraham / Israel ein Segen sei.“ Ebenfalls von einem Segen, der vom Himmel auf die Erde und alle Menschenkinder und somit auch auf die Völker herabkommt, geht 1Hen 11,1 aus. Dort handelt es sich jedoch um eine eschatologische Vorstellung.  Siehe für einen Überblick z. B. Metzger, „Zeder“, 197– 229; Metzger, „Weltenbaum“, 1– 34.  Prominenter findet sich die Vorstellung vom Weltenbaum in altorientalischen Texten, wie dem Mythos des Pestgottes Ira („Das heilige Holz, […] ‚Dessen Fundament (?) im weiten Meere 100 Doppelstunden Wasser, […] den Grund der Unterwelt [bedeckt(?)],‘ ‚Dessen Spitze oben bis in den Himmel [Anus] reicht‘“, Gressmann, Altorientalische Texte, 218); in der Beschreibung des ḫalub Baumes der Inanna aus der summerischen Unterweltserzählung von Gilgameš und Enkidu Verse 27– 46 (vgl. Black/Cunningham/Robson, Literature, 33), sowie im Gilgameš-Epos („Mein

2.3 Heil für die Völker

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fremd und sowohl in Ez 31 als auch in Dan 4 eingeflossen. Kennzeichnend für den Weltenbaum sind sein außergewöhnlicher Wuchs, seine bis in die Tiefen der Unterwelt reichenden Wurzeln und die Krone, die bis in die Wolken wächst (Ez 31,3 f). Dabei bieten die ausladenden Äste den Lebensraum für die Vögel des Himmels, und die Tiere leben im Schatten der Zweige (Ez 31,6; Dan 4,9.18).¹³¹ Der Baum steht als Metapher für den König (in Ez 31 ist der Pharao gemeint und in Dan 4 Nebukadnezzar).¹³² Im Kontext der altorientalischen Königsideologie ist es die Aufgabe des Königs, den Lebensraum für seine Untertanen zu bieten und gegen die Chaosmächte stabil zu halten. Er ist Garant für das Funktionieren der Weltordnung.¹³³ Dass der König als Baum symbolisiert werden kann, wird auch an Texten wie Ri 9 deutlich, doch fehlt diesem Text die kosmologische Dimension.¹³⁴ In Dan 4,7 wird die Verwurzelung des Baumes in der Mitte der Erde explizit erwähnt, wodurch er eine sakrale Konnotation erhält, denn sonst bildet der Tempel den Punkt, an dem Himmel und Erde miteinander verbunden sind. Der Weltenbaum in Dan 4 steht für ein sakrales Königtum und somit für die ordnende Macht der Weltordnung, die von Gott autorisiert und vom König garantiert ist. Dies wird weiterhin in Dan 4 an der Streitfrage entfaltet, von wem all die Macht komme. Dass der Weltenbaum Lebensraum für die gesamte Schöpfung bietet, wird bereits an den dort lebenden Vögeln des Himmels und Tieren des Feldes deutlich, da diese zum Beispiel in Gen 2,19 als pars pro toto für die gesamte Schöpfung stehen. In Ez 31,6 sind auch explizit die Völker als unter dem Baum wohnend genannt (‫ ובצלו ישבו כל גוים רבים‬/ ἐν τῇ σκιᾷ αὐτοῦ κατῴκησεν πᾶν πλῆθος ἐθνῶν), sodass der universale Aspekt noch klarer hervortritt. In Dan 4,9 heißt es etwas allgemeiner, dass sich alles Fleisch (‫ כל־בשרא‬/ πᾶσα σάρξ) von ihm ernähre. Auch in Ez 17,22– 24 ist von einem besonderen Baum die Rede, doch erhält er hier seinen sakralen Charakter nicht, weil er in der Mitte der Erde steht, sondern weil er auf dem Zion gepflanzt wird. Die besondere Größe wird ebenfalls nicht

Freund, wir haben die hochgewachsene Zeder gefällt, deren Wipfel an die Himmel stieß“, Gilgameš 5,293; nach der Übersetzung von S. Maul; vgl. auch George, Gilgamesh, 613).  Grundsätzlich ist das Bild des Baumes seit der Bronzezeit ikonographisch als lebenspendendes Symbol noch einmal besonders mit der Konnotation der Fruchtbarkeit belegt, vgl. Keel/ Uehlinger, Göttinnen, 29 – 34.  Vgl. auch Carter, „Gospel“, 198 – 200, der im Weiteren jedoch die Souveränität Gottes betont, die in diesen Texten deutlich wird: „God ‚brings low‘ and ‚makes high‘ (Ez 17:24; Dan 4:35)“ (200).  Siehe dazu Maul, „König“, 201– 214.  Eine kosmologische Dimension tritt am deutlichsten in Dan 4,8LXX zu Tage, da dort neben der Tiefe der Wurzeln und der Höhe der Baumkrone noch das Leuchten von Sonne und Mond innerhalb des Baumwipfels genannt ist.

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2 Das Heil für die Völker in den Schriften Israels – ein summarischer Überblick

beschrieben, doch kommen auch hier die Tiere und Vögel. Es liegt zudem ein klarer Israelbezug vor.¹³⁵

2.3.5 Israel als Lebensraum des Fremden Zu einem direkten Kontakt zwischen Israel und den Fremden kommt es besonders dort, wo sich deren Lebensbereiche konkret überschneiden. So gibt es eine Reihe von Texten, vor allem innerhalb des Pentateuchs, die sich mit den Rechten und Pflichten Fremder auseinandersetzen, die in Israel leben.¹³⁶ Der Fremde (‫)גר‬¹³⁷ wird vor allem in den Gesetzestexten breit bedacht, womit er letztlich aus israelitischer Sicht innerhalb der Tora lebt. Zumeist, jedoch nicht ausschließlich (z. B. Lev 17 f), ist er Objekt der Gebote und nicht selbst aufgefordert, die Gebote der Sinai-Tora zu halten,¹³⁸ dennoch steht er durch seinen Aufenthalt im Land Israels in der von Gott durch die Tora gestifteten guten Lebensordnung. Dabei ist der Fremde dem Israeliten nicht gleichgestellt. Sein niedriger sozialer Rang innerhalb der Gesellschaft wird dadurch verdeutlicht, dass er in einer Reihe mit Armen und Witwen, den sog. personae miserae, also den sozial Schwachen der Gesellschaft, genannt wird (Lev 24,17– 22; 27,19; aber auch prophetisch Jer 7,6; 22,3).¹³⁹ Zudem ist es gemäß Lev 25,44 f erlaubt, sich Sklaven aus anderen Völkern zu halten. Doch ist der Israelit aufgefordert, sich seiner anzunehmen (Lev 25,35; Dtn 27,19) und ihn wie sich selbst zu lieben (Lev 19,34; vgl. auch Dtn 10,19).

 Doch sind auch die Völker, die hier als Bäume des Feldes (‫ כל־עצי השדה‬/ πάντα τὰ ξύλα τοῦ πεδίου) vorgestellt sind, genannt. Sie gelangen im Angesicht dieses Baumes zur Erkenntnis, dass es Jhwh ist, der all dies tut (Ez 17,24). Auch an anderer Stelle sind die Bäume des Feldes sowie die anderen Bäume im Garten als Völker zu deuten (so z. B. in Ez 31); vgl. auch Greenberg, Ez II, 318; Zimmerli, Ez II, 758.  Eine ausführliche Studie zur Rolle des Fremden in Israel in den jeweiligen Epochen bieten Bertholet, Stellung der Israeliten; Zehnder, Umgang mit Fremden. Für einen kurzen Überblick vgl. Schreiner/Kampling, Nächste, 24– 39; Donaldson, Judaism and the Gentiles, 486 f. Zum Fremdling speziell in den Gesetzestexten in Dtn und Lev vgl. van Houten, Alien; Bultmann, Fremde. Vgl. weiterhin Achenbach, Foreigner.  Vgl. zum ‫ גר‬besonders im Dtn Ebach, Fremdendarstellungen, 39 – 61.  Niebuhr, „Tora ohne Tempel“, 430 geht hingegen davon aus, dass sich die Tora explizit allein an Israel richte, und führt die Anreden in Ex 12,3.47; 20,22; 25,2; Lev 1,2; 11,2; 17,2 an.  Zu weiteren Belegen im Gesetzeskontext und in der Prophetie vgl. Dtn 14,29; 16,11.14; 26,12 f sowie Lev 19,10; 23,22; Dtn 24,14 (hier jeweils neben den Elenden ‫ עני‬/ πτωχός); Ez 22,7; Sach 7,10; Mal 3,5; vgl. weiterhin Ps 94,6; 146,9.

2.3 Heil für die Völker

59

Daher unterliegt der Fremde in Israel der gleichen Gerichtsbarkeit wie ein Israelit (Lev 24,10 – 22; Num 35,15; Dtn 1,16),¹⁴⁰ denn es soll für alle nur ein Recht geben (Lev 24,22; Num 15,15 f). Des Weiteren gelten für Fremde die gleichen rituellen Regeln in Bezug auf Reinheit (Num 19,10) und Speisegebote (Lev 17,10 – 16). Sie haben sogar die Möglichkeit, am Kult teilzunehmen (Ex 12,48¹⁴¹; Lev 17,8; 22,18; Num 15,14– 16), und am Sabbat (Dtn 5,12 – 15)¹⁴² wie an Jom Kippur sollen sie nicht arbeiten (Lev 16,29). Es ist ihnen jedoch verboten, ihre eigenen Kulte auszuüben (Dtn 14,1– 21). Begründet wird diese Haltung Israels gegenüber den im Land lebenden NichtIsraeliten regelmäßig mit der Zeit der eigenen Fremdlingsschaft.¹⁴³ Diese beginnt, folgt man dem narrativen Faden der Tora, mit den Erzvätern (Gen 12; 20; 26) und der Zeit in Ägypten (Ex 22,20; 23,9; Lev 19,34). Schließlich sind die Israeliten im verheißenen Land selbst Fremde (‫ )גרים‬und Beisassen (‫)תושבים‬, da das Land eigentlich Jhwh gehört (Lev 25,23). In Ez 47,21 soll das Land neu nach den zwölf Stämmen aufgeteilt werden. Interessanterweise werden in V. 22 die Fremden (‫ הגרים‬/ τοῖς προσηλύτοις), die bereits in Israel wohnen, in das Landvergabeverfahren integriert, als seien sie selbst Israeliten (‫ והיו לכם כאזרח בבני ישראל‬/ ἔσονται ὑμῖν ὡς αὐτόχθονες ἐν τοῖς υἱοῖς τοῦ Ισραηλ).¹⁴⁴

2.3.6 Tora für die Völker Die Ausführungen im vorausgehenden Abschnitt haben verdeutlicht, wie eng die Frage nach dem Lebensraum der Fremden in Israel mit der Tora verbunden ist. Von daher stellt sich die Frage nach dem Verhältnis von Gottes Tora zu den Völkern. Ist es möglich, sogar von einer Völkertora¹⁴⁵ zu sprechen?¹⁴⁶

 In Dtn 27,19 wird die Missachtung des Rechts der personae miserae explizit in der Fluchreihe genannt; vgl. zudem Kaiser, „Ortsfremde“, 47.  Hier geht es um die Möglichkeit der Teilhabe am Pessach, die jedoch nicht bedingungslos gilt. Vielmehr ist der Fremde explizit ausgeschlossen (Ex 12,43), es sei denn, er vollzieht die Beschneidung an sich und an allen männlichen Personen seines Haushaltes. Blum, „Volk“, 30 folgert daraus: „Es gibt Personen, die den jüdischen Gott verehren, aber nicht zu Israel gerechnet werden – oder anders gesagt: Die Gemeinschaft der JHWH-Verehrer und Israel sind nicht identisch“ (Hervorhebung im Original).  Vgl. Kaiser, „Ortsfremde“, 43.  Vgl. Preuss, Theologie I, 48; Flebbe, „Partikularismus“, 20.  Zimmerli, Ez II, 1219 spricht von „voller Aufnahmebereitschaft für den ‫ “גר‬und weist auf die Veränderung gegenüber Dtn 23,2– 9 hin.  Anders Niebuhr, „Tora ohne Tempel“, 430, der die „Tora für die Völker“ als späteres rabbinisches Konzept klassifiziert.

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2 Das Heil für die Völker in den Schriften Israels – ein summarischer Überblick

Die Tora per se allein Israel zuzuordnen wäre insofern falsch, als dass die Völker einen positiven Bezug zur göttlichen Tora haben, wie es an Jes 2,4/Mi 4,3 par deutlich wird.¹⁴⁷ Dort geht die Weisung/Tora Gottes vom Zion aus, wobei diese nicht der Sinai-Tora entspricht. Sie ist es, die die Völker zur Wallfahrt nach Jerusalem motiviert. Dabei wird durch die Parallelisierung von Tora und Wort Gottes deutlich, dass Tora im Sinn von Gottes Lebensordnung zu verstehen ist, die sich dann im friedlichen Miteinander der Völker zeigt.¹⁴⁸ Allerdings können die Völker, genauso wie Israel, die Tora übertreten.¹⁴⁹ In Jes 24,5 ist von Geboten (‫– תורת‬ Plural¹⁵⁰) und Satzung (‫ )חק‬die Rede, an die sich die Völker hätten halten sollen. Unklar ist, was mit ‫ תורת‬in Bezug auf die Völker genau gemeint ist. Eine Möglichkeit wäre, allgemein von Grundordnungen auszugehen.¹⁵¹ Durch die Bezüge von Jes 24,1– 6 auf Gen 9 ist es jedoch auch möglich, darin die noachidischen Gebote, die für alle Menschen gelten, zu sehen.¹⁵² Somit geht die Tora für die Völker nicht in der Sinai-Tora auf. Jedoch lassen Texte wie Sir 17,1– 14 – V. 11 spricht vom „Gesetz des Lebens“ (νόμος ζωῆς) – den Schluss zu, dass sie möglicherweise als eng miteinander verbunden angesehen werden konnten.¹⁵³

 Zur Gesamtdarstellung der beiden Themenkomplexe Tora und Völker vgl. SchwienhorstSchönberger, „Zion“, 107– 125; Lohfink, „Bund und Tora“, 41; Fischer, Tora für Israel.  Vgl. auch Gross, Idee, 98. Steck, Friedensvorstellungen, 70 spricht allgemein von der „heilvolle[n] Lebensordnung Jahwes“. Für Ps 2 geht auch Zenger, „“Wozu tosen die Völker…?““, 509 von der Annahme der göttlichen Tora durch die Völker aus.  Von einem möglicherweise ganz neuen und eschatologischen Gesetz, das nicht mit der Tora des Mose, wie sie am Sinai empfangen wurde, gleichzusetzen ist, geht Lohfink, „Bund und Tora“, 41 aus. Von einer „neuen Tora“ spricht Gese, Theologie, 75.  Fischer, Tora für Israel, 63 weist darauf hin, dass ‫ עבר תורה‬neben Jes 24,5, wo es auf die Völker bezogen ist, nur noch in Dan 9,11, dort mit Israelbezug (‫)כל־ישראל עברו את־תורתך‬, vorkommt.  Der Plural von ‫ תורה‬ist auffällig. Interessanterweise überliefert 4QIsaa 42,4 (DJD 15) ebenfalls den Plural (‫)ולתורתיו‬.  Vgl.Wildberger, Jes II, 922: „Kenntnis der Grundordnungen des Daseins, deren Mißachtung nur Fluch eintragen kann, ist dem menschlichen Selbstbewußtsein inhärent.“  Siehe dazu auch Kap. 2.3.1; vgl. auch Fischer, Tora für Israel, 61.69. Blenkinsopp, „Abraham“, 240 bezeichnet jedoch gerade die noachidischen Gebote bereits als Tora: „In the post-diluvian world, all humanity, indeed all living creatures, are the recipients of the first covenant, which is followed by the first torah, the so-called Noachide laws (9:1– 17).“  Vgl. Marböck, „Bund“, 136 f: „Wird jedoch der vielfach festgestellte unmerkliche Übergang vom Horizont der Schöpfung zu Motiven vom Sinai ernst genommen, rücken die universale Ordnung für alle Menschen Sir 17,1– 10 und das Gesetz vom Sinai ganz eng zusammen. [… Es ist möglich] noch einen Schritt weiter[zu]gehen und die These zur Diskussion [zu] stellen, dass auch in 17,11– 14 alle Menschen angesprochen sind und hier von der Weisheit die Rede ist, die allen Menschen als Leben spendendes Gesetz von Gott geschenkt ist, von der die Tora vom Sinai ein Teil ist.“

2.3 Heil für die Völker

61

Israel behält eine vermittelnde Rolle in Bezug auf die Tora für die Völker. So kann zum Beispiel Jes 2,5 verstanden werden, da dort zunächst das Haus Jakob aufgefordert ist, im Licht, also in der Tora Gottes, zu wandeln. In Jes 42,4MT heißt es, dass die Inseln auf seine (des Gottesknechts)¹⁵⁴ Tora hoffen (‫;ולתורתו איים ייחילו‬ V. 4).¹⁵⁵ Dabei steht das durch ihn aufgerichtete Recht (‫ ;ישים בארץ משפט‬V. 4) parallel zu seiner Tora, wodurch deutlich wird, dass er Recht und Tora herausführen wird (‫ ;משפט לגוים יוציא‬V. 1 / ‫ ;לאמת יוציא משפט‬V. 3) – sprich hin zu den Völkern.¹⁵⁶ Insofern zeigt sich hier, dass die Tora nicht nur für den in Israel lebenden Fremden Relevanz besitzt. In Jes 51,4 wird die enge Verbindung von Gottes Recht (‫משפט‬/κρίσις) mit der Tora, die dort zum Licht der Völker (‫ לאור עמים‬/ εἰς φῶς ἐθνῶν)¹⁵⁷ wird, ebenfalls deutlich.¹⁵⁸ „Durch die parallele Formulierung, daß sowohl Jhwhs Tora als auch sein Heil zu den Völkern offensiv hinausgehen […], wird klar, daß das Recht für Israel nicht gleichbedeutend ist mit dem Vernichtungsgericht für die Völker. Auch an sie ergeht Tora als Heil.“¹⁵⁹ Allerdings ist die Vorstellung des Lichts für die Völker hier kein Aufruf zur Mission durch Israel.¹⁶⁰

2.3.7 Gottesfürchtige und einzelne JHWH-Verehrer unter den Völkern Neben der Vorstellung, dass die Völker als Kollektive neben Israel existieren, gibt es auch einige Texte, in denen Individuen eine besondere Jhwh-Beziehung aufbauen, ohne explizit ein Teil des Volkes Israel zu werden. So zeichnen sich nicht allein Israeliten durch Gottesfurcht aus, sondern auch Menschen aus den Völkern gehören zu den Gottesfürchtigen (‫ ירא אלהים‬/ φοβούμενος). Diese Ehrfurcht vor  Die Deutung des Knechts ist umstritten, was bereits an frühen Auslegetraditionen deutlich wird. Während Jes 42,1LXX den Knecht eindeutig mit Jakob (Ιακωβ ὁ παῖς μου) und Israel (Ισραηλ ὁ ἐκλεκτός μου) identifiziert, liest der Targum zu Jesaja die Textstelle messianisch. Weiterhin ist es auch möglich, im Knecht Kyros zu sehen, vgl. Kratz, Kyros, 141– 144.  Dies gilt nur für Jes 42,4MT, da die Überlieferung der LXX „und auf seine Tora“ (‫ )ולתורתו‬in „auf seinen Namen“ (ἐπὶ τῷ ὀνόματι αὐτοῦ) veränderte.  Vgl. die Verbindung von ‫ יצא‬und ‫ תורה‬in Jes 2,3 und 51,4.  Zur Wendung „Licht der Völker“ vgl. auch Jes 42,6 und 49,6, wobei dort ‫ גוים‬statt ‫ עמים‬steht, wohingegen die LXX immer φῶς ἐθνῶν bezeugt. Dazu, dass dies keinen Unterschied in der Bedeutung ausmacht, vgl. Lohfink, „Bund und Tora“, 49, Anm. 41. Allerdings wird nur in Jes 51,4 von der Tora gesagt, dass sie zum Licht der Völker würde.  Zur Darstellung des Motivzusammenhangs Recht, Tora und Licht vgl. Kap. 8.1– 3.  Fischer, Tora für Israel, 111. Ähnlich auch Gregerman, „Biblical Prophecy“, 221: „Instead, we have a broad demonstration of God’s concern for all humanity in the three passages [= Jes 42,1– 4; 49,1– 10; 51,4– 8]“.  Dies wird besonders dadurch bestärkt, dass die Identität des Knechts in Jesaja nicht einheitlich zu klären ist, vgl. Gregerman, „Biblical Prophecy“, 221, Anm. 38.

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2 Das Heil für die Völker in den Schriften Israels – ein summarischer Überblick

Gott entspricht dabei einer Lebenshaltung, die sich an Gottes Willen orientiert.¹⁶¹ Exemplarisch für solche Menschen aus den Völkern können die ägyptischen Hebammen in Ex 1,17 angesehen werden,¹⁶² aber auch Hiob (vgl. Hiob 1,8).¹⁶³ Darin spiegelt sich weisheitliches Gedankengut. In Prov 1,7 ist die Gottesfurcht überhaupt der Anfang aller Erkenntnis und Weisheit. Des Weiteren lässt sich von den Gottesfürchtigen die Gruppe der „Jhwh-Verehrer unter den Völkern“ unterscheiden.¹⁶⁴ Diese bleiben Menschen der Völkerwelt und haben trotzdem Anteil an Gottes rettendem Handeln. Zu diesen Personen zählen Rahab (Jos 2), der syrische Hauptmann Naaman (2Kön 5), Jitro, der Schwiegervater des Mose (Ex 18,1– 12), der Jhwh sogar opfert,¹⁶⁵ sowie die Seefahrer im Jonabuch (Jona 1),¹⁶⁶ die ebenfalls Gott opfern. Alle diese Erzählungen zielen letztlich darauf, dass einzelne Menschen aus den Völkern Jhwh erkennen. Jitro wird dabei als positives Gegenbeispiel zum Pharao und den Amalekitern gezeichnet,¹⁶⁷ Rahab steht im Gegensatz zu den übrigen Kanaanitern aus Jericho und dem Israeliten Achan (Jos 7).¹⁶⁸ Ihre Gotteserkenntnis ereignet sich jeweils durch Gottes Handeln an Israel.¹⁶⁹ Alle zeichnen sich zudem dadurch aus, dass sie entweder an ihren

 Gemäß Graupner, Elohist, 52 ist sie im Unterschied zu ethischen Geboten „eine Haltung, die sich angesichts unterschiedlicher Anforderungen je neu und anders bewährt.“  Vgl. Graupner, Elohist, 52– 54; Römer, „Mose“, 75.  Auch in Gen 20,11 befürchtet Abraham, dass er in Gerar keine Gottesfurcht finden wird, weshalb er seine Frau Sarah als seine Schwester bezeichnet. Diese Befürchtung wird dann jedoch durch das Verhalten Abimelechs widerlegt.  Vgl. Haarmann, JHWH-Verehrer. Diese Bezeichnung baut auf der These von Greenberg, „House of Prayer“, 31– 37 auf, dass die Notwendigkeit besteht, zwischen einer Hinwendung zum Gott Israels (Jes 56,3.6; Sach 2,15) und der Hinwendung zum Volk Israels (Jes 14,1; Est 9,27; Dan 11,34) zu unterscheiden; vgl. auch Haarmann, JHWH-Verehrer, 51– 54.  Diese Tatsache veranlasst einige Forscher, von einem formalen Übertritt Jitros auszugehen, der zuerst vollzogen werden muss, bevor er kultfähig sei (vgl. Gunneweg, „Mose“, 8; Houtman, Ex II, 394). Anders hingegen Haarmann, JHWH-Verehrer, 93, der betont, dass Jitro Midianiter bleibt.  Auch hier geht es nicht um eine Zugehörigkeit zum Volk Israel, sondern um die richtige Reaktion gegenüber Jhwh; ebenso Kaiser, „Wirklichkeit“, 44 f. Anders hingegen Jeremias, „Jonabuch“, 93, der die „Heiden […] als die potentiell besseren Glieder des Gottesvolkes“ bezeichnet.  Vgl. Haarmann, JHWH-Verehrer, 90 f.  Vgl. Haarmann, JHWH-Verehrer, 127 f. Im Gegensatz dazu geht Spina, „Rahab“, 30.53 f davon aus, dass Rahab Israelitin wird und somit eine Art Proselytin darstellt, wohingegen Achan aus Israel herausfällt. Als gegensätzlich ist jedoch ihr unterschiedliches Verhalten gegenüber Gottes Heilstaten an Israel zu sehen, was noch keinen Tausch in der ethnischen Zuordnung impliziert.  Im Fall der Seeleute in Jona 1 meint Wolff, Jonabuch, 99, dass auch ihre Erkenntnis letztlich durch Israel vermittelt sei, da sie erst durch Jona von Jhwh erfahren. Naaman hört durch seine Frau zunächst in 2Kön 5,2 f von einer Israelitin, die von einem israelitischen Propheten berichtet,

2.3 Heil für die Völker

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jeweiligen Orten außerhalb Israels bleiben oder dorthin zurückkehren.¹⁷⁰ Hinzu kommen neben diesen Narrationen auch diskursive Texte wie 1Kön 8,41– 43 und Jes 56,1– 8¹⁷¹.¹⁷² Explizit nicht hinzugezählt wird Rut, da diese im Sinne einer Proto-Proselytin¹⁷³ ins Volk Israel aufgenommen wird und ihre Jhwh-Beziehung sich über ihre Zugehörigkeit zum Volk konstituiert und nicht anders herum (Rut 1,16).¹⁷⁴ Ihre Assimilation an das Volk Israel ist somit eine Möglichkeit, Teil desselben zu werden, oder ermöglicht dies zumindest den Nachkommen, die in der Folge dieses Einheiratens geboren werden.¹⁷⁵

und gelangt dann in der Begegnung mit diesem Propheten (Elischa) zur Jhwh-Erkenntnis, wobei auch der Akt des Tauchbades im Jordan eine Rolle spielt (2Kön 5,14 f).  Besonders im Fall Naamans ist diese Rückkehr interessant, da dieser nicht nur nach Syrien zurückgeht, sondern auch weiterhin am Kult des Gottes seines Königs teilnehmen will (2Kön 5,18), wobei er explizit nur noch Jhwh Opfer darbringen will (2Kön 5,17). Umstritten ist in diesem Zusammenhang auch, inwiefern die Abschiedsworte Elischas ‫( לך לשלום‬V. 19) dieses Verhalten legitimieren oder ablehnen, da es sowohl im Sinne von „geh in Frieden“, also befürwortend, verstanden werden kann, oder aber ablehnend „geh, damit Friede ist“. Für die erste Option vgl. Marinković, „Geh in Frieden“, 8; Haarmann, JHWH-Verehrer, 164. Als ausweichend charakterisiert den Ausdruck Werlitz, Kön, 220. Für eine neutrale Haltung Elischas, die weder zustimmend noch ablehnend ist, spricht sich Keil, Kön, 267 aus. Verschiedene Positionen stellt Würthwein, Kön II, 301 f dar.  Anders Blenkinsopp, „Second Isaiah“, 95, der in den Fremden in Jes 56,1– 8 Proselyten sieht. Kritisch äußert sich auch Maier, Völkerwallfahrt, 387 f. Vgl. zu Jes 56,1– 8 auch Kap. 2.3.1 sowie Kap. 5.3.  Haarmann, JHWH-Verehrer, 247– 254 geht als Beispiel für einen diskursiven Text, der von Jhwh-Verehrern der Völker handelt, auch auf Jes 2,2– 4 ein. Vgl. zum Motiv der Völkerwallfahrt Kap. 2.3.9 und zu dessen mt Rezeption Kap. 5.  In der frühjüdischen Literatur wird diese Rolle Aseneth zuteil, die sich vor ihrer Hochzeit mit Josef zu Jhwh bekehrt und in einem ausführlich geschilderten Ritus Teil Israels wird (JosAs 8,9; 15,7).Vogel, „Einführung“, 26 f charakterisiert JosAs folgendermaßen: Es geht „um die Akzeptanz von Proselyten im Kontext der Mischehenfrage. Die höchst anschaulich erzählte Radikalität der Bekehrung Aseneths einerseits und die betont religiöse Statusgleichheit mit Joseph durch ihre Verwandlung bzw. nach ihrer Bekehrung andererseits lässt Aseneth als Proselytin über jeden Zweifel erhaben sein.“  Vgl. Haarmann, JHWH-Verehrer, 255 – 273. Dass Rut eine Identitätstransformation durchläuft, die besonders auf ihre Kontakte zu Boas und Naomi zurückzuführen sei, vertritt Lau, Identity, 90 – 119.  Vgl. Haarmann, JHWH-Verehrer, 54 f. Dass ein Unterschied zwischen den Generationen gemacht wird, verdeutlicht bereits der exklusiv argumentierende Text in Dtn 23,8 f, da dort die dritte Generation von Edomitern und Ägyptern nicht mehr explizit vom Ausschluss erfasst wird (anders als die Moabiter und Ammoniter, die auf ewig ausgeschlossen sind, vgl. Dtn 23,4).

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2 Das Heil für die Völker in den Schriften Israels – ein summarischer Überblick

2.3.8 Fremde Völker als Gottesvolk Israel wird von Gott regelmäßig als „Söhne“ (vgl. z. B. Hos 2,1 f; Jes 1,2) oder gar als „Erstgeburt“ Jhwhs (Ex 4,22) bezeichnet. Dies zeigt eindrücklich, dass familiäre Strukturen nicht nur das Verhältnis der Völker untereinander kennzeichnen,¹⁷⁶ sondern auch auf die Beziehung zu Gott angewendet werden. Auf diesen Zusammenhang deutet vermutlich auch die Bezeichnung Israels als ‫ עם‬hin.¹⁷⁷ Allerdings lässt sich die scheinbare Gegenüberstellung der ausschließlichen Bezeichnung Israels als ‫ עם‬und der Bezeichnung ‫ גוי‬für ein Fremdvolk nicht aufrechthalten, da auch Israel, wenn auch nur an wenigen Stellen, als ‫ גוי‬bezeichnet wird (vgl. z. B. Ex 19,6 [‫ גוי קדוש‬/ ἔθνος ἅγιον]).¹⁷⁸ Außerdem gibt es umgekehrt ebenso Belege, in denen ein Fremdvolk als ‫ עם‬bezeichnet wird (vgl. Jes 18,2).¹⁷⁹ Dass sich die Vorstellung des „Gottesvolkes“ (‫ )עם יהוה‬oder die Rede von „meinem Volk“ innerhalb von Jhwh-Reden letztlich primär auf Israel bezieht, wird an vielen Stellen deutlich.¹⁸⁰ Die Wendung ‫ גוי יהוה‬findet sich hingegen in den Schriften Israels nie.¹⁸¹ Dennoch lässt sich die Gegenüberstellung Israels als Volk Gottes zu allen anderen Völkern nicht in allen Texten aufrecht halten: So gibt es zum einen solche, in denen der Ausdruck „alle Völker“ (πάντα τὰ ἔθνη)¹⁸² nicht im Sinn von „alle anderen Völker“ zu verstehen ist, sondern Israel als mit ein-

 Vgl. Kap. 2.3.2.  Procksch, Theologie, 506 geht davon aus, dass durch die Bezeichnung Israels als ‫ עם‬und dessen Erwählung durch Jhwh dessen Zugehörigkeit zur „Gottesfamilie“ zum Ausdruck kommt: „Wenn vom ‚Volk Jahves‘ […] die Rede ist oder Jahve sich zu seinem Volke bekennt […], so liegt darin die Anerkennung der Verwandtschaft zwischen ihm und Israel.“ Für eine Herleitung des Begriffes ‫ עם‬aus familiären Kontexten vgl. auch Preuss, Theologie I, 56 f. Er führt folgende Textstellen an, die auf die männliche Verwandtschaft deuten: Gen 17,14; 25,8 f.17; 35,29; Ex 30,33.39; Lev 17,4; 21,1.4; 2Kön 4,13; Ez 18,18 u. ö., und folgende, die von einer Ausweitung auf Frauen und Kinder ausgehen: Dtn 29,9 ff; 31,10 ff; Esra 10,1; Neh 8,2; 2Chr 20,13.  Siehe außerdem Gen 12,2 (‫ גוי גדול‬/ ἔθνος μέγα); Dtn 4,6, wo ‫ עם־חכם‬/ λαὸς σοφός und ‫הגוי‬ ‫ הגדול‬/ ἔθνος τὸ μέγα parallel stehen und beide auf Israel bezogen sind.  Siehe zudem Jes 30,5 mit Bezug auf Ägypten.  Vgl. z. B. Ex 3,10; 5,1; Lev 26,12; 1Sam 9,16 f; 2Sam 3,18; 5,2; 7,7– 11; Ps 50,7; 81,9.12.14; Jes 10,24; 40,1; Jer 18,15; Mi 6,3; Sach 8,7 f u. ö.; ohne Angaben von konkreten Textstellen so auch bei Preuss, Theologie I, 57.  Vgl. Botterweck/Clements, „Art. ‫“גוי‬, 967.  Während die Überlieferung der LXX an allen einschlägigen Stellen von πάντα τὰ ἔθνη spricht, finden sich im hebräischen Text jeweils unterschiedliche Ausdrücke: ‫;כל־הגוים ;כל־העמים‬ ‫ ;כל־האמים‬aram. ‫כל־העממיא‬.

2.3 Heil für die Völker

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geschlossen gedacht wird.¹⁸³ Besonders deutlich wird dies an Jes 56,7, da es unwahrscheinlich ist, dass der Tempel, der ein „Bethaus für alle Völker“ genannt wird (‫ בית־תפלה לכל־העמים‬/ οἶκος προσευχῆς πᾶσιν τοῖς ἔθνεσιν), diese Funktion für das Volk Israel nicht mehr erfüllen sollte.¹⁸⁴ Zum anderen finden sich Texte aus dem Kontext der Fremdherrschaft über viele Völker, in denen es ebenfalls plausibel ist, dass diese Israel mit einschließen.¹⁸⁵ Daneben gibt es Einzeltexte, die die Kategorie ‫ עם יהוה‬auch auf andere Völker übertragen.¹⁸⁶ So wird Ägypten in Jes 19,25¹⁸⁷ in Form der Gottesrede als „mein Volk“ (‫ )עמי‬angesprochen. Assur wird zwar nicht explizit als Volk angesprochen, doch steht es parallel zu Ägypten und wird „Werk meiner Hände“ (‫ )מעשה ידי‬genannt. Dabei fällt jedoch auf, dass zwar ein Fremdvolk als Jhwh-Volk bezeichnet werden kann, der Text jedoch durchgehend von Jhwh her argumentiert und die Beziehung Ägyptens und Assurs zum Volk Israel unbestimmt bleibt.¹⁸⁸ Die LXX hingegen richtet die Aussage auf Israel aus, sodass Israeliten gemeint sind, die sich in Ägypten und Assur aufhalten: ὁ λαός μου ὁ ἐν Αἰγύπτῳ καὶ ὁ ἐν ᾿Aσσυρίοις (Jes 19,25LXX). Ebenfalls aus der Perspektive Jhwhs nennt Sach 2,15 „viele Völker“ (‫)גוים רבים‬, die sich Jhwh anschließen:¹⁸⁹ „Sie werden für mich zum Volk“ (‫)והיו לי לעם‬¹⁹⁰.

 Vgl. zur Diskussion um die inklusive oder exklusive Deutung von πάντα τὰ ἔθνη im Mt Kap. 9.1 sowie Kap. 10.4.  Vgl. Konradt, Israel, 335, Anm. 260. Das heißt aber nicht, dass die Menschen aus den Völkern, die im Tempel beten, umgekehrt automatisch Teil des Volkes Israel sind. So auch Schreiner, „Berufung“, 109; Haarmann, JHWH-Verehrer, 243.  Vgl. Jer 28,11– 14MT = Jer 35,11– 14LXX; Dan 3,2– 7; Jdt 3,8; Est 4,11LXX; 1Makk 1,41– 43; evtl. auch 1Makk 2,18, wobei dort die Männer Judas und jene, die in Jerusalem geblieben sind, neben πάντα τὰ ἔθνη in einer Aufzählung stehen. Des Weiteren ist z. B. auch Ps 117,1MT/Ps 116,1LXX zu nennen.  Vom ‫ עם אלהי אברהם‬spricht Ps 47,10, doch ist im hebräischen Text nicht eindeutig, ob die Fürsten der Völker, die sich versammeln, als Volk des Gottes Abrahams oder mit dem Volk des Gottes Abrahams versammelt werden. Ps 46,10LXX übersetzt mit ἄρχοντες λαῶν συνήχθησαν μετὰ τοῦ θεοῦ Αβρααμ. Mit der Charakterisierung einer „Spitzenaussag[e] aus der heiligen Schrift Israels“ wird Ps 47,10 von Frankemölle, „Bund“, 344 neben Jes 19,24 f gestellt.  Zum kultischen Aspekt vgl. Kap. 2.3.12. Dort auch die Ausführungen zu Jes 66,18 – 24, da dort der explizite Begriff ‫ עם‬für die Völker fehlt.  Darauf weist bereits Gross, „Israel und die Völker“, 157 hin. Donaldson, Judaism and the Gentiles, 501 hält fest: „[I]t is clear that they [Assur and Egypt] are not incorporated into Israel and thus do not lose their separate identity.“  Schreiner, „Berufung“, 110 erkennt innerhalb der Schriften Israels Jes 19,24 f als Erfüllung der Verheißung von Sach 2,15.  Anders hingegen die LXX, wo es heißt: „Sie werden ihm (αὐτῷ) zum Volk“.

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2 Das Heil für die Völker in den Schriften Israels – ein summarischer Überblick

Dabei fällt vor allem die parallele Formulierung zur Bundesformel auf, die hier aber universalisiert wurde.¹⁹¹ Mit der Möglichkeit der Bezeichnung von Fremdvölkern als Gottesvolk wird jedoch nicht die Sonderstellung Israels oder seine Erwählung als solche aufgehoben. In Sach 2,16 schließt sich sogar explizit eine erneute Erwählung Israels, wörtlich Jerusalems, an.¹⁹² In Jes 19,24 f steht Israel als Dritter neben Assur und Ägypten, ist ein Segen in der Mitte der Erde (‫)ברכה בקרב הארץ‬¹⁹³ und wird als Jhwhs Erbteil bezeichnet (‫ ונחלתי ישראל‬/ ἡ κληρονομία μου Ισραηλ).¹⁹⁴ Dass auch die Völker als Erbteil bezeichnet werden können, wird zum Beispiel in Ps 82,8MT/ Ps 81,8LXX deutlich.¹⁹⁵

2.3.9 Die Völkerwallfahrt Die Völkerwallfahrt gehört zum festen Themenkreis der Zionstheologie.¹⁹⁶ Diesem Topos zufolge ziehen nicht nur die Israeliten im Anschluss an das Exil oder zu den Festen nach Jerusalem, sondern auch die Völker. Die Wallfahrt steht im Kontrast zum sog. Völkersturm, der ebenfalls zur Zionstheologie gehört. Ihm zufolge sind

 Vgl. Hanhart, Sach I, 154; Wolters, Sach, 87. Die besondere Nähe zur Zionstheologie, wie sie in den Völkerwallfahrtstexten zum Tragen kommt, betont Willi-Plein, Hag/Sach/Mal, 82.  Ähnlich auch Jes 14,1, wo ebenfalls von einem Sich-Anschließen/Sich-Hinzugesellen (‫לוה‬ [Niph’al] / προστίθημι) der Völker ans/zum Haus Jakob die Rede ist, eine genaue Bezeichnung für diese neue Gruppe fehlt jedoch. Ohne einen Bezug auf die Völker spricht Sach 1,17 von einer erneuten Erwählung Jerusalems nach dem ergangenen Gericht.  Auch hier überliefert die LXX etwas anders mit „[Israel…] gesegnet auf der Erde“ (εὐλογημένος ἐν τῇ γῇ).  Die Vorstellung von der ‫ נחלה‬ist eigentlich ein Rechtsausdruck aus dem Bereich des Landund Bodenbesitzes, und die Verbindung mit Jhwh besagt nach Preuss, Theologie I, 58, „daß Israel ohne sein Verdienst JHWH zugehörig ist, JHWH jedoch auf sein Volk einen Anspruch hat“ (vgl. auch Dtn 4,20; 9,26.29; 2Kön 21,14; Jes 63,17; Jer 10,16; Joel 4,2; Mi 7,14.18; Ps 28,9; Ps 106,5 u. ö.).  In der Formulierung noch einmal ähnlich Ps 2,8, doch werden die Völker hier nicht zum Erbbesitz Jhwhs, sondern des Königs. In diesem Zusammenhang wird auch deutlich, dass die Tatsache, ein Erbteil zu sein, anders als die Zugehörigkeit zum Volk, nicht unbedingt nur positiv konnotiert sein muss, da die Völker in Ps 2,1 negativ gezeichnet werden.  Vgl. besonders Jes 2,2– 4 par. Mi 4; Jes 60,1– 14; 66,18 – 21; Sach 8,20 – 23; 14,16 f; Ps 47; 72; 96; 102. Ausführlich zur Völkerwallfahrt Schmidt, Israel; Wildberger, „Völkerwallfahrt“, 62– 81; Lohfink, „Bund und Tora“, 37– 83; Stansell, „Journey“, 233 – 255; Maier, Völkerwallfahrt. Zur kulturgeschichtlichen Verortung des Motivs Ego, „Völkerchaos“, 123 – 141, bes. 130 – 136.

2.3 Heil für die Völker

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die Völker feindliche Mächte, die ähnlich den Chaoswassern¹⁹⁷ gegen Jerusalem anstürmen, das jedoch durch die Präsenz Jhwhs geschützt ist (vgl. z. B. Ps 46,7; 48,5 f).¹⁹⁸ Dabei fällt auf, dass nur wenige Texte (Jes 2,2– 4; Mi 4,1– 5; Sach 14,16 f ¹⁹⁹), die von einer Sammlung der Völker sprechen, im Hebräischen das Verb ‫ עלה‬aufweisen²⁰⁰, das als charakteristisch für die Wallfahrt angesehen werden kann (vgl. die Wendung ‫ שיר המעלות‬für die Wallfahrtspsalmen Ps 120 – 134).²⁰¹ In Jes 2,3 ziehen viele Völker (‫ )עמים רבים‬hinauf zum Berg Jhwhs und zum Haus des Gottes Jakobs. Im Paralleltext Mi 4,2 wird der Bezug auf die nicht-israelitischen Völker noch deutlicher, indem dort die Rede von ‫ גוים רבים‬ist. In Sach 14,16 sind es die Völker, die aus dem Gericht übrig geblieben sind, die nach Jerusalem wallfahren. Über diese enge Abgrenzung hinaus gibt es jedoch weitere Texte, die von einer Sammlung der Völker oder von deren Kommen sprechen.²⁰² Auffällig ist, dass sich dieser Topos in den Schriften nur in den Psalmen und in prophetischer Literatur findet. Letztlich reagieren diese Texte auf die Frage, die Ps 24,3 stellt: „Wer darf hinaufziehen auf den Berg Jhwhs?“ (‫ מי־יעלה בהר־יהוה‬/ τίς

 Zur Parallelität im Vokabular zwischen den Völkersturmtexten und der Bekämpfung der Chaosmacht vgl. Wanke, Zionstheologie, 68 – 70.75 – 77. Dieser hält aber zugleich fest, dass sich das eine Motiv trotz ähnlicher Formulierungen nicht aus dem anderen ableiten lasse.  Zu diesem Motiv vgl. auch Kreuch, Unheil und Heil, 26 f; Wanke, Zionstheologie, 70 – 99, der das Motiv des Völkerkampfes/Völkersturms auch für Ps 76 und evtl. Ps 2 erwägt (74). Außerdem Lutz, Jahwe, 34– 51.111 f, der den Kampf der Völker gegen Jerusalem als eine der drei grundlegenden Vorstellungen zum Thema charakterisiert. Die beiden anderen Kategorien sind „Jahwes Kampf gegen die Völker“ und „Jahwes Kampf gegen Jerusalem“. Vgl. außerdem Hartenstein, „Tosen vieler Völker“, 127– 174; Leuenberger, „Großkönig“, 141– 156, bes. 153 f. Ebenfalls von einem Strömen (‫נהר‬/συνάγω) von Völkern gegen eine Stadt spricht Jer 51,55MT/28,44LXX, doch handelt es sich dort um ein Gerichtswort gegen Babylon, zu dem die Völker gerade nicht mehr strömen werden.  Sach 14 verbindet die Vorstellung von einem Kampf gegen die Völker mit deren Wallfahrt. Vgl. zu Εrsterem auch Wanke, Zionstheologie, 77– 79.  Hinzu kommt Joel 4,9 – 17. Dieser Text unterscheidet sich jedoch von Jes 2,2– 4; Mi 4,1– 5 und Sach 14,16 f darin, dass die Völker nicht zum Zion ziehen, sondern zum Tal Jošaphat, um dort gerichtet zu werden. Es lässt sich nicht genau klären, wo exakt das Tal Jošaphat zu lokalisieren ist. Doch ist es nicht unmittelbar mit Jerusalem gleichzusetzen, da die Stadt der Ort Jhwhs ist und dieser allein für die Israeliten zum Zufluchtsort werden soll (Joel 4,16). Vgl. auch Timmer, NonIsraelite Nations, 35 – 41.  Ist ‫ עלה‬auf Israel bezogen, fungiert es hingegen als ein typisches Verb der Exodustradition.  Mit ‫ בוא‬formulieren im masoretischen Text Ps 96,8; Sach 8,20.22; 14,16; Joel 4,11; Jes 60,4.5.11; 66,18.23; Mi 7,13; Jer 16,19; mit ‫ הלך‬Jes 2,3; 60,14; Jer 3,17; Sach 8,21 und mit ‫ קבץ‬Ps 102,22; Joel 4,11; Jes 40,4.7; 66,18. Des Weiteren vgl. auch ‫( אסף‬Ps 47,10); ‫( אתה‬Ps 68,32); ‫ שוב‬mit ‫( קרב‬Ps 72,10); ‫נהר‬ (Jes 2,2; Mi 4,1); ‫( נהג‬Jes 60,11); ‫( פוה‬Jer 3,17).

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2 Das Heil für die Völker in den Schriften Israels – ein summarischer Überblick

ἀναβήσεται εἰς τὸ ὄρος τοῦ κυρίου),²⁰³ wobei die Antwort der Völkerwallfahrtstexte für die Völker positiv ausfällt. Auch Ps 15 stellt diese Frage, wobei wie in Ps 24 allein ethische und keine ethnischen Kriterien zur Beantwortung der Frage aufgeführt werden. Darüber hinaus lassen sich die Völkerwallfahrtstexte zu zwei thematischen Gruppen zusammenfassen:²⁰⁴ Während in der einen Gruppe das Lernen der Worte Jhwhs oder der Tora als Zweck der Wallfahrt (Jes 2,2– 4; Mi 4,1– 5)²⁰⁵ betont wird, steht in der anderen Gruppe der kultische Bezug im Vordergrund (Sach 14,16 f).²⁰⁶ In beiden Gruppen finden sich jedoch wiederum Anknüpfungspunkte an die jeweils andere, sodass auf keinen Fall von zwei getrennten Textkomplexen gesprochen werden kann. Der Aspekt des Lernens der Tora und der Worte Jhwhs durch Nicht-Israeliten stellt besonders in Jes 2,2– 4 par. Mi 4,1– 5 eine prominente Komponente der Völkerwallfahrt dar,²⁰⁷ während der kultische Aspekt durch die Nennung des Berges Jhwhs (‫ הר־יהוה‬/ ὄρος κυρίου) und des Hauses des Gottes Jakobs (‫ אל־בית אלהי יעקב‬/ εἰς τὸν οἶκον τοῦ θεοῦ Ιακωβ) in der Selbstaufforderung der Völker zur Wallfahrt zwar gegeben ist, aber nicht weiter expliziert wird. Zu den Texten, die an diesen Motivkomplex anknüpfen, zählen besonders Jer 3,17, da die Nationen dort nicht mehr ihren eigenen (verstockten) Herzen folgen und stattdessen zum Zion kommen, und Jer 16,21, wo es heißt, dass Gott selbst die Völker lehren will, damit sie ihn erkennen und von den Götzen ablassen.²⁰⁸ Der kultische Aspekt, der mit der Völkerwallfahrt verbunden ist, spielt besonders in Sach 14,16 – 19 eine wichtige Rolle. Die Völker ziehen jedes Jahr neben Israel zum

 Lohfink, „Bund und Tora“, 61– 64 geht davon aus, dass sogar schon Ps 24 selbst von der Völkerwallfahrt handelt.  Schmidt, Israel, 8 – 40 unterscheidet drei Varianten: die Völkerwallfahrt, die Völkerhuldigung und die Völkerversammlung.  Für Jes 2,2– 4 und Mi 4,1– 5par wird diskutiert, inwiefern es sich um eschatologische Texte handelt: Jes 2,2 und Mi 4,1 werden eingeleitet mit „in den letzten Tagen“ (‫ והיה באחרית הימים‬/ ἐν ταῖς ἐσχάταις ἡμέραις). Für ein eschatologisches Verständnis, wie es auch die Übersetzung der LXX deutlicher macht, vgl. Gross, Idee, 97; Wildberger, „Völkerwallfahrt“, 72.77 f; Wolff, „Schwerter zu Pflugscharen“, 286. Vom hebräischen Textbefund her könnte es sich auch um Tage in ferner Zukunft handeln (vgl. Fischer, Tora für Israel, 25).  Zum kultischen Aspekt der Frage nach dem Heil für die Völker vgl. auch Kap. 2.3.12.  Darin liegt eine Umdeutung der Vorstellung des Sinai als des Bergs der Offenbarung Gottes vor (vgl. Ex 19,1–Num 10,33). Auch insofern, als die Völker auf dem Zion Gottes Wort hören, aber dort kein Bund mit ihnen geschlossen wird (vgl. Lohfink, „Bund und Tora“, 37 f).  Vgl. weiterhin Jes 55,5; 60,1– 3; Ps 102,20 – 23; Sach 8,20 – 23, wobei im letzten Text vor allem die Hoffnung auf Jhwhs gerechtes Richten, die sich im Flehen um die Gnade Gottes äußert, den Torabezug herstellt. Auch die Erkenntnis Jhwhs gehört zu diesem Motivzusammenhang (vgl. dazu Kap. 2.2.3).

2.3 Heil für die Völker

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Laubhüttenfest nach Jerusalem und beten an (‫חוה‬/προσκυνέω).²⁰⁹ Darüber ist ein Anknüpfungspunkt zu weiteren Texten gegeben, besonders zu Jes 60,6 f und 66,19 – 23.²¹⁰ Jes 66,23 verbindet die Anbetung Jhwhs durch alles Fleisch mit den kultischen Zeiten Neumond und Sabbat. Motivisch tritt zu dem Hinzukommen der Völker auch die Vorstellung des Bringens von Geschenken hinzu (vgl. z. B. Jes 18,7; 60,6 f; 68,30; Ps 72,10),²¹¹ das im Herbeibringen der Diaspora²¹² als reine Opfergabe, wie es in Jes 66,20²¹³ geschildert ist, eine deutliche Steigerung findet. Dass es sich nicht zwingend um eine unkonditionierte Heilsteilhabe handelt, wird wiederum an Sach 14 deutlich, da in V. 17– 19 jenen Völkern, die die Wallfahrt nicht jedes Jahr vollziehen, erneut Gottes Gericht angekündigt wird.

2.3.10 Das Völkermahl Ein für die Schriften Israels seltener Topos ist der des Völkermahles.²¹⁴ Als primärer Belegtext gilt Jes 25,6 – 8. Dort heißt es, dass Jhwh für alle Völker (‫ לכל־העמים‬/ πᾶσι τοῖς ἔθνεσιν; V. 6) ein Mahl bereiten wird. Dieses findet explizit auf „diesem Berg“ (‫ בהר הזה‬/ τὸ ὄρος τοῦτο; V. 6) statt, der sich von Jes 24,23 her als Zion identifizieren lässt,²¹⁵ womit der Topos ebenfalls im Kontext der Zionstheologie verortet werden kann. Auffällig ist die Parallelität zum Mahl der Ältesten auf dem Sinai (Ex 24,11; vgl. bereits ähnlich Ex 18,12²¹⁶).²¹⁷ Anders als bei der Völkerwallfahrt wird

 Vgl. dazu Hausmann, „Jerusalem und die Völker“, 389 – 399. Sie weist auch darauf hin, dass damit die Vorstellung des Bannes aufgehoben ist und „die Kategorie der Heiligkeit“ ausgeweitet wird (399).  Weitere Texte sind Ps 22,28 – 30; 100.  Vgl. auch Stansell, „Journey“, 233 – 255. In Hag 2,7 sind es sogar nur die Kostbarkeiten der Völker, die zum Tempel kommen, wohingegen vom Kommen der Völker genau genommen gar keine Rede ist, vgl. Rad, „Stadt auf dem Berge“, 446; in Rad, Theologie II, 307 spricht er für Hag 2,7 von der kürzesten Version der Völkerwallfahrt. Lux, „Silber“, 87– 101 sieht darin eine in persischer Zeit geschehene Umformung der Vorstellung des Raubes der Kostbarkeiten der Ägypter (Ex 3,22; 12,36), da die Völker nun nicht mehr zur Abgabe der Gaben gezwungen werden. Dieses Motiv des Bringens von Geschenken wird auch in der frühjüdischen Literatur rezipiert: so z. B. in 4Q504 IV,8 – 13 (DJD 7); Sib 3,772 f; 1Hen 53,1; PsSal 17,31 (vgl. Jeremias, Jesu Verheißung, 52).  Vgl. Jes 49,22; 60,9.  Vgl. Zeph 3,10.  Eine knappe Zusammenstellung relevanter Mahltexte in den Schriften, jedoch ohne Fokus auf der Völkerwelt, findet sich auch bei Wainwright, Eucharist, 19 – 21: z. B. Gen 31,54; Ex 18,12; 24; Dtn 12,5 – 7; 27,7; Jes 55,1 f.5; Sach 9,17; Ps 23,5; Prov 9,1– 6; Cant 5,1.  Vgl. ebenso Maier, Völkerwallfahrt, 223.  Vgl. Dohmen, Ex II, 206.  Vgl. auch Schreiner, „Berufung“, 109; Beuken, Jes II, 338.

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2 Das Heil für die Völker in den Schriften Israels – ein summarischer Überblick

das eigentliche Kommen der Völker zum Zion nicht erwähnt, sondern vorausgesetzt.²¹⁸ Der Charakter des Mahles ist ein freudiger²¹⁹ (V. 8).²²⁰ So deutlich auf die Völker bezogen wie Jes 25,6 – 8 ist kein anderer Text, in dem es um ein Mahl geht.²²¹ Am nächsten an ihn heran tritt vermutlich Ps 36,6 – 10, wo es heißt, dass sich die Menschenkinder im Schatten der Flügel Gottes bergen (V. 8) und er sie mit dem Fett seines Hauses sättigt (V. 9).²²² Von einer Sättigung aller Armen spricht Ps 22,27, und in V. 28 sollen alle Völker daran denken und umkehren.²²³ Diesem Akt der Erkenntnis folgt die Jhwh-Verehrung durch Proskynese (‫ וישתחוו לפניך כל־משפחות גוים‬/ καὶ προσκυνήσουσιν ἐνώπιόν σου πᾶσαι αἱ πατριαὶ τῶν ἐθνῶν).²²⁴ In V. 30 heißt es, dass auch alle Fetten der Erde (‫ דשני־ארץ‬/ οἱ πίονες τῆς γῆς) niederfallen und essen werden.²²⁵ Dass die Fetten Menschen aus den Völkern sind, ist nicht explizit gesagt, von V. 28 her jedoch möglich. In Ez 39,17– 20 sind es die Tiere des Feldes und die Vögel des Himmels,

 Wildberger, Jes II, 960 f sieht im Völkermahl auf dem Zion auch einen Topos, der von der Vorstellung der Völkerwallfahrt abhängig ist. Maier, Völkerwallfahrt, 225 beantwortet die Frage nach der Zugehörigkeit des Textes zur Völkerwallfahrt in doppelter Hinsicht: „Von einem traditionsgeschichtlichen Standpunkt aus kann dies durchaus bestritten werden. Allerdings schließt eine ursprüngliche literarische Unabhängigkeit nicht aus, dass Motive sekundär zusammengeführt werden können. Im Endtext des Jesajabuches schließt sich das Orakel jedenfalls gut an die Reihe der Prophezeihungen an, die einen friedlichen Zionszug nichtisraelitischer Nationen verheißen.“  Zudem verweist Wildberger, Jes II, 965 darauf, dass „‫ ]…[ משתה‬ein Fest bei freudigen Anlässen des Lebens“ ist; vgl. auch Wainwright, Eucharist, 21. Kaiser, Jes II, 161 geht sogar von einem heilvollen Moment aus, wenn er schreibt: „Mit dieser Mahlgemeinschaft sind die Völker in die Gottesgemeinschaft aufgenommen.“  Damit steht Jes 25,6 – 8 in einem deutlichen Kontrast zum Freudenfest auf Jhwhs Berg in Jes 30,29, da dieses anlässlich der Vernichtung Assurs gefeiert wird.  Vgl. Wildberger, Jes II, 960: „Die Verheißung des festlichen Mahles, an dem alle Völker teilnehmen werden, ist im Alten Testament singulär“; Wainwright, Eucharist, 21 hingegen geht auch für Jes 55,1– 5 von einer Teilhabe der Völker aus.  Vgl. dazu Müller, Wettergott, 205 – 208, der das Motiv der Sättigung mit dem Tempel verknüpft.  Irsigler, „Psalm 22“, 211 geht von einer Verortung des Bildes innerhalb der Kultgemeinde aus. „Im Endtext aber erscheint dieses Mahl als Mahl der Armen Israels in eine heilvolle eschatologische Zukunft gerückt. Es ist jene Zeit, in der sich universale Hoffnung erfüllt, in der alle Völker, angestiftet vom festlichen Lobpreis Israels, sich Jahwe zuwenden und seine universale Königsherrschaft erkennen und anerkennen (V. 28 f).“  Vgl. Kraus, Ps I, 331.  Auch Oeming, Ps I, 146 hält es für möglich, dass hier, ähnlich zu Jes 25,6 – 8, ein endzeitliches Mahl geschildert wird.

2.3 Heil für die Völker

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denen Jhwh ein blutiges Mahl bereitet.²²⁶ Von einem Freudenmahl am Ende der Zeit der Diaspora spricht Jes 49,9 f, doch ist hier von „weiden“ (‫רעה‬/βόσκω; V. 9) die Rede, was eher auf einen Israelbezug statt auf alle Völker schließen lässt.²²⁷

2.3.11 Gottes explizites Rettungsangebot für die ganze Welt Bereits in den bisherigen Ausführungen ist deutlich geworden, dass sich Gottes rettender Wille nicht allein auf sein Volk bezieht. Als explizites Rettungsangebot für die ganze Welt wird dieser Rettungswille Gottes zum Beispiel in Jes 45,21 f formuliert.²²⁸ Auf die monotheistisch zu verstehende Aussage, dass es außer Jhwh keinen rettenden Gott gibt (V. 21), folgt die Aufforderung an die Völker in Form der Gottesrede, sich von allen Enden der Erde zu Jhwh zu bekehren und von ihm retten zu lassen (‫ והושעו כל־אפסי־ארץ‬/ καὶ σωθήσεσθε οἱ ἀπ᾽ ἐσχάτου τῆς γῆς; V. 22). Dabei fällt auf, dass auch hier keine Inklusion ins Gottesvolk gedacht wird: „Although the prophet foresees the nationsʼ salvation, he does not envisage their incorporation into Israel.“²²⁹ Der göttliche Rettungswille kommt ähnlich auch in Jes 49,9 zum Ausdruck, wobei dort der Knecht Gottes eine vermittelnde Funktion einnimmt. Ob darin eine aktive Mission impliziert ist, bleibt jedoch fraglich.²³⁰ Wiederum eng verbunden mit diesem Rettungswillen und -handeln Jhwhs ist das bereits oben vorgestellte Motiv der Erkenntnis Jhwhs.²³¹ Ein internationales Milieu spiegelt auch die Hiobserzählung. In Hiob 1,8 wird das Verhalten Hiobs, eines Nicht-Israeliten, von Gott akzeptiert und er wird „Knecht“ (‫ עבדי‬/ παιδός μου) genannt. Am Ende der Erzählung zeigt sich Gottes rettender Wille in der Restitution Hiobs (Hiob 42,7– 17).

 Vgl. Zimmerli, Ez II, 952 f, der auf Gressmann, Ursprung, 141 verweist: Dieser erkennt darin die „populären Schilderungen der Heilseschatologie“, die der Prophet „ins Grausige verzerrt“.  Vgl. Davies/Allison, Mt II, 27. Siehe auch PsSal 17,40.  Vgl. dazu Kaiser, Gott Israels, 151– 154. Die Existenz der Vorstellung vom Heil auch für die Völker ist für DtJes nicht unumstritten. Zur Debatte vgl. van Winkle, „Relationship“, 446 – 458.  van Winkle, „Relationship“, 457.  Gegen eine aktive Mission Israels an den Völkern auch Preuss, Theologie II, 323; Zimmerli, „‚Offenbarung‘“, 25 f; vgl. zur ablehnenden Haltung gegenüber der Mission im frühen Judentum auch Gregerman, „Biblical Prophecy“, 216 – 220. Anders hingegen Volz, Jes II, 149 – 169; Altmann, Erwählungstheologie, 26 schreibt: „Israels Aufgabe ist die Weltmission“.  Zum Topos Völker als Zeugen vgl. Kap. 2.2.3. Zur Erkenntnis Jhwhs bei Ezechiel vgl. Zimmerli, Erkenntnis Gottes.

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2 Das Heil für die Völker in den Schriften Israels – ein summarischer Überblick

2.3.12 Die Antwort der Schöpfung – das Lob Gottes durch Rühmen, Anbetung und Opfer Auf das widerfahrene Heil ist das Lob Gottes die adäquate Antwort und Aufgabe der ganzen Schöpfung, nicht allein Israels.²³² Es gilt, Gottes Machttaten und sein Schöpfer- und Königtum zu preisen, Gottes heiligen Namen zu rühmen. Dies geschieht besonders in den Psalmen.²³³ Die Bezeichnung der Gruppe derer, die Gott loben, variiert, jedoch ist stets eine universale Gruppe gemeint: die (ganze) Erde (‫ כל־הארץ‬/ πᾶσα ἡ γῆ) in Ps 96; 97; 100; alle seine Werke (‫ כל־מעשיו‬/ πάντα τὰ ἔργα αὐτοῦ) in Ps 103; 145; alles Fleisch (‫ כל־בשר‬/ πᾶσα σὰρξ) in Ps 145; alles Atmende (‫ כל הנשמה‬/ πᾶσα πνοή) in Ps 150; die Menschenkinder (‫ בני האדם‬/ οἱ υἱοί τῶν ἀνθρώπων) in Ps 107; 145. Auch die Völker werden explizit genannt (vgl. z. B. Ps 96; 148) oder die Inseln (Ps 97).²³⁴ Ähnlich ist auch das Ende von Ps 22 als universales Lob der Königsherrschaft Jhwhs zu charakterisieren.²³⁵ Die typischen Verben sind „preisen/rühmen“ (‫ברך‬/εὐλογέω); „loben/preisen“ (‫הלל‬/αἰνέω); „loben/preisen“ (‫ידע‬/ἐξομολογέω); „anbeten/huldigen“ (‫חוה‬/προσκυνέω). In manchen Texten wird diesem allgemeinen Lobpreis ein sakraler oder kultischer Rahmen gegeben. Die Anbetung Gottes im Tempel ist nicht ungewöhnlich, bezieht sich sonst aber auf den israelitischen Kult.²³⁶ Jedoch werden stellenweise alle Beter in einen positiven Bezug zum Tempel gesetzt. Die ganze Welt, alle Stämme der Erde, sollen in die Vorhöfe²³⁷ des Tempels ziehen (z. B. Ps 96,8; 100,4). Dabei wird der Tempel zu einem Ort, an dem nicht nur das Gebet Israels erhört wird, sondern auch Menschen aus den Völkern zu Gott beten. Besonders zwei Texte heben diesen Aspekt hervor:²³⁸ 1Kön 8,41– 43 par 2Chr 6,32 f und Jes 56,1– 8. In 1Kön 8,41 sind es explizit die nicht volkszugehörigen Fremden (‫ הנכרי אשר לא־מעמך‬/ τῷ ἀλλοτρίῳ ὃς οὐκ ἔστιν ἀπὸ λαοῦ σου), die zum Tempel kommen. Damit wird klar, dass sie nicht in das Gottesvolk integriert werden müssen, damit ihre Gebete erhört werden (V. 43) und Gott sich an ihnen als Retter erweist. Begründet wird dies mit der oben bereits erwähnten Erkenntnis des

 Von einem eschatologischen Lob, das universalistische Züge annimmt, sprechen auch Texte aus Qumran, so z. B. 1QHa IX,31– 36; 1QHa XIX,26 – 30 (DJD 40); 4QBera.b (= 4Q286.287 [DJD 11], vgl. Holtz, Gott, 128 – 134). Vgl. weiterhin 1Hen 10,21; TestJud 25,5.  Vgl. z. B. Ps 96; 97; 99; 103; 107; 145; 148; 150 u. ö. Vgl. Ruppert, „Aufforderung“, 275 – 296.  Die ‫איים‬/νῆσοι können pars pro toto für die gesamte Völkerwelt stehen. Dies wird aus Parallelkonstruktionen wie in Ps 97,1; Jes 42,1– 4; 49,1; 51,5 deutlich; vgl. auch Kap. 8.3.1.3.  Vgl. Irsigler, „Psalm 22“, 220.  Vgl. Ps 132,7; 138,2.  Zu beachten ist die Pluralform ‫ חצרתיו‬/ εἰς τὰς αὐλὰς αὐτοῦ.  Vgl. dazu auch Maier, Völkerwallfahrt, 399 – 402.

2.3 Heil für die Völker

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Namens und der Hoffnung auf universale Gottesfurcht (V. 43). Jes 56,7 nennt den Tempel ein Bethaus für alle Völker (‫ בית־תפלה לכל־העמים‬/ οἶκος προσευχῆς πᾶσιν τοῖς ἔθνεσιν).²³⁹ Auch hier wird deutlich, dass die Menschen aus den Völkern nicht erst ins Gottesvolk integriert werden müssen.²⁴⁰ Allerdings ist noch ein weiterer Aspekt hervorzuheben: Es werden nicht nur die Gebete der Völker erhört, sondern auch ihre Opfer (‫ זבחיהם‬/ τὰ ὁλοκαυτώματα αὐτῶν) werden wohlwollend angenommen (V. 7). Die Völker werden also zu fast gleichwertigen Kultteilnehmern. Umgesetzt wurde dies in der Zeit des zweiten Tempels nicht, viehlmehr ist die Inschrift aus dem Herodianischen Tempel zum „Vorhof der Heiden“ zu beachten, die ein Vordringen von Nicht-Israeliten in den inneren Hof unter Todesstrafe stellt.²⁴¹ Unterschiedliche Positionen finden sich jedoch bezüglich des Ortes, an dem die kultische Verehrung Jhwhs durch die Völker stattfinden soll: Während Sach 2,15 wie auch Jes 56,1– 8 die (kultische) Verehrung Jhwhs auf Jerusalem zentrieren,²⁴² hält Jes 19,19 – 25 eine solche auch außerhalb Israels für möglich.²⁴³ Eine kultische Verehrung, die nicht auf Jerusalem zentriert ist, sondern an allen Orten stattfinden soll (‫ בכל־מקום‬/ ἐν παντὶ τόπῳ), bezeugt auch Mal 1,11. Dort wird das Opfern mit dem Namen Jhwhs verbunden, der unter den Nationen groß ist. Einen umfassend universalen Kult bezeugt Jes 66,18 – 24, da dort sowohl ein „Rest“ aus Israel als auch ein „Rest“ aus den Völkern zum Priesterdienst am Tempel berufen wird.²⁴⁴ Zwar fehlt der eigentliche Begriff „Gottesvolk“ und die Gruppe wird stattdessen als „Entronnene“ (‫ פליטים‬/ σεσῳσμένους) und als „alles Fleisch“ (‫ כל־בשר‬/ πᾶσα σάρξ) bezeichnet, doch ist es vom Kontext her durchaus möglich, von einer Integration der aus dem Gericht übrig gebliebenen Völker²⁴⁵ in

 Vgl. zu Jes 56,1– 8 bereits Kap. 2.3.1 und Kap. 2.3.9.  Haarmann, JHWH-Verehrer, 191– 246 behandelt Jes 56,1– 8, wie auch 1Kön 8,41– 43, unter der Kategorie Jhwh-Verehrer unter den Völkern. Zu diesem Topos vgl. auch Kap. 2.3.7. Kaiser, „Ortsfremde“, 58 geht eher von „Gottesfürchtigen“ aus, die den formalen Übertritt zum Judentum (zu dem die Beschneidung gehört) scheuen.  Vgl. zum Text der Inschrift Galling, Textbuch, 91: „Kein Nichtjude darf die um das Heiligtum (herumlaufende) Schranke und den Umgang überschreiten. Wer dabei ergriffen wird, hat es sich selbst zuzuschreiben – denn darauf steht der Tod.“  Vgl. auch Willi-Plein, Hag/Sach/Mal, 82: Der Text „rechnet einerseits mit der Öffnung des Gottesvolkes für Angehörige der Fremdvölker und andererseits mit der besonderen Bestätigung der Erwählung Jerusalems im ‚Heiligen Land‘“.  Vgl. auch Deissler, „Gottesbund“, 7– 18.  Hausmann, Israels Rest, 249 geht davon aus, dass „die Einbeziehung fremder Völker in das Gottesvolk offensichtlich über den Restgedanken vollzogen [wird] (vgl. auch Jes 66,18 – 21).“  In Jes 66,18 heißt es, dass „alle Völker und Sprachen“ (‫ כל־הגוים והלשנות‬/ πάντα τὰ ἔθνη καὶ τὰς γλώσσας) versammelt werden. Dies lässt auf die Umkehrung von Gen 11,1– 9 schließen. Auch

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2 Das Heil für die Völker in den Schriften Israels – ein summarischer Überblick

das eine Gottesvolk auszugehen.²⁴⁶ Dabei ist jedoch anzumerken, dass das Gottesvolk in Jes 66,18 – 24 nicht mehr mit Israel identisch ist, sondern aus den – ebenfalls nach dem Gericht übrig gebliebenen – Gerechten besteht.²⁴⁷ Während ein universales Priestertum in Jes 19,21MT möglicherweise im Hintergrund steht,²⁴⁸ heißt es in Jes 66,21: „Und von ihnen [den Völkern] werde ich nehmen zu Priestern und Leviten“ (‫ מהם אקח לכהנים ללוים‬/ ἀπ᾽ αὐτῶν λήμψομαι ἐμοὶ ἱερεῖς καὶ Λευίτας).²⁴⁹ Da die Völker an jedem Neumond und Sabbat (Jes 66,23) zum Zion kommen werden, kann diese Integration kein einmaliger Akt sein. Daran, dass das Lob Gottes die adäquate Antwort der Schöpfung auf Gottes rettendes Handeln ist, wird noch ein weiterer Aspekt deutlich: Die Abwendung von den Göttern der Völker ist zwar kein notwendiges Kriterium für Jhwhs rettendes Handeln, da sein Handeln z.T. auch erst die Gotteserkenntnis evoziert, aber dort, wo er sich als heilsstiftend erweist, kann keine anderweitige Götterverehrung mehr stattfinden. Sein Name ist der, der groß ist unter den Völkern (Mal 1,11).²⁵⁰

2.4 Zwischenfazit Die vorausgehende Darstellung hat gezeigt, dass die Antworten auf die gestellte Frage nach dem Heil für die Völker in den Schriften Israels komplex sind. Die Möglichkeiten der Heilsteilhabe sind stark umstritten: Die Vorstellungen reichen tatsächlich von radikaler Ablehnung, was zum Beispiel durch Gericht für die Völker oder einen rigorosen Ausschluss aller Nicht-Israeliten (Forderung der

in späterer Tradition kann von dieser Umkehrung als eschatologischem Ereignis ausgegangen werden, so z. B. TestJud 25,3 oder Jub 3,28; 10,22.  Vgl. auch Gärtner, „Gottesvolk aus Israel“, 12: „Das endzeitliche Gottesvolk besteht somit aus Israel und den Völkern“ (Hervorhebung im Original). Kritisch gegen die Verwendung des Gottesvolk-Begriffs in Jes 66,18 – 24 hingegen Gross, „Israel und die Völker“, 163 f, der von einem neuen Kollektiv ausgeht, für das aber kein adäquater neuer Begriff geprägt wurde.  Von einer „Binnendifferenzierung“ in beiden Gruppen (Israel und den Völkern) geht auch Gärtner, „Gottesvolk aus Israel“, 11 aus.  Dies ist jedoch nicht zwangsläufig so zu verstehen, da es durchaus weiterhin Priester aus Israel sein könnten, die die Opfer der Ägypter durchführen.  Gärtner, „Gottesvolk aus Israel“, 11: Die Völker werden „soweit in das Gottesvolk integriert […], als Jhwh auch ‚aus ihnen‘ (‫ )וגם־מהם‬levitische Priester nimmt“. Anders Lau, Schriftgelehrte Prophetie, 148, der V. 21 auf V. 20 bezieht, wodurch es keine Völker sind, die zum Priestertum berufen sind, und sich somit die Frage nach der Teilhabe am Gottesvolk nicht stellt.  Dass sich Völker von ihren Göttern und Statuen trennen und sich Jhwh zuwenden, findet sich in Jer 16,19 f, vgl. ähnlich Jes 2,18 – 21.

2.4 Zwischenfazit

75

Endogamie; Kapitel 2.1) deutlich wird, bis hin zu einer vollständigen Teilhabe aller Völker am göttlichen Heilshandeln. Diese Vielfalt der Stimmen besteht in den frühjüdischen Texten fort.²⁵¹ Während einige Vorstellungen nur eine untergeordnete Funktion der Völker aufgezeigt haben, wie zum Beispiel die Völker als Werkzeuge Gottes oder als Zeugen (Kapitel 2.2), lässt sich in anderen Texten eine unmittelbare Heilspartizipation feststellen (Kapitel 2.3). Jedoch auch dort, wo Einigkeit über eine Teilhabe der Völker besteht, sind der Grad der Teilhabe am Heil und vor allem das konkrete Wie dieser Partizipation durchaus umstritten. So konnte gezeigt werden, dass eine Engführung auf eine Teilhabe der Völker am Heil allein durch den Übertritt zu Israel dem polyphonen Befund nicht gerecht wird. Vielmehr gibt es unterschiedlichste Vorstellungen, durch die die Völker an Gottes Heil partizipieren. Diese lassen sich verschiedenen Topoi zuordnen: 1) Bundesschluss mit der ganzen Schöpfung; 2) die Menschheitsfamilie; 3) Segen für alle Völker; 4) der Weltenbaum als Lebensraum für alle Völker; 5) Israel als Lebensraum des Fremden; 6) Tora für die Völker; 7) Gottesfürchtige und einzelne Jhwh-Verehrer unter den Völkern; 8) fremde Völker als Gottesvolk; 9) die Völkerwallfahrt; 10) das Völkermahl; 11) Gottes explizites Rettungsangebot für die ganze Welt; 12) die Antwort der Schöpfung im Lob Gottes durch Rühmen, Anbetung und Opfer. Zusammenfassend lassen sich verschiedene Beobachtungen festhalten:²⁵² a) Gottes explizites Heilsangebot gilt nicht allein Israel. Gerade dort, wo er als der einzige Gott verstanden wird, ist er auch der Gott der Völker. b) Die Rede vom Heil für die Völker bedient sich häufig Traditionen, Motiven oder Metaphern (usw.), die sich auch in den Schilderungen des Heils für Israel finden. Dies gilt in besonderem Maße für den Bund, aber auch für den Exodus sowie das Verhältnis der Völker zur Tora oder die Verheißung des göttlichen Segens. Nicht nur Israel wallfahrtet nach Jerusalem, betet im Tempel, bringt Opfer dar, sondern gemäß manchen Texten auch die Völker.²⁵³

 Einen guten Überblick über wichtige Texte geben Kraus, Volk Gottes, 45 – 95, der den Fokus auf eine mögliche Öffnung des Konzeptes des Volkes legt, sowie Holtz, Gott und Donaldson, Judaism and the Gentiles, die stärker mit der Gegenüberstellung von Universalismus und Partikularismus arbeiten. G. Holtz legt besonderes Gewicht auf die Texte aus Qumran, Philo, Josephus und Paulus. Mit T. Donaldsons Arbeit liegt eine umfassende Studie vor, die Texte von den Schriften Israels über die frühjüdische Literatur sowie griechisch-römische Texte bis zu frühen christlichen Texten und Inschriften berücksichtigt.  Die folgenden Punkte fassen die vorausgehende Darstellung zusammen, ohne erneut auf die verschiedenen Textstellen zu verweisen, die im Hintergrund der Ergebnisse stehen, da diese in der vorausgehenden Darstellung ausführlich angeführt werden.  Ob sich dies auf den „Vorhof der Heiden“ im Tempel bezieht oder ob damit die realen Verhältnisse überwunden werden sollen, ist aus den Texten nicht eindeutig zu klären.

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2 Das Heil für die Völker in den Schriften Israels – ein summarischer Überblick

c)

Ist die Begründung des Heils theologisch motiviert, so ist sie häufig schöpfungstheologisch rückgebunden. Gott als Schöpfer der Welt schließt einen Bund mit der gesamten Schöpfung. Die Metapher vom Weltenbaum hat ebenfalls schöpfungstheologische Konnotationen.²⁵⁴ Auch die Antwort der gesamten Schöpfung im Lob Gottes verweist durch ihre Begrifflichkeit auf diesen Zusammenhang. Besonders dort, wo schöpfungstheologische Sprache verwendet wird, tritt der ethnische Aspekt deutlich in den Hintergrund.²⁵⁵ d) Zugleich finden sich auch Texte, in denen das Heil für die Völker nicht ohne ein vermittelndes Moment Israels gedacht werden kann. Besonders eng werden das Heil der Völker und Israels in der Zusage des Segens verbunden. Aber auch dort, wo sie sich Lebensraum teilen, ist das gegenseitige Wohlergehen eng aufeinander bezogen und über die Bestimmungen der Tora mit Blick auf heilvolles Leben geordnet. Die Mittlerrolle Israels wird auch an der Tora für die Völker deutlich, wobei eine Völkertora, sofern davon die Rede sein kann, nicht in der Sinai-Tora aufgeht, sondern eher an Gen 9 rückgebunden ist. e) In anderen Vorstellungen hingegen steht das Verhältnis Israels und der Völker nicht im Fokus. Besonders fällt dies in den wenigen Texten auf, die auch Völkern den Titel „Volk Gottes“ zuerkennen. Aber auch dort, wo vom ethisch qualifizierten Volk Gottes aus einem „Rest“ aus Israel und den Völkern die Rede ist, steht die Gottesbeziehung im Vordergrund und nicht die Beziehung der Gruppen untereinander. f) Gehen Texte von einer Teilhabe von Völkern am Heil aus, muss unterschieden werden zwischen solchen, die tatsächlich von einem Universalismus ausgehen, und jenen, die Heil nur den Einzelnen oder einem Teil der Völker zusprechen. Von einem Universalismus gehen jene Heilsverheißungen aus, die die ganze Schöpfung oder die Menschheitsfamilie vor ihrer Segmentierung in einzelne Völker im Blick haben. Auch die Rede von „allen Völkern“ kann inklusive Israel und damit universalistisch verstanden werden. Das Heil Einzelner ist besonders bei den Gottesfürchtigen oder den JhwhVerehrern unter den Völkern im Fokus, jedoch auch dort, wo es um den Fremden in Israel geht. Selten werden einzelne Völker (nicht alle Völker) sogar als Gottesvolk bezeichnet. Andere Vorstellungen wie die Völkerwallfahrt, der Empfang der Weisung  Ein ethnischer Aspekt wird allein über die Verwendung des Begriffes „Völker“ neben den Vögeln des Himmels oder den Tieren eingeführt.  In vielen anderen Zusammenhängen schwingt der ethische Aspekt weiterhin mit, wenn auch z.T. nur implizit durch die Rede von „Völkern“.

2.4 Zwischenfazit

77

Gottes (entweder zentripetal am Zion oder zentrifugal in der ganzen Welt) oder die Teilhabe am Mahl sind nicht explizit universalistisch, jedoch für eine universale Deutung offen. g) Eine Unterscheidung in verschiedene Formen von Universalismus ist tendentiell schwierig. Einige wenige Texte, die zum Beispiel vom Lob Gottes beim Opferdienst sprechen, gehen von einem kultisch orientierten Universalismus aus. An einigen Stellen lässt sich auch ein an ethischen Forderungen orientierter Universalismus annehmen, und zwar besonders dort, wo das Heil mit den Gesetzen der Tora verbunden oder von einem durch das Gericht gereinigten „Rest“ die Rede ist. h) Festzuhalten ist ferner, dass in vielen Texten Völker zur Gotteserkenntnis gelangen. Zwar ist diese oft durch Israeliten vermittelt oder wird durch Gottes Heilstaten an Israel deutlich, doch ist sie nicht Israel vorbehalten, auch wenn sie nicht immer – wie in der Darstellung der Völker als Zeugen – für die Völker selbst zum Heil führt. i) Deutlich geworden ist ebenfalls, dass Heil für die Völker seltener als konkrete Heilung oder Rettung aus einer Notsituation verstanden wird (wie es zum Beispiel bei den Jhwh-Verehrern deutlich wird)²⁵⁶ denn als Segen, der sich durchaus in materiellem Wohlstand niederschlägt und als gelungenes und friedliches Leben im Rahmen der Weisung Gottes oder als Teilhabe am Kult verstanden werden kann. j) Dabei sind die Heilsverheißungen nicht immer unkonditioniert, sondern können an verschiedene Bedingungen geknüpft sein, wie das Halten des Bundes und des Sabbats, die Stellung zu Israel oder die Wallfahrt nach Jerusalem. Grundlegend ist also erneut festzuhalten, dass die Schriften Israels sowohl ablehnende Stimmen bezüglich des Heils für die Völker kennen als auch solche Stimmen, gemäß derer Heil, als eine gelungene Beziehung zwischen Gott und Nicht-Israeliten, auch an die Völker ergeht. Zudem ist deutlich geworden, dass das Zeugnis der Schriften Israels einen Streit in dieser Frage abbildet, bei dem verschiedene Positionen z.T. unversöhnlich nebeneinander stehen. Insofern kann bezüglich der folgenden Frage nach der mt Rezeption bereits hier festgehalten werden, dass eine Öffnung der Heilsteilhabe grundsätzlich kein Gedanke ist, der erst durch die frühen christlichen Schriften greifbar wird. Wohl aber gilt es nun genauer zu fragen, welche Topoi Matthäus aufgreift und wie er diese rezipiert.

 Zu denken ist z. B. weiterhin an die Übertragung des Exodusereignisses auf die Völker in Am 9,7.

3 Die matthäische Genealogie – eine programmatische Einführung der Partizipation der Völker am Heil? Das Mt beginnt mit einer Genealogie, die von Abraham bis zur Geburt Jesu (Mt 1,2– 17) reicht und in Mt 1,1 mit βίβλος γενέσεως Ἰησοῦ Χριστοῦ υἱοῦ Δαυὶδ υἱοῦ ᾿Aβραάμ eingeleitet wird. In den Schriften Israels wird über Genealogien – wie in Kapitel 2 deutlich wurde – unter anderem die Vorstellung transportiert, dass alle Menschen und Völker familiär verbunden sind, und somit die Verbindung Israels zu den umliegenden Völkern reflektiert.¹ Dies geschieht besonders prominent in der Genesis, wo sich sogar die Vorstellung einer Menschheitsfamilie findet, sowie in 1Chr 1– 9.² Da Mt 1,1 als dem das Evangelium eröffnenden Vers besonderes Gewicht zukommt, stellt sich zunächst die Frage, ob – und wenn ja wie – gleich zu Beginn des Evangeliums durch Bezüge in die Schriften ein Horizont eröffnet wird, der über die heilvolle Beziehung zwischen Gott und seinem erwählten Volk Israel hinausweist. Für diese Fragestellung sind verschiedene Aspekte interessant: zum einen der Beginn von Mt 1,1. Βίβλος γενέσεως entspricht den ersten beiden Toledot-Formeln der GenesisLXX und damit einer typischen Einleitungsform von Genealogien (3.1). Gerade von der einleitenden Formel βίβλος γενέσεως her ist es zum anderen in einem weiteren Schritt wichtig, einige Aspekte der Genealogie selbst (Mt 1,2– 17) aufzugreifen. Diese zeichnet zwar die Heilsgeschichte Israels nach und stellt Jesus damit explizit in deren Kontinuität hinein, enthält allerdings auch überraschende Aspekte, wie zum Beispiel die Einfügung von vier Frauen, jedoch nicht die bekannten Stammmütter Israels, also Sarah, Rebekka und Lea, sondern Tamar, Rut, Rahab und Batseba, deren gemeinsamer Nenner, wie zu überprüfen sein wird, in ihrer nicht-israelitischen Herkunft bestehen könnte (3.2). Die Bezeichnung Jesu als υἱὸς ᾿Aβραάμ wäre für diesen Zusammenhang ebenfalls interessant, doch wird sie an anderer Stelle besprochen.³

 Vgl. Kap. 2.3.2.  Dabei sind die Genealogien weniger als geschichtliche Nachzeichnungen denn als (theologisches) Programm zu lesen (vgl. Bauer, „Function“, 129).  Vgl. Kap. 4.1. https://doi.org/10.1515/9783110594287-004

3.1 Βίβλος γενέσεως – Mt 1,1 und Gen 2,4; 5,1

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3.1 Βίβλος γενέσεως – Mt 1,1 und Gen 2,4; 5,1 Durch seine auffällige Syntax (kein finites Verb und eine Reihung von Genitiven) hat Mt 1,1 überschriftartigen Charakter. Bevor der Bezug auf die Schriften in Mt 1,1 genauer untersucht wird, stellt sich daher die Frage, worauf sich der Vers genau bezieht, da sich die Tragweite der Bezüge unterschiedlich darstellt, je nachdem ob er als Überschrift über das gesamte Evangelium⁴ oder als Einleitung eines Teilabschnitts dient, der bei verschiedenen Exegeten unterschiedlich lang ausfällt.⁵ Die erste Option dürfte die plausiblere sein, wie die Auseinandersetzung mit den vorgebrachten Argumenten zeigt, die sich primär auf folgende Aspekte beziehen: (1) die Übersetzung von γένεσις in Mt 1,1 und 1,18 sowie (2) parallele Überschriften aus den Schriften und anderen frühjüdischen Werken und (3) den direkten Bezug zur Genesis. (1) Versteht man Mt 1,1 als umfassende Überschrift, so ergibt sich eine gewisse Spannung zu Mt 1,18, wo γένεσις erneut verwendet wird. Wäre es möglich, dass Matthäus das gleiche Wort so nah beieinander mit unterschiedlichen Bedeutungsaspekten verwendet? Während γένεσις in V. 18 sinnvoll mit „Geburt“ über-

 Zu den Vertretern dieser These gehören u. a. Klostermann, Mt, 1; Zahn, Mt, 39; Gaechter, Mt, 34 f; Davies, Sermon, 67– 70; Schniewind, Mt, 9; Schenk, Sprache des Matthäus, 298; Davies/ Allison, Mt I, 156; Frankemölle, Mt I, 129.364; Morris, Mt, 19; Mayordomo-Marín, Den Anfang hören, 212 f; Dormeyer, „Überschrift“, 1363.  Die kürzeste vertretene Variante umfasst lediglich die V. 2– 17, also die Genealogie im engeren Sinn. Zu dieser Schlussfolgerung kommen u. a. Schweizer, Mt, 8; Lambertz, „Toledoth“, 201– 203; Büchsel, „Art. γίνομαι“, 682; Eissfeldt, „Biblos geneseos“, 36; Lohmeyer/Schmauch, Mt, 4; Stanton, „βίβλος“, 1190, der aber auch Mt 1,2– 25 als Bezug von Mt 1,1 für möglich hält; Gnilka, Mt I, 6 – 8; Nolland, „What Kind of Genesis“, 471. Stellenweise werden die V. 18 – 25 als V. 2– 17 erläuternde Erweiterung dazu gezählt: so Luz, Mt I (1985), 88; in der Neuauflage seines Kommentars (Luz, Mt I, 117– 119) revidiert er allerdings diese Auffassung und bezieht V. 1 nun auf das gesamte Evangelium.Verknüpft wird Mt 1,1 mit Mt 1,2– 25 zudem von Vögtle, „Genealogie I“, 55; Vögtle, „Genealogie II“, 240.246; Tatum, „Origin“, 524– 526; Schnider/Stenger, „Frauen im Stammbaum“, 188 f; Nolland, „What Kind of Genesis“, 471. Alternativ werden auch die folgenden Einheiten diskutiert: Mt 1,2– 2,23 (vgl. Landmesser, Jüngerberufung, 18 – 20; Ploner, Schriften Israels, 73 ordnet die Ausführungen von R. E. Brown dieser Interpretationsmöglichkeit zu und beschreibt sie als Sondermeinung. Sie verweist auf Brown, Birth, 49 und bezieht sich vermutlich auf folgendes Zitat: „The title in 1:1, ‘The Birth Record of Jesus Christ,’ if it refers just to chs. 1– 2, might conceivably be the title of a separate and independent work“. Allerdings schreibt R. E. Brown später: „[I]t is unlikely that Matthew means his title to cover more than the genealogy [1:2– 17], with 1:18 – 25 included if that section is looked on as explaining 1:16“ [59].) oder Mt 1,2– 4,16 (so Krentz, „Matthew’s Prologue“, 410; Kingsbury, Mt, 24 f). Bauer, „Function“, 139 geht von einer doppelten Funktion von Mt 1,1 aus, die er parallel auch für Mt 5,17– 20 erkennt. Demnach bezieht sich Mt 1,1 auf 1,1– 4,16 und gleichzeitig auch auf die Genealogie im engeren Sinn in Mt 1,1– 17.

80

3 Die matthäische Genealogie

setzt werden kann, ist diese Übersetzung für V. 1 allein schon deshalb schwierig, da es sich nicht um ein ganzes Geburtserzählungs-Buch (βίβλος γενέσεως) handelt.⁶ Eher böte sich zum Beispiel „Buch der Geschichte“ an, dies ist jedoch für V. 18 keine Option. Allerdings lässt sich einwenden, dass sich dieses Problem nur stellt, wenn man unbedingt an einer einheitlichen Übersetzung beider Stellen festhalten will. Gestützt durch das breite Bedeutungsspektrum von γένεσις⁷ spricht nichts dagegen, γένεσις in V. 18 mit „Geburt“ zu übersetzen und für V. 1 eine andere Bedeutung zu wählen,⁸ zumal sich das Problem für einen Griechisch sprechenden Leser kaum gestellt haben mag. Insofern spricht die doppelte Verwendung von γένεσις nicht gegen ein Verständnis von Gen 1,1 als Überschrift zum gesamten Evangelium. Wird dennoch auf eine einheitliche Übersetzung Wert gelegt, bietet sich „Buch des Ursprungs“⁹ an, da damit einerseits der Aspekt der Geburt anklingt und andererseits die folgende Erzählung den Ursprung der Jesusbewegung abbildet.¹⁰ (2) Die Parallelen aus der frühjüdischen Umwelt sprechen für eine Deutung als Überschrift über das Gesamtwerk.¹¹ In ihnen findet sich häufiger im ersten Vers das Wort βίβλος/‫ספר‬, z.T. sogar mit anschließender υἱός-Verbindung.¹² Läge

 Gnilka, Mt I, 7 weist hingegen darauf hin, dass für einen gesamtmatthäischen Bezug βίος das bessere Wort gewesen wäre, wobei er die gewählte Wendung als „sonderbares Etikett für das ganze Evangelium“ bezeichnet.  Damit kann Entstehung, Ursprung, Geburt, Erzeugung, die Entstehungsart oder Nativität, der Entstehungsgrund, als Concretum auch erschaffenes Wesen gemeint sein, vgl. Passow, Handwörterbuch, 547. Im Englischen kann mit „origin, source, manner of birth, race, descent, production, generation, come into being“ übersetzt werden, vgl. Liddell/Scott, Greek-English Lexicon, 343. Des Öfteren und gerade dort, wo V.1 als Gesamtüberschrift verstanden wird, findet sich auch die Übersetzung „Geschichte“.  Vgl. auch Davies, Sermon, 69, der dort allerdings auch die Option erwägt, dass der Text in Mt 1,18 eigentlich Ἰησοῦ Χριστοῦ ἡ γέννησις οὕτως ἦν geheißen hat. Für eine unterschiedliche Übersetzung der beiden Stellen plädiert auch Söding, „Lehret sie“, 40.  Für Gen 2,4 und 5,1, wo die gleiche Wendung bezeugt ist, übersetzt die LXX.D ähnlich mit „Buch der Entstehung“. Interessant ist auch die Übersetzung von Luz, Mt I, 117– 119 der „Buch der Genesis“ vorschlägt, um den Bezug auf diesen Text deutlicher zu machen, was jedoch nicht im Sinne einer neuen Schöpfung verstanden werden soll.  Dies darf dann jedoch – was im Folgenden noch gezeigt werden soll – ebenfalls nicht im Sinn einer neuen Schöpfung verstanden werden.  Auf die Probleme dieses Arguments verweist Bauer, „Function“, 135: „[T]he fact that some Jewish books began with general headings does not mean all of them did, or even that the majority of them did“.  Vgl. Nah 1,1 (‫ ספר חזון נחום האלקשי‬/ βιβλίον ὁράσεως Ναουμ τοῦ Ελκεσαίου); Tob 1,1 (Βίβλος λόγων Τωβιτ τοῦ Τωβοηλ); 1Bar 1,1 (Καὶ οὗτοι οἱ λόγοι τοῦ βιβλίου, οὗς ἔγραψεν Βαρουχ υἱὸς Νηριου); TestHiob 1,1 (Βίβλος λόγων Ιωβ); ApkAbr (im Titel heißt es: Buch der Apokalypse Abrahams; Anmerkung: nur auf slawisch erhalten); 4Esra 1,1– 3 (Liber Ezrae prophetae, filii Sa-

3.1 Βίβλος γενέσεως – Mt 1,1 und Gen 2,4; 5,1

81

in Mt 1,1 lediglich eine Teilüberschrift vor, so sollten sich auch für die folgenden Abschnitte ähnlich aussagestarke Teilüberschriften finden lassen. Dies ist jedoch weder mit Mt 2,1 noch mit Mt 3,1 gegeben.¹³ Am ehesten könnte Mt 4,17 als solche angesehen werden,¹⁴ doch umfassen die Anspielungen in Mt 1,1 auch inhaltlich mehr als nur Mt 1,2– 4,16. (3) Grundlegend für das Verständnis von Mt 1,1 ist der Bezug zur Genesis, der in der Forschung weitgehend gesehen wird,¹⁵ aber nicht unumstritten ist¹⁶ und auch in seinen Konsequenzen für die daraus folgende Auslegung unterschiedlich gewertet wird. Für den Bezug zur Genesis spricht, dass die für die frühchristlichen Schriften singuläre Wendung βίβλος γενέσεως auch in den Schriften Israels nur in Gen 2,4LXX und 5,1LXX vorkommt.¹⁷ Des Weiteren spricht dafür, dass die Verwendung des Wortes γένεσις als griechischer Titel des ersten Buches der Tora, der ebenfalls auf Gen 2,4 und Gen 5,1 zurückgehen dürfte,¹⁸ bereits bei Philo von

rei); 4QS MS A frg. 1 (‫ ;ספר סרך היחד‬Charlesworth, DSS 1); TestMos 1,1 (dort jedoch nur als Rekonstruktion, vgl. Brandenburger, TestMos, 68, Anm. 1a); vgl. auch Nolland, „What Kind of Genesis“, 464; Davies/Allison, Mt I, 151 f.  Die angeführten Verse zeichnen sich zwar durch einen einleitenden Charakter aus, der jedoch jeweils auf die erste Vershälfte beschränkt bleibt und im Unterschied zu Mt 1,1 nicht auf größere Einheiten bezogen werden kann.  Für Mt 4,17 lässt sich argumentieren, dass damit das gesamte folgende Wirken eingeleitet wird, vgl. Kingsbury, Structure, 7– 25. Doch bezieht sich V. 17a nicht allein auf das Folgende, sondern auch deutlich auf die Texte davor, sodass wiederum keine entsprechende Überschrift vorliegt. Vgl. in diesem Sinne ausführlich Neirynck, „ΑΠΟ ΤΟΤΕ ΗΡΞΑΤΟ“, 21– 59. Vgl. zum vorausgehenden Passus Mt 4,12– 16 auch Kap. 8.1.  Vgl. exemplarisch Zahn, Mt, 40; Klostermann, Mt, 1; Gaechter, Mt, 34 f; Davies, Sermon, 67– 72; Bonnard, Mt, 16; Grundmann, Mt, 61; Johnson, Purpose, 149; Waetjen, „Genealogy“, 213; Beare, Mt, 64; Frankemölle, Jahwebund, 362– 365; Davies/Allison, Mt I, 150 – 155; Morris, Mt, 19; Dormeyer, „Überschrift“, 1363; Luz, Mt I, 117 f; Mayordomo-Marín, Den Anfang hören, 212 f; Söding, „Lehret sie“, 40; Konradt, Mt, 25.  Vgl. z. B. Nolland, „What Kind of Genesis“, 470. Kritisch äußert sich auch Luz, Mt I (1985), 88, Anm. 5. Mt 1,1 korrespondiere nicht mit dem sprachlichen Gebrauch des Ausdrucks in der LXX, da Jesus der Erzeugte und nicht der Erzeuger sei. In der 5. Auflage von 2002 findet sich diese Ansicht nicht mehr, vgl. Luz, Mt I, 117– 119.  Nolland, Mt, 470 bildet eine kritische Gegenstimme gegen die breite Akzeptanz des Genesisbezugs von Mt 1,1. Nach seiner Analyse möglicher Verbindungen zu Gen 2,4 und 5,1 über die sprachliche Ebene hinaus resümiert er: „What are we left with? Actually not very much.“ Dabei ist ihm jedoch entgegen zu halten, dass er sich bei seiner Analyse zu stark auf die Bedeutung der Genesis als Schöpfungsgeschichte versteift. Eine Neuschöpfungsvorstellung in Mt 1,1 lehnt er zu Recht ab. Allerdings übersieht er, dass die Anspielung auf die Genesis auch andere theologische Implikationen mit sich bringt.  Vgl. Rösel, Übersetzung als Vollendung, 57; Nolland, Mt, 464.

82

3 Die matthäische Genealogie

Alexandria belegt ist (Post 127; Abr 1; Aet 19),¹⁹ sodass auch auf dieser formalen Ebene eine Verbindung zum gesamten Buch der Genesis besteht.²⁰ Bezieht sich Mt 1,1 jedoch auf die gesamte Genesis und damit auf den Anfang der göttlichen Heilsgeschichte, wie sie in den Schriften Israels geschildert ist, so ist ein Bezug von Mt 1,1 auf das ganze Mt wahrscheinlicher als eine Engführung auf Mt 1,2– 17. Die genannten Bezugsmöglichkeiten von Mt 1,1 sind jedoch keine miteinander unvermittelbaren Positionen,²¹ auch wenn Mt 1,1 primär als Überschrift über das gesamte Evangelium zu lesen und damit auch auf theologischer Ebene von umfassender Bedeutung ist.²² Letzteres gilt nicht allein in Bezug auf die mt Christologie, sondern auch für die Frage nach der Soteriologie der Völker und der damit

 Auch bei späteren Autoren findet sich (z.T. in Listen alttestamentlicher Bücher) der Titel Genesis, vgl. Iustin Dial. 20.1 (ἐν τῇ βίβλῳ τῆς Γενέσεως); LAB 1,1.  Vgl. auch noch einmal die Übersetzung von Luz, Mt I, 117– 119: „Buch der Genesis“. Bauer, „Function“, 135 weist jedoch darauf hin, dass der Titel des ersten Buches der Tora γένεσις und nicht βίβλος γενέσεως ist. Das Mt ist nicht das einzige Evangelium, das auf die Genesis Bezug nimmt. Am deutlichsten geschieht dies in Joh 1,1, da dort Gen 1,1 anklingt. In beiden Schriften folgt ein Bericht über die Schöpfung durch das Wort (den λόγος bei Joh; direkte wörtliche Rede Gottes in Genesis). In Mk 1,1 ist der Bezug weniger ausgeprägt als in Joh 1,1, doch liegt in der Verwendung des Wortes ἀρχή auch hier ein Hinweis auf Gen 1,1 vor. Im Lk findet kein unmittelbarer Anschluss an Gen 1 statt, dennoch fällt auf, dass durch narrative Parallelkonstruktionen zwischen der Geburt Johannes des Täufers, der als Kind alter Eltern geboren wird, und der Geburt Isaaks, der ebenfalls das Kind einer unfruchtbaren, in die Jahre gekommenen Frau ist, die Erzählung der Genesis einen Interpretationsrahmen der ersten lukanischen Geschichte bietet. Hinzu kommt, dass nur Lukas, wenn auch nicht in Lk 1, den Stammbaum Jesu bis auf Adam und Gott zurückführt (Lk 3,38).  Es ist möglich, den primären Bezug von V. 1 im Stammbaum zu sehen und zugleich den Bezugsrahmen in einem weiteren Schritt auf das ganze Mt auszudehnen (so schon Beare, Mt, 64; Grundmann, Mt, 61; Oberforcher, „Jüdische Wurzel“, 20). Eine doppelte Einleitungsfunktion ist auch gemäß Bonnard, Mt, 15 f gegeben, bei dem βίβλος γενέσεως als „livre de la genèse“ die V. 2– 17 und als „livre de l’origine ou de la naissance“ (Hervorhebung jeweils im Original) das ganze Evangelium einleitet. Alternativ wird auch vorgeschlagen, Mt 1,1 zwar einerseits eng mit Mt 1,2– 17 zu verbinden, andererseits jedoch Mt 1,1– 17 insgesamt als einleitendes Element zu betrachten (vgl. Gnilka, Mt I, 7 f; Hagner, Mt I, 9; Nolland, „What Kind of Genesis“, 469). Fenton, Mt, 36 formuliert die Eigenart von Mt 1,1 folgendermaßen: „The title is therefore telescopic: it can be extended to include more and more of what Matthew is beginning to write about.“  So auch Gnilka, Mt I, 7, der, obwohl er Mt 1,1 streng auf den Stammbaum bezieht, die theologische Gesamtbedeutung betont: „Es zeigt sich also, daß V 1 zwar nicht als Überschrift über das Evangelium, wohl aber als eine Art Resümee der matthäischen Theologie gelesen werden soll“ (7). Warum ein Evangelium mit einem Resümee beginnen sollte, bleibt dabei jedoch fraglich. Frankemölle, Jahwebund, 318 spricht davon, dass Mt 1,1 das ganze Evangelium „in nuce“ enthält. Die inhaltliche Bedeutung wird auch von Konradt, Israel, 24– 26 hervorgehoben, der besonders den heilsgeschichtlichen Kontext betont, in den das gesamte Evangelium durch die Interpretation Jesu Christi als υἱὸς Δαυίδ und υἱὸς ᾿Aβραάμ von Anfang an gestellt wird.

3.1 Βίβλος γενέσεως – Mt 1,1 und Gen 2,4; 5,1

83

verbundenen mt Schriftenrezeption. Denn βίβλος γενέσεως Ἰησοῦ Χριστοῦ υἱοῦ Δαυὶδ υἱοῦ ᾿Aβραάμ verweist nicht allein durch die Nennung Davids und Abrahams auf die Schriften Israels,²³ sondern bereits die beiden ersten Wörter erschließen durch die wörtliche Übereinstimmung mit Gen 2,4LXX und 5,1LXX diesen Bezugsrahmen.²⁴ Das gesamte Mt ist damit bereits durch seine ersten beiden Wörter an die Schriften Israels angeschlossen und zu ihnen in Bezug gesetzt. Was genau wird jedoch durch βίβλος γενέσεως eingespielt?

3.1.1 Die Funktion der Toledot-Formeln Um die Intention hinter Mt 1,1 zu erhellen, gilt es zunächst, die Funktion des zitierten Ausdrucks βίβλος γενέσεως in Gen 2,4 und 5,1 genauer zu beleuchten. Da nicht eindeutig rekonstruiert werden kann, ob Matthäus mit dem hebräischen und/oder dem griechischen Text gearbeitet hat,²⁵ ist im Folgenden in einem ersten Schritt der hebräische Text anzusehen und in einem zweiten der griechische. Die Mt 1,1 genau entsprechende hebräische Form (‫ )ספר תולדות‬steht nur in Gen MT 5,1 ,²⁶ wohingegen Gen 2,4MT ‫ אלה תולדות‬bezeugt und damit die Form, die auch in den übrigen Toledot-Formeln des MT verwendet wird.²⁷ Die hebräischen ToledotFormeln²⁸ haben den Charakter von Überschriften,²⁹ wodurch sie, wie Über-

 So z. B. Dormeyer, „Überschrift“, 1365.  Hieke, „Biblos geneseos“, 646 spricht allgemein von der Sprachwahl, die diesen Kontext eröffnet. Dagegen spricht sich Luz, Mt I (1985), 88 aus: „Der in der griechischen Bibel lebende Evangelist will mit diesem Titel eine lockere Assoziation an das Alte Testament herstellen, die nicht weiter theologisch befrachtet werden darf“ (88). In Luz, Mt I, 117– 119 vertritt er diese Sicht nicht mehr. Anders Dormeyer, „Überschrift“, 1362, der davon ausgeht: „Biblos meint hier streng funktional das Buch oder Dokument. Sohn Davids und Sohn Abrahams besagen dann im Zusammenhang mit dem anschließenden Stammbaum Vv. 2– 17 zunächst nicht mehr, als daß Jesus, ‚der sogenannte Christus‘ (1,16; 27,17.22), Jude ist und aus dem königlichen Geschlecht Davids stammt.“  Vgl. zur Schwierigkeit der Rekonstruktion der Quellenlage in Bezug auf die Schriften Israels Kap. 1.3.3.  Gen 5,1MT ist formal auffällig, da nur dort im masoretischen Text von einem Buch oder Schriftstück der Toledot die Rede ist.  Zur gliedernden Funktion der Toledot-Formeln innerhalb der Genesis vgl. Kap. 2.3.2.  Insgesamt gibt es in der Genesis elf Toledot-Formeln, wobei davon fünf in der Urgeschichte stehen und fünf (plus eins, durch die doppelte Toledot Esaus) in der Vätergeschichte (Gen 2,4; 5,1; 6,9; 10,1; 11,10.27; 25,12.19; 36,1.9; 37,2). Weitere Toledot-Formeln außerhalb der Genesis finden sich in Num 3,1 und Rut 4,18 sowie in sprachlich abgewandelter Form auch in 1Chr 1– 9.

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3 Die matthäische Genealogie

schriften generell, das Thema des folgenden Texts enthalten: die Nachkommen des Trägers der Toledot-Formel.³⁰ So umfasst zum Beispiel die Toledot Terachs (Gen 11,27) nicht die Geschichte Terachs selbst, sondern die gesamte Abrahamerzählung,³¹ bis in Gen 25,12.19 die Toledot Ismaels und Isaaks beginnen. Besonders deutlich wird der Bezug auf die Nachkommen in der Toledot Jakobs, da auf Gen 37,2 unmittelbar die Geschichte Josefs und seiner Brüder folgt („dies ist die Toledot Jakobs: Josef war 17 Jahre alt…“ / …‫ ;אלה תלדות יעקב יוסף בן־שבע־עשרה שנה היה‬Gen 37,2), während der Hauptteil der Geschichte Jakobs und Esaus unter der Überschrift Toledot Isaaks (Gen 25,19) zu finden ist.³² Demnach geht es nie um die Einleitung der Geschichte des Trägers der Toledot.³³

Auffällig ist, dass die Toledot sehr unterschiedliches Material einleiten und weder die Formen der Genealogien genuin einem Schema folgen³⁴ noch über-

 Zum allgemeinen Überschriftcharakter der Formel vgl. Gertz, „Adam“, 217, Anm. 6; Cross, Canaanite Myth, 303 f; Tengström, Toledotformel, 17; Carr, „Biblos geneseos I“, 160 – 163, der dort auch Beispiele des Gebrauchs von Überschriften außerhalb der Genesis anführt.  Vgl. Cross, Canaanite Myth, 302: „The formula usually designated either the descendants of PN by generation […] or, where no genealogy follows the formula, introduced a section with stories about the descendants of PN“ (Hervorhebung C.Z.).  In diesem Konzept sieht Westermann, Gen II, 156 f die Erklärung für das Fehlen einer ‫אברם‬ ‫תולדות‬. Daher spricht er sich gegen den Vorschlag von Budde, „Ellä toledoth“, 248 f (in Anlehnung an Eerdmans, Alttestamentliche Studien, 22) aus, die ‫ תולדת תרח‬in ‫ תולדות אברם‬abzuändern, wie auch gegen den Erklärungsversuch, diese Toledot fehle, da Sarah unfruchtbar sei (Gen 16,1); vgl. auch Scharbert, „Sinn der Toledot-Formel“, 47. Stordalen, „Genesis 2,4“, 170 geht davon aus, dass Isaak unter die Toledot Terachs gerechnet wird, da kein besonders großes Interesse an seiner Person herrscht, und begründet damit das Fehlen der Toledot Abrahams. Zur Diskussion um das Fehlen der Toledot Abrahams vgl. auch Blum, Komposition, 439 f.  Eine mögliche Ausnahme kann in Gen 6,9 gesehen werden, da auf die Toledot Noahs die Erzählung der Sintflut folgt, in der Noah der Hauptcharakter bleibt. Allerdings sind zum einen seine Söhne Teil der Erzählung, zum anderen geht es konkret um den Fortbestand der Welt und somit auch um den Fortbestand des Geschlechts Noahs.  Vgl. auch Scharbert, „Sinn der Toledot-Formel“, 51 f; Westermann, Gen I, 156; Blum, Komposition, 433.  Grundsätzlich lassen sich lineare und segmentäre Genealogien unterscheiden, die beide auch ohne Toledot-Formel stehen können. Segmentäre Genealogien treten am häufigsten auf, wobei sie verschiedene Funktionen haben: So schließen sie entweder eine lineare Genealogie ab (Gen 5,32), zeigen Nebenlinien an (Gen 25,12– 16) oder stehen am Anfang einer nachfolgenden linearen Genealogie (Gen 10 [segmentäre Genealogie der Söhne Noahs] und anschließend Gen 11,10 [die lineare Genealogie Sems]), vgl. Hieke, Genealogien, 43 f. Eine andere Unterscheidung nimmt Tengström, Toledotformel, 19 – 25 vor, indem er zwischen „namenaufzählenden Stammtafeln“ und „erzählerischem Text“ unterscheidet. Zu erster Variante, die sich durch einen in Nominalsätzen geprägten Listenstil auszeichnet, zählt er Gen 10; 25,12– 18; 38 u. a., zur zweiten, die nicht nur Listen sind, sondern narrativen Charakter haben, führt er als Musterbeispiele Gen 5 und 11,10 – 26 an. Eine Gliederung auf syntaktischer Ebene findet sich bei Weimar, „Toledot-Formel“,

3.1 Βίβλος γενέσεως – Mt 1,1 und Gen 2,4; 5,1

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haupt im Anschluss an jede Toledot eine Genealogie im engeren Sinn steht, sondern z.T. narratives Material (so z. B. in Gen 2,4³⁵; 6,9; 37,2) angeschlossen ist. Dabei gehört es zu der Eigenart der Toledot-Formeln, dass sie nicht nur auf das Folgende, sondern auch auf das Vorausgegangene verweisen.³⁶

80 – 84.91 f. Genealogien unterscheiden sich auch in ihren Funktionen. So hat z. B. Johnson, Purpose, 77– 82 neun verschiedene Funktionen herausgearbeitet: soziale Konstruktion, Herkunft, Erzählbrücken, Chronologisierung oder Periodisierung, militärische Rangfolgen und Abhängigkeiten, Legitimation, radikale Homogenität, Fortbestand, Narrative. Vgl. außerdem zu Gliederungsmöglichkeiten des Materials Scharbert, „Sinn der Toledot-Formel“, 45 – 65; Koch, „Toledot-Formeln“, 183 – 191; exemplarisch an Gen 4; 5; 36 dargestellt bei Wilson, Genealogy, 168 – 223.  Im Falle von Gen 2,4 liegt die Schwierigkeit zusätzlich darin, dass es sich nicht um menschliche Träger der Toledot handelt, sondern um den Himmel und die Erde (‫תולדות השמים‬ ‫)והארץ‬. Dies stellt aber durch das folgende narrative Material letztlich kein Problem dar. Ähnlich wie Gen 5,1 bezieht sich auch Gen 2,4 auf das Schöpfungsgeschehen in Gen 1. Die Toledot selbst ist, wie alle Toledot, so gestaltet, dass sie summarisch an das Vorherige anknüpft. Durch die Aufnahme von ‫ השמים והארץ‬schließt V. 4a an Gen 1,1 an, ebenso durch die Wiederholung des Verbes ‫ברא‬: ‫( בהבראם‬Gen 2,4) / ‫( בראשית ברא‬Gen 1,1). Im Anschluss an die Toledot-Formel entspricht Gen 2,4b auf der Ebene der Satzstruktur Gen 1,1, wodurch das Folgende in die Kontinuität der Schöpfung hineingenommen ist: (1,1) ‫אלהים את השמים ואת הארץ‬ ‫בראשית ברא‬ (2,4b) ‫ארץ ושמים‬ ‫ביום עשות יהוה אלהים‬ An die Frage nach der Funktion von Gen 2,4 schließt sich eine größere redaktionsgeschichtliche Debatte an, auf die im Folgenden nur knapp hingewiesen wird. Die Verwendung von ‫ תלדות‬wurde lange ausschließlich auf P zurückgeführt, sodass dieser Sachverhalt seit dem späten 18. Jh. zu der Annahme geführt hat, Gen 2,4a sei nicht einleitender Vers einer neuen Toledot-Linie, sondern schließe die priesterliche Schöpfungserzählung Gen 1,1– 2,3 summarisch ab, während Gen 2,4b zu der gleichen Quelle wie Gen 2 f zu rechnen sei, vgl. z. B. Ziegler, „Kritik“, 13. Auch Witte, Biblische Urgeschichte, 54 f ordnet V. 4a und 4b unterschiedlichen Schichten zu, wobei diese dann erst durch eine weitere Redaktion zusammengestellt worden sind. Auch Dohmen, Schöpfung und Tod, 34– 40 trennt zwischen V. 4a und 4b. Eine nicht eindeutige Position nimmt Otto, „Paradieserzählung“, 173.188, Anm. 115 ein, der seine Paradieserzählung mit Gen 2,4b beginnen lässt, sich an späterer Stelle allerdings gegen eine Teilung von V. 4 ausspricht. Jedoch ist eine solche quellenkritische Trennung in Gen 2,4 nicht zwingend. Gegen eine Trennung innerhalb des Verses spricht sich z. B. Stordalen, „Genesis 2,4“, 173 aus. Ebenso schreibt bereits Eichrodt, Quellen, 21: „[K]eine Kunst der Kommentatoren kann erklären, wie eine Überschrift an das Ende der Erzählung kommt, zu der sie gehört“. Vgl. weiterhin Blum, Studien, 280 im Anschluss an Cross, Canaanite Myth, 302; Carr, „Biblos geneseos I“, 146 f; Witte, Biblische Urgeschichte, 55 f. Verdeutlicht wird dies auch durch die parallel gestaltete Übersetzung von Gen 2,4 und 5,1 in der LXX. Der Versuch, Gen 2,4 aufgrund des Überschriftcharakters vor Gen 1,1 zu stellen (so z. B. Gunkel, Gen, 101), ist ebenfalls nicht haltbar, zumal Gen 1,1 selbst Überschriftcharakter hat.  In Gen 6,9 z. B. steht die Toledot Noahs, die in Gen 6,10 durch die Zeugung seiner Söhne Sem, Ham und Japhet ergänzt wird. Alle vier sind jedoch bereits aus Gen 5,29.32 bekannt. Ähnlich stellt sich auch die Konstellation der anderen Toledot dar. Vgl. auch Carr, „Biblos geneseos I“, 163 – 165; ähnlich bereits Wellhausen, Prolegomena (1895), 337; Jacob, Gen, 73.

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3 Die matthäische Genealogie

Für Gen 5,1 bedeutet dies, dass mit der Toledot Adams die Generationen nach Adam eingeführt werden. Der Fokus der Erzählung liegt nicht mehr beim ersten Menschheitspaar und dessen Familie (Gen 2– 4), sondern auf den folgenden Generationen (Adam bis Noah). In Gen 1 ist der Mensch Teil der Schöpfung (‫ ;ױברא אלהים את־האדם‬V. 27a) und wird als Mann und Frau geschaffen (‫ ;זכר ונקבה ברא אתם‬V. 27c). Unmittelbar nach seiner Erschaffung erhält der Mensch Gottes Segen und damit den Auftrag, sich zu vermehren (‫ ;פרו ורבו‬V. 28). Insofern ist es in sich stimmig, dass im Anschluss an die Vollendung der Schöpfung und die ersten Familienerzählungen in Gen 5,1 das Buch der Toledot Adams (‫ )ספר תולדת אדם‬beginnt. Verstärkt wird dieser Zusammenhang durch die inhaltliche und sprachliche Verknüpfung von Gen 5,2 und 1,27 f. Mit ‫( זכר ונקבה בראם‬Gen 5,2a) wird Gen 1,27b wörtlich zitiert³⁷ und direkt um die Segnung der Menschen ergänzt: ‫( ויברך אתם‬Gen 1,28aα; 5,2bα).³⁸ Als neues Element muss die Namensgebung durch Gott in Gen 5,3 gesehen werden. Diese verdeutlicht, wie der Segen, der im Unterschied zu Gen 1,28 nicht ausformuliert ist, zu verstehen ist, da die Kombination von neuem Namen und Segen auch an anderen Stellen Segen für Fruchtbarkeit und Nachkommen umfasst.³⁹ In Gen 5,1b und 5,2b bildet die Verbindung ‫ ביום‬+ ‫ ברא‬/ ‫הבראם‬ eine inclusio. Damit werden alle wichtigen und grundlegenden Aspekte gebündelt, und in Gen 5,3 können die Zeugung der nächsten Generation und damit verbunden die Weitergabe von ‫ דמות‬und ‫( צלם‬beide in Gen 1,26, nur ‫ דמות‬in Gen 5,1) sowie die Namensgebung (vgl. auch schon Gen 5,2b) angeschlossen werden. Schöpfungssegen und Gottebenbildlichkeit gehen durch ihre Einbindung in die Toledot somit auch in die Menschheitsgeschichte ein.⁴⁰  Mit der Ausnahme, dass das Suffix 3. Pers. Pl. in Gen 5,2a enklitisch an das Verb angeschlossen ist, während in Gen 1,27 eine Nota accusativi ‫ את‬+ Suffix steht.  Vgl. Hieke, Genealogien, 56 f: „Durch die Wiederaufnahme des Schöpfungssegens in Gen 5 wird deutlich, dass sich die Menschheit unter dem primären Paradigma des Segens in die Zeit hinein fortsetzen kann.“ Dieser Aspekt wird gerade in Gen 5 besonders deutlich, da sich in Gen 2– 4 gezeigt hat, dass der Segen der Menschheit potentiell auch gefährdet sein kann. Vgl. weiterhin Gertz, „Genesis 5“, 77.  Gen 16,10 f (Fruchtbarkeit für Hagar und Gott benennt ihren Sohn Ismael); Gen 17,4– 6 (Abram wird Abraham und Verheißung, Vater über viele Völker zu werden); Gen 17,15 f (Sarai wird Sarah und Verheißung eines Sohns); Gen 17,19 (Gott benennt Isaak und Verheißung, mit dessen Geschlecht zu sein); Gen 35,9 f (Jakob wird Israel und Wiederholung des Schöpfungssegens aus Gen 1,28a); vgl. auch Jacob, Gen, 162.  Vgl. Hieke, Genealogien, 85; Gertz, „Genesis 5“, 77: „Der Übergang von der Schöpfung der Menschheit zur Generationenfolge der Nachkommen vollzieht sich also in der Benennung des ersten Nachkommens und – sachlich vorausgehend – in der Zeugung der Folgegenerationen, die mittels der Generationenkette Anteil haben an der Gottebenbildlichkeit des ersten Menschen bzw. der Gattung Mensch.“

3.1 Βίβλος γενέσεως – Mt 1,1 und Gen 2,4; 5,1

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Es kann also festgehalten werden, dass Gen 5,1 als Einleitung für die gesamte im Folgenden dargelegte Geschichte der Menschen⁴¹ verstanden werden kann. Diese zeichnet sich zunächst als Menschheitsfamilie aus, da noch keine Untergliederung in verschiedene Völker erfolgt ist.⁴² Gleichzeitig steht Gen 5,1 auch schon im MT in einer gewissen Parallelität zu Gen 2,4: (2,4) (5,1abα)

‫ארץ ושמים‬ ‫אדם‬

‫תולדות השמים והארץ ]בהבראם[ ביום עשות יהוה אלהים‬ ‫אלהים‬ ‫ביום ברא‬ ‫אדם‬ ‫תולדת‬

Auch das Verb ‫ עשה‬aus Gen 5,1bβ (‫ )בדמות אלהים עשה אתו‬findet sich in Gen 2,4b (‫)ביום עשות‬. Zudem kann die inclusio von Gen 5,1b und 5,2b (durch + ‫ברא‬/ ‫הבראם‬ ‫ )ביום‬mit ihren bündelnden Implikationen auch auf Gen 2,4 hin gedeutet werden, da es dort heißt ‫ ביום עשות‬+ ‫בהבראם‬.⁴³ Durch den Rückgriff von Gen 2,4 auf 1,1 und die Formulierung ‫ בהבראם‬ist bereits die ganze Schöpfung und damit auch die Schöpfung des Menschen von Gen 1,1– 2,3 in dieser Toledot zusammengefasst.⁴⁴

3.1.2 Die Toledot von Gen 2,4 und 5,1 in der LXX Die Besonderheit der LXX-Übersetzung liegt darin, dass beide Textstellen nicht nur wie in MT funktional parallelisiert sind, sondern auch sprachlich aneinander angeglichen wurden: αὕτη ἡ βίβλος γενέσεως οὐρανοῦ καὶ γῆς (Gen 2,4aLXX) αὕτη ἡ βίβλος γενέσεως ἀνθρώπων (Gen 5,1aLXX)

Somit ist bereits Gen 2,4aLXX deutlich als Einleitung für das Folgende markiert.⁴⁵ Auffällig ist jedoch nicht nur die Verdopplung der Formel βίβλος γενέσεως, sondern auch der jeweils folgende Genitiv:

 Thompson, Origin Tradition, 73 geht davon aus, dass „Gen. 5.1– 2 functions not only as an introduction to the genealogy of Genesis 5, but marks that genealogy as the beginning of the story of mankind, a story which encompasses not only this particular tale but all that follows within the Toledoth structure“ (Hervorhebung im Original).  Gen 5,32 wird erst in Gen 10 wieder aufgenommen.  Vgl. Carr, „Biblos geneseos I“, 165.  Vgl. Hieke, Genealogien, 56 f; Baumgart, Umkehr, 44.  Vgl. Rösel, Übersetzung als Vollendung, 57, der davon ausgeht, dass Gen 2,4LXX durch die Angleichung an Gen 5,1MT/LXX einen neuen Abschnitt einleitet.

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3 Die matthäische Genealogie

In Gen 2,4LXX liegt mit οὐρανοῦ καὶ γῆς – wie bereits bei ‫ – השמים והארץ‬ein Merismus vor, durch den der Bezug auf die gesamte Schöpfung zum Tragen kommt: Gen ,MT ‫אלה תולדות השמים והארץ‬ ‫בהבראם‬ ‫ביום עשות יהוה אלהים ארץ ושמים׃‬

Gen ,LXX αὕτη ἡ βίβλος γενέσεως οὐρανοῦ καὶ γῆς, ὅτε ἐγένετο, ᾗ ἡμέρᾳ ἐποίησεν ὁ θεὸς⁴⁶ τὸν οὐρανὸν καὶ τὴν γῆν⁴⁷

Dass in V. 4a der LXX „Himmel und Erde“ undeterminiert stehen, ist insofern auffällig, da dies für die Wortverbindung οὐρανοῦ καὶ γῆς für die gesamte Genesis nur in Gen 2,4aLXX der Fall ist.⁴⁸ Damit wird der einleitende Charakter von Gen 2,4LXX, der bereits durch die Wendung αὕτη ἡ βίβλος γενέσεως deutlich geworden ist, weiter betont. Gen ,MT ‫זה ספר תולדת אדם‬ ‫ביום ברא אלהים אדם‬ ‫בדמות אלהים עשה אתו׃‬

Gen ,LXX αὕτη ἡ βίβλος γενέσεως ἀνθρώπων ᾗ ἡμέρᾳ ἐποίησεν ὁ θεὸς τὸν Αδαμ κατ᾽ εἰκόνα θεοῦ ἐποίησεν αὐτόν.

Während in Gen 5,1MT die Toledot mit ‫ אדם‬eingeleitet wird, wobei ‫ אדם‬sowohl als Eigenname des ersten Menschen als auch im Sinne der Menschheit allgemein verstanden werden kann, ist die Übersetzung der LXX auf die zweite Lesart enggeführt,⁴⁹ indem diese ‫ אדם‬mit ἀνθρώπων übersetzt.⁵⁰ Gen 5,1bαLXX hingegen

 Auch hier liegt eine Angleichung von Gen 2,4LXX und 5,1LXX vor, obwohl der hebräische Text unterschiedliche Verben bezeugt (vgl. Rösel, Übersetzung als Vollendung, 122).  Die Umstellung der Reihenfolge lässt sich als Harmonisierung erklären, da sowohl an anderen Stellen die Reihenfolge ‫ השמים והארץ‬bezeugt ist (vgl. z. B. Gen 1,1; Ex 20,11; 31,17 u. ö.) als auch für Gen 2,4 in anderen Texttraditionen (vgl. den Samaritanischen Penateuch), vgl. Rösel, Übersetzung als Vollendung, 58, der auch weitere Besonderheiten der LXX-Übersetzung von Gen 2,4 aufführt (57 f).  Vgl. in determinierter Fassung Gen 1,1; 2,1.4; 14,19.22; 24,3.7.  Anders hingegen Aquila (α′), der den Fokus auf den ersten Menschen Adam beibehält (τοῦτο βιβλίον γεννημάτων ᾿Aδάμ).  Kritisch äußert sich Breukelman, „Genesis“, 87: Die LXX suggeriere mit ihrer Übersetzung von Gen 5,1a, dass „‚die Entstehung der Menschheit‘ das Thema des Buches sei. Im hebräischen Text bilden die Worte […] jedoch nicht den Titel über der Erzählung, in der es um die Entstehung der Menschheit geht, sondern den Titel über der Erzählung, in der es um die Entstehung Israels inmitten der Menschheit geht“ (Hervorhebung im Original).

3.1 Βίβλος γενέσεως – Mt 1,1 und Gen 2,4; 5,1

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spricht konkret vom Individuum Adam und seiner Erschaffung. Bekräftigt wird dies durch die Verwendung des Artikels vor Αδαμ.⁵¹ Durch diese Konkretisierung von ‫ אדם‬durch ἀνθρώπων in Verbindung mit der Parallelisierung von Gen 2,4LXX und Gen 5,1LXX durch βίβλος γενέσεως wird in der LXX explizit, was im MT angelegt ist, jedoch ohne den jeweiligen Kontext nicht eindeutig gesagt ist: Gen 2,4 und 5,1 sind eine Einleitung in die Menschheitsgeschichte,⁵² die noch keine Differenzierung in Stämme oder Völker der Erde kennt.⁵³

3.1.3 Die Toledot als Gliederungssystem Neben der gezeigten Anspielung auf Gen 2,4 und 5,1 werden die Toledot-Formeln der Genesis in der Forschung immer häufiger als bewusstes (theologisches) Kompositionsmittel zur Gliederung des Textmaterials verstanden.⁵⁴ Insofern stellt sich für das Mt die Frage, ob allein die wörtliche Zitation von Gen 2,4 und 5,1 für die Deutung relevant ist oder ob auch die Dynamik des gesamten Toledotsystems der Genesis im Blick sein müsste. Letzterem liegt jedoch das Problem zugrunde, dass aufgrund der sprachlich differenzierten Formulierungen, vor allem im griechischen Text (nur in Gen 2,4LXX und 5,1LXX steht βίβλος γενέσεως, wohingegen das hebräische ‫ אלה תלדות‬sonst mit αὗται αἱ γενέσεις übersetzt ist), nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, dass die Toledot von einer griechisch sprechenden Gemeinde tatsächlich als Gliederungssystem verstanden worden sind.⁵⁵ Wahrscheinlicher wäre dies, wenn auch der hebräische Text als bekannt angesehen werden kann, was zumindest für Matthäus der Fall gewesen sein dürfte.⁵⁶

 Durch die Setzung des Artikels wird Adam als das aus den vorausgehenden Texten bekannte Individuum betont; vgl. §148 in Bornemann/Risch, Grammatik, 166. Rösel, Übersetzung als Vollendung, 122 führt an, dass sich dieses Verständnis von Adam als Individuum in Gen 5,1bαLXX auch vom nachfolgenden Kontext her nahelegt.  Vgl. auch Gertz, „Genesis 5“, 71, der sich auch bei Gen 2,4MT und 5,1MT für ein Verständnis als Einleitungen in die Menschheitsgeschichte ausspricht.  Deutlich wird diese erst mit den Söhnen Noahs (Gen 5,32), von denen sich gemäß Gen 10 nach der Flut alle Stämme der Erde ableiten.  Vgl. Eissfeldt, „Biblos geneseos“, 33 – 35; Scharbert, „Sinn der Toledot-Formel“, 45; Thompson, Origin Tradition, 64.73.170; Tengström, Toledotformel, 51.58; Blum, Komposition, 433; Carr, „Biblos geneseos II“, 327– 347; Hieke, Genealogien, 341; Weimar, Priesterschrift, 183 f.  Dementsprechend formuliert Zahn, Mt, 42 pointiert: „Nur Leser, welche mit der Sprache des AT’s vertraut waren und diese durch die griechische Hülle der LXX hindurch wirklich verstanden, konnten den Titel des Buches verstehen.“  Vgl. Kap. 1.3.3.

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3 Die matthäische Genealogie

Wird die Bekanntheit der Toledot als Gliederungssystem angenommen, so ergeben sich zwei Deutungsaspekte: (1) Da das Toledot-System der gesamten Genesis auf die Volkswerdung Israels zielt,⁵⁷ würde diese Ausrichtung zum mt Verständnis passen, dass der irdische Jesus nur zu Israel gesandt ist (Mt 10,5 f; 15,24 u. a.). Dann würde Matthäus am Toledot-System der Genesis partizipieren. (2) Denkbar wäre jedoch auch, dass es weiter spezialisiert und zugespitzt wird. Dafür spricht, dass es auch in den Schriften zwei solche Beispiele gibt: Während die Toledot der Genesis mit der Toledot Jakobs (Gen 37,2) bei der Engführung der gesamten Menschheit auf die zwölf Stämme Israels angekommen ist, profilieren die Toledot in Num 3,1 die Untergruppe der Priester⁵⁸ und die Toledot in Rut 4,18 mit ihrem Ende bei David (Rut 4,22) die königliche Dynastie.⁵⁹ Beide beziehen sich also auf wichtige Gruppierungen der göttlichen Erwählungsgeschichte. Wollte man Mt 1,1 parallel dazu lesen, so wäre zu überlegen, ob mit βίβλος γενέσεως Ἰησοῦ Χριστοῦ das Kommen des Messias aus dem erwählten Volk Israel betont wäre. Unterstützt wird die Herkunft des Messias aus Israel durch den mt Stammbaum (Mt 1,2– 17). Die Kontinuität und zugleich Weiterentwicklung bereits angelegter Strukturen entsprechen dann den Hauptaspekten der Schriftenrezeption. Folglich ist mit βίβλος γενέσεως kein Neuanfang markiert – entsprechend eines neuen Buches Genesis –, sondern vielmehr eine Zäsur, wie sie auch an anderen Stellen gesetzt worden ist.

3.1.4 Konsequenzen für Mt 1,1 Durch das Zitieren von βίβλος γενέσεως ist auf dem Hintergrund von Gen 2,4LXX und 5,1LXX auch für Mt 1,1 der Charakter einer Überschrift noch einmal zu unterstreichen. Zwar ist in den Toledot des MT der Träger der Toledot stets der Vorfahre, nie der Nachkomme, doch ist dies bei der Wendung βίβλος γενέσεως in Gen 2,4LXX und 5,1LXX nicht der Fall, da dort zum einen Himmel und Erde als gesamte Schöpfung folgen, zum anderen die Menschen – und nicht ein spezielles Individuum (dieses steht erst in Gen 5,1bLXX). Βίβλος γενέσεως Ἰησοῦ in Mt 1,1 leitet nicht die Generationen nach Jesus ein, sondern die Genealogie in V. 2 springt auf Abraham zurück, womit eine analoge Konstruktion zu Gen 5,1LXX vorliegt: Auf die Formulierung βίβλος γενέσεως ἀνθρώπων, die über den konkreten Ursprung der Menschheit in Adam hinausweist, folgt in Gen 5,1bLXX der Rückverweis auf Adam.  Vgl. Kap. 2.3.2.  Vgl. Tengström, Toledotformel, 56.  Vgl. dazu Hieke, Genealogien, 226 – 240. Zur Debatte um Ex 6,16 – 25 vgl. ebenfalls Hieke, Genealogien, 214– 225. Dort wird die genealogische Linie jedoch mit ‫ אלה שמות‬eingeleitet.

3.1 Βίβλος γενέσεως – Mt 1,1 und Gen 2,4; 5,1

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Insofern wird durch βίβλος γενέσεως dreimal (Gen 2,4LXX; 5,1LXX; Mt 1,1) Grundlegendes eingeführt. Durch die Anspielung auf Gen 2,4LXX und 5,1LXX wird besonders ein universaler Aspekt deutlich: Matthäus nimmt nämlich genau auf die beiden Toledot-Formulierungen Bezug, die sich auf die Menschheit als Ganze beziehen und noch keine Zuspitzung auf die Semiten (Gen 10)⁶⁰ oder Israel (z. B. Gen 25,12; 37,2) erkennen lassen.⁶¹ Gestützt wird dieser universale Aspekt durch die Verbindung von Gen 2,4 und 5,1 mit dem ebenfalls universalen Schöpfungssegen. Es ist ein die ganze Welt umfassender Segen, aus dem letztlich nicht nur der Stammbaum Jakobs, sondern die gesamte universale Völkertafel hervorgeht. Die Übersetzung der LXX macht diese Deutung, die grundlegend bereits im MT angelegt ist, noch deutlicher. Diese Kontextualisierung impliziert aber nicht das Moment des „Neuen“ im Sinne einer „neuen Schöpfung“ in Christus,⁶² also einen Abbruch der Tradition.⁶³ Vielmehr ist das Folgende in Kontinuität zur Heilsgeschichte,⁶⁴ wie sie in den Schriften bezeugt ist, zu verstehen sowie zu der in Gen 2,4 und 5,1 begonnenen Menschheitsgeschichte.⁶⁵ Der Aspekt der Schöpfung ist damit nicht ausge-

 Letztlich trägt auch die Toledot Noahs in Gen 6,9 universale Implikationen, da sich der Bund mit der ganzen Schöpfung unter ihr ereignet.  Anders Hieke, „Biblos geneseos“, 642 f, der sich mit den Thesen von Koch, „Toledot-Formeln“, 183 – 191 auseinandersetzt und daran besonders deren „Israel-Zentriertheit“ kritisiert. Stärker reflektiert sehen möchte er hingegen die „geschichtliche Dimension“ der Ismael- und Esau-Toledot. Es ginge „um bleibende, abgestufte Beziehungen“ (642 f).  So hingegen Davies, Sermon, 67– 72; Beare, Mt, 64; Davies/Allison, Mt I, 150; Morris, Mt, 19; France, Mt, 28. Dagegen spricht sich Nolland, „What Kind of Genesis“, 465 – 467 aus: „To speak of new creation at this point would be to introduce a jarring note of discontinuity“ (467).  Anders hingegen Davies/Allison, Mt I, 150: „This […] suggests that Matthew might have opened his gospel as he did in order to draw a parallel between one beginning and another beginning, between the creation of the cosmos and Adam and Eve on the one hand and the new creation brought by the Messiah on the other“ (Hervorhebung C.Z.). Es stellt sich jedoch die Frage, ob dies wirklich am Text selbst zu erkennen ist oder nicht ein bestimmtes Vorverständnis der christlichen Texte gegenüber denen der Schriften Israels impliziert. Ebenso wenig sinnvoll ist es, durch die Übernahme von βίβλος γενέσεως Jesus Christus als neuen Adam zu postulieren, da Adam im Mt – anders als im Lk – nicht in der Genealogie genannt wird.  Dass mit Jesus eine neue Epoche dieser Menschheit beginnt, wird in der Matthäusforschung ebenfalls immer wieder betont (vgl. Gnilka, Mt I, 8; Frankemölle, Jahwebund, 364 f; Hieke, „Biblos geneseos“, 642; Konradt, Mt, 25). Insofern läge auch ein Moment der Diskontinuität vor. Doch wird dies nicht allein aus Mt 1,1 plausibel, sondern müsste vielmehr über die Generationeneinteilung im folgenden Stammbaum (Mt 1,2– 17) erklärt werden. Vgl. dazu z. B. Schniewind, Mt, 10; Konradt, Mt, 28 f. Zum Aufbau des Stammbaumes vgl. außerdem Luz, Mt I, 129.  Den Aspekt der Kontinuität betonen auch Klostermann, Mt, 1; Gnilka, Mt I, 8; Frankemölle, Mt I, 135.

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schlossen – allein der der Neuschöpfung ist für Mt 1,1 unwahrscheinlich⁶⁶ –, doch liegt der Schöpfungsbezug eher auf dem Schöpfungssegen, der an die ganze Menschheit ergeht. Insofern wird über den Bezug auf die Schriften deutlich, dass auch das Folgende für alle Menschen soteriologische Relevanz hat. An dieser Stelle lässt sich zusammenfassend festhalten, dass der Ausdruck βίβλος γενέσεως den Text der Schriften Israels grundlegend als Kontext des Evangeliums eröffnet, zu dem die mt Aussagen in Beziehung gesetzt werden wollen oder aus dem heraus sie sich herleiten. Darüber hinaus wird schon hier die Heilsperspektive der Menschen aus den Völkern mit der Schriftenrezeption aufs Engste verbunden. Denn indem eine Phrase zitiert wird, die die Menschheitsgeschichte mit der Schöpfung und dem Schöpfungssegen verschränkt (Gen 2,4; 5,1), wird bereits zu Beginn des Evangeliums ein universaler Horizont eröffnet: Alle Menschen, auch jene, für die noch keine Erwählung zum Gottesvolk vorausgesetzt ist, zeichnen sich durch ihre Geschöpflichkeit vor Gott als heilswürdig aus.⁶⁷ Damit entsteht eine inclusio um das gesamte Mt, die in Mt 28,18 – 20 mit dem universalen Missionsbefehl schließt. Dieser richtet sich einerseits an „alle Völker“ (πάντα τὰ ἔθνη), wodurch sich ein Bezug auf βίβλος γενέσεως ἀνθρώπων ergibt. Andererseits wird der Missionsbefehl eingeleitet durch die Vollmachtsausage Jesu „mir ist gegeben alle Vollmacht im Himmel und auf Erden“ (ἐδόθη μοι πᾶσα ἐξουσία ἐν οὐρανῷ καὶ ἐπὶ [τῆς] γῆς; Mt 28,18), womit βίβλος γενέσεως οὐρανοῦ καὶ γῆς erneut anklingt. Auf narrativer Ebene wird so durch intertextuelle Anspielungen deutlich, dass die heilvolle Zuwendung zu den Völkern nicht als Reaktion Gottes auf Israels Verhalten gegenüber dem irdischen Jesus gewertet werden kann, sondern bereits von Anfang an mit angelegt ist. Dem fügt sich ein, dass die mögliche Partizipation der Völker am Heil auch im Folgenden nicht ausgeblendet, sondern an verschiedenen Stellen zwischen diesen Polen proleptisch anklingen wird.

 In Mt 19,28 findet sich durch die Verwendung von „Wiedergeburt“ (παλιγγενεσία) möglicherweise die Vorstellung einer eschatologischen Neuschöpfung, vgl. Nolland, „What Kind of Genesis“, 465. J. Nolland verweist zu Recht darauf, dass im Mt auch die Vorstellung von einem neuen Exodus (Mt 1– 2) nicht im Sinne einer Neuschöpfung (entsprechend Jes 43,16 – 20; 51,9 f) verstanden werden darf. Ähnliches gelte auch für die Verbindung des Geistes bei der Zeugung und Taufe Jesu (Mt 1,18; 3,16) mit der ‫ רוח‬der Schöpfung (Gen 1,2) oder der Macht Jesu über die Kräfte der Natur (Mt 8,8.27) mit der Schöpfungsmacht Gottes (vgl. dazu Nolland, „What Kind of Genesis“, 465, Anm. 13).  Vgl. Kap. 2.3.1– 2.

3.2 Die „heidnischen Stammmütter“ – Mt 1,2 – 17

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3.2 Die „heidnischen Stammmütter“ – Mt 1,2 – 17 Auf die Überschrift in Mt 1,1 folgt der Stammbaum Jesu (Mt 1,2– 17). Wie auch für die Genealogien der Schriften Israels typisch, liegt darin keine Darstellung historischer Gegebenheiten vor,⁶⁸ vielmehr werden im Stammbaum grundlegende theologische Aussagen getroffen.⁶⁹ Die Genealogie beginnt mit Abraham und stellt Jesus explizit in die Geschichte Israels ein, wobei besonders die davidischkönigliche Linie profiliert wird. Insofern findet in Mt 1,2– 17 eine Verengung der mit βίβλος γενέσεως eröffneten umfassenden Perspektive statt. Doch entspricht diese Feststellung dem gesamten Bild? Ist durch die Darstellung Jesu als jüdischer Messias der universale Horizont, der in Mt 1,1 eröffnet wurde, unmittelbar wieder eingeschränkt, oder wird auch die universale Perspektive weitergeführt? Aufschlussreich für diese Frage sind einige Beobachtungen zum Aufbau des Stammbaumes, denn der regelmäßige Aufbau der Genealogie, der sich durch drei Mal vierzehn Generationen auszeichnet (Mt 1,17) und dem regelmäßigen Schema „X aber zeugte Y“ (X δὲ ἐγέννησεν Y)⁷⁰ folgt, wird an einigen Stellen durch segmentäre Zusätze unterbrochen (z. B. Mt 1,2.3) oder weist andere Zusätze auf (z. B. Mt 1,6). Zu den besonders auffälligen Erweiterungen gehört die Nennung von fünf Frauennamen: Tamar (Mt 1,3a); Rahab (Mt 1,5a)⁷¹; Rut (Mt 1,5b), „die des Uria“ (Mt 1,6),⁷² womit auf Bathseba angespielt wird, sowie Maria (Mt 1,16). Diese sind – mit Ausnahme Marias – ihren jeweiligen Männern als

 Dagegen spricht schon allein, dass die drei Mal 14 Generationen zu wenige sind, um die tatsächliche Zeitspanne zu überbrücken. Zur Frage der Historizität des mt Stammbaumes vgl. in aller Kürze z. B. Luz, Mt I, 131. Explizit nach dem geschichtlichen Gehalt der Genealogie fragt Jeremias, Jerusalem, 324– 331.  Vgl. Johnson, Purpose, 77– 82; Brown, Birth, 64– 66; Harrington, Mt, 31; Konradt, Mt, 28, der von einem „schriftgelehrte[n] Kunstwerk“ spricht. Des Weiteren Stegemann, „‚Die des Uria‘“, 251 f, der jedoch anderen Genealogien, wie z. B. 1Chr 1– 9, dieses Gewicht, das er Mt 1,2– 17 zugesteht, abspricht.  Allein im Fall Jesu steht die passive Form ἐγεννήθη (Mt 1,16), was vermutlich damit zusammenhängt, dass nur in diesem Fall der vorausgehend gezeugte Josef nicht der Erzeuger Jesu ist. Diese abweichende Formulierung lässt sich jedoch auch dafür stark machen, dass die Rolle Marias nicht unbedingt identisch mit der der anderen vier Frauen zu deuten ist. Ein ausführlicher Versuch einer einheitlichen Auslegung liegt vor von Weren, „Five Women“, 288 – 305.  Zur abweichenden Schreibart Rahabs in Mt 1,5 im Vergleich zu Jos 2LXX (Ῥαχάβ; Ῥααβ) vgl. ebenfalls abweichend Josephus, Ant 5,8 – 15.26.30 (Ῥαάβη), weiterhin Davies/Allison, Mt I, 173; Bauckham, „Tamar’s Ancestry“, 320 f, die beide davon ausgehen, Josephus bezeuge Ῥαηάβη.  Schnider/Stenger, „Frauen im Stammbaum“, 190 sehen darin im Anschluss an Vögtle, „Genealogie III“, 32 eine Parallele zu Mt 1,16, wo Josef „nicht als Erzeuger genannt, sondern als ‚Mann Marias‘ vorgestellt“ wird; vgl. auch Heil, „Narrative Roles“, 542.

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Mütter des gezeugten Kindes zugeordnet: X aber zeugte Y aus der Z (ἐκ τῆς Z).⁷³ Die ersten drei Frauennamen stehen innerhalb der ersten vierzehn Generationen, für die Rut 4,18 – 22 und 2Chr 2,1– 15 als primäre Bezugstexte gelten,⁷⁴ der vierte zu Beginn der zweiten Vierzehner-Gruppe.⁷⁵ Dabei fällt auf, dass nach der Generation Davids bis Maria keine Frau mehr angeführt ist,⁷⁶ obwohl in der Tradition der Schriften durchaus auch in den folgenden Königslinien Frauennamen bekannt waren.⁷⁷ Zudem fällt auf, dass alle vier Frauennamen Männern zugeordnet werden, die auch schon in Rut 4,12– 22 vorkommen.⁷⁸ In der Regel werden Frauennamen in Genealogien angeführt,⁷⁹ um die Kinder verschiedenen Linien zugehörig auszuweisen, sollten sich diese auf den gleichen Vater, aber unterschiedliche Mütter zurückführen.⁸⁰ Allerdings ließe sich dieser Umstand in Mt 1,2– 17 nur für Tamar und Bathseba geltend machen, da Juda wie David auch Söhne von anderen Frauen hatten.⁸¹ Für die Männer Rahabs und Ruts ist dies hingegen nicht bekannt.⁸² Umso auffälliger ist es, dass in allen vier Fällen keine anderen Frauen genannt werden. Die Nennung der Frauennamen muss hier also einen anderen Zweck erfüllen. Gestützt wird diese Beobachtung durch eine wei-

 Im Unterschied zu 1Chr 1– 9 fällt auf, dass zuerst die Söhne genannt sind und dann erst die Mütter; vgl. auch Weren, „Five Women“, 292.  Vgl. Grundmann, Mt, 61; Zakowitch, „Rahab“, 1; Waetjen, „Genealogy“, 206 – 210; Davies/ Allison, Mt I, 168; Brown, Birth, 59; Frankemölle, Mt I, 141; Luck, Mt, 20; Gundry, Mt, 14; Bauckham, „Tamar’s Ancestry“, 322; Fiedler, Mt, 42; France, Mt, 35; Harrington, Mt, 31; Konradt, Israel, 25, Anm. 47.  Dafür, dass die Frauennamen eine weitere gliedernde Funktion haben (Schema 3 – 7– 3) sprechen sich Schnider/Stenger, „Frauen im Stammbaum“, 190 – 193.196 aus.  Darauf verweist auch Stegemann, „‚Die des Uria‘“, 254. Insofern ist es seltsam, dass Krämer, „Menschwerdung“, 47 schreibt: „Sie alle sind auf eine unerwartete Weise zu Müttern davidischer Nachkommen geworden“ (Hervorhebung C.Z.). Schließlich handelt es sich bei den ersten Drei um Vorfahren Davids.  So z. B. Naama, Mutter Rehabeams in 1Kön 14,21; 2Chr 12,13. Vgl. zu einer Zusammenstellung Stegemann, „‚Die des Uria‘“, 254, Anm. 26.  Vgl. Nolland, Mt, 73.  Vgl. dazu auch Strack/Billerbeck, Mt I, 15; Johnson, Purpose, 153; Mayordomo-Marín, Den Anfang hören, 243 f; Oberforcher, „Jüdische Wurzel“, 15. Außerdem Hieke, Genealogien, 285 – 288, der neben der Funktion der „Differenzierung“ noch zwei weitere benennt, nämlich „Initiative“ und „Eheschließung: endogam vs. exogam“ (285).  Vgl. z. B. Gen 22,20 – 24 (die Söhne Nahors mit Milka und Reuma); Gen 35,22b–26 (die Söhne Jakobs mit Lea, Rahel, Bilha und Silpha); 1Chr 2,3 f (die Söhne Judas mit Bathshua und Tamar).  Vgl. dazu auch Oberforcher, „Jüdische Wurzel“, 15 f.  Hinzu kommt, dass andere segmentäre Elemente des mt Stammbaumes nicht explizit auf verschiedene Mütter zurückgeführt werden, z. B. Mt 1,2: Ἰακὼβ δὲ ἐγέννησεν τὸν Ἰούδαν καὶ τοὺς ἀδελφοὺς αὐτοῦ, die aber im Unterschied zu Gen 35,22b–26 nicht weiter als von verschiedenen Müttern abstammend differenziert werden.

3.2 Die „heidnischen Stammmütter“ – Mt 1,2 – 17

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tere, denn es handelt sich bei den Frauen nicht um die „großen“ Stammmütter Israels: Weder Sarah noch Rebekka oder Lea sind genannt.⁸³ Dementsprechend stellt sich im Folgenden die Frage, ob es ein verbindendes Element zwischen den Frauen gibt.⁸⁴ In der Forschung werden primär drei mögliche Verbindungslinien diskutiert, wobei es sich um eine grobe Sortierung handelt, die im Detail durchaus Varianten aufzeigt: 1) Alle vier Frauen sind Sünderinnen; 2) sie sind durch die besonderen Umstände ihrer jeweiligen Geschichten miteinander verbunden; 3) alle vier Frauen sind „Heidinnen“. Besonders die letzte Deutungsoption ist für die vorliegende Studie von Interesse. Um eine solche Verbindung zu plausibilisieren, müssen die jeweiligen Erzählungen innerhalb der Schriften, in denen die Frauen vorkommen, als Deutungskontexte herangezogen werden: Tamar (Gen 38); Rahab (Jos 2; 6,22– 25); Rut (Rut 1– 4); Bathseba (2Sam 11 f), wobei auffällt, dass zumindest Tamar und Rut bereits in den Schriften direkt aufeinander bezogen werden (vgl. Rut 4,12). Hinzu kommt ihre jeweilige Rezeption in frühjüdischen Schriften.⁸⁵

3.2.1 Sünderinnen Ein verbindender Aspekt, der postuliert wird, lässt sich darin zusammenfassen, dass alle vier Frauen Sünderinnen gewesen seien.⁸⁶ Ihre Aufnahme in den Stammbaum wird dann in der Regel so erklärt, dass daran vorausweisend Jesu erlösendes Handeln an den Sündern (Mt 1,21; 9,2– 8.13; 26,28) deutlich würde. Es gilt also zu prüfen, inwiefern dies auf die vier Frauen zutrifft. Im Fall Tamars lässt  Darin lässt sich eine Parallele zu 1Chr 1– 9 ausmachen, da auch dort Frauennamen in den Genealogien stehen, aber wie Oeming, Israel, 209 feststellt, die „‚großen‘ Frauennamen wie Eva, Sara, Hagar, Rahel, Lea, Bilha oder Silpa fehlen“.  Bewusst gegen die Suche eines verbindenden Elementes spricht sich Heil, „Narrative Roles“, 544 f aus, der besonders auf die Unterschiede zwischen den verschiedenen Frauen verweist.  Diese werden im Folgenden an entsprechenden Punkten der Argumentation angeführt. Zur späteren Rezeption in den rabbinischen Schriften vgl. Johnson, Purpose, 159 – 171; allein für Tamar vgl. Bloch, „Juda“, 382– 389.  Als Sünderinnen deuteten z. B. Ziethe, Leben, 60 f (zumindest für einen Teil der Frauen); Schniewind, Mt, 11; Kittel, „Art. Θαμάρ“, 1– 3; Morris, Mt, 23; indirekt auch Strack/Billerbeck, Mt I, 15. Im Anschluss an Lagrange verweist Bloch, „Juda“, 381 darauf, dass diese Deutung besonders bei den Kirchenvätern seit Hieronymus beliebt gewesen ist; Lagrange, Mt, 1. Auf die frühen Belege bei den Kirchenvätern verweisen Stegemann, „‚Die des Uria‘“, 258, Anm. 42; Davies/Allison, Mt I, 170, Anm. 33; Levine, Dimensions, 63 f; Brown, Birth, 71; MayordomoMarín, Den Anfang hören, 245, Anm. 239. Explizit gegen ein Verständnis als Sünderinnen äußern sich Klostermann, Mt, 2; Stegemann, „‚Die des Uria‘“, 260; Levine, Dimensions, 66; Nolland, „Four Women“, 539.

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sich darauf verweisen, dass sie sich als Prostituierte ausgibt, was zu einer unehelichen Verbindung zwischen ihr und ihrem Schwiegervater führt, aus der die beiden Söhne Perez und Serach hervorgehen (Gen 38). Dagegen spricht jedoch, dass schon innerhalb von Gen 38 Tamar als Juda gegenüber im Recht charakterisiert wird (Juda selbst sagt über Tamar: ‫ צדקה ממני‬/ δεδικαίωται; Gen 38,26).⁸⁷ Auch in 2Chr 2,3 f wird zwar Er als böse (‫רע‬/πονηρός) charakterisiert, aber nicht Tamar.⁸⁸ Zieht man die Rezeption der Erzählung in frühjüdischen Texten hinzu, ergibt sich ein ambivalentes Bild, das aber eine Deutung als Sünderin als nicht selbstverständlich zeichnet: Bei Philo wird Tamar als untadelig und Bild der wahren Tugendhaftigkeit dargestellt (LegAll 3,74; Imm 136 f; Fug 149 – 156, bes. 153; Congr 124– 126; Mut 134– 136; Virt 222).⁸⁹ Etwas anders bewertet hingegen Jub 41, da der Akt der Prostitution dort als „Unreinheit in Israel“ (Jub 41,17) bezeichnet sowie die Bestrafung im „Recht Abrahams“ (Jub 41,28) verankert wird. Gleichwohl wird Tamar am Ende auch hier von ihrer Schuld freigesprochen (Jub 41,19). In TestJud wird Tamar weniger schuldlos gesehen, auch wenn es heißt, dass Juda eine „große Sünde“ (TestJud 14,5)⁹⁰ begangen habe. Doch ist zu beachten, dass die Schuld an der misslungenen Leviratsehe in TestJud Judas Frau und nicht Juda zukommt (TestJud 10,1– 6),⁹¹ wodurch auch Tamars Reaktion in einem anderen Licht erscheint als in Gen 38. Rahab wird in Jos 2,1 ebenfalls als Prostituierte bezeichnet, gemäß Josephus (Ant 5,7) besitzt sie eine Gastwirtschaft (καταγώγιον), was auf einen ähnlichen Kontext hin deutbar ist. Jedoch wird auch sie nicht überall als Sünderin dargestellt. In frühchristlichen Belegen wird sie sogar als gutes Beispiel im Glauben rezipiert (Hebr 11,31; Jak 2,25; 1Klem 12,1.3).⁹² Allerdings bezieht sich dies auf die Zeit nach ihrer Begegnung mit den Israeliten. Während es also bei Tamar und Rahab durchaus Texte gibt, in denen man sie als Sünderinnen dargestellt sehen kann, stellt sich die Argumentation im Fall Ruts schwieriger dar. Wollte man sie als Sünderin verstehen, so ist am ehesten auf die Szene zwischen Boas und Rut auf der Tenne hinzuweisen (Rut 3,1– 18). Dort heißt

 Noch deutlicher wird dies in den Targumim, da dort jeweils eine himmlische Stimme zu hören ist, die das Geschehene auf göttliches Handeln zurückführt und damit legitimiert (TargumPsJon.Neofiti I). Vgl. dazu auch Schaberg, Illegitimacy, 35.  Vgl. so auch Spitta, „Frauen“, 2.  In LAB wird die Prostitution mit der guten Absicht dahinter legitimiert: Tamar wolle lieber „vermischt mit ihrem Schwiegervater“ sterben, als sich „mit Heiden zu vermischen“ (LAB 9,5).  Vgl. ähnlich TestJud 12,8, wo Juda seine Tat als ein Gräuel (βδέλυγμα) bezeichnet.  Siehe besonders TestJud 10,6, wo Juda entlastet wird.  Damit ist sie die einzige der angeführten Frauen, die in den übrigen frühchristlichen Schriften rezipiert wird, vgl. auch Zakowitch, „Rahab“, 1.

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es, dass sie seine Füße aufdeckt (‫ תגל מרגלתיו‬/ ἀπεκάλυψεν τὰ πρὸς ποδῶν αὐτοῦ; Rut 3,7), was auch als Euphemismus für Geschlechtsverkehr gelesen werden kann, da ‫ רגל‬auch die Genitalien bezeichnet.⁹³ Insgesamt ist der Text so doppeldeutig formuliert, dass eine Auslegung im Sinn von vorehelichem Geschlechtsverkehr nicht textfremd erscheint.⁹⁴ Ein Versuch, die Doppeldeutigkeit abzumildern, findet sich bei Josephus, der die Erzählung von Ruts Aufbruch am nächsten Morgen durch „besonders, da nichts geschehen ist“ (μάλιστ᾽ ἐπὶ μὴ γεγονόσι; Josephus, Ant 5,330) ergänzt. Die Sündhaftigkeit Bathsebas müsste an deren Ehebruch mit David festgemacht werden, doch ist auch hier die Schuldzuweisung alles andere als eindeutig, da die Erzählung in 2Sam 11,2– 4 so angelegt ist, dass eindeutig David der Agierende ist. Indem Bathseba in Mt 1,6 nicht namentlich genannt, sondern als „die des Uria“ bezeichnet ist, könnte man sogar eher noch den sündlosen, sich tugendhaft verhaltenden Uria als Gegenbild zu David sehen (vgl. 1Kön 15,5; CD A v,5⁹⁵),⁹⁶ statt Bathseba selbst als Sünderin zu bezeichnen. Daran wird noch ein weiterer Aspekt deutlich: Um Jesu Sendung zu den Sündern darzustellen, wäre die Nennung der vier Frauen nicht zwingend notwendig gewesen, da dieser Aspekt bereits durch einige der Männernamen eingespielt wird, denn es werden nicht nur sündlose Männer genannt (vgl. z. B. David [2Sam 12,7– 13] oder Manasse [2Kön 21,1 f]).⁹⁷ Die vermeintlichen Sünderinnen sind nicht aufgrund dieses Aspektes in der mt Genealogie genannt.⁹⁸

 Vgl. Gesenius, „Art. ‫“רגל‬, 1218.  Vgl. auch Schaberg, Illegitimacy, 38. Weiter bestärkt wird eine solche Lesart durch Naomis Aufforderung an Rut, sich vorher zu baden und zu salben (Rut 3,2). Allerdings liegt darin möglicherweise auch ein Gegenargument dafür, dass Rut Sünderin sei, da sie auf Naomis Geheiß hin handelt und nicht aus eigenem Antrieb. Zudem schreckt Boas in der Nacht auf und wundert sich, warum eine Frau zu seinen Füßen liegt (Rut 3,8), wohingegen er doch einen etwaigen sexuellen Akt hätte bemerken müssen.  In Charlesworth, DSS 2.  Vgl. auch Davies/Allison, Mt I, 174 f; Levine, Dimensions, 85; Heil, „Narrative Roles“, 541; Oberforcher, „Jüdische Wurzel“, 19; Hood, Messiah, 91.  Vgl. auch Davies/Allison, Mt I, 170; Levine, Dimensions, 69; Tisera, Universalism, 45; Gundry, Mt, 15; Nolland, „Four Women“, 537.539; Mayordomo-Marín, Den Anfang hören, 232.246; Hays, „Gospel of Matthew“, 172 f. Heil, „Narrative Roles“, 540 f.545 erkennt die Sündhaftigkeit Bathsebas, um darin zugleich auf David zu verweisen. Ähnlich argumentiert er auch für Tamar, die zwar selbst nicht sündlos sei, mit ihrer Nennung aber auf die Schuld Judas verweise.  Vgl. zu ihren positiven Aspekten, besonders auf der Basis späterer rabbinischer Texte, Johnson, Purpose, 159.

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3 Die matthäische Genealogie

3.2.2 Ungewöhnliche Umstände Ein weiterer Aspekt, der als verbindendes Moment diskutiert wird, bezieht sich auf die Kinder, die aus diesen Verbindungen hervorgegangen sind und stets unter ungewöhnlichen Umständen gezeugt wurden.⁹⁹ Dieser Aspekt ist stellenweise eng mit dem – oben dargestellten – Sexualverhalten und den dahinter stehenden moralischen Vorstellungen verbunden.¹⁰⁰ Schela, der jüngste Bruder von Tamars erstem Mann Er, wird Tamar von Juda als Ehemann vorenthalten (Gen 38,14), nachdem Onan, der zweite Sohn Judas, der mit ihr die Leviratsehe vollzogen hatte, ebenfalls gestorben war (Gen 38,8 – 10).¹⁰¹ So sieht sie sich genötigt, auf andere Weise zu Nachkommen zu kommen. Salomo ist bereits das zweite Kind Davids und Bathsebas, nachdem das erste, das aus dem direkten Ehebruch entstand, sterben musste (2Sam 12,14).¹⁰² Bei den anderen beiden Frauen wird es wiederum schwierig, sie unter diesem Aspekt einzusortieren. Denn Rut zeugt ihren Sohn erst nach der Eheschließung mit Boas und die Verbindung von Rahab mit Salem ist in den Schriften Israels gar nicht erwähnt¹⁰³ und gilt als mt Redaktion. Insofern lassen sich in diesem Zusammenhang keine ungewöhnlichen Zeugungsumstände ausmachen. Allerdings könnte auch hier als unüblich angeführt werden, dass es sich bei Rahab und Salem um die Verbindung mit einer vormals Prostituierten handelt. Demnach wird in der Forschung z.T. versucht, den Aspekt des Außergewöhnlichen nicht auf die Zeugung engzuführen, sondern allgemein von Irregularitäten zu sprechen¹⁰⁴ oder diese zum Beispiel in dem beherzten Eintreten der Frauen für die davidische Linie oder dem Willen zur Zugehörigkeit zum Volk Israel  Vgl. Schnider/Stenger, „Frauen im Stammbaum“, 196; Schaberg, Illegitimacy, 33.  Vgl. z. B. Vögtle, „Genealogie III“, 40; Brown, Birth, 73 f. Dass es sich dabei womöglich um ein Problem moderner Sexualmoral handelt, erwägt France, Mt, 37, da die Frauen in der frühjüdischen Literatur durchweg positiv bewertet wurden. Dazu verweist er auf Johnson, Purpose, bes. 152– 228.  Zur Leviratsehe vgl. Dtn 25,5 – 10.  Vgl. Spitta, „Frauen“, 7; Nolland, Mt, 75: „The mention of ‘the wife of Uriah’ is likely to be intended to evoke these tumultuous disorders [gemeint ist die davidische Thronnachfolge, C.Z.], despite which, true to God’s promise (2 Sa. 7), the succession moves on to Solomon the temple builder.“  Vgl. Johnson, Purpose, 151; Stegemann, „‚Die des Uria‘“, 254; Brown, Birth, 60.71, Anm. 21; Davies/Allison, Mt I, 173; Hagner, Mt I, 11; Tisera, Universalism, 43; Gundry, Mt, 14; Bauckham, „Tamar’s Ancestry“, 314.322; France, Mt, 36. Ebenso Zahn, Mt, 64, der jedoch von einer „jüdischen Sage“ als Grundlage ausgeht.  Vgl. z. B. Stendahl, „Quis et Unde“, 101; Beare, Records of Jesus, 30; Schnackenburg, Mt I, 18; Oberforcher, „Jüdische Wurzel“, 20, der von einer „Strategie der ‚Entautomatisierung der Heilsgeschichte‘“ spricht; Harrington, Mt, 32.

3.2 Die „heidnischen Stammmütter“ – Mt 1,2 – 17

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zu suchen,¹⁰⁵ womit auch Rut und Rahab besser ins Bild passen: Rut hält, im Unterschied zu ihrer Schwester, an ihrer Beziehung zu Naomi fest (Rut 1,15 f) und lässt nichts unversucht, damit Boas sie schließlich heiratet.¹⁰⁶ In LAB 9,5 wird auch Tamars Handeln in diesem Sinn rezipiert.¹⁰⁷ Rahabs barmherziges Handeln gegenüber den israelitischen Kundschaftern spielt eine wichtige Rolle bei der Eroberung des verheißenen Landes und damit für die folgende Geschichte der Israeliten.¹⁰⁸ An diesen Zusammenhängen wird auch Gottes allmächtiges Handeln deutlich: Selbst durch Widrigkeiten hindurch bricht die Linie der Erwählten nicht ab und auch Menschen, von denen dies nicht erwartet würde, werden zu Gottes Werkzeugen.¹⁰⁹ Im Fall Tamars erklärt Philo dieses Eingreifen damit, dass sie von Gottes Samen schwanger wurde (θείων σπερμάτων; Mut 134), und die Attribute, die Juda ihr überlässt, werden Gott zugeordnet.¹¹⁰ Es scheint also, dass mit der Außergewöhnlichkeit der vier Frauen die Außergewöhnlichkeit der Ereignisse um die fünfte Frau des Stammbaumes, Maria (Mt 1,16), vorbereitet wird.¹¹¹ Die Stärke

 Vgl. z. B. Weren, „Five Women“, 303.305.  Weren, „Five Women“, 297 f verweist darauf, dass die direkte Leviratsehe für Rut keine Option ist, da nicht nur ihr Mann Machlon, sondern auch dessen einziger Bruder Kiljon bereits verstorben ist (Rut 1,5). Dass es sich bei der Verbindung Ruts mit Boas dennoch um eine Leviratsehe handelt, vertritt Oberforcher, „Jüdische Wurzel“, 18.  Dort steht die Erzählung von Juda und Tamar nicht im Kontext der Josefserzählung, sondern der Ereignisse aus Ex 1. Tamar wird damit zum Vorbild für alle Frauen, die ihre Schwangerschaft zunächst verbergen. Schon für Gen 38 stellt Westermann, Gen III, 52 fest: „Es ist eigenartig, daß in den Vätergeschichten Auflehnung gegen die bestehende gesellschaftliche Ordnung, wo sie zum Unrecht wird, immer nur von Frauen ausgeht. Und in jedem Fall wird solchem Sich-Wehren recht gegeben“. Zum aktiven Part der Frauen vgl. auch Levine, Dimensions, 81– 88.  Darauf verweist auch Brown, Birth, 73.  Vgl. z. B. Strack/Billerbeck, Mt I, 15; Lagrange, Mt, 4; Stendahl, „Quis et Unde“, 101; Vögtle, „Genealogie III“, 40 f; Jeremias, Jerusalem, 327; Zakowitch, „Rahab“, 1; Schnider/ Stenger, „Frauen im Stammbaum“, 196; Schnackenburg, Mt I, 18; Davies/Allison, Mt I, 170 f; Gnilka, Mt I, 9; Hagner, Mt I, 10; Luck, Mt, 20; Frankemölle, Mt I, 142; Lohmeyer/Schmauch, Mt, 5; Hieke, Genealogien, 292; Söding, „Lehret sie“, 24. Dagegen: Stegemann, „‚Die des Uria‘“, 257. Auch Schaberg, Illegitimacy, 42 deutet den theologischen Aspekt weniger auf Gottes wunderbares Handeln als auf Gottes Gewähren der menschlichen Freiheit: „The references to divine activity are strikingly sparing. […] It will be a story marked by lack of miraculous, divine intervention, a story rather of divine accommodation to human freedom“ (Hervorhebung im Original).  Aufgrund der Kontextualisierung der Erzählung um Tamar durch Ex 1 in LAB 9 wird der Aspekt des eingreifenden Handelns Gottes ebenfalls deutlich.  Vgl. Holtzmann, Evangelien, 171 f; Klostermann, Mt, 2; Schlatter, Evangelist Matthäus, 2 f; Krämer, „Menschwerdung“, 47; Jeremias, Jerusalem, 327; Weren, „Five Women“, 301– 305, der darauf verweist, dass auch Uria und Josef eine parallele Rolle einnehmen, da beide nicht die leiblichen Väter der Kinder sind. Doch ist einzuwenden, dass ein deutlicher Unterschied besteht,

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3 Die matthäische Genealogie

dieser offeneren Interpretation der ungewöhnlichen Umstände liegt darin, dass Maria als fünfte Frau in das Gesamtbild integriert werden kann. Allerdings sind ungewöhnliche Umstände kein Alleinstellungsmerkmal Tamars, Rahabs, Ruts und Bathsebas, da auch die Erzählungen der Erzmütter Israels von solchen geprägt sind (besonders verwiesen sei auf die Schwangerschaft der unfruchtbaren und bereits zu alten Sarah [Gen 18,11– 14] oder auf den Betrug Labans, der zur Hochzeit zwischen Jakob und Lea führte [Gen 29,15 – 30]).

3.2.3 „Heidnische“ Herkunft Im Kontext dieser Studie ist ein weiterer Ansatz von besonderem Interesse: Alle vier Frauen haben gemäß der Tradition keinen israelitischen Ursprung.¹¹² Rahab und Rut sind bereits in den Schriften Israels als Nicht-Israelitinnen gekennzeichnet. Rahab wird zwar nicht ausdrücklich als Kanaanäerin bezeichnet, doch lebt sie im kanaanäischen Jericho (Jos 2) und spricht gegenüber den israelitischen

da Jesus über Josef in die davidische Linie eingeordnet wird, wohingegen Salomo über seinen Erzeuger David und nicht über Uria in die Erblinie eingegliedert wird (1Kön 1,29 – 34); Zakowitch, „Rahab“, 1; Zahn, Mt, 66; Schnackenburg, Mt I, 18; Davies/Allison, Mt I, 171– 173; Brown, Birth, 73 f; Gnilka, Mt I, 9; Lohmeyer/Schmauch, Mt, 5 f; Frankemölle, „Bund“, 345; Söding, „Lehret sie“, 24; Harrington, Mt, 32. Als problematisch wird diese Deutung von Johnson, Purpose, 157 gesehen, da es schwierig sei, „to explain the suitability of four women who were associated with immorality and Gentile ancestry to serve as parallels to the introduction of Mary“. Vgl. weiterhin Gundry, Mt, 15; Schaberg, Illegitimacy, 33.  Diese Deutung findet sich bereits bei Luther, Genesisvorlesung (WA 44,327). In der moderneren Forschung z. B. bei Rothfuchs, Erfüllungszitate, 100; Stegemann, „‚Die des Uria‘“, 260; Schweizer, Mt, 9; Davies/Allison, Mt I, 171; Limbeck, Mt, 23; Gnilka, Mt I, 9; Tisera, Universalism, 44– 46; Gundry, Mt, 14 f; Bauckham, „Tamar’s Ancestry“, 313; Bauer, „Function“, 148 f; Eckstein, „Weisung Jesu Christi“, 385; Lohmeyer/Schmauch, Mt, 5; Frankemölle, „Bund“, 345; Keener, Mt, 78 – 81; Ostmeyer, „Stammbaum des Verheißenen“, 180 f; Jackson, Mercy, 28; Luz, Mt I, 135; Olmstead, Trilogy, 74; Slee, Church in Antioch, 129; Backhaus, „Himmelsherrschaft“, 89 f; Hays, „Gospel of Matthew“, 172 f; Konradt, Mt, 30 f. Von drei „Heiden“ im Stammbaum sprechen Jennings/Liew, „Identities“, 480, wobei sie damit auf Rahab, Rut und Uria rekurrieren sowie Ziethe, Leben, 60, ohne Angabe, welche drei gemeint seien. Als Nebenaspekt versteht die Herkunft der Frauen Frankemölle, Mt I, 142. Dagegen äußert sich Nolland, Mt, 73 – 77, indem dieser den Aspekt des Proselytismus stark macht. Allerdings erwägt er in Nolland, „Four Women“, 539 die Möglichkeit, dass auch der Aspekt der „heidnischen“ Herkunft anklingen könnte; vgl. weiterhin Schaberg, Illegitimacy, 33. Zur Problematik der Deutung der Frauen als „Heidinnen“ in der höchst fraglichen Rezeption unter dem Nationalsozialismus, in der die „heidnische“ Herkunft auch auf Maria und letztlich Jesus ausgeweitet wurde (so z. B. bei Grundmann, Jesus der Galiläer, 196 – 200), vgl. Stegemann, „‚Die des Uria‘“, 267 f; Hood, Messiah, 102 f.

3.2 Die „heidnischen Stammmütter“ – Mt 1,2 – 17

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Kundschaftern von „Jhwh, eurem Gott“ (‫ יהוה אלהיכם‬/ κύριος ὁ θεὸς ὑμῶν; Jos 2,11). Rut ist eine Moabiterin, die in eine israelitische Familie eingeheiratet hat (Rut 1,4). Im Fall beider Frauen wird z.T. die Position vertreten, dass sie zu Proselytinnen werden.¹¹³ Allerdings ist dies für Rahab – zumindest in den vorrabbinischen Traditionen – nicht unumstritten, da sie zum Beispiel einen Platz außerhalb der Lagerordnung Israels erhält (Jos 6,23).¹¹⁴ Schwieriger stellt sich der Fall bei Tamar dar. Stellenweise findet sich in der Literatur unter Verweis auf Gen 38 die Feststellung, dass sie Kanaanäerin sei.¹¹⁵ Doch wird nur die Tochter Shuas/Bat-Shua¹¹⁶, die Frau Judas, mit der er seine ersten drei Söhne zeugt, als solche bezeichnet (Gen 38,2)¹¹⁷, nicht jedoch Tamar. Allerdings erhält Tamar in der frühjüdischen Tradition eine „heidnische“ Herkunft: Laut Philo ist sie eine Frau aus dem syrischen Palästina (Virt 220 – 222), also eine Kanaanäerin,¹¹⁸ die sich trotz ihrer „heidnischen“ Erziehung und Verehrung der Götter (221) dem wahren Glauben an Jhwh zuwendet (221). Damit wird sie das weibliche Pendant zu Abraham und zur vorbildhaften Proselytin.¹¹⁹ Gemäß Jub 41,1 ist Tamar hin-

 Vgl. z. B. Lagrange, Mt, 4; Zakowitch, „Rahab“, 2; Zahn, Mt, 65; Davies/Allison, Mt I, 171; Brown, Birth, 72; Gundry, Mt, 14 f. Dies bezieht sich im Fall Rahabs besonders auf spätere rabbinische Tradition, wo sie als Prototyp einer Proselytin angesehen wird (vgl. Sifre Num § 78 ff). Gemäß bMeg I,xj Fol 14b wurde Rahab zu Josuas Frau. Zudem gibt es eine Diskussion auf der Basis von RuthR 2,1 und Sifre Num § 78, ob daraus nicht zu folgern sei, dass Rahab – nicht zuletzt durch ihre Parallele zu Rut – in den Stamm Juda einheiratete, so Johnson, Purpose, 164 f; Zakowitch, „Rahab“, 3 f. Dagegen jedoch Bauckham, „Tamar’s Ancestry“, 324 f.  Dass es in Jos 6,25 heißt, „sie lebte inmitten Israels“ (‫ בקרב ישראל‬/ ἐν τῷ Ισραηλ), meint in diesem Zusammenhang, dass sie als Fremdling in Israel lebte (vgl. Haarmann, JHWH-Verehrer, 129 f). Gemäß Josephus, Ant 5,30 erhält Rahab von Josua Land als Dank dafür, dass sie die Spione gerettet hat (δωρεῖται δ᾽ αὐτὴν […] ἀγροῖς). Dazu, dass Rahab, im Unterschied zu Rut, zu den sog. Jhwh-Verehrern unter den Völkern zu rechnen ist und damit nicht der typischen Proselytin entspricht, vgl. Haarmann, JHWH-Verehrer, 100 – 130; außerdem Kap. 2.3.7.  So verweist z. B. Tisera, Universalism, 45 auf Gen 38,2.6 mit der Aussage, dass Tamars Herkunft zwar ungeklärt ist, sie aber aus jüdischer Sicht als Fremde gilt.Vgl. auch Gundry, Mt, 14; Oberforcher, „Jüdische Wurzel“, 16. Des Weiteren gehen Davies/Allison, Mt I, 170 und Keener, Mt, 79 davon aus, dass sie wahrscheinlich Kanaanäerin gewesen sei, jedoch ohne Verweis auf eine Quelle.  Es ist nicht eindeutig zu sagen, ob ‫ בת־שוע‬in Gen 38,12 als Eigenname zu verstehen ist. Nicht im Sinne von „Tochter Schuas“ übersetzt die LXX, indem sie von Σαυα ἡ γυνὴ Ιουδα (Gen 38,12) spricht. Siehe auch Gen 38,2, wo im hebräischen Text der Name Schua eindeutig auf den Vater der Frau bezogen ist, wohingegen er in der LXX als Name der Tochter begegnet: ‫ ושמו שוע‬/ ᾗ ὄνομα Σαυα.  Vgl. auch TestJud 8,2 f, wo Bathshua als Tochter von Barsa, dem König von Adullam, vorgestellt ist. Explizit als Kanaanäerin ist sie in TestJud 13,3 bezeichnet.  Vgl. auch Bauckham, „Tamar’s Ancestry“, 320.  Vgl. z. B. Davies/Allison, Mt I, 171; Hagner, Mt I, 10.

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3 Die matthäische Genealogie

gegen eine der Töchter Arams, die von Er gehasst wird, weil dieser lieber eine Kanaanäerin wie seine Mutter geheiratet hätte (Jub 41,2). Damit ist Tamar entweder allgemein Aramäerin¹²⁰ (über die Linie Sem – Aram, Gen 10,22) oder Teil des Stammbaums Terachs (über die Linie Nahor – Kemuel – Aram, Gen 22,21).¹²¹ Dabei ist zu beachten, dass sie nur im ersten Fall als Nicht-Israelitin gelten würde, im zweiten Fall wäre sie Teil der Familie Abrahams, wie auch Rebekka, Lea und Rahel.¹²² TestJud 10,1 f interpretiert Tamar ebenfalls als Tochter Arams aus Mesopotamien. Bathsebas Herkunft ist nicht genau genannt. Sie wird in 2Sam 11,3 als Tochter Eliams¹²³ und Frau Urias, des Hetiters, bezeichnet. Aus Letzterem ließe sich schließen, dass sie selbst möglicherweise auch keine Israelitin gewesen ist. Da sie in Mt 1,5 – wie bereits erwähnt – nicht mit ihrem eigenen Namen, sondern als Frau ihres Mannes bezeichnet wird, lässt sich auch hier fragen, ob der eigentliche Akzent nicht auf Uria selbst liegt. Dann jedoch nicht auf dessen Tugendhaftigkeit, sondern seiner fremden Herkunft, da er eindeutig als Hetiter gekennzeichnet ist (vgl. 2Sam 11,3.6.17; 1Kön 15,5).¹²⁴ Dieser Umstand wird dann wiederum auf

 So z. B. Stegemann, „‚Die des Uria‘“, 260; Davies/Allison, Mt I, 170; Eckstein, „Weisung Jesu Christi“, 385, Anm. 32.  Vgl. ausführlich zu den Überlegungen des doppelten Vorkommens von „Aram“ in Gen 10,22 und 22,21 Bauckham, „Tamar’s Ancestry“, 314– 317. Der Bezug auf Gen 22,1 würde die Kenntnis des hebräischen Textes voraussetzen, da nur in Gen 22,21MT ‫ אבי ארם‬steht, wohingegen Gen 22,21LXX πατέρα Σύρων bezeugt.  Besonders J. Nolland weist darauf hin, dass sie damit keinen anderen ethnischen Hintergrund aufweist als die großen Ahnmütter, vgl. Nolland, Mt, 74, Anm. 24; so auch schon Bauckham, „Tamar’s Ancestry“, 316 – 320, der pointiert formuliert: Tamar mag durchaus in mt Zeit als Heidin angesehen worden sein, „[b]ut Jubilees 41:1 and Testament of Judah 10:1 should no longer be used to support this view“ (320). Vgl. weiterhin Heil, „Narrative Roles“, 539; Konradt, Israel, 290, Anm. 19.  Nur 2Sam 23,34 kennt einen Eliam, den Sohn Ahitofels, der als Giloniter bezeichnet wird. Er gehört zu den 30 heldenhaften Männern Davids. Sollte ein Bezug zum Vater Bathsebas bestehen, hieße dies, dass sie vermutlich gebürtige Israelitin war (so vertreten von Runesson, „Birth“, 312), doch ist eine Identifizierung der beiden Männer keinesfalls sicher zu behaupten. In 1Chr 3,5 wird ihr Vater Amiel genannt. Bathsebas Name ist dort hingegen Bat-Schua (‫בת־שוע בת־עמיאל‬, allerdings Βηρσαβεε θυγατρὶ Αμιηλ in 1Chr 3,5LXX), womit sie laut hebräischem Text den gleichen Namen hat wie die kanaanäische Frau Judas in der späteren Rezeption in TestJud.  So bereits Seeberg, „Herkunft“, 17. Dass Matthäus überhaupt nicht auf Bathseba, die über ihren Mann definiert wird, sondern auf Uria als eigentlich gemeinte Vergleichsperson verweist, wird von Hood, Messiah, 119 – 138 vertreten.Vgl. auch Fiedler, Mt, 41, der dies jedoch nicht weiter ausführt.

3.2 Die „heidnischen Stammmütter“ – Mt 1,2 – 17

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Bathseba gedeutet, die damit als „die des Uria“ ebenfalls als „Heidin“ charakterisiert ist.¹²⁵ Es zeigt sich also, dass es über die Texte der Schriften Israels hinaus durchaus frühjüdische Traditionen gibt, die die vier genannten Frauen als Nicht-Israelitinnen zeichnen. Damit bleibt nicht nur eine Moabiterin (Rut), die sich zwar zu Jhwh bekennt und Israel zu ihrem Volk erklärt, aber dennoch nicht genealogisch aus Israel stammt, Stammmutter des israelitischen Königs Davids (wie schon in Rut 4,18 – 22).Vielmehr erhält David gleich drei „heidnische“ Ahnmütter und führt seine Linie selbst mit einer Nicht-Israelitin weiter. Der Davidsohn Jesus steht folglich – mit vier „heidnischen“ Ahnmüttern – ebenfalls in dieser Familientradition. Interessant ist, dass danach keine weiteren Frauen mehr im Stammbaum auftauchen,¹²⁶ bis Maria Jesus zur Welt bringt. Besonders unter Berücksichtigung der frühjüdischen Rezeption der Schriften Israels überzeugt eine Deutung der Frauen als Nicht-Israelitinnen als verbindendes Element.¹²⁷ Insofern wird in den eigentlich israelzentrierten Stammbaum ein für Matthäus wichtiger Gegenpol eingeführt: Einerseits wird die davidischisraelitische Linie, ausgehend vom Stammvater Abraham,¹²⁸ über die väterliche Linie geführt, andererseits wird über die mütterliche Linie immer wieder eine Öffnung deutlich gemacht, die über Israel hinausreicht.¹²⁹ Im Stammbaum wird

 So Stegemann, „‚Die des Uria‘“, 262; Zakowitch, „Rahab“, 2 f; Schweizer, Mt, 9; Davies/ Allison, Mt I, 174; Gundry, Mt, 15; Oberforcher, „Jüdische Wurzel“, 19; Konradt, Israel, 290 f; anders hingegen Hood, Messiah, 107 f, der davon ausgeht, dass die Heirat mit Uria keinen Einfluss auf die ethnische Zugehörigkeit Bathsebas hat.  Entsprechende Überlegungen gibt es zu der Ammoniterin Naama, die gemäß 1Kön 14,21 die Mutter Rehabeams des Sohnes Salomos war, der auch in der mt Genealogie (Mt 1,7) die Linie fortführt. Warum wird sie nicht neben Salomo erwähnt? Das Argument von Ostmeyer, „Stammbaum des Verheißenen“, 181, dass sie nicht aufgenommen wird, weil „das Fremdlingsmotiv“ nur in der ersten Vierzehner-Reihe des Stammbaumes dargestellt würde, sie als Mutter Rehabeams aber in der zweiten stünde, überzeugt nicht, da auch „die des Uria“ im zweiten Teil steht. Aber auch, dass Matthäus seinen Stammbaum nicht mit dem Material der Schriften verglichen hätte, wie Stegemann, „‚Die des Uria‘“, 263 f argumentiert, ist ob der enormen Schriftenkenntnis von Matthäus nicht wahrscheinlich. Überzeugender ist das Argument von Konradt, Israel, 291, Anm. 24, der auf die Einstellung zum Gott Israels hinweist.Während viele ausländische Frauen am Königshof ihre eigenen Götter verehren und sich auch Salomo z.T. von Jhwh abwendet (1Kön 11,4– 6), stehen die drei genannten ausländischen Frauen Tamar, Rahab und Rut spätestens seit der frühjüdischen Auslegung alle in einer positiven Beziehung zu Jhwh.  Maria wäre dann hingegen nicht mit den anderen vier Frauen verbunden. Anders z. B. Seeberg, „Herkunft“, 17.  Vgl. dazu Kap. 4.1.  Als Gegenstimme gegen die These, dass die „heidnische“ Herkunft das primäre Argument für die Einfügung der Frauen in den Stammbaum ist, vgl. Brown, Birth, 73. Dies begründet er

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3 Die matthäische Genealogie

deutlich, dass die Heilsgeschichte Israels nicht hermetisch nach außen abgeriegelt und allein auf Israel bezogen ist. Damit bricht Matthäus nicht mit den Schriften Israels, sondern findet seine Position gerade in ihnen begründet. Zudem passt diese Deutung gut zum Gesamtkontext des Evangeliums: Matthäus lässt die universale Sendung in Mt 28,19 f nicht aus dem Nichts ergehen, sondern verweist auch schon vorher immer wieder auf Formen der Partizipation der Völker am Heil.¹³⁰ Die Frauen mit ihren individuellen Geschichten, wie sie in den Schriften und der frühjüdischen Tradition bezeugt werden, reihen sich in dieses Bild ein. Des Weiteren grenzt sich Matthäus durch die Aufnahme Tamars, Rahabs, Ruts und Bathsebas deutlich von jenen Traditionen ab, die gegen Mischehen vorgehen (Esra 10,2 f; Dtn 23¹³¹).¹³² Vor diesem Hintergrund lässt sich überlegen, ob durch die Einfügung nicht nur von Ruts Namen, sondern auch des Stammbaumes (Rut 4,18 – 22), wie er durch die Toledot-Formel in Rut 4,18 eingeleitet ist, nicht auch eine indirekte Aufnahme der Theologie des Rutbuches erfolgt, da dieses die Möglichkeit der Heirat mit Nicht-Israelitinnen positiv rezipiert. Dies wiederum lässt auch die Überlegung zu, ob daran nicht ein wesentlicher Aspekt der mt Ekklesiologie deutlich wird.¹³³ Die Frage nach der Aufnahme von „Heiden“, die in der mt Gemeinde – mit einiger Sicherheit – aktuell gewesen ist, ist keine neue, sondern die Schriften geben bereits (durchaus kontroverse) Antworten darauf. Matthäus schließt sich einer der Antwortmöglichkeiten an: Bereits von Anfang an werden „Heiden“ sogar in die königliche Linie Davids inkludiert. Zusammenfassend lässt sich zur Deutung der vier Frauen im Stammbaum Jesu also sagen, dass eine Deutung als „Heidinnen“ besonders auf Basis der frühjüdischen Rezeption überzeugt. Für die mt Schriftenrezeption zeigt sich daran, dass es nicht reicht, die mt Auslegung an den Schriften selbst zu messen, sondern dass Matthäus auch durch die ihm zeitgenössische Interpretationen der Schriften geprägt ist. In Bezug auf die vier Frauen bedeutet die Präferenz des „heidnischen“ Aspektes kein Ausspielen dessen gegen die anderen angeführten

damit, dass sie zur Vorbereitung auf Maria dienen, „and yet Mary was not a foreigner“. Später erkennt er aber dennoch die Möglichkeit, dass darin die messianische Aufgabe zu erkennen ist, das Heil zu den Völkern zu bringen (74).  Darauf verweisen auch Zahn, Mt, 64; Backhaus, „Himmelsherrschaft“, 89 f; Hays, „Gospel of Matthew“, 172 f.  Dtn 23,4 wendet sich explizit gegen Moabiterinnen und deren Nachkommen bis in die zehnte Generation innerhalb der Versammlung des Herrn, sodass die Aufnahme Ruts in den Stammbaum in diesem Zusammenhang besonders bemerkenswert ist.  Vgl. Kap. 2.1.1.  Vgl. auch Limbeck, Mt, 23; Konradt, Israel, 291.

3.3 Zwischenfazit

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Aspekte.¹³⁴ Zwar konnte die Annahme, die vier seien Sünderinnen, als kaum plausibel dargestellt werden. Doch ist nicht ausgeschlossen, dass neben dem gemeinsamen Aspekt ihrer Abstammung auch zu berücksichtigen ist, dass sie durch ihren unermüdlichen Einsatz innerhalb der Geschichte Gottes mit seinem Volk als Vorbilder dienen können, wie es ähnlich auch für eine weitere „heidnische“ Frau innerhalb der mt Erzählung gilt (vgl. Mt 15,21– 28).¹³⁵

3.3 Zwischenfazit Bezüglich der Rezeption der verschiedenen Schriften ist gleich zu Beginn des Evangeliums mit der Wendung βίβλος γενέσεως (Mt 1,1) ein klares Signal gesetzt, das die Schriften Israels programmatisch als Referenzrahmen und Deutungsraum der folgenden Darstellung „Jesu Christi, des Sohns Davids, des Sohns Abrahams“ eröffnet. Indem die ersten Worte unmittelbar den Schriften selbst entstammen, erhalten diese einen hohen Stellenwert. Es lässt sich weiterhin zeigen, dass die Bezüge in die Schriften nicht allein über Zitate verlaufen, sondern bereits mit der Nennung einzelner Namen (wie zum Beispiel der Frauen im Stammbaum Jesu) ganze Erzählzusammenhänge evoziert werden. Zudem wird deutlich, dass die Darstellung der Erzählung, wie sie in den Schriften selbst geboten wird, nicht immer (allein) ausschlaggebend ist, sondern auch deren Rezeption im frühen Judentum zur Deutung des mt Textes herangezogen werden muss. Dabei werden die Schriften hier als legitimierend angeführt. Durch sie wird die grundlegende Stoßrichtung der folgenden Erzählung mit Blick auf das Heil für die Völker deutlich. Indem βίβλος γενέσεως auf die Anfänge der Schöpfungs- und Menschheitsgeschichte verweist (Gen 2,4; 5,1),¹³⁶ eröffnen die ersten Worte des Evangeliums einen Horizont, der in der Erzähllogik der Schriften auf einen Zeitpunkt vor der

 So auch Hieke, Genealogien, 291. Dafür plädiert auch Mayordomo-Marín, Den Anfang hören, 250, indem er sagt: Die Frauennamen „sind insgesamt Leerstellen, die die narrative Phantasie und mnemische Kompetenz der Hörer/innen unterschiedlich aktivieren. […] Alle genannten Aspekte spielen im weiteren Verlauf der Matthäusgeschichte eine mehr oder minder wichtige Rolle (providentielle Erfüllung der Pläne Gottes in Jesus, Israels Sünde und Erlösung davon, Aufnahme von Heiden/innen in das Volk Gottes). Nur ist es m. E. nicht statthaft, hier bereits die gesamte matthäische Theologie herauslesen zu wollen“. Es stellt sich dabei jedoch die Frage, ob nicht davon auszugehen ist, dass in der mt Gemeinde diese Traditionen um die vier Frauen bereits vor der Verschriftlichung des Mt bekannt waren, sodass die Leerstellen nicht erst im Verlauf der Lektüre des Evangeliums, sondern unmittelbar gefüllt werden konnten.  Vgl. dazu ausführlicher Kap. 6.1.  Vgl. Kap. 3.1.

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3 Die matthäische Genealogie

Unterscheidung zwischen den Völkern und Israel zurückgeht, sodass sich Partizipation am Heil in oder außerhalb Israels zunächst als falsche Alternative darstellt. Matthäus wählt zur Eröffnung seines Evangeliums gerade die Formulierung aus den Genealogien, die sich auf die Menschheitsgeschichte bezieht. Erst im folgenden Verlauf der Erwählungsgeschichte, die Matthäus in Form der Genealogie Jesu (Mt 1,2– 17) einführt, wird eine Zuspitzung auf Israel deutlich. Diese verläuft jedoch ebenfalls nicht exklusiv, sodass die Partizipation der Völker am Heil selbst in der – über David zugespitzten – Erwählungsgeschichte Israels ihren Platz hat. Hervorgehoben wird dieser Zusammenhang durch die Einschreibung der „heidnischen“ Frauen in die Darstellung des Stammbaumes Jesu. Einerseits zeigt sich daran, dass eine Partizipation am Heil auch Menschen aus den Völkern möglich ist, ohne dass diese genealogisch von Israel abstammen. Zugleich wird andererseits „die universale Dimension des Heils von Matthäus damit in gewisser Weise in seinem Israelbegriff verankert“¹³⁷, indem die vier Frauen Teil der königlichen Linie in Israel werden. Somit sind bereits von Anbeginn der Schöpfung die Völker im Blick, und durch die Existenz von „heidnischen“ Frauen im Stammbaum des jüdischen Messias wird deutlich, dass sie auch in der Erwählung Israels nicht aus dem Blick geraten.¹³⁸ Damit ist eine inclusio zum Ende des Evangeliums hergestellt, die genau diesen Zusammenhang verdeutlicht und die gesamte Erzählung zwischen dieser Grundlage (Mt 1) und der Offenbarwerdung und endgültigen Durchsetzung des Heils für alle Völker (Mt 28) aufspannt. Die Partizipation der Völker am Heil ist folglich keine Reaktion Gottes auf Israels Umgang mit Jesus, sondern schon immer intendierter Teil der Heilsgeschichte. Dies wird auch in der weiteren Darstellung durch verschiedene Aspekte der Partizipation weiter beleuchtet, die proleptisch in der mt Narration schon vor Mt 28 immer wieder eingestreut werden.

 Konradt, Mt, 291 f.  Ähnlich Keener, Mt, 80: „Matthew thus declares that the Gentiles were never an afterthought in God’s plan, but had been part of his work in history from the beginning.“

4 Segen und Abrahamkindschaft – Partizipation der Völker am Heil? Die Völker werden bereits in den Schriften durch den Patriarchen Abraham genealogisch zu Israel in Beziehung gesetzt: Abraham ist nicht nur Stammvater Israels, sondern auch Vater vieler Völker (‫ אב־המון גוים‬/ πατέρα πολλῶν ἐθνῶν; Gen 17,5). Außerdem werden (Nachbar‐)Völker über die Genealogien Ismaels sowie der Söhne Keturas mit Abraham verbunden und eine Generation später auch die Söhne Esaus (Gen 25,1– 4.12 – 17; 36). Dass die Vorstellung der Abrahamkindschaft hingegen auch partikularistisch aufgefasst werden kann, wird einerseits an der starken Betonung der Linie Abraham – Isaak – Jakob/Israel deutlich und andererseits an Texten wie Jes 41,8 (vgl. auch Jes 51,1 f). Eine weitere Verbindungslinie zwischen Abraham und den Völkern zieht sich über die Segensverheißung Gottes an Abraham, wodurch indirekt auch an die Völker eine Heilsverheißung ergeht (Gen 12,3; 18,18; 22,18; 26,4).¹ Und ich [Gott] werde segnen (‫ונברכו‬/ἐνευλογηθήσονται)², die dich [Abraham] segnen, und wer dir flucht, den werde ich verfluchen. Und in dir sollen gesegnet werden (‫ ונברכו בך‬/ ἐνευλογηθήσονται ἐν σοί) alle Geschlechter der Erde (‫ משפחת האדמה‬/ πᾶσαι αἱ φυλαὶ τῆς γῆς).³ (Gen 12,3)

In den frühjüdischen Texten, in denen Abraham zu einer Identifikationsfigur verschiedenster frühjüdischer Gruppierungen wird, differenzieren sich die Aspekte, die mit Abraham verknüpft werden, gegenüber den Überlieferungen der Schriften aus.⁴ Im Rahmen der Völkerperspektive findet sich weiterhin die Vor Vgl. zum Segen für die Völker in den Schriften Israels Kap. 2.3.3.  Zur Diskussion der hebräischen Verbform und ihrer verschiedenen Implikationen vgl. ebenfalls Kap. 2.3.3.  Noch deutlicher wird die Fremdvölkerperspektive in den weiteren Segensstellen (Gen 18,18; 22,18; 26,4), da dort nicht von Geschlechtern/Stämmen, sondern von „allen Völkern der Erde“ (‫כל‬ ‫ גויי הארץ‬/ πάντα τὰ ἔθνη τῆς γῆς) die Rede ist.  Eine systematisierende Darstellung des reichhaltigen Textmaterials der Schriften Israels und des Frühjudentums findet sich bei Mühling, Blickt auf Abraham. Sie stellt zehn Kategorien auf, die in der Abrahamrezeption wichtig wurden: (1) Abraham und seine Distanzierung vom „Götzendienst“; (2) Abraham und die Erkenntnis des wahren Gottes; (3) Abraham als Gelehrter und Philosoph; (4) Abraham als Paradigma des Glaubens; (5) Abraham als der Stammvater Israels; (6) Abraham als der Stammvater vieler Völker; (7) Abraham als autochthone oder allochthone Gestalt; (8) Abraham als Kriegsheld und „königliche“ Gestalt; (9) Abraham als Prophet und „Freund Gottes“; (10) Abraham und das Gesetz.Vgl. als weitere Zusammenstellung des Materials Sandmel, Philo’s Place, 30 – 95: Er bietet zuerst einen kurzen Überblick über die Nennung Abrahams in den https://doi.org/10.1515/9783110594287-005

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4 Segen und Abrahamkindschaft – Partizipation der Völker am Heil?

stellung des Segens in/durch Abraham (Sir 44,21; Jub 12,23; 18,16; 24,11; LAB 7,4)⁵ sowie der Abrahamkindschaft (Jub 15,7; Sir 44,19). Hinzu kommt besonders die Vorstellung von Abraham als erstem Konvertit (vgl. ApkAbr 1– 8; Jub 11,16 f; 12,1– 21;⁶ 23,5; Philo Abr 68 – 84; Virt 211– 219, bes. 216; Josephus, Ant 1,155 – 157; PseudEupolHist Frg 1; evtl. auch LAB 6,1– 7,4, obwohl Abraham dort nicht als einziger Gottesfürchtiger genannt wird [LAB 6,3]). Bezüglich der Abrahamkindschaft lässt sich für die frühjüdischen Schriften Folgendes festhalten: In Ant 1,220 f nimmt Josephus auf die Söhne Ismaels (Gen 25,12– 16) und in Ant 1,238 – 241 auf die Söhne Abrahams aus seiner Verbindung mit Ketura (Gen 25,1– 6) Bezug und schafft so eine genealogische Verbindung mit Abraham für einen Großteil der damals bekannten Welt: die Nabatäer und Araber werden auf Ismael zurückgeführt; die Söhne der Ketura werden mit arabischen Gebieten um das rote Meer, Assyrien sowie Libyen und sogar ganz Afrika in Verbindung gebracht. Die Verwandtschaft mit Abraham geht in manchen (frühjüdischen) Schriften so weit, dass selbst Griechen (Spartaner) auf Abraham zurückgeführt werden (vgl. 1Makk 12,21; ebenfalls auf die Verwandtschaft verweisend, jedoch ohne Nennung Abrahams, PsSal 5,9). Gemäß Kleodemus Malchus, den Alexandros Polyhistor zitiert, heiratet Herakles die Tochter von Aphras, dem Sohn Abrahams mit Ketura, mit der er einen Sohn zeugt (überliefert in Josephus, Ant 1,240 f).⁷ „Unabhängig von der historischen Faktizität spricht dies dafür, dass mit Hilfe von Abraham nicht nur eigene Identitätsansprüche gestellt werden konnten, sondern dass diese auch von der Umwelt akzeptiert worden sein könnten oder zumindest von Seiten des Judentums als von der

Schriften (ohne Gen 12– 25), gefolgt von einer knappen Darstellung der Vielfalt der Abrahamrezeption anhand kurzer Anspielungen auf den Patriarchen in verschiedenen frühjüdischen Schriften. Darauf folgen längere Darstellungen, die nach Schriften geordnet sind: Jub; LAB; TestAbr; Fragmente griechisch-jüdischer Schreiber; 4Makk; Josephus. Den Abschluss bildet eine Analyse des rabbinischen Materials. Zu Abraham in den Texten aus Qumran vgl. Evans, „Abraham“, 149 – 158. Eine Zusammenstellung der neutestamentlichen Rede von Abraham mit einem kurzen Exkurs zu „jüdischer Abrahamtradition“ bietet Wieser, Abrahamvorstellungen. Zum neutestamentlichen Abrahambild bis zur Rezeption bei Justin dem Märtyrer vgl. Siker, Disinheriting.  Eine Anspielung auf Gen 12,3 liegt wohl auch in TestLev 4,6 vor, jedoch ohne einen Bezug auf Abraham.  In Jub 12,6 – 7a wird beschrieben, dass auch Abrams Vater Terach, wie Abram – die Umbenennung in Abraham erfolgt erst in Jub 15,7 –, zu der Erkenntnis gelangt, dass die Götzen nur Menschenwerk seien. Doch im Unterschied zu Abram zieht er keine Konsequenz, aus Angst vor der Reaktion des Volks.  Vgl. dazu ausführlich Mayer, „Aspekte“, 121– 123. Außerdem Hengel, Judentum und Hellenismus, 552.

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Umwelt akzeptierbar aufgefasst worden sind.“⁸ In Jub 15,30 hingegen wird explizit für die Abgrenzung von den anderen Abrahamkindern argumentiert. Die Kinder und Brüder Ismaels sowie Esau werden, obwohl sie Kinder Abrahams sind, von Gott nicht erwählt, da Gott sie kannte. An dieser Ablehnung der Segensteilhabe der anderen Abrahamskinder zeigt sich deutlich eine abgrenzende Haltung des Jubiläenbuches gegenüber jenen Strömungen, die über die Argumentation mit Abraham an andere Völker anzuknüpfen versuchen. Auch in frühchristlichen Texten wird Abraham rezipiert, wobei der Darstellung von Abrahams Glaubensgerechtigkeit (Gal 3; Röm 4; Jak 2,23; Hebr 11) sowie der Bezeichnung Abrahams als Vater (der Christen) besonderes Gewicht zufallen (Röm 4,1 [᾿Aβραὰμ τὸν προπάτορα ἡμῶν]; Röm 4,11 f.16 – 18 [πατὴρ πάντων ἡμῶν, V. 16]⁹; Gal 3,29 [τοῦ ᾿Aβραὰμ σπέρμα]; Jak 2,21 [᾿Aβραὰμ ὁ πατὴρ ἡμῶν]; Hebr 2,16 [σπέρματος ᾿Aβραάμ]). In diesen Texten wird ebenfalls auf die Segensverheißung (Gal 3,8.14) oder allgemein auf die Verheißungen an Abraham (Hebr 6,13) Bezug genommen.¹⁰ Die Konversion Abrahams vom Polytheisten zum Jhwh-Verehrer und radikalen Monotheisten, wie sie in den frühjüdischen Texten mehrfach vorkommt, findet sich hingegen nicht. Von diesem Befund aus stellt sich auch für das Mt die Frage, inwiefern die Gestalt Abrahams, auf die an mehreren Stellen im Text rekurriert wird (Mt 1,1.2.17; 3,9; 8,11; 22,32),¹¹ in diesen Zusammenhängen mit der Völkerperspektive verknüpft ist. Dazu soll zunächst die christologische Aussage in Mt 1,1 (sowie Mt 1,2.17) in den Blick genommen und auf ihre universalen Aspekte hin befragt werden (4.1). Von der dreifachen Einbindung Abrahams in den Stammbaum Jesu her gilt es dann zu untersuchen, inwiefern die Berufung auf die Abrahamkindschaft in Mt 3,9 aus Sicht von Johannes dem Täufer verfehlt ist und inwiefern damit ebenfalls eine Partizipation für Menschen aus den Völkern möglich wird (4.2). In einem dritten Schritt ist nach der eschatologischen Dimension des Rekurses auf Abraham anhand von Mt 8,11 f im Kontext des Heils für die Völker zu fragen (4.3).

 Mühling, Blickt auf Abraham, 357. Zu Sir 44, wo Abraham als Vater vieler Nationen bezeichnet wird, vgl. z. B. Flury-Schölch, Abrahams Segen, 180 – 185.  In V. 17 wird die Verheißung aus Gen 17,5 (Vater von vielen Völkern zu sein) zitiert.  In 1Petr 3,6 ist nur indirekt von Abrahamkindschaft die Rede, indem die Adressaten des Briefs als jene angesprochen werden, die Kinder Sarahs wurden (ἧς [=Σάρρα] ἐγενήθητε τέκνα).  Bei Markus finden sich keine Belege für ᾿Aβραάμ, bei Lukas hingegen mit elf Belegen die meisten (Lk 1,55.73; 3,8.34; 13,28; 16,23 – 30).

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4.1 Jesus, der Sohn Abrahams – Mt 1,1.2.17 Die universale Komponente, die in der programmatischen Einleitung βίβλος γενέσεως anklingt, wurde bereits herausgearbeitet.¹² Programmatisch ist darüber hinaus die in Mt 1,1 folgende Charakterisierung Jesu als Davidsohn (υἱὸς Δαυíδ) und Abrahamsohn (υἱὸς ᾿Aβραάμ),¹³ denn damit wird er als der Sohn zweier Personen dargestellt, an die in den Schriften prominente Verheißungen ergehen:¹⁴ An Abraham die Landesverheißung sowie die Segens- und Mehrungsverheißung (Gen 12,1– 3), an David die Verheißung des Fortbestandes der davidischen Dynastie (2Sam 7,5 – 16). Eine Zusammenstellung dieser Verheißungen findet sich nicht erst im Mt, sondern bereits in den Schriften und frühjüdischen Traditionen (vgl. z. B. Ps 72,17;¹⁵ Jer 33,26;¹⁶ TestLev 8,14 f[?]¹⁷).¹⁸ Bevor Rückschlüsse auf die Soteriologie gezogen werden können, gilt es zunächst die Implikationen zu klären, auf die durch die Rückbindung der Christologie an David und Abraham Bezug genommen wird.

 Vgl. Kap. 3.1.  Tatum, „Origin“, 525 spricht von Ehrentiteln.  Auch Gnilka, Mt I, 7 weist darauf hin, dass gerade in der Zusammenstellung von David und Abraham zwei Persönlichkeiten genannt sind, an die heilsgeschichtlich relevante Verheißungen ergehen (Gen 12,3par; 2Sam 7,12– 16par). Anders hingegen Schenk, Sprache des Matthäus, 298, der in der Davids- und Abrahamsohnschaft in Mt 1,1 primär den Anschluss zur folgenden Genealogie sieht.  In Ps 72 sind beide nur über ihre jeweiligen Verheißungen, jedoch nicht namentlich miteinander verknüpft. In V. 17 wird eine Formulierung auf den königlichen Davididen bezogen, die der Verheißung an Abraham in Gen 18,18 sehr ähnlich ist: ‫( ויתברכו בו כל־גוים‬Ps 72,17). Diesen Zusammenhang macht z. B. Olmstead, Trilogy, 74 stark.  Hier stehen beide Namen zusammen, jedoch wird auf die Verheißungen an Abraham nur implizit eingegangen, insofern er der Stammvater des Volkes ist, über das stets ein Sohn Davids herrschen soll. Die Gültigkeit des Bundes mit David wird dagegen explizit bestätigt.  In TestLev 8,14 f ist die Rede von einem König aus Juda (βασιλεὺς ἐκ τοῦ Ἰουδά) und dem Samen Abrahams, der als Vater bezeichnet wird (σπέρματος ᾿Aβραάμ πατρός ἡμῶν), dessen Nachfahre zum neuen Priester für die Völker, gemäß der Art der Völker, werden soll (ἱερατείαν νέαν κατὰ τὸν τύπνῶν τῶν ἐθνῶν εἰς πάντα τὰ ἔθνη). Als christlicher Text wird TestLev 8,14 f von Hollander/Jonge, TestXII, 154 eingestuft. Gegen eine christliche Interpolation vgl. Kee, „TestXII“, 777. Als wichtiger Referenztext für Mt 1,1 wird TestLev 8,14 f von Talbert, Mt, 31 bezeichnet, vgl. auch Argyle, Mt, 25; Davies/Allison, Mt I, 158; Gundry, Mt, 13.  Eine Zusammenstellung narratologisch ausgestalteter und theologischer Parallelen zwischen Abraham und David in den Schriften Israels findet sich bei Dietrich, „David-Abraham-Typologie“, 41– 55.

4.1 Jesus, der Sohn Abrahams – Mt 1,1.2.17

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In der Auslegung besteht recht große Einigkeit darüber, dass durch Jesu Davidsohnschaft dessen messianisches Königtum eingespielt wird,¹⁹ wobei besonders auf Jesu Heilungstätigkeit²⁰ verwiesen, aber zum Beispiel auch 2Sam 7,5 – 16²¹ (1Chr 17,7– 14) als wichtiger Bezugstext²² angesehen wird.²³ Als davidischer Messias ist Jesus in seiner irdischen Sendung jedoch „nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israels“ gesandt (Mt 15,24).²⁴ Mit der Bezeichnung Jesu als Sohn Abrahams liegt eine weitere grundlegende christologische Aussage vor, die für die Frage nach dem Heil der Völker besonders relevant ist. Allerdings sind die Implikationen, die durch υἱὸς ᾿Aβραάμ gegeben sind, weniger eindeutig als die der Davidsohnschaft. Dies hängt zum einen an der konkreten inhaltlichen Füllung, die durch die oben skizzierte Pluralität der Abrahamrezeption und der damit einhergehenden Anreicherung des Materials zu dessen Person und Inanspruchnahme von Seiten verschiedener Gruppierungen im Frühjudentum erschwert ist. Zum anderen liegt es an der Seltenheit des Ausdrucks, der sich in keiner anderen frühchristlichen Schrift²⁵ für Jesus findet. Auch

 So Krentz, „Matthew’s Prologue“, 211.214; Kingsbury, Structure, 100; Tatum, „Origin“, 523 – 535; Dietrich, „David-Abraham-Typologie“, 55; Kvalbein, „Matthew“, 57; Huizenga, „Son of Abraham“, 113; Klaiber, Mt I, 21; Rölver, „Blick des Begeisterten“, 115; Schreiber, Anfänge der Christologie, 167.  Eine Zusammenstellung möglicher Bezüge in die Schriften zu diesem Aspekt, besonders über den Vergleich Jesu mit Salomo als dem Sohn Davids, und deren Verortung in der mt Theologie findet sich z. B. bei Harrington, „Jesus“, 191– 194.Vgl. weiterhin Senior, Mt, 34; Konradt, Mt, 7.  Vgl. Schmid, Mt, 35; Wieser, Abrahamvorstellungen, 97; Gnilka, Mt I, 7; Gundry, Mt, 13; LaGrand, Mission, 172; Bruner, Mt I, 5 f; France, Mt, 35; Klaiber, Mt I, 21. Schreiber, Anfänge der Christologie, 167. Zu verweisen ist auch auf Jes 11; Ez 34 u. ö. sowie die frühjüdische Rezeption des davidischen Herrschers z. B. in 4Q161 8 – 10 (DJD 5); 4Q174 3 – 11 (DJD 5); 4Q252 V frg. 6 (DJD 22); 4Q285 frg. 7 (DJD 36); PsSal 17,21 sowie 4Esra 12,32.  Hieke, „Biblos geneseos“, 645 verweist darauf, dass die Davidsohnschaft nicht allein Jesu messianische Implikationen betont, sondern damit auch „an die letzte Genealogie nach dem Toledot-System nahtlos angeschlossen wird“. Dazu führt er weiter aus, dass die letzte Toledot der Genesis (die Toledot Jakobs, Gen 37,2) über Juda und Perez führt (Gen 38,29; 46,12) und in Rut 4,18 wieder aufgenommen wird, um mit David zu enden (Rut 4,22). Dabei ist jedoch zu beachten, dass in Gen 46 nicht die Söhne Judas, sondern die Söhne Josefs den Abschluss der Darstellung bilden und auch David zwar in der Überschrift Mt 1,1, aber nicht in der eigentlichen Geneaologie (Mt 1,2– 17) den Anknüpfungspunkt darstellt, sondern Abraham.  Ausführlich zur Davidsohnschaft vgl. exemplarisch Burger, Jesus als Davidssohn, 72– 106; Kingsbury, Structure, 99 – 103; Kingsbury, „Son of David“, 591– 602; Duling, „Son of David“, 392– 409; Paffenroth, „Jesus as Anointed“, 547– 554; Novakovic, Messiah, zu Mt 1,1 bes. 45; Kelly, „Messiah“, 17– 28; Konradt, Israel, 18 – 52.  Zur Auslegung von Mt 15,21– 28 vgl. Kap. 6.1.  Als möglicherweise einzige Ausnahme kann TestLev 8,14 f angesehen werden, vgl. Kap. 4.1, Anm. 17.

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4 Segen und Abrahamkindschaft – Partizipation der Völker am Heil?

innerhalb des Mt werden Abraham und Jesus an keiner anderen Stelle direkt miteinander verbunden.²⁶ Selbst in den Schriften Israels werden nur wenige „Sohn Abrahams“ genannt: Ismael zweimal (Gen 25,12; 28,9) und Isaak einmal (Gen 25,19). Erst recht ist es – im Unterschied zu υἱός Δαυίδ – kein messianischer Titel.²⁷ Hinzu kommt, dass jeder Israelit oder Jude als Sohn Abrahams bezeichnet werden könnte.²⁸ Letztlich ließe sich sogar argumentieren, dass die Abrahamkindschaft für einen Davididen gar nicht erwähnt werden müsse, da der Sohn Davids automatisch Sohn Abrahams sei.²⁹ Umso auffälliger ist die gegebene Reihenfolge: Sohn Davids, Sohn Abrahams. Die Aspekte der Heilsteilhabe der Völker werden besonders dann deutlich, wenn Abraham den primären Bezugspunkt der Deutung darstellt (Jesus ist Sohn von Abraham) und weniger, wie es in der Forschung jedoch z.T. vertreten wird, der Aspekt der Sohnschaft (Jesus ist Sohn von Abraham), sodass eigentlich die Abrahamsöhne Isaak und Ismael die eigentlichen Vergleichsgestalten darstellen würden.³⁰ Schließt man aus der Abrahamsohnschaft eine Parallelität zwischen Jesus und Isaak,³¹ so lässt sich zunächst eine Parallele bezüglich ihrer Geburt feststellen. Beide Kinder werden auf

 In Lk 19,9 heißt es von Zachäus, er sei ebenfalls ein Sohn Abrahams.  So auch Keener, Mt, 74; Gibbs, Mt, 76; Grilli/Langner, Mt, 29. Anders hingegen Argyle, Mt, 25; Schmid, Mt, 35; weiterhin – jedoch ohne Angabe von entsprechenden Quellen – Sand, Mt, 40: „Beide, David und Abraham, repräsentieren den ‚Hauptstrom‘ der jüdischen Messiaserwartung, sowohl im innertestamentarisch jüdischen und rabbinischen, [sic!] als auch im christlichen Messianismus.“  Vgl. Burger, Jesus als Davidssohn, 105; Huizenga, „Son of Abraham“, 105; Klaiber, Mt I, 21.  Vgl. Gaechter, Mt, 35; Luz, Mt I, 119; Konradt, Mt, 25. Gundry, Mt, 13 führt die Möglichkeit an, dass sich υἱοῦ ᾿Aβραάμ auf David bezieht. Allerdings geht er weiter davon aus, dass dies für die Deutung keinen Unterschied macht, da die Bezeichnung υἱοῦ ᾿Aβραάμ letztlich über die Bezeichnung υἱοῦ Δαυíδ auf Jesus zurückfällt. Dass sich Sohn Abrahams auf David beziehe, klingt auch bei France, Mt, 35 durch.  Den Bezug auf Isaak macht vor allem Huizenga, „Son of Abraham“, 103 – 113 stark; siehe auch Huizenga, New Isaac, zu Mt 1,1 bes. 139 – 143. In letzterem Werk findet sich auch eine ausführliche Zusammenstellung frühjüdischer Isaak-Traditionen (vgl. ebd. 75 – 128). Ein Versuch einer Parallelisierung mit Ismael als dem anderen Sohn Abrahams ist der Autorin nicht bekannt. Zum Verhältnis von Isaak und Ismael im Licht der ihnen gegebenen Verheißungen sowie der Beschneidung vgl. Ziemer, Abram – Abraham, 309 – 414.  Zur Rezeption Isaaks im Frühjudentum vgl. bes. Jub 15,15 – 40, Pseudo-Jubiläen (4Q225; DJD 13); 4Makk 13,12; 16,20; LAB 8,3 f; 18,5; 32,1– 4; 40,3 (LAB berichtet von der Akedah nicht im Rahmen der Abrahamerzählung, sondern erinnert daran in der Rede Balaams, dem Lied der Deborah und in der Jephtah-Erzählung); aber auch Josephus, Ant 1,191– 345, vgl. dazu auch Huizenga, „Akedah-Überlieferungen“, 75 – 80 (entspricht größtenteils [wenn auch nicht in jedem Detail] Huizenga, „Matthean Jesus“, 65 – 70).

4.1 Jesus, der Sohn Abrahams – Mt 1,1.2.17

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göttliches Einwirken hin geboren (Maria ist Jungfrau; Sarah ist zu alt).³² Weiterhin ließe sich argumentieren, dass der messianischen Identität von Anfang an die des gehorsamen Sohnes und dessen Leidensweg zur Seite gestellt sind.³³ Die „Opferung“ Isaaks wäre dabei mit Jesu Kreuzigung zu parallelisieren.³⁴ Dafür spricht, dass gemäß frühjüdischer Tradition (vgl. besonders Jub 18,18 f; 49,2.22) die Akedah mit Pessach verknüpft wird³⁵ und Isaak stärker als mündiges Individuum in den Fokus rückt (vgl. Jub 17,15; Josephus, Ant 1,227.232)³⁶, wodurch sein Gehorsam weiter betont wird.³⁷

 So Frankemölle, Mt I, 134. Dagegen lässt sich jedoch anführen, dass das Motiv der unfruchtbaren Frau, der durch Gottes Wirken doch noch ein Kind geschenkt wird, nicht nur im Fall Sarahs, sondern z. B. auch bei Hanna, der Mutter Samuels (1Sam 1– 2), vorliegt und damit nicht als typisch für Isaak angesehen werden kann.  Vgl. Hauerwas, Mt, 27; Huizenga, „Son of Abraham“, 105.  Freilich mit dem deutlichen Unterschied, dass Jesus am Kreuz tatsächlich stirbt, wohingegen die Opferung Isaaks in der Genesis im letzten Moment verhindert wird (Gen 22,10 – 12). Allerdings finden sich laut Kundert, Opferung I, 171 f in den frühjüdischen Traditionen durchaus Hinweise darauf, „dass die Opferung Isaaks auch tatsächlich vollzogen wurde“. So lässt sich Isaak gemäß 4Makk 13,12 „geduldig hinschlachten“ (als Opferung wird das Geschehen auch in 4Makk 16,20; 18,11 bezeichnet). Auch für LAB 18,5 ist mit Kundert, Opferung I, 173 f „ zu vermuten, dass wir hier einen weiteren Textzeugen vorliegen haben, nach dem Isaaks Opfer als vollzogen gilt“. Vgl. auch Dietzfelbringer, LAB, 146, Anm. 5e; Rosenberg, „Suffering Servant“, 387, der darauf hinweist, dass in späteren rabbinischen Traditionen auch der Aspekt der Auferstehung in die Erzählung der Akedah (Gen 22) einfließt: Isaaks Seele verlässt seinen Körper, schwebt über ihm und kehrt dann wieder in seinen Körper zurück (Pirqe de Rabbi Eliezer 31). R. Rosenberg interpretiert dies in dem Sinn, dass Isaak vor Angst stirbt, um dann im Moment der Rettung wiederbelebt zu werden. Kundert, Opferung II zeigt in seiner ausführlichen Studie, dass die Vorstellung des Vollzugs der Opferung in vielen rabbinischen Schriften enthalten ist: „Die Mechilta sowie Mischna und Talmudim setzen den Vollzug der Opferung Isaaks deutlich voraus, wenn sie die Ausdrücke ‚Blut der Aqedat Jitzchaq‘ oder ‚Asche Isaaks‘ verwenden. Im Midraschwerk Genesis Rabba jedoch ist diese Überlieferung sehr viel schwieriger nachzuweisen“ (198). Ibn Ezra (11– 12 Jh. n.Chr.) wendet sich in seiner Auslegung zu Gen 22 gegen die Annahme, dass Isaak geopfert und dann wiederbelebt wird. Diese Annahme sei gegen die Schrift (Ibn Ezra, Commentary, 226 f.). Daraus lässt sich schließen, dass eine solche Lektüre von Gen 22 existierte, jedoch nicht, ob sie bereits in neutestamentliche Zeit zurückreicht. Ähnlich äußert sich auch Kundert, Opferung I, 22 f.96 zur Frage nach der Belastbarkeit von Traditionen in späten Targumim und rabbinischen Texten für die frühjüdische Zeit.  Vgl. Le Déaut, Nuit pascale, 180: „Nous croyons pouvoir affirmer que, pour l’auteur des Jubilés, l‘Aqéda est le premier sacrifice pascal“ (Hervorhebung im Original). Siehe auch Kundert, Opferung I, 87: „Die innere Chronologie von Jub lässt die Opferung Isaaks auf den 14. Nisan fallen, also auf den Tag, an dem später die Pessachlämmer geschlachtet wurden“. Bezüglich der Datierungen der Pessachfeier und der Akedah im Jahreszyklus sowie weiterer Parallelen zwischen Akedah und Exodus, dem ersten Pessach gemäß dem Buch Exodus, vgl. Le Déaut, Nuit pascale, 179 – 184; VanderKam, „Aqedah“, 245 – 248; Huizenga, „Akedah-Überlieferungen“, 77.  Gemäß dem Jubiläenbuch (vgl. Jub 16,15; 17,1.15) war Isaak 15 Jahre alt und demnach ebenfalls ein mündiger junger Mann und kein Kind, vgl. VanderKam, „Aqedah“, 245. Laut Josephus ist er bereits 25 Jahre alt (Ant 1,227).Vgl. auch Fisk, „Offering Isaac“, 505. Kundert, Opferung I, 86 geht

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4 Segen und Abrahamkindschaft – Partizipation der Völker am Heil?

Die Isaak-Rezeption des Liber Antiqitatum Biblicarum lässt auch für Isaak die Deutung als heilbringende Gestalt zu.³⁸ Er ist einerseits derjenige, durch dessen Blut das Volk Israel erwählt wird (vgl. LAB 18,5),³⁹ andererseits ist sein Tun sogar heilvoll für die Völker (LAB 32,1– 4):⁴⁰ „Und wenn ich [Isaak] nicht in die Welt geboren worden wäre, würde ich nicht zum Opfer dargebracht werden dem, der mich geschaffen hat. Es wird aber meine Seligkeit über alle Menschen sein (erit

von einem 23 Jahre alten Isaak aus, wobei er dies nicht belegt und allein auf Josephus (25 Jahre) und BerR 55 (37 Jahre) verweist.  Für die Möglichkeit, Isaak als Typus für die Deutung der Gestalt Jesu zu sehen (Huizenga, „Son of Abraham“, 108 spricht hingegen von einem Antitypus: „[I]n his first coming, Jesus was not only the Davidic Messiah but also the antitype of Isaac“), wird z.T. auf den folgenden Stammbaum (Mt 1,2– 17) mit seinem drei-mal-vierzehn-Generationen Schema Bezug genommen: Mit Jesus beginnt gemäß des Stammbaums die 41. Generation. Im Jubiläenbuch wird überliefert, dass Isaak am Ende des 41. Jubiläums geopfert werden sollte (Jub 13,16; 17,15 – 19,1), wodurch beide Ereignisse parallelisiert würden (vgl. Rosenberg, „Suffering Servant“, 386 f; Huizenga, „Son of Abraham“, 106 f; Huizenga, New Isaac, 143 f). Zudem wird auf Mt 1,20 f und Gen 17,19LXX verwiesen, um die Isaak-Jesus-Typologie weiter auszubauen, da beide Texte gewisse Parallelen in der Formulierung aufweisen. Huizenga, „Son of Abraham“, 110 schreibt: „Mary’s conception of Jesus by divine power was not only prophesied by Scripture (the quotation of Isa 7:14LXX) but indeed had precedent in Israel’s sacred matriarchal history“. (Weniger überzeugt sein Verweis darauf, dass in Gen 17,19 – neben den semantischen Übereinstimmungen in der Formulierung – die erste Nennung Isaaks vorliege und parallel dazu in Mt 1,21 die erste Nennung Jesu für das NT [108, Anm. 20]. Dagegen sprechen die Verse Mt 1,1.18, in denen bereits Ἰησοῦ Χριστοῦ steht. Will man V. 1.18 ausschließlich als titularischen Gebrauch verstehen, ist auf Mt 1,16 zu verweisen: ἐξ ἧς ἐγεννήθη Ἰησοῦς ὁ λεγόμενος χριστός.) Geht man über den unmittelbaren Kontext von Mt 1 hinaus, so erinnert auch die Rede vom „geliebten Sohn“ (υἱός μου ὁ ἀγαπητός; Mt 3,17; 17,5 und in Mt 12,18 „mein Geliebter“ / ὁ ἀγαπητός μου) an Isaak (‫ את־בנך את־יחידך אשר־אהבת‬/ τὸν υἱόν σου τὸν ἀγαπητόν in Gen 22,2 sowie 22,12.16LXX, wobei der Zusatz „Geliebter“ in Gen 22,12.16 im MT fehlt, dort heißt es nur „einziger Sohn“ [‫]את־בנך את־יחידך‬, wohingegen die LXX an Gen 22,2 anpasst [in V. 12.16 als Genitiv-Konstruktion], vgl. auch TestAbr 4,1). Die Anspielung erkennt auch Luz, Mt II, 507, doch misst er ihr wenig Gewicht bei, da sie sich auf die Bezeichnung des geliebten Sohnes und das Aufziehen der Wolke begrenze. Weitere Anspielungen zwischen diesen beiden Textbereichen führt hingegen Huizenga, „Akedah-Überlieferungen“, 82– 89 an. In Mt 21,37 jedoch fehlt die Bezeichnung ἀγαπητός gegenüber der Markusvorlage (Mk 12,6), was darauf schließen lässt, dass hier nicht die Beziehung zwischen Vater und Sohn, sondern die Schuld der jüdischen Autoritäten am Tod des Sohnes betont werden soll (vgl. Huizenga, „Akedah-Überlieferungen“, 85 f). Möglicherweise ist die Isaak-Typologie, wie sie sich von den frühjüdischen Schriften her zeigt (Isaak als der gehorsame Sohn Abrahams), wiederum in Mt 26,26 – 46 durch Verweise auf Gen 22 präsent (vgl. Huizenga, „Akedah-Überlieferungen“, 86 – 88).  LAB wird in etwa zeitgleich zum Mt datiert. Es entstand wohl nach der Zerstörung des Tempels 70 n.Chr., scheint jedoch noch keinen Bezug auf die Aufstände 135 n.Chr. zu nehmen (vgl. Dietzfelbinger, LAB, 95).  Vgl. Fisk, „Offering Isaac“, 506; Kundert, Opferung I, 173. Zum sühnenden Charakter der Akedah in der Auslegung der Rabbinen vgl. Schoeps, Paulus, 144– 152.  Vgl. Davies/Chilton, „Aqedah“, 525 f; Huizenga, „Akedah-Überlieferungen“, 78.84.

4.1 Jesus, der Sohn Abrahams – Mt 1,1.2.17

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autem mea beatitudo super omnes homines)⁴¹, weil es nichts anderes geben wird,⁴² und von mir werden die Generationen verkündigen, und durch mich werden die Leute (populi) einsehen, dass Gott die Seele des Menschen zum Opfer gewürdigt hat“ (LAB 32,3)⁴³. Allerdings kann nicht mit absoluter Sicherheit gesagt werden, ob erit autem mea beatitudo super omnes homines so zu verstehen ist, dass Isaaks Seligkeit höher zu werten ist als die der übrigen Menschen,⁴⁴ oder ob sie tatsächlich durch ihn Seligkeit erlangen, d. h. seine Seligkeit zu ihnen gelangt.⁴⁵ Sollte Letzteres der Falls sein, so erinnert LAB 32,3 an die Verheißung an Abraham (Gen 22,18), dass in seinem Samen die Völker Segen erlangen. Demnach wäre diese Verheißung in Isaak bereits erfüllt.⁴⁶ Liest man Mt 1,1 vor diesem Hintergrund, würde die Bezeichnung υἱὸς ᾿Aβραάμ die Erwartungen, die der Titel υἱὸς Δαυíδ hervorruft, einerseits ergänzen, andererseits aber auch relativieren, da Jesus in seiner irdischen Sendung zunächst kein triumphierender David redivivus wäre, sondern als der gehorsame Sohn den Weg in die Passion geht.⁴⁷ Somit wäre bereits in Mt 1,1 proleptisch auf die Leidensankündigungen verwiesen, die im narrativen Verlauf des Evangeliums erst ab Mt 16,21 eine Rolle spielen und dort zunächst Unverständnis auf Seiten der Jünger provozieren (Mt 16,22 f). Problematisch an dieser Deutung ist jedoch, dass Jesus dann auch nicht mit David, sondern mit Salomo verglichen werden müsste.⁴⁸

Liegt der Hauptakzent hingegen auf dem Vergleich Jesu mit Abraham, so ergeben sich hauptsächlich zwei verschiedene Bezugsmöglichkeiten, die sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern sich aufeinander beziehen lassen:

 Huizenga, „Matthean Jesus“, 68 übersetzt „homines“ hier mit „nations“ und merkt an, dass im hebräischen Original vermutlich ‫ גוים‬oder ‫ עמים‬stand. Zur Debatte, wie sich diese Textstelle zu möglichen christlichen Einflüssen verhält oder inwiefern sie sich gegen christliche Auslegung von Gen 22 wendet, vgl. Davies/Chilton, „Aqedah“, 526, Anm. 31. 537– 540; Hayward, „Sacrifice of Isaac“, 292– 306; Johnson, LAB, 867.  Johnson, LAB, 867 übersetzt „es wird keinen anderen geben“.  Übersetzung gemäß Dietzfelbinger, LAB, 194 f.  So Fisk, „Offering Isaac“, 496. Vgl. auch Dietzfelbinger, LAB, 194, Anm. 3d.  So hingegen Davies/Chilton, „Aqedah“, 524.  Davies/Chilton, „Aqedah“, 525 gehen davon aus, dass sich aliud allein auf Opfer beziehen könne, wodurch die Ausschließlichkeit und Einmaligkeit des Opfers, zu dem sich Isaak bereit erklärt, weiter unterstrichen würde.  Von der Einführung des leidenden Gottesknechts geht auch Dormeyer, „Überschrift“, 1365 aus, doch verknüpft er diesen Aspekt nicht mit der Abrahamsohnschaft, sondern mit dem Davidsohn.  So z. B. versucht von Dvořáček, Son of David. Hier wird primär der Aspekt des heilenden Salomo betont und auf Jesus übertragen. Doch gilt bereits David selbst durch sein Harfenspiel als gewisser Heilkünste fähig (1Sam 16,15 – 23), sodass eine Übertragung auf Salomo die davidischköniglichen Aspekte Jesu auf die des heilenden Messias reduzieren würde, wohingegen der Bezug auf David diesen Aspekt ebenfalls mit einschließt.

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4 Segen und Abrahamkindschaft – Partizipation der Völker am Heil?

Erstens ist es möglich, in der Abrahamsohnschaft die Charakterisierung Jesu als idealen Israeliten zu erkennen.⁴⁹ Die narrative Dynamik der Genesis lässt sich so deuten, dass die Erwählungsgeschichte Israels⁵⁰ mit Abraham beginnt.⁵¹ Er ist der älteste der Patriarchen, was sowohl in der narrativen Ausgestaltung der Genesis selbst als auch im formelhaften Gebrauch „Abraham, Isaak und Jakob“ deutlich wird. In einem geschichtlichen Rückblick wird Jhwh in Neh 9,7 als der Gott angesprochen, der Abraham erwählte und der die Verheißungen an ihm erfüllte. Hinzu kommen Textstellen, die Abraham explizit als Vater des Volkes verstehen (vgl. Jos 24,3; Jes 51,2; Ps 105,6; 4Makk 6,17.22; 16,20⁵²; PsSal 9,9; 18,3⁵³).⁵⁴ In manchen frühjüdischen Texten wird die Erwählung Abrahams explizit auf die Nachkommen übertragen (Jub 12,24⁵⁵; 4Esra 3,13 – 15), sodass diese ebenfalls am Heil teilhaben. Dies führt zu einer „pointierte[n] nationale[n] Interpretation Abrahams als des Stammvaters Israels, die sich in der Gleichsetzung von σπέρμα ᾿Aβραάμ = Jude ausdrückte“⁵⁶. Zudem ist die göttliche Einsetzung der Beschnei-

 So interpretieren z. B. Krentz, „Matthew’s Prologue“, 211.214; Kingsbury, Structure, 85; Davies/Allison, Mt I, 158; Dormeyer, „Überschrift“, 1364; Hare, Mt, 6; Gundry, Mt, 13; Keener, Mt, 73 f; Wilk, Jesus und die Völker, 83, Anm. 5; Gibbs, Mt, 77; Harrington, Mt, 28.  Auch frühchristlich gibt es Belege, die mit Abraham den Beginn der Heilsgeschichte ansehen, vgl. z. B. Act 7,2.  In diesem erwählungsgeschichtlichen Zusammenhang deuten Rothfuchs, Erfüllungszitate, 100; Kingsbury, Structure, 85; Tatum, „Origin“, 525; Wieser, Abrahamvorstellungen, 15.97; Tisera, Universalism, 34; Bauer, „Function“, 149; Mayordomo-Marín, Den Anfang hören, 247; Wilk, Jesus und die Völker, 83; Konradt, Israel, 26; Klaiber, Mt I, 22. Gegen den Beginn der Sonderstellung Israels bereits in Abraham – wohlgemerkt enggeführt auf die Abrahamnarrative in P – vgl. Pury, „Abraham“, 75 – 77.82.86 f. Bruce, Time, 57 verweist darauf, dass Noah streng genommen der erste Erwählte Gottes ist. Doch macht er auch darauf aufmerksam, dass die restliche Menschheit neben der erwählten Familie Noahs zerstört wird, wohingegen sie in der Erwählung Abrahams Segen findet.  Hier wird Abraham „unser Vater“ genannt, doch Isaak als der Vater des Volkes bezeichnet.  Während in PsSal 18,3 σπέρμα Αβρααμ durch υἱοὺς Ισραηλ ergänzt wird, ergibt sich der Israelbezug für die Nachkommen Abrahams in PsSal 9,9 daraus, dass er sie aus allen Völkern erwählt hat (ὅτι σὺ ᾑρετίσω τὸ σπέρμα Αβρααμ παρὰ πάντα τὰ ἔθνη).  Vgl. France, Mt, 111: „Abraham was the ,father‘ par excellence of the Israelite people“; Johnson, Purpose, 151.  Gerade im Jubiläenbuch ist zu beachten, dass die Erwählung letztlich allein Israel gilt, wohingegen die anderen Abrahamsöhne ausgeschlosssen sind (Jub 15,30; vgl. auch 19,15 – 19). Das Konzept des Segens ist weniger exklusiv. Zwar wird auch hier zwischen Israel und anderen Völkern unterschieden, doch ist letztlich nicht allein Israel gesegnet: In Jub 8,20 – 30 ist allein das Land Sems gesegnet, nicht das seiner Brüder. Auch ergeht Segen explizit an Isaak und Jakob (21,25; 22,10.27; 24,1), nachdem Abraham die anderen Söhne weggeschickt hat (20,11). Allerdings wird zuvor auch Ismael Gottes Segen zugesprochen (Jub 15,22; 20,10).  Mayer, „Aspekte“, 121.

4.1 Jesus, der Sohn Abrahams – Mt 1,1.2.17

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dung als wichtiger jüdischer identity marker mit Abraham verbunden (vgl. Gen 17, frühjüdisch vor allem Jub 15,11– 14.25 – 28), durch die sich die Gruppe deutlich nach außen abgrenzt, jedoch gleichzeitig ihre Zusammengehörigkeit nach innen verstärkt.⁵⁷ Des Weiteren ist auch auf Abrahams vorbildlichen Gesetzesgehorsam zu verweisen, obwohl er die Sinaitora noch nicht kennen konnte, wodurch er, besonders in frühjüdischen Texten, als idealer Israelit gezeichnet wird (vgl. bereits Gen 26,5; Sir 44,19; dann besonders Jub [z. B. Jub 15,1; 16,21; 21,5]; TestBenj 10; CD A iii,2– 4;⁵⁸ 2Bar 57,2).⁵⁹ Dafür, dass Abraham auch im Mt als Vater des Volkes zu verstehen sei, spricht der Einsatz des mt Stammbaumes mit Abraham (Mt 1,2), wodurch er sich von Lk 3,23 – 38 unterscheidet, wo Abraham keine herausgehobene Stellung zukommt. Somit ist Abraham nicht ein Vorfahre unter vielen, sondern der Vorfahre schlechthin.⁶⁰ Jesus wird damit von Mt 1,1 f an unmittelbar in die Geschichte Gottes mit seinem erwählten Volk hineingestellt.⁶¹ Als Sohn Abrahams kann er – entsprechend seinem Vater Abraham – als der ideale Israelit vorgestellt werden. Zweitens ergibt sich demgegenüber aus der Sohnschaft Abrahams bereits ein Auftrag, der letztendlich auf eine Beziehung zu den Völkern hin angelegt ist.⁶² Abraham gilt nicht nur als Stammvater Israels, sondern ist auch Vater vieler (anderer) Völker (Gen 17,4 f; 1Makk 12,21; Jub 15,6).⁶³ Dies ist nicht nur über seine Söhne mit Ketura und Hagar faktisch gegeben, sondern bereits in die göttliche Verheißung selbst integriert (Gen 17,4 f). Somit ist der Status Jesu als Sohn Abrahams nicht ausschließlich auf dessen Charakterisierung als idealer Israelit eng zu führen.  So auch Mühling, Blickt auf Abraham, 355. Zur Frage nach der Beschneidung innerhalb der mt Gemeinde vgl. die Ausführungen zum mt Gesetzesverständnis in Kap. 8.4, bes. Kap. 8.4.1 und 8.4.5.  Charlesworth, DSS 2.  Vgl. Ego, „Abraham als Urbild“, 25 – 40; Mühling, Blickt auf Abraham, 362 f.  Vgl. auch Morris, Mt, 20.  Vgl. Luz, Mt I, 132: „Er ist Abrahamssohn und königlicher Messias und damit Träger aller messianischen Hoffnungen für Israel gemäß dem Plan Gottes“. Burger, Jesus als Davidssohn, 101 geht sogar so weit, in der Formulierung Ἰησοῦ Χριστοῦ υἱοῦ ᾿Aβραάμ die ursprüngliche Tradition zu sehen, die erst aufgrund des hohen Stellenwertes der Zeichnung Jesu als königlicher Messias um υἱοῦ Δαυίδ erweitert wurde.  Vgl. Bonnard, Mt, 16; Dietrich, „David-Abraham-Typologie“, 55; Gibbs, Mt, 77; Talbert, Mt, 31; Novakovic, Messiah, 45 schreibt: „[T]he universalistic significance of Jesus as the Son of David is predicted“.  Auf diesen Teil der Verheißung an Abraham verweisen auch Beare, Mt, 65; Davies/Allison, Mt I, 158; Gollinger, „Heil für die Heiden“, 203; Morris, Mt, 20; Long, Mt, 9 f; Senior, Mt, 34; Olmstead, Trilogy, 73; Slee, Church in Antioch, 129; Carter, „Matthew and the Gentiles“, 263; France, Mt, 35.

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4 Segen und Abrahamkindschaft – Partizipation der Völker am Heil?

Hinzu kommt eine weitere heilsgeschichtlich relevante Verheißung an Abraham: Die Verheißung des Segens für die Völker in Gen 12,1– 3.⁶⁴ Die dort dargestellte Verbindung Abrahams mit den Völkern wurde bereits in Kapitel 2 diskutiert.⁶⁵ Auch diese Verheißung lässt sich mit dem Titel υἱὸς ᾿Aβραάμ verbinden. Sie wird nach Gen 12,3 wiederholt (Gen 18,18) und in Gen 22,18 explizit mit dem Samen Abrahams verbunden (‫ בזרעך‬/ ἐν τῷ σπέρματί σου). Schließlich ergeht sie auch an Abrahams Nachkommen Isaak (Gen 26,4)⁶⁶ und Jakob (28,14).⁶⁷ In einem letzten Schritt gilt die Verheißung an Jakob nicht diesem allein, sondern auch dessen Nachkommen (‫ בזרעך‬/ ἐν τῷ σπέρματί σου).⁶⁸ Dieser Zusammenhang wird auch in Sir 44,19 – 23 rezipiert.⁶⁹ Insofern ist bereits in den Schriften der Segen für die Völker ausgehend von Abraham mit dem ganzen Volk Israel verknüpft. Indem Jesus υἱὸς ᾿Aβραάμ genannt wird, steht er unmittelbar in der Linie der Weitergabe dieses Segens und zwar auf eine doppelte Weise: Zum einen, da er dessen direkter Same ist, zum anderen, da der Stammbaum eine gerade Linie über die Träger dieser Verheißung in der Genesis (Abraham, Isaak, Jakob; Mt 1,2)⁷⁰ zu Jesus hin zieht (Mt 1,16). Es lässt sich also sagen: Abraham wurde verheißen, dass aus ihm viele Völker hervorgehen werden, die durch ihn, und nachfolgend auch in

 Auf diese Tradition beziehen sich auch andere frühchristliche Schriften vgl. Act 3,25; Gal 3,8.  Dazu, wie dieser Segen für die Völker genauer zu verstehen ist und was sich vor allem an dem Verständnis von ‫( ונברכו בך‬Gen 12,3) entscheidet, vgl. Kap. 2.3.3.  Vgl. dazu ausführlicher Flury-Schölch, Abrahams Segen, 135– 180.  Der einzige Beleg, in dem der „Same“ auf alle drei Erzväter Abraham, Isaak und Jakob bezogen ist, findet sich in Jer 33,26MT, wo es um Gottes bleibende Zusage seiner Verheißung an David und dessen Nachkommen geht; vgl. dazu Fischer, Jer II, 239. In der LXX fehlt Jer 33,14– 26. Vom Samen Abrahams ist auch in Jes 41,8; Ps 105,6 die Rede, wobei hier ebenfalls die universale Komponente keine Rolle spielt, sondern die Erwählung Israels im Vordergrund steht. Stärker auf die Gabe des Landes ist die dritte Belegstelle 2Chr 20,7 ausgerichtet.  In Ps 72,17 (= Ps 71,17LXX) wird eine ähnliche Aussage über den König gemacht: ‫ויתברכו בו כל־גוים‬ / καὶ εὐλογηθήσονται ἐν αὐτῷ πᾶσαι αἱ φυλαὶ τῆς γῆς.  Vgl. auch Kundert, Opferung I, 73 – 76: „Isaak ist offenbar der personifizierte Inhalt des Segens Gottes an alle Völker“ (74).  Innerhalb der Genesis könnte statt Isaak auch Josef als der Sohn der Verheißung verstanden werden. Auf diesen wird in Mt 1,15 insofern angespielt, als dass der Vater Josefs, des Mannes der Maria, Jakob heißt. Damit unterscheidet er sich von Lukas, wo der Großvater Jesu mit dem Namen Eli eingeführt ist (Lk 3,34). Ebach, Josef und Josef, 20: „[D]er doppelte Jakob verweist implizit auch auf den anderen Josef“ (Hervorhebung im Original). Dass der genannte Nachkomme Jakobs, des Sohnes Isaaks, Juda ist (Mt 1,2), ist insofern nötig, da Jesus als Sohn Davids zum Stamm Juda gehören muss.

4.1 Jesus, der Sohn Abrahams – Mt 1,1.2.17

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seinem Samen, Segen erhalten.⁷¹ Ist Jesus nun ebenfalls Sohn und Samen Abrahams, ist es möglich, dass auch in ihm den Völkern Segen widerfährt.⁷² Eine Verbindung zu Gen 12,2 wird von manchen Auslegern auch in Mt 21,43 gesehen.⁷³ Diese Verbindung wird herangezogen, um zu erklären, dass das Volk, das die Früchte der Basileia bringt (ἔθνει ποιοῦντι τοὺς καρποὺς αὐτῆς), der Jüngergemeinschaft entspreche. Dabei verläuft die Argumentation so, dass die Vermittlung des Segens, wie sie durch Abraham und seine Nachkommen zu geschehen hätte, nicht ausgeführt wird, weshalb andere in diese Aufgabe eingesetzt werden sollen.⁷⁴ Damit übernähme die Jüngergemeinschaft die Aufgabe Israels als Abrahamskinder (vgl. in Gen 12,2 die Verheißung, Abraham zu einem großen Volk zu machen: ‫אעשך לגוי גדול‬ / ποιήσω σε εἰς ἔθνος μέγα).⁷⁵ Dafür spräche, dass auch in Mt 1,1 auf den gleichen Text angespielt wird, wodurch die Plausibilität einer erneuten Verwendung erhöht würde.⁷⁶ Dagegen lässt sich jedoch anführen, dass in Mt 21,43 weder ein direkter Abrahambezug vorliegt noch eine deutliche im Text festzumachende Anspielung.⁷⁷

Ist die Abrahamsohnschaft Jesu mit der Segensverheißung an die Völker zusammenzudenken, so ist damit eine Brücke zu Mt 28,19 f geschlagen,⁷⁸ da dort die Heilsverkündigung an die Völker im Auftrag an die Jünger und die daraus folgende Inkludierung von Menschen aus den Völkern in die Ekklesia endgültig explizit gemacht wird.⁷⁹ Für Menschen, die aus den Völkern kommen, kann Abraham über die Segensverheißung hinaus auch zur Vorbildgestalt werden, da er im Frühjudentum

 Ego, „Abraham als Urbild“, 31 betont, dass „bereits Isaak nur kraft seiner Abstammung von Abraham zum Träger der Verheißung wurde“.  Den Segen für die Völker betonen viele. Exemplarisch hier Gaechter, Mt, 35; Albright/ Mann, Mt, 3.5; Kingsbury, Structure, 12.85; Beare, Mt, 65; Limbeck, Mt, 23; Gollinger, „Heil für die Heiden“, 203; Brown, Birth, 67 f; Tisera, Universalism, 34 f; Gundry, Mt, 13; Zahn, Mt, 43 f; Morris, Mt, 20; Long, Mt, 9 f; Oberforcher, „Jüdische Wurzel“, 21; Kvalbein, „Matthew“, 57; Bruner, Mt I, 6; Carter, „Matthew and the Gentiles“, 263 f; Gibbs, Mt, 77; Sparks, „Gospel as Conquest“, 653; France, Mt, 35; Blomberg, „Mt (2009)“, 3; Grilli/Langner, Mt, 29; Konradt, Mt, 25; Schreiber, Anfänge der Christologie, 167.  So Wilk, Jesus und die Völker, 120; Olmstead, Trilogy, 91.93.  Vgl. Wilk, Jesus und die Völker, 120.  Zur Verheißung an Abraham, ein großes Volk zu werden (ἔθνος μέγα; Gen 12,2), und deren Wiederaufnahme in Israels „Gründungsnarrativ“ vgl. Olmstead, Trilogy, 91– 93.  Zum methodischen Hintergrund, wie er von R. Hays herausgearbeitet wurde, vgl. Kap. 1.3.4.  So auch Konradt, Israel, 194: „Matthäus [hätte] einen solchen Bezug ohne Weiteres durch die Hinzufügung des entsprechenden Adjektivs […] markieren können“.  Vgl. auch Gaechter, Mt, 36; Albright/Mann, Mt, 3; LaGrand, Mission, 172; Long, Mt, 9 f; Gnilka, Mt I, 7; Tisera, Universalism, 38; Gundry, Mt, 13; Oberforcher, „Jüdische Wurzel“, 21; Olmstead, Trilogy, 72.  Vgl. dazu Kap. 10.4.

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4 Segen und Abrahamkindschaft – Partizipation der Völker am Heil?

als erster Konvertit angesehen wird.⁸⁰ Obwohl Abraham in einem „heidnischen“ Kontext aufgewachsen ist, gelangt er durch intensive eigenständige Beobachtungen der Natur und der Götzenstatuen seines Vaters zur Gotteserkenntnis (was jedoch nicht in den Schriften Israels selbst überliefert ist).⁸¹ Gemäß Josephus, Ant 1,161– 168 zieht Abraham sogar selbst die Mission unter den Priestern in Ägypten in Betracht. Die Eingliederung „heidnischer“ Ahnmütter⁸² in den Stammbaum Jesu kann ebenfalls in diesem Sinn verstanden werden:⁸³ Das Volk Israel ist aus der Sicht von Matthäus auch für die Zeit vor Jesus nicht als exklusive Gruppe zu verstehen, sondern war schon immer grundsätzlich offen für Menschen aus den Völkern.⁸⁴ Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die impliziten Bezüge in die Schriften hinein (es liegt kein direktes Zitat vor) als mögliche Folien fungieren, wie die Bezeichnung υἱὸς ᾿Aβραάμ gefüllt werden kann. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit ist besonders die Möglichkeit von Bedeutung, dass in der Verheißung an Abraham auch Segen für die Völker verheißen wird. Es erscheint jedoch wenig wahrscheinlich, dass die Bezeichnung als Sohn Abrahams für Jesus automatisch und ausschließlich die Aspekte verdeutlicht, welche die Völker in einer heilvollen Segensbeziehung sehen.⁸⁵ Die Analyse hat ergeben, dass es primär drei sinnvolle Ansatzpunkte der Deutung der Bezeichnung υἱὸς ᾿Aβραάμ gibt, die sich nicht ausschließen, sondern ergänzen: Zum einen wird Jesus durch die Parallelität zu Isaak als der gehorsame Gottessohn eingeführt (1), was jedoch nicht in unmittelbarem Bezug zum Heil der Völker steht. Zum anderen ist er als Sohn Abrahams der Zielpunkt der Heilsgeschichte Gottes mit Israel sowie idealer Israelit (2). Außerdem klingt die Israel übersteigende Dimension des göttlichen Heils an, nach der auch die Völker am Segen Gottes durch die Verheißung an Abraham und dessen Samen teilhaben (3). Besonders die beiden letzten zeigen, wie eng Matthäus das Heil für Israel und für die Völker aufeinander bezieht. Das Heil wird nicht allein durch die Nebeneinanderstellung von David (Heil für Israel) und Abraham (Heil für die Völker) ausgedrückt, sondern ist in der Person Abrahams  Vgl. auch Senior, Mt, 34; Konradt, Israel, 286.  Schreiber, Anfänge der Christologie, 167 spricht vom „Vater der Proselyten“. Dieser Vorbildcharakter Abrahams wird auch in Röm 4,9 – 12 deutlich. Doch geht es dort nicht um Abrahams Gotteserkenntnis, sondern darum, dass er bereits Glauben hatte, bevor er sich beschneiden ließ.  Vgl. dazu ausführlicher Kap. 3.2.  Als Argument dafür, υἱοῦ ᾿Aβραάμ in Mt 1,1 eher in einem universalen als in einem partikularen Sinn zu verstehen, findet sich der Verweis auf die Frauen bei Sparks, „Gospel as Conquest“, 652 f.  Damit steht er in theologischer Nähe zu Rut sowie den Texten, die von Jhwh-Verehrern unter den Völkern sprechen (vgl. Kap. 2.3.7), nicht jedoch zu Esra und Nehemia (vgl. Kap. 2.1.1).  Luz, Mt I, 119 geht von zu füllenden „Sinnhülsen“ aus und warnt davor, dass „man nicht die ganze matthäische Christologie hineinlesen sollte“.

4.2 Falsche Sicherheit in der Berufung auf Abraham – Mt 3,9

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selbst miteinander verwoben. Das Heil für die Völker ist somit von Beginn des Evangeliums an in der Geschichte Israels verwurzelt und christologisch fundiert. Im Folgenden ist auf zwei weitere Stellen einzugehen (Mt 3,9; Mt 8,11 f), in denen auf Abraham Bezug genommen wird und ebenfalls die Tendenz deutlich wird, dass die Teilhabe am Heil nicht auf Israel beschränkt ist.

4.2 Falsche Sicherheit in der Berufung auf Abraham – Mt 3,9 In Mt 3,9 ist nicht mehr die Abrahamsohnschaft Jesu im Blick, sondern die des Volkes: Johannes wendet sich im Rahmen seiner Bußpredigt mit einem Gerichtswort an die Pharisäer und Sadduzäer (Mt 3,7– 10),⁸⁶ wonach sie ermahnt werden, Frucht zu tragen, die der Umkehr würdig sei (καρπὸν ἄξιον τῆς μετανοίας; V. 8). Einer Stellungnahme von Seiten der Pharisäer kommt Johannes mit der Aussage zuvor „meint nicht bei euch selbst zu sagen: wir haben Abraham zum Vater“ / μὴ δόξητε λέγειν ἐν ἑαυτοῖς· πατέρα ἔχομεν τὸν ᾿Aβραάμ (V. 9). Das, was er hier ablehnt, ist eine mögliche Berufung auf Abraham als Vater im Sinn einer Heilsgewissheit. Die Annahme einer solchen wird zumindest von einigen jüdischen Gruppen vertreten worden sein: Mit Abraham hatte Gott seinen ewigen Bund geschlossen, in ihm wurde sein Geschlecht erwählt (Gen 15; 17).⁸⁷ Diese Erwählung gilt demnach allen Nachfahren Abrahams.⁸⁸ Innerhalb dieser Logik ließe sich die Abrahamkindschaft im Sinne eines ausreichenden Heilsgutes,⁸⁹ wie als Heilsgarantie, verstehen. Die Autoritäten fassen die Abrahamkindschaft als ein andere Menschen ausschließendes Heilsgut auf: Sie versichern sich mit dieser

 Dabei ist zu beachten, dass in Mt 3,7 explizit die Pharisäer und Sadduzäer als neue Gesprächspartner von Johannes eingeführt werden. Richtete sich die vorausgehende Täuferrede (Mt 3,2 f) an die Volksmengen Jerusalems und Judas (Mt 3,5), gilt das Gerichtswort in Mt 3,7– 10 den Autoritäten. Luz, Mt I, 206 verweist besonders darauf, dass diese Unterscheidung oft nicht genügend Beachtung findet; dafür, dass die Autoritäten angesprochen werden, vgl. auch Gundry, Mt, 46; Long, Mt, 29; Senior, Mt, 53; Harrington, Mt, 56.58; Klaiber, Mt I, 52; Konradt, Mt, 49; Dennert, John the Baptist, 154. Gegen einen Wechsel der Adressaten der Rede äußert sich z. B. Klostermann, Mt, 23; Wilk, Jesus und die Völker, 111.  Dass hinter dieser hypothetischen Aussage der Pharisäer und Sadduzäer, die durch Johannes vorgebracht wird, diese Vorstellung steht, vertreten auch Schweizer, Mt, 25; Beare, Mt, 94; Wieser, Abrahamvorstellungen, 4; Gundry, Mt, 46; Morris, Mt, 59; Bruner, Mt I, 93.  Vgl. Jos 24,3; Jes 51,2; Ps 105,6; 4Makk 16,20; Jub 12,24; 4Esra 3,13 – 16. Abgewandtes Gericht um eines Vorfahren willen ist auch für David belegt, vgl. z. B. 1Kön 11,12 f.32; 15,4; 2Kön 8,19; 20,6.  Vgl. Davies/Allison, Mt I, 307: „Abrahamic descent was not only a necessary condition for salvation but a sufficient condition – unless one denounced the covenant or committed some other deed of apostasy and became a heretic“.

122

4 Segen und Abrahamkindschaft – Partizipation der Völker am Heil?

Heilsgewissheit gegenseitig (ἐν ἑαυτοῖς; V. 9) und nutzen ihre Abrahamkindschaft nicht als inkludierenden Zuspruch für andere.⁹⁰ Bricht Matthäus mit dieser Rede von Johannes hier mit einer grundlegenden Verheißung der Schrift, nämlich dem Segen und damit dem Heil für die Kinder Abrahams, indem er deren Aussage quasi für überholt erklärt? Oder bestreitet er allein deren alleinige Heilssuffizienz und vermeintliche Exklusivität? Für Ersteres spricht die mögliche Lesart von Mt 3,9, gemäß der die Verneinung der soteriologischen Gewissheit in Abraham – im Angesicht des bereits begonnenen Gerichts (Mt 3,10) – im Sinn eines radikalen Abbruchs mit der bisherigen Tradition verstanden werden kann.⁹¹ Gegen einen solchen umfassenden Bruch mit der Tradition sprechen jedoch folgende Aspekte: Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass bereits in manchen Traditionen der Schriften Israels abgelehnt wird, Abraham zum Gewährsmann von bestimmten Ansprüchen zu machen: Menschensohn, die Bewohner dieser Trümmerstätten im Land Israel sagen: Abraham war einer (‫ אחד היה אברהם‬/ εἷς ἦν Αβρααμ), und er nahm das Land in Besitz (‫ ויירש את־הארץ‬/ καὶ κατέσχεν τὴν γῆν); und wir sind viele/mehr, uns ist das Land zum Besitz gegeben (‫ואנחנו רבים‬ ‫ לנו נתנה הארץ למורשה‬/ καὶ ἡμεῖς πλείους ἐσμέν, ἡμῖν δέδοται ἡ γῆ εἰς κατάσχεσιν)! (Ez 33,24)

Dieser Anspruch wird in den auf Ez 33,24 folgenden Versen deutlich zurückgewiesen, indem verschiedene Verfehlungen angeführt werden, die jeweils mit dem Satz schließen „und ihr solltet das Land besitzen?“ (‫ ;והארץ תירשו‬Ez 33,25.26MT).⁹² Der Unterschied zu Mt 3,9 ist jedoch, dass es sich in Ez 33,24 um die Infragestellung der Übertragbarkeit einer anderen Abrahamverheißung, nämlich der des Landes, handelt. Die genealogische Abstammung sowie die Vorstellung der Erwählung Abrahams und seiner Nachkommen spielen keine Rolle. Hinsichtlich dieser argumentiert hingegen Jes 63,16:

 Dennert, John the Baptist, 156 verweist, mit Davies/Allison, Mt I, 307, zu Recht darauf, dass mit der Aussage „meint nicht bei euch zu sagen“ keine prophetische Gabe des Johannes beschrieben wird, in dem Sinn, dass er fähig wäre, die Gedanken der Pharisäer und Sadduzäer zu lesen. Anders hingegen Yamasaki, John the Baptist, 88 f.  So z. B. Kazmierski, „Stones of Abraham“, 30: „Both the certainty and the nature of the already begun judgement calls for a complete turning away from the past and an abandoning of that which historically assured Israel of salvation, namely the election of Abraham.“ C. Kazmierski verweist für die lk Parallele auf Fitzmeyer, Lk, 468, doch fällt das Urteil dort weniger absolut aus: „This reliance on an ethnic privilege, however, is precisely what the Baptist repudiates.“  In der LXX fehlt die entsprechende Stelle, doch wird die Ablehnung auch durch das in Ez 33,27 beginnende Gerichtswort deutlich.

4.2 Falsche Sicherheit in der Berufung auf Abraham – Mt 3,9

123

Denn du bist unser Vater. Denn Abraham kennt uns nicht (‫ אברהם לא ידענו‬/ Αβρααμ οὐκ ἔγνω ἡμᾶς), und Israel schenkt uns keine Beachtung. Du, Jhwh, bist unser Vater (‫ אתה יהוה אבינו‬/ σύ κύριε πατὴρ ἡμῶν), unser Erlöser (‫)גאלנו‬,⁹³ von Ewigkeit ist dein Name.⁹⁴

In Jes 63,16 wird also die Abrahamkindschaft zugunsten der Gotteskindschaft marginalisiert. Gott selbst ist der Vater, ist der, der rettet.⁹⁵ Ohne einen direkten Bezug auf Abraham, aber ebenfalls mit mahnendem Ton gegen jene, die sich auf ihre Geburt verlassen (im Vergleich zum Proselyten, der sich zu Gott bekehrt), argumentiert auch Philo (vgl. Praem 152). Des Weiteren ergeben sich auch aus dem Mt selbst Aspekte, die nicht zu einem völligen Traditionsbruch passen. Dies lässt sich am Mt 3,9 umschließenden Gerichtswort erkennen, durch das deutlich wird, dass die genealogische Abstammung nicht das entscheidende Kriterium darstellt: Ob jemand Frucht bringt, also den Willen Gottes tut,⁹⁶ oder nicht⁹⁷ ist das entscheidende Kriterium (Mt 7,16 – 20), nicht die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe.⁹⁸ In diesem Sinn wendet sich Johannes in Mt 3,9 gegen die Berufung auf die Abstammung von Abraham als ausreichendem Heilsgrund:⁹⁹ Kind Abrahams zu sein ist nicht heilssuffizient, sondern heilsrelevant sind zusätzlich die dem Willen Gottes entsprechenden Taten. Dass es Matthäus dabei auch um eine bestimmte Form der Torafrömmigkeit geht, wird besonders in der – im Verlauf des Evangeliums breit dargestellten – Auseinandersetzung Jesu mit den Pharisäern zur Gesetzesauslegung deutlich. Die Tora ist gemäß Matthäus voll gültig und zugleich erfolgt eine

 Hier weicht die Lesart der LXX vom MT ab, da sie kein Partizip, sondern einen Imperativ bezeugt: „Erlöse uns“ / ῥῦσαι ἡμᾶς. Durch die imperativische Übersetzung wird die theologische Implikation des MT abgeschwächt, nämlich der Vorzug der Exodustradition, die in der Gottesbezeichnung ‫ גאל‬deutlich wird (vgl. Jes 63,11– 14), vor der Vätertradition. Vgl. zu Letzterem Ska, „Nature“, 176; Mühling, Blickt auf Abraham, 100 f.  Die Formulierung der LXX τὸ ὄνομά σου ἐφ᾽ ἡμᾶς ἐστιν ähnelt PsSal 9,9, wo ebenfalls die Erwählung Israels in Abraham betont wird. Vgl. auch PsSal 18,3.  Mühling, Blickt auf Abraham, 101 argumentiert, dass „[d]ie übertriebene Selbstsicherheit, die der Vers kritisiert, […] aus einem Missverständnis von Jes 51,1 f resultieren [könnte]“.  Vgl. Klostermann, Mt, 23; Rölver, Christliche Existenz, 507. Dagegen äußert sich Kazmierski, „Stones of Abraham“, 30, Anm. 34.  Die Notwendigkeit des Tragens von Frucht wird in Mt 7,19 zwar auch im Mund Jesu im Rahmen einer Gerichtsandrohung wiederholt, an anderer Stelle begegnet sie hingegen als positive Forderung (vgl. Mt 5,16 [vgl. dazu ausführlich Kap. 8.2]; 7,16 – 20; 13,8; 21,43).  Dabei spielt keine Rolle, ob diese bestimmte Gruppe über die Abrahamkindschaft definiert wird oder über die Zugehörigkeit zur Gemeinde (vgl. Mt 7,21– 23; Mt 22,1– 14). Vgl. zu Mt 22,1– 14 auch Kap. 6.3.  Im Sinne einer falschen Heilsgewissheit argumentieren auch Schniewind, Mt, 22 f; Morris, Mt, 59; Pichler, „Abraham“, 62; Dennert, John the Baptist, 156.

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4 Segen und Abrahamkindschaft – Partizipation der Völker am Heil?

Neubestimmung der Wertigkeit der Gebote.¹⁰⁰ Damit wäre jedoch nicht mit der Abrahamtradition an sich gebrochen.¹⁰¹ Schließlich gilt auch Abraham als besonders fromm und folgsam in Gottes Willen. Dieser Aspekt der Abrahamtradition wird bereits in Gen deutlich. In Gen 12,4 wird Abraham als gehorsam gegenüber Gottes Auftrag dargestellt. In Gen 26,5 wird nicht mehr nur von Abrahams unmittelbarem Gehorsam gesprochen, sondern dessen treues Halten der Gebote, Ordnungen und Gesetze wird als Grundlage der Verheißungen angesehen (vgl. auch Gen 18,9).¹⁰² Auch in frühjüdischen Schriften ist das am Willen Gottes orientierte Handeln Abrahams ein wichtiger Topos. Im Jubiläenbuch wird immer wieder deutlich, dass Abraham bereits Opfervorschriften und Festzeiten einhält (vgl. exemplarisch Jub 13,25; 15,1; 16,21), die zwar auf den himmlischen Tafeln (z. B. Jub 18,19) geschrieben stehen, dem Volk gemäß Gen-Dtn aber erst mit der Offenbarung am Sinai durch Mose gegeben werden (so auch Jub 1,1).¹⁰³ Damit wird Abrahams Gesetzestreue betont. Eng damit verbunden ist auch die Vorstellung des Glaubens Abrahams (vgl. z. B. Jub 17,17). Von der Gesetzesobservanz Abrahams ist auch in Sir 44,20 die Rede sowie im Damaskusdokument (CD A iii,1– 4; xvi,4– 6¹⁰⁴). Auch bei Philo lebt Abraham gemäß dem göttlichen Willen, wobei ihm das Gesetz in seiner mosaischen Form selbstverständlich unbekannt ist (bes. in Abr).¹⁰⁵ Dabei ist auffällig, dass Abraham als Tugendheld gezeichnet wird, wohingegen die Beschneidung – im Unterschied zur übrigen Tradition – nicht mit ihm verknüpft wird (auch nicht in Virt 212– 219, wo Abraham explizit als erster Konvertit gezeichnet wird).

Demnach ist es für das Mt sinnvoller, von einer Verschiebung des Schwerpunktes der Rezeption zu sprechen als von einem Bruch mit der Abrahamtradi-

 Vgl. dazu Kap. 8.4.2– 5.  Für Kontinuität spricht sich auch Schniewind, Mt, 22 f aus, doch versteht er diese nicht unmittelbar im Sinne eines Fortbestands der Verheißung an Israel, sondern sieht sie in der Erweckung der Kinder aus Steinen erfüllt. Israels bleibende Teilhabe deutet er parallel zu Röm 11,25 f.  Dass dies auf einen „innerbiblischen Traditionsprozess“ zurückzuführen ist, zeigt Ego, „Abraham als Urbild“, 25 – 40.  Vgl. auch Sandmel, Philo’s Place, 38 – 49.  In Charlesworth, DSS 2. Dass sich der „Tag seiner Erkenntnis“ auf Abrahams Entschluss bezieht, die Gebote Gottes zu halten, ergibt sich aus dem Kontext, wird aber nicht explizit gesagt (so Mühling, Blickt auf Abraham, 233).  Wie sich der Gesetzesgehorsam Abrahams und das mosaische Gesetz zueinander verhalten, wird in den Schriften Philos anders bewertet als im Jubiläenbuch. Calvert, „Philo’s Use“, 472: „To Philo, the law of nature and the law of Moses are identical. […] To Philo the Law of Moses was the only truly natural law“. Etwas detaillierter bewertet Sandmel, Philo’s Place, 108: „What Philo is saying in effect is that the biographies of Abraham and others in Genesis, and of Moses in Exodus are legal documents; that the Mosaic Law is the specific and the copy of the archetypical law found in Genesis […]. First he [Philo] is telling us that there is a law which Abraham observed, the law of nature, the most venerable of statutes. Insofar as he was a lawful man, it was the law of nature which Abraham followed. Since the particular laws, that is, the Mosaic code, are the copy of deeds of men who followed nature, the Mosaic Law is consistent with nature.“

4.2 Falsche Sicherheit in der Berufung auf Abraham – Mt 3,9

125

tion:¹⁰⁶ Die Verbindung zu Abraham beruht nicht auf einem genealogischen Anspruch, sondern auf einem ethischen, d. h. wie Abraham den Willen Gottes tat, so sollen es auch seine Söhne tun.¹⁰⁷ Darin besteht außerdem eine Verbindung zur Abrahamsohnschaft Jesu, denn in Mt 12,50 sagt dieser: „Der nämlich, der den Willen meines Vaters in den Himmeln tut (ποιήσῃ τὸ θέλημα τοῦ πατρός μου), ist mein Bruder“. Ist Jesus der Sohn Abrahams, so ist es über die geschwisterliche Beziehung zu Jesus auch derjenige, der Gottes Willen befolgt.¹⁰⁸ Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Abrahamkindschaft auch in Mt 3,9 nicht gänzlich abgelehnt wird.¹⁰⁹ Denn es wäre Gott möglich, „Abraham aus diesen Steinen Kinder zu erwecken“ (Mt 3,9). Demnach wird nicht Abraham als Vorfahre verworfen, sondern eben – wie oben bereits erwähnt – der Versuch, aus der genealogischen Verbundenheit mit Abraham heilsrelevante Ansprüche abzuleiten. Zugleich erscheint die Erwählung des Volkes in Abraham nicht an der Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit einzelner Individuen zu hängen.¹¹⁰ Denn schließlich wird einzelnen Vertretern des Volkes, in diesem Fall den Autoritäten, von Johannes das Gericht angekündigt (Mt 3,10). Gott ist es in seinem vollmächtigen Handeln möglich, neue Kinder oder weitere Kinder hinzuzufügen, und zwar „aus diesen Steinen“ (ἐκ τῶν λίθων τούτων; Mt 3,9). Angesichts der Ablehnung der Heilsgewissheit und der Forderung des Tuns des göttlichen Willens stellt sich die Frage, wie das Bild von den Kindern aus den Steinen zu verstehen ist und inwiefern darin implizit Heil für die Völker deutlich wird. Hinter der Wendung ἐγεῖραι ἔκ τινος steht nicht die Vorstellung, dass die Steine in Kinder verwandelt werden, quasi eine Metamorphose vollziehen. Viel Davies/Allison, Mt I, 308 f gehen davon aus, dass nicht der Bund Gottes mit Abraham von Matthäus für nichtig erklärt wird, sondern bestimmte populäre Vorstellungen, die sich in der Rezeption damit verknüpft haben.  So bereits Gen 18,19, wo das Befolgen der Weisungen Gottes durch die Söhne Abrahams sogar die Grundlage dafür bildet, dass, so Ego, „Abraham als Urbild“, 33, „die Verheißungen an Abraham erfüllt werden. Gottes Verheißungen an Abraham können sich nur dann realisieren, wenn dessen Nachkommen Recht und Gerechtigkeit üben“.  So bleibt, gemäß Rölver, Christliche Existenz, 506, „die Sohnschaft im Matthäusevangelium ein christologisch vermitteltes Heilsgut“, wobei sich diese Sohnschaft im Handeln manifestiert, und zwar im Tun des Willens des Vaters (506 f). Auch bei Paulus in Gal 3,29 kann die Nachkommenschaft Abrahams (τοῦ ᾿Aβραὰμ σπέρμα) nur insofern geltend gemacht werden, als sie über Christus läuft. Allerdings ist die Verbindung zu Christus weniger über den ethischen Aspekt als über den Glauben gegeben (vgl. auch Siker, Disinheriting, 42 f).  Auch in anderen frühchristlichen Schriften findet sich die Berufung auf die Abrahamkindschaft, vgl. Lk 1,72– 74; Joh 8,39; Röm 4,12; Gal 3,7; Jak 2,21.  Vgl. auch Bruner, Mt I, 93. Dies gilt auch schon für die Schriften Israels, in denen die Grenzen zwischen dem Volk Gottes und der Gemeinde Gottes nicht immer identisch verlaufen. Preuss, Theologie I, 63: Das Volk Jhwhs ist keine „numerisch fest umschriebene Größe“.

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4 Segen und Abrahamkindschaft – Partizipation der Völker am Heil?

mehr findet sich die Wendung sonst im Zusammenhang mit „hervorgehenlassen“, „auftretenlassen“ eines Propheten oder Königs (vgl. Dtn 18,15.18; 2Sam 7,12).¹¹¹ Gott veranlasst also Steine, Kinder hervorzubringen. Viele Ausleger erkennen darin die Möglichkeit eines dahinterliegenden hebräischen Wortspieles, wenn es heißt, dass aus den Steinen (‫ )אבנים‬Söhne (‫ )בנים‬hervorgebracht werden.¹¹² Die Vorstellung, dass Stein das Material ist, aus dem Kinder hervorgehen, findet sich ähnlich auch in den Schriften. Besonders häufig wird auf Jes 51,1 f ¹¹³ als textlicher Hintergrund verwiesen:¹¹⁴ 1

Hört auf mich, die ihr der Gerechtigkeit nachjagt, die ihr Jhwh sucht! Blickt hin auf den Felsen (‫צור‬/πέτραν), aus dem ihr gehauen, und auf den Brunnenschacht, aus dem ihr gegraben seid! 2Blickt hin auf Abraham, euren Vater (‫ אברהם אביכם‬/ Αβρααμ τὸν πατέρα ὑμῶν), und auf Sarah, die euch geboren hat! Denn ich rief ihn als einen einzelnen, und ich segnete ihn und mehrte ihn. (Jes 51,1 f)

Zu nennen ist auch Dtn 32,18MT¹¹⁵, wo das Bild des Felsens für den Erzeuger steht. Zwar ist Abraham dort nicht genannt, sondern die genealogische Verbindung schöpfungstheologisch auf Gott bezogen,¹¹⁶ doch steht auch V. 18 im Kontext einer Gerichtsansage, die in V. 19 über die Kinder¹¹⁷ erfolgt: 18

An den Felsen (‫)צור‬, der dich gezeugt (‫)ילדך‬, dachtest du nicht und vergaßest den Gott, der dich geboren hat (‫)מחללך‬. 19Und Jhwh sah es und verwarf sie aus Unwillen über seine Söhne und seine Töchter. (Dtn 32,18 fMT)

Die Vorstellung der Entstehung von Menschen aus Steinen als ein göttlicher Schöpfungsakt findet sich weiterhin im Frühjudentum. Dort sind es allerdings

 So Davies/Allison, Mt I, 308; ähnlich Gundry, Mt, 46, der auch darauf verweist, dass das Bild der Steine jenes des Hausbauens assoziieren lässt, das ebenfalls ein Bild für eine Familie darstellt, z. B. Haus Davids.  Vgl. Klostermann, Mt, 23; Seitz, „These Stones“, 253; Albright/Mann, Mt, 27; Schweizer, Mt, 26; Gnilka, Mt I, 70; Hagner, Mt I, 50; Gundry, Mt, 47; Morris, Mt, 59, Anm. 38; Harrington, Mt, 56; France, Mt, 111.  Dazu, dass die Vorstellung in Jes 51,2 mit Gen 12,1– 3 verknüpft ist, vgl. Gosse, „Abraham“, 422.  Vgl. Klostermann, Mt, 23; Schmid, Mt, 57; Bonnard, Mt, 36; Davies/Allison, Mt I, 308; Olmstead, Trilogy, 75; France, Mt, 112. Angezweifelt wird dieser Bezug von Schweizer, Mt, 25 f, da Abraham der Ahnherr bleibe und nicht ein neuer erwählt würde. Die neuerweckten Kinder sind ebenfalls Kinder Abrahams.  In der LXX heißt es lediglich „den Gott, der dich gezeugt hat“ (θεὸν τὸν γεννήσαντά σε), von einem Stein ist nicht die Rede.  Die Vorstellung von Gott als Felsen findet sich z. B. auch in 1Sam 2,2MT.  Vgl. Nielsen, Dtn, 290; Lundbom, Dtn, 886.

4.2 Falsche Sicherheit in der Berufung auf Abraham – Mt 3,9

127

Abraham und sein Bruder sowie deren spätere Frauen, die von Gott aus einem Steinblock geschnitten werden (LAB 23,4). Für den mt Text ergibt sich die Frage, worauf sich das Bild von den Steinen genauer bezieht. Ist das Bild offen für eine über Israel hinausreichende Deutung der Abrahamkindschaft? Verschiedene Aspekte seien genannt: Zum einen erinnern „diese Steine“ in Mt 3,9 an „diese Steine“ (οἱ λίθοι οὗτοι) in Jos 4,1– 9, die beim Durchzug durch den Jordan gesammelt werden und symbolisch für die zwölf Stämme Israels stehen.¹¹⁸ Johannes verwiese dann mit seinem Ausspruch ἐκ τῶν λίθων τούτων auf eben οἱ λίθοι οὗτοι, die Josua am Jordan aufbaute. Unterstützt wird diese Deutung durch die Kontextualisierung der Rede von Johannes dem Täufer. Dieser steht wie die Israeliten in Jos 4,1– 9 am Jordan (Mt 3,6).¹¹⁹ Demnach wäre es potentiell möglich, in dem Wort von den Steinen das Anliegen der Restitution des Zwölf-Stämme-Volkes zu sehen,¹²⁰ wie dies auch an anderen Stellen des Mt deutlich wird (vgl. z. B. Mt 1,2;¹²¹ 4,25;¹²² 10,1– 6; 19,28¹²³). Problematisch an dieser Kontextualisierung ist jedoch, dass Mt 3,9b damit in einer eigenartigen Spannung zu Mt 3,9a stünde. Eine heilsrelevante Berufung auf Abraham, als dem Stammvater Israels, würde dann durch die Hoffnung auf eine Restitution des Zwölf-Stämme-Volkes ersetzt, die – zumindest im Narrativ der Schriften Israels – als die organisatorische Grundform aller Israeliten schlechthin gilt (vgl. z. B. Num 1; 26,55; Dtn 1,13.15; Jos 14,2– 4 u. ö.). Eine universale Größe wäre damit nicht im Blick. Zum anderen können die Steine metaphorisch verstanden werden. Dann sind sie ein Bild für „Leblosigkeit“.¹²⁴ Tote Steine bringen lebendige Kinder hervor. Dies wird auch unter Hinzunahme von Mt 4,3 (εἰπὲ ἵνα οἱ λίθοι οὗτοι ἄρτοι  Dass die Namen der zwölf Stämme Israels (so MT) / Söhne Israels (so LXX) durch zwölf Steine (‫ האבנים‬/ οἱ λίθοι) auf dem priesterlichen Ephod repräsentiert werden, findet sich in Ex 28,21; 39,14.  Vgl. auch Seitz, „These Stones“, 252 f: Er zieht sogar in Erwägung, dass Johannes parallel zu seiner Rede auf ganz bestimmte Steine zeigte, die in der Tradition mit der Erwählung aus Jos 4,1– 9 (vgl. besonders Jos 4,9) in Verbindung gebracht wurden. Dabei betont er auch die Verbindung von Jos 4,9 mit Jos 5,7MT (‫)ואת־בניהם הקים תחתם‬.  Darauf verweist auch Fiedler, Mt, 78.  Somit wäre Mt 3,9 nicht nur über den Namen Abraham mit Mt 1,1 verknüpft, sondern auch über das Motiv der Restitution der zwölf Stämme mit Mt 1,2. Dazu, dass es sich bei der Formulierung Ἰούδαν καὶ τοὺς ἀδελφοὺς αὐτοῦ (Mt 1,2) um die Einspielung dieses Motives handelt, vgl. z. B. Sand, Mt, 43; Johnson, Purpose, 151 f, der darin eine Nähe zur Theologie des Chronisten sieht; Oberforcher, „Jüdische Wurzel“, 14; Konradt, Israel, 26.  Vgl. z. B. Frankemölle, „Bund“, 345.  Vgl. dazu Konradt, Israel, 281 f.  Vgl. Klostermann, Mt, 23; Schweizer, Mt, 26; Wieser, Abrahamvorstellungen, 6; Yamasaki, John the Baptist, 89.

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4 Segen und Abrahamkindschaft – Partizipation der Völker am Heil?

γένωνται) deutlich: Etwas Lebloses wird zu lebenspendender Nahrung. Damit wäre dann auf Abrahams eigene (vermeintliche) Unfruchtbarkeit angespielt oder auf die Unfruchtbarkeit Sarahs, die Abraham zunächst keine Kinder gebären konnte (vgl. Gen 17,17; 18,10 – 12). Auch mit dieser Deutungsebene ist noch keine Aussage über die potentielle Universalität gemacht. Vielmehr ist Gottes voraussetzungsloses, heilschaffendes Handeln betont.¹²⁵ Selbst aus (unfruchtbaren) Steinen ist es Gott möglich, Abraham Kinder zu erwecken. Dass Gott auch vermeintlich Unmögliches möglich ist, ist nicht neu in die Abrahamvorstellung eingetragen, sondern bereits in Gen 18,14 zugrunde gelegt.¹²⁶ Die universale Komponente in Mt 3,9, die in der Forschung breiten Konsens findet,¹²⁷ ist letztlich nur schwerlich unmittelbar aus dem Bild der Steine¹²⁸ zu belegen.¹²⁹ Sie hat jedoch aufgrund der Gesamtargumentation und dem Verlauf der mt Erzählung eine gewisse Plausibilität. Abrahamkindschaft ist keine ausschließende Kategorie. Bereits in den Schriften ist die Verheißung des Segens nicht auf Abraham und seine direkte genealogische Linie beschränkt (Gen 12,3).

 Vgl. Wieser, Abrahamvorstellungen, 6; Fiedler, Mt, 77; Konradt, Mt, 49 f.  In einem ähnlichen Sinn interpretiert auch Morris, Mt, 59, doch geht er von sichtbaren Steinen in der Wüste aus und nicht allein von einem Sprachbild. B. Dennert betont, dass dieses Handeln Gottes jedoch ein potentielles, kein mit Sicherheit geschehendes darstellt. Dennert, John the Baptist, 157: „God could bring forth children for Abraham“ (Hervorhebung im Original).  Vgl. zur Deutung von Mt 3,9 im universalen Sinn Bruce, Time, 62; Davies/Allison, Mt I, 309; Siker, Disinheriting, 81; Brown, Birth, 67 f; Gnilka, Mt I, 70; Hagner, Mt I, 50; Tisera, Universalism, 33; Bauer, „Function“, 155; Senior, Mt, 53; Luz, Mt I, 206; Olmstead, Trilogy, 75; Harrington, Mt, 56; Konradt, Israel, 287; Dennert, John the Baptist, 156; Klaiber, Mt I, 53.  Ein Versuch, das Bild der Steine innermatthäisch mit einem universalisierenden Akzent zu plausibilisieren, läge möglicherweise im Verweis auf den intratextuellen Bezug zu Mt 16,18 vor. Allerdings besteht eine solche Verbindung, wenn überhaupt, nur sehr vage. Abraham selbst wird in Mt 3,9 nicht als Felsen bezeichnet, sondern er erhält neue Kinder aus „diesen Steinen“. Ist nun nach Mt 16,18 die Kirche das, was auf Felsen gebaut ist, so wäre es möglich zu argumentieren, dass die Christusgläubigen jene sind, die Abrahams neue Kinder, die aus den Steinen hervorgehen, verkörpern. Da die Gemeinde nicht allein aus Juden besteht, sondern sich auch für Menschen aus den Völkern zu öffnen beginnt (vgl. bes. prägnant Mt 28,19 f), entsprächen dann auch die neuen Abrahamkinder einer für Menschen aus den Völkern geöffneten Gruppe. Problematisch an diesem Zusammenhang ist, dass in Mt 3,9 von τῶν λίθων τούτων und in Mt 16,18 von ταύτῃ τῇ πέτρᾳ die Rede ist. In der LXX kommt λίθος primär als Übersetzung von ‫( אבן‬Stein) vor, jedoch nie von ‫צור‬ (Fels), was neben ‫ כף‬als die häufigste Übersetzung von πέτρα angesehen werden kann (vgl. Hatch/Redpath, Concordance Septuagint, 876 – 878.1129). Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass in Jes 51,1LXX ebenfalls πέτρα und nicht λίθος steht. Dennoch wird diese Textstelle von vielen Exegeten primär zur Deutung von Mt 3,9 herangezogen.  Darauf verweisen auch Hare, Jewish Persecution, 157, bes. Anm. 3; Siker, Disinheriting, 81, Anm. 19. Gegen eine universale Komponente in Mt 3,9 vgl. Schmid, Mt, 57 f, der diese erst in Mt 8,11 in den Blick genommen sieht. In Mt 3,9 gehe es allein um einen „Akt der göttlichen Allmacht“ (57).

4.2 Falsche Sicherheit in der Berufung auf Abraham – Mt 3,9

129

Indem im Mt eine Berufung auf die Heilssuffizienz der Abrahamkindschaft abgelehnt wird und damit eine typisch inner-israelitische Argumentationsfigur, die durchaus in einem exklusiven Sinn interpretiert werden kann, wegfällt, wird der Raum für eine Inklusion von Menschen aus den Völkern geöffnet. Voraussetzung ist das Tun des Willens Gottes, denn das was zählt, ist „Fruchtbringen“ des Einzelnen¹³⁰. Abrahamkindschaft wird damit ethisch, nicht ethnisch verstanden. Durch dieses Verständnis können Menschen aus den Völkern ebenfalls zu Abrahamkindern werden.¹³¹ Somit wäre auch hier proleptisch Mt 28,19 f eingespielt.¹³² Dies ist nicht im Sinn einer Ablösung der Erwählung Israels durch die Kirche zu verstehen.¹³³ Dafür spricht, dass Mt 3,9 in eine Gerichtsansage an die Autoritäten, nicht an das Volk Israel, eingebettet ist. Sie scheitern am Anspruch, gute Frucht zu bringen, wie sich im weiteren Verlauf der mt Erzählung zeigen wird (vgl. z. B. Mt 21,43).¹³⁴ Dadurch ist es letztlich deren (vermeintliches) exklusives Erwählungsbewusstsein, das durch das Hervorbringen neuer Kinder für Abraham ins Wanken gerät, jedoch folgt daraus keine Verwerfung Israels. Auch werden die Verheißungen (Mehrungsverheißung und Verheißung des Landes¹³⁵), die in den Schriften an Abraham ergangenen sind, nicht für ungültig erklärt. Abraham wird nicht kinderlos, sondern allein die konkrete Zusammensetzung der Gruppe, die als Abrahamkinder bezeichnet wird, verschiebt sich. Zusammenfassend ist so zum einen festzuhalten, dass die Rede des Täufers im Mt nicht losgelöst von einer bereits in den Schriften bezeugten Zurückhaltung gegenüber einer zu optimistischen Berufung auf Abraham steht. Somit werden hier Aspekte, die kritisch mit der Abrahamtradition umgehen, aus den Schriften aufgenommen und im Rahmen der mt Kritik an den Autoritäten weitergeführt. Zum anderen lässt sich für die Frage nach Abraham als universale Figur Folgendes

 So auch Olmstead, Trilogy, 75; Klaiber, Mt I, 53 f. Bauer, „Function“, 155 geht hingegen davon aus, dass es letztlich um die Ausscheidung der Ungläubigen unter den Juden ginge, die sich von der Basileia abwenden.  Im frühchristlichen Kontext ist es vor allem Paulus, der eine Gemeindeöffnung für Heidenchristen über die Gestalt Abrahams legitimiert (vgl. Röm 4,12; Gal 3,16.29; 4,21– 31).  Vgl. Konradt, Mt, 50.  Auslegungen, die in der Täuferpredigt die Ankündigung der endgültigen Verwerfung Israels zu erkennen meinen, sind nicht differenziert genug (vgl. auch die oben erwähnte Unterscheidung zwischen den Adressaten der verschiedenen Redeteile der Predigt des Täufers). Dies gilt auch für eine Kontextualisierung des mt Israelbildes in dtr oder chr Tradition, wie dies Wieser, Abrahamvorstellungen, 97 versucht: „Nach dem Vorbild des dtr und chr Geschichtswerk schildert der Evangelist Israel als ‚Einheit des Bösen‘“. Vgl. ähnlich Frankemölle, Jahwebund, 258 – 260.  Als Klimax in der Auseinandersetzung mit den Pharisäern kann Mt 23 angesehen werden, vgl. Hagner, Mt I, 49; Kvalbein, „Matthew“, 58; Harrington, Mt, 57.  Vgl. dazu Kap. auch 4.3.1.

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4 Segen und Abrahamkindschaft – Partizipation der Völker am Heil?

festhalten: Auch wenn es nicht richtig erscheint, von einem Traditionsabbruch zu sprechen, so gilt die Abrahamkindschaft nicht als Garant für die Heilsteilhabe. Eine Gerechtsprechung um der Väter willen, wie sie in den Schriften z.T. vertreten wird (vgl. z. B. Ex 32,13), wird abgelehnt.¹³⁶ Im Gericht wird relevant, ob der Einzelne selbst Frucht brachte oder nicht (vgl. neben Mt 3,7 f.10 auch 7,19; 13,24– 30; 25,31– 46).¹³⁷ Kind Abraham ist man demnach durch das Tun des Willens Gottes, nicht aufgrund genealogischer Abstammung (vgl. auch Mt 12,50).¹³⁸ Damit steht Matthäus eher in einer theologischen Kontinuität zu Stellen wie Ez 18,1– 9, wo eine Umkehr des Individuums hin zum Willen Gottes möglich ist.¹³⁹ Folglich kann auch nicht von einer Verwerfung ganz Israels gesprochen werden, sodass dann die neuen Kinder aus den Steinen der Kirche ohne Israel entsprächen. Matthäus vertritt eher die Vorstellung eines Wechselverhältnisses, in dem sowohl die Erwählung Israels als auch die universale Ausrichtung des Heils aufeinander bezogen werden. Die Figur Abrahams bietet sich zur Verdeutlichung dieser doppelten Ausrichtung besonders an, da in ihm gerade die Erwählung Israels mit der Segensverheißung für die Völker zusammenkommt. Die Möglichkeit der Erweckung neuer Kinder für Abraham ist also sowohl als Kritik an den Autoritäten als auch in diesem universalisierenden Kontext zu verstehen.

4.3 Die „Vielen“ mit Abraham im Königreich der Himmel – Mt 8,11 f Abraham wird noch an einer dritten Textstelle im Mt genannt: Mt 8,11 f. Dort wird das bisher im Mt dargestellte Abrahambild weiter unterstützt, wie auch um eine eschatologische Komponente ergänzt. Die Besprechung dieser Textstelle findet darum bereits hier statt, obwohl sie im Rahmen verschiedener anderer Topoi der Studie relevant ist (vgl. zur Völkerwallfahrt Kapitel 5.2. und zum Völkermahl Kapitel 6.2). Die grundlegende Deutung der „Vielen“ (οἱ πολλοί), die im Folgenden entfaltet wird, liegt auch der Auslegung der übrigen Textstellen zugrunde.¹⁴⁰ In Mt 8,11 f heißt es:

 Zur späteren rabbinischen Vorstellung der ‫( זכות אבות‬Verdienste der Väter), die sich besonders auf Abraham, Isaak und Jakob beziehen, vgl. z. B. Schechter, Rabbinic Theology, 170 – 198.  Individualisierungstendenzen erkennen auch Davies/Allison, Mt I, 308.  So auch Pichler, „Abraham“, 72.  Auch die Möglichkeit der individuellen Umkehr ist bereits in Texten der Schriften Israels und aus der frühjüdischen Umwelt bekannt: Ez 18,21 f; Jes 55,7; Philo Praem 152.  Vgl. neben Kap. 5.2 und Kap. 6.2 auch Kap. 6.4 (zu Mt 26,28) sowie Kap. 10.1 (zu Mt 20,28; 26,28).

4.3 Die „Vielen“ mit Abraham im Königreich der Himmel – Mt 8,11 f

Mt , f λέγω δὲ ὑμῖν ὅτι πολλοὶ ἀπὸ ἀνατολῶν καὶ δυσμῶν ἥξουσιν καὶ ἀνακλιθήσονται μετὰ ᾿Aβραὰμ καὶ Ἰσαὰκ καὶ Ἰακὼβ ἐν τῇ βασιλείᾳ τῶν οὐρανῶν,  οἱ δὲ υἱοὶ τῆς βασιλείας ἐκβληθήσονται εἰς τὸ σκότος τὸ ἐξώτερον· ἐκεῖ ἔσται ὁ κλαυθμὸς καὶ ὁ βρυγμὸς τῶν ὀδόντων. 

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Mt , f Ich aber sage euch, dass viele von Osten und Westen kommen werden und sich zu Tisch legen werden mit Abraham und Isaak und Jakob im Königreich der Himmel,  aber die Söhne des Königreiches werden hinausgeworfen werden in die äußerste Finsternis. Dort wird Heulen und Zähneklappern sein. 

Dieses doppelgliedrige Jesus-Logion, das mit der Autorität verleihenden Formel λέγω δὲ ὑμῖν eingeleitet wird, gehört in den Zusammenhang der Erzählung der Begegnung Jesu mit dem römischen Hauptmann (Mt 8,5 – 13). Abraham wird hier in einer formelhaften Wendung neben den beiden anderen Erzvätern Isaak und Jakob genannt. Von der im Folgenden noch näher zu bestimmenden Gruppe der πολλοί heißt es, dass sie hinzukommen werden, um Tischgemeinschaft mit den Patriarchen Israels zu haben, wohingegen die „Söhne des Königreiches“ (οἱ υἱοὶ τῆς βασιλείας) ausgeschlossen werden.

4.3.1 Die Vätertrias Abraham, Isaak und Jakob Es stellt sich die Frage, ob auch hier eine auf die Völker ausgerichtete Abrahammotivik vorliegt: Die formelhafte Verwendung der Patriarchentrias findet sich nicht erst im Mt,¹⁴¹ sondern bereits regelmäßig in den Schriften Israels. Dabei fällt besonders auf, dass die jeweiligen Kontexte entweder allgemein vom Bund mit den Vätern handeln (Ex 2,24; 2Kön 13,23) und/oder sich auf die Landverheißung an Abraham beziehen (Gen 50,24; Ex 6,8; Num 32,11; Dtn 1,8).¹⁴² In Ex 6,3 – 5 werden beide Aspekte so eng verbunden, dass es den Anschein erweckt, der Bund mit den Vätern würde genau in dieser Landverheißung konkret.¹⁴³ Die Zusage des Landes gilt einer bestimmten Gruppe und ist bundestheologisch an die Erzvä-

 Außerdem auch in Mt 22,32, wobei die Erzväter dort nicht explizit als Träger einer bestimmten Verheißung eingeführt werden, sondern der genaueren Beschreibung Gottes dienen.  Außerdem Ex 33,1; Dtn 6,10; 9,5.27 f; 30,20; 34,4; vgl. auch Mühling, Blickt auf Abraham, 79 – 84. Ähnlich auch in Bar 2,34.  Vgl. dazu Dozeman, Ex, 166; Dohmen, Ex I, 205. Vgl. auch Lev 26,42. Hingegen gehen Koenen/Mell, „Art. Landbesitz“, 325 unter Bezug auf Mt 8,11 f davon aus, dass „Jesus die Gottesherrschaftsverkündigung unabhängig von Israels Landverheißung formuliert“ hat.

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4 Segen und Abrahamkindschaft – Partizipation der Völker am Heil?

tertrias rückgebunden. Die Vätertrias steht jedoch nie in Bezug zur Mehrungsverheißung oder der Verheißung des Segens. Durch diesen Befund lässt sich auch für Mt 8,11 zunächst festhalten, dass der unmittelbare Bezug auf Abraham eher nicht im Rahmen eines universalen Segens eingeführt ist. Vielmehr deuten die intertextuellen Bezüge zur Landverheißung auf einen erwählungstheologischen Zusammenhang,¹⁴⁴ in dem Sinn, dass Matthäus in der Landverheißung die βασιλεία verwirklicht sieht.¹⁴⁵ Zudem lässt sich sagen, dass die Landverheißung an die Väter in der βασιλεία τῶν οὐρανῶν eschatologisiert ist. Dafür spricht auf der sprachlichen Ebene die Formulierung des Logions im Futur (ἥξουσιν; ἀνακλιθήσονται), trotz des Bezugs auf Personen der vergangenen Geschichte.¹⁴⁶ Die Vorstellung, dass die Patriarchen auferstehen, ist in den Schriften Israels zwar nicht belegt, findet sich jedoch an verschiedenen Stellen der frühjüdischen Literatur (vgl. TestJud 25,1; TestBenj 10,6; TestLev 18,14¹⁴⁷; 4Makk 7,19¹⁴⁸; 16,24 f; 18,23). Heißt dies nun, dass mit Mt 8,11 f ein Text vorliegt, der für eine auf Israel im engeren Sinn bezogene Deutung der Abrahamsohnschaft Jesu spricht? Oder sind auch Menschen aus den Völkern ein Teil derer, die teilhaben an diesem Aspekt der Abrahamverheißung? Ein Argument, das für die zweite Option spricht, findet sich bereits in den Schriften Israels selbst, in denen die Landverheißung einerseits zwar speziell Israel gilt, das Land andererseits jedoch kein Raum ist, in dem ausschließlich Israeliten leben (vgl. z. B. Jdc 1,16 – 36), was auch durch das breite Bedenken der Rechte des Fremdlings in Israel in den Schriften deutlich wird.¹⁴⁹ Um diese Frage auch für Mt 8,11 f zu beantworten, gilt es im Folgenden zu klären,  Unter Bezug auf Jes 29,22; 41,8 und 51,2 stellt Meadors, Messianic Herald, 214 stärker den Aspekt des endzeitlichen Schutzes der Kinder Jakobs heraus. Allerdings werden die Väter in den von ihm genannten Stellen nie im formelhaften Gebrauch der Vätertrias erwähnt.  Ob sich daraus, wie Theissen, Lokalkolorit und Zeitgeschichte, 48 feststellt, eine lokale Perspektive auf Palästina ergibt, birgt aufgrund der Einspielung der Landverheißung eine gewisse Plausibilität, die jedoch durch die Eschatologisierung wiederum relativiert wird.  Hinzu kommt, dass auch die übrigen drei Belegstellen von ἥκω (Mt 23,36; 24,24.50) eine Verbform im Futur bieten und ebenfalls eschatologischen Sinn haben. Anders hingegen der einzige mk Beleg (Mk 8,3), wo die Verbform im Perfekt steht und keinen eschatologischen Sinn aufweist.  „Dann werden Abraham, Isaak und Jakob jubeln (ἀγαλλιάσεται)“ (TestLev 18,14). Dazu schreibt Pichler, „Abraham“, 62: „[D]as griechische Wort meint den eschatologischen Jubel“.Vgl. parallel dazu auch die Formulierung in TestBenj 10,6: „[D]ann werdet ihr sehen Henoch, Noah und Sem und Abraham und Isaak und Jakob, die auferstehen (ἀνισταμένους) zur Rechten in Jubel (ἐν ἀγαλλιάσει).“  Im Unterschied zu 4Makk 16,25 ist für diesen Vers die Überlieferung innerhalb der verschiedenen Handschriften nicht einheitlich. Vgl. zur Diskussion Klauck, 4Makk, 721, Anm. 19.  Vgl. zum Lebensraum für den Fremden in Israel Kap. 2.3.5.

4.3 Die „Vielen“ mit Abraham im Königreich der Himmel – Mt 8,11 f

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wer mit den hinzukommenden πολλοί und den in die äußere Finsternis verstoßenen „Söhnen des Reiches“ (υἱοὶ τῆς βασιλείας) gemeint ist.

4.3.2 Die „Vielen“ – οἱ πολλοί Die Nennung der πολλοί in Mt 8,11 ist mt Redaktion (in Lk 13,29¹⁵⁰ steht nur ἥξουσιν, ohne explizite Nennung eines Subjekts).¹⁵¹ Daraus lässt sich folgern, dass die πολλοί eine entscheidende Rolle im Verständnis des mt Textes spielen. Die Mehrheit der Ausleger geht davon aus, dass mit den πολλοί in Mt 8,11 „Heiden“ gemeint seien.¹⁵² Dies folgern sie zumeist aus der Perikope, in die das Logion eingebettet ist. Der römische Hauptmann, ein „Heide“, bittet Jesus um die Heilung seines Knechts/Sohns (ὁ παῖς),¹⁵³ doch weist Jesus seine Zuständigkeit

 Das Logion hat mit Lk 13 einen anderen Ort erhalten als im Mt. Im Lk bildet es den Abschluss der Lehrrede Jesu über die enge Pforte und die verschlossene Tür, durch die kein Hineinkommen mehr möglich ist. Dabei ist es umstritten, ob die redaktionelle Umformung auf Matthäus oder Lukas zurückgeht. Zum Vergleich beider Logien siehe exemplarisch Schmid, Matthäus und Lukas, 254– 256; Wegner, Hauptmann, 239 – 276; Bovon, Lk II, 428 – 430; Konradt, Israel, 219; Zeller, „Logion I“, 223 f.  Die mt Verwendung von πολύς ist an mehreren Stellen (zehn Mal) im Mt redaktionell gegen die Mk-Vorlage eingefügt (vgl. Schulz, Q, 324; Bird, „East and West“, 443). Ausschließlich im Mt findet sich der Ausdruck nur an zwei weiteren Stellen: Mt 7,22/nicht in Lk 13,25; Mt 24,10 (Sondergut). Vorhanden oder teilweise in der Mk-Vorlage oder Lk-Parallele vorhanden ist der Begriff in: Mt 7,13/Lk 13,23; Mt 19,30/Mk 10,31/nicht in Lk 13,30; Mt 20,28/Mk 10,45/nicht in Lk 22,27; Mt 24,5/Mk 13,6/Lk 21,8; Mt 26,28/Mk 14,24/nicht in Lk 22,20.  So u. a. Weiss, Mt, 167; Meinertz, Heidenmission, 93; Klostermann, Mt, 75; Stoevesandt, Jesus, 73; Jeremias, Jesu Verheißung, 48 – 54; Schnackenburg, Gottes Herrschaft, 67.152.167; Trilling, Israel, 89; Kümmel, Promise, 85; Hoffmann, „Πάντες ἐργάται ἀδικίας“, 209; Bonnard, Mt, 116; Hooker, „Uncomfortable Words“, 363; Kretzer, Herrschaft der Himmel, 86; Strecker, Weg, 99 – 101; Wainwright, Eucharist, 26; Schulz, Q, 324 f; Zeller, „Logion II“, 85; Held, „Wundergeschichten“, 185; Bruce, Time, 62; Beare, Mt, 209; Sand, Reich Gottes, 18; Frankemölle, Jahwebund, 108; Siker, Disinheriting, 84; Gnilka, Mt I, 303; Hagner, Mt I, 205; Tisera, Universalism, 122; Gundry, Mt, 145 f; Zahn, Mt, 340; Woschitz, „Glaube“, 320 f; Park, Mission, 181 f; Marguerat, Jugement, 248 – 252; Long, Mt, 90; Bolyki, Tischgemeinschaften, 68; Olmstead, Trilogy, 77 f; Osborne, Mt, 292 f; Hays, Echoes of Scripture in the Gospels, 182. Einen etwas anderen Blick auf das Logion hat Slee, Church in Antioch, die davon ausgeht, dass es in der mt Gemeinde keine „Heiden“ gab: „They will be members of the people of Israel, as they sit at table with Abraham, Isaac and Jacob“ (144). Ähnlich White, „Conversion“, 358.360.  Zur Begegnung Jesu mit der Kanaanäerin, die Jesus ebenfalls um die Heilung eines Familienmitgliedes bittet, vgl. Kap. 6.1.

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4 Segen und Abrahamkindschaft – Partizipation der Völker am Heil?

zurück (V. 7).¹⁵⁴ Es folgt eine argumentative Auseinandersetzung, in der der Hauptmann zunächst Vertrauen in Jesus zeigt, dass dieser aus der Ferne heilen könne (V. 8), und dann dessen Vollmacht anerkennt (V. 9). Darauf wird ihm in V. 10, also unmittelbar vor dem Logion Mt 8,11 f, von Jesus ein großer Glaube (τοσαύτην πίστιν) bescheinigt, wie ihn Jesus bis dahin nicht in Israel gefunden hat. Doch ist er nicht Adressat dieser Aussage Jesu. Vielmehr richtet sich Jesus an jene, die ihm nachfolgen (τοῖς ἀκολουθοῦσιν). Diese werden in Mt 8,5 nicht eingeführt, sind jedoch von Mt 8,1 her als jene Menschenmenge (ὄχλοι πολλοί) qualifiziert, die Jesus nach dessen Rede (Mt 5 – 7) vom Berg herab gefolgt war, wobei auch die Jünger Teil dieser Gruppe sein können.¹⁵⁵ Jesus spricht also zu einer (hauptsächlich, wenn nicht sogar gänzlich) jüdischen Gruppe über den Glauben eines „Heiden“. Dabei ist zu bedenken, dass die angesprochenen ὄχλοι πολλοί keine Ungläubigen, sondern Menschen aus Israel sind, bei denen der Glaube an Jesus als den Sohn Davids zumindest schon im Ansatz vorhanden ist.¹⁵⁶ Der Glaube, der dem römischen Hauptmann in V. 10 bestätigt wird, übersteigt diesen jedoch. Dies kann schwerlich im Zutrauen des Hauptmanns auf Jesu fernheilende Fähigkeiten allein durch das Wort begründet sein (V. 8),¹⁵⁷ da auch die Volksmengen Heilungen durch das Wort erleben (vgl. Mt 8,16; hier ebenfalls redaktionell).¹⁵⁸ Dadurch, dass der Hauptmann Jesus nicht in sein – für ihn als Juden unreines – Haus bittet, wird die Anerkennung der Differenz zwischen Israel und den „Heiden“ markiert.¹⁵⁹ In V. 9 erkennt der Hauptmann die ἐξουσία Jesu an,

 Mt 8,7 ist dabei als ablehnende Frage zu verstehen, so auch exemplarisch Klostermann, Mt, 74; Gnilka, Mt I, 297.301; Morris, Mt, 191; Aurelius, „Gottesvolk“, 433; Nolland, Mt, 351.354 f; Luz, Mt II, 14; France, Mt, 303; Fiedler, Mt, 201 f. Anders hingegen Meinertz, Heidenmission, 91; Beare, Mt, 207; Jennings/Liew, „Identities“, 478 – 480.  Die Identifikation der Nachfolger Jesu mit den ὄχλοι πολλοί ist nicht erst durch Mt 8,1 gegeben, sondern bereits in Mt 4,25. So auch Konradt, Israel, 220 f; Kowalski, „Wunder“, 548; Marguerat, Jugement, 147; Garbe, Hirte Israels, 153.  Vgl. Burchard, „Matthäus 8,5 – 13“, 74. Hinzu kommt, dass diese als τοῖς ἀκολουθοῦσιν bezeichnet sind – eine Bezeichnung, die schlicht das Hinterhergehen der Menge meinen kann, von der Verwendung in Mt 4,20 her jedoch auch als terminus technicus für die Nachfolge Jesu zu hören ist. Anders hingegen urteilt Siker, Disinheriting, 83, der darin einen Kontrast zwischen dem Glauben eines „Heiden“ („faithfulness of the Gentile“) und dem Unglauben der Juden in Israel („faithlessness among the Jews in Israel“) erkennt.  So jedoch Gnilka, Mt I, 298 f; Hagner, Mt I, 204; Tisera, Universalism, 121; Gundry, Mt, 144; Fiedler, Mt, 203; Luz, Mt II, 14.  So Konradt, Israel, 77. Vgl. auch Burchard, „Thema der Bergpredigt“, 72; Wilk, Jesus und die Völker, 114.  Vgl. auch Wilk, Jesus und die Völker, 115; Konradt, Israel, 78. Davor bereits ähnlich Schmid, Mt, 163; Held, „Wundergeschichten“, 184; Weiss, Mt, 166. Anders Wegner, Hauptmann, 384 f, der

4.3 Die „Vielen“ mit Abraham im Königreich der Himmel – Mt 8,11 f

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die sich in dessen Lehre (Mt 7,29; 21,23) und (heilvollem und sündenvergebendem) Wirken (Mt 9,6.8) zeigt.¹⁶⁰ In Mt 28,18 schließlich wird die Universalität dieser Vollmacht deutlich, die zuvor nur in Jesu Handeln an Israel erkennbar war.¹⁶¹ Der größere Glaube des Hauptmanns liegt nun in dessen Erkenntnis der Heilsrelevanz der ἐξουσία Jesu auch für die „Heiden“, bevor diese in Mt 28,18 – 20 offenbar gemacht wird.¹⁶² Diese Dimension ist es, die Jesus in Israel so nicht zu finden meint, da die Volksmengen ihn nur als Sohn Davids erkennen (vgl. z. B. Mt 9,27 f; 12,23; 21,9).¹⁶³ Es reicht jedoch nicht aus, allein den Kontext des Logions für dessen Deutung zu betrachten. Um die Identität der πολλοί genauer zu bestimmen, ist zudem deren Näherbestimmung im Logion selbst in den Blick zu nehmen: ihre Aktivität (sie kommen hinzu / ἥξουσιν) und ihre Herkunft „von Osten und Westen“ / ἀπὸ ἀνατολῶν καὶ δυσμῶν. Eine innermatthäische Näherbestimmung dieser beiden Aspekte erinnert an das Hinzukommen einer anderen Gruppe von Menschen, die von Osten kommt: die Magier in Mt 2,1– 12. Dabei handelt es sich um Menschen aus den Völkern, die zum Messias kommen.¹⁶⁴ Ist dies die Bestätigung dafür, dass mit den πολλοί Menschen aus den Völkern gemeint sind? Die gemeinsame Nennung von Osten und Westen kommt im Mt nur noch ein weiteres Mal vor: „Denn wie der Blitz ausgeht von Osten (ἀπὸ ἀνατολῶν) und leuchtet bis zum Westen (ἕως δυσμῶν), so wird auch das Kommen des Menschensohns sein“ (Mt 24,27). Hier ist vom Kommen des Menschensohns die Rede, nicht der πολλοί. Doch ist es wenig überraschend, dass die Ausdehnung des eschatisch-messianischen Ereignisses, das hier beschrieben wird, über den gleichen Raum sichtbar wird, aus dem auch die πολλοί zusammenströmen werden, V. 8bα von V. 8bβ.9 her versteht, in dem er keinen Bezug auf die „heidnische“ Herkunft des Hauptmanns erkennt.  Im gesamten Mt wird die Vollmacht (ἐξουσία) Jesu programmatisch auf die Hauptaspekte des Wirkens Jesu bezogen: auf die Lehre und die Fähigkeit der Sündenvergebung. In Mt 10,1 überträgt Jesus seine Vollmacht auch auf seine Jünger. In Mt 21,23 stellen die Autoritäten die Frage, woher Jesus diese Vollmacht habe, doch auch hier angeregt durch seine Lehre. In Mt 28,18 – 20 macht er seine Vollmacht als ihm gegebene und für Himmel und Erde gültige offenbar.  Vgl. Kap. 10.4.  Vgl. dazu auch Mt 15,21– 28, da nur der Kanaanäerin noch großer Glaube bestätigt wird. Vgl. dazu u. a. Burchard, „Matthäus 8,5 – 13“, 74; Wilk, Jesus und die Völker, 115; Jennings/Liew, „Identities“, 478.480; Konradt, Israel, 68.79; Konradt, „Glauben“, 281 f.Vgl. in einem ähnlichen Sinn auch Rölver, Christliche Existenz, 426.  Hinzu kommt, dass die Position einer Nicht-Teilhabe wie auch einer untergeordneten Teilhabe der Völker am göttlichen Heil aus den Schriften Israels begründbar ist (vgl. z. B. Jes 30,28; Ez 30; 32; 36,23; 39,7; Sach 14,1– 12; Ps 7,7; 98 u. ö.). Vgl. Kap. 2.1 sowie Kap. 2.2.4.  Vgl. dazu ausführlich Kap. 5.1.

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4 Segen und Abrahamkindschaft – Partizipation der Völker am Heil?

da das Mahl, zu dem sie sich versammeln, ebenfalls ein eschatisches ist.¹⁶⁵ Die Bewegung des Hinzukommens (ἥξουσιν) ist in gewisser Weise die Reaktion auf das Erscheinen des Messias.¹⁶⁶ Unter diesem Aspekt ist es passend, dass es sich im Mt um ein aktives Zusammenkommen handelt, während in den alttestamentlichen Verheißungen, die von einer Sammlung sprechen, passivische Formulierungen dominieren (gesammelt werden) oder Jhwh als Subjekt der Sammelbewegung genannt ist.¹⁶⁷ Nimmt man auch intertextuelle Bezüge in die Schriften Israels hinzu, ergeben sich weitere Deutungshorizonte, denn auch dort finden sich Anführungen von Himmelsrichtungen. Diese stehen in sehr unterschiedlichen Formulierungen und lassen sich nicht auf die exakte Wendung ἀπὸ ἀνατολῶν καὶ δυσμῶν einschränken.¹⁶⁸ Meistens stehen diese Texte in Zusammenhang mit dem Motivkomplex, der der Rückkehr von Exilierten aus der Diaspora zuzurechnen ist (vgl. Jes 43,5 f; 49,12; Sach 8,7 u. ö.). Aus den frühjüdischen Schriften sind in diesem Sinn auch PsSal 11,2 und Bar 4,37 anzuführen. Wären mit den πολλοί Menschen aus den Völkern gemeint, so wäre ein Kontext aus dem Motivkomplex der Völkerwallfahrt eher zu erwarten gewesen¹⁶⁹ als jener der Diasporasammlung. Doch werden in den Schriften keine Himmelsrichtungen als Ausgangspunkt der Bewegung der eschatologischen Völkerwallfahrt genannt (vgl. z. B. Ps 96,7– 10; Sach 8,20 – 23; Jes 2,2– 4 par. Mi 4,1– 3).¹⁷⁰ Hinzu kommt, dass im Kontext der Völkerwallfahrt, trotz der vielen Variationen des Motivs, nie von einem Mahl die Rede ist.¹⁷¹ Dieser Befund spricht demnach eher gegen die Vorstellung der Völkerwallfahrt als Tradition hinter dem Logion. Auch die Tatsache, dass die Völker beim eschatologischen Mahl in Jes 25,6 – 8  Siehe Kapitel 6.2.  So für Q 13,29 und Q 17,23 f auch schon Smith, „Thrown Out“, 165.  Vgl. Jes 49,5; 56,8; Ez 38,8.12; 39,27; Nah 3,18; Ps 107,3; 147,2 u. ö.  So gibt es auch andere Himmelsrichtungen und Richtungsangaben, vgl. z. B. Jes 49,12 (vom Norden und vom Meer). Gundry, Use, 76 sieht Mt 8,11 in Abhängigkeit von Jes 49,12. Vgl. auch die Formulierung in Mi 7,12: „Von Ägypten bis an den Strom, von einem Meer zum anderen, von einem Gebirge zum anderen.“ Zum Teil sind auch die beiden Länder Ägypten im Westen und Babylonien im Osten genannt (Jes 24,14; Sach 10,10). Hinzu kommen Texte wie Ps 113,3; Jes 45,6; 59,19, in denen die Himmelsrichtung als die Orte des Sonnenauf- und/oder Sonnenuntergangs verwendet werden. Dort ist stets die wahre Gotteserkenntnis, die durchaus universal verstanden sein kann, im Blick, jedoch nicht das Sammeln aus der Diaspora. Außerdem gibt es Texte, die das Herausführen nicht mit geographischen Richtungsangaben verbinden, sondern vom Sammeln „aus den Völkern“ (‫ מן־העמים‬/ ἐκ τῶν ἐθνῶν, Ez 11,17; ‫ מן־הגוים‬/ ἐκ τῶν ἐθνῶν, Ps 106,47; 1Chr 16,35) sprechen.  Vgl. zur Völkerwallfahrt in Mt 8,11 f Kap. 5.2 und in den Schriften Kap. 2.3.9.  Vgl. weiterhin Ps 102,19 – 22; Sach 14,16; Jes 55,5; 60,1– 14; 66,18.23 u. ö.  Vgl. zum (Völker‐)Mahl ausführlicher Kap. 6 sowie Kap. 2.3.10.

4.3 Die „Vielen“ mit Abraham im Königreich der Himmel – Mt 8,11 f

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anwesend sind, widerspricht diesem Befund nicht. Die Anwesenheit der Völker wird dort einfach angenommen, eine Sammelbewegung oder ein aktives Hinzukommen ist nicht explizit im Blick.¹⁷² Eine einfache Gleichordnung der πολλοί mit den Völkern kann demnach zu Recht angezweifelt werden.¹⁷³ Bei der Sammlung der Diaspora sind es Menschen aus Israel, die sich versammeln.¹⁷⁴ Im Kontext des Diasporamotivs verstanden, entsprechen sie jenen, die durch das Gericht (des Exils) gegangen sind, dem sog. „Rest“. Analog zum „Rest“ wären die πολλοί dann ebenfalls eine innerisraelitische Gruppierung. Versucht man die πολλοί demnach allein über Aktivität und Herkunft unter Beachtung der Bezüge in die Schriften Israels zu plausibilisieren, so erscheint diese Gruppe als eine Gruppe der besonderen Erwählten innerhalb Israels. Dieser Befund steht jedoch in Spannung zu der Deutung, die sich aus der Verortung des Logions im Kontext der gesamten Perikope Mt 8,5 – 13 ergeben hat.

4.3.2.1 Eine ähnliche Gruppe in Ps 106LXX/107MT? Dieser Gegenüberstellung ist ein weiterer intertextueller Bezug hinzuzufügen, der eine dritte Deutungsoption gegenüber der bisher dargestellten Spannung nahelegt: Der intertextuelle Bezug zu Ps 106,3LXX (=107,3MT). Dieser ergibt sich über die Wendung ἀπὸ ἀνατολῶν καὶ δυσμῶν, die neben Mt 8,11 nur an zwei weiteren Stellen wörtlich vorkommt: Ps 107,3 und PsSal 11,2.

 Anders hingegen Wildberger, Jes II, 960; Zehnder, Umgang mit Fremden, 504.  Erstaunlich erscheint hingegen, wie Kowalski, „Wunder“, 549 den Diasporakontext zwar feststellt, dann jedoch trotzdem am Völkerwallfahrtsmotiv sowie der klaren Trennung zwischen „Heiden“ und Juden festhalten kann.  Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen auch Davies/Allison, Mt II, 28: Sie gehen davon aus, dass es nicht um eine Gegenüberstellung gläubiger „Heiden“ gegen ungläubige Juden gehen kann, sondern vielmehr um eine Unterscheidung innerhalb des Judentums, nämlich in jene Privilegierte, die Jesu Predigt hören, aber nicht annehmen, und jene, die weniger privilegiert sind, außerhalb Israels leben, nicht von ihm hören konnten, aber schließlich gerettet würden. So sehr die Herausstellung des Diasporakontextes bzw. einer innerjüdischen Auslegung des Logions in Mt 8,11 f einleuchten, so wenig tut es die regionale Gegenüberstellung von jenen im Land und jenen, die später von außen hinzukommen werden, da der Begriff πολλοί im ganzen Mt auch häufiger in der Kombination mit ὄχλοι steht (vgl. Mt 4,25; 8,1; 12,15; 13,2; 15,30; 19,2). Diese ὄχλοι sind jedoch gerade Juden im Land, die der Botschaft Jesu nicht abgeneigt gegenüber stehen, sondern ihm folgen (Mt 8,1; 12,15 u. ö.), sich von ihm heilen lassen (Mt 4,24 f u.ö.) und seiner Predigt zuhören (Mt 5 – 7). Gegen eine geographische Deutung des ἐν τῷ Ἰσραήλ (V. 10), die hinter der Aussage von Davies/Allison steht, verweist Konradt, Israel, 222, Anm. 207 auf die parallele Verwendung von ἑν τῷ λαῷ (Mt 4,23) und ἐν τῷ Ἰσραήλ (Mt 9,33).

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4 Segen und Abrahamkindschaft – Partizipation der Völker am Heil?

PsSal 11,2 hat einen grundlegend anderen Duktus als Ps 107. Während Ps 107 – wie im Folgenden zu zeigen ist – eine universale Ausrichtung aufweist, ist PsSal 11 israelzentriert. Allerdings vertreten die Psalmen Salomos eine militärisch ausgerichtete Messiasvorstellung (vgl. PsSal 17), gegen die sich Matthäus abgrenzt.¹⁷⁵ Die Verortung der PsSal in pharisäische Kreise¹⁷⁶ spricht ebenfalls für eine Ablehnung dieser Texte durch Matthäus. Die wahrscheinliche Datierung der PsSal ist wegen der Bezüge auf Pompejus am Ende der zweiten Hälfte des 1. Jh. v.Chr. anzusetzen.¹⁷⁷ Insofern ist eine Abhängigkeit von Mt 8,11 von PsSal 11,2 unwahrscheinlich. Eher ist davon auszugehen, dass hier zwei Texte auf Ps 107 Bezug nehmen, diesen jedoch jeweils für ihren (unterschiedlichen) Kontext fruchtbar machen.¹⁷⁸ Zwar wird stellenweise darauf verwiesen, dass es sich bei diesen Ortsangaben um allgemeine Aussagen handele¹⁷⁹ oder eigentlich Jes 43,5b im Hintergrund stehe,¹⁸⁰ doch ist ein Bezug auf Ps 107,3 durch die genaue wörtliche Übereinstimmung wahrscheinlicher, was durch folgende Beobachtungen weiter gestützt wird: Gemäß des Kriteriums „Häufigkeit der Anspielung“ (recurrence)¹⁸¹ gewinnt die Anspielung an Plausibilität, da auch andere Bilder des Psalms im Mt Anklang finden; so zum Beispiel die Vorstellung vom Sitzen in der Finsternis (Ps 106,10LXX/  Vgl. auch Schüpphaus, Psalmen Salomos, 65.70.81.  Vgl. z. B. Frankenberg, Datierung, 1; Holm-Nielsen, PsSal, 59; Schüpphaus, Psalmen Salomos, 142.150 f.  Vgl. Kuhn, Textgestalt, 2; Holm-Nielsen, PsSal, 58; Schüpphaus, Psalmen Salomos, 115 f; Brooke, „Psalms“, 21. In die Makkabäerzeit hingegen datiert Frankenberg, Datierung, 35.49 f.  Für PsSal 11,2– 4 erkennt Brooke, „Psalms“, 20 eine Abhängigkeit von Ps 107,4– 6; 114,8; 118,10 – 12. Schüpphaus, Psalmen Salomos, 55 f deutet PsSal 11 als stark von DtJes her geprägt.  Vgl. z. B. Zeller, „Logion II“, 84 f, der sie als „gängige Formel“ im Sinne von „aus allen Himmelsrichtungen“ deutet. Anders hingegen Tisera, Universalism, 123, bes. Anm. 88. Er verweist auf Jes 43,5b; 45,6; 59,19; Mal 1,11 (zusätzlich verweist er auf Ps 49,12, doch findet sich dort keine ähnliche Wendung). Zudem reiht er auch Ps 107,3 in diese Aufzählung mit ein. Häufiger findet sich in den von G. Tisera angeführten Stellen die Wendung ἀπ᾽ ἀνατολῶν ἡλίου / ‫וממזרח־שמש‬. Selbst dort, wo ἀνατολή und δυσμή vorkommen, stehen sie nie direkt zusammen. Insofern entsprechen die von ihm angeführten Textstellen nur dem Sinn nach dem mt Text, nicht jedoch in der genauen Formulierung. Auch in Qumran kommt die Verbindung „von Osten und von Westen“ nicht vor. In 2Q23, I,9 (DJD 3) heißt es allerdings „von Osten und von Norden“.Vgl. jedoch Bar 4,37 „von Osten bis Westen“ (ἀπ᾽ ἀνατολῶν ἕως δυσμῶν).  Z. B. versucht Grimm, „Hintergrund“, 255 zu zeigen, dass in Mt 8,11 f (sowie Lk 13,28 f) eine direkte Abhängigkeit von Jes 43,5b besteht, und spricht sich damit auch gegen eine mögliche Anspielung auf Ps 107,3 aus. In Jes 43,5b gehe es ebenso um „das Kommen“, „die Himmelsrichtungen“, „das Kommen zum Heil“ (Hervorhebung im Original). Dagegen spricht jedoch, dass die Himmelsrichtungen im Unterschied zu Mt 8,11 und Ps 107,3 nicht zusammenstehen und die beiden anderen Aspekte auch in Ps 107,3 nicht weniger gegeben sind als in Jes 43,5b.  Vgl. Kap. 1.3.4.

4.3 Die „Vielen“ mit Abraham im Königreich der Himmel – Mt 8,11 f

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Mt 4,16) oder die Stillung des Sturmes (Ps 106,29LXX/Mt 8,26), möglicherweise erinnert Mt 8,8 an Ps 107,20.¹⁸² Über die Verwendung der Psalmen im 1. Jh. n.Chr. im Allgemeinen ist Folgendes zu konstatieren: Neben den frühen Psalmenkommentaren, den Pešarim aus Qumran,¹⁸³ lassen sich in Texten aus dem 1. Jh. n.Chr. (frühjüdisch wie frühchristlich) zahlreiche Psalmenzitate anführen.¹⁸⁴ Auch materialiter lässt sich der Qumranbefund aufgrund der Menge der gefundenen Psalmentexte/‐fragmente so deuten, dass die Psalmen keine marginale Rolle gespielt haben dürften.¹⁸⁵ Neben diesem Befund ist die Frage nach der Verwendung der Psalmen in der gelebten Frömmigkeit (privat oder in Versammlungen) weitaus schwieriger zu beantworten.¹⁸⁶ Als ein

 So Fiedler, Mt, 203. Zur Rezeption von Ps 107 in den frühchristlichen Schriften aus alttestamentlicher Sicht vgl. Hossfeld/Zenger, Ps III, 159 f. Aus neutestamentlicher Perspektive vgl. Davies/Allison, Mt II, 74; Gnilka, Mt I, 316; Feiler, „Storm“, 404– 406. Zur Verbindung von Ps 107 mit der synoptischen Parallelstelle der Sturmstillung in Mk 4,35 – 41 vgl. Schnider, „Rettung aus Seenot“, 375 – 393.  Vgl. z. B. 1Q 16 zu Ps 57; 68 (DJD 1); 4Q171 zu Ps 37; 45 (DJD 5); 4Q173 zu Ps 118; 127; 129 (DJD 5). Dies zeigt, dass die Psalmen oder zumindest einige zu den „auslegungswürdigen Schriften“ gezählt werden. Seybold, Psalmen, 193 schreibt: „Die im Psalm genannten Sachverhalte werden als Zukunftsweissagung verstanden und auf die Gegenwart der Ausleger bezogen, die selbst in der Endzeit zu leben glaubten“. Dieses Psalmenverständnis passt auch zur Verwendung von Ps 107,3 im eschatologisch ausgerichteten Logion Mt 8,11.  Bereits innerhalb der Schriften finden sich Psalmenkompositionen, die auf Material der Psalmen des Psalters zurückgreifen (z. B. der Psalm Davids in 1Chr 16,8 – 36, der sich aus Teilen von Ps 96; 105; 106 zusammensetzt). In 1Makk 4,24 z. B. wird Ps 136 zitiert. Philo verweist, abgesehen vom Pentateuch, am häufigsten auf die Psalmen (vgl. Leisegang, Philones Indices, 43). Eine Übersicht, welche Psalmen Philo zitiert und auf welche er anspielt, bietet Runia, „Philo’s Reading“, 102– 121, bes. 104– 109. Zur Verwendung der Psalmen in ApkAbr; Tob; TestLev und SapSal siehe Brooke, „Psalms“, 15 – 21; zur Psalmenrezeption im Frühjudentum siehe weiterhin Steck, „Rezeption des Psalters“, 361– 380. Auch in frühchristlichen Schriften finden sich viele Psalmenzitate, z. B. Mk 15,34par = Ps 22,2; Lk 20,42 = Ps 110,1; Lk 23,46 = Ps 31,6; Act 1,20 = Ps 69,26 / Ps 109,8; Act 13,33 = Ps 2,7; 2Kor 9,9 = Ps 111,9LXX. Zur Verwendung von Psalmen in den frühchristlichen Schriften siehe exemplarisch Menken/Moyise, Psalms in the New Testament; Koch, „Psalter im NT“, 551– 566; Kowalski, „Gebrauch des Psalters“, 593 – 608.  Vgl. auch Füglister, „Verwendung“, 323. Zur Rezeption der Psalmen in Qumran vgl. ausführlich Flint, Dead Sea Psalms und zusammengefasst Flint, „Book of Psalms; kritisch zu P. W. Flint äußert sich Dahmen, „Psalter-Version“, 127– 146.  In der Forschung wird der Sitz im Leben der Psalmen in frühjüdischer Zeit dementsprechend kontrovers diskutiert: Dass der Psalter seinen Ort in der Liturgie der Synagoge hatte, wird z. B. von Thoma, „Psalmenfrömmigkeit“, 91– 105 vertreten. An dieser These ist jedoch schwierig, dass sie nicht erklären kann, wieso im rabbinischen Judentum andere Gebetsbücher eingeführt werden. Allerdings stellt er selbst fest, wie wenig überhaupt gesagt werden kann: „Man weiß weniger über ihren [der Psalmen] ‚Sitz im Leben‘ innerhalb des rabbinischen Gottesdienstes [rabbinische Zeit ist bei C. Thoma von 70 – 600 n.Chr. definiert, vgl. 91], als man über ihren Sitz im Leben in alttestamentlicher Zeit weiß. […] Noch dürftiger sind wir über das spezielle Thema privater Psal-

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4 Segen und Abrahamkindschaft – Partizipation der Völker am Heil?

früher Hinweis kann 4Makk 18,10.15 gelten, wo eine Mutter ihre Söhne an das Vorbild des Vaters erinnert, der „den Psalmendichter David“ (τὸν ὑμνογράφον Δαυιδ; V. 15) vorsang. Auf Psalmengesang (οἱ ψαλτῳδοί) im Kult verweist auch Sir 50,18, ohne dabei jedoch zu konkretisieren, um welche Lieder es sich speziell handelt. Josephus berichtet in seiner Beschreibung der Essener davon, dass sie am Morgen Gebete sprechen, die sie von ihren Väter übernommen haben (πατρίους δέ τινας εἰς αὐτον εὐχάς; Bel 2,128). Eine ähnliche Formulierung findet sich auch in SapSal 18,9: „die Loblieder der Väter, die sie zu dieser Zeit zuerst sangen“ / τοὺς ἁγίους πατέρων ἤδη προαναμέλποντες αἴνους. Philo berichtet zudem über die Gruppe der Therapeuten, dass sie in ihren Versammlungsorten nichts außer „Gesetze“ (νόμοι), „Prophetenworte“ (λόγια θεσπισθέντα διὰ προφητῶν) und „Hymnen“ (ὕμνοι) zulassen (VitCont 25) sowie die „heiligen Schriften der Väter“ diskutieren (VitCont 28).¹⁸⁷ Des Weiteren ist auf Prob 81 f hinzuweisen, da Philo dort über die Essener schreibt, dass sie in den Synagogen die Bücher (οἱ βίβλοι) auslegen und kommentieren, was nicht verstanden wird. Diese Praxis erinnert an die in Qumran gefundenen Pešarim, die – wie oben erwähnt – auch für einige Psalmen belegt sind. Ob diese mit οἱ βίβλοι gemeint sind, ist jedoch schwer zu sagen. Auch die wenigen frühchristlichen Belege lassen auf die Verwendung der Psalmen in den gottesdienstlichen Versammlungen schließen (vgl. 1Kor 14,26): Psalm, Lehre und Offenbarung, Zungenrede und Auslegung dienten der Erbauung. Von „Psalmen“ sprechen

menfrömmigkeit unterrichtet. Wir wissen fast nur, daß Psalmenbeten im außerkultischen Bereich schon in biblischer Zeit gängig war und daß die Psalmen nur zögernd in den frührabbinischen Gemeindegottesdienst eingebaut wurden“ (92 f). Ähnlich auch Füglister, „Verwendung“, 344– 347: „Sowenig wie im Tempelkult haben in der für uns in Frage kommenden Zeit [= Zeitenwende] der Psalter und die Psalmen ihren Sitz im Leben in der Synagogenliturgie“ (342).Vgl. auch Maier, „Verwendung der Psalmen“, 84. Problematisch ist die Darstellung von Trepp, Gottesdienst, 189 – 197 über den Gottesdienst zur Zeit des zweiten Tempels, da er die Abläufe ausführlich beschreibt, dazu jedoch ausschließlich spätere rabbinische Quellen heranzieht, ohne diesen Anachronismus zu reflektieren. van Grol, „Psalm“, 59 geht von einem Gebetsbuch der Hassidim aus, das seinen Ort weder im Kult hatte noch allein der privaten Frömmigkeit diente. Durch diesen Trägerkreis erklärt sich für ihn auch, warum die Psalmen so schnell autoritativen Status erlangen konnten (63). Zenger, Psalter in Judentum, 45 deutet in eine ähnliche Richtung: „Die von uns skizzierten poetischen Techniken und die unverkennbare Nähe gerade der jüngsten Teile des Psalmenbuches zur späten Weisheit machen es sehr wahrscheinlich, daß der Psalter seine Endgestalt im Milieu jener Weisheitsschule erhalten hat, die in gewisser Distanz zur Tempelaristokratie und deren hellenisierenden Tendenzen stand und die mit ihrer Verbindung von Tora-Weisheit, Eschatologie und ‚Armenfrömmigkeit‘ den Psalter als ein Volksbuch für Laien ausgestaltete und verbreitete, das als ‚konservative‘ Summe der Tradition gelernt und gelebt werden konnte.“ Er geht unter Verweis auf Ps 1 davon aus, dass der Psalter als „kleine Biblia“ auswendig gelernt wurde und nicht als Gesangbuch am zweiten Tempel oder als Gebetsbuch in der frühen Synagoge Verwendung fand (47).Von einem umfassenden Gebrauch geht Seybold, Psalmen, 193 aus: „Der Psalter wurde, nachdem er einigermaßen abgeschlossen vorlag und sobald er zu den heiligen Schriften gezählt wurde, nicht nur gebetet (Ps 102,1), gelesen und studiert (nach 1,2), gesungen und aufgeführt (nach den Überschriftvermerken und der Gesamtbezeichnung ψαλμός, ψαλτήρριον [sic!]), sondern auch ausgelegt.“  Füglister, „Verwendung“, 347 verweist zudem auf VitMos 1,180, da schon dort die Rede von Dankeshymnen (ἐυχαριστικοὶ ὕμνοι) ist, die am Schilfmeer in zwei Chören gesungen werden und als Vorbild für spätere Psalmengesänge dienen.

4.3 Die „Vielen“ mit Abraham im Königreich der Himmel – Mt 8,11 f

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auch Kol 3,16 (ψαλμοῖς ὕμνοις ᾠδαῖς πνευματικαῖς) und Eph 5,19 (ψαλμοῖς καὶ ὕμνοις καὶ ᾠδαῖς πνευματικαῖς). Ob damit allerdings die Psalmen aus den Schriften, christliche Lieder oder spontane Dichtungen gemeint sind, lässt sich nicht sicher sagen.¹⁸⁸ Eine konkrete Leseordnung lässt sich vor dem 2. Jh. n.Chr. nicht nachweisen,¹⁸⁹ doch ist davon auszugehen, dass sich die synagogalen Predigten durch „ihren Schriftbezug“¹⁹⁰ auswiesen.

Dafür, dass Ps 107 durchaus im Ganzen bekannt war (oder zumindest sein aus vier Strophen bestehender erster Teil [Ps 107,1– 31]), spricht besonders seine frühe Rezeptionsgeschichte, in der überwiegend auf die vierte Strophe Bezug genommen wird.¹⁹¹ In diese Richtung deutet auch die Anspielung auf Ps 107 von Philo, die er im Rahmen seiner Argumentation gegen Hauskulte, die die Wallfahrt zum Tempel ersetzen, anbringt (vgl. SpecLeg 1,68 f): Eine Vielzahl von Menschen komme über Land (Strophe 1) und Meer (Strophe 4), von Osten und Westen, Norden und Süden (ἐξ ἀνατολῆς καὶ δύσεως καὶ ἄρκτου καὶ μεσημβρίας).¹⁹² Auf den Unterschied zwischen Mt 8,11 f und Lk 13,28 f wurde bereits in Bezug auf das Fehlen der πολλοί bei Lukas hingewiesen. Für die Frage nach der An-

 Von genuin christlichem Material, evtl. sogar spontan gedichtet, gehen Gnilka, Eph, 270; Gnilka, Kol, 201; Schnackenburg, Eph, 243; Füglister, „Verwendung“, 349; Schrage, 1Kor, 446 aus. Schweizer, Kol, 157 spricht von „alttestamentliche[n] Wendungen und Gedanken in aktualisierter“ Form. Sehr vorsichtig äußert sich Garland, 1Kor, 657 f. Dem gegenüber wird die Möglichkeit, dass die Psalmen doch aus den Schriften stammen, von Bruce, Kol, 158 nicht ausgeschlossen, von Lightfoot, Kol, 225 sogar präferiert. Explizit für die Psalmen der Schriften sprechen sich z. B. Hübner, Phil/ Kol/ Eph, 108; Lindemann, 1Kor, 313 aus.  So Füglister, „Verwendung“, 340. Das heißt jedoch nicht, dass nicht auch andere Texte als die Tora, wie z. B. die Propheten, in der Synagoge gelesen wurden (vgl. exemplarisch Lk 4,17).  Wick, Gottesdienste, 93. Als Beispiel führt er Act 13,17– 41 an. Dort wird auf Ps 2,7; 16,10 und verschiedene andere prophetische Texte Bezug genommen. In der Predigt aus Joh 6,25 – 59 wird in V. 31 Ps 78,24 zitiert. Allerdings ist zu beachten, dass es sich bei diesen Predigtbeispielen um theologische Literatur handelt und sie nicht zwingend die Predigtpraxis des 1. Jh. n.Chr. widerspiegeln.  Ps 107,23 f.27 in 1QHa XI,15 (DJD 40); Ps 107,26 f in 4Q374 frg. 2 ii,9 (lose Anspielung; DJD 19) und 4Q418b frg. 1,3 (DJD 34); Ps 107,29 in 4Q429 frg. 1 ii,5 (z.T. aus 1QHa rekonstruiert; DJD 29), vgl. Lange/Weigold, Biblical Quotations, 175. Ähnliches gilt für die spätere rabbinische Tradition: zu Ps 107,23 vgl. bRHSh I,ij Fol 17b,58; zu Ps 107,26 vgl. bBB V,I Fol 73b,31 und zu Ps 107,28 vgl. bRHSh I,ij Fol 16b,93. Ausführlich zitiert wird Ps 107 in bBer IX,i–v Fol 54b,70.  Hinzu kommt, dass auf der Endtextebene des Psalters Ps 107– 118 eine Einheit bilden, die, so Koch, „Psalter“, 254, auf ein Toda-Kultmahl ausgerichtet ist. Der Zusammenhang von Sammlung und gemeinsamem Essen ist demnach nicht nur in Mt 8,11 f gegeben: „[D]ie Zusammenstellung 107– 118 zielt auf eine liturgische Begehung im Zusammenhang mit einem groß angelegten TodaOpfer (vgl. 116,17) am Tempel“ (254). Für den gegebenen Argumentationszusammenhang ist diese Beobachtung jedoch insofern weniger ertragreich, als dass Ps 107 für das 1. Jh. n.Chr. nicht sicher an seiner heute kanonischen Stelle zu verorten ist. Vgl. zu den Variationen besonders im vierten und fünften Buch des Psalters Flint, Dead Sea Psalms, 137– 141.149.

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4 Segen und Abrahamkindschaft – Partizipation der Völker am Heil?

spielung auf Ps 107,3 ist dies insofern entscheidend, als Matthäus nur eine zweigliedrige Reihe (ἀπὸ ἀνατολῶν καὶ δυσμῶν) überliefert, wohingegen Lukas (ἀπὸ ἀνατολῶν καὶ δυσμῶν καὶ ἀπὸ βορρᾶ καὶ νότου) wie Ps 107,3 (‫ממזרח וממערב‬ ‫ מצפון ומים‬/ ἀπὸ ἀνατολῶν καὶ δυσμῶν καὶ βορρᾶ καὶ θαλάσσης) eine viergliedrige bezeugt. Hat Matthäus den Q-Text gekürzt oder hat Lukas ihn ergänzt? In der Forschung wird im Rahmen der Rekonstruktion von Q 13,28 f viel darüber diskutiert, ob die mt oder die lk Reihenfolge der Verse sowie ob die lk 2. Pers. Pl. für jene, die hinausgeworfen werden, oder die mt Wendung υἱοὶ τῆς βασιλείας ursprünglich sind.¹⁹³ Doch tragen weder die für die lk Priorität vorgebrachten noch die für eine mt Priorität ins Feld geführten Argumente zur vorliegenden Fragestellung bei, da die Himmelsrichtungen in den unterschiedlichen Argumentationen keine Rolle spielen. Insofern ist es möglich, selbst dort eine zweigliedrige Form in Q anzunehmen, wo Forscher Argumente dafür anführen, dass der QWortlaut eher in der lk Fassung bewahrt ist. Dort, wo sich Forscher für eine solche zweigliedrige Form in Q aussprechen, geschieht dies in der Regel leider, ohne Argumente dafür anzuführen.¹⁹⁴ Sollte die mt Fassung in der Aufzählung der Himmelsrichtungen tatsächlich Q entsprechen, hieße dies, dass Lukas die Anspielung auf Ps 107,3 durch die Ergänzung der Glieder „von Norden und Süden“ verstärkt hat.¹⁹⁵ Umgekehrt liegt dann in Mt 8,11 auch keine Kürzung des Q-Textes durch Matthäus vor,¹⁹⁶ sodass nicht davon auszugehen ist, dass Matthäus die Anspielung in ihrem Wortbestand verkleinert. Eher ist davon auszugehen, dass die zweigliedrige Formulierung Matthäus als Anspielung ausreicht und er keine Notwendigkeit sieht, diese zu erweitern.

 Die Ursprünglichkeit der lk Fassung wird präferiert von Trilling, Israel, 88 f; Kretzer, Herrschaft der Himmel, 55.85; Strecker, Weg, 100; Davies/Allison, Mt II, 26; Gundry, Mt, 145; Konradt, Israel, 219. Für die Ursprünglichkeit der mt Fassung vgl. hingegen Hoffmann, „Πάντες ἐργάται ἀδικίας“, 206 – 210; Zeller, „Logion I“, 223 f; Chilton, God in Strength, 181– 195, bes. 188; Gnilka, Mt I, 300; Bolyki, Tischgemeinschaften, 68; Aurelius, „Gottesvolk“, 429; Bird, „East and West“, 443; Luz, Mt II, 13; Nolland, Mt, 353.  Vgl. Zeller, „Logion I“, 224; Chilton, God in Strength, 179; Kollmann, Ursprung, 214; Robinson/Hoffmann/Kloppenborg, Edition of Q, 414– 417; Fleddermann, Q, 689; Hoffmann/ Heil, Spruchquelle Q, 90 f; Smith, „Thrown Out“, 146.  Vgl. z. B. Lohmeyer/Schmauch, Mt, 158. Hoffmann, „Πάντες ἐργάται ἀδικίας“, 210 verweist darauf, dass dadurch die Universalisierungstendenz, die für Lukas wichtig ist, stärker betont wird.  Anders Gundry, Use, 77.

4.3 Die „Vielen“ mit Abraham im Königreich der Himmel – Mt 8,11 f

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Der dargestellte Befund macht also eine Anspielung auf Ps 106,3LXX wahrscheinlich und wird auch sonst in der Forschung wahrgenommen.¹⁹⁷ In Ps 107,3 heißt es: Und aus Ländern hat er sie gesammelt (‫ ומארצות קבצם‬/ ἐκ τῶν χωρῶν συνήγαγεν αὐτούς), von Osten und Westen (‫ ממזרח וממערב‬/ ἀπὸ ἀνατολῶν καὶ δυσμῶν), von Norden und vom Meer (¹⁹⁸‫ מצפון ומים‬/ καὶ βορρᾶ καὶ θαλάσσης). (Ps 107,3MT/Ps 106,3LXX)

Es geht also um das Zusammenkommen einer Gruppe aus vier (Himmels‐)Richtungen.¹⁹⁹ Demnach ist es möglich, dass durch den intertextuellen Verweis auf den Psalm die dort genannte Gruppe einen Hinweis liefert, wie die mt Gruppe der πολλοί zu verstehen ist. Handelt es sich um Israeliten oder um Menschen aus den Völkern?²⁰⁰ Dazu ist es sinnvoll, sich den Aufbau von Ps 107 zu vergegenwärtigen. Die V. 1– 3 bilden die Einleitung. Es folgen zwei Hauptteile (V. 4– 32;V. 33 – 42), wobei der erste Hauptteil noch einmal in vier Strophen gegliedert ist, die jeweils mit einem doppelteiligen Refrain abgeschlossen werden: V. 6.8; V. 13.15; V. 19.21; V. 28.31.²⁰¹ Der Refrain lautet stets: „Da schrien sie zu Jhwh in ihrer Not: von ihren Bedrängnissen errettete er sie (‫ ממצוקותיהם יצילם‬/ ἐκ τῶν ἀναγκῶν αὐτῶν ἐρρύσατο αὐτούς)“. Es folgt ein kurzer Zwischenteil, passend zur jeweiligen Strophe, und ein zweiter immer wiederkehrender Vers: „Sie sollen Jhwh preisen (‫יודו‬/ἐξομολογησάσθωσαν) für seine Gnade und für seine Wunder an den Menschenkindern (‫ לבני אדם‬/ τοῖς υἱοῖς τῶν ἀνθρώπων)“.²⁰² In jeder Strophe werden Situationen der Not geschildert, in denen Jhwh sich als Retter erweist, wodurch die Geretteten zum Dank verpflichtet werden (vgl. V. 1 f und der je zweite Teil des

 Vgl. Davies/Allison, Mt II, 28; Theissen, Lokalkolorit und Zeitgeschichte, 47 f; Gundry, Mt, 145; Morris, Mt, 195; Bolyki, Tischgemeinschaften, 69; Burchard, „Matthäus 8,5 – 13“, 74; Nolland, Mt, 357; Blomberg, „Mt (2009)“, 30.  Es ist nicht sinnvoll, ‫( ומים‬und vom Meer) hier in ‫( וימין‬und von Süden) umzuändern, wie dies in einigen deutschen Bibelübersetzungen (Elberfelder-, Einheitsübersetzung; anders Luther- und Zürcherübersetzung) oder unter anderen auch bei Kraus, Ps II, 909; Gunkel, Ps I, 471 der Fall ist, da es die Zusammenstellung von Norden und Meer durchaus gibt (vgl. Jes 49,12). Zudem passen die vier Angaben in V. 3 zu den vier Orten, vgl. Weber, Ps II, 202.  Im Unterschied zur mt Formulierung und typisch für die Belege aus den Schriften ist jedoch Gott Subjekt der Sammlung.  Die Ausführungen zur Universalität von Ps 107 verdanke ich intensiven Diskussionen mit J. Vette sowie Vette, „Part of „Us“, unpubliziert.  Die kleineren Variationen zwischen den vier jeweils ersten Teilen des Refrains sind für diese Fragestellung zu vernachlässigen.  Manche Übersetzungen stellen den Bezug anders her. So z. B. Dahood, Ps, 78 – 80: „V. 6: Then they cried to Yahweh in their distress, from their straits he rescued them. […] V. 8 Let these confess to Yaweh his mercy, and his wonders to the children of men“.

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Refrains). Allerdings bleiben die Bilder der Strophen in gewisser Weise unbestimmt,²⁰³ wodurch sie unterschiedlich gedeutet werden.

Die Ausleger von Ps 107 deuten den Psalm – zumindest in der vorliegenden Form – in der Regel auf Israel hin.²⁰⁴ Der Psalm ist eine Darstellung verschiedener Notsituationen, aus denen Jhwh errettet hat. In V. 2 werden jene, die errettet wurden und die in V. 3 gesammelt werden, als „die Erlösten des Herrn“ (‫)גאולי יהוה‬ vorgestellt. Die Wortwahl (Wurzel ‫ )גאל‬scheint die Deutung auf Israel zu stützen, da es von Jhwh aus vielfältigen Situationen errettet und erlöst und häufig als Erlöste angesprochen wird.²⁰⁵ Die Wurzel ‫ גאל‬erinnert dabei besonders an die Exodusereignisse (Ex 6,6; 15,13; Ps 77,16; 106,10 u. ö.) und in späterer Zeit an die Erlösung aus dem Exil, quasi als neuer Exodus (Jes 41,14; 43,1; 49,26; 62,12 [hier sogar wörtlich: ‫ ]גאולי יהוה‬u. ö.).²⁰⁶ Damit erhielte der Psalm den Duktus eines Danklieds, das Juden beim Wallfahrtsfest in Jerusalem sangen, wenn sie aus der Diaspora, die sich über die ganze Erde erstreckte, zusammenkamen.²⁰⁷ Auch für die einzelnen Notsituationen und Bilder wird in der Auslegung zumeist der Versuch unternommen, sie auf Israel zu beziehen.²⁰⁸

 Hossfeld/Zenger, Ps III, 149 sprechen von „unbestimmt bleibenden Bildern tödlicher Bedrohung“.  Vgl. Gunkel, Ps I, 471; Dahood, Ps, 81; Mays, Ps, 346; Hossfeld/Zenger, Ps III, 148; Kraus, Ps II, 915: „Ist die ältere Schicht so stark auf die Kultgemeinde bezogen, so ist es nicht verwunderlich, daß in nachexilischer Zeit eine ‚ekklesiologische‘ Interpretation der Dankfestliturgie sich durchsetzen konnte (2.3.33 – 43). Der Aufruf, der einst den verschiedenen Gruppen Dankverpflichteter galt, erstreckt sich jetzt auf das zu Dank und Lob verpflichtete Volk der aus dem Exil Heimgekehrten“. Aus neutestamentlicher Perspektive vgl. z. B. Rölver, Christliche Existenz, 426. Deutliche Worte finden sich auch in der Auslegung von Allison, „East and West“, 161 zu Mt 8,11, der gegen eine Deutung der πολλοί als „Heiden“ argumentiert. Er schreibt über Ps 107,1– 3: „These words introduce a Psalm of thanksgiving. Whether, as many have supposed, vv 2– 3 are a secondary interpolation the Psalm as it stands refers to Jewish pilgrims or immigrants coming to Palestine: those who gather from the four points of the compass are God’s scattered people. Gentiles are not in the picture at all“ (Hervorhebung C.Z.).  Vgl. Dtn 7,8; 9,26; Ps 77,15; 78,42; 106,10; Jes 63,7 u. ö.  Im Jesajabuch wird ‫ גאל‬dann sogar zum Gottestitel, vgl. Hossfeld/Zenger, Ps III, 148.  Vgl. Gunkel, Ps I, 470 f; Seybold, Ps, 427. Von einer dankenden Wallfahrts-Festgemeinde geht auch Weiser, Ps, 470 f aus, da sich für diese die Formulierungen der Strophen mit den eigenen Erfahrungen der Wallfahrt verbinden.  E. Zenger spricht in Hossfeld/Zenger, Ps III, 149 von vier „Paradigmen der ‚Erlösung‘ und der Restitution Israels“.

4.3 Die „Vielen“ mit Abraham im Königreich der Himmel – Mt 8,11 f

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Folgende Bilder knüpfen an bekannte Situationen der (Heils‐)Geschichte Israels an:²⁰⁹ So erinnert zum Beispiel das Herumirren in der Wüste in V. 4 an die lange Wüstenwanderung nach dem Exodus, wobei in V. 5 die Murr-Geschichten (Ex 16 – 18) anklingen. Das Sitzen in Finsternis in der zweiten Strophe (V. 10) ist in den Schriften ein weit verbreitetes Bild. In Kombination mit „gefesselt sein“ oder Gefängnis findet es sich zum Beispiel in Jes 42,6 f und 49,9. Die wörtliche Kombination von Finsternis und Todesschatten findet sich nur in Hiob 10,21. Dass Widerspenstigkeit bestraft wird und jene straucheln, die Gottes Wort verachten, überrascht ebensowenig.²¹⁰ Das Zerbrechen der Tore und Riegel in V. 16 erinnert wiederum deutlich an Dtjes, da auch dort mit dem Einzug von Kyros in Babylon die babylonischen Tore und Riegel zerbrochen werden (Jes 45,1 f). Die dritte Strophe spricht vom Angewidertsein von Essen und dadurch entstandener Lebensgefahr, wodurch, wie in der ersten Strophe, der Exodus anklingt (vgl. Num 21,5).

Ein genauer Blick auf die einzelnen Heilstaten, von denen der Psalm spricht, zeigt jedoch, dass eine Zuordnung allein auf Israel²¹¹ nicht eindeutig ist.²¹² Den frühen Bedarf einer Klärung zeigt der Targum zu den Psalmen,²¹³ der jeweils erklärende Einleitungen einfügt: Die erste Strophe richte sich an das ganze Haus Israel, die zweite an Zedekia und die Führenden Israels, die dritte an Hiskia und die vierte an die Seefahrer im Buch Jona, also an Menschen aus den Völkern. Es wurde also schon im Targum nicht jede Strophe auf Israel gedeutet. Im Blick auf den Psalm selbst ist zu beachten, dass der Begriff Israel (oder eine andere typische Bezeichnung, wie zum Beispiel Söhne Jakobs) im gesamten Psalm nicht vorkommt. Hinzu kommt, dass die bereits angeführten Stellen nicht alle exklusiv israelzentriert sind. In Jes 42,6 f sind im Rahmen der Einsetzung des Gottesknechts auch die Völker explizit mit im Blick des anstehenden Heils. Dazu kommt, dass weder Hiob Israelit ist noch Kyros, der in Jes 45,1 jedoch ausdrücklich Jhwhs heilschaffendes Werkzeug (sogar sein Gesalbter – ‫ )משיח‬ist. Des

 Vgl. auch Beyerlin, Wesen, 16 – 21.  Vgl. Num 20,24; Dtn 1,26.43; 9,7.23; 31,27; 1Sam 12,14 f; 1Kön 13,21; Ps 78,17.40.56; 106,7.43; Jes 1,20; Ez 2,7 f; 5,6; 20,8.13.21 u. ö.  Der Israelbezug ist für Gunkel, Ps I, 471 hingegen so deutlich, dass er selbst für die vierte Strophe (V. 23 – 31), in der Not auf hoher See im Sturm geschildert wird, festhält: „daß auch die Juden sich nunmehr am Seehandel beteiligen.“ Vgl. weiterhin Mays, Ps, 346, der den Psalm einerseits auf Israel deutet, andererseits jedoch auch die Offenheit der Formulierungen eingesteht: „Thus the psalm can be understood as praise for Israel’s second salvation history […] The four cases are really open paradigms of deliverance into which any and all who have benefited from God’s saving work can enter“ (Hervorhebung C.Z.). Kirkpatrick, Ps, 638 macht den Israelbezug ebenfalls stark: „The scenes are at once fact and figure; scenes from life, yet intended to represent Israel’s experience“.  So lehnt bereits Kittel, Ps, 392 die Gleichsetzung der Erfahrung, die in der ersten und zweiten Strophe geschildert wird, mit dem Exil ab. Für den Bezug auf das Exil, zumindest für die Endtextebene, spricht sich Kraus, Ps II, 915 aus.  Siehe dazu Stec, Ps-Targum, 197 f.

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4 Segen und Abrahamkindschaft – Partizipation der Völker am Heil?

Weiteren schildern die Strophen auch Situationen, die nur schwer mit der Heilsgeschichte Israels in Verbindung gebracht werden können: Das Finden einer Stadt in V. 7 (ohne Verwendung eines Artikels) gehört nicht zu den üblichen Bildern – ist von einer Stadt die Rede, so ist sonst eher die Rede von der Stadt (nämlich Zion).²¹⁴ Das „in Eisen Liegen“ in V. 10 hat als einzigen Bezugspunkt Ps 105,18, wo es heißt, Josef liege in Eisen. Alternativ ließe sich das Bild, statt auf Israel, eher allgemein auf eine Situation im Gefängnis beziehen (vgl. auch 1QHa XIII,36 – 40²¹⁵). Die größten Schwierigkeiten bei einer israelzentrierten Auslegung des Psalms beinhaltet die vierte Strophe, denn Seefahren fällt nicht in den Tätigkeitsbereich der Israeliten.²¹⁶ Z.T. gelingt der Bezug nur durch Metaphorisierung.²¹⁷ Das Meer wird dann oft als Meer der Völker gedeutet, wodurch die fremden Völker zur bedrohenden Chaosmacht werden.²¹⁸ Dass hingegen mit denjenigen, die das Meer befahren, Menschen aus den Völkern gemeint sein können, wird nicht allein an den Seefahrern in Jona 1 deutlich, sondern auch an Jes 42,10.²¹⁹ Dort sind die, die das Meer befahren, die Bewohner der Inseln und somit eindeutig Menschen aus den Völkern.²²⁰

Ein Bezug der Geretteten allein auf Israel ist damit wenig sinnvoll. Ein Weiteres kommt hinzu: Im zweiten Teil des Refrains werden diese auch als ‫בני אדם‬ angesprochen. ‫ בני אדם‬ist in den Psalmen stets auf die Menschheit als Ganze bezogen (vgl. Ps 11,4; 12,2.9; 115,16 u.ö).²²¹ Über die Stichwortverbindung ‫( ידה‬V. 1.8.15.21.31) werden die ‫ גאולי יהוה‬mit den Menschen aus den Strophen identifiziert.²²² Nimmt man nicht nur die Israelbezüge, sondern auch die für Israel untypischen, in die Völkerwelt deutenden Belege ernst, so ergibt sich für Ps 107 eine Gruppe der Danksagenden, die sowohl aus Israeliten als auch aus Menschen aus

 Vgl. J. Vette in Oeming/Vette, Ps III, 108.  DJD 40; Martínez/Tigchelaar, DSS.SE 1, 175.  Allen, Ps, 63 f schreibt: Seefahren „must have been a rare phenomenon for the land-loving Hebrew“. Immerhin von Seefahrern, ohne nähere ethnische Bestimmung, sprechen Kittel, Ps, 392; Weiser, Ps, 471 f. Kraus, Ps II, 914 erkennt in den Menschen der vierten Strophe Seereisende, die z. B. aus phönizischen Häfen ausgelaufen seien, lässt aber deren genauere Identität offen. Ähnlich Weber, Ps II, 207: „Wenn hier die Seefahrer angesprochen sind, so ist das für Israel eine exzeptionelle Gruppe, zumal Israel keine Seefahrer-Nation war. Vielleicht sind aber auch andere (z. B. phönizische) Seeleute im Blick.“ Dahood, Ps, 86 will in der Strophe zum einen kanaanäische Seefahrertätigkeit in der späten Bronzezeit sehen, verweist zum anderen aber auch auf die ausgedehnten Handelstätigkeiten unter Salomo (1Kön 9,27– 29) und auf Jdc 5,17.  E. Zenger ruft in Hossfeld/Zenger, Ps III, 155 in Erinnerung, „dass auch in Jes 40 – 55 die Rettung Israels aus der Macht Babels mit Meereskampf-Metaphern beschrieben wird, obwohl der Weg von Babylon nach Palästina/Israel kein Weg durch ein Meer (vgl. Jes 43,2.16) war“.  Vgl. Kirkpatrick, Ps, 638; Mays, Ps, 346.  Zur Auslegung von Jes 42,1– 4, des für Matthäus wichtigen Nahkontexts von Jes 42,10, vgl. Kap. 8.3.  Vgl. zum Motiv der „Inseln“ auch Kap. 8.3.1.3.  Vgl. Flebbe, „Partikularismus“, 13; Oeming/Vette, Ps III, 109 f.  Auch Kirkpatrick, Ps, 640 deutet die Menschen, die im zweiten Teil des Refrains zum Lob aufgefordert werden, als jene, denen in den Strophen Rettung widerfahren ist.

4.3 Die „Vielen“ mit Abraham im Königreich der Himmel – Mt 8,11 f

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den Völkern besteht.²²³ Letztere erinnern an die Kategorie der „Jhwh-Verehrer unter den Völkern“,²²⁴ da sie Jhwh danken, aber nirgends angedeutet ist, dass sie ein Teil des Volkes Israel werden. Als verbindendes Element kann das sich im Dank äußernde Bekenntnis zur Rettungsmacht Jhwhs angesehen werden, das unabhängig von der ethnischen Zugehörigkeit zu Israel existiert.

4.3.2.2 Konsequenz für Mt 8,11 Liest man Mt 8,11 unter Berücksichtigung von Ps 107 als Bezugstext, so ist es auch für diese Stelle naheliegend, dass es sich bei οἱ πολλοί um eine gemischte Gruppe handelt, die sich weder allein auf „Heiden“, die zum Mahl wallfahren, noch allein auf Israel als der gesammelten Diaspora festlegen lässt. Sie setzt sich zusammen aus Juden und „Heiden“,²²⁵ die durch das Bekenntnis zu Gott, in dessen machtvollem Handeln sie ihre Rettung, ihr Heil, erkennen, verbunden sind. Gottes rettendes Handeln manifestiert sich in Jesus, der sein Volk von „ihren Sünden“ retten soll (Mt 1,21). So wird auch Jesu Aussage in V. 10 über den Glauben (τοσαύτην πίστιν) des römischen Hauptmanns verständlich. Der Hauptmann erkennt, und durch seine Anfrage bekennt er Jesus als den Retter, der auch in seinem Leben zu wirken vermag. Da er nicht zu Israel gehört, übersteigt sein Glaube den Israels insofern, als dass dieses in Jesus bisher nur den Sohn Davids, den Messias Israels, erkannt hat, aber noch nicht seine letztendlich heilvolle Relevanz für die Völkerwelt.²²⁶ Die Zusammensetzung der πολλοί entsprechend ihrem Bekenntnis, statt ihrer ethnischen Zugehörigkeit, korrespondiert auch mit der Situation der mt Gemeinde, die sehr wahrscheinlich ebenfalls bereits „Heiden“ aufgenommen hatte oder die Aufnahme von ihnen zumindest diskutierte. Außerdem wird der Gemeinde-Kontext noch verstärkt, indem die πολλοί (als eigenständige Größe) auch

 Vgl. auch J. Vette in Oeming/Vette, Ps III, 109: „Die Identität derer, die Gott danken, wird hier einzig durch Gottes rettendes Handeln bestimmt. Sein Handeln, nicht ihre ethnische Zugehörigkeit, prägt die Gruppenidentität.“  Zu dieser Kategorie, die von Haarmann, JHWH-Verehrer für die Schriften Israels herausgearbeitet wurde, vgl. Kap. 2.3.7.  Nolland, Mt, 357 schreibt zu Mt 8,11 f: „Matthew does no more than allow for the inclusion of Gentiles in the gathering of Israel.“ Dabei bezieht er sich ganz allgemein auf Stellen wie Jes 2,3; 19,18 – 25; 66,18 – 21 u. a., aber nicht auf Ps 107, durch den die Möglichkeit einer gemischten Gruppe aus Israel und den Völkern bereits in den Schriften gegeben ist.  Insofern ist es nach Wegner, Hauptmann, 398 fraglich, V. 10 als „Kritik und Polemik gegen die Glaubenshaltung des eigenen Volkes“ zu deuten.

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4 Segen und Abrahamkindschaft – Partizipation der Völker am Heil?

in den Einsetzungsworten des Abendmahls in einem ekklesiologischen Zusammenhang genannt werden (Mt 26,28).²²⁷ Die irdische Zugehörigkeit zur Gemeinde kann jedoch nicht als Heilssicherheit aufgefasst werden (vgl. z. B. Mt 7,21– 23; 22,11– 14; 24,9 – 23). Damit entsprechen die πολλοί beim eschatologischen Mahl mit Abraham letztendlich denjenigen, die sich durch ihr Tun des göttlichen Willens auszeichnen, jenen, die im Weltgericht zur Rechten des Thrones des Menschensohns stehen (Mt 25,33 – 40).²²⁸ Diese sind jedoch ebenfalls nicht auf Israel oder auf Menschen aus den Völkern beschränkt.²²⁹ Sie zeichnen sich stattdessen durch Nachfolge aus, die sich wiederum in den sog. Taten der Barmherzigkeit²³⁰ äußert. Folglich kann von einer Ausweitung des eschatologischen Mahls mit Abraham über Israel hinaus gesprochen werden,²³¹ die universales Potenzial hat. Doch wird diese Ausweitung nicht unmittelbar über die Nennung Abrahams verfügbar. Dass hier irdische Gemeindeterminologie und eschatologische Bezeichnung ineinander laufen, zeigt möglicherweise, dass die mt Hoffnung gerade darin besteht, dass sich am Ende beide Gruppen entsprechen, was zum Beispiel auch im Bemühen um sich verfehlende Brüder in der Gemeinde Ausdruck findet (vgl. z. B. Mt 5,23.24; 6,14; 18,15 – 35).²³²

4.3.3 Die „Söhne des Reiches“ – οἱ υἱοὶ τῆς βασιλείας Dass das in Mt 8,11 geschilderte Mahl mit den Vätern jedoch eine Hoffnung und kein bereits erlangter Zustand ist, zeigt der zweite Vers des Logions (Mt 8,12). Dort wird den Söhnen des Reiches (οἱ υἱοὶ τῆς βασιλείας) angekündigt, dass sie in die äußerste Finsternis (τὸ σκότος τὸ ἐξώτερον) geworfen werden – ein Gerichtsbild,

 Vgl. zu Mt 26,28 Kap. 6.4 sowie Kap. 10.1.  Ähnlich, aber ohne den Kontext von Ps 107, auch Wilk, Jesus und die Völker, 116 f: „Die ‚vielen‘ Gäste, die ‚aus Osten und Westen‘ zu diesem Festmahl ‚kommen‘, sind demnach nicht einfach die Völker, aber auch nicht nur die Diasporajuden, sondern alle Juden und ‚Heiden‘, die infolge ihrer Stellung zu Jesus im Endgericht als ‚Gerechte‘ ausgewiesen werden.“  Vgl. dazu ausführlich Kap. 9.1.  Zur Ethisierung des Gesetzes vgl. Kap. 8.4.  Dormeyer, „Überschrift“, 1364 erkennt folglich in Abraham den „Stammvater der Proselyten der Endzeit, die ebenfalls den Glaubensanruf gehört und die Möglichkeit zur Glaubensentscheidung gehabt haben“. Allerdings ist dies nur sinnvoll, wenn Mt 8,11 in enger Verbindung zu Mt 3,9 gelesen wird, da die Rolle des Stammvaters für die Hinzukommenden aus Mt 8,11 allein nicht hervorgeht.  Vgl. auch Mt 5,9, dass jene, die Frieden stiften, sogar Söhne Gottes (υἱοὶ θεοῦ) genannt werden.

4.3 Die „Vielen“ mit Abraham im Königreich der Himmel – Mt 8,11 f

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das sich im Mt stets im Kontext des endgültigen eschatologischen Ergehens findet (vgl. Mt 22,13; 25,30). Sind die „Vielen“ nun eine gemischte Gruppe aus Juden und „Heiden“, die über ihr gemeinsames Bekenntnis verbunden sind, so stellt sich konsequenterweise die Frage, wer genau die υἱοὶ τῆς βασιλείας sind. Die Deutung als jüdische Gläubige, denen die Verheißung bisher galt, die nun aber verstoßen werden,²³³ wäre – wenn überhaupt – nur dann sinnvoll gewesen, wären die πολλοί ausschließlich als „Heiden“ zu deuten. Angesichts der gemischten Gruppe der πολλοί ist dies jedoch nicht mehr haltbar.²³⁴ Eine rein innerisraelitische Unterscheidung läge vor, machte man jene Textstellen zur Deutung stark, die in der Sammlung der πολλοί die Sammlung der Diaspora gespiegelt sehen.²³⁵ Diese Deutung liegt insofern nahe, da sich die mt Gemeinde vermutlich noch als Teil des Judentums verstand. Die Söhne des Reiches entsprächen dann den jüdischen Nichtgemeindemitgliedern. Ein Argument hingegen, dass sowohl gegen die Gleichsetzung der υἱοὶ τῆς βασιλείας mit ganz Israel als auch mit den Nichtgemeindemitgliedern²³⁶ spricht, ist Mt 13,38, da dort mit υἱοὶ τῆς βασιλείας der gute Samen gemeint ist, den der Menschensohn auf den Acker der Welt streut.²³⁷ In Korrespondenz zu den Ergebnissen bezüglich der „Vielen“ ist daher zu

 In diesem Sinn Meinertz, Heidenmission, 93; Klostermann, Mt, 75; Jeremias, Jesu Verheißung, 41; Schnackenburg, Mt I, 67.167; Bonnard, Mt, 116; Schniewind, Mt, 110; Schmid, Mt, 164; Kretzer, Herrschaft der Himmel, 59.86; Zeller, „Logion II“, 90.93; Zeller, Jesus; Held, „Wundergeschichten“, 185; Beare, Mt, 209; Frankemölle, Jahwebund, 108.113.173.261; Wong, Theologie, 140.164– 166; Gnilka, Mt I, 304; Hagner, Mt I, 206; Tisera, Universalism, 122; Marguerat, Jugement, 253 f; Morris, Mt, 195; Park, Mission, 179; Luz, Mt II, 15; Heil, „Zukunft Israels“, 189; explizit als ganz Israel versteht Trilling, Israel, 88 f die υἱοὶ τῆς βασιλείας, wobei er sich auf Dalman, Worte Jesu, 94 bezieht, der schreibt: „Die ‚Söhne der Gottesherrschaft‘ sind somit die ihr durch Geburt Angehörenden, welche dadurch ein naturhaftes Recht auf ihren Besitz haben“. Vgl. außerdem Hasler, „Art. βρυγμός“, 547. Als die zur Zeit Jesu lebende Generation werden sie von Wainwright, Eucharist, 26 gedeutet.  Zu diesem Ergebnis kommt auch Tagawa, „People“, 160, wenn er schreibt: „The question here is ‚the mixed state of the Church‘ and not the problem of the Jews and the Gentiles“; vgl. auch Levine, Dimensions, 127– 130.  Vgl. Davies/Allison, Mt II, 27 f; Burchard, „Matthäus 8,5 – 13“, 75; Fiedler, Mt, 204 f; Rölver, Christliche Existenz, 534. Zu einer sozioökonomischen Unterscheidung anstatt einer ethnischen vgl. Levine, Dimensions, 126; innergemeindlich deutet Tagawa, „People“, 160.  Vgl. auch Tagawa, „People“, 160. Auch innermatthäische Bezugstexte wie Mt 3,9; 21,43 und 22,1– 7 überzeugen nicht, um eine Deutung der υἱοὶ τῆς βασιλείας auf Israel zu vertreten.  Von diesem Beleg her spricht sich auch Burchard, „Matthäus 8,5 – 13“, 75 gegen eine Gleichsetzung der „Söhne des Reiches“ mit ganz Israel aus. Vielmehr seien sie das „durch Jesu Erdenwirken angeregte palästinische Israel, und 13,38 spricht dafür, daß sie als von Jesus Angerührte Kinder des Reiches heißen, nicht als Juden“. Dass es in Mt 13,38 ebenfalls um eine ethische Forderung geht, wird auch an der Gleichsetzung der Söhne des Reiches mit den Gerechten deutlich, die in der Basileia ihres Vaters leuchten werden wie die Sonne (Mt 13,43). So

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4 Segen und Abrahamkindschaft – Partizipation der Völker am Heil?

erwägen, ob nicht die Gruppe der υἱοὶ τῆς βασιλείας ebenfalls als eine gemischte Gruppe anzusehen ist.²³⁸ Damit ließe sich das Logion innergemeindlich deuten.²³⁹ Die „Söhne des Reiches“ wären dann jene Gemeindeglieder, die sich ihrer Erwählung sicher sind, deren Handeln sich jedoch nicht durch das Tun des Willens Gottes auszeichnet. Scheinbar problematisch an dieser Deutung ist, dass die Bezeichnung υἱοὶ τῆς βασιλείας im Mt sonst eine positiv geprägte ist (vgl. Mt 13,38), hier jedoch eine negativ konnotierte Verwendung findet. Diese Diskrepanz ist jedoch weniger erstaunlich, wenn sie parallel zu der Spannung in der Selbstbezeichnung²⁴⁰ der Pharisäer und Schriftgelehrten als υἱοὶ ᾿Aβραάμ in Mt 3,9²⁴¹ verstanden wird: Grundsätzlich ist der Status als υἱοὶ τῆς βασιλείας ein positiver, wie auch der Status als υἱοὶ ᾿Aβραάμ ein positiver ist. Doch gewährleistet weder der eine noch der andere Heilssicherheit.²⁴² Weder die Zugehörigkeit zum Judentum noch die Zugehörigkeit zur Gemeinde an sich ist bereits ausschlaggebend für das eschatologische Ergehen. Vielmehr muss sich die Zugehörigkeit durch das Erfüllen des Willens Gottes erweisen.²⁴³ Für Mt 8,12 plausibilisiert sich

auch Frankemölle, Jahwebund, 173, der daraus jedoch andere Schlüsse zieht. Kretzer, Herrschaft der Himmel, 87 setzt die „Söhne des Reiches“ in Mt 8,12 mit den „Söhnen des Bösen“ (Mt 13,38) auf eine Linie: „[A]uf dem Hintergrund zeichnet sich auch in ihr der ernste, drohende und richterlich gefärbte Ton ab für jene, die die Metanoia nicht aufbrachten, nämlich Israel (8,11 f), aber auch für jene in der Gemeinde, die ihrer Berufung nicht nachkommen (13,41– 43)“.  Nicht von Ps 107 her argumentiert Burchard, „Matthäus 8,5 – 13“, 75, doch geht er letztlich ebenfalls von einer gemischten Gruppe aus.  Auf die Gemeinde bezogen deutet auch Gollinger, „Heil für die Heiden“, 208.  Vgl. Kap. 4.2.  Die Bezeichnung υἱοὶ ᾿Aβραάμ kommt in Mt 3,9 nicht wörtlich vor (im Singular nur in Mt 1,1), ist jedoch implizit gemeint, wenn Johannes der Täufer den Autoritäten verwehrt, sich auf Abraham als ihren Vater zu berufen.  Dass es um die Anzweiflung „ethnisch definierte[r] Heilsgarantien“ geht, sieht auch Rölver, Christliche Existenz, 534. Vgl. zum Vergleich von Mt 8,12 mit 3,9 Siker, Disinheriting, 84, der unter Verweis auf Mt 23,31 und 27,9 in den „Söhnen des Reiches“ wie in Mt 3,9 die jüdischen Autoritäten erkennt. Parallel zu Mt 3,9 deutet auch Schmid, Mt, 165, wobei er deutlich macht, dass zwar eine Warnung an Israel vorliegt, aber „das Heil der Heiden [nicht] vom Unheil der Juden abhinge“. Aufgrund der Verwendung von υἱοὶ τῆς βασιλείας in Mt 13,38 im gemeindlichen Kontext erscheint eine gemeindliche Kontextualisierung hingegen auch in Mt 8,12 wahrscheinlicher. Als Einspruch gegen eine vermeintliche Heilssicherheit wird Mt 8,12 auch von Garbe, Hirte Israels, 152 f gedeutet, indem er schreibt: „Durch den Begriff ‚Söhne‘ ist also eine potentielle Zugehörigkeit zum Reich Gottes ausgedrückt“ (Hervorhebung im Original). Allerdings deutet er Mt 8,12 als „den Israeliten zugesprochen“ (153).  Dazu, dass sich das Erfüllen des Willens Gottes in der vollen Gültigkeit des Gesetzes und der Propheten verdeutlicht, vgl. Kap. 8.4. Für Mt 8,12 sehen dies auch Gollinger, „Heil für die Heiden“, 208; Rölver, Christliche Existenz, 507. Anders hingegen spitzt Bornkamm, „Enderwartung (1975)“, 26 auf die Frage nach dem Glauben als das entscheidende Moment zu: Matthäus „gibt

4.3 Die „Vielen“ mit Abraham im Königreich der Himmel – Mt 8,11 f

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dies über die Parallele zu Mt 25,30, in der jene zur Linken des Thrones, aufgrund ihrer mangelnden Taten der Barmherzigkeit, ebenfalls in die „äußerste Finsternis“ (τὸ σκότος τὸ ἐξώτερον) verstoßen werden. Damit wären auch die „Söhne des Reiches“ in Mt 8,12 eine Gruppe innerhalb der irdischen Gemeinde,²⁴⁴ die – wie bereits gesagt – aus Juden wie „Heiden“ besteht, die sich in ihrem Leben und ihrer Christus-Nachfolge dem eschatologischen Festmahl mit Abraham, Isaak und Jakob als nicht würdig erweisen.²⁴⁵ Weiter gestützt wird diese Lesart dadurch, dass die Gerichtsterminologie dergestalt sonst der Gemeinde gilt.²⁴⁶ Auch wenn die hier dargebotene Deutung der „Söhne des Reiches“ einem differenzierten Verständnis der „Vielen“ besser entspricht als es durch die Bezeichnung der einen als „die Juden“ und der anderen als „Heiden“ oft geschieht, so ist auch sie nicht ohne Probleme. Sie setzt im Grunde eine Unterscheidung innerhalb der Gemeinde voraus, die in Mt 8,11 f nicht deutlich wird, da es auch Gemeindeglieder gibt, die den Willen Gottes tun – also von Mt 13,38 her ebenfalls als „Söhne des Reiches“ zu bezeichnen wären – und daher nicht in die äußerste Finsternis geworfen werden. So bleibt zu resümieren, dass die Deutung der υἱοὶ τῆς βασιλείας aufgrund der spärlichen und uneindeutigen Verwendung im Mt eine crux interpretum ist, die möglicherweise nicht endgültig gelöst werden kann. Zusammenfassend lässt sich sagen: Die volle Deutungstiefe des mt Textes wird auch in den hier besprochenen Texten nur schriftenbasiert deutlich. Es wird nur wenig explizit zitiert und erst die Kenntnis der an Abraham geknüpften Traditionen wie des ganzen Ps 107 erschließen die Implikationen, die durch das Schriftenfundament in den mt Text eingetragen (oder eben auch gerade nicht eingetragen) werden. Die universale Komponente, die für Mt 8,11 f herausgearbeitet wurde, ergibt sich nicht unmittelbar aus der Nennung Abrahams, da dieser hier in der Formel „Abraham, Isaak und Jakob“ verwendet wird. Die Formel wird in den Schriften Israels vornehmlich dort verwendet, wo auch auf die Verheißung des Landes an Abraham rekurriert wird, jedoch nie auf dessen Rolle bezüglich des Segens für die Völker. Insofern partizipiert das Mt an diesem Teil der Abrahamtradition, der eigentlich israelzentriert ist (Israel als das Volk, das von Gott in das verheißene Land geführt wird). Gleichzeitig wird dieser Traditionsstrang aber

damit der Erzählung einen ins Eschatologische ausgeweiteten Sinn, dergestalt, daß nun der Glaube […] als das Verhalten sichtbar wird, das über die Zugehörigkeit zum wahren Gottesvolk und den Eingang in das kommende Gottesreich entscheidet“.  Auf diese Ebene überträgt auch Burchard, „Matthäus 8,5 – 13“, 75.  Rölver, Christliche Existenz, 426: „Diese Grenzüberschreitung ist klar mit einer paränetischen Spitze aus jüdischer Perspektive formuliert, denn für Heiden hätte eine Tischgemeinschaft mit den Patriarchen ja nur eine sehr begrenzte Attraktivität“.  Vgl. Mt 13,42.50; 22,13; 24,51; 25,30 und dazu Held, „Wundergeschichten“, 186.

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4 Segen und Abrahamkindschaft – Partizipation der Völker am Heil?

auch überboten, da es nicht mehr um den Einzug in das verheißene irdische Land der Väter, sondern in die βασιλεία geht, in der jene mit den „Vielen“ Tischgemeinschaft pflegen werden. Die Deutung der „Vielen“ als Völker und Israel leitet sich von der Anspielung auf Ps 107 ab, womit auf einen Kontext angespielt wird, der – ähnlich wie im Mt – bereits ein über Israel hinausreichendes Wirken von Gottes Heil kennt. Der Unterschied besteht freilich darin, dass auch Ps 107 wie die Verheißung an Abraham Gottes konkretes Heilswirken in der Welt im Blick hat. In diese bekennende Gruppe reiht sich der römische Hauptmann mit seiner Bitte an Jesus ein. Die hinzuströmenden „Vielen“ bilden zwar keine weltumspannende Größe ab, sie bleiben eine Teilmenge der Menschheit, ihre Zusammensetzung ist jedoch gleichzeitig nicht mehr an ethnische Voraussetzungen gebunden.²⁴⁷ Die Trennung der „Söhne des Reiches“ von den „Vielen“, die zur Tischgemeinschaft geladen sind, erinnert an ähnliche Vorstellungen eines sog. „Restes“, die Gerechten nach dem Gericht, wie er in manchen Schriften Israels vertreten wird²⁴⁸ (vgl. z. B. Jes 66,18 – 24²⁴⁹; Zeph 3,8 – 13; Hag 1,12; 2,2– 4).²⁵⁰ Die Verwerfung der „Söhne des Reiches“ steht parallel zu der Ablehnung der Berufung auf die Abrahamkindschaft.Weder das eine noch das andere kann ohne das Tun des göttlichen Willens als Heilsanspruch geltend gemacht werden. Die Verbindung beider Perikopen besteht also weniger in der Erfüllung der in Mt 3,9 gegebenen Verheißung in Mt 8,11²⁵¹ als in der Parallelisierung falschverstandener Heilsgewissheiten, die sich einmal auf die Autoritäten Israels (Mt 3,9) und im anderen Fall auf Mitglieder der mt Gemeinde (Mt 8,12) beziehen.

 Durch das universale Hinzuströmen der πολλοί verleiht Matthäus laut Konradt, Israel, 221 „dem hinter V.11 stehenden Motivfeld […] einen neuen Akzent, ohne es gegen den Strich zu bürsten“.  Zum Zusammenhang von Restgedanken und Universalismus, der nach J. Hausmann seine stärksten und gleichzeitig konträren Ausformungen in Esra/Neh einerseits und Jes 56 – 66 sowie Sach 9 – 14 andererseits findet, vgl. Hausmann, Israels Rest, 246– 253.  In Jes 66,18 – 24 wird der Begriff selbst nicht genannt.  Zur Frage, ob auch in den Schriften Israels die Vorstellung vom „Volk“ und die von der „Gemeinde Gottes“ immer deckungsgleich sind, vgl. auch Preuss, Theologie I, 61– 63. Die genaue Gestalt der Gruppe, die als „Rest“ angesehen wird, kann unterschiedlich ausfallen und ihr Umfang durchaus schwanken (vgl. Preuss, Theologie II, 293).Weiterhin verweist Preuss, Theologie I, 63 darauf, dass durch diese Vorstellung sowohl ein Hinzukommen möglich war als auch eine Teilmenge gebildet werden konnte, da „das durch Jhwh erwählte und verpflichtete Volk keine numerisch fest umschriebene Größe war“. Vgl. auch die Ausführungen zu Mt 3,9 in Kap. 4.2.  Anders hingegen Wieser, Abrahamvorstellungen, 95: „Hier [Mt 8,11 f] erfüllt sich die Ankündigung des Täufers, dass Gott dem Abraham aus Steinen Kinder erwecken könne“.

4.4 Zwischenfazit

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4.4 Zwischenfazit Wie die Analyse gezeigt hat, lässt sich in keiner der drei behandelten Perikopen der über Israel hinausweisende Impetus der Verse, dessen Existenz jeweils nachgewiesen werden konnte, allein an der Nennung Abrahams festmachen. Besonders in Mt 1,1 ist die Offenheit der Bezeichnung „Sohn Abrahams“ (υἱὸς ᾿Aβραάμ) festzuhalten. In Mt 3,9 wird eine Heilsgewissheit, die sich von einem genealogischen Verständnis der Abrahamkindschaft herleitet und wie sie von den jüdischen Autoritäten vertreten wird, abgelehnt, sodass der Vers auf eine Öffnung der heilsrelevanten Gruppe hin gedeutet werden kann. Allerdings wird diese Lesart ebenfalls nicht allein durch die Nennung Abrahams, sondern nur über den Gesamtzusammenhang des Mt plausibel: In diesem wird deutlich, dass letztlich auch Menschen aus den Völkern zu Abrahamkindern werden können. Kindschaft Abrahams gilt für die Gemeindeglieder jedoch nur insofern, als sie als Brüder Jesu, des Sohns Abrahams, ebenfalls Söhne Abrahams sind²⁵² – jedoch sind sie nicht in einem genealogischen Sinn Brüder, sondern über das Kriterium des Tuns des Willens Gottes (Mt 12,50). Andernfalls nutzt weder die Berufung darauf, „Sohn Abrahams“ zu sein, noch sich als „Sohn des Reiches“ zu verstehen (vgl. auch Mt 7,21). Daran lässt sich demnach ein reakzentuierender Gebrauch der Abrahamtradition erkennen, da nicht mehr die genealogische Verbundenheit mit Abraham wichtig ist, sondern die Verbundenheit im Gehorsam gegenüber dem Willen Gottes. Partizipation am Heil durch Menschen aus den Völkern wird hier über den Aspekt der Ethik plausibilisiert. Die Deutung der „Vielen“ als Menschen, die sich zu Gott als ihrem Retter und damit zu Jesus, dem Christus, dem Sohn Davids wie Abrahams, bekennen, wird in Mt 8,11 durch das (unmarkierte) Zitat aus Ps 106,3LXX (ἀπὸ ἀνατολῶν καὶ δυσμῶν) in die mt Narration eingespielt und hat potentiell universale Züge. Die in Ps 107MT/ 106LXX zum Dank Jhwhs verpflichtete Gruppe ist bereits im Psalm nicht mit Israel gleichzusetzen, sondern meint eine über das Gottesvolk im engeren Sinn hinausreichende Gemeinschaft, deren verbindendes Kriterium nicht in ihrer genealogischen Zusammengehörigkeit, sondern in ihrem gemeinsamen Bekenntnis zu Jhwh auszumachen ist. Demnach ist Mt 8,11 keine Überbietung der Theologie²⁵³ von Ps 107MT/106LXX, sondern dessen konsequente (und damit autorisierende) Fortführung. Basis der Partizipation ist hier das gemeinsame Bekenntnis.  Etwas anders hingegen Frankemölle, Jahwebund, 314: „Nicht wegen einer besonderen Abrahams-Sohn-Christologie oder Abrahamskindschafts-Theologie für die Jünger war Abraham für Mt wichtig, sondern aufgrund der Bundesschließung Jahwes mit ihm und wegen der universalen Verheißungen“.  Als Überbietung deutet hingegen Rölver, Christliche Existenz, 426.

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4 Segen und Abrahamkindschaft – Partizipation der Völker am Heil?

Auf der Grundlage der Darstellung des Heils, das auch den Völkern offen steht, wie es in Mt 3,9 und besonders durch Mt 8,11 eingespielt wird, gewinnt auch eine auf alle Völker ausgerichtete Komponente in der Deutung der Abrahamsohnschaft Jesu in Mt 1,1 eine höhere Plausibilität.²⁵⁴ Daraus lässt sich jedoch nicht folgern, dass die jeweilige Ausrichtung der besprochenen Textstellen in Diskontinuität zur Abrahamtradition steht,²⁵⁵ nur weil die Öffnung auf die Völker nicht direkt durch Abraham eingeführt wird. Vielmehr wird eine Fülle von Aspekten deutlich, die sich nicht auf einen einzelnen reduzieren lässt. Die verschiedenen Verheißungen an Abraham klingen ebenso an wie auch die Erzählung um seine und Sarahs Unfruchtbarkeit und die Zeugung Isaaks sowie sein unbedingter Gehorsam gegenüber Gott. Wichtig in diesem Zusammenhang ist: Die Verheißungen an Abraham sind nicht auf Israel begrenzt, sondern haben durch die Verheißung des Segens Auswirkungen, die über Israel hinausgehen. Zudem gilt Abraham als erster Proselyt, wodurch sein Gottesgehorsam auch Vorbildcharakter für andere Menschen aus den Völkern erhält. Damit wird angesichts der universalisierenden Implikation der Abrahamsohnschaft einerseits ein komplementärer Aspekt zur königlichen Implikation der Davidsohnschaft deutlich: Der Sohn Abrahams bringt Segen für die Völker, der Sohn Davids Segen²⁵⁶ für Israel.²⁵⁷ Andererseits ist Abraham nicht auf universale Komponenten festgeschrieben, sondern seine Bedeutung speziell für die Heilsgeschichte Israels bezieht sich ebenfalls auf Aspekte, die weder für Mt 1,1 noch für 3,9 und 8,11 ausgeschlossen werden können (Abraham als idealer Israelit; Erwählung und Verheißung des Landes). „Wie Abraham als Stammvater Israels zugleich Träger universalen Segens ist, so ist sein ‚Sohn‘ Jesus (1,1) gerade als Messias für Israel (2,4– 6) zugleich

 So auch Meinertz, Heidenmission, 178; Gollinger, „Heil für die Heiden“, 203 f; Brown, Birth, 67 f; Gnilka, Mt I, 7; Tisera, Universalism, 32– 39; Zahn, Mt, 44; Bauer, „Function“, 149; Oberforcher, „Jüdische Wurzel“, 21; Backhaus, „Himmelsherrschaft“, 89; Bruner, Mt I, 6; Carter, „Matthew and the Gentiles“, 263; Sparks, „Gospel as Conquest“, 652 f; France, Mt, 111; Konradt, Israel, 287; Senior, Mt, 34 f; Klaiber, Mt I, 21. Frankemölle, Mt I, 134 sieht in der offenen Formulierung von Mt 1,1 die grundlegende „Spannung d[er] gesamten Dramaturgie des matthäischen Werkes“, das „eine Lösung im Evangelium“ erwarten lässt.  So hingegen Siker, Disinheriting, 86.  Dies steht in der Tradition der altorientalischen Königsideologie, in der der König als Garant für Segen über sein Volk gilt.  Vgl. Kingsbury, Structure, 100. Von einem parallelen Abraham- und Davidbild geht hingegen LaGrand, Mission, 171 f aus. Er erkennt in beiden Figuren partikulare wie universale Elemente. Auch das Leben in der Fremde macht er nicht nur für Abraham, sondern über das Davidbild des Psalters auch für David stark.

4.4 Zwischenfazit

155

der, auf den sich auch die Heilshoffnungen der Völker richten.“²⁵⁸ Insofern erklärt sich auch die auffällige Reihenfolge in Mt 1,1 (υἱοῦ Δαυὶδ υἱοῦ ᾿Aβραάμ), denn nur als Sohn Davids und aufgrund der bleibenden Gültigkeit der Verheißungen an Israel kann auch die universale Komponente der Abrahamsohnschaft, die – wie gezeigt wurde – selbst auch israelspezifische Aspekte aufzeigt, verwirklicht werden. Doch liegt gerade darin die Stärke des Verweises auf Abraham, dass durch ihn die Verheißungen an Israel positiv rezipiert werden können und zugleich eine Öffnung für die Völker durch dessen Segensverheißung erfolgt. Diese Verheißung kann aber nicht an Israel vorbei verwirklicht werden, sodass auch hier eine enge Verbindung von Israels Heil und dem der Völker deutlich wird.

 Konradt, Israel, 294. Auch LaGrand, Mission, 171 führt an: „No other figure in Israel’s tradition so sharply focuses the paradox of particularity and universality“ (Hervorhebung C.Z.). Bruner, Mt I, 5 formuliert die gegebene Spannung und Doppelbedeutung anschaulich: „‚Son of David‘ says, ‚Israel here is your Messiah‘; ‚Son of Abraham‘ says, ‚Nations, here is your hope!‘“. Vgl. weiterhin Oberforcher, „Jüdische Wurzel“, 22.

5 Völkerwallfahrt zum Zion – Partizipation der Völker am Heil? Eine weitere völkerbezogene Heilsvorstellung der Schriften ist die der Völkerwallfahrt, die in den Kontext der Zionstheologie gehört, in deren Mittelpunkt der (uneinnehmbare) Zion, der Ort des Tempels und Wohnort Gottes, steht. Ihr Gegenaspekt ist der Völkersturm, bei dem die Völker die gegenüber Jerusalem feindliche Macht verkörpern. Das Heil der Völker definiert sich bei der Völkerwallfahrt zum einen über die Teilhabe an Gottes Tora (vgl. z. B. Jes 2,2– 4 par. Mi 4,1– 5) und zum anderen über die Integration in den Kult (vgl. z. B. Sach 14,16 – 19).¹ Im Folgenden ist zu untersuchen, wie Matthäus dieses Motiv rezipiert. Dazu soll zunächst die Erzählung der drei fremdländischen Magier (Mt 2,1– 12), die nach Jerusalem ziehen, um den neuen König der Juden zu finden, in den Blick genommen werden (5.1). Im Anschluss daran ist erneut auf Mt 8,11 einzugehen,² da in der Forschung das Hinzukommen der „Vielen“ zur Tischgemeinschaft in der Basileia häufig als Völkerwallfahrt gedeutet wird (5.2). Des Weiteren gilt es, das Mischzitat von Jes 56,7/Jer 7,11 in Mt 21,13 zu untersuchen, da besonders dessen Kontexte zionstheologische Aspekte einspielen und für die Frage nach dem Heil von Nicht-Israeliten relevante Aussagen machen (5.3). Zuletzt ist noch ein Motiv zu bedenken, das mit Blick auf die Völker zionstheologisch deutbar ist: Die Verkündigung des Willens Gottes für die Völker vom Zion (Jes 2/Mi 4). Die Verkündigung Jesu findet stellenweise ebenfalls auf einem Berg statt³ und wird in Mt 28,19 f (auch dort auf einem Berg) explizit als für alle Völker heilsrelevant charakterisiert (5.4).

5.1 Der Zug der Magier als (proleptische) Völkerwallfahrt – Mt 2,1 – 12 Die ersten Menschen, von denen Matthäus erzählt, dass sie zum neugeborenen Messias kommen, sind überraschenderweise keine Israeliten, sondern Menschen

 Vgl. dazu ausführlicher Kap. 2.3.9.  Vgl. zu Mt 8,11 ausführlich Kap. 4.3 sowie Kap. 6.2.  Für das gesamte Mt ist dieses Motiv jedoch nicht allein auf den Zion, sondern auch auf die Sinai-/Horebtradition zurückzuführen, da vom Sinai der göttliche Wille für Israel verkündet wird. https://doi.org/10.1515/9783110594287-006

5.1 Der Zug der Magier als (proleptische) Völkerwallfahrt – Mt 2,1 – 12

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aus den Völkern.⁴ Sie werden in Mt 2,1 als Magier bezeichnet, die nach Jerusalem kommen, und in Mt 2,2 wird ihr eigentliches Ziel (ὁ τεχθεὶς βασιλεὺς τῶν Ἰουδαίων) deutlich.⁵ Dabei werden die Magier nicht explizit als Völker bezeichnet,⁶ sondern sie werden in diesem Fall durch ihre Herkunft aus dem nicht näher bestimmten Osten (μάγοι ἀπὸ ἀνατολῶν; V. 1) als solche identifiziert.⁷ Sie kommen nach Jerusalem und fragen dort nach dem neugeborenen König der Juden (βασιλεὺς τῶν Ἰουδαίων),⁸ womit sie eine Bezeichnung wählen, die zu Menschen  Für eine Identifizierung der Magier mit Nicht-Israeliten spricht sich die Mehrheit der Forscher aus, vgl. Hengel/Merkel, „Magier“, 144.151; Nellessen, Kind, 119 f; France, „Formula-Quotations“, 239; Davies/Allison, Mt I, 228 f; Levine, Dimensions, 90; Long, Mt, 17; Brown, Birth, 181; Gnilka, Mt I, 42; Hagner, Mt I, 26 f; Tisera, Universalism, 53 – 56; Frankemölle, Mt I, 162.166; Gundry, Mt, 26; Bauer, „Kingship“, 319; Senior, Mt, 44 f; Byrne, „Messiah“, 60 f; Wick, „Matthäus“, 78 f, der besonders auf Dtn 4,19 f und das Verbot an Israel, die Sterne zu deuten, verweist; Garbe, Hirte Israels, 29; Paul, Texte, 33.36; Harrington, Mt, 42; Konradt, Israel, 292; Viljoen, „Significance“, 857; Grilli/Langner, Mt, 39. Anders hingegen Mann, „Epiphany“, 498: „[T]here is not the slightest hint in Matthew that the Magi were Gentiles“. Weniger radikal formuliert Sim, „Magi“, 980 – 1000: „They may have been Gentiles, but it is equally plausible that they were Jews“ (980). Vorsichtig formuliert auch Holtmann, Magier vom Osten, 10 – 12.  In der Forschung wird besonders diskutiert, ob Mt 2,1– 12 ursprünglich aus zwei Erzählungen bestand, nämlich einer Magier- und einer Herodeserzählung (vgl. z. B. Hahn, Hoheitstitel, 277; Brown, Birth, 109.192; Davies/Allison, Mt I, 194 f; Gnilka, Mt I, 34; Nolland, „Sources“, 283 – 300), oder ob die Erzählung Matthäus als Einheit überliefert war (vgl. Hengel/Merkel, „Magier“, 140 – 142; Luz, Mt I, 159 f, der pointiert zusammenfasst: „Die Geschichte des Mt ist viel besser als die Geschichten von Brown und Nolland“ [160, Anm. 19]).  Davies/Allison, Mt I, 229 weisen darauf hin, dass der Titel μάγοι an sich noch kein Beleg für die Herkunft aus den Völkern sein muss, da es auch jüdische Magier gab (vgl. Simon in Act 8,9 – 24 [Σίμων μαγεύων; V. 9]; Elymas in Act 13,6 – 11 [Ἐλύμας ὁ μάγος; V. 8]; Atomus in Josephus, Ant 20,142 [Ἄτομον Ἰουδαῖον, Κύπριον δὲ τὸ γένος, μάγον εἶναι]). Siehe auch Sim, „Magi“, 984– 986. Anders hingegen Brown, Birth, 181, Anm. 9; Levine, Dimensions, 90: „[A]nd by the turn of the era the Magi were associated with sorcery and perhaps charlatanism […]; in neither case however were they usually associated with Jews“.  Vgl. auch Levine, Dimensions, 90; Gnilka, Mt I, 36; Tisera, Universalism, 54 f. Bereits in der frühen Kirche wurden Diskussionen geführt, auf welchen Ort oder welches Gebiet sich ἀπὸ ἀνατολῶν genauer bezieht. Die Magier werden bereits bei Origenes als „primitiae gentium“ bezeichnet, z.T. gelten sie auch als Vertreter der drei Erdteile, entsprechend der Verteilung an die drei Söhne Noahs (vgl. Luz, Mt I, 165). Auf der Basis von Jes 60,6 sowie Ps 71,10LXX wird häufig Arabien (Midian, Saba) präferiert (vgl. France, „Formula-Quotations“, 239; Davies/Allison, Mt I, 228), zumal die Königin von Saba auch in Mt 12,42 als Zeugin beim Gericht Gottes Erwähnung findet. Gnilka, Mt I, 36 spricht sich für Babylonien aus. Anders hingegen Sim, „Magi“, 986 f, der im Kommen von Osten kein Anzeichen dafür sieht, dass es sich um Nicht-Israeliten handelt, und (nicht völlig zu Unrecht) auf das Diaspora-Judentum verweist. Letztlich spielt der genaue Ort für das Motiv der Völkerwallfahrt jedoch keine besondere Rolle.  Herodes wird hingegen nur König genannt: ὁ βασιλεὺς Ἡρῴδης (vgl. Mt 2,1.3.9). Eine Analyse der Gegenüberstellung beider Königsgestalten bietet Bauer, „Kingship“, 308 – 313.

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5 Völkerwallfahrt zum Zion – Partizipation der Völker am Heil?

außerhalb Israels passt, sodass sie dadurch ebenfalls als Nicht-Israeliten charakterisiert werden:⁹ Als „König der Juden“ wird Jesus in Mt 27,11 von Pilatus bezeichnet, der ebenfalls kein Israelit ist, sowie von den römischen Soldaten in Mt 27,29, die diesen Titel auch am Kreuz verwenden (Mt 27,37).¹⁰ Die israelitischen Autoritäten verspotten ihn hingegen als „König Israels“ (Mt 27,42). In der Bezeichnung „König der Juden“ durch die Magier wird deutlich, dass die Magier sein Königtum auf Israel beziehen¹¹ und dieses zugleich für sich selbst als heilsrelevant verstehen, weshalb sie gekommen sind, ihm zu huldigen (Mt 2,2). Dies verbindet sie mit der Kanaanäerin (Mt 15,21– 28), die Jesus als „Sohn Davids“ anspricht sowie von ihm Heilung für ihre Tochter erwartet und damit ebenfalls im jüdischen Messias ihr eigenes Heil erkennt.¹² Weiterhin gestützt wird die Darstellung der Magier als Menschen aus den Völkern durch die Parallelität zur Bileamerzählung in Num 22– 24. Hauptanknüpfungspunkt ist dabei der Stern, den Bileam in seiner letzten Vision erwähnt (Num 24,17),¹³ da dessen messianische Deutung im Frühjudentum verbreitet war.¹⁴ Bei Philo, VitMos 1,276, wird Bileam als μάγος bezeichnet, sodass eine ge-

 Vgl. auch Levine, Dimensions, 90; Hagner, Mt I, 27; Tisera, Universalism, 55 f; Nolland, Mt, 109; Konradt, Mt, 40. Anders Sim, „Magi“, 987– 989.  Hier ist jedoch darauf zu verweisen, dass die römischen Soldaten in Mt 27,54 Jesus schließlich als „Sohn Gottes“ bekennen. Siehe dazu Kap. 10.3.  Vgl. auch Konradt, Israel, 293 f, der außerdem erwägt, ob durch die häufige Lokalisierung von Magiern an Königshöfen ein „Kontrastmotiv“ vorliegt: „Ihre Heilserwartungen richten die Magier nicht auf ihre(n) eigenen Herrscher, sondern auf den König der Juden“ (293, Anm. 39).  Vgl. auch Bauer, „Kingship“, 319.  Darauf verweisen auch Nellessen, Kind, 74; Hengel/Merkel, „Magier“, 144; Brown, Birth, 193 – 196; Tisera, Universalism, 58 f; Senior, Mt, 45; Nolland, Mt, 111; Paul, Texte, 36; Harrington, Mt, 42; Viljoen, „Significance“, 855; Grilli/Langner, Mt, 39 f; Konradt, Mt, 40. Luz, Mt I, 161 weist zu Recht darauf hin, dass ein markanter Unterschied darin besteht, dass in der mt Geschichte der Stern den Weg weist, jedoch nicht wie in Num 24,17 mit dem erwarteten Herrscher selbst identifiziert wird. Theissen, „Davidsohn“, 153 f bringt den Stern in Zusammenhang mit dem jüdisch-römischen Krieg, sodass Mt 2,1– 12 eine nachträgliche Deutung dieses Ereignisses im Lichte der Jesusgeschichte darstellt. Zum Motiv des Sternes vgl. weiterhin Hengel/Merkel, „Magier“, 147– 150; zum antiken Hintergrund von Mt 2,1– 12 und der frühchristlichen Rezeption vgl. z. B. Holtmann, Magier vom Osten; Barthel/van Kooten, Star; ausführlich zum ikonographischen Hintergrund vgl. Küchler, „Stern“, 179 – 186.  Vgl. CD A vii,18 – 21 (Charlesworth, DSS 2); 4Q175 10 – 12 (DJD 5); 1QM XI,5 – 7 (Sukenik, DSSHU). Siehe auch TestLev 18,3; TestJud 24,1, wobei hier nicht sicher gesagt werden kann, ob die erwähnten Verse nicht dem christlichen Interpolator zugerechnet werden müssen (vgl. Luz, Mt I, 161, Anm. 26; Sim, „Magi“, 990). Eindeutig für christliche Interpolation spricht sich Becker, TestXII, 60, Anm. 3d. 77, Anm. 4c aus. Siehe weiterhin Strack/Billerbeck, Mt I, 76 f.

5.1 Der Zug der Magier als (proleptische) Völkerwallfahrt – Mt 2,1 – 12

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wisse Parallelität der Figuren in beiden Erzählungen nicht auszuschließen ist.¹⁵ Die fremde Herkunft der Magier wäre damit noch einmal unterstrichen, da auch Bileam von Balak eigens aus Petor in Mesopotamien (also aus dem Nord-Osten) herbeigeholt wird (Num 22,5) und Bileam in Num 23,7 die „Berge des Ostens“ (ἐξ ὀρέων ἀπ᾽ ἀνατολῶν) als den Ort seiner Herkunft nennt. Sind also die Magier als Menschen aus den Völkern identifiziert, stellt sich als Nächstes die Frage, in welchem Sinn durch die mt Erzählung und deren Verweise in die Schriften das Heil für die Völker dargestellt wird: Dass die fremdländischen Magier zunächst nach Jerusalem ziehen, erinnert stark an das Motiv der Völkerwallfahrt, bei dem das Hinaufziehen zum Tempel in Jerusalem einen wichtigen Aspekt darstellt.¹⁶ Die Anspielung auf das Motiv der Völkerwallfahrt macht sich jedoch nicht allein an der Bewegungsrichtung der Magier fest, sondern lässt sich durch die Aufnahme weiterer typischer Motive noch zusätzlich erhärten: Bei der Wallfahrt ist es zum einen nicht unüblich, dass die Völker Geschenke bringen (Ps 72,10; Jes 60,6).¹⁷ Genau das tun auch die Magier. Sie bringen Gold, Weihrauch und Myrrhe (χρυσός, λίβανος, σμύρνα) zu Jesus (Mt 2,11). Eine Zusammenstellung aller drei Begriffe findet sich in den Schriften Israels nicht, doch bringen die Völker in Jes 60,6 Gold und Weihrauch.¹⁸ Zum anderen ist ein wichtiger Grund für  Vgl. auch Davies/Allison, Mt I, 231; Hagner, Mt I, 25; Gundry, Mt, 27. Auf eine andere Parallelität wird durch Instone-Brewer, „Balaam-Laban“, 207– 227 hingewiesen: In der jüdischen Rezeption dieser Geschichte wird Bileam mit Laban verknüpft, die beide Israel bedrohen (der eine, bevor sie nach Ägypten gehen, und der andere, als sie wieder herausziehen). Demnach liegt die Parallele dann jedoch weniger in der Figurenkonstellation als in der Strukturparallele des Plots: Der Hauptcharakter wird bedroht (Israel durch Laban; Jesus durch Herodes), flieht nach Ägypten und wird erneut bedroht, als er zurückkommt (Israel durch Bileam; Jesus durch Archelaos, weshalb die Familie nicht nach Bethlehem zurückkehrt). Balaam-Laban wird zum Erzfeind Israels stilisiert, die Autoritäten zu den Feinden Jesu. Erschwert wird dieser Vergleich jedoch durch die Absenz einer vollständigen Überlieferung der Erzählung, die vielmehr aus einzelnen Belegen aus den Targumim rekonstruiert ist (vgl. die Darstellung bei Instone-Brewer, „BalaamLaban“, 212– 217).  Vgl. zu diesem Motiv in den Schriften Israels Kap. 2.3.9.  Vgl. weiterhin Jes 18,17; Ps 67,29 fLXX; 75,12LXX. In Tob 13,13 ist allgemein die Rede von Geschenken, die herbeigebracht werden. Von den zusammenkommenden Kostbarkeiten an sich spricht auch Hag 2,7. Dieses Motiv findet sich bis in die frühjüdische Literatur hinein, vgl. z. B. Sib 3,771 f; PsSal 17,31; 1Hen 53,1 (hier jedoch negativ gewendet).  Explizit auf diese Stelle sowie häufig auch auf Ps 72,10 verweisen z. B. Nellessen, Kind, 74; Hengel/Merkel, „Magier“, 155; Green, Mt, 59; France, „Formula-Quotations“, 239; Davies/ Allison, Mt I, 249 f; Levine, Dimensions, 90; Brown, Birth, 187 f; Gnilka, Mt I, 41; Tisera, Universalism, 60; Hagner, Mt I, 31; Gundry, Mt, 32; Byrne, „Messiah“, 61; Carter, „Matthew and the Gentiles“, 273; Paul, Texte, 38; Harrington, Mt, 44; Konradt, Israel, 293; Viljoen, „Significance“, 857; Grilli/Langner, Mt, 40 f. Siehe auch Hays, Echoes of Scripture in the Gospels, 176, der jedoch den Schwerpunkt der Anspielung auf Jes 60,1– 6 nicht allein auf die Verehrung der Völker

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5 Völkerwallfahrt zum Zion – Partizipation der Völker am Heil?

die Wallfahrt, der in den Schriften immer wieder genannt wird, die Anbetung im Tempel, die Proskynese (‫חוה‬/προσκυνέω).¹⁹ Auch in Mt 2,1– 12 gehört προσκυνέω zu den Leitworten (vgl.V. 2.8.11). Die Huldigung wird als der eigentliche Grund für die Wallfahrt nach Jerusalem genannt (ἤλθομεν προσκυνῆσαι; V. 2)²⁰, und in V. 11 schließlich fallen die Magier vor Jesus, dem König der Juden, nieder.²¹ Damit stellen sie eine heilvolle Beziehung zum irdischen Jesus her, dessen Sendung sich eigentlich auf die verlorenen Schafe des Hauses Israel beschränkt (Mt 15,24), den sie aber auch für sich als heilsrelevant erkennen.²² Im Unterschied zu diesen beiden typischen Motiven der Völkerwallfahrt fehlt der Aspekt des Lernens der Tora durch die Völker am Zion. Zwar führt ihr Erscheinen dazu, dass Herodes von den Schriftgelehrten erforscht, wo der Messias geboren wird, was ihm durch das Zitat von Mi 5,1aLXX und 2Sam 5,2bLXX eröffnet wird, doch sind die Magier in diesem Moment nicht anwesend. Insofern findet Schriftlehre statt, jedoch nicht für die Völker²³ oder höchstens indirekt, indem Herodes im Anschluss daran mit ihnen spricht (V. 7 f).²⁴ Umso erstaunlicher ist es, dass schließlich dennoch sie diejenigen sind, die ihr Handeln an dieser Schrift orientieren, wohingegen die Jerusalemer Autoritäten zwar die Tragweite der Er-

und die Anerkennung „of the Lord’s sovereignty“ setzt, sondern auch auf das Ende des Exils für Israel. Gesondert ist Powell, „Magi“, 462 f zu nennen, da er zwar ebenfalls auf Jes 60,3 und Ps 72,10 verweist, jedoch nicht auf die Konsequenzen im Rahmen einer möglichen Völkerwallfahrt eingeht, sondern stattdessen darin die spätere Lesetradition begründet sieht, dass die Magier Könige sind. Deutlich anders hingegen Mann, „Epiphany“, 497 f: „[T]he evangelist sedulously avoids all reference to Psalm 72 or Isaiah 60.“  Vgl. Jes 60,6 f; 66,19 – 23; Sach 14,16 – 19; Ps 22,28 – 30; 100,1MT; Tob 13,13.  Dazu, dass Völker vor einer Person niederfallen, statt, wie bei der Völkerwallfahrt üblich, auf dem Zion, sind weitere Bezugstexte aus den Schriften anzuführen: Besonders ist Jes 49,7 zu nennen, da auch dort Könige vor dem Erwählten Gottes, dem Gottesknecht, niederfallen, obwohl dieser um des Heiligen (Gottes) willen gering geachtet und verabscheut wird. Außerdem ist erneut auf Ps 71,10LXX zu verweisen.  Bauer, „Kingship“, 320 f weist darauf hin, dass nicht ganz deutlich wird, ob die Magier die Proskynese als Geste gegenüber einem königlichen Herrscher verstehen (was er für ihr Selbstverständnis als wahrscheinlich ansieht) oder ob darin bereits Jesu Gottessohnschaft anklingt, da in späteren Texten im Mt allein Jesus oder Gott durch Proskynese verehrt werden. Auf die Proskynese als typisches Element der Völkerwallfahrt geht D. Bauer nicht ein. Für die Implikation der Proskynese im Sinne der Göttlichkeit Jesu spricht sich auch Hagner, Mt I, 28 aus.  Zugleich ist προσκυνεῖν jedoch verbindendes Element zwischen der vorösterlichen und der nachösterlichen Christologie (vgl. Mt 28,9.17), vgl. Davies/Allison, Mt I, 237.  Anders hingegen Wick, „Matthäus“, 79: „Mit ihren heidnischen Künsten kommen sie bis nach Jerusalem, dort müssen sie sich von den heiligen Schriften der Juden belehren lassen, um den weiteren Weg zum Messias zu finden.“  Senior, Mt, 46 weist darauf hin, dass die Lehre der Schriften auch im Mt zu den Kernaufgaben der Autoritäten gehört (vgl. Mt 23,1 f).

5.1 Der Zug der Magier als (proleptische) Völkerwallfahrt – Mt 2,1 – 12

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eignisse ermessen (sie erkennen, dass die Magier, wenn sie vom König der Juden sprechen, den Messias meinen),²⁵ jedoch die falschen Schlüsse ziehen.²⁶ Dies lässt sich mit einem weiteren Motiv der Schriften Israels, in dem die Völker eine prominente Rollen spielen, verbinden: nämlich mit der Erzählung des den ausländischen Weisen „überlegenen jüdischen Helden“.²⁷ Typische Darstellungen sind Josef am Hof des Pharao (Gen 41), der im Unterschied zu den ägyptischen Weisen (Gen 41,8) die Träume des Pharaos versteht; Daniel, der die Träume Nebukadnezzars deutet (Dan 2);²⁸ Mose und Aaron, die sich gegenüber den ägyptischen Priestern profilieren (Ex 7– 10). In Mt 2,1– 12 scheint es zwar auf den ersten Blick, als würde genau dieses Erzählmuster bedient: Die „unwissenden“ Weisen vom Osten kommen nach Jerusalem,²⁹ um nach dem Weg zu fragen. Allerdings zeigt sich schnell, dass dieser Eindruck trügt und sie den jüdischen Schriftgelehrten letztlich in ihrem Verständnis überlegen sind. Zwar fehlt ihnen das konkrete Wissen um den jüdischen Messias, doch sind sie diejenigen, die aus den Informationen die richtige Konsequenz für ihr weiteres Handeln ziehen, während die Schriftgelehrten in Jerusalem bleiben und Herodes scheinheilig Verehrungs-

 Vgl. auch Senior, Mt, 46: „Matthew introduces here an ironic contrast that will be a refrain of his gospel and will come to term in the Passion story. The leaders of Israel react with hostility to Jesus, while Gentiles and sinners respond with faith and devotion“. Weiterhin: Paul, Texte, 39; Konradt, Mt, 41.  Siehe auch Konradt, Mt, 41, der dazu ausführt: „Ihm [dem Messias] hätten sich der Idumäerkönig Herodes und die mit ihm kollaborierenden jüdischen Autoritäten unterzuordnen. Dass sie dies trotz ihres Wissens um die Geburt des Messsias nicht tun, ist dabei mehr als ‚nur‘ bittere Ironie. Matthäus exponiert hier vielmehr ein Grundmotiv der Konfliktszenerie: Es geht um den Versuch der eigenmächtigen Selbstbehauptung der Autoritäten.“ Dazu, dass Jesus eine Gefahr für die Herrschaft von Herodes darstellt, vgl. auch Bauer, „Kingship“, 314– 316.  Vgl. Davies/Allison, Mt I, 239; Hengel/Merkel, „Magier“, 152 f, die die jüdischen Schriftgelehrten zudem als „Gegenstück der heidnischen μάγοι“ (146) bezeichnen. Ihnen schließt sich Paul, Texte, 33 f an.  Das Überbietungsmotiv wird in Dan 5,11TH noch deutlicher. Dort kommt die Überlegenheit Daniels nicht allein in seinen Fähigkeiten der Traumdeutung zum Ausdruck. Daniel wird sogar qua Amt darin bestätigt, da er als ἄρχων ἐπαοιδῶν, μάγων, Χαλδαίων, γαζαρηνῶν eingesetzt wird, woran sich Belsazar beim Erscheinen der Schrift an der Wand wieder erinnert. Das Unvermögen der μάγοι wird insofern vergrößert, als sie nicht nur den unerzählten Traum Nebukadnezzars (Dan 2,2.10) nicht deuten können, sondern auch bei seinem zweiten Traum (Dan 4,7) wie auch beim Erscheinen der Schrift (Dan 5,7.11.15) explizit genannt und als unfähig gezeichnet sind.  Vgl. Sim, „Magi“, 989: „Their ignorance of the Jewish sacred texts is apparent from the fact that they are forced to ask the location of the messiah’s birth-place.“ Siehe ähnlich Bauer, „Kingship“, 320 f; Garbe, Hirte Israels, 28; Viljoen, „Significance“, 857.

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5 Völkerwallfahrt zum Zion – Partizipation der Völker am Heil?

willen heuchelt.³⁰ Insofern wird das Motiv hier zwar bedient, jedoch zugleich umgebogen. Was lässt sich über die mt Verwendung des Motivs der Völkerwallfahrt sagen? Zum einen konnte deutlich gezeigt werden, dass sich in Mt 2,1– 12 Anspielungen auf die Vorstellung der Völkerwallfahrt aus den Schriften Israels finden. Während bisher die Übereinstimmungen aufgezeigt wurden, muss zum anderen darauf hingewiesen werden, dass Matthäus diese, obwohl er sie aufnimmt, in ihrer Zielrichtung deutlich verändert. Traditionellerweise führt die Wallfahrt die Völker an den Zion.³¹ Sie ist also auf einen bestimmten Ort ausgerichtet. Dabei handelt es sich jedoch nicht um einen beliebigen Ort, sondern um den Ort des Wohnens Gottes, den Tempelberg.³² Zunächst handeln auch die Magier gemäß dieser Vorstellung:³³ In Mt 2,1 wird berichtet, dass sie in Jerusalem ankommen,³⁴ doch finden sie dort nicht, was sie suchen. In V. 7 ruft Herodes die Magier zu sich und sendet sie – nachdem er die Schriftgelehrten über den Geburtsort des Messias befragt hat – nach Bethlehem.³⁵

 Vgl. Frankemölle, Mt I, 162; Garbe, Hirte Israels, 30; Paul, Texte, 38; Viljoen, „Significance“, 856. Auf den Kontrast zwischen Herodes und den Magiern verweist auch Bauer, „Kingship“, 307.  Dabei ist nicht immer Zion wörtlich genannt, jedoch tauchen dann äquivalente Ortsbezeichnungen wie Haus Jhwhs, Tempel oder z.T. Jerusalem auf (vgl. z. B. Ps 68,30; Jes 2,2– 5; 60,7; 66,19 f; Mi 4,1– 5; Sach 14,8 – 21; Tob 14,5 f).  Vgl. z. B. Ps 9,2; 18,7; 132,13 f; Jes 8,18; Joel 4,17; 1Chr 23,25.  Der Begriff „Zion“ fehlt im Mt weitestgehend. Allein in Mt 21,5 heißt es in einem der Erfüllungszitate (vgl. Jes 62,11LXX): εἴπατε τῆ θυγατρὶ Σιών. Damit ist jedoch nicht der Ort Zion gemeint, sondern die Jerusalemer. Der Tempelberg selbst wird nicht als Zion bezeichnet.  Konradt, Mt, 40 geht davon aus, dass die Magier auf den Straßen Jerusalems in aller Öffentlichkeit nach dem König der Juden fragen und nicht direkt zum Palast gehen.  Bethlehem wird als Geburtsort des Messias durch das Zitat von Mi 5,1LXX, und damit schriftengemäß, eingeführt. Durch die Ergänzung von 2Sam 5,2b wird der Aspekt Israels als Herde hinzugefügt. Während Mi 5,3LXX vom Hirten spricht, der seine Herde weiden wird (ποιμανεῖ τὸ ποίμνιον αὐτοῦ), wird die Metapher der Herde in 2Sam 5,2b mit dem Volk Israel gefüllt (τὸν λαόν μου τὸν Ἰσραήλ). Das Schriftenzitat ist in Mi 5, wie in 2Sam 5, prophetische Gottesrede. Das Pronomen μου qualifiziert Israel demnach als Gottesvolk. Insofern werden Jesu Sendung zu Israel und Israels bleibende Erwählung bereits hier erkennbar, sodass die Wiederaufnahme des Motivs in Mt 15,24 (vgl. zu Mt 15,21– 28 Kap. 6.1) in diesem gesamten Horizont gelesen werden sollte. Andersherum gesagt, wird die im Laufe des Evangeliums zum Ausdruck kommende Aufgabe des durch seine Abstammung aus Bethlehem klar gekennzeichneten Davididen (vgl. aber auch bereits Mt 1,1), der als messianischer Hirte für das Gottesvolk Israel gezeichnet wird, vorabgebildet und durch die Schriften begründet. Vgl. auch France, „Formula-Quotations“, 242; Freed, Jesus’ Birth, 75 – 77. Einen anderen Fokus setzt Kingsbury, „Son of David“, 595: „In chap. 2, therefore, Matthew does not develop his portrait of the earthly Messiah by means of a Son-of-David christology but forsakes this in favor of a Son-of-God christology.“

5.1 Der Zug der Magier als (proleptische) Völkerwallfahrt – Mt 2,1 – 12

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Insofern verändert Matthäus das Ziel der Völkerwallfahrt. Jedoch wird nicht die Bedeutung des einen Ortes (Jerusalem) durch die eines anderen (Bethlehem) ersetzt. Ausschlaggebend bleibt die Gegenwart Gottes, die sich in zionstheologischen Aussagen mit dem Zion als dem Wohnort Gottes verbindet (vgl. z. B. Jes 18,17), für Matthäus jedoch mit Jesus, dem Immanuel (Mt 1,23),³⁶ dem Mit-Sein Gottes (vgl. auch Mt 28,20).³⁷ Indem nun aber nicht mehr der Zion Teil dieses Motivkomplexes ist, der in den Schriften zur Zionstheologie gehört, entkoppelt Matthäus die Völkerwallfahrt von der Zionstheologie. Zuletzt ist noch auf eine weitere Dimension hinzuweisen, die subtil ebenfalls auf die Völkerwallfahrt anspielt, zugleich aber das Motiv in sich verdreht. Den Verweistext bildet Sach 8,20 – 23LXX.³⁸ Dort wird die Völkerwallfahrt angekündigt, und zahlreiche Völker (λαοὶ πολλοί) werden das Angesicht Gottes, des Allherrschers (κυρίου παντοκράτορος), suchen. Dabei soll einer zum anderen sagen: „Auch ich werde gehen“ (πορεύσομαι κἀγώ). In der mt Geschichte werden die Magier losgeschickt, alles genau zu erforschen, und es ist Herodes, der sagt: κἀγώ ἐλθὼν προσκυνήσω αὐτῷ (Mt 2,8). Da dieser Satz nun einer Gestalt in den Mund gelegt wird, die in der ganzen Erzählung als negatives Gegenbild zum kindlichen Messias entworfen ist, wird die Intention, die hinter der Völkerwallfahrt steckt, konterkariert. Spätestens ab Mt 2,16 – 18 wird die wahre Intention hinter der Aussage von Herodes deutlich.³⁹ Zusammenfassend lässt sich sagen: Die theologische Dimension von Mt 2,1– 12 bezieht sich nicht allein auf die konträre Gegenüberstellung des

 Auf diesen Bogen verweisen u. a. Nellessen, Kind, 110; Frankemölle, Mt I, 161; Bauer, „Kingship“, 311; Paul, Texte, 38.  Zur ekklesiologischen Bedeutung dieser Aussage vgl. Backhaus, „Kirchenkrise“, 127– 139. Donaldson, Mountain, 186 – 188 geht davon aus, „that the eschatological hope of the renewed presence of God with his people, whether expressed by means of ‚with‘-terminology or in some other way, was intimately bound up with the hope for the restauration of Zion“ (187). Dem widerspricht jedoch die zionskritische Haltung von Matthäus (vgl. z. B. Mt 21,13 u. ö.).  Auch dort wird auf das Mit-Sein Gottes, das auch den Völkern gilt, verwiesen (ähnlich auch Sach 2,14 f). Die Bedeutung des Sacharjabuches für Matthäus wird an der breiten Rezeption im gesamten Mt und besonders in der Passionserzählung deutlich. So wird in Mt 21,5 Sach 9,9 zitiert. Zu verweisen ist auch auf Mt 26,31/Sach 13,7. Zudem wird in Mt 27,9 f ein Reflexionszitat angeführt, das zwar von Matthäus Jeremia zugeschrieben wird, das jedoch eigentlich aus Sach 11,12 f stammt. Weitere Anspielungen diskutiert z. B. Ham, Coming King, 84– 106 für Mt 5,33 (Sach 8,17); 9,4 (Sach 8,17); 9,36 (Sach 10,2); 11,21 f (Sach 9,2– 4); 19,26 (Sach 8,6); 21,1.12 (Sach 14,4.21); 23,23 (Sach 7,9); 23,35 (Sach 1,1); 24,30.31.36 (Sach 12,10 – 14; 2,6; 14,7); 25,31 (Sach 14,5); 26,15.56.64 (Sach 11,12; 13,7; 12,10); Mt 27,51– 53 (Sach 14,4 f). Zum Zusammenhang von Mt und Sach vgl. Lindars, Apologetic, 110 – 134; Evans, „Jesus“, 373 – 388; Menken, „Shepherd“, 39 – 59; Moyise, Jesus and Scripture, 44 f; Ham, Coming King; McAfee Moss, Zechariah Tradition.  Vgl. auch Bauer, „Kingship“, 316 f.

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machtsüchtigen und brutalen Königs Herodes und des kindlichen königlichen Messias, wenn dies auch als wichtige Vorwegnahme der späteren Konfliktkonstellation angesehen werden kann, sondern klärt grundlegende Aspekte der mt Soteriologie für die Völker.⁴⁰ Dabei wird die proleptische Dimension, die die gesamte Kindheitsgeschichte prägt, deutlich. Im Zug der Magier zeigt sich, dass das Christusereignis auch für die Völker soteriologische Relevanz besitzt. Wie die Völker in den Schriften Israels zum Zion und zum Tempel Gottes ziehen, so kommen sie nun zum Messias. Innermatthäisch liegt der Bezugspunkt dieser Erzählung im nachösterlichen Geschehen in Mt 28,18 – 20, der Sendung zu allen Völkern durch den erhöhten Weltenherrscher. Allerdings wird auch hier in Mt 2,1– 12 der doppelte Bezug von Heil für die Völker und Messias Israels, wie er bereits in Mt 1,1.2– 17 deutlich wurde,⁴¹ fortgeführt. Die fremdländischen Völker erkennen in Jesus den König der Juden und zugleich halten sie ihn für wert, sich vor ihm niederzuwerfen und ihm Geschenke zu bringen, was ihn auch für sie als heilsrelevant qualifiziert. In der Frage der Schriftenrezeption fällt auf, dass eindeutig auf die Völkerwallfahrt angespielt wird und ihr zugleich ihr Kontext, die Zionstheologie, entzogen wird. Diese Ablehnung der Zionstheologie findet hier folglich nicht über ein Verschweigen ihrer Motive statt, sondern in Umformung durch bewusste Aufnahme, sodass eine Mischung aus partizipativem und transformativem Umgang mit den Schriften vorliegt. Außerdem kann nicht von einer Erfüllung der Schriften Israels gesprochen werden, da die eigentliche Zuwendung zu den Völkern noch aussteht und die Magier zwar auf dieses Ereignis verweisen, es proleptisch anklingen lassen, aber die heilvolle Vorstellung der Völkerwallfahrt noch nicht verwirklichen. Damit widerspricht Matthäus jedoch nicht den Schriften. Vielmehr knüpft er durch die Schriftenrezeption an bereits bekannte Erwartungen an und eröffnet zugleich einen bestimmten Erwartungshorizont für die weiteren Ereignisse. Genau darin jedoch erweisen sich die Schriften weiterhin als relevant und autoritativ.

 Vgl. auch Hays, Echoes of Scripture in the Gospels, 175 f: „This artful story – without the direct quotation of any prooftexts about Gentiles – already prefigures Jesus’ sovereignty over all nations, which is explicitly declared in the conclusion of Matthew’s narrative (28:16 – 20).“  Vgl. Kap. 3.2. Kingsbury, „Son of David“, 595 verweist aufgrund der fremdländischen Magier, die zum Messias kommen, auf die Verbindung zur Abrahamsohnschaft Jesu in Mt 1,1; ebenso Nellessen, Kind, 110; Brown, Birth, 181; vgl. weiterhin zur Abrahamsohnschaft Jesu Kap. 4.1.

5.2 Das Hinzukommen der „Vielen“ als Völkerwallfahrt? – Mt 8,11 f

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5.2 Das Hinzukommen der „Vielen“ als Völkerwallfahrt? – Mt 8,11 f Nachdem für Mt 2,1– 12 gezeigt werden konnte, dass eindeutig auf den Motivkomplex der Völkerwallfahrt angespielt wird, dieser jedoch in seiner Zielrichtung (Messias statt Zion) deutlich verschoben ist, stellt sich die Frage, ob weitere mt Textstellen ergänzt werden können, die diesen Befund stützen. Ein Vers, für den das Motiv der Völkerwallfahrt in der Forschung häufiger angenommen wird, ist Mt 8,11.⁴² 11

Ich aber sage euch, dass viele (πολλοί) von Osten und Westen (ἀπὸ ἀνατολῶν καὶ δυσμῶν) kommen werden (ἥξουσιν) und sich zu Tisch legen werden mit Abraham und Isaak und Jakob im Königreich der Himmel, 12 aber die Söhne des Reiches (υἱοὶ τῆς βασιλείας) werden hinausgeworfen werden in die äußerste Finsternis. Dort wird Heulen und Zähneklappern sein. (Mt 8,11 f)

Die Deutung als Völkerwallfahrt geht zumeist mit der Annahme einher, dass die „Vielen“ Menschen aus den Völkern sind, wohingegen die in V. 12 genannten „Söhne des Reiches“ als Juden verstanden werden. Dass dies problematisch ist, konnte bereits in Kapitel 4 gezeigt werden:⁴³ Vielmehr entsprechen die „Vielen“ (οἱ πολλοί), die zum Mahl mit den Vätern Abraham, Isaak und Jakob hinzukommen werden, – plausibilisiert durch die Anspielung auf Ps 107,3 – einer gemischten Gruppe, die nicht allein auf Juden oder Menschen aus den Völkern festzulegen ist. Die Bezeichnung Völkerwallfahrt wäre demnach nur für einen Teil der Gruppe, wenn vermutlich auch für den größeren, zutreffend.⁴⁴

 Besonders prominent wird diese These vertreten von Zeller, „Logion I“, 222– 237 / Zeller, „Logion II“, 84– 93. Vgl. weiterhin Hoffmann, „Πάντες ἐργάται ἀδικίας“, 208, Anm. 73; Gaston, Stone, 238; Wainwright, Eucharist, 26; Brown, „Matthean Community“, 196; Kollmann, Ursprung, 215; Gnilka, Mt I, 303; Tisera, Universalism, 124.129; Marguerat, Jugement, 250 f; Bird, „East and West“, 445; Luz, Mt II, 13; indirekt auch Harrington, Mt, 114, indem er auf entsprechende Stellen aus den Schriften Israels verweist; Rölver, Christliche Existenz, 426.  Vgl. Kap. 4.3.  Von Völkerwallfahrt ließe sich demnach nur sprechen, wenn zugleich eine Umformung des Motivs im Sinne einer Öffnung des typischen Völkermotivs hin auf Israel eingeräumt würde. Dies erscheint jedoch wenig sinnvoll. Eine andere Kombinationsmöglichkeit ist hingegen in den Schriften Israels belegt: In Texten wie Jes 66,12.20 oder PsSal 17,31 wird deutlich, dass eine Zusammenführung der Motive der Rückkehr der Israeliten aus dem Exil mit der Völkerwallfahrt möglich ist (vgl. z. B. Theissen, Lokalkolorit und Zeitgeschichte, 47; für Jes 66 siehe exemplarisch Gärtner, „Gottesvolk aus Israel“, 1– 29, bes. 25 – 29). Dort werden die Söhne Israels von den Völkern als Gaben nach Jerusalem gebracht. Es bleibt jedoch aufgrund der fehlenden zionstheologischen Aspekte fraglich, ob diese Fusion auch auf Mt 8,11 zu übertragen ist (vgl. wiederum

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5 Völkerwallfahrt zum Zion – Partizipation der Völker am Heil?

Der verbreiteten Annahme, dass dieses Motiv auch in Mt 8,11 vorliegt, widersprechen jedoch weitere Beobachtungen: (1) In den Schriften werden keine Himmelsrichtungen als Ausgangspunkt der Bewegung der eschatologischen Völkerwallfahrt genannt.⁴⁵ Diese stammen vielmehr aus dem Motivkreis der Sammlung der Diaspora.⁴⁶ (2) Auch die Vorstellung eines (eschatischen) Mahls⁴⁷ ist kein originärer Aspekt der Völkerwallfahrt.⁴⁸ Zwar heißt es in Jes 25,6 – 8, dass die Völker auf dem Zion essen werden, doch fehlt dort die Figur des Hinzukommens,⁴⁹ die aber speziell für ein Wallfahrtsmotiv unerlässlich ist. Im Kontrast dazu klingt der Traditionskomplex Diaspora in den wenigen Völkermahl-Texten der Schriften durchaus an.⁵⁰

Theissen, Lokalkolorit und Zeitgeschichte, 47 f sowie Rölver, Christliche Existenz, 426). Auch von Gaben ist in Mt 8,11 keine Rede. Insofern ist eine Verbindung der Motive für die Schriften Israels zwar gegeben, für Mt 8,11 aber weniger wahrscheinlich.  Vgl. Ps 96,7– 10; 102,19 – 22; Sach 8,20 – 23; 14,16; Jes 2,2– 4 par. Mi 4,1– 3; Jes 55,5; 60,1– 14; 66,18.23 u. ö. Eine mögliche Ausnahme findet sich in Jer 16,19: Im Kontext der Abwendung von Götzen kommen die Völker von allen Enden der Erde (‫ גוים יבאו מאפסי־ארץ‬/ ἔθνη ἥξουσιν ἀπ᾽ ἐσχάτου τῆς γῆς). In Ps 22,28 sind mit „Enden der Erde“ keine Himmelsrichtungen gemeint, sondern eine über Israel hinausreichende Gruppe, wie durch den parallel konstruierten zweiten Satzteil, gemäß dem alle Geschlechter der „Heiden“ anbeten, deutlich wird; ähnlich Ps 98,3.  Vgl. z. B. Jes 43,5; Sach 8,7; 1Bar 4,37; 5,5; 1Hen 57,1; PsSal 11,1 f u. ö. Diese Kontextualisierung des Logions wird dann plausibel, wenn die πολλοί und υἱοὶ τῆς βασιλείας innerjüdische Gruppen sind (vgl. Allison, „East and West“, 165 – 267; Davies/Allison, Mt II, 27 f. Konradt, Israel, 218 – 224 sieht dies in Blick auf Q, als der Vorlage von Matthäus und Lukas, die es beide aufgenommen und dann auf unterschiedliche Weise in den jeweils eigenen Kontext gestellt haben, gegeben. Theissen, Lokalkolorit und Zeitgeschichte, 47 f arbeitet für das Q-Logion den Diasporakontext heraus. Zugleich stellt er aber fest, dass es offen zu bleiben habe, „ob Juden, Heiden oder beide zusammen zur Gottesherrschaft strömen. Die entscheidende Pointe ist: Die Nahen werden ausgeschlossen, die Fernen dagegen aufgenommen“ (46 f).  Vgl. ausführlich zur Mahlvorstellung in Mt 8,11 Kap. 6.2.  Darauf, dass die Vorstellung eines Mahles mit der Völkerwallfahrt verbunden wurde und so zuvor nicht existierte, verweist Zeller, „Logion II“, 86 f.  Anders hingegen Kaiser, Jes II, 162. Auffällig ist, dass Wildberger, Jes II, 960 f am Vorliegen des Motivs der Völkerwallfahrt zum Zion für Jes 25,6 – 8 festhält, obwohl auch er das Fehlen der typischen Motive bemerkt. Von einem Herbeiströmen der Völker spricht auch Zehnder, Umgang mit Fremden, 504.  Vgl. zum Völkermahl in den Schriften Israels Kap. 2.3.10. Davies/Allison, Mt II, 27 schreiben: „But in Ps 107; Isa 25 – 7; 49; and Ezek 37– 9, the theme of pilgrimage of diaspora Jews is brought into connexion with the messianic feast“ (Hervorhebung im Original). Ihr Verweis auf Ps 107 ist jedoch, bei aller Relevanz, die dem Psalm für die Deutung von Mt 8,11 in Kap. 4.3 zugesprochen wird, nur schwer nachvollziehbar.Vermutlich spielen sie auf V. 9 an, doch ist diese Strophe weder eschatologisch noch messianisch zu verstehen. Ähnlich schwierig ist die eschatologische Deutung von Jes 49,8 – 12 (als Auslegung der Gottesknechtlieder), da dort durchaus mit dem inner-

5.2 Das Hinzukommen der „Vielen“ als Völkerwallfahrt? – Mt 8,11 f

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Es bleibt demnach allein die Sammelbewegung durch das Verb ἥκειν, die zum Motivkomplex der Völkerwallfahrt passt.⁵¹ Dies ist jedoch keine ausreichende Evidenz. Vor allem da bereits Mt 2,1– 12 deutlich mehr Einzelmotive der Völkerwallfahrt aufnimmt als Mt 8,11 (vgl. den Zug der ausländischen Magier nach Jerusalem, das Bringen von Geschenken, die Proskynese).⁵² Hinzu kommt, dass die Vorstellung einer Völkerwallfahrt – wie anhand von Mt 2,1– 12 gezeigt werden konnte – von Matthäus in einem partizipativen wie transformativen Sinn verwendet wird (Entkopplung von der Zionstheologie bei gleichzeitiger Aufnahme entsprechender Motive).⁵³ Nun ließe sich freilich argumentieren, dass Matthäus in Mt 8,11 die Vorstellung der Völkerwallfahrt ebenfalls radikal verändert rezipiert.⁵⁴ Diese ist mit der Rezeption in Mt 2,1– 12 insofern kompatibel, als dass in beiden Textstellen die Bedeutung des Zions – gerade im Unterschied zur Bezeugung der Völkerwallfahrt in den Schriften – nicht mehr gegeben ist. Während die Magier von Jerusalem weg und hin zum Messias geleitet werden, versammeln sich die Völker in Mt 8,11 zum Mahl in der Basileia statt am Zion. Gerade darin liegt allerdings auch ein inkompatibles Moment: Die Verbindung mit dem Motiv der Gegenwart Gottes bleibt bei der proleptisch zu verstehenden Völkerwallfahrt der Magier in Gestalt der Gegenwart Gottes im Messias als dem Immanuel (Mt 1,23) erhalten. In Mt 8,11 ist hingegen von den Vätern Abraham, Isaak und Jakob die Rede, nicht jedoch vom Messias, der dem Mahl vorsitzt.⁵⁵ Insgesamt muss daher gesagt werden, dass es für Mt 8,11 eher unpassend erscheint, von Völkerwallfahrt zu sprechen. Dies heißt nicht, dass in diesem Vers die eschatologische Heilspartizipation durch Menschen aus den Völkern nicht weltlichen Handeln Gottes gerechnet wird (vgl. Hermisson, DtJes, 381– 385; Berges, Buch Jesaja, 372). Andererseits kann an dieser Stelle wiederum nicht ausgeschlossen werden, dass Matthäus Jes 49,8 – 12 möglicherweise eschatologisch verstand.  Anders hingegen Tisera, Universalism, 124, der mehr Anspielungen in die Schriften für den Motivkomplex der Völkerwallfahrt geltend zu machen versucht.  Siehe Kap. 5.1.  Vgl. hierzu ebenfalls Kap. 5.1.  So geschehen z. B. bei Zeller, „Logion II“, 86 f: „Diese Wendung ist nicht in der Schrift vorbereitet und soll nicht als logische Entwicklung der Tradition wirken, sondern als schockierendes Novum“ (87). Pointiert von einer Umkehrung des Motivs in dem Sinn, dass die Völkerwallfahrt nun nicht mehr zur Verherrlichung Israels stattfindet, sondern Israel dem Gericht anheimfällt, geht Luz, Mt II, 13 f aus.  Es ist dabei nicht grundsätzlich auszuschließen, dass in der Vorstellung der Menschensohn derjenige ist, der dem Mahl eigentlich vorsitzt, doch verweist Mt 8,11 selbst nicht auf diesen Zusammenhang. Insofern wäre eine solche Annahme eine Eintragung in den Text. Anders hingegen Tisera, Universalism, 125, der gerade in der Basileia das eigentliche Äquivalent zum Zion sieht, wobei sich diese durch die Präsenz Jesu auszeichnet. Ebenso Marguerat, Jugement, 251 f.

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5 Völkerwallfahrt zum Zion – Partizipation der Völker am Heil?

deutlich wird, wie in Kapitel 4.3 und 6.2 gezeigt wird. Doch reichen die Anspielungen in die Schriften Israels an dieser Stelle nicht aus, um sie mit der Völkerwallfahrt zu verknüpfen.

5.3 Der Tempel auf dem Zion ist das Bethaus für alle Völker – Jes 56,1 – 8 und Jer 7,11 in Mt 21,13 Das bisher ambivalente Bild im Mt gegenüber einer Wallfahrt der Völker wird durch einen weiteren Text untermauert: Im Anschluss an die in Mt 21,12 geschilderte Vertreibung der Händler⁵⁶ aus dem Jerusalemer Tempel⁵⁷ zitiert Jesus in Mt 21,13 Jes 56,7. Dieser Text wird durch die Wendung γέγραπται als Text aus den Schriften markiert, ohne jedoch dessen Herkunft genauer zu bestimmen. Die Form entspricht der LXX,⁵⁸ ist gegenüber Jes 56,7b und Mk 11,17 allerdings um die Wendung πᾶσιν τοῖς ἔθνεσιν gekürzt.⁵⁹ Im Anschluss an Jes 56,7b fügt Matthäus einen weiteren Satzteil an, der keinem wörtlichen Zitat entspricht, sondern stattdessen einen einzelnen Ausdruck (σπήλαιον λῃστῶν) aus Jer 7,11 aufnimmt.

 Dahinter steht möglicherweise eine Anspielung auf Sach 14,21 (so z. B. Nieuviarts, Entrée, 173; France, Mt, 785). In Sach 14 wird eine eschatologische Vision vom Zion gezeichnet, in der auch Menschen aus den Völkern zum Laubhüttenfest zum Tempel hinaufziehen (Sach 14,16).V. 21 ist der letzte Vers Sacharjas und beschreibt, dass der Tempel rein sein und es keine Händler (‫כנעני‬/ Χαναναῖος) mehr geben wird (zur Schwierigkeit dieses Ausdrucks in MT, LXX und den Targumim vgl. McAfee Moss, Zechariah Tradition, 90 – 93, die darauf hinweist, dass ‫כנעני‬/Χαναναῖος auch als Kanaanäer oder allgemein als „Heiden“ gelesen werden kann). Ausführlich zur Rolle von Sach 14,21 in Mt 21,12– 16 vgl. McAfee Moss, Zechariah Tradition, 89 – 102. Stützen lässt sich die Anspielung durch die breite Sach-Rezeption im Mt. Unentschieden äußert sich Fiedler, Mt, 325.  Uneinigkeit besteht darüber, auf welchen Teil des Tempels sich diese Aussage bezieht. Im Text steht nur allgemein εἰς τὸ ἱερόν / ἐν τῷ ἱερῷ. Dementsprechend deuten einige Exegeten allgemein im Sinne von Tempel (vgl. Luz, Mt III, 187; Nolland, Mt, 843). Demgegenüber verorten andere das Geschehen in einem Teilbereich des Tempels, dem sog. „Hof der Heiden“ (vgl. Stoevesandt, Jesus, 90; Gnilka, Mt II, 207; Morris, Mt, 526; France, Mt, 783; Harrington, Mt, 294). An den ganzen Tempelkomplex denken Davies/Allison, Mt III, 137, doch grenzen sie zugleich ein: „[W]e should think of the outer court, into which Gentiles were permitted.“ Vgl. ebenso: Long, Mt, 236.  Mit Ausnahme des im Mt fehlenden γάρ.  Vgl. exemplarisch für viele, die auf diese Kürzung verweisen: Weiss, Mt, 352; Stoevesandt, Jesus, 90; Zahn, Mt, 623, Anm. 20; Lohmeyer/Schmauch, Mt, 299; Gnilka, Mt II, 208; Stanton, „Matthew“, 211; Brandscheidt, „Messias“, 43; Gundry, Mt, 412 f; Hagner, Mt II, 601; Morris, Mt, 527; Harrington, Mt, 294; McAfee Moss, Zechariah Tradition, 89.100.

5.3 Der Tempel auf dem Zion ist das Bethaus für alle Völker – Mt 21,13

Jes ,bMT

Jes ,bLXX

‫ כי ביתי‬ὁ γὰρ οἶκός μου ‫ בית־תפלה יקרא‬οἶκος προσευχῆς κληθήσεται ‫ לכל־העמים‬πᾶσιν τοῖς ἔθνεσιν Jer ,MT

169

Mt , καὶ λέγει αὐτοῖς· γέγραπται· ὁ οἶκός μου οἶκος προσευχῆς κληθήσεται,

Jer ,LXX

‫ המערת פרצים היה‬σπήλαιον λῃστῶν ‫ הבית הזה‬ὁ οἶκός μου

ὑμεῖς δὲ αὐτὸν ποιεῖτε σπήλαιον λῃστῶν.

In Mt 21,12 f wird der mögliche Bezug auf die Völkerwallfahrt und die Zionstheologie nicht über das Zitat selbst, sondern über die Kontexte der Bezugstexte aus den Schriften eingespielt: In Jes 56,1– 8 ist von Fremden (‫ בני הנכר‬/ τοῖς ἀλλογενέσι; V. 6) die Rede,⁶⁰ die Gott auf seinen heiligen Berg bringen will (‫אל־הר‬ ‫ קדשי‬/ εἰς τὸ ὄρος τὸ ἅγιόν μου; V. 7), womit der Topos der Völkerwallfahrt anklingt. Dabei fällt auf, dass dies in Kombination mit der Sammlung Israels geschieht (‫ נדחי ישראל‬/ τοὺς διεσπαρμένους Ισραηλ; V. 8).⁶¹ Zugleich sind die kommenden Menschen im Unterschied zu zum Beispiel Ps 72,10 f keine Könige, sondern Personen vom Rand der Gesellschaft, nämlich der Fremde (‫ בן־הנכר‬/ ὁ ἀλλογενής; V. 3),⁶² der parallel zum „Verschnittenen“ (‫ הסריס‬/ ὁ εὐνοῦχος) steht.⁶³

 Bereits in Jes 56,2 ist über die allgemeinen Bezeichnungen ‫אנוש‬/ἀνήρ und ‫בן־אדם‬/ἄνθρωπος eine grundlegende schöpfungstheologische Dimension eingeführt, die die umfassende Bedeutung des Folgenden deutlich macht und zugleich den Einzelnen im Blick hat, vgl. Gärtner, „Andere“, 175 f. Sie verweist jedoch zu Recht darauf, dass trotz der individuellen Perspektive die Gemeinschaft mitgedacht ist, da es um die Verortung des Einzelnen in der Gemeinschaft geht und auch das geforderte Halten des Sabbats „Kristallisationspunkt gelingender Gemeinschaftsordnung“ (176) ist.  Siehe auch Zehnder, Umgang mit Fremden, 527 mit Verweis auf Jes 49,22 ff und 60,3 – 6.9 – 11; Schultz, „Nationalism“, 140: „The ultimate intent of the God who gathers the ‚scattered‘ Israelites is to gather ‚still others‘ (v. 8).“  Der ‫ בן־הנכר‬zeichnet sich gegenüber dem ‫ גר‬dadurch aus, dass er auch im Land Israel fremd ist. Er ist Ausländer, der nicht in Israel selbst wohnhaft ist (vgl. auch Koole, Jes III, 11). Der ‫ גר‬ist in Bezug auf das Recht Opfer zu bringen, dem Israeliten durchaus gleichgestellt (Ex 12,43 – 49; Lev 17,8; 22,18; Num 15,14– 16), vgl. auch Kap. 2.3.5. Außerdem sind in Jes 56,1– 8 keine Proselyten gemeint. Dies vertritt auch Kraus, Volk Gottes, 22, der zu Recht darauf hinweist, dass Jes 56 dann keine Neuerung einführt und auch die Parallele zu den Eunuchen wenig sinnvoll erscheint; außerdem Haarmann, JHWH-Verehrer, 216 – 232, der zugleich einen ausführlichen Forschungsüberblick bietet; Gärtner, „Andere“, 177, Anm. 22. Anders hingegen ein Großteil der Forschung, exemplarisch seien genannt: Zeller, „Logion I“, 229, Anm. 41; Westermann, DtJes, 249; Ruppert, „Heil“, 154; Zehnder, Umgang mit Fremden, 527. Vorsichtiger formulieren Schreiner, „Berufung“, 109; Gross, „Israel und die Völker“, 163; Lohfink, „Bund und Tora“, 55, wobei die

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5 Völkerwallfahrt zum Zion – Partizipation der Völker am Heil?

Zu dieser Perspektive passt gut, dass in Mt 21,14 Lahme und Blinde hinzukommen, die gemäß 2Sam 5,8LXX ebenfalls aus dem Tempel ausgeschlossen sind.⁶⁴ Bereits innerhalb der Schriften ist dies jedoch nicht unumstritten. So zeichnet Jes 56,1– 8 ein deutlich anderes Bild als Dtn 23,2– 9, wo Bestimmungen zur (Nicht‐)Teilhabe an der Versammlung der Gemeinde stehen.⁶⁵ Gemäß diesen dürfen weder jene, deren Genitalien verstümmelt sind (‫ פצוע־דכא וכרות שפכה‬/ θλαδίας καὶ ἀποκεκομμένος; V. 2), noch Menschen aus Ammon oder Moab (V. 4)⁶⁶ sowie Edom und Ägypten (V. 8 f)⁶⁷ an den Gemeindeversammlungen des Herrn teilnehmen.⁶⁸ In Dtn 23,2– 9 wie in Jes 56,1– 8 geht es um die Frage der kultischen Zugehörigkeit. Doch spricht Jes 56,1– 8 nicht von der Zugehörigkeit zur Versammlung des Herrn (‫קהל‬ ‫ יהוה‬/ ἐκκλησία κυρίου; Dtn 23,2), sondern von der zum Volk Gottes: Die Fremden sollen nicht sagen, dass sie von Gottes Volk ausgeschlossen sind (‫ מעל עמו‬/ ἀπὸ τοῦ λαοῦ αὐτοῦ; Jes 56,3).⁶⁹ Sie gehören durch ihre Gottesbeziehung zum Volk Gottes und damit zur Kultgemeinde am Tempel.⁷⁰ In diesem Sinn wird der Tempel

Beurteilung von Haarmann, JHWH-Verehrer, 218 durchaus treffend ist, dass die Aussagen der „Sache nach auch auf Proselytismus“ zielen.  Die LXX scheint den umstrittenen Begriff ‫ הסריס‬in Richtung „Eunuch“ zu verdeutlichen. Als Eunuch deuten z. B. auch Hanson, Dawn, 389; Ruppert, „Heil“, 254; Blum, „Volk“, 30; van Winkle, „Isaiah“, 238. Anders hingegen deutet Gärtner, „Andere“, 177, im Anschluss an Blenkinsopp, Jes III, 137– 139, die „Verschnittenen“ als „eine Untergruppe der Fremden […], denen der Makel der Kinderlosigkeit anhaftet“, da Kastration – so die Argumentation – im nachexilischen Israel unüblich war. Vgl. ebenso Hübenthal, „Wer ist dieser?“, 274.  Vgl. auch Hübenthal, „Wer ist dieser?“, 274; Söding, „Tempelaktion“, 42; Lohfink, „Messiaskönig“, 192, Anm. 28. N. Lohfink deutet auch die Streichung von „für alle Völker“ aus Jes 56,7 so, dass es Matthäus hier bewusst um eine inner-israelitische Aussage geht.Wie die Volksmengen oder Zion auf den Messias reagieren würden, sei in Mt 21,1– 17 noch nicht endgültig entschieden, weshalb die Völker noch nicht im Blick seien. Ist jedoch Jes 56,1– 8 als Intertext zu verstehen, dann gehört der Fremde zu jenen Marginalisierten der Gesellschaft.  Diesen Bezug vertreten auch Westermann, DtJes, 250; Hanson, Dawn, 389; Donner, „Abrogationsfall“, 81– 95; Bultmann, Fremde, 211; Blenkinsopp, Jes III, 83.138; Kraus, Volk Gottes, 21 f; Flebbe, „Partikularismus“, 25. Kritisch hingegen äußert sich Koole, Jes III, 12 f.  Die Teilhabe ist bis in die sechste Generation verboten. Noch strenger ist die Regelung in Neh 13,1– 3, da der Ausschluss dort ewig gilt.  Positiver fällt das Urteil gegenüber Edomitern und Ägyptern aus (Jes 56,8 f), da diese zumindest ab der dritten Generation an der Versammlung teilnehmen dürfen.  Vgl. auch Kap. 2.1.1. Gegen eine Teilnahme Fremder vgl. Ez 44,6 – 9 (siehe dazu Haarmann, JHWH-Verehrer, 229 – 232).  Zu weiteren Texten der Schriften, die das Volk-Gottes-Konzept auf die Völker ausweiten, vgl. Kap. 2.3.8.  Vgl. Schultz, „Nationalism“, 140; Hanson, Dawn, 385 f. Dabei ist mit Volk weder ethnische Zugehörigkeit gemeint noch ein formaler Übertritt zu Israel, sondern die Zugehörigkeit zum Volk Gottes, die sich über eine gemeinsame Gottesbeziehung Israels und der Fremden konstituiert.Vgl.

5.3 Der Tempel auf dem Zion ist das Bethaus für alle Völker – Mt 21,13

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zum Bethaus für alle Völker. Es geht nicht darum, dass das Volk Israel als ethnische Größe für alle Völker geöffnet wird. Vielmehr bleibt ein Unterschied bestehen, wie er auch in der mt Darstellung des Heils für Israel und die Völker deutlich wird. Des Weiteren heißt es in Jes 56,1, dass Gottes rettendes Handeln nahe gekommen ist (‫ ישועתי‬/ τὸ σωτήριόν μου),⁷¹ was an die Deutung des Namens Jesu erinnert (Mt 1,21), aber auch an die Predigt vom Reich der Himmel (Mt 3,2; 4,17; 10,7).⁷² Im Angesicht der Nähe der Rettung ist es laut Jes 56,1 notwendig, Recht und Gerechtigkeit zu üben, also gemäß den göttlichen Geboten zu leben. Analog dazu gilt es im Mt, alles zu halten, was Jesus geboten hat (Mt 28,20).⁷³ Als Bedingung zur Zugehörigkeit zu Gott und für die Sammlung auf dem Zion werden in Jes 56,1– 8 weiterhin das Halten des Sabbats sowie das Festhalten am Bund (Jes 56,4.6)⁷⁴ genannt. Besonders Letzteres⁷⁵ ist auch für Matthäus ein wichtiger Aspekt des soteriologischen Geschehens (vgl. Mt 26,28).⁷⁶ Es geht also in beiden Texten um eine heilvolle Gottesbeziehung, die sich nicht durch ethnische Zugehörigkeit, sondern durch das individuelle Bekenntnis definiert.⁷⁷ Diese Frage nach der Zugehörigkeit von Fremden oder „Heiden“ wird in Jes 56,1– 8 also positiv beantwortet, sodass die grundlegende theologische Ausrich-

ähnlich Haarmann, JHWH-Verehrer, 227. Anders hingegen Zehnder, Umgang mit Fremden, 527. Wiederum eine andere Deutung vertritt Bultmann, Fremde, 209 f, der in Jes 56,1– 8 allein die Frage nach dem Zugang zum Tempel diskutiert sieht, nicht jedoch die Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft, die er bereits voraussetzt. Für eine Diskussion um die Teilhabe am Kult spricht sich auch Blum, „Volk“, 31– 33 aus, der den Text zudem in einem eschatologischen Rahmen deutet.  Maier, Völkerwallfahrt, 382 hält fest, dass „die Beziehung zu Gott wesentlich mit dem persönlichen Einsatz für soziale Gerechtigkeit zusammenhängt[, und d]ass es dabei nicht um eine theoretische Stellungnahme, sondern um ein praktisches Tun geht“.  Zudem ist auf Mt 26,45 zu verweisen, wo vom Nahegekommen-Sein der Stunde der Auslieferung des Menschensohns die Rede ist. Vgl. auch Nolland, Mt, 845; Konradt, Israel, 346, Anm. 311.  Dass Jesu Lehre mit Vollmacht geschieht, wird z. B. in Mt 7,28 f deutlich.  Westermann, DtJes, 250 geht davon aus, dass das Festhalten an der ‫ ברית‬das Halten des Gesetzes meint. Ebenso Kraus, Volk Gottes, 22. Auch wenn die ‫ ברית‬in Jes 56 nicht genauer definiert ist, überzeugt eine Deutung als Beschneidung (vgl. Bultmann, Fremde, 210) nicht, da der Begriff nicht auf Gen 17 enggeführt werden kann. Dass in Jes 56,1– 8 nicht von der Beschneidung die Rede ist, halten auch Blenkinsopp, Jes III, 83; Haarmann, JHWH-Verehrer, 219 fest. Anders hingegen Duhm, Jes, 422.  Zur Frage nach dem Halten des Sabbats vgl. Kap. 8.4.  Auf diesen Zusammenhang verweist auch Konradt, Israel, 345.  So für Jes 56,1– 8 auch Westermann, DtJes, 250; Donner, „Abrogationsfall“, 87; Gärtner, „Andere“, 178.

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5 Völkerwallfahrt zum Zion – Partizipation der Völker am Heil?

tung des Mt mit der jesajanischen korreliert. Die Öffnung der Gemeinde für Menschen aus den Völkern klingt im gesamten Evangelium immer wieder an und wird in Mt 28,18 – 20 explizit.⁷⁸ Insofern ist der mt Bezug auf diesen Jesajatext sehr passend. Allerdings stellt sich ob der genannten Parallelität eine weitere wichtige Frage: Wie lässt sich die Kürzung um „für alle Völker“ (‫ לכל־העמים‬/ πᾶσιν τοῖς ἔθνεσιν) erklären? Würde doch die Öffnung hin auf die Völker gut ins mt Konzept passen,⁷⁹ wodurch das Fehlen von πᾶσιν τοῖς ἔθνεσιν besonders auffällt. Die Streichung ist jedoch nicht mit der mt Sicht auf das Heil oder Unheil der Völker zu erklären. Stellenweise wird die verkürzte mt Fassung über die historische Situation gegenüber Mk plausibilisiert. Zur Zeit der Abfassung des Mt war der Tempel bereits zerstört und konnte somit auch nicht mehr als Bethaus für alle Völker dienen.⁸⁰ Dieser Zusammenhang hat sicherlich eine Rolle gespielt, doch lässt sich die Streichung des Weiteren auch theologisch begründen: Matthäus harmoniert zwar in Bezug auf die Heilsteilhabe mit Jes 56,1– 8, jedoch nicht mit dessen Sicht auf die Zionstheologie. Bereits in der Magierperikope (Mt 2,1– 12) wurde deutlich, dass der Tempel nicht mehr als der Ort der Gegenwart Gottes gedeutet wird, sondern stattdessen im Messias, dem „Gott mit uns“ (Mt 1,23), zu finden ist.⁸¹ Passend dazu verlässt Jesus und damit Gott selbst in Mt 24,1 den Tempel, womit aus mt Sicht seiner Zerstörung nichts mehr im Weg steht.⁸² Damit ist theologisch eine zur Deutung der ersten Tempelzerstörung parallele Lösung angeführt (vgl. den Auszug der Herrlichkeit Gottes in Ez 9 – 11).⁸³ Während jedoch

 Zum universalen Missionsbefehl vgl. Kap. 10.4.  Siehe auch Gundry, Mt, 412.  Vgl. Green, Mt, 177; Brandscheidt, „Messias“, 43; Hagner, Mt II, 601; Davies/Allison, Mt III, 133; Luz, Mt III, 179, Anm. 25.187; Harrington, Mt, 294. Anders hingegen Gundry, Mt, 412, der auf der Grundlage der mt Änderungen der mk Vorlage davon ausgeht, dass das Evangelium vor 70 n.Chr. geschrieben wurde.  Vgl. Yieh, Teacher, 54. Anders hingegen Fiedler, Mt, 325: Er begründet die Streichung von „für alle Völker“ in Jes 56,7 nicht mit der Relativierung der Bedeutung des Tempels, sondern geht von einer Restitution des Tempels als eigentlichem Ziel aus. Dies begründet er mit dem Festhalten Jesu an Israel. Die Völker seien gestrichen, da diese nur im „Vorhof der Heiden“ beten dürften und nicht im Tempelinneren (ähnlich Morris, Mt, 527; Hübenthal, „Wer ist dieser?“, 274). An dieser These ist zwar richtig, dass Matthäus durchaus an der Bedeutung Jesu für Israel festhält, doch ist die Vorstellung der Restitution des Tempels aus dem mt Text nicht zu plausibilisieren. Hinzuweisen ist auch auf Lohmeyer/Schmauch, Mt, 299, die von einer eschatologischen Funktion des Tempels als Bethaus ausgehen.  Vgl. Luz, Mt III, 387 mit Verweis auf Mt 23,38; Garbe, Hirte Israels, 107; Konradt, „Deutung“, 235.  Vgl. zur frühjüdischen Rezeption dieses Motivs 1Hen 89,56; 2Bar 7,1– 8,2; 64,4– 6; Josephus, Bell 2,539; 5,412; 6,299; Ant 20,166. Interessant ist die unterschiedliche Bewertung der Funktion

5.3 Der Tempel auf dem Zion ist das Bethaus für alle Völker – Mt 21,13

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Gottes Herrlichkeit den Zion gemäß Ezechiel nur zeitweise verlassen hat (vgl. Ez 48,35), verliert die Vorstellung des Wohnens Gottes auf dem Zion⁸⁴ bei Matthäus zu Gunsten seiner Christologie an Gewicht. Dass Gottes Gegenwart nicht auf den Tempel beschränkt ist, wird auch über den zweiten Text der Schriften (Jer 7), aus dem die Bezeichnung des Tempels als „Räuberhöhle“ (σπήλαιον λῃστῶν; Jer 7,11) stammt, eingespielt: In Jer 7 steht Jeremias berühmte Tempelrede, die die Tradition der Zionstheologie als bekannt voraussetzt, dann jedoch verdeutlicht, dass die Zusage der rettenden Präsenz Gottes auf dem Zion an bestimmte ethische Bedingungen geknüpft ist (Jer 7,3.5 – 7).⁸⁵ Sie richtet sich also gegen eine vermeintliche Heilsgewissheit durch falschverstandene Zionzentrik (Jer 7,4.10). Durch die Aufnahme der Phrase σπήλαιον λῃστῶν wird diese Gerichtsankündigung in den mt Kontext übertragen.⁸⁶ Im mt Nahkontext richtet sich die Kritik gegen die Händler im Tempel (Mt 21,12) und dahinterstehend gegen die Autoritäten,⁸⁷ wie auch durch die folgenden Verse (Mt 21,14– 17; 21,23 – 22,46) deutlich wird, in denen der Konflikt mit den Autoritäten mit der Frage nach dem Tempel verbunden wird.⁸⁸ Auf den Kontext des gesamten Mt übertragen, wird des Weiteren auch die Parallelität in der ethischen Forderung zwischen Matthäus (vgl. z. B. Mt 9,13; 12,7; 23,23) und Jeremia deutlich. Damit ist die mt Kritik am Tempel jedoch nicht auf den Tempel an sich (vgl. z. B.

der Fremdvölker.Während in 2Bar 7 Engel den Tempel zerstören, damit die Fremdvölker sich nicht rühmen könnten, den Tempel Gottes zerstört zu haben, und diese anschließend nur noch in die Ruinen einziehen, werden die Fremdvölker in Josephus, Ant 20,166 als Werkzeuge Jhwhs beschrieben.  Vgl. dazu jedoch Mt 23,21.Vgl. in den Schriften z. B. Joel 4,17.21; 8,3 sowie die häufige Wendung „Haus Jhwhs“ (‫ בית יהוה‬/ οἴκος κυρίου) für den Tempel. Stellenweise ist der Tempel auch der Fußschemel Gottes, Ort seiner Füße oder seines Gewandsaumes (vgl. 1Chr 28,2; Ps 99; 132,7; Jes 6,1; 60,13). Zur theologischen und ökonomischen Bedeutung des Tempels im Frühjudentum siehe exemplarisch Söding, „Tempelaktion“, 37– 39.  Von daher scheint die Deutung von France, Mt, 784, die Anspielung auf Jer 7,11 sei im Rahmen der Tempelreinigung eine Kritik am Ort des Handels und nicht am Wie des Handels, zu einseitig.  Vgl. auch Zahn, Mt, 623 f; Brandscheidt, „Messias“, 45 f; McAfee Moss, Zechariah Tradition, 100; Nolland, Mt, 845: Jer 7,11 „likely carries an implicit threat of judgement in the temple.“ Gundry, Mt, 412 weist darauf hin, dass durch das Streichen von „für alle Völker“ die Begriffe „Bethaus“ und „Räuberhöhle“ in stärkeren Kontrast zueinander treten, wie auch die Anklage gegen Jerusalem, durch das betonte „Ihr“ (ὑμεῖς) hervorgehoben wird. Vgl. im Anschluss an ihn Davies/Allison, Mt III, 133, Anm. 2.  Die falsch verstandene Heilsgewissheit der Autoritäten wurde schon in Mt 3,9 deutlich, vgl. dazu Kap. 4.2.  Vgl. Konradt, „Deutung“, 235: „Der Tempel ist ihre [der Autoritäten] ‚Domäne‘ und wird dies bis zu seiner Zerstörung auch bleiben.“ Von Kritik am „temple establishment“ spricht Long, Mt, 238.

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5 Völkerwallfahrt zum Zion – Partizipation der Völker am Heil?

Mt 24,15),⁸⁹ sondern auf den Tempel in seiner Funktion als durch die Autoritäten verwalteten Kultort bezogen, die ihre ethische Verantwortung gegenüber Israel nicht wahrnehmen. Unterstrichen wird der Vorwurf gegenüber den Autoritäten durch das betonte ὑμεῖς ποιεῖτε (im Vergleich zu ὑμεῖς πεποιήκατε in Mk 11,17) sowie die mt Einleitung des Zitates, die als Aussage formuliert ist (γέγραπται; Mt 21,13), wohingegen in der mk Version eine Frage steht (οὐ γέγραπται ὅτι; Mk 11,17). In diesem Zusammenhang ist auch die inhaltliche Verbindung von Jer 7 mit Jes 56,10 f interessant, da damit das Motiv der Autoritätenkritik nicht allein durch den Jeremiaverweis sondern auch über den Kontext des Jesajazitates eingespielt wird.⁹⁰

Insofern kann es für Matthäus nicht mehr darum gehen, dass nun auch die Völker zum Zion kommen. Die Völker werden zur Gemeinde des Messias gehören, die sich – wie zuvor der Zion – durch Gottes Gegenwart nun jedoch in Jesus, dem Immanuel, auszeichnet (vgl. Mt 1,23; 18,20; 28,20).⁹¹ Die Traditionen werden von Matthäus also aufgenommen und in ihrer vollen Bedeutung als bekannt vorausgesetzt. Zugleich jedoch transformiert er sie im Licht seiner Christologie. Zusammenfassend lässt sich für die Schriftenrezeption sagen, dass Material aus den Schriften zitiert (Jes 56,7) oder darauf angespielt wird (Jer 7,11), dann jedoch für die eigenen theologischen Überzeugungen fruchtbar gemacht und insofern auch verändert wird. Dabei wird an dieser Stelle besonders deutlich, wie wichtig eine breite Kenntnis der Schriften zum Verständnis des Mt ist. Es reicht nicht aus, die zitierten Textstellen der Schriften zu erkennen. Gerade das Nichtzitierte ist ebenso relevant. Ohne Wissen um den vollen Wortlaut von Jes 56,7 erschließt sich nicht die volle Tragweite des Gesagten. Gleiches gilt auch für den Kontext des Verses (Jes 56,1– 8). Gestützt wird dies durch die Anspielung auf Jer 7,11, deren volle Kritik an einem zionszentrischen Heilsverständnis ebenfalls erst durch die Kontextualisierung der ganzen sog. Tempelrede in Jer 7 deutlich wird. Ferner lässt sich mit Blick auf die Heilsteilhabe der Völker festhalten, dass, bei aller Umdeutung in Bezug auf die konkrete Ausrichtung des Heils, das Heil der

 Vgl. Stanton, „Matthew“, 211 f; Konradt, „Deutung“, 239.  Zur Verbindung von Jer 7 und Jes 56 vgl. Nieuviarts, Entrée, 164 f.  Vgl. auch Konradt, Israel, 346. Riches, Mythologies, 255 f: „Christianity replaces those hopes for […] the temple and the gathering of dispersion, which were expressed in the Mount Zion traditions, with hopes for the gathering of the nations around the Messiah Jesus“ (255). Dies darf nun aber nicht in einem lokalen Sinn missverstanden werden. Zum Messias kommen zwar die Magier (Mt 2,1– 12), doch liegt der universalen Mission eine zentrifugale Bewegung zugrunde (Mt 28,18 – 20). Die Gemeinschaft mit Jesus konstituiert sich vielmehr überall, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind (Mt 18,20; vgl. zudem Mt 28,20).

5.4 Denn vom Zion wird Weisung ausgehen

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Völker durch das Zitat von Jes 56,7 als schriftenbasiert dargestellt wird. Das „Dass“ der Teilhabe der Völker ist weder im Mt noch in Jes 56,1– 8 bestritten. In der Beantwortung der Frage nach dem „Wie“ unterscheiden sie sich, besonders in Bezug auf die Rolle des Zions als Ziel der Völkerwallfahrt. Allerdings gibt es über die Bundesvorstellung auch eine wichtige Übereinstimmung: Heilvolle Gottesbeziehung wird in Jes 56,6 über das Halten des Bundes definiert, und in Mt 26,28 ist das Blut des Bundes, das vergossen wird, Grundlage für die Heilsteilhabe der „Vielen“ und somit auch der Völker.⁹²

5.4 Denn vom Zion wird Weisung ausgehen In der bisherigen Darstellung wurden besonders zionkritische Aspekte der mt Theologie deutlich, die zu einer Delokalisierung der Völkerwallfahrt von ihrem traditionellen Platz im Rahmen der Zionstheologie geführt haben. Der Berg Zion, auf dem der Tempel gebaut ist, hat seine Bedeutung als Ort der Gegenwart Gottes verloren. Dennoch ist das Motiv des Berges im Mt präsent geblieben:⁹³ In Mt 4,8 f wird Jesus vom Satan die Macht über alle Königreiche der Welt (πάσας τὰς βασιλείας τοῦ κόσμου) angeboten, während sie auf einem Berg stehen, woraufhin Jesus den Satan zurückweist. Jedoch verkündet er in Mt 28,18, wiederum auf einem Berg in Galiläa stehend, dass ihm sogar alle Vollmacht (πᾶσα ἐξουσία)⁹⁴ über Himmel und Erde (ἐν οὐρανῷ καὶ ἐπὶ τῆς γῆς)⁹⁵ von Gott gegeben ist. Zwischen diesen beiden Erzählungen findet auch die Unterweisung in Mt 5 – 7 auf einem Berg in Galiläa statt. Die dort erteilte Lehre Jesu kann als paradigmatisch angesehen werden und spielt sogar explizit auf den Dekalog an, wodurch sie weiterhin mit dem Sinai/Horeb verbunden wird. Zwar lehrt Jesus auch im Tempel (Mt 21,23; 26,55), doch ist diese Lehre „vom Zion“ nur eine neben anderen.⁹⁶ Das Motiv des Berges ist allerdings nicht linear auf eine Vorstellung aus den Schriften zurückzuführen. Während durch den Aspekt der Lehre die Anspielung

 Vgl. dazu ausführlich Kap. 6.4 und Kap. 10.1.  Ausführlich zum Motiv des Berges vgl. Donaldson, Mountain, der sechs Bergszenen unterscheidet: (1) Berg der Versuchung; (2) Berg der Lehre; (3) Berg der Speisung; (4) Berg der Verklärung; (5) Ölberg; (6) Berg des Missionsauftrags.  Die Vollmacht wird Jesus nicht erst jetzt zuteil, vielmehr macht er sie jetzt erst offenbar; vgl. Konradt, Israel, 399.  Auf diesen Bezug von Mt 28,18 auf 4,8 f sowie die darin liegende Steigerung verweisen auch Donaldson, Mountain, 101 f; Konradt, Israel, 303.399.  Hinzu kommt, dass die Lehre Jesu nicht ausschließlich mit dem Motiv des Berges verbunden ist (vgl. z. B. Mt 9,35; 11,1; 13,54).

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5 Völkerwallfahrt zum Zion – Partizipation der Völker am Heil?

auf die Verkündigung des göttlichen Willens am Sinai/Horeb deutlich bleibt, wird die Bedeutung des Zions, des Tempelbergs, wie bereits dargestellt,⁹⁷ deutlich abgeschwächt. Dies gilt sowohl in Bezug auf die Präsenz Gottes im Tempel als auch in Bezug auf die für die Völker vom Zion ergehende Lehre (wie sie gemäß Jes 2,2 eigentlich zu erwarten wäre). Während die Bergpredigt durch ihre Verortung in der Erzählung zunächst allein Israel gilt (vgl. Mt 5,1 f),⁹⁸ werden die Jünger in Mt 28,19 f, wiederum auf einem Berg, beauftragt, diese Lehre auch zu den Völkern zu bringen.⁹⁹ Allerdings kommen die Völker nicht zum Ort der Lehre (zentripetale Ausrichtung), sondern die Bewegung ist zentrifugal.¹⁰⁰ Diese Vorstellung wird auch in Mt 24,14 und 26,13 deutlich, da dort ebenfalls das Evangelium in der Welt verkündet wird und nicht die Welt zum Ort der Verkündigung des Evangeliums wallfährt. Insofern lässt sich zusammenfassend sagen, dass in der mt Erzählung die Weisung für die Völker weiterhin mit dem Motiv des Berges verbunden bleibt, zugleich von dort jedoch allein ihren Ausgang nimmt, um dann in aller Welt verkündigt zu werden. Von einer Sammlung der Völker zu diesem Berg, um die Weisung Gottes zu lernen, kann für Matthäus keine Rede sein.

 Vgl. Kap. 5.1 und Kap. 5.3.  In Mt 5,1 sieht Jesus die Volksmengen (τοὺς ὄχλους), was ihn dazu veranlasst, auf einen Berg zu steigen. Die Jünger kommen mit ihm. In Mt 5,2 heißt es dann weiter, dass er „sie“ lehrte (ἐδίδασκεν αὐτούς). Dabei wird nicht letztgültig geklärt, ob sich αὐτούς allein auf die Jünger oder, was im Licht von Mt 7,28 f wahrscheinlicher ist, auch auf die Volksmengen bezieht. Zur Debatte, wer die Bergpredigt hört, vgl. Lohfink, „Bergpredigt (1983)“, 273 – 281, bes. 278 f, der aus der vorherigen Darstellung der Volksmengen als ganz Israel diesen Aspekt für die Hörer der Bergpredigt stark macht; Scaer, Sermon, 62– 67; Theobald, „Bergpredigt“, 13 – 16.  Vgl. Kap. 10.4. Die zionstheologischen Anspielungen in Mt 28,18 – 20 werden besonders von Donaldson, Mountain, 180 – 188 betont. Dazu führt er drei Stellen an, die im Rahmen dieser Arbeit ebenfalls eine Rolle spielen: Jes 2,2; 25,6; 56,7 (183). Zudem geht er von einer Ersetzung des Zions durch Christus aus (184). Allerdings bleibt die unterschiedliche Bewegungsrichtung in Mt 28,18 – 20 im Vergleich zu Texten, wo besonders prominent von Völkerwallfahrt gesprochen werden kann, unterbestimmt und wird als „overly pedantic“ (184) charakterisiert. Doch liegt gerade darin ein entscheidender Unterschied zur typischen Völkerwallfahrt vor, wodurch der Motivkomplex zwar anklingt, aber zugleich uminterpretiert wird.  Zu dieser Ausrichtung der Lehre passt auch das Zitat von Jes 42,1– 4 in Mt 12,18 – 21, das in seiner Ausrichtung ebenfalls hin zu den Völkern orientiert ist (vgl. ähnlich Jes 51,5). Vgl. ausführlich zu Jes 42,1– 4 Kap. 8.3.

5.5 Zwischenfazit

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5.5 Zwischenfazit Der Topos der Völkerwallfahrt spielt für die Darstellung des Heils der Völker besonders im Rahmen von Mt 2,1– 12 eine Rolle, wohingegen er im Hintergrund von Mt 8,11 nicht wahrscheinlich ist. In Mt 21,13 klingt er allein über den Kontext des Zitates aus Jes 56,7 an, der zionstheologisch geprägt ist. Anhand von letzterer Perikope wird die Notwendigkeit einer umfassenden Kenntnis der Schriften Israels, um die theologische Tiefe der mt Darstellung nachzuvollziehen, besonders deutlich, da es nicht ausreicht, allein das Zitierte zu bedenken; vielmehr sind auch das Nichtzitierte (aus Jes 56,7) sowie Kontexte (Jes 56,1– 8; Jer 7) in die Deutung des mt Textes mit einzubeziehen. Dort, wo angenommen werden kann, dass Matthäus das Konzept der Völkerwallfahrt verarbeitet hat, ist dies jedoch nicht in einer reinen Übernahme dieser Vorstellung geschehen, sondern in transformativer Rezeption. An der Rezeption der Völkerwallfahrt, die in den Schriften Israels ein Teil der Zionstheologie ist, zeigt sich ein besonders kritischer Umgang mit den Schriften: Matthäus übernimmt zwar einerseits typisches Vokabular, löst die Völkerwallfahrt jedoch andererseits aus ihrer ursprünglichen Verortung in der Theologie der Schriften. Trotz der kritischen Haltung, die beinahe an negierende Rezeption grenzt, lässt sich der mt Umgang mit der Zionstheologie nicht als Missachtung angemessen beschreiben: Denn durch Anspielungen auf typisch zionstheologische Motive, besonders aus dem Kontext der Völkerwallfahrt (Geschenke, Proskynese,Weisung für die Völker vom Berg¹⁰¹), werden klare Bezüge zur Zionstheologie der Schriften Israels geschaffen und damit bestimmte (theologische) Erwartungen geweckt. Zugleich wird die Tradition jedoch radikal transformiert, indem ihr ihre theologische Mitte, der Zion, entzogen wird. Diese „Ent-Zionstheologie“ hat auch für die Darstellung des Heils für die Völker Konsequenzen. Die Präsenz Gottes bleibt, gemäß typischer Völkerwallfahrtstexte, ausschlaggebendes Kriterium und Ziel der Wallfahrt. Allerdings wird sie nicht mehr topographisch mit dem Zion oder dem Tempel verbunden (wobei der Konflikt mit den Autoritäten im Hintergrund steht), sondern mit dem Messias, der als Immanuel (Mt 1,23) Gottes Mit-Sein verkörpert. Dass dieses Mit-Sein Gottes nicht allein Israel, sondern auch den Völkern zugesagt wird, ist durch die Wallfahrt der Magier (Mt 2,1– 12) proleptisch angedeutet. In Mt 28,20 wird es durch die Beistandszusage Jesu (ἐγὼ μεθ᾽ ὑμῶν εἰμι) gegenüber den Völkern sogar explizit. Ähnliches gilt auch für die Vorstellung der Weisung für die Völker, für die Mat-

 Wobei bei der Weisung vom Berg auch die Sinai-Tradition eine Rolle spielt und die Anspielung nicht auf den Zion allein enggeführt werden sollte.

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5 Völkerwallfahrt zum Zion – Partizipation der Völker am Heil?

thäus das Motiv des Berges beibehalten hat, dieser zugleich aber nur noch Ausgangspunkt der Weisung ist, jedoch nicht mehr Ziel der Wallfahrt. Die Völker sollen zur Gemeinde kommen, der die Gegenwart des Immanuel zugesagt ist (Mt 18,20). Dabei ist das „Dass“ des Heils für die Völker in den Prätexten wie den rezipierenden Texten unbestritten. Zugleich bleibt auch die enge Verbindung des Heils der Völker mit dem Heil Israels bestehen: Die Magier fragen explizit nach dem „König der Juden“ (Mt 2,2) und über Jes 56,1– 8 wird die Bundesthematik eingespielt, die in Mt 26,28 als heilsbegründend für die „Vielen“ und somit für Juden wie für Menschen aus den Völkern rezipiert wird. Insgesamt zeigt sich in diesem Kapitel die große Freiheit im Umgang mit den Traditionen der Schriften Israels bei gleichzeitiger Notwendigkeit der engen Bindung an diese. Es werden bestimmte Vorstellungen und Erwartungen genutzt, um den Erwartungshorizont für den Fortgang der weiteren Erzählung, die in Mt 28,18 – 20 ihren Höhepunkt findet, zu eröffnen. Dabei hebt diese Form der Schriftenrezeption deren Autorität für die mt Erzählung nicht auf.

6 Das Völkermahl – Partizipation der Völker am Heil? Das Mahl als Heilsereignis ist ein weiterer Topos, der sich bereits in den Schriften Israels¹ in verschiedenen Kontexten findet (vgl. Ex 16,4 f; Lev 25,18 f; Neh 9,5; Ps 78,24; 105,40; 111,5; 132,13 – 15). Dabei bleibt es zumeist bei Beschreibungen von innerweltlichen Speisungen. An einigen Stellen lässt sich die Vorstellung einer Speisung von Erlösten (des Exils/der Endzeit) feststellen (Jes 49,9 – 12; 65,13 – 26; Zeph 3,8 – 13; evtl. Sach 9,9 – 17²; 14,21), doch ist nie ein Festmahl ausführlich beschrieben,³ auch lassen sich diese Texte nicht sicher eschatologisch verorten.⁴ Im Fokus ist in der Regel Israel oder eine Teilgruppe von Israel (z. B. die Gerechten). Dass es sich bei einem solchen Mahl auch um ein heilvolles⁵ (eschatisches) Völkermahl handeln kann, ist noch seltener (vgl. jedoch Jes 25,6 – 8⁶).⁷ In den frühjüdischen Schriften ist die Vorstellung eines eschatischen Mahles zumeist mit einer messianischen Gestalt verbunden. Jedoch begegnen die Völker dort nie explizit als Mahlteilnehmer, sondern vielmehr sind Gruppen genannt, die offen lassen, ob Menschen aus den Völkern integriert sind oder nicht. So ist zum Beispiel in 1Hen 62,14 von Gerechten die Rede, die am Mahl teilnehmen. Gleiches gilt für 2Hen 42,5, wo das Mahl ähnlich wie in Jes 25,6 – 8 mit „Freude“ und „ewigem Leben“ verbunden ist.Von einem „Rest“, dem die beiden Chaosmächte Behemoth

 Vgl. Kap. 2.3.10. Zu späteren rabbinischen Belegen vgl. auch Volz, Jüdische Eschatologie, 331 f; zum tannaitischen Traktat Pirke Aboth vgl. Priest, „Messianic Banquet“, 232– 234. Für einen Überblick über die verschiedenen Aspekte des Mahles und ihre Funktionen in der griechischrömischen Umwelt vgl. z. B. Bolyki, Tischgemeinschaften, 177– 188; Stein, Mahlfeiern, 27– 95.  Hanson, Dawn, 316.322 bezeichnet Sach 9,15 explizit als „sacrifice and banquet“.  Dass es sich im Fall von Ps 23,5 um ein postmortales/eschatisches Mahl handeln könnte, erwägt Smit, Fellowship, 22.  Optimistischer als „the joyous participation of the redeemed in the eschatological meal“ charakterisiert Priest, „Messianic Banquet“, 236 diese Texte. Als „immanent-partikulare Eschatologie“ werden Joel 2,27 und Jes 62,8 f von Bolyki, Tischgemeinschaften, 193 charakterisiert, wobei er Jes 25,6 – 8 als wesentlich weitreichender bezeichnet.  Häufiger findet sich der Motivkomplex des Mahles im Sinne eines „Zerstörungsmahles“ (vgl. Smit, Fellowship, 23 f), bei dem neben Israel (z. B. Jes 51,17– 21; Ez 23,31– 34) auch Völker vernichtet werden (z. B. Jer 25,15 – 31MT/ Jer 32,15 – 31LXX; 49,12MT/30,6LXX; 51,7MT/28,7LXX; Obd 16; Sach 12,2). In diesen Texten spielen weniger das Essen als vor allem Trunkenheit und der Becher des Zorns eine Rolle.  Vgl. Smit, Fellowship, 22: „Isa 25,6 – 8 is the only certain and therefore also the parade example of an eschatological banquet in the HB/OT.“  Wainwright, Eucharist, 21 geht auch für Jes 55,1– 5 davon aus, dass die Völker ebenfalls zum Essen und Trinken aufgefordert seien. https://doi.org/10.1515/9783110594287-007

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6 Das Völkermahl – Partizipation der Völker am Heil?

und Leviatan zur Speise serviert werden, spricht 2Bar 29,3 f.⁸ So lässt sich aufgrund der genannten Texte folgern, dass das Thema eines eschatischen und/oder messianischen Mahles durchaus bekannt war.⁹ Im Mt findet sich die Vorstellung eines Heilsmahles besonders in eschatologischen Darstellungen des Königreichs der Himmel (Mt 8,11; 22,1– 14; 26,29). Hinzu kommt Jesu Handeln beim letzten Abendmahl (Mt 26,26 – 28), wodurch das Mahl nicht allein eschatologische Qualität gewinnt, sondern auch zum innerweltlichen Heilsmoment wird. Durch diese doppelte Verankerung des Mahles im Mt stellt sich besonders im Rahmen der Öffnung der Gemeinde für Menschen aus den Völkern die Frage, inwiefern daran die Völker teilnehmen oder ob sogar die Vorstellung vom Völkermahl anklingt. Im Folgenden wird daher zunächst die Auseinandersetzung der Kanaanäerin mit Jesus (Mt 15,21– 28) dargestellt, da es dort im Rahmen der irdischen Sendung Jesu um die Möglichkeit einer Heilsteilhabe für Menschen aus den Völkern geht, wobei dieser Disput mit dem Bild des Mahles ausgetragen wird (6.1). Im Anschluss an Mt 15,21– 28 werden die eschatologischen Mahlvorstellungen (Mt 8,11¹⁰; 22,1– 14; 26,29) auf die Völkermahl-Thematik hin untersucht (6.2– 6.4). Den Abschluss bildet Mt 26,26 – 28, da in diesem Text die Rückbindung an die Gemeinde geschieht (6.4). Zwei weitere Texte, die den Mahltopos aufnehmen sowie auf das eucharistische und/oder eschatische Mahl verweisen,¹¹ sind die Speisung der Fünf- und Viertausend (Mt 14,13 – 21; 15,32– 39).¹² Diese werden in diesem Kontext jedoch nicht besprochen, da sie sich in der mt Erzählung im Unterschied zu ihrer mk Vorlage gerade dadurch auszeichnen, dass auch in der zweiten Speisungserzählung die Gruppe allein aus Menschen aus Israel besteht.¹³

 In zwei verschiedenen Rezensionen überliefert ist 3Hen 48,10. In beiden wird das messianische Freudenmahl Israel versprochen, das nicht mehr von den Völkern unterdrückt ist. Doch während für 3Hen 48 A 10 noch die Möglichkeit besteht, eine Gleichstellung und/oder Teilnahme der Völker an dem Ereignis in Erwägung zu ziehen, wird in 3Hen 48 E 10 die Teilnahme der Völker am Mahl explizit verneint.  Vgl. Priest, „Messianic Banquet“, 237, der schreibt: „The theme of a messianic/eschatological banquet was well known in Jewish and Christian apocalyptic thought.“  Vgl. Kap. 4.3 sowie Kap. 5.2.  Vgl. Priest, „Messianic Banquet“, 231.  Eine umfassende Studie zur Mahlthematik nicht nur im Mt, sondern auch im Mk, Lk, Joh und in der Apk liegt mit Smit, Fellowship vor.  Während Jesus in Mk 7,31 nach der Begegnung mit der syrophönizischen Frau nicht direkt zurück zum See geht, sondern zunächst nach Sidon und dann zum See Genezareth, jedoch auf die Seite der Dekapolis (μέσον τῶν ὁρίων Δεκαπόλεως), streicht Matthäus an dieser Stelle die Ortsangaben, die eindeutig auf „heidnisches“ Gebiet verweisen, sodass Jesus direkt in jüdisches Gebiet zurückzukehren scheint (ἦλθεν παρὰ τὴν θάλασσαν τῆς Γαλιλαίας); vgl. Konradt, Israel,

6.1 Eine Teilhabe an den Resten des Mahles – Mt 15,21 – 28

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6.1 Die kanaanäische Frau dringt auf die Teilhabe an den Resten des Mahles – Mt 15,21 – 28 In Mt 15,21– 28¹⁴ ist das Bild vom Mahl eng mit der Frage nach dem Heil für Menschen aus den Völkern verknüpft. Können Völker bereits am heilvollen Wirken Jesu in seiner Sendung zu Israel partizipieren? Dass dies in Frage steht, wird vor allem durch die Betonung seiner Sendung allein zu den verlorenen Schafen Israels¹⁵ (Mt 15,24) deutlich.¹⁶ Der Bezugspunkt der Debatte ist dabei die Sendung des irdischen Jesus, wohingegen eine eschatologische Dimension hier keine Rolle spielt. Zudem wird durch das Streichen des mk πρῶτον die zeitliche Aufeinanderfolge der Zuwendung zu Israel und dann zu den Völkern aufgehoben, die in der mk Formulierung „Lass zuerst (πρῶτον) die Kinder sattwerden“ (Mk 7,27) zum Ausdruck kommt. Es geht also nicht um die Erkenntnis, dass nach der Auferstehung Jesu und seiner Einsetzung zum Weltenherrn auch die Völker zum Heil

57. Im Summarium Mt 15,29 – 31, das der Speisung der 4000 unmittelbar vorausgeht, kommen – wie in Mt 4,25 – ὄχλοι πολλοί aus Israel zu Jesus. Auf die Erfahrung der Heilung hin loben sie den Gott Israels (τὸν θεὸν Ἰσραήλ), wodurch ebenfalls deutlich wird, dass Jesus sich hier – wie bei der Speisung der 4000 – nicht den „Heiden“ zuwendet, sondern weiterhin als davidischer Messias den verlorenen Schafen Israels (so auch Gnilka, Mt II, 34; Luck, Mt, 182; Wilk, Jesus und die Völker, 145, Anm. 480; Luz, Mt II, 440; Konradt, Israel, 57 f). Neben den genannten Hinweisen lässt Matthäus auch die Herkunftsbestimmung aus der Ferne (ἀπὸ μακρόθεν) aus Mk 8,3 aus, was darauf schließen lässt, dass in der mk Fassung möglicherweise „Heiden“ (oder zumindest auch „Heiden“) gemeint sind (vgl. Gnilka, Mt II, 36; Konradt, Israel, 58, Anm. 222). Für die Annahme, dass Jesus sich hier auch im Mt den „Heiden“ zuwendet, vgl. z. B. Jeremias, Jesu Verheißung, 29; Frankemölle, Jahwebund, 116 f; Blomberg, Mt (1992), 245; Jackson, Mercy, 33; France, Mt, 597; Repschinski, Nicht aufzulösen, 115; Lee, Breaking of Bread, 133. Eine Art Zwischenposition nimmt Donaldson, Mountain, 134 ein. Auch wenn er die Speisung der Vielen an Israel gerichtet sieht, erkennt er darin bereits deutlich Spuren des messianischen Festmahls, das sich letztlich in Anlehung an Jes 2,2– 4; 25,6 – 10a ebenso für die Völker ereignen wird: „The feeding of the multitude is the messianic banquet on the mountain – or, at least a sign that the time of messianic feeding is at hand. […] If the feeding of Israel is taking place, can that of the Gentiles be far behind?“  Zur späteren Rezeptionsgeschichte der Perikope ab dem 3. Jh. n.Chr.vgl Klancher, Canaanite.  Dieses Bild wird auf dem Hintergrund der Schriften Israels leicht plausibel: Als Schafe wird Israel z. B. in 2Sam 24,17; Ps 76,21LXX/77,21MT; 77,52LXX/78,52MT bezeichnet; vgl. auch die prophetische Rede in Jer 23,1– 3; 50,6MT/27,4LXX; Ez 34,31; evtl. auch Jes 11,12. Dass bedeutende führende Persönlichkeiten zuerst das Hirtenamt ausgeübt haben, passt ebenfalls ins Bild von Israel als Schafherde (vgl. z. B. Ex 3,1; Ps 76,21LXX für Mose; 1Sam 16,11 für David). In Ez 34,11– 16 und Jer 31,10 will Gott selbst Hirte sein. Vom (messianisch) davidischen Hirten sprechen Ez 34,23; 37,24; Mi 5,1– 3.  Vgl. auch Mt 10,6. Mel, „Canaanite Woman“, 9 geht hingegen davon aus, dass die Kanaanäerin in dieser Formulierung bereits mit gemeint sei. Ähnlich auch Nortjé-Meyer, „Gentile Female Characters“, 69 f.

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6 Das Völkermahl – Partizipation der Völker am Heil?

kommen werden (Mt 28,19 f),¹⁷ sondern um deren Rolle im Verhältnis zur Sendung Jesu zu Israel. In ihrer Ausgestaltung wird in der Erzählung eine Diskrepanz zwischen der klar markierten Ausnahme der Situation der Begegnung Jesu mit der Kanaanäerin und der Allgemeinheit der Darstellung deutlich, die durch das starke Kolorit der Schriften – stellenweise auch in Abänderung von Mk – bedingt ist. Der erste Aspekt wird daran deutlich, dass die Begegnung mit der Frau von Jesus nicht intendiert ist.¹⁸ Der Grund dafür, dass er überhaupt in das Gebiet von Tyrus und Sidon geht,¹⁹ hat nichts mit den dort lebenden Menschen zu tun,²⁰ sondern ist ein bewusster Rückzug²¹ (ἀναχωρέω²²; V. 21), um den Konflikt mit den Autoritäten

 Anders bewertet hingegen France, Mt, 590: „In refusing to accept the traditional Jewish exclusion of Gentiles from the grace of God, she has shown a truly prophetic grasp of the new perspective of the kingdom of heaven, which is now to be open to ‚people from east and west‘ (8:11– 12)“.  So z. B. auch Klostermann, Mt, 135; Donaldson, Mountain, 133; Trunk, Heiler, 145; Wilk, Jesus und die Völker, 144 f; Nolland, Mt, 632; Luz, Mt II, 433. Ähnlich wurden auch schon die Begegnungen Jesu mit dem Hauptmann von Kapernaum (Mt 8,5 – 13) und den beiden besessenen Gadarenern (Mt 8,28 – 34) als zufällige gestaltet, die nicht auf eine von Seiten Jesu intendierte Hinwendung zu Menschen aus den Völkern zurückzuführen sind (vgl. ausführlich dazu Konradt, Israel, 59 – 81, bes. 80).  Rein syntaktisch wäre es auch möglich zu argumentieren, dass Jesus das jüdische Gebiet nie verlassen hat: ἀπὸ τῶν ὁρίων ἐκείνων wäre dann als zum Partizip ἐξελθοῦσα gehörend zu verstehen, sodass die Frau das Gebiet von Tyrus und Sidon verließe, um Jesus zu sehen (vgl. dazu Grundmann, Mt, 376; Meier, „Matthew 15:21– 28“, 398; Levine, Dimensions, 137; Tisera, Universalism, 192; Jackson, Mercy, 42; Nolland, Mt, 632; Harrington, Mt, 235). Entscheidend für diese Überlegung ist also, wie der Bezug von ἀπὸ τῶν ὁρίων ἐκείνων verstanden wird (Mt 15,22). Jene, die dafür plädieren, dass Jesus der Kanaanäerin auf „heidnischem“ Gebiet begegnet, beziehen den Ausdruck auf γυνὴ Χαναναία (so z. B. Ford, „Children’s Bread“, 329; Klostermann, Mt, 134; Manson, Sayings of Jesus, 200; Sand, Mt, 315; Gaechter, Mt, 501; Albright/Mann, Mt, 187; Gnilka, Mt II, 29; Wainwright, Feminist Critical Reading, 103; Gundry, Mt, 310; Mussies, „Jesus and Sidon“, 264; Konradt, Israel, 64, Anm. 257; Lee, Breaking of Bread, 116); einige lösen die doppelte Lesemöglichkeit auch gar nicht auf (siehe Donaldson, Mountain, 132; Davies/Allison, Mt II, 548; Trunk, Heiler, 148). Als für das Verständnis unentscheidend kategorisiert diese Zuordnung Trilling, Israel, 134. Wichtig sei allein, dass die Kanaanäerin Jesus entgegenkomme.  Lee, Breaking of Bread, 117 stellt fest, dass Jesu Verhalten hier in einem unmittelbaren Kontrast zu seinen Anweisungen in Mt 10,5 f steht. Doch wird gerade im Licht von Mt 10,5 f deutlich, dass es um den Rückzug Jesu und nicht um einen Richtungswechsel in der Mission geht.  Unmittelbar vorausgehend wird die Debatte Jesu mit den Pharisäern um das Waschen der Hände vor dem Essen (Mt 15,1– 20) geschildert, das gemäß der pharisäischen Halacha geboten ist. Diese Auseinandersetzung ist aber nicht so zu deuten, dass sie der Grund ist, aus dem nun die Hinwendung zu den „Heiden“ folgt (anders z. B. Gundry, Mt, 310; Hill, Mt, 253), denn Jesus erklärt – anders als in Mk 7,19c – nicht alle Speisen für rein (vgl. Davies/Allison, Mt II, 537– 539.543). Repschinski, Nicht aufzulösen, 114 schreibt: „Allerdings müht sich Matthäus sichtlich,

6.1 Eine Teilhabe an den Resten des Mahles – Mt 15,21 – 28

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nicht weiter eskalieren zu lassen.²³ Um den zweiten Aspekt zu verdeutlichen, gilt es, die Anspielungen auf die Schriften darzustellen: In Mt 15,21– 28 liegt kein direktes Zitat vor, doch wird die Erzählung durch die Nennung von Tyrus und Sidon sowie die Abänderung der Bezeichnung der Frau als Syrophönizierin (Mk 7,26) in Kanaanäerin grundlegend in ein von den Schriften her bestimmtes Licht getaucht: Mit Tyrus und Sidon wird auf ein klassisches Städtepaar angespielt,²⁴ das zumeist negativ konnotiert ist. Der Eindruck, dass Matthäus bewusst auf deren Image anspielt, wird dadurch verstärkt, dass er den mk Text um „Sidon“ erweitert, sodass er jene für die Schriften typische Doppelnennung bietet (vgl. z. B. 1Makk 5,15; Joel 4,4; Sach 9,2; Jer 29,4; 32,22; 34,3). Bereits in Mt 11,21 sind Tyrus und Sidon genannt.²⁵ In den Schriften entsprechen die Städte Gebieten der Fremdvölkerwelt. Das Wissen um die dort beschriebene Hybris, ihre Darstellung als Sünder und Gottlose, wird auch in Mt 11,21 vorausgesetzt, um das Gerichtswort gegen Chorazin

die Diskussion der Speisegesetze aus dem eigentlichen Streitgespräch um das Essen mit ungewaschenen Händen herauszuhalten, während die Diskussion der Reinheit und ihrer ethischen Implikationen eine deutliche Kritik an pharisäischem Verhalten ist.“ Diese Auseinandersetzung ist also der Grund für den Rückzug Jesu. Ein ähnlicher Rückzug findet sich schon in Mt 12,15, nachdem in V. 14 der Tötungsbeschluss durch die Autoritäten erfolgt ist, sowie in Mt 4,12 nach der Festnahme von Johannes dem Täufer und in Mt 14,13, nachdem Jesus von dessen Ermordung erfahren hat. Metzner, „Rückzug Jesu“, 262 spricht sich gegen eine unmittelbare Bedrohungssituation aus. Der Rückzug diene lediglich einer Distanzierung. Doch auch daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die steigende Bedrohung und Abneigung durch die jüdischen Autoritäten Jesus näher zum Dienst an den „Heiden“ führt. Anders hingegen Mel, „Canaanite Woman“, 8.  Vgl. zur Verwendung von ἀναχωρεῖν + εἰς auch Mt 2,12.14.22; 4,12, wo ebenfalls nicht allein die Bewegung in Richtung einer Region gemeint ist, sondern auch deren Betreten (vgl. Wainwright, Feminist Critical Reading, 103). Zur Deutung von ἀναχωρέω in Mt 15,21 siehe z. B. Levine, Dimensions, 133 f; Davies/Allison, Mt II, 545 f; Feldmeier, „Syrophönizierin“, 211, Anm. 222; Tisera, Universalism, 191; Jackson, Mercy, 42 f; Nolland, Mt, 631; Luz, Mt II, 430; Mel, „Canaanite Woman“, 8.  France, Mt, 592 stellt den Vergleich mit Jonas Sendung zu Ninive auf, den er dann selbst zu Recht als unpassend verwirft, um ebenfalls auf die Deeskalation des Konfliktes mit den Autoritäten zu verweisen.  Vgl. auch Davies/Allison, Mt II, 547. Ähnlich Jackson, Mercy, 58: „Tyre and Sidon are appropriate cities for any gospel writer to use as a setting for a Gentile-Jewish dispute.“  Auf diesen Zusammenhang verweisen auch Sand, Mt, 315; Frankemölle, Jahwebund, 136; Theissen, „Lokal- und Sozialkolorit“, 220; Levine, Dimensions, 134– 136; Tisera, Universalism, 191; Gundry, Mt, 310; Pokorný, „Puppy“, 329; Scott, „Matthew 15.21– 28“, 35; Mussies, „Jesus and Sidon“, 264 f; Wilk, Jesus und die Völker, 144 f, Anm. 470, der jedoch auch deutlich macht, dass die Nähe der Perikopen nicht als zu eng gesehen werden darf; Gundry, Mt, 310; Nolland, Mt, 631; Mel, „Canaanite Woman“, 9; Konradt, Mt, 248; Lee, Breaking of Bread, 115.

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6 Das Völkermahl – Partizipation der Völker am Heil?

und Betsaida angemessen zu verstehen.²⁶ Angeklagt werden Tyrus und Sidon besonders in den prophetischen Schriften: vgl. Jes 23; Jer 25,22.31; 27,3; 47,4; Ez 26 – 28; Joel 4,4; Sach 9,1– 4. In Josephus, Ap 1,70 werden die Menschen von Tyrus als gegenüber den Juden besonders feindselig eingestellt (μάλιστα […] δυσμενῶς) angeführt.²⁷

Die Kenntnis dieser Reputation²⁸ von Tyrus und Sidon ist sehr wahrscheinlich auch in Mt 15,21– 28 vorausgesetzt. Begibt sich Jesus nun in das Gebiet dieser Städte, ist eindeutig ein nicht-jüdisches²⁹ und (in der Regel) negativ gekennzeichnetes Gebiet zugrunde gelegt. Die häufige Nennung der beiden Städte in den prophetischen Kritiken führt dazu, dass ihre Erwähnung in Mt 15,21 paradigmatisch anmutet. Der wichtige Aspekt liegt also darin, dass sie als typisch „heidnisches“ Gebiet mit negativer Reputation erkannt werden. Damit ist narrativ eine weitere Parallele zwischen Jesus, dem Sohn Davids, und David selbst gezogen, da auch dieser sich zu den Philistern, also in „heidnisches“ und feindliches Gebiet, zurückzieht, um den Konflikt mit Saul nicht weiter eskalieren zu lassen (vgl. 1Sam 27). Eine Er-

 Interessant ist, dass ein genauer Vergleich der Vergehen der Städte, wie sie in den Schriften beschrieben werden, nicht ganz zu Mt 11,20 – 24 passt. Tyros und Sidon werden in Mt 11,21 mit der Buße „in Sack und Asche“ in Verbindung gebracht. Dieses Verhalten ist jedoch typisch für eine andere „heidnische“ Stadt, nämlich Ninive (Jona 3,5 – 21). Hingegen wird die Hybris von Kapernaum (Mt 11,23) mit Sodom verbunden, obwohl es gerade Tyros und Sidon sind, denen Hybris in besonderem Maße vorgeworfen wird. Es ist auch möglich, dass in Mt 11,12 ein Einfluss von Jes 14,13 – 15 geltend gemacht werden kann, wo der Hybrisvorwurf an Babylon ergeht. Demnach scheint es, dass den galiläischen Städten kein bestimmtes Vergehen vorgehalten werden soll, das jeweils speziell mit den genannten Städten korreliert, sondern die Vergehen der „heidnischen“ Städte generelle Beispiele sind. Sie werden als Kontrastfolie zum Verhalten der galiläischen Städte angeführt. Das negative Bild der Städte, wie es durch die Schriften Israels gezeichnet wird, wird also für ein argumentum a fortiori genutzt und durch den Argumentationsaufbau das „Erst recht“ der erwarteten Reaktion der galiläischen Städte betont. Wenn schon solche sündigen Städte richtig reagiert hätten, so hätten es doch erst recht die galiläischen Städte tun müssen. Da Sidon und Tyros jedoch nicht wirklich Buße taten, lässt sich vielmehr von einem argumentum a fortiori irrealis sprechen.  Dass die Spannungen zwischen Juden und Phöniziern auf sozio-ökonomische Abhängigkeiten und politische Expansionspolitik zurückzuführen sind, legt Theissen, „Lokal- und Sozialkolorit“, 202– 225 ausführlich dar. Im Anschluss an ihn vgl. auch Feldmeier, „Syrophönizierin“, 211 f.  Auf ein insgesamt positiveres Bild kommt Jackson, Mercy, 36, die in ihrer Analyse vier Zusammenhänge herausstellt, in denen von Tyrus und Sidon die Rede ist: (1) als Beispiele für negatives ethisches Verhalten; (2) als Außenseiter gegenüber dem jüdischen Glauben; (3) als Freunde Israels (hier verweist sie auf Hiram, den König von Sidon, und auf die Witwe, der Elia hilft; vgl. 38); (4) als Teilhabende am Heil der Juden (hier verweist sie auf 2Sam 24 und Ps 44LXX; 86,4– 6; vgl. 39 f).  Konradt, Mt, 247 spricht von einem in theologischer Hinsicht „heidnischen“ Gebiet.

6.1 Eine Teilhabe an den Resten des Mahles – Mt 15,21 – 28

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zählung, auf die immer wieder verwiesen wird,³⁰ ist der Vergleich mit 1Kön 17,7– 24, die Begegnung Elias mit der Witwe von Zarpat (‫צרפתה‬/Σαρεπτα), da diese Heilungsgeschichte und das Brotwunder ebenfalls im Gebiet Sidons stattfinden.

Ähnlich verhält es sich mit der Kanaanäerin (Χαναναία)³¹. Natürlich ist es eine konkrete Frau, der Jesus hier ihre Bitte erfüllt. Doch gerade indem sie als Kanaanäerin bezeichnet wird, steht sie exemplarisch für die Völkerwelt. Genauer genommen wird in ihr der Unterschied zu Israel, zu dem Jesus eigentlich gesandt ist (Mt 15,24), besonders deutlich:³² Kanaan ist seit jeher in den Schriften Gegenüber oder gar Gegenspieler Israels.³³ Kanaanäer sind jene, die explizit nicht zu Israel gehören.³⁴ In den frühjüdischen Schriften wurden die Ehen mit Kanaanäerinnen besonders abgelehnt: so in den TestXII (vgl. TestJud 10,1; 13,4– 7; 14,6) sowie im Jubiläenbuch (Jub 20,4; 22,20; 25,1– 5.9; 27,10).³⁵ In Jub 27,8 heißt es sogar „denn böse sind die Töchter Kanaans“. Dass es sich hierbei um diese bewusste Gegenüberstellung von Kanaan und Israel handelt, ist für das Verständnis der Perikope aufschlussreicher als die Versuche, Χαναναῖοι als die für die Zeit Jesu aktuelle Bezeichnung für die Phö-

 So z. B. durch Schwarz, „ΣΥΡΟΦΟΙΝΙΚΙΣΣΑ – XANANAIA“, 626, Anm. 1, der dafür besonders auf die syrische Überlieferung verweist; Woschitz, „Glaube“, 326; Gnilka, Mt II, 29, Anm. 5; Aurelius, „Gottesvolk“, 428 – 441, bes. 434, der die Verbindung mit 1Kön 17 über eine Abhängigkeit von Lk 4,16 – 30 erkennt; Jackson, Mercy, 38 f; France, Mt, 592. Explizit gegen eine literarische Abhängigkeit von 1Kön 17 sprechen sich Davies/Allison, Mt II, 545 aus.  Bei Χαναναία handelt es sich um ein Hapaxlegomenon in den neutestamentlichen Schriften. Χανάαν findet sich hingegen zweimal: in Act 7,11; 13,19. Eine Verbindung Kanaans mit Sidon findet sich in den Schriften in Gen 10,15 (Kanaan zeugt Sidon), vgl. auch 1Chr 1,13 (in der dortigen Völkertafel wird Sidon als Engel Kanaans, des Sohns Noahs, aufgeführt) sowie LAB 4,6.  Dass Kanaan bereits in den Schriften selbst in diesem stereotypen Sinn verwendet wird, der keine historischen Rückschlüsse zulässt, sondern allein theologische Intentionen verdeutlicht, vertritt explizit Lemche, Canaanites, 155.  Vgl. z. B. Gen 9,25 – 27; Ex 23,23.28; 33,2; 34,11; Lev 18,3; Num 33,52 f; Dtn 20,16 f; Jos 3,10; Jdc 3,1– 4; 4,23; Ps 106,36 – 38; Esra 9,1 u. ö. Anders verhält es sich mit der Vorstellung vom „Land Kanaan“, das im Gegensatz zur häufigen Negativzeichnung der Kanaanäer immer wieder mit den Verheißungen verknüpft wird (vgl. besonders die Vätererzählungen, z. B. Gen 12,1– 5; 17,8; 28,4; 48,3 f; Jos 24,3; 1Chr 16,12; Ps 105,6; aber auch in Bezug auf das ganze Volk Israel, vgl. Ex 6,4; Lev 25,38; Num 13,2; 33,54; 34,2). Für einen Überblick zu Kanaan in den Schriften vgl. Lemche, Canaanites, 13 – 24.63 – 71; Jackson, Mercy, 70 – 82; Killebrew, Biblical People, 96.  Vgl. in diesem Sinn auch Jackson, Mercy, 84; Lee, Breaking of Bread, 119 f. Besonders deutlich wird diese Nichtzugehörigkeit am Heiratsverbot mit Kanaanäern, vgl. z. B. Gen 24,3.37; 28,1.6; Dtn 7,1– 3.  In LAB 25,11 fällt der Name Kanaans als einer von sieben Männern, die alle als Sünder nach der Sintflut bezeichnet werden.

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6 Das Völkermahl – Partizipation der Völker am Heil?

nizier³⁶ zu erklären.³⁷ Eine Frau aus Kanaan³⁸ und der Messias Israels sind zwei Protagonisten, die nicht weiter auseinander stehen könnten. Matthäus entwickelt die folgende, theologisch bedeutsame Aussage also vor dem Hintergrund eines durch die Sprachwelt der Schriften geprägten tiefen Grabens, der die Spannung zwischen Sendung zu Israel und Heilsteilhabe für die Völker weiter verstärkt.

 Dazu, dass im ursprünglichen Gebiet der sog. Kanaanäer (unabhängig davon, ob man damit eine ethnische Identität verbindet oder einen gemeinsamen Hintergrund, der sich durch Kontinuität in der materiellen Kultur auszeichnet) auch die phönizischen Küstenstädte lagen, vgl. Killebrew, Biblical People, 94. Allerdings bezieht sich diese Aussage zunächst auf die archäologischen Funde der Spätbronzezeit und nicht auf das 1. Jh. n.Chr. Allerdings stellt Killebrew, Biblical People, 96 auch dar, dass die Grenzen des Gebiets Kanaan zumindest mit deren Darstellung in Texten der Schriften Israels (vgl. Num 34,1– 12; Jos 15,2– 4; 19,24– 31; Ez 47,13 – 20; 48,1– 7) weitgehend übereinstimmen (vgl. außerdem Na’aman, „Canaanites“, 123 – 126). Insofern könnte es möglich sein, dass für Matthäus hier das Bild der Schriften im Hintergrund steht. Zum geographischen Umfang des Gebietes Tyrus im 1. Jh. n.Chr. vgl. Mussies, „Jesus and Sidon“, 266, der sich besonders auf Josephus (Bell 2,495; 3,35 – 39; 4,104 f; Ant 13,396; 18,153 und Vita 213) bezieht.  Der primäre Schriftenbezug in der Bezeichnung Kanaanäerin wird auch von folgenden Exegeten betont: Klostermann, Mt, 133; Manson, Sayings of Jesus, 200; Gaechter, Mt, 501; Trilling, Israel, 134; Lohmeyer/Schmauch, Mt, 252; Senior, Invitation, 154; Frankemölle, Jahwebund, 136; Donaldson, Mountain, 132; Grundmann, Mt, 376; Klauck, Allegorie, 274; Meier, „Matthew 15:21– 28“, 398 („she is […] a member of the ancient enemy of Israel“); Gnilka, Mt II, 30; Levine, Dimensions, 138; Davies/Allison, Mt II, 547; Luck, Mt, 180; Tisera, Universalism, 195; Feldmeier, „Syrophönizierin“, 212; Trunk, Heiler, 148; Gundry, Mt, 310; Mussies, „Jesus and Sidon“, 265; Nolland, Mt, 631; France, Mt, 592; Konradt, Mt, 65. Für eine historische (Eigen‐) Bezeichnung der Phönizier hingegen plädiert z. B. Kilpatrick, Origins, 132 f, der Belege aus der LXX anführt, in denen der hebräische Begriff ‫ כנען‬mit Φοινίκης übersetzt ist (vgl. z. B. Ex 6,15; 16,35; Jos 1,12; DanSusLXX und die Bezeugung durch Theodotius [θ᾿]), sowie das TestMos, das er in die erste Hälfte des 1. Jh. n.Chr. datiert. Numismatische Belege aus der hellenistischen Zeit, die eine Identifizierung von Kanaan mit Phönizien belegen, führt Rainey, „Canaanite“, 12 an (vgl. weiterhin Argyle, Mt, 119; Albright/Mann, Mt, 187). Beide Aspekte für möglich hält Luz, Mt II, 432, der zudem auf Jes 23,11 f verweist, wo Sidon ein Teil Kanaans ist. Schwarz, „ΣΥΡΟΦΟΙΝΙΚΙΣΣΑ – XANANAIA“, 626 – 628 versucht, beide Varianten auf eine gemeinsame aramäische Grundlage (‫ )כנעניתא‬zurückzuführen, die sowohl als „Kanaanäerin“ als auch als „Phönizierin“ übersetzt werden könnte (vgl. auch Dalman, Handwörterbuch, 202).  Eine Verbindung zwischen der Kanaanäerin und Rahab, die aufgrund ihrer Herkunft aus Jericho (Jos 2) vermutlich ebenfalls eine Kanaanäerin ist, scheint trotz der Nennung der Letzteren in Mt 1,5 nicht unmittelbar notwendig. Besonders, wenn dies in Spekulationen über die kanaanäische Frau in Mt 15,21– 28 endet, die sich nicht mehr am Text festmachen lassen: So geht z. B. Love, „Jesus“, 11 davon aus, dass sie vermutlich eine Prostituierte gewesen ist, jedoch ohne dies zu begründen. Allerdings lässt sich vermuten, dass diese Deutung über die mögliche Verbindung zu Rahab läuft. Eine Verbindung zur kanaanäischen Rahab erkennt Mel, „Canaanite Woman“, 9, in deren Auslegung auch Tamar und Rut als positiv rezipierte kanaanäische Stammmütter interpretiert werden.

6.1 Eine Teilhabe an den Resten des Mahles – Mt 15,21 – 28

187

Damit ist die Grundlage geklärt, auf der sich die Begegnung Jesu mit der bittenden Frau ereignet:³⁹ Als Kanaanäerin aus dem Gebiet von Tyrus und Sidon ist sie eindeutig als Frau aus den Völkern gekennzeichnet. Umso erstaunlicher ist es, dass sie die Sprache Israels aufnimmt. So wendet sie sich mit einer typisch jüdischen Anrede an Jesus, indem sie sagt „erbarme dich meiner, Herr, Sohn Davids“ (ἐλέησόν με, κύριε υἱὸς Δαυίδ; V. 22). Die Bezeichnung Jesu als υἱὸς Δαυίδ wird sonst nur von Menschen aus Israel selbst verwendet, wie zum Beispiel den Blinden, die Jesus mit den gleichen Worten um Heilung⁴⁰ bitten (Mt 9,27; 20,30.31)⁴¹, oder den jüdischen Volksmengen, die ihn als solchen erkennen (Mt 12,23). Durch υἱὸς Δαυίδ wird zugleich auf Mt 1,1.6 zurückverwiesen und somit auf die Herkunft des Messias aus Israel.⁴² Als κύριος wird Jesus andererseits in der Regel von den Jüngern⁴³ (Mt 8,21.25; 14,28.30; 16,22 u. ö.) oder Hilfesuchenden (Mt 8,2.6; 9,28; 17,15 u. ö.) angesprochen,⁴⁴ und insofern ebenfalls von Menschen aus Israel.⁴⁵ Die Frau muss folglich gar nicht an die Sendung Jesu allein zu Israel

 Ähnlich Levine, Dimensions, 139: „The temporal subordination of the gentiles is not transcended [im Akt der Heilung durch Jesus] but legitimized by the reference to the ‚Canaanite‘ and by the dialogue that follows.“  Diesen Aspekt machen vor allem Davies/Allison, Mt II, 135 f.548 stark, die darüber eine Parallele zu Salomo, dem Sohn Davids, sehen (vgl. dazu auch Kap. 4.1). Daraus folgern sie, dass es unklar bliebe, ob mit υἱὸς Δαυίδ ein messianischer Titel oder Jesus als Heiler gemeint sei. Dass sich diese beiden Aspekte jedoch nicht ausschließen, sondern aufs Engste verbunden sind, wird bereits in Mt 11,2– 6 deutlich. Dort fragt Johannes, weil er von den Werken Jesu gehört hat, die Matthäus als Werke des Christus kennzeichnet (τὰ ἔργα τοῦ Χριστοῦ; V. 2), nach der Messianität Jesu (V. 3), woraufhin Jesus – vermittelt durch die Jünger des Johannes – auf seine Heilungswunder verweist (τυφλοὶ ἀναβλέπουσιν καὶ χωλοὶ περιπατοῦσιν, λεπροὶ καθαρίζονται καὶ κωφοὶ ἀκούουσιν, V. 5).  Auf diese Verbindung verweisen auch Wainwright, Feminist Critical Reading, 105 f; Tisera, Universalism, 197 f; Scott, „Matthew 15.21– 28“, 36; Nortjé-Meyer, „Gentile Female Characters“, 69; Wilk, Jesus und die Völker, 145, Anm. 473; Nolland, Mt, 632; Luz, Mt II, 430; Konradt, Mt, 247; Lee, Breaking of Bread, 121. Theissen, Urchristliche Wundergeschichten, 63 macht darauf aufmerksam, dass es für das Mt typisch ist, dass solche Rufe stets von zweien geäußert würden, da „zwei lauter schreien als einer. […] Die Ausnahme (15,22) erklärt sich dadurch, daß hier die Mutter in Stellvertretung ihrer Tochter bittet“.  Vgl. Levine, Dimensions, 139, die in diesem Verweis besonders die Betonung der königlichen Linie Israels und somit Israels Vorrangstellung erkennt.  Eine Ausnahme bildet der römische Hauptmann, der Jesus in Mt 8,8 ebenfalls mit diesem Titel anspricht.  Vgl. z. B. Kingsbury, Mt, 55; Luz, Mt II, 434.  Gnilka, Mt II, 30, meint, dass damit „[h]ellenistisches und jundenchristliches Jesusbekenntnis“ vereinigt sind. So auch Frankemölle, Jahwebund, 136.

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6 Das Völkermahl – Partizipation der Völker am Heil?

erinnert werden, da sie ihn von vorneherein als Israels Messias anspricht.⁴⁶ Indem sie die Proskynese⁴⁷ vor ihm vollzieht (V. 25), bringt sie auch körperlich zum Ausdruck, dass sie in Jesus den Messias erkennt.⁴⁸ Dies rückt sie in einen Kontrast zu den Autoritäten, von denen sich Jesus gerade zurückgezogen hat (V. 21) und die, obwohl sie Teil Israels sind, Jesus nicht als Sohn Davids erkannt haben (vgl. Mt 12,23 f).⁴⁹ Hinzu kommt, dass der Ruf um das Erbarmen (V. 22) typische Psalmensprache (PsLXX 6,3; 9,14; 30,10; 40,5; 55,2; 85,3)⁵⁰ ist, wodurch sich die Frau ebenfalls in die jüdische Tradition hineinstellt. Der Beter der Psalmen ruft aus der Bedrängnis heraus Gott um sein Erbarmen an. Als Gründe nennen die Psalmen körperliche Not und Bedrängnis durch Feinde. Ps 85,3LXX spiegelt die Beharrlichkeit des um Erbarmen bittenden Beters wider, die auch der Frau in ihrem Rufen eigen ist: „Erbarme dich meiner, Herr, denn zu dir schreie ich den ganzen Tag“ (ἐλέησόν με, κύριε, ὅτι πρὸς σὲ κεκράξομαι ὅλην τὴν ἡμέραν). Nachdem Jesus auf ihren ersten Ruf nicht antwortet und die Jünger ihn bitten, sie wegzuschicken (V. 23), erinnert Jesus die Jünger, nicht die Frau, an seine eigentliche Sendung (V. 24). Sie ruft erneut und wiederum in Psalmensprache: „Herr, komm mir zu Hilfe“ (κύριε, βοήθει μοι). Diese Wendung ist in den Psalmen seltener wörtlich belegt als der Ruf um das Erbarmen Gottes, aber dennoch ebenfalls typische Psalmensprache (vgl. PsLXX 93,18; 108,26)⁵¹. Hinter dem Bitten um Gottes Hilfe und Erbarmen in Situationen der Not steht in den Psalmen die Frage nach Gottes Recht und Gerechtigkeit. Begründet wird die Forderung nach Gerechtigkeit nicht selten mit dem

 Dazu, dass die Bezeichnung „Sohn Davids“ hier als Anerkennung der Messianität Jesu und seiner Sendung zu Israel zu deuten ist, vgl. auch Manson, Sayings of Jesus, 200; Gaechter, Mt, 502; Grundmann, Mt, 376; Feldmeier, „Syrophönizierin“, 225; Meier, „Matthew 15:21– 28“, 398; Luck, Mt, 180; Wilk, Jesus und die Völker, 145; Luz, Mt II, 434; Mel, „Canaanite Woman“, 9; Konradt, Mt, 248. Anders hingegen Love, „Jesus“, 17 f, der davon ausgeht, dass die Frau die messianischen Implikationen nicht verstand und in Jesus einen „holy man with magical powers“ sah. Im Hintergrund erkennt er die weite Verbreitung einer „Solomonic/ Son of David-healer/ exorcist tradition“ (8). Wiederum anders Mel, „Canaanite Woman“, 9, die darin allein eine Geste des Flehens sieht.  Vgl. dazu Meier, „Matthew 15:21– 28“, 398; Tisera, Universalism, 201; Trunk, Heiler, 149 f; Scott, „Matthew 15.21– 28“, 38; Love, „Jesus“, 15.  Vgl. ähnlich bereits die Magier in Mt 2,11.  Vgl. Tisera, Universalism, 198.  Im Plural in Ps 122,3 (ἐλέησον ἡμᾶς, κύριε). Ohne κύριε findet sich der Ruf um Erbarmen in vielen weiteren Psalmen (vgl. z. B. PsLXX 24,16; 25,11; 85,16; 118,132 u.ö). Im MT steht für ἐλέησόν με in der Regel ‫חנני‬.  In leichten Variationen findet sie sich hingegen auch hier häufiger (vgl. PsLXX 43,27; 69,6; 78,9).

6.1 Eine Teilhabe an den Resten des Mahles – Mt 15,21 – 28

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Ausspruch „um deines Namens willen“ (PsLXX 43,27; 78,9; 108,21; 142,11).⁵² Indem die Frau sich dieser Sprache bedient, reiht sie sich in die Reihen jener ein,⁵³ die genau nach diesem Recht Gottes fragen.⁵⁴ Dadurch ergibt sich eine interessante Querverbindung innerhalb des Mt, da Jesus in Mt 12,18 – 21 – ebenfalls durch die Schriften Israels (Jes 42,1– 4) – als derjenige charakterisiert wird, der das Recht den Völkern verkündet (sowie darin impliziert auch aufrichtet) und es zum Sieg führen wird, sodass die Völker auf seinen Namen hoffen.⁵⁵ Dementsprechend lässt sich folgern, dass sich die Kanaanäerin schon jetzt im Sinn der Erfüllung der Schriften verhält.⁵⁶ Dieses Verhalten entspricht jedoch eigentlich dem nachösterlichen Geschehen. Denn erst als eingesetzter Weltenherr verkündet Jesus den universalen Missionsbefehl öffentlich (Mt 28,19 f). Noch hat Jesus das Recht nicht zum Sieg geführt (Mt 12,20), noch ist er zu niemandem als den verlorenen Schafen des Hauses Israels gesandt (Mt 15,24). Ganz in diesem Sinn (V. 24) ist das – vielfach ob seiner Härte oder Schroffheit kritisierte⁵⁷ – Bildwort vom Brot für die Kinder (V. 26) zu verstehen.

 Vgl. Preuss, Theologie I, 172: „Wenn er [JHWH] ‚um seines Namens willen‘ half oder um diese Hilfe gebeten wurde (Ps 23,3; 25,11; 79,9; 143,11; Jes 48,9; Jer 14,7), dann hieß das, daß er es um seines Wesens willen tat oder tun sollte, wie dies in seinem Namen ausgedrückt ist“. Vgl. zum Namen Jesu Kap. 8.3.4.  Vgl. Jackson, Mercy, 111: „The Canaanite Woman fits well into a literary category of people who would stand in ‚loyal opposition‘ to God and to God’s ways of executing justice“.  Dies hat aber nicht zur Folge, dass die Kanaanäerin als Proselytin zu verstehen ist, wie es z. B. Jackson, Mercy, 101– 144 vertritt. Vgl. weiterhin Jackson, „Enemies of Israel“, 779 – 792, die die Deutung der Kanaanäerin als Proselytin besonders über intertextuelle Verbindungen in die Psalmen und Rut zu plausibilisieren versucht (vgl. auch Lohmeyer/Schmauch, Mt, 253). Aber die Verwendung der Sprache Israels allein reicht nicht aus, um von einer Konversion zum Judentum auszugehen, und weitere Hinweise fehlen. Gegen die Vorstellung, es hier mit einer Proselytin zu tun zu haben, vgl. auch Feldmeier, „Syrophönizierin“, 223; Konradt, Israel, 68, Anm. 283.  Vgl. dazu ausführlich Kap. 8.3. Anders hingegen deutet Wainwright, Feminist Critical Reading, 110 die Beziehung von Mt 12,18 – 21 und 15,21– 28. Sie erkennt in Mt 15,21– 28 den Beginn der Völkermission. Die Spannung zu Mt 12,18 – 21 führt sie auf zwei unterschiedliche Blickrichtungen zurück: Die Stimme des Erzählers, der das Erfüllungszitat anbringt, repräsentiere den Standpunkt Gottes, und im Wort von der Sendung zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel werde der Standpunkt Jesu deutlich. Ähnlich Nortjé-Meyer, „Gentile Female Characters“, 71, die in Mt 15,27 bereits die Realisierung von Mt 12,18 – 21 erkennt.  Wie radikal dies möglicherweise gesehen wurde, wird deutlich, wenn bedacht wird, dass andere frühjüdische Stimmen (vgl. z. B. PsSal 17) im Sohn Davids gerade jenen erhoffen, der die eigene jüdische Identität durch eine endgültige Trennung von den „Heiden“ aufrichtet. Vgl. auch Feldmeier, „Syrophönizierin“, 222 f, Anm. 49.  Vgl. z. B. Ford, „Children’s Bread“, 329; Harrisville, „Woman of Canaan“, 276.281; Meier, „Matthew 15:21– 28“, 397; Gnilka, Mt II, 31; Feldmeier, „Syrophönizierin“, 212; Trunk, Heiler, 144;

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6 Das Völkermahl – Partizipation der Völker am Heil?

Mt , ὁ δὲ ἀποκριθεὶς εἶπεν· οὐκ ἔστιν καλὸν λαβεῖν τὸν ἄρτον τῶν τέκνων καὶ βαλεῖν τοῖς κυναρίοις.

Mt , Er aber antwortete und sprach: Nicht ist es gut, das Brot der Kinder zu nehmen und den Hunden hinzuwerfen.

Das Brot ist nur für die Kinder, also eine ausgewählte Gruppe, ähnlich wie auch das Haus Israel, zu dem Jesus gesandt ist, eine partikulare Größe darstellt.⁵⁸ Die Kinder sind die Israeliten, was üblichem Sprachgebrauch in den Schriften entspricht⁵⁹ und sich auch in der frühjüdischen Literatur⁶⁰ fortsetzt. Es geht folglich um die Brotgabe an Israel.⁶¹ Dass es sich beim Topos der Speisung um heilvolles Wirken am Gottesvolk handelt, ist ebenfalls eine in den Schriften übliche Vorstellung (vgl. z. B. Ex 16,4 f; Lev 25,18 f; Neh 9,5; Ps 78,24; 104,14; 105,40; 111,5;

Love, „Jesus“, 16; France, Mt, 590. Zusammenstellungen möglicher Harmonisierungsversuche, die das Wort weniger hart erscheinen lassen wollen, finden sich bei Scott, „Matthew 15.21– 28“, 21– 25 sowie Hart, „Canaanite Woman“, 20 f. Sie selbst charakterisiert das Bildwort als weisheitlichen Spruch oder mashal (23 f).  So auch Love, „Jesus“, 15.  Dabei findet sich nicht nur der Ausdruck τέκνα (im MT in der Regel ‫ )בנים‬in Bezug auf Gott (vgl. z. B. Dtn 32,5; Jes 30,1; 63,8; Jer 3,19; SapSal 16,21), auf Zion/Jerusalem (Jes 51,18; 54,1.13; 60,4.9; Joel 2,23; Sach 9,13; Bar 4,12.21.25.27; 5,5; Ez 16,36; hier sei auch auf den mt Gebrauch in Mt 23,27 verwiesen) oder auf Jakob (Jes 27,6LXX). Mit gleichem Sinn, wenn auch in anderer Formulierung, ist von „Söhnen“ (υἱός wie παῖς) oder „Söhnen und Töchtern“ die Rede (Dtn 14,1; 32,19; 32,43LXX; Jes 1,2.4; 30,9; 43,6; 45,11; Jer 3,14.22; 4,22; Hos 2,1; Jdt 9,4; Bar 4,10; SapSal 9,7; 12,7.19.20.21; 16,10.26; 18,4; 19,6). Auch singularische Formulierungen mit υἱός (Ex 4,2MT; SapSal 18,13) oder νήπιος (Hos 11,1) sowie υἱὸς πρωτότοκος (Ex 4,22; vgl. auch Jer 38,9LXX / 31,9MT, wo Ephraim als Gottes Erstgeborener bezeichnet wird und Gott als Vater Israels) finden sich für Israel (meist zur Definition seiner Gottesbeziehung). Als vergleichende Größe („wie einen Sohn“) ist das Bild in Mal 3,17 belegt. Außerdem wird Gott „Vater“ genannt, was im Umkehrschluss auf die Kindschaft Israels schließen lässt (Jes 63,16; Jer 3,19; 31,9).  Vom Erstgeborenen oder erstgeborenen Sohn sprechen auch 4Esra 6,58; LAB 32,16; Jub 2,20; PsSal 13,9b (wobei in PsSal 13,9b wiederum ein Vergleich, aber keine direkte Bezeichnung vorliegt). Häufiger ist die Rede vom Sohn oder von den Söhnen (PsSal 13,9a; 17,27; 18,3; 3Makk 6,28; TestJud 24,3; Sib 3,702; Jub 1,24 f; TestMos 10,3). Gemäß JosAs 21,4 ist Joseph der erstgeborene Sohn Gottes.  Es lässt sich überlegen, ob hier bereits eucharistische Obertöne zu hören sind. In diesem Sinn Hart, „Canaanite Woman“, 21 f: „But the special significance is the way in which the Gospels see Jesus not merely as the bread giver, but as the bread itself […]. What Jesus wants to give this woman is not only healing for her little daughter, he wants to give her the gift of himself – the gift of participation in his own life, the gift of participation in the divine life“ (22). Doch stellt sich bei seiner Auslegung die Frage, ob hier nicht zu sehr mit johannäischer Brille (vgl. Joh 6,35) die Theologien der Evangelien harmonisiert werden, statt Mk und Mt in ihrem je eigenen Profil darzustellen.

6.1 Eine Teilhabe an den Resten des Mahles – Mt 15,21 – 28

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132,13 – 15; Jes 55,1– 3)⁶². Aber auch innermatthäisch fand die Speisung Israels durch Jesus bereits im Mahl für die 5000 statt (Mt 14,13 – 21), und sie wird sich im Anschluss an diese Perikope erneut ereignen (Mt 15,32– 39). Das Heil für Israel wird also im Bild des Mahles geschildert, von dem die „Heiden“, die hier als Hunde bezeichnet werden, ausgeschlossen sind. Diese Identifizierung ergibt sich allein aus der Gesprächskonstellation. Dass die Hunde (hier im Diminutiv: κυνάριον)⁶³ ein standardmäßiges Bild für „Heiden“ seien, lässt sich, obwohl es regelmäßig vertreten wird,⁶⁴ für die vorrabbinische Zeit nicht belegen.⁶⁵ Die Bezeichnung „Hund“ wird in der Matthäusforschung in der Regel als ablehnende Bezeichnung, gar als Beleidigung aufgefasst.⁶⁶ Gestützt wird dies durch die Ver-

 Als umgekehrtes Bild, das dennoch den Heilsaspekt, der eigentlich zugrunde liegt, verdeutlicht, vgl. z. B. Joel 1,16. Dass Brot oder „Himmelsbrot“ dabei eine besondere Rolle spielt, verdeutlichen Texte wie Gen 28,20; 49,20; Ex 16,5; Ps 78,24; 104,14; 105,40; 136,25 u.ö. In der frühjüdischen Rezeption findet sich die Vorstellung von der (geistigen?) Speise Israels als „Brot des Lebens“ z. B. in JosAs, 8,5.9; 15,5; 16,16; 19,5; 21,21. Philo deutet das himmlische Manna als Seelenspeise, als Sinnbild des Logos und Vermittlerin der Weisheit und Tora Gottes (vgl. LegAll 3,162.169.173; Mut 259 f; Fug 137; Congr 173 f), vgl. dazu Borgen, Bread, 111– 115. Frühchristlich wird dies dann in Joh 6,35.48 auf Christus übertragen (vgl. Konradt, Israel, 67, Anm. 280). Zur positiven Deutung des Brotes im Zusammenhang von Heil, grundlegender Versorgung und Gastfreundschaft vgl. auch Mel, „Canaanite Woman“, 9 f. Als „Wort Gottes“ deutet das Brot hingegen Patte, „Canaanite Woman“, 48, wobei er Mt 4,3 f als expliziten Beleg für diese Deutung anführt. Als „Lebensbrot“ deutet Jeremias, Gleichnisse Jesu, 118 f, Anm. 2.  Die Verwendung des Diminutiv wird stellenweise als ein Verweis darauf verstanden, dass hier Haushunde gemeint seien, vgl. Grundmann, Mt, 377; Gundry, Mt, 315; Trunk, Heiler, 144; Nolland, Mt, 635, Anm. 204; Luz, Mt II, 435, bes. Anm. 59. Anders hingegen Harrisville, „Woman of Canaan“, 283; Donaldson, Mountain, 133. Dies ist jedoch nicht sicher und ergibt sich eher durch die Gesamtheit des Bildes von V. 27 her. Alternativ wird der Diminutiv dahingehend ausgelegt, dass der Aussage ihre Schärfe genommen wird, vgl. z. B. Swanson, „Diminutives“, 146, der den Diminutiv sogar im Sinne von „liebenswerter“ Hund deutet; Gnilka, Mt II, 31; Tisera, Universalism, 204; Nortjé-Meyer, „Gentile Female Characters“, 70; Harrington, Mt, 235; Mel, „Canaanite Woman“, 10; Hart, „Canaanite Woman“, 24. Connolly, „Art. 66. κυνάριον“, 157 weist zudem darauf hin, dass es nicht als gesichert gilt, ob mit dem Diminutiv „Hunde“ oder „Welpen“ gemeint sind. Explizit gegen die Deutung „Welpen“ vgl. Burkill, „Development“, 170 f.  Vgl. z. B. Argyle, Mt, 120; Lohmeyer/Schmauch, Mt, 255; Senior, Invitation, 154 f; Meier, „Matthew 15:21– 28“, 399; Gundry, Mt, 315; Nortjé-Meyer, „Gentile Female Characters“, 70; Love, „Jesus“, 16 f; Lee, Breaking of Bread, 118 f. Anders hingegen Nolland, Mt, 635; Luz, Mt II, 436. Einen Zusammenhang zwischen dem Paar „Kinder“/„Hunde“ und „rein“/„unrein“ aus der vorausgehenden Auseinandersetzung Jesu mit den Pharisäern sieht Riches, Mythologies, 244.  Zu den rabbinischen Belegen vgl. Strack/Billerbeck, Mt I, 724 f. Feldmeier, „Syrophönizierin“, 218 verweist auf Pirque Rabbi Eliezer 29.  Vgl. Pokorný, „Puppy“, 324; Luz, Mt II, 435; France, Mt, 594 f. Auf einen möglichen Unterschied in der Wahrnehmung der Bezeichnung „Hund“ aus jüdischer Sicht zur griechisch geprägten Sicht der Frau verweist Dufton, „Syrophoenician Woman“, 417, die davon ausgeht, dass

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6 Das Völkermahl – Partizipation der Völker am Heil?

wendung des Begriffes in den Schriften, da dort selbst die positiv zu wertenden Aspekte des Hundes, wie seine Wächterfunktion, oft in einem negativen Sinn verwendet werden.⁶⁷ Im Zusammenhang von Mt 15,21– 28 ist Sir 26,25 interessant, wo eine unverschämte Frau mit einem Hund verglichen wird, eine schamhafte jedoch den Herrn fürchtet. Erneut überrascht die Kanaanäerin durch ihre Antwort: Sie streitet die Bestimmung des Brotes für die Kinder nicht ab. Sie bejaht sogar ausdrücklich (ναὶ κύριε; V. 27)⁶⁸ –, dass das Heil Israel nicht weggenommen werden darf.

Hunde im jüdischen Kontext eher als Pariahunde wahrgenommen wurden, während sie in der griechischen Gesellschaft auch im Haus leben konnten: „Only a Gentile, perhaps only a Greek, could have spoken the memorable words about the dogs eating the scraps under the table, for no Jew would have allowed dogs to be there.“ Im gleichen Sinn Patte, „Canaanite Woman“, 44.  Aus den Schriften ergibt sich folgendes Bild: In einem positiven Sinn ist von einem Hund nur an wenigen Stellen die Rede, so z. B. als Reisegefährte in Tob 5,17; 11,4. Ebenso können sie als Wächter gelten (Jdt 11,19; Jes 56,10 [ein Vergleich von stummen Hunden und blinden Wächtern]). Meistens ist die Rede von Hunden jedoch negativ konnotiert. Sie sind Pariahunde (vgl. Jes 56,11; Ps 59,7.15 f; Sir 13,18), die allgegenwärtig sind, aber nicht von den Menschen gefüttert werden (vgl. dazu Keel/Küchler/Uehlinger, Orte, 108 f). An solche Hunde ist möglicherweise auch gedacht, wenn sie als Fresser der Toten bezeichnet werden (1Kön 14,11; 16,4; 21,23 f; 2Kön 9,10; 9,36; Hos 13,8) oder das Blut der Feinde und Toten lecken (1Kön 21,19; 22,36; Ps 68,24; [Ex 11,7?]) und Leichen verschleppen (Jer 3,15). Das Hunderudel kann auch als Bild für den nahen Tod stehen (Ps 22,17.21). Dass Hunde als gefährlich angesehen werden, verdeutlicht auch Prov 26,17. Als unreine Tiere gelten sie gemäß Prov 26,11. Stellenweise wird der Begriff Hund auch für Menschen verwendet: So ist von einem „Hund“ die Rede, um die Stellung eines Knechts auszudrücken (2Kön 8,13MT), wobei dies nicht zwangsläufig negativ verstanden werden muss. Zum Motiv des treuen Wächterhundes, der sich um den Schutz seines Herrn kümmert, in akkadischen Texten vgl. Winton, „Kelebh“, 424. Doch kann dies zum Ausdruck „toter Hund“ gesteigert werden (1Sam 24,5; 2Sam 9,5; 16,9; 2Kön 8,13LXX), wodurch mögliche positive Konnotationen wieder verloren gehen. In Parallelstellung zum „Lohn der Prostituierten“ ist in Dtn 23,19 vom „Preis des Hundes“ die Rede, sodass möglicherweise männliche Prostituierte mit Hunden verglichen wurden (vgl. Winton, „Kelebh“, 425; Keel/Küchler/Uehlinger, Orte, 109). Weiterführend mit vielen Verweisen in akkadische und ägyptische Texte vgl. Winton, „Kelebh“, 410 – 427; außerdem Jackson, Mercy, 53 – 58; Klauck, Allegorie, 275 f.  Vgl. zur Notwendigkeit, dies als Bestätigung und nicht als Bitte aufzufassen, Trilling, Israel, 104.

6.1 Eine Teilhabe an den Resten des Mahles – Mt 15,21 – 28

Mt , ἡ δὲ εἶπεν· ναὶ κύριε, καὶ γὰρ τὰ κυνάρια ἐσθίει ἀπὸ τῶν ψιχίων τῶν πιπτόντων ἀπὸ τῆς τραπέζης τῶν κυρίων αὐτῶν.

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Mt , Aber sie sagte: Ja Herr, und doch essen die Hunde von den Krümeln, die herunterfallen vom Tisch ihrer Herren.

Doch zugleich macht sie auf die Auswirkungen aufmerksam, die die Speisung der Kinder am Tisch ihres Vaters hat, von welchen auch die Völker profitieren. Bereits durch das Streichen des mk πρῶτον (Mk 7,27) in der Aussage Jesu (V. 26) wird deutlich, dass das Brot nicht später an andere als die Kinder weitergegeben wird.⁶⁹ In der Bejahung dieser Aussage durch die Frau wird dieser Gedanke nun jedoch weitergeführt: Das Brot wird nicht weitergereicht, aber die Speisung hinterlässt Spuren, nämlich Krümel, die vom Tisch zu Boden fallen. Gottes heilvolles Handeln an Israel ermöglicht auch den Völkern, Anteil am Heil zu erlangen. Somit bleibt – wie das Bildwort unterstreicht – der Unterschied zwischen Israel und den Völkern bestehen.⁷⁰ Zugleich wird daran deutlich, dass das heilvolle Wirken des jüdischen Messias an Israel auch Auswirkungen auf Menschen aus den Völkern haben kann. Der große Glaube der Frau, der ihr von Jesus anschließend bescheinigt wird, besteht demnach nicht in ihrem beharrlichen Bitten,⁷¹ sondern darin, dass sie das Heil für Menschen aus den Völkern in Kontinuität zur Heilsgeschichte Israels erkennt.⁷² Aus diesem Glauben heraus partizipiert sie schon jetzt an dem Heil, das nachösterlich auch den Völkern gegeben wird.⁷³ Aufgrund dieses Verständnisses

 Vgl. auch Levine, Dimensions, 146 f: „[T]here is no need for a ‚first‘ since for Jesus’ earthly charge there can be no ‚next‘. And because the commission in Matt 28:16 – 20 does not abrogate the mission to the Jews, the second connotation of πρῶτον is also inapplicable“. In diesem Sinn auch Jackson, Mercy, 53. Möglicherweise wird in der Erzählung des Speisewunders in Mt 14,13 – 21 ähnlich argumentiert, da dort nach der Speisung zwölf Körbe voll Brotbrocken übrig bleiben. Auf diesen Zusammenhang verweisen z. B. Scott, „Matthew 15.21– 28“, 32.40; Mel, „Canaanite Woman“, 10; Konradt, Israel, 68, Anm. 285.  Vgl. auch Hummel, Auseinandersetzung, 140; Konradt, Israel, 68. Anders hingegen Ford, „Children’s Bread“, 330: „[S]he humbled herself to accept the place of the dogs, if only she might share the crumbs. And in an instant Christ exalts her to the children’s seat at the Heavenly Father’s table.“  Vgl. Konradt, Mt, 250. Anders hingegen: Woschitz, „Glaube“, 326; Grundmann, Mt, 377, der vom „bittenden Glauben“ spricht; Ringe, „Story“, 71 f; Meier, „Matthew 15:21– 28“, 398 f; Heil, „Narrative Roles“, 544; Patte, „Canaanite Woman“, 35.43 – 45.  Vgl. ebenso Konradt, „Glauben“, 278 f.  Dass damit nicht durch die Hintertür doch die Unterscheidung in ein πρῶτον der Sättigung der Kinder und eine folgende Gabe des Brotes an die Völker eingeführt ist, wird dadurch deutlich,

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6 Das Völkermahl – Partizipation der Völker am Heil?

und der daraus gefolgerten Erkenntnis der Heilspartizipation der Völker wird ihr Glaube als „großer Glaube“ bezeichnet (μεγάλη σου ἡ πίστις; V. 28; vgl. bereits die ähnliche Aussage über den Glauben des römischen Hauptmanns in Mt 8,10). Insofern rahmen die beiden Perikopen, in denen Menschen aus den Völkern „großer Glaube“ zugesprochen wird, jene Erzählungen, in denen es überhaupt um den Glauben von Hilfesuchenden geht.⁷⁴ Hier sei noch auf eine weitere Veränderung gegenüber dem mk Text verwiesen: Sind es dort die Brotbrocken der Kinder (τῶν ψιχίων τῶν παιδίων; Mk 7,28), von denen die Hunde unter dem Tisch sitzend essen, so sind es in Mt 15,27 die Brocken, die vom Tisch der Herren fallen.⁷⁵ Die Kinder sitzen zwar am Tisch, um zu essen; sie selbst sind aber nicht diejenigen, die über das Brot verfügen, sofern es ihnen nicht gegeben wird. Das Heil bleibt Gabe.⁷⁶ Der Geber des Brotes ist der κύριος,⁷⁷ der κύριος ist Jesus.⁷⁸ Indem die Kanaanäerin Jesus zweimal als κύριος (V. 22.25) anspricht, wird deutlich, dass Jesus mit dem Herrn in dem Bildwort zu identifizieren ist.⁷⁹ Die Auseinandersetzung um eine Teilhabe am Heil durch Menschen aus den Völkern während des Wirkens des irdischen Jesus macht auch deutlich, dass eine

dass die Speisung Israels auch nachösterlich nicht zum Ende kommt (vgl. dazu z. B. Levine, Dimensions, 146 f).  Vgl. Konradt, Mt, 250: „[D]enn Matthäus hat weder in 17,14– 20 das Glaubensmotiv aus Mk 9,23 f, [sic!] noch in 20,29 – 34 das aus Mk 10,52 übernommen.“  Dies bedeutet nicht, dass die Kinder zu Herren werden, also Israel Herr über die Völker ist (vgl. auch Luz, Mt II, 436; Tisera, Universalism, 206). Anders hingegen Gaechter, Mt, 503; Meier, „Matthew 15:21– 28“, 399; Repschinski, Nicht aufzulösen, 114, der in dem Bildwort eine Debatte um Mahlgemeinschaft zwischen Juden und „Heiden“ erkennt.  Dafür, dass dies bereits in den Schriften Israels entsprechend gedacht wird, vgl. Preuss, Theologie II, 295: „Wenn es folglich die Möglichkeit von Heil gibt, dann liegt der Grund dafür allein in JHWH“ (Hervorhebung im Original).  Auf diesen Paradigmenwechsel macht auch Nolland, Mt, 635 aufmerksam: „The changes take the imagery even further away from any playing off of children against dogs and make this a matter between dogs and their masters: masters allow dogs the scraps that fall from the meal table.“  Vgl. auch Gundry, Mt, 316.  Der Plural τῶν κυρίων in V. 27 lässt sich mit Konradt, Israel, 69 über die allgemeine Formulierung des Bildes erklären: „Hunde essen Brocken, die vom Tisch ihrer Herren (= ihres jeweiligen Herrn) herabfallen.“ In eine ähnliche Richtung argumentieren auch Davies/Allison, Mt II, 556: „The one plural, ‚dogs‘, demands the other plural, ‚masters‘“. Unklar an diesem Argument bleibt jedoch, warum dies zwingend ist. Könnte nicht auch ein Herr viele Hunde haben? Anders überlegt Burchard, „Matthäus 8,5 – 13“, 73, Anm. 41, ob der schwierige Plural damit zu erklären ist, dass nicht nur Jesus, sondern auch Gott gemeint ist. Von Jesus mit den Jüngern geht Wilk, Jesus und die Völker, 146 aus, wobei er besonders auf die Mittlerrolle der Jünger bei den Speisungswundern in Mt 14,16c.19b–c und 15,36 verweist.

6.1 Eine Teilhabe an den Resten des Mahles – Mt 15,21 – 28

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Teilhabe zwar nicht unmöglich ist, aber Ausnahme bleibt (vgl. Mt 15,29 – 39, wo Jesus wieder an Israel wirkt). Es geht nicht um eine Speisung der Völker,⁸⁰ sondern um die Speisung der Kinder, welche die Gabe Jesu, des κύριος, ist, die jedoch Spuren hinterlässt, durch die auch Menschen aus den Völkern schon jetzt am Heil teilhaben können. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Außergewöhnlichkeit der Ereignisse, die besonders auf der narrativen Ebene deutlich wird, die Allgemeinheit der Schriftenbezüge entgegensteht. Durch sie wird Grundlegendes deutlich, da nicht auf eine bestimmte Erzählung rekurriert wird, die hier neu gestaltet ist, oder einem einzelnen Zitat Stimme verliehen wird, sondern durchweg Paradigmatisches angeführt wird: Tyrus und Sidon; Kanaan als Gegenüber zu Israel; der Ruf um Erbarmen und Hilfe Gottes; Speisung des Volkes als heilvolles Wirken. So stellt Matthäus mit dem jüdischen Messias und der kanaanäischen Frau zwei Protagonisten gegenüber, wie sie gerade für die Frage nach dem Heil für die Völker nicht weiter auseinanderstehen könnten. Von allen Nicht-Israeliten erscheint eine Teilhabe am Heil des jüdischen Messias für eine Kanaanäerin am unwahrscheinlichsten. Es muss jedoch unbedingt festgehalten werden, dass der vorliegende Text noch nicht den Umbruch zur universalen Sendung Jesu markiert. Die Heilsprärogative Israels bleibt bestehen, die Erwählung Israels wird nicht aufgehoben, die Verheißungen für Israel erfüllen sich am Tisch des Herrn. Inwiefern bringt nun Jesus als der Messias für Israel auch Heil für die Völker? Eine solche Speisung der Völker ist nicht ohne die Speisung der Kinder zu denken – von einem Ersetzen der Kinder durch „neue“ Kinder kann keine Rede sein.⁸¹ Eine volle Teilhabe am Heil durch die Völker wird innerhalb der Sendung zu Israel verneint, und doch bleibt das messianische Wirken Jesu an seinem Volk nicht ohne Konsequenzen für (zumindest einzelne) Menschen aus den Völkern. Es hinterlässt Spuren. Dass diese Heilsgabe auch den Menschen aus den Völkern in vollem Maße gilt, ist erst

 In der Forschung gibt es jedoch immer wieder die Meinung, dass Mt 15,24 im Laufe des Disputs relativiert wird (vgl. Feldmeier, „Syrophönizierin“, 225), sodass in der Erzählung der Umschwung zur „Heidenmission“ stattfindet (vgl. exemplarisch France, Mt, 591; Lee, Breaking of Bread, 132 f) oder die Frau zum „Symbol der Heidenkirche“ wird (vgl. Feldmeier, „Syrophönizierin“, 225). Patte, „Canaanite Woman“, 47 formuliert vorsichtiger: „For readers, the Canaanite woman provides an example of the first necessary step toward discipleship; whether she becomes a fullfledged disciple is left unsaid.“ Aus der Sicht der frühen Kirche versucht Luck, Mt, 181 zu kontextualisieren: „Die Geschichte zeigt aber auch, wo Matthäus den Grund für den Durchbruch zur Heidenmission sieht: In der Tatsache, daß die christliche Botschaft Glauben gerade bei den Heiden gefunden hat, und daß dieser Glaube eine ganz neue Situation schafft.“  Vgl. auch in Kap. 4.2 die Ausführungen zu Mt 3,9, wo von „neuen Kindern“ im Kontext der Autoritätenkritik die Rede ist.

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6 Das Völkermahl – Partizipation der Völker am Heil?

nach dem universalen Missionsbefehl (Mt 28,19 f) sowie in der Basileia zu erwarten (vgl. z. B. Mt 8,11).⁸²

6.2 Das eschatologische Mahl für die „Vielen“ – Mt 8,11 In Mt 8,11 liegt ein deutlicher Unterschied zur Erzählung der Begegnung Jesu mit der Kanaanäerin vor: Ging es in Mt 15,21– 28 um die mögliche Teilhabe am Heil durch Menschen aus den Völkern im Rahmen von Jesu irdischer Sendung, so rückt nun ein eschatisches Ereignis in den Fokus und zwar ebenfalls im Bild eines Mahles als Heilsmoment.⁸³ In Mt 8,11 heißt es, dass viele sich im Königreich der Himmel mit den Erzvätern Abraham, Isaak und Jakob niederlegen werden. Dass es sich dabei um ein Mahl handelt, wird allein durch die Verbform „sie werden sich (zum Mahl) niederlegen“ (ἀνακλιθήσονται)⁸⁴ deutlich. Über Details des Mahles wird ihm Rahmen dieses Logions nicht viel gesagt. Nur von der Anwesenheit der (auferstandenen?)⁸⁵ Erzväter wird berichtet.⁸⁶ Letztere Vorstellung teilt Mt 8,11 mit 2Hen 42,5: Beim letzten Kommen [der Gerechten zum Paradies Eden] wird er Adam mit den Vorfahren herausführen und wird sie hier hineinführen, damit sie sich erfreuen, wie ein Mensch seine Geliebten herbeiruft, damit sie mit ihm speisen, und jene kommen herbei mit Freuden und unterhalten sich vor dem Palast jenes Mannes, während sie mit Freuden sein Mahl erwarten, die Genüsse des Guten und den nicht zu ermessenden Reichtum, die Freude und Fröhlichkeit im Licht und in ewigem Leben.

 Insofern impliziert die Erzählung keine Veränderung in Jesu Verständnis seiner Sendung. Die Heilsprärogative Israels bleibt bestehen (vgl. u. a. Trunk, Heiler, 150). Anders hingegen Patte, „Canaanite Woman“, 43, der den Aspekt der Menschlichkeit Jesu und dadurch auch dessen Veränderlichkeit bezüglich seines Sendungsauftrags stark macht.  Dieser Meinung sind auch Jeremias, Abendmahlsworte, 225; Gaston, Stone, 238; Beare, Mt, 208; Kollmann, Ursprung, 213 – 215; Jones, Parables, 408 f; Marguerat, Jugement, 251; Bolyki, Tischgemeinschaften, 69; Nolland, Mt, 357; Luz, Mt II, 13; Smit, Fellowship, 210.  Dieses Verb kommt in der LXX nur in 3Makk 5,16 vor und ist auch in den frühchristlichen Schriften selten. Es steht innermatthäisch noch einmal im Rahmen der Speisung der 5000 (Mt 14,19) sowie ferner in der mk Parallele (Mk 6,39). Vgl. außerdem Lk 2,7; 12,37 sowie die lk Parallele zu Mt 8,11: Lk 13,29.  Vgl. TestJud 25,1; TestLev 18,14; 4Makk 16,24 f; 18,23.  Dies ist vermutlich auch der Grund, warum Millard/Theissen, „Art. Auslösen/ Erlösen“, 32 zu dem Ergebnis kommen: „Wir erleben keine Thronsaalszenen im Himmel, keine liturgischen Gesänge, kein Torastudium, eher eine Familienfeier (Mt 8,11).“

6.2 Das eschatologische Mahl für die „Vielen“ – Mt 8,11

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Hier wird das Mahl durch Reichtum, Freude und Fröhlichkeit gekennzeichnet. Auch Licht und ewiges Leben spielen eine Rolle. Für Mt 8,11 lässt sich in Parallele zu 2Hen 42,5 und im Kontrast zu der in Mt 8,12 genannten äußersten Finsternis (τὸ σκότος τὸ ἐξώτερον) überlegen, ob ebenfalls an helles Licht zu denken sei, doch sagt dies der Text nicht explizit (vgl. auch οἱ δίκαιοι ἐκλάμψουσιν ὡς ὁ ἥλιος; Mt 13,43).⁸⁷ Da die „Vielen“, die hinzukommen, oft als „Heiden“ gedeutet werden,⁸⁸ sehen viele Ausleger in Mt 8,11 nicht nur einen Bezug auf den Topos der Völkerwallfahrt,⁸⁹ sondern auch auf die Mahlszene in Jes 25,6 – 8,⁹⁰ der einzigen Textstelle in den Schriften,⁹¹ wo die Völker positiv an einem eschatischen Mahl partizipieren. 6

Und Jhwh Zebaoth wird für alle Völker (‫ לכל־העמים‬/ πᾶσι τοῖς ἔθνεσιν) auf diesem Berg ein Gastmahl von fetten Speisen bereiten, ein Gastmahl von geläuterten Weinen, von fetten, markigen Speisen, geläuterten alten Weinen. 7Dann wird er auf diesem Berg die Oberfläche der Hülle verschlingen, die Hülle über allen Völkern (‫ כל־העמים‬/ πάντα τοῖς ἔθνεσιν)⁹² und die Decke, die über alle Völker (‫ כל־הגוים‬/ πάντα τὰ ἔθνη) gedeckt ist. 8Er verschlingt den Tod auf ewig, und der Herr Jhwh wird die Tränen abwischen von jedem Gesicht, und die Schmach seines Volkes wird er von der ganzen Erde hinwegtun. Denn Jhwh hat geredet. (Jes 25,6 – 8)

 Beare, Mt, 209.  Vgl. zu Vertretern dieser Auffassung Kap. 4.3.2, Anm. 667.  Zur Diskussion um die Deutung von Mt 8,11 im Rahmen des Motivs der Völkerwallfahrt vgl. Kap. 5.2.  Für diesen Bezug sprechen sich zum Beispiel auch aus: Stoevesandt, Jesus, 73; Kretzer, Herrschaft der Himmel, 86; Wainwright, Eucharist, 128; Nolland, Mt, 357; Konradt, Israel, 221; Rölver, Christliche Existenz, 425; Grilli/Langner, Mt, 127. Jeremias, Jesu Verheißung, 53 f geht sogar so weit, alle Mahltexte auf diesem Hintergrund zu deuten: „Das Heilsmahl der Endzeit, von dem Jesus oft und unter so mannigfaltigen Bildern redet als dem hochzeitlichen Mahl, als dem Freudenmahl, zu dem der fromme und getreue Knecht eingehen darf, als dem Passa der Vollendung, als der Stillung alles Hungers – das ist immer jenes Jes 25,6 f. geschilderte Mahl auf dem Zionsberge, nämlich das universale Gottesmahl, zu dem die Völker herbeiströmen und bei dem die Hülle zerrissen wird, von der sie umhüllt sind“ (54). Für den Bezug auf Jes 25,6 – 8 für die lk Fassung des Logions vgl. exemplarisch Green, Lk, 532. Wildberger, Jes II, 969 erkennt im Rahmen seiner Auslegung von Jes 25,6 – 8 in Mt 8,11 f „[die] wichtigste der Korrekturen am überkommenden Bild“, doch expliziert er leider nicht, worin diese liegt.  Vgl.Wildberger, Jes II, 960. „Der Verfasser [von Jes 25,6 – 8] hat mit diesem Abschnitt eine im Alten Testament fast einsame Höhe biblischer Erwartung erklommen“ (969).  Anders übersetzt z. B. Beuken, Jes II, 341: „Dann wird er auf diesem Berg verschlingen die Hülle, die das Angesicht aller Völker verhüllt“. Dabei geht er von einer Metathesis aus, die jedoch in einer „Übersetzung nur schwer wiedergegeben“ (342) werden könne. Auch die Übersetzungen der Elberfelderbibel und Lutherbibel ziehen ‫ פני‬zu ‫על־כל־הגוים‬.

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6 Das Völkermahl – Partizipation der Völker am Heil?

Das Völkermahl besteht also gemäß Jes 25,6 – 8 in einem von Gott selbst ausgerichteten Bankett auf dem Zion.⁹³ Dabei ist es nicht ausgeschlossen, dass auch Israel bei diesem Mahl zugegen sein wird.⁹⁴ Dafür sprechen die offene Formulierung ‫ לכל־העמים‬/ πᾶσι τοῖς ἔθνεσιν, die nicht zwangsläufig auf „heidnische“ Völker engzuführen ist,⁹⁵ sowie die Rede von „seinem Volk“ (‫)עמו‬⁹⁶ in V. 8MT. Außerdem wird in Jes 24,23 die Herrlichkeit Gottes vor den Ältesten Israels offenbar,⁹⁷ was an das Bundesmahl der Ältesten auf dem Sinai (Ex 24) erinnert.⁹⁸ Insofern ist die Anwesenheit Israels am Zion von Kapitel 24 her auch für Jes 25,6 – 8 mitzudenken, sodass die Sonderstellung Israels gewahrt und allein die Gruppe der Teilnehmer erweitert wird.⁹⁹

Was hieße es aber, in Mt 8,11 eine Anspielung auf die Vorstellung eines Völkermahls zu sehen? Gerade der Verweis auf die Erzväter Israels lässt das Bild zunächst eher als eine typisch auf Israel bezogene Heilsvorstellung erscheinen.¹⁰⁰ Die Besonderheit der Kombination der vorliegenden Motive eines Völkermahles und einem Mahl mit den Vätern läge darin, in dem Logion die Voraussage einer Eingliederung der Völker in das eine Gottesvolk zu sehen.¹⁰¹  Wainwright, Eucharist, 24 f geht mit Cross, Library, 67, Anm. 81 davon aus, dass in der Auslegung von Ps 37 in 4 Qp Ps 37 II,10 f auf das Mahl in Jes 25,6 angespielt sein könnte.  Vgl. auch Procksch, Jes I, 319; Kaiser, Jes II, 161 geht für Jes 24,21– 23 und 25,6 – 8 zumindest von der gleichen redaktionellen Hand aus; vgl. weiterhin Beuken, Jes II, 347 f.  Dies gilt nicht nur für Jes 25,6.8, sondern z. B. auch für Jes 14,12LXX; 56,7LXX; Jer 35,11– 14LXX; Dan 3,2.7LXX; Ps 116,1LXX; Jdt 3,8; Est 4,11LXX; 1Makk 1,42; 2,18; vgl. zur Formulierung πάντα τὰ ἔθνη im Mt Kap. 9.1 sowie Kap. 10.4.  In Jes 25,8LXX fehlt hingegen das Personalpronomen.  In Jes 40,5 offenbart sich die Herrlichkeit Jhwhs vor allem Fleisch und in Ez 43,2 ist ihr Erscheinen ebenfalls mit der anbrechenden Heilszeit verbunden (vgl. Wildberger, Jes II, 949).  Vgl. Fischer, Tora für Israel, 30; Blenkinsopp, Jes I, 358; Beuken, Jes II, 347.  Vgl. Wildberger, Jes II, 960.  So z. B. Trilling, Israel, 89: „Die Krönung aller alttestamentlichen Verheißung und jüdischer Hoffnung, die Teilnahme am Mahl im endzeitlichen Gottesreich, wird ihnen [Israel] abgesprochen, den Heidenvölkern aber zugesagt.“ Vgl. auch Zeller, „Logion II“, 87.  So Jeremias, Jesu Verheißung, 51– 54: „Sie [Juden und „Heiden“] sind gleichberechtigte Glieder; die Tischgemeinschaft mit ihnen [den „Heiden“] verunreinigt nicht mehr“ (54). Schwierig daran ist, dass er selbst davon ausgeht, dass Matthäus nicht an frühjüdische Schriftexegese anknüpfe, sondern sich direkt auf die Schriften beziehe (53), dann jedoch für seine Deutung der Nennung der drei Patriarchen allein auf Midr. Ps 1 § 15 verweist (53, Anm. 208) und für das Essen im „Glanz der Schekhina“ (54) auf Midr. Ps 45 § 3 (54, Anm. 210). Zeller, „Logion II“, 86, spricht im Blick auf Juden und Nicht-Juden ebenfalls von „gleichberechtigte[n] Teilnehmer[n] am Bankett der Väter“, was im Unterschied zu den von ihm angeführten Traditionen aus den Schriften, in denen die Völker am endzeitlichen Zion nur der Verherrlichung Israels dienen, tatsächlich der Fall ist. Im Rahmen seiner Deutung von Mt 8,11 stellt sich hingegen die Frage, inwiefern von einer Gleichberechtigung die Rede sein kann, wenn Zeller, „Logion II“, 88 gleichzeitig feststellt, dass Israel, als die Söhne des Reiches, vom Bankett ausgeschlossen wird.

6.2 Das eschatologische Mahl für die „Vielen“ – Mt 8,11

199

Demgegenüber ist jedoch auf die Identität der „Vielen“ (οἱ πολλοί) hinzuweisen, wie sie in Kapitel 5 ausführlich herausgearbeitet wurde:¹⁰² Die „Vielen“ sind nicht mit Israel, das eschatologisch gesammelt wird, gleichzusetzen.¹⁰³ Sie repräsentieren aber – entgegen der verbreiteten Meinung – auch nicht die „Heiden“, die nun anstelle von Israel zum Gottesreich strömen, sondern sind als eine ethnisch gemischte Gruppe anzusehen,¹⁰⁴ die, in Parallele zu den Jhwh zum Dank verpflichteten Betern in Ps 107,¹⁰⁵ in Gott ihr Heil erkennen. Es findet also eine ethnische Öffnung statt, die Grenzen überschreitet. Dazu passt, dass in den Schriften der Topos des eschatischen Mahls ebenfalls nicht auf ein ethnisch definiertes Israel bezogen ist, sondern auch Israel zum Zeitpunkt des Mahls bereits eine interne (z.T. ethische) Transformation durchlaufen hat. So ist in der frühjüdischen Tradition zum Beispiel von einem nicht näher bestimmten „Rest“ oder allgemein von den Gerechten die Rede, die am Mahl teilnehmen (2Bar 29,3 f; 1Hen 62,14) – wie es in anderen eschatologischen Vorstellungen ebenfalls der Fall ist (vgl. z. B. Jes 66; Sach 14).¹⁰⁶ Vor diesem Hintergrund bedeutet der Gericht ankündigende Vers in Mt 8,12 keine Wendung eines für das Volk Gottes ursprünglich positiven Topos gegen Israel,¹⁰⁷ sondern steht in seiner Radikalität in Kontinuität zu den Vorstellungen der Schriften Israels.¹⁰⁸ Allerdings lässt sich zudem feststellen, dass der Begriff „Völkermahl“ möglicherweise falsche Assoziationen weckt, die auf eine Gegenüberstellung von Völkern und Israel deuten. Dies ist jedoch weder für Jes 25,6 – 8 noch für Mt 8,11 f der Fall, sodass vorsichtiger von einem „Mahl auch für die Völker“ gesprochen werden sollte. Durch die Kontextualisierung des Logions in Mt 8,5 – 13 steht die Vorstellung des Mahles als Heilsverheißung für die Völker im Zusammenhang mit deren Glauben daran (V.10), dass dieses Heil auch ihnen gilt. In Mt 8,11 handelt es sich bezüglich des (universalen) Mahls also um ein Motiv mit Schriftenbasis, das offen ist für eine universale Applikation. Der mt Deutung kommt zugute, dass in Mt 25,6 – 8 das eschatische Mahl ebenfalls universal gedeutet wird. Da Jesaja für Matthäus einer der wichtigsten Bezugstexte der  Vgl. zur ausführlichen Argumentation Kap. 4.3.2.  Dies ließe sich aufgrund der in den Himmelsrichtungen anklingenden Anspielung auf Texte, die von einer Sammlung Israels aus der Diaspora sprechen, plausibilisieren. Ausführlich dazu Allison, „East and West“, 158 – 170, bes. 166.  Zu Mt 8,11 schreibt auch Carter, Margins, 434: „Jews and Gentiles will eat this meal“.  In Ps 106,3LXX findet sich eine parallele Wendung zu Mt 8,11. Zur Plausibilisierung der Anspielung vgl. Kap. 4.3.2.  Vgl. dazu Gärtner, Jesaja, 96.  So hingegen Luz, Mt II, 13 f.  Zu einem Deutungsvorschlag für die „Söhne des Reiches“ (οἱ υἱοὶ τῆς βασιλείας), die nicht per se mit Israel gleichzusetzen sind, vgl. Kap. 4.3.3.

200

6 Das Völkermahl – Partizipation der Völker am Heil?

Schriften Israels darstellt, ist eine parallele Deutung der beiden Mahlvorstellungen durchaus plausibel.

6.3 Das königliche Hochzeitsmahl – Mt 22,1 – 14 Während der Topos des Mahles zwar im Hintergrund von Mt 8,11 steht, jedoch über die Formulierung ἀνακλιθήσονται hinaus nicht weiter ausgeführt wird, stellt er in Mt 22,1– 14 den Kontext der gesamten Parabel vom königlichen Hochzeitsmahl dar. Die Parabel ist die dritte in einer Auseinandersetzung zwischen Jesus und den Autoritäten, die bereits in Mt 21,23 beginnt. Zuhörer sind einerseits das Volk, da Jesus im Tempel lehrt, andererseits die Autoritäten (Hohepriester und Älteste)¹⁰⁹, die in Mt 21,23 explizit als Hinzutretende genannt werden. In Mt 22,1 ist ein erneuter Redeansatz markiert,¹¹⁰ dem die Formulierung folgt: „Das Königreich der Himmel gleicht einem Menschen, (einem König)¹¹¹…“. Diese Einleitung der Parabel findet sich neben Mt 22,2a auch in 13,24; 18,23. In Mt 22,2b wird die Parabel weitergeführt: „…der seinem Sohn eine Hochzeit ausrichtete“. In der Deutung der Parabel besteht große Einigkeit darin, dass der König Gott sei.¹¹² Die Rede von Gott als König ist nicht ungewöhnlich und besonders über den Sprachgebrauch der Psalmen bereits in den Schriften Israels breit belegt (vgl. Ps 5,3; 44,5; 47,7– 9; 74,12; 84,8; 95,3; 145,1). Der Sohn spielt im Folgenden keine weitere Rolle mehr, doch da bereits in der vorausgehenden Parabel vom Sohn die Rede ist (Mt 21,37), der von den Pächtern des Weinberges getötet wird, und der dort mit Jesus zu identifizieren ist, liegt es nahe, dass dies auch für Mt 22,2 gilt (vgl. auch Mt 9,15).¹¹³ Nun geht es jedoch nicht mehr um dessen irdische Sendung, sondern

 In Mt 21,45 werden neben den Hohepriestern statt der Ältesten die Pharisäer genannt, die verstehen, dass die Kritik an den Autoritäten, die in den ersten beiden Parabeln der Trilogie deutlich wurde, an sie gerichtet ist.  Zur Struktur der Parabeltrilogie vgl. Luz, Mt III, 196; Olmstead, Trilogy; Konradt, Israel, 182– 218; Rölver, Christliche Existenz, 188 – 192; Oppong-Kumi, Sets of Parables, 181– 283, bes. 264– 270. Zur Darstellung des den Parabeln gemeinsamen Vokabulars vgl. z. B. Erlemann, Bild Gottes, 176; Davies/Allison, Mt III, 188 f; Luz, Mt III, 197.  In Mt 13,24 fehlt βασιλεῖ.  Vgl. exemplarisch Drury, Parables, 98; Limbeck, Mt, 246; Erlemann, Bild Gottes, 176; Kollmann, Ursprung, 208; Davies/Allison, Mt III, 197; Jones, Parables, 401; Carter, Margins, 433; France, Mt, 823. Anders hingegen Kretzer, Herrschaft der Himmel, 181; Schottroff, „Verheißung“, 480.  So auch Kretzer, Herrschaft der Himmel, 176; Drury, Parables, 98; Limbeck, Mt, 246; Schweizer, Mt, 272; Erlemann, Bild Gottes, 176; Wenham, Parables, 135; Vögtle, Gott, 49; Davies/Allison, Mt III, 198; Luz, Mt III, 239; Gielen, Konflikt, 240; Carter, Margins, 433 f; Nolland,

6.3 Das königliche Hochzeitsmahl – Mt 22,1 – 14

201

um die Feier seiner Hochzeit im Königreich der Himmel (vgl. auch Mt 25,1– 13)¹¹⁴, sodass eher an den auferstandenen und erhöhten Menschensohn zu denken ist.¹¹⁵ Es handelt sich also parallel zu Mt 8,11 um ein eschatisches Mahl,¹¹⁶ das hier jedoch die Bildhälfte eines Gleichnisses darstellt. In Mt 22,4 wird der Aspekt des Mahles (τὸ ἄριστον) erzählerisch besonders ausgestaltet, wenn von den geschlachteten Stieren (οἱ ταῦροι) und dem fetten Mastvieh (τὰ σιτιστά)¹¹⁷ die Rede ist. Letzteres erinnert an Jes 25,6MT (‫)משתה שמנים משתה שמרים שמנים‬, wenn auch nicht in wörtlicher Übereinstimmung.¹¹⁸ Damit steht die Schilderung des Mahles in ihren Details im Kontrast zum schlichten „sie werden sich niederlegen“ (ἀνακλιθήσονται) in Mt 8,11. Doch inwiefern ist das in Mt 22,1– 14 geschilderte Mahl überhaupt ein heilvolles Ereignis für die Völker? Um diese Frage zu klären, ist es sinnvoll, den Aufbau der Parabel entlangzugehen: Zunächst sendet der König seine Knechte (οἱ δοῦλοι) aus, um jene, die bereits zum Mahl geladen wurden (οἱ κεκλημένοι) zur Hochzeit zu rufen (V. 3). Doch die Geladenen lehnen diesen Ruf ab.¹¹⁹

Mt, 886; Konradt, Israel, 210; Oppong-Kumi, Sets of Parables, 249 f. Anders hingegen Rölver, Christliche Existenz, 244: „Wer Braut und Bräutigam sind, ist für die vorliegende Parabel völlig irrelevant“.  Auf diesen Zusammenhang verweisen auch Trilling, „Überlieferungsgeschichte“, 261; Gaston, Stone, 273; Limbeck, Mt, 246; Schweizer, Mt, 274; Kollmann, Ursprung, 219; Vögtle, Gott, 49; Nolland, Mt, 885; France, Mt, 823; Oppong-Kumi, Sets of Parables, 279.  Dafür lässt sich Mt 21,42 mit dem Zitat von Ps 118,22 anführen (vgl. Konradt, Israel, 211).  Olmstead, Trilogy, 123 geht in Mt 22,1– 14 von einem messianischen Bankett aus; ebenso Hare, Mt, 251; Hagner, Mt II, 631. Da die Rolle des Sohnes jedoch stark in den Hintergrund rückt und letztlich der König einlädt, ist die allgemeinere Rede von einem eschatischen Mahl passender.  Hierbei handelt es sich um ein Hapaxlegomenon sowohl für die frühchristlichen Schriften als auch für die LXX.  Eine mögliche Anspielung auf Jes 25,6 ziehen auch Davies/Allison, Mt III, 200; Kretzer, Herrschaft der Himmel, 173.175.177.180; Carter, Margins, 434; Rölver, Christliche Existenz, 244 in Erwägung. Eine weitere Parallele findet sich zudem in Prov 9,2 f. Dort ist es Frau Weisheit, die das festliche Mahl bereitet hat und ihre Mägde zu den Gästen aussendet (vgl. Jülicher, Gleichnisreden II, 419; Rölver, Christliche Existenz, 245).  Damit werden die Geladenen parallel gezeichnet zum Verhalten des Sohnes in Mt 21,30, der zuerst ja sagt und dann doch nichts tut, sowie zu den Pächtern des Weinberges (Mt 21,33), die ihre Pacht verweigern, obwohl sie den Pachtbedingungen zugestimmt haben (auch wenn diese Zustimmung nicht narrativ im Text entfaltet wird). Vgl. dazu Carter, Margins, 435; France, Mt, 824. Diese Parallele zwischen den Protagonisten ist auch für die folgende Deutung der Gleichnisse interessant, da davon auszugehen ist, dass damit jeweils die gleiche Gruppe gemeint ist.

202

6 Das Völkermahl – Partizipation der Völker am Heil?

Die Vorstellung, die hier im Hintergrund des „Rufens“ steht, ist nicht primär die der Einladung. Diese erging bereits zu einem früheren Zeitpunkt. Erzählt wird die Benachrichtigung der Gäste, dass das Festmahl nun fertig ist und sie der (zugesagten) Einladung nun folgen können.¹²⁰

In V. 4 werden erneut (nun andere) Knechte ausgesandt, mit der deutlichen Botschaft: „Das Mahl ist bereitet“ (τὸ ἄριστον ἡτοίμακα). Doch wird auch dieser Ruf mit Desinteresse gestraft (οἱ ἀμελήσαντες; V. 5). Die Gerufenen wenden sich zu einem Großteil ihren eigenen Angelegenheiten zu. Andere gehen nun gewaltsam gegen die Knechte vor und töten diese (V. 6). Daraufhin entbrennt der Zorn des Königs, und er sendet seine Truppen, um die Stadt derer, die seine Knechte töteten, niederzubrennen (V. 7). Der doppelte Ruf zum Festmahl wird also von den zuvor Eingeladenen zweimal abgelehnt. Die gewaltsame Wendung der Geschichte, das Töten der Knechte wie die Zerstörung der Stadt, ist mt Redaktion. Steht hier, wie oft angenommen wird,¹²¹ die Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 n. Chr. im Hintergrund,¹²² so erhalten die Völker in diesem Zusammenhang eine für die Schriften Israels typische Rolle: Das römische Heer, das Jerusalem eroberte, wird zum Werkzeug Gottes. Als solche werden bereits die assyrischen und babylonischen Heere in den Schriften Israels bezeichnet.¹²³

 Vgl. Keener, Mt, 519; France, Mt, 823 – 834; Rölver, Christliche Existenz, 246.  Dazu, dass in Mt 22,7 auf die Ereignisse von 70 n.Chr. in Jerusalem angespielt wird, vgl. Stoevesandt, Jesus, 86; Jülicher, Gleichnisreden II, 421; Gaston, Stone, 484, Anm. 1; Hahn, „Gleichnis“, 80; Weiser, Knechtsgleichnisse, 67; Meier, Vision, 153; Lampe, „A.D. 70“, 165 f; Weder, Gleichnisse, 191; Drury, Parables, 98; Schweizer, Mt, 273; Klauck, Allegorie, 312; Limbeck, Mt, 246 f; Erlemann, Bild Gottes, 177; Dschulnigg, Gleichnisse, 105, Anm. 9; Luz, „Antijudaismus“, 313; Vögtle, Gott, 47.53 f; Davies/Allison, Mt III, 201; Luz, Mt III, 242; Sim, Matthew and Christian Judaism, 239; Gielen, Konflikt, 233.237; Luomanen, Kingdom of Heaven, 174; Carter, Margins, 435 f; Olmstead, Trilogy, 120 – 122; Nolland, Mt, 887; France, Mt, 825; Konradt, Israel, 211. Anders hingegen deuten Rengstorf, „Stadt“, 125 f; Sand, Mt, 438; Reicke, „Prophecies“, 123; Luck, Mt, 238; Jones, Parables, 403 f. Den Versuch, Mt 22,7 über eine Anspielung auf die Schriften zu deuten, unternimmt Gundry, Mt, 436 f, wenn er davon ausgeht, dass Matthäus hier auf Jes 5,24 f verweist (vgl. auch Schweizer, Mt, 273; Carter, Margins, 436). Darin sieht R. Gundry die Bestätigung, dass nicht der Untergang der Stadt 70 n.Chr. gemeint sein kann. Doch schließen sich beide Aspekte nicht grundsätzlich aus, da in Jes 5,24 f ebenfalls die Zerstörung Jerusalems im Blick ist, sodass dieser Text im Licht von 70 n.Chr. aktualisierend gelesen werden konnte (vgl. stützend dazu die Ausführungen zur Verwendung von ἐμπίμπρημι).  Vgl. in diesem Sinn auch Mt 27,25, wo in den Blutruf die Kinder einbezogen werden, womit auf das über diese folgende Generation hereinbrechende Strafgericht Bezug genommen wird.  Vgl. z. B. Jes 13,4 f.27; Jer 25,9; 50,9.41; 51,27 f; Ez 26,3; 28,7. Zur Rolle der Völker als Werkzeuge Gottes vgl. Kap. 2.2.2. Auf diesen Zusammenhang verweisen Davies/Allison, Mt III, 202; France, Mt, 825; Rölver, Christliche Existenz, 249.

6.3 Das königliche Hochzeitsmahl – Mt 22,1 – 14

203

Damit wird auch eine Parallele zur ersten Zerstörung Jerusalems gezogen, wie sich an der Verwendung des Verbes ἐμπί[μ]πρημι deutlich machen lässt:¹²⁴ Es kommt im Mt oder in den frühchristlichen Schriften sonst nicht vor, wird jedoch in der LXX regelmäßig verwendet. Dabei geht es häufig um die gewaltsame Zerstörung von Orten (vgl. z. B. Num 31,10; Dtn 13,17; Jos 6,24 u. ö.), und es wird auch für das Niederbrennen Jerusalems und des Tempels verwendet (bereits in Ri 1,8, dann jedoch häufiger im Zusammenhang der Ereignisse von 587/6 v.Chr.: 2Kön 25,9; 2Chr 36,19; Neh 1,3; 1Bar 1,2). Zudem ist Nebukadnezzar, unter dessen Oberbefehl das babylonische Heer stand, in den Schriften Israels ebenfalls als Werkzeug Jhwhs dargestellt (vgl. Jer 25,9; 27,6; 43,10).

Zwar erfüllen die Völkern als Werkzeuge Gottes eine für die Schriften typische Rolle, diese kann jedoch nicht als heilvoll für diese verstanden werden. In V. 8 folgt eine Deutung der V. 3 – 7 in Form von wörtlicher Rede des Königs zu seinen Knechten: „Zwar ist die Hochzeit bereit, aber die Gerufenen waren nicht würdig“ (ὁ μὲν γάμος ἕτοιμός ἐστιν, οἱ δὲ κεκλημένοι οὐκ ἦσαν ἄξιοι).¹²⁵ Es folgt eine dritte Sendung der Knechte (V. 9), die nun jedoch nicht den geladenen Gästen, sondern denen auf den Straßen, Bösen wie Guten (πονηρούς τε καὶ ἀγαθούς; V. 10), gilt. So füllt sich die Hochzeit schließlich doch mit Zu-TischLiegenden (ἀνακειμένων; V. 10). Die Deutung der Gäste gestaltet sich wesentlich schwieriger als die des Königs und seines Sohnes. Doch gerade hier entscheidet sich die Frage nach dem Heil für Menschen aus den Völkern: Denn die Unterscheidung zwischen den Erstgeladenen und jenen, die letztlich den Hochzeitssaal füllen, wird oft auf die Verwerfung Israels und die Neuerwählung der Kirche, die auch Menschen aus den Völkern offen steht, gedeutet.¹²⁶ V. 8 – 10 bezögen sich demnach auf die Völker, V. 2– 7

 Vgl. Vögtle, Gott, 53 f; Nolland, Mt, 887.  Vgl. Nolland, Mt, 889, der V. 8 als „ultimate point of focus“ bezeichnet. Ebenso Linnemann, „Überlegungen“, 254; Oppong-Kumi, Sets of Parables, 279. Anders Reicke, „Prophecies“, 123, der bereits V. 7 als Höhepunkt bezeichnet.  Davon, dass letztlich die universale Mission in den Blick kommt, gehen aus: Bosch, Heidenmission, 128; Linnemann, „Überlegungen“, 254; Schniewind, Mt, 219; Hahn, „Gleichnis“, 81; Kretzer, Herrschaft der Himmel, 176 f (jedoch lenkt er ein: „wobei er [Matthäus] schwerlich die Meinung vertreten will, dass alle Juden verloren gehen, wie sich schon aus der ganz allgemein ergehenden Zweiteinladung schließen läßt.“ [185; Hervorhebung im Original]); Strecker, Weg, 34; Weiser, Knechtsgleichnisse, 67– 69; Meier, Vision, 153; Weder, Gleichnisse, 191; Bindemann, „Mahl“, 22; Limbeck, Mt, 246 f; Sand, Mt, 439; Schweizer, Mt, 275; Dschulnigg, Gleichnisse, 103.105, Anm. 9; Hare, Mt, 251; Luz, „Antijudaismus“, 313; Hagner, Mt II, 630 f; Marguerat, Jugement, 338 f; Vögtle, Gott, 58 f; Davies/Allison, Mt III, 202; Luz, Mt III, 243 f; Luomanen, Kingdom of Heaven, 174; Keener, Mt, 522; Gibbs, Jerusalem, 68.203; Olmstead, Trilogy, 124; Bruner, Mt II, 388 f. Anders hingegen White, „Conversion“, 359, der davon ausgeht, dass „Heiden“ in dieser Parabel überhaupt nicht im Fokus sind.

204

6 Das Völkermahl – Partizipation der Völker am Heil?

dagegen auf Israel.¹²⁷ In diesem Fall wäre das Hochzeitsmahl der Parabel tatsächlich ein Völkermahl. Im Mt läge gegenüber dem Völkermahl Jesajas eine signifikante Abänderung vor, da in Jes 25,6 – 8 Israel mit anwesend ist,¹²⁸ wohingegen Israel in Mt 22,8 gemäß dieser Deutung als unwürdig ausgeschlossen würde. Jedoch ist diese Deutung nicht unproblematisch: Von Mt 28,18 – 20 her wird der Beginn der Sendung zu den Völkern bereits durch den auferstandenen Jesus eingeleitet. Die narrative Ausgestaltung des Mt legt eine zeitliche Korrelation von Mt 28,18 – 20 mit der Eroberung Jerusalems nicht nahe. Zudem scheint es wenig plausibel, gerade die Ereignisse von 70 n.Chr. zum heilsgeschichtlichen Wendepunkt zu erheben (immerhin gab es bereits vor 70 n.Chr. nennenswerte heidenchristliche Gemeinden)¹²⁹, was aber durch eine Auslegung der Parabel im Sinn eines Wechsels von Israel auf die Völker de facto geschähe.¹³⁰ Es kommt hinzu, dass die Sendung des irdischen Jesus zwar auf Israel beschränkt und die Zuwendung zu den Völkern dieser nachgeordnet erscheint, sich die Sendung zu den Völkern jedoch im gesamten Evangelium nicht als Reaktion auf die Ablehnung Israels deuten lässt,¹³¹ sodass es eigenartig wäre, würde Matthäus dieses Schema nun doch in Form dieser Parabel einführen.

 Damit einher geht häufig eine Deutung der Knechte auf die Propheten (zumindest jener Knechte der ersten Sendung in V. 3). Eine solche ist zwar möglich, zumal die Tötung der Propheten geradezu als Topos gewertet werden kann (vgl. z. B. Rengstorf, „Stadt“, 106 – 129; Hahn, „Gleichnis“, 56; Jones, Parables, 403; Luz, Mt III, 241; Vögtle, Gott, 56 spricht von einer „deuteronomistischen Tradition“), sie ist jedoch nicht zwingend, da auch den Jüngern, als sie von Jesus ausgesandt werden, Verfolgungen angekündigt (vgl. Mt 10,16 [siehe auch Hahn, „Gleichnis“, 80]) und sie in die Reihe der Propheten eingereiht werden (vgl. Mt 5,12; 23,34). So geht z. B. Olmstead, Trilogy, 122 f allein von christlichen Boten aus, da er die Parabel im Gesamtzusammenhang der Parabeltrilogie deutet und somit von der vorösterlichen und der nachösterlichen Mission der Jünger ausgeht.  Vgl. Procksch, Jes I, 319; Wildberger, Jes II, 960. Siehe außerdem Kap. 6.2.  Vgl. auch Vögtle, Gott, 59.  Vgl. Gibbs, Jerusalem, 203, der diese Lesart auch auf Mt 24,29 – 31 überträgt und durch diese Parallelität gestärkt sieht. Denn dort folge auf die Zerstörung Jerusalems (diese schließt er aus τότε κόψονται πᾶσαι αἱ φυλαὶ τῆς γῆς; V. 30) ebenfalls die Sammlung der Erwählten (wobei er auch auf deren Nennung in Mt 24,22.24 verweist) von den Enden der Erde. Gaston, Stone, 483 – 486 geht im Anschluss an Feuillet, „Synthèse“, 340 – 364 sogar davon aus, dass für Matthäus Mt 28 bereits die Parusie markiert und diese (aus mt Sicht) auf 70 n.Chr. zu datieren ist. Anders hingegen Gnilka, Mt II, 239, der in der Zerstörung Jerusalems zwar nicht die heilsgeschichtliche Wende erkennt, „aber die Bekräftigung der Hinwendung des Evangeliums an die Heidenvölker“.  Vgl. dazu z. B. Dobbeler, „Restitution“, 18 – 44; Frankemölle, Mt I; Wilk, Jesus und die Völker; Konradt, Israel. Siehe auch Kap. 1.2 zum forschungsgeschichtlichen Überblick.

6.3 Das königliche Hochzeitsmahl – Mt 22,1 – 14

205

Im Rahmen der Parabeltriologie und der im Mt verbreiteten Kritik an den Autoritäten liegt eine andere Deutung nahe: Die verschiedenen Sendungen haben nicht die Unterscheidung von Israel und Völkern im Blick, sondern die zwischen den Autoritäten,¹³² d. h. den Erstgeladenen, die den Ruf zweimal ablehnen, und der allgemeinen Menge, wie sie zum Beispiel durch die ὄχλοι πολλοί vertreten dargestellt wird. Die Knechte sind aufgefordert „jeden hereinzubringen, den sie finden“ (συνήγαγον πάντας οὓς εὗρον; V. 10), wodurch eine gewisse Beliebigkeit deutlich wird.¹³³ Jene füllen den Hochzeitssaal, sofern sie sich in die Entscheidung rufen lassen.¹³⁴ Gegen diese Deutungsalternative ließe sich vorbringen, dass dem Zeugnis der Schriften Israels gemäß nicht allein die Führungsschicht erwählt ist, sondern das gesamte Volk.¹³⁵ Dies ist zwar einerseits richtig (vgl. exemplarisch Dtn 4,37; 7,6 – 8; 1Kön 3,8; Ps 33,12; Jes 40,10 – 15; Ez 20,5), doch werden andererseits die Autoritäten im Mt mit einem besonderen Erwählungsbewusstsein dargestellt,¹³⁶ das schon an anderer Stelle kritisiert wird (vgl. z. B. Mt 3,9¹³⁷; 15,13 f). Zudem passt die Verwerfung der Führungsschicht zur parallel gestalteten Absetzung in Mt 21,43, wo ihr die Verwaltung des Weinbergs entzogen wird (vgl. auch allgemein die Pächter [Mt 21,35.38 f] und die Erstgeladenen).¹³⁸ Außerdem sei an die Parallele

 Als die Autoritäten werden die Erstberufenen gedeutet von Gnilka, Mt II, 240; Erlemann, Bild Gottes, 176 f; Wenham, Parables, 134 f; Davies/Allison, Mt III, 207; Carter, Margins, 434.436; Nolland, Mt, 887; France, Mt, 824; Konradt, Israel, 212– 214; Smit, Fellowship, 233. Anders hingegen Rölver, Christliche Existenz, 256 f, der nicht nur die Identifizierung der Erstgeladenen mit Israel, sondern auch mit den Autoritäten ablehnt. Es gehe allgemein um Menschen, die sich Gott gegenüber unangemessen verhalten (256, Anm. 700).  Manche Ausleger gehen allgemein von den sozial Schwächeren aus. So z. B. Carter, Margins, 436: „When the elite do not come, they are replaced by those of the lower social orders, not of a different ethnicity“. Weiterhin vgl. z. B. Kretzer, Herrschaft der Himmel, 173, der auch auf Mt 21,31 verweist; Wenham, Parables, 135; White, „Conversion“, 359, der explizit die „tax collectors and prostitutes“ benennt. Etwas vorsichtiger formuliert Smit, Fellowship, 233: „[T]he invitation shifts from the privileged in Israel to the underprivileged who were not invited in the first place and probably including ‚such unlikely people‘ as ‚Gentiles‘.“  Wenn sich die Volksmengen nicht in die Entscheidung rufen lassen, erliegen sie letztlich dem gleichen Schicksal wie jene, die sich gleichgültig abwenden (οἱ ἀμελήσαντες; Mt 22,5). Oder sie erfahren wie der unpassend Gekleidete (Mt 22,11) die Auswirkungen des negativen Gerichtsausgangs.  So z. B. durch Bosch, Heidenmission, 126.  Vgl. auch Nolland, Mt, 889.  Ausführlich zu Mt 3,9 vgl. Kap. 4.2.  Dazu, dass Mt 21,43 die Autoritäten im Blick hat, vgl. exemplarisch Gaston, Stone, 237; Snodgrass, Parable, 91; Konradt, Mt, 335 – 337. Für eine Ablösung ganz Israels vgl. exemplarisch Strecker, Weg, 33.

206

6 Das Völkermahl – Partizipation der Völker am Heil?

zum Verhalten des (un)gehorsamen Sohnes (Mt 21,30) erinnert. In Mt 21,45 erkennen die Autoritäten sogar selbst, dass Jesus in den beiden ersten Parabeln von ihnen spricht, wodurch es sich nahe legt, dass auch in der folgenden dritten Parabel Kritik an den Autoritäten geübt wird. Das Motiv der Stadtzerstörung passt ebenfalls zu dieser Deutung, da Jerusalem in Mt 2,3 und 21,10 f in einer Reihe mit den Führungsschichten, den Gegnern Jesu, genannt wird.¹³⁹ Dann jedoch ist das Heil der Völker nicht explizit Thema der Parabel. Implizit jedoch lassen sich die Völker in die Gruppe der von den Enden der Straßen (V. 9)¹⁴⁰ und Wegen Zusammengebrachten (V. 10) inkludieren.¹⁴¹ Die Knechte sollen alle sammeln, die sie finden (V. 10).¹⁴² Obwohl die Gleichniserzählung für eine solche Perspektive offen ist, stellt diese keinen hervorgehobenen Aspekt dar. Vielmehr liegt eine solche Lesart durch den Kontext nahe: In der Auslegung von Mt 8,11 wurde deutlich, dass auch Menschen aus den Völkern zum Mahl gerufen sind.¹⁴³ Insofern scheinen diese in Mt 22,1– 14 ebenfalls gemeint zu sein.¹⁴⁴ Die in der dritten Sendung der Knechte Gerufenen, die die Tische des Hochzeitssaals füllen, sind demnach Menschen aus Israel und den Völkern,¹⁴⁵ jedoch nicht die

 Olmstead, Trilogy, 121 verweist zudem auf die Parallelität von Mt 22,5 – 7 und 23,29 – 33, da in 23,29 – 33 die Väter der Autoritäten am Blut der Propheten schuldig gesprochen werden und die Meinung der Autoritäten, gerechter als ihre Väter zu sein, abgelehnt wird.  Auf die Problematik der Übersetzung von διέξοδοι τῶν ὁδῶν mit „Straßenkreuzungen“ in V. 9 verweist Luz, Mt III, 243.  Vgl. Carter, Margins, 437: „Gathering all whom they found may include Gentiles“ (Hervorhebung im Original). Auch France, Mt, 825 f, der eigentlich von „ordinary people and despised within Israel“ ausgeht, schreibt weiter: „[T]he Gentile Mission is not drawn out in Matthew’s parable, though the reader might infer this from the wider context“. Ähnlich Carter/Heil, Parables, 175. Gegen diese Lesart der dritten Sendung argumentieren hingegen Sim, „Matthew and the Gentiles“, 239 f; Swaeles, Orientation, 670; Trilling, „Überlieferungsgeschichte“, 264. Des Weiteren genügt die Nennung der Kreuzungen und Wege nicht als Argument für eine „reine“ Hinwendung zu den „Heiden“, auch wenn dieses Argument stellenweise vorgebracht wird (vgl. z. B. Strecker, Weg, 34). Vielmehr scheint dies durch die lk Version der doppelten Sendung, zunächst auf die Straßen der Stadt und dann an die Wege und Zäune (Lk 14,21– 23), in den mt Text eingelesen zu sein, da diese doppelte Sendung der Knechte, um den Saal ganz zu füllen, im Mt fehlt.  Vgl. auch Mt 5,45. Möglicherweise ist der universale Aspekt dieses Verses in Parallelität zu Prov 8,1– 5 zu sehen (vgl. Rölver, Christliche Existenz, 252 f). Dort steht die Weisheit an den Höhen und Wegen und lädt alle Menschen (‫ בני אדם‬/ υἱοῖς ἀνθρώπων) ein, sich ihr zuzuwenden.  Vgl. ausführlich Kap. 6.2.  Vgl. Nolland, Mt, 889: „The wedding banquet is a variant of the messianic banquet echoed in 8,11.“ Für die Verbindung von Mt 8,11 f und 22,1– 14 sprechen sich auch Gaston, Stone, 237 f; Jones, Parables, 408 f aus.  Weiser, Knechtsgleichnisse, 69 unterscheidet nicht zwischen einer Sendung zu Israel und einer zu den „Heiden“, sondern geht für die zweite Sendung von einer Sendung zu „Juden (und

6.3 Das königliche Hochzeitsmahl – Mt 22,1 – 14

207

Autoritäten. Gestützt wird dies durch die Nennung der πολλοί im abschließenden V. 14. Dort heißt es: Mt , πολλοὶ γάρ εἰσιν κλητοί, ὀλίγοι δὲ ἐκλεκτοί

Mt , Viele nämlich sind Gerufene, wenige aber Erwählte.

Bereits von Mt 8,11 her hat sich gezeigt, dass die „Vielen“ (πολλοί) als eine solche gemischte Gruppe aus Israel und Völkern anzusehen sind.¹⁴⁶ Dieses Verständnis liegt auch für Mt 22,14 nahe,¹⁴⁷ sodass eine große Menge aus Israel und Völkern zum Hochzeitsfest gerufen ist. Interessanterweise finden sich ähnliche Formulierungen in der frühjüdischen Literatur. In 4Esra 8,1– 3¹⁴⁸ wird eine ähnliche Unterscheidung getroffen: In V. 1 heißt es, die Welt sei um der „Vielen“ willen geschaffen, aber die zukünftige Welt um der „Wenigen“ willen. In V. 3 wird dies wiederholt, indem es heißt: „Viele sind zwar geschaffen, aber nur wenige werden gerettet.“¹⁴⁹ Hier sind jedoch keine Völker im Blick.Vielmehr sind die „Wenigen“ Israel, das sich vom Rest der Schöpfung unterscheidet. Der Gegensatz von „Vielen“ und „Wenigen“ wird auch in 4Esra 7,47 eröffnet, dort aber mit Fokus auf den Vielen, die in der kommenden Welt dem Gericht verfallen sein werden. Ähnlich formuliert auch 2Bar 44,15.¹⁵⁰ Auch in Mt 7,13 f findet sich eine weitere Gegenüberstellung von „Vielen“ und „Wenigen“ im Zusammenhang mit dem endzeitlichen Gericht.

Durch den Einschub von V. 11– 13, der keine lk Parallele aufweist,¹⁵¹ ist V. 14 nicht in erster Hinsicht auf die Unterscheidung der Erstgeladenen und der Folgenden zu beziehen, sondern auf die Unterscheidung, die innerhalb derer getroffen wird, die bereits beim Mahl zu Tisch liegen: In V. 11– 13 wird dargestellt, dass, nachdem sich der Hochzeitssaal gefüllt hat, der König auftritt, um sich seine Heiden)“ aus und für die dritte Sendung von einer zu „Heiden (und Juden)“. Diese Unterscheidung wird im Text selbst jedoch nicht deutlich und ließe sich nur über die historische Entwicklung der frühen Kirche plausibilisieren.  Vgl. ausführlich Kap. 4.3.2.  Vgl. auch France, Mt, 823: „The final epigram about the difference between being invited and being chosen applies to the church as well as to Israel.“ Zu den Erwählten in V. 14 schreibt er: „[T]heir chosenness does not depend on their racial origin but on their response to God’s summons and their readiness to give God his due“ (828). Von einer aus Völkern und Juden bestehenden Gruppe gehen auch Gielen, Konflikt, 244 und Stoevesandt, Jesus, 87 f aus.  Auf 4Esra 8 verweisen z. B. Schweizer, Mt, 274; Gnilka, Mt II, 241; Davies/Allison, Mt III, 206; Rölver, Christliche Existenz, 261 f.  Vgl. Jeremias, Abendmahlsworte, 173.  Auf 2Bar 44,15 weisen Davies/Allison, Mt III, 206 hin.  Wohingegen Mt 22,1– 10 in ähnlicher Weise, wenn auch mit deutlich anderer Wortwahl und anderen Schwerpunkten, in Lk 14,15 – 24 erzählt wird.

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6 Das Völkermahl – Partizipation der Völker am Heil?

Gäste anzusehen. Sein Blick fällt auf einen Gast, der nicht dem Anlass entsprechend gekleidet ist. Worin das Unpassende des Kleides liegt, wird im Text nicht eindeutig gesagt. Allerdings zeigt das Folgende, dass es sich um ein im Gericht relevantes Kriterium handelt. Von Mt 5,20 her und im Zusammenhang mit der Frage des Königs, wie er überhaupt hereingekommen sei (πῶς εἰσῆλθες ὧδε; V. 12), lässt sich an die Gerechtigkeit denken. Die Vorstellung, Gerechtigkeit mit dem Bild eines Kleidungsstückes auszudrücken, findet sich bereits bei Jes 61,10MT (‫)מעיל צדקה‬¹⁵².¹⁵³ In Sach 3,3 – 5 wird das Ablegen der schmutzigen Kleider (‫ הבגדים הצאים‬/ τὰ ἱμάτια τὰ ῥυπαρά; V. 4) Josuas vor den Engeln mit der Hinwegnahme seiner Schuld/Gesetzlosigkeit (‫ מעליך עונך‬/ ἀφῄρηκα τὰς ἀνομίας σου) gleichgesetzt. Passend dazu ist auch an das Tun des Willens Gottes zu denken,¹⁵⁴ wie es ebenfalls im Gerichtskontext (Mt 25,31– 46) in den sog. Taten der Barmherzigkeit zum Ausdruck kommt.¹⁵⁵ Vom Gewand der Herrlichkeit und des Lebens für die Gerechten spricht 1Hen 62,15 f. Der Gast findet keine Antwort auf die Frage des Königs, wie er hereingekommen ist. Es folgt auf Befehl des Königs dessen Fesselung an Händen und Füßen durch die διάκονοι¹⁵⁶ und seine Verwerfung mit der für die endgültige

 Etwas anders hingegen Jes 61,10LXX, wo neben den im MT genannten Kleidern des Heils (‫ בגדי־ישע‬/ ἱμάτιον σωτηρίου) das Unterkleid der Freude (χιτῶνα εὐφροσύνης) genannt ist.  Vgl. weiterhin Ps 132,9, dort jedoch auf die Priester bezogen.  Vgl. auch die erste Parabel der Trilogie (Mt 21,28 – 31) sowie Mt 7,21– 27. Dazu, dass es um das Tun des Willens Gottes geht, vgl. Trilling, „Überlieferungsgeschichte“, 259 f; Swaeles, Orientation, 668; Wenham, Parables, 136; Hare, Mt, 252; Gielen, Konflikt, 244; Luomanen, Kingdom of Heaven, 177; Rölver, Christliche Existenz, 262. Anders hingegen Bindemann, „Mahl“, 24 f, der einen wortwörtlichen Textsinn und eine an der Gemeindeordnung orientierte Auslegung bevorzugt: Es gehe darum, im Gottesdienst ein (kultisch) reines Gewand zu tragen.  Olmstead, Trilogy, 126 stellt zu Recht fest, dass es weniger auf den genauen Bezug ankommt, sondern vielmehr die ethische Motivation und das Tun des göttlichen Willens entscheidend sind: „Eschatology motivates ethics“. In diesem Deutungshorizont, der das Kleid mit dem ethischen Tun in Verbindung bringt, ist dann auch die immer wieder gestellte Frage, wie man einem spontan eingeladenen Gast den Vorwurf der unpassenden Kleidung machen könne (vgl. z. B. Schniewind, Mt, 219; Vögtle, „Einladung“, 174; Luz, Mt III, 244; Gielen, Konflikt, 241), nicht mehr sinnvoll. Schließlich trägt der Gerechte, der tut, was Gottes Wille ist, ständig das passende „Kleid der Taten“ und zieht es nicht erst im Anschluss an die Einladung an (vgl. auch die Irritation der Gerechten in Mt 25,37– 39). Zu den vielfältigen Deutungsversuchen des Kleides bei den Kirchenvätern vgl. z. B. Marguerat, Jugement, 341– 343.  Der Wechsel von δοῦλοι zu διάκονοι wird z.T. als Beweis gesehen, dass es sich bei V. 11– 14 ursprünglich um ein eigenständiges Stück handelte (vgl. z. B. Hahn, „Gleichnis“, 76). Dabei wird übersehen, dass sich der Wechsel gut durch präzisen Sprachgebrauch und den Wechsel des Aufgabenbereichs der „Knechte“ innerhalb der Erzählung deuten lässt: Die διάκονοι sind die

6.3 Das königliche Hochzeitsmahl – Mt 22,1 – 14

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Verdammnis stehenden typischen Formulierung des Heulens und Zähneklapperns in der äußersten Finsternis (V. 13), wie sie auch schon aus Mt 8,12 bekannt ist (vgl. auch Mt 13,42.50; 24,51; 25,30). In Mt 22,14 handelt es sich demnach wie in V. 11– 13 um ein innergemeindliches Gericht.¹⁵⁷ Dafür spricht auch die Charakterisierung der Gesammelten als „Böse und Gute“ (πονηρούς τε καὶ ἀγαθούς) in V. 10.¹⁵⁸ Die Formulierung ἐκλεκτοί bezieht sich demnach auf die Feststellung, ob jemand gemäß dem göttlichen Willen lebt und damit im Gericht besteht (vgl. Mt 25,34.46, wobei dort von Gesegneten [οἱ εὐλογημένοι] und Gerechten [οἱ δίκαιοι] die Rede ist).¹⁵⁹ Sie lässt sich aber nicht auf die Erwählung Israels als Volk Gottes oder der Kirche als des neuen Volkes Gottes beziehen. Zusammenfassend lässt sich festhalten: Das Mahl schildert die Heilszeit. Dabei handelt es sich jedoch in Mt 22,1– 14 nicht um ein Jes 25,6 – 8 entsprechendes Völkermahl, oder zumindest liegt dies nicht im Fokus der Erzählung. Dennoch ist festzuhalten, dass es sich um ein Mahl handelt, das auch für Menschen aus den Völkern offen ist. Auffällig ist, dass hierbei der Rekurs auf Texte aus den Schriften Israels weitgehend zurücktritt. Zwar ist der aus den Schriften Israels stammende Topos der Völker als Werkzeuge Jhwhs aufgenommen, doch steht dieser nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit deren Heilsteilhabe. Diese ist in Mt 22,1– 14 vielmehr über die intratextuellen Verknüpfungen im Text präsent. Zugleich stellt sich die mt Darstellung auch nicht gegen die Schriften. Das häufig vertretene Ablösungsmodell des Heils für Israel durch die („Heiden“‐)Kirche ist für diesen Text genauso wenig plausibel wie für das ganze Mt. Das Gericht ergeht über die Autoritäten, nicht über ganz Israel. Spricht jedoch V. 11– 14 tatsächlich zusätzlich von einem innergemeindlichen Gericht, so ist nicht nur zwischen ei-

Diener, die den Tischdienst versehen, und daher jene, die im Festsaal anwesend sind. In letzterem Sinn auch Weiser, Knechtsgleichnisse, 69; Jones, Parables, 409; Rölver, Christliche Existenz, 260.  Zum Gerichtsgedanken siehe Kap. 9. Als Gericht innerhalb der Gemeinde deuten V. 14 Hahn, „Gleichnis“, 82; Erlemann, Bild Gottes, 177; Hare, Mt, 252. Mit Vorsicht tendieren auch Davies/ Allison, Mt III, 207 in diese Richtung. Siehe ferner Oppong-Kumi, Sets of Parables, 282: „The church, like Israel, will face the final judgement. Taking away the Kingdom from the leaders of Israel and giving it to another set of leaders does not mean that the new caretakers will not also face judgement.“  Im Kontext des ganzen Mt lässt sich dies ebenfalls durch die Parallele zu Mt 7,13 – 27; 13,36 – 43.47– 50; 25,1– 13 gut plausibilisieren (vgl. auch France, Mt, 823). Auf den Zusammenhang mit dem Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen und dessen Deutung verweisen u. a. Trilling, „Überlieferungsgeschichte“, 258; Hare, Mt, 252; Bruner, Mt II, 389. Anders hingegen Marguerat, Jugement, 339, der die Wendung nicht ethisch versteht, sondern darin seine These der universalen Mission gestützt sieht.  Dass sich diese Gruppe auf jene bezieht, die sich in der Endzeit bewähren werden, wird auch an Mt 24,24.31 deutlich.

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6 Das Völkermahl – Partizipation der Völker am Heil?

nem (potentiell) partikularen und einem (letztlich) universalen Mahl zu unterscheiden, vielmehr liegt ein ethisch qualifizierter Universalismus vor. Zunächst werden zwar Böse wie Gute gesammelt (V. 10), aber über diese allgemeine Gruppe ergeht schließlich noch das Gericht. Das Heilsangebot gilt allen Menschen, aber nicht alle werden sich bewähren. Das messianisch-eschatische Mahl erweist sich somit als ein Mahl für jene (ethnisch nicht weiter spezifizierten) Menschen, die sich als gottesfürchtig und ethisch als Gerechte erweisen, die den Willen Gottes tun.

6.4 Vergebung der Sünden für die „Vielen“ beim Abendmahl und Ausblick auf das eschatische Festmahl – Mt 26,26 – 29 Mt 26,26 – 29 ist ein komplex gestalteter Textabschnitt: In V. 26 – 28 spricht Jesus die Einsetzungsworte des Abendmahles, durch die die Voraussetzung des Heils (durch Jesu Tod) sowie die Verknüpfung des Heils für Israel mit dem Heil für die Völker („für Viele“) durch den Topos des Mahls deutlich werden. In Mt 26,29 kommt dann erneut das eschatische Mahl in den Blick, sodass von Mt 8,11 f und 22,1– 14 herkommend zunächst auf diesen Vers einzugehen ist. Mt 26,26 – 28 wird erst danach behandelt, da diese Mahlszene keinen eschatologischen Fokus setzt. Das Logion in V. 29 lautet: Ich sage euch aber: Von jetzt an (ἀπ᾽ ἄρτι) werde ich nicht mehr von diesem Ertrag des Weinstocks (τούτου τοῦ γενήματος τῆς ἀμπέλου) trinken bis zu jenem Tag, da ich ihn mit euch (μεθ᾽ ὑμῶν) von neuem trinken werde im Reich meines Vaters.

Obwohl Jesus in V. 29 nur vom Trinken des Weins, nicht jedoch vom Essen spricht, ist die Deutung als Mahlszene von Mt 8,11 und 22,1– 14 her plausibel, wo die Basileia deutlich mit einer Mahlvorstellung verknüpft ist. Dabei unterstreicht das Trinken des Weins von den Schriften her den heilvollen Aspekt des Mahls im Gottesreich, da das Vorhandensein von Wein, neben anderen Erträgen, als Segenshandeln Gottes verstanden wurde (vgl. z. B. Gen 27,28; Dtn 33,28; Prov 3,10).¹⁶⁰ Das Trinken beim Abendmahl mit den Jüngern, bei dem Jesus diese Worte spricht, wird gemäß V. 29 das letzte Mal sein, bevor dessen Passion beginnt. So blickt das Logion einerseits implizit auf Jesu anstehendes Leid¹⁶¹ und zugleich

 So auch France, Mt, 995.  Vgl. Davies/Allison, Mt III, 475, die ebenfalls von einer Passionsankündigung sprechen.

6.4 Vergebung der Sünden für die „Vielen“ beim Abendmahl – Mt 26,26 – 29

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darüber hinaus. Der Tod Jesu ist nicht das letzte Wort. Vielmehr wird bereits am Anfang der Passion der Blick auf die Vollendung des Gottesreiches geweitet. Das dortige Mahl lässt sich durch die Teilnahme Jesu selbst als messianisches Mahl verstehen.¹⁶² Wer darf an diesem Mahl teilnehmen? In Mt 8,11 wurden die „Vielen“, die hinzukommen, um mit den Vätern zu Tisch zu liegen, als eine aus Menschen aus Israel und den Völkern bestehende Gruppe charakterisiert (vgl. ebenso Mt 22,1– 14).¹⁶³ Gilt dies auch für Mt 26,29? Dort heißt es explizit nur, dass Jesus μεθ᾽ ὑμῶν trinken wird. In der Szenerie des letzten Abendmahls bezieht sich μεθ᾽ ὑμῶν auf die anwesenden Jünger. Die Formulierung μεθ᾽ ὑμῶν ist jedoch für einen größeren Adressatenkreis durchlässig,¹⁶⁴ da sie in Mt 28,20 unmittelbar nach dem universalen Missionsbefehl wiederholt wird. Verstärkt wird dies noch durch ἀπ᾽ ἄρτι, das auch im Verweis auf die Parusie in Mt 23,39 sowie in 26,64 genannt wird.¹⁶⁵ In Mt 26,64 wird Jesus sogar explizit als „sitzend zur Rechten der Kraft“ (καθήμενον ἐκ δεξιῶν τῆς δυνάμεως) und „auf den Wolken des Himmels kommend“ (ἐρχόμενον ἐπὶ τῶν νεφελῶν τοῦ οὐρανου) bezeichnet. Damit klingt die nach Tod und Auferstehung erfolgende Erhöhung des Menschensohns bereits deutlich an und wird hier sogar vor dem Synhedrium von Jesus benannt. Vor den Jüngern wird sie erst nach seiner Auferstehung in Mt 28,18, also unmittelbar vor dem universalen Missionsbefehl, öffentlich gemacht. Indem in Mt 26,29 zwei Motive (ἀπ᾽ ἄρτι; μεθ᾽ ὑμῶν) aufgenommen sind, von denen das eine auf den erhöhten Menschensohn verweist (Mt 23,39; 26,64), als der Jesus sich in Mt 28,18¹⁶⁶ offenbar macht, und das andere im Missionsbefehl selbst genannt wird (Mt 28,20b), wird vom Ende des Evangeliums her rückwirkend deutlich, dass das Logion auch den „Völkern“ als Verheißung des Heils und der unmittelbar per-

 Vgl. Jeremias, Abendmahlsworte, 209; Gnilka, Mt II, 402; Hagner, Mt II, 774; Luz, Mt IV, 118; France, Mt, 995; Konradt, Israel, 365.Von einem Bankett, bei dem umfassende Gemeinschaft mit Gott zum Ausdruck kommt, spricht Harrington, Mt, 386. Frankemölle, Jahwebund, 38 führt in seinen Ausführungen zum motivgeschichtlichen Hintergrund von Mt 26,29 an, dass es kein Gottesmahl, kein „Mahl ‚mit‘ Gott“ (38) gegeben hat, was auch in Formulierungen wie Mt 8,11 deutlich wird. Die frühjüdischen Vorstellungen eines messianischen Mahles werden hingegen nicht in Erwägung gezogen.  Vgl. zu Mt 8,11 f ausführlich Kap. 6.2 sowie Kap. 4.3.2 und zu Mt 22,1– 14 Kap 6.3.  Von einem die Völker mit umfassenden Adressatenkreis geht auch Frankemölle, Jahwebund, 39 aus, allerdings mit anderer Begründung.  Vgl. Konradt, Mt, 408.  Wobei ἀπ᾽ ἄρτι in Mt 28,18 nicht genannt ist, sondern die Linienführung allein über die thematische Verbindung zu Mt 23,39 und 26,64 plausibel wird.

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6 Das Völkermahl – Partizipation der Völker am Heil?

sonalen Gegenwart Christi gilt.¹⁶⁷ Letztere übertrifft durch die Unmittelbarkeit der messianischen Präsenz beim Festmahl die Ankündigung des bis zum Ende der Welt dauernden μεθ᾽ ὑμῶν in Mt 28,20.¹⁶⁸ Durch die Wendung μεθ᾽ ὑμῶν wird jedoch auch V. 29 mit dem in V. 26 – 28 vorausgehenden Passus verbunden, wodurch zugleich ein weiterer Kontext eingespielt wird: die Sündenvergebung, die in Mt 1,21– 23 mit dem Namen Jesus, der der Immanuel („Gott mit uns“) sein wird, verknüpft¹⁶⁹ und auch in Mt 26,28 explizit aufgenommen ist. Mt , f  καὶ λαβὼν ποτήριον καὶ εὐχαριστήσας ἔδωκεν αὐτοῖς λέγων· πίετε ἐξ αὐτοῦ πάντες,  τοῦτο γάρ ἐστιν τὸ αἷμά μου τῆς διαθήκης τὸ περὶ¹⁷⁰ πολλῶν ἐκχυννόμενον εἰς ἄφεσιν ἁμαρτιῶν.

Mt , f Und er nahm einen Kelch und dankte und gab ihnen (den), indem er sprach: Trinkt alle aus ihm.  Dies nämlich ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden. 

In Mt 26,28 geht es um die Einsetzung des grundlegenden Ritus der mt Gemeinde. Es wäre zu erwarten, dass gerade bei diesem die Schriftengemäßheit durch ausführliche Zitate gestützt wird, doch ist dies nicht der Fall. Vielmehr findet sich ein dichtes Netz aus Anspielungen auf verschiedene Aspekte der Schriften: Große Einigkeit besteht darüber, dass auf Ex 24,8 angespielt wird.¹⁷¹ Diskutiert werden

 Vgl. auch France, Mt, 995, der darauf verweist, dass die Gemeinschaft, die durch den Tod Jesu zerbrochen wird, wiedererrichtet werden wird.  Vgl. zum Gedanken der Transformation der Zusage des Mit-Seins von Mt 28,20 in die Gemeinschaft in der Basileia Konradt, Mt, 408.Vgl. auch Frankemölle, Jahwebund, 40, der dieses eschatologische Mit-Sein Jesu für die mt Ekklesiologie auswertet, der er eine „eschatologische Struktur [zuerkennt], so daß die Gemeinde nicht auf eine retrospektive Anamnese vergangener Zeit verwiesen ist“.  In Mt 3,1 f fehlt gegenüber der mk Vorlage (Mk 1,4) die Sündenvergebung, womit sie enger mit Jesus verknüpft ist (vgl. auch Gnilka, Mt II, 400; Konradt, Israel, 320; Schreiber, Anfänge der Christologie, 173).  Die Abänderung von ὑπέρ im mk Text in περί bringt inhaltlich keine Veränderung mit sich. Vgl. Gnilka, Mt II, 401; Hagner, Mt II, 773; Luz, Mt IV, 95, der anführt, dass περί mt Vorzugsvokabular ist. Ebenfalls denkbar wäre eine Annäherung an die jesajanische Formulierung, die zwar in Jes 53,12 διὰ τὰς ἁμαρτίας bezeugt, in Jes 53,10 jedoch περὶ ἁμαρτίας (vgl. dazu Grundmann, Mt, 536; Schweizer, Mt, 321). Davies/Allison, Mt III, 474 führen als weitere mögliche Optionen für die Abänderung noch „confessional language“ und Opferterminologie an (vgl. zu Letzterer Gundry, Mt, 528; MacNeile, Mt, 382 f). Anders hingegen Wiefel, Mt, 450, der von einer inhaltlichen Veränderung ausgeht, diese aber nicht näher benennt.  Eine Verbindung mit Ex 24,8 sehen Schniewind, Mt, 258; Gundry, Use, 57 f; France, Jesus, 122; Kusch, „Bundesblut“, 30; Pesch, Abendmahl, 95; Knowles, Jeremiah, 208; Menninger, Is-

6.4 Vergebung der Sünden für die „Vielen“ beim Abendmahl – Mt 26,26 – 29

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des Weiteren Sach 9,11¹⁷²; Jer 31,31– 34¹⁷³ und Jes 53,12.¹⁷⁴ Im Rahmen dieser Arbeit stellt sich die Frage, inwiefern diese Schriftstellen für die Reichweite des Heils über Israel hinaus tragfähig sind. Durch die Anspielung auf Ex 24,8 wird der Blick auf das Bundesgeschehen am Sinai gelenkt. Dies ist jedoch kein universales Ereignis, sondern gehört zu den grundlegend konstitutiven Momenten der Jhwh-Israel-Beziehung. Am Sinai verliest Mose die Worte des Bundesbuches, woraufhin das Volk antwortet: „Alles, was Jhwh gesprochen hat, wollen wir tun, und wir wollen hören“ (Ex 24,7). Daraufhin nimmt Mose das Blut und besprengt damit das Volk, mit den Worten: „Siehe, das Blut des Bundes (‫ דם־הברית‬/ τὸ αἷμα τῆς διαθήκης), den Jhwh mit euch aufgrund all dieser Worte schließt“ (Ex 24,8). Insofern wird durch Ex 24,8 in Mt 26,28 der Aspekt der Bewahrung der Tora eingespielt,¹⁷⁵ deren Einhaltung in Ex 24,8 durch den Akt des Besprengens mit Blut besiegelt wird.¹⁷⁶ Die nötige Sündenvergebung steht damit im Zusammenhang mit dem regelmäßigen Abfall von Gottes Wort und Bund, wie er in der dtr Deutung der Geschichte¹⁷⁷ Israels immer wieder angeklagt wird (mit expliziter Anspielung auf Ex 24,8 in

rael, 154; Hagner, Mt II, 773; Backhaus, „Bund“, 42; Carter, Matthew, 218; Frankemölle, Mt II, 450; Frankemölle, „Bund“, 365; Wiefel, Mt, 450; Fiedler, Mt, 390; Schröter, Abendmahl, 126; Harrington, Mt, 368; France, Mt, 994; Konradt, Israel, 363. Vgl. auch Lang, „Becher“, 201, der in Ex 24 einen Schlüsseltext für die mk-mt Abendmahlstradition sieht, allerdings nur die mk Fassung ausführlich bespricht.  Auf Sach 9,11 verweisen im Zusammenhang mit Mt 26,28 z. B. Lindars, Apologetic, 132– 134; Schniewind, Mt, 258; Grundmann, Mt, 536; Knowles, Jeremiah, 208; Hagner, Mt II, 773.  Auf Jer 31 verweisen Gundry, Use, 58; France, „Servant“, 37 (für die Mk-Parallele); Heil, Death, 37; Knowles, Jeremiah, 207– 209; Menninger, Israel, 80.154 f; Gundry, Mt, 528; Hagner, Mt II, 773; Carter, Matthew, 218; Senior, „Lure“, 110; Frankemölle, „Bund“, 357; Ham, „Last Supper“, 61 f; Fiedler, Mt, 390; Konradt, Israel, 364. Dass Jer 31,31 zudem in weiteren mt Versen eine Rolle spielt, vertritt Neuenzeit, Herrenmahl, 192.196, der auf Mt 5,12; 11,25.30 und 23,8 verweist. Kritisch sehen eine Anspielung auf Jer 31,31– 34 Davies/Allison, Mt III, 473 f; vgl. weiterhin Wolff, Jeremia, 132. Dass die Vorstellung eines neuen Bundes im Mt sogar eher von Jes 42,6; 49,8 – 10; 55,3 abhängig ist, vertritt Fuller, Mission, 73. Auf Jes 42,6; 49,7 f verweisen Schniewind, Mt, 258; France, Jesus, 122, Anm. 159; Grundmann, Mt, 536; Schweizer, Mt, 321.  Auf Jes 53,12 wird im Folgenden noch einzugehen sein. Vgl. außerdem Kap. 10.1.  Vgl. zum mt Gesetzesverständnis ausführlich Kap. 8.4.  Durch die Targumim wird der soteriologische Aspekt stärker in Ex 24,8 eingetragen als dies in MT und LXX der Fall ist. In Ex 24,8TgOnk und Ex 24,8TgPsJon wird allein der Altar mit Blut besprengt, allerdings um das Volk zu versöhnen (ähnlich auch im palästinischen Targum), anders jedoch in Ex 24,8TgNeofiti, der Ex 24,8MT näher steht und in dem der Sühneaspekt fehlt. Dies veranlasst Gnilka, Mt II, 402 dazu, den Sühneaspekt in Mt 26,28 nicht über Jes 53, sondern über die Rezeption von Ex 24,8 in den Targumim zu erklären.  Vgl. z. B. Preuss, Theologie I, 83.

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6 Das Völkermahl – Partizipation der Völker am Heil?

2Kön 18,12).¹⁷⁸ Die ausdrückliche Verpflichtung auf die Lehre Jesu, die die Tora in ihrem Vollsinn auslegt, findet sich im Mt allerdings erst in Mt 28,20 und dort bereits in einer universalen Perspektive. Vom Blut des Bundes ist in den Schriften Israels jedoch nicht nur in Ex 24,8 explizit die Rede, sondern auch in Sach 9,11 (ἐν αἵματι διαθήκης).¹⁷⁹ Während Ex 24,8 von der Mehrheit der Forscher als Bezugstext angesehen wird, ist dies für Sach 9,11 umstrittener, doch birgt auch ein Bezug auf Sach 9,11 eine gewisse Plausibilität.¹⁸⁰ Im Kontext von Sach 9,11– 17 geht es um die Restauration des Gottesvolkes auf der Grundlage des Bundesblutes. Dies legt nahe, dass bereits Sach 9,11 auf Ex 24,8 verweist.¹⁸¹ Insofern erfüllt Sach 9,11 eine Art Bindegliedfunktion zwischen Ex 24,8 und Mt 26,28, da es im Unterschied zu Ex 24,8 nicht allein auf die Frühzeit verweist, sondern bereits ein erneutes Rettungshandeln Gottes – wohlgemerkt an seinem Volk – im Blick hat.¹⁸² Ein universaler Aspekt ließe sich höchstens im Blick auf die gesamte Sacharja-Rezeption des Mt plausibilisieren, da dieser besonders in den hinteren Kapiteln von Sacharja vertreten wird, worauf Matthäus sich primär bezieht.¹⁸³ Besonders Sach 8,20 – 23 und 14,16 – 19 lassen eine deutliche universale Ausrichtung erkennen.¹⁸⁴ Dies ist für

 Vgl. weiterhin zum Bundesbruch: Dtn 31,26 f; Jos 7,11; Jes 24,5; Jer 11,10; 34,18 – 20; Hos 6,7; 8,1. Strafankündigungen für den Fall eines Bundesbruches finden sich z. B. in Lev 26,15; Num 15,31; Dtn 17,11; Jos 23,25 f; Ri 2,19 – 21.  In beiden Fällen fehlt das Pronomen 1. Pers. Sg., das der mt Text bezeugt. Allerdings heißt es in Sach 9,11MT ‫„( דם־בריתך‬Blut deines Bundes“), was von der Mehrheit der LXX Überlieferungen nicht bezeugt wird. Zu den LXX-Ausnahmen, die σου bezeugen, vgl. Ziegler, Duodecim prophetae, 311. Meyers/Meyers, Sach, 140 deuten das Pronomen „dein“ auf Zion. Vgl. auch Rudolph, Hag/Sach/Mal, 186: „Blut des Bundes mit dir“. McAfee Moss, Zechariah Tradition, 152, Anm. 3 verweist zusätzlich auf Ez 16,61, wo „dein Bund“ ebenfalls nicht auf Gott bezogen ist. Außerdem weist sie darauf hin, dass der Bezug auf Zion in der LXX weniger eindeutig ist als im MT.  Die Anspielung auf Sach 9,11 wird gestützt durch die weitere Sacharja-Rezeption im Mt: Besonders ist auf Mt 21,5 hinzuweisen, wo Sach 9,9 und damit der unmittelbare Kontext von Sach 9,11 zitiert wird, was darauf schließen lässt, dass Sach 9,11 ebenfalls bekannt ist. Im unmittelbaren Kontext von Mt 26,28 folgt ein weiteres Zitat aus Sach: Mt 26,31/Sach 13,7. Zu weiteren Aspekten der Sacharja-Rezeption im Mt vgl. Kap. 5.1 Anm. 38.  Anders Kusch, „Bundesblut“, 29 f, der „Blut deiner Verpflichtung“ übersetzt und dies auf den Kontext der Beschneidung bezieht. Auch Lindars, Apologetic, 133 sieht den Bezug von Sach 9,11 weniger auf Ex 24,8 als auf Ex 12,22.  Vgl. auch Ham, Coming King, 101.  Siehe oben Anm. 180.  In negativem Sinn vgl. Sach 11,10 f.

6.4 Vergebung der Sünden für die „Vielen“ beim Abendmahl – Mt 26,26 – 29

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Mt 26,28 jedoch nur dann relevant, wenn davon ausgegangen werden kann, dass die Großzusammenhänge mit im Blick sind.¹⁸⁵ Die Rede von Bund und Sündenvergebung muss sich jedoch nicht allein auf das Sinaigeschehen¹⁸⁶ beziehen, sondern beide Momente sind auch in Jer 31,31– 34¹⁸⁷ miteinander verbunden¹⁸⁸ und gehören in Mt 26,28 ebenso zusammen. Dabei handelt es sich nicht um einen neuen Bund¹⁸⁹ in dem Sinn, dass der alte nicht mehr gültig ist.¹⁹⁰ Gerade durch die doppelte Rückbindung an den Sinaibund (Ex 24,8)¹⁹¹ und die jeremianische Rede vom neuen Bund (Jer 31,31– 34),¹⁹² in dem ebenfalls von der Vergebung der Sünden Israels die Rede ist, wird auch der von Jesus initiierte Mahlritus in den Rahmen einer Bundeser-

 Der Targum zu Sach 9,11 ist insofern für die mt Textversion interessant, als in ihm der Text in den Kontext des Exodus gestellt wird und dieser somit in die Nähe des Pessach-Mahles rückt, vgl. dazu McAfee Moss, Zechariah Tradition, 154.  Vgl. neben Ex 24 auch 34,9 f.  Die Anspielung auf Jer 31 liegt zum einen durch das Stichwort „Bund“ und die in diesen Bund eingeschlossene Sündenvergebung nahe, zum anderen durch die weitere Jeremia-Rezeption im Mt. So wird Jer 31,15 in Mt 2,18 zitiert und in Mt 2,17 f; 27,9 f stehen zwei Reflexionszitate, die explizit den Propheten nennen, auch wenn in Mt 27,9 f kein Jeremia-Zitat folgt (vgl. hingegen Sach 11,13). Hinzu kommt, dass verschiedene Aspekte der mt Theologie durch Anspielungen auf Jeremia in den Schriften verankert sind. Zu nennen ist z. B. die Zerstörung des Tempels und Jerusalems (vgl. Jer 7; 19); das Motiv des unschuldigen Blutes (vgl. Jer 19,4; 26,15MT/33,15LXX); Kritik an der Führungsschicht (vgl. Jer 19; 50,6MT/27,6LXX). Einen knappen Überblick bietet Konradt, „Deutung“, 241– 249. Ausführlich zur Jeremia-Rezeption im Frühjudentum und Urchristentum vgl. Wolff, Jeremia; Knowles, Jeremiah.  Vgl. Dohmen, „Sinaibund“, 78 f; Frankemölle, Mt II, 451; Gross, Zukunft, 126 – 133. Auf die Verbindung von Bund und Sündenvergebung verweist auch Menninger, Israel, 155.  Explizit von einem „neuen Bund“ (ἡ καινὴ διαθήκη) sprechen nur Lk 22,20 und 1Kor 11,25, wobei auch hier nicht davon auszugehen ist, dass mit dem neuen Bund eine Ablösung des Bundes mit Israel einhergeht.  Anders hingegen Wolff, Jeremia, 132, der davon ausgeht, dass der Sinaibund „nicht mehr gültig ist bzw. nicht mehr ausreicht“.  In Hebr 9,19 – 22 wird das „Blut des Bundes“ (τὸ αἷμα τῆς διαθήκης) sogar explizit mit Mose und der Besprengung des Buches, dessen Bestimmungen dem Volk mitgeteilt werden, und des Volkes aus Ex 24 verbunden.  In der Jeremia-Forschung besteht jedoch keine Einigkeit darüber, ob in Jer 31 eine Bundeserneuerung oder ein neuer Bund vorliegt. Vgl. zur Debatte Lohfink, Bund, 59 – 74; Zenger, „Bundestheologie“, 13 – 49, bes. 26 – 29; Gross, Zukunft, 134– 152.153 – 168, bes. 146 – 149, vgl. auch Frankemölle, „Bund“, 357. Schenker, „Bund“, 109 stellt die Frage, ob „gebrochen“ dasselbe meint wie „außer Kraft gesetzt, beendet“ und argumentiert dann dafür, dass „solange es das Volk Israel und Juda gibt, […] auch der Bund weiter [besteht, auch wenn er gebrochen wird]. […] Das Neue am Bund von Jer 31,33 f ist folgerichtig die Vergebung und die ‚Impfung‘ Israels (und Judas) gegen den Ungehorsam und Abfall von JHWH. Der neue Bund ist der alte, aber der gegen den Bruch gefeite Bund“ (112, Hervorhebung im Original); vgl. auch Backhaus, „Bund“, 40.

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6 Das Völkermahl – Partizipation der Völker am Heil?

neuerung gestellt.¹⁹³ Dass dies gerade in Form eines Mahles stattfindet, ist unter dem Aspekt des Bundesmahles, das im Rahmen des Sinaibundes gefeiert wird (Ex 18,12; 24,11)¹⁹⁴, durchaus plausibel.¹⁹⁵ Die dargestellten Verweise in die Schriften haben demnach gezeigt, dass das mt Kelchwort eng mit den Schriften verknüpft ist. Zugleich hat sich aber auch gezeigt, dass darin besonders der Israelbezug des Heils untermauert wird, da der (Sinai‐)Bund Israel gilt und gerade von Mt 1,21 herkommend Israel der Empfänger der Sündenvergebung in Jesus ist.¹⁹⁶ Jesus als der Messias Israels wird sein Volk Israel von „ihren“ Sünden erlösen. In Mt 26,28 jedoch geht es um die Vergebung der Sünden für „Viele“ (πολλοί). Während die „Vielen“ bereits in der Markusvorlage genannt werden (ὑπὲρ πολλῶν, vgl. Mk 14,24), ist deren Verknüpfung mit der Vergebung der Sünden mt Redaktion.¹⁹⁷ Zur Auslegung der πολλοί wird zumeist auf Jes 53,12 verwiesen, einen Vers aus den sog. Gottesknechtliedern, da dort ebenfalls die Sünden der „Vielen“ genannt werden (¹⁹⁸‫ חטא־רבים‬/ ἁμαρτίας πολλῶν). Dass es sich in Mt 26,28 überhaupt um eine Anspielung auf Jes 53,12 handelt, lässt sich durch verschiedene Aspekte untermauern:¹⁹⁹ Viele Exegeten verweisen auf das „Aus-

 Vgl. Fiedler, Mt, 390: „Erneuerung des bestehenden Bundesverhältnisses“. Dies begründet P. Fiedler besonders über den Passus Mt 5,17– 19, dessen Aussage mit einer Ablösung des Sinaibundes nicht vereinbar wäre (vgl. auch Backhaus, „Bund“, 42 f; Frankemölle, „Bund“, 356– 358; Konradt, „Deutung“, 249 f).Vorsichtig spricht sich auch Lang, „Becher“, 202 für den Begriff „Bundeserneuerung“ aus.  Anders hingegen Ex 24,11TgOnk, wo nicht von einem tatsächlichen Mahl die Rede ist, sondern das Erleben der Gottespräsenz geschildert wird, als hätten die Anwesenden gegessen und getrunken.  Backhaus, „Bund“, 42 spricht vom „eucharistischen Bundesmahl“. Auf das Bundesmahl verweisen auch Heil, Death, 36 f; Davies/Allison, Mt III, 475.  Vgl. bereits die Mt 1,21 vorausgehende Kontextualisierung des Messias in der Geschichte Israels (Mt 1,1– 17). Ausführlich zu Mt 1,1– 17 vgl. Kap. 3. Dazu, warum ein nachträgliches Verständnis von λαός in Mt 1,21 von 26,28 her als „Kirche“ nicht überzeugt, sondern vielmehr Mt 26,28 von 1,21 her als Einlösung der Heilsverheißung an Israel verstanden werden sollte, siehe Konradt, Israel, 364 f. Luz, Mt I (1985), 149 spricht sich ebenfalls dafür aus, dass mit λαός im Mt stets Israel gemeint ist (vgl. auch Zahn, Mt, 77– 80; Hummel, Auseinandersetzung, 136; Schmid, Mt, 43; Lohmeyer/Schmauch, Mt, 16; Hare, Jewish Persecution, 159, Anm. 4). Anders hingegen Bornkamm, „Auferstandene“, 114; Rothfuchs, Erfüllungszitate, 60; Frankemölle, Jahwebund, 219; Grundmann, Mt, 69 f; Davies/Allison, Mt I, 210; Olmstead, Trilogy, 85.  Zur redaktionellen Gestaltung von Mt 26,26 – 28 vgl. exemplarisch Davies/Allison, Mt III, 465 – 469; Luz, Mt IV, 95.  Grundsätzlich wird ‫ רבים‬in den Schriften immer wieder im Sinne von fremden Völkern verwendet (vgl. Hertzberg, „Abtrünnigen“, 102).  Vgl. Fuller, Mission, 75; MacNeile, Mt, 383; Jeremias, Abendmahlsworte, 218; Lohse, Märtyrer, 124 f; France, „Servant“, 38; Gnilka, Mt II, 402; Gundry, Mt, 528; Hagner, Mt II, 773;

6.4 Vergebung der Sünden für die „Vielen“ beim Abendmahl – Mt 26,26 – 29

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gießen“ des Lebens des Knechts in den Tod (‫)הערה למות נפשו‬.²⁰⁰ Dieses Argument ist jedoch nur dann gültig, wenn zugleich zumindest in Erwägung gezogen wird, dass Matthäus auch den hebräischen Text kannte.²⁰¹ Denn die LXX bezeugt an dieser Stelle „in den Tod übergeben“ (παρεδόθη εἰς θάνατον),²⁰² was ebenfalls eine legitime Übersetzung des hebräischen ‫ הערה למות‬ist, sich damit aber vom mt ἐκχυννόμενον unterscheidet.²⁰³ Weiterhin steigt die Plausibilität einer Anspielung, da in Mt 20,28 vermutlich die gleiche Textstelle zugrunde liegt (dort ebenfalls in Kombination mit der Gabe des Lebens für die „Vielen“).²⁰⁴ In Mt 8,17 wird zudem Jes 53,4 als Erfüllungszitat zitiert, sodass auch der Kontext von Jes 53,12 als bekannt angesehen werden kann.²⁰⁵ Ist damit ein intertextueller Bezug geschaffen, der die Universalität des Heils im Abendmahl gemäß den Schriften begründet? Die Schwierigkeit in der Beantwortung dieser Frage liegt darin, dass sich zwar viele Neutestamentler zur Begründung des universalen Charakters der „Vielen“ auf Jes 53,12 beziehen, sich die Jesajaforschung hingegen sehr uneins darüber ist, wer die „Vielen“ in Jes 53,12 genau sind: Die Meinungen reichen von einer Teilgruppe Israels²⁰⁶, über das ge-

Marcus, „Old Testament“, 216; Stuhlmacher, „Jes 53“, 97; Davies/Allison, Mt III, 465.474; Wiefel, Mt, 450; Harrington, Mt, 368; explizit nur auf Jes 53,12c und somit nicht auf den Aspekt des Ausgießens verweist Frankemölle, „Bund“, 356. Anders hingegen Luz, Mt IV, 115, der die Anspielung ob der wenigen wörtlichen Übereinstimmungen für fraglich hält. Ebenso Lang, „Becher“, 203; Fiedler, Mt, 391; Schröter, Abendmahl, 129, Anm. 174.  Vgl. auch Ps 141,8, wo ebenfalls vom „Ausgießen“ der ‫ נפש‬die Rede ist. Hagner, Mt II, 773 verweist zudem auf den kultischen Kontext in Lev 4,7; 18; 25; 30; 34.  Vgl. auch Kap. 1.3.3.  Auf die unterschiedlichen Textüberlieferungen verweisen auch Gundry, Use, 59; mit Blick auf die mk Version: Jeremias, Abendmahlsworte, 170; Pesch, Abendmahl, 96; Kollmann, Verheißung, 175.  Da aber auch Mk 14,24 ἐκχυννόμενον bezeugt, ist nicht eindeutig zu belegen, ob Matthäus dieses „nur“ aus seiner Markus-Vorlage übernommen hat oder darin zugleich einen bewussten Bezug auf die hebräische Überlieferung gesehen hat.  Vgl. dazu auch Kap. 10.1. Mit Mt 20,28 argumentiert für 26,28 auch France, Mt, 994.  Hinzu kommt, dass in Mt 9,2– 8 die Verbindung von heilendem Handeln und Sündenvergebung narrativ entfaltet wird. Auch auf Jes 50,6 wird im Mt mehrfach angespielt (vgl. Mt 5,39; 26,67).  Vgl.Westermann, DtJes, 215 – 217; Hägglund, Isaiah 53, 22– 27; Hermisson, DtJes II, 347.353. Blenkinsopp, DtJes, 350 argumentiert aufgrund des Artikels vor ‫רבים‬, dass es attraktiv ist, die Gruppe parallel zu Belegen aus Qumran und Dan 12,2 – 4.10 als die Jünger des Knechts zu deuten. Baltzer, DtJes, 540 merkt an, dass „Viele“ auch nicht „Alle“ sind. Darüber hinaus stellt er fest: „Der Gottesspruch in 53,12 ist in nuce die Verbindung der Mose-Tradition mit der Zions-Tradition“ (540; Hervorhebung im Original). Damit verbindet er Jes 52,11 f mit Textstellen wie Ex 24,11 und Jes 42,4, sodass „in beiden Fällen […] wohl Fremde mit eingeschlossen“ sind und es „ein werbendes

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6 Das Völkermahl – Partizipation der Völker am Heil?

samte Gottesvolk,²⁰⁷ bis hin zu „Heiden“²⁰⁸ oder einer gemischten Gruppe.²⁰⁹ Für die Deutung von Mt 26,28 birgt dies selbstverständlich die Problematik, dass auf der Basis von Jes 53,12 allein nur schwer eine eindeutige Aussage getroffen werden kann und die übrigen Bezugstexte deutlich auf Israel verweisen. Insofern ist es zwar möglich, aber nicht zwingend, dass Matthäus Jes 53,12 in einem über Israel hinausweisenden Sinn versteht, also entweder von Jes 52,13 – 15 her als „Völker“²¹⁰ oder zumindest als eine größere Gruppe, die nicht auf Israel enggeführt werden kann.²¹¹ Eine interessante Überlegung, die den Fokus in dieser Frage anders setzt, ergibt sich, wenn tatsächlich Jes 53,12MT eine der Grundlagen für Mt 26,28 ist: Dann wäre auf ein Zitat der Schriften angespielt, das nicht die Universalität des Heils betont, sondern vielmehr vor einer ausschließenden Lektüre, im Sinn einer Ablösung Israels durch die „Heiden“, warnt. Mit Jes 53,12MT wird die umfassende Bedeutung des Todes Jesu für Israel und die Völker deutlich, da dort die Rede von den „Sünden der Vielen“ (‫ )חטא־רבים‬ergänzt wird durch die von den „Abtrünnigen“ (‫)פשעים‬. ‫ פשע‬meint in einer Vielzahl der Belege das Brechen mit Jhwh und auch die partizipiale Verwendung meint

Zeugnis [ist], das die Grenzen Israels überschreitet und an Sympathisanten gerichtet ist“ (538). Insofern kann er als eine vermittelnde Position angesehen werden.  Vgl. Labouvie, Gottesknecht, 302; Berges, DtJes II, 278; aus neutestamentlicher Sicht wird dies vertreten von Stuhlmacher, „Jes 53“, 96.  Vgl. Hertzberg, „Abtrünnigen“, 102.106; Beuken, DtJes II, 201 f.233 f. Dann müssten die „Vielen“ in Jes 53,12 mit den „Vielen“ in 52,14 identisch sein, da sich die „Vielen“ in 52,14 durch die Parallelstellung zu 52,15 eindeutig als Menschen aus den Völkern bestimmen lassen. Auf diese Parallelstellung verweisen auch Clines, I, He, We & They, 22; Beuken, DtJes II, 202. Gegen eine Deutung von Jes 53,12 von 52,14 her vgl. Berges, DtJes II, 234. Explizit gegen einen „heidnische[n] Bereich außerhalb Israels“ deutet auch Westermann, DtJes, 209, der in Jes 52,14 f ein Bild für die „Weite des Forums“ erkennt, in dem die Erhöhung des Knechtes wahrgenommen wird.  Vgl. Rignell, Isaiah, 79.84. Clines, I, He, We & They, 31– 33, der auch eine Deutung als „Heiden“ nicht ausschließt, spricht sich für „multiple interpretations“ (33) aus.  Für eine Deutung der πολλοί als die Völker sprechen sich außerdem aus: Schniewind, Mt, 258; Jeremias, Abendmahlsworte, 221.223; Wolff, Jeremia, 132; Gnilka, Mt II, 401; Carter, Matthew, 219; Frankemölle, Mt II, 449 f; Frankemölle, „Bund“, 357; Heil, Death, 37 f; Olmstead, Trilogy, 85. Hagner, Mt II, 773 spricht allgemein von „alle“, ohne explizit auf die Völker zu verweisen. Anders hingegen Pesch, Abendmahl, 99, der zu den πολλοί in Mk 14,24 schreibt, dass damit zwar eine Gesamtheit gemeint ist, diese jedoch nicht universal, sondern auf „die Gesamtheit Israels“ bezogen ist. Für diese Deutung führt er primär die Targumim zu Jes 53 an, die auf Israel deuten, sowie die Verwendung von ‫ הרבים‬in Qumran, womit laut R. Pesch die Gemeinde gemeint ist. Zudem führt er 1Hen 46,4 f; 48,8; 55,4; SapSal 5,1– 23 und Dan 11,33 – 12,3 an, die er alle auf Israel bezogen deutet. Auf Israel deuten auch Merklein, „Sühnetod“, 37; Theobald, „Heil“, 232.  Luz, Mt IV, 116 geht vom Gemeindekontext parallel zum lk und paulinischen ὑπὲρ ὑμῶν aus. Dies muss aber kein Gegenmodell zu einer universal verstandenen Größe sein, da die Gemeinde für die Völker (vgl. Mt 28,19 f) offen ist. Gundry, Mt, 528 spricht allgemeiner von „den Erwählten“.

6.4 Vergebung der Sünden für die „Vielen“ beim Abendmahl – Mt 26,26 – 29

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wohl Abtrünnige von Jhwh.²¹² Dies muss sich jedoch auf Israel beziehen, da die Völker schwerlich mit Jhwh brechen können. Matthäus spricht nur von den „Vielen“, doch könnte durch den Bezug auf den MT²¹³ in Erwägung gezogen werden, ob die doppelten Adressaten aus Jes 53,12MT nicht implizit mitzuhören sind. Insofern wird im Tod Jesu die grundlegende Gottesbeziehung Israels, die sich im Bund Gottes mit seinem Volk manifestiert, wieder hergestellt und die Verheißung aus Mt 1,21 erfüllt sich. Indem auch die Vergehen der Völker getragen werden, gewinnt das Heilshandeln an Israel auch Bedeutung für diese,²¹⁴ aber eben nicht im Sinn einer Ablösung.²¹⁵

Letztlich ist es nicht der Verweis auf Jes 53,12, sondern der Kontext der weiteren mt Verwendung von πολλοί, der nahelegt, dass diese „Vielen“ als Adressaten der Sündenvergebung im Unterschied zu den Adressaten von Mt 1,21 nicht allein auf Israel bezogen werden können: In Mt 8,11 sind die „Vielen“ eine gemischte Gruppe, die sich aus Israel und den Völkern zusammensetzt,²¹⁶ und Ähnliches gilt für Mt 22,14.²¹⁷ Damit ist es jedoch nicht der intertextuelle Schriftenbezug, der hier die universale Dimension in den mt Text einträgt, sondern der intratextuelle Bezug. Zugleich kann aber festgehalten werden, dass Jes 53,12 nicht grundlegend gegen den Strich gedeutet wird, sondern die textinhärente Offenheit der Deutungsmöglichkeiten einer Potenzialität des universalen Heilshandelns nicht entgegensteht. Es gilt allerdings weiterhin zu überlegen, ob durch die Anspielung auf Jes 53,12 das Augenmerk nicht auf etwas anderes als die Identität der „Vielen“ gerichtet wird, nämlich, ob die Heilsbedeutung des Todes Jesu und somit gerade nicht die Frage nach dem „Für wen“, sondern die Frage nach dem „Wie“ der Verwirklichung der Heilsverheißungen profiliert wird.²¹⁸ Wie der Knecht Gottes

 Vgl. Hertzberg, „Abtrünnigen“, 97– 100; Seebass, „Art. ‫“פשע‬, 803 f.  Der Bezug auf den MT ließe sich durch die Verwendung von ἐκχυννόμενον untermauern.  Die Verbindung des Heils für die Völker mit dem Israels wurde bereits in der Darstellung von Mt 1,1 und der Zusammenstellung „Sohn Davids“ und „Sohn Abrahams“ deutlich (vgl. Konradt, Israel, 331 f). Ausführlich zu Mt 1,1 vgl. Kap. 3.1 sowie Kap. 4.1.  Anders hingegen Menninger, Israel, 155: „The people of the church have an opportunity to live under God’s rule in contrast to Israel, which forefeited its blessing under the old covenant (Exod 24:8), rejected the offer of a new or better covenant (Jer 31:31 ff) and crucified its ServantMessiah (Isa 52:13 – 53:12).“ Diese Auslegung übersieht jedoch, dass auch Jer 31,31– 34 als noch ausstehende Bundesverheißung angesehen werden muss. Wie sollte Israel einen Bund ablehnen, der ihm unbrechbar ins Herz geschrieben steht?  Vgl. Kap. 4.3.2.  Vgl. Kap. 6.3.  Die frühjüdische Rezeption von Jes 52,13 – 53,12 in Texten wie Sach 12,9 – 13,1; 13,7; Dan 11; 12; 1Hen 62,5, der Qumranüberlieferung von Jes und 4Q 450/41 (DJD 29), den verschiedenen LXXÜbersetzungen sowie TestBenj 3,8 stellt Hengel, „Wirkungsgeschichte“, 49 – 91 ausführlich dar, wobei es sich nicht immer um Zitate, sondern zum Teil um Anspielungen handelt. An M. Hengels Ausführungen wird jedoch deutlich, dass die frühjüdische Rezeption für den vorliegenden Zu-

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sein „Leben ausgießt in den Tod“, um die Sünden der „Vielen“ zu tragen, so wird auch das Blut Jesu vergossen werden, das zum Blut des Bundes wird. Eine weitere Parallele zum Gottesknecht in Jes 52,13 – 53,12 ist die Kombination von Erniedrigung und Erhöhung.Wie der Gottesknecht nach seiner Erniedrigung erhöht wird, wird auch Jesus durch die Erniedrigung im Tod schließlich zum Weltenherrn, zur Rechten der Kraft (vgl. Mt 26,64; 28,18) erhöht werden. Die Wendung ‫ ירום ונשא‬in Jes 52,13 erinnert durch die parallele Formulierung in Jes 6,1 (‫)ואראה את־אדני ישב על־כסא רם ונשא‬²¹⁹ an den göttlichen Thron.²²⁰

In Mt 26,28 wird die soteriologische Relevanz des Todes Jesu explizit.²²¹ Öffnen die „Vielen“ den Horizont auf die Völkerwelt, so gewinnt das Heilshandeln im Tod Jesu auch für sie an Bedeutung. Auf der Grundlage der Schriften kommt es also zur Verbindung der Sündenvergebung, die gemäß Mt 1,21 der in der Sendung Jesu erfüllten Heilsverheißung an Israel entspricht, mit dem Tod Jesu, sodass dieser zum Erfüllungsdatum dieser Heilsverheißung avanciert.²²² Da das Blut Jesu jedoch nicht allein für Israel, sondern für die πολλοί vergossen wird, ist davon auszugehen, dass dem Tod Jesu auch eine über Israel hinausgehende soteriologische Bedeutung zugeschrieben wird. Damit erfüllt sich nicht nur Mt 1,21, son-

sammenhang wenig weiterhilft, da zum einen die Spuren einer vorchristlichen Rezeption von Jes 52,13 – 53,12 nur schwer nachzuzeichnen sind, zum anderen vor allem das Erhöhungsmotiv nachgewirkt hat, wohingegen „[d]as Motiv des stellvertretenden Sühnetodes […] in den vorchristlichen Texten durchweg mehr oder weniger zurück[tritt]“ (vgl. Hengel, „Wirkungsgeschichte“, 91). Jeremias, Abendmahlsworte, 220 f führt für die vorchristliche Rezeption von Jes 53 vor allem 1Hen 46,14 f; 48,8; 55,4; 62,1.3.6.9; 63,1– 11 an.Von einer gemischten Gruppe aus gottlosen Juden und „Heiden“ geht er für SapSal 5,1– 23 aus. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, dass zwar dort die „Vielen“ im Sinne der „vielen Völker“ zu verstehen sind, schränkt jedoch selbst ein, dass sich die genannten Belege auf Jes 52,14 f beziehen und nicht auf 53,11– 12b. Da J. Jeremias die „Vielen“ in beiden jesajanischen Textstellen jedoch miteinander identifiziert, stellt diese Tatsache kein Problem für seine Auslegung der „Vielen“ als „viele Völker“ dar.  In der LXX ist die Verbindung weniger deutlich, da es dort in Jes 52,13 ὑψωθήσεται καὶ δοξασθήσεται heißt, wohingegen in Jes 6,1 εἶδον τὸν κύριον καθήμενον ἐπὶ θρόνου ὑψηλοῦ καὶ ἐπηρμένου bezeugt ist.  Vgl. auch Hengel, „Wirkungsgeschichte“, 63.  In Mt 27,37 wird die Verbindung erneut deutlich, da nur in der mt Kreuzigungserzählung der Name Jesu Teil der Kreuzesinschrift ist (Ἰησοῦς ὁ βασιλεὺς τῶν Ἰουδαίων). Auf diesen Zusammenhang verweisen z. B. Senior, Passion of Jesus, 131; Heil, Death, 80; Luck, Mt, 305; Repschinski, „‚For He Will Save…‘“, 264; Konradt, Israel, 320.  Vgl. auch Wilk, Jesus und die Völker, 136 f.151; Wilk, „Eingliederung von Heiden“, 54.56. In ähnlichem Sinn deutet auch Konradt, Israel, 331.365. Mit Bezug auf den Bund formuliert Lang, „Becher“, 202: „Auf dem alttestamentlichen Hintergrund gelesen, ergibt sich eine ganz bestimmte Deutung des Todes Jesu: […] sein Blut besiegelt einen Bund zwischen Gott und Israel“; ähnlich Schreiber, Anfänge der Christologie, 173.

6.4 Vergebung der Sünden für die „Vielen“ beim Abendmahl – Mt 26,26 – 29

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dern für die Verheißung von Mt 12,18 – 21 (Jes 42,1– 4),²²³ die ebenfalls bereits auf die Notwendigkeit des Todes Jesu vorausgeblickt hat, ist gleichermaßen eine entscheidende Grundlage gelegt. Der Tod Jesu ist dann jedoch nicht mehr allein für Israels Heil relevant, sondern besonders über die intratextuelle Verbindung mit Mt 12,18 – 21 auch für die Völker. Diese hoffen gemäß Mt 12,21 auf den gleichen Namen, dessen soteriologisch relevante Deutung in Mt 1,21 auf Israel bezogen ist. Damit werden die Völker in das Heilshandeln Gottes an Israel integriert,²²⁴ insofern sie am Abendmahl der Gemeinde teilnehmen, die vermutlich auch aus Heidenchristen bestand. Durch die Anspielung auf Jer 31 sind diese auch in das Bundeshandeln Gottes an Israel hineingenommen. Diese Vorstellung ist jedoch keine mt Innovation, sondern begegnet in Grundzügen auch schon in den Schriften Israels (vgl. Jes 56,4, wo Fremde am Bund Gottes festhalten, sowie die Aufkündigung des Bundes mit den Völkern durch Gott in Sach 11,10 f).²²⁵ Besonders ist hingegen, dass diese Bundesvorstellung mit Ex 24,8 zusammengedacht wird, sowie die Tatsache, dass es sich um eine individuelle Annahme des Heils in der Teilnahme am Mahl durch die Menschen aus den Völkern handelt, die so in den Bund eingeschlossen werden (während zum Beispiel in Ex 24,8 das Volk als Kollektiv Gottes Gegenüber im Bundesschluss ist).²²⁶ In diesem Mahl zur Vergebung der Sünden in Jesu Blut für Israel und die Völker präfiguriert sich letztlich das eschatische Mahl, zu dem die „Vielen“ geladen sind (vgl. Mt 8,11; 22,14).²²⁷ Von diesen Überlegungen aus ist es passend, dass sich Mt 26,29 mit der Verheißung des eschatischen Mahles anschließt. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass im heilschaffenden Wirken Jesu – ähnlich wie im Handeln des Gottesknechts, der von Gott zum „Bund des Volkes“ und zum „Licht der Heiden“ (Jes 42,6)²²⁸ gemacht wird – das Heil für Israel mit

 Vgl. dazu ausführlich Kap. 8.3.4.  Dohmen, Ex II, 220 schreibt: „[M]it dem ‚Bund‘ bleiben auch die Christen im von Israel und seiner heiligen Schrift vorgegebenen Rahmen der Deutung des Gottesverhältnisses.“ Vgl. auch Hertzberg, „Abtrünnigen“, 106 – 108.  Vgl. dazu sowie zum Bundesschluss mit der ganzen Schöpfung in den Schriften Kap. 2.3.1. Dass der Bund Menschen aus den Völkern ausschließt, wie dies Carter, Matthew, 219 schreibt, kann aufgrund des in Kap. 3.3.1 dargestellten Befundes in dieser Allgemeinheit nicht überzeugen.  Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Anspielung auf Dtn 27 f in Mt 25,31– 46 (siehe dazu Kap. 9.1).  Vgl. Davies/Allison, Mt III, 475: „In Matthew the proclamation of the eschatological covenant through blood prefaces the promise of the eschatological banquet. Already Isa 24.23 – 25.8 takes up the language of Ex 24.8 – 11 to prophesy the future and the eschatological feast.“ Weiterhin: Smit, Fellowship, 22, Anm. 151. Vgl. zu diesem Zusammenhang auch Kap. 2.3.10.  Auffällig bleibt, dass Matthäus trotz der zahlreichen Verweise auf Jesaja nie auf Jes 42,6 direkt verweist.

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6 Das Völkermahl – Partizipation der Völker am Heil?

dem der Völker verbunden wird.²²⁹ Wichtig ist dabei auch hier, dass das Israel und die Völker verbindende Heilsmoment nicht auf eine Ablösung Israels zugunsten des Heils für die Völker hinausläuft.²³⁰ Wie in Mt 8,11 und 22,1– 14 ist in Mt 26,29 weniger explizit von einem eschatischen „Völkermahl“ zu reden als von einem „Mahl, an dem auch die Völker teilnehmen“. Durch die Verbindung des gemeinsamen Mahles, wie es in Mt 26,26 – 28 eingesetzt wird, mit dem Tod Jesu zur Vergebung der Sünden für die „Vielen“ ist Jesu Tod als das entscheidende Moment der Erfüllung des Heils für Israel markiert. Dieses Heil ist jedoch anders als in Mt 1,21 nicht mehr auf Israel beschränkt, vielmehr wird in Übereinstimmung mit Mt 12,18 – 21 der Tod Jesu auch zum bestimmenden soteriologischen Dreh- und Angelpunkt für die Völker. In der narrativen Logik des Mt, in der das von Jesus eingesetzte Mahl vor der Passion und vor Mt 28,18 – 20 steht, wird das Heil für die Völker proleptisch sichtbar. Auf der Gemeindeebene, in der die Öffnung hin zu den Völkern bereits begonnen hat, wird in der Mahlfeier die individuelle Annahme des Heilsangebots deutlich, das hiermit auch den Völkern gilt. Allerdings wurde gezeigt, dass die über Israel hinausreichende Dimension des Heils nicht durch die Schriftenbezüge in den Text eingetragen wird, sondern sich vielmehr durch den gesamtmatthäischen Kontext begründet. Die Bezüge in die Schriften, die nicht aus Zitaten, sondern aus Anspielungen bestehen, weisen hingegen primär auf Israel. In Jes 53,12 sind zwar (wie in Mt 26,28) die „Vielen“ prominent genannt und mit der Sündenvergebung verbunden, doch ist eine Deutung auf die Völker kaum mit Sicherheit zu behaupten. Zugleich ist zwar eine entsprechende Deutung von Jes 53,12 nicht zwingend, jedoch möglich, da der Resonanzraum, der durch die Schriften geöffnet wird, für das universale Anliegen von Matthäus nicht widerständig ist.

6.5 Zwischenfazit An allen vier besprochenen Perikopen (Mt 8,11; 15,21– 28; 22,1– 14; 26,26 – 29) zeigt sich, dass der Topos des Mahls ein Topos der Heilszeit oder der Heilsteilhabe ist,

 Dass dies gerade in der Symbolik des Kelches geschieht, ist interessant aufgrund von Texten wie Jer 25,15 – 31MT/Jer 32,15 – 31LXX; 49,12MT/30,6LXX; 51,7MT/28,7LXX; Obd 16; Sach 12,2, wo der Kelch den Völkern stets zum Unheil gereicht. Allerdings handelt es sich dabei auch nicht um ein völkerspezifisches Gerichtsbild (vgl. Jes 51,17– 22; Ez 23,31– 34).  Vgl. Merklein, Jesusgeschichte, 216: „Israel ist damit genauso wenig vom Heil ausgeschlossen, wie die Heidenvölker, denen sich die matthäische Gemeinde zuwendet, sich des Heils sicher sein können.“ Ihm schließt sich auch Frankemölle, „Bund“, 358 an.

6.5 Zwischenfazit

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für den das Verhältnis von Israel und den Völkern relevant ist.²³¹ Zugleich sind die Schriftenbezüge für die Universalität nicht konstitutiv. Eine gewisse Ausnahme davon bildet Mt 15,21– 28, wo deutlich wird, dass die Bezüge in die Schriften durch Verwendung von paradigmatischen Chiffren (Israel-Kanaan; Tyros und Sidon usw.) verwendet werden, um den Kontrast zwischen Jesus, dem jüdischen Messias, und der kanaanäischen Frau besonders zu kennzeichnen und diesen zugleich zu überwinden (zum Beispiel durch die intensive Verwendung von Psalmensprache durch die „heidnische“ Frau). In Mt 8,11; 22,1– 14 und 26,29 finden sich deutlich weniger explizite Bezüge in die Schriften und viele Argumentationslinien beziehen sich auf innermatthäische Plausibilitäten. Dort, wo Verweise in die Schriften erkennbar werden (besonders in Mt 26,26 – 28), dienen diese nicht primär der Frage, ob Völker am Heilsmahl teilnehmen, sondern sie eröffnen den Blick auf grundlegende soteriologische Zusammenhänge der Durchsetzung des Heils wie den Bund, die Sündenvergebung und den Tod Jesu, wobei auf Letzteren im Folgenden erneut einzugehen ist.²³² Jedoch sind die aufgezeigten Bezüge in die Schriften für das über Israel hinausreichende Anliegen von Matthäus durchlässig (vgl. besonders den Bezug auf Jes 53,12). Es kommt nicht zu einer radikalen Uminterpretation, wie dies zum Beispiel im Rahmen der Zionstheologie deutlich wurde.²³³ Vielmehr macht sich Matthäus die Offenheit der Texte zu Nutzen: Die Untersuchung hat gezeigt, dass die Völker – oder auch die sich mehr und mehr aus ihnen zusammensetzende Kirche – Israel nicht als das erwählte Volk Gottes ersetzen. Stattdessen kann vom Heil auch für die Völker gesprochen werden. Während in der Debatte um die irdische Sendung Jesu dieses Heil als absolute Ausnahmeerscheinung charakterisiert, von der Kanaanäerin aber klar eingefordert wird, werden die Völker in den eschatologischen und auf die Gemeinde hin orientierten Mahltexten bereits als teilnehmend mitgedacht. Dabei ist es jedoch schwierig, von einem expliziten Völkermahl zu sprechen. Die Belege eines solchen sind bereits in den Schriften Israels sehr dünn (vgl. Jes 25,6 – 8), und selbst dort ist die Vorstellung nicht ohne Israel zu denken. Der Topos eines eschatischen Mahls nimmt erst im Frühjudentum einen breiteren Raum ein. Dort ist die Teilnahme oft mit ethischen Aspekten verknüpft (vgl. das Mahl für die Gerechten in 1Hen 62,14; 2Hen 42,5), was sich auch für die mt Vorstellung der Partizipation am Mahl (bes. Mt 22,11– 14) erwiesen hat. Allerdings muss für die frühjüdischen Texte offen

 Vgl. auch Smit, Fellowship, 215: „[T]he various meals in Mt. might mirror the themes of Jesusʼ universal significance, which remains a subtheme throughout the depiction of his earthly life and comes to its full development during his existence after the resurrection, both in Mt. 28 and in the life of Mt.ʼs community, and of his simultaneous faithfulness to Israel.“  Vgl. Kap. 10.  Vgl. dazu Kap. 5.

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6 Das Völkermahl – Partizipation der Völker am Heil?

bleiben, ob diese ethisch partikular argumentieren (die Gerechten als Teilgruppe Israels) oder ethisch universal (die Gerechten als Teilgruppe aller Menschen). Im Mt ist Letzteres der Fall. Durch die Teilnahme am Abendmahl der Gemeinden geschieht die individuelle Annahme des Heils, das in der Sündenvergebung manifest wird und nicht mehr allein Israel, sondern den „Vielen“ und somit auch den Völkern gilt.

7 Der Weltenbaum – Partizipation der Völker am Heil? Ein weiterer Topos, der eine heilstiftende, universale Dimension in sich birgt, ist der des Weltenbaums. Dieser gehört zur Schöpfungstheologie, ist jedoch auch mit Aspekten der königlichen Herrschaft verknüpft und versinnbildlicht universales Heil, an dem alle Vögel, Tiere und Menschen, die im Schatten und Schutz des Baumes leben, partizipieren. In den Schriften Israels ist dieser Topos eher selten belegt und auffälligerweise mehrheitlich mit ausländischen Königen verknüpft, die als Weltenbaum dargestellt sind.¹ Im Folgenden wird gefragt, ob diese Vorstellung als Heilsmotiv in Mt 13,31 f Eingang gefunden hat und was dies für das Heil für die Völker bedeutet, denn trotz des seltenen Vorkommens dieses Topos in den Schriften Israels handelt es sich dabei durchweg um Textzusammenhänge, die für Matthäus auch an anderer Stelle wichtig sind und von ihm rezipiert werden.

7.1 Das Gleichnis vom Senfkorn: Mt 13,31 f als Darstellung des Weltenbaums Sollte Matthäus den Topos vom Weltenbaum aufgenommen haben, so ist dies in Mt 13,31 f, dem Gleichnis vom Senfkorn, der Fall. Dort heißt es: Mt , f Ἄλλην παραβολὴν παρέθηκεν αὐτοῖς λέγων· ὁμοία ἐστὶν ἡ βασιλεία τῶν οὐρανῶν κόκκῳ σινάπεως, ὃν λαβὼν ἄνθρωπος ἔσπειρεν ἐν τῷ ἀγρῷ αὐτοῦ·  ὃ μικρότερον μέν ἐστιν πάντων τῶν σπερμάτων, ὅταν δὲ αὐξηθῇ μεῖζον τῶν λαχάνων ἐστὶν καὶ γίνεται δένδρον, ὥστε ἐλθεῖν τὰ πετεινὰ τοῦ οὐρανοῦ καὶ κατασκηνοῦν ἐν τοῖς κλάδοις αὐτοῦ. 

Mt , f Eine andere Parabel legte er ihnen vor, sagend: Gleich ist das Königreich der Himmel einem Senfkorn, das ein Mensch nehmend in seinen Acker säte.  Es ist zwar der kleinste aller Samen; wenn es aber gewachsen ist, ist es die größte der Gartenpflanzen und wird ein Baum, sodass die Vögel des Himmels kommen und in seinen Zweigen nisten/ausruhen². 

 Vgl. zum Weltenbaum als Lebensbaum für alle Völker Kap. 2.3.4.  Vorsichtig gegenüber einer Übersetzung von κατασκηνόω mit „nisten“ ist Luz, Mt II, 326, Anm. 2 und spricht sich für „sich niederlassen“ („ausruhen“, „zelten“, „Wohnung nehmen“) aus. Ähnlich Burchard, „Senfkorn“, 105, Anm. 99. Etwas anders hingegen Gnilka, Mt I, 495, der schreibt: „Nisten lassen ist gleichbedeutend mit Schutz gewähren.“ Jeremias, Jesu Verheißung, 59 verweist auch auf JosAs 15,7 und deutet dort den Gebrauch des Verbs κατασκηνόω auf „die in der https://doi.org/10.1515/9783110594287-008

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7 Der Weltenbaum – Partizipation der Völker am Heil?

Hier ist von einem Baum die Rede, in dessen Zweigen Vögel des Himmels ausruhen. Die Größe des Baumes ist durch den Kontrast zwischen dem kleinsten der Samen (μικρότερον) und dem daraus entstehenden Baum (γίνεται δένδρον), von dem in Mt 13,31 im Unterschied zu Mk 4,32 explizit die Rede ist, suggeriert.³ Hinzu kommt, dass der Baum aus dem kleinsten Samen zu den übrigen Staudenpflanzen in Bezug gesetzt wird, wodurch er als die größte der Pflanzen des Ackers erscheint. Durch diesen Größenunterschied entsteht eine Überdimensionierung und damit ein gewisse Parallele zum Weltenbaum,⁴ der sich in den Schriften Israels durch seine kosmische Dimension auszeichnet (Wurzeln in die Tiefe, Baumwipfel bis zum Himmel sowie ausladende Äste).⁵ Verstärkt wird das Motiv durch die im folgenden Halbvers hinzukommenden Vögel, die in den Zweigen des Baumes leben und Schutz suchen. Dies ist typisch für den Weltenbaum, auch wenn sie in diesem Motivkomplex sonst üblicherweise mit den Tieren des Feldes gemeinsam auftreten (vgl. Ez 31,6; Dan 4,9). Zwar dürfen Deutungsaspekte nicht vorschnell von einem Gleichnis auf ein anderes übertragen werden, doch ist es durchaus möglich, dass auch der Acker selbst (ἐν τῷ ἀγρῷ) in Mt 13,31 von 13,38 her als Welt zu verstehen ist.⁶ Das Gleichnis vom Senfkorn wird vom Gleichnis vom

eschatologischen Gottesstadt Zuflucht suchenden Heiden“. Da κατασκηνόω in Jer 23,6LXX und in Sach 8,8LXX „die Sammlung des zerstreuten Israels in der Heilszeit“ (Gemünden, Vegetationsmetaphorik, 199) meint, ist die Deutung des Wortes von JosAs 15,7 her und damit als typisches Verb für die Aufnahme von Völkern wenig sinnvoll, besonders, da sowohl Jeremia als auch Sacharja wichtige mt Referenztexte darstellen (vgl. Kap. 6.4, Anm. 180 zu Sach und Anm. 187 zu Jer).  Mt 13,31 f gehört zu den Doppelüberlieferungen (Mk 4,31 f; Q 13,18 f): In Mk 4,32 werden zumindest die großen Zweige genannt (ποιεῖ κλάδους μεγάλους), die auch für den Weltenbaum typisch sind, doch fehlt das Wort Baum. Es heißt nur, dass der Samen größer wird als alle Gartenpflanzen (μεῖζον πάντων τῶν λαχάνων). Zudem können die Vögel unter seinem Schatten (ὐπὸ τήν σκιὰν αὐτοῦ) nisten.Vgl. dazu Ez 31,6 ἐν τῇ σκιᾷ αὐτοῦ. Allerdings ist davon auszugehen, dass in Q ebenfalls δένδρον stand (vgl. Lk 13,19), vgl. so exemplarisch Kingsbury, Parables, 77; Hultgren, Parables, 400; Ewherido, Gospel, 144; Gäbel, „Hoffnung“, 332; Bornkamm, „Gleichnisrede“, 359.  Nicht als Parallelisierung, sondern als Kontrast deutet Funk, „Looking-Glass“, 7: „The Kingdom as Jesus sees it breaking in will arrive in disenchanting and disarming form: not as a mighty cedar astride the lofty mountain height but as a lowly garden herb.“ Ähnlich Blomberg, Gleichnisse, 256.  Vgl. Ez 17,23; 31,5; Dan 4,8 (hier indirekt, da sichtbar bis an die Enden der Erde).  Dies ist insofern auffällig, als weder Mk noch Lk vom Acker sprechen, sondern vom Land (ἐπὶ τῆς γῆς; Mk 4,31) und vom Garten (εἰς κῆπον; Lk 13,19). Auch Klauck, Allegorie, 211 sieht die Möglichkeit, dass ἄγρος aus Mt 13,24.27.36 eingetragen wurde; ebenso Kingsbury, Parables, 79 f, der sich zwar auf Mt 13,24 bezieht, den Acker jedoch auf Israel deutet; Gemünden, Vegetationsmetaphorik, 201; Burchard, „Senfkorn“, 105; Hultgren, Parables, 399; Roloff, Gleichnisse, 58.

7.1 Das Gleichnis vom Senfkorn: Mt 13,31 f als Darstellung des Weltenbaums

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Unkraut unter dem Weizen (Mt 13,24– 30) und dessen Deutung (Mt 13,36 – 43) gerahmt. In Mt 13,38 deutet Jesus den Jüngern den Acker als Welt (ὁ δὲ ἀγρός ἐστιν ὁ κόσμος), sodass eine ähnliche Deutung auch für Mt 13,31 naheliegt. Damit entspräche der Baum des Ackers noch einmal deutlicher dem Weltenbaum.

Es ist demnach durchaus denkbar, dass das Motiv des Weltenbaums auch in Mt 13,31 f eingeflossen ist.⁷ Wie aber verhält sich das Motiv des Weltenbaums zur Frage nach dem Heil für die Völker? Sind diese in Mt 13,31 f überhaupt im Blick? Weniger bedeutend scheint der Aspekt, dass der Weltenbaum in den Schriften für fremdländische Könige steht, da das Königreich der Himmel (ἡ βασιλεία τῶν οὐρανῶν) mit dem zum Baum wachsenden Samen verglichen wird. Auffällig ist hingegen, dass viele Exegeten von der Annahme ausgehen, dass es sich bei den Vögeln um Völker handle. Für diese ist nun die Basileia, die zu einem großen Baum gewachsen ist (sich also nicht mehr auf ihre im Kleinen gewirkten Anfänge beschränkt), ebenfalls Aufenthaltsort und Heimat.⁸ Als Referenztexte aus den Schriften werden üblicherweise Ez 17,22– 24; 31,3 – 18 und Dan 4,7– 12.17– 23 (z.T. auch Ps 103,12LXX) angeführt.⁹ In diesen Texten treten beide Motive (Vögel und Baum) zusammen

 So auch Klauck, Allegorie, 215; Gemünden, Vegetationsmetaphorik, 199; Roloff, Gleichnisse, 59; Gäbel, „Hoffnung“, 333, der allerdings primär Mk 4,30 – 32 auslegt.  Als Vertreter sind z. B. zu nennen: Jeremias, Jesu Verheißung, 58 f; Manson, Teaching, 133 („These passages [Dan 4,9.18; Ez 17,23 und 31,6 sowie der Targum zu Ezechiel, C.Z.] alone would justify us in supposing that the reference to the birds in the parable is meant to suggest the extension of the Kingdom even beyond the borders of Israel“); Jülicher, Gleichnisreden I, 576; Weder, Gleichnisse, 128 – 138, der das Motiv jedoch nicht speziell für Mt, sondern für Mk und Q auswertet; Gnilka, Mt I, 495; Gundry, Mt, 267; Wilk, Jesus und die Völker, 137; Luz, Mt II, 333; Blomberg, „Mt (2009)“, 48; Bornkamm, „Gleichnisrede“, 359. Dagegen: Klauck, Allegorie, 216. Davies/Allison, Mt II, 420 sehen eine Deutung der Vögel als Völker nur im Licht von Mt 21,43. Dieser Bezug bleibt jedoch fraglich, da die Pflanzung nicht an die Völker gegeben, sondern lediglich den Autoritäten Israels weggenommen und durch eine würdige Führung ersetzt werden soll. Andere deuten die Vögel eher als wirkliche Vögel und somit als Hintergrundillustration des Gleichnisses, vgl. z. B. Zahn, Mt, 496; MacNeile, Mt, 198; Nolland, Mt, 551, Anm. 92.  Vgl. exemplarisch Jülicher, Gleichnisreden I, 573; Jeremias, Gleichnisse Jesu, 27; Dodd, Parables, 190; Kingsbury, Parables, 82; Klauck, Allegorie, 212; Kogler, Doppelgleichnis, 149 – 163; Blomberg, Gleichnisse, 256; Gnilka, Mt I, 495; Gemünden, Vegetationsmetaphorik, 199; Frankemölle, Mt II, 178; Roloff, Gleichnisse, 59 f; Ewherido, Gospel, 147; Gäbel, „Hoffnung“, 333.335; Luz, Mt II, 332; Carter, „Gospel“, 198 – 200, der zudem auf Jdc 8 f verweist; Bornkamm, „Gleichnisrede“, 359; Scherer, „Access“, 148. Dass mit τὰ πετεινὰ τοῦ οὐρανοῦ nicht nur eine Anspielung, sondern gar ein Zitat aus Dan 4,21 vorliegt, meinen Albright/Mann, Mt, 169. Auf Ez 31 und Dan 4 verweist auch Heatherley, Parables, 118, doch deutet er die Vögel nicht als Völker, sondern als „wicked men“. Gegen eine Anspielung auf die Schriften Israels in dieser Wendung äußert sich Liebenberg, Language, 291– 295.326 f.

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7 Der Weltenbaum – Partizipation der Völker am Heil?

auf, doch während regelmäßig auf die Vögel verwiesen wird, gilt dies kaum für die Vorstellung des Weltenbaums. Des Weiteren finden sich auch Verweise auf 1Hen 90, da dort die zunächst gegen Israel kämpfenden Völker im Bild der Vögel gezeichnet werden, doch fehlt in diesem Text jeglicher Bezug zu einem Weltenbaum: Angeführt werden die Vögel des Himmels von verschiedenen Raubvogelarten (V. 2). Sie fressen das Fleisch der Schafe, die in diesem Bild für Israel stehen (V. 3). Die Szene ändert sich, als der sog. Herr der Schafe auftritt. Die Erde tut sich auf und die Vögel fallen von den Schafen ab, woraufhin sich die Schafe mit einem Schwert verteidigen, sodass alle Vögel vor ihnen fliehen (V. 18 f). Schließlich fallen die Vögel vor dem Rest der Schafe nieder und gehorchen ihren Befehlen (V. 30). Eine erstaunliche Wende findet in V. 33 statt: „Und alle, die umgekommen und die zerstreut waren, und alle wilden Tiere und alle Vögel des Himmels versammelten sich in jenem Haus; und der Herr der Schafe war von großer Freude erfüllt, denn sie waren alle gut und waren zu seinem Haus zurückgekehrt.“ In V. 37 f bricht die Szene jedoch ein weiteres Mal, da ein großer weißer Bulle auftritt, den die Vögel fürchten und anflehen. Am Ende verwandeln sie sich ebenfalls in weiße Bullen. Insofern liegt in 1Hen90 ein Text vor, der das Bild der Vögel für die Völker aufnimmt und konsequent für seine eschatologischen Vorstellungen entfaltet. Doch scheint ein Bezug von Mt 13,31 f darauf wenig wahrscheinlich, da die Vögel-Völker in einem völlig anderen Kontext, vor allem ohne Baum-Motiv, verwendet werden.

Sind die Vögel tatsächlich als Völker zu deuten, so läge mit dem Gleichnis vom Senfkorn eine explizite Heilsverheißung für sie vor. Gerade auf der Grundlage der verbreiteten Forschungsmeinung, die Vögel seien als Völker zu deuten, gilt es demnach, die Deutung von Vögeln in den Schriften insgesamt und besonders in Ez 17 und Dan 4 noch einmal genauer zu betrachten. In einem weiteren Schritt ist nach den Konsequenzen für das mt Textverständnis zu fragen.

7.1.1 Völker als Vögel in den Schriften Israels? Eine Zusammenstellung aller Belege, in denen Vögel in den Schriften Israels vorkommen, ergibt eine grobe Einteilung in drei verschiedene Kontexte: (1) In vielen Texten sind sie ein typischer Teil der gesamten Schöpfung Gottes und treten als solche als eine Kategorie neben anderen Schöpfungswerken oder Geschöpfen auf. So zum Beispiel in Gen 1,20; Dan 3,80LXX/TH/OdSal 8,80; Ps 8,9; 49,11LXX; Jdt 11,7; Ez 38,20; Zeph 1,3. (2) Des Weiteren gelten sie stellenweise auch als negative Macht, denn mehrfach werden sie als Aasfressende angeführt (2Sam 21,10; 1Kön 16,4; 21,24; Jer 15,1).¹⁰  Des Weiteren ergänzt die LXX in Hos 2,14 die den Weinstock kahlfressenden Tiere um die Vögel des Himmels (τὰ πετεινὰ τοῦ οὐρανοῦ) und die Kriechtiere der Erde. In Ez 39,4 heißt es in der Weissagung gegen Gog, dass er und die Völker, die bei ihm sind, von Vögeln aller Art gefressen werden.

7.1 Das Gleichnis vom Senfkorn: Mt 13,31 f als Darstellung des Weltenbaums

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In diesem Sinn treten sie auch in den Schilderungen des gefallenen Weltenbaums auf (vgl. Ez 31,13). In keinem dieser beiden Kontexte sind sie ein Bild für die Völker. (3) Allerdings kommen die Vögel auch noch in einem dritten Motivkomplex vor, dem des Weltenbaums: Ez 17,22– 24; 31,3 – 18 und Dan 4,7– 12.17– 23. Die Vögel nisten (νοσσεύω; Dan 4,9.18; Ez 31,6)¹¹ in den Zweigen des gewaltigen Baumes und in Ez 17,23 ruhen sie sich aus (ἀναπαύω/‫)שכן‬. Beide Bilder verweisen auf eine geschützte Sphäre, die der Baum den Tieren gewährt. In dem Motiv des Bauens von Nestern kommt die Vorstellung eines lebensförderlichen Kontextes besonders deutlich zum Tragen (in Ez 31,6 noch unterstützt durch das Motiv, dass die Tiere Junge bekommen [‫ילד‬/γεννάω]).¹² Der Baum ist also die schützende Umwelt für Tiere (des Feldes) wie für Vögel und somit für die gesamte Schöpfung. Dass die Vögel die Völker symbolisieren, scheint insofern unwahrscheinlich,¹³ zumal in Ez 31,6 sogar die Völker als eigenständige Größe genannt werden: ‫ ישבו כל גוים רבים‬/ κατῴκησεν πᾶν πλῆθος ἐθνῶν. Außerdem spricht Ez 31 von einer weiteren Größe, den Bäumen des Feldes (‫ כל־עצי השדה‬/ πάντα τὰ ξύλα τοῦ πεδίου), die mit Neid auf den Zedernbaum blicken und in Ez 17,24 zur Gotteserkenntnis im Angesicht des neuen Baumes auf dem Zion kommen.¹⁴ In der Forschung zu Ezechiel sind es jene, im Unterschied zu den Vögeln, die mit den umliegenden Völkern identifiziert werden.¹⁵ Der Baum selbst symbolisiert den König, der nach altorientalischer Vorstellung der Garant der guten Schöpfungsordnung ist. Insofern sind die Vögel in den besprochenen Stellen zum Weltenbaum tatsächlich Vögel im wörtlichen Sinn als Teil der Schöpfung. Eine Ausnahme bildet jedoch Dan 4LXX. Das Szenario ist Ez 31 ähnlich, doch kommen hier keine Bäume des Feldes vor, die die Rolle der umliegenden Völker einnehmen. Während in Dan 4,9[12]LXX, der Beschreibung des Traums durch Nebukadnezzar, der Baum allgemein für alle Lebewesen (gemeint sind die Vögel und  Im MT liegen verschiedene Verben zugrunde (‫ קנן‬/ ‫ דור‬/ ‫)שׁכן‬.  Zimmerli, Ez II, 757 schreibt: Hier „wird ganz wie in [Ez] 17,23 (Dn 4,9 Mk 4,32 par.) das mütterlich behütende Wesen dieses gewaltigen Weltenbaumes, an dem alles Leben hängt, geschildert“.  So auch Greenberg, Ez I, 369, der zu Ez 17,23 schreibt: „Da Vögel zu Zedern dazugehören ([…] Ps 104,16 f), sind sie hier wörtlich zu verstehen. Sie dienen dazu, die Fülle der Zeder zu illustrieren. Sie sind kein Bild für die Völker“; vgl. auch Zimmerli, Ez II, 757.  Zum typischen Motiv der Gotteserkenntnis durch die Völker, wie es in den Schriften Israels häufiger belegt ist, vgl. Kap. 2.2.3.  Vgl. Greenberg, Ez I, 369; Herrmann, Ez, 107. Im Zusammenhang seiner Analyse von Mk 4,32 und Ez 17,23 verweist auf diesen Sachverhalt auch Liebenberg, Language, 293.

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7 Der Weltenbaum – Partizipation der Völker am Heil?

Tiere) Frucht bringt, werden die einzelnen Bildelemente in der Deutung durch Daniel näher bestimmt. Der Baum ist, wie bereits gesagt, der König. In V. 18[21]LXX heißt es dann: Dan ,[]LXX καὶ πάντα τὰ πετεινὰ τοῦ οὐρανοῦ τὰ νοσσεύοντα ἐν αὐτῷ ἡ ἰσχὺς τῆς γῆς καὶ τῶν ἐθνῶν καὶ τῶν γλωσσῶν πασῶν ἕως τῶν περάτων τῆς γῆς καὶ πᾶσαι αἱ χῶραι σοὶ δουλεύουσι

Dan ,[]LXX Und alle Vögel des Himmels, die in ihm nisteten, die Stärke der Erde und der Völker und aller Zungen/Sprachen bis an die Enden der Erde und alle Orte dienen dir.

Die Vögel werden hier näher bestimmt. So entsprechen sie in dieser Version des Danielbuchs tatsächlich auf der direkten Textebene den Völkern. Sie wären dann Bewohner im Großreich der Weltmacht Babylon, in das selbstverständlich verschiedene Völker inkorporiert waren.¹⁶ Bemerkenswert ist dabei, dass die Vögel zwar Völker sind, doch die Perspektive nicht israelzentriert ist, sondern vom babylonischen Großkönig ausgeht, wodurch auch Israel ein Teil dieser Völker ist.

7.1.2 Konsequenzen für Mt 13,31 f Sind die Vögel nur über Dan 4 plausibel als Völker zu deuten, so stellt sich die Frage, ob ein Bezug darauf eine größere Plausibilität innehat als auf Ez 17,23 und/ oder Ez 31. Allein von Mt 13,31 f her lässt sich dies aufgrund des knappen Textmaterials jedoch kaum plausibel machen. Etwas deutlicher wird der Befund, wird die Rezeption von Daniel und Ezechiel für das gesamte Evangelium mitbetrachtet.

 In diesem Sinne auch schon Smend, Ez, 248 über Ez 31,6 (mit Verweis auf Ez 17,23; 31,13; Dan 4,9): „An diesem Wunderbaume suchten alle Vögel und Thiere [sic!] Wohnung und Schutz: Aegyptens Bundesgenossen und sein ‚Getümmel‘“. Ähnlich deutet der TargumJon zu Ezechiel: Allerdings werden die Vögel in den beiden wichtigsten Stellen dieses Bildes (Ez 17,23 und 31,6) sehr unterschiedlich gedeutet. Zum einen verkörpern sie in Ez 17,23 alle Gerechten (‫)כל צדיקיא‬, die auf den großen König (‫ ;מלך תקיף‬im MT die Zeder: ‫ )ארז אדיר‬vertrauen, und alle Armen (‫)כל ענותניא‬, die im Schatten der Königsherrschaft wohnen (‫)בטלל מלכותיה ישרון‬. Anders hingegen in Ez 31,6. Hier werden die Vögel (‫ )כל־עוף השמים‬zu gewaltigen Städten (‫)כרכין תקיפין‬, die auch nicht mehr selbstständig in den Zweigen nisten (‫)קננו בסעפתיו‬, sondern durch die Truppen des Königs (durch die starken Äste des Baumes) erobert werden (‫)במשריתיה כביש‬. Die Tiere werden ebenso zu Staaten (‫)כל מדינת ארעא‬. Auch die Völker, die bereits im MT eine eigenständige Größe neben den Vögeln und Tieren sind, werden vom Targum wieder genannt (‫)כל עממין סגיאין‬.

7.1 Das Gleichnis vom Senfkorn: Mt 13,31 f als Darstellung des Weltenbaums

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Sicher ist, dass beide zu den Schriften gehören, auf die breit angespielt wird, obwohl aus keiner der beiden ein ausführlicheres, explizites Schriftenzitat stammt.¹⁷ Zum Teil finden sich Verse, in denen sowohl auf Ezechiel als auch auf Daniel angespielt wird.¹⁸ In den Darstellungen zum Gericht über die galiläischen Städte (Mt 11,20 – 24)¹⁹ und zum Weltgericht (Mt 25,31– 46)²⁰ spielen ebenfalls beide Texte eine Rolle. Doch werden sie nicht überall für die gleichen Themen als Referenztexte herangezogen: So ist Ez 34 für die mt Darstellung des davidischen Messias als Hirte und Israel als Herde wichtig²¹ sowie für die mt Polemik gegen die Autoritäten (Mt 9,36).²² Daniel hingegen wird schwerpunktmäßig für die Darstellung des Menschensohns und damit verbundene Motive wie die universale Herrschaft herangezogen.²³ In Mt 13,31 f ist von dem Menschen (ἄνθρωπος) die Rede, der den Samen auf seinen Acker (ἐν τῷ ἀγρῷ αὐτοῦ) sät,²⁴ wodurch die Universalität des Königreichs der Himmel betont wird.²⁵ Insofern scheint es

 Eine gewisse Ausnahme stellt Mt 24,15 dar, da dort immerhin vom Spruch des Propheten Daniel (τὸ ῥηθὲν διὰ Δανιὴλ τοῦ προφήτου) gesprochen wird. Der tatsächliche Spruch ist jedoch kein ganzer Satz, sondern der Ausdruck τὸ βδέλυγμα τῆς ἐρημώσεως aus Dan 12,11.  Vgl. z. B. Mt 24,15 mit Ez 42,13/Dan 9,24– 26; 11,31; 12,11; Mt 27,52 mit Ez 37,12 f/Dan 12,2; Mt 26,64 mit Ez 1,1– 5/Dan 7,13 f.  Mt 11,21/Dan 9,3 und Mt 11,23/Ez 31,14 f.  Mt 25,31/Dan 7,13 f; Mt 25,32/Ez 34,17.20; Mt 25,35/Ez 18,7.9.16 und Mt 25,46/Dan 12,2.  Eine ausführliche Analyse des Bezugs zwischen Mt und Ez 34 und Jesu Rolle als davidischer Hirte findet sich bei Heil, „Ezekiel 34“, 698 – 708; Baxter, „Healing“, 36 – 50, bes. 43 – 45; Chae, Shepherd, 205 – 219.351– 353.  Vgl. Konradt, Israel, 38 – 41.  Vgl. Mt 19,28; 24,30; 25,32; 26,64; 28,18. Zur Vorstellung des Menschsohnes als Weltenherr vgl. ausführlicher Kapitel 10.4.  Dass mit dem Menschen Jesus gemeint ist, wird nicht explizit, lässt sich aber durch die Deutung des Gleichnisses vom Unkraut mithören (so z. B. Jülicher, Gleichnisreden I, 576; Heatherley, Parables, 117; explizit von Mt 13,24 her deuten Kingsbury, Parables, 80; Klauck, Allegorie, 218; Roloff, Gleichnisse, 60). Andererseits ist Mt 13,31 f parallel zu 13,33 gestaltet, in dem von einer Frau die Rede ist, wodurch die beiden Gleichnisse auch als typisch mt Pärchen einer weiblichen und einer männlichen Aktivität verstanden werden können (vgl. ähnlich Mt 7,24– 27/ 25,1– 13 oder Mt 24,40/24,41). Letzteres wird z. B. von Blomberg, Gleichnisse, 255 f vertreten, der jedoch weniger mit ähnlichen Stellen im Mt als mit der Parallelität der beiden Gleichnisse im Unterschied zu Mk argumentiert; ähnlich Ewherido, Gospel, 145, der zugleich den Acker als Gottes Feld deutet (146). Für die Notwendigkeit einer Interpretation, die sowohl für das Gleichnis vom Senfkorn als auch für die des Sauerteigs passt, spricht sich Jones, Parables, 323 aus.  Carter, „Gospel“, 197 weist darauf hin, dass der Beginn des Königreichs der Himmel im Wirken Jesu nicht klein ist, wie das Bild des kleinsten Samens suggeriert, da er z. B. alle Kranken heilt (vgl. z. B. Mt 4,23 – 25; 8,16; 9,35). „Designating this widespread activity, its significant impact, and its transformative effect as ‚small‘ highlights the contrast with the future and full activity of God.“ Anders hingegen deutet Roloff, Gleichnisse, 61 den kleinen Anfang im Senfkorn:

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7 Der Weltenbaum – Partizipation der Völker am Heil?

plausibler, Dan 4,18[21]LXX als direkten Bezugstext anzunehmen²⁶ und auch eine Deutung der Vögel in Mt 13,32 als Völker, die in die Basileia kommen, wäre in diesem Licht durchaus möglich. Allerdings sei auch hier noch einmal darauf hingewiesen, dass die ἔθνη in Dan 4,18[21]LXX nicht die Völker aus der Perspektive Israels meint, sondern Israel selbst eines dieser Völker verkörpert.²⁷ Die Inklusion Israels wird weiterhin dadurch gestützt, dass κατασκηνόω auch das sichere Wohnen Israels meinen kann, wenn Gott einen neuen Spross Davids erwecken wird (Jer 23,5 fLXX) oder es aus dem Exil nach Zion zurückkehrt (Sach 8,8LXX).²⁸ Ein deutlicher Unterschied zwischen dem mt Text und den Bezugstexten aus den Schriften besteht darin, dass die Vögel zunächst noch nicht im Baum sind. Vielmehr kommen sie selbstständig hinzu, nachdem der Same zum Baum wurde: ὥστε ἐλθεῖν τὰ πετεινὰ τοῦ οὐρανοῦ. Insofern erinnern sie an die „Vielen“ aus Mt 8,11, die ebenfalls selbstständig zur Mahlgemeinschaft mit den Erzvätern in der Basileia hinzukommen (ὅτι πολλοὶ ἀπὸ ἀνατολῶν καὶ δυσμῶν ἥξουσιν).²⁹ Beide Male steht ein Verb, das hinzukommende Bewegung ausdrückt (ἥκω [Mt 8,11] und ἔρχομαι [Mt 13,32]).³⁰ Diese Parallelität wird dadurch gestützt, dass es in beiden Fällen um eine gemischte Gruppe aus Israel und den Völkern geht.³¹ Demnach

„Es geht auch hier um Menschen, die Jesus in die Welt hineingesät hat. Konkret wird man an den kleinen Kreis der Zwölf zu denken haben, die Jesus berief und mit der Sammlung des Gottesvolkes beauftragte“. Ähnlich auch Burchard, „Senfkorn“, 105.  Dafür, dass Dan 4,18[21]LXX die engste Parallele darstellt, spricht sich auch Roloff, Gleichnisse, 60, Anm. 99 aus.  Für einen stärkeren Einfluss von Ez 17,23 auf Mt 13,31 f spricht sich Klauck, Allegorie, 213 aus. Dass Ez 17,23 f im mt Gesamtkontext schwerlicher den Hintergrund von Mt 13,31 f darstellt, wird auch an der Auslegung der mk Parallele von Funk, „Looking-Glass“, 7 deutlich, der Ez 17,24 (besonders die Phrase ἐγὼ κύριος ὁ ταπεινῶν ξύλον ὑψηλὸν καὶ ὑψῶν ξύλον ταπεινόν) als Bezugstext stark macht. In diesem Zusammenhang deutet er die Senfkornpflanze als jenes kleine Holz, das durch JHWH erhöht wird, wohingegen Israels Hoffnungen, die stolze Zeder, erniedrigt werde. Doch werden die Verheißungen Gottes an Israel im Mt gerade nicht gebrochen, sondern erfüllen sich im davidischen Messias (vgl. Mt 9,36; 10,6; 11,5; 15,24 u.ö).  Auf diesen Zusammenhang verweist auch Klauck, Allegorie, 216.  Manson, Teaching, 133 parallelisiert ebenfalls mit Mt 8,11. Dodd, Parables, 191 geht sogar soweit, eine Parallele zum großen Festmahl zu ziehen. Auf einen wichtigen Unterschied weist jedoch Burchard, „Senfkorn“, 105 hin, da die Vögel zwar im Baum Schutz suchen, doch anders als in Mt 8,11 f nicht erst im Eschaton. Ebenso Ewherido, Gospel, 148.  Ähnliches gilt für die Magier in Mt 2,1 (μάγοι ἀπὸ ἀνατολῶν παρεγένοντο) sowie 2,2 (καὶ ἤλθομεν), die zwar nicht in die Basileia, jedoch zum messianischen Kind kommen.  Vgl. zur Argumentation dieser Deutung für Mt 8,11 Kap. 4.3.2.Von einer gemischten Gruppe für Mt 13,32 geht auch Klauck, Allegorie, 218 aus: „Der Ausblick ὥστε ἐλθεῖν κτλ. hat ekklesiologische Konsequenzen. Die Kirche als die Statthalterin der kommenden Basileia vereinigt in sich Juden (10,6; 15,24) und Heiden (24,24; 28,19).“ Ebenso Kingsbury, Parables, 82; Gemünden, Vegetationsmetaphorik, 202; Roloff, Gleichnisse, 62.

7.2 Zwischenfazit

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wäre es innerhalb des mt Konzeptes sowie durch den Bezug auf Dan 4,18[21]LXX möglich, in den Vögeln eine ähnliche Gruppe wie in den πολλοί zu sehen und somit eine innergemeindliche Gruppierung aus Juden und Menschen aus den Völkern anzunehmen. Innermatthäisch wird damit eine gewisse Dynamik innerhalb der Gleichnisse deutlich: Während sich das Gleichnis vom Sämann (Mt 13,1– 9.18 – 23) noch auf Jesu Wirken in Israel bezieht, kommt in Mt 13,24– 30.36 – 43 mit dem Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen die Gemeinde in ihrer universalen Dimension in den Blick.³² Insofern blickt das Gleichnis vom Senfkorn nicht auf das jesuanische Wirken an Israel während seiner irdischen Sendung, sondern formuliert ein Ziel, das nach Tod und Auferstehung Jesu liegt und auch über die Anfänge der kleinen christusgläubigen Gemeinde hinausreicht, wobei die Vögel die Jünger aus Israel und den Völkern symbolisieren. Auf diesem Hintergrund ist die Vorstellung der Völkerwallfahrt, wie sie z.T. vertreten wird,³³ auch für Mt 13,31 f abzulehnen. Durch Ez 17,23 wäre mit dem Ausdruck ‫ בהר מרום ישראל‬/ ἐν ὄρει μετεώρῳ τοῦ Ισραηλ ein eindeutig zionstheologischer Aspekt angesprochen (ähnlich ließe sich mit 1Hen 90,33 argumentieren, da auch dort ein Tempelbezug besteht. Doch ist dieser Text, wie bereits gesagt, durch das fehlende Baummotiv für Mt 13,31 f weniger relevant). In Dan 4 hingegen wird durch den Baum ein ausländischer Großkönig symbolisiert, wodurch der Bezug zum Zion und somit letztlich zur Wallfahrt zum Tempel fehlt. Hinzu kommt, dass eine gemischte Gruppe aus Völkern und Israel, wie sie sich durch den Bezug auf Dan 4 nahe legt, nicht dem Motiv der Völkerwallfahrt entspricht.

7.2 Zwischenfazit Es lässt sich festhalten, dass die universale Perspektive des Gleichnisses nicht erst durch das Hinzukommen der Vögel eingespielt wird, sondern bereits durch das Motiv des Baumes selbst, der die übrigen Pflanzen des Ackers überragt. Eine Deutung der Vögel als Völker ist nicht zwingend notwendig. Liest man Mt 13,32 jedoch auf dem Hintergrund von Dan 4 und besonders von V. 18[21]LXX, so erhält sie eine gewisse Plausibilität, wobei die Völker dann inklusive Israel zu verstehen sind. Die Vögel sind jedoch ein additives, nicht das entscheidende

 Vgl. ähnlich auch Mt 13,47.  Vgl. Jeremias, Jesu Verheißung, 59; Gnilka, Mt I, 495: „Man darf im Bild von den Himmelsvögeln, die im weiten Wipfel nisten, ein Abbild der prophetischen Idee der Völkerwallfahrt erblicken.“ Wie diese Deutung zu plausibilisieren ist, wird nicht weiter ausgeführt. Auf entsprechende Stellen aus den Schriften Israels (Ps 87; Jes 2,2– 5; 56,5 – 8; 60,11– 14) verweist auch Ewherido, Gospel, 147.

234

7 Der Weltenbaum – Partizipation der Völker am Heil?

Element für die Universalität und verstärken diese lediglich. Die Tatsache, dass die Vögel erst zum Baum kommen, wenn dieser groß geworden ist, würde zum mt Verständnis passen, wonach die Völker in der Sendung des irdischen Jesus noch nicht mitangesprochen sind, sondern erst nach seiner Auferstehung (Mt 28,19 f). Insofern stehen die Vögel für die Jünger, die nach dem Säen des ersten Samens zur Basileia hinzukommen. Für die mt Rezeption der Schriften bedeutet dies, dass hier ein (altorientalisches) Motiv aufgenommen wurde, das in den Schriften zwar selten belegt ist, jedoch gerade in Kontexten vorkommt, die für Matthäus auch in anderen Zusammenhängen wichtig sind, wodurch die Deutung des Gleichnisses innerhalb dieses Rahmens plausibilisiert wird. Was bereits anhand der Rezeption der Zionstheologie deutlich wurde, wird hier weiter verstärkt. Es geht nicht mehr um eine Wallfahrt zum Zion, sondern zur Gemeinde. Matthäus rezipiert die Vorstellung vom Weltenbaum also einerseits autorisierend, da durch ihn die Heilsschilderung in Mt 13,31 f verdeutlicht wird, andererseits rezipiert er ihn auch transformierend, da er den Topos zugleich an seine Theologie anpasst: Es handelt sich nicht mehr um einen Weltenherrscher aus den Völkern,³⁴ sondern um das Königreich der Himmel. Indem die Jünger aus Israel und den Völkern zur Basileia hinzukommen, partizipieren sie am Heil, das durch den Menschensohn in die Welt gebracht wurde.

 Anders hingegen Carter, „Gospel“, 200 f, der in Mt 13,31 f durchaus den Versuch sieht, mit der Rezeption des Weltenbaummotivs eine Aussage über das Verhältnis von römischer Fremdherrschaft und Gottesreich zu machen.

8 Licht der Tora – Partizipation der Völker am Heil? Im Folgenden gilt es nun auf die Bedeutung der Tora einzugehen. In den Schriften wird besonders in Jes 2,3 und 51,4 f deutlich, dass die göttliche Tora auch an die Völker ergeht:¹ Gottes Recht ist Licht für die Völker (Jes 51,4).² Sein Heil tritt hervor (‫)יצא ישעי‬³ und die Völker (wörtlich: die Inseln) hoffen darauf (Jes 51,5). Was in der Theologie Jesajas bezüglich der universalen Perspektive in Jes 51,4 f in einer einzigen Weissagung zusammengestellt ist, wird inhaltlich auch von Matthäus an verschiedenen Stellen seiner Erzählung ausgeführt. Matthäus bezieht sich dazu jedoch nicht explizit auf Jes 51,4 f, sondern spielt stattdessen die verschiedenen Aspekte durch die Zitate von Jes 8,23 – 9,1 und 42,1– 4 ein: In Mt 4,12– 16 (unmittelbar vor dem Beginn von Jesu öffentlicher Verkündigung) wird durch das über der Finsternis aufscheinende Licht der Aspekt des messianisch-göttlichen Rechts eingeführt (8.1). Diese Perspektive wird in Mt 5,13 – 16 bestätigt, indem nun auch die Jünger zum Licht der Welt werden (8.2). Dies führt schließlich dazu, dass in Mt 12,15 – 21 die universale Perspektive zum ersten Mal explizit angesprochen wird, indem den Völkern die Aufrichtung des Rechts angekündigt wird (8.3). Dieser Zusammenhang führt schließlich zu der Überlegung, welche Rolle die Tora besonders angesichts der Aufnahme von Heidenchristen in die mt Gemeinde für jene spielte (8.4).

8.1 Das Volk, das im Finstern sitzt, sieht ein Licht – Mt 4,12 – 16 und Jes 8,23 – 9,1 Durch die Stellung von Mt 4,12– 16 am Ende des Prologs⁴ erhält das Zitat in V. 15 f ein besonderes Gewicht und kann als programmatisch für die mt Theologie an Vgl. Kap. 2.3.6.  Auch in den frühjüdischen Texten wird die Lichtmetapher gerne mit der Tora und dem Leben nach den göttlichen Geboten in Verbindung gebracht (vgl. z. B. 2Bar 17,4; 59,2; 77,13 – 16; TestLev 14,3 f; 19,1; TestBenj 5,3; SapSal 18,4; LAB 11,1 f).Weiterhin eventuell 1QHa XII,5 f.23 (DJD 40), wobei der Begriff Gesetz oder Tora nicht explizit vorkommt.  In Jes 51,4LXX tritt das göttliche „Heil“ wie „Licht“ heraus (καὶ ἐξελεύσεται ὡς φῶς τὸ σωτήριόν μου).  Vgl. Konradt, Mt, 58. Uneinigkeit besteht unter den Auslegern, ob V. 17 noch zur Perikope Mt 4,12– 16 gehört und damit den Prolog abschließt, oder ob sie den folgenden Abschnitt einleitet. Für Ersteres sprechen sich aus: Neirynck, „ΑΠΟ ΤΟΤΕ ΗΡΞΑΤΟ“, 25 – 59; Grundmann, Mt, 104; Luz, Mt I, 34 f.237 f, der diese Position jedoch in Luz, „Jesus-Christus-Geschichte“, 398 revidiert https://doi.org/10.1515/9783110594287-009

236

8 Licht der Tora – Partizipation der Völker am Heil?

gesehen werden. Unmittelbar im Anschluss an die Versuchungsszene (Mt 4,1– 11) wird beschrieben, wie Jesus Nazareth verlässt und nach Kapernaum zieht.⁵ Durch die Übersiedlung wird gleichzeitig ein neuer Abschnitt eingeführt. Besonders betont wird, dass Kapernaum im Land Naftali und im Land Sebulon liege, was im Anschluss durch ein Erfüllungszitat begründet wird, das als Spruch Jesajas (= Jes 8,23 – 9,1) gekennzeichnet ist (ἵνα πληρωθῇ τὸ ῥηθὲν διὰ Ἠσαΐου τοῦ προφήτου λέγοντος; Mt 4,14). Durch die ungewöhnliche örtliche Näherbestimmung Kapernaums entsteht der Eindruck, als sei die Ortsangabe in Mt 4,13 angeführt, um einen Anschluss an das für Matthäus wichtige Jesajazitat zu bieten.⁶ Die faktische Ortslage Kapernaums erscheint weniger wichtig,⁷ da Kapernaum – anders als im mt Text – im Gebiet von Naftali, nicht jedoch von Sebulon liegt.⁸ In Sebulon hingegen liegt Nazareth, das Jesus gerade verlassen hat. Durch die doppelte Ortsnennung, nämlich Nazareth, das die Verbindung zu den bisherigen Ereignissen darstellt, und Kapernaum, das zu einem der wichtigsten Orte der Jesusbewegung werden soll und somit die Verbindung zur weiteren Erzählung herstellt, erhält die Perikope, in die das Jesajazitat eingebunden ist, eine Brückenfunktion.⁹ Für die vorliegende Fragestellung ist besonders das Jesajazitat von Bedeutung, das im mt Kontext mehrere Funktionen erfüllt:¹⁰ Zunächst wird dadurch ein Nachweis aus den Schriften für Jesu Umzug von Nazareth nach Kapernaum ge-

und sich wie die Folgenden für Zweites ausspricht: MacNeile, Mt, 44 f; Lohmeyer/Schmauch, Mt, 64 f; Krentz, „Matthew’s Prologue“, 410 f; Kingsbury, Structure, 9; Schnackenburg, Mt I, 5 f; Verseput, Rejection, 18 – 21; Gnilka, Mt I, 99; Weren, „Quotations“, 462; Carter, „Evoking Isaiah“, 514; Konradt, Mt, 59.  Die sprachliche Gestaltung ist ähnlich Mt 2,22 f. Vgl. Weren, „Quotations“, 462, Anm. 27; Konradt, Mt, 58. Josef geht nach der Rückkehr aus Ägypten nicht zurück nach Bethlehem, sondern zieht mit seiner Familie nach Galiläa (in Mt 2,22 heißt es ἀκούσας δὲ ὅτι […] ἀνεχώρησεν εἰς τὰ μέρη τῆς Γαλιλαίας.Vgl. dazu in Mt 4,12 die Parallele ἀκούσας δὲ ὅτι […] ἀνεχώρησεν εἰς τὴν Γαλιλαίαν), genauer nach Nazareth (καὶ ἐλθὼν κατῴκησεν εἰς πόλιν λεγομένην Ναζαρέτ; Mt 2,23; vgl. dazu Mt 4,13: ἐλθὼν κατῴκησεν εἰς Καφαρναούμ).  Anders urteilt Luz, Mt I, 233: „Es ist deutlich, daß hier eine Spannung besteht und daß Mt das Zitat nur wegen ‚Galiläa der Heiden‘ und gerade nicht wegen der geographischen Angaben übernommen hat“.  So letztlich auch France, Mt, 141, der betont: „[T]ribal areas had little actual relevance by NT times. Matthew combines the two tribes in order to echo Isaiah’s prophecy“.  Vgl. auch Grundmann, Mt, 105; Davies/Allison, Mt I, 379; Gnilka, Mt I, 95; Tisera, Universalism, 87 f; Gundry, Mt, 60; Giesen, „Galiläa“, 32.  Soares-Prabhu, Formula Quotations, 86 spricht in diesem Zusammenhang ebenfalls von einer „bridge quotation“.  Vgl. Weren, „Quotations“, 462 f.

8.1 Das Volk, das im Finstern sitzt, sieht ein Licht – Mt 4,12 – 16

237

boten.¹¹ Der Ort Kapernaum wird in den Schriften Israels nirgends genannt, sodass Jesu Umzug dorthin explizit begründungsbedürftig erscheint.¹² Zudem werden christologische Aspekte der Sendung Jesu angesprochen, die besonders durch die Stellung des Zitats unmittelbar vor Beginn der öffentlichen Verkündigung Jesu für dessen Auftrag von grundlegender Bedeutung sind.¹³ Die Bedetung des Jesajazitates für die mt Christologie wird weiter dadurch untermauert, dass drei weitere für die Christologie relevante Erfüllungszitate im Mt aus Jesaja stammen (Jes 7,14 [=Mt 1,23]; 53,4a [= Mt 8,17] und 42,1– 4 [= Mt 12,18 – 21]). Für diese stellt Wilhelm Rothfuchs fest: „Vor allem aber bilden diese vier Erfüllungszitate insofern ein ‚Corpus‘ für sich, als sie die Heilsbedeutung des Wirkens Jesu an den Verlorenen vom Hause Israel ausdrücken. Es ist diese Heilsverkündigung des Werkes Jesu an Israel, die der Evangelist mit dem Namen des Propheten Jesaja betont in Verbindung gebracht hat.“¹⁴ Diese These ist jedoch zu relativieren: Während der Bezug auf Israel nicht von der Hand zu weisen ist, zeigen die folgenden Auslegungen, dass das Zitat aus Jes 8,23 – 9,1 (und auch Jes 42,1– 4¹⁵) nicht auf den Auftrag Jesu an Israel allein bezogen werden kann, sondern dass in ihm bereits universalisierende Aspekte deutlich werden. Im Folgenden soll besonders an diesen dritten Aspekt angeknüpft werden: Woran lässt sich festmachen, dass mit dem Jesajazitat (8,23 – 9,1) eine implizite Ausrichtung auf die Soteriologie der Völker gegeben ist? Worin besteht die ihnen

 Bereits die Umsiedlung von Bethlehem nach Nazareth nach dem ägyptischen Exil wurde mit einem Schriftenzitat begründet (Mt 2,21– 23). Möglicherweise ist darin ein apologetisches Anliegen zu erkennen, da nach frühjüdischer Erwartung der davidische Messias, wie David selbst, aus Bethlehem stammen müsste (Tisera, Universalism, 99; Klostermann, Mt, 30; Stendahl, „Quis et Unde“, 98; Tatum, „Origin“, 523). Dabei ist jedoch anzumerken, dass der mt Text (anders als bei Lukas, vgl. Lk 2,39) so zu deuten ist, dass die Familie Jesu durchaus direkt aus Bethlehem stammt: In Mt 2,11 ist von einem Haus (ὀικία) in Bethlehem die Rede, in dem Jesus geboren wird. Dies lässt darauf schließen, dass Josef und Maria zunächst in Bethlehem lebten, statt wie im Lk im Zuge einer Volkszählung von Nazareth nach Bethlehem zu gehen (vgl. Davies/Allison, Mt I, 248; Gundry, Mt, 31).  Vgl. Grundmann, Mt, 109; Davies/Allison, Mt I, 379; Tisera, Universalism, 88, Anm. 31; Giesen, „Galiläa“, 32.  So lässt sich die Vorstellung des aufgehenden Lichtes im Jesajazitat mit dem anschließenden Beginn der Predigt Jesu in Beziehung setzen (siehe dazu Kap. 8.2). Ausleger, die V. 17 zur gleichen Perikope zählen, können diesen Zusammenhang sogar noch stärker betonen (vgl. Weren, „Quotations“, 462; Luz, Mt I, 232). Jedoch spricht auch ein Neueinsatz in V. 17 nicht gegen diesen Zusammenhang, da dann das Zitat aus Jes 9,1 den Abschluss des Prologs bildet und somit, wie bereits erwähnt, programmatisch dem Folgenden vorgeschaltet ist.  Rothfuchs, Erfüllungszitate, 43. In diesem Sinn auch Beaton, Isaiah’s Christ, 86 – 121, bes. 86 f.  Vgl. dazu Kap. 8.3.

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8 Licht der Tora – Partizipation der Völker am Heil?

geltende Heilsverheißung? Was lässt sich in diesem Zusammenhang über die mt Rezeption der Schriften sagen?

8.1.1 Das Erfüllungszitat Jes 8,23 – 9,1 in Mt 4,15 f – sprachliche Eigenheiten Im Folgenden sollen zunächst die sprachlichen Eigenheiten des Zitats beschrieben werden. Es geht im Rahmen dieser Arbeit nicht darum, die Frage nach der mt Vorlage zu klären,¹⁶ vielmehr dient der Vergleich mit MT und LXX¹⁷ der präziseren Profilierung der Eigenheiten der mt Wiedergabe des Jesajazitats und ihrer theologischen Implikationen.¹⁸ Jes , – ,MT Jes , – ,LXX , , ‫כי לא מועף לאשר‬ καὶ οὐκ ἀπορηθήσεται ὁ ἐν ‫ מוצק לה‬στενοχωρίᾳ ὢν ἕως καιροῦ. ‫ כעת הראשון הקל‬τοῦτο πρῶτον ποίει, ταχὺ¹⁹ ποίει, ‫ ארצה זבלון‬χώρα Ζαβουλων, ‫ וארצה נפתלי‬ἡ γῆ Νεφθαλιμ ²⁰‫והאחרון הכביד‬

Mt , f

,

γῆ Ζαβουλὼν καὶ γῆ Νεφθαλίμ,

 Vgl. Kap. 1.3.3.  Zum Vergleich von Jes 8,23b–9,6 in MT und LXX ohne Mt 4,15 f vgl. Lust, „Messianism“, 153 – 169, wobei dort besonders der Messianismus der LXX-Variante im Fokus steht.  Vgl. Beaton, Isaiah’s Christ, 141: „[W]hen placed over against the other versions, the anomalies that arise in Matthew’s text have the potential of indicating Matthew’s particular interests. One must be cautious, however, for this method relies upon the ability of the interpreter to determine which changes are truly Matthean“. Doch gilt es zu bedenken, dass – selbst wenn nicht endgültig bestimmt werden kann, welche Änderungen mt sind – der Verfasser des Mt das Zitat doch genau in dieser Variante eingefügt hat, womit wiederum sein spezifisches Interesse zum Ausdruck kommt. Demnach sind nicht nur die mt Veränderungen von Interesse, sondern die Gestalt des gesamten Zitates ist aussagekräftig.  In den Erläuterungen und Kommentaren zur Septuaginta Deutsch stellen die Kommentatoren des Jesajabuches (K. Balzer; K. Koenen; A. van der Kooij; F. Wilk und J. Kabiersch) fest, dass der Septuagintaübersetzer möglicherweise ‫ הקל‬als Hif’il Imperativ zu ‫ קלל‬las, was „schnell sein“ bedeutet (mit Verweis auf Hab 1,8). Allerdings hat ‫ קלל‬nur im Qal die Bedeutung „schnell sein“ (siehe ebenfalls Hab 1,8, da dort keine Hif’il, sondern eine Qal-Verbform bezeugt ist). Im Hif’il hat ‫ קלל‬die Bedeutungen „leicht machen; sich erleichtern; jmd. eine Last wegnehmen; geringschätzen; verachten“.  Nicht eindeutig zu klären ist, ob ‫ הכביד‬in seiner ersten Bedeutung mit „schwer machen“ eine Steigerung oder Parallele zu ‫ הקל‬darstellt, oder mit seiner zweiten Bedeutung „zu Ehren bringen“ als Kontrast zu lesen ist. Somit wäre auch die Übersetzung möglich: „Wie die frühere Zeit leicht gemacht hat, Land Sebulon, Land Naftali, macht aber die spätere schwer den Weg des Meeres, jenseits des Jordans, Gebiet der Völker.“ Viele Ausleger übersetzen als Kontrast, vgl. exemplarisch

8.1 Das Volk, das im Finstern sitzt, sieht ein Licht – Mt 4,12 – 16

‫ דרך הים‬ὁδὸν θαλάσσης καὶ οἱ λοιποὶ οἱ τὴν παραλίαν κατοικοῦντες ‫ עבר הירדן‬καὶ πέραν τοῦ Ιορδάνου, ‫ גליל הגוים׃‬Γαλιλαία τῶν ἐθνῶν, τὰ μέρη τῆς Ιουδαίας. ‫העם ההלכים‬, ‫בחשך‬ ‫ראו אור גדול‬ ‫ישבי בארץ‬ ²¹‫צלמות‬ ‫אור נגה עליהם׃‬ Jes , – ,MT , Denn, nicht ist Finsternis, wovon gilt Bedrängnis ist dort. Wie die frühere Zeit Verachtung (brachte) zum Land Sebulon und zum Land Naftali, bringt aber die spätere zu Ehren den Weg des Meeres

239

ὁδὸν θαλάσσης,

πέραν τοῦ Ἰορδάνου, Γαλιλαία τῶν ἐθνῶν,

,

ὁ λαὸς ὁ πορευόμενος ἐν σκότει, ἴδετε φῶς μέγα· οἱ κατοικοῦντες ἐν χώρᾳ καὶ σκιᾷ θανάτου, φῶς λάμψει ἐφ᾽ ὑμᾶς.

, ὁ λαὸς ὁ καθήμενος ἐν σκότει φῶς εἶδεν μέγα, καὶ τοῖς καθημένοις ἐν χώρᾳ καὶ σκιᾷ θανάτου φῶς ἀνέτειλεν αὐτοῖς.

Jes , – ,LXX , Und nicht wird der in Not Seiende keinen Ausweg haben bis zur Zeit. Mache dieses zuerst, mache schnell, Gebiet Sebulon, Land Naftali,

Mt , f

Weg des Meeres²² und die übrigen, die am Meer wohnen

dem Meer zu,

,

Land Sebulon und Land Naftali,

Kaiser, Jes I, 195.198; Beuken, Jes, 234.236 f; Wildberger, Jes I, 372: „Die beiden Verben könnten also durchaus Parallelbegriffe sein. Das ist aber, da der früheren Zeit die spätere entgegengestellt wird, ausgeschlossen […]. Wie aber faßt man sie als Konträrbegriffe auf? Wird dem schweren Geschick der Vergangenheit das leichte einer heilvollen Zukunft gegenübergestellt oder ist das Umgekehrte der Fall? Die erstere Möglichkeit hat alle Wahrscheinlichkeit für sich“. Anders jedoch z. B. Blenkinsopp, Jes I, 245 f, der die Begriffe als parallel verwendet übersetzt. Ebenfalls unklar ist die zeitliche Zuordnung der beiden qatal-Verbformen, da beide nachzeitig gelesen werden können oder aber eine als nachzeitig und die andere als präsentisch bzw. futurisch (vgl. Beuken, Jes, 237). Die zweite Option passt besonders, wenn bei der Übersetzung der Verben der kontrastive Aspekt stark gemacht wird.  Vgl. Wildberger, Jes I, 364: „‫ צלמות‬ist von den Versionen als Kompositum aus ‫ ֵצל‬und ‫ָמ ֶות‬ verstanden worden […]. Trotz dieser einhelligen Überlieferung ist das Wort der Wurzel ‫‚ צלם‬dunkel sein‘ zuzuordnen. Das Hebräische kennt keine derartigen Komposita, und wo sich die Vokabel sonst im AT findet, empfiehlt sich die Bedeutung ‚Dunkelheit, Finsternis‘, die auch hier durch den Parallelismus nahegelegt ist. Das Wort ist als ‫ ַצְלמוּת‬oder (eher) ‫ ַצְלמוֹת‬zu vokalisieren“.  Es wäre auch möglich ὁδὸν θαλάσσης als „entlang des Meeres“ oder „in Richtung des Meeres“ zu übersetzen, entsprechend dem Gebrauch von ὁδόν in anderen LXX-Belegen (Ex 13,17 f; Num 21,33; Dtn 1,40; 3,1), vgl. auch Kap. 8.1.1.1.

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8 Licht der Tora – Partizipation der Völker am Heil?

jenseits des Jordans, der Bezirk der Völker ,

Das Volk, das geht in Finsternis, sieht ein großes Licht. Die, die sitzend im Land der Dunkelheit, Licht leuchtet über ihnen.

und jenseits des Jordans, Galiläa der Völker, Bezirke Judäas. , Das Volk, das umhergeht in Finsternis, seht ein großes Licht. Die, die wohnen im Gebiet und Schatten des Todes, ein Licht wird über euch scheinen.

jenseits des Jordans, Galiläa der Völker, ,

das Volk, das sitzt in Finsternis, sah ein großes Licht, und den im Gebiet und Schatten des Todes Sitzenden, ihnen ging ein Licht auf.

Der Vergleich der verschiedenen Textfassungen ist im Fall von Mt 4,15 f/ Jes 8,23 – 9,1MT/LXX durch das unklare Textverständnis aller drei Varianten erschwert.²³ Einigkeit besteht in der Forschung jedoch darin, dass das mt Zitat dem MT näher steht als der LXX-Variante, letztlich jedoch weder der einen noch der anderen Variante genau entspricht.²⁴

8.1.1.1 Mt 4,15 Die mt Textform bezeugt Jes 8,23 nicht in vollem Umfang, sondern setzt erst mit γῆ Ζαβουλὼν καὶ γῆ Νεφθαλίμ²⁵ ein.²⁶ Damit entfällt ein Großteil des Satzes, der in

 Dies wird bereits bei einem Vergleich der gängigen Übersetzungen von Jes 8,23 – 9,1 deutlich. Darstellungen wie sie z. B. bei Soares-Prabhu, Formula Quotations, 88 – 95 zu finden sind, werden dem unklaren Befund insofern nicht gerecht, als dass sie die Probleme, die sich allein schon beim Übersetzen von Jes 8,23 ergeben, wie z. B. das unklare Subjekt der Verben oder den genauen Bezug der Wörter untereinander, zu harmonisch darstellen.  Vgl. z. B. Klostermann, Mt, 30; Rothfuchs, Erfüllungszitate, 69; Davies/Allison, Mt I, 380; Weren, „Quotations“, 458; Luz, Mt I, 232; France, Mt, 141. Anders hingegen Sand, Mt, 75. Allgemein von einer unbekannten Vorlage, aus der Matthäus frei zitiert, spricht Grundmann, Mt, 106.  Die Form Νεφθαλίμ ist auffällig. Auch wenn sie nicht nur vom Mt, sondern ebenso von der LXX bezeugt wird, ist ein μ als Finalbuchstabe eines Eigennamens im Griechischen eher unüblich. In der LXX findet sich meistens Νεφθαλι als direkte Übertragung des hebräischen ‫נפתלי‬. Allerdings ist auch die Form Νεφθαλιμ in Jes 8,23LXX keine Ausnahme, sondern findet sich in Jdc 5,18; 7,23; Ez 48,3.34; Tob1,1 u. ö. Bei Josephus hingegen ist für den Sohn Jakobs und Namensgeber des Stammesgebietes Νεφθάλεις (Josephus, Ant 1,305) oder Νεφθάλις (Josephus, Ant 2,181) bezeugt. Für den Stamm Naftali wird Νεφθαλῖτις (Josephus, Ant 5,91.201; 8,76) oder Νεφθάλις (Josephus, Ant 7,58) verwendet.  Mit der doppelten Nennung von γῆ ist das Mt näher am MT, da dort zweimal ‫ ארצה‬steht, wohingegen die LXX zwischen χώρα und γῆ variiert. Zur Übersetzung der LXX vgl. zudem Jes 2,7; 37,7, wo ebenfalls ein doppeltes ‫ ארץ‬mit χώρα und γῆ wiedergegeben ist. Aufgrund der häufigen Nennung von γῆ in Texten, die mt Redaktion sind, spekuliert Beaton, Isaiah’s Christ, 99, ob dahinter möglicherweise eine Theologie des Landes auszumachen ist.

8.1 Das Volk, das im Finstern sitzt, sieht ein Licht – Mt 4,12 – 16

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seiner Deutung im MT wie in der Übersetzung der LXX schwierig ist.²⁷ Auch nicht übernommen hat Matthäus das in der LXX gegenüber dem MT überstehende Textstück καὶ οἱ λοιποὶ οἱ τὴν παραλίαν κατοικοῦντες.²⁸ Gleiches gilt für τὰ μέρη τῆς Ἰουδαίας. Daraus ergibt sich die Schwierigkeit, dass Mt 4,15 keine Verbform bietet, sodass die Ortsangaben des mt Textes in einer absoluten Konstruktion, ohne Bezugswort, stehen.²⁹ Für die masoretische Textform findet sich zum Teil die Annahme, dass die Ortsangaben im Akkusativ stehen.³⁰ Dies ist jedoch nicht unproblematisch, da die Form ‫ ארצה‬kein Akkusativ, sondern ein Lokativ ist, da sie ein He-locale aufweist.³¹ Die LXX bezeugt das Land Sebulon und Naftali im Vokativ.³² In diesem Sinn ist es möglich, die mt Angaben ebenfalls als Vokative zu lesen.³³ Alternativ wäre es auch möglich, die Ortsangaben in Mt 4,15 als Nominativformen zu verstehen und dann als genauere Beschreibung auf ὁ λαός in V. 16  Wie schwierig der hebräische Text ist, wird bereits an den verschiedenen LXX-Fassungen deutlich (vgl. Ziegler, Isaias, 67). Zu weiteren Problemen innerhalb des MT und der LXX sowie zu den Unterschieden innerhalb der Textpassagen, die im Mt entfallen sind, vgl. z. B. Procksch, Jes I, 143 f; Soares-Prabhu, Formula Quotations, 88 – 94; Lust, „Messianism“, 153 – 169; Beuken, Jes, 236 f.  Es wurden verschiedene Lösungsmöglichkeiten bezüglich der LXX-Übersetzung vorgeschlagen. So geht Menken, Matthew’s Bible, 18 f z. B. davon aus, dass dieser Versteil die Übersetzung des hebräischen ‫ והאחרון הכביד דרך הים‬darstellt. Οἱ λοιποί entsprächen dann ‫האחרון‬, das entweder in seiner Bedeutung „letzter; übrig“ verstanden wurde oder sogar mit ‫„( אחרית‬Rest; Überrest“) verwechselt wurde. Das ‫ ה‬des folgenden Wortes wäre entweder ausgefallen oder an das vorausgehende gerückt, womit die Lesart ‫( כ‬als Präposition) + ‫ ביד‬+ ‫ דרך הים‬ermöglicht wäre: „entlang der Seite des Weges des Meeres“. Ὁδὸν θαλάσσης wäre dieser Erklärung zufolge eine Erweiterung, die später im Text ergänzt wurde (entweder aufgrund von anderen LXX-Übersetzungen oder weil die Entstehung der Übersetzung, wie sie dargestellt wurde, nicht mehr nachvollzogen wurde; ebenso wäre eine spätere Beeinflussung durch den mt Text möglich). Eine andere Erklärung findet Gundry, Use, 105 f: Er leitet οἱ λοιποί ebenfalls von ‫ האחרון‬ab, geht jedoch von ‫אחר‬ („nachstellen; zurückbleiben“), evtl. auch ‫ אחרים‬aus. ‫ הכביד‬sei hingegen ausgefallen und ὁδὸν θαλάσσης eine spätere Ergänzung (so Lust, „Messianism“, 161), da der Übersetzer sonst im Textverlauf gesprungen wäre, nur um den Ausdruck ‫ דרך הים‬am Ende zweimal unterschiedlich zu übersetzen. Vgl. weiterhin Ez 25,16, wo sich eine ähnliche Formulierung findet. Beaton, Isaiah’s Christ, 100, Anm. 58 hingegen bezweifelt die üblichen Herleitungen des Septuagintatextes.  Vgl. z. B. Gundry, Mt, 105; France, Mt, 138; Soares-Prabhu, Formula Quotations, 96.  So z. B. Gundry, Use, 105; Wildberger, Jes I, 364 spricht von einem „erstarrten“ Akkusativ oder einem Lokativ. Als Akkusativ übersetzen auch Procksch, Jes I, 142; Blenkinsopp, Jes I, 245.  Auf ein weiteres Problem macht Emerton, „Problems“, 152 aufmerksam: „[H]ēqal takes the accusative, and the particular use of he locale proposed is contrary to Hebrew usage“. Eine Emendation hält er jedoch nicht für nötig, da er davon ausgeht, dass das He-locale an dieser Stelle seine Eigenheit verloren hat (153).  Der Imperativ ποίει macht die Annahme eines Vokativs wahrscheinlich. Schwierig ist hingegen der Artikel vor γῆ Νεφθαλιμ.  So z. B. Grundmann, Mt, 104.

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zu beziehen. Dies hätte den Vorteil, dass sie dann nicht ohne Verb stünden, sondern sich letztlich auf εἶδεν bezögen.³⁴ Auch der Bezug der Ortsangaben untereinander wird kontrovers diskutiert. So ist es möglich, die ersten vier Ortsangaben des mt Textes als gleichwertig nebeneinander zu lesen,³⁵ so dass sie vermutlich insgesamt dem Gebiet, das Matthäus mit Galiläa gleichsetzt, entsprächen. Oder ὁδὸν θαλάσσης und πέραν τοῦ Ἰρδάνου stehen appositiv zu γῆ Ζαβουλὼν καὶ γῆ Νεφθαλίμ, sodass allein Sebulon und Naftali das angesprochene Gebiet abstecken.³⁶ Schwierig ist auch, die Form ὁδόν (θαλάσσης) als Akkusativobjekt zu lesen, da diese im gegebenen Zusammenhang ohne Verbform zunächst wenig sinnvoll erscheint,³⁷ wohingegen sie in Jes 8,23LXX als Akkusativobjekt³⁸ zu ποίει dienen kann. Eine mögliche Erklärung liegt im generellen Sprachgebrauch der LXX, die auch an anderer Stelle ὁδόν als adverbialen Akkusativ im Sinne von „entlang“ oder „in Richtung von“ bezeugt (z. B. Ex 13,17 f; Num 21,33; Dtn 1,40; 3,1).³⁹ Damit stünde ὁδόν dem hebräischen ‫ דרך‬nahe, das nicht nur „Weg“, sondern auch „Weg im Sinne von Richtung“ meint oder adverbiell im Sinne von „auf den Weg nach/zu etwas machen“ verwendet werden kann.⁴⁰ Damit kann es parallel zu πέραν gelesen werden.⁴¹

 So z. B. Menken, Matthew’s Bible, 22; Luz, Mt I, 231; Klostermann, Mt, 30; Lust, „Messianism“, 162.  Vgl. Luz, Mt I, 234; Soares-Prabhu, Formula Quotations, 97; Zahn, Mt, 166; Tisera, Universalism, 91 f.  Vgl. Grundmann, Mt, 106; Davies/Allison, Mt I, 381; Weren, „Quotations“, 458; Carter, „Evoking Isaiah“, 514 f. Eine weitere Interpretation bietet Menken, Matthew’s Bible, 22, der in ὁδὸν θαλάσσης einen angefügten adverbialen Akkusativ sieht, jedoch πέραν τοῦ Ἰορδάνου gleich einem Nominativ versteht (so auch Soares-Prabhu, Formula Quotations, 97.99).  Anders hingegen Menken, Matthew’s Bible, 23, Anm. 34.  Als suspekt beschreibt Soares-Prabhu, Formula Quotations, 93 die Akkusativform, da sie in einer Reihe Vokative steht. Er zieht den Schluss, dass ὁδὸν θαλάσσης nicht der Originalfassung der LXX entsprechen könne.  Vgl. Muraoka, Greek-English Lexicon, 485; Bauer, Wörterbuch, 1123.  Vgl. Gesenius, „Art. ‫“דרך‬, 259 f.  Vgl. Weren, „Quotations“, 458, Anm. 20. Davies/Allison, Mt I, 383 weisen hingegen darauf hin, dass πέραν in der LXX durch das davorstehende καί ebenfalls, ähnlich χώρα Ζαβουλων und γῆ Νεφθαλιμ, als eigenständiger Ort zu lesen ist, nicht als Referenzpunkt, und somit Transjordanien oder Peraea entspricht. In Mt 4,15 entfällt das καί jedoch. Dabei stellt sich die Frage, warum sich jenseits des Jordans auf den südlichen Teil beziehen sollte und warum nicht auch die Gaulanitis und/oder Panaea gemeint sein könnten.

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Die Wendung Γαλιλαία τῶν ἐθνῶν hingegen könnte als Zusammenfassung der vorausgehenden Wendungen verstanden werden.⁴² Sie ist insofern auffällig, als das hebräische ‫ גליל הגױם‬noch nicht unbedingt mit der Region gleichzusetzen ist, sondern ‫ גליל‬eher „Kreis, Bezirk“⁴³ bedeutet.⁴⁴ Jedoch wurde der Begriff in persischer Zeit zum Eigennamen und auch die LXX-Überlieferung, die bereits Γαλιλαία τῶν ἐθνῶν bezeugt, macht deutlich, dass die Wendung als Eigenname verstanden wurde.⁴⁵ Allerdings ist damit noch nicht gesagt, dass „Galiläa der Heiden“ typische Bezeichnung Galiläas war, da der Ausdruck sonst kaum bezeugt ist.⁴⁶

8.1.1.2 Mt 4,16 V. 16 entspricht in seinem Umfang Jes 9,1MT/LXX. Dennoch sind einige Aspekte der Übersetzung auffällig. Im Anschluss an Jes 8,23LXX übersetzt die LXX auch in Jes 9,1LXX mit einem Imperativ (ἴδετε). Dieser ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass die LXX ‫ ראו‬als ‫( ְראוּ‬Imperativ Pl. Qal) gelesen hat. Dem gegenüber steht die mt Variante mit εἶδεν und ὁ λαός als Subjekt dem MT in seiner masoretischen Punktation (‫ ;ָהָעם ָראוּ‬3. Pers. Pl. Perfekt Qal) näher.⁴⁷ Ebenfalls näher am MT ist αὐτοῖς (3. Pers. Pl.) für ‫ עליהם‬statt ἐφ᾿ ὑμᾶς, wie es die LXX bezeugt. Letztere ist damit in ihrer eigenen Übersetzung stringent, da ἐφ᾿ ὑμᾶς zu ἴδετε passt. Bemerkenswert ist, dass MT und LXX, trotz des Unterschieds bezüglich der Person,

 Vgl. Lohmeyer, Galiläa, 36 f; Tisera, Universalism, 91; Weren, „Quotations“, 458; Luz, Mt I, 234.  Vgl. Gesenius, „Art. ‫“גליל‬, 218.  Wildberger, Jes I, 373 schreibt: „Und zwar ist nach ihm [A. Alt] mit der Bildung dreier assyrischer Provinzen zu rechnen: duʼru (= Dor […]), magidū (= Megiddo […]) und wahrscheinlich galʼ azu (=Gilead […]). Offensichtlich entspricht das jesajanische ‫ גליל הגױם‬magidū und ‫עבר הירדן‬ galʼ azu. Dann wird ‫ דרך הים‬das Gebiet der Provinz duʼru umschreiben. Man setzt allerdings die ‫דרך‬ ‫ הים‬gerne mit der via maris, d. h. mit der später so genannten Straße von Damaskus durch das Ostjordanland und Galiläa gleich […]. Doch ist diese Bezeichnung erst seit dem späteren Mittelalter gebräuchlich“ (Hervorhebung im Original). Hierbei bezieht sich H. Wildberger auf Alt, „Befreiungsnacht“, 29 – 49, bes. 33 – 35; vgl. auch Procksch, Jes I, 143 f; Blenkinsopp, Jes I, 247.  Menken, Matthew’s Bible, 23 macht jedoch darauf aufmerksam, dass nicht alle griechischsprachigen Übersetzungen ‫ גליל‬als Γαλιλαία verstehen. So bezeugt αˊ θῖνας („Düne“), was vermutlich von ‫ גלל‬oder ‫ גל‬herzuleiten sei, und σˊ bezeugt ὅριον („Gebiet“).  Weder Josephus noch Philo von Alexandrien, der überhaupt nur einmal den Begriff „Galiläa“ bezeugt (vgl. Gai 1,326), verwenden den Ausdruck Γαλιλαία τῶν ἐθνῶν. In Joel 4,4 und 1Makk 5,15 heißt es Γαλιλαία ἀλλοφύλων. Vgl. dazu Chancey, Gentile Galilee, 37– 39.  Allerdings ist die Verbform im MT im Plural konstruiert, wohingegen im Mt im Singular formuliert ist. Grammatikalisch ist mit ‫ העם‬/ ὁ λαός als Subjekt jedoch beides möglich (vgl. Menken, Matthew’s Bible, 24, Anm. 36).

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die Präposition parallel bezeugen, wohingegen im Mt keine Präposition vor αὐτοῖς steht. Des Weiteren liegt mit καθήμενος in Mt 4,16a keine wörtliche Übersetzung von ‫ ההלכים‬vor, wohingegen die LXX mit πορευόμενος eine durchaus sinnvolle Übersetzung bietet.⁴⁸ Allerdings bilden V. 16a und V. 16b in der mt Variante einen Parallelismus, da auch in V. 16b von τοῖς καθημένοις die Rede ist.⁴⁹ Zudem sind in beiden Fällen ähnliche Orte, an denen das Sitzen stattfindet, mit ἐν angeschlossen: ἐν σκότει in V. 16a und ἐν χώρᾳ καὶ σκιᾷ θανάτου in V. 16b. Verstärkt wird der Parallelismus des Weiteren durch das im mt Text vorgezogene φῶς in V. 16a.⁵⁰ Als Erklärung für die mt Textfassung lässt sich ein möglicher Einfluss von ähnlich formulierten Textpassagen geltend machen: Besonders werden Ps 107,10 (= 106,10LXX) und Jes 42,7 angeführt.⁵¹ In Jes 42,7 heißt es ‫ ישבי חשך‬/ καθημένους ἐν σκότει, was genau der Formulierung in Mt 4,16a entspricht. In Ps 107,10 steht ‫ישבי‬ ‫ חשך וצלמות‬/ καθημένους ἐν σκότει καὶ σκιᾷ θανάτου, womit sowohl Mt 4,16a zu erklären wäre und gleichzeitig durch καὶ σκιᾷ θανάτου auch eine Verbindung zu V. 16b gegeben ist. Dies ist in beiden Fällen insofern bemerkenswert, als beide Bezugstexte in anderen mt Kontexten ebenfalls vorkommen.⁵² So ist ein Einfluss von Ps 106,3LXX/107,3 in Mt 8,11 festzustellen⁵³, und Jes 42,1– 4 (und damit der unmit Als bessere Übersetzung des MT durch Matthäus gegenüber der LXX wertet dies hingegen Soares-Prabhu, Formula Quotations, 96, Anm. 198.  Dabei steht κάθημαι ‫ ישב‬näher als ‫( הלך‬vgl. Hatch/Redpath, Concordance Septuagint, 700 f), sodass es wahrscheinlicher ist, dass V. 16a an V. 16b angepasst wurde als umgekehrt. Hinzuweisen ist allerdings auf die Lesart des Codex Alexandrinus, in dem in Jes 9,1a ebenfalls κάθημαι für ‫הלך‬ steht.  Dass das Objekt φῶς vor dem Verb εἶδεν steht, mag genau diesem erwünschten Parallelismus geschuldet sein, da nun φῶς εἶδεν μέγα parallel zu φῶς ἀνέτειλεν αὐτοῖς steht (so Menken, Matthew’s Bible, 25). Anders hingegen argumentieren Davies/Allison, Mt I, 385, die davon ausgehen, dass φῶς vorangestellt ist, um das, wofür es steht, nämlich Person und Werk Jesu, zu betonen. Auf den Parallelismus und damit auf eine Beeinflussung von V. 16a durch V. 16b verweisen Rothfuchs, Erfüllungszitate, 69; Weren, „Quotations“, 459.  So z. B. Schlatter, Evangelist Matthäus, 115; Rothfuchs, Erfüllungszitate, 69; Davies/Allison, Mt I, 385; Menken, Matthew’s Bible, 24. Nur auf Ps 107,10 (Ps 106,10LXX) verweist Luz, Mt I, 233, Anm. 7. Ähnlich formuliert auch Mi 7,8, und die Verbindung von Finsternis (‫חשך‬/σκότος) mit Todesschatten (‫ צלמות‬/ σκιὰ θανάτου) findet sich mehrfach im Buch Hiob (vgl. Hiob 3,5; 10,21MT; 34,22 MT).Vgl. auch Jer 2,6 und Hiob 10,21.22. Dort wurde jedoch ‫ ארץ‬immer mit γῆ wiedergegeben, was die häufigste Übersetzungsvariante zu ‫ ארץ‬ist (vgl. Hatch/Redpath, Concordance Septuagint, 240 – 255). Auch ist in diesen Zusammenhängen ‫ צלמות‬nicht mit σκιὰ θανάτου wiedergegeben. Mit einer veränderten hebräischen Vorlage rechnet Gundry, Use, 107. Er geht davon aus, dass sowohl die Vorlage der LXX als auch von Matthäus statt ‫ וצלמות‬eher ‫ צלם‬+ ‫ מות‬bezeugte.  Für die höhere Wahrscheinlichkeit eines Einflusses von Jes 42,7 argumentiert Menken, Matthew’s Bible, 24.  Vgl. Kap. 4.3.2.

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telbare Kontext von Jes 42,7) wird in Mt 12,18 – 21 als direktes Zitat angeführt.⁵⁴ Allerdings ist V. 16b in weitgehender Übereinstimmung mit MT und LXX, so dass sich jedenfalls für die genannte Wendung in V.16b ein Verweis auf den möglichen Einfluss anderer Texte erübrigt. Auffällig ist zudem die mt Wortwahl in der Übersetzung von ‫ נגה‬mit ἀνέτειλεν.⁵⁵ Wörtlicher übersetzt auch hier die LXX mit λάμψει.⁵⁶ Zur Erklärung der mt Form werden hier ebenso Einflüsse von anderen Versen diskutiert. Einerseits ist ein innermatthäischer Verweis anzuführen, da bereits in Mt 2,2 vom Aufgehen eines Sterns (τὸν ἀστέρα ἐν τῇ ἀνατολῇ) gesprochen wurde, den die Magier gesehen haben.⁵⁷ Andererseits werden zudem außermatthäische Einflüsse geltend gemacht. So wird zum Beispiel Num 24,17 angeführt,⁵⁸ da dort vom aufgehenden Stern aus Jakob (ἀνατελεῖ ἄστρον ἐξ Ιακωβ) die Rede ist. Auffällig ist die Ähnlichkeit mit TestSim 7,1 (ἐξ αὐτῶν ἀνατελεῖ ὑμῖν τὸ σωτήριον τοῦ θεοῦ). Alternativ könnte auch ein Einfluss von Jes 42,9⁵⁹ oder 58,10 vorliegen.⁶⁰ Bei Letzterem steht in der griechischen Fassung τότε ἀνατελεῖ ἐν τῷ σκότει τὸ φῶς σου.⁶¹ Ob tatsächlich ein direkter Einfluss geltend gemacht werden kann, muss offen bleiben. Allerdings wird deutlich, dass die mt Wortwahl zwar für die Wiedergabe des hebräischen Verbs ‫ נגה‬ungewöhnlich ist, sich ansonsten jedoch durchaus im üblichen Sprachgebrauch der Schriften bewegt.

 Vgl. Kap. 8.3.  An keiner Stelle ist in der LXX ἀνατέλλειν als Übersetzung für ‫ נגה‬belegt, obwohl es für sehr verschiedene hebräische Verben verwendet wird (vgl. Hatch/Redpath, Concordance Septuagint, 83). Für ‫ נגה‬im Qal steht ἀναβαίνειν (Hiob 18,5) oder λάμπειν (Jes 9,1) und für die Hif’il-Form διδόναι + φῶς (Jes 13,10), ἐκλάμπειν (2Kön 22,29) oder φωτίζειν (Ps 17,28LXX). Am nächsten steht vermutlich die Nominalform ‫ֹנ ַגּה‬, die mit ἀνατολή (Jes 60,19) übersetzt werden kann (vgl. Hatch/ Redpath, Concordance Septuagint, Appendix 300).  Allerdings weist Menken, Matthew’s Bible, 26 darauf hin, dass die semantische Differenz gering ist, besonders im Fall eines ingressiven Aorists, da λάμπειν dann die Bedeutung „beginnen zu scheinen; dämmern“ hätte. Zudem führt er Stellen an, an denen ἀνατέλλειν parallel zu λάμπειν oder ähnlichen Verben steht: SapSal 5,6; Sir 26,16 fLXX; Jes 60,1 fLXX; 2Petr 1,19.  Vgl. ausführlich zu Mt 2,1– 12 Kap. 5.1, zudem Kap. 8.1.3.  Vgl. z. B. Soares-Prabhu, Formula Quotations, 100; Gnilka, Mt I, 97; Giesen, „Galiläa“, 32; Beaton, Isaiah’s Christ, 109; Hays, „Gospel of Matthew“, 173, Anm. 10.  In diesem Sinn Hays, Echoes of Scripture in the Gospels, 178.  So Menken, Matthew’s Bible, 26.  Vgl. weiter Jes 29,18; 60,19LXX; Ps 96,11LXX.

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8.1.2 Die universale Ausrichtung des Zitates durch Γαλιλαία τῶν ἐθνῶν Nachdem nun die sprachlichen Eigenheiten der verschiedenen Textfassungen deutlich wurden, gilt es im Folgenen die Frage zu klären, inwiefern das Zitat für die Frage nach dem Heil für die Völker aussagekräftig ist. Eine universalistische Tendenz wird zumeist im Ausdruck Γαλιλαία τῶν ἐθνῶν (V. 15) gesehen. Viele Ausleger sehen darin den Grund und Schlüssel dafür, dass Matthäus das Zitat überhaupt angeführt hat.⁶² Gerne wird die Deutung in Zusammenhang mit einem Verweis auf die demographische Struktur dieses Gebietes gebracht.⁶³ Γαλιλαία τῶν ἐθνῶν gilt dann entweder als Gebiet, in dem auch Menschen aus den Völkern lebten, oder wird als Negativbezeichnung gegenüber der angestammten Bevölkerung verstanden, die sich möglicherweise nicht in gleicher Weise mit dem Jerusalemer Kult identifizierte wie die Bevölkerung Judäas.⁶⁴ Tatsächlich ist es jedoch aufgrund der Quellenlage schwierig, die historische Demographie Galiläas im 1. Jh. n.Chr. genau zu klären.⁶⁵

 Vgl. Davies/Allison, Mt I, 383; Luz, Mt I, 233; Tisera, Universalism, 92; Gundry, Mt, 60.  So z. B. Botterweck/Clements, „Art. ‫“גוי‬, 967: „In zwei Fällen wird Pl. ‫ גוים‬gebraucht als ein Teil eines Gebietsnamens, nämlich ‫ חרשת הגוים‬Ri 4,2.13.16 und ‫ גליל גוים‬Jes 8,23.Wahrscheinlich hat in beiden Fällen der Name seinen Ursprung in der gemischten Bevölkerung der betreffenden Gegend […] und nicht in der politischen Aufteilung des Gebiets in selbstständige Teile.“ Sie räumen jedoch ein, dass dies nicht final zu klären sei. Vgl. weiterhin Lohfink, „Bergpredigt (1983)“, 273; Sand, Mt, 76; Frankemölle, Mt I, 193; Wilk, Jesus und die Völker, 147; France, Mt, 143.Von „the despised half-Gentile area“ spricht Dumbrell, „Logic“, 4. Im Kontext der römischen Fremdmacht interpretiert Carter, „Evoking Isaiah“, 516 f. Anders hingegen Freyne, Jesus Movement, 48: „[D]espite some scholarly claims, the epithet ‚Galilee of the Gentiles‘ was not an appropriate description of the population of the region from at least 100 B.C.E.“ Zur Problematik der genauen Bestimmung der Ethnizität möglicher in Galiläa lebender „Heiden“ vgl. auch Chancey, „Ethnicities“, 112– 128.  So z. B. Grundmann, Mt, 105. Zur Diskussion um die Teilnahme am Tempelkult vgl. Freyne, Galilee, 178 – 190; Chancey, Gentile Galilee, 54 f; Deines, „Religious Practices“, 78 – 111. Josephus, Ant 19,299 – 311 sowie Bell 2,192– 203 berichten von für den bilderlosen Kult eintretenden Bittstellern, unter denen auch Galiläer waren. Auch der Bericht über den Überfall galiläischer Pilger, die auf dem Rückweg von Jerusalem waren, und über die Reaktion auf diesen Vorfall (Josephus, Ant 20,118 – 136; Bell 2,232– 235) deuten darauf hin, dass eine gewisse Loyalität zum Tempel bestand; oder zumindest Josephus Wert darauf legte, Galiläa auf diese Weise zu charakterisieren.  Erschwert wird die Debatte dadurch, dass die Meinungen (und damit auch die Terminologie) der Forschung auseinander gehen, inwiefern für diesen Zeitraum jüdisch/judäisch territorial, ethnisch oder im religiösen Sinn zu verstehen ist. Zur Diskussion vgl. Cohen, Beginnings; Mason, „Jews“, 457– 512; Freyne, Jesus Movement, 16 f; Schürer, Geschichte des Jüdischen Volkes I, 142. Josephus, Bell 2,510; 4,105 bezeichnet die Galiläer als eigenes ἔθνος.

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Während es möglich ist, im Hintergrund von Jes 8,23LXX, wo die Wendung Γαλιλαία τῶν ἐθνῶν zum ersten Mal schriftlich bezeugt ist, die Verhältnisse der assyrischen Exilierungspolitik zu sehen, die sich durch den Austausch ganzer Bevölkerungsteile auszeichnete,⁶⁶ liegt dieses Ereignis für die Deutung des Ausdrucks im 1. Jh. n.Chr. zu weit zurück. In 1Makk 5,15 ist von Galiläa für das 2. Jh. v.Chr. ein Bild bezeugt, das von einem fremdstämmigen Bevölkerungsanteil (πᾶσαν Γαλιλαίαν ἀλλοφύλων) ausgeht. Laut 1Makk 5,23 wird die „jüdische“ Bevölkerung weg aus Galiläa zurück nach Judäa gebracht,⁶⁷ doch fanden die Auseinandersetzungen zwischen den Makkabäern und den Syrern, nicht zwischen den Makkabäern und den galiläischen „Heiden“ statt.⁶⁸ Gemäß Josesphus, Ant 13,318 f kam es unter Aristobul (104– 103 v.Chr.) in Galiläa zu „Zwangsjudaisierungen“.⁶⁹ Die faktischen Ausmaße seiner Maßnahmen sind jedoch nur schwer zu rekonstruieren.⁷⁰ Dafür, dass es sich in Galiläa nicht allein um fremdstämmige Bevölkerung handelt, sprechen aber auch archäologische Funde: Siedlungsstrukturen, rituelle Bäder und verschiedenste Kleinfunde wie steinerne Gefäße.⁷¹ Sie zeigen eine gewisse Kontinuität vom Beginn der hasmonäischen Periode bis ins 1. Jh. n.Chr.⁷² Insofern ist nicht endgültig zu entscheiden,

 Vgl. dazu 2Kön 15,29 und 1Chr 5,26; 2Chr 30,10 f sowie die assyrischen Annalen (ANET 282 f). Unklar bleibt, wie groß die Bevölkerungsanteile waren, die unter den Assyrern ins Exil geführt wurden. Horsley, Galilee, 26 f spricht sich gegen einen vollständigen Austausch der Bevölkerung aus. Für eine umfassende Deportation argumentiert Gal, Lower Galilee, 79 – 82.108 f. Ebenso Reed, Archaeology, 27.52.  Hier ist jedoch Vorsicht angebracht, da die Quellen keine historisch zuverlässigen Angaben liefern, sondern ideologisch geprägt sind. Eine Zurückbringung der „jüdischen“ Bevölkerung nach Jerusalem passt gut zu den theologisch-politischen Idealvorstellungen der Makkabäer (vgl. auch Chancey, Gentile Galilee, 41).  Vgl. Chancey, Gentile Galilee, 41.  Die Bevölkerung des von ihm für die hasmonäische Dynastie eroberten Gebiets bekam die Auflage, dass sie, „wenn sie in dem Gebiet bleiben wollten, beschnitten werden (περιτέμνεσθαι) und gemäß den Judäischen Gesetzen (κατὰ τοὺς Ἰουδαίων νόμους) leben [müssten]“ (Josephus, Ant 13.318).  Dies liegt unter anderem daran, dass die tatsächliche Expansion der Ituräer nicht eindeutig nachvollziehbar ist (vgl. Chancey, Gentile Galilee, 42– 45). Freyne, Galilee, 43 f zieht die Schlussfolgerung: „Thus, the judaization of Galilee in the sense of converting to Judaism the inhabitants of a large tract of the area which had not previously been associated with the Jewish faith has no real basis and should be abandoned“. Gleichzeitig lässt sich aus Josephus, Ant 13,337 möglicherweise die Folgerung ziehen, dass der Sabbat in Galiläa unter Alexander Jannaeus, dem Nachfolger Aristobuls, gehalten wurde, da Ptolemaios Lathyrus die Stadt Asochis in Galiläa explizit an einem Sabbat angriff. Im Anschluss an Josephus wird diese These besonders vertreten von Schürer, Geschichte des Jüdischen Volkes I, 217 f; Schürer, Geschichte des jüdischen Volkes II, 9 – 12. Dazu, dass Kriegsführung an einem Sabbat verboten war, wodurch sich für die nichtjüdischen Angreifer ein strategischer Vorteil ergab, vgl. z. B. Jub 50,12; 1Makk 2,29 – 38; Josephus, Ant 12,274; Bell 2,456 f. Verteidigung wird hingegen in 1Makk 2,40 f als legitim angesehen. Zur Frage nach dem Kriegführen am Sabbat siehe Doering, Schabbat, 537– 565.  Vgl. Frankel/Getzov/Aviam/Degani, Settlement Dynamics; Reed, Archaeology. Zu numismatischen Evidenzen und der Problematik ihrer Auswertung siehe Chancey, Gentile Galilee, 46.  Vgl. Reed, Archaeology, 52 f: „[W]herever archaeologists have excavated, Jewish religious indicators permeate Galilean domestic space in the Early Roman Period […] so that in terms of

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wie sich die Bevölkerung in Galiläa genau zusammensetzte und welches ethnische Selbstbewusstsein ihren verschiedenen Teilen eigen war.

Es scheint aber, als könne die Präsenz von „Heiden“ ebenso wenig bestritten werden wie die Behauptung eines „heidnischen Galiläa“ zu halten ist. Damit ist der Ausdruck Γαλιλαία τῶν ἐθνῶν jedoch zumindest grundlegend für eine über Israel hinausreichende Perspektive offen. Neben der Frage nach der Bevölkerung des „Kerngebietes“ Galiläas bietet auch πέραν τοῦ Ἰορδάνου Grund, eine Deutung mit Bezug auf die Völker zu diskutieren: πέραν τοῦ Ἰορδάνου spielt möglicherweise auf das von Galiläa aus gesehen jenseitige Jordanufer und somit auf „heidnische“ Gebiete an.⁷³ Problematisch daran ist jedoch, dass das von Galiläa aus gesehen andere Ufer des Jordans nicht per se „heidnisches“ Gebiet ist. Bereits Betsaida, das in Mt 11,20 f als einer der Hauptwirkungsorte Jesu im Rahmen seiner Zuwendung zu Israel gekennzeichnet wird, liegt nicht mehr auf der gleichen Seite des Jordans wie Kapernaum und somit vom Gebiet Sebulons und Naftalis aus „jenseits des Jordans“.⁷⁴ Erschwert wird die Interpretation durch die weitere mt Verwendung von πέραν τοῦ ᾿Ιορδάνου in Mt 4,25 und in 19,1. Während in 4,25 die Wendung auf das Gebiet von Peräa und somit auf „heidnisches“ Gebiet deuten könnte⁷⁵, jedoch nicht zwangsläufig⁷⁶, wird in Mt 19,1 Judäa als jenseits des Jordans liegend bezeichnet. Dies legt nahe, dass auch in Mt 4,15 vermutlich nicht der Blick von Galiläa aus auf die andere Seite des Jordans gemeint ist, sondern die Blickrich-

ethnicity, the Galileans should be considered Jewish“ (53). Auch France, Mt, 141 verweist mit Blick auf Ausgrabungsergebnisse darauf, dass Kapernaum trotz römischer Militärpräsenz eine traditionell jüdische Siedlung gewesen ist. Horsley, Galilee, 51 f geht von einem Abhängigkeitsverhältnis zwischen Anpassung an das jüdische Gesetz und der Aufmerksamkeit der hasmonäischen Regierung und der Schriftgelehrten hinsichtlich Galiläas aus, sodass sie graduell schwanken konnte.  So z. B. Soares-Prabhu, Formula Quotations, 99. Nicht überzeugen kann der Versuch von Davies/Allison, Mt I, 382 ὁδὸν θαλάσσης und πέραν τοῦ Ἰορδάνου als zwischen Mittelmeer und Jordan zu verstehen (ähnlich Sand, Mt, 69), da das Gebiet Sebulon und Naftali keinen Anteil an der Küstenregion hat. Diese entspräche dem alten Stammesgebiet Ascher. Ganz anders deutet hingegen Carter, „Evoking Isaiah“, 516, der hinter der Phrase Exodusthematik erkennt.  Genau genommen liegt Betsaida auch nicht in Galiläa, sondern gehört zur Gaulanitis, vgl. Tübinger Bibelatlas: BV 18.  So bei Grundmann, Mt, 114.  Theissen, „‚Meer‘ und ‚See‘“, 18, Anm. 39 weist darauf hin, dass auch in Mt 4,25 nicht zwangsläufig Peräa gemeint sein muss. Durch die gemeinsame Nennung von Ἰουδαίας καὶ πέραν τοῦ Ἰορδάνου in Mt 4,25 und die Charakterisierung des westlich des Jordans liegenden Judäas als πέραν τοῦ Ἰορδάνου in Mt 19,1, könne die Wendung πέραν τοῦ Ἰορδάνου in Mt 4,25 als alle westlich des Jordans liegenden Gebiete verstanden werden.

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tung der mt Gemeinde im östlich des Jordans liegenden Syrien auf Galiläa.⁷⁷ Dazu würde passen, dass ὁδὸν θαλάσσης als „westwärts“ übersetzt werden kann.⁷⁸ Damit wäre πέραν τοῦ Ἰορδάνου wie ὁδὸν θαλάσσης Näherbestimmung der Region Galiläa und kein additives – möglicherweise explizit „heidnisches“ – Gebiet.⁷⁹ Ist jedoch allein Γαλιλαία τῶν ἐθνῶν für einen über Israel hinausreichenden Aspekt durchlässig, so stellt sich die Frage nach der Beziehung dieser Gebiete zueinander. Mit dem Gebiet Sebulon und Naftali wird zunächst auf das Kerngebiet des jesuanischen Wirkens verwiesen, in dem sich der Beginn seiner Verkündigung in Mt 4,17 und die sich daran anschließende Jüngerberufung (Mt 4,18 – 22) sowie seine Wundertaten (Mt 4,23 – 25; 8,1– 9,35) abspielen.⁸⁰ Zum einen ergäbe sich die Möglichkeit, dass Jesus zwar zunächst zum Volk Israel gesandt ist; da aber in Galiläa auch „Heiden“ lebten, hätten einige von ihnen Teil an Jesu Taten (Mt 8,5 – 13.28 – 34; 15,21– 28).⁸¹ Dem widersprechen jedoch die mt Darstellungen der Begegnung Jesu mit dem römischen Hauptmann (Mt 8,5 – 13), der Kanaanä-

 Dies passt besonders, verortet man das Mt nicht in Antiochia, sondern im syrischen Binnenland (vgl. Theissen, „‚Meer‘ und ‚See‘“, 20) oder in Damaskus (vgl. Konradt, Mt, 23). Vorgeschlagen wurde auch die Dekapolis (vgl. Slingerland, „Transjordanian Origin“, 18 – 28), wobei zu bemerken ist, dass sich die Ausleger nur zurückhaltend auf einen konkreten Abfassungsort in diesem Gebiet festlegen. Zur antiochenischen Verortung vgl. Luz, Mt I, 100 – 103, der zudem einen guten Überblick über die gängigen Lokalisierungen bietet; vgl. weiterhin Streeter, Four Gospels, 500 – 527; Zumstein, „Antioche“, 122 – 138. Davies/Allison, Mt I, 382 f gehen davon aus, dass die östliche Perspektive unabhängig davon, ob man die mt Gemeinde in Antiochia oder in Damaskus verorte, passt. Laut Strecker, Weg, 37 ist keiner der in der Diskussion stehenden Orte wirklich auszuschließen.  Zur sprachlich ungewöhnlichen Formulierung von ὁδὸν θαλάσσης siehe oben Kap. 8.1.1.1. Theissen, „‚Meer‘ und ‚See‘“, 18, Anm. 37 führt vier verschiedene Möglichkeiten für die Übersetzung des Ausdrucks an: (1) „westwärts“ im Sinne einer Richtungsangabe; (2) als geographische Angabe einer Region an der Küste des Mittelmeers oder des Sees Genezareth; (3) als assyrische Provinz (hier bezieht er sich auf Forrer, Provinzeinteilung, 59 f); (4) eine Straße entlang des Sees oder Mittelmeeres, wobei er diese Option für unwahrscheinlich hält, da die Via Maris erst im Mittelalter in Quellen belegt ist (hier bezieht er sich auf Meshel, „‚Via Maris‘“, 162– 166).  Tisera, Universalism, 91 versteht die Wendung πέραν τοῦ Ἰορδάνου als eine substantivierte Form und deutet sie daher als das östliche Gebiet, wohingegen das westliche Gebiet Galiläa meine. Als vier einzelne Gebiete deuten auch Soares-Prabhu, Formula Quotations, 97; Zahn, Mt, 166; Luz, Mt I, 234.  Dieses Kerngebiet bleibt trotz der Formulierung „Galiläa der Heiden“ jüdisches Gebiet. Auf die Kompatibilität des Ausdrucks mit Jesu ausschließlicher Sendung zu Israel verweist Hays, Echoes of Scripture in the Gospels, 177. Anders Schmidt, Gesetzesfreie Heilsverkündigung, 61.  Vgl.Weren, „Quotations“, 463; Tisera, Universalism, 100; Wilk, Jesus und die Völker, 147 geht – mit Verweis auf Mt 24,14 – davon aus, dass bereits das galiläische Wirken Jesu Zeugnis für die Völker ist.

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erin (15,21– 28) sowie den besessenen Gerasenern (Mt 8,28 – 34)⁸²: An ihnen wird deutlich, dass Matthäus die mk Perikopen so verändert, dass sie nicht der alleinigen Sendung Jesu zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel (Mt 15,24) widersprechen.⁸³ Ist nun „Galiläa […] für Matthäus Ort der Wirksamkeit Jesu in Israel“⁸⁴, so ist auch für „Galiläa der Völker“ eine theologische Deutung wahrscheinlicher als eine, die sich auf die historische Demographie bezieht.⁸⁵ Daher besteht eine weitere Möglichkeit zum anderen darin, in der Aufzählung in gewisser Weise den Verlauf des Wirkens Jesu widergespiegelt zu sehen, und zwar nicht in einer schlichten chronologischen Wiedergabe der topographischen Schauplätze,⁸⁶ sondern als eine schriftenbasierte heilstheologische Aussage: Zunächst fokussiert sich das Wirken Jesu auf das tatsächliche Galiläa, was durch die Zusätze ὁδὸν θαλάσσης und πέραν τοῦ Ἰορδάνου aus Gemeindeperspektive betont wird. Dies wird dadurch gestützt, dass Matthäus gegenüber der LXX die „Gebiete Judäas“ (τὰ μέρη τῆς Ιουδαίας; Jes 8,23LXX) nicht übernimmt.⁸⁷ Dorthin wendet sich Jesus erst in Mt 19,1. Diese lokale Begrenzung wird jedoch erweitert um den Ausdruck Γαλιλαία τῶν ἐθνῶν, also um die nicht zu Israel gehörenden Völker, die durch die sich anschließende Heilsankündigung positiv an Jesu Sendung partizipieren: Ist dies der Fall, dann liegt mit „Galiläa der Völker“ der Vorverweis auf den in

 Eine Perikope, die genau genommen gar nicht in Galiläa spielt. Für Mt 15,21– 28 ist die Verortung umstritten, je nachdem, ob man ἀπὸ τῶν ὁρίων ἐκείνων in V. 22 auf die Frau selbst oder auf ἐξελθοῦσια bezieht. Vgl. Kap. 6.1. Ausführlich dazu Konradt, Israel, 59 – 80.  Siehe Konradt, Israel, 80: „Matthäus verändert geographische Angaben, und in allen drei in den Quellen vorgegebenen Perikopen, in denen Jesus an ‚Heiden‘ wirkt (8,5 – 13.28 – 34; 15,21– 28), zeigt sich ein deutliches Bemühen, diese Fälle als (begründete) Ausnahmen von der in 15,24 formulierten Regel zu kennzeichnen“.  Konradt, Israel, 295 (Hervorhebung im Original). Dies wird besonders an den Wundern und Heilungen deutlich, die Jesus als davidischer Messias an den Menschen in Galiläa wirkt (vgl. z. B. Mt 4,23; 8 f; 9,35). Zu Jesus als messianischem Heiler vgl. auch Novakovic, Messiah, bes. 77– 123. Zur Bedeutung Galiläas in der mt Narration vgl. Freyne, Galilee, 70 – 90.  Gegen eine Begründung des Zitates durch die demographischen Verhältnisse Galiläas im 1. Jh. n.Chr. sprechen sich auch aus Davies/Allison, Mt I, 383 – 385; Luz, Mt I, 235; Giesen, „Galiläa“, 34; Chancey, Gentile Galilee, 173.  Im Sinne von: Ausweitung vom galiläischen Kernland (γῆ Ζαβουλὼν καὶ γῆ Νεφθαλίμ), in die umliegenden östlichen und westlichen Gebiete (ὁδὸν θαλάσσης, πέραν τοῦ Ἰορδάνου) und schließlich darüber hinaus auf die Länder der Völker (Γαλιλαία τῶν ἐθνῶν).  Mit Soares-Prabhu, Formula Quotations, 94 deutet Tisera, Universalism, 89 die Auslassung als mt Fokussierung, wohingegen die LXX den Kreis der Adressaten der jesajanischen Prophezeiung ausweitet.

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Mt 28,19 f ergehenden Auftrag zur Völkermission vor.⁸⁸ Dieser Auftrag wird ebenfalls von Galiläa aus seinen Anfang nehmen (Mt 28,16). Damit umklammert die universale Dimension des Heils das Wirken Jesu an Israel,⁸⁹ wobei sie hier in Mt 4,15 f nur implizit anklingt, während sie in Mt 28 als explizite Sendung zu allen Völkern deutlich wird. Gleichzeitig ist sie durch den Bezug auf Galiläa parallel – wenn auch zeitlich versetzt – zur Sendung zu Israel zu sehen.⁹⁰ Dies gilt freilich mit dem deutlichen Unterschied, dass es in Mt 4,15 f Jesu eigenes Wirken ist, dessen Beginn geschildert wird, wohingegen in Mt 28,19 f die Jünger zum Dienst an den Völkern in die Nachfolge Jesu gerufen werden (vgl. auch Mt 5,13 – 16).⁹¹ Durch das Zitat von Jes 8,23, unmittelbar vor dem Beginn des öffentlichen Wirkens Jesu, wird also sein gesamtes Wirken an Israel von Beginn an nicht ohne die Heilsperspektive der Völker gesehen.⁹² Beide Aspekte werden aufeinander bezogen. Das Erfüllungszitat begründet weder allein Jesu Umzug nach Kapernaum noch nur Galiläa als Ort des Wirkens Jesu.⁹³ Damit zeigt sich erneut das mt Anliegen, wie es auch schon in Mt 1,1 oder im Stammbaum Jesu (Mt 1,2– 17) deutlich wurde:⁹⁴ Die mt Theologie bezüglich der Völker erscheint nicht als Ausdruck einer

 Vgl. Gnilka, Mt I, 98; Tisera, Universalism, 86; Giesen, „Galiläa“, 34; Beaton, Isaiah’s Christ, 110; Luz, Mt I, 235; Mayer-Haas, Geschenk, 415; Konradt, Israel, 295; Konradt, Mt, 58. Explizit gegen den Vorverweis auf die spätere „Heidenmission“ hingegen Lohfink, „Bergpredigt (1983)“, 273.  Bauer, „Function“, 156 verweist zusätzlich auf eine Verklammerung zum Anfang des Evangeliums, da er in Mt 4,15 f Jesu Auftrag an die Völker erkennt und daher den Schluss zieht, dass damit eine Brücke zur jesuanischen Abrahamsohnschaft in Mt 1,1 gebaut ist.  Dies impliziert keine Ablösung der Sendung zu Israel durch die universale Mission, wie Luz, Mt I, 234 es hier verdeutlicht sieht: Damit „will Matthäus […] auf das vorausweisen, was die Sendung Jesu heilsgeschichtlich ausgelöst hat: den Gang des Heils zu den Heiden“. Er verweist aber auch darauf, dass diese Stelle in der Wirkungsgeschichte selten antijüdisch gelesen wurde, sondern so, wie Euseb von zwei verschiedenen Galiläa spricht, eher die doppelte Sendung wahrgenommen wurde (235). Euseb onomast. 72,18 (GCS, hg.v. Klostermann) unterscheidet ein Γαλιλαία ἐθνῶν […] ἐν ὁρίοις Τυρίων (κλήρου Νεφθαλείμ) von einem weiteren Galiläa bei Tiberias am See (ἡ δέ ἐστιν ἀμφὶ τὴν Τιβεριάδα καὶ τὴν πρὸς αὐτῇ λίμνην, κλήρου Ζαβουλών), vgl. Timm, Eusebius, 437.  Vgl. Kap. 8.2 sowie Kap. 10.4.  Vgl. Konradt, Israel, 295. Frankemölle, „Bund“, 345 f erkennt eine Spannung zwischen zwei Polen, bezieht sich jedoch einerseits auf die nachzuweisende Vorstellung der geographischen Restitution Gesamtisraels und andererseits auf den Ausdruck „Galiläa der Heiden“, der „die deuteronomistisch vorgegebene strenge Hinwendung Jesu nur zu Juden ‚geographisch‘ universal“ (346) aufbricht.  Auf die Gegenüberstellung der Erwartung der Schriftgelehrten, dass das messianische Heil in Judäa wirksam werden müsse (Mt 2,5 f), und der aus Jesaja abgeleiteten Begründung, dass gerade nicht dort, sondern in Galiläa das Licht aufgehen wird (Mt 4,15 f), verweist France, Mt, 137– 139.  Vgl. dazu Kap. 3 und Kap. 4.1.

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durch Christus initiierten Neuerung, sondern ist in ihrer Intention bereits in den Schriften selbst grundgelegt.⁹⁵

8.1.3 Die Verheißung: Das Volk, das in Finsternis sitzt, sieht ein großes Licht Nachdem deutlich wurde, dass durch Γαλιλαία τῶν ἐθνῶν eine universale Perspektive eingespielt wird, stellt sich die Frage, was hier aus den Schriften heraus verheißen wird. Adressat der Verheißung, der in V. 16 angesprochen wird, ist das Volk (ὁ λαός). Vom Kontext des Jesajabuches her liegt es nahe, dass mit diesem Israel gemeint ist.⁹⁶ Auch der allgemeine Sprachgebrauch spricht dafür,⁹⁷ ebenso wie der mt Kontext, wonach Jesus sich zunächst dem Volk Israel zuwendet (Mt 1,21; 2,6; 4,23 u. ö.).⁹⁸ Durch die Möglichkeit, die vorgeschaltete Aufzählung in V. 15 ebenfalls auf das Verb in V. 16 zu beziehen,⁹⁹ richtet sich die Verheißung zwar primär an Israel, jedoch durch Γαλιλαία τῶν ἐθνῶν nicht in einem exklusiven Sinn. Um die Verheißung besser zu profilieren, soll zunächst die Situationsbeschreibung des λαός näher in den Blick genommen werden. Das Volk sitzt in Finsternis (ἐν σκότει), sitzt im Land und Schatten des Todes (ἐν χώρᾳ καὶ σκιᾷ θανάτου). Dieser Situation wird die Verheißung des aufgehenden Lichts gegenübergestellt. Das Bild ist also durch den Kontrast von Finsternis und Licht geprägt: Die Deutung der Finsternis ist nicht eindeutig auf einen bestimmten Aspekt festzulegen, da sie auf verschiedene Kontexte anspielen kann. Sie wird in den Schriften stellenweise mit dem exilischen Kontext verglichen (1) oder mit der

 Konradt, Israel, 296 formuliert pointiert: „Für Matthäus bedeutet eine Ablehnung der Völkermission ein Abweichen von der Schrift“.  Wegner, „What’s New“, 242 weist darauf hin, dass mit ‫ העם‬vermutlich sowohl das Nord- als auch das Südreich gemeint sei, da die Geographie von Jes 8,23 den Bezug zum Nordreich darstellt, wohingegen durch die folgende Verheißung mit Jes 9,6 f und dem davidischen Thron das Südreich in den Blick käme. Zum Dissens, den diese disparaten geographischen Aussagen bezüglich der Einheit von Jes 8,23 und 9,1 im Zusammenspiel von A. Alts These der Zusammengehörigkeit der beiden Verse (wobei er Jes 8,23 metrisch überarbeitet und daher von Jes 8,23aβb ausgeht) verursachen, vgl. Vieweger, „Volk“, 78 – 86; Alt, „Befreiungsnacht“, 29 – 49.  Für Israel sprechen sich auch aus Giesen, „Galiläa“, 32.34 f, dort mit Verweis auf Mt 1,21; Luz, Mt I, 236. Anders hingegen Frankemölle, Jahwebund, 200 f; Miler, Citations, 85 f; Chancey, Gentile Galilee, 173.  Vgl. Konradt, Israel, 295.  Vgl. z. B. Menken, Matthew’s Bible, 22; Luz, Mt I, 231; Klostermann, Mt, 30; Lust, „Messianism“, 162.

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Abwesenheit von Gottes heilschaffendem Handeln und seiner Gerechtigkeit (2), aber auch mit Todesnot und existentieller Lebensbedrohung (3).¹⁰⁰ Ein weiterer Kontext, in dem die Gegenüberstellung von Licht und Finsternis eine Rolle spielt, ist der Tag Jhwhs (4).¹⁰¹ Da die Tag-Jhwh-Metaphorik allerdings eher ein dynamisches Aufziehenlassen der Finsternis durch Gott als eine Zustandsbeschreibung evoziert, ist diese für den mt Text als Deutungsrahmen eher unwahrscheinlich und als Kontext für die in Mt 4,16 bestehende Dunkelheit weniger geeignet. Die drei anderen Varianten lassen sich hingegen kaum gegeneinander ausspielen, sondern tragen alle drei ihren Aspekt zur Deutung bei: Für die erste Variante, also den exilischen Kontext, spricht Jes 8,23 in der Fassung von MT und LXX. Die Länder Sebulon und Naftali werden mit jenen gleichgesetzt, die unter Tiglat Pileser III. 734– 732 v.Chr. ins Exil geführt wurden.¹⁰² Die große Dunkelheit und Finsternis in Jes 8,22.23a entspricht demnach der Exilierung. Diese Deutung wird auch durch den intratextuellen Bezug von Jes 9,1 auf 60,1– 3 gestützt: Dort heißt es, dass Finsternis die Erde und die Völker bedeckt (‫ כי־הנה החשך יכסה־ארץ וערפל לאמים‬/ ἰδοὺ σκότος καὶ γνόφος καλύψει γῆν ἐπ᾽ ἔθνη,V. 2). Über Zion/Jerusalem¹⁰³ jedoch erstrahlt das göttliche Licht (V. 1 f).¹⁰⁴ Für diesen Zusammenhang spricht ferner, dass Jes 60,1– 3 innerhalb des Jesajabuches als Erfüllung der in Jes 9,1 ergangenen Verheißung angesehen wird.¹⁰⁵ Der Ort der Finsternis wäre demnach die Völkerwelt (vgl. auch Ex 10,22 f; Ez 32,8), sodass sich die im Finstern Sitzenden ebenfalls im Dunkel der Völkerwelt, im Exil, befinden. Insofern wäre es mit aller Vorsicht möglich, auch in dieser Vorstellung eine implizite Universalität zu erkennen, da das Sehen des Lichts – zumindest auf der Bildebene¹⁰⁶ – nicht auf das Gebiet Israels beschränkt bleibt und somit auch

 Unabhängig von der dargebotenen Gliederung geht auch Langer, Gott als Licht, 52– 54.59 – 61 von dieser möglichen Einteilung des Motivzusammenhangs aus.  Vgl. z. B. Am 5,18b; Joel 3,4; 4,15; Jes 13,9 f; Jer 30,7.  Vgl. Beuken, Jes, 245; Vieweger, „Volk“, 80. Vgl. z. B. zudem 2Kön 15,29 und evtl. auch 1Chr 5,26 (wobei zwar im Hintergrund das gleiche Ereignis steht, jedoch andere Stämme genannt werden). Auch in den Inschriften Tiglat Pilesers werden galiläische Städte erwähnt (ANET 282 f).  Vgl. Westermann, DtJes, 284. Der Ort des Geschehens muss aus dem Kontext erschlossen werden. Einige Textzeugen ergänzen Jerusalem (vgl. Jes 60,1LXX und 60,1 in den Targumim).  Vgl. Blenkinsopp, Jes III, 210; Brueggemann, Jes II, 204; Paul, Jes II, 514; Koole, Jes III, 222.  Vgl. Paul, Jes II, 518. Westermann, DtJes, 285 erkennt immerhin eine parallele Verheißung.  In der mt Erzählung beschränkt sich das heilschaffende Wirken zunächst viel deutlicher auf Israel als z. B. in der mk Vorlage. Vgl. exemplarisch die redaktionellen Änderungen zur Ortslage der Speisungswunder in Mt 14,13 – 21||Mk 6,32– 44 und Mt 15,29 – 39||Mk 7,31– 8,10.

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nicht auf das Volk Israel.¹⁰⁷ Außerdem wird im Bezug auf die Rezeption der Schriften wiederum eine gewisse Freiheit im Umgang mit der konkreten Textform sowie der theologischen Ausrichtung der Texte deutlich: So schreibt Matthäus ὁ λαὸς ὁ καθήμενος statt einer wörtlicheren Übersetzung von ‫ ההלכים‬durch zum Beispiel πορευόμενος, wie es die LXX bezeugt. Dadurch ist besonders der feste Aufenthalt des λαός in der Finsternis betont. Das Licht, das nun aufgeht, kommt zu den Sitzenden. Damit unterscheidet sich das mt Konzept der Erfüllung der Verheißung aus Jes 9,1 deutlich von dem innerjesajanischen Konzept der Erfüllung in Jes 60,1– 3.¹⁰⁸ Während im Mt das Licht über den Sitzenden aufgeht, werden in Jes 60,1 die, die in der Finsternis leben, aufgefordert aufzustehen (‫ )קום‬und in Jes 60,3 sind es die Völker, die zum Licht hingehen (‫)והלכו גוױם לאורך‬, das über Zion scheint.¹⁰⁹ Diese Sammelbewegung hin zum Zion entfällt im Mt, analog zu Mt 2,1– 12.¹¹⁰ Vielmehr ist es das Licht selbst, das sich bewegt, das aufgeht (ἀνέτειλεν) über denen, die in der Finsternis sitzen.¹¹¹ Durch die zweite Möglichkeit, die Finsternismetaphorik zu kontextualisieren, nämlich die Vorstellung von der Abwesenheit des göttlichen Rechts als Licht, findet gleichzeitig eine Ethisierung der Situation statt.¹¹² In den Schriften wird durch solare Metaphorik häufig Gottes Gerechtigkeit beschrieben (vgl. z. B. Zeph 3,5; Mi 7,9; Mal 3,20; Hos 6,5; Ps 84,12 u. ö.).¹¹³ Die Abwesenheit von Recht hingegen wird in Bildern der Dunkelheit geschildert (vgl. Jes 50,8 – 10; 58,10; 59,8 – 10; Jer 23,12; Ps 82; Prov 2,13; 4,19 u. ö.).¹¹⁴ Jene, die fern des göttlichen Rechts, der göttlichen Gerechtigkeit leben, gelten als blind (vgl. Jes 42,7; 43,8; 59,9; Thr 4,13 f oder auch Ex 23,8; Dtn 16,18). Blinde sind in Mt 4,16 zwar nicht explizit im Blick, doch wird das Volk als Reaktion auf das Licht ausdrücklich als sehend (φῶς εἶδεν

 Dass der λαός, der in der Finsternis sitzt, möglicherweise auch „Heiden“ einschließt, findet sich z. B. bei Poulsen, God, 207, dort jedoch ohne ausführlichen Begründungszusammenhang (ebenso Chancey, Gentile Galilee, 173).  Diese Interpretation ist letzlich unabhängig davon, ob man die Finsternis als Völkerwelt deutet oder nicht. Sie kann aber ergänzend dazu verstanden werden.  Vgl. auch Mi 7,9, wo vom Herausführen zum Licht (‫ יוציאני לאר‬/ ἐξάξει με εἰς τὸ φῶς) die Rede ist.  Ausführlich zum mt Umgang mit dem Topos der Völkerwallfahrt vgl. Kap. 5.  Auch Weren, „Quotations“, 463, Anm. 28 erkennt, dass es das Licht ist, das sich bewegt (allerdings ohne einen Bezug auf Jes 60), und verweist dann darauf, dass in Mt 27,45 erneut Finsternis auf das Land fällt.  Vgl. Davies/Allison, Mt I, 380, die von einer moralischen und spirituellen Dunkelheit ausgehen, im Gegensatz zu der ursprünglichen wörtlichen Zerstörung und politischen Bedrängnis.  Vgl. Langer, Gott als Licht, 33 – 51.  Vgl. zudem 2Bar 18,1, wo das Licht des Gesetzes mit der Finsternis Adams kontrastiert wird.

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μέγα) bezeichnet. Für diese Kontextualisierung spricht ferner, dass auch der Folgezustand des negativen Gerichtsentscheids im Mt durch Finsternismetaphorik ausgedrückt ist: τὸ σκότος τὸ ἐξώτερον (Mt 8,12; 22,13; 25,30).¹¹⁵ Die äußerste Finsternis entspricht demnach der Nicht-Teilhabe am messianischen Heil, das sich in der Lehre (also dem durch Jesus vermittelten göttlichen Recht) und den sich darin begründenden Taten Jesu offenbart.¹¹⁶ Indem das Sitzen in der Dunkelheit dem Sein in der Sünde (dem Leben ohne Tora) entspricht, wird letztlich Mt 1,21 fortgeführt.¹¹⁷ Die existentielle Dimension wird über den dritten Bedeutungshorizont der Finsternis eingespielt, der durch die Nennung von σκιᾷ θανάτου sogar explizit gemacht wird. Die Finsternis, in der das Volk sitzt, ist letztlich tödlich (vgl. auch Ps 49,20:¹¹⁸ dort ist „kein Licht sehen“ mit „nicht leben“ gleichzusetzen).¹¹⁹ Demgegenüber steht das große Licht (φῶς μέγα), das aufgeht (φῶς ἀνέτειλεν), als lebensförderliches Bild: Die Metapher des Lichts schillert, wie die der Finsternis, zwischen verschiedenen Bedeutungshorizonten, die im mt Text zum Tragen kommen. So umfasst das Licht zum einen den Rechtskontext (1), wie oben bereits anklang (vgl. auch Jes 59,9; 60,1; Ps 96,11LXX; TestSeb 9,8). Vor allem in den Targumim wird deutlich, wie eng Licht und Recht zusammengedacht werden, da dort Verse, die im MT vom Licht sprechen, eindeutig durch Begriffe des Rechts ausgedeutet sind.¹²⁰ In der frühjüdischen Literatur finden sich ebenfalls Belege dafür, dass das göttliche Recht als Licht bezeichnet werden kann.¹²¹ Besonders eindrücklich lässt sich dies durch 2Bar 59,2 illustrieren:

 Zur Rolle der Völker im Gericht siehe Kap. 9.  Diese Nicht-Teilhabe beschränkt sich nicht auf das eschatologische Dasein, sondern zeigt sich bereits im Leben. Gegen die Annahme, dass hier bereits Jesu Lehre im Blick sein könnte, vgl. Klostermann, Mt, 31.  Vgl.Weren, „Quotations“, 463 sowie die weisheitliche Vorstellung vom Leben der Gerechten im Licht und der Frevler im Dunkel (Prov 4,18 f; Ps 97,11; Hiob 18,5; 1Sam 2,9 u.ö.). Dafür, dass Sünde im Mt, besonders auf dem Hintergrund der frühjüdischen Schriften, als Überschreitung der Tora zu verstehen ist, argumentiert überzeugend Blanton, „Saved by Obedience“, 393 – 413.  Vgl. Werner, Texte, 30, mit ihm auch Langer, Gott als Licht, 58.  Erneut ist auf die Umschreibung der Folge des negativen Gerichtsentscheides durch Finsternismetaphorik hinzuweisen (Mt 8,12; 22,13; 25,30). Werner, Texte, 30 spricht für Jes 9,1 vom „menschlichen Leben als einem Leben zum Tode“, wobei zu fragen ist, ob dies für die mt Variante des Jesajazitates ob der oben dargestellten Zusammenhänge noch vertretbar ist.  Vgl. Jes 2,5; Jes 42,7; Hiob 29,3; Ps 89,16. Zur Zusammenstellung dieser repräsentativen Textstellen vgl. Vermès, „Torah“, 437.  Vgl. z. B. TestLev 19,1 (ἕλεσθε οὖν ἑαυτοῖς ἢ τὸ σκότος ἢ τὸ φῶς, ἢ νόμον κυρίου ἢ ἔργα Βελιάρ); 2Bar 17,4; 77,13 – 16.

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In jener Zeit erhellte doch des ewigen Gesetzes Leuchte, das bis in Ewigkeit bestehe, alle jene, die im Dunkel saßen; den Gläubigen wird sie die Verheißung ihres Lohns ankündigen und denen, die ungläubig sind, des Feuers Strafe, das für sie aufbewahrt ist.¹²²

Zum anderen steht die Lichtmetapher auch in engem Zusammenhang mit der „heilvollen Gegenwart Gottes“¹²³ selbst (2). So ist es zum Beispiel die Begegnung mit der Herrlichkeit Gottes,¹²⁴ die Moses Gesicht erstrahlen lässt (Ex 34,29.30.35).¹²⁵ Auch in Mt 4,16 klingt die Gegenwart Gottes im Licht an, was durch die Bezeichnung Jesu als Immanuel (Mt 1,23) weiter unterstrichen wird. Die messianische Deutung ist zudem über den Kontext von Jes 9,1 schlüssig, da das aufgehende Licht dort auf die sich anschließende Verheißung des (messianisch‐)königlichen Kindes zu beziehen ist.¹²⁶ Im mt Text wird dieser Aspekt durch die nur dem Mt eigene Verbform ἀνέτειλεν in Mt 4,16 untermalt, womit innermatthäisch zurückverwiesen wird auf den aufgehenden Stern, der die Magier zum messianischen Kind geführt hat (Mt 2,2.9).¹²⁷ Für die messianische Deutung der Lichtmetapher spricht weiterhin, dass Jesu Gesicht in Mt 17,2 während der Verklärung, die als proleptische Schau des Auferstandenen gedeutet werden kann,¹²⁸ erstrahlt wie die Sonne und sein Gewand weißem Licht gleicht (ὡς τὸ φῶς). Diese Möglichkeit der messianischen Lektüre ist jedoch in der Rezeption von Jes 9,1 nicht zwingend gegeben, da Jes 9,1 im Targum zum Beispiel nicht messianisch gedeutet wird.¹²⁹  Zitat nach Klijn, 2Bar, 163.  Wildberger, Jes I, 374. Dabei grenzt sich H. Wildberger deutlich von Müller, „Kind“, 409 ab, der die Lichtmetapher als Theophanie deutet. Im Rahmen einer Theophanie deutet H.P. Müller auch die Finsternis, denn „[d]as rettende Erscheinen Jahwes wird häufig in der Nacht erwartet. Daß das für Jesajas Verkündigung gilt, zeigen Jes. 17, 14a; 29, 7b; 30, 29“ (409). Allerdings kann er zusammenfassen: „Das Erscheinen des Lichtes ist das Zeichen der Zuwendung Jahwes, der sein Volk am Ort der Not aufsucht“ (412).  Zum Zusammenhang von Licht und Herrlichkeit (‫ )כבוד‬vgl. weiterhin Langer, Gott als Licht, 65 – 79.  Vgl. zudem Jes 58,8 – 10, ein Text, der wie oben erwähnt, z.T. als Deutungsoption der mt Textvariante herangezogen wird, wo der lichte Zustand ebenfalls als gelungene Gottesbeziehung, als Gegenwart Gottes, verstanden ist.  Vgl. Wildberger, Jes I, 374. Müller, „Kind“, 419 sieht die Geburt des Kindes (Jes 9,5) als im Gegensatz zur Theophanie in Jes 9,1 stehend und erkennt erst im Christusereignis den Gegensatz zwischen Gotteserscheinung und innergeschichtlichem Heilswirken durch den Messias als überbrückt an.  Vgl. Kap. 5.1.  Vgl. Luz, Mt II, 510; Konradt, Mt, 271– 275.  Im Targum zu Jesaja wird Jes 9,1 auf das Exil gedeutet und 9,2 auf den Exodus Israels. Vgl. Soares-Prabhu, Formula Quotations, 95: „[T]he evangelist recognizes the passage as messianic; the Targum does not“.

8.1 Das Volk, das im Finstern sitzt, sieht ein Licht – Mt 4,12 – 16

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Damit wird deutlich, warum das Licht in der mt Variante sowohl messianisch ausgedeutet werden kann,¹³⁰ und zwar in dem Sinn, dass Jesus das königlichmessianische Kind ist (Mt 1– 2) und sein Licht nun für das Volk erstrahlt, als auch im Sinne des göttlichen Rechts, was für Matthäus die durch Jesus vermittelte Tora ist. Letzteres kommt besonders in der Verbindung von Mt 5,16 (Licht) und 5,17 (Gesetz) sowie der Stellung dieser beiden Verse im Gesamtkonzept der mt Bergpredigt zum Ausdruck, worauf es im Folgenden noch einzugehen gilt.¹³¹ Schließlich ist zu fragen, ob nicht sogar beide Aspekte, der messianische und der des göttlichen Rechts, untrennbar zusammengehören. Ähnlich wie die Propheten das göttliche Wort dem Volk aktualisiert haben, gehört es zur prophetischen Aufgabe des Messias, das göttliche Recht zu offenbaren und als königlicher Messias das Recht auch durchzusetzen.¹³² Über das Gottesknechtmotiv (Mt 12,18 – 21)¹³³ sind Jesu Lehre und seine Person eng miteinander verknüpft: Durch die Verbindung von einer messianischen Lichtgestalt und dem Licht als Recht, das dann der durch den Messias vermittelten Tora entspricht, lässt sich Mt 12,15 – 21 inhaltlich sehr gut an 4,15 f anschließen. Dies ist insofern von besonderer Bedeutung, als die Heilsrelevanz der Verkündigung Jesu auch für die Völker in Mt 12,18 – 21 zum ersten Mal explizit ausgesprochen wird, während sie davor allein implizit durch intertextuelle Verweise zum Tragen kommt. Ein Licht für die Völker wird weder in Jes 9,1 noch in Mt 4,16 explizit genannt. Doch ist Jes 9,1 durch Stichwortverbindungen mit Jes 42,6 f verbunden¹³⁴ und damit mit dem unmittelbaren Kontext des längsten Jesajazitates (Jes 42,1– 4) in Mt 12,18 – 21.¹³⁵ Auch in Jes 42,6 f erscheint das Licht denen, die in der Finsternis sitzen (‫ ישבי חשך‬/ καθημένους ἐν σκότει), und wird explizit als Licht der Völker¹³⁶

 Vgl. Klostermann, Mt, 31; Dumbrell, „Logic“, 5; Grundmann, Mt, 106; Konradt, Mt, 58. Soares-Prabhu, Formula Quotations, 100 schreibt: „In its present context, and given that the word [ἀνατέλλειν] elsewhere in Mt (5,45; 13,6) always has ἥλιος as its subject, it is likely that the messianic associations of ἀνατέλλειν take the form of a veiled solar image: the coming of Jesus to Capernaum betokens the rising of the messianic sun.“  Vgl. Kap. 8.2.  Vgl. Mt 12,18 – 21; 25,31– 46; 28,18 – 20.  Ausführlich dazu vgl. Kap. 8.3.  ‫ישב‬/κάθημαι; ‫אור‬/φῶς; ‫חשך‬/σκότει.  Vgl. Hays, Echoes of Scripture in the Gospels, 177.  Vgl. zum Licht für die Völker (‫ אור גוים‬/ φῶς ἐθνῶν) zudem Jes 49,6. Als wichtige Deutekategorie für Jesu irdisches Wirken beschreibt Wilk, Jesus und die Völker, 147– 151 das Entzünden des Lichts für die Völker; siehe auch Hays, Echoes of Scripture in the Gospels, 178. Doch ist aufgrund des Fehlens des Ausdrucks selbst Vorsicht geboten, ein zu großes Gewicht darauf zu legen. Zur frühjüdischen Rezeption von Jes 42,6 und 49,6 vgl. Gregerman, „Biblical Prophecy“, 231– 238, der neben JesLXX auf Tob 13,11; TestLev 14,4; SapSal 18,4 und 1Hen 48,4 eingeht.

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8 Licht der Tora – Partizipation der Völker am Heil?

kategorisiert (‫ אור גוים‬/ φῶς ἐθνῶν).¹³⁷ Insofern lässt sich zwar für Jes 9,1 in Mt 4,16 nicht unmittelbar von einem Licht für die Völker sprechen, doch ist die Bedeutung der Verheißung an das Volk durch den Begriff „Galiläa der Völker“ auch als für die Völker relevant mitzuhören. Ihr Heil ist in der Verheißung der Schriften grundgelegt und durch sie begründet. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die universale Dimension der Adressaten der Verheißung über den Begriff „Galiläa der Völker“ eingespielt wird (auch wenn sie eher nicht auf „heidnisches“ Gebiet verweist). Des Weiteren findet möglicherweise eine zweite Anspielung auf die Völker über die Negativdefinition der Völkerwelt als Finsternis statt, die durch den Deutungsraum der Schriften anklingt – wenn auch nur sehr lose. Damit ist die Verheißung des aufgehenden Lichtes, die an Israel als λαός ergeht,¹³⁸ implizit auch auf die Völker bezogen, sodass die beiden Heilsperspektiven miteinander verknüpft sind. Weder vertritt Matthäus in seiner Soteriologie das Modell einer Ablösung Israels durch die Völker als Konsequenz der Passion Jesu¹³⁹ noch ist das Jesajazitat allein auf Israels Heil zu beziehen.¹⁴⁰ Inhaltlich zeigen die verschiedenen Deutungsaspekte der verwendeten Motive die starke Verwurzelung der Heilserwartung in den Schriften Israels. Dabei wird einerseits direkt aus den Schriften zitiert, andererseits wird die Verheißung durch den veränderten Adressatenkreis auch uminterpretiert. Verwiesen sei hierzu noch einmal auf die Übersetzungsvariante des sitzenden Volkes bei Matthäus, anstelle des gehenden Volkes bei Jesaja. Nicht die Menschen bewegen sich auf das Licht zu, sondern das Licht auf die Menschen. Dieses Licht, das sowohl auf den Messias als auch auf die Durchsetzung des göttlichen Rechts verweist, erstrahlt für Israel, wie durch den nachfolgenden Beginn des Wirkens Jesu weiter ausgemalt wird. Das Licht erstrahlt jedoch schließlich ebenso für die Völkerwelt, für das „Galiläa der Völker“, womit eine Verbindung zu Mt 28,18 – 20 entsteht, da die universale Mission ebenfalls von Galiläa aus ihren Anfang nimmt. Durch den Deutungsaspekt des Lichts als göttliches Recht lässt sich Mt 4,15 f in den Kontext anderer Texte einordnen, die die Frage nach der Tora für die Völker diskutieren (Gen 9; Jes 2,4; 24,5; 51,4; Sir 17). Auch innermatthäisch wird diese Frage noch mehrfach aufgenommen (Mt 5,13 – 16; 12,18 – 21), wie die folgende Darstellung zeigen wird.

 Siehe Lohfink, „Bund und Tora“, 50: Interessanterweise zeigt auch in Jes 42,6 f der „breitere Kontext […], daß hier Gottes Handeln am exilierten Israel beschrieben wird“.  Dazu passt, dass in der mt Erzählung die Hinwendung zu den Völkern noch nicht unmittelbarer Aspekt des Wirkens Jesu in Galiläa ist, sondern diese nur als Randfiguren seines Wirkens in Erscheinung treten (vgl. Mt 8,5 – 13.28 – 34; 15,21– 28).  Zu Vertretern dieser Position vgl. Kap. 1.2, Anm. 34.  Anders jedoch Rothfuchs, Erfüllungszitate, 43; Beaton, Isaiah’s Christ, 86 f.

8.2 Die Jünger als Licht der Welt und ihre Torapraxis – Mt 5,13 – 16

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8.2 Die Jünger als Licht der Welt und ihre Torapraxis – Mt 5,13 – 16 Die beiden Bildworte vom Salz und vom Licht (Mt 5,13 – 16)¹⁴¹ lassen sich ebenfalls im Kontext von Torabefolgung und der über Israel hinausreichenden Dimension der Tora deuten. 13

Ihr seid (ὑμεῖς ἐστε) das Salz der Erde (τὸ ἅλας τῆς γῆς). Wenn aber das Salz dumm geworden ist, womit wird man salzen? Zu nichts mehr ist es zu gebrauchen, als dass man es hinauswirft, um von den Menschen (ὑπὸ τῶν ἀνθρώπων) zertreten zu werden (καταπατεῖσθαι). 14 Ihr seid (ὑμεῖς ἐστε) das Licht der Welt (τὸ φῶς τοῦ κόσμου). Nicht kann eine Stadt (πόλις) verborgen bleiben, die auf einem Berg (ὄρους) liegt. 15Auch lässt man nicht eine Lampe brennen und stellt sie unter den Scheffel, sondern auf den Leuchter, so leuchtet sie allen, die im Haus sind (λάμπει πᾶσιν τοῖς ἐν τῇ οἰκίᾳ).

Jene, die durch das „ihr seid“ (ὑμεῖς ἐστε) konkret angesprochen sind, sind die Jünger. Indem sie als φῶς τοῦ κόσμου (V. 14) bezeichnet werden, wird deutlich, dass der Auftrag (Imperativ) Auswirkungen über Israel hinaus für die Welt hat. Durch die parallele Gestaltung beider Bildworte (in V. 13 und V. 14) stellt sich die Frage, ob die universale Dimension des Auftrags an die Jünger in V. 14 auch schon für V. 13 gilt, also ob ein synthetischer oder ein synonymer Parallelismus vorliegt. Im ersten Fall würde κόσμος über γῆ hinausweisen und das Land wäre auf Israel engzuführen,¹⁴² wohingegen κόσμος die gesamte Welt meinte.¹⁴³ Darin wären dann die zwei Sendungsaufträge der Jünger (Mt 10; 28) vorabgebildet. Im Fall eines synonymen Parallelismus hingegen ist bereits die Erde (γῆ) im Sinn von Welt (κόσμος) und damit ebenfalls universal zu deuten.¹⁴⁴ Für die zweite Lesart  Zum synoptischen Vergleich vgl. z. B. Schnackenburg, „Ihr seid das Salz“, 179 – 184.  Klassische Argumente sind der Artikel vor γῆ sowie die Bezüge auf Mt 4,25; 5,5, wobei darauf hinzuweisen ist, dass auch für Mt 5,5 keine Einigkeit über das genaue Verständnis des Landes besteht.  So Dumbrell, „Logic“, 11– 13; Lohmeyer/Schmauch, Mt, 97; Krämer, „Salz“, 133 – 157, bes. 136 – 142; Fiedler, Mt, 119. Eine Auswertung aller Belege von γῆ findet sich bei Šoltés, Salz, 84– 98; Beutler, „Salz“, 85 – 94, bes. 90 – 92, der für Mt 5,13 von 5,5 und der „Rahmung der Bergpredigt her“ argumentiert: „Das Gottesvolk wird konstituiert und versammelt […] und die Szenerie des Berges gemahnt an die Verleihung der Torah auf dem Berge Sinai“ (92). Anders Shillington, „Salt“, 121, der γῆ im geologischen Sinn versteht.  Vgl. Souček, „Salz der Erde“, 169 – 179, bes. 174; Strecker, Bergpredigt, 52; Panimolle, „Sale della terra“, 143; Luz, Mt I, 297; Šoltés, Salz, 85; Paschke, Particularism and Universalism, 72– 76; Lundbom, Sermon, 129; Konradt, Mt, 72. Von einer bewussten Doppeldeutigkeit geht Vahrenhorst, „Land“, 132 f aus, sodass sowohl die universale Dimension (Mt 28,18 – 20) als auch die Hinwendung zu Israel (Mt 10) hörbar sind. Nicht konsequent argumentiert Šoltés, Salz, da er

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8 Licht der Tora – Partizipation der Völker am Heil?

spricht, dass Matthäus γῆ im Sinn von bestimmten Gebieten immer mit deren namentlicher Näherbestimmung nennt: vgl. γῆ Ἰσραήλ (Mt 2,20 f);¹⁴⁵ γῆ Ἰούδα (Mt 2,6); γῆ Ζαβουλὼν καὶ γῆ Νεφθαλίμ (Mt 4,15).¹⁴⁶ Ist das Salzwort universal zu deuten, so wird darin die Charakterisierung der Jünger als Salz im Sinne ihrer positiven Aufgabe an der Welt deutlich.¹⁴⁷ In dem Bildwort wird jedoch nicht allein die Stellung der Jünger zur Welt definiert, sondern unter dem Blickwinkel ihres möglichen Versagens kommt auch die Rolle der Welt gegenüber den Jüngern in den Blick. Schließlich sind es die Menschen (οἱ ἄνθρωποι), die das Salz „zertreten“ (καταπατεῖν), sollte es seiner Aufgabe nicht mehr gerecht werden.¹⁴⁸ Damit ist eine typische Gerichtsvorstellung aus den Schriften eingespielt, in der das Vollstrecken des Gerichts durch Zertreten ausgedrückt wird (vgl. Mi 7,10; Jes 10,6; Dan 8,13)¹⁴⁹.¹⁵⁰ Das Gerichtsbild ist von Matthäus jedoch nicht in dem Sinn transformiert, dass in den Schriften die Völker zunächst γῆ in Mt 5,13 in die Kategorie „bewohnter Weltkörper; Bewohner der Erde; Menschen“ (85) einordnet und dann schließlich das Verständnis von 5,13.14 als einen synonymen Parallelismus doch zu Gunsten eines „‚steigernde[n]‘ Parallelismus“ (109) ablehnt.  Ein knapper Überblick über die Land-Thematik im Mt findet sich bei Vahrenhorst, „Land“, 129 – 133.  Vgl. auch Mt 10,15; 11,24; so auch Paschke, Particularism and Universalism, 73; Luz, Mt IV, 332 f.  Dieser Bezug nach außen, der zumindest über die Jüngerschaft hinausreicht, wird auch am Bild vom Salz an sich deutlich, da es wenig sinnvoll scheint, Salziges zu salzen. Bereits bei M. Luther findet sich die Aussage: „[S]alz ist fur sich selbs nicht salz, kann sich selbs nicht salzen“ (WA 32,343). Vgl. zur Rolle der Jünger als Salz auch Panimolle, „Sale della terra“, 145 – 150. Eine Zusammenstellung der Verwendungsweisen von Salz findet sich bei Davies/Allison, Mt I, 472: (1) Salz als Opferzusatz; (2) Salz des Bundes; (3) Salz zur Reinigung von Trinkwasser; (4) Salz als Speisewürze; (5) Salz als Konservierungsmittel; (6) Salz als Notwendigkeit, wie Feuer und Wasser; (7) Salz essen als Zeichen der Loyalität; (8) Salz als Zeichen des Friedens; (9) Salzwürze als Zeichen angebrachter Rede; (10) Salz in Verbindung mit Weisheit; (11) Salz als von den Göttern geliebt. Ausgehend von diesen Verwendungskontexten können Überlegungen angestellt werden, worin der Lebensbezug des Bildes zu suchen ist. Für den würzenden Aspekt vgl. z. B. Luz, Mt I, 298. Anders hingegen Shillington, „Salt“, 120 f, der sich dezidiert gegen Salz als Gewürz ausspricht, sondern eher an düngendes Bodensalz zu denken scheint. Auf eine Praktik arabischer Bäcker, die Salzplatten in den Ofen legen, um ein besseres Backergebnis zu erzielen, verweist Cullmann, „Gleichnis“, 194. Diese Salzplatten verlieren jedoch nach einigen Jahren ihre Wirkung und werden auf die Straße geworfen.  Was unter „dumm“ oder „töricht werden“ (μωραίνω) des Salzes zu verstehen ist, wird in der Forschung breit diskutiert. Luz, Mt I, 294, Anm. 1 geht von einem Semitismus (hebr./aram. „‫– תפל‬ 1. salzlos sein; 2. dumm reden“) aus.  Vgl. weiter Jes 5,5; 10,6; 14,25; 22,5; 25,10; 41,15; 63,1.6.  Auch innermatthäisch liegt ein Verweis auf die Gerichtsvorstellung vor, da „hinauswerfen“ (βάλλω ἔξω) an die Gerichtsansagen ἐκβάλλειν εἰς τὸ σκότος τὸ ἐξώτερον (Mt 8,12; 22,13; 25,30) erinnert (vgl. Davies/Allison, Mt I, 473).

8.2 Die Jünger als Licht der Welt und ihre Torapraxis – Mt 5,13 – 16

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dem Gericht durch Zertreten unterliegen, während sie hier die Ausführenden sind. Einerseits sind sie zwar in vielen der genannten Belegstellen die Adressaten des Gerichts, doch wird die Gerichtsvorstellung des Zertretens auch gegen Israel gewendet gebraucht (z. B. Jes 5,5). Anderseits ist in Mt 5,13 von den Menschen im Allgemeinen die Rede, unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit. Das Unterscheidungskriterium ist nicht Israel gegenüber Völkern, sondern Jünger gegenüber Menschen, die keine Jünger sind.¹⁵¹ Die universale Dimension des Lichtwortes (V. 14) ist, wie bereits erwähnt, durch die Wendung κόσμος eindeutig. Allerdings bieten die beiden sich daran anschließenden Bildworte von der Stadt auf dem Berg und dem Licht, das allen im Haus leuchtet, wiederum Grund zur Diskussion. Das Bild von der Stadt wird im Textzusammenhang immer wieder als befremdlich wahrgenommen.¹⁵² Diskutiert wird besonders, um welche Stadt es sich handelt. Zum einen wird versucht, die Stadt mit einer galiläischen Stadt zu identifizieren.¹⁵³ Zum anderen gibt es Ausleger, die die Stadt mit Jerusalem¹⁵⁴ identifizieren und dann z.T. im Hintergrund des Bildworts die alttestamentliche Tradition der Völkerwallfahrt erkennen. Dies geschieht zumeist durch Stichwortverbindungen zwischen Mt 5,14 und Jes 2,2– 4.¹⁵⁵ Dieser Vorstellung zufolge wären die Jünger oder

 So Davies/Allison, Mt I, 478. Für ein universales Verständnis von ἄνθρωποι vgl. zudem Paschke, Particularism and Universalism, 71 f.  Vgl. Luz, Mt I, 299; Davies/Allison, Mt I, 475. Zu einer zentralen Aussage mt Ekklesiologie wird das Bild von der Stadt hingegen von Schmidt, Gesetzesfreie Heilsverkündigung, 321– 327 erhoben, der darin die auf dem Felsen gegründete Gemeinde (vgl. auch Mt 7,24 f; 13,44; 16,18) sieht. Dabei (über‐)strapaziert er das Textverständnis insofern, als er den gesamten Inhalt der Bergpredigt als einen imaginären Rundgang durch diese Stadt auffasst: „Mit Vers 7,23 endet die Rede des Evangelisten; dieser entlässt seine Besucher am Tor“ (327).  Demnach könnte die Stadt mit Sepphoris zu identifizieren sein (vgl. Strack/Billerbeck, Mt I, 238); mit Sephat (vgl. France, Mt, 176, Anm. 19); Chorazin (vgl. Grundmann, Mt, 139); oder Hippos (vgl. Dalman, Orte und Wege, 170; Soiron, Bergpredigt Jesu, 227).  Ausführlich für Jerusalem – unter Berücksichtigung des Gebrauchs von Jerusalem und Zion in den Schriften Israels, in Qumran, den samaritanischen Traditionen, bei Josephus und Philo sowie den Rabbinen – argumentiert Campbell, „New Jerusalem“, 335 – 363. Dabei legt er besonderen Wert darauf, dass mit Stadt nicht allein die Gebäude und Straßen, sondern nach antikem Verständnis auch die Bewohner gemeint seien (337– 340.362).  Vgl. z. B. Schnackenburg, Gottes Herrschaft, 67; Schnackenburg, „Ihr seid das Salz“, 191. Dieser beruft sich u. a. auf Rad, „Stadt auf dem Berge“, 439 – 447. Doch identifiziert G. von Rad die Stadt auf dem Berg mit der eschatologischen Jüngergemeinde, die für alle Welt sichtbar leuchtet, indem er das Bild von V. 14a her deutet, und spricht von einem „alte[n] eschatologisch-apokalyptische[n] Thema […], das schon im AT. von Jesaja an immer wieder anklingt“ (447). Explizit von Völkerwallfahrt ist bei G. von Rad nicht die Rede. Treffender wäre es, in diesem Kontext allgemeiner von Zionstheologie zu sprechen, vgl. bes. Rad, „Stadt auf dem Berge“, 439. Vom Motiv der Völkerwallfahrt unter Bezug auf G. von Rad gehen weiterhin auch aus Gnilka, Mt I, 135; Beutler, „Salz“, 93. Ohne den häufig zu findenden Bezug auf die These von G. von Rad plädieren auch

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8 Licht der Tora – Partizipation der Völker am Heil?

die Kirche mit der Stadt zu identifizieren, die weithin sichtbar ist.¹⁵⁶ Dabei fände eine Umdeutung von Zionstheologie, laut der die Stadt auf dem Berg Jerusalem entspräche,¹⁵⁷ auf die Gemeinde statt. Die Völkerperspektive wäre über die Aufgabenbestimmung „Licht der Welt“ (φῶς τοῦ κόσμου) eingespielt. Das Hinzukommen der Völker wäre dann jedoch nur über Texte wie Jes 60,1– 3 denkbar, die in das Bildwort von der Stadt eingetragen würden, da in diesen prophetischen Texten ebenfalls Menschen zum erleuchteten Zion ziehen. Explizit ist von einem Hinzukommen von Menschen aus den Völkern zu dieser Stadt auf dem Berg im Mt keine Rede. Es stellt sich zudem die Frage, inwiefern diese Verbindung hier wahrscheinlich ist, da Matthäus zionstheologische Aussagen auch an anderen Stellen so umdeutet, dass der Zion seine theologische Bedeutung verliert (vgl. Mt 2,1– 12; 5 – 7; 21,13; 28,16 – 20).¹⁵⁸ Zudem unterscheidet sich die mt Vorstellung vom Hinzukommen der Völker gerade von den zentripetalen Vorstellungen, wie sie in Jes 2,2– 4 und 60,1– 3 vertreten werden, insofern, als stattdessen Stellen wie Jes 9,1 und 42,1– 4 zitiert werden, die eher zentrifugal ausgerichtet sind.¹⁵⁹ Auch das Fehlen eines Artikels (die Rede ist von einer Stadt, nicht der Stadt [Jerusalem] sowie von einem Berg statt dem Berg [Zion]) spricht eher gegen eine Identifikation mit zionstheologischen Vorstellungen.¹⁶⁰ In Kombination mit dem folgenden Bild vom Licht im Haus ließe sich überlegen, ob beide Bilder die Aufgabe der Jünger einmal nach außen in Bezug auf die Welt und einmal nach innen auf die eigene Gemeinde hin plausibilisieren: Die Stadt liegt für alle gut sichtbar auf dem Berg, wohingegen die Lampe allen leuchtet, die (bereits) im Haus sind.¹⁶¹ Besonders im Vergleich zur lukanischen Parallele (Lk 8,16), die sich deutlich vom mt Text unterscheidet, könnte das Bild vom Haus im Mt als partikularistische Aussage aufgefasst werden, da es wesentlich statischer ist. Außerdem liegt ein Vergleich des Hauses mit der Rede vom Haus Israel nicht fern (Ex 31,16; Lev 17,3.8.10; Num 20,29; 1Sam 7,2.3; 2Sam 6,5; Ps 98,3; Jes 5,7; 14,2 u. ö.). Dagegen spricht jedoch der häufigere Verweis darauf, dass πᾶσιν in V. 15 eine universale Perspektive unterstütze (λάμπει πᾶσιν τοῖς ἐν τῇ οἰκίᾳ).¹⁶² Außerdem sollte der Vergleich auch nicht überinterpretiert werden, denn so wie die Lampe im Haus leuchtet, so sollen die Jünger Jesu „vor den Menschen“ (ἔμπροσθεν τῶν ἀνθρώπων), die nur schwerlich auf Israel zu beschränken sind, leuchten. Insofern ist es wahrscheinlicher, dass beide Bilder das übergeordnete Bildwort „ihr seid das Licht der Welt“ (Mt 5,14) weiter ausmalen.

Wilk, Jesus und die Völker, 149; Rölver, Christliche Existenz, 427 für einen Anklang an die Völkerwallfahrt. Stärker zionstheologisch im Allgemeinen argumentieren Dumbrell, „Logic“, 14; Grundmann, Mt, 139.  Strecker, Bergpredigt, 53 betont den paränetisch-präsentischen Charakter des Bildwortes.  Dezidiert gegen eine Deutung der Stadt als (endzeitliches) Jerusalem spricht sich Berger, „Stadt“, 84 aus, der seine Argumentation von Jes 1,8 und 65,4 her aufbaut (82 f).  Vgl. Kap. 5.  Vgl. Kap. 8.1 und Kap. 8.3. Dass die Kategorien zentripetal und zentrifugal im gesamten Mt nicht konsequent gebraucht werden, hat Paschke, „Kommen und Gehen“, 637– 652 gezeigt.  Vgl. so auch Luz, Mt I, 299; Davies/Allison, Mt I, 475; France, Mt, 176, Anm. 19; Paschke, Particularism and Universalism, 96.  Jeremias, „Lampe“, 238 weist darauf hin, dass hinter der Vorstellung vom Haus im Mt vermutlich die eines Bauernhauses steht.  Vgl. Luz, Mt I, 299: „Das an sich überflüssige πᾶσιν entspricht den universalen Ausdrücken γῆ (V13), κόσμος (V14) und τῶν ἀνθρῶπων (V16)“; vgl. weiterhin Konradt, Mt, 73.

8.2 Die Jünger als Licht der Welt und ihre Torapraxis – Mt 5,13 – 16

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Der sich daran anschließende V. 16 kann als „Thema der Bergpredigt“¹⁶³, die exemplarisch die von Jesus gelehrte Toraauslegung verdeutlicht, und zugleich als der entscheidende Schlüssel für die Deutung des Lichtwortes, sogar für V. 13 – 15 insgesamt verstanden werden,¹⁶⁴ wodurch diesen Versen eine hervorgehobene Stellung zukommt. So soll euer Licht leuchten vor den Menschen (λαμψάτο τὸ φῶς ὑμῶν ἔμπροσθεν τῶν ἀνθρώπων), damit sie eure guten Werke (τὰ καλὰ ἔργα) sehen und euren Vater, der in den Himmeln ist, verherrlichen. (Mt 5,16)

Die Plausibilisierung der universalen Perspektive von V. 16 wird wiederum durch den Bezug zu ὑμεῖς ἐστε τὸ φῶς τοῦ κόσμου deutlich, da es genau dieses Licht ist, das die Jünger leuchten lassen sollen. Hier wird nun das Leuchtenlassen des Lichts mit dem Vollbringen von „guten Werken“ verbunden. „Der von Gott zugesprochene Heilsstand (‚Salz‘, ‚Licht‘) ist zugleich Aufforderung zur Tat.“¹⁶⁵ Insofern spiegelt sich in V. 16 ein weiterer Zusammenhang wieder, der in den Schriften Israels verwendet wird: Die Völker werden zunächst zu Zeugen der Taten Gottes und finden darüber einen Weg zum Lob Gottes (vgl. Ps 67,2 – 4; 98,2 – 4; 107,8.15.21.31; Jes 42,8 – 12).¹⁶⁶ In Mt 5,16 jedoch sind es nicht die Taten Gottes, die zu dessen Ehre führen, sondern die Taten der Jünger, die wie Licht vor den Menschen leuchten und somit von diesen gesehen werden. Das Tatzeugnis steht hier im Vordergrund, wohingegen weniger an das Zeugnis durch Verkündigung zu denken ist.¹⁶⁷ Das Lob, das daraus erwächst, fällt jedoch nicht auf die Jünger zurück, sondern gebührt auch in diesem Zusammenhang, parallel zu den

 Burchard, „Thema der Bergpredigt“, 420.  Vgl. Luz, Mt I, 300; Gnilka, Mt I, 137.  Luz, Mt I, 301; Lundbom, Sermon, 134.137: „So being the light of the world has everything to do with righteousness“ (134).Wilk, Jesus und die Völker, 148 sieht in dieser Aufforderung Jesu den Versuch, die Jünger und damit letztlich die Israeliten „in ihre Rolle als Träger des Lichts für die Völker einzuweisen“.  Davon zu unterscheiden sind jene Aussagen, die von einem Lob Gottes durch die Israeliten unter den Völkern sprechen, vgl. z. B. Ps 18,50; 57,10; 108,4, evtl. auch Ps 145.Vgl. zum Zeugen-Sein der Völker Kap. 2.2.3 und zum universalen Lob Gottes Kap. 2.3.12.  Vgl. Konradt, Mt, 73. Dementsprechend sind von den angeführten ähnlichen Vorstellungen aus den Schriften weiterhin jene zu unterscheiden, die von einem Verkündigungszeugnis statt einem Tatzeugnis ausgehen, das dann zum Lob Gottes durch Menschen aus den Völkern führt (vgl. z. B. Ps 45,18; 138,1).

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8 Licht der Tora – Partizipation der Völker am Heil?

Schriften Israels, Gott. Somit steht Mt 5,16 nur scheinbar im Gegensatz zu 6,1, da in keinem der beiden Fälle die Ehre dem Menschen gebührt.¹⁶⁸ Die Jünger stehen als Licht in der unmittelbaren Nachfolge Jesu, da dieser, wie seine Lehre und Auslegung der Tora, auch schon in Mt 4,16, durch das Zitat von Jes 9,1, als Licht bezeichnet wurde. „Die Lichtexistenz der Jünger erscheint daher, kontextuell betrachtet, als eine abgeleitete. Sie ist durch Jesus ermöglicht, durch sein Mit-Sein wie durch seine Erschließung des Gotteswillens.“¹⁶⁹ Dieser Zusammenhang wird auch durch den gegebenen Kontext weiter verdeutlicht.¹⁷⁰ Auf die Zusage „ihr seid das Licht der Welt“ (V. 15) und die Aufforderung „so soll euer Licht leuchten“ (V. 16) folgen die jesuanischen Auslegungen des göttlichen Willens (Mt 5,17– 7,12). Besonders der einleitende V. 17 klassifiziert diesen als Gesetz und Propheten inhärent.¹⁷¹ Das Licht wird damit nicht nur in den Schriften und frühjüdischen Texten,¹⁷² sondern auch im Mt auf die Tora bezogen, und zwar im Sinne der guten Weisung Gottes, wie sie sich in der Auslegung Jesu widerspiegelt.¹⁷³ Gestützt wird der Zusammenhang vom Imperativ an die Jünger, das Licht leuchten zu lassen (V. 16), und von der vollen Gültigkeit der Tora und der Propheten (V. 17) durch den weiteren Verlauf der Bergpredigt, da in Mt 6,23 die Lichtmetapher ebenfalls für das ethisch richtige Verhalten gebraucht wird. Indem dieser Zusammenhang in Mt 5,16 exponiert vor die weiteren Ausführungen der Bergpredigt gestellt und zugleich in Mt 5,13 – 16 eine universale Perspektive eingespielt wird, ergibt sich nicht nur ein Verweis auf Mt 4,16, sondern auch auf Mt 28,18 – 20, wo die aktive Zuwendung zu den Menschen aus den Völkern im nachösterlichen Sendungsauftrag zum Ausdruck kommt.¹⁷⁴ Es ginge zwar zu weit,

 So auch France, Mt, 177; Gnilka, Mt I, 137; Konradt, Mt, 73. Die oberflächliche Spannung könnte darin gesehen werden, dass die guten Taten, die in Mt 5,16 wie Licht vor den Menschen leuchten sollen, in der Öffentlichkeit stattfinden, wohingegen die Gerechtigkeit verborgen geschehen soll (Mt 6,1).  Konradt, Mt, 73.  Als „thematische[s] Kopfstück“ bezeichnet Konradt, Mt, 72 die V. 13 – 16. Ähnlich auch Luz, Mt I, 295.301; Davies/Allison, Mt I, 473. Als Zusammenfassung des Vorausgehenden hingegen wird Mt 5,13 – 16 gesehen von Dumbrell, „Logic“, 2.  Vgl. zum Zusammenhang von Mt 5,16 und 5,17 auch Burchard, „Thema der Bergpredigt“, 418 – 420, der festhält, dass die Verbindung zwischen diesen beiden Versen zu wenig Beachtung findet, und selbst ebenfalls für eine enge Anknüpfung votiert.  Vgl. zur Deutung in den Schriften Kap. 8.1.3.Vgl. frühjüdisch 2Bar 17,4; 59,2; 77,13 – 16; TestLev 14,3 f; 19,1; TestBenj 5,3; SapSal 18,4; LAB 11,1 f.  Vgl. auch Beutler, „Salz“, 93.  Auf diesen Zusammenhang verweisen z. B. Pöttner, „Metaphern“, 108; Šoltés, Salz, 294– 302.

8.3 Recht für die Nationen und Hoffen auf den Namen – Mt 12,15 – 21

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von einem aktiven Werben oder Missionieren zu sprechen,¹⁷⁵ doch haben die Lichttaten der Jünger Auswirkungen auf die Welt, die dadurch zur Gotteserkenntnis kommen kann. Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass Mt 5,13 – 16 die konsequente Fortführung von Mt 4,15 f darstellt. Beide Textstellen sind über die Lichtmetapher miteinander verbunden und die christologische Komponente aus Mt 4,15 f wird in 5,13 – 16 auf die Jünger übertragen. Die Jünger salzen und lassen ihr Licht leuchten, was letztlich eine heilvolle Auswirkung auf die Welt hat. Das Heil für die Völker wird hier also primär in den Konsequenzen der „guten Werke“ der Jünger für die Welt gesehen, die im Idealfall zur Gotteserkenntnis der Völker führen, die sich in deren Gotteslob äußert. Dabei greift Matthäus nicht auf ein konkretes Zitat aus den Schriften zurück, sondern verleiht seiner Aussage durch die Anspielungen auf theologische Konzepte der Schriften Tiefendimension: Dies betrifft besonders die Konsequenz des Gerichts bei misslingendem Auftrag (V. 13) sowie den wichtigen Zusammenhang von Licht, Tora und guten Werken (V. 14– 16). Sind es nun diese Lichttaten, die von der Bergpredigt her mit der Befolgung der jesuanischen Auslegung der Tora zu identifizieren sind und die in Mt 5,13 – 16 zunächst von den Jüngern und schließlich in Mt 28,20 auch von den Völkern gefordert werden, stellt sich die Frage, wie das Halten der Tora aus der Perspektive der Völker aussehen kann. Dazu ist zunächst auf die christologische Komponente dieser Frage, wie sie in Mt 12,15 – 21 und dem Zitat aus Jes 42,1– 4 zum Ausdruck kommt (8.3), einzugehen und im Folgenden nach dem mt Gesetzesverständnis zu fragen (8.4).

8.3 Recht für die Nationen und Hoffen auf den Namen – Mt 12,15 – 21 und Jes 42,1 – 4 In Mt 12,18 – 21 steht das längste als solches gekennzeichnete Zitat aus den Schriften im gesamten Mt.¹⁷⁶ Es folgt beinahe unmittelbar auf den ersten Beschluss der Gegner Jesu, ihn zu töten (Mt 12,14). Damit ist ein vorläufiger Höhepunkt erreicht, sodass das Folgende besonderes Gewicht erhält. Nachdem Jesus sich von dem zunehmend eskalierenden Konflikt mit den Pharisäern zurückgezogen hat, sind es in Mt 12,15 die Volksmengen (ὄχλοι πολ-

 Vgl. Gnilka, Mt I, 137, der Mt 5,16 vom aktiven Werben der Pharisäer um Proselyten abgrenzt. Siehe auch Mt 23,15.  Die Perikope an sich hat Matthäus, wie auch Lukas, aus dem Mk übernommen (vgl. Mk 3,7– 12/Lk 6,17– 19). Allerdings findet sich das Erfüllungszitat aus Jes 42,1– 4 allein im Mt.

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8 Licht der Tora – Partizipation der Völker am Heil?

λοί), die ihm folgen (ἠκολούθησαν)¹⁷⁷. Von ihnen heißt es sehr knapp, dass Jesus sie alle heilte (καὶ ἐθεράπευσεν αὐτοὺς πάντας).¹⁷⁸ Strukturell erinnert der Aufbau der Perikope an Mt 8,16 f, wo ebenfalls ein Jesajazitat (Jes 53,4a) zu finden ist. In beiden Texten geht dem jesajanischen Erfüllungszitat ein Heilungssummarium voraus,¹⁷⁹ doch sind es in Mt 8,16 f nicht die Volksmengen, die Jesus folgen, sondern Besessene und Kranke (δαιμονιζομένους πολλούς / πάντας τοὺς κακῶς ἔχοντας), die zu Jesus gebracht werden. In Mt 12,16 schließlich bedroht Jesus die Volksmengen, ihn nicht offenbar zu machen, und in Mt 12,18 – 21 ist das Zitat aus den Schriften angefügt, das durch seine Einleitung in V. 17 als Erfüllungszitat und Spruch aus dem Jesajabuch (= Jes 42,1– 4) gekennzeichnet ist.¹⁸⁰ Von seinem jesajanischen Kontext her ist es als Gottesrede zu verstehen (seit Jes 41,21 wird kein neuer Sprecher eingeführt). Zunächst wird der Knecht von Gott präsentiert (‫הן‬/ἰδού) und näher beschrieben. Diese Darstellung der Erwählung und Charak-

 Durch die Verwendung von ἠκολούθησαν in Mt 12,15 ist die Frage nach der Nachfolge eingespielt. Dabei ist das Verb in Mt 12,15 nicht unbedingt terminus technicus, es könnte damit schlicht das Hinterherziehen der Menschenmengen gemeint sein. Allerdings oszilliert der Begriff auch an anderer Stelle in Bezug auf die Volksmengen; vgl. Mt 4,25, wo die Volksmengen Jesus zunächst einfach folgen, doch durch die unmittelbar vorausgehende Berufungserzählung Mt 4,18 – 22 (besonders V. 20.22) auch die Bedeutung des Nachfolgens für ἀκολουθεῖν präsent ist.  Die Frage nach dem Kontextbezug stellt die Forschung vor gewisse Probleme. So stellt z. B. Luz, Mt II, 243 f fest, dass die mt Erfüllungszitate sonst von ihrem Kontext her zu deuten sind, hier jedoch ein Überschuss gegenüber dem Kontext gegeben ist. Für ihn besteht die einzige Brücke zum näheren Kontext im Schweigegebot, das Matthäus an dieser Stelle aus dem Mk übernommen hat. Anders hingegen deuten Davies/Allison, Mt II, 323: „[I]t seems to us that the quotation is, from beginning to end, adapted to its present context“. Diese These stützen sie, weitgehend überzeugend, durch folgende Argumente: (1) ὁ ἀγαπητός spielt intratextuell auf Mt 3,17; 17,5 an; (2) die Geistbegabung leitet zu Mt 12,22– 37 über; (3) das Thema der ἔθνη gehört zu den mt Schwerpunkten; (4) V. 19a passt zu V. 15; (5) V. 19b schließt an V. 16 an; (6) ἀπαγγελεῖ passt zum mt Interesse an der Verkündigung und spielt intratextuell auf Mt 8,33; 11,4; 28,1.10 an. Möglicherweise ist in Kombination mit κρίσις auch eine Verbindung zu Mt 12,38 – 42 zu sehen (324 f). In seinem Fazit stellt schließlich auch Luz, Mt II, 250 das Zitat in einen größeren Kontext, bleibt jedoch deutlich allgemeiner als Davies/Allison: „Durch dieses, den Kontext sprengende, überlange Erfüllungszitat öffnet Matthäus seinen Lesern die Augen für das Ganze der Geschichte Jesu“. Positiv aufgenommen wird das Modell von Davies/Allison von Theissen, „Davidsohn“, 157 sowie bei Fiedler, „Servant“, 121– 123, der ebenfalls eine ausführliche Kontextanalyse vornimmt. Vgl. weiterhin mit einer ausführlichen Analyse Menken, Matthew’s Bible, 51– 65. Verseput, „Jesus’ Pilgrimage“, 194 f wertet alle Versuche, die Verbindung zwischen Zitat und Kontext zu bestimmten, als letztlich unmöglich, da stets subjektiv.  Vgl. Davies/Allison, Mt II, 322.  Kontrovers diskutiert wird, ob sich der Aspekt der Erfüllung auf das Leben des irdischen Jesus bezieht (so Walker, Heilsgeschichte, 77) oder erst eschatologisch eintritt (so Hahn, Verständnis der Mission, 110).

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terisierung des Knechts fungiert als Überschrift, bevor ab Jes 42,1d/Mt 12,18d der Weg, den der Knecht zu gehen hat, näher beschrieben wird. Markiert ist dies durch den Wechsel der Verbform von der 1. Singular zur 3. Singular. Der Höhepunkt sowie das Ziel des Auftrags Jesu finden sich in Mt 12,20 in der Wendung „bis er das Recht zum Sieg hinausführt“. In Jes 42,4c/Mt 12,21 erfolgt ein erneuter Perspektivenwechsel und es sind schließlich Menschen aus den Völkern, die zum Subjekt werden und damit auf den Auftrag des Knechts reagieren. Matthäus deutet den Knecht, der im MT nicht sicher zu identifizieren ist und in der LXX eindeutig als Jakob und Israel bezeichnet wird, christologisch auf Jesus.¹⁸¹ Demnach wird in der Forschung besonders über die damit zum Ausdruck gebrachte Christologie diskutiert:¹⁸² so zum Beispiel über das Fehlen von Jes 42,4a und dessen Implikationen für die Christologie,¹⁸³ oder darüber, inwiefern der Aspekt des leidenden Gottesknechts durch dieses Zitat anklingt.¹⁸⁴ Im Kontext dieser christologischen Aussagen, denen der Tötungsbeschluss der Gegner und Heilungen an den Jesus folgenden Volksmengen vorausgehen, wird auch die universale Dimension des Heils thematisiert. Was bisher nur implizit anklang, zum Beispiel im Besuch der Magier (Mt 2,1– 12), in der Verheißung für das „Galiläa der Völker“ (Mt 4,15 f) oder im Logion vom Hinzukommen der πολλοί (Mt 8,11), wird hier zum ersten Mal explizit ausgesprochen. So ist sowohl von der Verkündigung an die Völker (Mt 12,18c) die Rede als auch von deren Hoffen auf den Namen Jesu (V. 21).

 Dass Jes 42,1– 4 messianisch gedeutet wird, ist nicht nur bei frühchristlichen Autoren, sondern auch durch die Targumim belegt.  Zu verschiedenen Aspekten vgl. Beaton, Isaiah’s Christ, 174– 191.  Vgl. z. B. Gnilka, Mt I, 453, der davon ausgeht, dass der Wegfall möglicherweise durch die mt Perspektive bestimmt ist, in der der Kreuzestod essentiell zur Christologie hinzugehört (vgl. auch Konradt, Mt, 197). Nicht als theologisches Interpretament, sondern als Folge eines Abschreibefehlers interpretieren den Ausfall von Jes 42,4a z. B. Allen, Mt, 131; Albright/Mann, Mt, 154.  Gegen die Annahme, dass mit der Aufnahme der Gottesknechtlieder im Mt der leidende Knecht profiliert werden soll, vgl. z. B. McConnell, Law, 179 – 181; Strecker, Weg, 68; Beaton, Isaiah’s Christ, 2; Myers, „Isaiah“, 70 – 89. Auch die Vorstellung eines sühnenden Gottesknechts ist in dem Erfüllungszitat nicht angelegt (vgl. Schnackenburg, „Siehe da mein Knecht“, 210). Gegen die Annahme einer „Knecht-Christologie“ in Gänze vgl. Kingsbury, Structure, 94. Zum vorchristlichen Befund vgl. Hooker, Jesus, 53 – 61, bes. 56, die die These vertritt, dass in den untersuchten Texten die Vorstellung eines leidenden Messias nicht zu finden ist.

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8 Licht der Tora – Partizipation der Völker am Heil?

8.3.1 Das Erfüllungszitat Jes 42,1 – 4 in Mt 12,18 – 21 – sprachliche Eigenheiten Das Zitat weist gegenüber seinen möglichen Vorlagen einige sprachliche Eigenheiten und Besonderheiten auf. Nach der synoptischen Darstellung des gesamten Zitats sollen die sprachlichen Eigenheiten der für die Thematik der Völker relevanten Stellen (Mt 12,18d.20c.21)¹⁸⁵ kurz beschrieben werden. Jes , – MT

Jes , – LXX ‫הן עבדי‬ Ιακωβ ὁ παῖς μου, ‫ אתמך־בו‬ἀντιλήμψομαι αὐτοῦ· ‫ בחירי‬Ισραηλ ὁ ἐκλεκτός μου, 



‫ רצתה נפשי‬προσεδέξατο αὐτὸν ἡ ψυχή μου· ‫ נתתי רוחי עליו‬ἔδωκα τὸ πνεῦμά μου ἐπ᾽αὐτόν, ‫ משפט לגוים יוציא׃‬κρίσιν τοῖς ἔθνεσιν ἐξοίσει.

‫לא יצעק‬  οὐ κεκράξεται ‫ ולא ישא‬οὐδὲ ἀνήσει, ‫ ולא־ישמיע בחוץ קולו׃‬οὐδὲ ἀκουσθήσεται ἔξω ἡ φωνὴ αὐτοῦ. ‫קנה רצוץ‬  κάλαμον τεθλασμένον ‫ לא ישבור‬οὐ συντρίψει ‫ ופשתה כהה‬καὶ λίνον καπνιζόμενον ‫ לא יכבנה‬οὐ σβέσει, ‫ לאמת יוציא משפט׃‬ἀλλὰ εἰς ἀλήθειαν ἐξοίσει κρίσιν. ‫לא יכהה‬  ἀναλάμψει ¹⁸⁶‫ ולא ירוץ‬καὶ οὐ θραυσθήσεται, ‫ עד־ישים בארץ משפט‬ἕως ἂν θῇ ἐπὶ τῆς γῆς κρίσιν·

Mt , –  ἰδοὺ ὁ παῖς μου



ὃν ᾑρέτισα, ὁ ἀγαπητός μου εἰς ὃν εὐδόκησεν ἡ ψυχή μου· θήσω τὸ πνεῦμά μου ἐπ᾽ αὐτόν, καὶ κρίσιν τοῖς ἔθνεσιν ἀπαγγελεῖ.  οὐκ ἐρίσει οὐδὲ κραυγάσει, οὐδὲ ἀκούσει τις ἐν ταῖς πλατείαις τὴν φωνὴν αὐτοῦ.  κάλαμον συντετριμμένον οὐ κατεάξει καὶ λίνον τυφόμενον οὐ σβέσει,

ἕως ἂν ἐκβάλῃ εἰς νῖκος τὴν κρίσιν.

 Zu einer ausführlichen Darstellungen aller sprachlichen Besonderheiten des Zitats und seiner möglichen Quellen vgl. Menken, Matthew’s Bible, 67– 88; Beaton, Isaiah’s Christ, 123 – 141; Gundry, Use, 110 – 116; Poulsen, God, 170 – 176.  Diese Form ist insofern schwierig, da ‫ ירוץ‬von ‫ רוץ‬II stammen kann, einer Nebenform von ‫רצץ‬. Doch ist ‫ רצץ‬ein transitives Verb und daher auch in der Nebenform ‫ רוץ‬II nur schwerlich intransitiv zu übersetzen. Anders jedoch (Gesenius, „Art. ‫ רוץ‬II“, 1231). Eine alternative Übersetzungsmöglichkeit besteht darin, ‫ ירוץ‬von ‫ רוץ‬I abzuleiten und dann als „nicht wird er weglaufen“ zu verstehen, doch ist die Bedeutung „weglaufen“ für ‫ רוץ‬I selten belegt (Gesenius, „Art. ‫ רוץ‬I“, 1230).

8.3 Recht für die Nationen und Hoffen auf den Namen – Mt 12,15 – 21

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‫ ולתורתו איים ייחילו׃‬καὶ ἐπὶ τῷ ὀνόματι αὐτοῦ ἔθνη  καὶ τῷ ὀνόματι αὐτοῦ ἔθνη ἐλπιοῦσιν. ἐλπιοῦσιν. Jes , – MT  Siehe mein Knecht, den ich halte; mein Auserwählter,

Jes , – LXX  Jakob, mein Knecht, ich werde an ihm festhalten; Israel, mein Erwählter,





Mt , –   Siehe, mein Knecht,

den ich erwählt habe, mein Geliebter, an dem ich Wohlgefallen habe. angenommen hat ihn meine an dem Wohlgefallen gefunden Seele. hat meine Seele. Ich habe meinen Geist auf ihn Ich habe meinen Geist auf ihn Ich werde meinen Geist auf ihn gegeben, gegeben, legen, (das) Recht wird er zu den Recht wird er den Völkern und Recht wird er den Völkern Völkern hinausbringen. hinausbringen. verkünden.    Nicht wird er schreien Nicht wird er schreien Nicht wird er streiten und nicht [seine Stimme] an- und nicht [seiner Stimme] noch schreien, heben freien Lauf lassen, und er wird nicht hören lassen und seine Stimme wird drau- noch wird man seine Stimme in in der Gasse seine Stimme. ßen nicht gehört werden. den Straßen hören;    Ein geknicktes Rohr Ein zerdrücktes Rohr ein (an)gebrochenes¹⁸⁷ Rohr zerbricht er nicht wird er nicht brechen, wird er nicht zerschlagen, und den schwächer brennen- und einen qualmenden und einen glimmenden Flachsden Flachsdocht Flachsdocht docht wird er nicht verlöschen. wird er nicht auslöschen, wird er nicht auslöschen, Wahrhaftig wird er hinaustra- sondern in Wahrheit wird er gen (das) Recht. Recht hinausbringen. Nicht wird er matt, nicht knickt er ein, bis er einsetzen wird in der Welt Recht; und die Inseln warten auf seine Weisung/Tora.

Er wird hell scheinen und nicht verwüstet werden, bis er aufgestellt hat auf der bis er das Recht zum Sieg hinErde Recht; ausführt; und auf seinen Namen werden  und auf seinen Namen werVölker hoffen. den [die] Völker hoffen.

Grundsätzlich zeigt schon ein erster Vergleich, dass das mt Zitat weder der LXX entspricht noch einer eigenen Übersetzung des MT, sondern eine Mischform, mit z.T. deutlich eigenem Profil, darstellt.

 Die Übersetzung von Mt 12,20 und Jes 42,3LXX stellt einen Versuch dar, der doppelten Verwendung von συντρίβω Rechnung zu tragen. Matthäus bietet an Stelle des Partizips von θλάω ein Partizip von συντρίβω; wo die LXX jedoch συντρίβω bezeugt, schreibt Matthäus κατάγνυμι. Συντρίβω steht also in der LXX als finite Verbform, die die Aktion des Knechts kennzeichnet, und im Mt als Partizip zur Beschreibung des Rohres. Eine weitere Schwierigkeit der angemessenen Wiedergabe des griechischen Textes entsteht durch die große Bedeutungsschnittmenge von συντρίβω und κατάγνυμι.

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8 Licht der Tora – Partizipation der Völker am Heil?

8.3.1.1 Mt 12,18d Die erste in diesem Zusammenhang interessante Textstelle ist Mt 12,18d, da dort die Völker als Adressaten des Handelns des Knechts genannt sind: καὶ κρίσιν τοῖς ἔθνεσιν ἀπαγγελεῖ. Nur im Mt wird der Teilvers durch καί mit dem Vorausgehenden verbunden.¹⁸⁸ ‫ משפט‬ist in LXX und Mt einheitlich durch κρίσις übersetzt.¹⁸⁹ Auch die Wiedergabe von ‫ לגוים‬durch τοῖς ἔθνεσιν ist nicht weiter überraschend. Ungewöhnlich ist die mt Lesart jedoch bezüglich des Verbs. Während die LXX ‫( יצא‬Hif’il) in seiner Grundbedeutung versteht und daher mit ἐκφέρω/„hinaustragen“ übersetzt, bietet die mt Variante ἀπαγγέλλω/„melden, berichten, ansagen, verkünden“.¹⁹⁰ Somit ist im Mt ebenfalls eine Übersetzungsvariante von ‫יצא‬ (Hif’il) gewählt, da es auch „verbreiten, verkünden“ heißen kann.¹⁹¹ Allerdings bleibt auffällig, dass die LXX von dieser Übersetzungsoption keinen Gebrauch macht.¹⁹² Es ist möglich, in der Fassung des Targums, der ‫ יגלי‬bezeugt, eine Parallele zu Mt 12,18d zu sehen, da auch hier ‫( יצא‬Hif’il) in verkündigendem Sinn verstanden wird.¹⁹³

8.3.1.2 Mt 12,20c Der mt Text ἕως ἂν ἐκβάλῃ εἰς νῖκος τὴν κρίσιν lässt sich nicht eindeutig Jes 42,3c oder Jes 42,4b zuordnen, sondern scheint Anknüpfungspunkte in beiden Versen zu haben.¹⁹⁴

 Eine Kopula fehlt sowohl im MT als auch in der LXX, steht dafür jedoch in 4QIsaa 42,1 (DJD 15). Menken, Matthew’s Bible, 74 vermutet eine Dittographie zum vorausgehenden ‫עלו‬.  Sowohl im Mt als auch in MT und LXX ist ‫משפט‬/κρίσις nicht näher durch ein Objekt spezifiziert. Anders in 4QIsaa 42,1 (DJD 15), wo ein Suffix 3. m. Sg. an ‫ משפט‬angefügt ist, sodass es sich um das Recht des Knechts handelt.  Dieses Verb steht auch in Mt 28,8 redaktionell.  Als eine „natural“ Interpretation und als „not too far fetched“ qualifiziert dies Menken, Matthew’s Bible, 74 f. Seine Herleitung aus dem Kontext, wo ἀπαγγέλλειν mehrfach für ‫ נגד‬steht (vgl. Jes 40,21; 41,22.23.26; 42,9.12; 43,9.12), überzeugt weniger.  Vgl. Muraoka, „Hebrew/Aramaic Index“, 271, wo als nächstähnlichste Form ἀναγγέλλειν angeführt wird.  Vgl. Gundry, Use, 113; Stendahl, School, 111.  Vgl. auch Menken, Matthew’s Bible, 78; Konradt, Mt, 197. Für Jes 42,4b als Anküpfungspunkt plädieren z. B. Stendahl, School, 113; Gundry, Use, 115, Anm. 5; Rothfuchs, Erfüllungszitate, 75; Verseput, „Jesus’ Pilgrimage“, 201. Diskutiert wird aber auch, ob einer der beiden Verse möglicherweise gestrichen wurde. Dafür, dass Jes 42,3c ausgefallen ist, sprechen sich z. B. Stendahl, School, 113, Anm. 1; Gundry, Use, 115; Rothfuchs, Erfüllungszitate, 75; Strecker, Weg, 68, Anm. 5 aus. Für die Elimination von Jes 42,4b vgl. z. B. Grindel, „Matthew“, 115; Albright/Mann, Mt, 154.

8.3 Recht für die Nationen und Hoffen auf den Namen – Mt 12,15 – 21

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Das ἕως ἄν entspricht ‫ עד‬in Jes 42,4b (vgl. auch das parallele ἕως ἄν in Jes 42,4bLXX). Der syntaktische Aufbau von Mt 12,20c steht Jes 42,4b ebenfalls näher als Jes 42,3c. Demgegenüber entspricht ἐκβάλῃ eher ‫ יוציא‬in Jes 42,3c als ‫ישים‬. Die LXX übersetzt ‫ שים‬nie mit ἐκβάλλειν, wohl aber mit βάλλειν.¹⁹⁵ Die Übersetzung von ‫יצא‬ (Hif’il) durch ἐκβάλλειν ist hingegen nicht unüblich,¹⁹⁶ wenn auch nicht die häufigste Übersetzungsvariante.¹⁹⁷ Schwierig einzuordnen ist der mt Ausdruck εἰς νῖκος, da er weder unmittelbar dem masoretischen Text ¹⁹⁸‫ לאמת‬noch der LXX-Variante εἰς ἀλήθειαν in Jes 42,3c entspricht. Bereits in der LXX steht hinter εἰς νῖκος stets ‫ )ל(נצח‬/ „für immer“¹⁹⁹, jedoch nie ‫לאמת‬.²⁰⁰ Im Aramäischen bekommt ‫ נצח‬die Bedeutung „siegen“.²⁰¹ Die Qumrantexte bezeugen für Jes 42,3 ebenfalls ‫( לאמת‬vgl. 1QIsaa 42,3²⁰²). Allerdings findet sich auch eine interessante Parallele außerhalb von Jes 42,3MT/LXX in 1QHa I XII,26²⁰³, wo es heißt „und du wirst auf immer/siegreich hinausführen (das) Recht“ / ‫ותוצא לנצח משפט‬. Diskutiert wird, ob bereits in 1QHa XII,26 eine Anspielung auf Jes 42,3 vorliegt.²⁰⁴ Sollte dies der Fall sein, dann ist besonders der Wechsel von ‫ לאמת‬zu ‫ לנצח‬in der Anspielung auf Jes 42,3 in 1QHa XII,26 bemerkenswert.²⁰⁵ Diskutiert wird des Weiteren der Einfluss von Hab 1,4a auf diese Textstelle:²⁰⁶ „Darum erstirbt die Weisung (‫)תורה‬, und der gerechte Rechtsspruch kommt nie

 Vgl. Muraoka, „Hebrew/Aramaic Index“, 350.  Diese Übersetzungsvariante findet sich sieben Mal in der LXX: 2Chr 23,14; 29,5; 29,16 (2 Mal); Esra 8,93; 9,20; Neh 10,3; vgl. Hatch/Redpath, Concordance Septuagint, 421.  Am häufigsten steht ἐκβάλλειν für verschiedene Formen von ‫( גרש‬vgl. Hatch/Redpath, Concordance Septuagint, 420 f). Waard, Comparative Study, 69, Anm. 3 geht hingegen davon aus, dass ἐκβάλλειν die übliche Übersetzung von ‫( יצא‬Hif’il) ist.  Die Formulierung ‫ לאמת‬ist ausschließlich in Jes 42,3 zu finden (vgl. Beaton, Isaiah’s Christ, 123 – 136).  Vgl. Gesenius, „Art. ‫ נצח‬I“, 839; Koehler/Baumgartner, Lexicon, 630.  Vgl. 2Sam 2,26; Hiob 36,7; Am 1,11; 8,7; Thr 5,20. Noch wesentlich häufiger findet sich die Wendung εἰς νῖκος in α´, σ´ und θ´, vor allem in den Psalmen, Qohelet und Jesaja (vgl. Hatch/ Redpath, Concordance Septuagint, 945).  Vgl. Dalman, Handwörterbuch, 275.  In Burrows, DSSSMM 1.  DJD 40 = 1QHa I XII,25 in Martínez/Tigchelaar, DSS.SE 1, 169.  Dass in 1QHa XII,26 eine Anspielung auf Jes 42,3 vorliegen könnte, wird z. B. von Menken, Matthew’s Bible, 78; Waard, Comparative Study, 68; Beaton, Isaiah’s Christ, 137, Anm. 68 vertreten.  Für eine freie Übersetzung von ‫ לאמת‬durch εἰς νῖκος spricht sich Strecker, Weg, 68, Anm. 5 aus. Vgl. auch Bauernfeind, „Art. νικάω“, 944.  Vgl. besonders Gundry, Use, 114 f; Stendahl, School, 113.

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8 Licht der Tora – Partizipation der Völker am Heil?

mehr heraus (‫“)ולא־יצא לנצח משפט‬.²⁰⁷ Auch hier ist auffällig, dass, wie in 1QHa XII,26, ‫ לנצח‬zusammen mit ‫( יצא‬hier jedoch Qal und nicht Hif’il) und ‫ משפט‬steht. Aufgrund dieses Befunds ist es möglich, eine mt Beeinflussung durch Hab 1,4a anzunehmen, was bedeuten würde, dass durch diesen Einfluss ‫ לאמת‬durch ‫לנצח‬ ersetzt und mit εἰς νῖκος übersetzt werden konnte.²⁰⁸ Allerdings ist zu beachten, dass nicht alle Textbeobachtungen für eine Beeinflussung durch Hab 1,4a sprechen. So ist Hab 1,4a zum Beispiel negativ formuliert, während sowohl Mt 12,20 als auch 1QHa XII,26 positiv formulieren. Auch der Wechsel von Qal und Hif’il spricht tendenziell gegen einen Einfluss von Hab 1,4a.²⁰⁹ Eine Erschließung der Quellenabhängigkeit von einem der beiden Paralleltexte soll in diesem Rahmen nicht das Ziel der Exegese sein. Allerdings kann festgehalten werden, dass es zumindest eine frühjüdische Lesetradition²¹⁰ gab, die eine mögliche Erklärung für die mt Textvariante εἰς νῖκος bietet. Sowohl in Jes 42,3cMT/LXX als auch in 42,4bMT/LXX steht ‫משפט‬/κρίσις. Insofern ist es konsequent, dass Mt 12,20c ebenfalls von κρίσις spricht, zumal auch schon in Mt 12,18d (und in Jes 42,1LXX) κρίσις für ‫ משפט‬steht.²¹¹ Unter kompositorischer Hinsicht hat die Doppelnennung von ‫משפט‬/κρίσις möglicherweise das Zusammenziehen der beiden Versteile begünstigt, nachdem Jes 42,4a von Matthäus nicht übernommen wurde.

 Bemerkenswert ist jedoch, dass die LXX gerade hier die für ‫ לנצח‬häufiger auftretende Übersetzungsvariante εἰς τέλος bezeugt. Stendahl, School, 113 weist darauf hin, dass die Übersetzung von ‫ לנצח‬durch εἰς νῖκος typisch für α´ ist, dieser für Hab 1,4 jedoch verloren ist (113, Anm. 2).  So z. B. Menken, Matthew’s Bible, 79: „[I]t was considered legitimate to replace ‫ לאמת‬/ εἰς ἀλήθειαν by ‫ לנצח‬/ εἰς νῖκος.“ Ähnlich Grindel, „Matthew“, 114 f, der diesen Vorgang für die Jesajaversion annimmt, die Matthäus (und evtl. auch 1QHa XII,26 [DJD 40]) vorlag, wohingegen bei M. Menken nicht ganz deutlich wird, ob er die Angleichung an Hab 1,4 für Jesaja oder für Matthäus selbst annimmt.  Bedenken gegenüber einer Beeinflussung durch Hab 1,4 äußert auch Beaton, Isaiah’s Christ, 136 f. Pointiert gegen den Einfluss von Hab 1,4 ist hingegen Waard, Comparative Study, 69, der 1QHa für den wichtigeren Bezugstext hält. Gegen Hab 1,4 weiterhin Strecker, Weg, 68, Anm. 5; Gnilka, Mt I, 452, Anm. 8.  So auch Beaton, Isaiah’s Christ, 137.  Menken, Matthew’s Bible, 74 verweist zu Recht darauf, dass es durchaus – auch häufig vorkommende – andere Übersetzungsmöglichkeiten für κρίσις (140 Mal in der LXX) gegeben hätte: κρίμα (über 180 Mal); δικαίωμα (38 Mal). Ob daraus ein LXX-Einfluss auf das Mt abgeleitet werden kann, muss offenbleiben.

8.3 Recht für die Nationen und Hoffen auf den Namen – Mt 12,15 – 21

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8.3.1.3 Mt 12,21 Während das Zitat in der mt Fassung in den ersten Versen eher wie eine Übersetzung aus dem Hebräischen anstatt wie eine Veränderung des griechischen Textes wirkt,²¹² ist V. 21 insofern überraschend, da er wörtlich²¹³ mit Jes 42,4cLXX (gegen MT) übereinstimmt: καὶ [ἐπὶ] τῷ ὀνόματι αὐτοῦ ἔθνη ἐλπιοῦσιν.²¹⁴ Der auffälligste Unterschied zum masoretischen Text ist die Ersetzung von ‫ לתורתו‬durch τῷ ὀνόματι αὐτοῦ. Gegen die Annahme einer fehlerhaften Textüberlieferung, in der das näher am MT stehende νόμῳ mit ὀνόματι verwechselt wurde,²¹⁵ spricht im Wesentlichen die Nichtbelegbarkeit durch frühe griechische Textzeugen. Auch die Pluralform in 4QIsaa 42,4/ xxxiv,13²¹⁶ (‫ )ולתורתיו‬hilft nicht weiter, um Jes 42,4LXX oder die mt Form zu erklären. Dass die Inseln (‫ )איים‬in der LXX durch ἔθνη übersetzt sind, ist zwar ansonsten nur noch in Jes 42,5LXX der Fall, doch liegt mit ‫ איים‬und ἔθνη sachlich das Gleiche vor: Die Inseln symbolisieren in der Vorstellung der Schriften den äußersten Rand der Welt und stehen damit stellvertretend für die entferntesten Völker (vgl. Jes 41,5; 42,10; 1QpHab iii,2²¹⁷).²¹⁸ Der Weg zu ihnen schließt letztlich die anderen Völker mit ein. Die Gleichsetzung von „Inseln“ und „Völkern“ wird auch an Jes 40,15; 49,1 und Ps 117,1 deutlich, da dort beide Größen parallel stehen.

 Anders hingegen New, Quotations, 106 f.  Mit Ausnahme des nur von der LXX bezeugten ἐπί, welches aber durch den Dativ nicht notwendig ist (vgl. Siebenthal, Grammatik, 262.274, § 181 und 184j).  Zum Teil wird dieser Sachverhalt durch die These einer Hinzufügung eines späteren Redaktors zu klären versucht, sodass das von Matthäus ursprünglich verwendetet Zitat V. 21 noch nicht umfasste (so z. B. Schlatter, Evangelist Matthäus, 402; Bacon, Studies in Matthew, 475; Kilpatrick, Origins, 94).  So J. Ziegler, der den Obertext seiner JesajaLXX-Edition dementsprechend abändert, jedoch im textkritischen Apparat nur MT und keine der älteren griechischsprachigen Handschriften als Zeugen für diese Lesart anführen kann. Sehr pointiert, aber ohne textliche Evidenz auch Jeremias/Zimmerli, „Art. παῖς θεοῦ“, 698, Anm. 346: „LXX hat für (Js 42,4): ἐπὶ τῷ ὀνόματι αὐτοῦ, was eine Verschreibung von ἐπὶ τῷ νόμῳ αὐτοῦ […] sein muß […]. Bei Mt (τῷ ὀνόματι αὐτοῦ) kehrt der Schreibfehler der LXX wieder.“ Grindel, „Matthew“, 112 geht davon aus, dass Matthäus bereits einen korrumpierten Text vorliegen hatte.  In DJD 15.  In Burrows, DSSSMM 1.  Laut Beaton, Isaiah’s Christ, 139, Anm. 78 ist die von R. Gundry als „poor translation“ bezeichnete Erklärung der Textstelle fraglich. Gundry, Use, 116 hingegen führt die Überlegung einer möglichen Verwechslung der beiden Wörter ‫ איים‬und ‫ )גוים( גואים‬an, nicht eine schlechte Übersetzung. Er verweist aber zusätzlich auf 1QpHab iii,2 (Burrows, DSSSMM 1), wo im Text ‫איים‬ steht und durch ‫ גואים‬im Kommentar erläutert wird, was den oben genannten Zusammenhang von Inseln und Völkern veranschaulicht.

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8 Licht der Tora – Partizipation der Völker am Heil?

Auch in der Verbform ἐλπιοῦσιν stimmt das Mt mit der LXX überein. Die Übersetzung des hebräischen ‫ ייחילו‬durch ἐλπίζειν ist nicht unüblich,²¹⁹ auch wenn sich der Sinn von „warten“ auf „hoffen“ etwas verschiebt.

8.3.2 Recht wird er den Völkern verkünden – κρίσιν τοῖς ἔθνεσιν ἀπαγγελεῖ Durch Mt 12,18d ist die universale Perspektive explizit eingeführt: Der Knecht wird den Völkern Recht verkünden. Er ist das Subjekt und die Völker werden zum Adressaten dieser Verkündigung.²²⁰ Indem nun die Völker so direkt angesprochen werden, spannt sich ein Bogen zum Ende des Evangeliums, da dort der universale Missionsauftrag ergeht (Mt 28,20). In diesem wird die Verkündigung Jesu zu dem, was die Jünger alle Völker lehren sollen. Die christologische Aufgabe wird auf die Jünger übertragen.²²¹ Die Aufgabe der Jünger leitet sich somit auch im Zusammenhang von Mt 12,18 – 21 und 28,19 f von der Aufgabe Jesu ab, wie es bereits in Mt 4,16 und 5,16 deutlich wurde.²²² Der Inhalt der Verkündigung wird als κρίσις beschrieben. Dass es ausgerechnet die Aufgabe des Gottesknechts ist, den Völkern die κρίσις zu verkünden, ist gerade im Kontext der Belegstellen zum Gottesknecht aus den Schriften sehr passend.

 Mit der Form ‫ ְי ַיֵחילוּ‬liegt eine forma permixta vor, die den Konsonantenbestand eines Hif’il Verbes und die masoretische Punktation eines Pi’el aufweist. Von den in der LXX üblichen Übersetzungen für ‫ יחל‬sind nur ἐλπίζειν und ὑπομένειν sowohl für die Hif’il als auch für die Pi’el gebräuchlich (alle anderen Übersetzungsoptionen sind jeweils nur für die eine oder die andere Verbform bezeugt). Während ὑπομένειν neben seiner Hauptbedeutung „bleiben, standhalten“ auch „warten“ heißen kann und damit dem Sinn von ‫( יחל‬Pi/Hi „warten, harren“) näher steht, ist ἐλπίζειν dennoch die häufigere Übersetzung (vgl. z. B. Ps 30,24LXX; 32,18.22 LXX; 118,114LXX; Jes 51,5 u. ö.).  Diese Aussage steht dabei im Kontrast zu anderen Aussagen, wie z. B. in Ps 147,8 fLXX (= 147,19 fMT), wo es zum einen Gott selbst ist, der sein Wort und seine Gesetze verkündet (ἀπαγγέλλων τὸν λόγον αὐτοῦ […] καὶ κρίματα αὐτοῦ), zum anderen dieses heilschaffende Wirken streng auf Jakob und Israel begrenzt ist (οὐκ ἐποίησεν οὕτως παντὶ ἔθνει). Auf die Stichwortverbindungen zwischen Ps 147,19 f und Mt 12,18 – 21 weist auch Menken, Matthew’s Bible, 75 hin.  Diese Übereinstimmung des Aufgabenbereichs der Jünger und Jesu wird an der Sendung der Jünger zu Israel in Mt 10 ebenfalls deutlich: Dort werden die Jünger explizit mit den Aufgaben zu Israel gesendet, die zuvor als die Aufgaben des davidischen Messias an seinem Volk dargestellt werden; nämlich die Nähe des Reichs der Himmel zu predigen (Mt 10,7 in Parallele zu 4,17) sowie zu heilen, Tote aufzuerwecken, Aussätzige reinzumachen und Dämonen auszutreiben (Mt 10,8).  Vgl. Kap. 8.1 und Kap. 8.2.

8.3 Recht für die Nationen und Hoffen auf den Namen – Mt 12,15 – 21

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Der Titel des Gottesknechts wird in den Schriften primär Mose zugeschrieben und kommt sowohl in der Form [ὁ] παῖς τοῦ θεοῦ / ‫( עבד האלהים‬Jos 14,7; 2Chr 24,9) als auch als παῖς κυρίου / ‫( עבד יהוה‬Jos 1,13; 13,8; 22,5; 2Chr 1,3) oder ὁ δοῦλος κυρίου / ‫( עבד יהוה‬2Kön 18,12) vor. Es fällt auf, dass der Ebed-Titel in der LXX an einigen Stellen wegfällt, in denen er im MT dem Namen Mose beigeordnet ist (vgl. Jos 1,1.15MT). Ebenfalls als δοῦλος κυρίου / ‫ עבד יהוה‬wird Josua bezeichnet (Jos 24,30; Jdc 2,8). Jedoch wird Gott nicht immer explizit in der Genitivverbindung genannt, sondern häufiger durch ein Possessivpronomen ersetzt: παῖς αὐτοῦ / ‫( עבדו‬vgl. z. B. Gen 9,26 f) oder παῖς μου / ‫( עבדי‬Num 14,24; Jos 1,7; Jes 20,3; 41,8 f; 44,1 f.21; 52,13; Jer 26,28). Auch verschiedene weitere Personen werden als Knecht Gottes (nie in Verbindung mit ‫ יהוה‬o. ä., sondern nur mit Possessivpronomen) bezeichnet: Kanaan (Gen 9,26); Kaleb (Num 14,24); Jesaja (Jes 20,3) und in den dtjes Belegen ist es zumeist Jakob, stellenweise ergänzt durch Israel (Jes 41,8; 44,1 f.21; 48,20; vgl. zusätzlich Jer 26,28).²²³ Im mt Kontext verbindet sich mit der Rede vom παῖς μου im Zitat eine bestimmte christologische Ausrichtung: Der Knecht Gottes wird als Sohn Gottes dargestellt, da ὁ παῖς nicht nur Knecht, sondern auch Sohn bedeuten kann.²²⁴

Besonders Mose, als der prototypische Gesetzesmittler Israels, wird – wie dargestellt – als der Knecht Gottes bezeichnet. In vielen Belegen, in denen der Gottesknecht genannt ist, geht es letztendlich um die Bewahrung der Tora als der von Gott durch den Gottesknecht Mose gestifteten Lebensordnung (vgl. Jos 1,7; 8,32; 22,5; 1Kön 2,3; 2Kön 21,8; 23,25).²²⁵ Insofern ließe sich überlegen, ob die Verkündigung des Rechts nicht sogar zu den grundlegenden Aufgaben des Gottesknechts gehört, wie er in vielen Texten der Schriften vorgestellt ist.²²⁶ Diese Verknüpfung scheint auch für den mt Kontext zu gelten.

 Im MT ließe sich auch Mal 3,18 in Bezug auf den Gottesknecht lesen, wobei dies nur für den unpunktierten Text möglich ist: „Und ihr werdet den Unterschied sehen zwischen dem Gerechten und dem Frevler, zwischen dem Knecht Gottes und dem, der nicht sein Knecht ist (‫בין עבד אלהים‬ ‫)לאשר לא עבדו‬.“ Der Knecht Gottes wäre demnach der Gerechte.  Vgl. Konradt, Mt, 197. Fiedler, „Servant“, 120 sieht darin zudem eine Anknüpfung an den Davidsohn-Titel. Dieser wird in Mt 12,23 genannt und steht, wie das Erfüllungszitat in Mt 12,15 – 21, in einem Heilungskontext. Dazu verweist er besonders auf die Bezeichnung Davids als Knecht in 2Sam 7; Ez 34,23 f; 37,24 f. Dabei fällt jedoch auf, dass in 2Sam 7,5 David zwar ‫ עבד‬genannt wird, aber nicht παῖς. Stattdessen steht δοῦλος, wie auch in den angeführten Ezechielbelegen. Hays, „Justice“, 148 sieht im Vergleich von Jes 42,1– 4 mit Mt 12,15 – 21 zwar für beide Gestalten die gleiche Rolle (Bringer der Gerechtigkeit), doch weist sie darauf hin, dass dies nicht zu einer Identifizierung bezüglich ihrer Identität führen darf. Gegen den Gottessohn-Aspekt von παῖς in diesem Kontext spricht sich Verseput, Rejection, 195 aus.  Ähnlich auch Neh 10,30, wobei dort in der LXX Μωυσῆ δούλου τοῦ θεοῦ statt παῖς θεοῦ bezeugt ist.  Dies würde die Verbindung des Gottesknechts mit dem Davidsohntitel nicht ausschließen, wie sie unter Verweis auf 2Sam 7 und Ez 34,23 f von Fiedler, „Servant“, 120 vorgeschlagen wurde, da das Aufrichten und Durchsetzen des Rechts bereits im Alten Orient zu den primären Aufgaben des Königs gehört (vgl. z. B. Ps 72,2– 4; Jes 11,1– 4). Eine Kombination aus königlichen und pro-

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8 Licht der Tora – Partizipation der Völker am Heil?

Daran anschließend stellt sich die Frage, was den Völkern mit κρίσις genau verkündigt wird. Das Wort κρίσις meint im Griechisch außerhalb der Schriften Israels „Scheidung“, „Entzweiung“, „Streit“, aber auch „Urteil“, „Gericht“, „Entscheidung vor Gericht, im Kampf oder bei Krankheiten“.²²⁷ In der LXX hingegen steht κρίσις in der deutlich überwiegenden Mehrheit der Fälle für ‫משפט‬.²²⁸ Damit erhält κρίσις auch die Bedeutung „Recht“,²²⁹ was über den Septuagintasprachgebrauch möglicherweise auch in den mt Sprachgebrauch eingetragen ist. Dieser Befund wird letztlich schon durch Jes 42,1– 4LXX selbst gestützt, da dort sowohl in V. 1d als auch in V. 3c und V. 4b ‫ משפט‬durch κρίσις übersetzt ist. Inhaltlich wäre κρίσις in diesem Vorstellungskontext demnach so zu präzisieren, dass es „dem biblischen ‫מְש ָפּט‬ ֹ ִ [entspricht] und […] mehr als das „gerechte Urteil“ [meint], nämlich den Anspruch, der jedem von Rechts wegen zukommt.“²³⁰ In diesem Bedeutungshorizont, der zwischen „Gericht“ und „Recht“ aufgespannt ist, gilt es zu klären, in welchem Sinn κρίσις in Mt 12,18d.21 zu verstehen ist: Matthäus verwendet den Begriff insgesamt zwölf Mal, wobei er in neun Fällen relativ sicher mit „Gericht“ zu übersetzen ist (Mt 5,21 f; 10,15; 11,22.24; 12,36.41 f; 23,33). Anders verhält es sich hingegen in Mt 23,23, wo eine Übersetzung mit „Gericht“ weniger sinnvoll ist: [U]nd ihr habt außer Acht gelassen die gewichtigeren²³¹ [Gebote] des Gesetzes (τὰ βαρύτερα τοῦ νόμου): (das) Recht (τὴν κρίσιν) und die Barmherzigkeit (τὸ ἔλεος) und die Treue (τὴν πίστιν).

Κρίσις steht hier neben ἔλεος und πίστις als eines der wichtigen Gebote des Gesetzes.²³² Κρίσις zu üben, ist im νόμος festgehalten und gleichzeitig ist der νόμος das, was getan werden muss, um „Recht“ durchzusetzen.

phetischen Attributen in Jes 42,1– 4 sieht auch Jeremias, „‫“ִמ ְשָׁפט‬, 39. Hays, „Justice“, 143 – 151, bes. 150 geht davon aus, dass, während in vorexilischer Zeit der König die Rolle des Bringers der Gerechtigkeit und des Rechts gegenüber Israel hatte, es in exilischer Zeit ein idealisiertes Israel ist, das diese Rolle gegenüber den Nationen einnimmt. Im Mt schließlich hat Jesus diese Rolle gegenüber den Völkern inne.  Vgl. Büchsel, „Art. κρίσις“, 942.  Vgl. Hatch/Redpath, Concordance Septuagint, 789 f.  Vgl. Büchsel, „Art. κρίσις“, 943.  Luz, Mt III, 332.  Wörtlich die „schweren“ Gebote. Vgl. Luz, Mt III, 332: „Die Formulierung von den ‚schwereren‘ Geboten entspricht den rabbinischen ‫װת ֲַחמוּרוֹת‬ ֹ ‫ִמְצ‬, die von den ‚geringen Geboten‘ (‫ַקלּוֹת‬ ‫װת‬ ֹ ‫ )ִמְצ‬unterschieden werden.“  Vgl. auch die Zusammenstellung in der lukanische Parallele: τὴν κρίσιν καὶ τὴν ἀγάπην τοῦ θεοῦ (Lk 11,42).

8.3 Recht für die Nationen und Hoffen auf den Namen – Mt 12,15 – 21

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Das heißt, dass sich für Mt 12,15 – 21 verschiedene mögliche Lesarten ergeben:²³³ Gemäß der ersten Lesemöglichkeit ist κρίσις entsprechend der Mehrheit der mt Belege als „Gericht“ zu verstehen und verbindet damit Mt 12,18 mit 25,31– 46, wo πάντα τὰ ἔθνη vor dem Richterstuhl des Menschensohns versammelt werden. Somit würde ihnen das anstehende Gericht bereits mit dem Auftreten des Gottesknechts kundgetan.²³⁴ Auch der nähere Kontext kann für diese Deutung herangezogen werden, da sowohl in Mt 11,20 – 24 als auch in 12,41 f das Gericht (κρίσις) im Zusammenhang mit Menschen aus den Völkern thematisiert wird.²³⁵ Eine weitere Lesemöglichkeit versteht unter κρίσις – gegen die Mehrheit der mt Belege – „Recht“.²³⁶ Im Rahmen dieses Bedeutungskontextes von κρίσις bietet Mt 23,23 einen möglichen Interpretationsansatz für Mt 12,18.20:²³⁷ Die Zusammenstellung von Recht, Barmherzigkeit und Treue findet sich bereits in den Texten der Schriften Israels, besonders in prophetischen Texten (Mi 6,8; Jer 9,23; 22,3; Hos 2,21 f; Sach 7,9; aber auch in weisheitlichen Texten: Ps 89,15; 101,1; Prov 14,22).²³⁸ Dieser prophetische Kontext zeigt eine doppelte Dimension der Zuständigkeit bezüglich des Rechts. Recht zu üben, ist die Aufgabe Gottes (vgl. Jer 9,23), aber auch die der Menschen (vgl. Mi 6,8; Jer 22,3; Hos 12,7). Diese beiderseitige Verpflichtung ist grundlegend für die Beziehung zwischen Gott und den Menschen an sich (Hos 2,21 f). Beide Aspekte werden über die Rechtsordnungen verbunden. Gottes Wille offenbart sich in der Tora, die es wiederum den Menschen ermöglicht, Recht zu üben. Wird den Völkern nun also Recht verkündet, so ließe sich dies so deuten, dass ihnen die göttliche Unterweisung offenbart wird, sie also Tora lernen (wie es z. B. Jes 2,2– 4 schildert). Die Verkündigung von Recht ist somit eine Heilsankündigung und kein Gericht, da den Völkern so ermöglicht wird, in der guten, lebensfördernden Weisung Gottes zu leben.

 Vgl. ebenfalls Davies/Allison, Mt II, 327.  Für die Deutung von κρίσις als Gericht spricht sich auch Gnilka, Mt II, 288 aus: „κρίσις ist dabei primär auf die Rechtsprechung im Gericht zu beziehen“. Luz, Mt III, 242.247 deutet in eine ähnliche Richtung, wenn er κρίσις mit „Urteilsspruch“ übersetzt; außerdem Verseput, „Jesus’ Pilgrimage“, 197; Ruck-Schröder, Name Gottes, 136.  Vgl. zu Mt 12,41 f Kap. 9.2.  Für eine Übersetzung mit „Rechtsentscheid“ im Sinn des angewandten Gesetzes plädiert Limbeck, „Gesetzesverständnis“, 317.  Für eine Verbindung von Mt 12,15 – 21 mit 23,23 sprechen sich aus Beaton, Isaiah’s Christ, 165; Fiedler, „Gottesknecht“, 200 f; Wilk, „Eingliederung von Heiden“, 58.  Allerdings kommen nicht in allen Belegstellen alle drei Begriffe gemeinsam vor. Vgl. Luz, Mt III, 332; Gnilka, Mt II, 288. Davies/Allison, Mt III, 294 verweisen überraschender Weise ausschließlich auf Mi 6,8.

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8 Licht der Tora – Partizipation der Völker am Heil?

Wird diese Interpretation weiterverfolgt, lässt sich eine zusätzliche Deutungsdimension anführen: In den genannten prophetischen Kontexten wird immer wieder die Forderung laut, dass sich das Ausüben des Rechts besonders auf die rechtlich benachteiligte Gruppe der personae miserae (Witwen, Waise und Fremde) zu beziehen hat (vgl. Jer 22,3).²³⁹ In diesem Kontext passt es, dass κρίσις in Mt 23,23 neben ἔλεος und πίστις steht. Sollte Mt 12,18d tatsächlich ebenfalls in diesem Kontext zu lesen sein,²⁴⁰ so hieße das, dass der Menschensohn Menschen aus den Völkern, die in den Rechtstexten und prophetischen Texten der Schriften als in Israel lebende „Fremde“ (‫)גר‬²⁴¹ zu den sozial Benachteiligten gezählt werden und deren Rechte immer wieder beschnitten wurden, zu ihrem Recht verhilft. Matthäus dehnt diese Vorstellung sogar insofern aus, als nicht nur Menschen in den Blick kommen, die als Fremde in Israel leben, sondern auch diejenigen, die grundsätzlich zu den Völkern gehören. Ihnen wird verkündet, dass ihnen Recht widerfährt. Gerade durch den von Jesaja geprägten Hintergrund (vgl. z. B. Jes 30,18; 33,22; 49,6; 61,8) lässt sich weiterhin fragen, ob eine vollständige Trennung der beiden Aspekte – Recht wie Gericht – überhaupt sinnvoll ist, da sie so eng miteinander verknüpft sind, dass sie sich nicht im Sinn gegensätzlicher Auslegungslinien gegeneinander ausspielen lassen:²⁴² Das Gericht dient der Aufrichtung des göttlichen Willens, der sich wiederum in der Tora und damit in den ‫ משפטים‬ausdrückt. „Recht“ ist der Maßstab des göttlichen Richtens (Jes 28,16). Hinzu kommt, dass „richten“ nicht nur „verurteilen“ meint, sondern auch „Recht schaffen, Recht aufrichten“ – was wiederum durch die Verkündigung und anschließende Durchsetzung der Tora geschieht.²⁴³ Wird den Völkern hier also „Recht“ ver-

 Zu weiteren Belegen, in denen es zwar grundlegend um das Unrecht an den personae miserae geht, jedoch das Rechtüben nicht explizit thematisiert wird, vgl. Jer 7,6; Ez 22,7; Mal 3,5; Sach 7,10 und im nichtprophetischen Kontext vgl. Dtn 10,18; 24,17; 27,19; Ps 94,6. Vgl. zudem Kap. 2.3.5.  Für eine Deutung von ‫ משפט‬innerhalb des Jesajabuches, die „vor allem auf soziale Gerechtigkeit abzielt“, spricht sich Fischer, Tora für Israel, 82 aus.  Bultmann, Fremde, 17– 22 hat die These aufgestellt, dass der Fremde (‫ )גר‬nicht grundsätzlich der Ausländer ist, da in solchen Fällen immer eine Näherbeschreibung mitangeführt wird, sondern auch den (in einer bestimmten Region) landbesitzlosen Israeliten meinen kann.  Balabanski, „Mission in Matthew“, 173 plädiert ebenfalls dafür, die Doppeldeutigkeit nicht aufzulösen.  Ähnlich Tisera, Universalism, 180: „the justice of God in a semitic sense, comprising salvation and mercy but with the idea of judgement inherent in it“; weiterhin Freyne, Galilee, 84.

8.3 Recht für die Nationen und Hoffen auf den Namen – Mt 12,15 – 21

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kündet, so wird ihnen zu ihrem Recht verholfen, das ihnen vom Menschensohn her zusteht.²⁴⁴ Gestärkt wird diese Lesart durch die christologischen Aussagen in Mt 12,19 – 20b, da der Gottesknecht dort explizit als derjenige charakterisiert wird, der sich den Elenden zuwendet: „Ein (an)gebrochenes Rohr wird er nicht zerschlagen, und einen glimmenden Flachsdocht wird er nicht auslöschen“ (Mt 12,20a–b). Wer mit dem geknickten Rohr und dem glimmenden Docht jeweils genau gemeint ist, wird nicht gesagt.²⁴⁵ Doch lässt sich durch das der Perikope vorausgehende Heilungssummarium (Mt 12,15) ein Israelbezug denken. Da der Blick innerhalb des Zitates zudem auf die Völker gelenkt wird (Mt 12,18b) und diese in V. 21 sogar Subjekt werden, ist es jedoch nicht unwahrscheinlich, dass sie ebenfalls gemeint sind und somit die Hilfsbedürftigen allgemein.²⁴⁶ Durch die mt Wortwahl im zweiten Bild, λίνον τυφόμενον („ein glimmender Docht“) statt λίνον καπνιζόμενον („ein rauchender Docht“) in der LXX oder ‫„( פשתה כהה‬ein schwach brennender Docht“) im MT, wird die Zuwendungsbedürftigkeit der Bedürftigen besonders betont. Ein glimmender Docht ist im Unterschied zu einem rauchenden Docht noch nicht erloschen, kann im Unterschied zum „nur“ schwach brennenden Docht jedoch auch nicht mehr selbstständig Flammen schlagen. Diesen Hilfsbedürftigen ist also das Potenzial der Ansprechbarkeit eigen, aber es fehlt ihnen an der Fähigkeit, sich selbst aus der Bedürftigkeit zu retten. Sollte dieses Bild tatsächlich mit der den Teilvers rahmenden Zuwendung zu allen Völkern zusammenzudenken sein, läge darin ebenfalls ein Beleg für die Ins-Recht-Setzung derjenigen vor, die bisher aus eigener Kraft nicht daran teilhatten. Gleichzeitig würde daran deutlich, dass es sich bei dieser Heilszuwendung nicht um etwas grundlegend Neues handelt. Um im Bild zu bleiben: Der Docht glimmt immerhin, er muss nicht erst überhaupt angezündet werden.

 Daher kommt Fiedler, „Servant“, 121 zu der Deutung: „It is, therefore, also legitimate to understand mišpāṭ here as salvation.“ Vgl. auch Liedke, „Art. ‫“שפט‬, 1006.  Dementsprechend werden sie unterschiedlich gedeutet. So argumentiert Fischer, Tora für Israel, 84 von Jes 43,17 her, dass sich das Bild vom Docht auf Fremde bezieht, die nach dem göttlichen Gericht übrig geblieben sind. Demgegenüber plädiert Jeremias, „‫“ִמ ְשָׁפט‬, 36 f, der in den Bildern Parallelen zu babylonischen Klagen und Bitten des Einzelnen erkennt, für einen Israelbezug.Von der allgemeinen „Rettung von Menschen, die dem Tode nahe sind“, überträgt er die Bilder auf Israel, sodass der Text „besagt, daß das todverfallene Israel nicht dem Verderben preisgegeben wird“ (37).  So auch Tisera, Universalism, 179; Davies/Allison, Mt II, 326. Die Vorstellung, dass die rettende Zuwendung allen notleidenden Menschen zuteil wird und dass damit bewusst eine universale Ebene angesprochen ist, korreliert auch mit den Ausführungen zu Ps 107 (vgl. Kap. 4.3.2), wo ebenfalls keine Engführung auf eine bestimmte Gruppe, sondern eine universale Öffnung anklingt.

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8 Licht der Tora – Partizipation der Völker am Heil?

8.3.3 Bis er das Recht zum Sieg führt – ἕως ἂν ἐκβάλῃ εἰς νῖκος τὴν κρίσιν Den Höhepunkt der Darstellung der Aufgabe des Knechts stellt die Formulierung „bis er das Recht zum Sieg führt“ dar (Mt 12,20c). Dass es dabei um die endgültige Durchsetzung des Rechts geht, wird durch εἰς νῖκος deutlich, das so weder im MT noch in der LXX überliefert ist.²⁴⁷ Der Ausdruck εἰς νῖκος steht in der LXX entweder in einem militärischen Kontext und meint den Sieg im Kampf (vgl. z. B. 2Sam 2,26LXX; Am 1,11LXX) oder aber er steht, wie im Mt, im Kontext der Aufrichtung des Rechts (vgl. Hiob 36,7LXX; Zeph 3,5LXX). Der Herr aber ist gerecht in ihrer Mitte und er wird gewiss nichts Ungerechtes tun. Morgen für Morgen wird er sein Urteil (κρίμα αὐτοῦ) ans Licht geben (εἰς φῶς)²⁴⁸ […] und nicht wird er das Unrecht zum Sieg bringen (εἰς νεῖκος). (Zeph 3,5LXX)

Diese Sorge um die Herstellung des Rechts ist Aufgabe Gottes (‫ כי־אלהי משפט יהוה‬/ διότι κριτὴς κύριος ὁ θεὸς ἡμῶν ἐστιν Jes 30,18). Hier wird sie jedoch auf den Knecht übertragen, der im griechischen Sprachgebrauch als παῖς nicht nur Gottesknecht-, sondern auch Gottessohnaspekte erhält. Durch den Wegfall von Jes 42,4a und das Verschmelzen von 42,4b mit 42,3c zu Mt 12,20c, rückt der Teilvers in Parallelstellung zu Mt 12,18d und bildet mit ihm eine inclusio um Mt 12,19 – 20b, den Versen, in denen die Aufgabe des Knechts und sein Verhalten näher charakterisiert werden. Dadurch lässt sich ἕως ἂν ἐκβάλῃ εἰς νῖκος τὴν κρίσιν, trotz des direkten Anschlusses mit ἕως ἂν an den vorausgehenden Teilvers, so deuten, dass das Recht, das den Völkern in V. 18d verkündet wird, das gleiche Recht ist, das hier zum Sieg hinausgeführt wird.²⁴⁹ Umgekehrt wird durch diese Parallelisierung der Versteile auch deutlich, dass das Recht, dessen Durchsetzung Ausdruck des rettenden Handelns Gottes an sich ist²⁵⁰ und das durch den Gottesknecht zum Sieg geführt wird, nun auch explizit den Völkern gilt.

 Vgl. Kap. 8.3.1.2.  Diese Lesart folgt der LXX-Ausgabe von Rahlfs. Die Göttinger LXX-Ausgabe geht von einem kürzeren Text aus (δώσει κρίμα αὐτοῦ καὶ οὐκ εἰς νῖκος ἀδικίαν).  Gnilka, Mt I, 453 sieht den Bezug auf die Völkermission durch die Parallelstellung zu V. 21 gegeben.  Gundry, Mt, 230 schreibt dazu: „[T]he successful putting forth of justice refers again, not to self-defence, but to the teaching of justice“. Damit verweist er zu Recht darauf, dass es nicht darum geht, dass der Gottesknecht sein eigenes Recht angesichts des in Mt 12,14 ergangenen Tötungsbeschlusses bewahrt. Doch stellt sich die Frage, ob die bloße Lehre von Recht und Gerechtigkeit an dieser Stelle nicht zu kurz greift.

8.3 Recht für die Nationen und Hoffen auf den Namen – Mt 12,15 – 21

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Sollte darin eine am Ende stattfindende Abwendung Gottes von seinem erwählten Volk hin zu den Völkern deutlich werden?²⁵¹ Eine solche Abwendung ließe sich scheinbar von ἐκβάλλειν her begründen, das im Mt häufig im Kontext von Dämonenaustreibungen (Mt 12,24.26 – 28) oder der Rede vom guten Menschen und vom Hausherrn, die jeweils aus ihrem Schatz Gutes bzw. Neues und Altes herausnehmen (Mt 12,35; 13,52), vorkommt.²⁵² So könnte durch ἐκβάλλειν impliziert sein, dass etwas weggenommen wird, um es an einem neuen Ort wiederzuerrichten, wodurch es am vorherigen Ort nicht mehr wäre. Das Recht würde damit von Israel auf die Völker übertragen. Dem widerspricht im Gesamtkontext des Evangeliums die enge Verbindung zwischen der Heilsverheißung an Israel und der die Völker betreffenden Heilsverheißung, wie sie bereits herausgearbeitet wurde.²⁵³ Im unmittelbaren Zusammenhang des Zitats ist der Wechsel, der durch ἐκβάλλειν impliziert ist, ebenfalls nicht auf der Ebene der Heilsverheißung für Israel oder die Völker zu begründen, sondern durch ἐκβάλλειν mit ἐις νῖκος, wodurch der zeitliche Aspekt betont wird: Das Recht wird endgültig und mit universalem Anspruch zum Sieg geführt – doch noch muss dieser Sieg erst errungen werden. Damit wird hier die Dimension von Jesu Tod und Auferstehung eingeführt.²⁵⁴ Denn erst im Anschluss an seinen Tod und seine Auferstehung wird der Knecht als Weltenherr inthronisiert (Mt 28,18).²⁵⁵ Gestärkt wird diese Annahme durch das Fehlen von Jes 42,4a.b: Vor dem Gottesknecht liegt der Weg in die Passion, in den Tod. Daher passt die Aussage „nicht wird er schwächer werden, nicht knickt er ein / er wird hell scheinen und nicht verwüstet werden“ (‫לא‬ ‫ יכהה ולא ירוץ‬/ ἀναλάμψει καὶ οὐ θραυσθήσεται) nicht.²⁵⁶ Die Beschreibung der Erwählung des Knechts in Mt 12,18 mit königlichen Attributen,²⁵⁷ könnte ebenfalls als Hinweis darauf gedeutet werden, dass es erst der auferstandene und erhöhte

 Diese Position vertritt z. B. Luz, Mt II, 244.  Auch in der LXX wird ἐκβάλλειν dort, wo es für ‫ יצא‬steht, in einem trennenden Sinn verwendet (vgl. 2Chr 23,14 [hinauswerfen aus dem Haus, um sie zu töten]; 29,5.16 [Trennung von Unreinem]; 1Esra 8,93; 9,20; 2Esra 10,3 [Verstoßung von Frauen]).  Vgl. z. B. die Darstellungen zu Mt 1,1 (Kap. 3.1; Kap. 4.1); 1,2– 17 (Kap. 3.2); 4,15 f (Kap. 8.1).  Vgl. Schnackenburg, „Siehe da mein Knecht“, 210; Poulsen, God, 175.  Vgl. Kap. 10.4.  Dazu, dass Mt 12,18 – 21 in dieser Hinsicht zu lesen ist und damit über Mt 4,15 f hinausweist, vgl. Poulsen, God, 175; Konradt, Mt, 197. Anders hingegen Lybæk, New and Old, 96.  Vgl. Jeremias, „‫“ִמ ְשָׁפט‬, 33 – 35. Ausführlich zu den königlichen Aspekten des Knechts, die nicht zu Gunsten einer Deutung von den sog. „Gottesknechtliedern“ her marginalisiert werden sollten, in Jes 42,1– 4 und Mt 12,15 – 21 und deren Kontext in der antiken Umwelt vgl. Myers, „Isaiah“, 70 – 89. Mit Verweis auf Jes 11,1– 9; 55,3 f; Jer 33,15 bedenkt auch Blenkinsopp, „Second Isaiah“, 89 die Stärke der königlichen Attribute.

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8 Licht der Tora – Partizipation der Völker am Heil?

Weltenherr sein wird, der das Recht für die Völker zum Sieg führen wird.²⁵⁸ Insofern ist aber auch hier nicht von einer Ablösung der Heilszuwendung zu sprechen. Vielmehr wird deutlich, dass durch den Auferstandenen und den Erhöhten auch den Völkern das Recht aufgerichtet wird. Dabei kommt es nicht zu einem grundlegenden Paradigmenwechsel, wie sich zudem über die Einspielung des prophetischen Konzepts der personae miserae und deren indirekter Identifizierung mit den Völkern plausibilisieren lässt: Die Fremden waren schon immer Teil derjenigen, denen eigentlich Recht zusteht;²⁵⁹ Recht, das aber noch durchzusetzen ist.

8.3.4 Und auf seinen Namen werden Völker hoffen – καὶ τῷ ὀνόματι αὐτοῦ ἔθνη ἐλπιοῦσιν Besonders auffällig ist in V. 21, dass Matthäus mit der LXX übereinstimmt, obwohl das übrige Zitat durchaus dem hebräischen Text nahe steht. Der Vers schließt das Jesajazitat ab, knüpft durch die Wiederholung des Begriffs ἔθνη aber auch nach vorne an V. 18d an. Allerdings sind nun die ἔθνη selbst Subjekt, wohingegen in V. 18d der Gottesknecht das handelnde Subjekt ist. Durch das Verb ἐλπίζειν ist eine deutlich positive Konnotation mit der Aktivität der ἔθνη verbunden (ähnlich schon in Jes 11,10LXX).²⁶⁰ Wenn nun die Völker „hoffen“ und nicht mehr nur „warten“ (‫ייחילו‬, wie es im hebräischen Text heißt), so ist eine heilsorientierte Ausrichtung vorgespurt. Sie können schon jetzt hoffen,

 Anders deutet Beutler, „Salz“, 90, der davon ausgeht, dass nur „das Zitat des Evangelisten aus dem Ersten Gottesknechtslied (Jes 42,1– 4) in Mt 12,18 – 21 […und] das kommende Heil der Heiden bereits im irdischen Tun Jesu zumindest anfanghaft verwirklicht“ ist.  Zum grundlegenden Gedanken, dass das Heil der Völker von Anfang an in das Wirken des Christus eingeschlossen ist, wenn auch noch nicht in das Wirken des irdischen Jesus, vgl. Kap. 3.1.  Obwohl das hebräische ‫( יחל‬warten) in der LXX häufiger durch ἐλπίζειν übersetzt wird und damit deutlich wird, dass beide Verben in einem ähnlichen Bedeutungsspektrum gesehen wurden, sollte festgehalten werden, dass „warten“ grundsätzlich neutraler als „hoffen“ verstanden werden kann. „Warten“ kann man auch auf etwas Negatives, „hoffen“ hingegen nicht. Dazu passt, dass die hebräische Überlieferung nicht einheitlich ist. So ist in 4QIsah frg. 1 f (DJD 15) die Form ‫ יחילו‬bezeugt. Diese lässt sich zwar als eine selten bezeugte Nebenform zu ‫ יחל‬erklären, deutlich häufiger bezeugt ist sie jedoch als eine Form von ‫ חיל‬I, was in seiner Grundbedeutung „in Geburtswehen liegen“ heißt und in weiteren Bedeutungen auch „beben“, „zittern“ bedeutet, sodass die Inseln demnach vor der ‫( משפט‬dann vermutlich eher im Sinne von Rechtsprozess) und der Tora des Knechts (‫ )תרתו‬erzittern. In Mal 1,14 ist es hingegen der Name Jhwhs, der unter den Völkern gefürchtet ist.

8.3 Recht für die Nationen und Hoffen auf den Namen – Mt 12,15 – 21

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auch wenn sie noch nicht Adressaten sind. Zu diesen werden sie erst mit dem Missionsauftrag in Mt 28,19 f. Auffällig ist auch, wie bereits oben beschrieben, dass die Hoffnung nicht mehr auf der Tora des Knechts (Jes 42,4cMT) ruht, sondern auf seinem Namen (Jes 42,4cLXX = Mt 12,21).²⁶¹ Eine inhaltliche Erklärung, warum Matthäus den Begriff der Tora nicht übernimmt, liegt möglicherweise nicht in der Verbindung von Tora und Völkern an sich, sondern an der Verbindung von Tora, Zion und Völkern. In den Schriften ist die Teilhabe der Völker an den Geboten der Tora über Jes 2,3/Mi 4,2 eng mit der Völkerwallfahrt zum Zion verbunden: Viele Völker (‫ עמים רבים‬/ ἔθνη πολλά) kommen und sagen: Kommt, wir wollen hinaufsteigen zum Berg Jhwhs (‫ לכו ונעלה אל־הר־יהוה‬/ δεῦτε καὶ ἀναβῶμεν εἰς τὸ ὄρος κυρίου) und zum Haus des Gottes Jakobs und er soll uns lehren seine Wege, und wir gehen auf seinen Pfaden, denn vom Zion (‫ מציון‬/ ἐκ Σιων) wird Weisung (‫תורה‬/νόμος) ausgehen und das Wort Jhwhs von Jerusalem. (Jes 2,3)

Sowohl die Völkerwallfahrt als auch die Zionstheologie werden von Matthäus jedoch nicht in legitimierendem/autorisierendem Sinn rezipiert, sondern transformativ.²⁶² Wie die Magier in Mt 2,1– 12 vom Zion nach Bethlehem umgelenkt werden, sodass keine Völkerwallfahrt zum Zion, sondern zum Messias stattfindet, so richtet sich die Hoffnung der Völker in Mt 12,21 nicht mehr auf die (vom Zion ausgehende) Tora, sondern auf den Namen des Gottesknechts.²⁶³ Von dorther stellt sich die Frage, wie sich diese Hoffnung der Völker auf den Namen des Knechts inhaltlich füllen lässt. Im Folgenden sollen zunächst die möglichen Grundlagen einer „Namenstheologie“²⁶⁴ in den Schriften kurz dargestellt werden. Die Vorstellung des „Hoffens auf den Namen“ lässt sich nicht aus einem einzigen bestehenden theologischen Konzept der Schriften rekonstruieren. Vielmehr lässt sich zeigen, dass der Name Gottes in verschiedenen Zusammenhängen eine Rolle spielt, die jedoch im mt Zusammenhang nicht alle zum Tragen kommen.²⁶⁵

 Auch in Mt 12,21 liegt ein Anknüpfungspunkt zu Mt 28,18 – 20, da die Menschen aus den Völkern in 12,21 auf den Namen des Knechts hoffen und in 28,19 auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft werden.  Zur Zionstheologie vgl. Kap. 5. Zum methodischen Hintergrund vgl. Kap. 1.3.5.  Die Verbindung des Hoffens auf den Namen mit der Erzählung der Magier sieht auch Theissen, „Davidsohn“, 152.  Vgl. z. B. Grether, Name, 1– 58; Rad, „Deuteronomium-Studien“, 127– 132; Müller, „Jahwename“, 305 – 327; Rad, Theologie II, 193 – 200; Gese, „Name Gottes“, 75 – 89. Zur neutestamentlichen Perspektive mit einem ausführlichen Forschungsüberblick der Positionen des 20. Jh. vgl. Ruck-Schröder, Name Gottes.  Oeming, „Im Namen des Vaters“, 254– 264, bes. 256 – 260 hat den Versuch unternommen, die namenstheologischen Aussagen in den Schriften systematisierend darzustellen. Er unter-

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8 Licht der Tora – Partizipation der Völker am Heil?

Prominent kommt der Name Jhwhs zum Beispiel im Dtn vor,²⁶⁶ in dem mehrfach von der Stätte, an der Jhwh seinen Namen wohnen lassen will, die Rede ist (Dtn 14,23; 16,6.7.11; 17,8; 26,2). Aufgrund der mt Ablehnung von örtlich auf den Tempel bezogenen, zionstheologischen Aussagen ist es allerdings nicht besonders wahrscheinlich, dass solche Vorstellungen in der mt „Namenstheologie“ eine Rolle spielen. Zu überlegen wäre, ob die besonders in den Psalmen begegnende Vorstellung des Lobens des Namens,²⁶⁷ zu dem sowohl Israeliten als auch Menschen aus den Völkern angehalten sind (αἰνεῖτε τὸν κύριον, πάντα τὰ ἔθνη, Ps 116,1LXX / ‫הללו את־יהוה כל־גוים‬, Ps 117,1MT) ²⁶⁸, hier eine Rolle spielt. Sollte dies der Fall sein, ließe sich diese Anspielung über die Verbindung zu Mt 5,16 plausibilisieren, da das dort verlangte ethische Verhalten zum Lob Gottes führt und letztlich auch von den Völkern gefordert wird (Mt 28,20; vgl. in diesem Zusammenhang zudem Mt 25,31– 46). Demgegenüber lassen sich jedoch andere, für die Schriften typische Denkmuster erkennen, die in der mt Ausdeutung des Namens in Mt 12,21 deutlicher anzuklingen scheinen, auch wenn keine direkte Abhängigkeit zu bestimmten Versen postuliert werden kann. So findet sich zum Beispiel in Ps 105,1 oder Jes 12,4 die Vorstellung, dass die Taten Jhwhs unter den Völkern bekannt gemacht (ἀπαγγέλλω) werden sollen und in diesem Zusammenhang der Name Jhwhs anzurufen oder auszurufen ist. Bei Ezechiel erkennen die Völker anhand des Namens Jhwhs – der als der heilige Name (‫ שם קדשי‬/ τὸ ὄνομά μου τὸ ἅγιον, Ez 39,7; vgl. auch 36,20 – 23) bezeichnet wird – und anhand seines Handelns an Israel, dass Jhwh Gott ist (‫ וידעו הגוים כי־אני יהוה‬/ καὶ γνώσονται τὰ ἔθνη ὅτι ἐγώ εἰμι κύριος, Ez 39,7; vgl. auch 38,23).²⁶⁹ Dieses Handeln Jhwhs an Israel erweist sich zum Beispiel am Wiederaufbau des Zerstörten (Ez 36,36) und erinnert an Jes 42,3, auch wenn das Bild nicht genau das gleiche ist. In Ez 28,22 wird die Erkenntnis von „Heiden“ (in diesem Fall

scheidet dabei grundsätzlich einen statischen (Name als Bezeichnung von etwas) und einen dynamischen Aspekt des Namens (Name ist selbst wirkmächtig). Darüber hinaus zeigt er anhand von verschiedenen Aspekten die Vielfältigkeit der sog. „‫שם‬-Theologie“. Zunächst stellt er die Überlegung an, dass über den Namen Gottes dessen offenbare Seite verdeutlicht werde (1Kön 18,24): Davon ausgehend erhält der Mensch (1) über den Namen Kontakt mit Gott und dessen wirkmächtigem Handeln (z. B. Ps 8,2.10; Hiob 1,21); (2) der Name bietet die Möglichkeit der Anrede, im Gebet, in der Klage, im Kult; (3) er kann die Bedeutung eines Rechtsakts erhalten, z. B. als Herrschaftsanspruch oder Schutzzusage (vgl. Jes 43,1); (4) Er findet Verwendung in der sog. „WortEreignis-Formel“ (z. B. Jer 26,20); (5) der Name dient als Ausweis der Bevollmächtigung, z. B. für Propheten (hier führt M. Oeming Beispiele aus dem profanen Bereich an, vgl. Est 3,12; 8,8.10); (6) es gibt eine magische Komponente, im Sinn von Schutzmittel oder segens- bzw. fluch-wirkmächtigem Handeln (z. B. Ps 118,20; 124,8; 2Kön 2,24); aus Punkt 6 leitet sich daher (7) das strenge Verbot ab, den Namen zu missbrauchen (z. B. Ex 20,7/Dtn 5,11; Lev 19,2); (8) der Name impliziert eschatologische Verheißungen, die durchaus universal gedacht werden können (vgl. z. B. Jes 56,6; Zeph 3,9; Sach 13,8 f); (9) durch die Kombination mit der Präposition ‫ ְבּ‬kann der Name auch als Raum gedacht werden, z. B. ‫ בשם יהוה‬anstelle des Heiligtums (vgl. Prov 18,10).  Ausführlich zur dtn-dtr Namenstheologie sowie der ‫–שם‬Theologie in Jes 18,7; Ps 74,7; 2Chr 20,9; Tob 13,11.13; 3Makk 2,9 und weiteren Stellen vgl. Keller, Untersuchungen.  Vgl. Ps 100,4; 113,1.3; 149,3 u. ö.; aber auch 1Chr 16,10.  Vgl. auch Jes 24,15.  Diese Erkenntnis ist bei Ezechiel nicht spezifisch für die Völker, sondern findet sich sogar noch häufiger auf Israel bezogen (vgl. Ez 7,27; 12,15; 24,27; 29,21 u. ö.). Zu diesem Thema vgl. Zimmerli, Erkenntnis Gottes, bes. 5 – 16.69 – 75.

8.3 Recht für die Nationen und Hoffen auf den Namen – Mt 12,15 – 21

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Sidons) an das Durchsetzen des Rechts geknüpft. Die Rede von der Erkenntnis Jhwhs ist auch Jesaja nicht fremd; so soll nach Jes 11,9 zum Beispiel die ganze Erde voll der Gotteserkenntnis sein. In diesen Texten aus den Schriften fällt auf, dass die Völker eine gewisse Außenseiterperspektive innehaben: Sie bezeugen Gottes rettendes Handeln an Israel (oder sein richtendes Handeln an anderen Völkern).²⁷⁰ Hier, in Mt 12,15 – 21, ist ihnen jedoch die eigene Teilhabe am Heil explizit angekündigt; in V. 21 sind sie sogar selbst Subjekt. Diese Veränderung der Perspektive der Völker findet sich auch im Dtn. So heißt es zum Beispiel in Dtn 28,10: „Und alle Völker der Erde (‫ כל־עמי הארץ‬/ πάντα τὰ ἔθνη τῆς γῆς) werden sehen, dass der Name Jhwhs (‫ שם יהוה‬/ τὸ ὄνομα κυρίου) über dir ausgerufen ist, und sie werden sich vor dir fürchten.“ Das Ausrufen des Namens Jhwhs steht hier im Kontext des Bundessegens und der Bundesflüche, auf die auch in Mt 25,31– 46 angespielt wird.²⁷¹ Insofern ist es durchaus passend, dass in Jes 42,4LXX/Mt 12,21 der Begriff ὄνομα in chiastischer Parallelstellung zu κρίσις steht. Allerdings besteht ein wichtiger Unterschied von Mt zu Dtn gerade darin, dass sich die Völker nicht mehr fürchten, sondern auf den Namen des Gottesknechts hoffen. Sollte also tatsächlich implizit Dtn 28,10 mitklingen, so findet eine radikale theologische Umformung statt.²⁷²

Der „Name“ spielt nicht nur in Mt 12,21, sondern auch im Gesamtkonzept des Mt eine gewichtige Rolle (vgl. z. B. Mt 1,21.23; 7,22; 18,20; 28,19 f). Zunächst scheint es, als würde durch die Deutung des Namens Jesu die Spannung zwischen der Heilsteilhabe Israels und der Völker weiter verdeutlicht. Bereits in der Kindheitserzählung in Mt 1,21 wird der Name „Jesus“ mit einem bestimmten Auftrag an Israel verknüpft: „denn er wird sein Volk retten (σώσει τὸν λαὸν αὐτοῦ) von ihren Sünden (ἁμαρτιῶν αὐτῶν).“ Diese Deutung des Namens Jesu ist bereits mit der hebräischen Version des Namens kompatibel: Ἰησοῦς steht für die hebräische Variante ‫יהושע‬, was übersetzt soviel heißt wie „Jhwh rettet“.²⁷³ Bereits der Name „Josua“ (der in den griechischen Texten ebenfalls Ἰησοῦς genannt wird und im MT ‫ )יהושע‬wird in den Schriften auf die Rettung des Volks gedeutet: Ein Starker im Kampf war Josua (Ἰησοῦς), [der Sohn] Naves, und Nachfolger des Mose in Prophezeiungen, der wurde, gemäß seinem Namen (ἐγένετο κατὰ τὸ ὄνομα αὐτοῦ), ein Großer für die Rettung (σωτηρίᾳ) seiner Erwählten, Vergeltung zu üben an den aufständischen Feinden, damit er Israel zum Erben machen könne. (Sir 46,1)

Darüber hinaus ist die Deutung des Namens „Jesus“ auch bei Philo (vgl. Mut 121) bekannt. Im Fall Jesu jedoch gewinnt die Namensgebung durch die Hinzufügung eines zweiten Schriftenzitats, das zudem das erste Erfüllungszitat des gesamten

 Vgl. zur Rolle der Völker als Zeugen Kap. 2.2.3.  Zu Mt 25,31– 46 vgl. Kap. 9.1.  Vgl. zu weiteren Anklängen an Dtn 27 f ebenfalls Kap. 9.1.  Vgl. zur Namensetymologie Gnilka, Mt I, 19; Oberweis, „Beobachtungen“, 137– 140; Bauer, „Function“, 133.

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8 Licht der Tora – Partizipation der Völker am Heil?

Evangeliums ist (Mt 1,22), eine andere Qualität als im Fall Josuas. In Mt 1,23 wird Jes 7,14 zitiert: Siehe die Jungfrau wird schwanger werden und einen Sohn gebären, und sie werden seinen Namen Immanuel nennen (τὸ ὄνομα αὐτοῦ Ἐμμανουήλ), das ist Gott mit uns (ὅ ἐστιν μεθερμηνευόμενον μεθ᾽ ἡμῶν ὁ θεός). (Mt 1,23)

Jesus wird damit nicht nur als derjenige charakterisiert, durch den das Volk von seinen Sünden errettet/erlöst wird, sondern als der Immanuel, als „Gott mit uns“.²⁷⁴ Es ist also Gottes Gegenwart, die in Jesus angekündigt wird.²⁷⁵ Das Verb ‫ישע‬, das die Wurzel der hebräischen Form des Namens „Jesus“ bildet, steht in den Schriften immer wieder für Gottes rettendes Handeln an Israel.²⁷⁶ Indem nun der Name „Jesus“ so ausgedeutet wird, wird er als Gottesknecht in diese breite Tradition des rettenden Handelns Gottes an seinem Volk hineingestellt. In Mt 1,21 wird die Aufgabe des irdischen Jesus auf die Rettung Israels bezogen. Indem nun in Mt 12,21 auch die übrigen Völker auf den gleichen Namen hoffen, wird deutlich, dass auch sie Teil haben werden an dem rettenden Handeln Jesu.²⁷⁷ Durch die Wiederaufnahme dieser Komponenten in Mt 28,19 f, durch den

 Vgl. Ex 14,30; Num 10,9; Dtn 20,4; 2Sam 22,47; Ps 3,8; Jes 17,10; 33,22; 43,12; 45,17; Jer 23,6; Sach 9,16 u. ö. Zur Verbindung von Jesu Gegenwart und seinem Mit-Sein mit der mt Namenstheologie vgl. neben Mt 1,23 auch Mt 18,5.20; 28,19 f.  Wie sich diese Gegenwart gestaltet, ist gemäß Kingsbury, Structure, 96 ein Thema des ganzen Evangeliums: „[T]he entire first Gospel may be regarded as an attempt on the part of Matthew to draw out the implications of what it means to say in 1:23 that in him God dwells with his people.“  Zudem kann ‫ ישע‬für Retter verwendet werden, die von Gott eingesetzt sind (vgl. z. B. Jdc 6,36 f; Neh 9,27).  Im Zusammenhang mit Mt 12,18 – 21 wird in der Forschung zum Teil diskutiert, ob der Begriff ἔθνη hier exklusiv, d. h. im Sinn von ausschließlich Völkern außerhalb Israels, oder inklusiv, also mit Israel als einem unter anderen Völkern, zu verstehen sei. Vertreter für die exklusive Deutung sind z. B. Lange, Erscheinen, 270 f; Meier, „Nations“, 95; Gundry, Mt, 230. Für die inklusive Deutung sprechen sich z. B. Harnack, Mission, 44 f; Trilling, Israel, 127; Lohmeyer/Schmauch, Mt, 187; Beare, Mt, 275; Tisera, Universalism, 184; Verseput, „Jesus’ Pilgrimage“, 197; Beaton, Isaiah’s Christ, 154 aus. Für die exklusive Deutung wird z. B. auf die Bedeutung des hebräischen ‫ גױם‬verwiesen, auf das Futur, das den proleptischen Aspekt der „Heidenmission“ verdeutlicht, sowie darauf, dass die Situation des „Sich-Entziehens“ Jesu mit der Mission der „Heiden“ korreliert. Vertreter der inklusiven Deutung führen hingegen folgende Argumente an: Das Erfüllungszitat verweist auf die Mission sowie auf das Weltgericht, die beide universal sind; dies ist durch das Futur des Erfüllungszitates gestützt; der Konflikt bezieht sich allein auf die Autoritäten, sodass ein Ausschluss Israels an sich nicht sinnvoll ist; V. 20ab richtet sich an uneindeutig identifizierbare Empfänger des milden Handelns des Gottesknechts; hinzu kommt die Anspielung auf Jesu Tod, die über die bisherigen Grenzen hinausweist (vgl. Tisera, Universalism, 183 f). Dem

8.3 Recht für die Nationen und Hoffen auf den Namen – Mt 12,15 – 21

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Auftrag der Taufe auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes,²⁷⁸ wird das, was in Mt 12,21 als zukünftige Hoffnung formuliert ist, durch den erhöhten Weltenherrn und den universalen Missionsbefehl umgesetzt. Zusammenfassend sind folgende Punkte festzuhalten: Mt 12,18 – 21 „verstärkt […] nicht nur die bereits durch das Zitat von Jes 8,23 – 9,1 in Mt 4,15 f geleistete Verankerung der universalen Dimension des Christusgeschehens in der Schrift, sondern führt diese Verankerung durch die Aussage in V. 20c mit Blick auf die Bedeutung von Tod und Auferstehung Jesu für die Universalität des Heils weiter.“²⁷⁹ Damit führt Mt 12,18 – 21 über Mt 4,15 f hinaus. Indem nun das Recht durch den Gottesknecht zum Sieg geführt wird, wird das Recht Gottes, das selbst, ja gerade den schwächsten Gliedern der menschlichen Gesellschaft zusteht – und dessen Wahrung durch die Propheten immer wieder gefordert wurde –, endgültig aufgerichtet sowie durch Jesu Tod und Auferstehung zum Sieg geführt. Dies ist es, was den Völkern durch den Gottesknecht verkündet wird. Auch die Bedeutungsebene „Gericht“ ist dabei nicht auszuschließen, da das göttliche Gericht letztlich der Ort ist, an dem Gerechtigkeit durchgesetzt wird (Mt 25,31– 46). Wichtig ist, dass hier zum ersten Mal innerhalb der mt Narration explizit gesagt wird, dass auch die Völker daran teilhaben werden. Damit wird die theologische Grundlinie gestützt, die schon seit Mt 1,1 festhält, dass die Heilsteilhabe der Völker von Anfang an intendiert ist. Indem diese Hoffnung auf die Heilszuwendung mit der Hoffnung der Völker auf den Namen Jesu verbunden wird, erhält diese eine christologische Fundierung. Damit wird in Bezug auf die mt Rezeption der Schriften zudem deutlich, dass Matthäus lange Zitate in den ihm vorliegenden Kontext einzufügen vermag. Schwer zu beantworten bleibt die Frage nach dem Grad der redaktionellen Anpassung, da eine Mischform aus LXX und MT vorliegt, diese aber auch durch die mt Vorlage bedingt sein kann. Besonders wichtig ist, dass durch dieses Schriftenzitat nicht nur ein Einzelaspekt reflektiert wird, sondern grundlegende theo-

ist jedoch gegenüberzustellen, dass der Ertrag dieser Debatte grundsätzlich fraglich ist. Zum einen werden stellenweise die gleichen Argumente für entgegengesetzte Positionen verwendet (so. z. B. die futurische Formulierung des Zitates). Zum anderen kann es, wie in der oben stehenden Auslegung von Mt 12,18 – 21 gezeigt wurde, weder darum gehen, dass das Heil, das hier verkündet und zum Sieg geführt wird, von den bisherigen Empfängern (Israel) weggenommen und den Völkern gegeben wird, noch darum, dass durch das Zitat eine radikale Wende in der Sendung Jesu zu sehen ist; vielmehr war die Teilhabe der Völker im Heilsangebot Gottes von Anfang mit angelegt.  Interessant ist, dass in Mt 28,19 f die Taufe der Lehre vorausgeht, wohingegen in der Didache, die dem gleichen Trägerkreis zuzuschreiben ist, wenige Jahre später die Lehre der Taufe vorangestellt ist (vgl. Did 7,1).  Konradt, Mt, 198 (Hervorhebung im Original).

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8 Licht der Tora – Partizipation der Völker am Heil?

logische Zusammenhänge als den Schriften selbst inhärent dargestellt werden. Das Jesajazitat in Mt 12,18 – 21 ist des Näheren nicht allein für den unmittelbaren Kontext von Bedeutung, sondern umfasst das gesamte Mt: Über die Namenstheologie knüpft es an Mt 1,21.23 und zugleich an Mt 28,18 – 20 an. Durch seine Verbindung von Heilsverheißung für die Völker und der Verkündigung des Rechts an diese ergeben sich ebenfalls Verbindungen zu verschiedenen Texten des Mt (Mt 4,15 f; 25,31– 46; 28,20). Es wird daran aber auch deutlich, dass Matthäus das Heil für die Völker nicht unter der Prämisse einer Abschaffung des Gesetzes (vgl. Mt 5,17) versteht. Es ist gerade das Recht, das den Völkern verkündet wird und das der Knecht durch Tod und Auferstehung zum Sieg führt. Daher ist abschließend ein Blick auf das Gesetzesverständnis im Mt zu werfen, um die Frage nach dem Verhältnis von Tora, im Sinn der von Gott gegebenen Ordnung, und der Teilhabe der „Heiden“ am Heil zu klären.

8.4 Das mt Gesetzesverständnis In Mt 12,18 – 21 wurde die Verkündigung von κρίσις an die Völker christologisch fundiert und ihre Durchsetzung als eine heilvolle Siegeshandlung eingeführt. Explizit ist vom νόμος für die Völker hingegen nicht die Rede.²⁸⁰ Angesichts des ausdrücklichen Festhaltens an Gesetz und Propheten (explizit in Mt 5,17) stellt sich die Frage, wie das mt Gesetzesverständnis mit dem Heilsangebot für alle Völker zusammenzudenken ist. Wird das Gesetz für die Völker in seiner Gültigkeit aufgehoben, um ihnen den Zugang zum Heil zu ermöglichen, oder bleibt es für sie weiterhin vollgültig bestehen?

8.4.1 Gültigkeit der Beschneidung für die Menschen aus den Völkern? Auffällig ist, dass die Frage nach der Gebotsauslegung und damit nach der Gesetzeshermeneutik an zwei typischen identity markers des frühen Judentums in Auseinandersetzung mit den jüdischen Autoritäten durchexerziert wird:²⁸¹ dem

 Zur Frage nach einer Tora für die Völker in den Schriften Israels vgl. Kap. 2.3.6.  Die Debatte beschränkt sich jedoch nicht auf diese beiden Themen, sondern schließt mit den Fragen nach den Steuern sowie mit der Praxis des Schwörens an den Diskurs des 1. Jh. n.Chr. an (vgl. Saldarini, Community, 126).

8.4 Das mt Gesetzesverständnis

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Sabbat und den Reinheitsgeboten²⁸². Inwiefern sich das mt Gesetzesverständnis auf einen weiteren, für die „Heidenmission“ sicher relevanten identity marker – die Beschneidung – auswirkt, wird im Mt hingegen nicht diskutiert. Besonders im Zusammenhang des Auftrags zur universalen Mission (Mt 28,19 f) ist dieses Schweigen auffällig. Dies hat in der Forschung zu Spekulationen geführt, ob die mt Gemeinde die Beschneidung noch, quasi selbstverständlich, praktizierte, weshalb sie nicht zu diskutieren war,²⁸³ oder sie nur von den Judenchristen erwartet wurde²⁸⁴ oder als durch die Taufe ersetzt galt.²⁸⁵ In der frühjüdischen Umwelt ist die Beschneidung meistens Voraussetzung für eine volle Zugehörigkeit zu Israel. Als unabdingbare Forderung wird sie im Jubiläenbuch ausgewiesen (Jub 15,14.24– 26).²⁸⁶ Auch Philo hält aufgrund der bleibenden Gültigkeit des Literalsinnes der Tora²⁸⁷ trotz praktizierter allegorischer Auslegung²⁸⁸ an ihr fest (SpecLeg 1,1– 11).²⁸⁹ In

 Vgl. zu den Reinheitsvorschriften als nach außen abgrenzende identity marker z. B. 3Makk 3,4; EpArist 139 – 142. Inwiefern sich das Halten der Tora in der Diaspora von dem im Land unterscheidet, wird z. B. an Tobit deutlich, dessen Toratreue im Land stark auf den Kult bezogen (Tob 1,3 – 9), in der Diaspora jedoch besonders auf Abgrenzung bedacht ist (z. B. darauf, das Brot der „Heiden“ nicht zu essen [Tob 1,10]), oder sozial ausgerichet ist (z. B. darauf, das eigene Brot oder Kleidung mit den Bedürftigen zu teilen [Tob 1,17]); vgl. dazu Niebuhr, „Tora ohne Tempel“, 438 f. Nach 4Makk 5,1– 38 sollen Juden zum Genuss von Schweinefleisch gezwungen werden, worauf Eleazer in einer Gegenrede darlegt, warum diese Gesetzesübertretung für ihn unmöglich ist (ähnlich die sieben Jünglinge in 4Makk 8,27– 9,9). Vgl. zur Außenperspektive z. B. Tac Hist V 5,1 f.  Vgl. Mohrlang, Matthew and Paul, 44 f; Levine, Dimensions, 178 – 185; White, „Crisis Management“, 241 f, Anm. 100; Saldarini, Community, 156 f; Sim, „Matthew and the Gentiles“, 45 f; Sim, „Christianity“, 184– 194; Slee, Church in Antioch, 141– 145; White, „Conversion“, 357 f.  Vgl. so z. B. Dobbeler, „Restitution“, 38.  Meier, Vision, 13; Davies/Allison, Mt I, 493; Gundry, „Responsive Evaluation“, 66, Anm. 21; Betz, „Sermon“, 272; Saldarini, Community, 157.160; Hare, „Gospel“, 265 f; Konradt, Israel, 343 f; Repschinski, Nicht aufzulösen, 141. Auf der Basis der historischen Gemeindeentwicklung argumentiert Luz, „Erfüllung des Gesetzes“, 430, indem er auf einer ersten Ebene die mt Gesetzestreue sowie die Heilsmöglichkeit für die „Heiden“ im Mt als eine eschatologische sieht (Mt 8,11; 25,31– 46), dann jedoch auf einer zweiten Ebene von einer aktiven „Heidenmission“ ausgeht, die für die Gemeinde gerade erst aktuell wurde, wobei diese neue Situation noch nicht auf das Gesetzesverständnis hin reflektiert wurde.  Ähnlich auch in der Rezeption von Gen 34 bei TheodEpik Frg. 4,4– 7 (Euseb Praep Ev IX 22,4– 7).  Vgl. Nolland, „Uncircumcised Proselytes“, 175.  Zur Frage, wie Literalsinn und Allegorie in der konkreten Auslegung zusammen kommen, vgl. das grundlegende Argumentationsmuster in QuaestGen und QuaestEx; dazu Nolland, „Uncircumcised Proselytes“, 176.  Jedoch begründet Philo sie nicht mit der in Gen 17 zugrunde gelegten Bundesthematik (die Stichwörter Bund oder Abrahamkindschaft fehlen).Vgl. auch Collins, „Symbol“, 171– 176: „What is noteworthy, however, is the tolerant tone of his [Philos] disapproval. He stops far short of

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8 Licht der Tora – Partizipation der Völker am Heil?

Migr 89 – 93, bes. 92 f, wendet er sich gegen jene sog. Allegoristen, die aufgrund der allegorischen Auslegung wohl keine Beschneidung übten.²⁹⁰ Der Literalsinn ist für Philo genauso zu befolgen, wie es nicht reicht, sich allein um seine Seele zu kümmern. Vielmehr ist auch die Sorge um den Körper nicht zu vernachlässigen (Migr 93). Allerdings ist die Beschneidung für Philo nicht exklusiv, sondern er führt an, dass auch Menschen aus den Völkern beschnitten waren (τὰ περιτεμνόμενα τῶν ἐθνων; SpecLeg 1,7).²⁹¹ Damit verliert die Beschneidung jedoch nicht ihre Bedeutung für das Judentum, sondern ist „als pars pro toto für die Verallgemeinerung des besonderen Gesetzes des Judentums in seiner Gesamtheit zu verstehen“²⁹². An der Erzählung über Izates wird bei Josephus deutlich, dass Beschneidung dennoch auch als der Akt angesehen werden konnte, der mit der tatsächlichen Konversion zum Judentum einherging (Ant 20,38), ähnlich Bell 2,454.²⁹³ Damit könnte die Beschneidung als Unterscheidungskriterium zwischen vollwertigen Mitgliedern einerseits und Sympathisanten und Gottesfürchtigen andererseits angesehen werden,²⁹⁴ doch gilt dies vermutlich nicht für alle frühjüdischen Kreise (vgl. Ant 20,34– 43).²⁹⁵ In Jdt 14,10 heißt es, dass Achior sich beschneiden läßt und damit zum Haus Israel

denying that the allegorizers are authentic Jews or members of the covenant people […] Philo does not treat circumcision as a central symbol of ethnic or religious identity“ (172 f). MacEleney, „Conversion“, 319 – 341, bes. 328 f versucht, anhand von QuaestEx 2,2 zu belegen, dass Philo die Beschneidung für einen Proselyten als nicht notwendig ansah. Dem widerspricht jedoch, dass in QuaestEx 2,2 das sonst typische Muster von literaler Auslegung und allegorischer Auslegung fehlt und Philo allein zur allegorischen Auslegung schreibt (vgl. Nolland, „Uncircumcised Proselytes“, 177). Andererseits ist es auch möglich, dass Philos Festhalten am Literalsinn in Migr 89 – 93 nicht seine eigene Überzeugung widerspiegelt, sondern seiner Frontstellung gegen die Allegoristen geschuldet ist.  Vgl. Kraus, Volk Gottes, 89 f; Holtz, Gott, 403 f.  In SpecLeg 1,2 nennt Philo z. B. die Ägypter als ein Fremdvolk, das die Beschneidung übte (μάλιστα τῷ Αἰγυπτιακῷ).  Holtz, Gott, 410; vgl. auch Hecht, „Philo’s Interpretation“, 75 – 78.  Vgl. Donaldson, Judaism and the Gentiles, 483.  Ananias plädiert in der Erzählung dafür, dass die Beschneidung nicht notwendig sei, um für das Erbe des Judentums zu eifern (ζηλοῦν τὰ πάτρια τῶν Ἰουδαίων; Ant 20,41), und dies höher anzusehen sei als die Beschneidung (τοῦτ᾽ εἶναι κυριώτερον τοῦ περιτέμνεσθαι; Ant 20,41). Allerdings bleibt zu fragen, ob dieser Eifer als vollwertiger Übertritt zum Judentum gewertet werden kann. Der Position des Ananias steht die radikalere des Eleazer gegenüber, der Izates wegen der unterlassenen Beschneidung anklagt und mit Nachdruck auf die Notwendigkeit verweist, das im Gesetz Geforderte nicht nur zu lesen, sondern auch zu tun (τὰ προστασσόμενα ποιεῖν; Ant 20,45).  In der Erzählung wird Ananias als jüdischer Händler eingeführt (Ἰουδαῖός τις ἔμπορος; Ant 20,34), wohingegen Eleazer, der aus Galiläa stammt (ἐκ τῆς Γαλιλαίας; Ant 20,43), als jemand beschrieben wird, der es mit den Geboten sehr genau nimmt (ἀκριβής; Ant 20,43). Daraus lässt sich schließen, dass das Diasporajudentum, hier vertreten durch Ananias, möglicherweise offener für eine Zugehörigkeit zum Judentum auch ohne die Durchführung der Beschneidung war als das palästinische Judentum. Die Vorstellung des hellenistischen Judentums wird vermutlich bei Strabo, Geogr. XVI 2,35 – 37 deutlich – obwohl es sich hierbei nicht um eine jüdische Quelle handelt –, wo die Beschneidung als Irrweg weg von der ursprünglichen, durch Mose initiierten Religion verstanden wird. Dass die Beschneidung in der Literatur der Diaspora (Sib 3; 4; EpArist; PseudPhok) eine geringe bis keine Rolle spielt, arbeitet Collins, „Symbol“, 164– 170 heraus.

8.4 Das mt Gesetzesverständnis

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gerechnet wird (περιετέμετο […] καὶ προσετέθη εἰς τὸν οἶκον Ισραηλ).²⁹⁶ Jedoch ist die Beschneidung auch hier nicht das einzige Kriterium. Das Bekenntnis zu dem einen Gott gehört zum Beispiel ebenfalls zu den grundlegenden Voraussetzungen (Jdt 14,10).²⁹⁷ Letztlich sind es drei wichtige Aspekte, die in den Texten immer wieder vorkommen: „monotheistic worship, association with the Jewish community, and adoption of practices prescribed by the Jewish law.“²⁹⁸ Dennoch gilt die Beschneidung nicht „as a stand-alone requirement but as an indication of the person’s willingness to adhere to the whole law.“²⁹⁹ Auch die bezeugte Praxis des Epispasmos, gegen die stellenweise stark polemisiert wird (vgl. z. B. AssMoss 8,3; 1Makk 1,15; 2Makk 4,12; Jub 15,33 f; 1Kor 7,18), spricht gegen die Beschneidung von allen Juden.³⁰⁰

Es stellt sich für Matthäus also die Frage, ob die Beschneidung auch im Blick auf Menschen aus den Völkern unabdingbare Voraussetzung für das Halten der Gebote gewesen sein musste.³⁰¹ Durch die Vollgültigkeit des Gesetzes im Mt (Mt 5,18) ließe sich dafür plädieren, dass die Beschneidung, wie sie in Gen 17 als Zugehörigkeitskriterium gefordert ist,³⁰² praktiziert wurde. Dafür spricht die grundlegende Verpflichtung der Völker auf das Halten der gesamten Tora, also Gesetz und Propheten in der Auslegung, wie sie in Jesu autoritativer Lehre zum Ausdruck kommt (Mt 28,20³⁰³).³⁰⁴ Damit kann für die mt Gemeinde keine gesetzesfreie Mission angenommen werden.

Darauf, dass das palästinische Judentum in Bezug auf Proselyten konservativer war als jenes der Diaspora, verweist auch Meinertz, Heidenmission, 44.  Vgl. weiterhin Est 8,17LXX, wo es heißt, dass sich Menschen aus den Völkern (πολλοὶ τῶν ἐθνῶν) beschneiden ließen (περιετέμοντο) und „zum Judentum übertraten“ (ἰουδάιζον).  Saldarini, Community, 158.160 verweist darauf, dass die Absage an die Idolatrie in vielen Texten (z. B. JosAs; EpArist; Sib 5) höher eingestuft wird als die Beschneidung.  Donaldson, Judaism and the Gentiles, 488. Zur rabbinischen Diskussion um den Stellenwert der Beschneidung siehe MacEleney, „Conversion“, 329 – 333; Nolland, „Uncircumcised Proselytes“, 188 – 192.  Donaldson, Judaism and the Gentiles, 488. Vgl. dazu Josephus, Ant 20,146.  Von Seiten der griechisch-römischen Antike wird die Beschneidung einerseits als eine Art Erkennungsmerkmal gewertet (vgl. z. B. Tacitus, Hist. V 5,2), andererseits jedoch auch als Abirrung vom wahren Glauben verstanden (Strabo, Geogr. XVI 2,37) oder als Grund zum Spott (vgl. Philo, SpecLeg I,1 f und Josephus, Ap 2,137, die von dieser Beurteilung berichten; direkt deutlich wird der Spott bei Petronius, Satyricon 68,8 und Martial, Epigrammata VII 82).  Für ein Verschieben des Fokus, bei dem die Frage nach der Beschneidung nicht mehr die zentrale Rolle spielt, plädiert Saldarini, Community, 160, auch wenn er sich prinzipiell eher für die Beschneidungspraxis in der mt Gemeinde ausspricht. Wenig später schreibt er: „[S]ome may have been circumcised and some not. The relationship each had with God in faith through Jesus was the central focus of their commitment.“  Vgl. besonders Gen 17,14.  Vgl. zu Mt 28,18 – 20 Kap. 10.4.

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8 Licht der Tora – Partizipation der Völker am Heil?

Doch stellt sich daraufhin die Frage, ob das, was die Völker halten sollen, quantitativ oder qualitativ von der Forderung an die christusgläubigen Juden in der Gemeinde unterschieden werden kann.³⁰⁵ Von dem universal zu verstehenden πάντα in Mt 28,20 her ist eine solche Unterscheidung ausgeschlossen. In Mt 23,15 wendet sich Matthäus allerdings gegen die pharisäische Weise, jemanden zum Proselyten zu machen (ποιῆσαι ἕνα προσήλυτον). Die Tatsache, dass das Liebesgebot den Sabbat verdrängen kann,³⁰⁶ könnte darauf hindeuten, dass es sich mit der Beschneidung äquivalent verhält. Gegen die Praxis der Beschneidung missionierter „Heiden“ in der mt Gemeinde spricht auch die gesamtkirchliche Entwicklung, nach der im Apostelkonvent die beschneidungsfreie „Heidenmission“ beschlossen wurde (Act 15; Gal 2,1– 10) und dessen Beschluss durch den für die mt Gemeinde wichtigen Apostel Petrus (Mt 16,18 f)³⁰⁷ mitgetragen wurde.³⁰⁸ Im Hinblick auf das Mt ist an diesen Überlegungen jedoch problematisch, dass es Argumente e silentio sind und sie sich daher schnell in Spekulationen verlaufen.³⁰⁹ Deshalb ist im Folgenden zunächst das mt Gesetzesverständnis an sich in den Blick zu nehmen und von dort aus erneut die Frage nach dem Verhältnis der Völker zum Gesetz zu stellen.

8.4.2 Gesetzesauslegung als Schriftenauslegung In der Forschungsgeschichte ist die mt Gesetzeskonzeption häufig als Problem wahrgenommen worden, da die dezidiert gesetzestreuen Aussagen (Mt 5,18.19.23 f; 23,2 f.23 u. a.) mit jenen, die eine Ablösung oder Verdrängung von Geboten sug-

 Vgl. Repschinski, Nicht aufzulösen, 138. Anders hingegen Davies/Allison, Mt I, 493, die davon ausgehen, das Gesetz sei nur noch von den judenchristlichen Gemeindegliedern, nicht aber von den ehemals „heidnischen“ zu halten.  Repschinski, Nicht aufzulösen, 141 geht davon aus, dass die Völker eingeladen werden, das Gesetz zu erfüllen, und sich damit letztlich das „Idealbild der Gemeinde [als] eine Verwirklichung des von den Propheten her bekannten Motivs der Völkerwallfahrt zum Zionsberg“ erweist. Dies ist jedoch auf der Grundlage der Verbindung der Gesetzesthematik mit dem Motiv des Lichts (vgl. Kap. 8.1) und der dort dargestellten Kontrastierung von Mt 4,16 mit Jes 60 unwahrscheinlich.  Vgl. dazu ausführlicher Kap. 8.4.4.  Durch das Wort von der petrinischen Vollmacht, zu binden und zu lösen (Mt 16,19), wird Petrus als derjenige eingeführt, der für die Gemeinde mit „Blick auf [die,] den gegenwärtigen Lebenswandel [betreffende,] zu geschehende Konkretisierung des Gesetzes“ (Limbeck, „Gesetzesverständnis“, 310 f, hier 310) bevollmächtigt wird.  Vgl. Feldtkeller, Identitätssuche, 149 – 152; Konradt, „Kontext“, 29.  Zur Vorsicht aufgrund des mt Schweigens zur Beschneidung mahnt auch Hare, „Gospel“, 265.

8.4 Das mt Gesetzesverständnis

293

gerieren (Mt 5,38 f; 15,11), so die verbreitete Meinung, in Konkurrenz stünden.³¹⁰ Je nachdem, welchen Aspekt die Ausleger stärker machen, bilden jeweils unterschiedliche Textstellen Problemfälle des mt Gesetzesverständnisses.³¹¹ Eine Möglichkeit, die exegetischen Spannungen nebeneinander stehen zu lassen, liegt in der Annahme einer doppelten Frontstellung:³¹² Jene Stellen, die in besonderem Maß am Gesetz festhalten, werden so verstanden, dass Matthäus sich gegen Antinomisten abgrenzt (bes. Texte wie Mt 5,18). Jene Texstellen, die eine Abgrenzung von ausschließlich wortgetreuer Auslegung nahelegen oder grundsätzlich wirken, als würden Gebote abgelöst (z. B. Mt 5,21– 48), werden als anti-pharisäisch ausgerichtet kategorisiert.³¹³ Im Folgenden soll jedoch gezeigt werden, dass die vermeintlichen Spannungen im Rahmen der mt Gesetzeshermenutik ein sinnvolles

 Vgl. dazu Luz, „Erfüllung des Gesetzes“, 399.  Von der zeitlichen Determination des mosaischen Gesetzes und folgender „Ablösung eines alten durch einen neuen Nomos“ durch Jesus geht Schmidt, Gesetzesfreie Heilsverkündigung, 59.302– 316, hier 312 aus. Zu den Vertretern, die das Gesetz zumindest teilweise als überholt ansehen, als zeitlich abgelöst oder vom Liebesgebot her als nicht mehr zu halten bewerten, gehören z. B. Strecker, Weg, 30 – 33; Meier, Law, 123.168; Goppelt, Theologie, 558; Davies/Allison, Mt I, 495. Die These, die Tora sei von einer hohen Christologie abgelöst, vertreten Meier, Vision, 224– 228; Cuvillier, „Torah Observance“, 158 f. Eine enge Verbindung von gültiger Tora und Christologie, durch die ein neuer Fokus entsteht, sieht auch Deines, Gerechtigkeit der Tora, 652 f. Von einer vollständigen Gültigkeit des Gesetzes gehen hingegen aus Bornkamm, „Enderwartung (1975)“, 13 – 47, bes. 29 – 35; Mohrlang, Matthew and Paul, 44 f; Foster, Community, 209 – 215; Grilli/Langner, Mt, 86. Feldtkeller, Identitätssuche, 150: „Die Position der strengen Torahtreue (5,17 ff) und der Konzentration auf eine Mitte widersprechen sich nicht, sondern bedingen sich gegenseitig.“  Vgl. Barth, „Gesetzesverständnis“, 88. Gegen die Vorstellung, hinter den Antiomisten eine feste Gruppe zu sehen, äußert sich ausführlich Davison, „Anomia“, 617– 635. Diese doppelte Deutung wäre ähnlich der Deutung, die sich auch für das philonische Gesetzesverständnis nahelegt (vgl. Migr 89 – 93; SpecLeg 1; 2). Holtz, Gott, 405 schreibt dazu: „Den Allegoristen gegenüber hält er [Philo] an der Notwendigkeit fest, das Gesetz in seiner partikularen Gestalt zu praktizieren. Die von nichtjüdischer Seite artikulierten Angriffe auf die als spezifisch jüdisch geltenden Gebote dagegen beantwortet Philo primär auf der inhaltlichen Ebene, indem er diese Gebote, den Allegoristen vergleichbar, als Symbole universal gültiger Sachverhalte erklärt“. Siehe auch Mohrlang, Matthew and Paul, 8 f.16 f.19. Gegen die These einer doppelten Frontstellung vgl. Foster, Community, 209. Zur Vorsicht, hinter dem mt Gesetzesverständnis überhaupt ein kohärentes System zu sehen, mahnt Houlden, „Puzzle“, 118.  Alternativ ließen sich die Spannungen auch diachron auflösen, indem argumentiert wird, dass die verschiedenen Positionen zum Gesetz unterschiedliche Zeitpunkte der frühchristlichen Traditionsbildung widerspiegeln (vgl. Meier, Law, 23.29 f; Luomanen, Kingdom of Heaven, 86 – 91; Betz, „Sermon“, 272– 275. Dagegen z. B. Blanton, „Saved by Obedience“, 404 f).

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Ganzes ergeben, ohne dass eine doppelte Frontstellung oder die Annahme einer Ablösung nötig wäre.³¹⁴ Dementsprechend sollen zunächst einige grundlegende Aspekte des mt Gesetzesverständnisses zusammengestellt werden: Den Begriff νόμος³¹⁵ verwendet Matthäus im gesamten Evangelium acht Mal.³¹⁶ Besonders die enge Verknüpfung von Gesetz und Propheten (οἱ προφῆται) ist auffällig. In vier Fällen erfolgt diese explizit, vgl. Mt 5,17; 7,12; 11,13; 22,40. Zwei der vier übrigen Stellen stehen jeweils im unmittelbaren Kontext einer Stelle, die beide Begriffe verbindet (Mt 5,18 mit 5,17; 22,36 mit 22,40). Im Kontext von Mt 12,5 wird Hos 6,6 (= Mt 12,7) zitiert und auch hinter Mt 23,23 stehen prophetische Texte (z. B. Mi 6,8; Jer 9,23; 22,3; Hos 2,21 f u. ö.), wenn auch nicht in Form eines expliziten Zitats.³¹⁷ Hinzu kommt, dass die Doppelnennung von Gesetz und Propheten an den Stellen geschieht, an denen umfassende und grundlegende Aussagen zum Gesetz gemacht werden: (1) In Mt 5,17 geht es um Jesu Verhältnis zu Gesetz und Propheten.³¹⁸ Diese Aussage steht an programmatischer Stelle innerhalb der Bergpredigt, unmittelbar nach dem Lichtwort an die Jünger (Mt 5,14– 16) und vor den sog. Antithesen, die sich im Anschluss daran intensiv mit der Gesetzesauslegung anhand konkreter Gebote beschäftigen.³¹⁹ (2) Zum Abschluss der Gesetzesauslegungen der Bergpredigt werden Gesetz und Propheten mit der sog. „Goldenen Regel“ auf einen Nenner gebracht (Mt 7,12). Dass es sich dabei um eine grundlegende Aussage handelt, wird durch das nur in der mt Fassung vorhandene³²⁰ πάντα zu Beginn der Goldenen Regel betont. Somit rahmen pointierte Aussagen zu Gesetz und Propheten

 Dass das mt Gesetzesverständnis in sich kohärent ist, schließt die Möglichkeit einer historischen doppelten Frontstellung nicht aus, entbindet das Modell jedoch seiner Funktion als einzig mögliche Plausibilisierung.  Der Begriff ἐντολή bezeichnet das einzelne Gebot, das jedoch Teil des Gesetzes ist. In Mt 22,36 fragt der Schriftgelehrte explizit nach dem „größten Gebot im Gesetz“ (ἐντολὴ μεγάλη ἐν τῷ νόμῳ), während er im mk Text nach dem „ersten Gebot von allen“ (ἐντολὴ πρώτη πάντων) fragt, wodurch der mt Fokus auf den hohen Stellenwert des Gesetzes deutlich wird.  Mt 5,17.18; 7,12; 11,13; 12,5; 22,36.40; 23,23.  Vgl. zu Mt 23,23 auch Kap. 8.3.2.  Ausführlich zu Mt 5,17– 20, wenn auch nicht in allen Einzelargumenten überzeugend, vgl. Luz, „Erfüllung des Gesetzes“, 398 – 431.  Im Kontext der Antithesen und der Frage nach dem Gesetz ist nicht unerheblich, inwiefern bzw. ob sich Jesus mit der Aussage ἐγὼ δὲ λέγω ὑμῖν („ich aber sage euch“) gegen das Gesetz stellt und die Thesen damit im Gegensatz zu Mt 5,17 stehen, oder andersherum, wie 5,21– 48 zu verstehen ist, sollte es im Duktus von 5,17 stehen. Zur Diskussion um die Deutung der Antithesen vgl. exemplarisch van Tilborg, Sermon, 47– 79; Worth, Sermon, 11– 33; Sand, Gesetz, 46 – 56; Yang, Jesus and the Sabbath, 120 – 128; Ruzer, „Antitheses“, 89 – 116; Konradt, „Erfüllung der Tora“, 129 – 152.  Vgl. Lk 6,31.

8.4 Das mt Gesetzesverständnis

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die in der Bergpredigt zusammengestellte/gebotene Unterweisung Jesu,³²¹ wodurch diese im mt Kontext zur Gesetzesauslegung wird. (3) Die dritte Aussage in Mt 11,13 stellt Propheten und Gesetz (hier in umgekehrter Reihenfolge) in den Zusammenhang einer heilsgeschichtlichen Deutung: Beide haben bis Johannes prophezeit. (4) In Mt 22,40 werden wiederum Gesetz und Propheten zusammengefasst und unter die gemeinsame Direktive der Gottes- und Nächstenliebe gestellt.³²² Im Unterschied zu Mt 7,12 werden hier sogar explizit das ganze Gesetz und die Propheten (ὅλος ὁ νόμος […] καὶ οἱ προφῆται) zusammengefasst. Beide Größen, Gesetz und Propheten, werden demnach eng aneinander gebunden.³²³ Daran wird eine Hermeneutik deutlich, die auf die Schriften Israels (αἱ γραφαί) als Ganze bezogen ist.³²⁴ Es reicht nicht aus, Gottes Willen allein im mosaischen Gesetz vom Sinai und dessen Auslegung im Dtn erkennen zu wollen. Es geht um den gesamten göttlichen Willen, der sich in den einzelnen Geboten, der Tora im engeren Sinn, widerspiegelt und auch in den prophetischen Schriften offenbar wird. Die Propheten haben diesen adäquat erkannt und entsprechend die Ausrichtung an diesem immer wieder eingefordert (z. B. durch Sozialkritik oder Kritik am Kult).³²⁵ So kann Gottes Gabe der Tora, im Sinn seines verpflichtenden Willens, sogar in den Schriften Israels selbst als durch die Propheten gegeben oder vermittelt bezeichnet werden (vgl. 2Kön 17,13; Dan 9,10)³²⁶. In Mt 15,6 spricht Jesus vom Wort Gottes (τὸν λόγον τοῦ θεοῦ) im Gegenüber zu den Überlieferungen der Pharisäer (τὴν παράδοσιν ὑμῶν; Mt 15,3), um zu kennzeichnen, was tatsächlich Gottes Wille ist.³²⁷ Für Matthäus ist Gesetzesauslegung demnach Auslegung des göttlichen Willens, wie er in den Schriften Israels offenbar wird, und somit Schriftenauslegung. Torauslegung ist, anders gesagt, nicht auf das Gesetz in Abgrenzung zu den Propheten bezogen, sondern muss als Schriften-

 Eine inclusio zu Mt 5,17 sehen auch Davies/Allison, Mt I, 685; Luz, Mt I, 511.  Den engen Zusammenhang von Mt 7,12 und 22,40 sehen auch Gnilka, Mt I, 265; Gnilka, Mt II, 260; Davies/Allison, Mt I, 686; Luz, Mt I, 511. Vgl. auch schon früh Did 1,2.  Vgl. Snodgrass, „Understanding of the Law“, 370: „One cannot understand the law apart from the prophets“; außerdem Repschinski, Nicht aufzulösen, 138 f.  Dazu, dass die Größe προφῆται nicht allein auf die Schriftpropheten oder die spätere Größe der ‫ נבאים‬bezogen werden kann, vgl. Kap. 1.3.1.  Ein solcher hermeneutischer Ansatz funktioniert jedoch nur, wenn von der historischen Reihenfolge von Prophetie und Gesetz abgesehen wird.  Vgl. außerdem Esra 9,11; Neh 9,26; 2Chr 36,15 f; CD A ii,11– 13; v,21– 6,1 (Charlesworth, DSS 2); Jub 1,12. Vgl. Berger, Gesetzesauslegung Jesu, 209 – 221.  Dies ist in den verschiedenen Handschriften nicht unumstritten. So bezeugen einige Handschriften, darunter der ursprüngliche Text des Codex Sinaiticus τὸν νόμον τοῦ θεοῦ, wodurch die Verbindung von Gesetz und Wort Gottes unterstrichen wird. Der Mehrheitstext und andere bezeugen hingegen τὴν ἐντολὴν τοῦ θεοῦ. Vgl. Sand, Gesetz, 35.

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auslegung beide einbeziehen.³²⁸ Die Tatsache, dass in zwei Streitgesprächen (Mt 9,13; 12,7) mit dem in Hos 6,6 geforderten ἔλεος argumentiert wird, verdeutlicht den Stellenwert der Propheten nicht nur im Allgemeinen – wie oben bereits dargelegt –, sondern auch in den konkreten Auslegungsdebatten. Daraus lässt sich jedoch weder folgern, dass das Gesetz durch die Propheten korrigiert wird, noch, dass die Propheten dem Gesetz übergeordnet wären. Vielmehr werden an ihnen die wichtigsten Aspekte des Gesetzes, wie sie in Mt 23,23 genannt werden, deutlich: „The prophets, however, were those who most forcefully stressed love, mercy, and justice“.³²⁹ Diese Orientierung an den ethischen Maßstäben der Prophetie wird exemplarisch an Mt 19,16 – 21 deutlich. Nur in der mt Fassung heißt es, dass das Halten der Gebote (τήρησον τὰς ἐντολάς) notwendig ist, um in das Leben hineinzugehen (V. 17). Im Folgenden werden die sozialen Gebote der zehn Gebote sowie das Nächstenliebegebot genannt. Diese wiederum bilden den Auslegehorizont für den im Anschluss geforderten Besitzverkauf, um den Armen zu geben (V. 21). Zwar ist die ganze Tora gültig, doch allein die Nächstenliebe und der Dekalog haben soteriologische Relevanz. Durch die Charakterisierung dieser sozial ausgerichteten Gebote als heilsnotwendig wird ebenfalls deutlich, dass es sich hierbei um die großen Gebote handelt, deren Nichtbeachtung zum Heilsausschluss im Gericht führen kann (Mt 23,23; 25,31– 46). Das Nichthalten kleiner Gebote hingegen führt noch nicht zum Ausschluss aus der Basileia (Mt 5,19).³³⁰ Sowohl das Gottes- als auch das Nächstenliebegebot, die in Mt 22,36 – 40 als höchste Gebote bezeichnet werden, stammen aus dem Gesetz und nicht aus den Propheten, was das Zusammenspiel beider Größen unterstreicht.³³¹ Dabei fehlen die Forderung nach Gottes- und Nächstenliebe jedoch in den Propheten nicht, da

 Ein derartige Verbindung von Gesetzesauslegung und Prophetie lässt sich bereits in Jer 36 erkennen, wenn Josia das gefundene Gesetzesbuch nicht ausreicht, sondern er zusätzlich die Prophetin Hulda konsultiert.  Snodgrass, „Understanding of the Law“, 370. Kingsbury, Story, 67 erkennt in ἔλεος die Forderung nach Liebe, der in Mt 23,23 die Aspekte Recht und Treue zur Seite gestellt werden; weiterhin Houlden, „Puzzle“, 120.  Zur Gewichtung der ethischen Gebote als allein soteriologisch relevant vgl. Konradt, „Rezeption und Interpretation“, 152 f. Anders deutet Sim, „Least“, 583 f, der in Mt 5,19 keine Möglichkeit der Heilsteilhabe beim Bruch von Kleinen Geboten sieht (vgl. bereits Schweizer, Mt, 62). Zur Konsequenz aus der Gewichtung der Gebote für die Frage nach dem Heil für die Völker vgl. Kap. 8.4.6.  Vgl. Saldarini, Community, 161, der davon ausgeht, dass in Mt 11,13 sogar vom Gesetz gesagt wird, es spreche prophetisch (προφητεύω). Allerdings stellt sich die Frage, ob προφητεύω tatsächlich im Sinn allgemeiner prophetischer Rede oder, da diese Zeit mit Johannes zum Ende gekommen sein soll (Mt 11,13), eher im Sinn von „voraussagen“ (was sich nun in Jesus erfüllt) zu verstehen ist.

8.4 Das mt Gesetzesverständnis

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sie in der Forderung nach „Recht“ (κρίσις), „Barmherzigkeit“ (ἔλεος) und „Treue“ (πίστις) zum Ausdruck kommen. Der Wille Gottes kommt in beiden Schriftteilen gleichwertig zum Ausdruck. Ἔλεος meint sowohl die Hinwendung zum Mitmenschen als auch die Zuwendung Jhwhs zu den Menschen (besonders infolge der Verwendung des hebräischen ‫חסד‬, das in der LXX meistens durch ἔλεος übersetzt ist).³³² Ähnliches gilt für κρίσις. Die Liebe zu Gott wird durch πίστις (Treue im Sinn von auf Gott gerichtetes Verhalten)³³³ eingespielt.³³⁴ Insofern werden in der prophetisch geforderten Trias nicht nur Aspekte der Nächsten-, sondern auch der Gottesliebe konkret,³³⁵ die dann wiederum gleichberechtigt nebeneinander leitender Maßstab bleiben (Mt 22,40). Auf dieser Grundlage wird deutlich, dass das mt Gesetzesverständnis als Schriftenauslegung mit prophetischer Hermeneutik zu charakterisieren ist. An den Konfliktgesprächen mit den Pharisäern und Schriftgelehrten lässt sich dieses Verständnis weiter profilieren (8.4.3). In einem weiteren Schritt wird auf das Verhältnis der Gebote zueinander einzugehen sein (8.4.4) sowie auf das Verhältnis zur Auslegung Jesu (8.4.5), um dann schließlich den Befund für die Frage nach der Tora für die Völker auszuwerten (8.4.6).

8.4.3 Gesetzesunverständnis der Pharisäer Den Gegnern Jesu wirft Matthäus vor, weder das Gesetz noch die Propheten richtig zu verstehen. Daran wird deutlich, dass nicht die Gültigkeit des Gesetzes an sich angezweifelt wird, sondern dessen Auslegepraxis.³³⁶ Der Stellenwert der Pro-

 Vgl. Bultmann, „Art. ἔλεος“, 474– 480. Mit ‫ חסד‬verbindet sich auch die Treue zu einer Verpflichtung (z. B. in der ‫)ברית‬, diese kann jedoch in Form von Hilfe (‫ )ישועה‬erfahrbar werden (vgl. Bultmann, „Art. ἔλεος“, 476). Allerdings ist zu beachten, dass sich das Moment der Gegenseitigkeit im Begriff der ‫ חסד‬besonders auf den Mitmenschen bezieht. Doch füllt die ‫ חסד‬den Begriff ‫ ברית‬inhaltlich und durch die ‫ ברית‬wird die Dauerhaftigkeit der göttlichen ‫ חסד‬dargestellt (vgl. Zobel, „Art. ‫“חסד‬, 70 f).  So auch Bornkamm, „Enderwartung (1975)“, 24.  Aber auch der Begriff der πίστις ist ausssagekräftig: Er wird, so Bornkamm, „Enderwartung (1975)“, 26 „zur Klammer zwischen dem vom Gesetz geforderten Verhalten und dem Glauben der Jünger, der sich auf Vollmacht und Person Jesu richtet“.  Vgl. Repschinski, Nicht aufzulösen, 139: „Er [Matthäus] erweist mit diesem Zitat [Hos 6,6], dass die prophetische Auslegung des Gesetzes bei Jesus und in der Gemeinde nicht einfach eine Frage der Barmherzigkeit ist. In der von Jesus und seinen Jüngern geübten Barmherzigkeit übt sich, weit über eine Tugendethik hinaus, die Erfüllung des Bundes“. Zur Frage nach dem Bund vgl. Kap. 6.4.  Vgl. auch Repschinski, Nicht aufzulösen, 113.

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phetie im Gesamtverständnis der Schriften hat dabei unmittelbare Auswirkungen auf die Gesetzesinterpretation: Die Folgen eines mangelhaften Verständnisses der Propheten zeigen sich zum Beispiel in der Erzählung von Jesu Mahl mit den Zöllnern, das ihm die Pharisäer zum Vorwurf machen (Mt 9,9 – 13). Jesus begründet seine Haltung jedoch mit dem Zitat Hos 6,6 (‫ חסד חפצתי ולא־זבח‬/ ἔλεος θέλω καὶ οὐ θυσίαν; vgl. Mt 9,13).³³⁷ Was dies heißt, wird den Pharisäern zu lernen aufgegeben: μάθετε τί ἐστιν (Mt 9,13).³³⁸ Dies verdeutlicht, dass sie aus Jesu Sicht die Bedeutung des Prophetenwortes noch nicht verstanden haben. Hätten sie es verstanden, so die implizite Schlussfolgerung, wäre auch ihr Urteil über Jesu Mahl anders ausgefallen. Dieses Bild zieht sich durch die weiteren Diskussionen um Sabbat (Mt 12,1– 8.9 – 14) und Reinheit (Mt 15,1– 20; 23,25 f). Beispielhaft für die weiteren Diskussionen lässt sich dieser Zusammenhang an Mt 12,1– 8 verdeutlichen: In dieser Diskussion, bei der die Pharisäer Jesus vorwerfen, seine Jünger hätten durch das Pflücken (τίλλειν) und Essen (ἐσθίειν) der Ähren den Sabbat gebrochen,³³⁹ antwortet Jesus ihnen mit einem Beispiel aus den Schriften (V. 3 f, eingeleitet mit οὐκ ἀνέγνωτε), das belegt, dass selbst bei David ein analoger Fall vorliegt, als er die Schaubrote des Tempels isst (vgl. 1Sam 21,1– 7).³⁴⁰ Im Anschluss daran führt Jesus seine schriftenbasierte Argumentation auf doppelte Weise nach dem Muster b > a und c > b, folglich c > a.³⁴¹ Dabei handelt es sich um mt Redaktion, da Mk 2,23 – 28 allein den Verweis auf David als Verweis auf die Schriften anführt.³⁴² Zunächst werden Sabbat und Tempelkult in Beziehung zueinander gesetzt (V. 5), wobei auf die Durch-

 Dabei ist Hos 6,6 im Mt nicht in dem Sinn zu verstehen, dass die Barmherzigkeit die Opfer ablöst, sondern so, dass sie in einem komparativen Verhältnis zueinander stehen, Barmherzigkeit also mehr gefordert ist als Opfer (vgl. Konradt, Mt, 193).  Vgl. Konradt, „Erfüllung der Tora“, 142, Anm. 66.  Allgemein zur Frage nach der Sabbatobservanz im Mt vgl. Yang, Jesus and the Sabbath, der jedoch ein ausgesprochen negatives Bild der Sabbatvorschriften im 1. Jh. n.Chr. zeichnet, das er primär in Bundesvergessenheit und Legalismus zusammenfasst, und es Jesus zuschreibt, den wahren Sinn des Sabbats der christlichen Gemeinde zu eröffnen (siehe bes. 224– 229). Zur Sabbatobservanz in den verschiedenen christlichen Schriften vgl. Mayer-Haas, Geschenk, 658 – 669, die zu dem Ergebnis kommt, dass keine einheitliche Regelung im Frühchristentum vorlag. Der frühjüdische Kontext ist bei Doering, Schabbat aufgearbeitet; vgl. auch Yang, Jesus and the Sabbath, 53 – 100.  In 1Sam 21,1– 7 behauptet David zwar, dass seine Männer zu ihm stoßen werden, doch wird aus dem Kontext deutlich, dass er zu diesem Zeitpunkt noch keine Männer hat. Diese sammelt er erst im Anschluss. In Josephus, Ant 6,242– 244 entfällt das Überlassen der Schaubrote – David fordert nur allgemein Proviant (ἐφόδιον) für die Reise – und stattdessen wird die Erzählung um das Schwert Goliaths stärker ausgebaut. Doch auch in der Erzählung von Josephus ist David allein.  Häufig wird die Argumentation mit dem Schema qal-we-homer identifiziert, das vom Kleineren aufs Größere schließt (vgl. Saldarini, Community, 130).  Mk 2,27 ist von Matthäus gestrichen worden. Zu weiteren Unterschieden zwischen der mk und mt Fassung vgl. Limbeck, „Gesetzesverständnis“, 314 f.

8.4 Das mt Gesetzesverständnis

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führung des Priesterdienstes im Tempel am Sabbat, wie er in Num 28,9 f festgelegt ist, verwiesen wird. In der Logik der Argumentation verrichten die diensthabenden Priester den Tempeldienst, ohne Schuld auf sich zu laden, obwohl sie damit den Sabbat brechen.³⁴³ Somit wird auch der Sabbatbruch der Jünger nicht geleugnet. Doch unter bestimmten Umständen ist der Tempeldienst höher zu werten als der Sabbat. Zugleich wird den Pharisäern durch die Einleitung dieses weiteren Schriftenverweises (ἢ οὐκ ἀνέγνωτε ἐν τῷ νόμῳ ὅτι) entweder Schriftenunkenntnis, falls ihnen die Stelle unbekannt sein sollte, oder Schriftenunverständnis, was nach Mt 9,13 wahrscheinlich ist, unterstellt. Ein Verweis auf die Forderung im Dekalog zur Sabbatruhe erfolgt durch keine der beiden Seiten (vgl. Ex 20,10; Dtn 5,14). Im zweiten Schritt (V. 6 f) ist nicht mehr der Sabbat, sondern der Tempeldienst die Vergleichsgröße. Dies wird durch die Aussage, dass hier Größeres (μεῖζον) ist als der Tempel, deutlich. Uneinigkeit besteht in der Frage, ob sich μεῖζον (V. 6) auf Jesus selbst bezieht und ihn daher als die entscheidende Autorität einführt,³⁴⁴ oder auf die Barmherzigkeit, die damit als die für die Gebotsauslegung entscheidende Größe eingeführt wäre.³⁴⁵ Doch steht μεῖζον im Neutrum, wodurch ein Bezug auf τὸ ἔλεος wahrscheinlicher wird,³⁴⁶ das in V. 7 durch das erneute Anführen von Hos 6,6 eingeführt wird.³⁴⁷ Bereits innerhalb der Schriften selbst wird der Tempelkult somit nicht überall als höchstes Kriterium gesehen. Die Forderung, die hinter Hos 6,6 steht, Barmherzigkeit (‫חסד‬/ἔλεος) sei höher als der Tempelkult zu werten, findet sich ähnlich auch in anderen (prophetischen) Stellen der Schriften: Dieses Spannungsverhältnis kommt zum Beispiel in der Gegenüberstellung von Num 28,2, wo die Passage über die Opfervorschriften eingeleitet wird, und Am 5,21– 24 zum Ausdruck. In Num 28,2 heißt es über die Opfer, dass sie Jhwh zum Wohlgeruch dienen (‫ ריח ניחחי‬/ εἰς ὀσμὴν εὐωδίας)³⁴⁸, wohingegen dieselben in dem prophetischen Text scharf zurückgewiesen werden: ‫ ולא אריח בעצרתיכם‬/ οὐ μὴ ὀσφρανθῶ ἐν ταῖς πανηγύρεσιν ὑμῶν (Am 5,21), gefolgt von einer klaren Ablehnung der unterschiedlichen Opfer und der Musik (Am 5,22 f). Es bleibt in Am jedoch nicht bei dieser Ablehnung, sondern in V. 24 werden stattdessen Recht

 Vgl. Konradt, „Erfüllung der Tora“, 142; Vahrenhorst, Nicht schwören, 387– 389.  In Mt 12,41 heißt es ἰδοὺ πλεῖον Ἰωνᾶ ὧδε; in Mt 12,42 ἰδοὺ πλεῖον Σολομῶνος ὧδε. Besonders aufgrund der ebenfalls im Neutrum stehenden Form spricht sich Deines, Gerechtigkeit der Tora, 486 für eine christologische Deutung von Mt 12,6 aus.Vgl. weiterhin Sand, Gesetz, 60; Saldarini, Community, 130; Vahrenhorst, Nicht schwören, 383.389 – 392; Davies/Allison, Mt II, 314; Barth, „Gesetzesverständnis“, 76. Banks, Jesus and the Law, 117 schreibt: „Thus as in vv.3 ff. it is a question of authority rather than legality as such which is at stake“. Mit eindeutigem Bezug auf Jesus übersetzt auch die Einheitsübersetzung.  Vgl. Luz, Mt II, 231; Frankemölle, Mt II, 133; Doering, Schabbat, 434; Mayer-Haas, Geschenk, 444.448; Konradt, Mt, 192. Mit dem gleichen grammatikalischen Argument lehnt auch Limbeck, „Gesetzesverständnis“, 315 die Deutung von μεῖζον auf Jesus ab: „Es heißt eben nicht: ‚Hier ist ein Größerer (μείζων) als der Tempel‘, sondern: ‚Hier ist Größeres (μεῖζον) als der Tempel‘ – und damit dürfte das mit Jesus gekommene ‚Himmelreich‘ (vgl. 4,17; 12,28) gemeint sein“ (Hervorhebung im Original). Schwierig daran ist jedoch, dass βασιλεία ein feminines Nomen ist.  Zu Mt 12,41 f vgl. Kap. 9.2. Ausführlich zu den typischen πλεῖον/μεῖζον-Formulierungen siehe Lybæk, New and Old, 137– 196, die sogar von einem geprägten Motiv ausgeht.  Vgl. Mayer-Haas, Geschenk, 448: „Möglicherweise spielte Hos 6,6 in der Gemeinde, die das Matthäusevangelium repräsentiert, eine zentrale Rolle im Ringen um die eigene Torainterpretation“.  Vgl. ähnlich Ez 20,41.

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(‫משפט‬/κρίμα) und Gerechtigkeit (‫צדקה‬/δικαιοσύνη) eingefordert. Auch Mi 6,6 – 8 wertet Recht (‫משפט‬/κρίμα) und Barmherzigkeit (‫חסד‬/ἔλεος) höher als Opfer.³⁴⁹ In Ps 51,16 f übersteigt das Lob der Gerechtigkeit Gottes das Opfer. Für Mt 12,1– 8 heißt dies: Ist die Barmherzigkeit höher zu werten als der Tempeldienst, so gilt, dass das Gebot der Barmherzigkeit auch höher steht als das Gebot der Sabbatruhe.

An dem grundlegenden Vorwurf des Gesetzesunverständnisses kristallisieren sich auch die Vorstellungen heraus, die dem jeweiligen Gesetzesverständnis zugrunde liegen. Weder die Erzählung von David noch die Bedeutung von Hos 6,6 (beides Stellen aus den Propheten) erkennen die Pharisäer und Schriftgelehrten als für die gegebene Situation relevant an. Außerdem wird in Mt 12,7 deutlich, dass der Auftrag aus 9,13, nämlich zu lernen, was Hos 6,6 heißt (μάθετε τί ἐστιν), nicht ausgeführt wurde (εἰ δὲ ἐγνώκειτε τί ἐστιν).³⁵⁰ Demnach scheint es, als würden jene, gegen die sich die mt Vorwürfe richten, allein die Tora im engeren Sinn, also die sog. Mosetora, als relevant für die Gebotsauslegung ansehen, nicht aber die prophetischen Schriften der Schriften Israels. Dies wird noch durch eine weitere, bereits erwähnte Stelle bestärkt: Mt 23,23. Die Verzehntung von Saatgut, die in Lev 27,30 geboten ist, wenden die Autoritäten sogar auf Gewürze an, doch die prophetischen Forderungen³⁵¹ nach κρίσις, ἔλεος und πίστις geraten darüber ins Vergessen. Ein weiterer Konfliktpunkt, der hier jedoch nur kurz erwähnt sei, ist die Diskrepanz zwischen Lehre und Handeln, die immer wieder anhand der Diskrepanz zwischen Schriftenkenntnis und tatsächlichem Tun deutlich wird. So wissen zum Beispiel schon die Schriftgelehrten in Mt 2,4– 6, dass der Messias aus Bethlehem kommt, aber sie ziehen daraus nicht die richtige Konsequenz für ihr eigenes Handeln.³⁵² Hinzu kommt die Kritik an der Auslegungspraxis (Mt 5,21– 48). Folglich soll die Gerechtigkeit (δικαιοσύνη) der Jünger – sprich die konkrete Umsetzung der Gebotsauslegung in dem göttlichen Willen gemäßen Handlungen – auch größer sein als die der Pharisäer und Schriftgelehrten (Mt 5,20).³⁵³ Am Konflikt mit den Autoritäten wird jedoch nicht allein der mt Vorwurf der Schriftenunkenntnis deutlich, der in einer falschen Schriftenauslegung resultiert,

 Vgl. weiterhin auch Jes 1,10 – 17. Allgemeiner argumentiert 1Sam 15,22, dass das Hören auf Gottes Stimme wichtiger sei als zu opfern.  Vgl. Konradt, „Erfüllung der Tora“, 142; Repschinski, Nicht aufzulösen, 100 f.  Zum Begründungszusammenhang, warum diese Forderungen als prophetisch verstanden werden können, vgl. die Forderungen bei Mi 6,8; Jer 9,23; 22,3; Hos 2,21 f (siehe Kap. 8.3.2 Anm. 239).  Vgl. zu Mt 2,1– 12 Kap. 5.1.  Vgl. auch Sand, Gesetz, 188 f.

8.4 Das mt Gesetzesverständnis

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sondern zwei weitere Aspekte, auf die es im Folgenden einzugehen gilt: Bereits in den Schriften selbst kommt es zu den beschriebenen Gewichtungen bezüglich der Auslegungen. Diese Form der Gewichtung ist eine Vorstellung, die auch im Mt deutlich wird (8.4.4). Zudem zeigt sich daran, dass Jesu eigenes Schriftprinzip nicht losgelöst ist von dem durch Gesetz und Propheten selbst bezeugten Verständnis, woran letztlich die Frage nach seiner eigenen Autorität hängt (8.4.5).

8.4.4 Gewichtung verschiedener Gebote An verschiedenen Stellen im Mt kommt zum Ausdruck, dass auf den ersten Blick nicht alle Gebote gleichwertig nebeneinander stehen, sondern gegeneinander gewichtet werden. Dies bedeutet nicht, dass einzelne Gebote keine Gültigkeit besitzen, sondern vielmehr, dass weniger gewichtige von gewichtigeren in bestimmten Situationen verdrängt werden, ohne deren Gültigkeit an sich aufzuheben. Dies gilt nicht nur für Gebote im engeren Sinn, sondern passend zur mt Gesetzesauslegung als Schriftenauslegung auch für Zitate aus den Schriften an sich. Deutlich wird dies in den Debatten, die auf Argumente der Schriften zurückgreifen. So argumentieren in Mt 4,1– 11 Jesus wie der Teufel schriftenbasiert und dennoch werden die Schriftstellen, die Jesus anführt, als stichfester angesehen.³⁵⁴ Die Unterscheidung von großen und kleinen Geboten ist jedoch nicht nur implizit aus solchen Argumentationsgängen abzuleiten, sondern wird auch explizit thematisiert. In Mt 5,19 wird vor dem Vernachlässigen eines der kleinsten Gebote (μίαν τῶν ἐντολῶν τούτων τῶν ἐλαχίστων) gewarnt. Von großen Geboten – genauer gesagt vom Gewichtigeren des Gesetzes (τὰ βαρύτερα τοῦ νόμου)³⁵⁵ – ist hingegen in Mt 23,23 die Rede.³⁵⁶ Ausgehend von dieser Unterscheidung von kleinen und großen Geboten³⁵⁷, ist die Frage nach dem höchsten Gebot im Gesetz

 Vgl. Powell, „Do and Keep“, 433.  Ob diese Trias zur „Hauptsache“ des Gesetzes erklärt werden kann, wie Luz, Mt II, 232 dies tut, bleibt fraglich, da damit das Verhältnis von Barmherzigkeit, Treue und Recht zum „höchsten Gebot“, dem Doppelgebot der Liebe, unklar bleibt.  Vgl. z. B. Saldarini, Community, 162 f; Bornkamm, „Enderwartung (1975)“, 24; Ausführlich zum prophetischen Hintergrund vgl. Kap. 8.3.2. Dazu, dass dahinter vermutlich Mi 6,8 steht, vgl. Bornkamm, „Enderwartung (1975)“, 24; Davies/Allison, Mt III, 294; Repschinski, Nicht aufzulösen, 131.  Nissen, Gott und der Nächste, 338 f weist darauf hin, dass im rabbinischen Judentum die Unterscheidung zwischen „leichten und schweren Geboten“ keine Frage der Wertigkeit ist, da alle Gebote gleichermaßen göttlichen Ursprungs sind, sondern sich auf die Frage der Leichtigkeit oder Schwierigkeit ihrer Erfüllung bezieht.

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(ποία ἐντολὴ μεγάλη ἐν τῷ νόμῳ), wie sie in Mt 22,36 gestellt wird, verständlich. Diese wird mit dem Doppelgebot der Liebe beantwortet, worin die Nächstenliebe (vgl. Lev 19,18) der Gottesliebe (vgl. Dtn 6,5) als gleichwertig zur Seite gestellt wird.³⁵⁸ An diesen beiden Geboten hängen das ganze Gesetz und die Propheten (ὅλος ὁ νόμος κρέμαται – im Griechischen Singular – καὶ οἱ προφῆται; Mt 22,40). Insofern werden die Gebote nicht nur gewichtet, sondern scheinen auch eine innere Ordnung zu haben.³⁵⁹ Dem Doppelgebot der Liebe kommt als größtes Gebot die Funktion eines hermeneutischen Prinzips zu, wobei jedoch nicht näher ausgeführt wird, wie dieses Prinzip exegetisch bezüglich anderer Gebote anzuwenden ist.³⁶⁰ Doch bedeutet es mit einiger Sicherheit nicht, dass Teile der Tora grundsätzlich ihrer Bedeutung enthoben werden. Die Vorstellung, dass Gebote gewichtet werden, ist keine mt Sonderposition, auch wenn sie erst in rabbinischen Diskussionen prominent wird, sondern findet sich sowohl in anderen frühen christlichen Schriften als auch im Frühjudentum. Die Testamente der zwölf Patriarchen kennen die Vorstellung, dass alle Gebote ihren καιρός haben (TestNaph 8,7– 10), sodass Sachkenntnis (μετὰ τέχνης) von Nöten ist, um sie in der richtigen Reihenfolge (ἐν τάξει αὐτῶν) zu erfüllen, sollten zwei Gebote scheinbar gleichzeitig relevant werden, da sie sonst zur Sünde führen

 Diese gleichwertige Zuordnung der beiden Gebote unterscheidet Mt 22,39 von Mk 12,31, da dort ὁμοία αὐτῇ „ist ihm gleich“ fehlt und es lediglich heißt: „ein zweites ist dies“ (δευτέρα ἅυτη). Zur Frage nach der Vorrangstellung der Gottesliebe vor der Nächstenliebe vgl. Nissen, Gott und der Nächste, 373 – 381.  So auch Repschinski, Nicht aufzulösen, 127. B. Repschinski argumentiert dabei von rabbinischen Praktiken der Auslegung herkommend, in denen ebenfalls vom Hängen von Geboten die Rede ist oder eine Form der Goldenen Regel als hermeneutisches Auslegungsprinzip genannt ist. Dazu führt er Stellen wie mBer 63a; mHag 1,8 und mShab 31a (vermutlich sind jedoch bBer 63a und bShab 31a gemeint) an. Gleichzeitig zeigt er jedoch eine gewisse Vorsicht, inwiefern diese für die Exegese von Matthäus repräsentativ sind, zumal es sich im Mt um ein Streitgespräch handelt. Dass in der Forschung meistens ausschließlich auf rabbinische Quellen verwiesen wird, da dort die Gewichtung von Geboten deutlicher nachzuweisen ist, ist in der Tat schwierig. Allerdings kommt man nicht umhin, dass dieses Material für die Auslegung des Mt aufgrund des zeitlichen Abstandes mit einer gewissen Vorsicht behandelt werden muss. Vgl. weiterhin Nissen, Gott und der Nächste, 330 – 416; Vahrenhorst, Nicht schwören, 385 – 387.  Vgl. Repschinski, Nicht aufzulösen, 127. Bornkamm, „Doppelgebot der Liebe“, 93 spricht vom „Kanon der Auslegung“. Luz, Mt III, 282 weist jedoch darauf hin, dass von diesem hermeneutischen Prinzip nicht alle Einzelgebote konsequent abgeleitet werden (vor allem nicht im Sinne „vom Allgemeineren aufs Besondere“), auch wenn das Liebesgebot „grundlegende Leitlinie“ ist: „Vielmehr geht es viel lockerer und unpräziser darum, daß alle Gebote von Torah und Propheten in irgendeinem Sinn mit den beiden großen Geboten von Gottes- und Nächstenliebe in Verbindung stehen bzw. sich ihnen zuordnen lassen“.

8.4 Das mt Gesetzesverständnis

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(ἁμαρτίαν παρέχουσιν).³⁶¹ Paulus sieht die Gebote des Dekalogs und andere Gebote (τις ἑτέρα ἐντολή) im Nächstenliebegebot zusammengefasst (ἀνακεφαλαιόω; Röm 13,9) und bezeichnet in Röm 13,10 die Liebe als die Fülle des Gesetzes (πλήρωμα οὖν νόμου ἡ ἀγάπη). Gemäß Philo gelten die Dekaloggebote als „Hauptstücke des Gesetzes“, als κεφάλαια νόμων (Decal 154; vgl. auch Decal 18 f.154– 175; SpecLeg 1,1).³⁶² Außerdem unterscheidet er in Hypoth 7,9 zwischen ehrenvolleren und größeren Dingen (σεμνότερα καὶ μείζω ταῦτα) des Gesetzes³⁶³ und kleinen sowie gewöhnlichen Dingen (μικρὰ καὶ τὰ τυχόντα). Dennoch wird ein scharfer Unterschied zwischen der Gesetzeshermeneutik von Matthäus und der seiner Gegner deutlich. Zwar üben beide Parteien die Praxis der Gewichtung von Geboten aus, doch ist die jeweilige Umsetzung verschieden. Während die Pharisäer in ihrer Gesetzesauslegung, wie sie von Matthäus geschildert wird, den Schwerpunkt auf die rituellen Gebote legen (Mt 23,23), sind es bei Matthäus die ethischen Gebote, auf denen der Schwerpunkt liegt. Gottes und Nächstenliebe, wie sie auch den prophetischen Forderungen inhärent sind, werden zum hermeneutischen Prinzip, an dem die Gebote für die konkrete Situation gemessen und dann untereinander gewichtet werden. Auf diesem Hintergrund lässt sich auch die Anklage gegen die schweren Lasten der Pharisäer (Mt 23,4), die diese zusammenbinden, deuten.³⁶⁴

8.4.5 Grundlage der Schriftenhermeneutik und Autoritätsfrage Für das mt Gesetzesverständnis ist des Weiteren wichtig, dass die Auslegung der Gebote nicht dem Gesetz zuwiderläuft, sondern vielmehr den Grund der Schriften nicht verlässt. Dies wird auf doppelte Weise verbürgt. Zum einen sind die hermeneutischen Prinzipien, wie sie bisher dargestellt wurden, alle aus den Schriften

 Ansonsten wird in den Testamenten der zwölf Patriarchen immer wieder betont, dass das ganze Gesetz zu halten ist (vgl. TestLev 13,1; TestJud 23,5; 26,1; TestGad 3,1). In TestAss 2,1– 10; 4,2– 5 wird deutlich, dass es nicht ausreicht, manche Gebote zu halten, um andere zu brechen, da diese Taten die schlechten nicht aufwiegen. Die Vorstellung, dass jedes Brechen der Gebote, egal ob es sich um große oder kleine handelt, ein Vergehen darstellt, vertritt 4Makk 5,20 f, da alle Übertretungen vom gleichen menschlichen Hochmut stammen. Vgl. weiterhin Niebuhr, „Tora ohne Tempel“, 439 – 441.  Vgl. Holtz, Gott, 408; Sänger, „Tora für die Völker“, 104 f. Zur Dekalogrezeption im Frühjudentum allgemein vgl. u. a. Berger, Gesetzesauslegung Jesu, 258 – 361; Stemberger, „Dekalog“, 91– 103; Kellermann, „Dekalog“, 147– 226.  Vom Verlauf der Argumentation her wäre es möglich, dass Philo hier von der mündlichen Tora spricht, vgl. Hyp 7,6.  Vgl. dazu Limbeck, „Gesetzesverständnis“, 301– 313.

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selbst abgeleitet und nicht von außen an die Schriften herangetragen (Mt 22,36 – 40 mit Dtn 6,5 und Lev 19,18 sowie Mt 23,23 mit den prophetischen Belegen). Insofern ist auch die Vorstellung einer Gewichtung von Geboten bei gleichzeitiger voller Gültigkeit des Gesetzes von den Schriften selbst her denkbar.³⁶⁵ Verstärkt wird dies durch die oben gewonnene Einsicht, dass die mt Gesetzesauslegung Schriftenauslegung ist. Die in Mt 5,17 geforderte volle Gültigkeit von Gesetz und Propheten – Jesus ist nicht gekommen, um das eine oder das andere aufzulösen – zeigt sich darin, dass Gesetze und Gesetzesvorschriften anderen Schriftbelegen nicht grundsätzlich vorgeordnet werden, sondern prinzipiell Schriftbelege aus allen Schriften als vollgültig angeführt werden (vgl. z. B. Mt 12,1– 8). Zum anderen ist es Jesus selbst, der als Gottessohn in seiner Lehre für den göttlichen Willen bürgt.³⁶⁶ Er, der Menschensohn, ist – so Mt 12,8 – Herr über den Sabbat. Das Befolgen seiner Lehre soll es den Jüngern ermöglichen, wie Gott im Himmel vollkommen zu sein (ὑμεῖς τέλειοι ὡς ὁ πατὴρ ὑμῶν ὁ οὐράνιος τέλειός ἐστιν; Mt 5,48)³⁶⁷ und damit den göttlichen Willen zu erfüllen.³⁶⁸ Dass dies in der mt Vorstellung tatsächlich möglich ist, wird auch an der Metapher des sanften Jochs (im Unterschied zum mühebereitenden Joch der Pharisäer und Schriftgelehrten) deutlich, das Jesus denen, die ihm nachfolgen, auflegt (Mt 11,28 – 30). Jesu Lehre in Gleichnissen in Mt 13,35 kann mit einem Zitat von Ps 78,2 als Aussprechen dessen, was von Beginn der Welt an verborgen war, bezeichnet werden. Nach mt Verständnis steht die Lehre Jesu in vollständiger Übereinstimmung mit dem Gesetz,³⁶⁹ das als Weisung Gottes (Tora) Zeugnis des göttlichen Willens ist. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Lehre Jesu nirgends als νόμος bezeichnet wird.³⁷⁰ Jesu umfassende Auslegung des göttlichen Willens geschieht nicht in einem freien Umgang mit dem Gesetz, der theoretisch in der autoritativ gebotenen Ab-

 Vgl. ähnlich Nissen, Gott und der Nächste, 366.  Vgl. Blair, Jesus, 58 – 68. Crowe, Obedient Son, bes. 229 f erkennt diese Erfüllung des göttlichen Willens durch Jesus vor allem in dessen Gehorsam. Jesus, als der Sohn Gottes, sei derjenige, der die Rolle, die Gott Israel zugedacht hat, nämlich die des gehorsamen Volks, erfülle und es darin den Jüngern ermögliche, ihm nachzufolgen.  Diese Forderung nach Vollkommenheit durch das Aufsichladen des Jochs des Herrn findet sich auch in Did 6,2. Doch wird dort relativierend und damit letztlich im Duktus der prophetischen Gesetzeshermeneutik, die breits im Mt vom ἔλεος her auszulegen ist, ergänzt: „[W]enn du es aber nicht kannst, tu das, was du kannst“ (Did 6,2).  Vgl. van Tilborg, Sermon, 79.  Vgl. Repschinski, Nicht aufzulösen, 141; Powell, „Do and Keep“, 433 f.  Vgl. Mohrlang, Matthew and Paul, 24: „[I]n no way does it replace Torah as ‚the law‘ in Matthew’s thinking“.

8.4 Das mt Gesetzesverständnis

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lösung des Gesetzes oder seiner Teile bestehen könnte.³⁷¹ Vielmehr ist die Autorität Jesu als des Christus ebenfalls in den Schriften, eben aus dem Zeugnis des göttlichen Willens, selbst bezeugt (vgl. zum Beispiel die Reflexionszitate, die jeweils als Erfüllung der Schriften eingeleitet werden: ἱνα πληρωθῇ)³⁷². Erst aus den Schriften wird verständlich, wer Jesus ist. Gleichzeitig ist er es, der Schriften und Propheten erfüllt (Mt 5,17; vgl. auch Mt 3,15³⁷³) und vollgültig lehrt. „Erfüllen und nicht zu lösen“ (Mt 5,17) ist ein umfassender Vorgang der Verwirklichung des Willens Gottes in Jesu Lehre und Leben.³⁷⁴ Das Gesetz zu erfüllen ist folglich auch nicht mit dessen Ersetzung durch Jesus gleichzusetzen.³⁷⁵

8.4.6 Gesetz und die Völker Eine derartige Gesetzeshermeneutik, die sich am Gottes- und Nächstenliebegebot und den von den Propheten geforderten ethischen Auswirkungen derselben orientiert, lässt eine Öffnung der Gruppe für Menschen aus den Völkern zu, ohne dass die Grundlage des Gesetzes oder gar der Schriften an sich und damit die Identität der Gemeinde aufgegeben werden muss.³⁷⁶ Darin unterscheidet sie sich von einer Gesetzeshermeneutik, die das Halten der Tora durch eine minutiöse

 In Bezug auf die Sabbatstreitigkeiten in Mt 12,1– 8 bedeutet dies für Mayer-Haas, Geschenk, 446 f: „Die Vollmacht des Menschensohns über den Sabbat ist für den Evangelisten deshalb keine absolute Vollmacht im Sinne einer beliebigen Aufhebung des Sabbatgebotes oder der Sabbathalacha, sondern hat eine Neugewichtung der einzelnen Gebote zur Folge“. Von einer Reinterpretation des Gesetzes durch Jesus hingegen sprechen MacRae, „Gospel and Messiah“, 181; Schmidt, Gesetzesfreie Heilsverkündigung, 73.  Vgl. Mt 1,22 f; 2,15; 4,14– 16; 8,17; 12,17– 21; 13,35; 21,4 f, die alle christologische Aussagen durch und aus den Schriften begründen. Wichtig ist, dass die Vorstellung des Erfüllens (πληρόω) nicht in einer einfachen Bestätigung der Voraussage der Schriften zu erfassen ist.  Wobei auch hier, wie in Mt 5,20, mit δικαιοσύνη das aus Gesetz und Propheten resultierende Handeln verstanden werden kann, das nicht losgelöst von der Lehre Jesu steht (vgl. Mt 5,19; 23,2 f).  Snodgrass, „Understanding of the Law“, 372. Zu einer ausführlichen Aufschlüsselung der unterschiedlichen Bedeutungsoptionen von πληρόω in Mt 5,17, je nachdem, ob man Mt 5,17– 20 von den folgenden Antithesen her deutet oder nicht, vgl. Luz, „Erfüllung des Gesetzes“, 402 f; Blair, Jesus, 118 – 124. Außerdem in diesem Sinn Limbeck, „Gesetzesverständnis“, 300, Anm. 3.  Vgl. Saldarini, Community, 161.  Vgl. Repschinski, Nicht aufzulösen, 137. Im synoptischen Vergleich zwischen Mt und Mk wird dies ebenfalls deutlich. So schreibt Mayer-Haas, Geschenk, 487 f: „Ihre Rezeption [der mk Texte zur Tora] und Neufassung im Gesamtkontext der matthäischen Toratheologie schuf jedoch die Voraussetzung zur Öffnung der Gemeinde im Hinblick auf die im Zuge der Heidenmission neu hinzugekommenen Mitglieder mit – bei gleichzeitiger Wahrung der eigenen Identität“.

306

8 Licht der Tora – Partizipation der Völker am Heil?

Aufstellung von Geboten sicherstellt, da sich diese viel eher auf die Partikularität der Gruppe richtet. Insofern bieten die dargestellten Grundsätze des mt Gesetzesverständnisses die Möglichkeit, die volle Gültigkeit des Gesetzes (Mt 5,17) und den Missionsauftrag an die Völker (Mt 28,18 – 20) zu vereinen: Dass die Beschneidung in den mt Ausführungen keine Rolle spielt, wurde bereits erwähnt und auch, dass es sich allein aufgrund dieses Schweigens nicht entscheiden lässt, ob die Beschneidung an Menschen aus den Völkern, die Teil der mt Gemeinde wurden, noch praktiziert wurde oder nicht. Allerdings wurde durch die Darstellung des mt Gesetzesverständnisses deutlich, dass ein besonderer Schwerpunkt auf den sozial-ethisch ausgerichteten Geboten liegt (vgl. Mt 19,16 – 22 sowie die Zitate von Hos 6,6), die in Mt 23,23 als gewichtige und damit als soteriologisch relevante gekennzeichnet wurden. Dieser Zusammenhang gilt auch für die Völker: Eine explizite Verbindung der Themen Recht und Völker findet sich zunächst im Jesajazitat in Mt 12,18 – 20 durch das Stichwort κρίσις (nicht jedoch νόμος), das den Völkern verkündet wird.³⁷⁷ Dort wird sowohl die enge Verbindung mit der Prophetie als auch die Orientierung an deren Gesetzeshermeneutik deutlich. Der Knecht wird auf der Bildebene als barmherzig beschrieben (V. 20). Zwar bezieht sich dieses erbarmende Handeln im Kontext des Zitats auf das heilungsbedürftige Volk, doch wird den Völkern verkündet, dass der Gottesknecht ihr Recht aufrichten wird (κρίσιν τοῖς ἔθνεσιν ἀπαγγελεῖ). Damit handelt er gesetzesgemäß, da es in Dtn 27,19 heißt: „Verflucht ist, der das Recht des Fremden beugt“ / ‫ארור מטה‬ ‫ משפט גר‬/ ἐπικατάρατος ὃς ἂν ἐκκλίνῃ κρίσιν προσηλύτου.³⁷⁸ Durch die Verbindung von Mt 12,18.20 mit 23,23 wird deutlich, dass damit den Menschen aus den Völkern einer der gewichtigeren Aspekte des Gesetzes verkündet wird und ihnen darin zugleich eine heilvolle Dimension des Gesetzes zugesprochen wird. Hinzu kommt ein weiteres der gewichtigen Gebote: πίστις. Jesus gesteht, schon während seiner irdischen Sendung zu Israel, Menschen aus den Völkern (große) πίστις (Mt 8,10; 15,28)³⁷⁹ zu. Die πίστις des Hauptmanns übersteigt sogar die πίστις, die Jesus bis dahin in Israel gefunden hat,³⁸⁰ und auch die πίστις der

 Vgl. dazu ausführlich Kap. 8.3.  Interessanterweise taucht in Dtn 27,19 die schon an anderer Stelle als bedeutsam herausgearbeitete Größe der personae miserae ebenfalls auf (vgl. Kap. 8.3.2).  Vgl. Kap. 4.3 und Kap. 6.2.  Vgl. dazu, wie sich dieser Glaube inhaltlich füllt, neben Kap. 4.3 und Kap. 6.1 auch Burchard, „Matthäus 8,5 – 13“, 74; Wilk, Jesus und die Völker, 115; Konradt, Israel, 77 f; mit anderem Bezug (wie z. B. auf die Fähigkeit Jesu zur Fernheilung) vgl. Tisera, Universalism, 121; Luz, Mt II, 15; Gnilka, Mt I, 298 f; Gundry, Mt, 144; Hagner, Mt I, 204. Zu Mt 15,28 vgl. Konradt, „Glauben“,

8.4 Das mt Gesetzesverständnis

307

Kanaanäerin wird als „groß“ (μεγάλη) bezeichnet. Indem der Hauptmann wie die Kanaanäerin zur πίστις fähig sind, erfüllen sie beide eine der prophetischen Forderungen (Mt 23,23). Die Darstellungen der Begegnung Jesu mit diesen beiden „Heiden“ in der mt Erzählung nehmen eine Rahmenstellung ein³⁸¹ und erhalten somit exemplarischen Charakter. Der dritte Aspekt, der in Mt 23,23 gewichtig genannt wird, ist ἔλεος. Dieser Aspekt begegnet nicht nur im Rahmen des Vorwurfs an die Pharisäer, sondern ἔλεος wird auch von den Völkern eingefordert. In Mt 25,31– 46 bilden die sog. „Taten der Barmherzigkeit“ die richterliche Messlatte, die πάντα τὰ ἔθνη³⁸² gilt. In der Ausrichtung auf die Barmherzigkeit, die sich auf die geringsten Brüder bezieht (τῶν ἀδελφῶν μου τῶν ἐλαχίστων), sind sie ein Aspekt der Nächstenliebe. Diese Liebe zum Nächsten kann Jesus als der thronende Weltenherr dann sogar als Inbegriff der Gottesliebe darstellen (ἑνὶ τούτων […], ἐμοὶ ἐποιήσατε; Mt 25,40), womit wiederum die Verknüpfung des höchsten Gebots (Gottes- und Nächstenliebe) mit seinen prophetischen Ausformungen deutlich wird. Hinzu kommt, dass die in Mt 25,35 – 46 genannten Taten auch in den Schriften und der frühjüdischen Umwelt vorkommen (Jes 58,6 – 10; TestJos 1,5 – 7; 2Hen 9 f).³⁸³ Somit wird wiederum deutlich, dass die mt Position nicht außerhalb der Schriften steht und auch in anderen Texten Parallelen hat. Insofern kann in Bezug auf die Völker zusammengefasst werden, dass κρίσις den Völkern verkündet und zugesprochen wird, diese πίστις bereits im Anblick des irdischen Wirkens Jesu üben und ἔλεος von ihnen explizit gefordert wird. Ist dies jedoch das, was von den Völkern gefordert wird, dann entsprechen die soteriologisch relevanten Forderungen an sie den Geboten, die auch dem reichen Jüngling (Mt 19,16 – 22) zu halten geboten sind, um das ewige Leben zu erlangen. Die übrigen Gebote werden zwar nicht aufgelöst (Mt 5,17), doch gehören sie zu den kleinen Geboten, die nicht über den Eingang, sondern nur über die Stellung in der Basileia (Mt 5,19) entscheiden.³⁸⁴ Darauf, dass diese Gewichtung in den mt Ge-

278 f. Mit Bezug auf das beharrliche Bitten der Frau siehe z. B. Ringe, „Story“, 71 f; Meier, „Matthew 15:21– 28“, 398 f; Heil, „Narrative Roles“, 544; Patte, „Canaanite Woman“, 35.43 – 45.  Das Motiv des Glaubens von Bittstellern aus Mk 9,23; 10,52 ist weder in Mt 17,14– 20 noch in 20,29 – 34 übernommen, sodass die Erzählung Mt 8,5 – 13 dieses einführt und es in 15,21– 28 zum letzten Mal verwendet wird (vgl. Konradt, „Glauben“, 266.284 f).  Vgl. Kap. 9.1. Die Verknüpfung des mt Gesetzesverständnisses mit dem Weltgericht sieht auch Bornkamm, „Enderwartung (1975)“, 29.  Ausführlich dazu siehe Heil, „Double Meaning“, 5 – 9.  Vgl. auch Konradt, „Rezeption und Interpretation“, 152, Anm. 89. Gegen eine solche Deutung, jedoch ohne expliziten Fokus auf die Völkern, vgl. Sim, „Least“, 583 f.

308

8 Licht der Tora – Partizipation der Völker am Heil?

meinden durchaus eine übliche Praxis war, weist auch Did 6,2 hin,³⁸⁵ indem dort zwar Vollkommenheit gefordert, im Blick auf die Speisegebote aber einschränkend ergänzt wird: „Wenn du es aber nicht tun kannst, tu das, was du kannst.“ Für die Frage nach der Beschneidung der Völker heißt dies, dass sie aller Wahrscheinlichkeit nach nicht zu den großen Geboten gezählt wurde.Wenn auch keine gesicherte Aussage über die konkrete Praxis der Gemeinde gemacht werden kann, so lässt sich doch festhalten, dass sie als kleines Gebot nicht als heilsrelevant angesehen wurde. Dies wiederum dürfte im Laufe der Zeit zur Aufgabe der Beschneidung geführt haben.³⁸⁶ Demgegenüber führt das Aufgeben der Beschneidung, da sie soteriologisch nicht ausschlaggebend ist, nicht zu einer Loslösung der Völker von der Tora an sich. Dies passt zu manchen Vorstellungen in den Schriften (vgl. z. B. Jes 2,4/Mi 4; Jes 51,4) und in frühjüdischer Literatur (vgl. z. B. Philo, Virt 119; 175), in denen ebenfalls Tora an die Völker ergeht.³⁸⁷ Die Völker sind nicht allein Nutznießer der durch Israel gelebten Tora:³⁸⁸ „Den Fremden zu lieben wie sich selbst“ ist in Lev 19,34 geboten (‫ אהבת לו כמוך‬/ ἀγαπήσεις αὐτὸν ὡς σεαυτόν)³⁸⁹, für Matthäus gilt aber von Mt 28,19 f und 25,31– 46 her, dass der Fremde in der Annahme der Botschaft Christi selbst nach dem Liebesgebot (in seiner doppelten Ausrichtung) leben soll. Das, was im Gesetz als Recht des Fremden formuliert ist, ist zugleich dessen eigene Pflicht, an der er im Gericht gemessen wird. Für Menschen aus den Völkern gilt also auch die Goldene Regel aus Mt 7,12, in der Gesetz und Propheten zusammengefasst sind, und somit das ganze Gesetz und die Propheten (Mt 22,40). Von diesem Zusammenhang her stehen das mt Gesetzesverständnis und die Völkermission in keinem Gegensatz und Mt 5,17 verliert auch mit 28,19 f nicht seine Bedeutung. Insofern öffnet das mt Gesetzesverständnis mit seiner betonten

 Es ist davon auszugehen, dass die Didache die Situation der mt Gemeinde(n) einige Zeit nach der Abfassung des Mt beleuchtet.  Dies stellt Matthäus jedoch nicht unbedingt außerhalb des Judentums, wie die knappe Darstellung oben zu verschiedenen frühjüdischen Beschneidungspositionen gezeigt hat. Vgl. exemplarisch Collins, „Symbol“, 163 – 186. Vgl. zum Zusammenhang der Gewichtung von Geboten und den sich daraus ergebenden soteriologisch notwendigen Forderungen für die Menschen aus den Völkern, die Teil der mt Gemeinde wurden, Konradt, „Kontext“, 32 f. Dieser plädiert auch dafür, zwischen „beschneidungsfreier und gesetzesfreier Völkermission“ zu differenzieren (33, Hervorhebung im Original).  Vgl. zur Tora für die Völker in den Schriften Israels Kap. 2.3.6.  Zur Berücksichtigung des im Land Israel lebenden Fremden, wie es sich in den Schriften Israels darstellt, vgl. Kap. 2.3.5.  Dieses Gebot wird auch von Josephus rezipiert, der dessen Notwendigkeit auf die Wahl der Lebensform und nicht auf ethnische Zugehörigkeit zurückführt (Josephus, Ap 2,209 f). Vgl. dazu Niebuhr, „Tora ohne Tempel“, 434.

8.5 Zwischenfazit

309

Verbindung von Gesetz und Propheten und deren verbindenden Elementen (Gottes- und Nächstenliebe, Barmherzigkeit, Treue und Recht [für die Schwachen]) den Weg zur Völkermission, ohne dem Gesetz selbst untreu zu werden.³⁹⁰ Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die Völker auf die ganze Tora und die Propheten verpflichtet werden. Die Schriften haben für sie ebenfalls volle Gültigkeit. Aus der Autorität der Schriften heraus legitimiert sich die jesuanische Lehre, sodass dessen Schriftenauslegung zur autoritativen Gesetzesauslegung wird – auch für die Völker. Allerdings gilt die Tora für sie als Völker. Sie müssen nicht erst Juden werden. Zugleich werden die Gebote für die Völker an derselben Auslegungshermeneutik gemessen, die im ganzen Mt deutlich wird. Dadurch werden die sozial-ethischen zu den soteriologisch relevanten Geboten, wohingegen die Speisegebote und auch das für die Aufnahme von Menschen aus den Völkern relevante Gebot der Beschneidung den Rang von geringeren Geboten erhalten. Damit bleiben sie gültig, doch verlieren sie ihre Heilsrelevanz. Schließt ihre Nichteinhaltung das eschatische Heil jedoch nicht grundlegend aus, so ergibt sich die Möglichkeit, dass sie nicht mehr praktiziert wurden.

8.5 Zwischenfazit Die Ausführungen haben gezeigt, dass die Frage nach der Verbindung von Recht und Tora für die Völker über die Schriften Israels hinaus auch für Matthäus eine wichtige Rolle spielt. Gerade im Angesicht des Konflikts mit den jüdischen Autoritäten ist festzuhalten, dass die Tora als Gottes gute Ordnung, wie sie in der Lehre Jesu dargelegt wird, ebenso den Völkern gilt. Die Aufnahme der ausführlichen Jesajazitate (Mt 4,15 f; 12,18 – 21), die beide wichtige Aussagen zum Heil für die Völker machen, zeigt, dass sich Matthäus den Schriften theologisch verpflichtet weiß, da in ihnen der Wille Gottes offenbar wird, zugleich aber bezüglich der wortgetreuen Wiedergabe eine gewisse Freiheit zu bestehen scheint. Der Grad der redaktionellen Leistung des Matthäus in der Anpassung ist, ob der unsicheren Quellenlage, kaum zu fassen. Doch wird deutlich, dass die Zitate in der vorliegenden Gestalt sowohl in ihrem mt Kontext je eine exponierte Stellung innehaben (zu Beginn des Wirkens Jesu und unmittelbar nach dem ersten Tötungsbeschluss durch die Autoritäten) als auch grundlegende theologische Aussagen des Mt in den Schriften Israels verankern. An den Zitaten  Vgl. Konradt, „Ausrichtung der Mission“, 157: „Es ist nun nicht zu übersehen, dass die matthäische Gesetzeshermeneutik mit dem zentralen Gedanken einer Gebotshierarchie und mit der Konzentration der Thoraunterweisung auf den zwischenmenschlichen Bereich dazu angetan ist, Nicht-Juden den Zugang zur ecclesia zu erleichtern“ (Hervorhebung im Original).

310

8 Licht der Tora – Partizipation der Völker am Heil?

wird demnach sowohl legitimierende wie auch autorisierende Rezeption deutlich. Die Texte der Schriften werden durch ihre prominent gestellte Zitation in ihrer Aussage als weiterhin vollgültig dargestellt und zugleich untermauert Matthäus dadurch seine eigene theologische Position. Inhaltlich bewegen sich die beiden Zitate auf einer Metaebene, die theologische Zusammenhänge verdeutlicht, die bereits über die aktuelle Erzählebene der Jesusgeschichte hinausreichen. Auf dieser Ebene kommt auch das Heil für die Völker in den Blick. In den beiden Jesajazitaten wird dieser soteriologische Aspekt eng mit der mt Christologie verknüpft. Die Schilderung des aufgehenden Lichts über Israel ist transparent dafür, den Völkern ebenfalls Heilsverheißung zu sein (Mt 4,15 f). Jesu Erfüllung seines Auftrags durch Tod und Auferstehung dient letztlich dem Heil der Völker. Durch die Einführung dieses letzten Aspekts weist Mt 12,18 – 21 über 4,15 f hinaus. In Mt 5,13 – 16 wird nicht mehr Jesus als das aufgehende Licht für das Volk dargestellt, sondern die Jünger sollen Licht für die Welt sein. Somit stehen sie in Jesu Nachfolge und zugleich wird auf ihre Beauftragung gegenüber der Welt vorausgeblickt. Die Lichtmetaphorik wird mit den verschiedenen in den Schriften bezeugten Aspekten dieser Metapher verknüpft, wobei besonders die Komponente des göttlichen Rechts Gewicht erhält. Dadurch stellt sich die Erfüllung des göttlichen Willens durch die Jünger als Gebotsgehorsam in der Nachfolge dar, die als Heilsangebot allen Menschen offen steht. Dieses Heilsangebot wird jedoch erst durch den Auferstandenen universalisiert (Mt 28,18 – 20). Für die Schriftenrezeption kommt damit ein weiterer Aspekt hinzu: Nicht allein die direkten Zitate fundieren die mt Theologie in den Schriften, sondern die Schriften dienen als Deutungshorizont für die Interpretation einzelner Metaphern, die erst so in ihrer umfassenden Bedeutung für die mt Argumentation verstanden werden. In diesem Sinn ist auch die Verwendung der Namenstheologie des Matthäus zu verstehen: Über den Namen Jesu, dessen Ausdeutung nicht nur im Mt bekannt ist, wird seine soteriologische Aufgabe deutlich, die zunächst seinem Volk gilt (Mt 1,21). Auf seinen Namen hoffen jedoch ebenso die Menschen aus den Völkern (Mt 12,21). Die Rede vom Heil für beide Gruppen wird also durch eine christozentrische Deutung und deren Bezug zur Lehre des göttlichen Willens und der Durchsetzung des Rechts eng miteinander verbunden. Dementsprechend werden auch die Gebote des Gesetzes nicht abgeschafft, sondern sie behalten, gemessen an einem prophetisch-ethischen Auslegungsprinzip, volle Gültigkeit (vgl. Lev 19,18; Dtn 6,5; Hos 6,6). Im Rahmen ihrer Auslegung findet demnach eine Gewichtung statt, die einen besonderen Schwerpunkt auf sozial-ethische Gebote legt. Diese gelten nicht allein Israel: Dass im Gesetz der Schriften das Recht des Fremden verankert ist und somit auch diesem gilt, wird im

8.5 Zwischenfazit

311

Mt weitergeführt. Ein deutlicher Unterschied besteht jedoch in der Reichweite. In den Gesetzesbestimmungen der Tora ist in der Regel der in Israel lebende Fremde gemeint, wohingegen im Mt der Gottesknecht das Recht den Völkern verkündet (Mt 12,18) und die Jünger in Mt 28,19 in alle Welt gesandt werden, um das Recht (in der Auslegung Jesu) zu lehren. Die Tora gilt damit allen Völkern. Ihre Befolgung misst sich für sie ebenfalls an dem von Jesus gelehrten prophetisch-ethischen Auslegungsprinzip. Insofern ist es zum Beispiel nicht unwahrscheinlich, dass das Gebot der Beschneidung in der mt Gemeinde zwar seine Gültigkeit behielt, in der Praxis jedoch nicht mehr konsequent durchgeführt wurde. So ist es letztlich der Wille Gottes, der durch Jesus, in dessen Nachfolge die Jünger Licht der Welt sind (Mt 5,16), dem Volk im Dunkeln (Mt 4,16) scheint und der den Völkern angekündigt wird, sodass auch ihr Recht aufgerichtet wird (Mt 12,18 – 21); ein Recht, das ihnen zusteht und sie zugleich ebenfalls in die Nachfolge ruft.

9 Das Gericht – ein Gegensatz zur Partizipation der Völker am Heil? Durch die prominente Rolle, die der Gerichtsgedanke im Mt spielt, kommt auch die Frage nach dem Heil für die Völker nicht ohne die Berücksichtigung dieses Aspektes der mt Theologie aus. Grundlegend sind im Mt verschiedene Formen des Gerichts zu unterscheiden. So gilt die Zerstörung Jerusalems 70 n.Chr. als innerweltliches Strafgericht über die Autoritäten und die Stadt Jerusalem (Mt 22,1– 14¹). In vielen Perikopen, in denen vom Gericht die Rede ist, ist jedoch das endzeitliche Gericht gemeint (Mt 8,12²; 13,47 f; 16,27; 25,31– 46 u. ö.). Dieses liegt in der Hand des Menschensohns (bes. Mt 25,31). Das Richten untereinander ist den Gemeindegliedern nicht gestattet, wie auf gemeindeparänetischer Ebene deutlich wird (Mt 7,1– 5).Vielmehr soll ein hohes Vergebungsethos gelebt werden (Mt 18,21 f.35), wobei im Fall von Missständen Zurechtweisung praktiziert werden soll, die im Extremfall zum Gemeindeausschluss führen kann (Mt 18,15 – 18).³ Insofern Menschen aus den Völkern das Heilsangebot in Christus angenommen haben und Teil der Gemeinde sind, müssen auch sie sich als Gemeindeglieder dem Gericht stellen. Im Folgenden soll jedoch nicht die mt Gerichtsvorstellung an sich dargestellt werden, sondern nur das Gericht über die Völker:⁴ Dies ist jedoch allein in Mt 25,31– 46 ausdrücklich der Fall (πάντα τὰ ἔθνη). Ist es sinnvoll, explizit von einem Völkergericht zu sprechen? Zugleich wird in dieser Perikope das Verhältnis von Gemeindegliedern, die aus Menschen aus Israel und den Völkern bestehen, zum Gericht in den Blick genommen (9.1). In einem weiteren Sinn lässt sich fragen, welche Rollen die Völker sonst im Gericht einnehmen können. Daher ist zudem Mt 12,41 f zu besprechen, da sich hier die Frage stellt, ob die Völker als Mitrichtende auftreten oder – wie auch schon in den Schriften Israels⁵ – als Zeugen (9.2).

 Vgl. zu Mt 22,1– 14 Kap. 6.3.  Zur Frage, über wen in Mt 8,11 gerichtet wird, vgl. Kap. 4.3, bes. 4.3.3.  Vgl. z. B. Hess, „Vergebung“, 247– 250; Konradt, Mt, 117– 119.292– 296. Auch Mt 19,28 stellt dazu keine wirkliche Ausnahme dar.  Zum Gericht an den Völkern in den Schriften Israels vgl. Kap. 2.1.2.  Vgl. zu den Völkern als Zeugen Kap. 2.2.3. https://doi.org/10.1515/9783110594287-010

9.1 Das Endgericht als Völkergericht? – Mt 25,31 – 46

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9.1 Das Endgericht als Völkergericht? – Mt 25,31 – 46 Das endzeitliche Gericht, wie es in Mt 25,31– 46 geschildert wird, steht im Verlauf der mt Erzählung zwar noch vor dem universalen Sendungsauftrag (Mt 28,19 f), doch bildet es als Abschluss der Endzeitschilderung (Mt 24,3 – 25,30)⁶ ein Ereignis ab, das bereits auf den universalen Sendungsauftrag zurückblickt. Insofern scheint das universale Heilsangebot hier nicht mehr nur proleptisch auf, sondern der Zugang zum Reich Gottes steht unmittelbar bevor. Zugleich wird das Heil jedoch durch das „Dass“ des Gerichts mit der Möglichkeit des doppelten Ausgangs⁷ radikal in Frage gestellt. Die Konsequenzen, die sich aus diesem Gericht ergeben, unterscheiden sich, je nachdem, ob in Mt 25,31– 46 von einem Völkergericht oder einem universalen Gericht zu sprechen ist. Handelt es sich um ein Völkergericht, so sind allein die Nichtchristusgläubigen aus den Völkern betroffen, wohingegen bei einem universalen Gericht sich auch die aus den Völkern stammenden Gemeindeglieder vor dem Richter zu verantworten hätten. Um diese Frage zu klären, sind zwei Aspekte bedenkenswert: Zum einen ist die Schilderung der Gerichtsszene mit ihren Bezügen in die Schriften Israels zu beleuchten und zum anderen die Wendung „alle Völker“ (πάντα τὰ ἔθνη) zu deuten. Mt 25,31 beginnt mit der Schilderung der Ankunft des Menschensohns in seiner Herrlichkeit (ἐν τῇ δόξῃ αὐτοῦ). Begleitet wird er von allen Engeln (πάντες οἱ ἄγγελοι μετ᾽ αὐτοῦ). Als Weltenrichter lässt er sich auf dem Thron seiner Herrlichkeit (ἐπὶ θρόνου δόξης αὐτοῦ)⁸ nieder – ein Motiv, das sich vor allem in frühjüdischen Texten findet (vgl. auch 1Hen 62.2– 16; 69,27– 29; 90,20 – 27⁹), aber auch in den Schriften Israels mit Dan 7,13 fLXX eine interessante Parallele hat. Dabei

 Somit schließen alle fünf Redeeinheiten mit einem Ausblick auf das endzeitliche Gericht (vgl. Cope, „Sheep and Goats“, 33 f; im Anschluss an ihn auch Gray, Brothers, 7. Vgl. weiterhin Grindheim, „Ignorance“, 328).  Die Vorstellung eines endzeitlichen Gerichts mit doppeltem Ausgang findet sich nicht nur in Mt 25, sondern auch in Mt 7,21– 27. Dort ist in V. 21 f ebenfalls von Menschen die Rede, die Jesus im Endgericht mit κύριε ansprechen (vgl. Mt 25,37.44) und somit zur Gemeinde gehören, jedoch nicht alle im Gericht gerettet werden. Vgl. zudem Mt 7,24– 27; 25,1– 13. Zur Notwendigkeit der Wachsamkeit sowie des Umsetzens der Lehre Jesu für die gesamte Rede über die Endzeit (Mt 24– 25) vgl. Wengst, „Last Judgment“, 233 – 245.  Von weiteren Thronen ist keine Rede. Insofern unterscheidet sich die Darstellung von Mt 19,28, wo von solchen für den Zwölferkreis die Rede ist.  Vgl. dazu Donahue, „Parable“, 19; Davies/Allison, Mt III, 419. Kritisch zu einem Zusammenhang mit 1Hen vgl. Brandenburger, Recht, 42– 45.

314

9 Das Gericht – ein Gegensatz zur Partizipation der Völker am Heil?

wird besonders deutlich, dass es sich um einen umfassenden Herrschaftsauftrag handelt:¹⁰ 13

Ich schaute in einer Nachtvision, und siehe: Auf den Wolken des Himmels kam (einer) wie ein Menschensohn (ἐπὶ τῶν νεφελῶν τοῦ οὐρανοῦ ὡς υἱὸς ἀνθρώπου ἤρχετο), und gelangte bis zu einem Alten an Tagen, und die Dabeistehenden brachten ihn herbei. 14Und ihm wurde Vollmacht gegeben (ἐδόθη αὐτῷ ἐξουσία) und alle Völker der Erde gemäß (ihren) Arten und jede Herrlichkeit (waren) ihm dienstbar (πάντα τὰ ἔθνη τῆς γῆς κατὰ γένη καὶ πᾶσα δόξα αὐτῷ λατρεύουσα), und seine Vollmacht (war) eine ewige Vollmacht (ἡ ἐξουσία αὐτοῦ ἐξουσία αἰώνιος), die nicht weggenommen wird, und seine Königsherrschaft (eine), die nicht vernichtet werden wird. (Dan 7,13 f LXX)

Dem Menschensohn wird in Dan 7,14LXX also ewige Vollmacht und Königsherrschaft übergeben. Indem nun Dan 7,13LXX in Mt 25,31 anklingt¹¹ und Matthäus darüber hinaus auch an anderen Stellen auf eben diese Verse aus den Schriften verweist (vgl. Mt 16,27; 24,30; 26,64; 28,19), und zwar stets unter dem Fokus der Wiederkunft des Menschensohns, seiner Herrlichkeit (δόξα)¹² oder (Voll‐)Macht (δύναμις/ἐξουσία)¹³, liegt es auch für Mt 25,31– 46 nahe, von einem universalen Königsamt des kommenden Menschensohns auszugehen. Dass dieser mit königlicher Vollmacht ausgestattete Menschensohn zugleich der richtende Menschensohn ist, ist dem Königsbild an sich bereits inhärent.¹⁴ Durch diesen Zusammenhang ist auf christologischer Ebene die universale Tragweite des nun Folgenden gleich zu Beginn der Perikope eingespielt. Die Anspielung auf Dan 7,14LXX ist darüber hinaus für die Frage nach den Adressaten des Gerichts interessant, da πάντα τὰ ἔθνη dort ebenfalls genannt werden. Während dem Menschensohn die Vollmacht gegeben wird, heißt es von

 Vgl. mit Verweis auf Dan 7,13 f Wilckens, „Brüder“, 369; Friedrich, Gott, 256; Gnilka, Mt II, 370; Gray, Brothers, 6; Davies/Allison, Mt III, 419; Nolland, Mt, 1024; France, Mt, 959 f; Eltrop, „Gericht“, 219; Basser/Cohen, Mt, 648.  Ein Unterschied zwischen Dan 7,13LXX und Mt 25,31 liegt freilich in der Bewegungsrichtung. Während der Menschensohn in Mt 25,31 aus der himmlischen Sphäre kommt, bewegt sich der Menschensohngleiche dorthin (vgl. Manson, „Son of Man“, 174).  Wobei nur in 25,31 von seiner Herrlichkeit (ἐν τῇ δόξῃ αὐτοῦ) sowie in Mt 19,28 vom Thron seiner Herrlichkeit (θρόνου δόξης αὐτοῦ) die Rede ist. In Mt 24,30 kommt der Menschensohn mit Herrlichkeit (μετὰ δόξης) und in 16,27 ist es nicht seine, sondern die Herrlichkeit seines Vaters (ἐν τῇ δόξῃ τοῦ πατρὸς αὐτοῦ), in der er kommen wird.  In Mt 24,30 kommt der Menschensohn mit Herrlichkeit und Macht (μετὰ δυνάμεως); wohingegen in Mt 28,18 explizit wird, dass ihm alle Vollmacht gegeben ist (πᾶσα ἐξουσία).  Vgl. Jungbluth, Himmel, 85 – 91.251– 263.

9.1 Das Endgericht als Völkergericht? – Mt 25,31 – 46

315

ihnen, dass sie ihm dienen.¹⁵ Anders hingegen in Mt 25,32, wo sie vor dem Thron gesammelt (συνάγω) werden. Das Sammeln von Menschen gehört oft zu den Motiven der anbrechenden Endzeit.¹⁶ Im Zusammenhang mit Völkern sind besonders Jes 66,18, Sach 14,2¹⁷ und Joel 4,2.11¹⁸ zu nennen, da dort jeweils alle Völker (πάντα τὰ ἔθνη) gesammelt werden (συνάγω): In Jes 66,18 sehen sie daraufhin Gottes Herrlichkeit, in Sach 14,2 werden sie zum Krieg (gegen Jerusalem) gesammelt, wohingegen sie in Joel 4 von Jhwh zum Gericht gesammelt werden. Auch innerhalb des Mt wird mehrfach vom συνάγειν in Bezug auf die Völker gesprochen,¹⁹ doch ergibt sich kein kohärentes Bild: Während in Mt 25,32 die Scheidung der Gesammelten auf die Sammlung aller Völker folgt, heißt es in Mt 24,31, dass allein die Auserwählten gesammelt werden und die Scheidung damit bereits vor der Sammlung lag (vgl. ähnlich Mt 13,30).²⁰

Wie aber ist nun der Ausdruck πάντα τὰ ἔθνη genau zu deuten?²¹ Sind damit alle Völker exklusive Israel²² oder gar exklusive der Gemeindemitglieder gemeint, oder ist die Wendung in einem inklusiven Sinn²³ zu verstehen? Allein in letzterem Fall wäre es berechtigt, von einem universalen Gericht zu sprechen.

 Auch in Mt 28,18 liegt eine Anspielung auf Dan 7,14LXX vor und in 28,19 werden πάντα τὰ ἔθνη genannt (siehe Kap. 10.4). In Mt 20,28 heißt es jedoch vom Menschensohn, dass er der Dienende ist (siehe Kap. 10.1).  Allerdings ist das Motiv auch nicht auf den endzeitlichen Kontext festgelegt (vgl. Jes 40,11; Hos 2,2; 1Chr 13,2; Tob 13,5).  Eine Anspielung auf Sach 14,2 ließe sich dadurch stützen, dass in Mt 25,31 möglicherweise ein weiterer Verweis vorliegt, nämlich auf Sach 14,5LXX. Dagegen äußert sich Luz, Mt III, 518.  Einen Zusammenhang zwischen Mt 25,32 und Joel 4,2 f sehen z. B. Charette, Recompense, 156 und France, Mt, 961.  Dabei variiert allerdings das Subjekt: In Mt 13,41 sind es die Engel, in 25,31 ist es der Menschensohn.  Umgekehrt werden in Mt 13,41 nicht die Erwählten, sondern jene gesammelt, die Anstoß erregen (πάντα τὰ σκάνδαλα). Dort allerdings mit συλλέγω statt συνάγω.  Vgl. zur Deutung von πάντα τὰ ἔθνη in Mt 28,19 Kap. 10.4.1. Zur Systematisierung der verschiedenen vorgebrachten Deutungen siehe z. B. Davies/Allison, Mt III, 422; Luz, Mt III, 521– 530; Heil, „Double Meaning“, 4; Gray, Brothers, 255 – 261.  In diesem Fall entspräche Mt 19,28 dem Gericht über Israel, das damit zum Abschluss gekommen ist, und Mt 25,31– 46 hätte dann nur noch die nicht-israelitischen Völker im Blick. Exklusiv deuten Weiss, Mt, 431, der das Gericht über Israel in Mt 24,15 – 22 sieht; Stoevesandt, Jesus, 76; Lange, Erscheinen, 298; Hare/Harrington, „Disciples“, 363 – 365; Green, Mt, 206; Brandenburger, „Taten“, 322– 326; Dobbeler, „Restitution“, 31; Garbe, Hirte Israels, 172– 182; Harrington, Mt, 358 f.  Inklusiv deuten Klostermann, Mt, 205; Trilling, Israel, 27 f; Christian, Jesus, 17– 27, bes. 27; Wilckens, „Brüder“, 382; O’Brien, „Great Commission“, 74; Lohfink, „Universalismus“, 81 f; Meier, „Nations“, 99 – 101; Gnilka, Mt II, 371; Charette, Recompense, 156; Stanton, Gospel, 158; Wong, Theologie, 103 f; Menninger, Israel, 44; Frankemölle, Mt II, 397 (so bereits Frankemölle, „Theologie“, 114); Blomberg, Mt (1992), 375 f; Tisera, Universalism, 272– 275; Gundry,

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9 Das Gericht – ein Gegensatz zur Partizipation der Völker am Heil?

Zunächst ist auf den sprachlichen Befund einzugehen. Für die Deutung von πάντα τὰ ἔθνη als alle „heidnischen Völker“ wird die Übersetzungsgewohnheit der LXX angeführt, da dort πάντα τὰ ἔθνη in der Regel²⁴ für ‫ כל־הגוים‬steht (vgl. Dtn 11,23; Ps 9,18; 72,17; Jes 2,2; Am 9,12; Hag 2,7; Sach 7,14 u. ö.).²⁵ Problematisch an diesem Argument ist jedoch, dass die ‫ גוים‬zwar meistens die Völker außerhalb Israels meinen, es aber auch Stellen gibt, an denen Israel selbst als ‫ גוי‬bezeichnet wird (Gen 12,6; 17,6; 18,18; Ex 19,6;²⁶ Dtn 26,5; Ez 35,10).²⁷ Demnach wäre Israel ein ἔθνος unter allen ἔθνη. Dafür spricht weiterhin, dass es auch Belege gibt, in denen πάντα τὰ ἔθνη durch den Kontext eindeutig inklusive Israel zu verstehen ist (vgl. z. B. Jes 56,7; Jer 35,11– 14LXX/28,11– 14MT; Dan 3,2.7; Ps 116,1LXX; Jdt 3,8; Est 4,11LXX; 1Makk 1,42).²⁸ Insofern spricht der spachliche Befund nicht zwingend für eine exklusive Lesart und ist durchaus für eine inklusive Deutung offen. Gleiches gilt, zieht man den mt Kontext hinzu, für den ebenfalls ein inklusives Verständnis möglich ist:²⁹ so ist zum Beispiel der in Mt 24,14 genannte Weltkreis (ἐν ὅλῃ τῇ οἰκουμένῃ) kaum ohne Israel zu denken (vgl. weiterhin Mt 24,9; 28,19³⁰). Es ist demnach davon auszugehen, dass auch in Mt 25,31– 46 die inklusive Deutung wahrscheinlich ist: Das Gericht ergeht über die Völker³¹ und Israel.

Mt, 511; Park, Mission, 185; Davies/Allison, Mt III, 422 f; Weber, „Image“, 677; Heil, „Double Meaning“, 5, Anm. 4; Etzelmüller, Lebendigen, 284; Landmesser, Jüngerberufung, 17; Nolland, Mt, 1024; France, Mt, 961; Konradt, Israel, 336; Eltrop, „Gericht“, 219, Anm. 3; Grindheim, „Ignorance“, 327 f; Konradt, Mt, 392.  Als Ausnahme kann z. B. Dtn 28,10 angeführt werden (‫ כל־עמי הארץ‬/ πάντα τὰ ἔθνη τῆς γῆς).  Der Begriff ‫ גוי‬wird 510 Mal mit ἔθνος übersetzt und nur 136 Mal wird ‫ עם‬durch ἔθνος wiedergegeben (z. B. Ps 66,2LXX; Jes 55,5; 58,2; 60,5 u. ö.), vgl. Hatch/Redpath, Concordance Septuagint, 368 – 373. Auch wenn ‫ עם‬in der LXX in der überwiegenden Mehrheit der Belege mit λαός übersetzt wurde (vgl. Hatch/Redpath, Concordance Septuagint, 853 – 862), stehen diesem Befund immerhin 13 Belege (Jos 3,17; 4,1; Ps 66,2LXX; Sach 14,14; Jes 9,3; 26,2; 55,5; 58,2; 60,5; Jer 9,9LXX; 40,9LXX; Ez 20,41; 28,25) zur Seite, in denen ‫ גוי‬mit λαός übersetzt ist (Hatch/Redpath, Concordance Septuagint, 368 – 373).  In Ex 19,6 wird Israels sogar als „heiliges Volk“ (‫ )גוי קדוש‬bezeichnet.  Botterweck/Clements, „Art. ‫“גוי‬, 971: „Als ein ‫ גוי‬von einem besonderen religiösen Charakter war sich Israel völlig bewußt, von anderen ‫ גוים‬verschieden zu sein und einzigartige moralische, politische und religiöse Verpflichtungen zu haben (Num 23,9)“.  Vgl. Cope, „Sheep and Goats“, 37; Konradt, Israel, 335.  Vgl. zur Diskussion dieser Textstellen mit den verschiedenen Forschungspositionen Kap. 10.4.1.  Zu Mt 28,19 f vgl. Kap. 10.4.  Verwiesen sei zudem auf Mt 12,18 – 21, wo den Völkern vom Gottesknecht „Recht“ (κρίσις) angekündigt wird, worin auch die Bedeutung „Gericht“ mitschwingt und insofern schon dort ein Vorverweis auf Mt 25,31– 46 mitgehört werden kann. Vgl. dazu Kap. 8.3.2.

9.1 Das Endgericht als Völkergericht? – Mt 25,31 – 46

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Allerdings stellt sich nicht allein die Frage, inwiefern πάντα τὰ ἔθνη Israel und die Völker umfasst, sondern ebenso, ob die Gemeinde Teil dieses Gerichts ist oder ob es ein Gericht über alle anderen ist.³² Für die Frage nach dem Heil der Völker ist dies insofern relevant, als Menschen aus den Völkern nicht allein eine Außengruppe vertreten (im Sinn von Israel und Völkern), sondern selbst Teil der Gemeinde sind (vgl. Mt 28,19 f).³³ Eine schlichte Gegenüberstellung von Gemeinde und Völkern ginge demnach von falschen Voraussetzungen aus. Für ein Gericht ohne die Gemeinde³⁴ spräche Mt 24,31 – unter der Voraussetzung, dass Mt 24,31 und 25,31– 46 eine kohärente Vorstellung abbilden – , da die Engel dort alle Erwählten des Menschensohns sammeln (ἐπισυνάξουσιν τοὺς ἐκλεκτοὺς αὐτοῦ), ehe das Gericht beginnt. Dagegen spricht jedoch, dass beide Gruppen Jesus mit dem für die Jünger und damit für die Gemeinde typischen κύριος-Titel ansprechen.³⁵ Hinzu kommt, dass sich die Rede seit Mt 24,3 an die Jünger richtet und diese ab Mt 24,32 vor dem Gericht gewarnt werden.³⁶ Außerdem wird auch an verschiedenen anderen Stellen der Gemeinde (vgl. Mt 7,21– 27; 13,37– 43.47– 50; 18,23 – 35) oder Einzelnen (vgl. Mt 7,19; 16,27; 22,11– 14) mit dem endzeitlichen Ergehen im Gericht gedroht.³⁷

 Für ein Gericht ohne die Gemeinde sprechen sich aus Cope, „Sheep and Goats“, 37; Friedrich, Gott, 254.257; Court, „Right and Left“, 229; Stanton, Gospel, 214; Wilk, Jesus und die Völker, 136.  Zumindest ist davon auszugehen, dass in der Gemeinde die Aufnahme von „Heiden“ aktiv diskutiert wurde, wenn sie nicht gar bereits praktiziert wurde, vgl. Kap. 1.1.  Vermeintlich liegt darin eine gewisse Parallele zu den Fremdvölkersprüchen der Schriften Israels (vgl. Kap. 2.1.2), da sich argumentieren ließe, dass das Gericht über die Gegner das eigene Heil aufrichte. Ähnlich Garbe, Hirte Israels, 184, der eine Parallele zu den Fremdvölkersprüchen annimmt, diese jedoch nicht als Heil für Israel deutet. Vielmehr unterstreichen diese „die Macht Gottes, auch außerhalb Israels Recht durchzusetzen, und sie leiten über zur Gerichtsankündigung gegen Juda und Israel“. Rendtorff, Theologie II, 242 f warnt zu Recht vor einer vorschnellen Deutung der Fremdvölkersprüche: „Der erste große Abschnitt der Völkerworte im Buch Jesaja (Kap. 13 f) zeigt, worum es in diesen Texten geht: Gott wendet sich gegen die Hybris jedes Volkes und jeder Nation, die sich gegen ihn auflehnt, so wie er sich auch gegen die Hybris Israels wendet (Jes 2,12 ff). Deshalb wäre es eine Fehlinterpretation dieser Texte, als wollten sie sagen, dass Gottes Gericht über andere Völker Heil für Israel bedeute; denn Israel tritt in diesen Texten oft völlig in den Hintergrund“.  Vgl. Wilckens, „Brüder“, 368; Luz, Mt III, 532. Die Anrede mit κύριε qualifiziert Friedrich, Gott, 156 als angemessene Anrede gegenüber dem Richter.  Vgl. Donahue, „Parable“, 11 f; Luz, Mt III, 531; Brandenburger, „Taten“, 319; Konradt, Mt, 393.  Vgl. Wilckens, „Brüder“, 367; Luz, Mt III, 532; Wengst, „Last Judgment“, 243. Ebenso Lohfink, „Universalismus“, 81, bes. Anm. 65, der schreibt: „Der gesamte Tenor des Matthäusevangeliums fordert also geradezu die Schilderung eines Gerichtes, das auch die Gläubigen betrifft

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9 Das Gericht – ein Gegensatz zur Partizipation der Völker am Heil?

Mit πάντα τὰ ἔθνη ist demnach eine universale Größe angesprochen, die alle Menschen meint – inklusive Israel und der Gemeinde. Darüber hinaus ist auf Mt 13,36 – 43 zu verweisen, wo ebenfalls ein universal ausgerichtetes Gericht proklamiert wird: Die universale Dimension wird dort durch die Deutung des Ackers als Welt (ὁ δὲ ἀγρός ἐστιν ὁ κόσμος; V. 38) sogar ganz explizit.³⁸ In der Endzeit (ἐν τῇ συντελείᾳ τοῦ αἰῶνος; V. 40) bringen die Engel die Ernte der ganzen Welt ein (V. 41), womit ein typisches Gerichtsbild aus den Schriften Israels vorliegt (vgl. Jes 17,5.11; 18,5 f; Jer 51,33; Joel 4,13). Die Gesammelten werden dort geschieden in υἱοὶ τῆς βασιλείας,³⁹ die im Gericht positiv beurteilt werden, und in υἱοὶ τοῦ πονηροῦ, die den Gerichtsstrafen anheimfallen (vgl. auch Mt 25,46). Indem in Mt 25,31 Engel den Menschensohn begleiten, wird eine intratextuelle Verbindung zwischen beiden Textstellen geschaffen.

Liegt mit Mt 25,31– 46 demnach eine universale Gerichtsszene vor, so folgt eine weitere Frage: In Mt 25,32 heißt es, dass der Menschensohn alle (gesammelten) Völker scheidet, wie ein Hirte zwischen Schafen und Ziegen(böcken) scheidet (ὥσπερ ὁ ποιμὴν ἀφορίζει τὰ πρόβατα ἀπὸ τῶν ἐρίφων⁴⁰).⁴¹ Auf welcher

und in dem nicht das ‚Herr-Herr-Sagen‘ (vgl. Mt 7,21– 23), sondern das Tun der Gerechtigkeit das Gerichtskriterium ist“.  Mit Verweis auf Mt 13 vgl. Wilckens, „Brüder“, 368 f; Lohfink, „Universalismus“, 81 f; Gnilka, Mt II, 369.372; Stettler, Gericht, 205.  Vgl. zur Problematik dieses Begriffs die Ausführungen zu Mt 8,12 in Kap. 4.3.3.  Mit ἔριφος ist der Bock, genauer gesagt der Ziegenbock, gemeint (vgl. Bauer, Wörterbuch, 627). Auffällig ist, dass in V. 32 ἔριφος, in V. 33 jedoch der Diminutiv ἐρίφιον steht, obwohl bereits ἔριφος die kleine Ziege meinen kann (vgl. Liddell/Scott, Greek-English Lexicon, 689). Ein Wechsel zwischen beiden Begriffen, obwohl beide Male dasselbe Tier gemeint ist, findet sich in Tob 2,12.13.  In der Forschung wurde viel darüber diskutiert, wie die Aufteilung in Schafe und Ziegen zu verstehen ist: Besonders häufig findet man den Versuch, dieses Bild durch einen Verweis auf die Praxis der Hirten in Palästina zu erklären: Die tagsüber gemischt gehaltenen Kleintierherden von Ziegen und Schafen sollen am Abend durch den Hirten getrennt worden sein, da die Ziegen der nächtlichen Kälte weniger gut standhalten konnten als die Schafe und daher in einer geschützteren Umgebung die Nacht verbringen mussten (vgl. Dalman, Arbeit, 276, der sich auf Wilson, Life, 181 bezieht. Vgl. weiterhin Blomberg, Mt (1992), 376; Gundry, Mt, 512; Heil, „Double Meaning“, 6, Anm. 6; Weber, „Image“, 661). Problematisch an diesem Erklärungsversuch ist jedoch, dass damit zwar der Trennungsprozess, aber noch nicht die negative Darstellung der Ziegen (vgl. V. 41, wo sie κατηραμένοι genannt werden) verständlich wird. Warum stellen die Ziegen ein passendes Bild für jene Gruppe dar, die dann dem Gericht anheimfällt? Ein Grund sei z. B. deren Farbe, da Schafe weiß seien, Ziegen jedoch schwarz (vgl. Dalman, Arbeit, 180 f.186.197 f), und weiß im Kontext der Schriften mit der Gottesfurcht in Verbindung gebracht würde (Jes 1,18; Dan 7,9; für das Mt sei auf 17,2; 28,3 verwiesen), vgl.Weber, „Image“, 668; Cope, „Sheep and Goats“, 37. Z.T. wird ihr ökonomischer Wert angeführt (vgl. Dalman, Arbeit, 99; Cope, „Sheep and Goats“, 37; Blomberg, Mt (1992), 377). Ein weiterer Grund wird schließlich in den unterschiedlichen „Personalitäten“ der einzelnen Tiergattungen gesucht, vgl. Dalman, Arbeit, 197 f, der dieses Phäno-

9.1 Das Endgericht als Völkergericht? – Mt 25,31 – 46

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Seite der vom Menschensohn getrennten Gruppe stehen die Menschen aus den Völkern? Eine automatische Zuordnung der Menschen aus den Völkern zu den Ziegen greift ebenso zu kurz⁴² wie eine Zuordnung zu den Schafen.⁴³ Hilfreicher als der Versuch, das Bild von den Schafen und Ziegen in seiner Metaphorik deuten zu wollen, ist es hingegen, auf das tatsächliche Scheidungsmerkmal zu achten: nämlich die Taten der Angesprochenen. Um das Tun des Willens Gottes im Rahmen von Gerichtsdrohungen geht es zum Beispiel auch schon in Mt 7,21– 27.⁴⁴ Zu verweisen ist zudem auf Mt 13,47 f, wo Fische jeder Art gefangen (παντὸς γένους συναγαγούσῃ), dann jedoch getrennt werden (ἀφορίζω). Die Gruppen werden mit den Adjektiven gut (καλός) und verfault (σαπρός) charakterisiert, sodass Mt 12,33 anklingt, wo die Früchte der Bäume, also letztlich die Taten, ebenfalls als καλός oder σαπρός bezeichnet werden.⁴⁵

men hinter Mt 25,32 f sieht. Es lässt sich jedoch zeigen, dass gerade im Kontext der Schriften Ziegen nicht negativ beurteilt werden: Dazu sowie zum Image der Tiere in der hellenistisch-römischen und syrisch-palästinischen Welt siehe Weber, „Image“, 665 – 667.669 – 673. Sie arbeitet heraus, dass Ziegen in der hellenistisch-römischen Umwelt zwar eher negativ beurteilt wurden (z. B. gerne mit übermäßiger Sexualität in Verbindung gebracht wurden), dies aber für den syrisch-palästinischen Raum nicht nachweisbar ist. Daher ist ein weiterer Erklärungsversuch in Erwägung zu ziehen, bei dem es nicht das Bild der Tiere selbst ist, sondern der Zweck ihrer Aussonderung, der das negative Bild unterstreicht und dem sprachlichen Befund gerecht wird. Die Ziegen sind junge Ziegenböcke, Zicklein, und werden aus der Kleinviehherde ausgesondert, um anschließend geschlachtet zu werden (vgl. Konradt, Mt, 391). In den Schriften findet die Schlachtung von Zicklein z. B. in Texten mit kultischem Kontext statt (vgl. z. B. 2Chr 35,7 f; Ez 43,22). Folgt man dieser These, kann es durchaus als passend angesehen werden, dass die Zicklein für die Verfluchten stehen, die nach dem Gericht ins ewige Feuer geworfen werden.  In den Schriften Israels sind Ziegen kein typisches Bild für Völker. Gleiches gilt für die frühjüdische Literatur. Im 1Hen z. B. können Völker Adler, Geier und andere Vögel (1Hen 90,2) oder auch Hunde (1Hen 90,4) sein, aber keine Ziegen.  Eine Zuordnung der Menschen aus den Völkern zu den Schafen über das Unwissenheitsmotiv geht ebenfalls nicht auf, wie Luz, Mt III, 536 f zeigt: „Das Unwissenheitsmotiv ermöglicht literarisch die Formulierung der Pointe“ (537; Hervorhebung im Original).  Im Vergleich von Mt 25,31– 46 mit 7,21– 27 kommt Grindheim, „Ignorance“, 313 – 331, bes. 319 – 323 zu dem Ergebnis, dass es nicht allein um die Taten, sondern auch um die dahinter stehende Einstellung geht. Gute Taten dürfen ihm zufolge nicht mit einer selbstgerechten Haltung einhergehen. Zur Kritik an einer falsch verstandenen Heilsgewissheit durch Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe ohne das Tun der entsprechenden Taten vgl. Kap. 4.2 und Kap. 4.3.3.  Vgl. mit leichter Verschiebung auf der Wortebene zwischen Früchten und Baum Mt 7,17 f: Hier wird der Baum mit dem Adjektiv ἀγαθός und seine Frucht mit καλός bezeichnet, wohingegen der schlechte Baum σαπρός als Eigenschaft aufweist, seine Früchte jedoch πονηρός sind.

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9 Das Gericht – ein Gegensatz zur Partizipation der Völker am Heil?

Insofern passt der in der Literatur zuweilen begegnende intertextuelle Verweis auf Ez 34 gut,⁴⁶ da dort ebenfalls Schafe gemäß ihrem Verhalten gerichtet werden.⁴⁷ Allerdings werden die Gruppen nicht nur als Schafe und Ziegenböcke bezeichnet, sondern diejenigen, die im Sinn der jesuanischen Ethik gehandelt haben, werden in Mt 25,34 „Gesegnete“ (εὐλογημένοι) genannt und sind jene, die die βασιλεία erben (V. 34).⁴⁸ Die anderen hingegen werden in V. 41 als „Verfluchte“ (κατηραμένοι) angesprochen und in das ewige Feuer verbannt (V. 41). In dieser Gegenüberstellung lässt sich eine Anspielung auf Dtn 27 f sehen,⁴⁹ wo Segen und Fluch als belohnende bzw. strafende Folge der Einhaltung bzw. Übertretung der göttlichen Gebote und Ordnungen dargestellt werden (Dtn 28,1.15).⁵⁰ Vergleicht man die Segensreihe (Dtn 28,3 – 14) mit der Fluchreihe (Dtn 28,16 – 45), so fällt auf,

 Auf Ez 34 verweisen z. B.Weiss, Mt, 432; Schlatter, Evangelist Matthäus, 724; Klostermann, Mt, 205; Friedrich, Gott, 147– 149; Blomberg, Mt (1992), 376; Davies/Allison, Mt III, 423; Nolland, Mt, 1025.1027; France, Mt, 961; Eltrop, „Gericht“, 220 f.  Ez 34 ist für Matthäus auch im Rahmen seiner Christologie (der davidische Hirte) und seiner Kritik an den Autoritäten (den schlechten Hirten) wichtig (vgl. Konradt, Israel, 33 – 41). Die Verschiebung auf der Bildebene (in Ez 34,17 wird nicht zwischen Schaf und Ziege [τὰ πρόβατα ἀπὸ τῶν ἐρίφων], sondern zwischen Schaf und Schaf [προβάτου καὶ προβάτου / ‫ ]בין־שה לשה‬sowie zwischen Widder und Ziegenbock [κριῶν καὶ τράγων / ‫ ]לאילים ולעתודים‬gerichtet) kann daher in den Hintergrund treten.  Ähnlich argumentiert Ps 36,22LXX: Dort wird den Gesegneten das Land versprochen, den Verfluchten jedoch die Ausrottung angesagt.  Dieser Zusammenhang ist in der Forschung bisher kaum im Blick. Schlatter, Evangelist Matthäus, 724 verweist zwar auf Dtn 27,17 f, zieht daraus aber keine weiteren Schlüsse. Weiss, Mt, 433 nennt neben anderen Stellen Dtn 28,3 ff und deutet diese in dem Sinn, dass „sie [die Gesegneten] in Besitz nehmen sollen […] das für sie in Bereitschaft gesetzte […] Reich, d. h. das vollendete Gottesreich.“ Oft werden die beiden Bezeichnungen jedoch nicht näher gedeutet. Anders hingegen z. B. Friedrich, Gott, 153 f, der die Begriffe von 1Hen her auslegt und zu dem Schluss kommt, dass mit ihnen „eschatologische Wertigkeit“ (153) zum Ausdruck kommt. Zu nennen ist auch France, Mt, 962 f, der auf Ps 118,26, der in Mt 21,9; 23,39 zitiert wird, verweist und von dort auf jene deutet, die in Gottes Gunst stehen. Diese würden selbst zu Königen erhoben, wie es in Mt 19,28 den Jüngern verheißen sei.  In Dtn 28,69 werden diese Gebote als abschließende Gebote des Bundes charakterisiert. In Jer 11,3 wird der Fluch ebenfalls direkt mit dem Nichthalten der Worte des Bundes in Verbindung gebracht. Bereits im Alten Orient sind Fluch- und Segensreihen Teil von Vertragsdokumenten (vgl. die aramäischen Sfire-Inschriften [Schwiderski, Inschriften, 402– 406] und den Sukzessionsvertrag Asarhaddons [EST; Parpola/Watanabe, Treaties, 28 – 58]) und dienen der Einhaltung der Vertragsinhalte (vgl. besonders EST §§ 58 – 106). Vgl. zu den Fluchreihen der Sfire Inschriften sowie im EST auch mit ihren Bezügen zu Dtn 28 Koch, Vertrag, 62– 69.94– 96, der zudem eine ausführliche Analyse von Dtn 28 bietet (171– 247.266 – 314). In Koch, „Bundestheologie“, 29 – 47, bes. 43 f kommt er zu einem etwas andere Ergebnis bezüglich der Abhängigkeit von Dtn 13 und 28 von EST als in Koch, Vertrag. Zu den Flüchen im EST und dem Versuch einer formgeschichtlichen Kategorisierung vgl. Streck, „Flüche“, 165 – 191.

9.1 Das Endgericht als Völkergericht? – Mt 25,31 – 46

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dass das Ergebnis dem Vergleich von Mt 25,34– 40 und 25,41– 45 ähnelt. In beiden Fällen nimmt die Fluchreihe Formulierungen der Segensreihe auf, doch zeigen sich Unterschiede in der Länge: In Dtn 28 ist die Fluchreihe länger als ihr Segenspendant, in Mt 25 ist hingegen die Rede an die Gesegneten ausführlicher. Auffällig ist, dass die begründende Fluchreihe in Dtn 27,15 – 26, die den strafenden Fluch- und Segensreihen vorausgeht, nur ethische Gebote anspricht.⁵¹ Diese ethische Ausrichtung trifft auch auf die mt Taten der Barmherzigkeit zu.⁵² Die angeführten Taten in Mt 25,35 f haben ebenfalls Parallelen in den Schriften Israels und in frühjüdischen Texten: Jes 58,6 – 10; 61,1– 3; Ez 18,6 – 9; Hiob 22,5 – 10; Sir 7,33 – 35; TestSeb 6,1– 7,4; TestJos 1,5 – 7; 2Hen 9 f. Im 2Hen findet sich zudem die Vorstellung, dass jene, die diese Taten der Barmherzigkeit tun, einen bereiteten Ort erben (9,1fin) und jene, die sie nicht tun, an einen Ort mit dunklem Feuer und Eis gelangen (10,2), wobei der Untatenkatalog wesentlich umfänglicher ist als der Tatenkatalog.

Der Maßstab im Gericht ist folglich kein ethnischer, sondern ein ethischer. Demnach entscheidet sich die Frage nach dem Heil für die Völker auch nicht an deren ethnischer Herkunft, sondern an ihren Taten, die sie den „geringsten Brüdern“⁵³ und in ihnen Christus selbst tun. Es geht also um das Halten des göttlichen Willens. Dazu passt, dass die Tora in anderen Stellen im Mt ebenfalls in ethisierender Form ausgelegt wird (vgl. Mt 12,9 – 14; 15,15 – 19; 19,16 – 22; 22,36 – 40 u. ö.) und auch für die Völker als Maßstab des Tuns gilt (Mt 28,19 f).⁵⁴ Allerdings wird durch die Einspielung von Dtn 27 f nicht nur die Ethisierung der Tora deutlich, sondern es kommt auch zu einer grundlegenden Radikalisie-

 Eine Ausnahme stellt Dtn 27,15 dar, wo es um die Herstellung von Götzenbildern geht.  Zur Auslegung der Taten der Barmherzigkeit an den „geringsten Brüdern“ vgl. Friedrich, Gott, 164– 172; Gnilka, Mt II, 373 f; Davies/Allison, Mt III, 426 – 428; Brandenburger, „Taten“, 309 – 312; Heil, „Double Meaning“, 5 – 9; Nolland, Mt, 1028 – 1030; Grindheim, „Ignorance“, 315 – 319. Theobald, „Heil“, 238 f interpretiert die Taten der Barmherzigkeit als eine inhaltliche Konkretion der Goldenen Regel (Mt 7,12).  Die „geringsten Brüder“ (Mt 25,40.45) werden unterschiedlich gedeutet. Grob lassen sich die Positionen in zwei Gruppen einteilen. Jene, die in ihnen christliche Gemeindemitglieder sehen (vgl. z. B. Cope, „Sheep and Goats“, 44; Friedrich, Gott, 248 f; Court, „Right and Left“, 229; Stanton, Gospel, 215; Stettler, Gericht, 265), und jene, die in ihnen alle bedürftigen Menschen sehen (vgl. z. B. Christian, Jesus, 35; Wilckens, „Brüder“, 367– 372.382; Lohfink, „Universalismus“, 77 f; Meier, „Nations“, 99, Anm. 18; Brandenburger, Recht, 128 – 131; Gnilka, Mt II, 375; Blomberg, Mt (1992), 378; Marguerat, Jugement, 509; Davies/Allison, Mt III, 428 f; Nolland, Mt, 1032; Grindheim, „Ignorance“, 329 f; Konradt, Mt, 392). Dabei ist erstere Deutung nur dann sinnvoll, wenn zugleich von einer Deutung der πάντα τὰ ἔθνη ohne die christliche Gemeinde ausgegangen wird. Für eine doppelte Deutung, die beide Ansätze vereint, spricht sich Long, Mt, 285 f aus.  Vgl. dazu Kap. 8.4 und Kap. 10.4.

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9 Das Gericht – ein Gegensatz zur Partizipation der Völker am Heil?

rung des Bundesgedankens, wie er im Dtn vertreten wird. Während der dtr Bund explizit ein Bund mit einem Volk – nämlich Israel – ist, findet hier eine Universalisierung statt: Der Bund gilt πάντα τὰ ἔθνη (vgl. auch Mt 26,28)⁵⁵.⁵⁶ Gericht und Heil sind keine sich ausschließenden Konzepte, sondern über den Bundesgedanken aufs Engste miteinander verknüpft. Es gibt keine Teilhabe am Heil ohne eine Teilhabe am Gericht. Durch die Verbindung des gerichtlichen Geschehens mit den Segens- und Fluchreihen wird die existentielle Verbindlichkeit betont. Es geht um den Eingang ins Gottesreich und damit die endgültige Heilsteilhabe. Zusammenfassend gilt es festzuhalten, dass zwar „alle Völker“ (als Kollektiv) gesammelt werden, das Gericht jedoch über jeden Einzelnen ergeht.⁵⁷ Zugleich wurde aber auch deutlich, dass in Mt 25,31– 46 tatsächlich ein universales Weltgericht geschildert wird und kein Völkergericht.⁵⁸ Das Heil für die Völker ist folglich zwar eng mit dem Gericht verbunden, jedoch nur insofern, als das Heil jedes Menschen in Relation zum Gericht steht, in dem er nach seinem Tun des Willens Gottes beurteilt wird. Formale Gemeindezugehörigkeit ist keine Heilsgarantie.⁵⁹ Folglich können Menschen aus den Völkern wie aus der Gemeinde auf beiden Seiten des richterlichen Stuhls stehen. Zur Frage der Schriftenrezeption lässt sich sagen, dass die mt Gerichtsvorstellung (wie schon die Frage nach dem Heil der Völker) tief in den Vorstellungen der Schriften Israels verwurzelt, ist und zwar sowohl in Bezug auf das Bildmaterial als auch hinsichtlich der theologischen Vorstellungen.

 Siehe zu Mt 26,28 Kap. 6.4 sowie Kap. 10.1.  Die unterschiedliche Bewertung der Völker wird auch in Dtn 28,10 deutlich. Dort erfahren die Völker, dass der Name Jhwhs über Israel ausgerufen ist, sodass sie sich fürchten. In Mt 12,21 wird mit dieser Vorstellung jedoch gebrochen und der Name des Gottesknechts wird zur Hoffnungsperspektive für die Völker, vgl. Kap. 8.3.4. In Mt 28,19 ist der Name nicht mehr nur Hoffnungsperspektive, sondern wird für die Völker zum Grundsatz der Heilsteilhabe, vgl. Kap. 10.4.  Michaels, „Hardships“, 28, Anm. 6 weist auf eine parallele grammatikalische Verschiebung in Mt 25,32 und 28,19 f hin, aus der er folgert, dass die ἔθνη als Individuen behandelt werden: An beiden Stellen wechselt der neutrale Kasus von πάντα τὰ ἔθνη zu einem maskulinen αὐτούς. Vgl. weiterhin Blomberg, Mt (1992), 376; Gundry, Mt, 512.  Explizit von einem Völkergericht, wie es in den Schriften Israels vorkommt, geht hingegen Friedrich, Gott, 257 aus.  Vgl. schon die Debatte um die Abrahamsohnschaft (dazu Kap. 4.2) sowie die Deutung der Wendung „Söhne des Reiches“ in Mt 8,12 (dazu Kap. 4.3.3).

9.2 Die Völker im Gericht als Mitrichtende oder als Zeugen? – Mt 12,41 f

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9.2 Die Völker im Gericht als Mitrichtende oder als Zeugen? – Mt 12,41 f Im Anschluss an die Deutung des Gerichts über die Völker ist ein weiterer Aspekt zu bedenken, der den Fokus auf eine andere Rolle der Völker legt: Können die Völker Mitrichtende oder Zeugen im Gericht sein? Dieser Frage ist anhand von Mt 12,41 f nachzugehen. Nach der ersten Zeichenforderung (Mt 12,38) der Pharisäer und Schriftgelehrten sowie den Ausführungen Jesu zum Zeichen des Jona (Mt 12,39 f; vgl. Jona 2,1)⁶⁰ finden sich zwei Beispiele, in denen das Ergehen „dieses Geschlechts“ (τῆς γενεᾶς ταύτης) im Gericht näher bestimmt wird. Dass mit τῆς γενεᾶς ταύτης die Autoritäten gemeint sind, liegt von V. 38 her nahe.⁶¹ Es geht in V. 41 f demnach speziell um deren Ergehen im Gericht⁶² und nicht, wie in Mt 25,31– 46, um das  Das Zeichen des Jona wird im mt Text (Mt 12,40), anders als in der Lukasparallele (Lk 11,30), eindeutig auf Jonas Zeit im Bauch des Fisches gedeutet. Dadurch ist eine direkte Parallelisierung zwischen der Predigt Jonas vor den Niniviten und der Predigt Jesu vor den Nicht-Israeliten nicht sinnvoll – zumal, wie Gundry, Mt, 245 treffend bemerkt, zu konstatieren ist: „Neither does the sign of Jonah have anything to do with preaching to Gentiles, for Jesus did not preach to Gentiles“. Steht die Rede vom Zeichen des Jona jedoch für Jesu Tod und Auferstehung, so ist es konsequent, dass in V. 41 der Fokus nun doch auf die Predigt Jonas gelenkt wird, da erst nach Tod und Auferstehung Jesu mit dem universalen Missionsbefehl (Mt 28,18 – 20) dessen Verkündigung an alle Welt gerichtet ist. Nur unter diesem Fokus sind die angeschlossenen Beispiele des endzeitlichen Gerichts (V. 41 f) sinnvoll.  Vgl. Fiedler, Mt, 257 f; Konradt, Israel, 239 f; Konradt, Mt, 204. Die Autoritäten treten in V. 38 mit der Zeichenforderung an Jesus heran. Hier zeigt sich das redaktionelle Interesse von Matthäus, die Autoritäten negativ zu zeichnen, wohingegen es in Lk 11,29 – 32 die Volksmengen sind, auf die Jesus mit seiner Aussage über das böse Geschlecht Bezug nimmt. Häufig wird der Ausdruck τῆς γενεᾶς ταύτης jedoch auf ganz Israel gedeutet (so z. B. von Bonnard, Mt, 184; Schniewind, Mt, 162; Strecker, Weg, 105 f; Gnilka, Mt I, 465; Menninger, Israel, 141; Luz, Mt II, 276; France, Mt, 489; Basser/Cohen, Mt, 318 [„the Jews“]). Hoffmann, „Auferweckung“, 114 f erkennt, dass die Bezüge zu den Autoritäten bestehen, deutet diese jedoch als Repräsentanten Israels und geht schließlich dennoch von der Verwerfung ganz Israels aus. Nicht für ganz Israel, sondern für jene Israeliten, die Zeitgenossen Jesu waren, votieren z. B. Klostermann, Mt, 112; Green, „Matthew 12.22– 50“, 169. Eine weitere Deutung bietet Walker, Heilsgeschichte, 35 – 38, der darin „das Israel der eschatologischen Stunde“ (37; Hervorhebung im Original) sieht.  Auch schon V. 39 ist auf die Autoritäten zu deuten: γενεὰ πονηρὰ καὶ μοιχαλὶς σημεῖον ἐπιζητεῖ. Luz, Mt II, 273 weist darauf hin, dass πονηρός im Mt des Öfteren das durch Gott im Gericht Verurteilte bezeichnet (vgl. Mt 7,17– 19; 12,34– 36; 13,38 – 40.49), ebenso wie μοιχαλίς nicht nur den Ehebruch, sondern in Bezug auf Gott auch den Bundesbruch durch die Zuwendung zu fremden Göttern meinen kann (vgl. Hos 3,1; Ez 16,36 – 38; Jes 57,3 – 9; Jer 13,26 f u.ö.). So z. B. Glombitza, „Zeichen“, 361 f; Frankemölle, Mt II, 151. Anders Schlatter, Evangelist Matthäus, 415, der zwar den Bezug ebenfalls herstellt, dann jedoch „keine Nötigung zur allegorischen Ausdeutung“ sieht und von einer „boshafte[n] und erotisch verwilderte[n] Schar“ ausgeht.

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Ergehen aller Menschen. Der Ausdruck ἐν τῇ κρίσει ist nicht eindeutig auf das endzeitliche Gericht zu beziehen, doch da im Kontext immer wieder vom endzeitlichen Gericht die Rede ist (vgl. Mt 11,21.24 [ἐν ἡμέρᾳ κρίσεως] sowie 12,36 [ἐν ἡμέρᾳ κρίσεως]), ist diese Deutung auch für Mt 12,41 f wahrscheinlich. Über diese Gerichtsschilderung heißt es nun zweimal (mit parallelem Satzbau)⁶³, dass Menschen aus den Völkern mit diesem Geschlecht, also den Autoritäten, auf(er)stehen (ἀναστήσονται/ἐγερθήσεται) werden: In V. 41 sind es Männer Ninives (ἄνδρες Νινευῖται).⁶⁴ Diese stellen im gegebenen Kontext insofern ein sinnvolles Beispiel dar, als damit auf das Zeichen des Jona ein weiteres Beispiel aus der Jonaerzählung folgt (vgl. Jona 3).⁶⁵ Weniger eindeutig ist die Deutung der in V. 42 genannten südländischen Königin (βασίλισσα νότου), da dieser Ausdruck in den Schriften Israels nicht verwendet wird.⁶⁶ Aufgrund der Nennung Salomos in V. 42b wird sie jedoch meistens zu Recht als die Königin von Saba

 Auf die Erwähnung, dass Menschen aus den Völkern mit diesem Geschlecht im Gericht aufstehen werden, folgt der Akt des Verurteilens. Dieser wird durch einen mit ὅτι angeschlossenen Nebensatz begründet, in dem die jeweilige positive Tat der Menschen aus den Völkern genannt ist. Den Abschluss bildet die formelhafte Aussage καὶ ἰδοὺ πλεῖον … ὧδε.  Die auffällige Tatsache, dass es Männer Ninives (ἄνδρες Νινευῖται) statt allgemeiner Menschen Ninives/Niniviten (ἄνθρωποι Νινευῖται) heißt, wird z.T. mit den antiken gesellschaftlichen Gegebenheiten begründet (vgl. z. B. Nolland, Mt, 512). Allerdings finden sich im Mt auch an anderen Stellen dezidiert männlich-weibliche Paare (vgl. z. B. Mt 6,26 – 30; 7,26/25,2; 8,1– 10/ 15,21– 28; 9,16 f; 24,40 – 42), wodurch ἄνδρες hier bewusst als Gegenstück zur weiblichen Königin des Südens (βασίλισσα νότου) stehen könnte. Vgl. zu den männlich-weilblichen Paaren in den synoptischen Traditionen auch Aurelius, „Gottesvolk“, 428 f.  So Schweizer, Mt, 189; Lybæk, New and Old, 221; Konradt, Israel, 240; Harrington, Mt, 189. Als weiteren Verweis auf Jona deutet Green, „Matthew 12.22– 50“, 168 f die Sturmstillung (Mt 8,23 – 26). Zu nennen sind zudem der zweite Verweis auf das Zeichen des Jona (Mt 16,4), die intratextuelle Anspielung darauf in Mt 27,63 sowie 16,17, wo Petrus mit dem Beinamen „Sohn des Jona“ (Σίμων Βαριωνᾶ) angesprochen wird.  In TestSal 19,3; 21,1 findet sich der Ausdruck ebenfalls, doch ist daraus kein üblicher Gebrauch dieser Bezeichnung für die Königin von Saba abzuleiten, da das Testament Salomo christliche Einflüsse aufweist und der Hauptbestandteil der Texte von der Mehrheit der Forschung ab dem 3. Jh. n.Chr. datiert wird (vgl. Klutz, Testament of Solomon, 34). Zudem steht die Erzählung dort nicht im Zusammenhang mit der Weisheit Salomos und die Königin selbst wird eher negativ gezeichnet (vgl. Klutz, Testament of Solomon, 69 f). Nolland, Mt, 512, Anm. 111 spricht sich dafür aus, dass die Möglichkeit jedoch auch nicht ausgeschlossen werden kann. Hinzu kommt, dass die Königin von Saba im Frühjudentum sonst praktisch nicht rezipiert wird, weder in den pseudepigraphischen Schriften noch bei Philo. Allein Josephus bietet in Ant 8,165 – 175 eine Nacherzählung von 1Kön 10, wobei die Königin, die nach Jerusalem kommt, um Salomos Weisheit zu testen, hier nicht aus Saba stammt, sondern über Ägypten und Äthiopien herrscht.

9.2 Die Völker im Gericht als Mitrichtende oder als Zeugen? – Mt 12,41 f

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gedeutet.⁶⁷ Die zugrunde liegende Erzählung aus den Schriften ist dann 1Kön 10,1– 13/2Chr 9,1– 12.⁶⁸ Für den zu untersuchenden Zusammenhang ist jedoch allein wichtig, dass es sich in beiden Fällen um Menschen aus den Völkern handelt. Dies ist besonders unter dem Aspekt ihrer Aufgabe bemerkenswert: Sie sind scheinbar jene, die an der Verurteilung der Autoritäten aktiv als Richtende beteiligt sind. Das Subjekt von κατακρινοῦσιν ist nicht, wie von Mt 25,31– 46 her zu erwarten wäre, der Menschensohn, der als Weltenrichter fungiert. Die Vorstellung, dass Nicht-Israeliten eine derartige Funktion im Gericht einnehmen, findet sich in den Schriften Israels nicht. Überhaupt ist eine aktive Rolle von Menschen im Gericht dort selten belegt. Selbst wenn sie als Gottes Werkzeuge agieren, bleibt es letztlich Gottes Gericht.⁶⁹ Allerdings finden sich einige wenige Texte, in denen Menschen dennoch eine aktive Rolle im Gericht zugeschrieben wird. In Verbindung mit κατακρίνω, das in den Schriften selten belegt ist,⁷⁰ sind frühjüdisch SapSal 4,16 und PsSal 4,2 zu nennen. In PsSal 4,2 ist es zwar immer noch Gott, der die Sünder im Gericht verurteilt (κατακρῖναι ἁμαρτωλοὺς ἐν κρίσει), doch sind es die Frommen, die dieses Urteil zum gerechten Gericht erklären sollen. SapSal 4,16 geht hingegen weiter und schreibt dem Gerechten sogar die Rolle des Verurteilenden zu: „Verurteilen aber wird der entschlafene Gerechte die lebenden Gottlosen“ / κατακρινεῖ δὲ δίκαιος καμὼν τοὺς ζῶντας ἀσεβεῖς. Auch an anderer Stelle sind es stets die Gerechten (SapSal 3,7 f; Jub 24,29; 1Hen 95,3; evtl. auch 1Hen 96,1 und 98,12), die Frommen (Ps 149,5.7.9) oder die Heiligen (Dan 7,22LXX)⁷¹, denen eine (im Einzelfall unterschiedlich ausgeprägte) aktive Rolle im Gericht zufällt.⁷² Wird durch diese Texte tatsächlich der

 Vgl. Argyle, Mt, 98; Correns, „Jona“, 90; Senior, Mt, 143 f; Fiedler, Mt, 257; France, Mt, 492; Harrington, Mt, 189; Blomberg, „Mt (2009)“, 44 f.  Vgl. Klostermann, Mt, 112; Schweizer, Mt, 190; Correns, „Jona“, 90; Green, Mt, 129; Gundry, Mt, 245; Konradt, Mt, 205. Zahn, Mt, 471, Anm. 7 verweist auf die Möglichkeit, dass mit νότος auch die Sabäer in Äthiopien gemeint sein könnten, da die LXX in Gen 10,7 ‫ סבא‬ebenfalls mit Σαβα übersetzt.  Vgl. zur Rolle von Völkern als Werkzeuge Jhwhs Kap. 2.2.2.  Κατακρίνω kommt vor allem in späten Texten vor, vgl. Est 2,1LXX; Dan 4,37LXX; DanSus 1,53LXX; 1,41.48.53TH. Frühjüdisch vgl. Josephus, Ant 10,124. Wesentlich häufiger findet sich das Verb in neutestamentlichen Schriften (vgl. Lk 11,31 f; Mk 10,33; 14,64; 16,16; Joh 8,10 f; Röm 2,1; 8,3.34; 14,23; 1Kor 11,32; Hebr 11,7; 2Petr 2,6). Innerhalb des Mt steht es noch in Mt 20,18 und 27,3, wobei in beiden Fällen die Verurteilung Jesu zum Tode gemeint ist.  Wobei zu bedenken ist, dass unter „Heiligen“ vermutlich keine Menschen zu verstehen sind, sondern der himmlische Hofstaat (vgl. Sach 14,5; Sir 42,17; 1Hen 47,2).  Vgl. Roose, Eschatologische Mitherrschaft, 102 f.

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9 Das Gericht – ein Gegensatz zur Partizipation der Völker am Heil?

Deutungsrahmen für Mt 12,41 f deutlich,⁷³ so liegt hier ein Bild vor, das den traditionellen Erwartungen widerspricht: Es sind keine Gerechten, sondern Menschen aus den Völkern.⁷⁴ Zwar zeichnen sie sich durch ihre Buße und Erkenntnis von Weisheit aus, doch heißt es in Jona 1,2, dass die Männer von Ninive zuvor boshaft waren, und von der Königin von Saba, dass sie kam, um Salomo auf die Probe zu stellen (1Kön 10,1/2Chr 9,1). Demgegenüber ist ein alternativer Deutungsvorschlag zu machen. Dieser ergibt sich, legt man den Ton nicht auf κατακρίνω, sondern auf ἀνίστημι. ᾿Aναστήσονται lässt im forensischen Kontext (ἐν τῇ κρίσει) an das Aufstehen der Zeugen gegen den Angeklagten denken.⁷⁵ Eine parallele Formulierung findet sich in Jes 54,17LXX: „Alle Stimmen werden aufstehen gegen dich zum Gericht“ (πᾶσα φωνὴ ἀναστήσεται ἐπὶ σὲ εἰς κρίσιν). Hier geht es um den Akt des Zeugnisablegens gegen jemanden im Gericht. Liegt im Aufstehen jedoch ein Zeugenakt vor, so erhalten auch in Mt 12,41 f die Menschen aus den Völkern den Status von Zeugen, die durch ihr gelebtes Beispiel den Maßstab bilden, an dem „dieses Geschlecht“ gemessen wird.⁷⁶ Ein mitrichtender Aspekt wäre dann höchstens indirekt gegeben.⁷⁷ Anlass für das Handeln dieser Menschen aus den Völkern waren die Gerichtsankündigung Jonas sowie die Kunde von der Weisheit Salomos. Mit Jesu messianischen Wundertaten und seiner vollmächtigen Lehre ist dieser Generation hingegen ein „Mehr“ (πλεῖον)⁷⁸ vor Augen gestellt, welches das, was jene wissen konnten, übersteigt. Dennoch handeln die Autoritäten konträr zu dem von ihnen Erlebten. Insofern ließe sich für die Autoritäten folgern, dass es letztlich nicht die Völker sind, die sie verurteilen, sondern ihre eigenen Handlungen und Reaktio-

 So z. B. Konradt, Israel, 240, Anm. 299; Luz, Mt II, 280; dagegen Nolland, Mt, 512, Anm. 109.  Einschränkend ist anzumerken, dass vereinzelt auch Menschen aus den Völkern als Gerechte bezeichnet werden können (vgl. z. B. Hiob 1,1; Ez 14,14.20).  Vgl. z. B. Schlatter, Evangelist Matthäus, 418. Anders hingegen Zahn, Mt, 471, Anm. 6, der in allen (diesem Geschlecht, den Niniviten und der Königin des Südens) „Objekte der richtenden Tätigkeit Gottes“ sieht.  Vgl. Büchsel, „Art. κατακρίνω“, 953; Schenk, „Art. κατακρίνω“, 640 f. Davies/Allison, Mt II, 358 schreiben: Κατακρινοῦσιν „here means, in effect, ‚they will be the standard by which this generation will be condemned by God‘“. Vgl. weiterhin Klostermann, Mt, 112; Basser/Cohen, Mt, 315.  Schenk, „Art. κατακρίνω“, 640 f korreliert den Vers weiterhin mit SapSal 4,16, kommt jedoch zu einem ähnlichen Ergebnis: „Der weisheitseschatologische Grundsatz […], nach dem die Taten der einen den Maßstab für das Verhalten der anderen abgeben, um sie als im Unrecht befindlich zu erweisen und so die Verurteilung zu bewirken […] wird von QLk (par. Mt 12,41 f) […] verwendet.“ Vgl. außerdem: Stoevesandt, Jesus, 72; Nolland, Mt, 512, Anm. 109.  Vgl. zu diesem Motiv z. B. Lybæk, New and Old, 137– 196.

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nen auf das Wirken und die Lehre Jesu. Damit liegt wiederum ein Zusammenhang vor, wie er bereits in frühjüdischen Texten immer wieder vorkommt (vgl. SapSal 4,20; 2Bar 24,1; 40,1; 48,47; 4Esra 7,35).⁷⁹ Die Rolle der Völker besteht dann nur darin, diesen Konnex noch deutlicher hervortreten zu lassen. Zu verweisen ist zudem auf Mt 11,21– 24,⁸⁰ wo ebenfalls im Rahmen einer Gerichtsdrohung Völker als Beispiele genannt werden. Im Unterschied zu Mt 12,41 f sind es dort jedoch keine Völker, die durch ihre positiven Taten bekannt sind, sondern Sidon und Tyrus sowie Sodom, die als prototypisch-frevelhafte Städte gelten.⁸¹ Gerade diese Negativzeichnung wird jedoch in einem argumentum a fortiori irrealis als vermeintlich positive Aussage dargestellt: Wenn diese Städte gesehen hätten, was die galiläischen Städte sahen, so wären sie (trotz ihrer Schlechtigkeit) umgekehrt. Umso schlimmer erscheint das Verhalten der galiläischen Städte.

In Mt 12,41 f handelt es sich einerseits um ein Bild, das die Autoritäten besonders negativ zeichnen soll, das aber andererseits tatsächlich für Rückschlüsse auf deren Ergehen im endzeitlichen Gericht durchlässig ist.⁸² Für diesen eschatologischen Bezug sprechen zum Beispiel das Futur des Verbes⁸³ sowie die Verbindung von ἀνίστημι mit μετά (anders als in Jes 54,17LXX, wo das Verb mit ἐπί steht).⁸⁴ Des Weiteren ist auf den Wechsel von ἀναστήσονται in V. 41 zu ἐγερθήσεται (Passiv) in V. 42 hinzuweisen, was ebenfalls auf die allgemeine Auferstehung der Toten hindeutet.⁸⁵ Insofern ist auch für die Frage nach dem Heil für die Völker und ihrem Ergehen im Gericht eine vorsichtige Aussage zu machen, selbst wenn deren Ergehen

 Manchmal sind es nicht die eigenen Handlungen, sondern die eigenen Worte, die zum Zeugnis gegen denjenigen werden, der sie ausspricht (vgl. 1Hen 96,4; 97,4).  Auf diesen Zusammenhang verweisen auch Bruner, Mt I, 577; France, Mt, 492.  Vgl. zu Tyros und Sidon auch Kap. 6.1.  Für einen Verweis auf das Endgericht sprechen sich aus Klostermann, Mt, 112; Zahn, Mt, 471; Albright/Mann, Mt, 159; Davies/Allison, Mt II, 358; Nolland, Mt, 512; Konradt, Mt, 205. Damit ist noch nicht gesagt, dass die Bildebene eins zu eins als Folie für die tatsächlichen Ereignisse zu deuten ist. Auch folgt daraus nicht zwingend eine Systematisierung der Vorstellungen in Mt 12,41 f mit denen in 19,28 und 25,31– 46. Vielmehr bringen die Texte jeweils eigene Akzente zum Ausdruck, die kein kohärentes Gesamtbild ergeben müssen (vgl. z. B. Stanton, Gospel, 213). In frühjüdischen Texten ist das Nebeneinander von unterschiedlichen Vorstellungen ebenfalls belegt, vgl. z. B. 1Hen 92– 104 (Konradt, Gericht, 16, Anm. 102); weiterhin Müller, „Gott als Richter“, 43.  Vgl. Davies/Allison, Mt II, 358.  Vgl. Schniewind, Mt, 162. Zahn, Mt, 471, Anm. 6 weist darauf hin, dass die Wendung ein gemeinsames Vortreten vor den Richter meint.  Vgl. Gnilka, Mt I, 467; Nolland, Mt, 512; France, Mt, 492, Anm. 17; Luz, Mt II, 280, Anm. 60. Anders hingegen Schweizer, Mt, 190, der diese Möglichkeit zwar sieht, sie aber für unwahrscheinlich hält.

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nicht im Fokus von Mt 12,41 f steht: Matthäus geht es grundlegend um das konkrete Verhalten. Den Autoritäten wird für ihr Verhalten ein Nichtbestehen im Gericht angekündigt, wohingegen für die Völker deutlich wird, dass sie ebenfalls an ihrem konkreten Verhalten gemessen werden. Sie werden im Gericht nicht deshalb verurteilt oder freigesprochen, weil sie zu den Völkern gehören. Vielmehr ist der Maßstab auch für sie, wie sie sich zur jesuanischen Botschaft verhalten. Die Niniviten hörten auf die Umkehrbotschaft Jonas,⁸⁶ die Königin des Südens auf die Weisheit Salomos, sodass in den Beispielen sowohl Jesu Umkehrruf (Mt 4,17) anklingt als auch seine Lehre und Weisheit (Mt 5 – 7; vgl. auch 11,9.19).⁸⁷ Besonders die Verkündigung Jesu ist in Mt 28,19 f – vermittelt durch die Jünger – explizit an alle Völker gerichtet.⁸⁸ Es lässt sich also zu Recht sagen, dass schon in Mt 12,41 f von 28,19 f her ein Aspekt der intendierten Völkermission zu erkennen ist und damit das Angebot an die Völker zur Heilsteilhabe.⁸⁹ Diese grundlegende Möglichkeit ist auch hier als den Schriften inhärent dargestellt, wie es durch die angeführten Beispiele selbst deutlich wird.⁹⁰

 Dies gilt auch für die frühjüdische Rezeption der Jonaerzählung. Vgl. z. B. PseudPhiloJona: Hier fällt die Gerichtspredigt Jonas deutlich länger aus als in Jona 3,4b. Hauptvorwürfe an die Niniviten sind Gottlosigkeit und ethische Vergehen (Ehebruch, Bedrängnis der Armen usw.), die durch den anthropologischen Vorwurf der Bosheit begründet werden (PseudPhiloJona 103 – 107). Insofern passt die pseudo-philonische Gerichtspredigt Jonas inhaltlich erstaunlich gut zum mt Vorwurf an die Pharisäer, die als γενεὰ πονηρὰ καὶ μοιχαλίς bezeichnet werden (Mt 12,39). Aber auch der Bußakt wird wesentlich ausführlicher dargestellt (PseudPhiloJona 111– 157) und z. B. durch eine Volksversammlung mit langer moralischer Rede eingeleitet (PseudPhiloJona 111– 141).  Durch das Motiv der Weisheit entsteht eine intratextuelle Verbindung von Mt 12,42 mit 11,19 (ἐδικαιώθη ἡ σοφία ἀπὸ τῶν ἔργων αὐτῆς). Während die Königin von Saba sich von der Weisheit Salomos beeindrucken ließ, die zwar von Gott gewährt, aber doch eine menschliche Weisheit war, erfahren die Autoritäten das „Mehr“ der Weisheit des Menschensohns durch dessen Werke (vgl. Mt 11,2 [τὰ ἔργα τοῦ Χριστοῦ]; 11,19). Luz, Mt II, 281 verweist auf Mt 11,28 – 30, wo Jesus „die Funktion der göttlichen Weisheit übernommen hatte“. Einen anderen Akzent setzt Glombitza, „Zeichen“, 364, indem er in der Nennung Salomos einen Verweis auf „die Tat der erbarmenden Liebe dieses messianischen Königs“ sieht.  Vgl. dazu Kap. 10.4.  Ähnlich Luz, Mt II, 278: „Indem unser Text auf das Jonazeichen das Zeugnis von zwei Heiden gegen Israel folgen läßt (12,41 f), signalisiert er auch diese große Wende des Weges Gottes von Israel zu den Heiden im voraus.“ Freilich liegt der Unterschied in der Auslegung darin, dass für U. Luz die Wende Gottes zu den „Heiden“ gleichzeitig die Abkehr von Israel darstellt. Konsequenterweise deutet er γενεά schon von V. 39 her auf Israel, mit dem Verweis, dass es sowohl zeitlich, also die Generation zur Zeit Jesu, als auch ethnisch, also Gesamtisrael, meinen könne (276). Vgl. weiterhin Senior, Mt, 144.  Vgl. darüber hinaus Kap. 2.3. Lybæk, New and Old, 196 sieht darin einen grundlegen Aspekt der christologischen Aussagen, die mit πλεῖον/μεῖζον gebildet sind. Dass einige Exegeten (exemplarisch Schniewind, Mt, 162) Mt 12,42 auf dem Hintergrund der Völkerwallfahrt zum Zion

9.3 Zwischenfazit

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Matthäus übernimmt demnach nicht nur bekannte biblische Erzählungen, die für seine Kritik an den Autoritäten illustrierenden Charakter haben, sondern indirekt auch die bereits in den Schriften vertretenen Vorstellungen, dass Menschen aus den Völkern eine unmittelbare Gottesbeziehung haben können, zur rechten Erkenntnis gelangen und somit die Möglichkeit der Teilhabe am endzeitlichen Heil haben.

9.3 Zwischenfazit Das Hervorheben der Gerichtsperspektive in der Frage nach dem Heil für die Völker hat ergeben, dass Gericht und Heil eng zusammengehören und ähnlich den Fluch- und Segensvorstellungen der dtr Bundestheologie (Dtn 27 f) aufeinander bezogen werden. Dies geschieht jedoch in einem universalistischen Sinn: Es geht um ein Weltgericht, um das Ergehen aller Völker. Der Befund der Schriften zu πάντα τὰ ἔθνη spricht zwar nicht explizit für eine universale Deutung des Begriffs, ist aber für eine solche dennoch offen. Von einem Völkergericht, das allein über die (nichtchristusgläubigen Menschen aus den) Völker(n) ergeht, kann hingegen keine Rede sein, wie auch eine Gegenüberstellung von Gemeinde⁹¹ und Völkern von falschen Voraussetzungen ausgeht. Zwar werden Menschen aus den Völkern gerichtet, jedoch nicht ob ihrer Zugehörigkeit zu den Völkern. Der Maßstab ist kein ethnischer, sondern ein ethischer. Durch Anspielungen in die Schriften (bes. auf Dan 7,13 fLXX) wird die universale Perspektive der Gerichtsschilderung christologisch im universalen Königtum des Menschensohns fundiert. Die mt Position kann demnach auch hier grundlegend begründende Bezüge in die Schriften geltend machen (autorisierende Rezeption). Neben der Frage nach der Bedeutung des Gerichts für die Völker, bei dem sie als Zu-Richtende vor dem Thron des universalen Weltenherrn gesammelt werden, ist ihre Anwesenheit im gerichtlichen Geschehen unter einem weiteren Aspekt zu bedenken: In Mt 12,41 f werden sie in einem Wort gegen die Autoritäten angeführt. Je nachdem, wie in der Deutung der Schwerpunkt gesetzt wird, ergeben sich für

deuten, erscheint wenig sinnvoll. Zwar kam die Königin des Südens von den Enden der Erde (ἐκ τῶν περάτων τῆς γῆς, V. 42), doch fehlen sonst typische Motive der Völkerwallfahrt (vgl. Kap. 2.3.9). Die Parallele, dass die Völker in Jes 2,2– 4 zum Zion wallfahren, um dort Tora zu lernen, wie auch die Königin des Südens von der Weisheit Salomos gehört hat, reicht nicht aus, zumal es in Jes 2,2– 4 um die göttliche Weisung geht. Explizit gegen die Vorstellung der Völkerwallfahrt als Grundlage für Mt 12,41 f äußert sich Luz, Mt II, 280.  Vgl. zum Aspekt des Gemeindegerichts zudem Mt 22,11– 14, Kap. 6.3.

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9 Das Gericht – ein Gegensatz zur Partizipation der Völker am Heil?

die Völker unterschiedliche Rollen. Zum einen können sie als Mitrichtende aufgefasst werden. Eine solche Deutung wäre im Licht der Schriften Israels analogielos. Dort sind es höchstens die Gerechten, denen eine solche Rolle zufallen kann. Zum anderen kann der Akzent auch auf dem „Aufstehen“ der genannten Völker im Gericht gegen die Autoritäten gesehen werden, sodass den Völkern die Rolle von Zeugen zufällt. Für Letzteres spricht sowohl, dass damit eine Vorstellung aus den Schriften Israels eingespielt wird, als auch, dass in dieser Lesart die Möglichkeit einer gewissen Kongruenz zu Mt 25,31– 46 gesehen werden kann. Denn sind die Völker Zeugen im Gericht, so legen sie dieses Zeugnis durch ihre Taten ab, durch die wiederum das Verhalten der Autoritäten gegenüber dem Christusgeschehen als besonders falsch gekennzeichnet wird. Somit sind es auch hier letztlich die Taten, die den Ausschlag über das Ergehen im Gericht geben.

10 Der auferstandene Christus als Weltenherr – Grund für die Partizipation der Völker am Heil? Im Unterschied zu den vorherigen Kapiteln, die jeweils bestimmte aus den Schriften bekannte Topoi und Formen der möglichen Heilsteilhabe der Menschen aus den Völkern beleuchtet haben, geht es nun um die konkrete Durchsetzung des Heils für die Völker. Dabei rückt zunächst die soteriologische Relevanz des Todes Jesu für die „Vielen“, wie sie in Mt 20,28 und 26,28 geschildert wird, in den Blick (10.1) und in einem weiteren Schritt (10.2) die besondere Schriftengebundenheit der Passion (Mt 26,24.54.56). Eine gewisse überleitende, Tod und Auferstehung bereits verbindende Funktion nimmt Mt 27,54 ein, da dort „heidnische“ Soldaten Jesus im Kontext seines Todes als Gottessohn bekennen (10.3). Zuletzt gilt es, auf den Missionsbefehl zu allen Völkern mit seinen zahlreichen intratextuellen Verweisen einzugehen (Mt 28,16 – 20), wobei der christologische Aspekt des auferstandenen und erhöhten Weltenherrn sowie der Auftrag an die Jünger hinsichtlich der Heilspartizipation der Völker in den Blick kommen (10.4).

10.1 Der Tod Jesu und die Erlösung „für viele“ – Mt 20,28 und 26,28 Im Mt gibt es neben den zahlreichen Hinweisen auf die anstehende Passion Jesu zwei Texte, die explizit eine Deutung des Todes Jesu anbieten: Mt 20,28 und 26,28. In beiden Versen wird der Tod Jesu mit der Auslösung von Menschen und der Sündenvergebung verknüpft. Die Empfänger dieses Heilsgeschehens sind jeweils die „Vielen“ (οἱ πολλοί), deren Identität hier erneut von besonderem Interesse ist. Mt 26,28 wurde bereits im Rahmen der Völkermahlthematik schwerpunktmäßig besprochen.¹ In Mt 20,28² heißt es:

 Vgl. zu dieser Textstelle ausführlich Kap. 6.4.  Mt 20,28 ist mit Mk 10,45, abgesehen von der einleitenden Präposition (καὶ γάρ / ὥσπερ) identisch. Daher wird zur Klärung des Verhältnisses von Mt 20,28 zu Jes 53 (solange es nicht um kontextbezogene Argumente geht) auch auf Literatur zu Mk 10,45 Bezug genommen, ohne diese jeweils explizit als auf Mk bezogen zu kennzeichnen. https://doi.org/10.1515/9783110594287-011

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10 Der auferstandene Christus als Weltenherr

Mt , ὥσπερ ὁ υἱὸς τοῦ ἀνθρώπου οὐκ ἦλθεν διακονηθῆναι ἀλλὰ διακονῆσαι καὶ δοῦναι τὴν ψυχὴν αὐτοῦ λύτρον ἀντὶ πολλῶν.

Mt , Wie der Menschensohn nicht gekommen ist, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und zu geben sein Leben³ als Lösegeld für viele.

Für die Frage nach der Partizipation der Völker am Heil wie für die Deutung der „Vielen“ ist besonders auf die Diskussion um eine mögliche Anspielung auf Jes 53 zu verweisen. Die Bedeutung von Jes 53 für dieses Logion, für die sich einige Parallelen anführen lassen, wird weitgehend anerkannt:⁴ So kommt δοῦναι τὴν ψυχὴν αὐτοῦ (Mt 20,28) nahe an die Formulierung ‫ תשים אשם נפשו‬in Jes 53,10MT oder an παρεδόθη εἰς θάνατον ἡ ψυχὴ αὐτοῦ in Jes 53,12LXX heran. Die Rede von den „Vielen“ kann zwar ob der Allgemeinheit des Ausdrucks nicht als ausschließliches Argument für den Bezug auf Jes 52,13 – 53,12 angesehen werden, doch kann sie aufgrund der Häufigkeit des Begriffs in Jes 52 f (vgl. Jes 52,14.15; 53,12.13) als unterstützendes Argument gelten.⁵ Weiterhin kommt hinzu, dass Jes 53,12 in Mt 26,28 ebenfalls eine Rolle spielt⁶ und Jesaja an sich zu den wichtigsten Schriften für Matthäus gehört.⁷ Insofern ist eine Anspielung trotz der sprachlichen Unschärfe wahrscheinlich, zumal durch die Anklänge auch das theologische

 Dafür, dass ψυχή hier in einem umfassenden Sinn als „Leben“, entsprechend dem hebr. ‫נפש‬, übersetzt werden sollte, vgl. exemplarisch Hagner, Mt II, 583; Davies/Allison, Mt III, 95.  Vgl. z. B. Jeremias/Zimmerli, „Art. παῖς θεοῦ“, 704; Fuller, Mission, 56 – 58; Jeremias, Abendmahlsworte, 92 f; Lohse, Märtyrer, 120 – 122; Higgins, Jesus, 204 f; Hahn, Hoheitstitel, 57; France, Jesus, 116 – 121; Moulder, „Background“, 120 – 122; Gnilka, Mt II, 190; Gundry, Mt, 404; Hagner, Mt II, 582; Marcus, „Old Testament“, 217; Davies/Allison, Mt III, 95 f; Watts, „Jesus’ Death“, 126.136.146; Hahn, Theologie II, 386; France, Mt, 762; Harrington, Mt, 287; Blomberg, „Mt (2009)“, 63; Konradt, Mt, 318. Oft gehen die Genannten weniger von einer wörtlichen Abhängigkeit aus als von einer Gemeinsamkeit der Idee oder des Konzeptes. Als möglicher Bezugstext wird Jes 53 von Nolland, Mt, 824 f angesehen, ohne dass er sich auf einen bestimmten Schriftenbezug festlegt. Ebenfalls eher vorsichtig äußert sich Morris, Mt, 513.  Auf die dichte Verwendung von πολύς verweisen Jeremias/Zimmerli, „Art. παῖς θεοῦ“, 709; Lohse, Märtyrer, 119 f; Wolff, Jesaja 53, 60.  Vgl. zur Bedeutung von Jes 53,12 in Mt 26,28 Kap. 6.4.  Jesaja wir im gesamten Mt sechs Mal namentlich genannt (Mt 3,3; 4,14; 8,17; 12,17; 13,14; 15,17) und damit von allen Propheten am häufigsten. An allen genannten Stellen folgt ein Zitat aus Jesaja. Hinzu kommen weitere Zitate aus Jesaja, die nicht explizit mit dessen Namen verbunden sind (vgl. z. B. Mt 1,23/Jes 7,14; Mt 21,13/Jes 56,7; Mt 24,29/Jes 34,4) sowie viele Anspielungen (vgl. exemplarisch Mt 8,11/Jes 25,6; Mt 21,33/Jes 5,1– 7; Mt 23,23/Jes 1,17; Mt 24,37/Jes 54,9). Zur Bedeutung Jesajas für Matthäus vgl. weiterhin Grimm, Weil ich dich liebe; Wolff, Jesaja 53, 71– 78; Ploch, Jesaja-Worte; Leske, „Isaiah“, 152– 169; Beaton, Isaiah’s Christ; Blomberg, „Old Testament“, 17– 33; Poulsen, God.

10.1 Der Tod Jesu und die Erlösung „für viele“ – Mt 20,28 und 26,28

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Konzept der Knechtsgestalt und das stellvertretende Leiden für andere in den Blick kommen. Allerdings gibt es auch einige Stimmen, die den Bezug des Logions von Jes 52,13 – 53,12 aufgrund der als zu gering eingeschätzten sprachlichen Übereinstimmungen ablehnen.⁸ Als Argument wird oft das Verb διακονεῖν angeführt, das nicht in Jes 53 vorkommt und in der LXX nie für ‫ עבד‬steht.⁹ Ähnliches gilt für λύτρον, das nur hier in den frühchristlichen Texten genannt wird und in der LXX nie für das in Jes 53,10 vorkommende ‫ אשם‬genutzt wird.¹⁰ Als alternativer Bezug wird z.T. Jes 43,3 f vorgeschlagen,¹¹ da dort das für λύτρον üblichere ‫ כפר‬steht.¹² Hinzu kommt, dass es in diesen Versen ebenfalls um

 So z. B. Hooker, Jesus, 78 f. Vgl. weiterhin Barrett, „Background“, 1– 18, der eine allgemeine Anspielung auf Jes 53 zwar anerkennt, in seinem Artikel jedoch untersucht, ob Mk 10,45 anhand von Jes 53 konzipiert ist und dabei zu einem negativen Ergebnis kommt. Für die Vorstellung des stellvertretenden Leidens führt er vielmehr entsprechende Aussagen über die Märtyrer der Makkabäerzeit an (vgl. 2Makk 7,37 f; 17,21 f; 18,4): „It would not be an exaggeration to say that the martyrs are here described as – λύτρον ἀντὶ πολλῶν“ (12). Einen Anklang an die Märtyreraussagen erkennen auch Jeremias/Zimmerli, „Art. παῖς θεοῦ“, 712; Gundry, Mt, 404; Harrington, Mt, 287; Hagner, Mt II, 583, doch hält Letzterer den Bezug auf Jes 53 für wahrscheinlicher, da die Märtyrer zwar ihr Leben hingeben, jedoch keine Rede von „service or servanthood“ ist.Vorsichtig gegenüber den Märtyrertexten ist auch Hooker, Jesus, 78. Hellenistisch-christliche Einflüsse als Hintergrund für das stellvertretende Leiden und somit keinen Bezug auf die Schriften sehen Bultmann, Synoptische Tadition, 154; Klostermann, Mk, 109.  Vgl. Muraoka, „Hebrew/Aramaic Index“, 314 sowie Barrett, „Background“, 4; France, „Servant“, 33; Watts, „Jesus’ Death“, 137. Überhaupt kommt das Verb διακονεῖν in der LXX nicht vor, sondern allein die Nominalbildungen διακονία und διάκονος (vgl. Hatch/Redpath, Concordance Septuagint, 303; Muraoka, Greek-English Lexicon, 152). Anders hingegen Jeremias, Theologie, 278, Anm. 62; Gundry, Mt, 404, die davon ausgehen, dass διακονηθῆναι auf ‫ עבד‬aus Jes 53,11 basiert. Allerdings übersetzt Jes 53,11LXX mit δουλεύοντα.  Dies gilt ebenso für dessen Derivate (vgl. Hatch/Redpath, Concordance Septuagint, 890; Muraoka, „Hebrew/Aramaic Index“, 231); weiterhin Barrett, „Background“, 5; Hooker, Jesus, 76; France, „Servant“, 35; Grimm, Weil ich dich liebe, 235; Moulder, „Background“, 121. Anders hingegen Jeremias, Theologie, 277 f: „Für das Verständnis dieser Aussage über Jesu Dienst (Mk 10,45b) ist grundlegend, daß sie Wort für Wort auf Jes 53,10 f., und zwar den hebräischen Text, Bezug nimmt.“ Vgl. außerdem Lohse, Märtyrer, 119; Hahn, Hoheitstitel, 58; Gundry, Mt, 404, die davon ausgehen, dass λύτρον eine freie Übersetzung von ‫ אשם‬darstellt. Eine vermittelnde Position nimmt Wolff, Jesaja 53, 61, Anm. 240 ein, indem er einerseits feststellt, dass sich beide Begriffe nicht unmittelbar entsprechen, sie andererseits von ihrer inhaltlichen Ausrichtung her doch eine gewisse Schnittmenge aufweisen. Er schließt: „Damit ist vollends klar, daß hier nicht ein Begriff aus Jes. 53 aufgenommen wird, sondern daß hier ein Wort einer ganzen Aussagenreihe in Jes. 53 entspricht, und zwar der vom Stellvertretungskerygma“ (62).  Vgl. besonders Grimm, Weil ich dich liebe, 232– 260; Hampel, Menschensohn, 331– 333; Stuhlmacher, „Existenzstellvertretung“, 37 f. Weiterhin (jedoch durchaus kritisch) verweisen

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10 Der auferstandene Christus als Weltenherr

das rettende Handeln Gottes geht,¹³ und zwar in der Form, dass Fremdvölker von Gott als Lösegeld für Israel gegeben werden: 3

Denn ich bin der HERR, dein Gott, der Heilige Israels, dein Retter (‫ מושיעך‬/ ὁ σῴζων σε). Ich gebe Ägypten als dein Lösegeld (‫כפר‬/ἄλλαγμα), Kusch [und] Seba an deiner Stelle.¹⁴ 4Weil du teuer bist in meinen Augen [und] wertvoll und ich dich liebhabe, so gebe ich Menschen hin an deiner Stelle (‫ ואתן אדם תחתיך‬/ δώσω ἀνθρώπους πολλοὺς ὑπὲρ σου)¹⁵ und Völker anstelle deines Lebens (‫ לאמים תחת נפשך‬/ ἄρχοντας ὑπὲρ τῆς κεφαλῆς σοῦ). (Jes 43,3 f)

Sollte tatsächlich diese Stelle, die ebenfalls durch verschiedene Stichwörter mit Mt 20,28 verbunden ist (‫ נפש‬V. 4MT und πολύς V. 4LXX), im Hintergrund stehen, dann hätte Matthäus einerseits einen Text herangezogen, der für die Frage nach dem Heil der Völker zwar aussagekräftig ist, andererseits hätte er ihn zugleich stark überformt.¹⁶ Denn in Mt 20,28 und Jes 43,3 f liegt zwar die gleiche Grundfigur der stellvertretenden Hingabe vor, doch gereicht diese in Jes 43,3 f den Völkern zum Unheil, wohingegen die Völker in Mt 20,28 über den Begriff der „Vielen“, wie im Folgenden noch deutlich wird, in das heilvolle Handeln inkludiert sind.¹⁷ Auf intertextueller Ebene kann keine endgültige Sicherheit gewonnen werden, ob tatsächlich eine Anspielung auf Jes 53 vorliegt oder nicht, doch muss auch festgehalten werden, dass keine Argumente eindeutig dagegen sprechen. Daher

darauf Davies/Allison, Mt III, 95 f sowie Nolland, Mt, 825, der kritisiert, dass es in Jes 43,3 f nicht darum geht, dass etwas ins Recht gerückt wird.  Vgl. Hatch/Redpath, Concordance Septuagint, 890. Neben ‫ כפר‬werden sowohl ‫ גאל‬als auch ‫ פדה‬regelmäßig verwendet. Außerdem vgl. Grimm, Weil ich dich liebe, 235.  Gott als der Auslösende findet sich zudem in Hiob 33,24. Weiterhin ist auf Ps 49,8 f zu verweisen, wo es heißt, dass kein Mensch einen anderen auslösen könnte, da jedes Leben zu wertvoll ist. Anders hingegen wertet Philo, bei dem durchaus Menschen als Lösegeld dienen können: Die Leviten seien Lösegeld für alle anderen (Philo, Sacr 118: λύτρα αὐτῶν ἔσονται), oder der Weise sei es für den Toren (Philo, Sacr 121: πᾶς σοφὸς λύτρον ἐστὶ τοῦ φαύλου). Genau die umgekehrte Version findet sich in Prov 21,18MT, wo der Gottlose zum Lösegeld für den Gerechten wird.  Die LXX nennt folgende Fremdvölker: Αἴγυπτον καὶ Αἰθιοπίαν καὶ Σοήνην (Jes 43,3LXX).  Die Rezeption von Jes 43,3MT zeigt, dass das hebräische ‫ אדם‬bereits in der LXX kollektiv verstanden ist. Der Targum zu Jes 43,3 (= 43,4) überliefert sogar „Völker“. Anders hingegen 1QIsaa (Burrows, DSSSMM 1), wo ‫ האדם‬steht. Vgl. dazu Grimm, Weil ich dich liebe, 254; Hampel, Menschensohn, 332, Anm. 455.  Für die Art der Schriftenrezeption geht Grimm, Weil ich dich liebe, 259 davon aus, dass die Exegese von Jes 43,3 f vorausgesetzt ist und der Text nicht explizit zitiert, aber dennoch als bekannt vorausgesetzt wird. Darin sieht er einen deutlichen Unterschied zum späteren rabbinischen Umgang mit Jes 43,3 f.  Die Parallele zwischen den Völkern in Jes 43,3 f und dem Menschensohn macht Stuhlmacher, „Existenzstellvertretung“, 37.39 stark. Er geht davon aus, dass der Menschensohn die Rolle der Fremdvölker einnehme. Eher dagegen äußern sich Davies/Allison, Mt III, 96.

10.1 Der Tod Jesu und die Erlösung „für viele“ – Mt 20,28 und 26,28

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ist nun auf die inhaltliche Deutung der „Vielen“ einzugehen. Diese wird, wie in Mt 26,28, häufig auf das inklusiv verstandene ‫ רבים‬in Jes 52,14.15; 53,11.12 bezogen.¹⁸ Im Rahmen der Darstellung des Völkermahls in Kapitel 6.4 wurde die Diskussion um die Bedeutung von Jes 53,12 für die Identität der „Vielen“ (οἱ πολλοί) bereits geführt. Dort konnte gezeigt werden, dass Jes 53,12 für diese Fragestellung ob der vielfältigen Auslegungsoptionen des jesajanischen Textes wenig aussagekräftig ist. Für den mt Text lassen sich die πολλοί aber intratextuell von Mt 8,11 her als eine ethnisch gemischte Gruppe deuten.¹⁹ Dies heißt jedoch nicht, dass die Anspielung auf Jes 53 als nicht ausgeprägt genug oder als irrelevant zu verwerfen ist. Auch wenn sie für die Frage nach dem „Für wen“ des Heils wenig austrägt, so gibt sie für die Frage nach dem „Wie“ des Heils einen deutlichen Hinweis: Die Durchsetzung des Heils „für Viele“ ist an den Tod Jesu gebunden. Durch die intertextuellen Verweise bewegt sich diese christologisch-soteriologische Aussage auf der Basis der Schriften. In Jesu Tod erfüllen sich sowohl die Verheißung an das Volk Israel aus Mt 1,21 (σώσει τὸν λαὸν αὐτοῦ ἀπὸ τῶν ἁμαρτιῶν αὐτῶν) als auch die Verheißung an die Menschen aus den Völkern, wie bereits in Mt 12,20 f deutlich wurde (τῷ ὀνόματι αὐτοῦ ἔθνη ἐλπιοῦσιν).²⁰ Diese doppelte Ausrichtung der Deutung des Todes Jesu wird somit auch der ethnisch gemischten Gruppe der „Vielen“ gerecht. Hinter dem Logion in Mt 20,28 steht ebenfalls die stellvertretende Lebenshingabe als Heilsmöglichkeit für die πολλοί, und zugleich wird, wie in Mt 26,28, auf Jes 53 angespielt.²¹ Insofern liegt es nahe, die Ergebnisse von Mt 26,28 auch auf 20,28 zu übertragen.Wie die sprachliche Analyse gezeigt hat, liegt für die Deutung der „Vielen“ in Mt 20,28 kein Grund vor, warum sich deren Verständnis von Jes 53 her im Vergleich zu Mt 26,28 verdeutlicht hätte. Demnach sollte auch in Mt 20,28 der intratextuelle Bezug zu 8,11 herangezogen werden.²² Dies heißt, dass das Leben, das Jesus als Lösegeld „für Viele“ hingibt, heilvolle Konsequenzen für Israel und die Völker hat. Der Tod Jesu wird bereits in Mt 20,28 als das grundlegende soteriologische Moment für alle Menschen angeführt.  Vgl. exemplarisch Popkes, Christus, 174; Hampel, Menschensohn, 333; weitere in Kap. 6.4, Anm. 210.  Vgl. dazu besonders Kap. 4.3.2.  Der Aspekt der Sündenvergebung wird stellenweise auch mit dem Jüngerwerden verbunden, so z. B. Landmesser, Jüngerberufung, 17 f. Inwiefern dies zur Deutung des Todes Jesu als sündenvergebendes Moment passt, muss in diesem Rahmen offen bleiben.  Zur Verknüpfung der beiden Verse vgl. Jeremias, Theologie, 277; Geist, Menschensohn, 324; Gnilka, Mt II, 190; Söding, „Lehret sie“, 34; France, Mt, 762.  Vgl. zum inklusiven oder universalen Verständnis der „Vielen“ in Mt 20,28, wenn auch mit anderen Begründungszusammenhängen: Jeremias, Theologie, 278; Stuhlmacher, „Existenzstellvertretung“, 39 f; Wolff, Jesaja 53, 60; Hampel, Menschensohn, 333; Hahn, Theologie II, 387.

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10 Der auferstandene Christus als Weltenherr

Das Logion in Mt 20,28 ist – sieht man von dem Gespräch mit den Blinden in Mt 20,29 – 34 ab – das letzte Jesuswort, bevor dieser nach Jerusalem geht, wo er letztlich den Tod erleidet. Insofern ist es auf narrativer Ebene ebenso passend, dass genau an dieser Stelle der Tod Jesu in seiner umfassenden Bedeutung angesprochen ist. Allerdings liegt das eigentliche Ereignis von Mt 20,28 aus gesehen noch in der Zukunft. In Mt 12,18 – 21, wo die Teilhabe der Völker am Heil durch das Zitat von Jes 42,1– 4 zum ersten Mal – auf der Metaebene als Erzählerkommentar – explizit ausgesprochen wird, zeigt sich, dass das Recht für die Völker erst durchzusetzen ist (Mt 12,20c).²³ Auch mit Mt 20,28 ist dies noch nicht erfüllt, doch wird deutlich, wie dies geschehen soll. Ein weiterer Aspekt zur Christologie, dem eine schriftenbezogene Argumentation zugrunde liegt, ist zu bedenken: Jesus spricht in Mt 20,28 von sich selbst nicht als Knecht Gottes – so wird er nur im Jesajazitat in Mt 12,18 genannt (ὁ παῖς μου)²⁴ –, sondern als dem υἱὸς τοῦ ἀνθρώπου.²⁵ Diese Bezeichnung findet sich im Mt in verschiedenen Kontexten: auf das irdische Wirken Jesu bezogen (Mt 8,20; 9,6; 11,19; 12,8; 13,37; 16,13), in Bezug auf das Leiden und Sterben Jesu (Mt 12,40; 17,12.22; 20,18; 26,2.45)²⁶ und in Aussicht auf den wiederkommenden Menschensohn in Herrlichkeit (Mt 10,23; 13,41; 16,28; 19,28; 24,27.30.37.39.44; 25,31; 26,64). Mt 20,28 ist durch die Lösegeldmetaphorik zur zweiten Gruppe zu zählen. Die Menschensohngestalt, die in den Schriften Israels besonders aus Dan 7 bekannt ist,²⁷ ist jedoch keine leidende.²⁸ Zu Dan 7 passen eher jene

 Vgl. dazu Kap. 8.3, bes. Kap. 8.3.3.  Zum Gottesknecht in den Schriften Israels über die Gottesknechtlieder in Jesaja hinaus vgl. den Exkurs in Kap. 8.3.2.  Dies betont besonders Gerhardsson, „Christology“, 20. Einen Überblick über die Menschensohntradition bieten z. B. Higgins, Jesus, 97– 118; Hahn, Hoheitstitel, 13 – 53; Schreiber, Anfänge der Christologie, 70 f. Ausführlich zum Menschensohn im Mt mit einem Überblick über die frühjüdischen Traditionen vgl. Geist, Menschensohn.  Schwieriger einzuordnen ist Mt 17,9, insofern dort eigentlich die Auferstehung in den Blick kommt. Da diese im Mt jedoch eng mit Jesu Tod verknüpft ist (vgl. Konradt, Israel, 326 f), ließe sich Mt 17,9 eher zu den Menschensohnaussagen zählen, die von seinem Leiden und Sterben sprechen, als zu denen, die auf seine Wiederkunft ausblicken.  Der Prophet Ezechiel wird regelmäßig als Menschensohn (‫ בן־אדם‬/ υἱὲ ἀνθρώπου) angesprochen. Ansonsten dient die Wendung ‫ בן־אדם‬/ υἱὸς ἀνθρώπου an verschiedenen Stellen dazu, Gott selbst als nicht menschlich zu charakterisieren (vgl. z. B. Num 23,19; Jdt 8,16). In Jer steht die Wendung stets, um das von keinem Menschen bewohnte Land zu beschreiben (vgl. 2,6LXX; 49,18MT/ 30,12LXX; 49,33MT/30,28LXX; 50,40MT/27,40LXX; 51,43MT/28,43LXX). Ansonsten ist damit meistens der Mensch an sich gemeint (vgl. Ps 8,5; 144,5MT/143,5LXX; Hiob 16,21; 25,6; Sir 17,30). Diese Komponente des Menschlichen wird auch in Dan 7 deutlich, denn dort wird der, der wie ein Mensch ist (‫כבר אנש‬ / ὡς υἱὸς ἀνθρώπου; Dan 7,13), den „Tieren“ der Vision gegenübergestellt. Er steht für eine andere Herrschaft als jene (vgl. dazu Plöger, Dan, 113; Hartman/Di Lella, Dan, 218).  Vgl. Watts, „Jesus’ Death“, 131. Anders hingegen Hooker, Jesus, 159, die sieghaftes Leiden weder für Jesus noch für die frühe Gemeinde als relevant erkennt. Der Aspekt des Leidens ist höchstens über Dan 7,21.25 in die Menschensohnvision eingeführt: Dort leiden die Heiligen. Diese

10.1 Der Tod Jesu und die Erlösung „für viele“ – Mt 20,28 und 26,28

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Menschensohn-Belege, die von Jesu Parusie sprechen: In Dan 7,13 kommt der Menschensohn auf den Wolken des Himmels (vgl. Mt 24,30; 26,64), und in Dan 7,14LXX wird ihm königliche Vollmacht zuteil, die gemäß Dan 7,14TH/LXX ewig währen wird (ἡ ἐξουσία αὐτοῦ ἐξουσία αἰώνιος). Alle Völker werden ihm dienen (λατρεύουσα; Dan 7,14LXX / δουλεύσουσιν; Dan 7,14TH), doch dient in Mt 20,28 der Menschensohn selbst.²⁹ In Jes 53 hingegen ist vom Dienst des Knechts die Rede, doch nicht mit διακονεῖν (Mt 20,28), sondern λατρεύειν. Zudem ist auf 1Hen 37– 71 (bes. 1Hen 46; 62 f; 69) zu verweisen,³⁰ wo der Menschensohn als (individuelle)³¹ Richtergestalt auftritt, der nicht nur Israel, sondern auch die Völker richtet.³² Für den mt Text lässt sich daraus schließen: „So bringt das Prädikat ‚Menschensohn‘ die Bestimmung des in Israel auftretenden Jesus zum Heilsträger für und Richter über alle Menschen auf den Begriff.“³³ Aufgrund des Befunds zum Menschensohn und der Schwierigkeit, diese Vorstellung mit dessen Leiden zu verbinden,³⁴ wird überlegt, ob in der Bezeichnung „Menschensohn“, wie sie im Mt (und auch den synoptischen Parallelen) vorkommt, nicht eine Kombination vom hohen Menschensohnbild, entsprechend Dan 7, mit dem des leidenden Knechts aus Jes 52,13 – 53,12 vorliegt.³⁵ Gestützt wird diese Überlegung auf der Textebene durch die mehrfache Nennung des kommenden Menschensohns aus Dan 7 (siehe dazu die dritte Gruppe von Menschensohn-Belegen) in Verbindung mit der Vorstellung des Übergebenwerdens des Menschensohns. Παραδίδωμι kommt sowohl in Jes 53,12LXX zweimal vor als auch in der zweiten Gruppe der MenschensohnBelege (vgl. Mt 17,22; 20,18.[28]; 26,2.24.45).³⁶ Während es für das Selbstverständnis Jesu nur schwer zu belegen ist, ob er seine eigene Sendung als eine solche verstand,³⁷ wird im Rahmen der

sind möglicherweise mit der kollektiv gedeuteten Gestalt des Menschensohns identisch, da sie in Dan 7,18 (in der Deutung der Vision) die Königsherrschaft übernehmen, die in der Vision selbst dem Menschensohn zugesprochen wird (Dan 7,14).  Anders hingegen Stuhlmacher, „Existenzstellvertretung“, 34, der das Verb διακονεῖν gerade im Zusammenhang des Menschensohns, wie er in Dan 7 und 1Hen begegnet, kontextualisiert.  Ausführlich zur Menschensohngestalt im 1Hen vgl. Manson, „Son of Man“, 171– 193; Muilenburg, „Son of Man“, 197– 209.  Dies ist für Dan 7 eher unwahrscheinlich (vgl. z. B. Manson, „Son of Man“, 175; Fuller, Mission, 99). Anders hingegen: Hartman/Di Lella, Dan, 206. Eine Zusammenstellung der verschiedenen Positionen zur genauen Identifikation dieser Figur findet sich bei Collins, Dan, 304– 310. Zur Identifikation von Henoch mit dem Menschensohn in 1Hen 71,14 vgl. z. B. Schreiber, „Henoch“, 1– 17.  Darauf, dass besonders die mt Rede vom Menschensohn nicht nur Dan 7,13, sondern auch 1Hen gleicht (im Unterschied zu Markus, der sich primär auf Dan 7,13 f beziehe), verweist Tödt, Menschensohn, 205 (siehe auch Tuckett, Christology, 126).  Wilk, Jesus und die Völker, 262 f.  Vgl. Fuller, Mission, 106: „[T]he very use of the term Son of Man implies triumph and Parousia.“  Vgl. Manson, „Son of Man“, 192; Lohmeyer/Schmauch, Mt, 423; France, Jesus, 149. Dagegen äußert sich Wolff, Jesaja 53, 64. Eine Kombination beider Aspekte auf Gemeindeebene, die aber nicht auf den historischen Jesus zurückzuführen sei, erkennt Higgins, Jesus, 204.  Marcus, „Old Testament“, 214 führt die Verwendung von παραδίδωμι weiterhin an, um die Bedeutung des leidenden Gottesknechts für die gesamte Passionserzählung stark zu machen.  Vgl. z. B. Fuller, Mission, 56 – 58.98 – 108; Higgins, Jesus, 24 f.118. Gegen Dan 7 sprechen sich z. B. Hahn, Hoheitstitel, 13 – 53 sowie Tödt, Menschensohn, 206 f aus, der zwischen primärer und

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10 Der auferstandene Christus als Weltenherr

mt Christologie doch deutlich, dass sowohl die dtjes Texte, und darunter besonders die sog. Gottesknechtlieder, als auch Daniel eine besondere Rolle spielen.³⁸ Für die Frage nach dem Heil für die Völker ist dies insofern von Bedeutung, als dass die messianische Vorstellung von Jesus an zwei Konzepte der Schriften gebunden wird (in einer kreativen Kombination zweier zuvor unabhängiger Vorstellungen), die eigentlich mit dem Heil für Israel verbunden sind. Indem nun aber darin sowohl Jesu Tod als auch seine Erhöhung zum Weltenherrn aus den Schriften begründet werden, werden jene christologischen Aspekte als schriftenbasiert dargestellt, die auch für die Soteriologie der Völker besonders relevant sind.³⁹ Angesichts der sonstigen Deutung des Todes Jesu als heilsrelevant für Israel und die Völker passt es, dass dieser doppelte Aspekt in der christologischen Deutung ebenfalls hervortritt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Verweis in die Schriften nicht in Form eines direkten Zitates vorliegt. Es handelt sich vielmehr um eine Anspielung auf einen längeren Text, aus dem jedoch nur Stichworte aufgenommen wurden, sodass eher dessen theologisches Konzept evoziert wird als ein konkreter Teilvers.⁴⁰ Des Weiteren dient der Schriftenverweis auf Jes 53 in Mt 20,28 nicht dazu, die universale Ausrichtung des Heils zu begründen. Vielmehr wird damit der Tod Jesu gedeutet, der zum Heilsereignis für die „Vielen“ wird. Nur dadurch wird Jes 53 auch für das Heil für die Völker relevant und stellt dieses indirekt als durch die Schriften begründet dar.Wichtig scheint weiterhin, dass sich die Schriftenbezüge, bei aller fehlenden Eindeutigkeit des Völkerbezugs, nicht gegen eine über Israel hinausgehende Deutung sperren, sondern durchaus für eine solche durchlässig sind. Inhaltlich wird deutlich, dass mit dieser Anspielung die Verwirklichung des Heils in Jesus für alle Menschen eine Qualität gewinnt, die so zuvor noch nicht

sekundärer Einschleusung von Bedeutungsmomenten unterscheidet und Dan 7 nur als sekundäre anerkennt. Gegen ein Selbstverständnis Jesu von Jes 53 her vgl. z. B. Hooker, Jesus, 62– 102; Barrett, „Background“, 1– 18; Lohse, Märtyrer, 118 – 126; Popkes, Christus, 172 f. Anders hingegen exemplarisch Cavallin, „Tod und Auferstehung“, 118 f, der zwar vorsichtig formuliert, aber ein solches Selbstverständnis für möglich hält; ebenso Marcus, „Old Testament“, 214.  Cavallin, „Tod und Auferstehung“, 111 f.120 spricht sich dafür aus, dass eine solche Verbindung bereits in den Schriften selbst vorliegt, nämlich in Dan 12,2 f im Zusammenhang mit Dan 11,33 – 35: „Zwei Jahrhunderte vor dem Auftreten Jesu hat derselbe jüdisch-apokalyptische Kreis, der das Bild ‚eines dem Menschensohn Gleichenden‘ als Symbol für ‚das Volk der Heiligen des Höchsten‘ geprägt oder bewahrt hat, seine Lehrer als leidende Knechte nach Jes 53 betrachtet“ (112).  Vgl. Lohse, Märtyrer, 129, für den dieser Zusammenhang wichtig ist und der ihn so deutet, dass das Geschehen „von universaler Geltung [ist], weil der Menschensohn als der Gottesknecht stirbt.“  Vgl. Wolff, Jesaja 53, 63, der mit Volz, Jes II, 195 festhält: „Mark. 10,45 klingt eher ‚wie eine Antwort auf Jes. 53‘, mehr noch, die dem Satz zugrunde liegende Gewißheit ist aus dem lebendigen Umgang mit dem Prophetenwort hervorgegangen.“

10.2 Erfüllung der Schriften in der Passionserzählung – Mt 26,24.54.56

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deutlich wurde: Der Tod Jesu ist nicht nur für Israel, sondern darüber hinaus für die Völker heilsrelevant. Insofern liegt ein ähnlicher Fall vor wie in Mt 26,28.⁴¹

10.2 Erfüllung der Schriften in der Passionserzählung – Mt 26,24.54.56 In Mt 26,2 werden die Jünger nach dem Abschluss der Reden Jesu (Mt 26,1) erneut an das bereits mehrfach angekündigte⁴² Leiden Jesu erinnert, das nun unmittelbar bevorsteht: „Ihr wisst, dass nach zwei Tagen das Pessach sein wird, und der Menschensohn wird überliefert (παραδίδοται), um gekreuzigt zu werden“ (Mt 26,2). Dass dieser Weg Jesu aus den Schriften begründet ist, wurde bereits indirekt in Mt 12,18 – 21 deutlich, da dort das Jesajazitat um die Wendung ‫ לא יכהה ולא ירוץ‬/ ἀναλάμψει καὶ οὐ θραυσθήσεται (Jes 42,4a) gekürzt wurde.⁴³ Jes 42,4a stünde gegen eine mögliche Schwäche des Knechts und würde somit die Passion als nicht schriftengemäß qualifizieren. Explizit wird die Begründung des Leidens Jesu aus den Schriften in Mt 26,24,⁴⁴ dem einzigen Menschensohnwort im Mt, das eine unmittelbare, jedoch nicht weiter spezifizierte Schriftbegründung⁴⁵ anführt: Zwar geht der Menschensohn dahin (ὑπάγει), wie geschrieben steht über ihn (καθὼς γέγραπται περὶ αὐτοῦ), wehe aber jenem Menschen, durch den der Menschensohn überliefert wird (παραδίδοται). Es wäre besser für ihn, wenn jener Mensch nicht geboren wäre. (Mt 26,24)

Hier handelt es sich um die schlichte Feststellung, dass aufgrund der Schriftenbezeugung der Menschensohn dahingehen wird. Gemeint ist damit wohl sein

 Vgl. Kap. 6.4.  Vgl. zu den vor Mt 26,2 stehenden Leidensankündigungen, die ebenfalls mit παραδίδωμι gestaltetet sind, Mt 17,22 f; 20,18 f. Soares-Prabhu, Formula Quotations, 174, bes. Anm. 43 verweist auf die prominente Stellung, die das Verb παραδίδωμι in der ersten Hälfte der Passionserzählung einnimmt.  Vgl. dazu Kap. 8.3.3.  Vgl. auch Zahn, Mt, 693.  Die meisten Ausleger sehen hinter Mt 26,24 keine bestimmte Textstelle. Stellenweise wird dennoch auf verschiedene Texte verwiesen, so z. B. Filson, Mt, 274 auf Ps 42; Jes 53 und Sach 11. Nolland, Mt, 1067 geht von Sach 13,7 und (in Parallele zu Mt 16,21) von Textstellen aus, die das Motiv des „leidenden Gerechten“ profilieren (z. B. Hiob; verschiedene Psalmen; Weisheit Salomos; 4Makk 17,21 f, vgl. Nolland, Mt, 686).

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10 Der auferstandene Christus als Weltenherr

Gehen in den Tod.⁴⁶ Zwar ist das Verb ὑπάγω nicht passionsspezifisch,⁴⁷ doch wird es durch παραδίδοται in diesen Kontext gestellt.⁴⁸ Durch den Zusatz περὶ αὐτοῦ zu γέγραπται wird auf schriftenhermeneutischer Ebene deutlich, dass die Schriften Israels als auf Jesus hinweisend verstanden wurden und ihnen zugleich eine solche Autorität zugeschrieben wurde, dass selbst der Sohn Gottes, der an anderer Stelle als der vollmächtige Ausleger der Schriften erscheint (vgl. z. B. Mt 7,24– 27; [21,23]⁴⁹), ihnen entsprechend in den Tod geht. Die eigentliche Auslieferung erfolgt jedoch erst in Mt 26,46 – 56. Jesus sagt: „Siehe, er ist nahe gekommen, der mich ausliefert (ὁ παραδιδούς με; V. 46)“. Und weiter heißt es: „Und während er noch redete, siehe, Judas, einer der Zwölf, kam…“ (V. 47). In dieser Perikope finden sich wiederum zwei allgemeine Verweise auf die Schriften (Mt 26,54.56), die das Geschehen als schriftengemäß charakterisieren, ohne dass ihnen jedoch ein unmittelbares Zitat folgt. 53

‚Oder meinst du, dass ich nicht meinen Vater bitten könnte und er mir jetzt beistünde mit mehr als zwölf Legionen Engel? 54Wie sollten denn die Schriften erfüllt werden, dass es so geschehen muss (πῶς οὖν πληρωθῶσιν αἱ γραφαὶ ὅτι οὕτως δεῖ γενέσθαι)?‘ 55In jener Stunde sprach Jesus zu den Volksmengen: ‚Wie gegen einen Räuber seid ihr ausgezogen mit Schwertern und Stöcken, um mich festzunehmen? Jeden Tag saß ich lehrend im Tempel, und nicht habt ihr mich ergriffen. 56Dies alles aber ist geschehen, damit die Schriften der Propheten erfüllt werden (τοῦτο δὲ ὅλον γέγονεν ἵνα πληρωθῶσιν αἱ γραφαὶ τῶν προφητῶν).‘ Da verließen ihn alle Jünger und flohen. (Mt 26,53 – 56)

Es stellt sich die Frage, ob mit diesen allgemeinen Schriftenbezügen bewusst nicht nur ein bestimmter Aspekt als erfüllt dargestellt werden soll, sondern die gesamte folgende Passion in diesen Horizont gestellt wird und somit der Tod Jesu an sich, mit seinem Leiden, als schriftengemäß charakterisiert wird. Dann wäre hier zu Beginn der Leidenserzählung eine grundlegende Aussage über alles Folgende in Bezug auf die Schriften gemacht. Die Notwendigkeit, besonders das Leiden des Messias auf dem Boden der Schriften stehend darzustellen, ist vor allem im Licht der frühjüdischen Messiaserwartungen plausibel, gemäß denen der Messias die Zeitenwende bringt, von der Unterdrückung der Fremdmächte befreit, Israel er-

 Higgins, Jesus, 51 stellt hingegen einen Bezug auf die Zeitspanne zwischen Jesu Entrückung nach der Auferstehung bis zur Parusie her. Vgl. dazu auch Joh 7,33; 8,14.21 f; 13,33.36; 14,4.28; 16,5.10.17.  Nolland, Mt, 1067 spricht von einem Euphemismus.  Vgl. Higgins, Jesus, 50. Der Nachsatz „es wäre besser für ihn, wenn jener Mensch nicht geboren wäre“ findet sich im Plural auch in 1Hen 38,2. Dort geht es allerdings um das Gericht über Gerechte und Sünder; auf 1Hen 38,2 verweisen Klostermann, Mt, 209; Albright/Mann, Mt, 322; Hagner, Mt II, 768.  Vgl. Wilk, Jesus und die Völker, 135.

10.2 Erfüllung der Schriften in der Passionserzählung – Mt 26,24.54.56

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rettet usw.⁵⁰ All diese Erwartungen sind scheinbar nur schwer mit einem leidenden Messias kompatibel.⁵¹ Ein solches apologetisches Anliegen ist ein mögliches, aber nicht das einzige, um den Tod Jesu durch die Schriften zu begründen, denn schließlich wird sein gesamtes Wirken als Erfüllung der Schriften dargestellt (vgl. Mt 1,22; 2,15.17.23; 4,14; 8,17; 12,17 u. ö.).⁵² Wie bereits angeführt, fehlt in Mt 26,54.56 jeweils ein unmittelbares Schriftenzitat. In Mt 26,54⁵³ wird durch den Verweis auf die Erfüllung der Schriften die Notwendigkeit des Verzichts auf Jesu eigene göttliche Vollmacht belegt. Nur durch diesen Verzicht⁵⁴ ist es möglich, dass sich die Schriften erfüllen; nur so ist es möglich, dass der Menschensohn überliefert und gekreuzigt wird (vgl. zudem das „Motiv des göttlichen δεῖ des Geschehens“⁵⁵). Indirekt wird damit erneut der Tod Jesu als soteriologisch höchst relevantes Moment als in den Schriften vorausgesagt und zu erfüllend gekennzeichnet. Auch in Mt 26,56a⁵⁶ fehlt ein direktes Zitat aus den Schriften, doch lässt sich durch den Nachsatz (V. 56b) möglicherweise doch ein konkret zu bestimmender Bezugspunkt feststellen, nämlich über Mt 26,31, wo ein direkter Bezug auf die Schriften besteht (eingleitet mit γέγραπται):⁵⁷

 Vgl. zu einer solchen Messiaserwartung z. B. PsSal 17.  Vgl. Marcus, „Old Testament“, 205. Indem France, Mt, 1014 die Verbindung zur Notwendigkeit des Leidens zieht, betont er einen ähnlichen Punkt. Vgl. weiterhin Filson, Mt, 39.274.281; Gundry, Mt, 540.  Vgl. LaGrand, Mission, 124; Senior, Mt, 297; Wilk, Jesus und die Völker, 107.250.  Soares-Prabhu, Formula Quotations, 29 charakterisiert die Phrase als rhetorische Frage, die zu jener Gruppe rhetorischer Fragen im Mt gehört, die argumentativ eingesetzt sind, um etwas zu bestätigen, und im Unterschied zu ironisch verwendeten rhetorischen Fragen stehen.  Erst in Mt 28,18 wird die Vollmacht über Himmel und Erde öffentlich offenbart.  Konradt, Israel, 331. Außerdem: Hagner, Mt II, 790. Luz, Mt IV, 168 schreibt: Der Ausdruck „meint den Plan Gottes, ohne daß an eine bestimmte Schriftstelle gedacht ist.“ Siehe ähnlich schon Mt 16,21, worauf Huizenga, „Obedience“, 525 verweist.  Davies/Allison, Mt III, 515 f gehen davon aus, dass Matthäus hier die mk Vorlage so verändert hat, dass der mt Text an die Erfüllungszitate angeglichen wird. Allerdings ist dies aufgrund des Textvergleichs nicht nachvollziehbar, da die mt Version mit Ausnahme der Konkretisierung der Schriften kaum von der mk abweicht: ἵνα πληρωθῶσιν αἱ γραφαὶ τῶν προφητῶν (Mt 26,56) / ἵνα πληρωθῶσιν αἱ γραφαί (Mk 14,49).  Auf diesen Bezug verweisen Frankemölle, Mt II, 458; Senior, Mt, 308; Konradt, Israel, 331, der darin jedoch explizit nicht den einzigen Schriftenbezug sieht. Allein auf Sach 13,7, ohne den weiteren Horizont der Schriftengebundenheit in den Blick zu nehmen, verweisen Albright/ Mann, Mt, 329; Long, Mt, 306; Ham, Coming King, 101; Harrington, Mt, 375; McAfee Moss, Zechariah Tradition, 169 f. Überraschenderweise zieht France, Mt, 1014 für Mt 26,54 den Vergleich zu Sach 13,7, wohingegen er für Mt 26,56 die Möglichkeit sieht, dass damit spezifischer auf Jes 53,12 (nämlich, dass der Knecht zu den Gesetzlosen/Verbrechern gerechnet wird) angespielt ist.

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10 Der auferstandene Christus als Weltenherr

Ihr alle werdet euch ärgern an mir in dieser Nacht; denn es steht geschrieben (γέγραπται): ‚Ich werde den Hirten schlagen und die Schafe der Herde werden zerstreut werden‘.

Zitiert wird hier Sach 13,7, wobei Matthäus darin die Ankündigung eines Ereignisses erkennt,⁵⁸ das er mit Mt 26,56 als erfüllt kennzeichnet („da verließen ihn alle Jünger und flohen“). Gegen einen ausschließlichen Bezug von V. 56 auf V. 31/ Sach 13,7 spricht jedoch die Verwendung des Plurals von γραφή. Die Rede von den Schriften, die zu erfüllen sind, findet sich auch in Mt 21,42; 22,29; 26,54,⁵⁹ wo immer die Schriften Israels insgesamt gemeint sind. Allerdings steht αἱ γραφαί sonst alleine und ist nicht weiter spezifiziert. Hier jedoch werden sie durch das Genitivattribut τῶν προφητῶν (auch hier steht kein Singular) weiter qualifiziert,⁶⁰ sodass vielmehr die prophetischen Schriften insgesamt gemeint sein dürften.⁶¹ Hinzu kommt, dass sich τοῦτο δὲ ὅλον γέγονεν schwerlich auf ein einziges Ereignis bezieht.⁶² Vielmehr lassen sich verschiedene Bögen ausmachen, die unterschiedliche Aspekte in diesen angeführten Begründungszusammenhang einführen: Bezieht sich Mt 26,54.56 auf die gesamte folgende Passionserzählung, um den Tod Jesu als entscheidendes Moment schriftengemäß zu profilieren, so sind die beiden Verse auch durchlässig für die zahlreichen Schriftenzitate und Anspielungen in die Schriften innerhalb der Passionserzählung. Den Psalmen kommt dabei besonderes Gewicht zu.⁶³ Sie durchziehen die Erzählung des Lei-

 Brown, Death I, 278 sieht darin den Beginn der Passionserzählung.  Vgl. zur Eigenart von Matthäus, selbst gegen die Markusvorlage den Plural von γραφή zu verwenden, Kap. 1.3.1.  Vgl. Soares-Prabhu, Formula Quotations, 30, der daraus einen Bezug auf die Schriften Israels insgesamt folgert. Luz, Mt IV, 169 geht durch den Plural von einem Bezug auf die Erfüllungszitate aus. Ebenso LaGrand, Mission, 123; Nolland, Mt, 1115; McAfee Moss, Zechariah Tradition, 169, Anm. 39; siehe weiterhin Gundry, Mt, 540, der jedoch den Bezug auf Mt 2,23 als besonders deutlich ansieht. Einen Bezug auf Jes 53,7.12 führen Albright/Mann, Mt, 330 an.  Dazu, dass mit prophetischen Schriften nicht nur die spätere Gruppe der Nebi’im gemeint ist, sondern zumindest auch weisheitliche Schriften wie die Psalmen, wenn nicht gar die Schriften Israels insgesamt, vgl. ebenfalls Kap. 1.3.1. Vgl. LaGrand, Mission, 123 f: „For Matthew, ‚prophecy‘ is the unifying principle of Scripture.“ Anders hingegen Hagner, Mt II, 790, der einen Bezug explizit zu den Nebi’im sieht, besonders zu Jesaja und Sacharja.  Vgl. Davies/Allison, Mt III, 516; Senior, Mt, 309. France, Mt, 1014 schlägt den Bogen von Mt 26,54 zurück zu 26,24 und dem Leidensmotiv. Luz, Mt IV, 168 konkretisiert auf „alle Ereignisse im Zusammenhang mit der Verhaftung Jesu“. Ähnlich Hagner, Mt II, 790.  Vgl. zur Psalmrezeption in der Passion z. B. Marcus, „Old Testament“, 206 – 212. Fiedler, Mt, 397 sieht den Bezug von Mt 26,54.56 besonders auf den „leidenden Gerechten“, ein Motiv, das besonders über die Psalmen eingespielt wird, doch scheint P. Fiedlers Fokus damit zu eng. Ähnlich Frankemölle, Mt II, 460.

10.2 Erfüllung der Schriften in der Passionserzählung – Mt 26,24.54.56

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densweges, des Todes und der Auferstehung Jesu.⁶⁴ Zugleich wird gerade durch die Profilierung des Todes Jesu als schriftengemäß ein Bogen zurück zu Mt 12,18 – 21 geschlagen, da bereits dort der Tod Jesu als für die Völker soteriologisch entscheidendes Moment durch das Jesajazitat (Jes 42,1– 4) in den mt Text eingeführt wird.⁶⁵ Durch die parallele Formulierung zu Mt 1,21.23⁶⁶ lässt sich sogar ein Rahmen um die ganze bisherige Sendung Jesu bis zu seiner Auslieferung ziehen, sodass diese insgesamt als Erfüllung der Schriften erscheint. Mit dieser Rahmung rückt besonders Jesu Sendung zu Israel in den Blick, die mit seinem Tod als erfüllt angesehen wird.⁶⁷ Jesu Tod ist jedoch wiederum, wie bereits in der Diskussion zu Mt 20,28 und 26,28 gezeigt wurde, nicht der soteriologische Drehund Angelpunkt allein für Israel, sondern auch für die Völker. Insofern lässt sich der Bezug auf das, was durch die Schriften hier erfüllt werden soll, nicht auf die Passion engführen.⁶⁸ Vielmehr hat die Aussage über die Erfüllung der Schriften eine Art Scharnierfunktion, durch die zwar zum einen der Bezug auf die kommende Passion stark gemacht wird, zum anderen aber Bögen geschlagen werden, die das Wirken Jesu an Israel und an den Völkern umfassen. Zusammenfassend lässt sich damit festhalten, dass gerade durch die grundlegende Schriftengemäßheit des Todes Jesu, der das Grundmoment des Heils für die Völker darstellt, auch die Darstellung des Heils für die Völker an sich stärker mit den Schriften Israels verbunden wird. Dies geschieht hier nicht durch die (re‐)lecture von typischen völkertheologischen Topoi, sondern über die Bedeutung der Schriften für die Christologie. Damit werden Schriftstellen in der Passion und von dort aus auch Schriftstellen im gesamten Evangelium indirekt für die über die Grenzen Israels hinausreichende Soteriologie relevant, die in ihren Kontexten innerhalb der Schriften keinen Bezug zum Heil der Völker haben.

 Vgl. Huizenga, „Obedience“, 525, der von „the scriptural necessity of his suffering, death, and resurrection“ spricht. Auf die Passionserzählung verweist weiterhin Senior, Mt, 308.  Vgl. Konradt, Israel, 331.  Vgl. Zahn, Mt, 704; Soares-Prabhu, Formula Quotations, 30; Senior, Mt, 309; Ham, Coming King, 3.101; Nolland, Mt, 1114 f.  Vgl. auch die Ausführungen zu Mt 26,28 in Kap. 6.4. Des Weiteren siehe exemplarisch Wilk, Jesus und die Völker, 107.  Für ein umfassendes Verständnis, das sich letztlich auf die gesamten Schriften bezieht, sprechen sich aus: Davies/Allison, Mt III, 514; Konradt, Israel, 331.

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10 Der auferstandene Christus als Weltenherr

10.3 Das Bekenntnis der römischen Soldaten – Mt 27,54 Am Kreuz schließlich, an dem Jesu Blut vergossen wird und an dem er sein Leben gibt, kommt es durch die Erfüllung von Mt 20,28 und 26,28 zur Vergebung der Sünden.⁶⁹ Insofern stellt sich für den soteriologischen Zusammenhang die Frage, inwiefern sich dieses Ereignis auf die Völker auswirkt. Dies wird in Mt 27,54 deutlich: Als Jesus am Kreuz stirbt, wird er von einem römischen Hauptmann (ἑκατόνταρχος) und einigen Soldaten bewacht (im Text werden sie nur als οἱ μετ᾽ αὐτοῦ bezeichnet)⁷⁰. Kurz nach Jesu Tod bekennen sie: ἀληθῶς θεοῦ υἱὸς⁷¹ ἦν οὗτος (Mt 27,54). Damit liegt hier, im Angesicht des Todes Jesu, das erste Bekenntnis von Nicht-Juden vor, die von Jesus als Sohn Gottes sprechen.⁷² Zuvor wurde Jesus zweimal von Gott selbst als sein Sohn proklamiert (Mt 3,17; 17,5)⁷³ oder von den Jüngern als solcher bekannt (Mt 14,33; 16,16). Auch die bösen Mächte, wie der Satan (Mt 4,3.6) oder die Dämonen (Mt 8,29), erkennen ihn als Sohn Gottes. Den Volksmengen hingegen fehlt diese Einsicht (vgl. z. B. Mt 21,11). Auch den Autoritäten fehlt sie, doch verwenden sie diesen Titel bei der Kreuzigung zum Spott⁷⁴ (Mt 27,40.43).⁷⁵ Insofern ist es beachtlich, dass hier „Heiden“ mit der vollen

 Auf diesen Zusammenhang verweist Kingsbury, Story, 89 f.  France, Mt, 1083 verweist auf Mt 18,16 und die Tatsache, dass der Zeugenstand zweier oder dreier Zeugen bedarf. Sim, „Confession“, 401– 424 deutet die ganze Szene in einem deutlich anderen Licht als die Mehrheit der Ausleger. Er legt besonders großes Gewicht auf diesen mt Zusatz (im Mk ist es nur der römische Hauptmann, ohne weitere Soldaten), um zu zeigen, dass diese Gruppe, die hier Jesus als Sohn Gottes bezeichnet, die gleiche ist, die ihn in Mt 27,27– 31.36 verspottet und bewacht hat (405 f). Auf dieser Grundlage sieht er im Folgenden die Angst der Soldaten im Kontakt mit dem Göttlichen (Erdbeben usw.) begründet (411 f.418). Dem entsprechend charakterisiert er Mt 27,54 als „an admission of guilt and a cry of defeat“ (419). Gestützt durch die apokalyptischen Erscheinungen schließt er: „[T]hese murderers of the Son of God represent the wicked on the day of judgement who will tremble with fear and regret their sins when they face the final judge“ (422).  „Sohn Gottes“ steht ohne Artikel, sodass es ebenso möglich wäre zu übersetzen: „Wahrlich, ein Sohn Gottes war dieser“. Durch die beinahe parallele Formulierung in Mt 14,33 im Mund der Jünger erscheint die bestimmte Übersetzung jedoch sinnvoller. Zur Diskussion vgl. Brown, Death II, 1146 – 1151; Troxel, „Matt 27.51– 4“, 34 f.  Lohmeyer/Schmauch, Mt, 397 weisen darauf hin, dass „diese wunderbaren Zeichen in jüdisch frommem Grunde wurzeln“, wodurch das Bekenntnis des Hauptmanns besonders beeindruckt. Etwas anders hingegen France, Mt, 1084, der davon ausgeht, dass gerade der Titel „Gottessohn“ für einen Römer weniger problematisch ist als für einen Juden: „So to these soldiers the phrase need mean no more than that Jesus was someone special“.  In Mt 3,17 ist allerdings davon auszugehen, dass dies außer Jesus selbst niemand hört.  Vgl. Kraus, „Passion“, 424, der in diesem Spott, durch den die Gottessohnschaft Jesu angezweifelt wird, eine Parallele zur Versuchungsszene Mt 4,1– 11 sieht. Auf den Kontrast zwischen bekennenden römischen Soldaten, die zuvor selbst gespottet haben (Mt 27,27– 31.37), sich dann

10.3 Das Bekenntnis der römischen Soldaten – Mt 27,54

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Erkenntnis dessen, was Jesus eigentlich ist, gezeichnet werden.⁷⁶ Zudem wird Jesu Gottessohnschaft zum ersten Mal öffentlich außerhalb des engeren Jüngerkreises bekannt.⁷⁷ Die Parallele zum Bekenntnis der Jünger in Mt 14,33 (ἀληθῶς θεοῦ υἱὸς εἶ) unterstützt die Bedeutsamkeit des Ausspruchs der römischen Soldaten.⁷⁸ Der Anlass zu diesem Bekenntnis sind das Erdbeben⁷⁹ und „das, was geschah“ (τὰ γενόμενα; V. 54), wobei sich Letzteres vermutlich auf die die Kreuzigung begleitenden Ereignisse als Reaktion auf den Tod Jesu bezieht.⁸⁰ Durch sie erschließt sich den Soldaten die Gottessohnschaft Jesu. Doch geschieht dies hier

jedoch von den Ereignissen zur Umkehr und zum Bekenntnis haben bewegen lassen, und spottenden Autoritäten verweist Konradt, Mt, 448. Zum Umschwung von Spott zum Bekenntnis der Soldaten vgl. Heil, Death, 86 f; Gundry, Mt, 578; Davies/Allison, Mt III, 635; Frankemölle, Mt II, 507 f; Luz, Mt IV, 369; Konradt, Israel, 326.  In Mt 26,63 fragt der Hohepriester Jesus, ob er Gottes Sohn sei, worauf hin dieser mit der doppeldeutigen Antwort „σὺ εἶπας“ dies weder bestätigt noch ablehnt. Er selbst spricht von Gott als „Vater“ (vgl. z. B. Mt 10,32.33; 11,25 – 27; 15,3; 16,17; 18,19 u. ö.), wobei er auch immer wieder Gott als den Vater seiner Zuhörer bezeichnet (bes. in der Bergpredigt). In Mt 21,37– 39 und 22,42– 45 spricht Jesus sogar im Beisein der Autoritäten.  Hagner, Mt II, 852 f erkennt darin besondere Tragik und Ironie, da diese Erkenntnis von einem „Heiden“ kommt, obwohl sie eigentlich für die Juden angemessen gewesen sei. Gegen eine umfassende Erkenntnis vgl. Frankemölle, Mt II, 508: „Ein Bekenntnis zum auferweckten Jesus und zu Jesus Immanuel kann der Leser aus allem nicht erschließen.“  Vgl. Kingsbury, Story, 90.  Vgl. Senior, Passion Narrative, 328: „Hence the confession of the gentile soldiers is indeed the homage of the new believing community. They speak as the disciples themselves have done earlier in the gospel“; außerdem Luz, Mt IV, 369. Anders hingegen Sim, „Confession“, 412.  Schwindt, „Kein Heil“, 90 – 94.101 geht davon aus, dass in den Ereignissen bei der Kreuzigung die Bestätigung der Gottessohnschaft Jesu (so Kraus, „Passion“, 422– 425; Wilk, Jesus und die Völker, 143; Konradt, Israel, 325) sowie das Offenbarwerden seines Weltenrichtertums deutlich werden. Dazu verweist er zudem auf Mt 24,30, wo ebenfalls ein kosmisches Zeichen die Wiederkehr Jesu verdeutlicht (91). Zudem zieht er Ez 27,1– 14; Sach 14,4 f zur Deutung heran. Das Bekenntnis der Soldaten bezöge sich demnach darauf, „dass Jesu Tod und Auferweckung nach mt Verständnis zugleich Heil und Gericht bedeuten“ (101). Sollte dies tatsächlich der Fall sein, dann läge darin eine intratextuelle Anspielung auf Mt 25,31– 46 vor, wo Jesus als Weltenrichter alle Völker richtet und auch Nicht-Juden zum Heil gelangen.  Allerdings ist der Bezug nicht eindeutig festzulegen. Eine Engführung auf Mt 27,51– 54 ist jedenfalls möglich: vgl. z. B. Gundry, Mt, 577; Hagner, Mt II, 852; Frankemölle, Mt II, 507; Kraus, „Passion“, 422 f; Luz, Mt IV, 367 f; Troxel, „Matt 27.51– 4“, 31; Konradt, Israel, 325. Es ließe sich einwenden, dass dies vom Standpunkt des Hauptmanns unter dem Kreuz nicht besonders realistisch ist. Demgegenüber ist die Frage zu stellen, inwiefern in diesem Punkt eine realistische Darstellung Ziel der Erzählung ist, oder ob nicht vielmehr eine theologische Aussage gemacht wird. Gerade dann erscheint der Bezug auf die gesamte Kreuzigung sogar sinnvoller. Umfassender deutet France, Mt, 1083 τὰ γενόμενα auf die gesamte Passion.

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10 Der auferstandene Christus als Weltenherr

(im Unterschied zu Mt 16,16) unter Berücksichtigung des gerade geschehenen Todes Jesu.⁸¹ Insofern lässt sich auch an dieser Stelle, die für die Darstellung der Soteriologie der Völker wichtig ist, ein Bezug in die Schriften Israels geltend machen, nämlich auf Ps 22,28,⁸² wo es heißt: „Es werden daran gedenken und zu Jhwh umkehren alle Enden der Erde; vor dir werden niederfallen alle Geschlechter der Völker.“ Zwar liegen hier keine wörtlichen Parallelen vor, doch ist es nicht unwahrscheinlich, dass ob der Dichte der Anspielungen auf Ps 22 in der gesamten Passionserzählung (siehe z. B. Mt 27,35/Ps 22,19; Mt 27,39.41/Ps 22,7.8; Mt 27,43/ Ps 22,9),⁸³ mit ihrem Höhepunkt in den letzten Worten Jesu (Mt 27,46/Ps 22,1), auch das Ende des Psalms mit anklingt. Insofern ist es sehr passend, dass gerade der römische Hauptmann und die Soldaten, die jene Völker repräsentieren, zur Erkenntnis der Gottessohnschaft Jesu gelangen. Der Kreuzestitel „dieser ist Jesus, der König der Juden“ wird durch das Bekenntnis der Soldaten „dieser war Gottes Sohn“ erweitert. In dieser Erweiterung wird er zugleich als jüdischer Messias (vgl. die Verwendung von ἦν)⁸⁴, aber nicht als allein für die Juden heilsrelevant bekannt.⁸⁵ Zudem werden Davidsohnschaft und Gottessohnschaft darin verbunden.⁸⁶ Damit lassen sich die Soldaten in eine Reihe mit den Magiern (Mt 2,1– 12)⁸⁷, dem römischen Hauptmann (Mt 8,5 – 13)⁸⁸ und der Kanaanäerin (Mt 15,21– 28)⁸⁹ stellen, die ebenfalls in Jesus den jüdischen Messias erkennen, durch den auch ihnen als Menschen aus den Völkern Heil zukommen wird. Den beiden Letzteren wird dies sogar als großer Glaube bestätigt,⁹⁰ womit gerade der Glaube von

 Vgl. Konradt, Mt, 448.  Vgl. Gnilka, Mt II, 478, der jedoch von einer Gegenüberstellung der beiden Titel spricht.  Ausführlich zur Wirkungsgeschichte von Ps 22 in der LXX, Qumran und in der frühchristlichen Rezeption der Evangelien vgl. Fabry, „Wirkungsgeschichte“, 279 – 317. Vgl. auch Senior, Mt, 331– 333.  Durch das Vergangenheitstempus wird nicht die volle Gültigkeit des Bekenntnisses geschmälert, sondern auf Jesu Sendung zu Israel zurückverwiesen (vgl. Konradt, Mt, 448).  Vgl. Gnilka, Mt II, 478.  Siehe Konradt, Israel, 325 f, der die Kombination der Titel ebenfalls festhält und diese zugleich im Kontrast zur Verspottung durch die Autoritäten (Mt 27,42 und 27,40.43) sieht.  Vgl. Kap. 5.1.  Zum Glauben des Hauptmanns vgl. die Ausführungen zu Mt 8,11 f in Kap. 4.3. Auf diese Parallele verweisen Davies/Allison, Mt III, 635.  Vgl. Kap. 6.1.  Anders hingegen Sim, „Confession“, 407 f, der gerade in den Soldaten unter dem Kreuz einen großen Unterschied zu den Glaubensbezeugungen des römischen Hauptmanns in Mt 8,5 – 13 und der Kanaanäerin erkennt, da deren Glaube ohne von außen sichtbares Zeichen erfolgt, wohingegen die Soldaten in Mt 27,54 ihr Bekenntnis erst im Anschluss an die apokalyptischen Zeichen,

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Menschen aus den Völkern die übrigen Heilungsgeschichten in Mt 9, in denen das Glaubensmotiv eine Rolle spielt, rahmt.⁹¹ Die römischen Soldaten am Kreuz bezeugen jedoch den Tod Jesu und dessen Auswirkungen und damit das Ereignis, in dem – wie bereits an Mt 20,28 und 26,28 gezeigt wurde – die Sendung zu den Völkern grundgelegt ist. Seinen expliziten Anfang nimmt das Heilshandeln an den Völkern jedoch erst nach der Auferstehung und Erhöhung Jesu zum Weltenherrn (Mt 28,18 – 20).⁹² Zugleich werden hier Jesu Tod, seine Auferstehung und Inthronisation zum vollmächtigen Weltenherrn mit ihrer Perspektive auf das Heil der Völker eng zusammengebunden.⁹³ Zusammenfassend wird deutlich, dass die Schriftenrezeption in Mt 27,54 einerseits nur indirekt geltend gemacht werden kann, andererseits jedoch auch hier nicht aus dem Darstellungszusammenhang wegzudenken ist. Die prominente Rolle von Ps 22 wird der Völkerperspektive ebenfalls gerecht, wenn die römischen Soldaten unter dem Kreuz stehend Jesus trotz des Kreuzestodes als Sohn Gottes bekennen, ihn darin zugleich in den Kontext seiner Sendung zu Israel einordnen und durch den Bekenntnisakt als heilsrelevant auch für sich selbst, als Vertreter der Völker, anerkennen.

10.4 Der erhöhte Weltenherr und der universale Missionsbefehl – Mt 28,18 – 20 Auch wenn das Heil für die Völker in der mt Darstellung der Sendung Jesu deutlich von dessen irdischer Sendung als Davidsohn getrennt wird (vgl. Mt 10,5 f; 15,24), so konnte gezeigt werden, dass dieses auf der Basis der mt Schriftenrezeption dennoch von Anfang an Teil der mt Soteriologie ist (siehe Kapitel 4– 9). Durch den Tod Jesu gilt nun einerseits der Auftrag Jesu für sein Volk, nämlich dessen Erlösung von „ihren“ Sünden (Mt 1,21) als erfüllt. Andererseits wurde damit – und zwar wiederum durch die Schriftenrezeption – deutlich, dass der Tod Jesu das entscheidende Moment für das Heil der Völker darstellt (vgl. Kapitel 6.4 und 10.1– 2). Unter dem Kreuz kommt es zum ersten Bekenntnis Jesu als Gottes-

die bei ihnen Furcht hervorrufen, äußern. Als stützendes Argument führt er zudem Jesu Ablehnung der Zeichenforderung in Mt 12,39 f; 16,1– 4 an.  Vgl. Konradt, „Glauben“, 266.276 – 283.  Anders Ray, Relationship, 223: „Mt 28,19 did not initiate the mission to the Gentiles.“ Als Beispiel dafür, dass Jesus doch an „Heiden“ gewirkt hat, führt er Mt 15,24 an. Zur deutlich anders akzentuierten Auslegung vgl. Kap. 6.1.  Vgl. Konradt, Israel, 329: „Der zum Weltenherrn Erhöhte ist der gekreuzigte Gottessohn, der für die Vielen zur Vergebung der Sünden gestorben ist.“

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sohn durch Nicht-Juden (Mt 27,54; Kapitel 10.3). Passend zu dieser Darstellung ergeht in Mt 28,18 – 20 schließlich durch den Auferstandenen der explizite Auftrag an die Jünger,⁹⁴ alle Völker (πάντα τὰ ἔθνη) zu Jüngern zu machen. Insofern ist Mt 28,18 – 20 als der Zielpunkt aller bisherigen Anspielungen auf das Heil für die Völker zu sehen. Ihnen wird die Heilspartizipation nun explizit kundgetan. Darin wiederholt sich eine Figur, die bereits aus dem Verhältnis von Mt 4,12– 16 zu 5,13 – 16 bekannt ist: die Übertragung der Aufgabe Jesu auf die Jünger.⁹⁵ In Mt 12,18 – 21 war es der Auftrag des Knechts, den Völkern Recht zu verkünden (V. 18), nun werden die Jünger zu den Völkern gesendet. Dass es sich bei diesem Auftrag an die Jünger um heilbringendes Handeln an den Menschen aus den Völkern handelt, hat nicht nur in der christologischen Parallele (Mt 12,18 – 21), von der sich der Auftrag an die Jünger ableitet, einen innermatthäischen Vorläufer, sondern auch in Mt 16,17. Dort spricht Jesus Simon als Reaktion auf dessen christologisches Bekenntnis (σὺ εἶ ὁ χριστὸς ὁ υἱὸς τοῦ θεοῦ τοῦ ζῶντος; Mt 16,16) als „Simon, Sohn des Jona“ (Σίμων Βαριωνᾶ; V. 17) an. Es folgt in V. 18 die Umbenennung in Petrus und die Zusage, dass er zum Grundfels der Gemeinde werden soll (ἐπὶ ταύτῃ τῇ πέτρᾳ οἰκοδομήσω μου τὴν ἐκκλησίαν). Zwar ist im Unterschied zu Jakobus und Johannes der Name des Vaters von Simon bei der Berufung nicht genannt, dennoch ist auffällig, dass Jesus ihn gerade an dieser programmatischen Stelle mit Βαριωνᾶ anspricht. Liegt darin eine Anspielung auf den Propheten Jona vor, was sich durch die doppelte Nennung des Propheten im Kontext (Mt 12,39 – 41; 16,4) durchaus rechtfertigen lässt, so wird Si-

 Durch die explizite Nennung der elf Jünger, also des Zwölferkreises ohne Judas, der zu diesem Zeitpunkt bereits tot ist, statt der Jünger im Allgemeinen ist ein Rückverweis auf Mt 27,3 – 10 möglich (vgl. z. B. Kingsbury, „Composition“, 575; Schaberg, Father, 43; Kupp, Matthew’s Emmanuel, 203). Dort wird die universale Heilsbedeutung des Todes Jesu gerade durch die Schriftenrezeption implizit eingespielt: Die erzählte Handlung in Mt 27,3 – 10 geht bereits zurück auf 26,14– 16, wo von der Vereinbarung des Judas mit den Autoritäten berichtet wird, dass diese für die Auslieferung Jesu dreißig Silberstücke an Judas zu zahlen bereit sind. Als Judas jedoch versteht, was mit Jesus geschieht, reut es ihn und er erkennt, dass er unschuldiges Blut vergossen hat (Mt 27,3 f). Die dreißig Silberstücke wirft er in den Tempel. Die Autoritäten beschließen daraufhin, von diesem Geld den Töpferacker (τὸν ἀγρὸν τοῦ κεραμέως) zu kaufen, in dem Fremde (τοῖς ξένοις) bestattet werden. Sie bezeichnen das Geld als Blutgeld (τιμὴ αἵματος) und wollen es nicht im Tempel lassen. In Mt 27,9 nun heißt es, dass sich durch diese Ereignisse das Wort des Propheten Jeremia erfüllt. Es folgt jedoch das Zitat von Sach 11,13, in dem es um den Preis für den Hirten geht, nämlich dreißig Silberstücke, die ebenfalls in den Tempel geworfen werden. Insofern dieses Zitat jedoch als eines von Jeremia eingeleitet wird, klingt auch Jer 32,7– 9 an. Im Jeremiabuch jedoch ist der Kauf des Ackers als Symbol für die kommende Heilszeit zu verstehen (Jer 32,15), wodurch es möglich ist, hier ebenfalls einen indirekten Verweis auf das Heil für die Völker zu sehen (vgl. Wick, „Matthäus“, 81). Da der Acker vom Blutgeld für die Auslieferung Jesu, die zu dessen Tod führt, gekauft wird, ist das Heil für die Völker auch hier mit Jesu Tod verknüpft.  Vgl. dazu ausführlich Kap. 8.1– 2. In diesem Sinne deutet das Verhältnis von Jesu Auftrag und Jüngerauftrag in Mt 28,16 – 20 auch Kraus, „Passion“, 425.

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mon hier als sein Sohn in dessen Nachfolge gestellt. Jona ist aber in den Schriften der Prophet, den Gott zur „heidnischen“ Stadt Ninive sendet, um ihr zu predigen (Jona 1,2). Zwar unterscheidet sich der Inhalt der Verkündigung Jonas, die eine Gerichtsansage darstellt,⁹⁶ vom Inhalt der in Mt 24,14 genannten Verkündigung des Evangeliums des Reiches sowie von dem des Auftrags in Mt 28,19 f, doch wird die grundsätzliche Hinwendung zu den Völkern, die ja auch in Jona 3 – 4 zur Umkehr und Rettung von Ninive führt, durch die Anspielung auf die Schriften im Zusammenhang mit dem anstehenden Bau der Gemeinde bereits sichtbar.

Eine weitere Aufgabe des Knechts besteht darin, dieses Recht zum Sieg zu führen (Mt 12,20),⁹⁷ was nun nach Tod und Auferstehung als erfüllt angesehen werden kann. Als erhöhter Weltenherr⁹⁸ macht Jesus öffentlich bekannt, dass ihm alle Vollmacht im Himmel und auf der Erde gegeben ist (Mt 28,18), womit die christologische Grundlage des folgenden Auftrags der Jünger dargelegt ist.⁹⁹ Bereits der römische Hauptmann hatte diesen Zusammenhang in Mt 8,8 f erkannt.¹⁰⁰ In dieser Offenbarmachung klingt Dan 7,14 an,¹⁰¹ wo dem Menschensohnähnlichen (‫ כבר אנש‬/ ὡς υἱὸς ἀνθρώπου; Dan 7,13) ebenfalls königliche Vollmacht gegeben wird (ἐδόθη αὐτῷ ἐξουσία; Dan 7,14LXX / ἐδόθη […] ἡ βασιλεία; Dan 7,14TH¹⁰²), die darüber hinaus ewig besteht (ἡ ἐξουσία αὐτοῦ ἐξουσία αἰώνιος; Dan

 Bemerkenswert ist jedoch, dass ‫ הפך‬im Niph’al auch „sich wenden“ heißen kann, sodass Jona 3,4 im Sinne einer Umkehrpredigt verstanden werden könnte, womit die Predigt des Jona deutlich näher an die Predigt des Reiches (Mt 4,17) heranrücken würde.  Zur umfassenden Analyse dieses Jesajazitates in Mt 12,18 – 21 vgl. Kap. 8.3.  Bornkamm, „Auferstandene“, 100 – 102 weist darauf hin, dass die Kombination von „Erhöhung und Völkermission“ (100) nicht selbstverständlich ist. In Mt 24,14 z. B. seien beide Motive noch nicht vereint. Zudem ordnet er die Völkermission der Erhöhung unter, was insofern sachgerecht ist, als Jesus erst als der erhöhte Weltenherr den Aussendungsbefehl an die Jünger spricht.  Siehe auch Byrne, „Messiah“, 72: „[H]e commissions his disciples to go ‚therefore…‘: that is, to go on the basis of his possession of this world authority“.  Vgl. zu Mt 8,5 – 13 Kap. 4.3.  Eine besonders ausführliche Darstellung der Argumente für einen möglichen Einfluss auf Dan 7,14 findet sich bei Schaberg, Father, 111– 130. Auf Dan 7,14 verweisen z. B. auch Stoevesandt, Jesus, 38; Lohmeyer/Schmauch, Mt, 416; Michel, „Abschluss“, 22; Schniewind, Mt, 279; Gaston, Stone, 385 f; Lange, Erscheinen, 212– 217; Barth, „Gesetzesverständnis“, 124 f; Meier, „Salvation History“, 211; Senior, Invitation, 275; Fenton, Mt, 453; Geist, Menschensohn, 117 f.121 f; Grundmann, Mt, 577 f; Hagner, Mt II, 886; Moses, Transfiguration, 188 f; Davies/Allison, Mt III, 682 f; Riches, Mythologies, 248 – 251; Luz, „Intertexts“, 132 f; Hays, „Gospel of Matthew“, 185 f; Nolland, Mt, 1264; France, Mt, 413; Harrington, Mt, 415; Konradt, Israel, 305. Gegen diesen Bezug sprechen sich aus: Vögtle, „Anliegen“, 253 – 260; Hahn, „Sendungsauftrag“, 31.35; Donaldson, Mountain, 181, der eine Anspielung auf Ps 2, bes. V. 8 präferiert; Bartnicki, „Bereich“, 252; Gundry, Mt, 595, der eher an die Tradition denkt, die auch hinter Lk 4,6b steht; Gibbs, Jerusalem, 153.  Dan 7,14TH bietet wie Dan 7,14MT eine dreigliedrige Kette: ‫ שלטן ויקר ומלכו‬/ ἡ ἀρχὴ καὶ ἡ τιμὴ καὶ ἡ βασιλεία, wobei die explizite Nennung von ἐξουσία in Kombination mit ἐδόθη fehlt und diese

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7,14LXX/TH)¹⁰³. Eine Anspielung auf diesen Text gewinnt durch die übrigen mt Verweise auf diese Verse an Plausibilität (vgl. Mt 24,30 f; 26,24),¹⁰⁴ wobei dort durch Dan 7,13 f auf die Parusie und nicht auf die Herrschaftsaufgabe des Menschensohns verwiesen wird. In Dan 7,14 führt diese Vollmacht dazu, dass alle Völker (πάντα τὰ ἔθνη τῆς γῆς; Dan 7,14LXX / πάντες οἱ λαοί, φυλαί, γλῶσσαι; Dan 7,14TH) dem Menschensohn dienen, wie auch in Mt 28,18 – 20 die universale Vollmacht die Grundlage des universalen Missionsbefehls an πάντα τὰ ἔθνη darstellt.¹⁰⁵ Während Dan 7,14TH als Reaktion der Völker δουλεύειν bezeugt, übersetzt Dan 7,14LXX ‫ פלח‬aus MT durch λατρεύειν. Besonders die LXX legt ein Verständnis von Dienen nahe, das im Dienen der Völker am Menschensohn den Aspekt des Dienstes an Gott inkludiert.¹⁰⁶ Damit ist dann jedoch kein Dienst im Sinne von Versklavung gemeint,¹⁰⁷ sondern eine umfassende Hinwendung zu Gott und Erfüllung seines Willens,¹⁰⁸ sprich das Halten von allem, was er geboten hat (Mt 28,20).¹⁰⁹ Der Unterschied liegt jedoch darin, dass es in Dan 7,14 heißt, dass die Völker „ihm“ (dem Menschensohn) dienen, wohingegen eine derartige Ausrichtung im Mt nicht nachzuweisen ist. In einem gewissen Sinn sind Dan 7,14 und Mt 28,18 – 20 damit nicht allein auf christologischer Ebene, sondern auch in ihrem Anspruch an die

nur implizit durch die Königsherrschaft mitschwingt. In der zweiten Vershälfte wird sie dann jedoch auch in Dan 7,14TH explizit genannt.  Dan 7,14MT hingegen spricht von einer nicht vergehenden Herrschaft: ‫שלטנה שלטן עלם די־לא‬ ‫יעדה‬.  Vgl. Vögtle, „Anliegen“, 254; Luz, „Intertexts“, 132; Konradt, Israel, 305.  Vgl. Hays, Echoes of Scripture in the Gospels, 184.  Meadowcroft, Daniel, 202 geht von einem solchen Zusammenhang auch für die MT-Fassung aus: „[T]he service offered him is the same sort that is due to divinity. This is portrayed by ‫פלח‬, the same word used in the confrontation between the king and the young men of ch. 3 over whose God should be served (3.12, 14, 17, 18, 28).“ Das griechische Wort der LXX stütze eine kultische Deutung stärker als das hebräische (229). Vgl. zudem Montgomery, Dan, 304.  Besonders die Übersetzung von TH scheint ein solches Verständnis möglich zu machen. Siehe Meadowcroft, Daniel, 229, der festhält δουλεύειν „is more generally applicable than λατρεύω to human relationship of subservience“. Vgl. zum Dienen der Völker in den Schriften Kap. 2.2.4.  Dafür, dass δουλεύειν ebenfalls im Sinne von „Halten der Gebote“ verstanden werden kann, lässt sich 1Thess 1,9 anführen. Vgl. z. B. Frame, 1/2Thess, 88: δουλεύειν θεῷ „demanding rightousness of life“. Anders hingegen z. B. Morris, 1/2Thess, 53, Anm. 54, der darin allein das Moment der Unterordnung unter Christus erkennt; Viviano, „Trinity“, 18: „[T]he Danielic theme of the subjection of the nations has been replaced by that of the making of disciples of all nations“.  In diesem Zusammenhang geht Michel, „Abschluss“, 22 davon aus, dass in Mt 28 Dan 7 erfüllt wird und von Jesus hier weniger als von dem Auferstandenen denn als von dem Erhöhten die Rede ist, sodass „ganz entsprechend die Einsetzung Jesu in die Menschensohn-Würde geschildert“ wird. Anders Bornkamm, „Auferstandene“, 98.

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Völker miteinander verbunden.¹¹⁰ Es lässt sich also sagen, dass die Offenbarmachung der universalen ἐξουσία¹¹¹ schon von den Schriften her mit der expliziten über Israel hinausreichenden Sendung der Jünger korrespondiert. Diese ergeht in Mt 28,18 – 20 folgendermaßen:¹¹²

 In diesem Zusammenhang ist auf den für Matthäus wichtigen Text Jes 56,1– 8 zu verweisen, wo es in V. 6 vom Fremden heißt, dass er Gott dient (δουλεύειν αὐτῷ). Zehnder, Umgang mit Fremden, 527 erkennt im Dienst die „Voraussetzung der Annahme durch JHWH“. Anders hingegen van Winkle, „Isaiah“, 241 f, der darin eine Ehrenstellung sieht, die sonst im Jesajabuch auf Israel bezogen ist, wobei er zwischen dem ganzen Volk als Gottes Knecht (bei DtJes) und einzelnen Individuen (in Jes 56 – 66) unterscheidet. Vgl. zu Jes 56,1– 8 im Mt Kap. 5.3.  Betont wird dieser umfassende Charakter durch πᾶσα sowie durch die Nennung der Wirksamkeit dieser Vollmacht in οὐρανῷ καὶ ἐπὶ [τῆς] γῆς (vgl. auch Geist, Menschensohn, 124). Zuvor schon wurde immer wieder deutlich, dass Jesus Vollmacht besitzt: vgl. Mt 7,29 zu seiner vollmächtigen Lehre; in Mt 9,6.8 wird seine Vollmacht zum Vergeben der Sünden deutlich; in Mt 10,1 gibt er den Jüngern Vollmacht über die unreinen Geister, sodass angenommen werden kann, dass sein eigenes Heilen ebenfalls in Vollmacht geschieht. Zudem ist auf die Frage nach der Herkunft seiner Vollmacht hinzuweisen (Mt 21,23 – 27) (vgl. auch Konradt, Israel, 304 f). Zur Diskussion über den zeitlichen Aspekt der Übergabe der Vollmacht vgl. ebenfalls Konradt, Israel, 305 f.  Gemäß Hubbard, Redaction, 32– 67.69 – 72 ähnelt der mt Missionsauftrag Berufungsberichten, wie sie in den Schriften Israels zu finden sind: Er unterscheidet sieben formale Merkmale (Einleitung; Konfrontation; Reaktion; Sendung; Protest; Versicherung; Fazit [62– 64]). Auf dieses Gattungsschema hin untersucht er 28 Texte, die primär aus Genesis und Exodus, aber auch aus den Propheten und der Weisheit stammen (vgl. z. B. Ex 7,1 f [Mose]; Jos 1,5 – 7 [Josua]; 1Chr 22,11– 13 [Salomo]; Jer 1,7 f [Jeremia] [65]). Auf die genannten Texte verweisen auch Davies/Allison, Mt III, 679. Die Parallele besteht gemäß Hubbard, Redaction, 66 nicht nur in der formalen Gattung, sondern zudem inhaltlich: Es geht darum, das zu halten, was Gott geboten hat. Die Zusage des Mit‐Seins Gottes findet sich ebenfalls regelmäßig (vgl. O’Brien, „Great Commission“, 77); gleiches gilt für universale Aspekte. Aus dem regelmäßigen Zusammenhang der Berufungsberichte mit Mose schließen Davies/Allison, Mt III, 679 f, dass Jesus hier als neuer Mose gezeichnet wird. Luz, Mt IV, 435 führt diese Textstellen ebenfalls im Rahmen der möglicherweise hinter Mt 28,16 – 20 stehenden Mosetradition an, hält diese These jedoch für problematisch. Im Rahmen der Gattungsanalyse wird des Öfteren auf die Parallele von Mt 28,18 – 20 zu 2Chr 36,22 f aufmerksam gemacht (so z. B. Malina, „Structure“, 91– 103, der in Gen 45,9 – 11 eine ähnlich nahe Parallele sieht; Green, Mt, 14.229; Frankemölle, Jahwebund, 51– 53; Frankemölle, Mt II, 556 – 558; Frankemölle, „Sendung“, 48; Theissen, „Davidsohn“, 146. Vorsichtig formuliert Nolland, Mt, 1261, der den Bezug für möglich, aber nicht für gesichert hält). Die Parallele läge darin, dass es sich in beiden Fällen um ein königliches Dekret handelt, bei dem der Sprecher seine universale (Voll‐)Macht verkündet, und darauf eine Heilsbotschaft folgt. Dieser Bezug ließe sich weiter durch die strukturelle Parallele von Mt und 1– 2Chr stützen: Beide beginnen mit einer Genealogie, die grundlegende theologische Aspekte darstellt (zu Mt 1,1– 17 vgl. Kap. 3). Kritisch oder ablehnend diesem Bezug gegenüber äußern sich hingegen Levine, Dimensions, 176 f; Gundry, Mt, 597; Davies/Allison, Mt III, 679; Luz, Mt IV, 434; Wilk, „Eingliederung von Heiden“, 52.

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Mt , –   καὶ προσελθὼν ὁ Ἰησοῦς ἐλάλησεν αὐτοῖς λέγων· ἐδόθη μοι πᾶσα ἐξουσία ἐν οὐρανῷ καὶ ἐπὶ τῆς γῆς.  πορευθέντες οὖν μαθητεύσατε πάντα τὰ ἔθνη, βαπτίζοντες αὐτοὺς εἰς τὸ ὄνομα τοῦ πατρὸς καὶ τοῦ υἱοῦ καὶ τοῦ ἁγίου πνεύματος,  διδάσκοντες αὐτοὺς τηρεῖν πάντα ὅσα ἐνετειλάμην ὑμῖν· καὶ ἰδοὺ ἐγὼ μεθ᾽ ὑμῶν εἰμι πάσας τὰς ἡμέρας ἕως τῆς συντελείας τοῦ αἰῶνος.

Mt , –   Und nachdem er hinzugekommen war, redete Jesus mit ihnen und sagte: „Mir ist gegeben alle Vollmacht im Himmel und auf Erden.  Geht also hin, macht zu Jüngern alle Völker, indem ihr sie tauft auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes  (und) sie lehrt zu halten alles, was ich euch geboten habe, und siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zur Vollendung des Weltalters.“

Mit der Beauftragung der Jünger wird also die konkrete Umsetzung der Heilspartizipation der Völker initiiert, indem die Jünger alle Völker (πάντα τὰ ἔθνη) zu Jüngern machen sollen. Insofern ist das „Wie“ des Heils, dessen christologische Grundlage bereits deutlich wurde, auch ekklesiologisch weiter spezifiziert.

10.4.1 Die Frage nach der Universalität des Missionsauftrags Zunächst ist zu fragen, inwiefern es gerechtfertigt ist, von einem universalen Missionsauftrag zu sprechen, wenn von πάντα τὰ ἔθνη die Rede ist. Im Unterschied zu vielen anderen Textstellen, in denen die Frage war, inwiefern auch die Völker gemeint sind,¹¹³ verläuft die Frage hier genau anders herum: Inwiefern ist auch Israel gemeint? Oder bezieht sich der Auftrag allein auf die „Heiden“¹¹⁴? In der Forschung wird diese Frage breit diskutiert:¹¹⁵

 Zum Verhältnis der Erwählung Israels und der Frage nach dem daraus resultierenden Ausschluss der Völker vom Heil in den Schriften Israels vgl. Kap. 2.1.1.  Wilk, „Eingliederung von Heiden“, 52.58, bes. Anm. 1 spricht von „allen Weltvölkern“, um eine Größe zu definieren, in die Israel nicht eingeschlossen ist, da er den negativ geprägten Begriff „Heiden“ vermeiden will.  Die Forschungsmeinungen gehen deutlich auseinander und bisher muss festgehalten werden, dass ein gewisser Dissens unvereinbar nebeneinander steht, vgl. auch Dobbeler, „Missionsauftrag“, 44. Im inklusiven Sinn deuten Mt 28,19 Meinertz, Heidenmission, 171– 176; Stoevesandt, Jesus, 38 („deutlich ist jedoch, dass sie [die Juden] nicht im Mittelpunkt des Interesses stehen“); Zahn, Mt, 666, Anm. 7; Trilling, Israel, 26 – 28; Vögtle, „Anliegen“, 259.266; Hubbard, Redaction, 84– 87; O’Brien, „Great Commission“, 73 – 75; Brown, „Representation“, 29; Meier, „Nations“, 94– 102; Verseput, Rejection, 45 f; Stanton, Gospel, 158; Wong, Theologie,

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Nicht ganz eindeutig stellt sich der rein sprachliche Befund dar: ἔθνη meint in einer Vielzahl der Belege tatsächlich Menschen aus den Völkern.¹¹⁶ Doch ist eine Israel ausschließende Deutung nicht zwingend,¹¹⁷ da aus der LXX auch Belege

98 – 108; Weaver, Missionary Discourse, 151 f; Kingsbury, „Significance“, 272; Tisera, Universalism, 304– 306; van Aarde, God-with-us, 81– 83; Gundry, Mt, 595; Menninger, Israel, 43 – 45; Hagner, Mt II, 887; Park, Mission, 184 f; Kupp, Matthew’s Emmanuel, 212 f; Sim, „Christianity“, 184 f; Davies/Allison, Mt III, 684; Frankemölle, Mt II, 546 f; Hultgren, „Mission“, 334; Lindemann, „Israel“, 189; Gibbs, Jerusalem, 67; Stuhlmacher, „Matt 28:16 – 20“, 27; Landmesser, Jüngerberufung, 15 – 17; Theissen, Gospel Writing, 69; Byrne, „Messiah“, 72, Anm. 51; Dormeyer, „Rollen“, 123; Foster, Community, 240; Krentz, „Disciples“, 23 – 41; Frankemölle, „Sendung“, 46.50; Nolland, Mt, 1266; France, Mt, 413 f.1114 f; White, „Conversion“, 355. Levine, Dimensions, 185 – 192.278 spricht sich zwar dafür aus, πάντα τὰ ἔθνη mit „alle Heiden“ zu übersetzen, geht aber dennoch nicht vom Ende der Sendung zu Israel aus, sondern von einer inklusiven Sendung in Mt 28,18 – 20. Für eine exklusive Deutung sprechen sich aus: Weiss, Mt, 497 f; Gaechter, Mt, 966; Hare, Jewish Persecution, 147 f; Lohmeyer/Schmauch, Mt, 417 f; Walker, Heilsgeschichte, 111– 113; Lange, Erscheinen, 270 f.308; Schweizer, Mt, 347; Hare/Harrington, „Disciples“, 359 – 369; Scheuermann, Gemeinde, 245 f; Dobbeler, „Restitution“, 31 f; Wick, „Matthäus“, 83 – 86; Wilk, „Eingliederung von Heiden“, 52– 59; Fiedler, Mt, 430; Harrington, Mt, 414 f. Dass die Ablehnung einer inklusiven Lesart nicht zwangsläufig auf ein Substitutionsmodell hinausläuft, zeigen z. B. Dobbeler, „Restitution“, 31– 41; Wilk, „Eingliederung von Heiden“, 56. Beide Meinungen finden sich bei U. Luz, der in Luz, „Antijudaismus“, 315 f noch davon ausgeht, dass mit Mt 28,18 – 20 die Israelmission von der Mission zu den Völkern abgelöst ist, dies jedoch in Luz, Mt IV, 447– 452 revidiert: „Der Missionsbefehl des Herrn über Himmel und Erde, d. h. die ganze Welt, ist m. E. grundsätzlich universalistisch gemeint und gilt allen Völkern“ (451, Hervorhebung im Original). Allerdings bleibt sein Urteil auch dort vorsichtig, da er daraus folgend die Möglichkeit der Israelmission zwar bejaht, jedoch festhält, dass die mt Gemeinde diese nicht mehr für zukunftstragend hält (451).  Vgl. z. B. Gen 20,4; 21,13.18; Num 13,28; Dtn 1,28; 1Chr 16,20; Ps 105,13; Am 6,14; Mi 4,3 u. ö. Dies gilt zudem für viele mt Textstellen, in denen ἔθνη nicht durch πᾶς näher qualifiziert ist: Mt 6,32; 10,5.18; 20,19.25; 24,7. Garbe, Hirte Israels, 181 betont dabei besonders für Mt 10,5, dass im Rahmen der Jüngerbeauftragung ἔθνη als Gegenüber zu Israel gebraucht wird. Eine gesonderte Rolle spielen Mt 4,15 f; 12,18 – 21; vgl. dazu Kap. 8.1 und Kap. 8.3, da dort zwar die Öffnung auf die Völker in den Blick kommt, Israel jedoch zugleich nicht grundsätzlich als außen vor stehend gelten kann (anders zu Mt 12,18 – 21 hingegen: Wilk, „Eingliederung von Heiden“, 58). Ein besonderer Fall liegt auch in dem viel diskutierten Vers Mt 21,43 vor, vgl. dazu Dobbeler, „Restitution“, 25; Konradt, Israel, 187– 209.  Vgl. z. B. Gen 12,2; 19,6; Dtn 4,6; Jes 1,4; [65,1;] Est 3,8; Ps 106,5, wo Israel als ἔθνος bezeichnet wird (wobei im Hebräischen stets ‫ גוי‬steht [außer Est 3,8]). Ähnlich schon Meinertz, Heidenmission, 172 f; Wilk, „Eingliederung von Heiden“, 52. Anders hingegen: Hare/Harrington, „Disciples“, 360; Tisera, Universalism, 304; Dobbeler, „Restitution“, 31, Anm. 57, der ἔθνη dem hebräischen Begriff ‫ גוים‬zuweist und λαός ‫עם‬. Dabei übersieht er jedoch, dass schon in den hebräischen Texten Israel ebenfalls als ‫ גוי‬bezeichnet werden kann (vgl. z. B. Gen 12,2; Ex 19,6; Dtn 6,4) und umgekehrt die Völker im expliziten Gegenüber zu Israel als ‫עמים‬/λαοί (vgl. z. B. 1Kön 8,43).

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10 Der auferstandene Christus als Weltenherr

angeführt werden können, die ein inklusives Verständnis von πάντα τὰ ἔθνη nahelegen (vgl. z. B. Jes 56,7¹¹⁸; Jer 35,11– 14LXX)¹¹⁹.¹²⁰ Insofern lässt sich festhalten, dass der sprachliche Befund zwar nicht eindeutig ist, einem universalen Verständnis jedoch auch nicht entgegensteht. Neben den sprachlichen Aspekten sind des Weiteren die sonstige Verwendung von πάντα τὰ ἔθνη im Mt und das Verhältnis von Mt 28,18 – 20 zu 10,5 f und 24,9.14 zu bedenken: Bereits bei den Ausführungen zu Mt 25,31– 46 war es wichtig zu fragen, wer πάντα τὰ ἔθνη sind, die zum Gericht gesammelt werden (V. 32). Als Ergebnis konnte festgehalten werden, dass tatsächlich alle Menschen, inklusive Israel, gemeint sind.¹²¹ Nun wird zwar in beiden Perikopen die gleiche Wendung gebraucht, da sich Mt 25,31– 46 jedoch auf das Endgericht bezieht, ist es theoretisch möglich, dass erst bei der Parusie alle Menschen gemeint sind, nicht hingegen beim Missionsauftrag an die Jünger. Neben den genannten Stellen kommt der Ausdruck zudem in Mt 24,9.14 vor.¹²² Im Unterschied zu Mt 25,32 beziehen sich diese Verse wie 28,18 – 20 auf die nachösterliche Zeit vor der Parusie. Dass πάντα τὰ ἔθνη dort universal zu verstehen ist, wird besonders in Mt 24,14 deutlich, da es durch ἐν ὅλῃ τῇ οἰκουμένῃ ergänzt ist und diese örtliche Angabe

 Zur Rezeption dieses Verses im Mt vgl. Kap. 5.3.  Vgl. weiterhin Jes 14,12LXX; Dan 3,2.7LXX; Ps 46,2LXX; 116,1LXX; Jdt 3,8; Est 4,11LXX; 1Makk 1,42; 2,18 (Hare/Harrington, „Disciples“, 361 führen hingegen 1Makk 5,38 als exklusives Beispiel an), siehe auch Konradt, Israel, 335, Anm. 260. Meinertz, Heidenmission, 174 verweist zusätzlich auf Gen 17,4.5, wo Abraham πατέρα πολλῶν ἐθνῶν genannt wird, womit aber nicht exakt die gleiche Wendung vorliegt. In Josephus, Ap 1,172, wird πάντα τὰ ἔθνη wahrscheinlich inklusiv verwendet (vgl. Wong, Theologie, 106 f), auch wenn dies nicht mit letzter Sicherheit gesagt werden kann. Im Kontrast dazu führt z. B. Wilk, „Eingliederung von Heiden“, 52 Textbelege an, in denen πάντα τὰ ἔθνη exklusiv zu verstehen ist, so z. B. Ex 33,16LXX; Dtn 2,25LXX; Jes 2,2LXX; Sach 7,14LXX u. ö. Gleiches hält er für das griechisch sprechende Frühjudentum fest (52, Belege in Anm. 5).  Stellenweise wird versucht, die universale Bedeutung durch die Verwendung von πᾶς zu unterstützen (vgl. z. B. Davies/Allison, Mt III, 684). Allerdings erscheint dieses Argument wenig stichhaltig, da dennoch „alle Heiden“ (exklusive Israel), statt „alle Völker“ (inklusive Israel), gemeint sein können. Zur Bedeutung von πᾶς für das Verständnis von Mt 28,19 siehe weiterhin Hubbard, Redaction, 94 f; Weaver, Missionary Discourse, 151; van Aarde, God-with-us, 81, der zusätzlich auf die Kompatibilität der universalen Mission mit dem mt Gebrauch von γῆ und κόσμος verweist (siehe Park, Mission, 181); Kupp, Matthew’s Emmanuel, 210 f; Frankemölle, „Sendung“, 46.  Vgl. dazu Kap. 9.1.  Inklusiv deuten hier Zahn, Mt, 675; Trilling, Israel, 27 f; Vögtle, „Anliegen“, 259; Hubbard, Redaction, 84 f; O’Brien, „Great Commission“, 76; Meier, „Nations“, 98 f; Verseput, Rejection, 45; Gnilka, Mt II, 317; Segal, „Voice“, 24; Stanton, Gospel, 158; Tisera, Universalism, 248 – 250.260; Menninger, Israel, 44; Kupp, Matthew’s Emmanuel, 213; Frankemölle, Mt II, 397; Wong, Theologie, 102– 104; Landmesser, Jüngerberufung, 16 f; White, „Conversion“, 355. Anders hingegen Weiss, Mt, 400 f; Hare, Jewish Persecution, 148, Anm. 3; Scheuermann, Gemeinde, 246.

10.4 Der erhöhte Weltenherr und der universale Missionsbefehl – Mt 28,18 – 20

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nur schwerlich ohne die jüdisch besiedelten Gebiete zu denken ist.¹²³ In Mt 24,14 steht das, was mit Mt 28,18 – 20 initiiert wird, kurz vor seiner Vollendung (τότε ἥξει τὸ τέλος¹²⁴; V. 14). Insofern liegt von der mt Verwendung von πάντα τὰ ἔθνη her grundsätzlich ein universales Verständnis nahe, selbst wenn eine exklusive Deutung nicht endgültig ausgeschlossen werden kann.¹²⁵ Des Weiteren ist auf die bleibende Bedeutung des Auftrags der Jünger an Israel (Mt 10,5 f) zu verweisen:¹²⁶ In Mt 10,22 f heißt es, dass dieser Auftrag bis zur Parusie nicht zum Ende kommen wird (ἕως ἂν ἔλθῃ ὁ υἱὸς τοῦ ἀνθρώπου¹²⁷; V. 23). In diese Richtung deuten auch Mt 22,1– 14¹²⁸ sowie 23,34– 38, die sich beide auf die nachösterliche Zeit beziehen. Diese intratextuellen Beziehungen verweisen also eher auf ein inklusives Verständnis, weshalb es durchaus möglich ist, von einem Auftrag mit universaler Reichweite zu sprechen. Selbst wenn in dieser Debatte bisher kein Konsens erzielt werden konnte,¹²⁹ kann umgekehrt positiv festgehalten werden, dass es in Mt 28,19 f um die Inklusion der Völker in den Auftrag der Jünger geht, die in Mt 10 zunächst allein zu Israel gesandt sind.¹³⁰ Diese Sendung zu Israel geht in Mt 28,19 f in den univer-

 So explizit Zahn, Mt, 666, Anm. 7; van Aarde, God-with-us, 82; Frankemölle, „Sendung“, 46; Konradt, Israel, 336. Anders hingegen Wilk, „Eingliederung von Heiden“, 57, der eine exklusive Deutung in Mt 24,9 – 14 annimmt. Dies gelingt ihm jedoch nur, indem er die dort genannte Verkündigung des Evangeliums in Fortführung zu Mt 10,5 f liest: „Adressaten dieses Evangeliums sind daher wie zu Lebzeiten Jesu die Juden“ (Hervorhebung im Original). Dies ist zwar einerseits eine konsequente Fortführung von Mt 10,22 f, zugleich spricht jedoch nichts für einen Ausschluss des in Mt 28,18 – 20 erteilten Auftrags.  Es ist davon auszugehen, dass mit τέλος in Mt 24,14 und συντελεία in Mt 28,20 das Gleiche gemeint ist.  Vgl. ebenso Konradt, Israel, 336, der zwar selbst für ein universales Verständnis votiert, jedoch auch auf die parallele Formulierung in Mt 10,18 verweist, „wo τοῖς ἔθνεσιν die nichtjüdischen Völker“ meint.  Vgl. Davies/Allison, Mt III, 684.  Dass es sich dabei um den erhöhten Menschensohn handelt, wird durch die parallelen Formulierungen in Mt 16,27.28; 24,27.30.37.39.44; 26,64 deutlich, in denen ebenfalls vom Kommen des Menschensohns die Rede ist.  Vgl. dazu ausführlich Kap. 6.3.  Dies gelingt selbst dort nicht, wo die Exegeten die grundlegenden methodischen Herangehensweisen teilen, wie Dobbeler, „Missionsauftrag“, 44 zu der Kontroverse zwischen Frankemölle, „Sendung“ und Wilk, „Eingliederung von Heiden“ richtig bemerkt.  Konradt, Israel, 339 weist zu Recht darauf hin, dass die Frage nach dem Status von Israel letztlich keine mt Frage ist, sondern „sein [das mt] Anliegen ist umgekehrt, dass nunmehr alle (übrigen) Völker eingeschlossen sind“ (Hervorhebung im Original). Positiv gedreht formuliert auch France, Mt, 1114: „In each case we have seen that the emphasis falls positively on the universal scope of Jesus’ mission rather than negatively on ‚Gentiles‘ as opposed to Jews.“ Vgl. weiterhin Brown, „Representation“, 30; Gibbs, Jerusalem; Landmesser, Jüngerberufung, 15,

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10 Der auferstandene Christus als Weltenherr

salen Auftrag über, ohne dass die Sonderstellung Israels aufgehoben würde. Dies geschieht im Sinne einer Aufhebung der in Mt 10,5 f ausgesprochenen Begrenzung und nicht durch eine parallel bestehende zweite Beauftragung.¹³¹ Erneut lässt sich dies durch das Verhältnis von Christologie und Nachfolge der Jünger exemplifizieren: War der irdische Jesus allein zu den verlorenen Schafen Israels gesandt (Mt 15,24), so auch die Jünger in Mt 10,6 – 8. Nach seinem Tod und seiner Auferstehung ist er jedoch der Weltenherr, dem alle Vollmacht im Himmel und auf der Erde gegeben ist (Mt 28,18), sodass die Aufhebung der Begrenzung der Mission allein auf Israel aufgrund des mt Verhältnisses von Christologie und Jüngerbeauftragung nur folgerichtig erscheint.¹³² Passend dazu nimmt der universale

Anm. 40; White, „Conversion“, 355. Anders hingegen Dobbeler, „Restitution“, 22 f, der in der Rede Mt 9,36 – 11,1 grundsätzliche Aspekte der Ekklesiologie vermittelt sieht, die nicht durch Mt 28,19 f aufgehoben sein können.  Es wurden verschiedene Versuche unternommen, eine inhaltliche Unterscheidung zwischen den beiden Missionsaufträgen zu etablieren. So stellt Dobbeler, „Restitution“ fest, dass es sich um keinen Widerspruch handelt, sondern um ein „Verhältnis der Komplementarität“ (27), es gehe für beide Gruppen um Unterschiedliches: für Israel um seine Restitution und für die Völker um ihre Bekehrung hin zu dem einen Gott (28). Die Jünger sollen in Mt 10 die ἔργα τοῦ Χριστοῦ fortführen (32 f). Dem gegenüber werden „[w]eder dem Begriff noch der Sache nach […] die ἔργα τοῦ Χριστοῦ in Mt 28 erwähnt“ (36). Dies hieße jedoch nicht, dass es eine „Rangordnung im Blick auf die Partizipation an dem von Gott her zu erwartenden Heil“ (39) gäbe. Für Cousland, Crowds, 113 zeigt sich der Unterschied in den beiden Beauftragungen besonders an dem therapeutischen Aspekt, den er streng auf Israel beschränkt sieht. Wick, „Matthäus“, 83 – 86 unterscheidet die charismatische, handlungsorientierte Israelsmission (Mt 10) von der verkündigungsorientierten Völkermission (Mt 28). Wilk, „Eingliederung von Heiden“, 57 erkennt eine Unterscheidung der Aufträge auf vier Ebenen: a) Es lägen unterschiedliche christologische Aspekte zugrunde (Beauftragender sei einmal „Jesus als Christus“ und einmal der Menschensohn) – dabei stellt sich jedoch die Frage, ob nicht letztlich trotz der unterschiedlichen Akzente der Titel die Selbigkeit Jesu betont werden müsste. b) Bei der Israelmission seien die Völker Zeugen, bei der Völkermission Adressaten, wobei die Jünger den Auftrag ausführten, der eigentlich Israel anvertraut ist – dieses Argument ist nur sinnvoll, wenn man von einer exklusiven Deutung von Mt 24,9.14 ausgeht. c) In Mt 10,6 – 8 führten sie das Wirken des irdischen Jesus fort, in 28,18 – 20 dessen Beauftragung aus – allerdings scheint diese Unterscheidung etwas künstlich, bedenkt man, dass auch in Mt 28,18 – 20 durch den Auftrag διδάσκοντες αὐτοὺς τηρεῖν πάντα ὅσα ἐνετειλάμην ὑμῖν explizit an das irdische Wirken Jesu angeknüpft wird. d) Die Mission der Juden sollte sie zu ihrem Auftrag als Kinder Abrahams zurückführen, nämlich den Völkern den Segen Abrahams zu bringen – auch hiergegen ist zu argumentieren, dass die Unterscheidung nicht unmittelbar an den beiden Aufträgen festzumachen ist, sondern F.Wilks Verständnis vom Verhältnis zwischen den Jüngern und Israel voraussetzt (vgl. dazu Wilk, Jesus und die Völker).  Anders hingegen Brown, „Representation“, 32: „[T]he missionary scope to include all nations is not made to depend on Jesus‘ exaltation.“

10.4 Der erhöhte Weltenherr und der universale Missionsbefehl – Mt 28,18 – 20

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Missionsbefehl, wie bereits das irdische Wirken Jesu, von Galiläa aus seinen Ausgang.¹³³

10.4.2 Das Heil für die Völker im Missionsauftrag und dessen Bezug auf die Schriften Nun stellt sich hier ebenfalls die Frage nach der mt Schriftenrezeption, die ja – wie die gesamte Arbeit bisher gezeigt hat – einen wesentlichen Begründungshorizont der mt Soteriologie darstellt. Wie finden sich die in den Schriften überlieferten Vorstellungen der Heilspartizipation der Völker im Missionsauftrag des Mt wieder? Oder anders formuliert: Wie ordnet sich der universale Missionsauftrag in die bisher dargestellte Verwendung typischer Topoi der Schriften bezüglich des Heils der Völker ein?¹³⁴ Zunächst ist festzuhalten, dass in Mt 28,18 – 20 kein direktes Zitat aus den Schriften vorliegt. Der unmittelbarste Bezugspunkt in die Schriften liegt – wie bereits ausgeführt wurde¹³⁵ – in V. 18 mit Dan 7,14 vor. Über diesen wird sowohl Jesu universale Vollmacht als schriftengemäß dargestellt als auch indirekt die Völkerperspektive eingespielt. Darüber hinaus ist in Mt 28,18 – 20 der Höhepunkt der mt Darstellung zum Heil für die Völker erreicht, sodass es nicht überrascht, dass hier viele bisher proleptisch angeklungene Aspekte der Soteriologie wieder aufgenommen werden:¹³⁶ Ein erster Verweis klingt bereits durch die Nennung Galiläas als Ausgangsort der universalen Mission an.¹³⁷ In Mt 4,12– 16 wird durch das Zitat von Jes 8,23 – 9,1 Galiläa als theologisch relevanter Ort eingeführt.¹³⁸ Die Bezeichnung „Galiläa der Heiden“ zeigt bereits zum Beginn des irdischen Wirkens Jesu, dass die universale

 Hultgren, „Mission“, 344 spricht von Galiläa als „doorway to the gentile world“. Vgl. weiterhin Kingsbury, „Composition“, 581 f.  Eine Übersicht über entsprechende Vorstellungen in den Schriften Israels findet sich in Kap. 2.3. Dazu, wie sie als proleptische Verweise auf das universale Heil im gesamten mt Narrativ eingearbeitet sind, vgl. Kap. 3 – 10.  Vgl. Kap. 10.4.  Zur Deutung der Perikope als Zusammenfassung des gesamten Evangeliums nimmt Sim, „Matthew 28:16 – 20“, 1– 7 kritisch Stellung, spricht sich jedoch ebenfalls positiv für deren Rolle als Höhepunkt aus. Vgl. auch Luz, „Intertexts“, 132: „Many motives, themes, and verses from the Gospel of Matthew are here taken up again and brought to culmination in the Gospels conclusion.“  Auf die Verbindung von Mt 4,12– 16 und 28,18 – 20 verweist Park, Mission, 181, der hier exemplarisch für viele genannt sei.  Ausführlich dazu vgl. Kap. 8.1.

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10 Der auferstandene Christus als Weltenherr

Öffnung des Heils keine Reaktion auf die Verwerfung Jesu durch die Autoritäten sein wird. Zugleich wird dort bereits durch die Lichtmetaphorik auf Mt 12,18 – 21 und die Verkündigung des Rechts für die Völker angespielt. Jedoch ist in diesen Schriftenzitaten allein das ‚Dass des Heils‘ für die Völker festgehalten und noch nicht genauer gesagt, wie sich das Heilsangebot an die Völker darstellen wird. Inhaltlich lässt sich nun von Mt 28,18 – 20 sagen: Das Heilsangebot für die Völker besteht darin, sich durch die Jünger zu Jüngern machen zu lassen.¹³⁹ Indem Menschen aus den Völkern zu Jüngern werden, gilt auch ihnen die Gegenwart Gottes in Jesus, dem Immanuel (Mt 1,23). Den Jüngern nämlich wird in Mt 28,20 das Mit‐Sein des Auferstandenen bis zur Vollendung des Weltalters zugesagt. In Mt 26,29 wird deutlich, dass die Gemeinschaft mit Jesus im Königreich der Himmel gegenüber dem μεθ᾽ ὑμῶν in Mt 28,20 sogar durch dessen personale Gegenwart gesteigert wird. Mit der Zusage des Mit‐Seins Gottes knüpft Matthäus an ein aus den Schriften bekanntes und regelmäßig wiederkehrendes Motiv an (vgl. Gen 26,3; 28,15; Ex 3,12; Jos 1,5.9; Jes 43,2.5; Jer 1,8; Hag 1,13 u. ö.)¹⁴⁰. Diese Zusage gilt meistens Israel oder Israeliten. Dass auch im Mt das Mit‐Sein Gottes mit Israel von Anfang an zugrunde gelegt ist, wird in der Verbindung von Mt 1,21.23 deutlich.¹⁴¹ Allerdings hat das Mit-Sein Gottes mit Israel Auswirkungen für die Völker. In Sach 8,20 – 23 machen sich Menschen aus den Völkern zum Zion auf, da sie von Gottes Mit-Sein¹⁴² mit seinem Volk gehört haben.¹⁴³ Vom Mit-Sein Gottes spricht zudem 1Kön 8,57, wobei in 8,41– 43 die Völker explizit in das durch Gott ergehende Heil eingeschlossen sind.¹⁴⁴ Wichtig ist deren Erkenntnis des Namens (1Kön 8,43). Genau diese Erkenntnis ist in Mt 12,21 durch das Zitat von Jes 42,4LXX bereits als den Völkern angemessenes Verhalten eingeführt.¹⁴⁵ Ist der Name dort jedoch noch  Dass dies von einem formalen Übertritt ins Judentum (bei aller Israelzentriertheit des Mt) zu unterscheiden ist, wird z. B. durch die proselytismuskritische Aussage in Mt 23,15 deutlich. Dort bezieht sich die Kritik freilich besonders auf die pharisäische Art, Menschen zu Proselyten zu machen.  Ausführlich zum Topos des Mit‐Seins Gottes in den Schriften Israels und im Alten Orient vgl. Preuss, „mit dir“, 139 – 173; Kupp, Matthew’s Emmanuel, 109 – 156.Vgl. außerdem Luz, Mt IV, 456, der festhält, dass Gott sein Volk „in ständiger, aktiver Präsenz begleitet.“  Auf diesen Bogen von Mt 1,21.23 hin auf 28,20 verweisen Gaechter, Mt, 973; O’Brien, „Great Commission“, 77; Brown, „Representation“, 24; Bornkamm, „Auferstandene“, 115; Schweizer, Mt, 351; Hubbard, Redaction, 96 f; Kingsbury, „Composition“, 581; Kupp, Matthew’s Emmanuel, 219; Davies/Allison, Mt III, 686; Landmesser, Jüngerberufung, 17 f; Byrne, „Messiah“, 72; Luz, Mt IV, 456; Söding, „Lehret sie“, 36; Nolland, Mt, 1271.  Hier ist besonders auf Sach 8,21LXX hinzuweisen, wo Gott ebenfalls als der Weltenherrscher (κύριος παντοκράτωρ) dargestellt ist, wohingegen in Sach 8,21MT von ‫ יהוה צבאות‬die Rede ist.  Vgl. Kap. 2.2.4.  Wobei hier ein anderes Verhältnis der Völker zu Israel zugrunde liegt als in Sach 8,20 – 23.  Vgl. Byrne, „Messiah“, 73.

10.4 Der erhöhte Weltenherr und der universale Missionsbefehl – Mt 28,18 – 20

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Ziel der Hoffnung der Völker, erfüllt sich diese Hoffnung zum einen in der Aufgabe, alle Völker zu Jüngern zu machen, indem sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes (ὄνομα τοῦ πατρὸς καὶ τοῦ υἱοῦ καὶ τοῦ ἁγίου πνεύματος) getauft werden, und zum anderen in der Zusage des Mit-Seins mit den Jüngern, die auf Mt 1,23 zurückverweist. Es bildet sich damit jedoch nicht nur eine inhaltliche Rahmung des Evangeliums über das Immanuel-Motiv, sondern darüber hinaus eine Rahmung auf der Ebene der Schriftenrezeption, denn so beginnt das Evangelium mit einem Verweis in die Schriften (βίβλος γενέσεως; Mt 1,1)¹⁴⁶ und endet mit einem solchen (Immanuel). Allerdings wird zugleich ein deutlicher Unterschied zu Sach 8,20 – 23 und 1Kön 8,41– 43.57 deutlich. Dort ist der Zion der Ort, an dem sich das Heil vollzieht (weil die Völker dorthin kommen oder weil Gott dort ihr Gebet erhört). In Mt 28,19 hingegen steht dem inhaltlichen Befehl μαθητεύσατε das Partizip πορευθέντες¹⁴⁷ voran, das die Bewegungsrichtung anzeigt, die dem Missionsauftrag zugrunde gelegt ist. Damit ist kein bestimmtes örtliches Ziel angegeben, aber es ist dennoch markiert, dass die Jünger sich bewegen, um zu taufen und zu lehren, nicht die Völker. Es findet keine zentripetal ausgerichtete Völkerwallfahrt zum Zion statt.¹⁴⁸ Damit ist die Bewegung umgekehrt zu vielen Vorstellungen der Schriften Israels, in denen die Völker zu dem Ort des Heils, zum Zion, kommen. Dass das mt Konzept in geographischen Dimensionen von einer zentrifugalen Bewegung ausgeht, lässt sich auch anhand von Mt 24,14 und 26,13 veranschaulichen, da die Verkündigung dort explizit in aller Welt (ἐν ὅλῃ τῇ οἰκουμένῃ / ἐν ὅλῳ τῷ κόσμῳ) verortet ist und nicht an einem bestimmten Ort der Offenbarung. Zur Sammlung kommt es erst am Ende der Zeiten (vgl. Mt 24,31; 25,32).¹⁴⁹

 Vgl. dazu Kap. 3.1.  Wenig eigenständige Bedeutung wird diesem Partizip von Gaechter, Mt, 965; Kingsbury, „Composition“, 576; Malina, „Structure“, 90 zugesprochen, die dies damit begründen, dass durch πορευθέντες semitischer Sprachstil imitiert wird. Anders hingegen Tisera, Universalism, 301 f. Diskutiert wird ebenfalls, ob πορευθέντες oder μαθητεύσατε den primären Auftrag darstellt. Für Ersteres spricht die Stellung von πορευθέντες zu Beginn der Rede Jesu (so Lange, Erscheinen, 306), für Letzteres spricht hingegen, dass es sich um den einzigen Imperativ handelt, wohingegen die umstehenden Verben in Partizipialformen stehen (vgl. O’Brien, „Great Commission“, 73; Tisera, Universalism, 302).  Vgl. zu diesem Topos Kap. 2.3.9 sowie Kap. 5. Dass im Hintergrund von Mt 28 doch die Völkerwallfahrt steht, behaupten z. B. Donaldson, Mountain, 183 – 188.197– 202; Stuhlmacher, „Bedeutung“, 117– 119, der für die Parusie eine Restitution Jerusalems und die Erfüllung von Sach 2,10 – 16; 14,1– 5 erwartet; Schweizer, Mt, 347; Dobbeler, „Restitution“, 38 f. Anders Luz, Mt IV, 435.  Das umgekehrte Bild vom Sammeln der Bösen und Ungerechten wird in der Gleichnisrede verwendet (siehe Mt 13,40 f).

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10 Der auferstandene Christus als Weltenherr

Aus der Zionstradition erhalten geblieben ist das Motiv des Berges.¹⁵⁰ Doch ist darauf hinzuweisen, dass es sich um einen unbestimmten Berg in Galiläa und nicht um den in Jerusalem gelegenen Zion handelt. Bereits in den Schriften Israels ereignet sich die Verkündigung des göttlichen Willens auf einem Berg. Besonders prominent ist auf die Sinaiperikopen zu verweisen,¹⁵¹ aber auch vom Zion¹⁵² geht in Jes 2,2 f/Mi 4,1 f Weisung aus, und dies geschieht sogar explizit für alle Völker (‫ כל־הגוים‬/ πάντα τὰ ἔθνη). Allerdings ist erneut auf den Unterschied zwischen der für die Zionstradition typischen Zionzentrik und der mt Verwendung solcher Stellen hinzuweisen,¹⁵³ die genau dieser Zionzentrik immer wieder entgegenlaufen.¹⁵⁴ In diesen Kontext passt gut, dass der Imperativ μαθητεύσατε durch die beiden Partizipien βαπτίζοντες und διδάσκοντες weiter qualifiziert wird.¹⁵⁵ Διδάσκοντες wird dabei ebenfalls noch näher bestimmt: Die Jünger sollen die Völker lehren,

 Vgl. dazu Kap. 5.4. Das Bergmotiv spielt im Mt besonders im Zusammenhang christologisch wichtiger Aussagen eine Rolle (Mt 4,8; 5,1; 8,1; 15,29; 17,1), vgl. Kupp, Matthew’s Emmanuel, 204; Luz, Mt IV, 438. Von den verschiedenen Bergszenen lassen sich Linien bis Mt 28,18 – 20 ziehen: In Mt 4,8 f sagt der Satan zu Jesus, als er ihm alle Weltreiche (πάσας τὰς βασιλείας τοῦ κόσμου) zeigt: ταῦτά σοι πάντα δώσω. Jesus lehnt dies ab, doch in Mt 28,18 ist ihm schließlich alle Vollmacht im Himmel und auf der Erde (von Gott) gegeben. Die Bergpredigt, in der Grundlegendes zur jesuanischen Lehre deutlich wird, klingt im Gebot διδάσκοντες αὐτοὺς τηρεῖν πάντα ὅσα ἐνετειλάμην ὑμῖν (Mt 28,20) wieder an. Mt 15,29 klingt nicht direkt in 28,18 – 20 an, doch erinnert die Speisung, die auf 15,29 folgt, an das Heilshandeln, an dem Jesus im Königreich der Himmel schließlich mit seinen Jüngern teilnehmen wird (Mt 26,29). Die Verklärung, die ebenfalls auf einem Berg stattfindet, lässt Jesus proleptisch in seiner himmlischen Herrlichkeit erscheinen, die ihm als erhöhter Weltenherr eigen ist.  Dobbeler, „Restitution“, 37, Anm. 75 weist jedoch zu Recht darauf hin, dass der Berg nicht „als Gegenbild des Sinai“ (Hervorhebung im Original) verstanden werden darf. Ebenso Gnilka, Mt II, 506; Bornkamm, „Auferstandene“, 95. Anders hingegen Lohmeyer/Schmauch, Mt, 424, der in diesem Berg in Galiläa einen „eschatologische[n] Sinai“ erkennt.  Vgl. Donaldson, Mountain, 51– 69.82, der besonders auf die eschatologische Komponente der Rezeption der Zionsvorstellung im Frühjudentum hinweist. Der Zion sei der Ort der Restitution des Gottesvolkes (180). Ihm schließt sich auch Kupp, Matthew’s Emmanuel, 204 f an.  Vgl. ausführlich Kap. 5.  Donaldson, Mountain, 170 – 190, bes. 180 – 188 hat die Anspielungen auf den Zionsberg und der mit ihm verbundenen, eschatologisch ausgerichteten Theologie herausgearbeitet. Er kommt zu dem Ergebnis, dass Christus den Zion als Bezugspunkt des eschatologischen Heils ersetzt hat (184). Dies wird bereits in Mt 2,11 deutlich (vgl. Konradt, Israel, 294.346, Anm. 312). Allerdings stellt sich für Mt 28,16 – 20 die Frage, inwiefern angesichts der sonstigen Ablehnung und Umformung der Zionstheologie durch Matthäus hier Zionstheologie positiv rezipiert wird, oder ob nicht vielmehr auf sie angespielt wird, um sich von ihr abzugrenzen.  Vgl. Michel, „Abschluss“, 19; Lange, Erscheinen, 310; Dobbeler, „Restitution“, 36; Luz, Mt IV, 429.

10.4 Der erhöhte Weltenherr und der universale Missionsbefehl – Mt 28,18 – 20

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sich an alles zu halten, was Jesus ihnen (den Jüngern) geboten hat (Mt 28,20). Damit ist – gestützt durch die Verortung des Geschehens auf einem Berg in Galiläa (Mt 5,1)¹⁵⁶ – besonders auf Mt 5,3 – 7,27 verwiesen, zumal diese Rede in 7,29 durch Jesu Vollmacht (ἐξουσίαν ἔχων), die auch in 28,18 genannt ist, qualifiziert wird. Allerdings sollte dies nicht als Engführung auf die Lehre der Bergpredigt gelesen werden,¹⁵⁷ vielmehr wird umfassend die gesamte Lehre Jesu, in der der Wille Gottes offenbar wird und der in Wort und Tat seiner Sendung sichtbar wurde, in den Blick zu nehmen sein.¹⁵⁸ Sicherlich nicht gemeint ist eine Ablösung der Tora durch die Lehre Jesu. Vielmehr ist diese in der Lehre Jesu eingeschlossen, wie die Ausführungen zur Frage nach der Tora für die Völker bereits gezeigt haben.¹⁵⁹ Liegt der Fokus auf der jesuanischen Interpretation der Tora (vgl. bereits Mt 7,24– 27),¹⁶⁰ wird zugleich die Selbigkeit des irdischen Lehrers und des Erhöhten, dessen Lehre es zu halten gilt, auf christologischer Ebene untermauert.¹⁶¹ Mt 24,14 spricht davon, dass das Evangelium des Reiches gepredigt wird (κηρυχθήσεται τοῦτο τὸ εὐαγγέλιον τῆς βασιλείας), und zwar in der ganzen Welt (ἐν ὅλῃ τῇ οἰκουμένῃ). Mit diesem Evangelium ist wahrscheinlich ebenfalls Jesu eigene Lehre gemeint.¹⁶² Damit ist eine klare Verbindung zu Mt 28,20 geschaffen. Außerdem wird über Mt 24,14 auch eine Verbindung zu 10,7 aufgebaut, denn dort soll Israel die Nähe der Basileia angekündigt werden (κηρύσσετε λέγοντες ὅτι ἤγγικεν ἡ βασιλεία τῶν οὐρανῶν).¹⁶³ In Mt 24,14 dient dieses Evangelium allen Völkern zum Zeugnis (εἰς μαρτύριον πᾶσιν τοῖς ἔθνεσιν).¹⁶⁴ Insofern lässt bereits Mt 24,14 den vermeintlichen Graben zwischen Mt 10,5 f und Mt 28,18 – 20 deutlich kleiner erscheinen. Der Auftrag an Israel und der Auftrag an alle Welt sind strukturell wie inhaltlich miteinander verbunden. Gegenüber Mk 13,13 hat Matthäus ergänzt, dass erst, wenn das Evangelium in aller Welt verkündet wird, das Ende (der Welt) kommt (τότε ἥξει τὸ τέλος). Im narrativen Verlauf ist damit eine Verkündigung an die Völker bereits vor dem Missionsauftrag in Mt 28,18 – 20 genannt (so auch in Mt 26,13), doch blickt

 Den Rückverweis auf Mt 5,1 benennen auch Davies/Allison, Mt III, 681; Luz, Mt IV, 438; Söding, „Lehret sie“, 46; Nolland, Mt, 1262.1270.  So jedoch Lange, Erscheinen, 320; Dobbeler, „Restitution“, 37. Lange, Erscheinen, 317 grenzt aus der Lehre Jesu die Gleichnisse und die Leidensankündigung aus.  So Trilling, Israel, 37 f, der πάντα ὅσα ἐνετειλάμην besonders vor dem Hintergrund der Schriften Israels (vgl. Ex 7,2; 29,35; Dtn 1,3.41; 12,11.14; 2Chr 33,8 u. ö.) als Ausdruck der umfassenden göttlichen Willenskundgabe deutet und somit für das Mt deutlich vom Moralgesetz, dem bei Johannes begegnenden „neuen Gebot“ (z. B. Joh 13,34), oder dem mosaischen Gesetz abgrenzt. Vgl. weiterhin Lange, Erscheinen, 323 f; Bornkamm, „Auferstandene“, 112; Hagner, Mt II, 888; Davies/Allison, Mt III, 686; Fiedler, Mt, 431.  Vgl. zur Frage nach der Gültigkeit der Tora im Licht der Mission an Nicht-Israeliten Kap. 8.4.  So Luz, Mt IV, 455; France, Mt, 1119.  Bornkamm, „Auferstandene“, 108.  Vgl. Luz, Mt III, 424; Konradt, Israel, 341, der eine weite Deutung auf Jesu gesamtes Wirken ebenfalls für möglich hält; Kingsbury, Structure, 130 f; Stanton, „βίβλος“, 1194 f.  Vgl. auch schon Mt 4,17 zu Beginn des jesuanischen Wirkens.  Auf die Parallele zwischen Mt 10,7 und 24,14 verweist Konradt, Israel, 338.

362

10 Der auferstandene Christus als Weltenherr

der Vers auf die Zeit zwischen Auferstehung und Parusie, sodass letztlich keine Spannung entsteht.¹⁶⁵

Die Verbreitung der Lehre/Weisung in der ganzen Welt hat ebenfalls Anklänge in den Schriften und ist keine grundlegend mt Innovation. In Jes 42,4MT hoffen die Inseln auf die Tora des Knechts,¹⁶⁶ bewegen sich aber nicht von ihren Orten weg. Allerdings ist selbstverständlich darauf hinzuweisen, dass in Mt 12,21, wo Jes 42,4 zitiert wird, dies gemäß der LXX geschieht, wo ‫ תורתו‬durch ὀνόματι αὐτοῦ ersetzt ist.¹⁶⁷ Die Kombination von göttlichen Geboten mit dem zuerst genannten Motiv des Mit-Seins Gottes findet sich bereits in den Schriften und erfolgt ebenso nicht erstmalig im Mt (vgl. Ex 3,12; 4,12; Jos 1,5.9; Ri 6,16; Jer 1,8).¹⁶⁸ Jedoch fehlt den genannten Bezügen in die Schriften die universale Ausrichtung. Neben den Auftrag der Lehre durch die Jünger tritt der Aspekt des Haltens der Gebote. Auch damit klingen Texte aus den Schriften Israels an, in denen das weitergegeben wird, was Gott aufgetragen hat (vgl. Ex 7,2; Dtn 1,3; Jer 1,7), z.T. sogar explizit in Verbindung mit dem Auftrag, so zu handeln (Dtn 6,1; 30,8; Jos 1,7; 22,2; Ri 13,14).¹⁶⁹ In Mt 28,20 geht es ebenso nicht allein um ein Lernen, sondern zudem um das Leben gemäß den Weisungen Jesu.¹⁷⁰ Dieses Tun des Willens Gottes, wie er von Jesus verkündet ist, ist letztlich soteriologisch für alle Menschen höchst relevant (vgl. schon Mt 7,21; 22,11– 13¹⁷¹).¹⁷²

 Vgl. Bornkamm, „Auferstandene“, 100 f. Sim, Matthew and Christian Judaism, 244 zieht in Erwägung, dass Matthäus von einer eschatologischen Notwendigkeit einer Mission an Juden und „Heiden“ ausgeht (Mt 24,14), dies aber keine zwangsläufigen Rückschlüsse auf das Praktizieren von „Heidenmission“ durch die mt Gemeinde zulässt, für die D. Sim noch keine „Heidenmission“ annimmt. Anders hingegen Foster, Community, 234– 237: „This is no statement about postponement, rather it is a direct call for action in the present“ (237).  Vgl. zudem Jes 51,5, wo die Inseln (= die Völker) auf den richtenden Arm Gottes in Gerechtigkeit hoffen.  Vgl. dazu ausführlich Kap. 8.3.1 und 8.3.4.  Vgl. France, Mt, 1119.  Vgl. Davies/Allison, Mt III, 686. In den frühjüdischen Texten finden sich ebenfalls Belege, die das Halten des Auftrags Gottes fordern: So ergeht in TestMos 1,10 der Auftrag an Josua, so zu handeln, dass die Verheißungen an die Väter und des Bundes, also der Wille Gottes, erfüllt werden; es wird jedoch keine explizite Weitergabe aufgetragen. Ebenso TestHi 4,2: „Alles, was der Herr mir, seinem Knecht, aufträgt, will ich hören und tun“; 2Bar 4,8: „Tu, wie ich dir aufgetragen habe.“  Einen anderen Akzent setzt Lange, Erscheinen, 319, der das Halten der Lehre Jesu als Glaubensakt deutet: „Die ‚Lehre‘ Jesu war nur für den anzunehmen und nachzuvollziehen, der Jesu ἐξουσία – als Resultat aus dem Nahegekommensein der Basileia und Jesu einzigartigem Gottesverhältnis – erkannte und akzeptierte, der darin Jesus und Gott erkannte und akzeptierte, d. h. der ‚glaubte‘“ (Hervorhebung im Original).  Vgl. zur Deutung Kap. 6.3.

10.4 Der erhöhte Weltenherr und der universale Missionsbefehl – Mt 28,18 – 20

363

Zuletzt ist noch ein weiterer Bogen zum Anfang des Evangeliums zu schlagen.¹⁷³ Das Heil für die Völker klingt bereits in Mt 1,1 durch Jesu Bezeichnung als Sohn Abrahams (υἱὸς ᾿Aβραάμ) an. Abraham ist es auch, mit dem Matthäus den Stammbaum Jesu beginnen lässt (Mt 1,2). In seiner Doppelfunktion als Vater vieler Völker (‫ אב המון גוים‬/ πατὴρ πλήθους ἐθνῶν / πατέρα πολλῶν ἐθνῶν; Gen 17,4 f) und Stammvater Israels vereint er genau die beiden Aspekte, die im Mt am Ende zusammenlaufen.¹⁷⁴ Insofern erfüllt sich in gewisser Weise mit der Sendung zu „allen Völkern“ in Mt 28,18 – 20 die Verheißung aus Gen 12,3 (Gen 18,18; 22,18).¹⁷⁵ In Jesus als dem Sohn Abrahams erfahren sowohl Israel als auch die Völker Heil. Somit schließt sich der Bogen von Mt 1 zu 28 nicht nur in der Verheißung des MitSeins (Mt 1,23; 28,20), sondern auch durch die Abrahammotivik (Mt 1,1; 28,19). Dieser doppelte Bezug auf Israel wie die Völker verbindet Mt 28,18 – 20 außerdem mit den Magiern (Mt 2,1– 12), dem römischen Hauptmann (Mt 8,5 – 13) und der Kanaanäerin (Mt 15,21– 28),¹⁷⁶ die bereits vor dem Missionsauftrag in alle Welt Jesus als den jüdischen Messias erkennen sowie zu der Einsicht gelangen, dass durch diesen auch für sie das Heil kommen wird. Von Mt 28,18 – 20 her kann ihre Erkenntnis erneut als bestätigt angesehen werden. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Mt 28,18 – 20 durch den universalen Missionsauftrag (an πάντα τὰ ἔθνη inklusive Israel) unzweifelhaft den Höhepunkt für die Frage nach dem Heil für die Völker darstellt. Dies zeigt sich bereits durch die vielen intratextuellen Verweise zurück ins Evangelium, und zwar besonders zu Perikopen, in denen das Heil für die Völker bereits proleptisch aufscheint. Das, was im Laufe der mt Erzählung immer wieder durchscheint, wird hier in die Tat umgesetzt. Folglich lässt sich sagen, dass sich auch für die  Wie problematisch der Mangel an Taten ist, wird z. B. an der Kritik an den Pharisäern in Mt 23,2– 4 deutlich, denen es gerade an rechtem Tun fehlt.  Michel, „Abschluss“, 21 formuliert den Bezug zwischen Ende und Anfang des Mt folgendermaßen: „Ja, der Abschluß kehrt in gewisser Weise zum Anfang zurück und lehrt das ganze Evangelium, die Geschichte Jesu ‚von hinten her‘ verstehen.“  Insofern scheint es zunächst passend, dass die Formel des Mit‐Seins Gottes in den Schriften in der Urgeschichte fehlt und zum ersten Mal in der Patriarchenerzählung auftaucht. Zwar muss einschränkend erwähnt werden, dass diese Zusage zum ersten Mal an Isaak und nicht an Abraham ergeht (Gen 26,3; vgl. Preuss, „mit dir“, 141.152 f), aber andererseits findet sie sich ebenso in der Joseferzählung, die in der narrativen Logik der Genesis die Erfüllung der Segenszugsage der Völker an Abraham darstellt (vgl. bes. Gen 41,43; siehe dazu Kap. 2.3.3). Auch Israel wird in Jes 41,8 – 10 als Same Abrahams das Mit‐Sein Gottes wiederholt verheißen.  Vgl. Meinertz, Heidenmission, 178; Gaechter, Mt, 973; Trilling, Israel, 31; Schweizer, Mt, 351; Lohmeyer/Schmauch, Mt, 425; Gundry, Mt, 595; Menninger, Israel, 45; Hagner, Mt II, 887; Stuhlmacher, „Bedeutung“, 117, der auf Mt 2,1– 12 und 4,24– 5,1 verweist.  Auf diese Verbindung verweisen Brown, „Representation“, 31; Konradt, Israel, 341; Hays, Echoes of Scripture in the Gospels, 175 f.

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10 Der auferstandene Christus als Weltenherr

Schriftenrezeption bezüglich der mt Soteriologie das Ende des Evangeliums als Kulminationspunkt der mt Darstellung erweist. Durch die Vorstellung des Mit‐Seins des Immanuel, die Erfüllung der doppelten Verheißung an Abraham sowie die Tatsache, dass das Evangelium durch eine Anspielung auf die Schriften beginnt und endet, bildet sich ein dreifacher Rahmen um das ganze Mt. Diese Aspekte stärken das Moment der Kontinuität, nicht nur im Verlauf der mt Erzählung, sondern zudem in Bezug auf die Schriften Israels an sich. Im Einzelnen zeichnet sich der Befund zur Schriftenrezeption durch viele lose Anspielungen und Assoziationen aus, bietet aber – vielleicht mit Ausnahme des christologischen Bezugs auf Dan 7,13 f ¹⁷⁷ – kaum konkrete Anhaltspunkte, welche Schriftstellen genau gemeint sind. Dies führt jedoch nicht zu einem geschmälerten Stellenwert der Schriften Israels, sondern zeigt in besonderer Weise die fundamentale Verwurzelung der mt Theologie in den Schriften. Die Ausführungen zu Mt 28,18 – 20 haben gezeigt, dass dieser letzte Aspekt nicht nur grundsätzlich gilt, sondern in besonderer Weise für die Frage nach dem Heil der Völker.

10.5 Zwischenfazit In diesem Kapitel, in dem der Fokus besonders auf der Bedeutung des Todes Jesu, dessen Auferstehung und Inthronisation als Weltenherr für das universale Heil liegt, wurde wiederum deutlich, welche große Rolle die Rezeption der Schriften Israels für die mt Theologie spielt. Die verschiedenen Ausführungen haben gezeigt, dass die Verweise in die Schriften nicht explizit zur Argumentation für eine Heilsteilhabe der Völker herangezogen werden. Dort, wo Bezüge hergestellt werden können (wie in Mt 20,28; 26,28 auf Jes 53), dienen diese nicht einer eindeutigen Klärung der Frage nach dem „Für wen“ des Heils. Sie begründen keine universale Lesart der mt Texte, sind jedoch mit einer solchen kompatibel. Demnach kann mit Blick auf das Heil für die Völker weder von einer autorisierenden noch von einer transformierenden Rezeption gesprochen werden.

 Auf Dan 7,13 f verweisen z. B. France, Jesus, 142 f; Bornkamm, „Auferstandene“, 98; Meier, Vision, 37 f; Schaberg, Father, 111– 130; Donaldson, Mountain, 176; Kupp, Matthew’s Emmanuel, 212; Davies/Allison, Mt III, 683; Frankemölle, Mt II, 544; Green, Message, 320; Luz, Mt IV, 432; Nolland, Mt, 1264; France, Mt, 1112; Harrington, Mt, 414; Hays, Echoes of Scripture in the Gospels, 183 – 185. Anders Vögtle, „Anliegen“, 260; Brown, „Representation“, 23 f. Zumindest kritisch äußert sich Gnilka, Mt II, 507 f, nach dem höchstens von einer „terminologischen Angleichung an Dan 7“ (508) gesprochen werden kann.

10.5 Zwischenfazit

365

Vielmehr dient die Rezeption der Schriften besonders der Darstellung des Todes Jesu als schriftenbasiert (so in Mt 20,8; 26,24.28.54.56). Dies geschieht demnach nicht anhand von Texten, die typischen Topoi des Bereichs „Heil für die Völker“¹⁷⁸ zuzuordnen sind. Für das Heil für die Völker ist dies insofern von Bedeutung, als sich der Tod Jesu in der mt Darstellung als das soteriologische Grundmoment des universalen Heils erwiesen hat. Insofern werfen die christologisch ausgerichteten Schriftenbezüge indirekt auch ein Licht auf die Frage nach der Heilsteilhabe der Völker. Diese Verbindung von Christologie und Heil für die Völker wurde im ersten öffentlichen Bekenntnis der Gottessohnschaft Jesu durch die römischen Soldaten (Mt 27,54) ebenso deutlich. Etwas anders gestaltet sich der Befund in Mt 28,18 – 20, da hier das mt Anliegen des schriftenbegründeten universalen Heils zum einen explizit wird, zum anderen von dort aus zahlreiche Linien zurück in die vorausgehende Darstellung der Jesusgeschichte gezogen werden können. Die intratextuellen Verweise beziehen sich auf fast alle in den vorausgehenden Kapiteln besprochenen, für die Soteriologie der Völker relevanten Textbereiche (Mt 1,1; 1,2 – 17; 2,1– 10; 4,12– 16; 5,13 – 16; 12,18 – 21; 15,21– 28; 25,31– 46). Eine direkte Schriftenrezeption findet – mit Ausnahme der christologisch rezipierten Aussage aus Dan 7,13 (die autorisierend rezipiert wird) – nicht mehr statt, doch klingen durch das dichte Netz an Verweisen in das Evangelium die entsprechenden theologischen Topoi der Schriften indirekt mit an. Inhaltlich wird das Heil für die Völker in Mt 28,18 – 20 durch das Angebot, zu Jüngern zu werden, qualifiziert. Den Jüngern, und somit auch den Völkern, wird das Mit‐Sein Gottes zugesagt. Dass die universale Mission in Gestalt der Sendungsbewegung der Jünger in alle Welt ihren Ausgang aus Galiläa nimmt, lässt das in den Schriften typische Heilsmotiv der Völkerwallfahrt als endgültig transformierte Vorstellung erscheinen. Gestärkt wird hingegen die von Mt 1,1 hergestellte Verbindung zur doppelten Abrahamkindschaft, nämlich sowohl Israels als auch der Völker. Ein besonderer Fokus liegt auf der Lehre, die als die autoritative Lehre Jesu die Schriften als Ort der Offenbarung des Willens Gottes mit dem Evangelium vom Reich Gottes zusammenbindet und damit für alle Jünger, aus Israel und den Völkern, als maßgeblich zugrunde gelegt wird. Insofern erweist sich vom Ende des Mt her das Heil für die Völker als umfassend aus den Schriften Israels begründet, ohne dass darin ein Vorrang der Völker vor Israel postuliert würde.Vielmehr sollen alle Völker, inklusive Israel, zu Jüngern werden; allen Jüngern spricht Jesus seine Gegenwart zu und erweist sich damit als der Immanuel.

 Vgl. Kap. 2.3.

11 Das Heil für die Völker und die Schriftenrezeption des Matthäus – Auswertung und Fazit Die Frage nach dem Heil für die Völker, hinter der letztlich für die mt Gemeinde ein Diskurs um die Aufnahme von „Heiden“ in die Gemeinde steht, ist im Mt ein Teil der altbekannten Spannung zwischen partikularer (Mt 10,5 f; 15,24) und universaler Sendung (Mt 28,19 f). Auf narrativer Ebene lässt sich diese Spannung durch die mt Christologie verständlich machen: Als davidischer Messias ist Jesus in seiner irdischen Sendung zu Israel gesandt, als Sohn Gottes, der nach Passion und Auferstehung zum universalen Weltenherrn eingesetzt ist, ist er schließlich auch Bringer des Heils für die Völker. Dennoch wird das Heil für die Völker in der mt Erzählung nicht als Wende und Neuanfang der göttlichen Heilsgeschichte im Anschluss an die Passion eingeführt, sondern ist vom Anfang des Evangeliums an integraler Bestandteil der Heilsgeschichte Israels. Insofern ist die Frage nach dem Heil für die Völker auch nicht losgelöst von den Schriften Israels zu betrachten. Sie sind Referenzpunkt und Grundlage der mt Darstellung. Der summarische Überblick über die Heilsaussagen für die Völker in den Schriften Israels hat allerdings gezeigt, dass es nicht möglich ist, diese als Garanten einer klaren Position zu dieser Streitfrage anzuführen, da sie selbst um die Frage nach dem Heil für die Völker ringen. In ihnen findet sich eine Vielfalt an Stimmen, die in den verschiedenen Texten und Traditionen laut werden: Sie zeichnen sich einerseits durch die vehemente Ablehnung einer Heilsteilhabe aus¹ oder sehen in den Völkern zwar Werkzeuge oder Zeugen des Heilshandelns, aber nicht Empfänger desselben.² Andererseits gibt es solche Texte, die sehr konkret vom Heil auch für die Völker sprechen.³ Letzteren ist dabei eine Pluralität der Heilsaussagen eigen, die über die Möglichkeit der Heilsteilhabe allein durch formalen Übertritt zum Volk Israel hinausgeht, wenn auch manche Texte Israel in einer Heil vermittelnden Rolle sehen. Eine heilvolle Gottesbeziehung haben Menschen nicht nur als Teil Israels, sondern qua ihrer Zugehörigkeit zur Schöpfung und der (noch nicht israelzentrierten) Menschheitsfamilie. Dort, wo ein monotheistisches Weltbild vertreten wird, ist Gott auch der Gott der Völker. Die Darstellung des Heils für die Völker ist dabei häufig mit Motiven und Traditionen verknüpft, die gleichzeitig der Beschreibung des Heils für Israel dienen (z. B.

 Vgl. Kap. 2.1.  Vgl. Kap. 2.2.  Vgl. Kap. 2.3. https://doi.org/10.1515/9783110594287-012

11.1 Theologische Aspekte

367

Wallfahrt, Bund, Mahl, Tora und Segen). Insgesamt lassen sich die verschiedenen Vorstellungen zu folgenden Topoi bündeln: 1) Bundesschluss mit der ganzen Schöpfung; 2) die Menschheitsfamilie; 3) Segen für alle Völker; 4) der Weltenbaum als Lebensraum für alle Völker; 5) Israel als Lebensraum des Fremden; 6) Tora für die Völker; 7) Gottesfürchtige und einzelne Jhwh-Verehrer unter den Völkern; 8) fremde Völker als Gottesvolk; 9) die Völkerwallfahrt; 10) das Völkermahl; 11) Gottes explizites Rettungsangebot für die ganze Welt; 12) die Antwort der Schöpfung im Lob Gottes durch Rühmen, Anbetung und Opfer. Dabei ist zu beachten, dass nicht im Rahmen aller Topoi universal argumentiert wird, sondern diese z.T. auch nur potentiell universal verstanden werden können (z. B. die Völkerwallfahrt oder der Empfang der Weisung Gottes). Bei wiederum anderen Topoi finden sich Texte, in denen Heil auch nur einem Teil der Menschen aus den Völkern zukommt (z. B. den Jhwh-Verehrern der Völker oder einem ethisch qualifizierten „Rest“ nach dem Gericht). Auch wenn die Schriften Israels insgesamt keine eindeutige Antwort auf die Frage nach dem Heil für die Völker geben, stellen sie für Matthäus eine Autorität dar, ohne die für ihn nicht vom Heil gesprochen werden kann. Dementsprechend gilt es zunächst die theologischen Aspekte der mt Ausführungen zum Heil für die Völker im Licht der Schriften Israels darzustellen (11.1). Dabei werden die Ergebnisse der Analyse der einzelnen Topoi (Kapitel 3 – 10) auch auf ihre narrativen Linien hin ausgewertet, sodass das enge Netz der inter- wie intratextuellen Bezüge deutlich wird. In einem weiteren Schritt werden die schriftenhermeneutischen Aspekte aufgeführt (11.2). Auch wenn manche theologischen wie schriftenhermeneutischen Komponenten so eng aufeinander bezogen sind, dass sie in beiden folgenden Abschnitten (11.1; 11.2) relevant sind, werden sie nur einmal besprochen, während an den übrigen Stellen nur knapp auf sie verwiesen wird.

11.1 Theologische Aspekte Da das Heil für die Völker keine mt Neuerung ist und auch nicht als solche dargestellt, sondern aus den Schriften heraus begründet wird, stellt sich für das Mt die Frage, wie sich Matthäus selbst zu diesem Konfliktthema positioniert und worauf er sich wie bezieht. Bereits mit den beiden ersten Wörtern des Evangeliums (βίβλος γενέσεως; Mt 1,1) wird an Gen 2,4LXX und 5,1LXX angeknüpft.⁴ Damit spannt sich ein Bogen, der die gesamte Geschichte Gottes seit der Schöpfung bis zur mt Darstellung der

 Vgl. Kap. 3.1.

368

11 Auswertung und Fazit

Geschichte Jesu umfasst, sodass auch die Schriften Israels insgesamt als der hermeneutische Bezugspunkt eingeführt sind. Sie sind folglich von V. 1 an grundlegend als der Horizont anzusehen, von dem her die mt Erzählung zu lesen und zu verstehen ist. Zugleich wird darin ein doppeltes, ebenfalls grundlegendes Moment in Bezug auf das Heil für die Völker deutlich: Zum einen expliziert Gen 5,1LXX die universale Komponente gegenüber Gen 5,1MT, sodass Matthäus mit βίβλος γενέσεως eine Phrase zitiert, die bereits eindeutig eine über Israel hinausreichende Perspektive aufweist. Zum anderen handelt es sich um einen Verweis auf zwei Schriftstellen, die losgelöst vom Verhältnis oder gar Gegensatz zwischen Israel und den Völkern stehen, da die Menschheit noch als eine Menschheitsfamilie erscheint. Das Heil für die Völker gründet also in dieser grundsätzlichen Gottesbeziehung zu allen Menschen, die auf ein über Israel hinausweisendes (aber – wie sich im Folgenden zeigen wird – nicht ohne Israel zu denkendes) Heilshandeln verweist. Das Verhältnis zwischen Israel und den Völkern wird anschließend indirekt über die doppelte Sohnschaft Jesu (Ἰησοῦ Χριστοῦ υἱοῦ Δαυὶδ υἱοῦ ᾿Aβραάμ) eingetragen, wenn auch an dieser Stelle der Fokus auf Israel überwiegt:⁵ Als Sohn Davids ist Jesus zu den „verlorenen Schafen des Hauses Israel“ (Mt 2,6; 15,24) gesandt. Als Sohn Abrahams ist Jesus hinsichtlich seiner Sendung einerseits in die Geschichte Israels eingestellt (Abraham ist in den Schriften der Stammvater Israels; siehe auch Mt 1,2 – 17), andererseits wird darin jedoch bereits der universale Horizont seiner Sendung deutlich, da schon an Abraham die Verheißung des Segens auch für die Völker erging (Gen 12,3 u. ö.). Abrahamsohnschaft als Heilsgarantie lehnt Matthäus hingegen ab (Mt 3,9). Der Sohn Abrahams ist Jesus und allein in diesem christologischen Sinn kann sich der Einzelne als Sohn Abrahams erweisen, indem er (wie Abraham) den Willen Gottes tut und damit zu Jesu Bruder wird (Mt 12,50). Die Argumentation bezüglich des Heils für die Völker ist damit nicht nur in den Schriften fundiert, sondern auch eng mit der mt Christologie verbunden, die ebenfalls in den Schriften ihren theologischen Ankerpunkt hat. Was bereits in dem christologisch fundierten Verhältnis zwischen Israel und den Völkern in Mt 1,1 deutlich wird, wird im folgenden Stammbaum (Mt 1,2– 17) weiter ausgestaltet.⁶ Die genealogische Linie läuft über die königlich-davidische und damit israelzentrierte Linie von Abraham bis zu Jesus. Zugleich jedoch finden sich darin die Namen von vier „heidnischen“ Frauen (Tamar, Rahab, Rut, Bathseba), durch die deutlich wird, dass die Geschichte Israels schon immer für

 Vgl. Kap. 4.1.  Vgl. Kap. 3.2.

11.1 Theologische Aspekte

369

Menschen aus den Völkern offen war und diese sogar Schlüsselrollen innerhalb dieser Geschichte eingenommen haben. Im Anschluss an diesen in den ersten Versen des Mt deutlich werdenden doppelten Bezugsrahmen, der die Schriften als Auslegungsraum der Jesusgeschichte einführt und der das Heil für die Völker mit dem Israels verschränkt, scheint die Heilsteilhabe der Völker auch in der folgenden Erzählung immer wieder proleptisch auf. Dabei sind zwei Topoi der Schriften grundlegend: die Völkerwallfahrt und das (Völker)Mahl. Die Völkerwallfahrt wird von Matthäus aus den Schriften als Grundmotiv des Hinzukommens der Völker aufgenommen.⁷ Sie wird zum ersten Mal in der Erzählung der Magier (Mt 2,1– 12) explizit. Der Zug der Magier kann als proleptische Reaktion der Völker auf das Heilsereignis in Jesus, dem Messias Israels, verstanden werden. Bereits in dieser Erzählung um die Magier wird für die Rezeption der Völkerwallfahrt jedoch deutlich, was sich im Folgenden im ganzen Mt fortsetzt (bes. Mt 21,13): Matthäus rezipiert die Völkerwallfahrt zwar positiv, transformiert sie jedoch, indem er ihr ihren angestammten Ort, den Zion, entzieht. Zwar kommen die Magier zunächst nach Jerusalem, doch erfahren sie dort, dass sie nach Bethlehem müssen. Die Völkerwallfahrt wird also nicht ausschließlich zur Darstellung des Hinzukommens von „Heiden“ genutzt, sondern auch im Rahmen der Kritik am Tempel und an den dahinterstehenden Autoritäten. Trotz aller Kritik am Zion bleibt das theologische Ziel, das für die Zionstheologie ebenso entscheidend ist, im Mt erhalten: die Präsenz Gottes.⁸ Diese ist jedoch nicht mehr auf dem Zion zu finden, sondern im Messias, dem Immanuel (Mt 1,23). Ziel der Wallfahrt ist im Fall der Magier Jesus selbst. Im Laufe des Evangeliums zeigt sich auf dieser Basis, dass der bleibende Ort der Gegenwart Gottes die Gemeinde ist, an die die Zusage des Mit-Seins Jesu ergeht (Mt 18,20; 28,20). Gerade in Mt 28,19 f wird deutlich, dass diese Zusage auch den Menschen aus den Völkern gilt, sofern sie sich zu Jüngern machen lassen. Damit öffnet Matthäus ein (in den Schriften zumeist israelzentriertes) Motiv, sodass es nun auch jenen „Heiden“ gilt, die Teil der Gemeinde werden. Eschatologisch wird das Mit-Sein zur unmittelbaren Gegenwart des erhöhten Messias in der Basileia (Mt 26,29).⁹ Bildet der Topos der Völkerwallfahrt das Grundmotiv des Hinzukommens von Völkern zur Heilsgemeinschaft, so ist die Ausmalung der Teilhabe am Heil im Topos des Völkermahls gefasst. Wobei für das Mt genauer genommen von einem Mahl auch für die Völker zu sprechen ist, wie besonders an der Deutung der am  Vgl. Kap. 5.  Vgl. auch Sach 8,23, wo die Völker nach Jerusalem mitgehen wollen, weil sie von Gottes Mit-Sein gehört haben (‫ כי שמענו אלהים עמכם‬/ διότι ἀκηκόαμεν ὅτι ὁ θεὸς μεθ᾽ ὑμῶν ἐστιν).  Vgl. Kap. 6.4.

370

11 Auswertung und Fazit

Mahl teilnehmenden πολλοί (Mt 8,11)¹⁰, als Menschen aus Israel und den Völkern, gezeigt werden kann (vgl. auch Mt 22,1– 14). Dabei wird das Mahl sowohl für die Erschließung des innerweltlichen Heilshandelns Jesu, der Vergegenwärtigung des Heils in der Gemeinde, als auch für einen Ausblick auf die eschatische Heilszeit verwendet: Im Laufe des irdischen Wirkens Jesu kommt das „Völkermahl“ in den zwei Episoden in den Blick, in denen Jesus Menschen aus den Völkern begegnet, die durch ihren großen Glauben auffallen. In der Auseinandersetzung Jesu mit der Kanaanäerin (Mt 15,21– 28)¹¹ dient das Bild des Mahles dazu, die Verhältnisbestimmung zwischen dem Heil für Israel und der Heilsteilhabe der Völker im Rahmen des irdischen Wirkens Jesu zu klären. Dabei kann die Frau plausibilisieren, dass Jesus als Messias Israels auch ihr als Kanaanäerin, und damit im Verständnis der Schriften Israels einer Vertreterin des Erzfeindes Israels, Heil bringt. Dieses Heil ist konkret verstandenes innerweltliches Heil durch Heilung ihrer Tochter. Ähnlich verhält es sich mit der Heilsteilhabe aufgrund der Bitte des römischen Hauptmanns (Mt 8,5 – 13). Dort wird mit der Rede vom Mahl allerdings bereits auf das eschatologische Mahl vorausgeblickt: „Viele“ werden im Reich Gottes mit den Vätern zu Tisch liegen (Mt 8,11).¹² Dass das Mahl als Bild für die eschatische Heilszeit dient, wird auch in Mt 22,1– 14 deutlich. Die innerweltliche Vergegenwärtigung dieser Heilszeit über das irdische Wirken Jesu hinaus findet im Mahl der Gemeinde, wie es in Mt 26,26 – 28 eingesetzt wird, statt. Völkerwallfahrt und Völkermahl sind also über die eschatologische Perspektive verbunden und zusätzlich christologisch über das Mit-Sein Jesu miteinander verknüpft: Er ist in der Gemeinde, die gemäß Mt 26,26 – 28 das Mahl feiert und zu der die Menschen aus den Völkern hinzukommen sollen, präsent und darüber hinaus beim Mahl in der Basileia selbst anwesend (Mt 26,29). Matthäus argumentiert demnach mit theologischen Vorstellungen der Schriften, die er christologisch verschränkt auslegt, für eine Heilsteilhabe der Völker. Während die dargestellten Komponenten dieser Argumentation der ganzen mt Erzählung zugrunde liegen und immer wieder aufscheinen, fügt Matthäus an zwei für den Fortgang der Erzählung entscheidenden Stellen zwei lange Zitate aus Jesaja ein. Das erste in Mt 4,15 f (= Jes 8,23 – 9,1), nachdem Jesus erfahren hat, dass Johannes der Täufer verhaftet wurde, und sich daraufhin zurückgezogen hat (ἀναχωρέω; Mt 4,12).¹³ Das zweite und zugleich längste Zitat aus den Schriften

 Siehe Kap. 4.3.2 zur Deutung der πολλοί, die sich besonders durch die Anspielung auf Ps 107,3MT/106,3LXX ergibt.  Vgl. Kap. 6.1.  Vgl. Kap. 5.2 sowie Kap. 6.2 zu Mt 8,11 f.  Vgl. Kap. 8.1. Zudem steht das Zitat aus Jes 8,23 – 9,1 unmittelbar vor dem Beginn des Wirkens Jesu (Mt 4,17).

11.1 Theologische Aspekte

371

folgt in Mt 12,18 – 21 (= Jes 42,1– 4*) im Anschluss an den Tötungsbeschluss der Autoritäten (Mt 12,14), auf den hin Jesus sich ebenfalls zurückzieht (ἀναχωρέω; Mt 12,15).¹⁴ Beide Zitate fungieren als metanarrative Kommentare, die über den aktuellen Stand der Erzählung hinausweisen. In ihnen werden einerseits christologische Aussagen eingefügt, andererseits zugleich grundlegende Aussagen über das Heil für die Völker gemacht, die das bisher Gesagte um entscheidende Aspekte erweitern: Zum einen wird die Rolle der Tora für das Heil der Völker reflektiert und zum anderen wird der Tod Jesu als soteriologisches Grundmoment eingeführt. Dass in Mt 4,15 f Aussagen zum Heil für die Völker gemacht werden, ist weniger eindeutig als in Mt 12,18 – 21. Denn Mt 4,15 f lässt sich zunächst als Verheißung an Israel lesen, zumal in Mt 4,17 Jesu Wirken in Israel beginnt. Allerdings wird die universale Perspektive über die Wendung Γαλιλαία τῶν ἐθνῶν eingespielt, dem die Heilsverheißung in Mt 4,16 durch die (syntaktische) Konstruktion von V. 15 f ebenfalls gilt. Möglicherweise findet eine zweite Anspielung auf die Völkerwelt über das Motiv der Finsternis statt, die durch den Interpretationsraum der Schriften – wenn auch nur sehr vorsichtig – im Sinne von Völkerwelt gedeutet werden kann.Verheißen ist das aufgehende Licht, das einerseits über den Kontext des Zitates in Jesaja messianische Konnotationen besitzt, andererseits im allgemeinen Sprachgebrauch der Schriften auch typisch für die heilschaffende Gegenwart Gottes und die Durchsetzung des göttlichen Rechts, der Tora, ist. Diese sind gemäß Mt 4,15 f nicht auf Israel beschränkt. Bestätigt wird der Zusammenhang von Heil und Licht, in genanntem Sinn, in Mt 5,13 – 16 mit der Beauftragung der Jünger, „Licht der Welt“ zu sein.¹⁵ Das Tun des göttlichen Willens der Jünger soll zum Lobe Gottes durch die Welt führen, womit Matthäus sich erneut in den theologischen Horizont der Schriften stellt.¹⁶ Durch die Wendung „Galiläa der Völker“ wird ferner erneut ein Bogen zu Mt 28,19 f geschlagen, da die Sendung der Jünger zu den Völkern in Galiläa ihren Ausgang nimmt. In Mt 12,18 – 21 heißt es explizit, dass Jesus auch den Völkern Recht verkünden wird (vgl. Dtn 27,19). Damit setzt er das durch, was in den Schriften immer wieder von den Propheten für Fremde, Waisen und Witwen gefordert wurde (z. B. Mi 6,8 f; Jer 9,22 f; 22,3; Hos 2,21 f; Sach 7,9 f). Durch den gewählten Begriff κρίσις schwingt jedoch eine gewisse Doppeldeutigkeit mit, denn es wird damit nicht allein auf Mt 28,19 f vorausverwiesen, sondern auch auf das endzeitliche Gericht in Mt 25,31– 46. Es geht also wiederum um die Verkündigung des göttlichen

 Vgl. Kap. 8.3.  Vgl. Kap. 8.2.  Vgl. zum Lob Gottes durch die Schöpfung in den Schriften Kap. 2.3.12.

372

11 Auswertung und Fazit

Willens, der auch für die Völker heilsrelevant ist, sodass die von Mt 4,15 f entwickelte Linie weiter verstärkt wird. Die grundlegende Bewegung von Mt 12,18.20 ist wie in Mt 4,15 f eine zentrifugale (im Unterschied zur zentripetal ausgerichteten Völkerwallfahrt), was ebenso für Mt 28,19 f gilt. Indem die Völker laut Mt 12,21 (= Jes 42,4cLXX) auf den Namen Jesu hoffen und ihn so als ihren Retter anerkennen (siehe zur Deutung des Namens Mt 1,21, dort jedoch israelzentriert), wird das Heil für die Völker erneut mit dem Israels verschränkt und zugleich christologisch fundiert. Neu hinzu kommt der Aspekt der Passion Jesu. Zwar ist in Mt 12,18 – 21 nicht explizit vom Leiden des Knechts die Rede, doch sind Tod und Auferstehung in der Wendung ἕως ἂν ἐκβάλῃ εἰς νῖκος τὴν κρίσιν (Mt 12,20c) integriert.Verstärkt wird dieser Aspekt durch die mt Kürzung des Jesajazitates um den im Blick auf den Passionsgedanken unpassenden V. 4a. Das „Zum-Sieg-Führen“ des Rechts, sodass es auch den Völkern explizit verkündet wird, steht zu diesem Zeitpunkt der mt Erzählung noch aus, doch ist entscheidend, dass Matthäus diesen Zusammenhang gerade im Anschluss an den Tötungsbeschluss durch die Autoritäten auf einer Metaebene zur Erzählung einfließen lässt. Damit ist bereits in Mt 12,18 – 21 schriftenbasiert auf das Kommende verwiesen. Verstärkt wird dies in Mt 26,24.54.56:¹⁷ Dort ist allgemein von der Erfüllung der Schriften die Rede, wodurch besonders die Passion, letztlich sogar das ganze Wirken Jesu, weiter in den Schriften verankert wird. Für das Heil der Völker ist dies insofern wichtig, als dass der Tod Jesu und die darauf folgende Auferstehung und Einsetzung zum Weltenherrn für Matthäus das soteriologische Grundmoment für die Völker darstellen. Zugleich findet darin eine, über die Christologie vermittelte, umfassendere Verankerung in den Schriften statt, da im Rahmen der schriftenbasierten Profilierung des Todes Jesu keine typischen Topoi der Heilsverheißung für Völker verwendet werden, sondern andere Stellen der Schriften, die so aber indirekt auch für die Völker heilsrelevant werden. Wie wichtig der Tod Jesu für die gesamte mt Soteriologie ist, wird in Mt 26,28 deutlich, dem eine Vielzahl von unterschiedlich ausgeprägten Anspielungen in die Schriften zugrunde liegt (Ex 24,8; Sach 9,11; Jer 31,31– 34; Jes 53,12).¹⁸ Dadurch wird auch hier die Relevanz des Geschehens für die Völker über eine schriftenbasierte Christologie indirekt selbst in den Schriften verankert. Dies geschieht erneut ohne den Bezug auf explizite Topoi des Heils für die Völker. Stattdessen wird der Bund als prominenter Topos der Heilsbeziehung Israels eingeführt (Ex 24,8 mit Sach 9,11 als Bindeglied, da es dort bereits um erneutes Rettungshandeln geht). Der Bund ist im Mt (wie in Jer 31,31– 34) nicht als neuer im Ge-

 Vgl. Kap. 10.2.  Vgl. Kap. 6.4 und Kap. 10.1.

11.1 Theologische Aspekte

373

gensatz zu einem alten zu verstehen, sondern als Bundeserneuerung und eng mit der Vergebung der Sünden verknüpft. Die soteriologische Relevanz des Geschehens, das vom Bundesgedanken der Schriften und der mt Vorstellung der Sündenvergebung für das Volk Israel (Mt 1,21) her mit dem Heil Israels verbunden ist, ist jedoch auch für die Völker gegeben. Der über Israel hinausreichende Aspekt wird über die erneute Nennung der „Vielen“ (πολλοί) eingetragen, die sich in der innermatthäischen Auslegung als Juden und „Heiden“ erwiesen haben (vgl. Mt 8,11; 20,28). Er lässt sich jedoch nicht über den gerne angeführten Verweis auf Jes 53,12 plausibilisieren, da das Verständnis des Verses in den Schriften selbst eine Vielzahl an Deutungsoptionen zulässt (allerdings findet sich dort auch die Verbindung der πολλοί mit der Sündenvergebung). In dieser Darstellung der soteriologischen Bedeutung des Todes Jesu auch für die Völker, der hier mit dem Bund und mit Sündenvergebung verbunden wird, gewinnt die enge Verbindung von schriftenbasierter Argumentation und Christologie erneut hohe Bedeutung. Die mt Soteriologie ist folglich ebenso wenig ohne die Christologie zu denken wie ohne die Schriften Israels, die sich aufeinander beziehen. Für die Völker ist zudem bemerkenswert, dass es sich in Mt 26,28 um Schriftenbezüge handelt, die zwar die Universalität der Aussage nicht begründen, die sich aber auch nicht gegen eine universale Lesart sperren. Im mt Kontext gewinnen diese Stellen aus den Schriften auch für die Völker soteriologische Relevanz. Unter dem Kreuz schließlich wird eine weitere Linie deutlich, die sich durch die mt Erzählung zieht. Sie ergibt sich aus der fortschreitenden Erkenntnis bezüglich der Identität Jesu. Die Magier kommen als erste aus den Völkern zu Jesus und sprechen vom „König der Juden“. Die letzten Menschen aus den Völkern, die im Leben Jesu eine Rolle spielen, sind die Soldaten unter dem Kreuz. Sie bekennen ihn als den „Sohn Gottes“. Als solcher wird er nach seiner Auferstehung als Weltenherr eingesetzt (Mt 28,18). Indem Jesus nun – wiederum durch einen Verweis in die Schriften (Dan 7,13) – als Weltenherr offenbar ist, erweist er sich auch für die Völker als heilsrelevant. Insofern wird in Mt 28,19 f die Heilsteilhabe, die von Mt 1,1 an implizit oder proleptisch anklang, nun durch den Weltenherrn öffentlich gemacht.¹⁹ Aufgenommen wird auch das Motiv des Berges (Mt 28,16): Besondere Bedeutung gewinnt es zum einen im Rahmen der Lehre Jesu (Mt 5 – 7; 28,20), womit auch hier ein Aspekt der Völkerwallfahrt anklingt (vgl. Jes 2,2– 4), zum anderen steht es mit der Frage nach der Vollmacht Jesu bezüglich der Welt in Verbindung (Mt 4,8 f; Mt 28,18).

 Vgl. Kap. 10.4.

374

11 Auswertung und Fazit

Der christologische Auftrag wird schließlich auf die Jünger übertragen. Wie die Jünger im Rahmen der irdischen Sendung Jesu allein zu Israel gesandt werden (10,5 f), werden sie in Mt 28,19 f explizit zu allen Völkern gesandt. Dieser Auftrag ergeht von Galiläa aus, sodass ein Bogen zurück zu Mt 4,15 f geschlagen wird, wo es vom göttlich-messianischen Licht heißt, dass es auch für das „Galiläa der Völker“ aufgeht. Daran wird also ein Zusammenhang von Christologie und Nachfolge deutlich, der sich mehrfach in der mt Erzählung wiederholt: Jesus ist das aufgehende Licht (Mt 4,15 f), an die Jünger ergeht die Forderung von LichtTaten, die die Welt zum Lob Gottes führen sollen (Mt 5,13 – 16). Jesus wird den Völker Recht verkünden (Mt 12,18), und es folgt die Sendung der Jünger, alle Völker zu lehren, was Jesus geboten hat (Mt 28,20). Durch die Übertragung der Aufgabe Jesu auf die Jünger wird die Position der Gemeinde als der innerweltliche Ort der Heilsteilhabe gestärkt. Zugleich unterläuft Matthäus durch die Darstellung dieses Zusammenhangs eine Ablehnung der Aufnahme von „Heiden“ in die Gemeinde: Zum einen widerspricht eine exklusive Position dem Zusammenhang von Christologie und Nachfolge. Zum anderen werden gerade hier die beiden expliziten Schriftenzitate angeführt, sodass eine Ablehnung der Völker als den Schriften Israels widersprechend abgewertet ist. Matthäus geht demnach vom expliziten Heilsangebot für alle Völker (inklusive Israel) aus. Eine Heilsgewissheit wird jedoch nicht allein für eine ethnisch enggeführte Abrahamsohnschaft abgelehnt, sondern auch für die Gemeinde verneint. Es geht allein um das Tun des Willens Gottes in seiner ethisch zugespitzten Form, wie es in der Lehre Jesu und seinem Wirken deutlich wird.²⁰ Dies gilt ebenso für die Völker (Mt 28,20). In der Schilderung des Weltgerichts (Mt 25,31– 46) zeigt sich die eschatologische Relevanz dieser Forderung. Das Gericht ist kein Völkergericht, sondern ergeht über alle Menschen: weder ohne Israel, noch ohne die Gemeinde. Theologisch ist es, wie die Vergegenwärtigung des Heils im Mahl, mit dem Bundesgedanken verbunden. Die zum Gericht gesammelten Menschen werden in „Gesegnete“ und „Verfluchte“ geteilt (vgl. Dtn 27 f) und gemäß ihrer Taten der Barmherzigkeit beurteilt. Indem aber der Wille Gottes in der Auslegung Jesu in seiner ethisch zugespitzten Form verstanden wird und zugleich allen Völkern geboten ist zu halten, was Jesus gelehrt hat, erscheint das Halten der Gebote, das soteriologisch relevanter Bewertungsmaßstab ist, nicht als einfacher Gebotsgehorsam, sondern als Nachfolge. Unter diesem Aspekt erscheint die eschatologische Heilsgemeinde als eine ethisch (nicht ethnisch) qualifizierte Gruppe. Damit geht einher, dass das Heil für die Völker im Mt nicht allein in für die Schriften typischen Bildern und Vorstellungen ausgestaltet oder indirekt durch

 Vgl. zum mt Gesetzesverständnis auch Kap. 8.4.

11.1 Theologische Aspekte

375

solche Schriftenverweise untermalt wird, die sich ihm nicht sperren. Vielmehr wird das Heil für die Völker auch theologisch als die konsequente Fortführung einiger Vorstellungen der Schriften dargestellt. So wurde der Segen für die Völker bereits Abraham und seinem Samen verheißen und findet in Jesus Christus, dem Sohn Abrahams, seine Erfüllung. Ähnliches gilt für den Bund, den Gott als Zeichen seiner Treue zu Israel errichtet, aber auch mit allen Menschen schließt und im Tod Jesu erneuert und mit dem er die Durchsetzung des eschatologischen, potentiell universalen Heils verknüpft. Der mt Universalismus ist jedoch keine Allversöhnung. Vielmehr ist präziser von einem universalen Heilsangebot für Menschen aus allen Völkern zu sprechen, das aber von jedem Individuum selbst angenommen werden muss (z. B. Mt 26,27 f). Dabei stellt sich nicht die Alternative Heil für die Völker anstelle des Heils für Israel. Vielmehr gilt das Heil auch für die Völker und zwar für die Völker als Völker und nicht nur, indem sie ein formaler Teil Israels werden (z. B. durch Beschneidung). Insofern kann auch nicht davon gesprochen werden, dass sich Israel als erwähltes Volk Gottes in der neuen Größe „Gemeinde“ auflöst. Indem die Völker nicht zu Israel hinzukommen, um zur Heilsgemeinschaft zu gehören, lässt sich der vorsichtige Schluss ziehen, dass sich Matthäus mit seiner Position nicht allein innerhalb der Debatte seiner Gemeinde positioniert, sondern sich auch von der Position abgrenzt, die von denen vertreten wird, die mit den Autoritäten (also der pharisäisch dominierten Synagoge) sympathisieren.²¹ Die Bedeutung der Tora auch für die Völker spielt in dieser Auseinandersetzung eine wichtige Rolle, wie in der bisherigen Darstellung deutlich wurde. Besonders die Frage nach dem Gebot der Beschneidung und die Speisegebote werden für zur Gemeinde neu hinzukommende „Heiden“ relevant gewesen sein. Grundsätzlich ist durch die mt Gesetzeshermeneutik, die sich am Gottes- und Nächstenliebegebot und den von den Propheten geforderten ethischen Auswirkungen derselben orientiert, eine Öffnung der Gemeinde für „Heiden“ (Mt 28,19 f) möglich, ohne die ebenfalls prominent dargestellte Ausgangsbasis der vollen Gültigkeit der Tora (Mt 5,17) aufzuheben. Damit liegt – wie bereits gesagt – ein besonderer Schwerpunkt auf den sozial-ethischen Geboten der Tora (vgl. Mt 19,16 – 22 u. ö.), die auch in Mt 23,23 als die gewichtigen und damit soteriologisch relevanten genannt werden.²² Speisegebote und Beschneidung erhalten so den Rang von geringeren Geboten, sodass es gut möglich ist, dass die mt Gemeinde keine „Heiden“ beschnitten hat. Wichtig ist jedoch, dass im Rahmen des

 Siehe dazu auch Mt 23,15 und die mt Ablehnung der pharisäischen Weise des Proselytentums.  In Mt 5,19 wird deutlich, dass das Nichtbefolgen kleinerer Gebote noch nicht zum Heilsausschluss führt.

376

11 Auswertung und Fazit

mt Gesetzesverständnisses auf diese Weise keine Loslösung von den Schriften und damit der Tora stattfindet. Das mt Gesetzesverständnis stellt so auch einen wichtigen Aspekt der nicht ethnisch ausgerichteten Argumentation des Matthäus dar. Im Unterschied dazu rückt der ethnische Aspekt in den Schriften Israels meist dort in den Hintergrund, wo das Heil für die Völker mit schöpfungstheologischen Vorstellungen ausgemalt wird. Zugleich ist damit ein weiterer Aspekt gestärkt, der in den Schriften ebenfalls wichtig ist: Das Heil für die Völker ist nicht ohne das Heil Israels zu denken. Indem Matthäus ein so großes Gewicht auf den in der Tora offenbarten Willen Gottes legt, ist das Heil für die Völker engstens in die Heilsgeschichte Israels eingebunden.

11.2 Schriftenhermeneutische Aspekte Die bisherige Darstellung hat gezeigt, wie eng Heil für die Völker und die Schriften Israels im Mt zusammengehören. Ein Vergleich mit den für die Schriften Israels analysierten Topoi zeigt,²³ dass Matthäus die Vielzahl dieser Heilsvorstellungen in ihrer Fülle nutzt: Die Vorstellung einer Menschheitsfamilie ist mit Mt 1,1– 17 verknüpft. Der Segen für die Völker in Abraham verwirklicht sich in Jesus, dem Sohn Abrahams (Mt 1,1). Bereits in seiner irdischen Sendung begegnet Jesus Menschen aus den Völkern, sie sich durch ihren großen Glauben auszeichnen (Mt 8,5 – 13; 15,21– 28), ohne explizit zu Jüngern zu werden, wodurch sie den Jhwh-Verehrern aus den Völkern der Schriften ähneln. Die Völkerwallfahrt ist das Grundmotiv des Hinzukommens der Völker (Mt 2,1– 12; Mt 21,13) und der Vollzug des Heils als Mahlgemeinschaft ist zwar kein explizites Völkermahl, aber doch ein Mahl auch für die Völker (Mt 8,11; [15,21– 28;] 26,26 – 28). Zudem ist das Mahl Sinnbild für das eschatische Heil im Reich Gottes (8,11; 22,1– 14; 26,29). Die Basileia kann (wenn auch nur im Gleichnis) durch Sprache gezeichnet werden, hinter der die Vorstellung vom Weltenbaum aufleuchtet, der potentiellen Lebensraum für alle symbolisiert (Mt 13,31 f).²⁴ Die Tora ist vollgültig zu halten, wodurch sowohl das Recht des Fremden gewahrt wird als auch die Menschen aus den Völkern, die in die Gemeinde hinzukommen, die Tora als den Willen Gottes erfüllen müssen. Der Bundesschluss mit der ganzen Schöpfung wird nicht explizit aufgenommen, jedoch werden Bundestexte, die eigentlich den Bund mit Israel im Blick haben, in über Israel hinausreichender Weise rezipiert. Wenig verwendet Matthäus die Vorstellung vom universalen Lob Gottes als Antwort der Schöpfung, doch klingt

 Vgl. Kap. 2.3.  Vgl. Kap. 7.

11.2 Schriftenhermeneutische Aspekte

377

diese immerhin in Mt 5,16 an. Die einzige Vorstellung aus den Schriften, die Matthäus an keiner Stelle in seiner Darstellung aufnimmt, ist die Bezeichnung fremder Völker als Volk Gottes.²⁵ Dies stimmt damit überein, dass das Volk Gottes für Matthäus immer Israel ist und er diesen Begriff nicht auf die Gemeinde, im Sinne eines neuen Volkes Gottes, überträgt. Einschränkend ist zudem zu sagen, dass Matthäus zwar (fast) alle Topoi nutzt, nicht jedoch auf alle Einzelstellen aus den Schriften verweist, die damit verknüpft sind. Darüber hinaus nimmt Matthäus nicht nur einzelne Aspekte auf, die sich in den Schriften Israels mit der Diskussion um das Heil für die Völker verbinden, sondern auch solche, die in den Schriften Israels in andere Kontexte gehören, sich jedoch gegenüber einer universalen Lektüre nicht als widerspenstig erweisen (vgl. z. B. Mt 26,28). Diese stehen im Mt zumeist – jedoch nicht ausschließlich – in solchen Textabschnitten, in denen das Heil für die Völker nicht explizit aus den Schriften begründet wird, sondern die Schriftenverweise über eine schriftenbegründete Christologie indirekt auch für die Völker heilsrelevant werden. In diesem Vorgehen zeigt sich Matthäus’ breit aufgestellte Kenntnis der Schriften. So legitimiert er einerseits seinen eigenen Text als auf dem Boden der Schriften stehend, andererseits erhalten darin auch die Schriften selbst Autorität. Die Tatsache, dass jene Texte der Schriften, die das Heil für die Völker ablehnen, überhaupt nicht rezipiert werden, zeigt, dass negierende Rezeption allein über Verschweigen stattfindet. Dies tut dem mt Argumentationszusammenhang jedoch keinen Abbruch. Vielmehr wird gerade dadurch deutlich, was auch für die Gebotsauslegung nach mt Verständnis gilt: Stellen der Schriften können zueinander in Konkurrenz treten und müssen dann gewichtet werden. Zudem passt dieser mt Gebrauch der Schriften dazu, dass er von Schriften (αἱ γραφαí), von Gesetz und Propheten (ὁ νόμος καὶ οἱ προφῆται), ausgeht und nicht von der Schrift.²⁶ Interessant wäre, ob auch die Gegner der mt Position (in der Gemeinde wie in der pharisäisch dominierten Synagoge) ihre eigenen Argumente ebenfalls mit den Schriften begründeten. Ein Mangel an exklusiven Positionen liegt in den Schriften selbst nicht vor.²⁷ Doch lässt sich diese Frage allein auf der Textbasis des Mt heute nicht mehr beantworten. Allerdings wurde auch deutlich, dass Matthäus die Vorstellungen aus den Schriften nicht allein in einem autorisierenden/legitimierenden Sinn verwendet oder negierend verschweigt, sondern diese auch reakzentuiert. Dies geschieht vor allem dort, wo Aspekte der Schriften in ihrer frühjüdischen Rezeption besonders

 Vgl. Kap. 2.3.8.  Vgl. Kap. 1.3.1.  Vgl. Kap. 2.1.1.

378

11 Auswertung und Fazit

breit aufgenommen wurden. Im Mt wird dies besonders an der Gestalt Abrahams deutlich: Er gilt als Protoisraelit, zugleich aber als derjenige, in dem auch die Völker Segen erhalten werden, wohingegen die Berufung auf die Abrahamkindschaft als Heilsgarantie abgelehnt wird. Wichtig ist hingegen der Gehorsam gegenüber dem Willen Gottes, durch den sich Abraham auszeichnet und durch den sich der Einzelne als Abrahamsohn und Bruder des Abrahamsohnes Jesus erweisen kann. Die Verbindung von Abraham, Bund und Beschneidung spielt hingegen gar keine Rolle. Hier werden die Vorstellungen der Schriften nicht verändert, aber deutlich selektiv und mit eigener Schwerpunktsetzung rezipiert. Daneben transformiert Matthäus die Vorstellungen der Schriften auch, was an der Zionstheologie besonders deutlich wird, die er zwar in ihrem theologischen Aussagegehalt aufnimmt, aber nicht mehr mit Jerusalem verbindet. Transformativer Gebrauch der Schriften unterscheidet sich jedoch von einer rein negierenden Rezeption, da zum Beispiel zionstheologische Einzelmotive im Rahmen der Völkerwallfahrt sprachlich durchaus aufgenommen werden. Damit gelingt es, einen bestimmten Erwartungshorizont zu eröffnen, sodass sich die Transformation umso deutlicher profiliert: Die Magier ziehen zum Zion, finden dort wider Erwarten nicht den neugeborenen König der Juden und werden nach Bethlehem umgelenkt. Außerdem werden die „heidnischen“ Magier vergleichbar den jungen jüdischen Weisen (Josef, Daniel) an fremden Königshöfen gezeichnet (Mt 2,1– 12). Ähnlich werden durch die Ausmalung des Gegensatzes zwischen der Kanaanäerin und Jesus, dem jüdischen Messias, Erwartungen geweckt (Mt 15,21– 28), die dann jedoch zu einem anderen Ergebnis – in diesem Fall der überraschenden Heilsteilhabe der Kanaanäerin – führen. Zu verweisen ist auch auf stereotype Bilder wie Sidon, Tyros, die Männer Ninives usw.²⁸ Durch eine solche Kontextualisierung, sie sich durch die Erwartungen der Schriften eröffnet, erhält auch der mt Text eine über ihn selbst hinausreichende Sinntiefe.²⁹ Transformative Rezeption findet sich letztlich auch dort, wo mit israelzentrierten Motiven, die sich im mt Kontext für die Völker ebenfalls als heilsrelevant erweisen, die Schriftenbasis sogar noch weiter verstärkt wird. Damit stellt sich Matthäus nicht gegen die Schriften, sondern übernimmt eine Form der Rezeption, wie sie sich in den Schriften selbst findet. Auch dort begegnen manche Topoi, die einen primären Israelbezug aufweisen – wie die Wallfahrt, das Mahl, der Bund, die Tora oder die Verheißung des göttlichen Segens – in einigen Texten als Heilsvorstellung für die Völker (z. B. als Völkerwallfahrt, Völkermahl usw.).³⁰

 Vgl. Kap. 6.1 sowie Kap. 9.2.  Zur Sinnkomplexion in intertextuellen Rezeptionszusammenhängen vgl. Kap. 1.3.5.  Vgl. Kap. 2.4.

11.2 Schriftenhermeneutische Aspekte

379

Matthäus legt sogar ein besonderes Gewicht auf diese theologischen Konzepte der Schriften, die entweder bereits dort in einem universalen Sinn transformiert wurden oder zumindest mit beiderlei Bezugspunkten verwendet werden. Damit gelingt es ihm, über seine Schriftenhermeneutik das Heil für Israel und die Völker als untrennbar aufeinander bezogen darzustellen. Auch bezüglich des Umfangs der Aufnahme von Texten aus den Schriften finden sich starke Unterschiede. So werden wichtige Erkenntnisse zum Heil für die Völker über lange Zitate aus Jesaja eingeführt. Diese Zitate sind keine wortwörtlichen und vollständigen Übernahmen des Prätextes, sondern bilden zumindest in Hinsicht auf ihren Umfang, wahrscheinlich jedoch auch hinsichtlich der konkreten Wortwahl, theologische Entscheidungen von Matthäus ab. Darüber hinaus spielen nicht nur die konkret zitierten Texte eine Rolle, sondern auch das Nichtzitierte oder die Kontexte von Zitaten können entscheidend für das Verständnis sein (vgl. z. B. Mt 21,13 [= Jes 56,7; Jer 7,11] oder die messianische Deutung des Lichtes in Mt 4,16 [= Jes 9,1]). Für die Interpretation der Texte folgt daraus, dass nicht allein die Frage der mt Schriftenkenntnis von Bedeutung ist, sondern auch die der Rezipienten. Auch an diesem Umgang mit den Schriften wird erneut die komplexe Verschränkung von rezipiertem und rezipierendem Text deutlich. Über die konkreten Zitate hinaus werden kürzere Anspielungen fruchtbar gemacht, die trotz ihres geringen Umfangs das Verständnis des Mt umfassend prägen (so z. B. Ps 107,3MT/ 106,3LXX in Mt 8,11). Hinzu kommen Anspielungen, die nicht auf einen bestimmten Prätext verweisen, sondern allgemein die Sprache der Schriften aufnehmen, um der Darstellung eine allgemein stärkere Schriftenbasis zu verleihen. Zugleich werden auch mit dieser Übernahme typischer Sprache – wie auch bei den Verweisen auf bestimmte Motive oder Stereotypen – bestimmte Erwartungen geweckt, mit denen dann gebrochen wird, wie sich zum Beispiel an der Kanaanäerin, die sich der Sprache der Psalmen Israels bedient, zeigt (Mt 15,21– 28). An anderer Stelle finden sich nur lose Anspielungen (besonders deutlich in Mt 28,19 f), die nicht zwingend direkte intertextuelle Verweise darstellen, sondern sich auch durch intratextuelle Verbindungen ergeben können. Dies mindert jedoch den Wert der Schriften nicht, sondern verschränkt den mt Text gerade stärker mit den Erwartungen der Schriften und verleiht ihm dadurch wiederum Gewicht und Legitimität. Das intertextuelle Netz ist – wie sich gezeigt hat – gerade mit Blick auf das Heil für die Völker so dicht und komplex, dass für die mt Darstellung weder von einer monokausalen Begründungslinie aus den Schriften noch von einem beliebigen Verweiskatalog auf die Schriften gesprochen werden kann. Vielmehr stellen die Verweise auf die Schriften ein durchdachtes und kohärentes Ganzes dar, das sich aus legitimierender/autorisierender, reakzentuierender und transformieren-

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11 Auswertung und Fazit

der Schriftenrezeption zusammensetzt. Matthäus veranschaulicht seine Position durch komplexe Linienführungen, die durch das gesamte Evangelium laufen und sich besonders gegen Ende der Erzählung immer mehr verdichten. Durch die Verschränkung mit der mt Christologie, die ihrerseits die mt Schriftenhermeneutik entscheidend prägt und zugleich selbst aus den Schriften begründet ist, verstärkt sich dieser Zusammenhang. Indem Matthäus zusätzlich die Jünger immer wieder explizit in die christologische Nachfolge (auch in ihrer Aufgabe an der Welt) stellt, erscheint eine Nichtaufnahme von „Heiden“ in die Gemeinde nicht mehr vertretbar, ja sogar als nicht schriftengemäß. Das Heil für die Völker ist von Matthäus demnach nicht nur durch die Schriften untermalt, sondern grundlegend aus ihnen begründet dargestellt und als schriftengemäß entfaltet.

Literaturverzeichnis Bibliographische und allgemeine Abkürzungen folgen Schwertner, Siegfried, IATG3 – Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete, Berlin/Boston 32014. Darin nicht aufgeführte Abkürzungen von Reihen und Zeitschriften sind im Abkürzungsverzeichnis gesondert angeführt. Abkürzungen von Quellen folgen den Richtlinien von Corpus Judaeo-Hellenisticum¹, dort nicht abgedruckte Abkürzungen sind analog gebildet.

Abkürzungsverzeichnis AIL AJSem AoTBAT ATM BiGe BJLS BoNT BRLJ BiST Brab BThAT BThCB BWM CKLS ClCoL ClRep CoNT DtCL.Y ECIHC EEB EIUZ EWBIG GLAJJ HCHCB.S IAA.R IB II.W

Ancient Israel and its Literature The American Journal of Semiotics Altorientalische Texte und Bilder zum Alten Testament Altes Testament und Moderne Biblische Gestalten The Bible of Judaism Library Series Die Botschaft des Neuen Testaments The Brill Reference Library of Judaism The Bible Speaks Today Bibliotheca rabbinica Beiträge zur Theologie des Alten Testaments Brazos Theological Commentary on the Bible Bibelwissenschaftliche Monographien Chuen King Lecture Series Classic Commentary Library Classics Reprint Companions to the New Testament Deuterocanonical and Cognate Literature – Yearbook  Early Christianity in its Hellenistic Context Einblicke. Ergebnisse Berichte – Reflexionen aus Tagungen der Katholischen Akademie Schwerte Exegese in unserer Zeit Evangelium und Wissenschaft. Beiträge zum interdisziplinären Gespräch Stern, Menahem: Greek and Latin Authors on Jews and Judaism Hermeneia – A Critical and historical Commentary on the Bible: Supplements IAA Reports Indogermanische Bibliothek II. Reihe – Wörterbücher

 Veröffentlicht z. B. in: Konradt, Matthias/ Schläpfer, Esther, Hg., Anthropologie und Ethik im Frühjudentum und im Neuen Testament. Wechselseitige Wahrnehmungen, Internationales Symposium in Verbindung mit dem Projekt Corpus Judaeo-Hellenisticum Novi Testamenti (CJHNT), WUNT 322, Tübingen: Mohr Siebeck, 2014, XI–XIX. https://doi.org/10.1515/9783110594287-013

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ISFCJ JCTCRSS JLib KBANT Ker. KSFETh LHJS LSTS MetS NTIC NT.Mo NTSI PasS PCNT Per. PriP ProC QuantB SDSRL SHJSH SHS SMet SNTI SNTIW StTh(NJ) STusc ThKNT TICBTP TSRev TSt UTth VDIUH VRBG VTNo WThMS ZECNT

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 „Biblische Schriften“ umfassen alle Texte der hebräischen, griechischen und lateinischen Bibel.

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2 Hilfsmittel Bauer, Walter, Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur, hg. von K. Aland und B. Aland, Berlin, New York: De Gruyter, 6 1988. Blass, Friedrich/ Debrunner, Albert, Grammatik des neutestamentlichen Griechisch, bearbeitet von F. Rehkopf, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 161984. Bornemann, Eduard/ Risch, Ernst, Griechische Grammatik, Frankfurt, Berlin, München: Diesterweg, 21978. Dalman, Gustaf, Aramäisch-neuhebräisches Handwörterbuch zu Targum, Talmud und Midrasch. Mit Lexikon der Abbreviaturen von G. H. Händler und einem Verzeichnis der Mischna-Abschnitte, Hildesheim: Georg Olms Verlagbuchhandlung, 21967.

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Stellenregister (in Auswahl) Vom Masoretischen Text abweichende Septuagintabelege (v. a. Ps, Jer) sind im Register auf die Masoretische Zählung umgestellt. Verschiedentlich sind Einträge zu größeren Einheiten zusammengefasst worden.

Biblische Schriften Genesis 1,1 – 6,8 1,1 – 2,3 1 1,1 1,2 1,6 – 10 1,20 1,26 1,27 1,28 2f 2–4 2,1 2,4 2,19 4 4,17 – 22 5 5,1 – 3 5,1 f 5,1 5,2 5,3 5,29 5,32 6,9 – 11,9 6–9 6,1 6,5 – 7 6,9 6,10 6,17 7,10 f 8f 8,21

49 85, 87 82, 85, 86 80, 82, 85, 87, 88 92 46 228 86 86 52, 86 85 86 88 49, 50, 51, 79 – 92, 94, 105, 367, 368 57 85 50 84, 85, 86 49, 50 50 49, 50, 51, 52, 79 – 92, 105, 367, 368 86 86 85 84, 85, 87, 89 49 39 49 49 49, 51, 83, 84, 91 85 46 46 46 46

https://doi.org/10.1515/9783110594287-014

9 9,1 9,4 – 6 9,6 9,7 9,9 – 11 9,11 9,12 9,16 9,25 – 27 9,26 f 9,26 10 10,1 10,5 10,7 10,15 10,6 – 31 10,22 11,1 – 9 11,10 – 26 11,10 11,26 11,17 12 – 25 12 12,1 – 5 12,1 – 3 12,2 12,3 12,4 12,6 14,19 14,22 15

60, 76, 258 52 47 47 52 46, 49 46 46 46 185 275 275 49, 50, 51, 52, 56, 84, 87, 89, 91 51, 52, 83 51 325 185 51 102 49, 73 84 51, 52, 83, 84 52 83, 84 25, 108 51, 59 185 53, 54, 55, 56, 110, 118, 126 55, 56, 64, 119, 353 53, 54, 55, 107, 108, 110, 118, 128, 363 124 316 88 88 46, 121

446

16,1 16,10 f 17 17,4 – 6 17,4 f 17,4 17,5 17,6 17,8 17,13 f 17,14 17,15 f 17,17 17,19 18,8 18,9 18,10 – 12 18,11 – 14 18,14 18,18 18,19 19,6 20 20,4 20,11 21,13 21,18 22 22,1 22,10 – 12 22,2 22,12.16 22,17 f 22,18 22,20 – 24 22,21 24,3 24,7 24,37 25,1 – 6 25,1 – 4 25,8 f 25,12 – 18 25,12 – 17 25,12 – 16 25,12

Stellenregister (in Auswahl)

84 86 34, 46, 117, 121, 171, 289, 291 86 117, 363 354 107, 109, 354 316 185 47 64, 291 86 128 86, 114 107 115, 124 128 100 128 54, 55, 110, 118, 316, 363 125 353 59 353 62 353 353 113, 115 102 113 114 114 55 54, 55, 107, 118, 363 94 102 88, 185 88 185 108 107 64 84 107 84, 108 50, 83, 84, 91, 112

25,17 25,19 26 26,3 26,4 26,5 27,28 28,1 28,4 28,6 28,9 28,14 28,15 28,20 29,15 – 30 31,54 34 35,9 f 35,22 – 26 35,29 36 36,1 36,9 37,2 38 38,2 38,6 38,8 – 10 38,12 38,14 38,26 38,29 39,5 41 41,8 41,43 45,9 – 11 46 46,12 48,3 f 49,20 50,24

64 50, 83, 84, 112 59 358, 363 54, 55, 107, 118 117, 124 210 185 185 185 112 54, 55, 118 358 191 100 69 289 86 94 64 85, 107 50, 51, 83 50, 51, 83 50, 56, 83, 84, 90, 91, 111 84,95, 96, 99, 101 101 101 96 101 96 96 111 55 55, 161 161 55, 363 351 111 111 185 191 131

Exodus 1 1,1 – 7 1,9

55, 99 50 50

Stellenregister (in Auswahl)

1,17 2,24 3,1 3,10 3,12 3,22 4,2 4,12 4,22 5,1 6,3 – 5 6,4 6,6 6,7 6,8 6,15 6,26 – 25 7 – 10 7,1 f 7,2 10,22 f 11,7 12,3 12,22 12,36 12,38 12,43 – 49 12,43 12,47 12,48 13,17 f 14,30 15,13 16 – 18 16,4 f 16,5 18,1 – 12 18,12 18,21 19,5 19,6 20,7 20,10 20,11 20,22 22,20 23,8

62 131 181 64 358, 362 69 190 362 64, 190 64 131 185 144 37 131 186 90 161 351 361, 362 253 192 58 214 69 42 169 59 58 59 239, 242 286 144 145 179, 190 191 62 69, 216 127 34 35, 64, 316 284 299 88 58 59 254

23,9 23,23 23,28 24 24,7 24,8 – 11 24,8

447

24,11 25,2 29,35 30,33.39 31,13 – 17 31,16 31,17 32,13 33,1 33,2 33,16 34,9 f 34,11 34,15 f 34,29 f.35 39,14

59 185 185 69, 198, 213, 215 213 221 212, 213, 214, 215, 221, 372 69, 216, 217 58 361 64 48 262 88 130 131 185 354 215 185 35 256 127

Leviticus 1 1,1 – 7 1,9 1,17 2,24 3,1 3,10 3,12 3,22 4,2 4,12 4,22 5,1 6,3 – 5 6,4 6,6 6,7 6,8 6,15 6,26 – 25 7 – 10

55, 99 50 50 62 131 181 64 358, 362 69 190 362 64, 190 64 131 185 144 37 131 186 90 161

448

7,1 f 7,2 10,22 f 11,7 12,3 12,22 12,36 12,38 12,43 – 49 12,43 12,47 12,48 13,17 f 14,30 15,13 16 – 18 16,4 f 16,5 18,1 – 12 18,12 18,21 19,5 19,6 20,7 20,10 20,11 20,22 22,20 23,8 23,9 23,23 23,28 24 24,7 24,8 – 11 24,8 24,11 25,2 29,35 30,33.39 31,13 – 17 31,16 31,17 32,13 33,1 33,2

Stellenregister (in Auswahl)

351 361, 362 253 192 58 214 69 42 169 59 58 59 239, 242 286 144 145 179, 190 191 62 69, 216 127 34 35, 64, 316 284 299 88 58 59 254 59 185 185 69, 198, 213, 215 213 221 212, 213, 214, 215, 221, 372 69, 216, 217 58 361 64 48 262 88 130 131 185

33,16 34,9 f 34,11 34,15 f 34,29 f.35 39,14

354 215 185 35 256 127

Numeri 1 3,1 10,9 13,2 13,28 14,24 15,14 – 16 15,15 f 15,31 19,10 20,24 20,29 21,5 21,33 22 – 24 22,5 23,7 23,9 23,19 24,9 24,17 26,55 28,2 28,9 f 31,10 32,11 33,52 f 33,54 34,1 – 12 34,2 35,15 35,33

127 83, 90 286 185 353 275 59, 169 59 214 59 145 262 145 239, 242 158 159 159 316 336 54 158, 245 127 299 299 203 131 185 185 186 185 59 47

Deuteronomium 1,3 1,8 1,13.15 1,16 1,26.43

361, 362 131 127 59 145

Stellenregister (in Auswahl)

1,28 1,40 1,41 2,25 3,1 4,6 4,19 f 4,20 4,37 5,11 5,12 – 15 5,14 6,1 6,4 6,5 6,10 7 7,1 – 3 7,2 – 4 7,6 – 8 7,6 7,8 9,5 9,7.23 9,26 9,27 f 9,29 8,3 10,18 10,19 11,23 12,5 – 7 12,11 12,14 13 13,17 14,1 – 21 14,1 14,2 14,21 14,23 14,29 15,3 16,6.7 16,11 16,18 16,14

353 239, 242 361 354 239, 242 42, 64, 353 37, 157 66 205 284 59 299 362 353 302, 304, 310 131 35 185 35 205 34 144 131 145 66, 144 131 66 19 278 58 316 69 361 361 320 203 59 190 34, 35 35 284 58 36 284 58, 284 254 58

17,6 17,8 17,11 18,15 18,18 19,5 20,4 20,16 f 23 23,2 – 9 23,2 23,4 23,8 f 23,19 24,14 24,17 25,5 – 10 25,5 f 26,2 26,5 26,12 f 26,17 f 26,18 26,19 27 f 27,7 27,15 – 26 27,15 27,19 28 28,1.15 28,3 – 14 28,9 28,10 28,16 – 45 28,17 f 28,69 29 29,12 29,21.23 30,8 30,20 31,10 31,12 31,26 f 31,27

449

41 284 214 126 126 41 286 185 35, 36, 48, 104 48, 59, 170 170 63, 104 63 192 58 278 98 14 284 316 58 37 34 35 221, 285, 320, 321, 329, 374 69 321 321 58, 59, 278, 306, 371 320, 321 320 320 35 285, 316, 322 320 320 320 47, 64 37 41 362 131 64 42 214 145

450

Stellenregister (in Auswahl)

32,5 32,18 f 32,19 32,43 33,28 34,4

190 126 190 190 210 131

Josua 1,5 – 7 1,5.9 1,7 1,12 1,13 1,15 2 2,1 2,11 3,10 3,17 4,1 – 9 4,1 4,7 4,9 4,23 f 5 5,7 6,22 – 25 6,23 6,24 6,25 7 7,11 8,32 13,8 14,2 – 4 15,2 – 4 22,2 22,5 23,25 f 24,3 24,30

351 358, 362 275, 362 186 275 275 62, 93, 95, 100, 186 96 101 185 316 127 316 275 127 42 34 127 95 101 203 101 62 214 275 275 127 186 362 275 214 116, 121, 185 275

Richter 1,8 1,16 – 36 2,8 2,19 – 21

203 132 275 214

3,1 – 4 4,2.13.16 4,23 5,17 5,18 6,16 6,36 f 7,23 8f 9 13,14

185 246 185 146 240 362 286 240 227 57 362

1 Samuel 1–2 2,2 2,9 7,2.3 9,16 f 12,14 f 15,22 16,11 16,15 – 23 21,1 – 7 24,5 27 30,26

113 126 255 262 64 145 300 181 115 298 192 184 35

2 Samuel 2,26 3,18 5 5,2 5,8 6,5 7 7,5 – 16 7,5 7,7 – 11 7,12 – 16 7,12 9,5 11 f 11,2 – 4 11,3.6.17 12,7 – 13 12,14 16,9

271, 280 64 162 64, 160, 162 170 262 275 110, 111 275 64 110 126 192 95 97 102 97 35, 98 192

Stellenregister (in Auswahl)

21,10 22,47 23,34 24 24,17

228 286 102 184 181

1 Könige 1,29 – 34 2,3 3,8 8,41 – 43 8,41 8,43 8,57 9,27 – 29 10 10,1 – 13 10,1 11,1 – 8 11,4 – 6 11,12 f.32 13,21 14,11 14,21 15,4 15,5 16,4 17 18,24 21,19 21,24 21,23 f 22,17 22,36

100 275 205 43, 72, 73, 358 72 72 f, 353, 358 43, 358, 359 146 324 324 326 35 103 121 145 192 94, 103 121 97, 102 192, 228 185 284 192 228 192 286 192

2 Könige 2,24 4,13 5 5,2 f 5,14 f 5,17.18.19 8,13 8,19 9,10.36 13,23 15,29

284 64 62 62 63 63 192 121 192 131 247, 253

17,13 18,12 20,6 21,1 f 21,8 21,14 22,29 23,25 25,9 Jesaja 1,2 1,4 1,8 1,10 – 17 1,17 1,18 1,20 1,24 2 2,2 – 5 2,2 – 4

2,2 f 2,2 2,3 2,4 2,5 2,7 2,12 2,18 – 21 5 5,1 – 7 5,2 f 5,5 5,7 5,24 f 6,1 6,5 – 7 6,9 f 7,14 8,8 8,9 f 8,22 8,23 – 9,6 8,23 – 9,1

451

295 214 121 97 275 66 245 275 203

64, 190 190, 353 262 300 332 318 145 35 156 162, 122 63, 67, 68, 136, 156, 166, 181, 261, 262, 277, 329, 373 360 67, 68, 176, 316, 354 42, 61, 67, 147, 235, 283 60, 258, 308 61, 255 240 317 74 62 332 62 f 260, 261 262 202 173, 220 44 19 7, 17, 42, 237, 286, 332 42 42 252, 253 238 235 – 258, 287, 357, 370

452

8,23 8,41 – 43 9,1

9,3 9,5 9,6 f 10,5 10,6 10,17 10,24 11 11,1 – 9 11,9 11,10 11,12 11,13 f 12,4 13 – 23 13 13,4 f 13,6 f 13,9 f 13,10 13,11 13,27 14 14,1 14,2 14,6 14,12 14,13 – 15 14,13 14,25 16,6 17,5 17,6 17,10 17,11 17,14 18,2 18,5 f 18,7 18,17 18,18

Stellenregister (in Auswahl)

240, 242, 243, 246, 247, 250, 251, 252, 253 63 237, 243, 244, 245, 253, 254, 255, 256, 257, 258, 262, 264, 379 316 256 252 40 260 40 64 111 281 285 282 181 40 284 37 37 40, 202 39 253 245 38 40, 202 37 62, 66 43, 262 38 198, 354 184 38 260 38 318 43 286 318 256 38, 64 318 69, 284 163 162

19 19,1 – 23 19,18 – 25 19,19 – 25 19,21 19,24 f 19,25 20,3 21,13 – 17 22,5 23 23,9 23,11 f 24 24,1 – 6 24,5 24,6 24,14 24,15 24,21 – 23 24,23 25,6 – 10 25,6 – 8

25,6 f 25,6 25,8 25,10 26,2 26,5 f 26,11 27,6 27,5 28,16 29,7 29,18 29,22 30,1 30,5 30,9 30,18 30,28 30,29 33,22 34,4 37,20

56 56 147 73 74 56, 65, 66 56, 65 275 38 260 184 38 186 47 60 47, 60, 214, 258 43 136 284 198 69, 198 181 69, 70, 136, 166, 179, 197, 198, 199, 204, 209, 223 197 69, 176, 192, 201, 332 198 260 316 40 35 190 48 278 256 245 132 190 64 190 278, 280 135 256 278, 286 332 42

Stellenregister (in Auswahl)

40 – 55 40,1 40,5 40,6 40,10 – 15 40,11 40,15 40,21 41,5 41,8 – 10 41,8 f 41,8 41,14 41,15 f 41,15 41,21 41,22.23.26 41,23 f 42,1 – 4

42,1 42,3 42,4

42,5 42,6 f 42,6 42,7 42,8 – 12 42,9 42,10 42,12 42,13 42,61 43,1 43,2 43,3 f 43,5 f 43,5 43,6 43,8 43,9 43,12 43,16 – 20

146 64 198 39 205 315 273 270 42, 273 363 275 107, 118, 132 144 40 260 266 270 37 5, 7, 18, 61, 146, 176, 189, 221, 237, 244, 257, 262, 265 – 288, 336, 343, 371 61, 267, 272 61, 269, 270, 271, 272, 284 42, 61, 217, 267, 270, 271, 272, 273, 280, 281, 283, 285, 339, 358, 362, 372 273 145, 257, 258 61, 213, 221 244, 245, 254, 255 263 245, 270 146, 273 270 35 257 144, 284 146, 358 333 136 138, 166, 358 190 254 41, 270 270, 286 92

43,16 43,17 44,1 f 44,6 – 20 44,21 45,1 – 7 45,1 f 45,1 45,6 45,11 45,14 f 45,21 f 48,9 49,1 – 10 49,1 49,5 49,6 49,7 49,8 – 12 49,8 – 10 49,9 – 12 49,9 f 49,9 49,12 49,22 f 49,22 49,26 50,6 50,8 – 10 51,1 f 51,1 51,2 51,4 51,4 – 8 51,5 51,8 51,9 f 51,17 – 22 51,17 – 21 51,18 52 f 52,11 f 52,13 – 53,12 52,13 – 15 52,13 52,14 f 52,14

453

146 279, 286 275 37 275 42 145 40, 145 136, 138 190 43 71 189 61 273 136 54, 61, 278 160, 213 167 213 179 71 71, 145 136, 143 43 69, 169 42, 144 217 254 107, 123, 126 128 116, 132 61, 235, 258, 308 61 176, 274, 362 121 92 222 179 190 332 217 219, 220, 332, 333, 337 218 220, 220, 275 218 218, 332, 335

454

52,15 53

53,4 53,7 53,10 53,11 53,12

53,13 54,1 54,9 54,13 54,17 55,1 – 5 55,1 – 3 55,1 f 55,3 55,5 55,7 55,31 56 – 66 56 56,1 – 8 56,1 56,2 56,3 56,4 56,6 – 8 56,6 56,7

56,8 f 56,8 56,10 f 56,11 57,3 – 9 58,2 58,6 – 10 58,8 – 10 58,10 59,8 – 10

Stellenregister (in Auswahl)

332, 335 213, 218, 220, 331, 332, 333, 334, 335, 337, 338, 339, 364 217, 237, 266 342 212, 332, 333 333, 335 212, 213, 216, 218, 219, 222, 223, 332, 335, 337, 341, 342, 372, 373 332 190 46, 332 190 326, 327 70, 179 191 69 213 68, 69, 136, 166, 316 130 281 152, 351 169, 171, 174 48, 63, 72, 73, 168 – 176, 177, 178, 351 171 169 62, 170 48, 171, 221 233 47, 48, 62, 171, 284 28, 48, 65, 73, 156, 167, 169, 170, 172, 174, 175, 176, 177, 198, 316, 332, 354, 379 170 136 174, 192 192 323 316 307, 321 256 245, 254 254

59,9 59,19 60 60,1 – 14 60,1 – 6 60,1 – 3 60,1 f 60,1 60,3 – 6 60,3 60,4 60,5 60,6 f 60,6 60,7 60,9 – 11 60,9 60,10 60,11 – 14 60,11 60,12 60,13 60,19 61,1 – 3 61,5 61,8 61,9 – 11 61,10 62,3 – 6 62,8 f 62,11 62,12 63,1.6 63,7 63,8 63,11 – 14 63,16 63,17 65,1 65,4 65,13 – 26 66 66,12 66,15 f 66,18 – 24 66,18 – 21 66,18

254, 255 136, 138 254, 292 66, 136, 166 159 68, 253, 254, 262 245 253, 255 169 160 67, 190 67, 316 69, 160 157, 159 162 169 69, 190 43 233 67 44 173 245 321 43 278 42 208 37 179 162 144 260 144 190 123 122, 123, 190 66 353 262 179 165, 199 165 39 65, 73, 74, 152, 152 66, 73, 147 43, 67, 73, 136, 166, 315

Stellenregister (in Auswahl)

66,19 – 23 66,19 f 66,19 66,20 66,21 66,23 66,24 f 66,24 68,30

69, 160 162 43 74, 165 74 67, 69, 74, 136, 166 65 39 69

Jeremia 1,7 f 1,7 1,8 2,6 2,28 3,14 – 18 3,14.22 3,15 3,17 3,19 4,2 4,5 – 7 4,22 6,1 7 7,3.5 – 7 7,4 7,6 7,10 7,11 7,23 9,9 9,22 f 9,23 10,16 11,3 11,4 11,10 13,26 f 14,7 15,1 16,19 16,21 18,15 19 19,4

351 362 358, 362 244, 336 38 56 190 192 67, 68 190 56 40 190 40 173, 174, 177, 215 173 173 58, 278 156, 173 18, 28, 168 – 175, 379 37 316 371 277, 294, 300 66 320 37 214 323 189 228 67, 74, 166 68 64 215 215

22,3 23,1 – 3 23,5 f 23,6 23,9 23,12 24,7 25,9 25,15 – 31 25,15 – 29 25,22 25,31 26,15 26,20 26,28 27,3 27,6 28,11 – 14 29,4 30,7 30,32 31 31,9 31,10 31,15 31,31 – 34 31,31 31,33 f 32,7 – 9 32,15 32,22 33,9 33,14 – 26 33,15 33,26 34,3 34,18 – 20 36 43,10 46 – 51 46 – 49 46,8 46,10 46,24 – 26 46,26 47,4

455

58, 277, 278, 294, 300, 371 179 232 226, 286 47 254 37 40, 202, 203 179, 222 38 184 184 215 284 275 184 40, 203 65, 198, 316, 354 183 253 37 213, 215, 221 190 179 215 213, 215, 219, 372 46, 213 215, 219 348 348 183 316 110 281 110 183 214 294 40, 202 37 37 38 35 40 43 184

456

48,7.29 f 48,46 49,6 49,12 49,18 49,33 49,34 – 39 49,39 50,5 50,6 50,9 50,29 50,40 50,41 51,3 51,7 51,18 51,20 – 23 51,27 f 51,33 51,43 51,55 Ezechiel 1,1 – 5 2,7 f 5,6 7,27 9 – 11 11,17 11,20 12,15 14,14 14,20 16,36 – 38 16,36 16,61 17 17,22 – 24 17,23 17,24 18 – 20 18,1 – 9 18,6 – 9 18,7.9.16 18,18

Stellenregister (in Auswahl)

38 43 43 179, 222 336 336 38 43 48 181, 215 40, 202 38 336 40, 202 318 179, 222 37 40 40, 202 318 336 67

231 145 145 284 172 136 37 284 41, 326 41, 326 323 190 214 228 57, 227, 229 226, 227, 229, 230, 232, 233 57, 58, 229, 232 48 130 321 231 64

18,21 f 20,5 20,8.13.21 20,9 20,41 21,4.10 22,4 22,7 23,31 – 34 24,27 25 – 32 25,3.6 25,14 25,16 26 – 28 26,2 26,3 26,16 27,1 – 14 27,21 – 28 28,2 28,7 28,15 28,17 28,18 f 28,22 29,3 29,21 30 30,3 30,5 30,10 31 31,3 – 18 31,3 f 31,5 31,6 31,13 31,14 f 32 32,8 32,12 32,26 33,24 33,25.26 33,27 34

130 205 145 42 299, 316 42 38 58, 278 179, 222 284 37 38 40 241 184 38 40, 202 41 345 46 38 40, 202 316 38 41 284 38 284 135 39 38 40 57, 58, 227, 229, 230 227, 229 57 226 57, 226, 227, 229, 230 229, 230 231 135 253 38 38 122 122 122 111, 231, 320

Stellenregister (in Auswahl)

34,31 34,11 – 16 34,17 34,20 34,23 f 34,23 35,10 36,4 f 36,5 36,23 36,28 36,34 – 36 36,36 37,12 f 37,24 f 37,24 38,8.12 38,20 38,23 39,4 39,7 39,17 – 20 39,27 43,2 42,13 43,22 44,6 – 9 47,13 – 20 47,21 47,22 48,1 – 7 48,3.34 48,35

181 181 231, 320 231 275 181 316 38 37 135 37 42 284 231 275 181 136 228 284 228 135, 284 70 136 198 231 319 36, 170 186 59 59 186 240 173

Hosea 1,9 2,1 f 2,1 2,2 2,14 2,21 f 3,1 6,5 6,6 6,7 8,1 11,1

37 64 190 315 228 277, 294, 300, 371 323 254 294, 296 – 300, 306, 310 214 214 190

12,7 13,8

277 192

Joel 1,16 2,2 f 2,17 2,23 2,27 3,4 4 4,2 f 4,2 4,4 4,9 – 17 4,11 4,13 4,15 4,16 4,17 4,21 8,3

191 40 38 190 179 253 37, 315 315 43, 66, 315 183, 184, 243 67 67, 315 318 253 67 162, 173 173 173

Amos 1,2 – 2,16 1,3 – 2,3 1,11 2,4 – 16 2,9 5,18 5,21 – 24 6,14 8,7 9,7 9,12

38 37 38, 271, 280 37 38 253 299 353 271 45, 77 316

Obadja 3 10 15 16 18

38 38 39 179, 222 40

Jona 1 1,2 2,1

62, 146 326 323

457

458

Stellenregister (in Auswahl)

3f 3 3,4 3,5 – 21 3,5 – 9 3,5 4,11

44, 349 324 328, 349 184 44 44 44

Micha 4 4,1 – 5 4,1 – 3 4,1 f 4,1 4,2 4,3 4,13 5 5,1 – 3 5,1 5,3 6,3 6,6 – 8 6,8 f 6,8 7,8 7,9 7,10 7,12 7,13 7,14 – 17 7,14.18

66, 156, 308 67, 68, 156, 162 136, 166 360 67, 68 67, 283 60, 353 40 162 181 160, 162 162 64 300 371 277, 294, 300, 301 244 254 38, 260 136 67 42 66

Nahum 1,1 1,2.8 3,18 3,19

80 35 136 38

Habakuk 1,4 1,5 – 12 1,8

271, 272 40 238

Zephania 1,3 1,14 – 18

228 40

1,18 2,5 2,9 f 3,5 3,6 3,8 – 13 3,9 3,10 3,11 – 13

40 44 40 254, 280 44 152, 179 44, 284 69 35, 40

Haggai 1,12 1,13 2,2 – 4 2,7

152 358 152 69, 316

Sacharja 1,1 1,17 2,6 2,10 – 16 2,14 f 2,15 2,16 3,3 – 5 7,9 f 7,9 7,10 7,14 8,6 8,7 f 8,7 8,8 8,13 8,17 8,20 – 23 8,20 8,21 8,22 8,23 9 – 14 9,1 – 4 9,2 – 4 9,2 9,7 9,9 – 17

163 66 163 359 163 48, 62, 65, 73 66 208 371 163, 277 58, 278 316, 354 163 64 136, 166 37, 226, 232 56 163 42, 66, 68, 136, 163, 166, 214, 358, 359 67 67, 358 67 369 152 184 163 183 43 179

Stellenregister (in Auswahl)

9,9 9,11 – 17 9,11 9,13 9,15 9,16 9,17 10,2 10,10 11 11,10 f 11,12 f 11,12 11,13 12,2 12,9 – 13,1 12,10 – 14 12,10 13,7 13,8 f 14 14,1 – 5 14,1 – 12 14,2 14,4 f 14,4 14,5 14,7 14,8 – 21 14,14 14,16 – 19 14,16 f 14,16 14,17 – 19 14,21

19, 163, 214 214 213, 214, 215, 372 40, 190 179 286 69 163 136 339 47, 214, 221 163 163 215, 348 179, 222 219 163 163 163, 214, 219, 339, 341, 342 284 67, 69, 168, 199 359 135 315 163, 345 163 163, 315 163 162 316, 325 68, 156, 160, 214 66, 67, 68 44, 67, 136, 166, 168 44, 69 163, 166, 168, 179

Maleachi 1,11 1,14 3,5 3,17 3,18 3,20 3,21

73, 74, 138 282 58, 278 190 275 254 35

Psalmen 1 1,2 2 2,1 2,7 2,8 3,8 5,3 7,7 8,2 8,5 8,9 8,10 9,2 9,18 11,4 12,2.9 15 16,10 18,7 18,28 18,50 22 22,1 22,2 22,7.8 22,9 22,19 22,27 – 30 22,28 – 30 22,28 23,3 23,5 24 24,3 25,11 27,12 28,9 31,6 31,24 33,12 33,18.22 35,11 f 36,6 – 10 37 37,20

140 140 60, 66, 349 66 139, 141 66 286 200 135 284 336 228 284 162 316 146 146 68 141 162 245 263 72, 346, 347 346 139 346 346 346 70 69, 160 166, 346 189 69, 179 68 67 f 189 41 66 139 274 205 274 41 70 139, 198 35

459

460

37,22 37,31 f 42 44,5 44,14 45 45,18 46,7 46,8 46,12 47 47,2 47,7 – 9 47,10 48,5 f 49,8 f 49,12 49,20 50,7 50,11 51,16 f 57 57,10 59,7 59,15 f 67,2 – 4 67,2 68 68,24 68,29 f 68,30 68,32 69,26 72 72,2 – 4 72,10 72,17 72,19 74,7 74,12 76 76,12 77,15 77,16 77,21 78,1 78,2

Stellenregister (in Auswahl)

320 34 339 200 38 139, 184 263 67 43 43 66 354 200 56, 65, 67 67 334 138 255 64 228 300 139 263 192 192 263 316 139 192 159 162 67 139 66 275 67, 69, 157, 159, 160, 169 110, 118, 316 56 284 200 67 159 144 144 181 15 15, 304

78,17 78,24 78,40 78,42 78,52 78,56 79,9 79,10 82 82,8 84,8 84,12 86,3 86,4 – 6 87 89,15 89,16 91,9 91,12 91,14 94,6 95,3 96 96,7 – 10 96,8 97 97,1 97,3 97,11 98,2 – 4 98,3 99 100 100,1 100,4 101,1 102 102,1 102,19 – 22 102,20 – 23 102,22 103 104,12 104,14 104,16 f 105 105,1

145 141, 190, 191 145 144 181 145 189 38 254 66 200 254 188 184 233 277 255 64 64 64 58, 278 200 66, 72, 139 136, 166 67, 72 72 72 35 245, 255 263 166, 262 173 69, 72 160 72, 284 277 66 140 136, 166 68 67 72 227 190, 191 229 139 284

Stellenregister (in Auswahl)

105,6 105,13 105,18 105,40 106 106,5 106,10 106,36 – 38 106,47 107 – 118 107 107,1 – 31 107,1 – 3 107,3

107,4 – 32 107,4 – 6 107,6 107,8 107,10 107,13 107,15 107,19 107,20 107,21 107,23 f.27 107,26 f 107,27 107,28 107,29 107,31 107,33 – 42 108,4 109,8 110,1 111,5 112,9 113,1 113,3 114,8 115,2 117,1 118 118,10 – 12

116, 118, 121, 185 353 146 190, 191 139 66, 353 144 185 136 141 137 – 147, 148, 150, 151, 152, 153, 166, 199, 279 141 143, 144 136, 137, 138, 139, 142, 143, 153, 165, 199, 244, 370, 379 143 138 143 143, 263 138, 244 143 143, 263 143 139 143, 263 141 141 141 141, 143 139, 141 143, 263 143 263 139 139 190 139 284 136, 284 138 38 65, 198, 273, 284, 316, 354 139 138

118,20 f 118,20 118,22 118,26 119,114 120 – 134 122,3 124,8 126,2 127 129 132,7 132,9 135,4 136 136,25 138,1 138,2 141,8 143,11 144,5 145 145,1 146,9 147,2 147,19 f 148 149,3 149,5 149,7.9 150

34 284 14, 17, 201 320 274 67 188 284 42 139 139 72, 173 208 35 139 191 263 72 217 189 336 72, 263 200 58 136 274 72 284 35, 325 325 72

Hiob 1,1 1,8 1,21 3,5 10,21 10,22 16,12 18,5 22,5 – 10 25,6 29,3 33,24 34,15 34,22

41, 326 62, 71 284 244 145, 244 244 336 245, 255 321 336 255 334 39 244

461

462

Stellenregister (in Auswahl)

36,7 42,7 – 17

271, 280 71

Proverbien 1,7 2,13 3,10 4,18 f 4,19 8,1 – 5 9,1 – 6 9,2 f 10,25.30 11,8 14,22 18,10 21,18 25,18 26,11 26,17

62 254 210 255 254 206 69 201 34 35 277 284 334 41 192 192

Canticum Canticorum 5,1 69 Threni 4,13 f 5,20

254 271

Rut 1–4 1,4 1,5 1,15 f 1,16 3,1 – 18 3,2 3,7 3,8 4,12 – 22 4,12 4,18 – 22 4,18 4,22

95 101 99 99 63 96 97 97 97 94 95 94, 103, 104 83, 90, 104, 111 90, 111

Esther 2,1 3,8

325 353

3,12 4,11 8,8.10 8,17 9,27 Daniel 2 2,2.10 3,2 – 7 3,2.7 3,31 3,80LXX/TH 4 4,7 – 12 4,7 4,8 4,9 4,17 – 23 4,18 4,21 4,35 4,37LXX 5,7.11.15 7 7,9 7,13 f 7,13 7,14 7,18 7,21.25 7,22 8,13 9,3 9,10 9,11 9,24 – 26 9,27 11 11,31 11,33 – 12,3 11,33 – 35 11,34

284 65, 198, 316, 354 284 291 62

161 161 65 198, 316, 354 325 228 57, 227, 228, 229, 230, 233 227, 229 57, 161 57, 226 39, 57, 226, 227, 229, 230 227, 229 57, 227, 229, 230, 232, 233 227 57 325 161 336, 337, 338, 350 318 43, 231, 313, 314, 364 329, 336, 337, 349, 350, 365, 373 314, 315, 337, 439, 350, 357 337 336 325 260 231 295 60 231 19 219 19, 231 218 338 62

Stellenregister (in Auswahl)

12 12,2 – 4 12,2 f 12,2 12,10 12,11

219 217 338 231 217 19, 231

Esra 6,21 9f 9 9,1 f 9,1 9,11 9,20 10,1 10,2 f 10,11

48 35 48 36 185 295 271 64 36, 104 48

Nehemia 1,3 8,2 9f 9,5 9,7 10,3 10,29 10,30 10,31 13 13,1 – 3 13,1

203 64 48 190 116 271 36 275 36 48 170 48

1 Chronik 1–9 1 1,1 – 4 1,13 2–8 2,3 f 3,5 5,26 13,2 16,8 – 36 16,10 16,12 16,20

52, 53, 78, 83, 93, 94, 95 53 52 185 53 94 102 247, 253 315 139 284 185 353

16,35 17,7 – 14 22,11 – 13 23,25 28,2

136 111 351 162 173

2 Chronik 1,3 2,1 – 15 2,3 f 6,32 f 9,1 – 12 9,1 12,13 13,12 20,7 20,9 20,13 23,14 24,9 29,5.16 30,10 f 32,17 33,8 35,7 f 36,15 f 36,19 36,22 f 36,23

275 94 96 72 325 326 94 43 118 284 64 271, 281 275 271 247 38 361 319 295 203 351 41

Judith (LXX) 3,8 8,16 9,4 11,7 11,19 14,10

65, 198, 316, 354 336 190 228 192 290, 291

Tobit (LXX) 1,1 1,3 – 9 1,10 1,17 2,12.13 5,17 11,4 13,5

80, 240 289 289 289 318 192 192 315

463

464

Stellenregister (in Auswahl)

13,11 13,13 14,5 f

257, 284 159, 160, 284 162

1 Makkabäer (LXX) 1,15 1,41 – 43 1,42 2,18 2,29 – 38 2,40 f 4,24 5,15 5,23 5,38 12,21

291 65 198, 316, 354 65, 198, 354 247 247 139 183, 243, 247 247 354 108, 117

2 Makkabäer (LXX) 4,12 7,37 f 17,21 f 18,4

291 333 333 333

4 Makkabäer (LXX) 5,1 – 38 5,20 f 6,17.22 7,19 8,27 – 9,9 13,12 16,20 16,24 f 16,25 17,21 f 18,10.15 18,11 18,23

289 303 116 132 289 112, 113 112, 113, 116, 121 196 132 339 140 113 196

Psalmen Salomos (LXX) 4,2 325 5,9 108 9,9 116, 123 11 138 11,1 166 11,2 – 4 138 11,2 136, 137, 138 13,9 190

17 17,21 17,27 17,31 17,40 18,3

138, 189, 341 111 190 69, 159, 165 71 116, 123, 190

Sapientia Salomonis (LXX) 3,7 f 35, 325 4,16 325, 326 4,20 41, 327 5,1 – 23 218, 220 5,6 245 9,7 190 12,7.19.20.21 190 16,10.26 190 16,21 190 18,4 190, 235, 257, 264 18,9 140 18,13 190 19,6 190 Ben Sira (LXX) 1,7 – 10 7,33 – 35 13,18 17 17,1 – 14 17,1 – 10 17,11 17,12 17,30 26,16 f 26,25 42,17 44 44,18 44,19 – 23 44,19 44,20 44,21 46,1 50,18

16 321 192 258 60 60 60 46 336 245 192 325 109 46 118 108, 117 124 108 285 140

1 Baruch (LXX) 1,1 1,2

80 203

Stellenregister (in Auswahl)

4,25 4,37 5,5

40 166 166

Susanna (LXX) 1,41.48.53TH 1,53LXX

325 325

Matthäus 1 1–2 1,1 – 4,16 1,1 – 17 1,1 f 1,1

1,2 – 4,16 1,2 – 2,23 1,2 – 25 1,2 – 17

1,2 1,3 1,5 1,6 1,7 1,15 1,16 1,17 1,18 – 25 1,18 – 23 1,18 1,20 f 1,21 – 23 1,21

1,22 f 1,22

1,23

2,1 – 12

106 92, 257 79 79, 82, 216, 351, 376 117 31, 78, 79 – 92, 93, 105, 109, 110 – 121, 127, 150, 153, 154, 155, 164, 187, 219, 251, 281, 285, 287, 359, 363, 365, 368, 373, 376 79, 81 79 79 31, 78, 79, 82, 90, 91, 93 – 105, 106, 164, 251, 281, 365, 368 93, 94, 109, 110 – 121, 117, 118, 127, 127, 363 93 93, 102, 186 93, 97, 187 103 118 93, 99, 114, 118 93, 109, 110 – 121 79 7 114, 79, 80, 92 114 212 9, 95, 114, 147, 171, 216, 219, 220, 221, 222, 252, 255, 288, 310, 335, 343, 347, 358, 372, 373 5, 17, 305 286, 341

2,1 – 10 2,1 2,2 2,3 2,4 – 6 2,5 2,6 2,8 2,9 2,11 2,12 2,14 2,15 2,16 – 18 2,17 f 2,17 2,22 f 2,22 2,23 3,1 f 3,1 3,2 f 3,2 3,3 3,5 3,6 3,7 – 10 3,7 f 3,7 3,9

3,10 3,15 3,16 3,17 4,1 – 11 4,3 f

465

285, 17, 163, 167, 172, 174, 177, 256, 286, 288, 332, 343, 358, 359, 363, 369 30, 31, 135,156 – 164, 165, 167, 172, 174, 177, 245, 262, 283, 300, 346, 363, 369, 376, 378 365 81, 157, 162, 232 157, 158, 160, 178, 232, 256 206 300 17 252, 368 160, 163 256 159, 160, 188, 237, 360 183 183 5, 17, 305, 341 163 5, 17 341 236 183, 236 5, 17, 236, 341, 342 212 81 121 171 15, 332 121 127 121 130 121 109, 121 – 130, 148, 149, 150, 152, 153, 154, 173, 195, 205, 205, 368 122, 125, 130 305 92 22, 114, 266, 344 236, 301, 344 191

466

4,3 4,4 4,6 4,7.10 4,8 f 4,8 4,12 – 16 4,12 4,13 4,14 – 16 4,14 4,15 f

4,15 4,16

4,17 4,18 – 10,4 4,18 – 22 4,20 4,22 4,23 – 25 4,23 4,24 – 5,1 4,24 f 4,25 5,1 f 5,1 5,2 5,3 – 7,27 5–7 5,5 5,9 5,12 5,13 – 15 5,13 – 16 5,13 5,14 5,14 – 16 5,15

Stellenregister (in Auswahl)

127, 344 17, 19 17, 344 17 175, 360, 373 360 235, 348, 357, 365 183, 236, 370 236 5, 17, 305 15, 236, 332, 341 23, 235 – 258, 265, 281, 287, 288, 309, 310, 353, 370, 371, 372, 374 240 – 243, 248 139, 241, 243 – 245, 253, 254, 256, 257, 258, 264, 292, 311, 371, 379 81, 171, 249, 299, 328, 349, 361, 370, 371 12 249, 266 134, 266 266 231, 249 137, 250, 252 363 137 127, 134, 137, 181, 248, 259, 266 176 176, 360, 361 176 361 134, 137, 175, 262, 328, 373 259 148 204, 213 263 235, 251, 258, 259 – 265, 310, 348, 365, 371, 374 259, 260, 261, 265 261 265, 294 264

5,16 5,17 – 19 5,17 – 20 5,17 – 7,12 5,17

5,18 5,19 5,20 5,21 – 48 5,21 f 5,23 f 5,33 5,38 f 5,39 5,45 5,48 6,1 6,14 6,23 6,26 – 30 7,1 – 5 7,12 7,13 – 27 7,13 f 7,13 7,16 – 20 7,17 – 19 7,17 f 7,19 7,21 – 27 7,21 – 23 7,21 7,22 7,24 – 27 7,24 f 7,26 7,28 f 7,29 8f 8,1 – 9,35 8,1 – 10 8,1 8,2

123, 257, 263, 264, 265, 284, 311, 377 216 79, 294, 305 264 15, 257, 264, 288, 294, 295, 304, 305, 306, 307, 308, 375 15, 16, 291, 292, 293, 294 292, 296, 301, 305, 307, 375 208, 300, 305 293, 294, 300 17, 276 292 163 293 217 206, 257 304 264 148 264 324 312 15, 294, 295, 308, 321 209 207 133 123 323 319 123, 130, 317 313, 317, 319 123, 148, 318, 208 153, 362 133, 285 231, 313, 340, 361 261 324 171, 176 135, 351, 361 250 249 324 134, 137, 360 187

Stellenregister (in Auswahl)

8,5 – 13

8,5 8,6 8,7 8,8 f 8,8 8,9 8,10 8,11 f

8,11

8,12 8,16 f 8,16 8,17 8,20 8,21 8,23 – 26 8,25 8,26 8,28 – 34 8,29 8,33 9 9,2 – 8 9,4 9,6 9,8 9,9 – 13 9,13 9,15 9,16 f

131, 137, 182, 199, 249, 258, 307, 346, 349, 370, 376 134 187 134 349 92, 134, 139, 187 134 134, 137, 147, 194, 199, 306 31, 109, 121, 130 – 148, 131, 132, 134, 136, 137, 138, 141, 147, 150, 151, 165 – 168, 182, 197, 199, 206, 210, 211, 232, 346 109, 128, 130 – 148, 152, 153, 154, 156, 165 – 168, 177, 180, 196 – 200, 197, 198, 199, 200, 201, 206, 207, 211, 219, 221, 222, 223, 232, 244, 289, 332, 335, 370, 373, 376, 379 148 – 152, 197, 199, 209, 255, 312, 318, 322 266 134, 231 5, 15, 17, 217, 237, 305, 332, 341 336 187 324 187 139 182, 249, 258 344 266 347 95, 217 163 135, 336, 351 135, 351 298 17, 95, 173, 296, 298, 299, 300 200 324

9,27 f 9,27 9,28 9,33 9,35 9,36 – 11,1 9,36 10 10,1 – 6 10,1 10,5 – 28,17 10,5 f 10,5 10,6 – 8 10,6 10,7 10,15 10,18 10,22 f 10,23 10,32.33 11,1 11,2 11,2 – 6 11,4 11,5 11,12 11,9 11,13 11,19 11,20 – 24 11,20 f 11,21 – 24 11,21 f 11,21 11,22 11,23 11,24 11,25 – 27 11,25 11,28 – 30 11,30 12 12,1 – 8 12,3 f 12,5

467

135 92, 187 187 137 175, 231, 250 356 163, 231, 232 259, 274, 355 127 135, 351 12 2, 3, 90, 182, 347, 354, 355, 356, 361, 366, 374 9, 10, 353 356 9, 10, 181, 204, 232 171, 361 260, 276 355 355 336, 355 345 175 187, 328 187 266 187, 232 184 328 15, 294, 295, 296 328, 336 184, 231, 277 248 327 163 183, 184, 231, 324 276 184, 231 260, 276, 324 345 213 304, 328 213 5 298, 300, 304, 305 298 15, 294, 298

468

12,6 12,7 12,8 12,9 – 14 12,13 12,14 12,15 – 21 12,15 12,16 12,17 – 21 12,17 12,18 – 21

12,18 – 20 12,18

12,19 – 20 12,20 f 12,20

12,21

12,22 – 37 12,23 f 12,23 12,28 12,33 12,34 – 36 12,36 12,38 – 42 12,38 12,39 – 41 12,39 f 12,39 12,40 12,41 f 12,41 12,42 12,50

Stellenregister (in Auswahl)

299 173, 294, 296, 300 304 298, 321 156 11, 183, 265, 280, 371 235, 257, 265 – 288 137, 183, 265, 266, 371 266 5, 7, 17, 305 15, 332, 341 18, 21, 23, 176, 189, 221, 222, 237, 245, 257, 258, 265, 266, 268 – 288, 309, 310, 311, 316, 336, 339, 343, 348, 349, 353, 358, 365, 371, 372 306 114, 267, 268, 270, 274 – 279, 280, 281, 306, 311, 336, 348, 372, 374 280 335 189, 267, 268, 269, 270 – 272, 277, 280 – 282, 287, 306, 336, 349, 372 221, 267, 268, 273 – 274, 276, 282 – 288, 310, 322, 358, 362, 372 266 188 135, 187, 275 299 319 323 276, 324 266 323 348 323, 347 328 323, 336 276, 277, 299, 312, 323 – 329 299, 323, 324, 327 157, 299, 324, 327, 328 125, 130, 153, 368

13 13,1 – 9 13,2 13,6 13,8 13,13 – 15 13,14 13,18 – 23 13,24 – 30 13,24 13,27 13,30 13,31 f 13,31 13,32 13,33 13,35 13,36 – 43 13,36 13,37 – 43 13,37 13,38 – 40 13,38 13,40 f 13,40 13,41 – 43 13,41 13,42 13,43 13,44 13,47 – 50 13,47 f 13,47 13,49 13,50 13,54 14,13 – 21 14,13 14,16 14,19 14,28.30 14,33 15,1 – 20 15,3 15,6 15,7

318 233 137 257 123 19 15, 332 233 130, 227, 233 200, 226, 231 226 315 225 – 234, 376 226, 227, 231 232, 233 231 5, 15, 17, 304, 305 209, 227, 233, 318 226 317 336 323 149, 150, 151, 226, 227, 318 359 318 150 315, 318, 336 151, 209 149, 197 261 209, 317 312, 319 233 323 151, 209 175 180, 191, 193, 253 183 194 194, 196 187 344, 345 182, 298 295, 345 295 15, 17

Stellenregister (in Auswahl)

15,11 15,13 f 15,15 – 19 15,17 15,21 – 28

15,21 15,22 15,23 15,24

15,25 15,26 15,27 15,28 15,29 – 39 15,29 – 31 15,29 15,30 15,32 – 39 15,36 16,1 – 4 16,13 16,16 16,17 16,18 16,18 f 16,21 16,22 16,22 f 16,27 16,28 16,4 17,1 17,12 17,14 – 20 17,15 17,2 17,22 17,22 f 17,5 17,9

293 205 321 332 105, 111, 135, 158, 162, 180, 181 – 196, 222, 223, 249, 250, 258, 307, 324, 346, 363, 365, 370, 376, 376, 378, 379 183, 184, 188 182, 187, 188, 194 188 2, 9, 90, 111, 160, 162, 181, 185, 188, 189, 195, 232, 250, 347, 356, 366, 368 188, 194 189, 190 189, 194 194, 306 195, 253 181 360 137 180, 191 194 347 336 344, 346, 348 324, 345, 348 9, 128, 261, 348 292 115, 339, 341 187 115 312, 314, 317, 355 336, 355 324, 348 360 336 307 187 256, 318 336, 337 339 114, 266, 344 336

18,5 18,15 – 35 18,15 – 18 18,16 18,17 18,19 f 18,19 18,20 18,21 f 18,23 – 35 18,23 18,35 19,1 19,16 – 21 19,16 – 22 19,17 19,2 19,21 19,26 19,28 19,30 20,18 20,18 f 20,28

20,29 – 34 20,30.31 21,1 – 17 21,1 21,4 f 21,5 21,9 21,10 f 21,11 21,12 – 16 21,12 f 21,12 21,13 21,14 – 17 21,14 21,17 f 21,23 – 22,46 21,23 21,28 – 31

469

286 148 312 344 4 328 345 174, 178, 285, 286, 369 312 317 200 312 248, 250 296 306, 307, 321, 375 296 137 296 163 92, 127, 231, 312, 313, 314, 315, 320, 327, 336 133 325, 336, 337 339 130, 133, 217, 315, 331 – 339, 343, 344, 347, 364, 365, 373 307, 336 187 170 163 5, 17, 305 19, 21, 162, 163, 214 135, 320 206 344 168 169 163, 168, 173 18, 30, 163,168 – 174, 177, 262, 332, 369, 376, 379 173 170 215 173 135, 175, 200, 340 208

470

21,30 21,31 21,33 21,35 21,37 – 39 21,37 21,38 f 21,42 21,43 21,45 22,1 – 14

22,1 – 10 22,1 – 7 22,1 22,2 22,3 22,4 22,5 – 7 22,5 22,6 22,7 22,8 – 10 22,8 22,9 22,10 22,11 – 14 22,11 – 13 22,11 22,12 22,13 22,14 22,29 22,32 22,34 – 40 22,36 – 40 22,36 22,39 22,40 22,42 – 45 23 23,1 f 23,2 – 4 23,2 f

Stellenregister (in Auswahl)

201, 206 205 201, 332 205 345 114, 200 205 14, 17, 201, 342 9, 10, 12, 119, 123, 129, 149, 205, 227, 353 200, 206 123, 180, 200 – 210, 211, 222, 223, 312, 355, 370, 376 207 149 200 200 201 201, 202 206 202, 205 202 202 9 204 206 204, 206, 209 148, 209, 317, 329 209, 362 205 208 149, 151, 209, 255 207, 219, 221 14, 342 109, 131 29 296, 304, 321 15, 294, 302 302 15, 294, 295, 297, 302, 308 345 129 160 363 292, 305

23,8 23,15 23,21 23,23

23,25 f 23,27 23,29 – 33 23,31 23,33 23,34 – 38 23,34 23,35 23,36 23,38 23,39 24 – 25 24,1 24,3 – 25,30 24,3 24,5 24,9 – 23 24,9 – 14 24,9 24,10 24,14 24,15 – 22 24,15 24,22 24,24 24,27 24,29 – 31 24,29 24,30 f 24,30 24,31 24,32 24,36 24,37 24,39 24,40 – 42 24,40.41 24,44 24,50

213 265, 292, 358, 375 173 163, 173, 276, 277, 278, 292, 294, 296, 300, 301, 304, 306, 307, 332, 375 298 190, 191 206 150 276 355 204 163 132 172 211, 320 313 172 313 317 133 148 355 316, 354, 356 133 176, 249, 316, 349, 354, 355, 356, 359, 361, 362 315 19, 174, 231 204 132, 204, 209 135, 336, 355 204 332 350 163, 204, 231, 314, 336, 337, 345, 355 163, 209, 315, 317, 359 317 163 332, 336, 355 336, 355 324 231 336, 355 132

Stellenregister (in Auswahl)

24,51 25 25,1 – 13 25,2 25,23 25,6 – 8 25,24 25,30 25,31 – 46

25,31 25,32 f 25,32 25,33 – 40 25,33 25,34 – 40 25,34 25,35 – 46 25,35 f 25,35 25,37 – 39 25,37 25,40 25,41 – 45 25,41 25,44 25,45 25,46 26,1 26,2 26,6 26,13 26,14 – 16 26,15 26,24 26,26 – 46 26,26 – 29 26,26 – 28 26,27 f

151, 209 313, 321 201, 209, 231, 313 324 148 199 148 149, 151, 209, 255 4, 130, 208, 221, 231, 257, 277, 284, 285, 287, 288, 289, 296, 307, 308, 312, 313 – 322, 323, 325, 327, 330, 345, 354, 365, 371, 374 163, 231, 312, 313, 314, 315, 318, 336 319 231, 315, 318, 322, 354, 359 148 318 321 209, 320 307 321 231 208 313 307, 321 321 320 313 321 231, 318 339 336, 337, 339 217 176, 359, 361 348 163 331, 337, 339 – 343, 350, 365, 372 114 210 – 222 180, 210, 212, 216, 222, 223, 370, 376 212, 375

26,28

26,29

26,31 26,45 26,46 – 56 26,46 26,47 26,53 – 56 26,54 26,55 26,56 26,63 26,64 27,3 – 10 27,3 f 27,3 27,9 f 27,9 27,11 27,25 27,27 – 31 27,29 27,35 27,36 27,37 27,39 27,40 27,41 27,42 27,43 27,45 27,46 27,51 – 53 27,52 27,53 27,54

471

31, 95, 130, 133, 148, 171, 175, 178, 212, 213, 214, 215, 216, 217, 218, 220, 222, 322, 331 – 339, 343, 344, 347, 364, 365, 372, 373, 377 180, 210, 211, 212, 221, 222, 223, 358, 360, 369, 370, 376 21, 163, 214, 341 171, 336, 337 340 14, 209, 340 340 340 14, 15, 16, 331, 339 – 343, 365, 372 175 15, 16, 163, 331, 339 – 343, 365, 372 345 163, 211, 220, 231, 314, 336, 337, 355 348 348 325 5, 17, 163, 215 150, 348 158 12, 202 344 158 346 344 158, 220, 344 346 344, 346 346 158, 346 344, 346 254 346 163 231 9 158, 331, 344 – 347, 348, 365

472

27,63 28 28,1 – 11 28,1 28,3 28,8 28,9 28,10 28,16 – 20

Stellenregister (in Auswahl)

28,28

324 106, 251, 259, 359 9 266 318 270 160 266 9, 164, 262, 331, 348, 351, 360 251, 373 160 31, 92, 135, 164, 172, 174, 176, 178, 204, 222, 257, 258, 283, 288, 291, 306, 310, 323, 347 – 364, 365 92, 135, 175, 211, 220, 231, 281, 314, 315, 349, 356, 357, 360, 361, 373 2, 3, 10, 104, 119, 128, 129, 176, 182, 196, 217, 234, 251, 274, 283, 285, 286, 287, 308, 313, 316, 317, 321, 322 189, 311, 314, 315, 316, 322, 347, 352, 354, 359, 363 163, 171, 174, 177, 211, 212, 214, 265, 274, 284, 288, 291, 292, 349, 350, 355, 358, 360, 361, 362, 363, 366, 369, 371, 372, 373, 374, 375, 379 341

Markus 1,1 1,4 2,23 – 28 2,27 3,7 – 12 4,12 4,30 – 32 4,31 f 4,31 4,32 4,35 – 41

82 212 298 298 265 19 227 226 226 226, 229 139

28,16 28,17 28,18 – 20

28,18

28,19 f

28,19

28,20

6,32 – 44 6,39 7,19 7,26 7,27 7,28 7,31 – 8,10 7,31 8,3 9,23 f 9,23 10,31 10,33 10,45 10,52 11,2 11,17 12,6 12,20 12,31 13,6 13,13 13,14 14,24 14,49 14,64 15,34 16,16

253 196 182 183, 193 181, 193 194 253 180 132, 181 194 307 133 325 133, 331, 333 194, 307 19 168, 174 114 14 302 133 361 19 133, 216, 217, 218 341 325 139 325

Lukas 1 1,55.73 1,72 – 74 2,7 2,39 3,8.34 3,23 – 38 3,34 3,38 4,4 4,6 4,16 – 30 6,17 – 19 4,17 6,31 7,1 – 10 8,16

82 109 125 196 237 109 117 118 82 19 349 185 265 141 294 441 262

Stellenregister (in Auswahl)

11,29 – 32 11,30 11,31 f 11,42 12,37 13 13,19 13,22 – 30 13,23 13,25 13,28 f 13,28 13,29 13,30 14,15 – 24 14,21 – 23 16,23 – 30 19,9 20,42 21,8 22,20 22,27 23,46 24,44

323 323 325 276 196 133 226 414 133 133 138, 141 109 133, 196 133 207 206 109 112 139 133 133, 215 133 139 16

Johannes 1,1 6,25 – 59 6,35 6,48 7,33 8,10 f 8,14.21 f 8,39 13,33.36 13,34 14,4.28 16,5.10.17

82 141 190, 191 191 340 325 340 125 340 361 340 340

Apostelgeschichte 1,20 3,25 7,2 7,11 8,9 – 24 13,6 – 11 13,17 – 41

139 118 116 185 157 157 141

13,19 13,33 15

185 139 292

Römer 2,1 4,1 4,9 – 12 4,11 f.16 – 18 4,12 8,3 8,34 11,25 f 13,9 13,10 14,23

325 109 120 109 125, 129 325 325 124 303 303 325

1 Korinther 7,18 11,25 11,32 14,26

291 215 325 140

2 Korinther 9,9

139

Galater 2,1 – 10 3 3,7 3,8 3,14 3,16 3,29 4,21 – 31

292 109 125 54, 109, 118 109 129 109, 125, 129 129

Epheser 5,19

141

Kolosser 3,16

141

1 Thessalonicher 1,9

350

Hebräer 2,16

109

473

474

Stellenregister (in Auswahl)

6,13 9,19 – 22 11 11,7 11,31

109 215 109 325 96

Jakobus 2,21

109, 125

2,23 2,25

109 96

1 Petrus 3,6

109

2 Petrus 1,19 2,6

245 325

Altorientalische Quellen Gilgameš-Epos 56 f Gilgameš und Enkidu 56 Mythos vom Pestgott Ira 56

Kyroszylinder 41 EST 320 Sfire-Inschriften 320

Weitere frühjüdische Quellen Apokalypse Abrahams 1–8 108 Aristeasbrief 139 – 142

289

2 Baruch (Griechischer Baruch) 4,8 362 7,1 – 8,2 172 7 173 17,4 235, 255, 264 18,1 254 24,1 41, 327 29,3 f 180, 199 40,1 41, 327 44,15 207 48,47 41, 327 57,2 117 59,2 235, 255, 264 64,4 – 6 172 77,13 – 16 235, 255, 264 4 Esra 1,1 – 3 6,58 7,35 7,47 8 8,1 – 3

80 60 41, 327 207 207 207

12,32 3,13 – 16 3,13 – 15

111 121 116

1 Henoch (Äthiopischer Henoch) 10,21 72 11,1 56 37 – 71 337 38,2 340 46 337 46,4 f 218 46,14 f 220 47,2 325 48,4 257 48,8 218, 220 53,1 56, 159 55,4 218, 220 57,1 166 62 f 337 62,1.3.6.9 220 62,2 – 16 313 62,5 219 62,14 179, 199, 223 62,15 f 208 63,1 – 11 220 69 337 69,27 – 29 313 71,14 337 89,56 172

Stellenregister (in Auswahl)

90 90,2 90,3 90,4 90,18 f 90,20 – 27 90,30 90,33 90,37 f 92 – 104 95,3 96,1 96,4 96,4.7 97,3 – 5 97,4 98,12

228 228, 319 228 319 228 313 228 228, 233 228 327 325 325 327 41 41 327 325

2 Henoch (Slavischer Henoch) 9f 307, 321 10,2 321 42,5 179, 196, 197, 223 3 Henoch (Hebräischer Henoch) 48,10 180 Joseph und Aseneth 8,5.9 191 8,9 63 15,5 191 15,7 63, 225, 226 16,16 191 19,5 191 21,4 63, 190 21,21 191 Josephus De Bello Judaico 2,192 – 203 2,232 – 235 2,454 2,456 f 2,495 2,510 2,539 3,35 – 39 4,104 f

246 246 290 247 186 246 172 186 186, 246

5,412 172 6,299 172 Antiquitates Judaicae 1,155 – 157 108 1,161 – 168 120 1,191 – 345 112 1,220 f 108 1,227.232 113 1,227 113 1,238 – 241 108 1,240 f 108 1,305 240 2,181 240 5,7 96 5,8 – 15.26.30 93 5,30 101 5,91.201 240 5,330 97 6,242 – 244 298 7,58 240 8,76 240 8,165 – 175 324 8,191 f 36 10,124 325 12,274 247 13,318 f 247 13,337 247 13,396 186 18,153 186 19,299 – 311 246 20,38 290 20,34 – 43 290 20,45 290 20,118 – 136 246 20,142 157 20,146 291 20,166 172, 173 Contra Apionem 1,39 – 41 15 1,70 184 1,172 354 2,137 291 2,209 f 308 Vita Josephi 213 186

475

476

Jubiläenbuch 1,1 1,12 1,24 f 2,20 3,28 8,20 – 30 10,22 11,16 f 12,1 – 21 12,6 – 7 12,23 12,24 13,16 13,25 15,1 15,6 15,7 15,11 – 14 15,14.24 – 24 15,15 – 40 15,22 15,25 – 28 15,30 15,33 f 16,15 16,21 17,15 – 19,1 17,15 17,17 18,16 18,18 f 18,19 19,15 – 19 20,4 – 8 20,4 20,9 f 20,10 20,11 21,5 21,25 22,10.27 22,20 24,1 24,11 24,29 25,1 – 5.9

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124 295 190 190 74 116 74 108 108 108 108 116, 121 114 124 117, 124 117 108 117 289 112 116 116 109, 116 291 113 117, 124 114 113 124 108 113 124 116 36 185 56 116 116 117 116 116 185 116 108 325 185

27,8 27,10 30,13 f 41 41,1 – 3 41,2 41,17 41,19 41,28 49,2.22 50,12

185 185 36 96 36 102 96 96 96 113 247

Philo De Abrahamo 1 82 68 – 84 108 De virtutibus 119 308 175 308 211 – 219 108 212 – 219 124 220 – 222 101 222 96 De decalogo 18 f.154 – 175 303 154 303 De specialibus legibus 1 293 1,1 – 11 289 1,1 f 291, 303 1,2 290 1,7 290 1,68 f 141 2 293 3,29 36 Legum allegoriae III 74 96 162.169.173 191 De sacrificiis Abelis et Caini 118 334 121 334 De posteritate Caini 127 82 Quod deus sit immutabilis 136 f 96 De migratione Abrahami 89 – 93 290, 293

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93 290 De congressu eruditionis gratia 124 – 126 96 173 f 191 De fuga et inventione 137 191 149 – 156 96 De mutatione nominum 121 285 134 – 136 96 134 99 259 f 191 Quaestiones in Exodum I-II 2,2 290 De vita contemplativa 25 16, 140 28 140 Hypothetika 7,9 303 Quod omnis probus liber sit 81 f 140 De aeternitate 19 82 Psalmen Salomos 4,2 5,9 9,9 11 11,1 11,2 – 4 11,2 13,9 17 17,21 17,27 17,31 17,40 18,3

325 108 116, 123 138 166 138 136, 137, 138 190 138, 189, 341 111 190 69, 159, 165 71 116, 123, 190

Pseudo-Eupolemos Frg. 1 108 Pseudo Philo: De Jona 103 – 107 328 111 – 157 328

477

Pseudo-Philo: Liber Antiquitatum Biblicarum 1,1 82 4,6 185 6,1 – 7,4 108 6,3 108 7,4 108 8,3 f 112 9 99 9,5 96, 99 11,1 f 235, 264 18,5 112, 113, 114 23,4 127 25,11 185 32,1 – 4 112, 114 32,3 115 32,16 190 40,3 112 Sibyllinische Orakel 3 290 3,702 190 3,771 f 159 3,772 f 69 4 290 5 291 Testament Abrahams 4,1 114 Testamente der zwölf Patriarchen Testament Simeons 7,1 245 Testament Levis 4,6 108 8,14 f 110, 111, 132, 196 9,10 36 13,1 303 14,3 f 235, 257, 264 18,3 158 19,1 235, 255, 264 Testament Judas 8,2 f 101 10,1 – 6 96 10,1 f 102, 185 10,6 96 11,3 – 5 36 12,8 96

478

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13,3 13,4 – 7 14,5 14,6 23,5 24,1 24,3 25,1 25,3 25,5 26,1 Testament Sebulons 6,1 – 7,4 9,8 Testament Gads 3,1 Testament Assers 2,1 – 10 4,2 – 5 Testament Josefs 1,5 – 7

101 185 96 36, 185 303 158 190 132, 196 74 72 303 321 255 303 303 303 307, 321

Testament Moses 1,1 81 1,10 362 10,3 190 Theodotus der Epiker Frg. 4,4 – 7 289 Qumran Damaskus-Dokument (CD) A ii,11 – 13 295 A iii,1 – 4 124 A iii,2 – 4 117 A v,5 97 A v,21 – 6,1 295 A vii,18 – 21 158 A xi,20 – 21 17 A xvi,4 – 6 124

Hodayot (1QHa) IX,31 – 36 XI,15 XII,5 f.23 XII,26 XIII,36 – 40 XIX,26 – 30 Milchama (1QM) VII,7 – 18 XI,5 – 7 Weitere Qumrantexte 1QIsaa 1QIsaa 42,3 1QHab iii,2 1Q16 1Q28b V,20 – 29

72 141 235 271 f 146 72 43 158 334 271 273 139 43

2Q I,9

138

4Q161 8 – 9 4Q171 4Q173 4Q174 3 – 11 4Q175 10 – 12 4Q225 4Q252 V frg. 6 4Q270 frg 7 i,19 4Q285 frg. 7 4Q286 4Q287 4Q374 frg. 2 ii,9 4Q418b frg. 1,3 4Q429 frg. 1 ii,5 4Q450/51 4Q504 IV,8 – 13 4QIsaa 42,1 4QIsaa 42,4 4QIsah frg. 1 f 4QS MS A frg. 1

111 139 139 111 158 112 111 17 111 72 72 141 141 141 219 43, 69 270 60, 273 282 81

Rabbinische Quellen Targumim zu folgenden Bibelstellen Gen 38 96 Ex 24,8 213 Jes 2,5 255

Jes 9,1 Jes 42,1 – 7 Jes 42,1 Jes 42,3

256 267 270 334

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Jes 42,7 Jes 53 Ez 17 Ez 17,23 Ez 31 Ez 31,6 Ps 89,16 Hiob 29,3

255 218 227 230 227 230 255 255

Pirque de Rabbi Eliezer 29 191 31 113 Babylonischer Talmud bBer 63a 302 bShab 31a 302

Weitere christliche Quellen Didache 1,2 6,2 7,1

295 304, 308 287

Eusebius von Caesarea Onomasticon 72,18 251 Praeparatio Evangelica IX 22,4 – 7 289

Iustin Dialog mit Tryphon 20,1

82

1 Klemens 12,1.3

96

Martin Luther WA 32,343 WA 44,327

260 100

Pagane Quellen Martial Epigrammata VII 82

291

Petronius Satyricon 68,8

291

Strabon Geographica XVI 2,35 – 37 XVI 2,37

290 291

Tacitus Historien V 5,2

291

479