Angewandte Differentialgleichungen: Band 4 Wärmetransporte 9783110684469, 9783110684452

Dieses 6-bändige Werk befasst sich mit den Anwendung von Differentialgleichungen in diversen Bereichen der Physik, Ingen

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Angewandte Differentialgleichungen: Band 4 Wärmetransporte
 9783110684469, 9783110684452

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Adriano Oprandi Angewandte Differentialgleichungen De Gruyter Studium

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Adriano Oprandi

Angewandte Differential­ gleichungen | Band 4: Wärmetransporte

Mathematics Subject Classification 2010 65L10 Author Adriano Oprandi Bartenheimerstr. 10 4055 Basel Schweiz [email protected]

ISBN 978-3-11-068445-2 e-ISBN (PDF) 978-3-11-068446-9 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-068474-2 Library of Congress Control Number: 2020938222 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Umschlaggestaltung: dianaarturovna / iStock / Getty Images Plus Satz: le-tex publishing services GmbH, Leipzig Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com

Inhalt 1

Wärmeübertragung durch Konvektion | 1

2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5

Wärmeleitung | 3 Wärmeleitung in der Platte | 3 Wärmeleitung im Zylinder | 4 Wärmeleitung in der Kugel | 4 Kombination von Konvektion und Wärmeleitung | 6 Wärmeleitung zwischen den Oberflächen zweier Körper | 9

3 3.1 3.2 3.3

Die Wärmeleitungsgleichung ohne innere Wärmequellen | 17 Stationäre Temperaturverteilung | 19 Instationäre Temperaturverteilung | 21 Instationäre Lösung für die Platte | 24 Randbedingung 1. Art | 24 Randbedingung 3. Art | 27 Instationäre Lösung für die Kugel | 31 Randbedingung 1. Art | 33 Randbedingung 3. Art | 34 Instationäre Lösung für den Zylinder | 35 Randbedingung 1. Art | 40 Randbedingung 3. Art | 44 Randbedingung 2. Art | 45 Instationäre Lösung für die Platte | 46 Instationäre Lösung für den Zylinder | 48 Instationäre Lösung für die Kugel | 50 Instationäre Lösungen bei einem nichtkonstanten Anfangstemperaturverlauf | 54

3.4

3.5

3.6 3.7 3.8 3.9 3.10

4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 4.8 4.9

Näherungslösungen, zwei Ersatzmodelle | 60 Grenzwerte der Reihenlösung | 60 Erstes Glied der Reihenlösung für die Platte | 62 Erstes Glied der Reihenlösung für den Zylinder | 64 Erstes Glied der Reihenlösung für die Kugel | 64 Der ideal gerührte Behälter | 65 Der ideal gerührte Behälter für die Platte | 66 Der ideal gerührte Behälter für den Zylinder | 67 Der ideal gerührte Behälter für die Kugel | 68 Der halbunendliche Körper | 68

VI | Inhalt

4.10

4.11 4.12

4.13 4.14 4.15 4.16

Der halbunendliche Körper für die Platte | 73 Randbedingung 1. Art | 73 Randbedingung 2. Art | 75 Randbedingung 3. Art | 77 Der halbunendliche Körper für den Zylinder und die Kugel | 83 Überlagerung zweier halbunendlicher Körper | 84 Randbedingung 1. Art | 85 Randbedingung 2. Art | 86 Randbedingung 3. Art | 87 Asymmetrische Temperaturverteilung | 87 Änderung der Umgebungstemperatur | 89 Lineare Änderung der Umgebungstemperatur | 89 Periodische Änderung der Umgebungstemperatur | 90

5 5.1 5.2

Die Wärmeleitungsgleichung mit innerer Wärmequelle | 93 Stationäre Wärmeleitung mit innerer Wärmequelle | 97 Sonneneinstrahlung und innere Wärmequelle | 100

6 6.1 6.2

Zweidimensionale stationäre Wärmeleitung | 103 Die Lösung der Laplace-Gleichung für das Rechteck | 103 Die Lösung der Laplace-Gleichung für den Kreis | 105

7 7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6 7.7

Wärmeübertragung | 108 Stationäre Lösung | 108 Wärmeüberträger, Nusselt-Zahl | 112 Die Reynolds-Zahl | 113 Der hydraulische Durchmesser | 114 Die Prandtl-Zahl | 115 Abhängigkeit der Nusselt-Zahl bei durchströmten Rohren | 116 Einfluss- und Korrekturfaktoren | 117 Die Richtung des Wärmestroms | 117 Die Rohrlänge | 118 Der Ringspalt | 118 Die Rohrreibung | 118 Näherungsweise Bestimmung der Nusselt-Zahl | 119 Laminare Strömung (nach Gnielinski) | 119 Turbulente Strömung (nach Gnielinski) | 119 Laminar-turbulenter Übergangsbereich (nach Gnielinski) | 119 Fluid in Rohrbögen | 119 Eigentliche Wärmeüberträger | 123 Wärmeübertragung mit Berücksichtigung des Wärmeverlusts | 131

7.8

7.9 7.10 7.11

Inhalt |

8 8.1 8.2 8.3 8.4 8.5 9 9.1 9.2 9.3 9.4

VII

Wärmestrahlung | 134 Strahlungsdruck und Strahlungsdichte | 134 Zustandsgröße und vollständiges Differenzial | 135 Das Stefan-Boltzmann-Gesetz | 139 Wärmekapazität bei konstantem Druck und konstantem Volumen | 142 Strahlungsübertragung | 145 Die Fouriersche Differenzialgleichung bei Wärmestrahlung | 152 Ideal gerührter Behälter bei Wärmestrahlung | 152 Die Näherungslösung der Fourierschen DGL bei Wärmestrahlung | 153 Ideal gerührter Behälter bei Konvektion und Wärmestrahlung | 155 Ideal gerührter Behälter bei Konvektion und Wärmestrahlung und konstanter Wärmequelle | 158

Übungen | 161 Weiterführende Literatur | 169 Stichwortverzeichnis | 171

1 Wärmeübertragung durch Konvektion In der Natur findet ein ständiger Temperaturunterschiedsausgleich statt. Stets haben wir einen Transport von Wärme von Stellen höherer Temperatur zu solchen niedrige­ rer. Im Gegensatz dazu sind Lebewesen im Allgemeinen bestrebt, Wärme zu speichern. Wärmeübertragung kann auf drei Arten vor sich gehen: durch Leitung, Konvektion oder Strahlung.

Konvektion Diese Art des Wärmetransports (Massentransports) beruht auf der Bewegung eines warmen Trägers. Dieser kann fest, flüssig oder gasförmig sein. Beispiele sind die für das Klima auf der Erde lebenswichtigen Wind- und Meeresströmungen (Passatwinde, Golfstrom). Bei Flüssigkeiten und Gasen tritt die Konvektion von selbst ein. Die erwärmten Ge­ biete sind spezifisch leichter und steigen in die Höhe. Diese Art der Konvektion nennt man freie Konvektion. Im Gegensatz dazu liegt eine erzwungene Konvektion dann vor, wenn durch äußere Kräfte, zum Beispiel durch einen Ventilator, einen Föhn oder mit Hilfe einer Pumpe bei der Zentralheizung, die Bewegung von Materie erzwungen wird. Der notwendige Druck- oder Dichteunterschied wird durch Erwärmen auf der ei­ nen Seite und Abkühlen auf der anderen Seite des Kreislaufs aufrechterhalten. In allen drei genannten Fällen wird dann die Wärme von einem Träger (beim Föhn die Metalldrähte) zu einem anderen (beim Föhn die Luft) geleitet. Bei der Zentralhei­ zung sogar vom Wasser über das Metallgehäuse an die Luft, also drei Träger in ver­ schiedenen Aggregatszuständen. Will man bewusst Konvektion oder Wärmeleitung vermeiden, dann braucht es ein praktisch materiefreies Fluid, ein Vakuum wie bei der Thermoskanne. Damit findet nur über die Naht- oder Verschlussstellen ein Wärmeverlust statt. Die Wärmemenge ∆Q hängt neben der Zeit ∆t, der Oberfläche der Grenzschicht A, der Temperaturdifferenz zwischen der Oberflächentemperatur Ti des festen Körpers und der Temperatur Ta des umgebenden Fluids und von weiteren Parametern ab, die im sogenannten konvektiven Wärmeübergangskoeffizienten α [ mW 2 ⋅K ] zusammen­ gefasst sind. Diese Parameter sind zum Beispiel die Lage der sich ausbildenden Grenzfläche (horizontal oder vertikal), die Art der Konvektionsströmung (freie oder erzwungene Konvektion), die Art und die Geschwindigkeit des Fluids, sowie die Geometrie der Grenzfläche. Die Abhängigkeit von solch vielen Parametern ist sehr schwierig zu erfassen. Es ist sogar so, dass α lokal mit der Dicke der Grenzschicht fällt (vgl. Kapitel 7.7). Eine genaue Untersuchung des letztgenannten Sachverhalts

https://doi.org/10.1515/9783110684469-001

2 | 1 Wärmeübertragung durch Konvektion

wird in den 6. Band verschoben. ∆Q = α ⋅ A ⋅ (Ti − Ta ) ⋅ ∆t

ist die Wärmemenge [J],

∆Q = Q̇ K = α ⋅ A ⋅ (Ti − Ta ) ∆t

heißt konvektive Wärmeleistung

Q̇ K = q̇ K = α ⋅ (Ti − Ta ) A

bezeichnet die Wärmestromdichte [ W A ].

oder Wärmestrom [W] und

2 Wärmeleitung Hält man einen Metallstab in siedendes Wasser, so fühlt man, wie das andere Ende nach kurzer Zeit ebenfalls heiß wird. Es ist also Wärme durch den Stab zum kalten Ende hin übertragen worden. Wir können uns diesen Übergang als Übertragung der Energie von schwingenden Molekülen vorstellen. Bei diesem Vorgang wird demnach keine Materie, sondern nur Energie transportiert. Dies bezeichnen wir als Wärmelei­ tung. Alle Metalle sind gute, wohingegen z. B. Luft oder Wolle schlechte Wärmeleiter sind.

2.1 Wärmeleitung in der Platte Fourier betrachtete eine ebene Platte der Fläche A und der Dicke l, bei dem die eine Seite auf der konstanten Temperatur T1 (beispielsweise im Eisbad) und die andere Sei­ te auf der konstanten Temperatur T2 (beispielsweise in siedendem Wasser) gehalten wird (Abb. 2.1 links). Alle anderen Seiten der Platte seien gegenüber außen isoliert, so dass Wärmeleitung nur in eine Richtung erfolgt. Durch Messung fand er, dass die Wärmemenge ∆Q mit der Zeit ∆t, der Fläche A und der Temperaturdifferenz T2 − T1 zunimmt und mit der Strecke l abnimmt. Es gilt also ∆Q = −λ ⋅

∆T T2 − T1 ⋅ A ⋅ ∆t = −λ ⋅ A ⋅ ⋅ ∆t . l ∆x

dT ̇ Somit erhält man für die Wärmeleistung oder den Wärmestrom ∆Q ∆t = QL = −λ ⋅ A ⋅ dx . W Dabei ist λ der Wärmeleitkoeffizient in [ m⋅K ]. Diese Gleichung gilt allgemein, also auch für zylindrische Rohre oder Kugeln. Die Wärmeleitfähigkeit λ gibt die Wärmemenge ∆Q an, die pro Zeitintervall ∆t durch eine Querschnittsfläche A entlang einer Distanz ∆x mit der Temperaturdifferenz ∆T trans­ portiert wird. ̇ ̇ Die Wärmestromdichte ist dann q̇ L = −λ ⋅ ∆T ∆x . Für die Platte sind QL bzw. qL auf­ grund des linearen Temperaturverlaufs konstant. Für den Zylinder und die Kugel wer­ den Q̇ L bzw. q̇ L deswegen konstant sein, weil sie auf veränderliche (Ober-)flächen be­ zogen sind, obwohl die Temperatur abhängig vom Radius ist.

Abb. 2.1: Skizzen zur Wärmeleitung https://doi.org/10.1515/9783110684469-002

4 | 2 Wärmeleitung Für den Temperaturverlauf in der Platte schreibt man den Wärmestrom als Q̇ L = 1 ⋅ A ⋅ ∆t. A ⋅ ⋅ (T1 − T2 ). Dies folgt unmittelbar aus ∆Q = −λ ⋅ T2 −T l Den Temperaturverlauf erhält man durch Integration: λ l

x

T

Q̇ L ∫ dχ = −λ ⋅ A ⋅ ∫ dτ 0

󳨐⇒

T1

λ A ⋅ (T1 − T2 ) ⋅ x = λ ⋅ A(T1 − T(x)) l

󳨐⇒

T(x) = T1 + (T2 − T1 ) ⋅

x . l

Der Temperaturverlauf ist in diesem Fall linear (Abb. 2.2).

2.2 Wärmeleitung im Zylinder Es soll s ≫ r2 sein, damit wir vom Wärmeverlust an den Enden absehen können (Abb. 2.1 mitte). Dann erhält man nacheinander A = A(r) = 2πrs, Q̇ L = −λ ⋅ 2πrs ⋅ dT dr , r2

T2

dr Q̇ L ∫ = −λ ⋅ 2πs ⋅ ∫ dT r r1

r2 Q̇ L ⋅ ln ( ) = 2πsλ ⋅ (T1 − T2 ) . r1

und

T1

Schließlich ist 2πsλ Q̇ L = ⋅ (T1 − T2 ) und ln ( rr21 )

q̇ L (r) =

Q̇ L λ = ⋅ (T1 − T2 ) . 2πrs r ⋅ ln ( r2 ) r1

Der Temperaturverlauf ergibt sich durch Integration (Abb. 2.2): r

T

r1

T1

dR = −λ ⋅ 2πs ⋅ ∫ dτ Q̇ L ∫ R 2πsλ

󳨐⇒

ln ( rr21 )

󳨐⇒

⋅ (T1 − T2 ) ⋅ ln (

T(r) = T1 + (T2 − T1 ) ⋅

r ) = λ ⋅ 2πs(T1 − T(r)) r1

ln ( rr1 ) ln ( rr21 )

2.3 Wärmeleitung in der Kugel Wieder seien die Radien r1 und r2 . Es ist A = A(r) = 4πr

2

󳨐⇒

dT Q̇ L = −λ ⋅ 4πr2 ⋅ dr

󳨐⇒

r2

T2

r1

T1

dr Q̇ L ∫ 2 = −λ ⋅ 4π ⋅ ∫ dT r

2.3 Wärmeleitung in der Kugel |

󳨐⇒

4πλ ⋅ (T1 − T2 ) Q̇ L = 1 1 r1 − r2

und

λ

q̇ L (r) =

r2



( r11



1 r2 )

5

⋅ (T1 − T2 ) .

Den Temperaturverlauf erhält man durch Integration (Abb. 2.2): r

T

r1

T1

dρ Q̇ L ∫ 2 = −λ ⋅ 4π ⋅ ∫ dτ ρ 4πλ 1 1 ⋅ (T1 − T2 ) ⋅ ( − ) = λ ⋅ 4π(T1 − T(r)) 1 r r − r2 1

󳨐⇒

󳨐⇒

1 r1

T(r) = T1 + (T2 − T1 ) ⋅

( 1r − ( r12 −

1 r1 ) 1 r1 )

.

In Abb. 2.2 erkennt man, dass die Temperatur T2 der Kugel bei wachsendem Radius schneller auf die Temperatur T1 absinkt als bei der Platte und dem Zylinder. Bis zu einem Radius r∗ ist die Wärmestromdichte q̇ L (r) (als Maß für die Temperaturabnah­ me) der Kugel größer als diejenige des Zylinders, danach sind die Größenverhältnisse entgegengesetzt. Für die Lage von r∗ setzt man λ r⋅

ln ( rr21 )

⋅ (T1 − T2 ) =

λ r2



( r11

und erhält r∗ =

ln ( rr21 ) 1 r1



1 r2

.

Abb. 2.2: Temperaturverlauf für Platte, Zylinder und Kugel



1 r2 )

⋅ (T1 − T2 )

6 | 2 Wärmeleitung

2.4 Kombination von Konvektion und Wärmeleitung A) Ebene Platte Vielfach treten mehrere Wärmetransporte gleichzeitig auf. Betrachten wir dazu die Wand eines Hauses (Abb. 2.1 rechts).Ihre Oberfläche sei A, die Dicke l und ihre Wär­ meleitfähigkeit λ. Die Innenwand habe die Temperatur T1, die Außenwand die Tempe­ ratur T2 . Die Innen- bzw. Außentemperaturen seien Ti und Ta mit den entsprechenden Wärmeübergangszahlen α i , bzw. αa . Im stationären Zustand muss der Wärmestrom in der Wand genauso groß wie der zur Oberfläche der Wand hinführende und der von der Wand wegführende Wärme­ strom sein. Das bedeutet λ Q̇ = α i A(Ti − T1 ) = A(T1 − T2 ) = α a A(T2 − Ta ) . l Schreibt man Ti − Ta = Ti − T1 + T1 − T2 + T2 − Ta , dann ist Ti − Ta =

Q̇ + αi A

Ql̇ λA

+

Q̇ αa A

und somit A(Ti − Ta ) = k ⋅ A(Ti − Ta ) Q̇ = 1 l 1 αi + λ + αa

mit

1 1 1 l = + + . k αi λ αa

Isolation Verallgemeinert man dieses Ergebnis für n Schichten der Dicke l u mit den Wärmeleit­ fähigkeiten λ u , so erkennt man, dass der Wärmestrom mit der Anzahl der Isolations­ schichten sinkt: 1k = α1i + ∑nu=1 λl uu + α1a . Die eingeführte Wärmedurchgangszahl k liegt bei Doppelverglasungen zwischen 1 − 3 mW2 K . Dreifachverglasungen erzielen einen Wert von k = 0,5 mW2 K . Will man einen „Voll­ wärmeschutz“ erzielen, k < 0,4 mW2 K , dann muss man z. B. Mauerziegel mit einer Wandstärke von 0,5 m wählen. Für Berechnungen verwendet man folgende Norm­ werte: Ti = 20 °C, Ta = −15 °C, α i = 15 mW2 K , α a = 6 − 8 mW2 K . Aufgabe Bearbeiten Sie die Übungen 1 und 2.

Bemerkung. Der Begriff des Wärmestroms leitet sich aus folgender Analogie ab: Nach dem Ohm’schen Gesetz ist I = UR . Definiert man R αi := α1i , R αa := α1a , R λ := λl , dann ist Rtotal = R α + R λ + R α und Q̇ = (Ti −Ta ) . Die Spannung entspricht dem Temperaturun­ i

a

R total

terschied, der einen Wärmestrom überhaupt möglich macht.

2.4 Kombination von Konvektion und Wärmeleitung |

7

B) Zylinderrohr Als weiteren Fall betrachten wir ein Rohr, das von einem Fluid durchströmt wird, wie es z. B. beim Transport von Fernwärme zum Einsatz kommt (Abb. 2.3 links). Bei der Zentralheizung ist das Fluid Wasser. Der Unterschied zum vorigen Fall besteht darin, dass hier eine Strömung vorliegt. Im Rohr bildet sich bei laminarer Strömung ein Temperaturprofil: Im Zentrum beträgt die Temperatur Ti . Je näher das Fluid an der Innenseite des Rohrs strömt, umso mehr fällt die Temperatur hin zur Wandtemperatur T1 ab. Bei turbulenter Strömung sieht das Profil aus wie in Abb. 2.3 rechts. Erheblich für uns ist, dass wir für die Temperatur des Fluids eine Mischtemperatur annehmen 1 müssen, die wir mit Tm = Ti +T 2 ansetzen können. Wir formulieren wie bei der ebenen Platte den Wärmestrom auf drei verschiedene Arten. Es gilt 2πλs Q̇ = α i A1 (Tm − T1 ) = (T1 − T2 ) = α a A2 (T2 − Ta ) . ln ( rr21 ) Wieder schreiben wir Tm − Ta = Tm − T1 + T1 − T2 + T2 − Ta . Dann ist Q̇ ln ( rr21 ) Q̇ Q̇ + + Tm − Ta = αi A1 2πλs αa A2 und somit Q̇ =

(Tm − Ta ) 1 αi A 1

+

1 2πλs



ln ( rr21 )

= k ⋅ A2 (Tm − Ta )

+

mit

1 αa A 2

=

A2 (Tm − Ta ) A2 αi A 1

+

A2 2πλs

⋅ ln ( rr21 ) +

A2 αa A 2

1 r2 1 r2 1 r2 ⋅ + . = ln ( ) + k r1 α i λ r1 αa

Spezialfall: Ist die Geschwindigkeit des Fluids Null, dann ist Tm = Ti . In Europa wird der U-Wert im Falle eines Rohrs immer bezüglich der äußeren Austauschfläche ange­ geben.

Abb. 2.3: Skizzen zum Strömungsprofil eines durchströmten Rohrs

Aufgabe Bearbeiten Sie die Übungen 3 und 4.

8 | 2 Wärmeleitung

Isolation Verallgemeinert man dieses Ergebnis für n Schichten der Dicke r m+1 − r m mit den Wär­ meleitfähigkeiten λ m , so erhält man bezüglich der äußersten Fläche Q̇ = =

󳨐⇒

1 αi A 1

(Tm − Ta ) n + ∑u=1 2πλ1 u s ⋅ ln ( r u+1 ru )

r n+1 r1



+

=

1 αa A n+1

A n+1 αi A 1

A n+1 (Tm − Ta ) A n+1 n + ∑u=1 2πλ ⋅ ln ( r u+1 ru ) us

+

A n+1 αa A n+1

A n+1 (Tm − Ta ) 1 αi

+ r n+1 ∑nu=1

1 λu

⋅ ln ( r u+1 ru ) +

1 αa

n r n+1 1 1 r n+1 1 r u+1 = +∑ ln ( . )+ k r1 α i u=1 λ u ru αa

Beispielsweise gilt für zwei Schichten 1 r3 1 r3 1 r3 r2 r3 = + ln ( ) + ln ( ) + . k r1 α i λ1 r1 λ2 r2 αa Man könnte meinen, dass folglich der Wärmestrom umso kleiner sein sollte, je dicker eine um ein Rohr gelegte Isolationsschicht ist. Paradoxerweise steigt der Wärmestrom bis zu einer kritischen Isolationsdicke, bevor er wieder sinkt. Dies kann man sich so erklären, dass mit der Dicke zwar ein kleinerer Wärmestrom erzielt würde, gleichzei­ tig aber aufgrund der vergrößerten Austauschfläche die Zunahme des Wärmestroms anfänglich überwiegt. Betrachten wir dazu ein Rohr mit Radius r1 der Dicke r2 − r1 (Abb. 2.4 links). Um dieses Rohr wird eine Isolationsschicht der Dicke r3 − r2 gelegt. Wir untersuchen das Q̇ Wärmestromverhältnis Φ = αa A 2 (T . Dies entspricht dem Wärmestrom verglichen i −T a ) mit dem Wärmestrom ohne Isolation. Verwenden wir zusätzlich noch die Abkürzung ϱ = rr32 , dann wird daraus Φ(r3 ) =

1 α a A2 ( αi1A 1

+

1 2πλ 1 s

ln ( rr21 )

+

1 2πλ 2 s

ln ( rr32 ) +

1 = r α α a r2 r2 α a r2 2 a ⋅ + ⋅ ln ( ) + ⋅ ln ( rr32 ) + r1 α i λ1 r1 λ2 ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ c

oder Φ(ϱ) =

1 αa A 3 )

. r2 r3

d

1 c + d ⋅ ln ϱ +

1 ϱ

.

(2.1)

Zur Darstellung wählen wir c = 1, d = { 31 , 12 , 1, 2} (Abb. 2.4 rechts). λ2 ∂Φ 1 ∂ϱ = 0 ergibt ein Maximum bei ϱ k = d = αa r 2 . Diese Zahl erfasst die drei maß­ gebenden Größen für das Maximum: r2 , λ2 , α a . Der kritische Radius wäre demnach r3 = αλ 2a .

2.5 Wärmeleitung zwischen den Oberflächen zweier Körper | 9

Abb. 2.4: Skizze zur Isolationsschicht und Graph von (2.1)

Allgemein gilt: Befindet sich ein Körper der Leitfähigkeit λ und der Ausdehnung l in Kontakt mit einem Fluid der Übergangszahl α, so ist das Verhältnis von Übergangs­ zahl außen am Körper zu derjenigen im Körper gegeben durch die sogenannte BiotZahl Bi = αλ = αlλ l

Damit schreibt sich das Verhältnis des kritischen Radius auch als ϱ k =

1 Bi .

Aufgabe Bearbeiten Sie die Übung 5.

2.5 Wärmeleitung zwischen den Oberflächen zweier Körper Nun kehren wir wieder zur reinen Wärmeleitung zurück und wollen das Problem der Wärmeübertragung zwischen den Oberflächen zweier Körper untersuchen. In unse­ rem Fall beschränken wir uns auf kreisförmige Rohre. Wir betrachten zwei Rohre in den Punkten A und B mit den Radien r0 im Abstand −l und +l vom Nullpunkt (Abb. 2.5 links). Ihre Oberflächentemperaturen seien T0 A bzw. T0 B . Das wärmeleitende Medium sei beispielsweise Luft oder das Erdreich. Wir wollen das resultierende Temperaturprofil und den Wärmestrom im Außenbereich der Rohre bestimmen. Die konstante Temperatur auf der Oberfläche eines Rohres sei T0 (Abb. 2.5 rechts).

Abb. 2.5: Skizzen zur Wärmeleitung zwischen den Oberflächen zweier Kreisrohre

10 | 2 Wärmeleitung

In der Entfernung r zu seinem Mittelpunkt ist die Temperatur T(r). Es gilt A = A(r) = 2πrs

dT Q̇ = −λ ⋅ 2πrs ⋅ dr

󳨐⇒

r Q̇ ⋅ ln ( ) = −2πsλ ⋅ (T(r) − T0 ) . r0

T(r)

r

󳨐⇒

󳨐⇒

dϱ = −λ ⋅ 2πs ⋅ ∫ dT Q̇ ∫ ϱ r0

T0

̇

Q ⋅ ln( rr0 ). Der Temperaturverlauf ergibt sich zu T(r) = T0 + 2πsλ Geht man nun von zwei Rohren aus, zwischen denen der Wärmestrom Q̇ fließt, und betrachtet das Rohr im Punkt A als Wärmequelle und das andere Rohr als Wär­ mesenke, dann herrscht in einem beliebigen Punkt P die Temperatur

T = T0 B +

Q̇ Q̇ Q̇ r0 r0 rA ⋅ ln ( ) + T0A − ⋅ ln ( ) = T0 A + T0B + ⋅ ln ( ) . (2.2) 2πsλ rB 2πsλ rA 2πsλ rB

Um dieses Ergebnis noch genauer zu untersuchen, wollen wir die Isothermen T = konst. bestimmen. Dazu muss das Verhältnis k := rrAB konstant sein. Es gibt drei Fälle: 1. k > 1: P liegt rechts von der y-Achse und es ist T > T0 A + T0B . 2. k = 1: Die y-Achse ist Isotherme und es ist T = T0 A + T0 B . 3. 0 ≤ k < 1: P liegt links von der y-Achse und es ist T < T0A + T0 B . Man erhält k2 =

r2A r2B

=

(x + l)2 + y2 (x − l)2 + y2

󳨐⇒

k2 =

x2 + 2lx + l2 + y2 . x2 − 2lx + l2 + y2

Es folgt nacheinander k 2 x2 − 2k 2 lx + k 2 l2 + k 2 y2 = x2 + 2lx + l2 + y2 󳨐⇒

k 2 x2 − x2 − 2k 2 lx − 2lx + k 2 y2 − y2 = l2 − k 2 l2

󳨐⇒

x2 (k 2 − 1) − 2l(k 2 + 1)x + y2 (k 2 − 1) = −l2 (k 2 − 1)

󳨐⇒

x2 − 2l

(k 2 + 1) x + y2 = −l2 (k 2 − 1)

󳨐⇒

x2 − 2l

(k 2 + 1) k2 + 1 k2 + 1 2 2 + y = −l + x + l) l) ( ( (k 2 − 1) k2 − 1 k2 − 1

󳨐⇒

x2 − 2l

(k 2 + 1) k2 + 1 k2 + 1 x+( 2 l) + y2 = −l2 + ( 2 l) 2 (k − 1) k −1 k −1

󳨐⇒

(x −

k2 + 1 k2 + 1 2 + y = (( l) ) − 1) l2 k2 − 1 k2 − 1

󳨐⇒

(x −

k2 + 1 k 4 + 2k 2 + 1 − k 4 + 2k 2 − 1 2 2 + y = ( )l . l) k2 − 1 (k 2 − 1)2

2

2

2

2

2

2

2

2.5 Wärmeleitung zwischen den Oberflächen zweier Körper |

11

Abb. 2.6: Isothermen von (2.2)

Schließlich hat man 2

(x −

4k 2 k2 + 1 2 + y = l2 . l) k2 − 1 (k 2 − 1)2

Die Isothermen sind somit Kreise mit Radius R =

2k l k2 −1

und einem auf der x-Achse

liegenden Mittelpunkt mit dem Abstand zum Nullpunkt von a = kk2 +1 l (Abb. 2.6). −1 Angewandt auf die drei Fälle folgt: 2 1. k > 1: Die Kreise liegen wegen kk2 +1 l > k2k 2 −1 l vollständig rechts von der y-Achse. −1 Für k → ∞ ist a → 1 und R → 0. Die Kreise ziehen sich immer enger um die Quelle B zusammen. 2. k = 1: Entarteter Kreis, also die y-Achse. 3. 0 ≤ k < 1: Die Kreise liegen vollständig links von der y-Achse und winden sich für k → 0 immer stärker um die Senke A. 2

Die Größen k, a und R kann man in einer Gleichung vereinen. Dazu bilden wir das Verhältnis Ra . Es folgt a k2 + 1 = R 2k

󳨐⇒

Rk 2 − 2ak + R = 0

󳨐⇒

k I,II =

2a ± √4a2 − 4R2 a 2 a = ± √( ) − 1 . 2R R R

Das Pluszeichen liefert Abstandsverhältnisse k > 1 und gehört zu den IsothermenKreisen rechts der y-Achse. Das Minuszeichen erzeugt k-Werte, für die 0 ≤ k < 1 gilt. Da die Isothermen Kreise sind, können wir zwei solche als Rohre auffassen und ihre Oberflächentemperatur mit derjenigen der Isothermen identifizieren (Abb. 2.7). Das Temperaturgefälle T1 − T2 zwischen den Oberflächen der beiden Rohre erzeugt

12 | 2 Wärmeleitung

einen Wärmestrom. In einem beliebigen Punkt P gilt rA rA Q̇ Q̇ ⋅ ln ( 1 ) − ⋅ ln ( 2 ) 2πsλ r B1 2πsλ r B2 ̇ ̇ Q Q k1 = ⋅ (ln(k 1 ) − ln(k 2 )) = ⋅ ln ( ) 2πsλ 2πsλ k2

T1 − T2 =

󳨐⇒

2πsλ Q̇ = ⋅ (T1 − T2 ) . ln ( kk12 )

Abb. 2.7: Skizze zum Wärmestrom zwischen zweier Isothermen

Das ist der (stationäre) Wärmestrom, der zwischen den Isothermen T1 und T2 fließt. Der Leitwiderstand beträg ln ( kk12 ) RL = . 2πsλ Wir unterscheiden drei Fälle: 1. k 1 > k 2 > 1 (Abb. 2.8). Zwei exzentrische Rohre mit Achsenabstand e. Es ist T1 > T2 . 2. k 1 > 1, k 2 = 1 (Abb. 2.8). Ein Rohr mit Radius R, das in der Tiefe a unter einer isothermen Ebene, z. B. der Erdoberfläche, liegt. 3. k 1 > 1, k 2 < 1 (Abb. 2.8). Zwei Rohre mit den Radien R1 und R2 im Abstand d > R1 + R2 . Für jeden Fall soll jetzt der Leitwiderstand als Funktion der Lage allein berechnet wer­ den.

Abb. 2.8: Skizzen zur Berechnung dreier Leitwiderstände

2.5 Wärmeleitung zwischen den Oberflächen zweier Körper | 13

2. Fall. Vorbereitung: e y + e−y 󳨐⇒ e2y − 2xe y + 1 = 0 2 2x ± √4x2 − 4 ey = = x ± √x2 − 1 󳨐⇒ y = ± arcosh(x) = ln (x ± √ x2 − 1) . 2

x = cosh(y) = 󳨐⇒

Für den Widerstand gilt dann RL =

1 a 2 1 a a ln ( + √( ) − 1) = arcosh ( ) . 2πsλ R R 2πsλ R

1. Fall. Vorbereitung 1: 2

a2 − R2 = ((

k2 + 1 4k 2 k 4 − 2k 2 + 1 2 2 l − = ) ) ) l = l2 . ( k2 − 1 (k 2 − 1)2 (k 2 − 1)2

Vorbereitung 2: Es gilt cosh2 x − sinh2 x = 1. Das Additionstheorem des Kosinus Hyperbolicus ergibt sich zu 1 1 x±y + e−(x±y) ) = (2e x±y + 2e−(x±y) ) (e 2 4 1 x±y x∓y x∓y +e −e + e−x±y − e−x±y + 2e−(x±y)) = (2e 4 1 = [(e x+y + e x−y + e−x+y + e−(x+y)) ± (e x+y − e x−y − e−x+y + e−(x+y) )] 4 1 = [(e x + e−x )(e y + e−y ) ± (e x − e−x )(e y − e−y )] 4 1 1 1 1 = (e x + e−x ) (e y + e−y ) ± (e x − e−x ) (e y − e−y ) 2 2 2 2 = cosh(x) cosh(y) ± sinh(x) sinh(y) .

cosh(x ± y) =

Weiter wählen wir nun x = arcosh(u) und y = arcosh(v). Dann folgt cosh(x ± y) = cosh(arcosh(u) ± arcosh(v)) = cosh(arcosh(u)) cosh(arcosh(v)) ± sinh(arcosh(u)) sinh(arcosh(v)) = uv ± sinh(arcosh(u)) sinh(arcosh(v)) = uv ± √ u 2 − 1√v2 − 1 . Schließlich hat man arcosh(u) ± arcosh(v) = arcosh(uv ± √ u 2 − 1√v2 − 1). Folglich können wir schreiben a22 − a21 = R22 − R21 . Aus (a2 − a1 )2 = e2 wird a22 − 2a1 a2 + a21 = e2 . Subtraktion der beiden Gleichungen ergibt − 2a21 + 2a1 a2 = R22 − R21 − e2 󳨐⇒

2ea1 = R22 − R21 − e2

Analog folgt a2 =

R 22 −R 21 +e 2 . 2e

󳨐⇒

󳨐⇒

a1 =

−2a1 (a1 − a2 ) = R22 − R21 − e2

R22 − R21 − e2 . 2e

14 | 2 Wärmeleitung

Für den Widerstand gilt dann RL = =

1 ⋅ (ln(k 1 ) − ln(k 2 )) 2πsλ 1 a1 2 a2 a2 2 a1 + √( ) − 1) − ln ( + √( ) − 1)) ⋅ (ln ( 2πsλ R1 R1 R2 R2

a2 a1 1 ⋅ (arcosh ( ) − arcosh ( )) 2πsλ R1 R2 R2 − R21 + e2 R2 − R21 − e2 1 = ) − arcosh ( 2 )) ⋅ (arcosh ( 2 2πsλ 2eR1 2eR2

=

=

R2 − R21 + e2 R2 − R21 − e2 1 )⋅( 2 ) ⋅ (arcosh (( 2 2πsλ 2eR1 2eR2 2

2

R − R1 − e R − R1 + e − √( 2 ) − 1√( 2 ) − 1)) 2eR1 2eR2 2

=

2

2

2

(R22 − R21 + e2 )2 − 4e2 R22 4e2 R22

))

(R2 − R2 )2 − e4 (R2 − R21 )2 − 2e2 (R22 − R21 ) + e4 − 4e2 R21 1 −√ 2 ⋅ (arcosh ( 2 2 1 2πsλ 4e R1 R2 4e2 R21 ⋅ √

=

2

(R2 − R2 )2 − e4 (R2 − R21 − e2 )2 − 4e2 R21 1 −√ 2 ⋅ (arcosh ( 2 2 1 2πsλ 4e R1 R2 4e2 R21 ⋅ √

=

2

(R22 − R21 )2 + 2e2 (R22 − R 21 ) + e4 − 4e2 R22 4e2 R22

(R2 − R2 )2 − e4 (R2 − R21 )2 − 2e2 (R22 + R21 ) + e4 1 −√ 2 ⋅ (arcosh ( 2 2 1 2πsλ 4e R1 R2 4e2 R21 ⋅ √

(R22 − R21 )2 − 2e2 (R22 + R21 ) + e4 4e2 R22

=

(R2 − R2 )2 − e4 (R22 − R21 )2 − 2e2 (R22 + R21 ) + e4 1 − )) ⋅ (arcosh ( 2 2 1 2πsλ 4e R1 R2 4e2 R1 R2

=

2e2 (R22 + R21 ) − 2e4 1 )) ⋅ (arcosh ( 2πsλ 4e2 R1 R2

󳨐⇒

))

RL =

R2 + R21 − e2 1 )) . ⋅ (arcosh ( 2 2πsλ 2R1 R2

))

2.5 Wärmeleitung zwischen den Oberflächen zweier Körper | 15

Für den Spezialfall zweier konzentrischer Kreise (e = 0) erhält man 2

RL =

R2 + R21 R2 + R21 √ R22 + R21 1 1 )) = + ( ) − 1) ⋅ (arcosh ( 2 ln ( 2 2πsλ 2R1 R2 2πsλ 2R1 R2 2R1 R2

=

R2 + R21 (R2 + R21 )2 − 4R21 R22 1 +√ 2 ) ln ( 2 2πsλ 2R1 R2 4R21 R22

=

(R2 − R2 )2 R2 + R21 1 + √ 2 2 12 ) ln ( 2 2πsλ 2R1 R2 4R1 R2

=

R2 + R21 R22 − R21 1 1 R2 ln ( 2 ln ( ) . + )= 2πsλ 2R1 R2 2R1 R2 2πsλ R1

Dieses Ergebnis ist bekannt. 3. Fall. Aus a22 − a21 = R22 − R21 wird mit (a1 + a2 )2 = d2 und a21 + 2a1 a2 + a22 = d2 . Subtraktion der beiden Gleichungen ergibt − 2a21 − 2a1 a2 = R22 − R21 − d2 󳨐⇒

− 2da1 = R22 − R21 − d2

󳨐⇒

󳨐⇒ a1 =

−2a1 (a1 + a2 ) = R22 − R21 − d2 d2 − (R22 − R21 ) . 2d

d2 +R 2 −R 2

2 1 . Analog folgt a2 = 2d Für den Widerstand gilt dann

RL = =

1 ⋅ (ln(k 1 ) − ln(k 2 )) 2πsλ 1 a1 2 a2 a2 2 a1 + √( ) − 1) − ln ( − √( ) − 1)) ⋅ (ln ( 2πsλ R1 R1 R2 R2

1 a2 a1 ⋅ (arcosh ( ) + arcosh ( )) 2πsλ R1 R2 d2 + R22 − R21 d2 − (R22 − R21 ) 1 = ) + arcosh ( )) ⋅ (arcosh ( 2πsλ 2dR1 2dR2

=

=

(2.3)

d2 + R22 − R21 d2 − (R22 − R21 ) 1 )⋅( ) ⋅ (arcosh (( 2πsλ 2dR1 2dR2 2

2

d2 − (R22 − R21 ) d2 + R22 − R21 + √( ) − 1√( ) − 1)) 2dR1 2dR2 =

d4 − (R22 − R21 )2 (d2 − (R22 − R21 ))2 − 4d2 R21 1 +√ ⋅ (arcosh ( 2 2πsλ 4d R1 R2 4d2 R21 ⋅ √

(d2 + R22 − R21 )2 − 4d2 R22 4d2 R22

))

16 | 2 Wärmeleitung

=

d4 − 2d2 (R22 − R21 ) + (R22 − R21 )2 − 4d2 R21 d4 − (R22 − R21 )2 1 +√ ⋅ (arcosh ( 2 2πsλ 4d R1 R2 4d2 R21 ⋅ √

=

d4 + 2d2 (R22 − R21 ) + (R22 − R21 )2 − 4d2 R22 4d2 R22

d4 − 2d2 (R22 + R21 ) + (R22 − R21 )2 d4 − (R22 − R21 )2 1 +√ ⋅ (arcosh ( 2 2πsλ 4d R1 R2 4d2 R21 ⋅ √

d4 − 2d2 (R22 + R21 ) + (R22 − R21 )2 4e2 R22

=

d4 − (R22 − R21 )2 d4 − 2d2 (R22 + R21 ) + (R22 − R21 )2 1 + )) ⋅ (arcosh ( 2πsλ 4d2 R1 R2 4d2 R1 R2

=

2d4 − 2d2 (R22 + R21 ) 1 ⋅ (arcosh ( )) 2πsλ 4d2 R1 R2

󳨐⇒

))

RL =

))

d2 − R21 − R22 1 )) . ⋅ (arcosh ( 2πsλ 2R1 R2

Für den Spezialfall zweier gleich großer Rohre (R1 = R2 = R) erhält man aus (2.2) RL =

1 d2 d2 1 d ⋅ (arcosh ( ) + arcosh ( )) = ⋅ (arcosh ( )) . 2πsλ 2dR 2dR πsλ 2R

Die drei stationären Wärmeströme lauten:

1.

Q̇ =

2.

Q̇ =

3.

Q̇ =

2πsλ (arcosh (

R 22 +R 21 −e 2 2R 1 R 2 ))

⋅ (T1 − T2 )

mit

e = a2 − a1 ,

mit

d = a1 + a2 .

2πsλ ⋅ (T1 − T2 ) und arcosh ( Ra ) 2πsλ (arcosh (

d2 −R 21 −R 22 2R 1 R 2 ))

⋅ (T1 − T2 )

Beispiel. Ein unterirdisch verlegtes Fernheizungsrohr mit Radius R = 0,2 m liegt in W einer Tiefe von a = 1,2 m. Die Wärmeleitfähigkeit der Erde beträgt λ = 0,6 mK und die Temperatur am äußeren Rand der Isolation ist T1 = 5 °C. An der Erdoberfläche herrscht die Temperatur T2 = −2 °C. Dann gilt für den Verlustwärmestrom des Rohrs pro Meter 2π ⋅ 0,6 W Q̇ = . ⋅ 7 = 10,65 1,2 s m arcosh ( 0,2 )

3 Die Wärmeleitungsgleichung ohne innere Wärmequellen Die bisherigen Ausführungen gelten nur für einen stationären, also zeitunabhängigen Temperaturverlauf. Von nun an ist die Temperatur eine Funktion des Ortes und der Zeit: T(x, t). Vorerst sollen keine inneren Wärmequellen vorhanden sein. Betrachten wir einen dünnen Stab mit konstantem Querschnitt A und Länge l (Abb. 3.1). Dünn bedeutet, dass wir den Wärmestrom mit dem Fluss in die x-Richtung gleichsetzen können. Seit­ lich findet somit kein Wärmestrom statt. Außerdem sollen die Ränder isoliert sein.

Abb. 3.1: Skizze zur Wärmeleitungsgleichung

Um einen Körper der Masse m und der spezifischen Wärmekapazität c von der Tem­ peratur T auf die Temperatur T + ∆T zu bringen, ist die Wärmemenge ∆Q1 = cm ⋅ ∆T = cρ ⋅ ∆V ⋅ ∆T erforderlich. Die in der Zeit ∆t durch die Fläche A strömende Wärmemenge an der Stelle x beträgt −λ ∂T ∂x (x, t) ⋅ A ⋅ ∆t, die Wärmemenge durch A an der Stelle x + ∆x (x + ∆x, t)A ⋅ ∆t. Dem Volumen von x bis x + ∆x wird somit in der Zeit hingegen −λ ∂T ∂x ∆t die folgende Wärmemenge zugeführt (bzw. entzogen): ∂T ∂T (x, t)A ⋅ ∆t − (−λ (x + ∆x, t)A ⋅ ∆t) ∂x ∂x ∂T ∆V ∂T (x, t)) ⋅ ∆t . = λ ( (x + ∆x, t) − ∂x ∂x ∆x

∆Q2 = −λ

Gleichsetzen der Wärmemengen ergibt c ⋅ ρ∆V ⋅ ∆T = λ (

∂T ∆V ∂T (x + ∆x, t) − (x, t)) ⋅ ∆t ∂x ∂x ∆x

oder c⋅ρ⋅

∆T = λ( ∆t

∂T ∂x (x

+ ∆x, t) − ∆x

∂T ∂x (x, t)

) .

Nach dem Mittelwertsatz der Differenzialrechnung gibt es ein ξ ∈ [x, x + ∆x] mit ∂T ∂T ∂2 u (x + ∆x, t) − (x, t) = (ξ, t) ⋅ ∆x . ∂x ∂x ∂x Für ∆x → 0 ist dann ξ → x, woraus cρ ⋅ https://doi.org/10.1515/9783110684469-003

∂T ∂t

2

= λ ∂∂xT2 folgt.

18 | 3 Die Wärmeleitungsgleichung ohne innere Wärmequellen

Damit erhalten wir die Wärmeleitungsgleichung ohne innere Wärmequellen ∂T λ ∂2 T = ⋅ . ∂t cρ ∂x2

(3.1)

In drei Dimensionen lautet Gleichung (3.1) ∂T λ ∂2 T ∂2 T ∂2 T + 2) = ⋅( 2 + ∂t cρ ∂x ∂y2 ∂z 2

2

󳨐⇒

∂T λ = ⋅ ∆T , ∂t cρ

2

∂ ∂ ∂ wobei ∆ = ∂x 2 + ∂y 2 + ∂z 2 den Laplace-Operator bezeichnet. Hat man es mit Zylindern zu tun, dann ist es sinnvoller, den Laplace-Operator in Polarkoordinaten zu verwenden: ∂2 1 ∂ 1 ∂2 ∆ = ∂r 2 + r ⋅ ∂r + r 2 ⋅ ∂θ 2 . Da wir uns auf den Wärmestrom in Längsrichtung einer ebenen Platte und in Radialrichtung eines Zylinders bzw. einer Kugel beschränken, kann man die drei Fälle jeweils als ein quasi eindimensionales Problem auffassen. In den entsprechenden Laplace-Operatoren der drei Koordinatensysteme beach­ ten wir also nur den Teil in x-Richtung, bzw. in radialer Richtung. Es gilt

Platte: ∆=

oder

∂2

+ ⋅⋅⋅ ∂r2 ∂2 ∆ = 2 + ⋅⋅⋅ ∂r

Zylinder:

Kugel:

1 ∂ ∂ ⋅ (r ) + ⋅ ⋅ ⋅ r ∂r ∂r ∂2 1 ∂ ∆= 2 + ⋅ + ⋅⋅⋅ r ∂r ∂r

∆=

∆=

∂ 1 ∂ ⋅ (r2 ) + ⋅ ⋅ ⋅ ∂r r2 ∂r 2 ∂ ∂2 ∆= 2 + ⋅ + ⋅⋅⋅ r ∂r ∂r

Damit kann man die Wärmeleitungsgleichung für alle drei Körper kompakt schreiben als ∂T ∂2 T n ∂T = β2 ⋅ ( 2 + ⋅ ) , ∂t r ∂r ∂r β2 =

λ , cρ

n = 0 (ebene Platte) ,

n = 1 (Zylinder) ,

n = 2 (Kugel) .

Als Nächstes geben wir eine Übersicht über die Randbedingungen: Randbedingung 1. Art (Dirichlet’sche Randbedingung). Vorgabe der Temperatur am Rand: T(0, t) = TW . Randbedingung 2. Art (Neumann’sche Randbedingung). Vorgabe des Wärmestroms ̇ am Rand: Q̇ = −λ ⋅ A ⋅ [ dT dx ]x=0 = Q0 . ̇ Ist speziell Q0 = 0, dann nennt man die Oberfläche adiabat. In diesem Fall tauscht der Körper keine Wärme mit der Umgebung aus.

3.1 Stationäre Temperaturverteilung

|

19

Randbedingung 3. Art (Newton’sche Randbedingung). Vorgabe des Wärmeüber­ gangs von einer festen Oberfläche an ein Fluid der Temperatur T∞ und Wärmeüber­ gangskoeffizient α: −λ ⋅ A ⋅ [ dT dx ]x=0 = α ⋅ A ⋅ (T ∞ − T(0, t)). Bemerkung. Im Fall einer ebenen Platte oder eines Stabs, bei dem nur an den Enden ein Wärmeaustausch stattfindet, stimmt die Querschnittsfläche A mit der Austausch­ fläche überein. Zur Zeit t = 0 beträgt die Temperatur T(x, 0) = T0 (x) (in Abb. 3.2 konstant T0 ). Im Fall der 1. Randbedingung wird für t > 0 am Rand eine konstante Temperatur TW aufgetragen. Es findet somit ein Sprung der Temperatur am Rand statt. Zur Zeit des vollständigen Temperaturausgleichs (theoretisch unendlich lang) verläuft die Tempe­ raturkurve horizontal auf der Höhe T = TW . Bei konstantem Wärmestrom (2. Randbe­ dingung) verlaufen die Tangenten an die Temperaturkurve parallel. Eine Grenztem­ peratur existiert damit nicht. Das Material erwärmt sich theoretisch immer weiter. Bei einer Randbedingung 3. Art fallen die Wärmeströme mit der Zeit, weil ein Tempera­ turausgleich stattfindet. Die Tangenten schneiden sich in einem Punkt. Nach einer ge­ wissen Zeit sind Umgebungs- und Körpertemperatur identisch: TW = T∞ . Die zeitlich schwankenden Temperaturverläufe in der Grenzschicht hin zur Wand können nicht bestimmt werden (siehe 6. Band).

Abb. 3.2: Skizze zu den drei Randbedingungen der Wärmeleitung

3.1 Stationäre Temperaturverteilung Für alle drei Körper wollen wir die schon oben hergeleitete stationäre Temperaturver­ teilung bestätigen und stationäre Lösungen für weitere Randbedingungen hinzufü­ gen. 1. Platte mit Dicke l überall isoliert, außer an den Enden. d2 T =0 dx2 a) Randbedingungen 1. Art:

󳨐⇒

T(0) = T1 , T(l) = T2 Somit ist T(r) = T1 + (T2 − T1 ) ⋅ xl .

T(x) = C1 x + C2 .

󳨐⇒

C2 = T1 , C1 =

T2 − T1 . l

20 | 3 Die Wärmeleitungsgleichung ohne innere Wärmequellen

b) Randbedingungen 1. und 2. Art: dT Q̇ = −λA ⋅ [ ] = Q̇ l dx x=l

T(0, t) = T1 , 󳨐⇒

− λA ⋅ C1 = Q̇ l

und

C2 = T2

󳨐⇒

C1 = −

Q̇ l . λA

̇

Ql Es folgt T(x) = T2 − λA ⋅ x. dT ̇ Die Kombination −λ ⋅ [ dx ]x=0 = Q̇ 0 , −λ ⋅ [ dT dx ]x=l = Q l ist nicht möglich, wenn die Platte außer an den Enden überall isoliert ist. Dann muss Q̇ 0 = Q̇ l sein. c) Randbedingungen 1. und 3. Art:

T(0, t) = T1 , 󳨐⇒

−λ ⋅ [

dT ] = α ⋅ (T2 − T∞ ) dx x=l

− λ ⋅ C1 = α ⋅ (T2 − T∞ ) und

C2 = T2 .

Man erhält T(r) = T2 − α⋅(T2λ−T∞ ) ⋅ x. Rein rechnerisch gesehen sind weitere Randbedingungen denkbar. Praktisch ge­ sehen, sind einige unmöglich oder unsinnig. 2. Zylinderrohr mit Dicke r2 − r1 (l ≫ r2 ). 1 dT dT ⋅ (r )=0 r dr dr

dT = C1 dr

󳨐⇒

r

󳨐⇒

T(r) = C1 ln(r) + C2 .

󳨐⇒

dT =

C1 dr r

a) Randbedingungen 1. Art: T(r1 ) = T1 ,

T(r2 ) = T2

󳨐⇒

T1 = C1 ln(r1 ) + C2

󳨐⇒

T1 = C1 ln(r1 ) + C2 ,

󳨐⇒

C1 =

T2 − T1 ln ( rr21 )

,

T2 = C1 ln(r2 ) + C2

C2 = T1 −

T2 − T1 ln ( rr21 )

ln(r1 ) .

Somit ist T(r) =

T2 − T1 ln ( rr21 )

ln(r) + T1 −

T2 − T1 ln ( rr21 )

ln(r1 )

󳨐⇒

T(r) = T1 + (T2 − T1 ) ⋅

b) Randbedingungen 1. und 2. Art: T(r1 ) = T1 , 󳨐⇒ 󳨐⇒

−λA ⋅ [

dT ] = Q̇ 2 dr r=r2

C1 = Q̇ 2 und T1 = C1 ln(r1 ) + C2 r2 Q̇ 2 r2 Q̇ 2 r2 C1 = − 󳨐⇒ C2 = ln(r1 ) + T1 . λA λA − λA ⋅

Man erhält T(r) = T1 −

Q̇ 2 r 2 λA

⋅ ln( rr1 ).

ln ( rr1 ) ln ( rr21 )

.

3.2 Instationäre Temperaturverteilung

|

21

c) Randbedingungen 1. und 3. Art: T(r1 , t) = T1 ,

−λ ⋅ [

dT = α ⋅ (T2 − T∞ ) ] dr r=r2

λ ⋅ C1 = α ⋅ (C1 ln(r2 ) + C2 − T∞ ) und r2

󳨐⇒



󳨐⇒

− λC1 = r2 αC1 ln(r2 ) + r2 αT1 − r2 αC1 ln(r1 ) − r2 αT∞

󳨐⇒

C1 = C2 = =

r2 α(T∞ − T1 ) λ + r2 α ln ( rr21 )

,

C2 = T1 −

T1 = C1 ln(r1 ) + C2

r2 α(T∞ − T1 ) λ + r2 α ln ( rr21 )

ln(r1 ) .

λT1 + r2 α ln(r2 )T1 − r2 α ln(r1 )T1 − r2 α(T∞ − T1 ) ln(r1 ) λ + r2 α ln ( rr21 ) λT1 + r2 α(ln(r2 )T1 − ln(r1 )T∞ ) λ + r2 α ln ( rr21 )

Es folgt T(r) =

r2 α(T∞ − T1 ) λ+

r2 α ln ( rr21 )

⋅ ln(r) +

λT1 + r2 α(ln(r2 )T1 − ln(r1 )T∞ ) λ + r2 α ln ( rr21 )

.

Aufgabe Bearbeiten Sie die Übung 6.

3.2 Instationäre Temperaturverteilung Nun wollen wir uns den instationären Fällen zuwenden. Zeitabhängige Temperatur­ felder treten auf, wenn sich die thermischen Bedingungen am Rand eines Körpers ändern. Wird beispielsweise ein Körper mit anfänglich konstanter Temperatur einer Umgebung mit einer davon abweichenden Temperatur ausgesetzt, dann fließt Wärme über die Körperoberfläche und die Temperatur im Körper ändert sich mit der Zeit. Am Ende des zeitabhängigen Vorgangs stellt sich dann eine neue stationäre Temperatur­ verteilung ein. Symmetrische Temperaturverteilung Eine exakte Lösung mit Reihenlösungen existiert nur für einen symmetrischen Tempe­ raturverlauf. Auf einen solchen wollen wir uns beschränken. Um diesen für die Körper Platte, Zylinder und Kugel gleichzeitig zu beschreiben, wählen wir die Dicke der Plat­ te 2l, damit sind der Radius des Zylinders und der Kugel l. Die Temperaturverteilung wird dann von 0 bis l betrachtet und gespiegelt.

22 | 3 Die Wärmeleitungsgleichung ohne innere Wärmequellen

Abb. 3.3: Skizze zu den drei Randbedingungen bei symmetrischer Temperaturverteilung

Aus dieser Vorgabe folgt zwingend, dass der Wärmestrom in der Mitte Null sein muss: [ dT dr ]r=0 = 0. Wir betrachten im Einzelnen die drei bekannten Randbedingungen (Abb. 3.3) und geben zudem vor, dass die Anfangstemperaturverteilung konstant sei: T(r, 0) = T0 . 1. Im ersten Fall wird am Rand eine Wandtemperatur TW angesetzt und beibehal­ ten, die der Umgebungstemperatur T∞ entspricht. In der Praxis muss dann die Oberflächentemperatur durch Messung bekannt sein. Insbesondere kommt die­ ser Fall bei der Änderung des Aggregatzustands vor, die Oberfläche hat dann z. B. Schmelz- oder Kondensationstemperatur. 2. Hier wird an der Wand ein konstanter Wärmestrom q̇ angelegt, wie er beispiels­ weise beim elektrischen Heizen auftritt. Mit der Zeit bildet sich eine stationäre Temperaturverteilung im Körper. Durch die weitere Wärmezufuhr steigt die Tem­ peratur aber weiter an. 3. Im letzten Fall wird der Körper ausgehend von einer Temperaturverteilung T(r, 0) = T0 ohne weitere Vorgaben der Außentemperatur T∞ überlassen. Der Ort des eingezeichneten Temperaturpunkts T∞ ist nicht willkürlich, sondern auf der Höhe T∞ im Abstand αλ abgetragen. Dies deshalb, weil für den Wärmestrom α am Rand [ dT dr ]r=l = − λ (T ∞ − T W (l)) gilt. Da mit der Zeit die Wandtemperatur T ∞ −T(l) steigt, sinkt die Differenz T∞ − TW . Somit ist die Steigung [ dT dr ]r=l gerade − λ/α und entspricht dem Steigungsdreieck. Damit ist die Zeichnung auch graphisch korrekt. Sinkt die Wärmeübergangszahl α immer weiter bis auf Null ab, dann ist die Strecke αλ unendlich lang, die Oberfläche wird dann adiabat und lässt kei­ nen Wärmestrom zu. Die anfängliche Temperaturverteilung T(r, 0) = T0 bleibt bestehen. Wächst anderseits die Wärmeübergangszahl α immer weiter bis auf Unendlich an, dann ist die Strecke αλ Null, Wandtemperatur und Umgebungstemperatur stim­ men überein. Dieser Grenzfall erweist sich somit als Randbedingung der 1. Art. Ein allfälliger Wärmestrom an der Wand kann dann nicht über Q̇ l = αA(T∞ − TW (l)) berechnet werden, da der Ausdruck „∞ ⋅ 0“ liefert, sondern muss über Q̇ l = −λA[ dT dr ]r=l bestimmt werden. Bemerkung. Das Modell ist äquivalent zu einem in der Mitte vollständig isolierten Körper.

3.2 Instationäre Temperaturverteilung |

23

Es soll die Lösung der DGL n ∂T ∂2 T ∂T = β2 ( ⋅ + 2) ∂t r ∂r ∂r

mit

β2 =

λ cρ

bestimmt werden. An dieser Stelle führen wir dimensionslose Größen ein. Im ersten Fall wäre W ϑ(r, t) := T(r,t)−T T 0 −T W die Temperaturdifferenz zur Zeit t verglichen mit der treibenden, der stets gleich großen Temperaturdifferenz T0 − TW . Die dimensionslose Starttemperatur ist ϑ(r, 0) = 1. Die dimensionslose Endtemperatur beträgt ϑ(r, ∞) = 0. Daraus wird dann T(r, t) = ϑ(r, t)(T0 − TW ) + TW , unabhängig davon, ob es sich um eine Abkühlung oder eine Erwärmung handelt. ξ := rl bezeichnet die dimensionslose Länge. Da 0 ≤ r ≤ l, folgt 0 ≤ ξ ≤ 1. Fo :=

λt β2 t = l2 cρl2

heißt Fourierzahl und ist die dimensionslose Zeit (

W m⋅K ⋅ kg J kg⋅K ⋅ m3

s ⋅ m2

=

kg⋅m2 1 ⋅ m⋅K ⋅ s3 kg⋅m2 kg 1 ⋅ kg⋅K ⋅ m3 s2

s ⋅ m2

) .

Bi := αlλ ist die schon weiter oben eingeführte Biotzahl. Es gilt dann ∂ϑ l2 ∂ϑ ∂t ∂T 1 ⋅ 2 = ⋅ = ⋅ ∂Fo ∂t ∂Fo ∂t T0 − TW β und ∂ϑ ∂ϑ ∂r ∂T 1 ⋅l, = ⋅ = ⋅ ∂ξ ∂r ∂ξ ∂r T0 − TW

∂2 ϑ ∂2 ϑ ∂r 2 ∂2 T 1 = ⋅ ( ⋅ l2 . ) = 2 ⋅ ∂ξ T0 − TW ∂ξ 2 ∂r2 ∂r

Eingesetzt folgt β2

(T0 − TW ) ∂ϑ n (T0 − TW ) ∂ϑ (T0 − TW ) ∂2 ϑ 2 ⋅ ( ⋅ 2) . = β ⋅ ⋅ + ∂Fo l⋅ξ l ∂ξ l2 l2 ∂ξ

Schließlich ist ∂ϑ n ∂ϑ ∂2 ϑ = ⋅ + ∂Fo ξ ∂ξ ∂ξ 2 die zugehörige DGL mit den dimensionslosen Größen. Die Randbedingungen ändern ∂ϑ sich entsprechend. Aus [ dT dr ]r=0 = 0 wird [ ∂ξ ]ξ=0 = 0.

24 | 3 Die Wärmeleitungsgleichung ohne innere Wärmequellen Randbedingung 1. Art. Die Temperatur am Rand ist konstant. T(l, t) = T(l) = TW . Aus T(l, t) = 0 wird ϑ(ξ = 1, Fo) =

T(l, t) − TW TW − TW = =0. T0 − TW T0 − TW

Randbedingung 2. Art. Diesen Fall betrachten wir eingehend am Schluss, nach der 3. Art. Randbedingung 3. Art. Aus −λ ⋅ [ dT dr ]r=l = α ⋅ (T(l, t) − T ∞ ) wird −λ ⋅ [

T0 − T∞ ∂ϑ ⋅( ] ) = α ⋅ (ϑ(ξ = 1, Fo)(T0 − T∞ ) + T∞ − T∞ ) , ∂ξ ξ=1 l [

αl ∂ϑ ] = − ⋅ ϑ(ξ = 1, Fo) ∂ξ ξ=1 λ

󳨐⇒

[

∂ϑ ] = −Bi ⋅ ϑ(ξ = 1, Fo) . ∂ξ ξ=1

Das heißt, der Wärmestrom ist proportional zur zeitlich sich ändernden Wandtem­ peratur ϑW (t) = ϑ(ξ = 1, Fo). Dass die Steigungen der Tangenten oder die Werte von [ ∂ϑ ∂ξ ]ξ=1 negativ sind, liegt daran, dass es sich bei ϑ(ξ, Fo) um eine Abkühlung handelt. Da die Temperaturfunktion ϑ(ξ, Fo) zweimal nach dem Ort und einmal nach der Zeit abgeleitet wird, braucht es für eine eindeutige Lösung zwei Randbedingungen und ei­ ne Anfangsbedingung. Die drei oben skizzierten Arten sollen nun im Einzelnen durch­ gerechnet werden.

3.3 Instationäre Lösung für die Platte Randbedingung 1. Art [

∂ϑ =0, ] ∂ξ ξ=0

ϑ(ξ = 1, Fo) = 0 .

Anfangsbedingung. ϑ(ξ, 0) = 1 für 0 ≤ ξ ≤ 1. ̇ Separationsansatz ϑ(ξ, Fo) = v(ξ) ⋅ w(Fo) 󳨐⇒ v(ξ) ⋅ w(Fo) = v󸀠󸀠 (ξ) ⋅ w(Fo). Die Ableitung nach dem Ort meint immer nach ξ , diejenige nach der Zeit immer nach Fo. Es folgt ̇ w(Fo) v󸀠󸀠 (ξ) = := −μ 2 w(Fo) v(ξ) (negativ, weil die Temperatur mit der Zeit abnimmt). Es folgt das DGL-System v󸀠󸀠 + μ 2 v = 0 und ẇ + μ2 w = 0. Dann erhält man v(ξ) = C1 cos(μξ) + C2 sin(μξ). Mit der ersten Randbedingung ist auch [ ∂v ∂ξ ]ξ=0 = 0.

3.3 Instationäre Lösung für die Platte |

25

Somit hat man C2 = 0. Aus ϑ(ξ = 1, Fo) = 0 folgt v(ξ = 1) = 0. Das bedeutet aber, dass (2n − 1)π C1 cos(μ) = 0 ⇐⇒ μ n = . 2 Die Eigenfunktionen sind damit v n (ξ) = cos (

(2n − 1)π ξ) . 2

Die Lösung der zeitlichen DGL ist w(Fo) = C ⋅ e−μ

2

Fo

󳨐⇒

w n (Fo) = c n ⋅ e−(

(2n−1)π 2 ) Fo 2

.

Zusammen erhält man ∞

ϑ(ξ, Fo) = ∑ c n ⋅ e−( n=1

(2n−1)π 2 ) Fo 2

⋅ cos (

(2n − 1)π ξ) . 2

(2n−1)π Aus der Anfangsbedingung ϑ(ξ, Fo = 0) = 1 schließlich ist 1 = ∑∞ ξ). n=1 c n ⋅ cos( 2 Die Koeffizienten c n sind die Fourierkoeffizienten der Funktion ϑ = 1 entwickelt nach Eigenfunktionen. Wie schon bei der Saitenschwingung erklärt, erhält man diese mittels 1

n+1 ξ) sin ( (2n−1)π (2n − 1)π 2 ] = 4(−1) c n = 2 ∫ 1 ⋅ cos ( ξ ) dξ = 4 [ . 2 (2n − 1)π (2n − 1)π 0 [ ]0 1

Somit folgt ∞

(2n−1)2 2 4(−1)n+1 (2n − 1)π ⋅ e− 4 π ⋅Fo ⋅ cos ( ξ) . (2n − 1)π 2 n=1

ϑ(ξ, Fo) = ∑

Das Endergebnis mit T(r, t) = ϑ(r, t)(T0 − TW ) + TW lautet ∞

2 4(−1)n+1 (2n − 1)π − (2n−1) β 2 π 2 ⋅t ⋅ cos ( ⋅ e 4l2 r)) ⋅ (T0 − TW ) + TW . (3.2) (2n − 1)π 2l n=1

T(r, t) = ( ∑

Für eine Darstellung sei r = 1, T0 = 1, TW = 3 und β 2 = 1. Abb. 3.4 zeigt den Tempe­ raturverlauf zu den elf Zeiten t = 0, 0,001, 0,01, 0,03, 0,1, 0,2, 0,3, 0,45, 0,7, 1, 2. Die Temperatur im Kern ist ∞

2 4(−1)n+1 − (2n−1) β 2 π 2 ⋅t ⋅ e 4l2 ) ⋅ (T0 − TW ) + TW . (2n − 1)π n=1

T(0, t) = ( ∑

26 | 3 Die Wärmeleitungsgleichung ohne innere Wärmequellen

Abb. 3.4: Graphen von (3.2)

Will man eine mittlere Temperatur zur Zeit t bestimmen, so muss man über das Inter­ 1 vall von −l bis l integrieren und mit 2l normieren, oder gleichwertig 1

2 ∫ cos (

(2n − 1)π ξ ) dξ 2

0

bestimmen. Man erhält nacheinender l



2 4(−1)n+1 (2n − 1)π − (2n−1) β 2 π 2 ⋅t 2 ⋅ ∫ cos ( ⋅ e 4l2 r) dr) ⋅ (T0 − TW ) + TW , (2n − 1)π 2l 2l n=1

T(t) = ( ∑

0



2 n+1 4(−1)n+1 − (2n−1) β 2 π 2 ⋅t 1 2l(−1) T(t) = ( ∑ ⋅ ⋅ ⋅ e 4l2 ) ⋅ (T0 − TW ) + TW (2n − 1)π l (2n − 1)π n=1

und ∞

2 8 − (2n−1) β 2 π 2 ⋅t ⋅ e 4l2 ) ⋅ (T0 − TW ) + TW . 2 2 n=1 (2n − 1) π

T(t) = ( ∑

Weiter kann man die zur Zeit t fließende Wärmestromdichte q̇ W = −λ ⋅ [ ∂T ∂r ]r=l an der Wand bestimmen: ∞

2 4(−1)n+1 (2n − 1)π − (2n−1) β 2 π 2 ⋅t (2n − 1)π ⋅ ⋅ e 4l2 sin ( l)) ⋅ (T0 − TW ) (2n − 1)π 2l 2l n=1

q̇ W = −λ ⋅ ( ∑ ∞

2 4(−1)n+1 − (2n−1) β 2 π 2 ⋅t (2n − 1)π ⋅ e 4l2 (−1)n+1 ) ⋅ (T0 − TW ) ⋅ (2n − 1)π 2l n=1

q̇ W = −λ ⋅ ( ∑ q̇ W (t) = −λ ⋅

∞ 2 2 − (2n−1) β 2 π 2 ⋅t . ⋅ (T0 − TW ) ∑ e 4l2 l n=1

3.3 Instationäre Lösung für die Platte |

27

Eine mittlere Wärmestromdichte in der Zeit von 0 bis t kann man natürlich auch noch berechnen. Da q̇ l (t) sich in immer längeren Zeitabschnitten um gleich viel ändert, wer­ den die Mittelwerte mit der Zeit immer kleiner und streben für eine unendlich lange Zeit gegen Null. q̇ W (t) =

t

t

0

0

∞ 2 1 1 2 − (2n−1) β 2 π 2 ⋅τ ∫ q̇ l (τ) dτ = −λ ⋅ ⋅ (T0 − TW ) ∑ ∫ e 4l2 dτ t l t n=1

∞ t 2 2 4l2 1 − (2n−1) β 2 π 2 ⋅τ 4l2 q̇ W (t) = −λ ⋅ ⋅ (T0 − TW ) ∑ − ⋅ ] [e 2 2 2 l t 0 n=1 (2n − 1) β π

q̇ W (t) =

∞ 4l2 2λ 1 − (2n−1)2 β2 π2 ⋅t ⋅ (e 4l2 − 1) , ⋅ (T0 − TW ) ∑ 2 2 2 l t (2n − 1) β π n=1

lim q̇ l (t) = 0 .

t→∞

Aufgabe Bearbeiten Sie die Übung 7.

Schließlich geben wir noch die bis zur Zeit t über die Fläche A ins Innere abgegebene Wärmemenge Q(t) an. Sie berechnet sich als Integral der Wärmestromdichte q̇ l (r = l, t) an der Körperfläche. Man erhält t

t

0

0

∞ 2 2 − (2n−1) β 2 π 2 ⋅τ Q(t) = A ⋅ ∫ q̇ l (τ) dτ = −λ ⋅ A (T0 − TW ) ∑ ∫ e 4l2 dτ l n=1

und daraus ∞ 2 2 2 4l2 2 − (2n−1) β π ⋅t 4l2 (e − 1) . Q(t) = λ ⋅ A (T0 − TW ) ∑ 2 2 2 l n=1 (2n − 1) β π

Randbedingung 3. Art [

∂ϑ ] =0, ∂ξ ξ=0

[

∂ϑ ] = −Bi ⋅ ϑ(ξ = 1, Fo) . ∂ξ ξ=1

Anfangsbedingung. ϑ(ξ, 0) = 1 für 0 ≤ ξ ≤ 1. Mit der ersten Randbedingung reduziert sich die Ortsfunktion zu v(ξ) = C1 cos(μξ). Die zweite Randbedingung liefert −C1 μ sin(μ) ⋅ w(Fo) = −Bi ⋅ C1 cos(μ) ⋅ w(Fo). Daraus entsteht die charakteristische Gleichung für die Eigenwerte tan(μ) =

Bi . μ

(3.3)

Diese Gleichung lässt sich nur numerisch lösen. Es existieren unendlich viele streng monoton wachsende positive Eigenwerte μ1 , μ 2 , μ 3 , . . . (Abb. 3.5). Die Eigenfunktio­ nen sind dann v n (ξ) = cos(μ n ξ). Die Lösung der zeitlichen DGL ist w(t) = C ⋅ e−μ t . 2

28 | 3 Die Wärmeleitungsgleichung ohne innere Wärmequellen

Abb. 3.5: Graphen der Gleichung (3.3)

Zusammen erhält man ∞

T(ξ, Fo) = ∑ c n ⋅ e−μ n Fo ⋅ cos(μ n ξ) . 2

n=1

Aus der Anfangsbedingung ϑ(ξ, 0) = 1 wird ∞

1 = ∑ c n ⋅ cos(μ n ξ) .

(3.4)

n=1

Es gilt 1

{0 ∫ cos(μ n ξ) cos(μ m ξ) dξ = { A 0 { n

für n ≠ m für n = m

.

Das sieht man so: Sowohl cos(μ n ξ) als auch cos(μ m ξ) entwickelt man nun in eine Fourierreihe: ∞

cos(μ n ξ) = ∑ a r cos ( r=1

(2r − 1)π ξ) , 2



cos(μ m ξ) = ∑ b s cos ( s=1

(2s − 1)π ξ) . 2

Dann ist 1

1 ∞

∫ cos(μ n ξ) cos(μ m ξ) dξ = ∫ ∑ a r cos ( 0 r=1

0

∞ ∞ 1

∞ (2r − 1)π (2s − 1)π ξ ) ∑ b s cos ( ξ ) dξ 2 2 s=1

= ∑ ∑ ∫ a r b s cos ( r=1 s=1 0

(2r − 1)π (2s − 1)π ξ ) cos ( ξ ) dξ 2 2

und folglich 1

{0 ∫ cos(μ n ξ) cos(μ m ξ) dξ = { 1 a b =: A r 0 {2 r r oder mit dem Index n: A n ≠ 0.

für r ≠ s für r = s

,

3.3 Instationäre Lösung für die Platte | 29

Multiplikation von (3.4) mit cos(μ m ξ) ergibt ∞

cos(μ m ξ) = ∑ c n ⋅ cos(μ n ξ) cos(μ m ξ) . n=1

Integriert über die Periode führt zu 1



1

n=1

0

∫ cos(μ m ξ) dξ = ∑ c n ⋅ ∫ cos(μ n ξ) cos(μ m ξ) dξ . 0

Übrig bleibt 1

1

∫ cos(μ n ξ) dξ = c n ⋅ ∫ cos2 (μ n ξ) dξ . 0

0

Die Bestimmungsgleichung für c n ergibt sich zu 1

cn =

∫0 cos(μ n ξ) dξ 1 ∫0

cos2 (μ

n ξ) dξ

=

1 1 μ n [sin(μ n ξ)]0 1 2μ n [μ n ξ

+ sin(μ n ξ) cos(μ n ξ)]10

=

2 sin(μ n ) . μ n + sin(μ n ) cos(μ n )

Das Endergebnis lautet ∞

T(r, t) = ( ∑ n=1

2 2 sin(μ n ) μn −μ 2 ⋅ β ⋅t ⋅ e n l2 ⋅ cos ( r)) ⋅ (T0 − T∞ ) + T∞ (3.5) μ n + sin(μ n ) cos(μ n ) l

mit der charakteristischen Gleichung tan(μ) =

Bi μ.

Für die mittlere Temperatur zur Zeit t erhält man nacheinander l



2 2 sin(μ n ) μn −μ 2 ⋅ β ⋅t 2 ⋅ e n l2 ⋅ ∫ cos ( r) dr) ⋅ (T0 − T∞ ) + T∞ , μ + sin(μ ) cos(μ ) 2l l n n n n=1

T(t) = ( ∑

0



β2 2 sin(μ n ) −μ 2 ⋅ ⋅t 1 l ⋅ sin(μ n )) ⋅ (T0 − T∞ ) + T∞ ⋅ e n l2 ⋅ μ + sin(μ n ) cos(μ n ) l μn n=1 n

T(t) = ( ∑ und



T(t) = ( ∑ n=1

2 2 sin2 (μ n ) −μ 2 ⋅ β ⋅t ⋅ e n l2 ) ⋅ (T0 − T∞ ) + T∞ . μ n (μ n + sin(μ n ) cos(μ n ))

(3.6)

30 | 3 Die Wärmeleitungsgleichung ohne innere Wärmequellen

Beispiel.

∂T ∂t

= β2 ⋅

∂2 T . ∂x 2

Wir nehmen den Aluminiumstab aus Übung 7 mit l = 0,1 m

J W λ 1 und c p = 900 kg⋅K , ρ = 2700 mkg3 , λ = 240 m⋅K . Dann ergibt sich β 2 = cρ = 10.125 . Als Fluid nehmen wir stark bewegte Luft mit einer Wärmeübergangszahl von α = 240 mW 2 ⋅K . Die Temperatur der Luft soll T ∞ = 50 °C betragen, wohingegen das Alu­ minium eine Anfangstemperatur von T0 = 20 °C besitzt. Die charakteristische Gleichung ist

tan(μ) =

αl 240 ⋅ 0,1 1 Bi = = = . μ λμ 240μ 10μ

Die ersten zehn Eigenwerte sind n

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

μn

0,31

3,17

6,30

9,44

12,57

15,71

18,85

22,00

25,14

28,28

6

7

Die ersten zehn Werte für c n betragen n

1

2

3

4

5

8

9

10

c n 1,0161 −0,0197 0,0050 −0,0022 0,0013 −0,0008 0,0006 −0,0004 0,0003 −0,0003

Damit erhält man ∞

T(r, t) = ( ∑ c n ⋅ e−μ n ⋅ 10.125 ⋅t ⋅ cos(10μ n r)) ⋅ (−30) + 50 . 2

100

(3.7)

n=1

Abbildung 3.6 zeigt den Temperaturverlauf für die acht Zeiten t = 0, 10 s, 2 min, 5 min, 10 min, 15 min, 30 min, 1 h.

Abb. 3.6: Graphen der Gleichung (3.7)

3.4 Instationäre Lösung für die Kugel | 31

An den Koeffizienten c n erkennt man, dass die Temperaturfunktion für große Zei­ ten im Wesentlichen nur vom ersten Glied geprägt ist. Für kleine Zeiten müssen mehr Terme addiert werden. Auf Näherungsformeln kommen wir später zurück.

Aufgabe Bearbeiten Sie die Übung 8.

3.4 Instationäre Lösung für die Kugel 2

∂ϑ ∂ ϑ Gesucht ist die Lösung der DGL ∂Fo = nξ ⋅ ∂ϑ ∂ξ + ∂ξ 2 . Der Separationsansatz T(ξ, Fo) = v(ξ) ⋅ w(Fo) führt zu

̇ v(ξ)w(Fo) = v󸀠󸀠 (ξ)w(Fo) +

2 󸀠 v (ξ)w(Fo) r

Das ergibt das DGL-System v󸀠󸀠 (ξ) + 2 ⋅

v 󸀠 (ξ) ξ

󳨐⇒

̇ w(Fo) v󸀠󸀠 (ξ) 2 v󸀠 (ξ) = + ⋅ := −μ2 . w(Fo) v(ξ) ξ v(ξ)

̇ + μ2 ⋅ v(ξ) = 0 und w(Fo) + μ 2 w(Fo) = 0.

Für die ortsabhängige DGL substituieren wir x = μ ⋅ ξ . Dann ist folglich

∂v ∂ξ

=

∂v ∂x



∂x ∂ξ

und

∂2 v ∂ ∂v ∂ ∂v ∂x ∂ ∂v ∂x ∂x = ( )= ( ⋅ )= ( ⋅ )⋅ 2 ∂ξ ∂ξ ∂ξ ∂x ∂ξ ∂x ∂x ∂ξ ∂ξ ∂ξ ∂x =konst., ∂ξ

sonst Produktregel

=

∂x ∂ ∂v ∂x 2 ∂x ∂2 v ⋅( ) . ⋅ ( )⋅ = 2 ∂ξ ∂x ∂x ∂ξ ∂ξ ∂x

Dann ist

󳨐⇒ 󳨐⇒

∂2 v ∂x 2 2 ∂v ∂x ⋅ ( ) + ⋅ ⋅ + μ2 ⋅ v = 0 ∂ξ ξ ∂x ∂ξ ∂x2 ∂2 v 2 2 ∂v ∂2 v 2 ∂v 2 ⋅ μ + μ ⋅ ⋅ v = 0 󳨐 ⇒ + ⋅ ⋅ ⋅ μ + μ +v=0 x ∂x ∂x2 ∂x2 x ∂x 2v󸀠 (x) v󸀠󸀠 (x) + + v(x) = 0 oder xv󸀠󸀠 + 2v󸀠 + xv = 0 . x

Wir substituieren z(x) = x ⋅ v(x) und erhalten z󸀠 = v + xv󸀠 , z󸀠󸀠 = v󸀠 + v󸀠 + xv󸀠󸀠 . Weiter hat man z󸀠󸀠 + z = v󸀠 + v󸀠 + xv󸀠󸀠 + xv = 0, also z󸀠󸀠 + z = 0, woraus die Lösung + C2 sin(x) z(x) = C1 cos(x) + C2 sin(x) entsteht. Schließlich ist v(x) = C 1 cos(x) x x . Man schreibt auch kurz v(x) = C1 co(x) + C2 si(x) (Sinus Kardinalis und Kosinus Kardinalis). Zum Vergleich setzen wir die DGL der Kugel der harmonischen DGL gegenüber. Die Harmonische DGL (HDGL) lautet v󸀠󸀠 + v = 0 und besitzt die Basislösungen v1 (x) = cos(x) und v2 (x) = sin(x) (Abb. 3.7). 󸀠 Die DGL der Kugel (KDGL) v󸀠󸀠 + 2vx + v = 0 mit den Basislösungen v1 (x) = cos(x) x und v2 (x) = sin(x) (Abb. 3.8). x

32 | 3 Die Wärmeleitungsgleichung ohne innere Wärmequellen

Abb. 3.7: Basislösungen der harmonischen Differenzialgleichung

Abb. 3.8: Basislösungen für die Differenzialgleichung der Kugel

Der Unterschied in der DGL besteht darin, dass die KDGL bei x = 0 eine Singu­ larität besitzt. Für große x werden die Lösungen der KDGL wenig von denjenigen der HDGL abweichen. Man sieht das auch an den Graphen: sowohl si(x) als auch co(x) oszillieren, wenngleich abklingend. Für kleine x entscheidet vor allem das Verhalten von co(x). Machen wir noch unsere anfängliche Substitution x = μr rückgängig, dann kön­ nen wir die Eigenfunktionen angeben, falls wir mit μ n , bzw. μ n = nπ l die Eigenwerte bezeichnen. cos(μ n ξ) nπ Die Eigenfunktionen sind cos( nπ und l x) und sin( l x) für die HDGL sowie μn ξ sin(μ n ξ) μn ξ

im Fall der KDGL. Die Anzahl Nullstellen nimmt für wachsendes n bei den trigonometrischen Funk­ tionen zu. Dasselbe gilt auch für die kardinalen Funktionen. Da f(x) = cos(x) achsensymmetrisch, g(x) = x hingegen punktsymmetrisch ist, wird v1 (x) = cos(x) selber punktsymmetrisch mit x lim

x→0

cos(x) sin(x) = lim =0. x→0 x 1

3.4 Instationäre Lösung für die Kugel

v2 (x) =

sin(x) x

| 33

hingegen ist punktsymmetrisch mit sin(x) cos(x) = lim =1. x→0 x 1

lim

x→0

̇ Geben wir noch die bekannte Lösung der zeitlichen DGL w(Fo) + μ2 w(Fo) = 0 als 2 −μ Fo n an, dann können wir schließlich das allgemeine Ergebnis formulie­ w n (Fo) = e ren: Die Lösung der DGL

2

= β 2 ⋅ ( ∂∂rT2 +

∂T ∂t



T(r, t) = ( ∑ (C1

cos (

μn l r)

μn l r

n=1

2 r



+ C2

∂T ∂r ) lautet

sin (

μn l r)

μn l r

2

)e

−μ 2n β2 ⋅t l

) ⋅ (T0 − TW ) + TW

mit zu bestimmenden Eigenwerten μ n und Konstanten C1 und C2 , die durch An­ fangs- und Randbedingungen festgelegt sind.

Randbedingung 1. Art [

∂ϑ =0, ] ∂ξ ξ=0

ϑ(ξ = 1, Fo) = 0 .

Anfangsbedingung. ϑ(ξ, 0) = 1 für 0 ≤ ξ ≤ 1. Es ist v(ξ) = C1 cos(μξ) + C2 sin(μξ) μξ μξ . Aus der ersten Randbedingung (Achsensymmetrie) folgt C1 = 0. Mit ϑ(ξ = 1, Fo) = 0 ist auch v(ξ = 1) = 0, was sin(μ) = 0 ergibt. Somit betragen die Eigenwerte μ n = nπ mit den Eigenfunktionen v n (ξ) = sin(nπξ) nπξ . Die Lösung der zeitlichen DGL ist w n (Fo) = C ⋅ e−n

2 2

π Fo

.

Zusammen erhält man ∞

T(r, t) = ( ∑ c n ⋅ e

2

−n 2 π 2 β2 ⋅t l



sin ( nπ l r)

n=1

nπ l r

) ⋅ (T0 − TW ) + TW .

sin(nπξ) Die Anfangsbedingung ergibt 1 = ∑∞ n=1 c n ⋅ nπξ . Multiplikation mit ξ und sin(mπξ) liefert ∞

ξ ⋅ sin(mπξ) = ∑ c n ⋅ n=1

sin(nπξ) ⋅ sin(mπξ) . nπ

34 | 3 Die Wärmeleitungsgleichung ohne innere Wärmequellen

Aus der Integration über das Periodenintervall resultiert die Gleichung 1



1

n=1

0

∫ ξ ⋅ sin(mπξ) dξ = ∑ c n ⋅ ∫ 0

sin(nπξ) ⋅ sin(mπξ) dξ . nπ

Wieder gilt 1

{0 ∫ sin(nπξ) ⋅ sin(mπξ) dξ = { 1 0 {2

für n ≠ m für n = m

.

(3.8)

Übrig bleibt rechts nur der Term mit n = m, also 1

1

∫ ξ ⋅ sin(nπξ) dξ = c n ⋅ ∫ 0

sin2 (nπξ) dξ . nπ

0

Die Bestimmungsgleichung für c n lautet dann 1

c n = nπ ⋅

∫0 ξ ⋅ sin(nπξ) dξ 1

∫0 sin2 (nπξ) dξ

oder c n = nπ ⋅

1 1 [sin(nπξ) − nπξ cos(nπξ)]0 n2 π2 1 1 2nπ [nπξ − sin(nπξ) cos(nπξ)]0

2(sin(nπ) − nπ cos(nπ)) = 2(−1)n+1 . nπ − sin(nπ) cos(nπ)

=

Das Endergebnis schreibt sich als ∞

2

T(r, t) = ( ∑ 2(−1)n+1 ⋅ e

−n 2 π 2 β2 ⋅t l



sin ( nπ l r)

n=1

nπ l r

) ⋅ (T0 − TW ) + TW .

Randbedingung 3. Art [

∂ϑ =0, ] ∂ξ ξ=0

[

∂ϑ = −Bi ⋅ ϑ(ξ = 1, Fo) . ] ∂ξ ξ=1

Anfangsbedingung. ϑ(ξ, 0) = 1 für 0 ≤ ξ ≤ 1. Mit der ersten Randbedingung ist wieder v(ξ) = C 2 Die zweite Randbedingung liefert

sin(μξ) μξ .

C2 ⋅ μ ⋅ 1 ⋅ cos(μ ⋅ 1) − sin(μ ⋅ 1) sin(μ ⋅ 1) ⋅ w(Fo) , ⋅ w(Fo) = −Bi ⋅ C2 μ μ⋅1 12 μ ⋅ cos(μ) − sin(μ) = −Bi ⋅ sin(μ) . Die charakteristische Gleichung lautet cot(μ) =

1−Bi μ .

3.5 Instationäre Lösung für den Zylinder

Die Eigenfunktionen haben die Form v n (ξ) = ̇ DGL w(Fo) + μ 2 w(Fo) = 0 ist wieder

sin(μ n ξ) μn ξ

| 35

und die Lösung der zeitlichen

w n (Fo) = e−μ n Fo . 2

Aus der Anfangsbedingung 1 = ∑∞ n=1 c n ⋅

sin(μ n ξ) μn ξ

1

cn = μn ⋅ =

∫0 ξ ⋅ sin(μ n ξ) dξ 1

∫0 sin2 (μ n ξ) dξ

= μn ⋅

ergeben sich die Koeffizienten zu

1 [sin(μ n ξ) − μ n ξ cos(μ n ξ)]10 μ 2n 1 1 2μ n [μ n ξ − sin(μ n ξ) cos(μ n ξ)]0

2(sin(μ n ) − μ n cos(μ n )) . μ n − sin(μ n ) cos(μ n )

Das Endergebnis lautet μn 2(sin(μ n ) − μ n cos(μ n )) −μ2n β22 ⋅t sin ( l r) ⋅e l ⋅ ) ⋅ (T0 − T∞ ) + T∞ μn μ n − sin(μ n ) cos(μ n ) n=1 l r ∞

T(r, t) = ( ∑

mit der charakteristischen Gleichung cot(μ) =

1−Bi μ

Aufgabe Bearbeiten Sie die Übung 9.

3.5 Instationäre Lösung für den Zylinder Gesucht ist die Lösung der DGL

∂ϑ ∂Fo

=

1 ξ



∂ϑ ∂ξ

+

∂2 ϑ . ∂ξ 2

Analog zur Kugel erhält man das DGL-System v󸀠󸀠 (ξ) + ̇ w(Fo) + μ 2 w(Fo) = 0. Mit der Substitution x = μ ⋅ ξ folgt

v 󸀠 (ξ) ξ

+ μ2 ⋅ v(ξ) = 0 und

v󸀠 (x) + v(x) = 0 oder x2 v󸀠󸀠 + xv󸀠 + x2 v = 0 . x Dies ist eine Bessel’sche DGL der „Ordnung“ Null. Verglichen mit der Kugel ist diese Gleichung nicht so einfach zu lösen. (Die Bessel’sche DGL p-ter Ordnung lautet x2 v󸀠󸀠 + xv󸀠 + (x2 − p2 )v = 0, p ∈ ℝ.) Die DGL hat bei x = 0 eine Singularität. Der Ansatz z(x) = x ⋅ v(x) führt hier nirgends hin. Stattdessen entwickeln wir v(x) in eine Potenzreihe um x = 0 und erhalten v(x) = ∞ ∑k=0 c k x k . Damit gehen wir in die DGL x2 v󸀠󸀠 + xv󸀠 + x2 v = 0. Dies führt zu v󸀠󸀠 (x) +







k=0

k=0

k=2

∑ c k k(k − 1)x k + ∑ c k kx k + ∑ c k−2 x k = 0 , wobei c−2 := 0 und c−1 := 0 ist.

36 | 3 Die Wärmeleitungsgleichung ohne innere Wärmequellen k Damit schreibt sich die DGL als ∑∞ k=0 [c k k(k − 1) + c k k + c k−2 ]x = 0.

k = 0:

0=0.

k = 1:

c1 = 0 .

k = 2:

c2 ⋅ 2 ⋅ 1 + c2 ⋅ 2 + c0 = 0

k:

c k ⋅ k(k − 1) + c k ⋅ k + c k−2 = 0

Damit ist c0 ist beliebig wählbar, z. B. c0 = 1 .

󳨐⇒

1 ⋅ c0 . 22 1 c k = − 2 c k−2 . k

c2 = − 󳨐⇒

Folglich ist c1 = c3 = c5 = ⋅ ⋅ ⋅ = 0 für ungerade k. Für gerade k ergibt sich ck = −

1 1 1 (−1)k 1 1 ⋅ ⋅ ⋅ = ⋅ . ) (− ) (− ) (− ) (− k2 (k − 2)2 (k − 4)2 42 22 (2k k!)2

Somit lautet die gesuchte Funktion ∞

(−1)k 2k x 4k (k!)2 k=0

J0 (x) = ∑

(Bessel’sche Funktion nullter Ordnung).

Diese konvergiert für alle positiven x nach dem Quotientenkriterium, denn es ist 󵄨󵄨 󵄨󵄨 c 󵄨󵄨 󵄨󵄨󵄨 (−1)k+2 4k (k!)2 󵄨󵄨󵄨 󵄨󵄨 1 󵄨󵄨 󵄨󵄨 k+2 󵄨󵄨 󵄨󵄨 󵄨󵄨 = 󵄨󵄨󵄨 󵄨󵄨 = 󵄨󵄨 󵄨 → 0 für 󵄨󵄨 󵄨 󵄨󵄨 c k 󵄨󵄨 󵄨󵄨 (−1)k 4k+2 ((k + 2)!)2 󵄨󵄨󵄨 󵄨󵄨󵄨 42 (k + 2)2 (k + 1)2 󵄨󵄨󵄨

k→∞.

Folglich hat man 1 2 1 4 1 1 1 x + x − x6 + x8 − x10 4 64 2304 147.456 14.745.600 1 + x12 ∓ . . . . 2.123.366.400

J 0 (x) = 1 −

Je kürzer das Intervall ist, umso weniger Terme muss man hinzunehmen (Darstellung folgt). Da nun die Bessel’sche DGL vom Grad zwei ist, muss es eine von J0 (x) unabhän­ gige Lösung geben. Um diese zu finden, müssen wir etwas ausholen. Betrachtet man die Bessel’sche DGL p-ter Ordnung x 2 v󸀠󸀠 +xv󸀠 +(x2 −p2 )v = 0, dann gibt es zwei voneinander unabhängige Lösungen. Diese findet man mit dem Ansatz k+s . Es folgt v(x) = ∑∞ k=0 c k x ∞







k=0

k=0

k=0

k=0

∑ c k s(s − 1)x k+s + ∑ c k sx k+s + ∑ c k x k+s+2 − p2 ∑ c k x k+s = 0 und daraus x s (c k s(s − 1) + c k s − p2 c k ) = 0

󳨐⇒

s(s − 1) + s − p2 = 0

󳨐⇒

s = ±p .

3.5 Instationäre Lösung für den Zylinder

| 37

Somit lauten die beiden Lösungen ∞

J−p (x) = ∑ c k x k−p



und

J p (x) = ∑ d k x k+p .

k=0

k=0

Die Frage ist, ob sie in jedem Fall linear unabhängig sind. Die genaue Form von J p (x) wurde schon im 3. Band ebenfalls durch Koeffizienten­ vergleich gefunden: ∞ (−1)k x 2k+p J p (x) = ∑ . ( ) k!(p + k)! 2 k=0 Nun ersetzen wir p durch −p und erhalten mit l := k − p, dass ∞

J −p (x) = ∑ k=0

(−1)k (−1)k x 2k−p ∞ x 2k−p = ∑ ( ) ( ) k!(−p + k)! 2 k!(−p + k)! 2 k=p



(−1)p+l x 2l+p = (−1)p ⋅ J p (x) . ( ) l!(p + l)! 2 l=0

=∑

Dies bedeutet, dass für alle p ∈ ℤ die beiden Lösungen J p (x) und J −p (x) linear abhän­ gig sind. Man kann zeigen (für uns nicht wichtig), dass J p (x) und J −p (x) für p ∈ ℝ \ ℤ linear unabhängig sind. In unserem Fall müssen wir einen Weg finden, die zweite von J 0 (x) linear unab­ hängige Lösung zu finden. 󸀠 Vergleichen wir zuerst die DGL v󸀠󸀠 + vx + v = 0 mit der homogenen DGL zweiter Ordnung mit konstanten Koeffizienten z󸀠󸀠 + az󸀠 + bz = 0. Damals machten wir den Ansatz z(x) = e sx , woraus die Indexgleichung s2 + as + b = 0 resultierte und wir erhielten s1,2 =

−a ± √a2 − 4b . 2

Für s1 = s2 = − 2a hat man somit nur eine Lösung z1 (x) = e− 2 x . Das Fundamentalsys­ a tem wurde vervollständigt durch die zweite Lösung z2 (x) = x ⋅ e− 2 x . Damit ist es nicht abwegig, für die zweite Lösung der DGL xv󸀠󸀠 + v󸀠 + xv = 0 fol­ genden Ansatz zu verwenden: v2 (x) = c(x) ⋅ J 0 (x). Dann ist a

v󸀠2 = c󸀠 J 0 + cJ 0󸀠

und

󸀠󸀠 󸀠 󸀠 󸀠 󸀠 󸀠󸀠 󸀠󸀠 󸀠 󸀠 󸀠󸀠 v󸀠󸀠 2 = c J 0 + c J 0 + c J 0 + cJ 0 = c J 0 + 2c J 0 + cJ 0 .

Eingesetzt in unsere DGL folgt xc󸀠󸀠 J 0 + 2xc󸀠 J 0󸀠 + xcJ 0󸀠󸀠 + c󸀠 J 0 + cJ 0󸀠 + xcJ 0 = 0 oder c (xJ 0󸀠󸀠 + xc󸀠󸀠 J 0 + xJ 0 ) + xc󸀠󸀠 J 0 + 2xc󸀠 J 0󸀠 + c󸀠 J 0 = 0

󳨐⇒

xc󸀠󸀠 J 0 + 2xc󸀠 J 0󸀠 + c󸀠 J 0 = 0 ,

denn J 0 erfüllt die DGL. Außerdem fällt auf, dass in der neuen DGL nur die Ableitungen der Funktion c(x) auftauchen. Weiter folgt xc󸀠󸀠 J 0 + 2xc󸀠 J 0󸀠 + c󸀠 J 0 = 0 und daraus (xc󸀠 )󸀠 J 0 + xc󸀠 J 0󸀠 + xc󸀠 J 0󸀠 = 0

󳨐⇒

(xc󸀠 J 0 )󸀠 = −xc󸀠 J 0󸀠 .

38 | 3 Die Wärmeleitungsgleichung ohne innere Wärmequellen Nähme man nun xc󸀠 = konst. = C1 , dann würde die DGL bis auf ein Vorzeichen gelöst. Es wäre dann c󸀠 = Cx1 und c(x) = C1 ln x + C2 . Zumindest motiviert es, des Weiteren mit dem Ansatz v2 (x) = J 0 (x) ⋅ ln x zu rechnen. Damit wird die DGL xv󸀠󸀠 + v󸀠 + xv = 0 aber nicht gelöst, wie wir gerade gesehen haben. Deswegen erweitern wir den Ansatz zu v2 (x) = J 0 (x) ⋅ ln x + f(x) und fragen nach der Gestalt von f(x). Wir erhalten zuerst v󸀠2 = J 0󸀠 ⋅ ln x +

J0 + f󸀠 x

und

󸀠󸀠 v󸀠󸀠 2 = J 0 ⋅ ln x +

J0󸀠 xJ 0󸀠 − J 0 + f 󸀠󸀠 . + x x2

Eingesetzt folgt xJ 0󸀠󸀠 ⋅ ln x + J0󸀠 + J 0󸀠 −

J0 J0 + xf 󸀠󸀠 + J 0󸀠 ⋅ ln x + + f 󸀠 + xJ 0 ⋅ ln x + xf = 0 x x

oder ln x ⋅ (xJ 0󸀠󸀠 + J 0󸀠 + xJ 0 ) + 2J 0󸀠 + xf 󸀠󸀠 + f 󸀠 + xf = 0

󳨐⇒

2J 0󸀠 + xf 󸀠󸀠 + f 󸀠 + xf = 0 .

Unsere gesuchte Funktion f(x) ist Lösung dieser DGL. Da J 0󸀠 (x) eine Potenzreihe ist, ist 󸀠 k 󸀠󸀠 󸀠 es f(x) ebenfalls. Also setzen wir f(x) = ∑∞ k=0 d k x . Eingesetzt in 2J 0 + xf + f + xf = 0 ist ∞

∞ ∞ 4k(−1)k 2k−1 ∞ k−1 k−1 x + ∑ d k(k − 1)x + ∑ d kx + ∑ d k x k+1 = 0 . k k k (k!)2 4 k=0 k=0 k=0 k=0



x0 :

d1 = 0 .

x1 :

d2 ⋅ 2 ⋅ 1 + d2 ⋅ 2 + d0 = 0

󳨐⇒

d2 = −

1 ⋅ d0 , 22

d0 ist beliebig wählbar: d0 = 1 . x2k−1 :

4k(−1)k + d2k ⋅ 2k(2k − 1) + d2k ⋅ 2k + d2k−2 = 0 4k (k!)2 4k(−1)k+1 1 − d2k−2 ) , 󳨐⇒ d2k = ( (2k)2 4k (k!)2 1 1 1 1 1 d4 = (− − ) = − (1 + ) , 16 8 4 64 2 1 1 1 1 1 1 1 + d6 = ( (1 + )) = (1 + + ) . 36 192 64 2 2304 2 3 (−1)k+1 1 1 1 Vermutung: d2k = k ⋅ (1 + + + ⋅ ⋅ ⋅ ) . 2 2 3 k 4 (k!) (Den Induktionsbeweis schenken wir uns.)

x

2k

:

d2k+1 ⋅ (2k + 1)2k + d2k+1 ⋅ (2k + 1) + d2k−1 = 0 1 󳨐⇒ d2k+1 = − d2k−1 . (2k + 1)2

Folglich ist d1 = d3 = d5 = ⋅ ⋅ ⋅ = 0.

3.5 Instationäre Lösung für den Zylinder |

39

Damit lautet die Funktion ∞

(−1)k+1 1 1 1 (1 + + + ⋅ ⋅ ⋅ ) ⋅ x2k . k (k!)2 2 3 k + 1 4 k=0

f(x) = ∑

Die gesuchte zweite Lösung ist ∞

(−1)k+1 1 1 1 (1 + + + ⋅ ⋅ ⋅ ) ⋅ x2k k (k!)2 2 3 k + 1 4 k=0

N0 (x) = J 0 (x) ⋅ ln x + ∑

und heißt Neumann’sche Funktion nullter Ordnung. Die allgemeine Lösung der DGL v󸀠󸀠 + mit

v󸀠 x

+ v = 0 lautet v(x) = C1 ⋅ J0 (x) + C2 ⋅ N0 (x)



(−1)k 2k x , 4k (k!)2 k=0

J 0 (x) = ∑



(−1)k 2k ∞ (−1)k+1 1 1 1 x +∑ k (1 + + + ⋅ ⋅ ⋅ ) x2k . k 2 2 2 3 k + 1 k=0 4 (k!) k=0 4 (k!)

N0 (x) = ln x ∑

Ausgeschrieben sieht das so aus: 25 137 49 3 2 11 4 x − x + x6 − x8 + x10 8 384 27.648 8.847.360 294.912.000 121 − x12 ± . . . 1.075.200.000

f(x) = −1 +

1 2 1 4 1 1 1 x + x − x6 + x8 − x10 4 64 2304 147.456 14.745.600 1 + x12 ∓ . . . ) 2.123.366.400 3 11 4 25 137 49 − 1 + x2 − x + x6 − x8 + x10 8 384 27.648 8.847.360 294.912.000 121 − x12 ± . . . 1.075.200.000

N0 (x) = ln x (1 −

󸀠

Die Bessel’sche DGL lautet v󸀠󸀠 + vx + v = 0 und besitzt die Basislösungen v1 (x) = J 0 (x) und v2 (x) = N0 (x) (Abb. 3.9). Die Graphen von J 0 (x) als auch N0 (x) oszillieren ebenfalls, wenngleich in unregel­ mäßigen Abständen und abklingend. Für kleine x entscheidet vor allem das Verhalten von N0 (x).

40 | 3 Die Wärmeleitungsgleichung ohne innere Wärmequellen

Abb. 3.9: Basislösungen für die Differenzialgleichung des Zylinders

̇ Die Eigenfunktionen der zeitlichen DGL w(t) + μ 2 w(t) = 0 lauten w n (t) = e−μ n t μ μ μ mit den zugehörigen Eigenwerten μ n . Setzt man x = β r, so sind J0 ( ln r) und N0 ( ln r) die zugehörigen Eigenfunktionen der örtlichen DGL. Die Anzahl Nullstellen nehmen sowohl bei J 0 als auch bei N0 mit wachsendem n zu. Insgesamt erhält man 2

Die Lösung der DGL

∂T ∂t

2

= β 2 ⋅ ( ∂∂rT2 + ∞

T(r, t) = ∑ (C1 J 0 ( n=1

1 r



∂T ∂r )

lautet

2 μn μn −μ 2 ⋅ β ⋅t r) + C2 N0 ( r)) e n l2 l l

mit zu bestimmenden Eigenwerten μ n und Konstanten C1 und C2 , die durch An­ fangs- und Randbedingungen festgelegt sind.

Randbedingung 1. Art [

∂ϑ =0, ] ∂ξ ξ=0

ϑ(ξ = 1, Fo) = 0 .

Anfangsbedingung. ϑ(ξ, 0) = 1 für 0 ≤ ξ ≤ 1. v(ξ) = C 1 J 0 (μξ) + C2 N0 (μξ). Aus der ersten Randbedingung (Achsensymmetrie) folgt C2 = 0. Mit ϑ(ξ = 1, Fo) = 0 ist auch v(ξ = 1) = 0, was J 0 (μ) = 0 ergibt. Die ersten zehn Nullstellen der Besselfunktion J 0 (x) sind n

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

μn

2,405

5,520

8,654

11,792

14,931

18,071

21,212

24,352

27,493

30,634

3.5 Instationäre Lösung für den Zylinder | 41

Die Eigenfunktionen lauten v n (ξ) = J 0 (μ n ξ). Die Lösung der zeitlichen DGL ist w n (Fo) = C ⋅ e−μ n Fo . 2

Zusammen erhält man ∞

T(r, t) = ( ∑ c n ⋅ e

−μ 2n ⋅

β2 l2

⋅t

⋅ J0 (

n=1

μn r)) ⋅ (T0 − TW ) + TW . l

Bevor wir die Koeffizienten c n bestimmen, müssen wir zuerst die Orthogonalität der Besselfunktionen zeigen. J0 (x) ist Lösung der DGL x2 v󸀠󸀠 + xv󸀠 + x2 v = 0. Nun suchen wir diejenige DGL, für die Q(z) := J0 (μx) eine Lösung darstellt. Setzen wir Q(z) = J0 (μx) in die Bessel’sche DGL ein, dann erhält man x2 Q󸀠󸀠 (z) + xQ󸀠 (z) + x2 Q(z) = 0 μ 2 x2 J 0󸀠󸀠 (μx)

+

μxJ 0󸀠 (μx)

oder

2

+ x J 0 (μx) = 0 .

Damit nun J 0 (μx) Lösung dieser DGL ist, muss im letzten Term noch der Faktor μ 2 auftauchen. Somit erfüllt J0 (μx) die DGL x2 v󸀠󸀠 +xv󸀠 +μ2 x2 v = 0 oder xv󸀠󸀠 +v󸀠 +μ2 xv = 0. Dies kann man auch schreiben als (xv󸀠 )󸀠 + μ 2 xv = 0. Wählen wir nun zwei Lösungen der Form v n (x) = J 0 (μ n x) und v m (x) = J 0 (μ m x), so erhalten wir das System (xv󸀠n )󸀠 + μ2n xv n = 0, (xv󸀠m )󸀠 + μ2m xv m = 0. Nun multiplizieren wir die erste Gleichung mit v m (x) und die zweite mit v n (x) und erhalten v m (xv󸀠n )󸀠 + μ2n xv n v m = 0 , v n (xv󸀠m )󸀠 + μ2m xv n v m = 0 . Subtraktion der beiden Gleichungen ergibt v m (xv󸀠n )󸀠 −v n (xv󸀠m )󸀠 + (μ 2n − μ2m ) xv n v m = 0 . Aufgelöst nach xv n v m ist x ⋅ vn vm =

v n (xv󸀠m )󸀠 − v m (xv󸀠n )󸀠 . μ 2n − μ 2m

Integration von 0 bis 1 liefert mit Hilfe der Produktintegration 1

1

∫ x ⋅ v n v m dx = ∫ 0

0

μ 2n



μ2m

dx =[

v n v󸀠m x − v m v󸀠n x μ 2n



μ 2m

1

1

] −∫ 0 0

v󸀠n v󸀠m x − v󸀠n v󸀠m x μ 2n − μ2m

1 󸀠 μ m J 0 (μ n x)J 0󸀠 (μ m x) x − μ n J 0 (μ m x)J 0󸀠 (μ n x) m )x − v m Q (z n )x ] −0= [ 2 2 μn − μm μ 2n − μ2m 0 μ m J 0 (μ n )J 0󸀠 (μ m ) − μ n J 0 (μ m )J 0󸀠 (μ n ) , mit z m = μ m x und z n = μ n x . μ 2n − μ2m

=[ =

v n (xv󸀠m )󸀠 − v m (xv󸀠n )󸀠

vn

Q󸀠 (z

dx x

1

] 0

42 | 3 Die Wärmeleitungsgleichung ohne innere Wärmequellen Da nun μ n , μ m Nullstellen von J0 (x) sind, ergibt der Term für zwei verschiedene Null­ stellen Null. Im Fall der Gleichheit hat man 1

∫x ⋅

1

J 02 (μ n x) dx

= lim ∫ x ⋅ J0 (μ n x)J 0 (μ m x) dx μ m →μ n

0

0

μ m J 0 (μ n )J 0󸀠 (μ m ) − μ n J 0 (μ m )J 0󸀠 (μ n )

= lim

μ m →μ n

μ 2n − μ 2m

.

Um die Regel von de L’Hôspital anzuwenden, erklären wir μ m als Variable und leiten Zähler und Nenner ab: 1

󸀠

∫ x ⋅ J 02 (μ n x) dx = lim

μ m →μ n

0

J 0 (μ n ) (μ m J 0󸀠 (μ m )) − μ n J 0󸀠 (μ m )J 0󸀠 (μ n ) . −2μ m

Obwohl μ n Nullstelle von J 0 (x) und somit J 0 (μ n ) = 0, wollen wir den Term noch nicht vereinfachen, sondern zur Übung die Differenziation ausführen: 1

∫ ξJ 02 (μ n ξ) dξ = lim

μ m →μ n

0

=

J 0 (μ n ) (J 0󸀠 (μ m ) + μ m J 0󸀠󸀠 (μ n )) − μ n J 0󸀠 (μ m )J 0󸀠 (μ n ) −2μ m

J 0 (μ n ) (J 0󸀠 (μ n ) + μ n J 0󸀠󸀠 (μ n )) − μ n (J 0󸀠 )2 (μ n ) . −2μ n

Da nun J 0 (x) die DGL xv󸀠󸀠 (x) + v󸀠 (x) + xv(x) = 0 erfüllt, ist speziell μ n ⋅ J 0󸀠󸀠 (μ n ) + J 0󸀠 (μ n ) + μ n ⋅ J 0 (μ n ) = 0

󳨐⇒

μ n ⋅ J 0󸀠󸀠 (μ n ) = −J 0󸀠 (μ n ) − μ n ⋅ J 0 (μ n ) .

Eingesetzt ergibt sich 1

∫ ξJ 02 (μ n ξ) dξ = 0

J 0 (μ n ) (J 0󸀠 (μ n ) − J 0󸀠 (μ n ) − μ n ⋅ J 0 (μ n )) − μ n (J 0󸀠 )2 (μ n ) . −2μ n

Wenn μ n Nullstelle von J 0 ist, erhält man weiter 1

2

∫ ξJ 02 (μ n ξ) dξ =

2

J 02 (μ n ) + J 0󸀠 (μ n ) J 0󸀠 (μ n ) = 2 2

0

Aus der Anfangsbedingung hat man 1 = ∑∞ n=1 c n ⋅ J 0 (μ n ξ). Die Multiplikation mit ξ ⋅ J 0 (μ m ξ) liefert ∞

ξ ⋅ J 0 (μ m ξ) = ∑ c n ⋅ ξ ⋅ J 0 (μ n ξ) ⋅ J 0 (μ m ξ) . n=1

(3.9)

3.5 Instationäre Lösung für den Zylinder

| 43

Wieder integriert man von 0 bis 1: 1



1

n=1

0

∫ ξ ⋅ J 0 (μ m ξ) dξ = ∑ c n ⋅ ∫ ξ ⋅ J 0 (μ n ξ) ⋅ J 0 (μ m ξ) dξ . 0

Nach der Orthogonalitätsbedingung bleibt 1

2

∫ ξ ⋅ J 0 (μ n ξ) dξ = c n ⋅

J 02 (μ n ) + J 0󸀠 (μ n ) 2

0

übrig (die Orthogonalitätsbedingung wurde im 3. Band allgemein für J p (x) bewiesen). Dann lautet der Koeffizient vorerst 1

cn =

2 ∫0 ξ ⋅ J 0 (μ n ξ) dξ 2

J 02 (μ n ) + J 0󸀠 (μ n )

1

=

2 ∫0 ξ ⋅ J 0 (μ n ξ) dξ 2

J 0󸀠 (μ n )

.

Jetzt muss noch das Integral des Zählers ausgewertet werden. Da J 0 (μ n ξ) die DGL μ 2 ξ 2 v󸀠󸀠 + μξv󸀠 + μ 2 ξ 2 v = 0 bzw. μξv󸀠󸀠 + v󸀠 + μξv = 0 löst, ersetzen wir den Term ξv durch −(ξv󸀠󸀠 + 1μ v󸀠 ) und erhalten 1

1

1

∫ ξ ⋅ J 0 (μ n ξ)dξ = − ∫ (ξ ⋅ 0

J 0󸀠󸀠

0

1 󸀠 1 1 󸀠 1 + J ) dξ = − ∫ (ξ ⋅ J 0󸀠 ) dξ = − [ξ ⋅ J 0󸀠 (μ n ξ)]0 μn 0 μn μn 0

J 󸀠 (μ n ) =− 0 . μn Insgesamt können wir nun für den Koeffizienten c n schreiben cn = −

2J 0󸀠 (μ n ) μ n (J 02 (μ n )

+

2 J 0󸀠 (μ n ))

=−

2 μ n J 0󸀠 (μ n )

(wenn μ n Nullstelle von J 0 und damit auch von J 02 ist). Das Endergebnis lautet ∞

T(r, t) = ( ∑ − n=1

2 2 μn −μ 2n ⋅ β2 ⋅t l ⋅ J 0 ( r)) ⋅ (T0 − TW ) + TW ⋅ e 󸀠 l μ n J 0 (μ n )

mit μ n als Nullstellen von J 0 (x). 1 Für eine Darstellung wählt man z. B. wieder l = 0,1 m, β 2 = 10.125 und T0 = 20 °C, T∞ = 50 °C. Damit der Graph für kleine Zeiten nicht stark oszilliert, muss man die ersten zehn Nullstellen von J 0 (x) und sowohl J 0 (x) als auch J 0󸀠 (x) bis zum 40-ten Glied miteinbeziehen. Nach 1 s genügen schon viel weniger Terme und Nullstellen.

44 | 3 Die Wärmeleitungsgleichung ohne innere Wärmequellen

Randbedingung 3. Art [

∂ϑ =0, ] ∂ξ ξ=0

[

∂ϑ = −Bi ⋅ ϑ(ξ = 1, Fo) . ] ∂ξ ξ=1

Anfangsbedingung. ϑ(ξ, 0) = 1 für 0 ≤ ξ ≤ 1. Mit der ersten Randbedingung ist wieder v(x) = J 0 (μξ). Die zweite Randbedingung führt zu (1)

C1 ⋅ μ ⋅ J0 (μ) ⋅ w(Fo) = −Bi ⋅ C1 ⋅ J 0 (μ) ⋅ w(Fo) . J 󸀠 (μ)

Für die charakteristische Gleichung gilt somit J 00 (μ) = − Bi μ. Die Eigenfunktionen haben die Form v n (ξ) = J 0 (μ n ξ) und die Lösung der zeitli­ ̇ chen DGL w(Fo) + μ2 w(Fo) = 0 ist wieder w n (t) = e−μ n Fo . 2

Aus der Anfangsbedingung 1 = ∑∞ n=1 c n ⋅ oben. Das Endergebnis lautet 2J0󸀠 (μ n )



T(r, t) = ( ∑ − n=1

μ n (J 02 (μ n )

+

ergeben sich die Koeffizienten wie

2

2 J 0󸀠 (μ n ))

mit der charakteristischen Gleichung

sin(μ n ξ) μn ξ

⋅e

J 0󸀠 (μ) J 0 (μ)

−μ 2n ⋅ β2 ⋅t l

⋅ J0 (

μn r)) ⋅ (T0 − T∞ ) + T∞ l

= − Bi μ.

Beispiel. Würstchen in Form eines (unendlich langen) Zylinders mit 2 cm Durchmes­ ser sollen innerhalb von 10 Sekunden mit Hilfe von kaltem Wasser von der Anfangs­ temperatur T0 = 100 °C auf eine Endtemperatur am Rand von T(0,01/10) = 35 °C abgekühlt werden, damit man sie mit bloßer Hand anfassen kann. Dazu werden die Würstchen im kalten Wasser der Temperatur T∞ mit einem Wär­ meübergangskoeffizienten von α = 650 mW 2 ⋅K geschwenkt. Für das Würstchen gilt c p = J 2875 kg⋅K . Welche Temperatur darf das Kühlwasser höchstens besitzen, um die zeit­ liche Vorgabe einzuhalten? Für die Wärmeleitfähigkeit ergibt sich β 2 = 2 10−7 ms . Die

Biotzahl errechnet sich zu Bi = = 17,808. Die Nullstellen müssen genau berechnet werden. Deswegen sind αl λ

40

(−1)k 2k x 4k (k!)2 k=0

J 0 (x) = ∑ zu verwenden.

40

und

(−1)k 2k 2k−1 x 4k (k!)2 k=1

J 0󸀠 (x) = ∑

λ cρ

= 1,215 ⋅

3.6 Randbedingung 2. Art |

45

⋅ J 0 (μ) lauten zusammen mit den Die ersten fünf Lösungen von J 0󸀠 (μ) = − 17,808 μ entsprechenden Werten für c n und J 0 (μ n ) n

1

2

3

4

5

μn cn J 0 (μ n )

2,274 1,590 0,070

5,227 −1,023 −0,101

8,211 0,776 0,119

11,217 −0,621 −0,130

14,242 0,509 0,134

2J0󸀠 (μ n )

5

T(0,01, t) = ( ∑ − n=1

2

μ n (J 02 (μ n ) + J 0󸀠 (μ n ))

⋅e

−μ 2n ⋅ 1,215⋅10 0,012

−7

⋅10

⋅ J 0 (μ n ))

⋅ (100 − T∞ ) + T∞ = 35 . T(0,01/10) = (1,616 ⋅ e−0,063 ⋅ 0,070 − 1,111 ⋅ e−0,332 ⋅ (−0,101) +0,941 ⋅ e−0,819 ⋅ 0,119 − 0,866 ⋅ e−1,529 ⋅ (−0,130) Man erhält T∞

+0,836 ⋅ e−2,464 ⋅ 0,134) ⋅ (100 − T∞ ) + T∞ = 35 . ≈ 10,95 °C.

3.6 Randbedingung 2. Art Der Temperaturverlauf bei dieser Randbedingung unterscheidet sich von den beiden bisherigen insofern, dass kein stationärer Zustand existiert. Es gibt wohl einen statio­ nären Temperaturunterschied im Körper, aber der anhaltende Wärmestrom treibt die Temperatur immer weiter hoch. Praktisch lässt sich eine solche Apparatur zwar rea­ lisieren, aber je wärmer der Körper wird, umso mehr wird er auch wieder Wärme an die Umgebung abgeben. So gesehen muss man den zugeführten Wärmestrom immer wieder anpassen, so dass dieser an der Wand konstant bleibt. Wir beachten weiter­ hin, dass die bisherigen dimensionslosen Temperaturen ϑ(ξ, Fo) für Fo → ∞ immer verschwanden. Das wird auch im jetzigen Fall so sein, aber man wird diese Lösung um eine zusätzliche, quasistationäre Lösung ergänzen müssen. „Quasistationär“ des­ halb, weil noch ein temperaturtreibender Zeitterm verbleibt. Wir führen wieder di­ mensionslose Größen ein: T(r, t) − T0 ql̇ ϑ(r, t) := mit Tbez = − . (3.10) Tbez λ ̇

β2 t

Daraus wird T(r, t) = −ϑ(r, t) qlλ + T0 und ξ := rl , Fo := l 2 wie bisher. Es gilt dann ∂ϑ l2 ∂ϑ ∂t ∂T 1 ⋅ 2 = ⋅ = ⋅ ∂Fo ∂t ∂Fo ∂t Tbez β und ∂ϑ ∂ϑ ∂r ∂2 ϑ ∂2 ϑ ∂r 2 ∂2 T 1 ∂T 1 ⋅l, = ⋅ ( ⋅ l2 . = ⋅ = ⋅ ) = 2 ⋅ 2 2 ∂ξ ∂r ∂ξ ∂r Tbez ∂ξ Tbez ∂ξ ∂r ∂r

46 | 3 Die Wärmeleitungsgleichung ohne innere Wärmequellen

Eingesetzt folgt β2

Tbez ∂ϑ n Tbez ∂ϑ Tbez ∂2 ϑ ⋅ = β2 ( ⋅ ⋅ + 2 ⋅ 2) . 2 ∂Fo l⋅ξ l ∂ξ l l ∂ξ

Schließlich ist ∂ϑ n ∂ϑ ∂2 ϑ = ⋅ + ∂Fo ξ ∂ξ ∂ξ 2 die zugehörige DGL wie bekannt. Die Randbedingungen ändern sich wieder entsprechend: Aus [ dT dr ]r=0 = 0 wird ∂ϑ [ ∂ξ ]ξ=0 = 0. T bez ∂ϑ ∂ϑ ̇ ̇ Aus −λ ⋅ [ dT dr ]r=l = q oder −λ ⋅ [ ∂ξ ]ξ=1 ⋅ l = q entsteht [ ∂ξ ]ξ=1 = 1, womit auch klar ist, warum die Bezugstemperatur entsprechend gewählt wurde.

3.7 Instationäre Lösung für die Platte ∂ϑ Randbedingungen. [ ∂ϑ ∂ξ ]ξ=0 = 0, [ ∂ξ ]ξ=1 = 1.

Anfangsbedingung. ϑ(ξ, 0) = 0 für 0 ≤ ξ ≤ 1. 2

Wir suchen jetzt noch die quasistationäre Lösung, die ∂∂ξ ϑ2 = 0 und den Randbedin­ gungen genügt. Diese ist schlicht ϑp (ξ, Fo) = 12 ξ 2 + Fo. Ort und Zeit sind entkoppelt. Dies leuchtet auch ein, denn nach einer „Aufwärmphase“ bildet sich ein stationärer Temperaturunterschied aus, der dann linear mit der Zeit anwächst. Zusammen setzen wir somit die Lösung als ϑ(ξ, Fo) = 12 ξ 2 + Fo + v(ξ)w(Fo) an. ̇ Eingesetzt in die DGL ergibt das 1 + v(ξ) ⋅ w(Fo) = 1 + v󸀠󸀠 (ξ) ⋅ w(Fo), was wiederum auf ̇ v󸀠󸀠 (ξ) w(Fo) = := −μ 2 w(Fo) v(ξ) und das DGL-System v󸀠󸀠 + μ2 v = 0 und ẇ + μ 2 w = 0 führt 󳨐⇒

v(ξ) = C1 cos(μξ) + C2 sin(μξ) .

Mit der ersten Randbedingung ist auch [ ∂v ∂ξ ]ξ=0 = 0. Somit hat man C2 = 0. Aus [ ∂ϑ ∂ξ ]ξ=1 = 1 folgt 1 − μ ⋅ C 1 ⋅ sin(μ)w(Fo) = 1. Das bedeutet aber, dass sin(μ) = 0 ⇐⇒ μ n = nπ. Für die Eigenfunktionen gilt damit v n (ξ) = cos(nπξ). Die Lösung der zeitlichen DGL ist w(Fo) = C ⋅ e−μ

2

Fo

󳨐⇒

w n (Fo) = c n ⋅ e−n

2 2

π Fo

.

3.7 Instationäre Lösung für die Platte | 47

Zusammen erhält man

ϑ(ξ, Fo) =

∞ 2 2 1 2 ξ + Fo + ∑ c n ⋅ e−n π Fo ⋅ cos(nπξ) . 2 n=0

Aus der Anfangsbedingung ϑ(ξ, 0) = 0 ist 0=

1 2 ∞ ξ + ∑ c n ⋅ cos(nπξ) . 2 n=0

(3.11)

Daraus entsteht 1

1

0

0

1 − ∫ ξ 2 ⋅ cos(nπξ) dξ = c n ⋅ ∫ cos2 (nπξ) 2 1

n = 0:

c0 = −

n ≠ 0 :

cn = =

∫0 ξ 2 dξ

=−

1

1

󳨐⇒

cn = −

∫0 ξ 2 ⋅ cos(nπξ) dξ 1

2 ∫0 cos2 (nπξ) dξ

.

.

1 6 2 ∫0 1 dξ 1 1 2 2 2 − 2) sin(nπξ)]1 ∫ ξ 2 ⋅ cos(nπξ) dξ 3 3 [2nπξ cos(nπξ) + (n π ξ 0 − 0 1 =−n π 1 1 2 [nπξ + sin(nπξ) cos(nπξ)] 2 ∫0 cos (nπξ) dξ 0 nπ 1 n n 2(−1) 3 3 [2nπ(−1) ] −n π =− 2 2 . nπ n π nπ

Das Endergebnis lautet (Abb. 3.10)

T(r, t) = (

ql̇ 1 2 β2 1 ∞ 2(−1)n −n2 π2 β22 ⋅t nπ l − ∑ 2 2 ⋅e r + t − ⋅ cos ( r)) ⋅ ( ) + T0 . 2 2 6 n=1 n π l λ 2l l (3.12)

Abb. 3.10: Graphen von (3.12)

48 | 3 Die Wärmeleitungsgleichung ohne innere Wärmequellen

Für größere t verläuft die Kurve annähernd wie T(r, t) = (

ql̇ 1 2 β2 1 r + 2 t − ) ⋅ ( ) + T0 6 λ 2l2 l

Zur Vereinfachung tragen wir T∗ (r, t) =

(bei Erwärmung muss q̇ positiv sein).

T(r,t)−T 0 ql̇ λ

gegenüber t für t = 0, 2, 10, 30, 50,

70, 90 auf. Die Zahlenwerte seien diejenigen des Aluminiumstabs am Ende von Kapi­ 1 . tel 3.3: l = 0,1 m und β 2 = 10.125 Aufgabe Bearbeiten Sie die Übung 10.

3.8 Instationäre Lösung für den Zylinder ∂ϑ Randbedingungen. [ ∂ϑ ∂ξ ]ξ=0 = 0, [ ∂ξ ]ξ=1 = 1.

Anfangsbedingung. ϑ(ξ, 0) = 0 für 0 ≤ ξ ≤ 1. Die quasistationäre Lösung lautet ϑp (ξ, Fo) = 12 ξ 2 + 2Fo. Zusammen setzen wir somit die Lösung an als ϑ(ξ, Fo) = 12 ξ 2 + 2Fo + v(ξ)w(Fo). Eingesetzt in die DGL ergibt sich ̇ 2 + v(ξ)w(Fo) = Es folgt 2 + v ẇ = 1 +

1 (ξ + v󸀠 (ξ)w(Fo)) + 1 + v󸀠󸀠 (ξ)w(Fo) . ξ

v󸀠 w + 1 + v󸀠󸀠 w ξ

󳨐⇒

ẇ v󸀠 v󸀠󸀠 = + := −μ2 w ξv v

und daraus das DGL-System v󸀠󸀠 + 󳨐⇒

v󸀠 + μ2 v = 0 ξ

und

ẇ + μ 2 w = 0

v(ξ) = C1 J 0 (μξ) + C2 N0 (μξ) .

Aus der ersten Randbedingung folgt C2 = 0. Mit [ ∂ϑ ∂ξ ]ξ=1 = 1 hat man 1 + μ ⋅ C1 ⋅ J 0󸀠 (μ)w(Fo) = 1 oder

J 0󸀠 (μ) = 0 .

Die Eigenfunktionen lauten v n (ξ) = J 0 (μ n ξ). Für die ersten zehn Nullstellen von J 0󸀠 (x) gilt n

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

μn

0

3,832

7,016

10,173

13,324

16,471

19,616

22,760

25,904

29,048

3.8 Instationäre Lösung für den Zylinder |

49

Die Lösung der zeitlichen DGL ist w(Fo) = C ⋅ e−μ

2

Fo

󳨐⇒

w n (Fo) = c n ⋅ e−n

2 2

π Fo

.

Zusammen erhält man

ϑ(ξ, Fo) =

∞ 2 1 2 ξ + 2Fo + ∑ c n ⋅ e−μ n Fo ⋅ J 0 (μ n ξ) . 2 n=0

Aus der Anfangsbedingung ϑ(ξ, 0) = 0 schließlich ist 0 = 12 ξ 2 + ∑∞ n=0 c n ⋅ J 0 (μ n ξ). Multiplikation mit ξ ⋅ J 0 (μ m ξ) liefert 1

1

0

0

1 − ∫ ξ 3 ⋅ J 0 (μ n ξ) dξ = c n ⋅ ∫ ξ ⋅ J 02 (μ n ξ) dξ 2 n = 0:

1

c0 = −

∫0 ξ 3 dξ 1 2 ∫0

=−

ξ dξ

1

󳨐⇒

1 4

2⋅

1 2

cn = −

=−

∫0 ξ 3 ⋅ J 0 (μ n ξ) dξ 1

2 ∫0 ξ ⋅ J 02 (μ n ξ) dξ

.

1 . 4

n ≠ 0: Zuerst berechnen wir den Zähler. Da J 0 (μ n ξ) die Gleichung μ 2 ξ 2 v󸀠󸀠 + μξv󸀠 + μ 2 ξ 2 v = 0 bzw.

μ2 ξ 3 v󸀠󸀠 + μξ 2 v󸀠 + μ 2 ξ 3 v = 0

löst, ersetzen wir den Term ξ 3 v durch −(ξ 3 v󸀠󸀠 + 1μ ξ 2 v󸀠 ) und erhalten 1

1

1

∫ ξ 3 ⋅ J 0 (μ n ξ)dξ = − ∫ (ξ 3 ⋅ J 0󸀠󸀠 + 0

0

1 2 󸀠 1 󸀠 ξ ⋅ J 0 ) dξ = − ∫ ξ 2 (ξ ⋅ J 0󸀠 ) dξ . μn μn 0

1

=−

} 1 { 2 1 [ξ ⋅ ξ ⋅ J 0󸀠 (μ n ξ)]0 − 2 ∫ ξ ⋅ ξ ⋅ J 0󸀠 (μ n ξ)dξ } { μn 0 { } 1

} 1 { 󸀠 =− J (μ n ) − 2 ∫ ξ 2 ⋅ J 0󸀠 (μ n ξ)dξ } . μn { 0 0 { } 1

=−

1 } 1 2 1 { 󸀠 J 0 (μ n ) − 2 ([ξ 2 ⋅ J 0 (μ n ξ)] − ∫ ξ ⋅ J 0 (μ n ξ) ⋅ dξ )} . { μn μn μn 0 0 { } 1

Dieses letzte Integral wurde schon weiter oben zu ∫0 ξ ⋅ J 0 (μ n ξ)dξ = − stimmt. Insgesamt erhalten wir 1

∫ ξ 3 ⋅ J 0 (μ n ξ)dξ = − 0

1 J 0 (μ n ) 2J0󸀠 (μ n ) {J 0󸀠 (μ n ) − 2 ( + )} . μn μn μ 2n 1

In unserem Fall ist J 0󸀠 (μ n ) = 0, woraus ∫0 ξ 3 ⋅ J 0 (μ n ξ)dξ =

2J 0 (μ n ) μ 2n

folgt.

J 0󸀠 (μ n ) μn

be­

50 | 3 Die Wärmeleitungsgleichung ohne innere Wärmequellen

Der gesuchte Koeffizient ist somit cn = −

2J 0 (μ n ) μ 2n

(J 02 (μ n )

2 J 0󸀠 (μ n ))

+

=−

2 μ 2n J 0 (μ n )

für

2

J 0󸀠 (μ n ) = 0 .

Das Endergebnis lautet

T(r, t) = (

2 2 μn ql̇ 1 2 β2 1 ∞ −μ 2n β2 ⋅t l − r + 2 t − ∑ ⋅ J 0 ( r)) ⋅ ( ) + T0 ⋅ e 2 2 2 4 n=1 μ n J 0 (μ n ) l λ 2l l

mit μ n als Nullstellen von J 0󸀠 (x). Für größere t verläuft die Kurve annähernd wie

T(r, t) = (

1 2 β2 1 ql̇ r + 2 2 t − ) ⋅ ( ) + T0 . 2 4 λ 2l l

Aufgabe Bearbeiten Sie die Übung 11.

3.9 Instationäre Lösung für die Kugel ∂ϑ Randbedingungen. [ ∂ϑ ∂ξ ]ξ=0 = 0, [ ∂ξ ]ξ=1 = 1.

Anfangsbedingung. ϑ(ξ, 0) = 0 für 0 ≤ ξ ≤ 1. Die quasistationäre Lösung lautet ϑp (ξ, Fo) = 12 ξ 2 + 3Fo. Zusammen setzen wir somit die Lösung an als ϑ(ξ, Fo) = 12 ξ 2 + 3Fo + v(ξ)w(Fo). Eingesetzt in die DGL ergibt sich ̇ 3 + v(ξ)w(Fo) = Es folgt 3 + v ẇ = 2 +

2 (ξ + v󸀠 (ξ)w(Fo)) + 1 + v󸀠󸀠 (ξ)w(Fo) . ξ

2v󸀠 w + 1 + v󸀠󸀠 w ξ

󳨐⇒

ẇ v󸀠 v󸀠󸀠 =2 + := −μ 2 w ξv v

und daraus das DGL-System v󸀠 + μ 2 v = 0 und ẇ + μ2 w = 0 ξ cos(μξ) sin(μξ) + C2 . v(ξ) = C1 μξ μξ v󸀠󸀠 + 2

󳨐⇒

3.9 Instationäre Lösung für die Kugel |

51

Aus der ersten Randbedingung folgt C1 = 0. Mit [ ∂ϑ ∂ξ ]ξ=1 = 1 hat man 1+

C2 ⋅ μ ⋅ cos(μ ⋅ 1) − sin(μ) ⋅ w(Fo) = 1 μ 12

󳨐⇒

tan(μ) = μ .

Die ersten fünf Eigenwerte sind n

1

2

3

4

5

μn

0

4,49

7,73

10,90

14,07 sin(μ ξ)

Die Eigenfunktionen lauten v n (ξ) = μ n ξn . Die Lösung der zeitlichen DGL ist w(Fo) = C ⋅ e−μ

2

Fo

󳨐⇒

w n (Fo) = c n ⋅ e−n

2 2

π Fo

.

Zusammen erhält man ∞ 2 1 2 sin(μ n ξ) ξ + 3Fo + ∑ c n ⋅ e−μ n Fo ⋅ . 2 μn ξ n=0

ϑ(ξ, Fo) =

Aus der Anfangsbedingung ϑ(ξ, 0) = 0 schließlich ist 0 = 12 ξ 2 + ∑∞ n=0 c n ⋅ Multiplikation mit ξ und sin(mπξ) liefert 1

1



sin2 (μ n ξ) 1 dξ ∫ ξ 3 sin(μ n ξ) dξ = c n ∫ 2 μn 0

cn = −

cn = −

1

2 ∫0 sin2 (μ n ξ) dξ 1

=−

μ n ∫0 ξ 3 sin(μ n ξ) dξ 1

2 ∫0 sin2 (μ n ξ) dξ 1

1

󳨐⇒

1

󳨐⇒

0

μ n ∫0 ξ 3 sin(μ n ξ) dξ

=−

μ n [− μ1n [ξ 3 cos(μ n ξ)]0 +

3 μn

1

=−

1

− [ξ 3 cos(μ n ξ)]0 + 3 ∫0 ξ 2 cos(μ n ξ) dξ 1

2 ∫0 sin2 (μ n ξ) dξ

=− =−

− cos(μ n ) + 3 μ13 [2μ n ξ cos(μ n ξ) (μ 2n ξ 2 − 2) sin(μ n ξ)]0 n

2 2μ1 n [μ n ξ − sin(μ n ξ) cos(μ n ξ)]10 − cos(μ n ) +

3 (2μ n cos(μ n ) + (μ2n − 2) sin(μ n )) μ 3n 1 μ n (μ n − sin(μ n ) cos(μ n ))

−μ 3n cos(μ n ) + 3 (2μ n cos(μ n ) + (μ2n − 2) sin(μ n )) μ 2n (μ n − sin(μ n ) cos(μ n )) μ n cos(μ n ) (6 − μ2n ) + 3 sin(μ n ) (μ 2n − 2) μ 2n (μ n − sin(μ n ) cos(μ n ))

1

∫0 ξ 2 cos(μ n ξ) dξ ]

2 ∫0 sin2 (μ n ξ) dξ

1

=−

sin(μ n ξ) μn ξ .

.

52 | 3 Die Wärmeleitungsgleichung ohne innere Wärmequellen n = 0: c0

=

de L’Hôspital

=

= =

lim

cos(μ n ) (6μ n − μ3n ) + 3 sin(μ n ) (μ 2n − 2) μ 3n − μ 2n sin(μ n ) cos(μ n )

μ n →0

lim

− sin(μ n ) (6μ n−μ 3n ) + cos(μ n ) (6 −3μ2n ) + 3cos(μ n ) (μ 2n −2) + 6μ n sin(μ n ) 3μ2n − (2μ n sin(μ n ) cos(μ n ) + μ 2n cos(2μ n ))

μ n →0

lim

μ 3n sin(μ n )

μ n →0 3μ 2 n

− (2μ n sin(μ n ) cos(μ n ) + μ 2n cos(2μ n ))

μ 2n sin(μ n ) μ n →0 3μ n − sin(2μ n ) − μ n cos(2μ n ) lim

=

2μ n sin(μ n ) + μ 2n cos(μ n ) μ n →0 3 − 2 cos(2μ n ) − cos(2μ n ) + 2μ n sin(2μ n )

=

2μ n sin(μ n ) + μ2n cos(μ n ) μ n →0 3 − 3 cos(2μ n ) + 2μ n sin(2μ n )

de L’Hôspital

lim

lim

=

2 sin(μ n ) + 2μ n cos(μ n ) + 2μ n cos(μ n ) − μ 2n sin(μ n ) μ n →0 6 sin(2μ n ) + 2 sin(2μ n ) + 4μ n cos(2μ n )

=

sin(μ n ) (2 − μ 2n ) + 4μ n cos(μ n ) μ n →0 8 sin(2μ n ) + 4μ n cos(2μ n )

de L’Hôspital

lim

lim

=

cos(μ n ) (2 − μ2n ) − 2μ n sin(μ n ) + 4 cos(μ n ) − 4μ n sin(μ n ) μ n →0 16 cos(2μ n ) + 4 cos(2μ n ) − 8μ n sin(2μ n )

=

2 +4 3 = . 16 + 4 10

de L’Hôspital

lim

Das Endergebnis lautet

T(r, t) = (

∞ μ n cos(μ n ) (6 − μ2n ) + 3 sin(μ n ) (μ 2n − 2) 1 2 β2 3 r + 3 t − ∑ − 10 n=1 2l2 l2 μ 2n (μ n − sin(μ n ) cos(μ n ))

⋅e

−μ 2n

β2 l2

⋅t



sin (

μn l r)

μn l r

)⋅(

ql̇ ) + T0 λ

mit der charakteristischen Gleichung tan(μ) = μ. Für größere t verläuft die Kurve annähernd wie

T(r, t) = (

1 2 β2 3 ql̇ r + 3 t− ) ⋅ ( ) + T0 . 2 2 10 λ 2l l

Zum Schluss tragen wir alle Reihenlösungen der instationären Wärmeleitung in einer Übersicht zusammen (Tab. 3.1).

3.9 Instationäre Lösung für die Kugel

| 53

Tab. 3.1: Übersicht sämtlicher Reihenlösungen der instationären Wärmeleitung

Platte ∂T ∂t

∂2 T ∂r 2

=

Zylinder ∂T ∂t

=

1 ∂T r ∂r 2 + ∂∂T 2T

Eigenwert­ gleichung-RB

Temperaturfunktion

cos(μ) = 0 Rb 1. Art

T(r, t) = ( ∑

sin(μ) = 0 Rb 2. Art

T(r, t) = (

tan(μ) = Rb 3. Art

T(r, t) = ( ∑

Bi μ

∂T ∂t

=

2 ∂T r ∂r 2 + ∂∂T 2T

n=1

2 (2n − 1)π 4(−1)n+1 − (2n−1) β2 π 2 ⋅t ⋅ e 4l2 r)) ⋅ (T 0 − T W ) + T W ⋅ cos ( (2n − 1)π 2l

∞ β2 1 2 β2 1 nπ 2(−1)n ql̇ −n 2 π 2 2 ⋅t l r)) ⋅ (− ) + T 0 r + 2 t− − ∑ 2 2 ⋅e ⋅ cos ( 6 n=1 n π l λ 2l 2 l ∞

n=1

β2 μn 2 sin(μ n ) −μ2 ⋅ ⋅t ⋅ e n l2 ⋅ cos ( r)) ⋅ (T 0 − T ∞ ) + T ∞ μ n + sin(μ n ) cos(μ n ) l



J 0 (μ) = 0 Rb 1. Art

T(r, t) = ( ∑ −

J 󸀠0 (μ) = 0 Rb 2. Art

T(r, t) = (

J󸀠0 (μ) J0 (μ)

Kugel



n=1

2 2 β μn 2 ⋅ e −μ n ⋅ l2 ⋅t ⋅ J 0 ( r)) ⋅ (T 0 − T W ) + T W l μ n ⋅ J 󸀠0 (μ n )

∞ β2 β2 μn 1 2 1 2 ql̇ −μ2 ⋅t r)) ⋅ (− ) + T 0 ⋅ e n l2 ⋅ J 0 ( r +2 2 t− − ∑ 2 4 n=1 μ n ⋅ J 0 (μ n ) l λ 2l 2 l ∞

2

= − Bi μ Rb 3. Art

T(r, t) = ( ∑ −

sin(μ) = 0 Rb 1. Art

T(r, t) = ( ∑ 2(−1)n+1 ⋅ e

tan(μ) = μ Rb 2. Art

T(r, t) = (

n=1 ∞

+

2 J 󸀠0 (μ n ))

−n 2 π 2

β2 l2

⋅t

n=1



⋅e

−μ2n ⋅

β2 l2

sin ( nπl r) nπ l

r

⋅t

⋅ J0 (

μn r)) ⋅ (T 0 − T ∞ ) + T ∞ l

) ⋅ (T 0 − T W ) + T W

∞ μ n cos(μ n ) (6 − μ 2n ) + 3 sin(μ n ) (μ 2n − 2) 1 2 β2 3 −∑ r +3 2 t− 10 n=1 2l 2 l μ 2n (μ n − sin(μ n ) cos(μ n ))

⋅e

cot(μ) = 1−Bi μ Rb 3. Art

μ n (J 20 (μ n )



T(r, t) = ( ∑ n=1

−μ2n

β2 l2

⋅t

sin (

μn l

μn l

r

r)

)(

ql̇ ) + T0 λ μ

n 2 (sin(μ n ) − μ n cos(μ n )) −μ2n β22 ⋅t sin ( l r) l ⋅e ) ⋅ (T 0 − T ∞ ) + T ∞ ⋅ μn μ n − sin(μ n ) cos(μ n ) r l

Dabei ist Dicke 2l, Wärmeleitfähigkeit λ, Übergangskoeffizient α, Biotzahl Bi = αlλ , Dichte ρ, spezifische Wärmekapazität c p , Temperaturleitfähigkeit β 2 = c λp ρ , Anfangs­ temperatur T0 , Wandtemperatur TW , Umgebungstemperatur T∞ , Wärmestrom q,̇ Ei­ genwert μ n , Besselfunktion J 0 (x), symmetrische Temperaturfunktion T(r, t). Randbedingung 1. Art. T(l, t) = TW , ̇ Randbedingung 2. Art. −λ ⋅ [ dT dr ]r=l = q und Randbedingung 3. Art. −λ ⋅ [ dT dr ]r=l = α ⋅ (T(l, t) − T ∞ ). Bemerkung. Eine analytische Reihenlösung für asymmetrische Randbedingungen existiert nicht. Nehmen wir z. B. eine Platte, die links und rechts auf den Temperatu­ ren T1 bzw. T2 gehalten wird. Das Temperaturprofil muss mit der Zeit der stationären Lösung T(r) = C1 r + C2 zustreben. Für die dimensionslose Temperatur lässt sich z. B.

54 | 3 Die Wärmeleitungsgleichung ohne innere Wärmequellen

mit ϑ(r, t) =

1 T(r, t) − ( T2 −T l ) r − T1 1 T0 − ( T2 −T l ) r − T1

eine Funktion angeben, die für r = 0 und r = l die Temperatur auf Null setzt und mit T(r, 0) = T0 die Starttemperatur bei Eins beginnen lässt, aber ϑ(r, t) erfüllt die DGL T(r,t)−T 1 ∂T ∂2 T ∂t = ∂r 2 nicht. Umgekehrt findet sich mit ϑ(r, t) = T 0 −T 1 zwar eine Funktion, die für r = 0 die Temperatur auf Null setzt, mit T(r, 0) = T0 die Starttemperatur bei Eins beginnen lässt und die DGL erfüllt, aber für r = l hat man eine dimensionslose Tem­ 1 peratur von TT20 −T −T 1 ≠ 0. Dies verunmöglicht es, wie bisher Eigenwerte und zugehörige Eigenfunktionen zu bestimmen.

3.10 Instationäre Lösungen bei einem nichtkonstanten Anfangstemperaturverlauf In unseren bisherigen Fällen war der Temperaturverlauf zu Beginn einer Erwärmung oder Abkühlung immer konstant T0 . Ist T0 = T0 (r), dann existiert eine analytische Lö­ sung, falls sich die später entstehenden Integrale zur Berechnung der Fourierkoeffizi­ enten geschlossen lösen lassen. Dies ist beispielsweise dann möglich, wenn T0 (r) eine Potenzfunktion darstellt. Für diesen Fall sollen die Reihenlösungen bestimmt wer­ den. Wir beschränken uns dabei zusätzlich auf die Platte. Bei einem achsensymme­ trischen Temperaturanfangsverlauf wird die Platte beidseitig erwärmt. Ist der anfäng­ liche Temperaturverlauf durch eine punktsymmetrische Potenzfunktion gegeben, so kann man die Erwärmung als einseitig auffassen. O. B. d. A. setzen wir die minimale Temperatur auf die Nullachse. Dann ist T0 (r) = Tmax ( rl )k mit k ∈ ℝ+0 oder T0 (ξ) = Tmax ξ k , wenn ξ = rl die dimensionslose Dicke bezeichnet. Randbedingung 1. Art. Mit der am Rand konstanten Wandtemperatur TW bietet sich W die dimensionslose Temperatur ϑ(r, t) = T(r,t)−T an. Damit sind die Randbedingun­ T max ∂ϑ gen [ ∂ξ ]ξ=0 = 0 und ϑ(ξ = 1, Fo) = 0 erfüllt. Bis auf die Anfangsbedingung lautet die Lösung gemäß Kapitel 3.3 ∞

ϑ(ξ, Fo) = ∑ c n ⋅ e−( n=1

(2n−1)π 2 ) Fo 2

⋅ cos (

(2n − 1)π ξ) . 2

Für die Anfangsbedingung gilt ϑ(ξ, 0) =

T0 (ξ) − TW Tmax ξ k − TW = = b + ξk Tmax Tmax

mit

b=

−TW . Tmax

(2n−1)π ξ). Multiplikation mit cos( (2m−1)π ξ) Damit entsteht nun b + ξ k = ∑∞ n=1 c n ⋅ cos( 2 2 und Integration über das Einheitsintervall führt unter der Orthogonalitätsbedingung

3.10 Instationäre Lösungen bei einem nichtkonstanten Anfangstemperaturverlauf |

55

des Kosinus (vgl. 3. Band) zu 1

1

(2n − 1)π (2n − 1)π ξ ) dξ = c n ⋅ ∫ cos2 ( ξ ) dξ . ∫(b + ξ ) ⋅ cos ( 2 2 k

0

0

Die Bestimmungsgleichung für c n ergibt sich zu 1

cn =

1

b ∫0 cos ( (2n−1)π ξ ) dξ + ∫0 ξ k cos ( (2n−1)π ξ ) dξ 2 2 ∫0 cos2 ( (2n−1)π ξ ) dξ 2 1

.

Die Wahl von T0 (r) zur Startzeit befähigt uns, das zweite Integral des Zählers geschlos­ sen zu lösen. Es wären auch andere Funktionen denkbar, bei denen dies möglich ist. Damit die Auswertung der Integrale nicht noch komplizierter wird, zeigen wir den Rest der Lösung sinnbildlich für k = 1. 1

cn = =

1

b ∫0 cos ( (2n−1)π ξ ) dξ + ∫0 ξ cos ( (2n−1)π ξ ) dξ 2 2 ∫0 cos2 ( (2n−1)π ξ ) dξ 2 1

=

2b(−1)n+1 (2n−1)π

+

2(−1)n+1 (2n−1)π−4 (2n−1)2 π 2 1 2

4b(−1)n+1 (2n − 1)π + 4(−1)n+1 (2n − 1)π − 8 (−1)n+1 (b + 1)(2n − 1)π − 2 = 4⋅ 2 2 (2n − 1) π (2n − 1)2 π2

Das Endergebnis ergibt sich zu ∞

2 (−1)n+1 (b + 1)(2n − 1)π − 2 −( (2n−1)π (2n − 1)π ) Fo 2 ⋅e ⋅ cos ( ξ ) . (3.13) 2 2 2 (2n − 1) π n=1

ϑ(ξ, Fo) = 4 ∑

Für eine Skizze wählen wir Tmax = 20 °C, TW = 50 °C und folglich b = −2,5. Damit hat der Verlauf der Anfangstemperatur die lineare Form T0 (ξ) = 20ξ . Weiter seien die üb­ 2 100 r lichen Werte Fo = βl 2 t = 10.125 t, ξ = 0,1 des Aluminiumstabs am Ende von Kapitel 3.3 gegeben. Abbildung 3.11 zeigt die Verläufe zu den Zeiten t = 0, 1, 10, 25, 50, 100.

Abb. 3.11: Graphen zu (3.13)

56 | 3 Die Wärmeleitungsgleichung ohne innere Wärmequellen Randbedingung 2. Art. Der angelegte konstante Wärmestrom q̇ wird zu einer dimen­ ql̇ sionslosen Temperatur ϑ(r, t) = T(r,t) T bez mit T bez = − λ zusammengesetzt. Damit sind ∂ϑ ∂ϑ sowohl [ ∂ξ ]ξ=0 = 0 als auch [ ∂ξ ]ξ=1 = 1 erfüllt. Bis auf die Anfangsbedingung lautet die Lösung gemäß Kapitel 3.6 ∞ 2 2 1 ϑ(ξ, Fo) = ξ 2 + Fo + ∑ c n ⋅ e−n π ⋅Fo ⋅ cos(nπξ) . 2 n=1 Aus der Anfangsbedingung entsteht nun TTmax ξ k = 12 ξ 2 + ∑∞ n=1 c n ⋅ cos(nπξ). Die Start­ bez 2 temperatur sei gegeben durch das Profil T0 (ξ) = 20ξ . Damit erhalten wir Tmax 1 2 ∞ ( − ) ξ = ∑ c n ⋅ cos(nπξ) . Tbez 2 n=1 Als Beispiel sei 24 kW ⋅ 0,1 m ql̇ m2 = 10 K = W λ 240 mK und damit TTmax = 2. bez Somit folgt 1,5ξ 2 = ∑∞ n=1 c n ⋅ cos(nπξ) und für die Koeffizienten 1

c n = 1,5 Man erhält (vgl. Kapitel 3.7) c0 =

1 2

Mit den üblichen Werten Fo =

T(r, t) = (50r2 +

∫0 ξ 2 cos(nπξ) dξ 1

∫0 cos2 (nπξ) dξ 6(−1)n für n2 π2 100 10.125 t und ξ

und c n = 2

β l2

t=

.

n ≠ 0. =

r 0,1

lautet das Endergebnis

∞ (−1)n 2 2 100 100 1 t + + 6 ∑ 2 2 ⋅ e−n π ⋅ 10.125 t ⋅ cos(10nπr)) ⋅ 10 10.125 2 n π n=1 (3.14)

Tbez wird dabei für eine Erwärmung positiv genommen. Abbildung 3.12 zeigt die Tem­ peraturentwicklung für die Zeiten t = 0, 10, 50, 120, 200, 300, 400.

Abb. 3.12: Graphen zu (3.14)

3.10 Instationäre Lösungen bei einem nichtkonstanten Anfangstemperaturverlauf | 57

Da die Wand mit einer konstanten, aber kleineren Ausgleichs-Temperatur als die Starttemperatur am Rand angeströmt wird, sinkt die Randtemperatur anfänglich, be­ vor sie dann ab etwa 100 Sekunden innerhalb des gesamten Aluminiumstabs über 20 °C liegt. Randbedingung 3. Art. Die in der Umgebung herrschende Temperatur T∞ kann zu ∞ einer dimensionslosen Temperatur ϑ(r, t) = T(r,t)−T verwendet werden. Damit sind T max ∂ϑ die benötigten Randbedingungen erfüllt: [ ∂ϑ ∂ξ ]ξ=0 = 0 und [ ∂ξ ]ξ=1 = −Bi ⋅ ϑ(ξ = 1, Fo).

∞ Für die Anfangsbedingungen gilt ϑ(ξ, 0) = b + ξ k mit b = −T T max . Die charakteristische Gleichung für die Eigenwerte ist dieselbe wie Gleichung (3.3): tan(μ) = Bi μ . Bis auf die Anfangsbedingung lautet die Lösung gemäß Kapitel 3.3



ϑ(ξ, Fo) = ∑ c n ⋅ e−μ n Fo ⋅ cos(μ n ξ) . 2

n=1

Aus der Anfangsbedingung erhält man b + ξ k = ∑∞ n=1 c n ⋅ cos(μ n ξ). Multiplikation mit cos(μ m ξ) und Integration über das Einheitsintervall führt auf 1

1

k

(b + ξ ) ∫ cos(μ n ξ) dξ = c n ⋅ ∫ cos2 (μ n ξ) dξ 0

(vgl. Gleichung (3.3) und folgende)

0

Die Bestimmungsgleichung für c n ergibt sich dann zu 1

cn =

1

b ∫0 cos(μ n ξ) dξ + ∫0 ξ k cos(μ n ξ) dξ 1

∫0 cos2 (μ n ξ) dξ

.

Nehmen wir in diesem Fall wieder die achsensymmetrische Starttemperaturfunktion T0 (ξ) = 20ξ 2 , so erhalten wir mit k = 2 cn =

b⋅

sin(μ n ) μn

+

μ 2n sin(μ n )−2 sin(μ n )+2μ n cos(μ n ) μ 3n

1 2μ n (μ n

=2⋅ =2⋅

+ sin(μ n ) cos(μ n ))

b ⋅ μ2n sin(μ n ) + μ 2n sin(μ n ) − 2 sin(μ n ) + 2μ n cos(μ n ) μ 2n (μ n + sin(μ n ) cos(μ n )) [(b + 1)μ 2n − 2] sin(μ n ) + 2μ n cos(μ n ) μ 2n (μ n + sin(μ n ) cos(μ n ))

.

Das Endergebnis ergibt sich dann zu ∞

T(ξ, Fo) = 2 ∑ n=1

[(b + 1)μ 2n − 2] sin(μ n ) + 2μ n cos(μ n ) μ 2n (μ n

+ sin(μ n ) cos(μ n ))

⋅ e−μ n Fo ⋅ cos(μ n ξ) . 2

(3.15)

58 | 3 Die Wärmeleitungsgleichung ohne innere Wärmequellen

Abb. 3.13: Graphen zu (3.15)

Für eine Skizze wählen wir T∞ = 50 °C und folglich b = −2,5. Weiter seien abermals β2 100 r die Werte Fo = l 2 t = 10.125 t, ξ = 0,1 des Aluminiumstabs gegeben. Abbildung 3.13 zeigt unter Verwendung von 10 Eigenwerten die Verläufe zu den Zeiten t = 0, 10, 50, 200, 500, 1000, 2000, 4000. Beispiel. Die Innentemperatur einer 40 cm dicken Hauswand beträgt 25 °C. Die Au­ ßenwand, die anfänglich eine Temperatur von 10 °C besitzt, erfährt während 1,5 h eine gleichbleibende Netto-Sonnenbestrahlung von q̇ = 250 mW2 . Damit ist derjenige Teil gemeint, der nach Reflexion und Transmission die umgebende Luft und damit die Wand erwärmt. Wir lassen wie bisher keine Strahlungsabsorption zu. Dies ist in diesem Fall zulässig, da die Wärmeübertragung durch Konvektion fünfmal so viel aus­ macht wie die Übertragung durch Strahlung (vgl. Kapitel 5.2 und 9). kg J Folgende Werte für die Wand seien gegeben: ρ = 2000 m 3 , c p = 900 kg⋅K , λ = W 2 m⋅K .

Damit ist

β2 l2

=

1 288.000 .

ϑ(r, t) =

Wieder sei

T(r, t) Tbez

mit

Tbez =

ql̇ 250 ⋅ 0,4 = = 50 °C . λ 2

Der Anfangstemperaturverlauf der Wand betrage T0 (ξ) = 30ξ 3 − 45ξ 2 + 25, 0 ≤ ξ ≤ 1. Dies entspricht bis auf das Zugeständnis [ ∂ϑ ∂ξ ]ξ=0 = 0 einem möglichen stationären Temperaturverlauf von der warmen Innenseite hin zur Fassade. Sobald die Sonne ein­ wirkt, müssen wir uns eine Isolation an der Innenwand vorstellen, denn das Modell gestattet keine weitere Randbedingung der Innenwandtemperatur wie beispielswei­ se einen Austausch mit der im Innenraum befindlichen Umgebungsluft. Deswegen wird die Temperatur von den anfänglichen 20 °C mit forschreitender Zeit etwas ab­ sinken.

3.10 Instationäre Lösungen bei einem nichtkonstanten Anfangstemperaturverlauf |

Die Anfangsbedingung lautet demnach was zu den Koeffizienten cn =

1 1 2 ∫0 cos(nπξ) dξ



7 1 5 ∫0

30ξ 3 −45ξ 2 +25 50

ξ 2 cos(nπξ) dξ +

=

1 2 2ξ

3 1 5 ∫0

59

+ ∑∞ n=1 c n ⋅ cos(nπξ),

ξ 3 cos(nπξ) dξ

1

∫0 cos2 (nπξ) dξ

2(5⋅n π +36) für n = 2k − 1 und c n = − n22π2 für n = führt. Man erhält c0 = 11 60 , c n = 5n4 π 4 2k. Die Lösung für die Erwärmung der Wand erhält die Gestalt 2 2

∞ 1 T(r, t) 25 2 1 2 2 1 5nπ 11 2 = r + ⋅t+ − 2 ( ∑ 2 ⋅ e−n π ⋅ 288.000 ⋅t ⋅ cos ( r)) 50 8 288.000 60 π 2 n n=2k

+

∞ 5 ⋅ n2 π2 + 36 −n2 π2 ⋅ 1 ⋅t 5nπ 2 288.000 r)) . ∑ ⋅e ⋅ cos ( ( 2 5π4 n=2k−1 n4

Abbildung 3.14 zeigt die Verläufe zu den Zeiten t = 0, 900, 2700, 5400. Die Fassade würde nach 1,5 h eine Temperatur von 19 °C besitzen.

Abb. 3.14: Graphen von (3.16)

(3.16)

4 Näherungslösungen, zwei Ersatzmodelle Mit Hilfe der Reihenlösung liegt die exakte Lösung für einen instationären Wärme­ leitungsvorgang vor. Wir wollen untersuchen, unter welchen Bedingungen das erste Glied der Reihe als Näherung in Frage kommt, wenn man einen gewissen relativen Fehler zulässt. Zudem wollen wir zwei Modelle entwickeln, die es uns erlauben, Temperaturen für zwei bestimmte Fälle ziemlich genau abzuschätzen. Das Modell des ideal gerührten Behälters eignet sich für langsam ablaufende Pro­ zesse. Hier sind also große Zeiten maßgebend. Beim Modell des halbunendlichen Kör­ pers betrachtet man schnell ablaufende Vorgänge, kurze Zeiten sind somit von Inter­ esse.

4.1 Grenzwerte der Reihenlösung Zuerst wollen wir nochmals die exakte Lösung für zwei spezielle Biotzahlen untersu­ chen. Dies wird uns zusätzliche Einblicke in die Wärmeleitvorgänge gewähren. Bezeichnen T(l, t) und T(0, t) die Temperaturen am Rand bzw. im Kern, dann ist die maximal mögliche Temperaturdifferenz, die sich im Körper während des Vorgangs einstellen kann, T(0, t) − T(l, t). Die maximal mögliche Temperaturdifferenz außer­ halb des Körpers während dieser Zeit beträgt dann T0 − T∞ . Für die Platte heißt das mit tan(μ) = Bi μ , dass ∞

2 sin(μ n ) 2 ⋅ e−μ n ⋅Fo ) ⋅ (cos(0) − cos(μ n )) ⋅ (T0 − T∞ ) μ + sin(μ ) cos(μ ) n n n n=1

T(0, t) − T(l, t) = ( ∑

ist. Definieren wir Ψ(μ n , Fo) := hält man

T(l,t)−T(0,t) T 0 −T ∞

als dimensionslose Temperatur, dann er­



2 sin(μ n )(1 − cos(μ n )) −μ2n ⋅Fo ⋅e ) . μ n + sin(μ n ) cos(μ n ) n=1

Ψ(μ n , Fo) = ( ∑

Zudem betrachten wir die relative mittlere Temperatur Ψ(μ n , Fo) = (3.6)). Es gilt ∞

Ψ(μ n , Fo) = ∑ n=1

https://doi.org/10.1515/9783110684469-004

2 sin2 (μ n ) 2 ⋅ e−μ n ⋅Fo . μ n (μ n + sin(μ n ) cos(μ n ))

T(0,t)−T(t) T 0 −T ∞

(vgl.

4.1 Grenzwerte der Reihenlösung |

61

1. Spezialfall (Bi → 0). In diesem Fall gilt näherungsweise tan(μ) ≈ 0 und μ n ≈ (n − 1)π. −n 2 π 2 ⋅Fo ) = 0 und damit natürlich T(0, t) = Folglich hat man Ψ(μ n , Fo) → (∑∞ n=1 0⋅e T(l, t). Hingegen sind mittlere und Kerntemperatur verschieden: ∞

2 2 2 sin2 ((n − 1)π) ⋅ e −(n−1) π ⋅Fo . (n − 1)π((n − 1)π + sin((n − 1)π) cos((n − 1)π)) n=1

Ψ(Bi → 0, Fo) = ∑

Für n = 1 strebt der Koeffizient gegen 1, ansonsten gegen 0. Es folgt Ψ(Bi → 0, Fo) = e −Bi⋅Fo . Für Bi → 0 ist dann Ψ(0, Fo) → 1 und somit T(0, t) − T(t) = T0 − T∞ . Die Differenz der mittleren Temperatur und Kerntemperatur entspricht immer mehr dem anfänglichen Temperaturgefälle. 2. Spezialfall (Bi → ∞). Hier gilt tan(μ) ≈ ∞ und μ n ≈ ∞

Ψ(Bi → ∞, Fo) = ∑ n=1

nπ 2 .

nπ 2 sin ( nπ 2 ) (1 − cos ( 2 )) nπ 2

+

nπ sin ( nπ 2 ) cos ( 2 )

Folglich hat man ⋅ e−

n 2 π2 4

⋅Fo

.

Ausgewertet entsteht ∞

(2n−1)2 π2 4(−1)n+1 ⋅ e− 4 ⋅Fo . (2n − 1)π n=1

Ψ(Bi → ∞, Fo) = ∑ Für die relative mittlere Temperatur ist ∞

(2n−1)2 π2 8 ⋅ e− 4 ⋅Fo . 2 2 (2n − 1) π n=1

Ψ(Bi → ∞, Fo) = ∑

Beide Grenzwerte ergeben Null. Für Bi → ∞ ist also T(0, t) = T(l, t) = T(t). Nun stellen wir Ψ 0 (Fo) := Ψ(Bi → 0, Fo) und Ψ ∞ (Fo) := Ψ(Bi → ∞, Fo) einander gegenüber. Das Entscheidende steht natürlich jeweils im Exponenten. Mit Bi = αlλ und Fo = c λρl 2 t erhalten wir p

Ψ 0 (t) = e

− c pαρl ⋅t



und

Ψ ∞ (t) = ∑ c n ⋅ e

− c2n ⋅

λ c p ρl2

⋅t

.

n=1

Man erkennt, dass bei thermisch dünnen Körpern nur der Übergangskoeffizient α für den Prozess eine Rolle spielt. Entscheidend ist, was am Rand geschieht. Der Wärme­ leitkoeffizient λ ist im Vergleich dazu unbedeutend. Die Dicke l fällt linear ins Gewicht: Um beispielsweise die Durchschnittstemperatur bei doppelter Dicke um gleich viel zu verändern, braucht es auch doppelt so viel Zeit. Bei thermisch dicken Körpern ist der Wärmeleitkoeffizient λ maßgebend. Was am Rand geschieht, ist verhältnismäßig unbedeutend. Die Dicke taucht hier aber quadra­ tisch auf. Um die Durchschnittstemperatur z. B. bei doppelter Dicke um gleich viel zu verändern, braucht es die vierfache Zeit.

62 | 4 Näherungslösungen, zwei Ersatzmodelle

Wärmeprozesse in thermisch dünnen Körpern können nur über den Übergangsko­ effizient α gesteuert werden. Für die Zeit t eines bestimmten Prozesses gilt t ∼ l. Wärmeprozesse in thermisch dicken Körpern können nur über den Wärmeleitkoef­ fizient λ gesteuert werden. Für die Zeit t eines bestimmten Prozesses gilt t ∼ l2 .

4.2 Erstes Glied der Reihenlösung für die Platte Wir erlauben im Weiteren einen Fehler zwischen genauer Lösung und erstem Reihen­ glied von höchstens 1 %. Es zeigt sich, dass der Fehler ab dem 3. Glied schon im Zehn­ tel- bzw. Hundertstelbereich liegt, so dass wir uns auf die ersten beiden Folgeglieder beschränken können. Bezeichnen T(l, t) und T(0, t) die Temperaturen am Rand bzw. im Kern, dann ist die maximal mögliche Temperaturdifferenz, die sich im Körper während des Vorgangs einstellen kann, T(l, t) − T(0, t). Die maximal mögliche Temperaturdifferenz außer­ halb des Körpers während dieser Zeit beträgt dann T0 − TW (im Falle einer Randbe­ dingung 1. Art). Abschätzung bei einer Randbedingung 1. Art Für die (dimensionslose) Differenz erhält man ∞ (2n−1)2 π2 T(l, t) − T(0, t) 4(−1)n+1 (2n − 1)π ⋅ e− 4 Fo ⋅ (cos ( ) − 1)) . = (∑ T0 − TW (2n − 1)π 2 n=1

Wir bezeichnen die dimensionslose Differenz bis zum und mit dem zweiten Glied als Ψ2 , diejenige dimensionslose Differenz, bestehend aus dem ersten Glied allein, mit Ψ1 und betrachten weiter als Maß für den maximalen Fehler bei Verwendung des ersten Reihenglieds die Größe Ψ = Ψ2 − Ψ1 . Dann ergibt sich Ψ=[

(2n−1)2 π2 9π2 (2n − 1)π 4 4(−1)n+1 = ⋅ e− 4 Fo ⋅ (cos ( ) − 1)] ⋅ e− 4 ⋅Fo . (2n − 1)π 2 3π n=2

Da wir einen maximalen Fehler von 1 % zulassen entspricht das einer Mindest-Fou­ rierzahl von Fo > 0,17. Abschätzung bei einer Randbedingung 2. Art Die (dimensionslose) Differenz hat in diesem Fall die Gestalt T(l, t) − T(0, t) ql̇ λ

=

1 ∞ 2(−1)n −n2 π2 β22 ⋅t l ⋅e ⋅ (cos(nπ) − 1) . +∑ 2 n=1 n2 π2

4.2 Erstes Glied der Reihenlösung für die Platte |

63

Da sich nun mit den obigen Bezeichnungen Ψ2 = 0 ergibt, erweitern wir die Summe um ein Glied und betrachten Ψ3 . Damit erhalten wir ∞

2(−1)n −n2 π2 β22 ⋅t l ⋅e ⋅ (cos(nπ) − 1)] n2 π 2 n=1

Ψ = Ψ3 − Ψ1 = [ ∑

= n=3

2 4 ⋅ e−9π ⋅Fo . 9π2

Bei einem maximalen Fehler von 1 % ergibt das eine Mindest-Fourierzahl von Fo > 0,02. Abschätzung bei einer Randbedingung 3. Art Die (dimensionslose) Differenz ergibt sich zu ∞ β2 T(l, t) − T(0, t) 2 sin(μ n ) μn −μ 2 ⋅ ⋅t = ∑ ⋅ e n l2 ⋅ cos ( r) . T0 − T∞ μ + sin(μ ) cos(μ ) l n n n n=1

Der maximale relative Fehler ist dann 2 sin(μ 2 )(cos(μ2 ) − 1) −μ22 ⋅Fo Ψ = Ψ2 − Ψ1 = ⋅e μ 2 + sin(μ 2 ) cos(μ 2 ) mit der charakteristischen Gleichung tan(μ) =

(4.1)

Bi μ.

Trägt man tan(x) gegenüber Bix für Bi ∈ [0, ∞] auf, so liegt der zweite Eigenwert in einem ganz bestimmten Intervall: Für Bi → 0 gilt μ 2 → π und für Bi → ∞ gilt μ 2 → 32 π. Dies bedeutet, dass die Intervalle [μ2 = π, μ 2 = 32 π] und [Bi = 0, Bi = ∞] einein­ deutig sind. Somit genügt es, die Funktion im Intervall [π, 32 π] zu untersuchen, das ganze Biot­ zahlenspektrum ist dann damit erfasst. Für fünf Fourierzahlen ist der relative Fehler in Abb. 4.1 aufgetragen. Es wird ersichtlich, dass man erst ab einer Fourierzahl von etwa Fo > 0,3 den relativen Fehler unter die verlangten 1 % drücken kann. Wir sehen, dass der Wärmeverlauf bei einer Randbedingung 3. Art derjenige ist, der von den drei betrachteten die größte Fourierzahl hervorruft, bis die 1 %-Marke unterschritten wird.

Abb. 4.1: Graphen von (4.1)

64 | 4 Näherungslösungen, zwei Ersatzmodelle

Wir unterscheiden die drei Randbedingungen nicht und geben als Fourierzahl für die Platte somit Fo > 0,3 als Gültigkeitsbereich des ersten Reihenglieds an. Für den Zylinder und die Kugel werden wir auch nur die Randbedingung 3. Art als Referenz für die Fourierzahl heranziehen.

4.3 Erstes Glied der Reihenlösung für den Zylinder Man erhält analog zur Platte T(l, t) − T(0, t) ≅ −

2J0󸀠 (μ n ) μ n (J 02 (μ n )

+

2 J 0󸀠 (μ n ))

⋅ e−μ2 ⋅Fo ⋅ (J 0 (μ 2 ) − J 0 (0)) ⋅ (T0 − T∞ ) 2

und Ψ(μ 2 , Fo) :=

2J0󸀠 (μ n )(1 − J 0 (μ 2 )) 2 T(l, t) − T(0, t) = ⋅ e−μ2 ⋅Fo 2 󸀠2 T0 − T∞ μ n (J 0 (μ n ) + J 0 (μ n ))

mit

J 0󸀠 (μ) Bi =− . J 0 (μ) μ

Um die Lage des zweiten Eigenwerts zu bestimmen, tragen wir beispielsweise x ⋅ J 0󸀠 (x) gegenüber −Bi ⋅ J 0 (x) auf. Für Bi → 0 gilt μ 2 → 3,83 (Nullstelle von x ⋅ J0󸀠 (x)) und für Bi → ∞ gilt μ 2 → 5,52 (Maximum von x ⋅ J0󸀠 (x)). Wir untersuchen die Funktion Ψ im Intervall [3,83, 5,52]. Es ergeben sich wie­ der ähnliche Graphen mit einem Maximum. Man erkennt dann, dass schon ab einer Fourierzahl Fo > 0,23 der Fehler unterhalb von 1 % liegt.

4.4 Erstes Glied der Reihenlösung für die Kugel Man hat T(l, t) − T(0, t) ≅

2(sin(μ 2 ) − μ 2 cos(μ 2 )) −μ22 ⋅Fo sin(μ 2 ) ⋅e ⋅( − 1) ⋅ (T0 − T∞ ) μ 2 − sin(μ 2 ) cos(μ 2 ) μ2

und Ψ(μ 2 , Fo) :=

T(l, t) − T(0, t) 2(sin(μ 2 ) − μ 2 cos(μ 2 ))(sin(μ 2 ) − μ 2 ) −μ22 ⋅Fo = ⋅e T0 − T∞ μ 22 − μ2 sin(μ 2 ) cos(μ 2 )

mit cot(μ) = 1−Bi μ . Für Bi → 0 gilt μ2 → 4,49 und für Bi → ∞ gilt μ 2 → 2π. Die Untersuchung von Ψ im Intervall [4,49, 2π] ergibt: Ab einer Fourierzahl Fo > 0,18 liegt der Fehler unterhalb von 1 %.

4.5 Der ideal gerührte Behälter | 65

4.5 Der ideal gerührte Behälter Bei diesem Modell geht man von der Annahme aus, dass nahezu keine örtlichen Tem­ peraturunterscheide auftreten. Dies entspricht im idealen Fall einer perfekten Wär­ meleitung oder, für eine Flüssigkeit, einer idealen Durchmischung, daher der Name dieses Modells. Später werden wir ein Kriterium für die Verwendung dieses Modells angeben. Somit ist T(r, t) → T(t). Eine direkte Folgerung ist, dass die Wärmebilanz nicht an einem infinitesimal kleinen Volumen, sondern am gesamten Volumen durch­ geführt wird. Dies bedeutet ∆Q1 = cm ⋅ ∆T = c p ρ ⋅ V ⋅ ∆T ,

∆Q2 = Q̇ ⋅ ∆t = q̇ W A ⋅ ∆t .

Wir betrachten nacheinander die drei verschiedenen Randbedingungen. Randbedingung 1. Art. T(0, t) = TW . In diesem Fall ist schlicht T(t) = TW . Randbedingung 2. Art. q̇ W = konst. Aus dem Vergleich c p ρ ⋅ V ⋅ ∆T = q̇ W A ⋅ ∆t folgt T(t) = { { A { = { V { { {

1 l 2 l 3 l

q̇ l A c p ρ⋅V

⋅ t. Da

} } } für den Zylinder } } } für die Kugel } für die Platte

ist, erhält man

q̇ l ⋅ (n + 1) ⋅t. cp ρ ⋅ l

T(t) =

Die mittlere Temperatur T(t) in diesem Modell entspricht natürlich immer der Tempe­ ratur T(t), weil diese im ganzen Körper zu jeder Zeit t konstant ist. Die bis zur Zeit t über die Fläche A ins Innere abgegebene Wärme Q(t) beträgt dann t

Q(t) = A ⋅ ∫ q̇ W dτ = A ⋅ q̇ W ⋅ t . 0

Randbedingung 3. Art. q̇ W (t) = α(T∞ − T(t)) Dann ist c p ⋅ ρ ⋅ V ⋅ ∆T = α(T∞ − T(t))A ⋅ ∆t . Getrennt nach Variablen folgt Die Integration liefert ln(T − T∞ ) = −

dT T−T ∞

(4.2)

= − c pαA ρ⋅V ⋅ dt.

α ⋅ (n + 1) ⋅ t + C1 cρ ⋅ l

󳨐⇒

T(t) = C ⋅ e

− α⋅(n+1) ⋅t cρ⋅l

+ T∞ .

Mit der Anfangsbedingung ist T(0) = C + T∞ = T0 󳨐⇒ C = T0 − T∞ . Somit folgt T(t) = (T0 − T∞ ) ⋅ e

− α⋅(n+1) cρ⋅l ⋅t

+ T∞

oder

T(t) − T∞ − α⋅(n+1) ⋅t = e cρ⋅l . T0 − T∞

66 | 4 Näherungslösungen, zwei Ersatzmodelle Zusammen mit der dimensionslosen Temperatur ϑ(t) = β2 t λt Größen Bi = αlλ , Fo = l 2 = cρl 2 , ergibt sich ϑ(Fo) = e

− α⋅(n+1) ⋅t cρ⋅l

̃= Dabei gilt Bi

1 n+1 Bi

=e

− αlλ ⋅

λt cρl2

⋅(n+1)

= e−Bi⋅Fo⋅(n+1)

T(t)−T ∞ T 0 −T ∞

und den bekannten

̃ ̃

ϑ(Fo) = e−Bi⋅Fo⋅(n+1) .

󳨐⇒

̃ = (n + 1)2 Fo. bzw. Fo

4.6 Der ideal gerührte Behälter für die Platte Wir betrachten wieder die maximal mögliche Temperaturdifferenz im Inneren des Kör­ pers gegenüber der maximal möglichen Temperaturdifferenz außerhalb des Körpers und definieren analog zu oben Ψ(t) := T(0,t)−T(l,t) T 0 −T ∞ . Für eine Abschätzung wählen wir das erste Glied der Reihenlösung Ψ(μ 1 , Fo) =

2 sin(μ 1 )(1 − cos(μ 1 )) −μ21 ⋅Fo ⋅e μ 1 + sin(μ 1 ) cos(μ 1 )

mit

tan(μ) =

Bi . μ

(4.3)

Für vier verschiedene Biotzahlen und sechs verschiedene Fourierzahlen sind die Wer­ te in folgender Tabelle festgehalten: Fo = 0

Fo = 0,2

Fo = 0,4

Bi 0,1 1 10 100 0,1 1 10 100 0,1 1 10 100 μ 1 0,311 0,860 1,429 1,555 0,311 0,860 1,429 1,555 0,311 0,860 1,429 1,555 Ψ 0,049 0,389 1,084 1,253 0,048 0,336 0,720 0,773 0,047 0,290 0,479 0,476 Fo = 0,6

Fo = 0,8

Fo = 1

Bi 0,1 1 10 100 0,1 1 10 100 0,1 1 10 100 μ 1 0,311 0,860 1,429 1,555 0,311 0,860 1,429 1,555 0,311 0,860 1,429 1,555 Ψ 0,046 0,250 0,318 0,294 0,045 0,215 0,212 0,181 0,044 0,186 0,141 0,112

Die entsprechenden sechs Graphen sind in Abb. 4.2 dargestellt.

Abb. 4.2: Graphen von (4.3)

4.7 Der ideal gerührte Behälter für den Zylinder |

67

Nun stellt sich die Frage, wieviel Prozent Temperaturschwankung man im Inneren zulassen will. Wenn wir z. B. 5 % voraussetzen, dann folgt zwingend, dass wir das Modell des ideal gerührten Behälters nur dann benutzen können, wenn mindestens eines der beiden Kriterien erfüllt ist: Bi ≤ 0,1 oder Fo ≥ 3. Man bezeichnet einen Körper mit Bi ≤ 0,1 als thermisch dünn. Mit Fo ≥ 3 ist auch die Frage geklärt, warum das Modell nur für ganz bestimmte, „große“ Zeiten anwendbar ist. Das Modell des ideal gerührten Behälters bei einer Platte ist für beliebige Zeiten anwendbar, falls Bi ≤ 0,1 gilt. Die Temperatur im Inneren schwankt dann um höchs­ − α⋅n ⋅t tens 5 % gegenüber dem äußeren Temperaturgefälle. Es ist T(t) = (T0 − T∞ ) ⋅ e cp ρ⋅l + T∞ für n = 0, 1, 2. Die zur Zeit t fließende Wärmestromdichte an der Wand kann man über q̇ W = α(T∞ − T) bestimmen: q̇ W (t) = −α(T0 − T∞ ) ⋅ e

− α⋅(n+1) c p ρ⋅l ⋅t

.

Die bis zur Zeit t über die Fläche A ins Innere abgegebene Wärme Q(t) berechnet sich als Integral der Wärmestromdichte q̇ W (r = l, t) an der Körperoberfläche: t

Q(t) = A ⋅ ∫ q̇ W (τ) dτ = (T0 − T∞ ) ⋅ 0

cp ρ ⋅ l − α⋅(n+1) ⋅t (e cp ρ⋅l − 1) . (n + 1)

Natürlich kann man das Modell dann auch, unabhängig von der Biotzahl, für Fo ≥ 3 benutzen. Es ist aber sinnvoller, direkt das erste Reihenglied als Näherungslösung her­ anzuziehen, und das schon für Fo ≥ 0,3.

4.7 Der ideal gerührte Behälter für den Zylinder Man erhält in diesem Fall für die relative Temperaturdifferenz Ψ :=

2J 0󸀠 (μ n )(J 0 (μ 2 ) − 1) 2 T(0, t) − T(l, t) = ⋅ e−μ n ⋅Fo 2 󸀠2 T0 − T∞ μ n (J 0 (μ n ) + J 0 (μ n ))

Fo = 0

Fo = 0,2

mit

J 0󸀠 (μ) Bi =− . J 0 (μ) μ

Fo = 0,4

Bi 0,1 1 10 100 0,1 1 10 100 0,1 1 10 100 μ 1 0,442 1,256 2,179 2,381 0,442 1,256 2,179 2,381 0,442 1,256 2,179 2,381 Ψ 0,049 0,431 1,376 1,582 0,048 0,314 0,532 0,509 0,046 0,229 0,206 0,164 Fo = 0,6

Fo = 0,8

Fo = 1

Bi 0,1 1 10 100 0,1 1 10 100 0,1 1 10 100 μ 1 0,442 1,256 2,179 2,381 0,442 1,256 2,179 2,381 0,442 1,256 2,179 2,381 Ψ 0,044 0,167 0,080 0,053 0,042 0,122 0,031 0,017 0,041 0,089 0,012 0,005

Es entstehen sechs ähnliche Graphen wie bei der Platte. Wieder ergibt sich die Bedingung Bi ≤ 0,1 für einen relativen Fehler kleiner als 5 %.

68 | 4 Näherungslösungen, zwei Ersatzmodelle

4.8 Der ideal gerührte Behälter für die Kugel Für die Kugel ergibt sich die relative Temperaturdifferenz zu

Ψ :=

mit cot(μ) =

T(0, t) − T(l, t) 2(sin(μ n ) − μ n cos(μ n ))(μ n − sin(μ n )) −μ2n ⋅Fo = ⋅e T0 − T∞ μ 2n − μ n sin(μ n ) cos(μ n ) 1−Bi μ .

Fo = 0

Fo = 0,2

Fo = 0,4

Bi 0,1 1 10 100 0,1 1 10 100 0,1 1 10 100 μ 1 0,542 1,571 2,836 3,110 0,542 1,571 2,836 3,110 0,542 1,571 2,836 3,110 Ψ 0,050 0,463 1,721 1,979 0,047 0,282 0,344 0,286 0,044 0,172 0,069 0,041

Fo = 0,6

Fo = 0,8

Fo = 1

Bi 0,1 1 10 100 0,1 1 10 100 0,1 1 10 100 μ 1 0,542 1,571 2,836 3,110 0,542 1,571 2,836 3,110 0,542 1,571 2,836 3,110 Ψ 0,042 0,105 0,014 0,006 0,039 0,064 0,003 0,001 0,037 0,039 0,141 0,001

Die Bedingung bleibt auch hier dieselbe: Bi ≤ 0,1 für einen relativen Fehler kleiner als 5 %. Aufgabe Bearbeiten Sie die Übung 12.

4.9 Der halbunendliche Körper Mit dem ideal gerührten Behälter lassen sich Wärmevorgänge zwar für beliebige Zei­ ten, aber nur mit der Einschränkung Bi ≤ 0,1 beschreiben. Das erste Reihenglied der exakten Lösung befähigt uns, Prozesse für größere Zeiten abzudecken. Für kurze Zei­ ten steht zwar die exakte Reihenlösung zur Verfügung, aber je kleiner die betrachtete Zeit ist, umso mehr Glieder der Reihe müssen dazugenommen werden, um einen ver­ lässlichen Wert zu erhalten. Dies ist etwas unbefriedigend. Das Modell des halbunendlichen Körpers bietet nun, auf andere Weise als mit der Reihenlösung, die Möglichkeit, kurzzeitige Temperaturveränderungen zu beschrei­ ben. In diesem Modell ist der Körper auf der einen Seite unendlich ausgedehnt, wie beispielsweise beim Erdboden. Der Wärmevorgang findet nur nahe der Oberfläche statt, während die Temperatur im Inneren des Körpers von der Änderung am Rand beinahe unberührt bleibt.

4.9 Der halbunendliche Körper | 69

Als Vorbereitung definieren wir zuerst die Selbstähnlichkeit von Funktionen. Definition. Eine Funktion y = y(x) heißt selbstähnlich, wenn es zu jeder Zahl p ∈ ℝ \ {1} eine Zahl q ∈ ℝ gibt, für die gilt: y(p ⋅ x) = q ⋅ y(x). Beispiel 1. y󸀠 + y = 0. Eine spezielle Lösung lautet y(x) = e−x . Betrachtet man nun y(px) = e−px , so gibt es nur im Fall p = 1 ein zugehöriges q, nämlich q = 1. y(x) ist nicht selbstähnlich. Beispiel 2. y󸀠 − 2 yx = 0. Eine spezielle Lösung lautet y(x) = x2 . Dann folgt y(px) = (px)2 = p2 x2 = q ⋅ y(x) mit q = p2 . y(x) ist selbstähnlich. Beispiel 3. y󸀠 + y2 = 0. Eine spezielle Lösung lautet y(x) = 1x . Dann folgt y(px) = 1p ⋅ 1x = q ⋅ y(x) mit q = 1p . y(x) ist selbstähnlich. Die Verallgemeinerung zeigt, dass alle Potenzfunktionen selbstähnlich sind. Definition. Eine Funktion in zwei Variablen z(x, y) ist selbstähnlich, wenn zu jedem a und b ein q existiert, so dass z(ax, by) = q ⋅ z(x, y) ist. Dabei kann q eine reelle Zahl aber auch eine Funktion von x oder y sein. Beispielsweise sind alle Potenzprodukte der Form z(x, y) = x n y m selbstähnlich. Dies sieht man über z(ax, by) = q ⋅ a n b m x n y m mit q = a−n b −m . Für die Lösung von DGLen in zwei Variablen ist es sinnvoll, wenn b eine Funktion von a ist oder umgekehrt, damit x und y zu einer Ähnlichkeitsvariablen zusammenge­ zogen werden können. Beispielsweise entsteht aus z(cx, c2 y) mit c = 1x die Funktion z(x, y) = z(1, xy2 ) = z(ξ) mit ξ = xy2 und man zerlegt z folglich zu z(x, y) = q(x)z(ξ). Es sei z. B. z(x, y) = 3x2 y. Die Funktion ist selbstähnlich: z(cx, 1c y) = z(x, y). Setzt man c = 1x , dann ist z(1, x2 y) = z(ξ) mit ξ = x2 y und q = 3. Definition 1. Eine DGL in einer Variablen heißt selbstähnlich, wenn sie selbstähnliche Lösungen erzeugt, d. h. wenn mit y(x) auch y(px) eine Lösung ist. In den obigen Beispielen war nur die DGL y󸀠 − 2 yx = 0 selbstähnlich. Definition 2. Eine DGL in zwei Variablen heißt selbstähnlich, wenn sie selbstähnliche Lösungen erzeugt, d. h., wenn mit z(x, y) auch z(ax, by) eine Lösung ist. Vorzugsweise ist wieder b = f(a). Man sagt auch, dass eine DGL invariant gegenüber der Transformation x → px bzw. invariant gegenüber den Transformationen x → ax und y → by ist. ∂z Beispiel. Gesucht ist die Lösung der DGL x ∂z ∂x = y ∂y (z ≠ konst.). Natürlich könnte man die Lösung erraten. Es geht aber darum, die Gleichung un­ ter anderem mit Hilfe einer Ähnlichkeitsvariablen zu lösen. Zuerst bearbeiten wir die Gleichung auf „traditionelle“ Weise mit einem nach Va­ riablen getrennten Produktansatz z(x, y) = u(x)v(y). Eingesetzt in die DGL entsteht 󸀠 󸀠 x ⋅ uu = y ⋅ vv .

70 | 4 Näherungslösungen, zwei Ersatzmodelle

Die beiden Seiten sind unabhängig voneinander und deshalb gleich einer Kon­ stanten: α v󸀠 α u󸀠 und α = y ⋅ 󳨐⇒ = (ln u)󸀠 und = (ln v)󸀠 α=x⋅ u v x y 󳨐⇒

ln x α = ln u + C∗1

ln y α = ln v + C∗2

und

x α = C1 u

󳨐⇒

und

y α = C2 v .

Zusammen ergibt sich z(x, y) = uv = C(xy)α . Die Lösung ist, wie vorausgesagt, selbstähnlich: z(ax, by) = C(ab)α (xy)α = ∗ C z(x, y). Bei der zweiten Lösungsmethode setzen wir c = 1y und erhalten z( xy , 1) = z(ξ) mit ξ = xy und z(x, y) = q(y)z(ξ). Mit diesem Ansatz gehen wir in die DGL. Es entsteht x⋅q⋅

∂q ∂z x ∂z 1 ⋅ = y[ ⋅z+q⋅ ⋅ (− 2 )] . ∂ξ y ∂y ∂ξ y

Zusammengefasst folgt ξqz󸀠 = yq󸀠 z − ξqz󸀠

󳨐⇒

2ξqz󸀠 = yq󸀠 z

󳨐⇒

Beide Seiten sind wieder unabhängig voneinander. Somit schreiben wir z󸀠 1 q󸀠 α α=ξ und α = y 󳨐⇒ = (ln z)󸀠 z 2 q ξ 󳨐⇒

ln ξ α = ln z + C∗1

und

ξ

z󸀠 1 q󸀠 = y . z 2 q

und

2α = (ln q)󸀠 y

ln y2α = ln q + C∗2 .

Schließlich folgt ξ α = C1 z und y2α = C2 q. Wir erhalten dasselbe Ergebnis wie mit der α ersten Methode z(x, y) = q(y)z(ξ) = Cξ α y2α = C xy α y2α = C(xy)α . Wir lösen nun eine DGL, die vom Aussehen her mit der instationären Wärmelei­ tung zu vergleichen ist. Auf dem Weg zur Lösung jener DGL werden weitere Prinzipien deutlich, die wir dann auf das Lösen der Wärmeleitungsgleichung übertragen können. 2y ∂2 z ∂z ∂z Wir betrachten die DGL ∂x 2 = x 2 ⋅ ∂y mit den Bedingungen [ ∂x ](0,0) = 0 und 2

∂ z [ ∂y 2 ](x,y) = 0. Diese DGL ist aufgrund von z(√p ⋅ x, p ⋅ y) = z(x, y) selbstähnlich für beliebiges p. x , 1) = z(ξ) mit ξ = Wählen wir speziell p = 1y , dann folgt z(√ 1y ⋅ x, 1y ⋅ y) = z( √y x und z(x, y) = q(y) ⋅ v( √y ) mit q(y) ≠ 0. Weiter erhält man ∂2 v 1 ∂2 z ∂z ∂q ∂v x = q ⋅ ⋅ und = ⋅v−q⋅ ⋅ 1,5 . 2 2 y ∂y ∂y ∂ξ 2y ∂x ∂ξ

Zusammen ist 1 2y q(y) = 2 ⋅ (q󸀠 (y) ⋅ v(ξ) − 1,5 ⋅ v󸀠 (ξ) ⋅ x) y x 2y 2y 󸀠 q(y) 󸀠 󸀠󸀠 ⋅ v (ξ) q(y) ⋅ v (ξ) = 2 q (y) ⋅ v(ξ) − ξ ξ q󸀠 (y) ξ 2 v󸀠󸀠 (ξ) = 2y ⋅ v(ξ) − ξv󸀠 (ξ) . q(y) q(y) ⋅ v󸀠󸀠 (ξ) ⋅

󳨐⇒ 󳨐⇒

x √y

4.9 Der halbunendliche Körper | 71

Geordnet nach Variablen hat man q󸀠 (y) ξ 2 v󸀠󸀠 (ξ) + ξv󸀠 (ξ) = 2y . v(ξ) q(y) Da beide Seiten unabhängig voneinander sind, müssen sie konstant sein. Daraus ent­ 󸀠 (y) = α und ξ 2 v󸀠󸀠 (ξ) + ξv󸀠 (ξ) = αv(ξ). steht das Gleichungssystem 2y qq(y) Die erste Gleichung ergibt umgeformt q󸀠 (y) =

α 2



q(y) y

und hat als Lösung

α

q(y) = q0 ⋅ y 2 . Für v(ξ) versuchen wir ebenfalls einen Potenzansatz v(ξ) = v0 ⋅ ξ n (allgemeiner wäre ein Potenzreihenansatz) und schauen, ob dies mit den Nebenbedingungen verträglich ist: ξ 2 v󸀠󸀠 (ξ) + ξv󸀠 (ξ) = αv(ξ) . Eingesetzt folgt v0 ⋅ ξ 2 n(n − 1)ξ n−2 + v0 ⋅ ξnξ n−1 = αv0 ⋅ ξ n 󳨐⇒

n(n − 1)ξ n + nξ n = αξ n

󳨐⇒

n2 = α ,

󳨐⇒

n(n − 1) + n = α

v(ξ) = v0 ⋅ ξ √α .

Zusammen wäre dann α

z(x, y) = q0 v0 ⋅ y 2 ⋅ (

α 1 x √α x√α = q0 v0 ⋅ x√α y 2 (α−√α) . ) = q0 v0 ⋅ y 2 ⋅ 1 √α √y 2 y

Die zweite Nebenbedingung führt auf q0 v0 ⋅

1 1 1 (α − √α) ( (α − √α) − 1) x√α y 2 (α−√α)−2 = 0 2 2

mit beliebigen x, y. Für x ≠ 0, y = 0 und x = 0, y ≠ 0 ist die Gleichung erfüllt. Für x ≠ 0, y ≠ 0 muss 12 (α − √α)( 12 (α − √α) − 1) = 0 sein. Somit ist α 1 = 1, α2 = 4. ∂z Mit α 1 = 1 wäre z(x, y) = c0 ⋅ x. Es würde [ ∂x ](x,y) = 1 folgen, im Widerspruch zur ersten Nebenbedingung. Damit ist z(x, y) = Cx√4 y 2 (4−√4) x√4 = Cx2 y 1

die gesuchte Lösung. Da der halbunendliche Körper keine endliche Ausdehnung besitzt, können wir auch nicht auf eine endliche Länge normieren. Anderseits argumentieren wir aber wie folgt: Durchlaufen wir das Temperaturprofil, so können wir aufgrund des unendlich langen Funktionsverlaufs an keiner Stelle sagen, dass wir einen bestimmten Prozent­ satz des gesamten Profils erreicht haben. Die Temperaturverteilung geht unendlich weiter, wobei keine Stelle ausgezeichnet ist. Wir folgern, dass Profile zu verschiede­

72 | 4 Näherungslösungen, zwei Ersatzmodelle

nen Zeiten untereinander ähnlich sein müssen. Mathematisch bedeutet das, dass sie durch eine Streckung ineinander übergehen. Diese Argumentationen sind aber alles 2 ∂2 T Folgerungen. Voraussetzung ist, dass die DGL ∂T ∂t = β ∂r 2 selbstähnlich ist. Sie ist es, wie man sich leicht überzeugt: T(√c ⋅ r, c ⋅ t) = T(r, t). 2 ∂2 T Wir beginnen wieder damit, die DGL für die Platte ∂T ∂t = β ∂r 2 in dimensionslose 1 W Größen zu verwandeln und setzen ϑ(r, t) = T(r,t)−T T 0 −T W . Wählen wir für c = t , dann r erhalten wir aus ϑ(√c ⋅ r, c ⋅ t) = ϑ(r, t) die Temperaturfunktion ϑ( √ , 1) = ϑ( √r ). t t Um ein dimensionsloses Argument zu erhalten, müssen wir es noch geeignet er­ weitern. r2 Da der Ausdruck 4β 2 die Einheit [s] besitzt, lautet unsere Ähnlichkeitsvariable ξ = r . 2√β 2 t

Mit dem Faktor 2 im Nenner schreibt sich nachher lediglich die Lösung einfacher. Dann ist r ϑ(r, t) = q(t) ⋅ v ( ) mit q(t) ≠ 0 . 2√β 2 t Man erhält

∂2 v ∂ξ 2 ∂2 v 1 ∂2 ϑ = q ⋅ ⋅ ( = q ⋅ ⋅ 2 ) 2 2 2 ∂r ∂r ∂ξ ∂ξ 4β t

und

∂ϑ ∂q ∂v r = ⋅v−q⋅ ⋅ ∂t ∂t ∂ξ 4√β 2 t1,5 󳨐⇒

∂q ∂2 v 1 ∂v r = β2 q ⋅ 2 ⋅ 2 ⋅v−q⋅ ⋅ ∂t ∂ξ 4√β 2 t1,5 ∂ξ 4β t

󳨐⇒

∂v r ∂2 v 1 ∂q ⋅v−q⋅ ⋅ =q⋅ 2 ⋅ ∂t ∂ξ 4√β 2 t1,5 4t ∂ξ

󳨐⇒

4 t ⋅ q󸀠 (t)v(ξ) − q(t)v󸀠 (ξ)

r

= q(t) ⋅ v󸀠󸀠 (ξ) .

√ β2 √t

Getrennt nach Variablen ist v󸀠󸀠 (ξ) + 2ξv󸀠 (ξ) q󸀠 (t) = 4t ⋅ =α. v(ξ) q(t) α

Die zweite Gleichung besitzt die Lösung q(t) = q0 ⋅ t 4 . Insgesamt lautet die gesamte α Lösung vorerst ϑ(ξ, t) = q0 ⋅ t 4 ⋅ v(ξ). Nun wenden wir uns der Platte zu.

4.10 Der halbunendliche Körper für die Platte |

73

4.10 Der halbunendliche Körper für die Platte Randbedingung 1. Art ϑ(ξ = 0, t) = 0 und

ϑ(ξ = ∞, t) = 1 .

Die zweite Bedingung bedeutet, dass die Temperatur am rechten Rand für alle Zeiten gleich 1 ist. Anfangsbedingung. ϑ(ξ, t = 0) = 1. Zur Startzeit beträgt die Temperatur 1 an jedem „Ort“ ξ ∼ √r . t

Die Bedingung ϑ(ξ, t = 0) = 1 ist nur erfüllbar, falls α = 0. Wir können zusätzlich q0 = 1 setzen und einen eventuellen Faktor später bestimmen. Somit ist ϑ(ξ) = v(ξ) 󸀠󸀠 󸀠 (ξ) und die DGL v (ξ)+2ξv = α reduziert sich zu ϑ󸀠󸀠 (ξ) + 2ξϑ󸀠 (ξ) = 0. v(ξ) 󸀠󸀠

−ξ 2

Durch Trennung der Variablen erhält man ϑϑ󸀠 = −2ξ . Integration liefert ln ϑ󸀠 (ξ) = + C. 2 Damit ist der Faktor 2 von vorhin begründet. Daraus wird ϑ󸀠 (ξ) = C1 e−ξ . Eine nochmalige Integration führt zu ξ

ϑ(ξ) = C1 ∫ e−u du + C2 . 2

0

Mit der Randbedingung folgt C2 = 0. 2 ∞ Die Anfangsbedingung ergibt C1 ∫0 e−u du = 1. Das Integral hat den Wert 2 womit C1 = √π wird. Die Funktion

√π 2 ,

ξ 2 2 ∫ e−u du erf(ξ) := √π

0

ist die Gauß’sche Fehlerfunktion. Schließlich lautet unsere Lösung in dimensionsloser Form: ϑ(ξ) = erf(ξ) (error function) oder ausführlich r 2√ β 2 t

T(r, t) =

2 2 ∫ e−u du ⋅ (T0 − TW ) + TW . √π

0

Die Selbstähnlichkeit schreibt sich dann als √pr 2√ β2 pt

T(√p ⋅ r, pt) =

2 √π

∫ e−u du ⋅ (T0 − TW ) + TW = T(r, t) . 2

0

74 | 4 Näherungslösungen, zwei Ersatzmodelle ̇ t). Sie beträgt Wir bestimmen noch die zur Zeit t fließende Wärmestromdichte q(r, ̇ t) = −λ ⋅ q(r,

=−

∂T 1 ∂T ∂ξ 2 −ξ 2 e ⋅ (T0 − TW ) ⋅ −λ⋅ ⋅ = −λ ⋅ ∂r ∂ξ ∂r √π 2√β 2 t

λcρ − 4βr22 t λ −ξ 2 √cρ ⋅ (T0 − TW ) ⋅ ⋅ (T0 − TW ) . ⋅e = −√ e πt √π √λt

λcρ Speziell an der Wand ist sie q̇ W (t) = −√ πt ⋅ (T0 − TW ). Hier tritt ein neuer Stoffwert auf. b := √λcρ heißt Wärmeeindringkoeffizient und ist ein Maß für die Geschwindigkeit des von außen eindringenden Wärmestroms. Die bis zur Zeit t über die Fläche A ins Innere abgegebene Wärme Q(t) berechnet sich zu t

t

0

0

λcρ 1 λcρ Q(t) = A ⋅ ∫ q̇ W (τ) dτ = −A√ dτ = −2A√ ⋅ (T0 − TW ) ∫ ⋅ (T0 − TW )√t . π π √τ

Gültigkeit des Modells Will man das Modell des halbunendlichen Körpers verwenden, dann muss die Dicke des Körpers nicht zwangsweise „riesengroß“ sein. Vielmehr muss die Prozessdauer genügend kurz, die Wärmeleitfähigkeit genügend klein oder die Dicke des Körpers so groß sein, dass am anderen Ende die Anfangstemperatur T0 einen gewissen Prozent­ satz nicht überschreitet. Wir fordern wieder 1 % als maximale Abweichung gegenüber der Reihenlösung. Anders gesagt, die Differenz zwischen dem Wert der Ähnlichkeitslösung an der Stelle r = l und dem Wert der Reihenlösung an der Stelle r = 0 darf höchstens 0,01 sein. β2 Mit ξ = r , Fo = l 2 ⋅ t und speziell r = l erhält man ξ = √1 . Damit folgt 2√β 2 t

2 Fo

󵄨󵄨 󵄨󵄨 1 󵄨󵄨 󵄨󵄨 ∞ 󵄨󵄨 2 2√Fo 󵄨󵄨 n+1 2 (2n−1) 4(−1) 󵄨󵄨 −u2 − 4 π 2 ⋅Fo 󵄨󵄨 ⋅e du − ∑ ∫ e 󵄨󵄨 󵄨󵄨 ≤ 0,01 . 󵄨󵄨 √π 󵄨󵄨 (2n − 1)π n=1 󵄨󵄨 󵄨󵄨 0 󵄨󵄨 󵄨󵄨 Die Lösung lautet Fo = 0,075. Wir erhalten somit als Bedingung für die Platte bei der Randbedingung 1. Art Fo < 0,08. 1. Bemerkung. Die Selbstähnlichkeit der DGL ist eine notwendige Bedingung für die Selbstähnlichkeit der Lösungen. Damit die Bedingung auch hinreichend ist, muss das zugrunde liegende Intervall zwangsweise unendlich groß sein. Ansonsten würde nur ein Teil des Graphen bei einer Umskalierung zur Deckung gebracht. Bei einer endlichen Plattendicke würde zudem die obige Rechnung an der Randbedingung ϑ(ξ = l, t), deren Wert unbekannt ist, scheitern. Die obige Formel gilt also nur für den halbunendlichen Körper.

4.10 Der halbunendliche Körper für die Platte |

75

2. Bemerkung. Man kann auf die Idee kommen, die Selbstähnlichkeit auch bei der 2 2 Wellengleichung testen zu wollen: ∂∂t u2 = c2 ⋅ ∂∂xu2 . Offensichtlich ist sie selbstähnlich: u(px, pt) = u(x, t) . Die Randbedingungen sind aber auf ein endliches Intervall beschränkt. Deswegen sind die Lösungen z. B. für die schwingende Seite nicht selbstähnlich. Für eine un­ endlich fortschreitende Welle hätte man, unter Missachtung der Dämpfung, zwar ein unendlich langes Intervall, aber die Lösungen wären nicht nur selbstähnlich, sondern sogar kongruent, weshalb der Ansatz mit einer selbstähnlichen Variablen in keinem Fall zu einem Ergebnis führt. Bei der Wellengleichung ist der Produktansatz zwin­ gend.

Randbedingung 2. Art ̇ = 0, t) = q̇ W und q(r ̇ = ∞, t) = 0 oder dimensionslos κ(ξ ̇ = 0, t) = 1 Diese lauten q(r ̇ = ∞, t) = 0, wobei wir mit κ̇ die dimensionslose Wärmestromdichte bezeich­ und κ(ξ nen. ̇ t = 0) = 0 oder dimensionslos κ(ξ, ̇ t = 0) = 0. Anfangsbedingung. q(r, Hierzu bedarf es einer kleinen Vorbemerkung. Nehmen wir an, f(r, t) sei Lösung der ∂f 2 ∂2 T DGL ∂T ∂t = β ⋅ ∂r 2 . Dann stellt die partielle Ableitung von f nach dem Ort, ∂r , ebenfalls eine Lösung derselben DGL dar. Die Begründung liefert der Satz von Schwarz: ∂ ∂f ∂ ∂f ∂ ∂2 f ∂2 ∂f ( )= ( )= (β 2 ⋅ 2 ) = β 2 ⋅ 2 ( ) . ∂t ∂r ∂r ∂t ∂r ∂r ∂r ∂r Da nun die Wärmestromdichte die Form q̇ = −λ ⋅ ∂T ∂r besitzt, ist sie Lösung der DGL. Wir können sie zur Lösung unseres instationären Problems machen, sofern wir die Rand- und Anfangsbedingungen von oben einbauen. Für die dimensionslose Wärme­ ̇ = 0, t) = 1 mit ξ = r wie bisher, was der einen Randbe­ stromdichte gilt also κ(ξ 2√β 2 t

̇ = ∞, t) = 0 und die Anfangsbedingung dingung entspricht. Die Randbedingung κ(ξ ̇ t = 0) = 0 gelten ebenfalls. Vergleichen wir dieses Problem mit demjenigen der κ(ξ, Randbedingung 1. Art, bei dem die Bedingungen wie folgt aussahen, ϑ(ξ = 0, t) = 0, ϑ(ξ = ∞, t) = 1 und ϑ(ξ, t = 0) = 1, dann erkennt man die Analogie. ̇ ̇ lautet in dimensionsloser Form κ(ξ) ̇ Die Lösung für κ(ξ) = q(ξ) q̇ W = 1 − erf(ξ). Die Funktion erfc(ξ) := 1 − erf(ξ) heißt komplementäre Fehlerfunktion. Aus der dimensionslosen Wärmestromdichte wollen wir nun durch partielle Inte­ gration die dimensionslose Temperatur berechnen. Man erhält ̇ κ(ξ) = 1 − erf(ξ)

󳨐⇒

∂ϑ = 1 − erf(ξ) ∂ξ

󳨐⇒

∂ϑ = (1 − erf(ξ))∂ξ .

76 | 4 Näherungslösungen, zwei Ersatzmodelle

Es folgt ϑ(ξ) = ∫(1 − erf(ξ))∂ξ = ξ − ∫ erf(ξ) dξ , ϑ(ξ) = ξ − (ξ ⋅ erf(ξ) −

2 2 1 −ξ 2 2 ∫ ξ ⋅ e−ξ dξ ) = ξ − ξ ⋅ erf(ξ) − ⋅ ⋅e √π √π 2

und ϑ(ξ) = ξ(1 − erf(ξ)) −

1 −ξ 2 1 −ξ 2 = ξ ⋅ erfc(ξ) − . e e √π √π

∂ϑ ̇ Aus der Bedingung −λ ⋅ [ dT dr ]r=0 = qW muss dimensionslos [ ∂ξ ]ξ=0 = 1 entstehen und es ist ∂ϑ ∂ξ ∂ϑ 1 −λ ⋅ [ = q̇ W 󳨐⇒ − λ ⋅ [ ] ⋅ ⋅ ] = q̇ W ∂ξ ∂r ξ=0 ∂ξ ξ=0 2√β 2 t

󳨐⇒

[

2√β 2 t ∂ϑ ⋅ q̇ W = 1 . = ] ∂ξ ξ=0 λ

Das bedeutet, dass die dimensionslose Temperatur die Form ϑ(r, t) =

T(r, t) − T0 −

2√β 2 t λ

⋅ q̇ W

haben muss. Der Ausdruck ist identisch mit demjenigen von Gleichung (3.10). Den Platz der charakteristischen Länge l nimmt jetzt die zeitabhängige „Länge“ 2√β 2 t ein. Ausführlich gilt r 2√ β 2 t

T(r, t) = (

1 e √π

2 − r2 4β t



r 2√β 2 t

(1 −

2√β 2 t 2 2 ∫ e−u du)) ⋅ q̇ W + T0 . λ √π 0

Wir wollen noch untersuchen, wie die Rand- und Anfangswerte für die Temperatur aussehen: 0 2√β 2 t 2√β 2 t 2 2 1 −0 e − 0 (1 − ⋅ q̇ W + T0 . ∫ e−u du)) T(r = 0, t) = ( ⋅ q̇ W + T0 = λ √π √π √π ⋅ λ 0

Die Wandtemperatur ändert sich mit der Zeit: T(r = ∞, t). Hierzu muss zuerst der Grenzwert limξ→∞ ξ(1 − erf(ξ)) bestimmt werden. Wir formen um und leiten gemäß Bernoulli-L’Hôspital ab: lim

ξ→∞

1 − erf(ξ) 1 ξ

= lim

ξ→∞

2 − √π e−ξ

− ξ12

2

2 η √π η→∞ e η

= lim

=0.

4.10 Der halbunendliche Körper für die Platte |

77

Damit ist T(r = ∞, t) = T0 . Zur Bestimmung von T(r, t = 0) verwendet man denselben Grenzwert wie oben und findet T(r, t = 0) = T0 . Die bis zur Zeit t über die Fläche A ins Innere abgegebene Wärme Q(t) berechnet sich zu t

Q(t) = A ⋅ ∫ q̇ W dτ = A ⋅ q̇ W ⋅ t . 0

Für die Gültigkeit des Modells akzeptieren wir wieder eine Abweichung von höchstens 1 % am rechten Rand. Es gilt also r = l bei der Ähnlichkeitslösung und r = l bei der Reihenlösung. Dann lautet die Bedingung 󵄨󵄨 󵄨󵄨 1 󵄨󵄨 󵄨󵄨 2√Fo ∞ 󵄨 󵄨󵄨 1 n 1 2 2(−1) 2 2 1 1 2 󵄨󵄨 − 4Fo −u −n π ⋅Fo 󵄨󵄨󵄨 e − ∫ e du) − (Fo − − ∑ 2 2 ⋅ e )󵄨󵄨 (1 − 󵄨󵄨 󵄨󵄨 󵄨󵄨 √π 6 n=1 n π √π 2√Fo 󵄨󵄨 󵄨󵄨 0 󵄨󵄨 󵄨󵄨 ≤ 0,01 . Das ergibt einen Wert von Fo = 0,148. Somit lautet die Bedingung Fo < 0,15. 2 ∂ T 󸀠󸀠 󸀠 ̇ = 1 − erf(ξ) erfüllt die DGL ∂T Bemerkung. κ(ξ) ∂t = β ⋅ ∂r 2 und ϑ (ξ) + 2ξϑ (ξ). 1 −ξ 2 die DGL Hingegen erfüllt die Temperaturfunktion ϑ(ξ) = ξ(1 − erf(ξ)) − √π e nicht. 2

Randbedingung 3. Art −λ ⋅ [

dT = α(T(r = 0, t) − T∞ ) ] dr r=0

und

ϑ(ξ = ∞, t) = 1 .

Anfangsbedingung. ϑ(ξ, t = 0) = 1. Wir schreiben die erste Bedingung aus und er­ halten dϑ dξ −λ⋅[ = α (ϑ(ξ = 0, t)(T0 − T∞ ) + T∞ − T∞ ) ⋅ ] dξ dr ξ=0 󳨐⇒

−λ⋅[

󳨐⇒

[

1 dϑ ⋅ ] (T0 − T∞ ) = α (ϑ(ξ = 0, t)(T0 − T∞ )) dξ ξ=0 2√β 2 t

α dϑ = − ⋅ 2√β 2 t ⋅ ϑ(ξ = 0, t) . ] dξ ξ=0 λ

Wir definieren eine neue zeitliche Kenngröße: α 2 t α2 ⋅ . τ := β 2 t ( ) = λ cρ λ Die Einheit ist s⋅ J kg⋅K

und somit ist τ dimensionslos.



W2 m4 K2 kg ⋅ W m3 mK

=

s⋅W W = J W

78 | 4 Näherungslösungen, zwei Ersatzmodelle

Die erste Bedingung hat dann die Gestalt [

dϑ + 2√τ ⋅ ϑ(ξ = 0, t) = 0 . ] dξ ξ=0

(4.4)

Würde diese Gleichung für alle ξ gelten, dann wäre die Lösung ϑ(ξ) = e−2√τ⋅ξ . Die Randbedingung 1. Art beeinhaltete die Funktion ϑ und führte zur Lösung ϑ(ξ) = erf(ξ). Im zweiten Fall wurde an den Ausdruck dϑ dξ eine Bedingung gestellt. Als Lösung ergab sich dϑ = 1 − erf(ξ). Aus diesen Gründen ist es nicht ganz abwegig, aus der dξ Bedingung (4.4) eine Verknüpfung von erf(ξ) und 1 − erf(ξ) über die erwähnte Expo­ nentialfunktion für ϑ(ξ) anzusetzen: ϑ(ξ) = erf(ξ) + e −2√τ⋅ξ ⋅ (1 − erf(ξ)). Die dimensionslose Temperaturfunktion erfüllt zwar sowohl die beiden geforderten Bedingungen ϑ(ξ = ∞, t) = 1 und ϑ(ξ, t = 0) = 1 als auch die Bedingung (4.4), aber als Wandtemperatur erhält man für ξ = 0 eine temperaturunabhängige Funktion: ϑ(0) = 1. Das kann nicht sein. Deshalb erweitern wir alle Argumente um eine Zeitvariable. Die einzige dafür in Frage kommende ist die dimensionslose Zeit τ := β 2 t( αλ )2 . Diese muss aber von ξ entkoppelt bleiben, also wird das Argument nicht multiplikativ, sondern additiv erweitert. Wir setzen deswegen an: ϑ(ξ) = erf(f(τ) + ξ) + e g(τ)−2√τ⋅ξ ⋅ (1 − erf(h(τ) + ξ)) . Damit gehen wir nun in die Bedingung (4.4) und erhalten 2 −(h(τ)+ξ)2 2 −(f(τ)+ξ)2 e e − 2√τ ⋅ e g(τ)−2√τ⋅ξ (1 − erf(h(τ) + ξ)) − e g(τ)−2√τ⋅ξ √π √π + 2√τ ⋅ erf(f(τ) + ξ) + 2√ τe g(τ)−2√τ⋅ξ (1 − erf(h(τ) + ξ)) = 0 . Für ξ = 0 wird daraus 2 −f 2 (τ) 2 g(τ)−h2(τ) e e − 2√τe g(τ) (1 − erf(h(τ))) − + 2√τ ⋅ erf(f(τ)) √π √π + 2√τe g(τ) (1 − erf(h(τ))) = 0 󳨐⇒

2 g(τ)−h2(τ) 2 −f 2 (τ) − + 2√τ ⋅ erf(f(τ)) = 0 . e e √π √π

Die Gleichung ist nur dann erfüllt, wenn f(τ) = 0 und h(τ) = √g(τ). Für g(τ) setzen wir versuchsweise eine lineare Zeitzunahme an: g(τ) = a ⋅ τ. Die Funktion lautet demnach ϑ(ξ) = erf(ξ) + e a⋅τ−2√τ⋅ξ ⋅ (1 − erf(√a ⋅ τ + ξ)) mit einem noch unbekannten Faktor a. Für den Temperaturverlauf an der Wand erhalten wir mit ξ = 0 ϑW (τ) = e a⋅τ ⋅ (1 − erf(√a ⋅ τ)) .

4.10 Der halbunendliche Körper für die Platte

|

79

2

Zuerst halten wir fest, dass aus Fo = βl 2 ⋅ t und Bi = αlλ die dimensionslose Zeit die Darstellung τ := β 2 t( αλ )2 = Fo ⋅ Bi2 besitzt. Die Länge l kürzt sich also heraus. 2 Daraus entsteht die Gestalt ϑW (Fo, Bi) = e a⋅Fo⋅Bi ⋅ (1 − erf(√ a ⋅ Fo ⋅ Bi)). Diese besteht nur noch aus den bei dieser Randbedingung üblichen zwei Varia­ blen. Zum Vergleich ziehen wir die dimensionslose Reihenlösung heran: ∞

ϑ(ξ, Fo) = ∑ n=1

2 2 sin(μ n ) ⋅ e−μ n ⋅Fo ⋅ cos(μ n ξ) μ n + sin(μ n ) cos(μ n )

mit

tan(μ) =

Bi . μ

Ausgewertet am Rand für ξ = 1 wird dann ∞

ϑW (Fo) = ∑ n=1

2 sin(μ n ) cos(μ n ) 2 ⋅ e−μ n ⋅Fo . μ n + sin(μ n ) cos(μ n )

Die Darstellung für den Koeffizienten der Reihenlösung können wir auch noch verein­ fachen. Wir kürzen 1 ⋅ 2 sin(μ n ) cos(μ n ) cos2 (μ n ) . 1 ⋅ (μ n + sin(μ n ) cos(μ n )) cos2 (μ ) n

Dann entsteht 2 ⋅ μBin 2 tan(μ n ) = μn + tan(μ n ) μ n (tan2 (μ n ) + 1) + cos2 (μ n ) mit tan2 (μ n ) + 1 =

Bi μn

1 . Schließlich wird daraus cos2 (μ n )

2⋅ 2 μ n ( Bi μ 2n

Bi μn

+ 1) +

Bi μn

=

2 ⋅ Bi 2

Bi + Bi + μ 2n

.

Nun wählen wir eine beliebige Biotzahl, z. B. Bi = 1 (Jede andere Biotzahl würde zum selben Ergebnis für die zu bestimmende Zahl a führen). Unsere Reihendarstellung sieht dann so aus: ∞ 2 2 ϑW (Fo) = ∑ ⋅ e−μ n ⋅Fo . 2 2 + μ n n=1 Die ersten zehn Eigenwerte von tan(μ) =

1 μ

lauten

n

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

μn

0,860

3,426

6,437

9,529

12,645

15,771

18,902

22,036

25,172

28,310

80 | 4 Näherungslösungen, zwei Ersatzmodelle Die Fourierzahl wählen wir kleiner als Fo < 0,08. Dies entspricht dem Wert bei der Randbedingung 1. Art. Wir nehmen z. B. Fo < 0,01. Damit stellen wir sicher, dass wir im Gültigkeitsbereich für das Modell des halbunendlichen Körpers liegen. (Jede andere Fourierzahl in diesem Bereich würde zum gleichen Ergebnis für die zu bestim­ mende Zahl a führen.) Unter Verwendung der ersten zehn Terme erhalten wir für die dimensionslose Wandtemperatur ϑW (0,01) = 0,896456. Anderseits haben wir ϑW (0,01, a) = e a⋅0,01 ⋅ (1 − erf(√a ⋅ 0,01)). Den Wert für a bestimmen wir graphisch und tragen ϑW (0,01, a) gegenüber der Konstanten ϑW (0,01) = 0,896456 auf. Es ergibt sich ein Wert von a = 1,000021. Dies ist Bestätigung genug, dass a = 1 gewählt werden muss. Somit lautet die Lösung ϑ(ξ) = erf(ξ) + e τ−2√τ⋅ξ ⋅ (1 − erf(√τ + ξ)) oder ausführlich √β 2 t⋅ αλ +

r 2√ β 2 t

T(r, t) =

α 2 α 2 2 2 2 ∫ e−u du + e β t ( λ ) − λ r ⋅ (1 − √π √π

0



r 2√ β 2 t

e−u du) 2

0

⋅ (T0 − T∞ ) + T∞ . Der zeitliche Temperaturverlauf an der Wand beträgt dann √τ

TW (τ) = e τ ⋅ (1 −

2 2 ∫ e−u du) ⋅ (T0 − T∞ ) + T∞ . √π

0

Für die Wärmestromdichte gilt dT dξ ⋅ ] dξ dr 2 −ξ 2 λ − 2√τ ⋅ e τ−2√τ⋅ξ (1 − erf(√τ + ξ)) =− (T0 − T∞ ) ( e √π 2 2√β t

̇ t) = −λ [ q(r,

− e τ−2√τ⋅ξ =−

λ √β 2 t

(T0 − T∞ ) (

= −α(T0 − T∞ ) (

2 −(√τ+ξ)2 e ) √π

1 −ξ 2 e (1 − e−4√τ⋅ξ ) − √τ ⋅ e τ−2√τ⋅ξ (1 − erf(√τ + ξ))) √π

1 −ξ 2 1 − e−4√τ⋅ξ e ( ) − e τ−2√τ⋅ξ (1 − erf(√ τ + ξ))) . √π √τ

Die zur Zeit t an der Wand fließende Wärmestromdichte q̇ W (τ) beträgt q̇ W (τ) = α(T0 − T∞ ) ⋅ e τ ⋅ (1 − erf(√τ)) .

4.10 Der halbunendliche Körper für die Platte |

81

Für die bis zur Zeit t über die Fläche A ins Innere abgegebene Wärmemenge Q(t) be­ f(θ) d d (∫0 g(u) du) = g(f(θ)) ⋅ dθ f(θ) und integrieren partiell: nutzen wir die Kettenregel dθ t

√β 2 θ αλ

t

2 Q(t) = A ⋅ ∫ q̇ W (θ) dθ = −α(T0 − T∞ ) ⋅ ∫ e β θ( ) (1 − √π 2

0

α 2 λ

0

[ = −α(T0 − T∞ ) ⋅ [ [

∫ e−u du) dθ 2

0

√τ

2 2 1 e τ ⋅ (1 − ∫ e−u du) − 2 α 2 √π 2 2 β (λ) β ( αλ ) 0

1

t

+

α 2 α 2 1 2 2 α 2 1 dθ] ∫ e β θ( λ ) e−β θ( λ ) √β 2 ⋅ 2 λ 2√θ √π β 2 ( α ) 0 λ ]

√τ

t

2 1 t 2 t 2 1 ∫ e−u du) − + ∫ ⋅ dθ ⋅ = −α(T0 − T∞ ) e τ ⋅ (1 − τ τ √π √β 2 α 2√θ √π 0 λ 0

√τ

2 2 √t √ t t 2 t = −α(T0 − T∞ ) e τ ⋅ (1 − [ θ]0 ∫ e−u du) − + τ τ √π √π √τ

0

√τ

2 t t 2 t 2 ⋅ = −α(T0 − T∞ ) e τ ⋅ (1 − ∫ e−u du) − + τ τ √π √τ √π

0

=−

τ α(T0 − T∞ ) (−1 + 2√ + e τ (1 − erf(√τ))) ⋅ t . τ π

Zur Bestimmung des Gültigkeitsbereichs verlangen wir auch hier, dass die Differenz der jeweiligen dimensionslosen Temperaturen höchstens 0,01 beträgt. Es gilt also r = l bei der Ähnlichkeitslösung und r = l bei der Reihenlösung. Dafür wechseln wir zur Darstellung von ϑHUK ausgedrückt mit Fo und Bi: ϑHUK (Fo, Bi) = erf (

2 1 1 ) + eFo⋅Bi −Bi ⋅ (1 − erf (√Fo ⋅ Bi + )) √ √ 2 Fo 2 Fo

(4.5)

(gilt nur für r = l). Die Reihenlösung sieht so aus: ∞

ϑRL (Fo) = ∑ n=1

2 sin(μ n ) 2 ⋅ e−μ n ⋅Fo μ n + sin(μ n ) cos(μ n )

mit

tan(μ) =

Bi . μ

(4.6)

Im Gegensatz zu einer endlichen Ausdehnung, wo es für die Randbedingungen 1. und 3. Art zwei verschiedene Grenz-Fourierzahlen gibt, sind es hier dieselben. Dies liegt daran, dass man bis zu einer theoretisch unendlichen Biotzahl von Bi → ∞ gehen muss, was Bi → α entspricht. Dies wiederum ist gleichwertig mit einer Randbedin­ gung 1. Art.

82 | 4 Näherungslösungen, zwei Ersatzmodelle

Trotz dieser Tatsache wollen wir uns die Mühe machen, die einzelnen Fourierzah­ len für die vier Biotzahlen Bi = 0,1, 1, 10, ∞ zu bestimmen. Die Zahl Bi = 0,1 stellt gerade den Übergang zwischen thermisch dünnen und thermisch dicken Körpern dar. Kleinere Biotzahlen werden somit nicht betrachtet. In Abb. 4.3 sind die Graphen von ϑHUK (Fo, Bi)+0,01 und ϑRL (Fo) für eine bestimm­ te Biotzahl dargestellt.

Abb. 4.3: Graphen von (4.5) und (4.6)

Die Schnittstelle rückt mit wachsender Biotzahl immer näher gegen Fo = 0,075. Für Bi = 10 stimmt die Fourierzahl schon bis auf mehrere Stellen mit derjenigen des Grenzwerts überein. Die Fourierzahl für Bi = ∞ ergibt sich aus folgendem Grenzwert: 2 1 1 ) + eFo⋅Bi −Bi ⋅ (1 − erf (√Fo ⋅ Bi + )) √ √ 2 Fo 2 Fo 1 − erf (√Fo ⋅ Bi + √1 ) 1 2 Fo = lim erf ( )+ 2 Bi→∞ 2√Fo e−Fo⋅Bi +Bi

lim ϑ(Fo, Bi) = lim erf (

Bi→∞

Bi→∞

2

−(√Fo⋅Bi+ 2√1Fo )

2 ⋅e − √π 1 = lim erf ( )+ Bi→∞ e−2Fo⋅Bi+1 2√Fo 2

2 − √π ⋅ e−(Fo⋅Bi +2Bi+ 4Fo ) 1 )+ = lim erf ( Bi→∞ e ⋅ e−2Fo⋅Bi 2√Fo 2 1 1 2 ⋅ e− 4Fo −1 e−Fo⋅Bi −2Bi(1−Fo) = lim erf ( )− Bi→∞ √ √π 2 Fo 1 1 = erf ( ) + 0 = erf ( ) . 2√Fo 2√Fo 1

Unabhängig von der Art der Randbedingung können wir insgesamt für die Gültigkeit dieses Modells für die Platte somit folgenden Wert ansetzen: Fo < 0,08. 2

2 ∂ T Bemerkungen. 1. ϑ(ξ) erfüllt die DGL ∂T ∂t = β ⋅ ∂r 2 nicht. Dies wird auch nicht ver­ langt. 2. Es gilt limτ→∞ ϑ(ξ) = −∞. Dies verletzt die geforderten Bedingungen nicht. Viel­ mehr ist entscheidend, dass ϑ(ξ) innerhalb des gültigen Bereichs Fo < 0,13 mo­ noton fallend ist.

4.11 Der halbunendliche Körper für den Zylinder und die Kugel | 83

4.11 Der halbunendliche Körper für den Zylinder und die Kugel Die mathematische Beschreibung mit Hilfe einer Ähnlichkeitsvariablen scheitert schon an der Tatsache, dass die DGL nicht selbstähnlich ist. Es müsste wieder T(pr, qt) = T(r, t) sein. ∂2 T n ∂T 2 Eingesetzt in die DGL ∂T ∂t = β ⋅ ( ∂r 2 + r ⋅ ∂r ) mit n = 1, 2 erhält man q

∂2 T n ∂T ∂T = β 2 ⋅ (p2 2 + ⋅p ) ∂t pr ∂r ∂r

󳨐⇒

q

∂2 T n ∂T ∂T = β 2 ⋅ (p2 2 + ⋅ ) . ∂t r ∂r ∂r

Dies ist aber nur für p = q = 1 erfüllbar. Angenommen, man ignoriert das Fehlen der Selbstähnlichkeit. Was ergäbe dann die Rechnung mit der angeblichen Ähnlichkeits­ variablen ξ = r ? 2√β 2 t

∂2 ϑ ∂ξ 2 n ∂ϑ ∂ξ ∂ϑ ∂ξ ⋅ = β2 ( 2 ⋅ ( ) + ⋅ ⋅ ) ∂ξ ∂t ∂r r ∂ξ ∂r ∂ξ 󳨐⇒ −

r 4√β 2 t



1 1 n 1 󸀠 ⋅ ϑ = β 2 (ϑ󸀠󸀠 ⋅ 2 + ⋅ ϑ󸀠 ⋅ ) t 4β t r 2√β 2 t

1 1 n n ξ 1 󸀠 ⋅ ⋅ ϑ = β 2 ( 2 ⋅ ϑ󸀠󸀠 + 2 ⋅ ⋅ ϑ󸀠 ) 󳨐⇒ −2ξ ⋅ ϑ󸀠 = ϑ󸀠󸀠 + ⋅ ϑ󸀠 2 t ξ 4β t 4β t ξ 󸀠󸀠 n ϑ n 󳨐⇒ ϑ󸀠󸀠 + (2ξ + ) ⋅ ϑ󸀠 = 0 󳨐⇒ = −2ξ − 󳨐⇒ ln ϑ󸀠 (ξ) = −ξ 2 − n ⋅ ln(ξ) + C . ξ ϑ󸀠 ξ

󳨐⇒ −

󸀠

󳨐⇒ ϑ (ξ) = C1 e

−ξ 2

⋅ξ

−n

e−ξ = C1 n ξ

2

ξ

󳨐⇒ ϑ(ξ) = C1 ∫

e−u du + C2 . un 2

0

Man erhält ein Integral, das für ξ = 0 nicht definiert ist und dessen Wert unendlich groß wäre. Die Randbedingungen können nicht erfüllt werden. Das Modell des halbunendlichen Körpers der Platte lässt sich aber auch auf den Zylinder und die Kugel anwendbar machen, falls der Körper so dick oder die betrach­ tete Zeit so klein ist, dass Krümmungseffekte nur einen kleinen Einfluss auf den Wär­ meprozess haben. Wie wir gesehen haben, liefert die Randbedingung 1. Art die kleinste Fourierzahl. Für den Zylinder erhalten wir die Gleichung 󵄨󵄨 󵄨󵄨 1 󵄨󵄨 󵄨󵄨 ∞ 󵄨󵄨 2 2√Fo 󵄨 2 2 2 󵄨󵄨 −u −μ n ⋅Fo 󵄨󵄨󵄨 ∫ e du − ∑ − ⋅ e 󵄨󵄨 󵄨󵄨 ≤ 0,01 󸀠 󵄨󵄨 √π 󵄨󵄨 n=1 μ n ⋅ J 0 (μ n ) 󵄨󵄨 󵄨󵄨 0 󵄨󵄨 󵄨󵄨 mit der Lösung Fo < 0,06.

84 | 4 Näherungslösungen, zwei Ersatzmodelle

Die Kugel liefert die Bestimmungsgleichung 󵄨󵄨 󵄨󵄨 1 󵄨󵄨 󵄨󵄨 ∞ 󵄨󵄨 2 2√Fo 󵄨 2 2 2 󵄨󵄨 −u n+1 −n π ⋅Fo 󵄨󵄨󵄨 ∫ e du − ∑ 2(−1) ⋅e 󵄨󵄨 󵄨󵄨 ≤ 0,01 󵄨󵄨 √π 󵄨󵄨 n=1 󵄨󵄨 󵄨󵄨 0 󵄨󵄨 󵄨󵄨 mit der Lösung Fo < 0,04. Damit geben wir nun eine Übersicht über die Anwendungsbereiche der vorgestell­ ten Modelle (Abb. 4.4). Es bezeichnen HUK (Halbunendlicher Körper, auch einseitig anwendbar), IGB αl ̃ = (Ideal gerührter Behälter, Bi (n+1)λ respektive, auch einseitig anwendbar), 1RL (Erstes Glied der Reihenlösung).

Abb. 4.4: Übersicht der Zeitkriterien für die instationäre Wärmeleitung

Aufgabe Bearbeiten Sie die Übung 13.

4.12 Überlagerung zweier halbunendlicher Körper Bringt man zwei halbunendliche Körper der Dicke l in Kontakt, so kann man den ent­ standenen Körper als ein Ersatzmodell für den symmetrischen Temperaturverlauf ei­ ner Platte ansehen (Abb. 4.5). Der Temperaturverlauf zu einer beliebigen Zeit ist in der rechten Skizze gestrichelt gezeichnet. Der resultierende Temperaturverlauf ist fett markiert. Bei diesem symmetrischen Körper wird die Länge r vom Zentrum aus gemes­ sen, wogegen beim halbunendlichen Körper der Bezugspunkt am Rand liegt. Bezeich­ nen r einen beliebigen Ort im Intervall [−l, l] und r1 , r2 die zugehörigen Abstände der beiden Teilkörper, dann gilt r1 = r + l und r2 = l − r. Die entsprechenden Ähnlichkeitsvariablen lauten ξ1 =

r+l 2√β 2 t

,

ξ2 =

l−r 2√β 2 t

.

4.12 Überlagerung zweier halbunendlicher Körper | 85

Abb. 4.5: Skizze zur Überlagerung zweier halbunendlicher Körper

Um nun die Überlagerung zu beschreiben, müssen die Randbedingungen und die An­ fangsbedingung 1. Art beachtet werden. ϑ1 und ϑ2 seien dabei die zugehörigen di­ mensionslosen Temperaturen der beiden halbunendlichen Körper. ϑ ist die gesuchte dimensionslose Temperatur.

Randbedingung 1. Art Dimensionslos lauten die Bedingungen wie folgt: ϑ1 (r1 = 0, t) = 0 ,

ϑ1 (r1 = 2l, t) = 1

und

ϑ1 (r1 , t = 0) = 1

ϑ2 (r2 = 2l, t) = 0

und

ϑ2 (r2 , t = 0) = 1

für den linken HUK, ϑ2 (r2 = 0, t) = 1 , für den rechten HUK und damit ϑ(r = −l, t) = 0 ,

ϑ(r = l, t) = 0 und

ϑ(r, t = 0) = 1

für den zusammengesetzten Körper. Daraus erkennt man, dass ϑ(r, t) = ϑ1 (r, t) + ϑ2 (r, t) − 1 die Bedingungen erfüllt. Somit lautet die Lösung

T(r, t) = (erf (

l+r 2√β 2 t

) + erf (

l−r 2√β 2 t

) − 1) ⋅ (T0 − TW ) + TW .

(4.7)

1 , T0 = 10 °C, TW = 50 °C. Für eine Darstellung wählen wir l = 0,1, β 2 = 10.125 Abbildung 4.6 zeigt den Temperaturverlauf der Graphen von (4.7) (gestrichelt) und zum Vergleich der Graphen von (3.2) (fett) zu den jeweiligen Zeiten t = 0, 1, 10, 30, 60. Für t ≥ 30 wird der Unterschied sichtbar. Die Zusammensetzung von ϑ(r, t) aus ϑ1 (r, t) und ϑ2 (r, t) lässt sich auch ganz sys­ tematisch finden.

86 | 4 Näherungslösungen, zwei Ersatzmodelle

Abb. 4.6: Graphen von (4.7)

Beweis. Man addiert die beiden Temperaturverläufe T1 (r, t) und T2 (r, t) zu T1 (r, t) + T2 (r, t) = ϑ1 (r, t)(T0 − TW ) + TW + ϑ2 (r, t)(T0 − TW ) + TW . Diese Temperatur ist aber um T0 zu hoch, weil die Starttemperatur doppelt gezählt wird: T(r, t) = ϑ1 (r, t)(T0 − TW ) + TW + ϑ2 (r, t)(T0 − TW ) + TW − T0 .

(4.8)

Dann folgt T(r, t) = ϑ1 (r, t)(T0 − TW )+ TW + ϑ2 (r, t)(T0 − TW )−(T0 − TW ) und schließlich T(r, t) = (ϑ1 (r, t) + ϑ2 (r, t) − 1)(T0 − TW ) + TW oder T(r, t) − TW = ϑ1 (r, t) + ϑ2 (r, t) − 1 = ϑ(r, t) . T0 − TW

Randbedingung 2. Art Wir können auch in diesem Fall die Einzellösungen zusammensetzen. Die Lösung ist

T(r, t) = [

mit ξ1 =

2√β 2 t 1 −ξ12 1 −ξ22 e e − ξ1 ⋅ erfc(ξ1 ) + − ξ2 ⋅ erfc(ξ2 )] ⋅ ⋅ q̇ W + T0 (4.9) λ √π √π

l+r 2√β 2 t

, ξ2 =

l−r 2√β 2 t

.

4.13 Asymmetrische Temperaturverteilung |

87

Randbedingung 3. Art Das Zusammensetzen der Einzellösungen erzeugt die Gesamtlösung T(r, t) = [erf(ξ1 ) + e τ−2√τ⋅ξ1 ⋅ (1 − erf(√τ + ξ1 )) + erf(ξ2 ) + e τ−2√τ⋅ξ2 ⋅ (1 − erf(√τ + ξ2 )) − 1] ⋅ (T0 − T∞ ) + T∞ mit ξ1 =

l+r 2√β 2 t

,

ξ2 =

l−r 2√β 2 t

und

α 2 τ = β2 t ( ) . λ

(4.10)

Bemerkung. Die Anwendung des HUK auf Zylinder und Kugel darf nicht damit ver­ wechselt werden, dass etwa zwei Halbzylinder oder zwei Halbkugeln miteinander überlagert werden. Bei der Platte gibt es einen linken und einen rechten Rand. Beim Zylinder und bei der Kugel sind die „Ränder“ eben der Mantel, bzw. die ganze Ober­ fläche.

4.13 Asymmetrische Temperaturverteilung Das Modell des halbunendlichen Körpers kann man auch benutzen, um asymmetri­ sche Temperaturprofile zu beschreiben, sofern die Bedingung Fo ≤ 0,08 eingehal­ ten wird. Jede Wand kann dabei eine der drei Randbedingungen aufweisen. Von den neun möglichen Fällen bei je drei Randbedingungen pro Wand seien nur diejenigen mit gleichartigen Randbedingungen auf beiden Seiten genannt. Randbedingung 1. Art auf beiden Seiten Seien T W1 und T W2 die Temperaturen an den Wänden links bzw. rechts, dann folgt in Analogie zu Gleichung (4.8)

T(r, t) = erf (

l+r 2√β 2 t

)⋅(T0 −T W1 )+T W1 +erf (

l−r 2√β 2 t

)⋅(T0 −T W2 )+T W2 −T0 . (4.11)

1 Für eine Darstellung wählen wir l = 0,1, β 2 = 10.125 , T0 = 10 °C, T W1 = 80 °C, T W2 = 40 °C. Abbildung 4.7 zeigt den Temperaturverlauf der Graphen von (4.11) zu den Zeiten t = 0, 1, 5, 20.

88 | 4 Näherungslösungen, zwei Ersatzmodelle

Abb. 4.7: Graphen von (4.11)

Randbedingung 2. Art auf beiden Seiten Die Lösung ergibt sich gemäß Gleichung (4.9) zu

T(r, t) = [

2√β 2 t 1 −ξ12 ⋅ q̇ W1 − ξ1 ⋅ erfc(ξ1 )] ⋅ e λ √π

+[ mit ξ1 =

l+r 2√β 2 t

, ξ2 =

2√β 2 t 1 −ξ22 − ξ2 ⋅ erfc(ξ2 )] ⋅ ⋅ q̇ W2 + T0 . e λ √π

l−r 2√β 2 t

Randbedingung 3. Art auf beiden Seiten Entsprechend Gleichung (4.10) lautet die Lösung dann T(r, t) = [erf(ξ1 ) + e τ−2√τ⋅ξ1 ⋅ (1 − erf(√τ + ξ1 ))] ⋅ (T0 − T∞1 ) + T∞1 + [erf(ξ2 ) + e τ−2√τ⋅ξ2 ⋅ (1 − erf(√τ + ξ2 ))] ⋅ (T0 − T∞2 ) + T∞2 − T0 . mit ξ1 =

l+r 2√β 2 t

, ξ2 =

l−r 2√β 2 t

und τ = β 2 t( αλ )2 .

Bemerkung. Temperaturverläufen bei nicht konstanter Starttemperatur und ver­ schiedenen Randbedingungen auf beiden Seiten lässt sich auch mit diesem Modell nicht beikommen.

4.15 Lineare Änderung der Umgebungstemperatur | 89

4.14 Änderung der Umgebungstemperatur Im Gegensatz zu allen bisherigen Ausführungen, betrachten wir nun eine zeitlich ver­ änderliche Umgebungstemperatur. Zwei praktisch relevante Fälle sollen genauer un­ tersucht werden: Lineare Änderungen wie sie beim geregelten Aufheizen von Körpern stattfinden und periodische Änderungen, die bei der Isolation von Hausmauern, Kellern und Tun­ neln und bei Permafrostböden, Vereisung von Seen usw. eine Rolle spielen. Wir be­ trachten dabei nur oberflächennahe Veränderungen. Dann kann man das Modell des ideal gerührten Behälters heranziehen, sofern Bi ≤ 1 gewährleistet ist.

4.15 Lineare Änderung der Umgebungstemperatur Diese hat dann die Form T∞ (t) = T∞0 + vt. T∞0 sei die Anfangstemperatur der Um­ gebung und v bezeichne die Aufheizgeschwindigkeit. Unter Verwendung des IGB gilt c p ρ ⋅ V ⋅ ∆T = α(T∞ − T(t))A ⋅ ∆t. Daraus ergibt sich c p ρ ⋅ V ⋅ ∆T = α(T∞0 + vt − T(t))A ⋅ ∆t 󳨐⇒

b ⋅ Ṫ + T = T∞0 + vt

mit

b=

cp ρ ⋅ V . αA

1 Die Lösung der homogenen DGL b ⋅ Ṫ + T = 0 lautet T(t) = Ce− b t . 1 Für die inhomogene DGL b ⋅ Ṫ + T = T∞0 + vt setzen wir wie üblich T(t) = C(t)⋅ e− b t an. Eingesetzt erhalten wir

̇ ⋅ e− b t − C(t) ⋅ e− b t + C(t) ⋅ e− b t = T∞0 + vt . b ⋅ C(t) 1

̇ = Daraus wird C(t)

T ∞0 b

1

1

1

1

⋅ e b t + bv t ⋅ e b t . Die Integration ergibt

1 1 1 1 v v ∫ t ⋅ e b t dt + C1 = T∞0 ⋅ e b t + ⋅ (bte b t − b ∫ e b t dt) + C1 b b 1 1 1 v = T∞0 ⋅ e b t + ⋅ (bte b t − b 2 e b t ) + C1 b 1

C(t) = T∞0 ⋅ e b t +

und somit für die Temperaturfunktion 1

T(t) = (T∞0 ⋅ e b t +

1 1 1 1 v ⋅ (bte b t − b 2 e b t ) + C1 ) ⋅ e− b t = T∞0 + vt − bv + C1 e− b t . b

Bezeichnet T0 die Anfangstemperatur des Körpers, dann erhält man für die Konstante C1 = T0 − T∞0 + bv. Insgesamt hat die Lösung die Gestalt T(t) = T∞0 + vt − bv + (T0 − T∞0 + bv)e− b t . 1

90 | 4 Näherungslösungen, zwei Ersatzmodelle

Ausgeschrieben gilt T(t) = T∞0 −

cp ρ ⋅ V cp ρ ⋅ V − αA t v + vt + (T0 − T∞0 + v) e cp ρ⋅V . αA αA

(4.12)

In Abb. 4.8 ist die exakte Lösung fett gezeichnet, gestrichelt die asymptotische Lösung Tas = T∞0 −

cp ρ ⋅ V v + vt αA

für lange Zeiten.

(4.13)

Der Körper reagiert, nach einer gewissen Anlaufzeit, mit einer ähnlichen, linearen Än­ derung der Temperatur. Mit der Zeit stellt sich eine konstante Temperaturdifferenz ein.

Abb. 4.8: Graph von (4.12) und (4.13)

4.16 Periodische Änderung der Umgebungstemperatur Von allen Möglichkeiten betrachten wir nur den einfachen Fall einer harmonischen Änderung. Der Körper wird auf diese Schwingung mit einer phasenverschobenen harmoni­ schen Änderung reagieren. Ausgangspunkt ist also T∞ (t) = T∞0 + T∞ ⋅ sin(ωt). T∞ sei die Amplitude der Umgebungstemperatur und ω die Winkelgeschwindigkeit. T∞0 bezeichnet den Mittelwert der Temperatur. Analog zu oben erhält man c p ρ ⋅ V ⋅ ∆T = α (T∞0 + T∞ ⋅ sin(ωt) − T(t)) A ⋅ ∆t 󳨐⇒

b ⋅ Ṫ + T = T∞0 + T∞ ⋅ sin(ωt)

mit

b=

cp ρ ⋅ V . αA

4.16 Periodische Änderung der Umgebungstemperatur |

91

1 Die Lösung der homogenen DGL b ⋅ Ṫ + T = 0 lautet wieder T(t) = Ce− b t . 1 Für die inhomogene DGL b ⋅ Ṫ + T = T∞0 + T∞ ⋅ sin(ωt) setzen wir T(t) = C(t) ⋅ e− b t an. Eingesetzt erhalten wir

̇ ⋅ e− b t − C(t) ⋅ e− b t + C(t) ⋅ e− b t = T∞0 + T∞ ⋅ sin(ωt) . b ⋅ C(t) 1

̇ = ( T∞0 + Daraus wird C(t) b

1

T∞ b

1

1

⋅ sin(ωt)) ⋅ e b t . Die Integration ergibt

1 T∞ ∫ sin(ωt) ⋅ e b t dt + C1 b 1 1 1 T∞ = T∞0 ⋅ e b t + (b sin(ωt) ⋅ e b t − bω ∫ cos(ωt) ⋅ e b t dt) + C1 b 1

C(t) = T∞0 ⋅ e b t +

1

= T∞0 ⋅ e b t +

1 1 1 T∞ (b sin(ωt) ⋅ e b t − bω [b cos(ωt) ⋅ e b t + bω ∫ sin(ωt) ⋅ e b t dt]) + C1 . b

Es folgt 1

1

1

1

∫ sin(ωt) ⋅ e b t dt = b sin(ωt) ⋅ e b t − b 2 ω cos(ωt) ⋅ e b t − b 2 ω2 ∫ sin(ωt) ⋅ e b t dt 1

1

󳨐⇒

(b 2 ω2 + 1) ∫ sin(ωt) ⋅ e b t dt = b ⋅ e b t (sin(ωt) − bω cos(ωt))

󳨐⇒

∫ sin(ωt) ⋅ e b t dt =

󳨐⇒

b

1

C(t) = T∞0 ⋅ e

1 t b

1

⋅ e b t (sin(ωt) − bω cos(ωt))

+1 1 1 + T∞ 2 2 ⋅ e b t (sin(ωt) − bω cos(ωt)) + C1 . b ω +1 b 2 ω2

Somit gilt für die Temperaturfunktion 1

T(t) = (T∞0 ⋅ e b t + T∞ = T∞0 + T∞

1 1 1 ⋅ e b t (sin(ωt) − bω cos(ωt)) + C1 ) ⋅ e− b t b 2 ω2 + 1

1 1 (sin(ωt) − bω cos(ωt)) + C1 e− b t . b 2 ω2 + 1

Bezeichnet T0 die Anfangstemperatur des Körpers, dann erhält man für die Konstante C1 = T0 − T∞0 + T∞ b2 bω . Insgesamt hat die Lösung die Gestalt ω2 +1 T(t) = T∞0 +T∞

1 1 bω ) e− b t . (sin(ωt) − bω cos(ωt))+(T0 − T∞0 + T∞ 2 2 b 2 ω2 + 1 b ω +1

Beispiel. Wir betrachten die Temperaturschwankung einer Hauswand während eines Tages. J W Folgende Werte seien gegeben: ρ = 2000 mkg3 , c p = 900 kg⋅K , λ = 2 m⋅K , α = 5 mW2 K . Für die Verwendung unseres Modells muss Bi ≤ 0,1 sein.

92 | 4 Näherungslösungen, zwei Ersatzmodelle Das bedeutet αlλ ≤ 0,1. l ≤ 0,1 ⋅ 0,4 = 0,04 m. Damit können wir voraussagen, wie sich die Temperatur in der Wand bis zu einer Tiefe von 4 cm verhalten wird. Weiter sei T0 = 8 °C, T∞0 = 10 °C, T∞ = 10 °C. Für die Platte gilt b= Damit ist ω =

c p ρ ⋅ V c p ρ ⋅ l 2000 ⋅ 900 ⋅ 0,04 1 1 = = = 14.400 = 4 . αA α 5 s h

2π 24

=

π 12

und Anregung und Antwort lauten T(t) = 10 + 10 ⋅ sin (

π t) 12

(4.14)

und T(t) = 10 +

10 2

π 42 ( 12 ) +1

(sin (

π 4 ⋅ 12 1 π π π t) − 4 cos ( t)) + (−2 + 10 ) e− 4 t 2 π 12 12 12 42 ( ) + 1 12

oder (Abb. 4.9) T(t) = 10 +

1 π π 30π π 90 (sin ( t) − cos ( t)) + (−2 + 2 ) e− 4 t . 12 3 12 π2 + 9 π +9

(4.15)

Zur Bestimmung der Phasenverschiebung gegenüber der Anregung beachten wir dass sin (

π 2 π π π π π t) − cos ( t) = √1 + ( ) ⋅ sin ( t − arctan ( )) 12 3 12 3 12 3

gilt (siehe 2. Band) oder anders geschrieben π 2 π 12 π [t − arctan ( )]) . = √1 + ( ) ⋅ sin ( 3 12 π 3 Somit beträgt die zeitliche Verzögerung 3,09 h. Die minimale und maximale Tempe­ ratur der Wand betragen 3,11 °C und 17,22 °C.

Abb. 4.9: Graph von (4.14) und (4.15)

5 Die Wärmeleitungsgleichung mit innerer Wärmequelle Zur Herleitung der zugehörigen DGL betrachten wir Gleichung (3.1). Die Wärmebilanz ∂2 T für ein Volumenstück lautete cρ ⋅ ∂T ∂t = λ ∂x 2 . Fließt zusätzlich eine Wärmestrom der ∂2 T ̇ t) [ mW3 ], dann muss die rechte Seite ergänzt werden zu cρ ⋅ ∂T ̇ Größe ω(r, ∂t = λ ∂x 2 + ω. Mit den obigen Bezeichnungen folgt schließlich ω̇ dT d2 T n dT = β2 ( 2 + ⋅ )+ . dt r dr cρ dr

Wir gehen dabei davon aus, dass die Wärmequelle homogen ist und die Wärme sich gleichmäßig sowie bei instationären Prozessen zusätzlich unmittelbar überall verteilt. Bei den Diffusionsprozessen ohne Wärmequellen erhält man mit der Zeit eine im ganzen Körper konstante Temperatur. Wird der Körper hingegen mit einer konstanten Wärmemenge – wir beschränken uns auf solche Wärmequellen – gespeist, dann bil­ det sich mit der Zeit, wie wir sehen werden, ein parabolischer Temperaturverlauf im Körper aus. Instationäre Prozesse sind praktisch gesehen weniger wichtig. Vielmehr interes­ siert der Temperaturverlauf im stationären Fall, insbesondere im Kern und am Rand. Trotzdem wollen wir im Falle der Platte den allgemeinen Lösungsweg zeigen und für spezielle Rand- und Anfangsbedingungen die DGL lösen. Unsere Platte habe die Dicke 2 Einheiten. Sie stehe im Wärmeaustausch mit der Umgebung. Um auf dimensionslose Temperaturen zu verzichten, wählen wir sowohl für die Umgebungstemperatur als auch für die Anfangstemperatur Null: T∞ = T0 = 0. Weiter haben wir die gewohnte Symmetriebedingung und die Newton’sche Randbe­ dingung. dT dt ∗ dT 2 dT Zudem wählen wir β 2 = 1 (ansonsten t∗ := β 2 t, dT dt = dt ∗ ⋅ dt = β dt ∗ 󳨐⇒ dt ∗ = d2 T ω̇ + cρ ). dr 2 ω̇ Weiter kürzen wir ab: ε̇ := cρ . Dann lautet die Aufgabenstellung: dT Randbedingungen. [ ∂T ∂r ]r=0 = 0, −λ ⋅ [ dr ]r=1 = α ⋅ T(l, t).

Anfangsbedingung. T(r, 0) = 0 für 0 ≤ r ≤ 1. dT d2 T ̇ dt − dr 2 = ε zu lösen verwendet man die bekannte dT d2 T − = 0 mit denselben Randbedingungen. dt dr 2

Um die inhomogene DGL

Lösung

der homogenen DGL Der Separationsansatz T(r, t) = v(r)w(t) führt zu v(r) = C1 cos(μr) + C2 sin(μr). Mit der ersten Randbedingung ist C2 = 0. Die zweite Randbedingung erzeugt die cha­ α rakteristische Gleichung tan(μ) = λμ = 1μ , mit αλ = 1.

https://doi.org/10.1515/9783110684469-005

94 | 5 Die Wärmeleitungsgleichung mit innerer Wärmequelle

Die ersten fünf Eigenwerte sind n

1

2

3

4

5

μn

0,86

3,43

6,44

9,53

12,65

Die Eigenfunktionen lauten dann v n (r) = cos(μ n r). Für die Lösung der inhomogenen DGL setzen wir nun an: ∞

T(r, t) = ∑ z n (t) cos(μ n r) . n=1

Zur Bestimmung der z n (t) entwickeln wir die Inhomogenität nach den Eigenfunktio­ nen: ∞

̇ t) = ∑ a n (t) cos(μ n r) . ε(r, n=1

Die Koeffizienten a n (t) berechnet man wie bekannt zu 1

∞ 1

̇ t) cos(μ m r) dr = ∑ ∫ a n (t) cos(μ n r) cos(μ m r) dr ∫ ε(r, n=1 0

0

und 1

1

1

̇ t) cos(μ n r) dr = a n (t) ∫ cos (μ n r) dr ∫ ε(r, 2

0

󳨐⇒

a n (t) =

0

̇ t) cos(μ n r) dr ∫0 ε(r, 1

∫0 cos2 (μ n r) dr

.

∞ d T Damit schreibt sich unsere DGL als dT dt − dr 2 = ∑ n=1 a n (t) cos(μ n r) mit der Anfangsbe­ ∞ dingung T(r, 0) = ∑n=1 z n (0) cos(μ n r) = g(r). Für die z n (0) hat man auch wieder 2

1

z n (0) =

∫0 g(r) cos(μ n r) dr

.

1

∫0 cos2 (μ n r) dr

(5.1)

Setzen wir den Ansatz für T(r, t) ein, dann erhalten wir ∞





n=1

n=1

n=1

∑ ż n (t) cos(μ n r) + μ2n ∑ z n (t) cos(μ n r) = ∑ a n (t) cos(μ n r) . Für die einzelnen Komponenten ergibt sich die Bestimmungsgleichung ż n (t) + μ 2n ⋅ z n (t) = a n (t) mit z n (0) gemäß (5.1). 2 Die Lösung der homogenen DGL ist z n (t) = e−μ n ⋅t .

5 Die Wärmeleitungsgleichung mit innerer Wärmequelle |

95

Für die Lösung der inhomogenen DGL setzen wir mit Lagrange z n (t) = C(t) ⋅ e−μ n ⋅t 2

an. Eingesetzt in die DGL erhält man 2 2 −μ 2n ⋅t ̇ − μ2n ⋅ C(t)e−μ n ⋅t + μ2n ⋅ C(t)e−μ n ⋅t = a n (t) C(t)e

t

󳨐⇒

̇ = a n (t)e μ2n ⋅t C(t)

C(t) = ∫ a n (τ)e μ n ⋅τ dτ + C1 2

󳨐⇒

0 t

󳨐⇒

z n (t) = e−μ n ⋅t (∫ a n (τ)e μ n ⋅τ dτ + C1 )

󳨐⇒

C1 = z n (0) .

2

2

󳨐⇒

z n (0) = 1(0 + C1 )

0

Die allgemeine Lösung für z n (t) lautet t

z n (t) = e−μ n ⋅t (∫ a n (τ)e μ n ⋅τ dτ + z n (0)) 2

2

0

und für die Temperatur ist t



T(r, t) = ∑ e

−μ 2n ⋅t

n=1

(∫ a n (τ)e μ n ⋅τ dτ + z n (0)) cos(μ n r) 2

0

oder ∞

T(r, t) = ∑ z n (0)e



−μ 2n ⋅t

t

cos(μ n r) + ∑ ∫ a n (τ)e μ n ⋅(τ−t) dτ ⋅ cos(μ n r) .

n=1

2

n=1 0

Die Lösung besteht aus zwei Teilen: Der erste Teil hängt nur von den Anfangsbedin­ gungen z n (0) ab, der zweite nur von der Inhomogenität. Nehmen wir nun unsere spezielle Anfangsbedingung T(r, 0) = 0, dann gilt 1

z n (0) =

∫0 0 ⋅ cos(μ n r) dr 1

∫0 cos2 (μ n r) dr

= 0 für alle n .

̇ t) = ε̇ = konst., dann sind die a n (t) zeitunabhängig und berechnen sich Ist weiter ε(r, zu 1

a n = ε̇

∫0 cos(μ n r) dr 1 ∫0

cos2 (μ

n r) dr

cn =

1 μn 1 2μ n

[μ n r +

1

[sin(μ n r)]0 1 sin(μ n r) cos(μ n r)]0

=

2 sin(μ n ) . μ n + sin(μ n ) cos(μ n )

96 | 5 Die Wärmeleitungsgleichung mit innerer Wärmequelle

Die ersten fünf Werte lauten n

1

2

3

4

5

an

1,12 ε̇

−0,15 ε̇

0,05 ε̇

−0,02 ε̇

0,01 ε̇

Die Temperaturfunktion reduziert sich dann zu ∞

T(r, t) = ∑ e n=1

oder



T(r, t) = ∑

2 n=1 μ n (μ n

t −μ 2n ⋅t

a n (∫ e μ n ⋅τ dτ) cos(μ n r) 2

0

2 sin(μ n ) 2 (1 − e−μ n ⋅t ) cos(μ n r) . + sin(μ n ) cos(μ n ))

Zusammen ergibt sich 2 2 1,12 0,15 (1 − e−0,86 ⋅t ) cos(0,86r) − (1 − e−3,43 ⋅t ) cos(3,43r) 0,862 3,432 2 0,05 (1 − e−6,44 ⋅t ) cos(6,44r) ∓ . . . ) . (5.2) + 2 6,44

T(r, t) = ε̇ (

Die Temperaturerhöhung ist in Abb. 5.1 dargestellt. Dabei wird die Zunahme pro Zeit zum Rand hin kleiner. Es stellt sich eine stationäre Temperaturverteilung ein. Wir wol­ len zeigen, dass die Temperatur im Körper in diesem Fall einem parabolischen Verlauf zustrebt.

Abb. 5.1: Graphen von (5.2)

5.1 Stationäre Wärmeleitung mit innerer Wärmequelle | 97

5.1 Stationäre Wärmeleitung mit innerer Wärmequelle n dT ω̇ 2 d T Gesucht ist die stationäre Lösung von dT dt = β ( dr 2 + r ⋅ dr ) + cρ . Das bedeutet d2 T n dT ω̇ d2 T n dT ω̇ 0 = β2 ( 2 + ⋅ + ⋅ )+ 󳨐⇒ 0 = + mit r dr cρ r dr λ dr dr2 2

Es folgt

dT 1 d ω̇ ⋅ (r n )+ =0 r n dr dr λ

󳨐⇒

d (r n

β2 =

λ . cρ

dT ω̇ ) = − r n dr dr λ

oder l

rn

dT ω̇ = − ∫ r n dr dr λ

󳨐⇒

0

rn

dT ω̇ r n+1 =− ⋅ + C1 dr λ n+1

󳨐⇒

dT ω̇ r C1 . =− ⋅ + dr λ n + 1 rn

Man erhält ω̇ ⋅ r2 + C 1 r + C 2 2λ ω̇ T(r) = − ⋅ r2 + C1 ln r + C2 4λ ω̇ C1 T(r) = − ⋅ r2 + + C2 6λ r

T(r) = −

für die Platte, für den Zylinder, für die Kugel.

Da die Wärmequelle im Zentrum platziert ist, muss der Temperaturverlauf achsen­ symmetrisch sein. Das bedeutet Adiabasie: [ dT dr ]r=0 . Folglich ist C 1 = 0 für alle drei Körper. Zusätzlich einen adiabatischen Rand zu verlangen, macht keinen Sinn, das ergäbe die Nullfunktion. Hingegen kann man am Rand eine feste Temperatur oder ei­ nen Newton’schen Wärmeaustausch vorgeben: −λ[ dT dr ]r=l = α(T(l) − T ∞ ). Dann folgt ωl̇ ωl̇ 2 = α (− + C2 − T∞ ) (n + 1) 2λ(n + 1) 󳨐⇒ 󳨐⇒

ωl̇ ωl̇ 2 + + T∞ α(n + 1) 2λ(n + 1) ω̇ ωl̇ ωl̇ 2 T(r) = T∞ − r2 + + . 2λ(n + 1) α(n + 1) 2λ(n + 1)

C2 =

Es gilt T(r) = T∞ +

ωl̇ 2 2λ r 2 (1 + −( ) ) 2λ(n + 1) αl l

T(r) = TW +

ωl̇ 2 r 2 (1 − ( ) ) 2λ(n + 1) l

für eine Randbedingung 3. Art und

für eine Randbedingung 1. Art (α = ∞).

98 | 5 Die Wärmeleitungsgleichung mit innerer Wärmequelle

Für alle drei Körper Platte, Zylinder und Kugel hat man in diesem Fall eine paraboli­ sche Temperaturverteilung. ωl̇ 2 Die Kerntemperatur beträgt T(0) = T∞ + 2λ(n+1) (1 + 2λ αl ), die Temperatur am Rand ωl̇ ist T(l) = T∞ + α(n+1) , das konstante Temperaturgefälle lautet dann T(l)−T(0) = und die Wärmestromdichte an der Wand beträgt

−λ [

ωl̇ 2 2λ(n+1)

ωl̇ dT ] = α(T(l) − T∞ ) = := q̇ l . dr r=l (n + 1)

Dies folgt auch aus dem Energievergleich: Die Wärmestromdichte im Körper entspricht ̇ der Wärmestromdichte, die aus der Wand austritt: ω̇ ⋅ V = q̇ l ⋅ A 󳨐⇒ qωl̇ = VA = 1l , 2l bzw. 3l . Dann schreibt sich die Temperatur als Funktion der aus der Wand austretenden Wärmestromdichte als T(r) = T∞ +

q̇ l ⋅ l 2λ r 2 (1 + −( ) ) . 2λ αl l

Bemerkung. Man kann auch über einen ähnlichen Energievergleich wie oben zeigen, dass C1 = 0 im Temperaturansatz ist, falls die Wärmequelle in die Mitte des Körpers platziert wird. Der Wärmestrom in irgendeinem Punkt r = R, 0 ≤ r ≤ R beträgt einer­ seits dT ω̇ A(R)R λA(R)C1 R C1 ̇ Q̇ = qA(R) = −λA(R) [ = −λA(R) (− ⋅ . ] + n ) = ω̇ ⋅ − dr r=R λ n+1 R n+1 Rn ̇ = ω̇ ⋅ A(R)R Anderseits ist Q̇ = ωV n+1 . A(R) ist die jeweilige Oberfläche. Aus der Gleichheit der Wärmeströme folgt C1 = 0. Aufgabe Bearbeiten Sie die Übung 14.

Beispiel. Ein zylindrisches Rohr mit Innenradius ri = 2,5 cm und Außenradius ra = 5 cm wird vom Zentrum her elektrisch mit einer konstanten Wärmequellendichte ω̇ = 2 ⋅ 105 mW3 beheizt. Wir vernachlässigen die Temperaturänderung des Rohrs in axialer Richtung. Zusätzlich fordern wir, dass die äußere Mantelfläche ideal isoliert sei, also W adiabat. Die Wärmeleitfähigkeit sei λ = 10 mK . Ein Teil der Wärme wird mittels Kon­ vektion so lange an den Körper übertragen, bis sich ein stationärer Zustand einstellt. Die Temperatur an der Innenwand des Rohrs beträgt dann 50 °C. Auch hier hat man zwar einen symmetrischen Verlauf, aber die Temperaturverteilung im Fluid ist unbe­ kannt. Adiabasie im Zentrum anzunehmen, wäre falsch, zumal wir diese auch noch am Rand fordern. Man muss also mit dem gesamten Ansatz rechnen. ω̇ Für den Zylinder gilt T(r) = − 4λ ⋅ r2 + C1 ln r + C2 . Einsetzen der Daten ergibt 50 = −

2 ⋅ 105 0,0252 + C1 ln(0,025) + C2 4 ⋅ 10

(1. Gleichung).

5.1 Stationäre Wärmeleitung mit innerer Wärmequelle | 99

Mit [ dT dr ]r=r a = 0 folgt

dT dr

ω̇ = − 2λ r+

0=−

C1 r , also

2 ⋅ 105 C1 0,05 + 2 ⋅ 10 0,05

(2. Gleichung).

Man erhält C1 = 25 ,

C2 = 145,35 und

T(r) = −5000r2 + 25 ⋅ ln r + 145,35 .

(5.3)

Die Temperatur an der äußeren Wand beträgt T(ra ) = 57,95 °C (Abb. 5.2 links). Wir können noch kontrollieren, ob der im Inneren produzierte Wärmestrom ge­ nauso groß wie der durch die Innenwand fließende Wärmestrom ist. Dazu verallge­ ω̇ 2 meinern wir unsere Temperaturfunktion: Zuerst wird C1 = 2λ ra . Daraus folgt C2 = Ti +

ω̇ 2 ω̇ 2 r − r ln(ri ) . 4λ i 2λ a

Als Temperaturfunktion ergibt sich T(r) = −

ω̇ 2 r ω̇ 2 (r − r2i ) + r ln ( ) + Ti . 4λ 2λ a ri

Für den Wärmestrom bezüglich der Innenfläche gilt Q̇ i = q̇ i A = λ ⋅ 2πri s ⋅ [ dT dr ]r=r i . Es folgt ̇ i r2 ωr ω̇ ω̇ r2a ̇ 2a − r2i ) = ωV ̇ . Q̇ i = λ ⋅ 2πri s (− + ⋅ ) = λ ⋅ 2πri s (−ri + a ) = πs ω(r 2λ 2λ ri 2λ ri Der Wärmestrom bezüglich der Außenfläche muss natürlich Null sein, weil isoliert: ̇ a dT ωr ω̇ r2a = λ ⋅ 2πra s (− ] + ⋅ )=0. Q̇ i = q̇ a A = λ ⋅ 2πra s ⋅ [ dr r=ra 2λ 2λ ra Aufgabe Bearbeiten Sie die Übung 15.

Abb. 5.2: Graphen von (5.3), (5.4) und (5.5)

100 | 5 Die Wärmeleitungsgleichung mit innerer Wärmequelle

5.2 Sonneneinstrahlung und innere Wärmequelle Obwohl wir die Wärmestrahlung weiter unten behandeln, soll sie hier in einer Anwen­ dung Platz finden. Zuerst werden wir veranlasst zu betonen, dass bisher ausschließ­ lich Wärmetransporte mittels Konvektion und Leitung vorausgesetzt wurden. Bei allen drei Randbedingungen wurde durch das Temperaturgefälle eine freie bzw. erzwunge­ ne Konvektion eingeleitet. Ein beidseitig konstanter Wärmestrom wurde zwar bei der Randbedingung 2. Art mittels Wärmestrahlung erzeugt, aber wir ließen keine Absorp­ tion dieser Strahlung zu, sondern nur einen Transport ins Innere auf konvektivem Weg. Würde man auch Strahlung als Wärmeübertragung akzeptieren, dann müsste z. B. für einen ideal gerührten Behälter die DGL um einen Strahlungsteil erweitert wer­ 4 4 den: c p ρ ⋅ V ⋅ ∆T ∆t = αA(T ∞ − T(t)) + εσA(T ∞ − T (t)). Wir kommen in Kapitel 8 ausführlich darauf zurück. W Beispiel 1. Eine ebene Platte aus Schaumglas der Dicke d = 0,1 m mit λ = 0,05 mK wird auf einer Seite dem von der Sonne eingestrahlten, auf die Fläche bezogenen En­ ergiestrom der Größe q̇ 0 = 800 mW2 ausgesetzt. Dabei wird ein Teil transmittiert, ein Teil reflektiert und ein Teil absorbiert. Da wir nun Absorption zulassen, gelangt in der Entfernung r zur Wand der Ener­ 1 ̇ giestrom q(r) = q̇ 0 ⋅ e−kr mit k = 50 m in das Innere des Körpers. k ist der konstante Absorptionskoeffizient. Auf diese Weise kann jeder Ort im Körper als Ausgang einer ̇ gesehen werden. Die zugehörige DGL hat dann die Ge­ Wärmequelle der Größe q(r) ̇ q(r) dT d2 T 2 stalt dt = β dr2 + cρ . Beschränken wir uns auf den stationären Verlauf, dann gilt es,

̇ zu lösen. Eingesetzt hat man 0 = λ ddrT2 + q̇ 0 e−kr . Es folgt 0 = λ ddrT2 + q(r) Schließlich lautet der Temperaturverlauf 2

2

T(r) = −

d2 T dr 2

̇

= − qλ0 e−kr .

q̇ 0 −kr e + C1 r + C2 . k2 λ

Ein Teil der absorbierten Strahlung wird über die Innenseite der Scheibe an die Umge­ bung über Konvektion mit einem Übergangskoeffizienten von α = 5 mW 2 ⋅K abgegeben. Die Innentemperatur betrage Ti = 20 °C. Auf der rechten Seite der Scheibe messen wir außerdem die Temperatur Td = 21 °C. Die Randbedingung ergibt dT = α(Td − Ti ) ] dr r=d q̇ 0 −kd q̇ 0 − − λC1 = α (− 2 e−kd + C1 d + C2 − Ti ) . e k k λ − λ[

󳨐⇒

Die Temperaturangabe führt zu Td = −

q̇ 0 −kd + C1 d + C2 e k2 λ

󳨐⇒

C2 = Td +

q̇ 0 −kd − C1 d . e k2 λ

5.2 Sonneneinstrahlung und innere Wärmequelle |

101

Eingesetzt ist q̇ 0 q̇ 0 q̇ 0 −kd − λC1 = α (− 2 e−kd + C1 d − Ti + Td + 2 e−kd − C1 d) e k k λ k λ q̇ 0 −kd − λC1 = α(−Ti + Td ) . − 2e k

− 󳨐⇒

Das ergibt C1 = αλ (Ti − Td ) −

q̇ 0 −kd e k2 λ

= −100,04 und C2 = 31,05 mit der Lösung

T(r) = −6,4 ⋅ e−50⋅r − 100,04 ⋅ r + 31,05 .

(5.4)

Die Temperatur fällt im Inneren nicht streng monoton wie bei allen anderen Anwen­ dungen. Es bildet sich bei etwas weniger als einem Viertel der Länge ein Maximum der Temperatur von 26,72 °C aus. An der Außenwand stellt sich eine Temperatur von 25,38 °C ein (Abb. 5.2 rechts, T1 ). Die Existenz eines Maximums hängt von vielen Faktoren ab. Ausgehend von der allgemeinen Temperaturfunktion T(r) = −

α q̇ 0 q̇ 0 q̇ 0 −kr e + ( (Ti − Td ) − 2 e−kd ) r + Td + 2 e−kd − C1 d λ k2 λ k λ k λ

ist dann T 󸀠 (r) =

q̇ 0 −kr α q̇ 0 e + (Ti − Td ) − 2 e−kd . kλ λ k λ

Nullsetzen ergibt 1 e−kd kα xMax = − ln ( (Ti − Td )) . − q̇ 0 k k Für unser Beispiel ist xMax = 2,33 cm. Es muss gleichzeitig gelten: 0
Nul . Die Nusselt-Zahl ist die Analogie der Biot-Zahl für Fluide.

7.3 Die Reynolds-Zahl Diese wurde zwar schon im 2. Band eingeführt, aber es soll nun eine Herleitung gege­ ben werden. Um Strömungen im Labor zu untersuchen, muss das Modell nicht nur geometrisch ähnlich sein (Längen, Flächen, Volumen, usw.), sondern auch hydro­ mechanisch ähnlich (Geschwindigkeit, Dichte, Kraft, Viskosität, usw.). Letzteres be­ schreibt die Reynolds-Zahl. Bei gleicher Reynolds-Zahl sind die Strömungen ähnlich. Dabei ist die geometrische Ähnlichkeit notwendig, aber nicht hinreichend. Wenn wir die Gewichtskraft vernachlässigen, wirken auf die strömenden Teil­ chen Trägheitskräfte FT , Reibungskräfte FR und Druckkräfte FP . Diese müssen in allen Punkten der Strömung im Gleichgewicht sein: Es muss gelten FT + FR + Fp = 0. Ist das Modell dem Original ähnlich, dann ist zwingend FT2 = α ⋅ FT1 , FR2 = α ⋅ FR1 , FT2 = α ⋅ FR1 . F F Da weiter FT + FR + Fp = 0, folgt daraus FFRT + 1 + FRp = 0 und 1 + FFRT + FpT = 0, was Fp Fp FT FR FT F R = − F R − 1 und F T = −1 − F T nach sich zieht. Mit der Kenntnis von F R sind auch alle anderen Verhältnisse bekannt. Die Trägheitskraft beträgt für das betrachtete Massenstück FT = m ⋅ a. Die Rei­ dv bungskraft für ein Fluid ist FR = η ⋅ A ⋅ dv dy (vgl. 2. Band), dabei muss dy nicht unbedingt linear sein. Nun betrachten wir das Verhältnis FFRT . Es genügt, Zähler und Nenner durch ihre Dimensionen (mit eckigen Klammern markiert) darzustellen. Ebenfalls braucht man den genauen Verlauf von dv dy nicht zu kennen. Dann ist 2

v 3 [ρ] ⋅ [V] ⋅ [a] [ρ] ⋅ [l ] ⋅ [ l ] [ρ] ⋅ [v] ⋅ [l] FT = = konst. , = = FR [η] ⋅ [A] ⋅ [ v ] [η] [η] ⋅ [l2 ] ⋅ [ vl ] l

114 | 7 Wärmeübertragung α⋅F T1 T2 T1 weil FFR2 = α⋅F = FFR1 . Somit ist die Reynoldszahl definiert. Ihre physikalische Bedeu­ R1 tung wird klar, wenn man Zähler und Nenner mit l2 ⋅ v erweitert:

Re =

1 2 ρ ⋅ v2 ⋅ l3 ρ ⋅ v2 ⋅ V 2 ( 2 ⋅ m ⋅ v ) 2 ⋅ Ekin 2 ⋅ Ekin = = . = = η⋅A⋅v FR ⋅ l WR η ⋅ l2 ⋅ v (η ⋅ A ⋅ vl ) ⋅ l

Die Reynoldszahl kann also auch verstanden werden als das Verhältnis zwischen Be­ wegungsenergie eines Volumens V, das sich mit der Geschwindigkeit v bewegt, und der Reibungsarbeit, die geleistet werden muss, um das Volumenelement um seinen Durchmesser l zu bewegen. Somit lautet unser Ergebnis: Die Art der Strömung wird durch die (temperaturabhängige) Reynolds-Zahl er­ fasst: ρ⋅d⋅c d⋅c Re := = , η ν wobei ρ die Dichte des Fluids, c die Strömungsgeschwindigkeit, η die dynamische, ν die kinematische Viskosität und d die charakteristische Länge des Körpers bezeichnet. Wird beispielsweise ein Rohr umströmt, dann ist die charakteristische Länge der halbe Umfang des Rohrs. Fließt das Fluid innerhalb des Rohrs, so wird der Durchmesser für d verwendet (Abb. 7.3 links).

Abb. 7.3: Skizzen zur charakteristischen Länge und zum hydraulischen Durchmesser

7.4 Der hydraulische Durchmesser Bei ausgebildeten Strömungen liegt stets ein Gleichgewicht zwischen den Reibungs­ kräften aufgrund der Schubspannungen an den Wänden und den Druckkräften am Ein- und Ausgang der Röhrenquerschnitte vor. Da diese Aussage unabhängig vom ge­ wählten Querschnitt ist, wird bei der Bestimmung des hydraulischen Durchmessers versucht, für einen Strömungskanal mit einem beliebigen Querschnitt den Durchmes­ ser desjenigen kreisrunden Rohrs zu ermitteln, das bei gleicher Rohrlänge und glei­ cher mittlerer Strömungsgeschwindigkeit denselben Druckverlust wie der gegebene Stromkanal erzeugt. Da die Reibungskräfte entlang des Umfangs und die Druckkräfte vom Querschnitt abhängen, müssten gleiche Verhältnisse vorliegen, wenn Querschnitt und der benetz­ te Umfang im gleichen Verhältnis stehen. Der benetzte Umfang ist derjenige Teil des πr 2 gesamten Umfangs, der die Rohrwand berührt. Da für einen Kreis UA = 2πr = 2r ergibt, der Durchmesser aber 2r entspricht, definiert man den hydraulischen Durchmesser als dH = 4 ⋅ UA (Abb. 7.3 rechts).

7.5 Die Prandtl-Zahl |

115

Bemerkung. Diese Formel liefert gute Ergebnisse für turbulente Strömungen, bei la­ minaren Strömungen weniger gute. Beispiele. Rechteckiger Kanal (Abb. 7.4 links): A = bh ,

U = b + 2h

󳨐⇒

dH =

4bh . b + 2h

Kreisring (Ringspalt, Abb. 7.4 rechts): A = πr2a − πr2i , 󳨐⇒

dH = 4

U = 2πra + 2πri

πr2a − πr2i r2a − r2i =2 = 2(ra − ri ) = da − di . 2πra + 2πri ra + ri

Abb. 7.4: Skizzen zum rechteckigen Kanal und zum Kreisring

Aufgabe Bearbeiten Sie die Übung 17.

7.5 Die Prandtl-Zahl Die temperaturabhängige Prandtl-Zahl schließlich spiegelt die Stoffeigenschaften des Fluids bei erzwungener Konvektion wider: Pr :=

η ⋅ cp . λ

c p ist die spezifische Wärmekapazität. Typische Werte für Prandtl-Zahlen sind: flüssige Metalle (Pr ≪ 1), Gase (Pr ≈ 0,70), Flüssigkeiten (Pr ≈ 7), zähe Flüssigkeiten, Öle (Pr ≈ 70). ρ⋅ν⋅c Die Abhängigkeit der Prandtl-Zahl Pr = λ p mit der Temperatur gibt die folgende Tabelle wider. Steigt die Temperatur, so sinken Dichte ρ, kinematische Viskosität ν, spezifische Wärmekapazität c p und es steigt die Wärmeleitfähigkeit λ. Insgesamt sinkt also die Prandtl-Zahl. Temperatur in °C Prandtl-Zahl für Wasser

20 7,00

30 5,41

40 4,32

50 3,57

116 | 7 Wärmeübertragung

Weder eine Potenzfunktion noch ein Exponentialansatz alleine sind als Regressions­ kurve befriedigend genau. Hingegen besitzt das arithmetische Mittel der beiden Aus­ gleichskurven einen maximalen Fehler von 0,4 %, zumindest, was die vier gegebenen Werte betrifft: 1 Pr = (63,81 ⋅ T −0,73 + 10,79 ⋅ 0,98T ) . (7.3) 2 Bei Strömungen ist es nun so, dass die Nusselt-Zahl und somit die Übergangszahl α eine Funktion sowohl der Reynoldszahl, als auch der Prandtl-Zahl ist: Nu = f(Re, Pr). Bemerkung. Beim Übergang zu dimensionslosen Größen in der Wärmeleitungsglei­ chung haben wir die für diese DGL charakteristische Biot-Zahl eingeführt. Im 5. und 6. Band werden wir Strömungen durch weitere DGLen beschreiben, und jede dieser DGL wird durch eine Kennzahl repräsentiert werden: Nusselt-, Reynolds- und PrandtlZahl.

7.6 Abhängigkeit der Nusselt-Zahl bei durchströmten Rohren An dieser Stelle wollen wir vorerst nur die drei Kennzahlen im Zusammenhang mit Strömungen innerhalb eines Rohrs betrachten. Die mathematische Beschreibung von angeströmten Flächen und Rohren samt ihren Bewegungsgleichungen soll auf später verschoben werden. Zuerst gehen wir nochmals zurück zur Definition der Übergangszahl α und be­ trachten dazu eine turbulente Rohrströmung. Im Inneren der Strömung erfolgt die Wärmeübertragung praktisch ungehindert, entsprechend ist die Temperatur des Flu­ ids TF fast überall gleich groß. An den Wänden wird die Strömung abgebremst. Es bildet sich eine laminare Grenzschicht aus. Der sich einstellende Temperaturverlauf T(r) ist dem Geschwindigkeitsverlauf c(r) ähnlich und wurde schon in Kapitel 2.4 dargestellt. Leicht idealisiert können wir die Änderung der Wandtemperatur hin zur Fluidtemperatur innerhalb der Grenz­ schicht als linear betrachten (eigentlich ist das Profil parabelförmig, Abb. 7.5 links). Allgemein ist q̇ = α(TF − TW ) und auch q̇ = λ( dT dr )| r W . Letzteres gilt, weil in der Grenzschicht die Wärmeübertragung durch Wärmelei­ tung erfolgt. Diese verläuft deutlich langsamer als die durch Konvektion übertragene Wärme.

Abb. 7.5: Skizzen zur Grenzschichtdicke bei durchströmten und angeströmten Rohren

7.7 Einfluss- und Korrekturfaktoren |

117

Aufgrund der Linearisierung ist dann (

dT 󵄨󵄨󵄨󵄨 TF − TW , )󵄨 ≈ dr 󵄨󵄨󵄨rW δT

woraus α lok = δλT folgt. Damit hätte man eine Möglichkeit, über die Messung von q̇ und λ zur lokalen Übergangszahl zu gelangen. Aber aufgrund ihrer geringen Dicke von nur einigen Mil­ limetern würde bei der Messung die Grenzschicht beeinträchtigt. Bei einer laminaren Strömung versagt das Modell erst recht, weil das parabelförmige Temperaturprofil zu stark ausgebildet ist. Die Wärmeübergangszahl kann aber auch nicht rechnerisch hergeleitet werden, sondern muss aus Messungen empirisch ermittelt werden. Tatsächlich wird die Über­ gangszahl α über die Nusselt-Zahl bestimmt (analog erfolgt die Ermittlung der Über­ gangszahl α bei Festkörpern über die Biot-Zahl). Vergleicht man die Nusselt-Zahl Nu = α⋅d λ mit Obigem, so bezeichnet sie das Verhältnis der charakterischen Länge (hier des Durchmessers) und der Grenzschichtdicke: Nu =

α⋅d d d . = λ = λ δT α

Die Nusselt-Zahl kann auch als Verhältnis von turbulenter Strömungsdicke zur lami­ naren Grenzschichtdicke aufgefasst werden. Auch bei angeströmten Flächen bildet sich eine laminare Grenzschicht aus (Abb. 7.5 rechts). Bis zur Grenzschicht hin kann man die Temperatur vorerst wie­ der als etwa gleich groß auffassen und innerhalb der Schicht als linear verlaufend (gestrichelte Linie). TF bezeichnet in diesem Fall die mittlere Temperatur der Strö­ mung. Wie schon oben erwähnt ist die Nusselt-Zahl eine Funktion der Reynolds- und Prandtl-Zahl. Sie ist aber auch abhängig von der Geometrie des an- oder durch­ strömten Körpers und der Strömungsrichtung. Genauer ist, wie wir sehen werden Nu(Re, Pr, Geometrie, TTFluid ). W

7.7 Einfluss- und Korrekturfaktoren A) Die Richtung des Wärmestroms Da sowohl die Reynolds- als auch die Prandtl-Zahl über temperaturabhängige Größen des Fluids bestimmt werden, spielt es eine Rolle, ob es sich um eine Heizung oder ei­ ne Kühlung des Fluids handelt. Diesem Umstand wird mit einem Faktor f1 Rechnung getragen. Für Flüssigkeiten (laminar und turbulent) hat man Folgendes gefunden: PrF 0.11 f1 = ( Pr ) (nach Hausen). Bei Gasen kann man unabhängig von der Fließart f1 = 1 W setzen. Die Prandtl-Zahl PrF muss dabei bei der Bezugstemperatur TB =

T Fluid +T Wand 2

118 | 7 Wärmeübertragung

gebildet werden, wobei die Fluidtemperatur selber eine Mittelung zwischen den be­ trachteten Eintritts- und Austrittsstellen darstellt: TFluid =

TEin, Zentrum + TAus, Zentrum . 2

B) Die Rohrlänge Mit f2 wollen wir den Einfluss der Rohrlänge bezeichnen. Am Eintritt ist das Tempe­ raturprofil nicht ausgebildet, die Grenzschicht nicht vorhanden und somit αlok = ∞. Mit steigender Lauflänge nimmt die Grenzschichtdicke zu und α lok wird kleiner, bis bei voll ausgebildeter Grenzschicht α lok konstant bleibt (Abb. 7.6 links). 2 Es gilt f2 = 1 + ( dl ) 3 (nach Gnielinski). Mit der Bestimmung der Nusselt-Zahl er­ hält man also eine über die ganze Rohrlänge gemittelte Übergangszahl αm . Für große Rohrlängen ist f2 ≈ 1, was bedeutet, dass die schwankenden lokalen Übergangszah­ len beim Eintritt keine Rolle mehr spielen.

C) Der Ringspalt Ringspalte benötigen eine zusätzliche Korrektur. Hier ist das Verhältnis beider Ring­ spaltdurchmesser zu berücksichtigen. Bei Ringspalten, in denen die Wärmeübertra­ gung nur vom oder zum Innenrohr erfolgt, verwenden wir folgende Korrektur: f3 = 0,86 ⋅ ( ddai )0,16 (nach Gnielinski).

D) Die Rohrreibung Aufgrund der Viskosität des Fluids entstehen zwischen unterschiedlich strömen­ den Fluidschichten Schubspannungen. Diese bewirken einen Druckverlust, was mit einem Energieverlust einhergeht. Bei turbulenter Strömung geht zusätzlich Ener­ gie durch die Wandreibung verloren. Dieser Verlust ist umso größer, je rauher die Wand ist. Die Rohrreibungszahl ξ ist ein Maß für diesen Druckverlust. Sie ist abhängig von der Reynolds-Zahl. Für eine laminare Strömung kann man ξ berechnen (siehe später). Im Fall einer turbulenten Strömung verwenden wir für den Moment ξ = (1,8⋅log10 Re− 1,5)−2 (nach Konakov). In den Bänden 5 und 6 wird die gebräuchlichere Formel von Colebrook-White angegeben. Es gibt mehrere Formeln zur näherungsweisen Bestimmung der Nusselt-Zahl. Die folgenden sind die zuverlässigsten.

7.9 Fluid in Rohrbögen |

119

7.8 Näherungsweise Bestimmung der Nusselt-Zahl I) Laminare Strömung (nach Gnielinski) 3

1

1 3

d 3 Nulam = [3,663 + 0,73 + {(Re ⋅ PrF ⋅ ) − 0,7} ] ⋅ f1 , l ] [ Gültig für 0 < Re < 2300, 0 < Pr < ∞. Für eine voll ausgebildete laminare Strömung setzt man l → ∞ und es ist Nulam = 3,66 ⋅ f1 .

II) Turbulente Strömung (nach Gnielinski) Nuturb =

ξ 8

⋅ Re ⋅ PrF 2

1 + 12,7 ⋅ √ 8 ⋅ (PrF3 − 1) ξ

Gültig für 104 < Re < 106 , 0,1 < Pr < 1000,

d l

⋅ f1 ⋅ f2 ,

≤ 1.

III) Laminar-turbulenter Übergangsbereich (nach Gnielinski) Der Übergang geschieht sprunghaft. Der Bereich zwischen laminar und turbulent wird Re−2300 charakterisiert durch 2300 < Re < 104 . Dann drückt γ = 10 4 −2300 den relativen tur­ bulenten Anteil und 1 − γ den relativen laminaren Anteil der vorhandenen Strömung aus. Deswegen macht es Sinn, die zugehörige Nusselt-Zahl folgendermaßen zu inter­ polieren: Nu = (1 − γ) ⋅ Nulam (Re = 2300) + γ ⋅ Nutur (Re = 104 ) mit dem Gültigkeitsbereich 2300 < Re < 104 , 0,6 < Pr < 1000,

d l

≤ 1.

7.9 Fluid in Rohrbögen Durch die Zentrifugalkräfte und die Reibung bildet sich eine Sekundärströmung aus, die den Wärmeübergang erhöht. Es gilt α Rohrbogen = α Gerades Rohr ⋅(1+3,54⋅ Dd ) (Abb. 7.6 rechts).

Abb. 7.6: Skizzen zu den Einflussfaktoren einer Rohrströmung

120 | 7 Wärmeübertragung

Beispiel 1. Gesucht sind die Wärmeübergangszahlen von Wasser und von Luft bei zwei verschiedenen Drücken. Gegeben ist ein Rohr mit 25 mm Innendurchmesser und 1 m Länge. Die Temperatur der Rohrwand ist 90 °C, die gemittelte Temperatur des Flu­ ids ist 20 °C, bzw. 50 °C. Aus nachstehender Tabelle entnimmt man die zur Rechnung benötigten Größen. u [ ms ] Wasser 20 °C Wasser 50 °C Luft 1 bar Luft 10 bar

2

ν [ ms ] ⋅ 10−6

2 2 20 20

1,003 0,554 ⋅ 10−6 18,250 ⋅ 10−6 1,833 ⋅ 10−6

W λ [ m⋅K ]

Pr F

Pr W

0,5980 0,6410 0,0279 0,0283

7,000 3,570 0,711 0,712

1,96 1,96 0,79 0,79

Zuerst werden die drei Reynoldszahlen bestimmt. Alle liegen weit über 104 , wodurch wir es mit einer turbulenten Strömung zu tun haben. Sogleich werden die Rohrrei­ bungszahlen ermittelt. Es folgen die Einflussgrößen f1 und f2 . Schließlich bestimmt man die zugehörigen Nusselt-Zahlen und die zugehörigen Wärmeübergangszahlen. Die folgende Tabelle enthält alle berechneten Größen.

Wasser 20 °C Wasser 50 °C Luft 1 bar Luft 10 bar

Re

ξ

f1

f2

Nuturb

α [ mW 2 ⋅K ]

49.850 90.253 27.397 272.777

0,0207 0,0182 0,0238 0,0146

1,1503 1,0682 0,9540 0,9540

1,085 1,085 1,085 1,085

414,2 477,9 69,8 412,2

9.907 12.253 78 467

Flüssigkeiten besitzen wesentlich größere Wärmeübergangszahlen als Gase. Der Ein­ fluss der Gasgeschwindigkeiten ist für die Erhöhung der Wärmeübergangszahl gering, wohingegen die größere kinematische Viskosität und die kleinere Wärmeleitfähigkeit der Gase überwiegen und kleinere Wärmeübergangszahlen verursachen. Steigt bei Gasen der Druck, so sinkt die kinematische Viskosität, was zu einer größeren Rey­ nolds- und Wärmeübergangszahl führt. Beispiel 2. Wir betrachten dasselbe Rohr wie im ersten Beispiel. Das Fluid ströme mit 2 ms , aber mit einer unbekannten Temperatur durch das Rohr. Die Wandtemperatur sei wieder 90 °C mit der zugehörigen Prandl-Zahl von 1,96. Die Wärmeübergangszahl ergibt sich zu α = 11.500 mW 2 ⋅K . Es soll die (mittlere) Fluidtemperatur ermittelt werden. Folgende Werte seien gegeben: 2

Wasser 20 °C Wasser 30 °C Wasser 40 °C Wasser 50 °C

ν [ ms ]

W λ [ m⋅K ]

Pr F

α [

W ] m2 ⋅K

1,003 ⋅ 10−6 0,801 ⋅ 10−6 0,658 ⋅ 10−6 0,554 ⋅ 10−6

0,598 0,616 0,631 0,641

7,00 5,41 4,32 3,57

9.907 – – 12.253

7.9 Fluid in Rohrbögen |

121

Da die Fluidtemperatur unbekannt ist, müssen wir vorerst eine annehmen. Um einen sinnvollen Startwert zu erhalten, interpolieren wir. Aus dem 1. Beispiel sind die Über­ ⋅ TF + 8343. gangszahlen bekannt: α = 12.253−9907 50−20 Für das gegebene α 0 = 11.500 erhält man TFluid,0 = 40,37 °C. Die Interpolationsgerade Prandtl-Zahl/Temperatur lautet Pr = 3,57−7 50−20 ⋅ T F + 9,287. TFluid,0 = 40,37 °C entspricht der Prandtl-Zahl PrF = 4,671. Weiter folgt die Interpolationsgerade für kinematische Viskosität und Temperatur zu ν = 0,554−1,003 ⋅ TF + 1,302. Für TFluid,0 = 40,37 °C folgt ν = 0,698 ⋅ 10−6 . 50−20 Schließlich noch die Interpolation für die Wärmeleitung: λ=

0,641 − 0,598 ⋅ TF + 0,569 . 50 − 20

Diese ausgewertet für TFluid,0 = 40,37 °C liefert λ = 0,6272. Damit ist die Bezugstemperatur für die zu verwendenden Stoffwerte gegeben. Die Reynoldszahl ist Re =

0,025 ⋅ 2 = 71.621,3 . 0,697 ⋅ 10−6

Für die Rohrreibungszahl ergibt sich ξ = (1,8 ⋅ log10 71.621,3 − 1,5)−2 = 0,0191. Die Einflussgrößen betragen 2

4,671 0,11 = 1,1002 und f1 = ( ) 1,96

0,025 3 f2 = 1 + ( ) = 1,0855 . 1

Damit wäre die Nusselt-Zahl Nuturb =

0,0191 8

⋅ 71.621,3 ⋅ 4,671 2

1 + 12,7 ⋅ √ 0,0191 ⋅ (4,671 3 − 1) 8

⋅ 1,100 ⋅ 1,085 = 451,05 .

= 11.315,83. Die zugehörige Wärmeübergangszahl errechnet sich zu α 1 = 451,0⋅0,6272 0,025 Nun interpolieren wir bezüglich der neuen Temperatur TFluid,0 = 40,37 °C und den 50 °C. Wir erhalten nacheinander α=

12.253 − 11.315,8 ⋅ TF + 7386,7 , 50 − 40,37 °C für α 0 = 11.500 erhält man TFluid,1 = 42,26 °C ,

Pr = ν=

3,57 − 4,671 ⋅ TF + 9,287 , 50 − 40,37 °C

TFluid,1 = 42,26 °C entspricht PrF = 4,455 ,

0,554 − 0,6981 ⋅ TF + 1,302 , 50 − 40,37 °C für TFluid,1 = 42,26 °C folgt ν = 0,6698 ⋅ 10−6 ,

λ=

0,641 − 0,6272 ⋅ TF + 0,569 50 − 40,37 °C

und TFluid,1 = 42,26 °C liefert λ = 0,6299 .

122 | 7 Wärmeübertragung 0,025⋅2 Die Reynoldszahl ist Re = 0,6698⋅10 −6 = 74.649,6. Für die Rohrreibungszahl ergibt sich ξ = (1,8 ⋅ log10 74.649,6 − 1,5)−2 = 0,0189. Die Einflussgrößen betragen

f1 = (

2

4,455 0,11 = 1,0945 ) 1,96

und

f2 = 1 + (

0,025 3 ) = 1,0855 . 1

Damit wäre die Nusselt-Zahl Nuturb =

0,0189 8

⋅ 74.649,6 ⋅ 4,455 2

1 + 12,7 ⋅ √ 0,0189 ⋅ (4,455 3 − 1) 8

⋅ 1,0945 ⋅ 1,0855 = 454,67 .

Die zugehörige Wärmeübergangszahl errechnet sich zu α2 =

454,67 ⋅ 0,6299 = 11.456,05 . 0,025

Wir führen noch eine weitere Iteration aus und interpolieren bezüglich der neuen Tem­ peratur TFluid,1 = 42,26 °C und den 50 °C. Wir erhalten nacheinander α=

12.253 − 11.456,05 ⋅ TF + 7102,7 , 50 − 42,26 für α 0 = 11.500 erhält man TFluid,2 = 42,69 °C ,

Pr = ν=

3,57 − 4,455 ⋅ TF + 9,287 , 50 − 42,268

TFluid,2 = 42,69 °C entspricht Pr F = 4,406 ,

0,554 − 0,66985 ⋅ TF + 1,302 , 50 − 42,26 für TFluid,1 = 42,69 °C folgt ν = 0,6634 ⋅ 10−6 ,

λ=

0,641 − 0,62995 ⋅ TF + 0,569 50 − 42,268

und TFluid,1 = 42,69 °C liefert λ = 0,6305 .

0,025⋅2 Die Reynoldszahl ist Re = 0,6634⋅10 −6 = 75.368,2. Für die Rohrreibungszahl ergibt sich ξ = (1,8 ⋅ log10 75.368,2 − 1,5)−2 = 0,0189. Die Einflussgrößen betragen

f1 = (

4,406 0,11 = 1,0932 ) 1,96

2

und

f2 = 1 + (

0,025 3 ) = 1,0855 . 1

Damit wäre die Nusselt-Zahl Nuturb =

0,0188 8

⋅ 75.368,2 ⋅ 4,406 2

1 + 12,7 ⋅ √ 0,0189 ⋅ (4,406 3 − 1) 8

⋅ 1,0932 ⋅ 1,0855 = 455,49 .

Die zugehörige Wärmeübergangszahl errechnet sich zu α2 =

455,49 ⋅ 0,6305 = 11.487,76 . 0,025

Die Genauigkeit beträgt schon 0,1 %. Also ist die Fluidtemperatur TFluid = 42,7 °C.

7.10 Eigentliche Wärmeüberträger | 123

7.10 Eigentliche Wärmeüberträger Nun kommen wir zu den eigentlichen Wärmeüberträgern. Im Weiteren betrachten wir zwei Arten von allgemeinen Wärmeüberträgern mit zwei Fluiden: Gleichstrom- und Gegenstromwärmeüberträger. Letzterer ist modellhaft in Abb. 7.7 links dargestellt.

Abb. 7.7: Skizzen zu den Wärmeüberträgern

Dabei wird der Eintritt mit einer Null und der Austritt mit einem l gekennzeichnet. Das Fluid 1 mit der Temperatur T1,0 und dem Massenstrom ṁ 1 (Masse pro Zeit) tritt in den Wärmeüberträger ein. Auf dem Weg zu seinem Austritt verändert sich durch Wär­ meabgabe über die Trennwand an das Fluid 2 seine Temperatur auf T1,l . Gleichzeitig ändert sich die Temperatur von Fluid 2 mit dem Massenstrom ṁ 2 von T2,0 auf T2,l . Der Wärmestrom Q̇ ist dabei abhängig vom Wärmeübergangskoeffizienten k und der zur Verfügung stehenden Fläche A, die durch Rippen vergrößert werden kann. Den übertragenen bzw. über die Trennfläche aufgenommenen Wärmestrom kann man darstellen als Q̇ = Ẇ 1 ⋅ ∆T1 respektive Q̇ = Ẇ 2 ⋅ ∆T2 . Die Ausdrücke Ẇ 1 = ṁ 1 ⋅ c p1 und Ẇ 2 = ṁ 2 ⋅ c p2 heißen Kapazitätströme. Die folgende Abb. 7.8 gibt den qualitativen Temperaturverlauf beider Fluide für Gleichund Gegenstrom für alle möglichen Kapazitätströme an. Der Unterschied zwischen Gleich- und Gegenstrom wird wohl für gleiche Kapazi­ tätströme am einsichtigsten. Im Fall von Gleichstrom kann man bestenfalls erreichen, dass die Austrittstemperatur T2,l nahezu T1,l entspricht, auch wenn man die Eintritts­ temperatur T2,0 noch so nahe an T1,0 legt. Bei Gegenstrom wird mehr Wärmemenge übertragen. Obwohl die Eingangstem­ peratur T2,0 tiefer als T1,l liegt, ist es möglich, dass die Austrittstemperatur T2,l höher als die Austrittstemperatur T1,l ausfällt und bestenfalls gleich hoch wie die Eintritts­ temperatur T1,0 . Nun wollen wir den Wärmestrom Q̇ bestimmen (Abb. 7.7 rechts). Für ein Flächenelement dA gilt dann d Q̇ = k⋅∆T⋅dA oder auch d Q̇ = k(T1 −T2 )⋅dA. Gleichfalls ist d Q̇ = −Ẇ 1 ⋅ dT1 , wobei dT1 den Temperaturunterschied des Fluids auf dem Weg von l nach l + dl bezeichnet. Ebenso ist d Q̇ = Ẇ 2 ⋅ dT2 .

124 | 7 Wärmeübertragung

Abb. 7.8: Skizzen zu den Kapazitätsströmen

Gleichsetzen ergibt k ⋅ ∆T ⋅ dA = −Ẇ 1 ⋅ dT1 und k ⋅ ∆T ⋅ dA = Ẇ 2 ⋅ dT2 (Genauer gesagt ist dT1 < 0 und dT2 > 0. Im ersten Fall schreiben wir das Minuszeichen aus und rechnen mit positiven Differenzen dT1 > 0.) Daraus wird dT1 = −

k ⋅ ∆T ⋅ dA Ẇ 1

und

dT2 =

k ⋅ ∆T ⋅ dA . Ẇ 2

(7.4)

Diese Gleichungen gelten für beliebige Stellen 0 ≤ x ≤ l: dT1 = − Wk̇ ⋅ ∆T x ⋅ dA(x). 1 Die Subtraktion beider Gleichungen liefert 1 1 + ) ⋅ ∆T ⋅ dA Ẇ 1 Ẇ 2 1 1 + ) ⋅ ∆T ⋅ dA . d(T1 − T2 ) = −k ( Ẇ 1 Ẇ 2

dT1 − dT2 = −k ( 󳨐⇒

Nach Variablen getrennt führt dies zu d(∆T) = −μk ⋅ dA ∆T

mit

μ=

1 1 + . ̇ W1 Ẇ 2

7.10 Eigentliche Wärmeüberträger | 125

Man muss also über Differenzen ∆T entlang des Weges integrieren: ∆T l

d(∆T) = −μk ⋅ ∫ dA ∆T

∫ ∆T 0

󳨐⇒

󳨐⇒

ln(∆T l ) − ln(∆T0 ) = −μA

A

ln (

∆T l ) = −μkA ∆T0

oder

∆T l = ∆T0 ⋅ e−μkA ,

(7.5)

wobei ∆T0 = T1,0 − T2,0 bezeichnet. Für l kann man irgendeine Länge 0 ≤ x ≤ l wählen: ∆T x = ∆T0 ⋅ e−μkA(x). Um den gesamten Wärmestrom zu berechnen, wird in der Gleichung d Q̇ = k ⋅ ∆T ⋅ dA das ∆T durch ∆T x = ∆T0 ⋅ e−μkA(x) ersetzt und über die gesamte Fläche (oder über die gesamte Länge 0 ≤ x ≤ l, deswegen von 0 bis A) integriert: A ∗ ∫ d Q̇ = ∆T0 ⋅ k ∫ e−μkA dA∗



󳨐⇒

0

∗ ∆T0 ∆T0 −μkA ∆T0 ⋅ [e−μkA ]0A = − (e (1 − e−μkA ) Q̇ = − − 1) = μ μ μ ∆T ∆T0 ln( ∆T l ) 0 ) (1 − e = −kA ⋅ ∆T l ln ( ∆T ) 0

= kA ⋅

∆T0 0 ln ( ∆T ∆T l )

(1 −

∆T l ) ∆T0

und schließlich

∆T0 − ∆T l . Q̇ = kA ⋅ 0 ln ( ∆T ∆T l )

∆T 0 −∆T l ∆Tm = ln(∆T ist die über die ganze Austauschfläche gemittelte Temperaturdiffe­ 0 /∆T l ) renz. Nähern sich ∆T0 und ∆T l einander an, so muss im Grenzwert auch ∆Tm = ∆T0 = ∆T l sein, was man mit der Regel von Bernoulli-L’Hôspital einsieht:

lim ∆Tm =

∆T 0 →∆T l

lim

∆T 0 →∆T l

∆T0 − ∆T l 0 ln ( ∆T ∆T l )

=

lim

∆T 0 →∆T l

1 ∆T 0 ∆T l

1 = 1 ⋅ ∆T l

lim

∆T 0 →∆T l

∆T0 = ∆T l .

Die Temperaturdifferenz ∆Tm ist auch kleiner als das arithmetische Mittel ∆T02+∆T l . Dazu kombinieren wir die folgenden zwei Reihenentwicklungen des Logarithmus z2 z3 z4 + − ± . . . für − 1 < z ≤ 1 und 2 3 4 z2 z3 z4 ln(1 − z) = −z − − − − ⋅ ⋅ ⋅ für − 1 ≤ z < 1 2 3 4 zu einer neuen: ln(1 + z) = z −

ln ( Mit x =

1+z z3 z5 ) = ln(1 + z) − ln(1 + z) = 2 (z + + + ⋅⋅⋅) 1−z 3 5 1+z 1−z

erhält man z =

ln(x) = 2 (

x−1 x+1 . Dann

für

−1 ∆U2 . Die gesamte Änderung der inneren Energie beim Durchlaufen des Kreisprozesses wäre ∮ dU = ∆U1 − ∆U2 > 0. Energie würde sich aus Nichts erzeugen lassen, was einem perpetuum mobile 1. Art entspräche und unmöglich ist. An dieser Stelle geben wir die beiden Hauptsätze der Thermodynamik an. 1. Hauptsatz

dU = ∆Q + ∆W ,

2. Hauptsatz

dS =

∆Q , T

T: Temperatur, dU: Innere Energie, dS Entropie, ∆Q: Wärmeänderung und ∆W: Arbeit am System. In beiden Formeln wird der Unterschied zwischen einer Zustandsgröße und ei­ ner Prozessgröße dahingehend gemacht, dass Zustandsgrößen mit einem d versehen werden, wogegen Prozessgrößen ein ∆ vorgestellt erhalten. Folgerung. Die Entropie S ist eine Zustandsgröße. Sie ist ein Maß für die Unkenntnis des atomaren Zustands. Dies können wir rechne­ risch zeigen. Dazu verknüpfen wir die beiden Sätze zu dU = T dS+∆W. Für ein ideales Gas, bei dem die Temperatur T ist, wird nur Volumenarbeit der Größe ∆W = −p dV dV am Fluid verrichtet, wodurch dU = T dS − p dV oder dS = dU+p entsteht. T Auf der rechten Seite der Gleichung stehen mit U, p, V und T lauter Zustandsgrö­ ßen. Damit ist auch S eine Zustandsgröße und dS ein vollständiges Differenzial. Wir können dies auch noch ausführlich zeigen. Es gilt dU = cV ⋅ m ⋅ dT, wobei cV die spezifische Wärmekapazität eines idealen Gases bei konstantem Volumen bezeichnet. Weiter hat man pV = m ⋅ RS ⋅ T, wo RS die spezifische Gaskonstante ist (Gasglei­ chung). S Dann folgt dS = c VT⋅m dT + m⋅R V dV. Dies ist von der Form f(x, y) dx + g(x, y) dy. Es gilt ∂ cV ⋅ m ∂ m ⋅ RS ( ) = 0 und ( ) =0. ∂V T ∂T V T V Damit wird die Schwarz’sche Gleichung erfüllt, was gleichbedeutend damit ist, dass dS ein vollständiges Differenzial darstellt. Somit haben wir es bei der Entropie S mit einer Zustandsgröße zu tun.

8.3 Das Stefan-Boltzmann-Gesetz | 139

Bemerkung. Wenn du und dv zwei vollständige Differenziale sind, besteht auch die Möglichkeit zu folgern, dass damit auch Summe d(u + v), Differenz d(u − v), Produkt d(uv) und Quotient d( uv ) allesamt vollständige Differenziale sind. Beispielsweise für den Quotienten: Aus

d ( uv ) dv 1 du dv 1 = 2 ( v − u ) = 2 (v − u ) du du du du v v

folgt

u v du − u dv d( ) = v v2

d( u )

(Man kann auch dvv betrachten.) Sind nun du und dv zwei vollständige Differenziale, dann ist du = k dx + l dy und dv = m dx + n dy und somit u (vl − un) v du − u dv v(k dx + l dy) − u(m dx + n dy) (vk − um) d( ) = = = dx+ dy. v v2 v2 v2 v2 Also ist d( uv ) ein vollständiges Differenzial. Folgerung. Die Wärmemenge Q ist keine Zustandsgröße. Dies folgt unmittelbar aus dem 1. Hauptsatz dQ = ∆U − ∆W. Da die Arbeit wegabhän­ gig ist und somit keine Zustandsgröße darstellt, kann auch die Wärmemenge keine Zustandsgröße sein.

8.3 Das Stefan-Boltzmann-Gesetz Im Ausdruck ∆W = −p dV ersetzen wir mit der 1. Vorbereitung den Druck: p = 13 u und erhalten ∆W = − 13 u dV. Für die Strahlungsdichte gilt ja u = UV , somit U = uV. du dV Dann ist dU = d(uV) = V du + u dV, denn d(uV) du = du V + u du (Produktregel). Aus dem 1. Hauptsatz hat man dQ = ∆U − ∆W = V du + u dV +

4 1 u dV = V du + u dV . 3 3

Mit Hilfe des 2. Hauptsatzes folgt dS =

∆Q V 4 1 = du + u ⋅ dV . T T 3 T

Da nun nach der 2. Vorbereitung dS ein vollständiges Differenzial darstellt, muss gel­ ten: (

d 4 1 d V ) =( ( u ⋅ )) dV T u du 3 T V

󳨐⇒

d ( T ) dT 3 1 1 ⋅ = +u ⋅ 4 T T dT du

󳨐⇒

ln u = 4 ln T + C

1

󳨐⇒

󳨐⇒ ln

d(T) 1 4 du 1 = ( ⋅ +u ) T 3 du T du 1

󳨐⇒ −

1 1 u dT ⋅ =− 2 ⋅ 4 T du T

󳨐⇒

du dT =4 u T

u =C. T4

Daraus folgt Tu4 = e C := σ und schließlich u(T) = σ ⋅ T 4 (Leistungsdichte). Für die gesamte Wärmeleistung im Volumen V gilt dann P(T) = σ ⋅ T 4 V.

140 | 8 Wärmestrahlung

Die Stefan-Boltzmann-Konstante σ konnte Boltzmann nur experimentell bestim­ men. Erst Planck zeigte mit Hilfe des nach ihm benannten Strahlungsgesetzes, dass σ sich aus anderen Naturkonstanten zusammensetzt: σ=

2π5 k 4B W = 5,6704 ⋅ 10−8 2 4 , 15h3 c2 m K

wobei h das Wirkungsquantum, c die Lichtgeschwindigkeit und k B die BoltzmannKonstante bezeichnet. Die oben beschriebene Größe u(T) = σ ⋅ T 4 der Leistungsdichte stellt eine obere Grenze für die Emission eines strahlenden Körpers dar und gilt nur für einen idealen, schwarzen Körper. Kein anderer Körper mit derselben Temperatur kann eine größere Strahlung abgeben. Er ist aber auch ein idealer Absorber, alle Strahlung wird absor­ biert. Die Emission eines realen Strahlers wird deswegen mit einem Korrekturfaktor ε(T) ≤ 1, dem Emissionsgrad des Strahlers versehen: u(T) = ε(T) ⋅ σT 4 . Dabei hängt ε(T) nicht nur vom Material, sondern beispielsweise auch von der Art der Oberfläche ab, z. B. von der Rauhheit. Stoff

Temperatur in °C

ε

Beton, rauh Holz, Eiche Ziegelstein, rot

20 20 20

0,94 0,90 0,93

Trifft Strahlung auf einen Körper, so wird ein Teil reflektiert, ein Teil absorbiert und ein Teil durchgelassen, gekennzeichnet durch den Reflexionsgrad r, den Absorpti­ onsgrad a und den Tramsmissionsgrad τ. Wieder sind die drei Zahlen nicht nur vom Material, sondern auch von der Oberflächenbeschaffenheit und der Wellenlänge der Strahlung abhängig. Stets gilt jedoch r + a + τ = 1. Die meisten Festkörper sind für Strahlung undurchlässig, so dass wir τ = 0 voraussetzen können. Im Weiteren betrachten wir einen einfachen Fall des Strahlungsaustausches. Ein Strahler mit der Fläche A und der Temperatur T befinde sich in einer Umgebung mit der Temperatur TU . Der Strahlungsaustausch soll durch das Zwischenmedium nicht beeinflusst werden; es sei völlig durchlässig für Strahlung, was in sehr guter Näherung auf die umgebende Luft zutrifft. Die Umgebung möge sich wie ein schwarzer Körper verhalten, d. h., die auf sie treffende Strahlung wird vollständig absorbiert, ohne einen Teil zu reflektieren. Dann wird der Strahler die Wärmestrahlung PEm (t) = AεσT 4 emittieren. Diese wird von der Umgebung vollständig absorbiert. Die ihrerseits von der Umgebung ausgehende Wärmestrahlung wird vom Strahler nur zum Teil mit dem Absorptionsgrad a absorbiert, der reflektierte Anteil fällt wieder auf die Umgebung zurück, wo sie wieder absorbiert wird: PAb (t) = AaσTU4 .

8.3 Das Stefan-Boltzmann-Gesetz |

141

Die Wärmestrahlungsleistung, die netto vom Strahler an die ihn umschließende Umgebung abgegeben wird, beträgt P(t) = PEm (t) − PAb (t) = Aσ(εT 4 − aTU4 ). In vielen Fällen nimmt man für den Strahler ein besonders einfaches und deshalb nur näherungsweise gültiges Materialgesetz an: Man behandelt ihn als grauen Strah­ ler, also einen Körper für den Emissionsgrad und Absorptionsgrad übereinstimmen: a = ε. Damit wird P(t) = Aεσ(T 4 − TU4 ). Für die in der Zeit ∆t abgegebene Strahlung folgt 4 4 ̇ ∆Q = Aεσ(T 4 − TU4 ) ⋅ ∆t. Dann ist ∆Q ∆t = Q S = Aεσ(T − T U ) die Wärmeleistung und Q̇ S 4 4 ̇ A = qS = εσ(T − T U ) die Wärmeleistungsdichte. Obwohl das Stefan-Boltzmann-Gesetz hergeleitet ist, wollen wir etwas tiefer in das Gebiet der Thermodynamik eintauchen. Mit Hilfe der Zustandsgleichung und mit dem vollständigen Differenzial einer Größe hat man zwei Bestimmungsgleichun­ gen dieser Größe. Der zugehörige Formalismus kann dabei ohne tieferes Verständnis durchgeführt werden, mit zumal verblüffenden Zusammenhängen. Diese müssen dann interpretiert werden. Wir wollen zuerst zwei Regeln beim Umgang mit partiellen Ableitungen beweisen: die Umkehrregel und die Regel der zyklischen Vertauschung. ∂z ∂x i) Umkehrregel. Aus dz = ( ∂z ∂x )y dx wird 1 = ( ∂x )y ( ∂z )y und somit (

∂z 1 ) = ∂x . ∂x y ( ) ∂z y

∂z )y dx + ( ∂z ii) Zyklische Vertauschungsregel. Ist dz = ( ∂x ∂y )x dy das vollständige Dif­ ferenzial und wählt man speziell z = konst., dann ist dz = 0 und es wird 0 = ∂z ( ∂x )y dx + ( ∂z ∂y )x dy. ∂y ∂z ∂z ∂z )y dx = ( ∂y )x dy 󳨐⇒ −( ∂x )y = ( ∂z Dann folgt nacheinander −( ∂x ∂y )x ( ∂x )z . Schließlich hat man

(

∂z ∂x ∂y ) ( ) ( ) = −1 . ∂x z ∂y x ∂z y

A) Betrachten wir nun nochmals die Zustandsgleichung der Zustandsfunktion U(S, V) als Kombination der beiden Hauptsätze: dU = T ⋅ dS − p ⋅ dV. T und p heißen Intensivgrößen, weil sie die Intensität angeben, mit der sich die Extensivgrößen S und V ändern. Ein Vergleich mit dem vollständigen Differenzial ∂U ∂U ∂U dU = ( ∂U ∂S )V dS + ( ∂V )S dV liefert ( ∂S )V = T und ( ∂V )S = −p. ∂T Mit Hilfe der Schwarz’schen Gleichung gilt ( ∂V )S = −( ∂p ∂S )V . B) Will man nun die Größen T und S vertauschen, so dass T extensiv und S intensiv wird, dann wendet man folgenden kleinen Trick an: Man subtrahiert auf beiden Seiten der Zustandsgleichung das vollständige Differenzial d(TS) = T dS + S dT. Dann ergibt sich dU − d(TS) = −S ⋅ dT − p ⋅ dV.

142 | 8 Wärmestrahlung Man erhält so eine neue Zustandsgröße F := U − TS, die freie Energie. Es ist dann ∂F dF = −S ⋅ dT − p ⋅ dV. Folglich hat man ( ∂F ∂T )V = −S und ( ∂V )T = −p. ∂p ∂S )T = ( ∂T )V . Verglichen mit dem Mit Hilfe der Schwarz’schen Gleichung gilt ( ∂V Ergebnis bei A) kann man also S und T bis auf ein Vorzeichen vertauschen. C) Ebenso kann man die Größen p und V vertauschen. Man addiert auf beiden Seiten der Zustandsgleichung das vollständige Differenzial d(pV) = p dV + V dp. Dann ergibt sich dU + d(pV) = T ⋅ dS + V ⋅ dp. Man erhält so eine neue Zustandsgröße H := U + pV, die Enthalpie. Es ist dann dH = T ⋅ dS + V ⋅ dp. Folglich hat man ( ∂H ) = T und ( ∂H ) = V. ∂S p ∂p S ∂V Mit Hilfe der Schwarz’schen Gleichung gilt ( ∂T ∂p )S = ( ∂S )p . Verglichen mit dem Ergebnis bei A) kann man also p und V bis auf ein Vorzeichen vertauschen. D) Schließlich kann man sowohl die Größen T und S als auch die Größen p und V vertauschen. Man addiert auf beiden Seiten der Zustandsgleichung das vollstän­ dige Differenzial −d(TS) + d(pV) = −T dS − S dT + p dV + V dp. Dann ergibt sich dU − d(TS) + d(pV) = −S ⋅ dT + V ⋅ dp. Man erhält so eine neue Zustandsgröße G := U − TS + pV, die freie Enthalpie. Es ∂G ist dann dG = −S ⋅ dT + V ⋅ dp. Folglich hat man ( ∂G ∂T )p = −S und ( ∂p )T = V. ∂S )T = −( ∂V Mit Hilfe der Schwarz’schen Gleichung gilt ( ∂p ∂T )p . Verglichen mit dem Ergebnis bei A) kann man also T und S, sowie p und V vertauschen.

Von besonderem Interesse sind diejenigen Relationen, nach denen kalorische Zu­ standsgrößen (innere Energie, Entropie, freie Energie, Enthalpie, freie Enthalpie), durch thermische (Temperatur, Volumen, Druck) ausgedrückt werden können, also B) und D). Es ist schwierig, all diese Ergebnisse anschaulich darzulegen. Falls diese nur Zwi­ schenergebnisse darstellen, begnügt man sich mit dem korrekten Ausführen des For­ malismus. Zumindest sollte das Endergebnis eine nachzuvollziehende Interpretation zulassen.

8.4 Wärmekapazität bei konstantem Druck und konstantem Volumen Einen letzten Zusammenhang zwischen vier Stoffgrößen der Thermodynamik, bei dem der Formalismus mit Differenzialen zum Tragen kommt, wollen wir zum Schluss dieses Teilabschnitts noch beweisen. Für die Tabellierung von Stoffeigenschaften definiert man drei Größen, näm­ lich den isobaren (p = konst.) Volumenausdehnungskoeffizienten α p = V1 ( ∂V ∂T )p = ln V ( ∂ ∂T )p , also die Änderung des Volumens mit der Temperatur bei konstantem Druck; außerdem wird die isotherme (T = konst.) Kompressibilität als κ T = − V1 ( ∂V ∂p )T = ln V ( ∂ ∂p )T definiert, die Änderung des Volumens mit dem Druck bei konstanter Tem­

8.4 Wärmekapazität bei konstantem Druck und konstantem Volumen | 143

∂p )V = peratur. Schließlich noch der isochore (V = konst.) Druckkoeffizient β V = 1p ( ∂T ∂ ln p pV ( ∂T )V . Für ein ideales Gas ist T = Nk (N: Teilchenzahl, k: Boltzmann-Konstante). Die Koeffizienten lauten dann

α p (T) =

NkT 1 ∂ p 1 Nk 1 = , ( ) = V ∂T V p T

κ T (p) = −

p

β V (T) =

NkT 1 ∂ p 1 NkT 1 = , ( ) = V ∂p V p2 p T

∂ NkT V

1 1 Nk 1 ( ) = = p ∂T p V T V

Den dritten Koeffizienten β V kann man aus der Messung der anderen beiden, ohne zusätzliche Messung, bestimmen. Dazu betrachten wir das vollständige Differenzial des Volumens: dV = (

∂V ∂V ) dT + ( ) dp = α p V ⋅ dT − κ T V ⋅ dp . ∂T p ∂p T

Speziell für β V ist das Volumen konstant: dV = 0. Es folgt 0=(

∂V ∂p ∂V ) +( ) ( ) = α p V − κ T V ⋅ pβ V ∂T p ∂p T ∂T V

, also

βV =

αp . p ⋅ κT

Zwei weitere Stoffeigenschaften sind die schon in Kapitel 8.2 eingeführten Wärme­ kapazitäten. Die Änderung der Wärmemenge Q mit der Temperatur bei konstantem Volumen lautet C V = ( ∂Q ∂T )V . Analog ist die Änderung der Wärmemenge Q mit der Temperatur bei konstantem Druck definiert: C p = ( ∂Q ∂T )p . Ziel ist es, die Abhängig­ keit der Größen α p , κ T , C V , C p in eine Gleichung zu fassen. Der 1. Hauptsatz lautet ∆Q = dU + p dV. Ist V = konst., dann ist dV = 0 und es bleibt ∆Q = dU. Die innere Energie kann also nur über Zufügung von Wärme erhöht werden. Dann ist ∂U C V = ( ∂Q ∂T )V = ( ∂T )V . Für C p ist p = konst. Eine Druckänderung dp taucht in der Zustandsgleichung nicht auf, wohl aber in derjenigen mit der Enthalpie, denn es ist Cp = (

∂Q dU + p dV ∂U ∂V ∂H ) =( ) =( ) + p( ) =( ) , ∂T p ∂T ∂T p ∂T p ∂T p p

wenn H = U + pV die Enthalpie ist. Wir betrachten das vollständige Differenzial der inneren Energie U = U(T, V). ∂U ∂U ∂U ∂V ∂U Aus dU = ( ∂U ∂V )T dV + ( ∂T )V dT folgt ( ∂T )p = ( ∂V )T ( ∂T )p + ( ∂T )V . Damit haben wir Cp = (

∂V ∂U ∂V ∂U ∂U ∂V ) + p( ) =( ) ( ) +( ) + p( ) ∂T p ∂T p ∂V T ∂T p ∂T V ∂T p

= C V + [(

∂U ∂V ) + p] ( ) . ∂V T ∂T p

(8.1)

Weiter betrachten wir die Zustandsgleichung dU = T ⋅ dS − p ⋅ dV, aus der ( ∂U ∂V )T = ∂p ∂S ∂S T( ∂V )T − p folgt. In Punkt B haben wir gezeigt, dass ( ∂V )T = ( ∂T )V gilt.

144 | 8 Wärmestrahlung ∂p Somit haben wir ( ∂U ∂V )T = T( ∂T )V −p. Setzen wir diesen Ausdruck in (8.1) ein, dann

ist C p = C V +T (

α 2p α 2p ∂p ∂V ) ( ) = C V +T⋅p⋅β V ⋅α p ⋅V = C V +T V oder C p −C V = T V . ∂T V ∂T p κT κT

Dies ist der gesuchte Zusammenhang. Speziell für ein ideales Gas lautet die Beziehung J C p − C V = T Tp2 V = pV T = R = 8,314472 mol⋅K . R ist die universelle Gaskonstante. Mas­ sen- oder stoffspezifisch erhält man nach Division durch die mittlere Masse M eines C R Mols des betreffenden Gases die Gleichung Mp − CMV = M oder c p − c V = RS und RS ist dann die stoffspezifische Gaskonstante. Man kann diese Gleichung auch über eine Interpretation beweisen. Da kein idea­ les Gas vorausgesetzt wird, ist ( ∂U ∂V )T > 0. Im Allgemeinen gilt dann C p > C V . Dies folgt direkt aus der Tatsache, dass bei Zufuhr von Wärme bei konstantem Volumen keine Arbeit vom System geleistet wird und somit die Wärme restlos in die Temperaturer­ höhung eingeht. Findet der Prozess hingegen bei konstantem Druck statt, so wird ein Teil der Wärme für die Arbeitsleistung benötigt. Somit braucht es für diese Erhöhung der Temperatur eine größere Wärmezufuhr. Wie man sieht, unterscheiden sich die Wärmekapazitäten durch zwei Summan­ den. Der Term p( ∂V ∂T )p ist die Volumenarbeit gegen den konstanten Außendruck bei einer Temperaturerhöhung um 1 °C. ( ∂U ∂V )T hat die Einheit eines Drucks. Der Term ∂V ( ∂U ) ( ) entspricht der Arbeit zur Änderung der inneren Energie gegen Anzie­ T p ∂V ∂T hungskräfte der Teilchen bei einer Temperaturerhöhung um 1 °C. Der Term beschreibt die innere Arbeit, die bei Volumenänderungen aufgrund der Kräfte zwischen den Teil­ chen geleistet werden muss oder frei wird. Bei idealen Gasen ist dieser Term Null, weil keine Anziehungskräfte zwischen den Teilchen auftreten. Für ein ideales Gas würde dann folgen Cp = CV + p (

∂V 1 ) = C V + pVα p = pV = C V + Nk . ∂T p T

Zum Schluss wollen wir die im 3. Band hergeleitete Gleichung von Poisson für eine adiabatische Zustandsänderung bestätigen. Bei diesem Prozess findet kein Wärme­ austausch statt. Es ist ∆Q = 0. Damit ist nach dem 1. Hauptsatz dU = −p dV. ∂U ∂U Das totale Differenzial dU = ( ∂U ∂V )T dV+( ∂T )V dT reduziert sich zu dU = ( ∂T )V dT, ∂U weil der innere Druck ( ∂V )T , wie oben gesehen, Null ist. Daraus wird dU = C V dT oder C V dT + p dV = 0. Ausgehend von einem idealen NkT Gas ist dann p = NkT V und somit C V dT + V dV = 0. Mit dem eben bewiesenen Zusammenhang gilt (C p − C V )T C V dT + dV = 0 . V Geordnet hat man dT dV + (γ − 1) = 0 mit T V

γ=

Cp cp = . CV cV

8.5 Strahlungsübertragung

|

145

Es folgt nacheinander dT dV + (γ − 1) ∫ = 0 󳨐⇒ ln T + (γ − 1) ln V = konst. T V ln(T ⋅ V γ−1 ) = konst. T ⋅ V γ−1 = konst. ∫

󳨐⇒

Mit der idealen Gasgleichung T = Nk ⋅ konst. = konst.

pV Nk

ist

pV Nk

⋅ V γ−1 = konst. und schließlich p ⋅ V γ =

Aufgabe Bearbeiten Sie die Übungen 20–22.

8.5 Strahlungsübertragung Vorbereitung 1: Raumwinkel (Abb. 8.2). Im Einheitskreis entspricht der Winkel ω im Bogenmaß der Bogenlänge b auf der Kreislinie des zugehörigen Kreissektors, also ω = b. Ansonsten wird ω ⋅ r = b oder ω = br . Analog definiert man den Raumwinkel: Bei der Einheitskugel entspricht der Raumwinkel Ω der Fläche A auf der Kugeloberfläche des zugehörigen Kreiskegels. Ansonsten ist Ω ⋅ r2 = A oder Ω = rA2 . Die Einheit des Raumwinkels ist Steradiant [sr]. Für ein Flächenstück dA auf der Kugeloberfläche gilt dA = r ⋅ dθ ⋅sin β ⋅ r ⋅ dβ. Dann erhält man für den Raumwinkel dΩ = dA = sin β ⋅ dθ ⋅ dβ. r2

Abb. 8.2: Skizze zum Raumwinkel

Vorbereitung 2: Die Leistungsdichte L. Nehmen wir einen strahlenden Körper, bei­ spielsweise eine Glühlampe oder eine Leuchtdiode, deren Leistung wir in Watt mes­ sen. Verschiedene Punkte des Körpers werden unterschiedlich viel Strahlung abge­ ben, und auch in alle Richtungen verschieden viel. Misst man die endliche Leistung dP, die eine Oberfläche abgibt, so muss auf einen unendlich kleinen Punkt dieser Flä­ che Null Watt fallen, weil es unendlich viele Punkte auf dieser Fläche gibt. Demnach kann man nicht angeben, wie viel Leistung von einem Punkt ausgeht. Stattdessen betrachtet man eine kleine Fläche dA, in welcher der Punkt liegt, und dP bildet das Verhältnis dA . Im Grenzwert erhält man die Leistungsdichte L A mit der Ein­ W heit [ m2 ].

146 | 8 Wärmestrahlung

Genausowenig kann man angeben, wie viel Leistung in eine bestimmte Richtung abgegeben wird, da die endliche Leistung auf unendlich viele mögliche Richtungen verteilt werden müsste und somit auf jede einzelne Richtung die Leistung Null Watt dP fällt. Analog betrachtet man das Verhältnis dΩ , wobei Ω der Raumwinkel ist, in dem die gewünschte Richtung liegt. Im Grenzwert erhält man die Leistungsdichte L Ω mit der Einheit [ W sr ]. Berücksichtigt man sowohl die Orts- als auch die Richtungsabhängigkeit der von einem unendlich kleinen Flächenelement abgegebenen Strahlung, dann erhält man d2 P die Leistungsdichte L A,Ω = dA⋅dΩ . Diese wird noch leicht modifiziert, wie wir weiter unten sehen werden. Bei diffuser Strahlung kann man nicht voraussetzen, dass eine Fläche in alle Richtun­ gen die gleiche Strahlungleistung abgibt. Das Gesetz von Lambert trägt diesem Um­ stand Rechnung, dass nämlich die Leistung mit flacher werdendem Abstrahlwinkel abnimmt (Abb. 8.3 links). Damit ergibt sich eine kreisförmige Leistungsverteilung. Sei β der Winkel gegen die Flächennormale, PS die senkrecht abgegebene Leistung und A die abstrahlende Fläche, dann nimmt die Strahlungsleistung mit dem Winkel β ab: P(β) = Ps ⋅ cos β. Viele Oberflächen kommen diesem Ideal eines Lambertstrahlers sehr nahe mit Abweichungen von 1 %–2,5 %. Metallische Oberflächen weichen stärker von diesem Gesetz ab. Wirkt die Leistung von der Fläche dA in den Raumwinkel dΩ hinein, so kann man schreiben: d2 P(β, Ω) =

Ps ⋅ dA cos β ⋅ dΩ = L ⋅ dA cos β ⋅ dΩ . dA ⋅ dΩ

2

d P L = dA cos β⋅dΩ ist die oben erwähnte konstante Leistungsdichte. Sie bezeichnet die Strahlungsleistung d2 P, die von einem Punkt der Strahlungsquelle in die von β und θ gegebene Richtung pro Fläche dA cos β und Raumwinkel dΩ ausgesandt wird. Die Einheit von L ist [ mW 2 ⋅sr ]. Ersetzt man den Raumwinkel wie in der Vorbereitung 1 ge­ schildert, dann hat man d2 P(β, θ) = L ⋅ dA cos β ⋅ sin β ⋅ dθ ⋅ dβ. Integrieren wir über den ganzen Halbraum, dann wird π 2



π 2

1 dP = L ⋅ dA ⋅ ∫ sin(2β) dβ ∫ dθ = L ⋅ dA ⋅ π ∫ sin(2β) dβ 2 0

= −L ⋅ dA ⋅

0

0

π π π [cos(2β)]02 = −L ⋅ dA ⋅ (−1 − 1) = π ⋅ L ⋅ dA . 2 2

dP = π ⋅ L. Die Leistungsdichte eines Lambertstrahlers in den ganzen Halbraum ist dA Ein schwarzer Strahler ist ein Lambertstrahler. Mit der dortigen Bezeichnung u(T) = σT 4 kann man dann schreiben: u(T) = σT 4 = π ⋅ L und L = σπ T 4 für einen schwarzen Strahler.

8.5 Strahlungsübertragung

| 147

Abb. 8.3: Skizze zum Gesetz von Lambert und zur Reziprokregel

Betrachten wir nun ein Flächenelement dA1 , das mit der Strahldichte L1 ein im Abstand r befindliches Flächenelement dA2 bestrahlt (Abb. 8.3 rechts). Von dA1 aus β2 gesehen, erscheint die Fläche dA2 unter dem Raumwinkel dΩ2 = dA 2⋅cos . Die von r2 der Fläche dA1 auf die Fläche dA2 treffende Leistung ist d2 P12 = L1 ⋅ dA1 cos β 1 ⋅ dΩ2 =

L1 ⋅ cos β 1 cos β 2 ⋅ dA1 dA2 . r2

Die gesamte Leistung beträgt P12 = L1 ∫A ∫A cos β1r2cos β2 dA1 dA2 . Geht man um­ 1 2 gekehrt von dA2 aus und führt dieselbe Rechnung durch, so erhält man P21 = L2 ∫A ∫A cos β2r2cos β1 dA2 dA1 . 2 1 Da für einen Lambertstrahler die Leistungsdichte konstant ist und man die Inte­ grationsreihenfolge vertauschen kann, folgt P12 = P21 . Der Leistungsaustausch ist konstant. Man definiert nun φ12 =

cos β 1 cos β 2 1 ∫∫ dA2 dA1 A1 r2

und

φ21 =

A1 A2

cos β 2 cos β 1 1 ∫∫ dA1 dA2 A2 r2 A2 A1

als die Strahlungsaustaschfaktoren. Dann folgt die Reziprokregel φ12 A1 = φ21 A2 . Bemerkung. In dieser Rechnung beinhaltet die Leistung P jegliche Leistung, emit­ tiert, absorbiert oder reflektiert. Deswegen erübrigt sich eine Multiplikation mit dem Faktor ε1 bzw. ε2 . Im Folgenden betrachten wir zwei strahlende Flächen A i und A j . Wir definieren φ ij als Sichtfaktor. A i sei dabei die strahlende Fläche, A j die empfangende Fläche. Der Sichtfaktor gibt an, welcher Teil der von der Fläche A i abgegebenen Strahlung auf A j trifft. Aus der Definition folgt I.

φ11 + φ12 = 1 und

II.

φ12 A2 = φ21 A1

φ21 + φ22 = 1

(siehe oben).

und

148 | 8 Wärmestrahlung Beispiel 1 (Parallele Platte, Abb. 8.4 links). Es gilt φ11 = 0, φ12 = 1, φ21 = 1, φ22 = 0 Beispiel 2 (Konzentrische Zylinder oder Kugeln, Abb. 8.4 rechts). Man erhält in die­ sem Fall φ11 = 0, φ12 = 1, φ21 = AA 12 , φ22 = 1 − AA 12

Abb. 8.4: Beispiele zur Reziprokregel

Nun untersuchen wir den Strahlungsaustausch zwischen n beliebig orientierten Flä­ chen. Wir bezeichnen mit PAb,i die gesamte von A i abgegebene Strahlungsleistung und mit PEin,i die gesamte von A i erhaltene Strahlungsleistung. Die abgegebene Strahlungsleistung der Fläche A i setzt sich jeweils aus einem emittierten und einem reflektierten Anteil zusammen: PAb,i = PEm,i + PRef,i = PEm,i + PEin,i (1 − ε i ). Wir gehen dabei davon aus, dass der Absorptionsgrad gleich dem Emissionsgrad ist: a = ε. Da a + r = 1 (Transmissionsgrad τ = 0) folgt ε + r = 1 und somit r = 1 − ε. Für die weitere Rechnung verwenden wir die Abkürzungen PAb,i = V i („von Flä­ che A i “), PEin,i = Z i („zur Fläche A i “) und PEm,i = E i = ε i σTi4 . Dann erhalten wir V i = E i + Z i (1 − ε i )

󳨐⇒

Zi =

Vi − Ei . 1 − εi

Bezeichnet P i die Nettoleistung durch die Fläche A i , dann ist AP ii die Nettoleistungs­ dichte bezogen auf die Fläche A i . Es ergibt sich P i = A i V i − A i Z i , also Pi Vi − Ei Ei − εi Vi = Vi − Zi = Vi − = . Ai 1 − εi 1 − εi

(8.2)

Weiter bezeichnet A i Z i die Einstrahlungsleistung auf die Fläche A i von allen n Flä­ chen her. Sie beträgt A i Z i = ∑nk=1 V k ⋅ A k ⋅ φ ki . Dabei bedeutet V k ⋅ A k ⋅ φ ki die Abstrahlungs­ leistung von der Fläche A k mit der Größe V k , wobei der Anteil V k ⋅φ ki auf die Fläche A k auftrifft. Im Detail für zwei Flächen und für i = 1 gilt Z1 ⋅ A1 Einstrahlungsleistung zur Fläche A 1

=

V1 ⋅ A1 ⋅ φ11 Einstrahlungsleistung zur Fläche A 1 mit Faktor

+

V2 ⋅ A2 ⋅ φ21 Einstrahlungsleistung zur Fläche A 2 mit Faktor

8.5 Strahlungsübertragung

|

149

Die Nettoleistung, die von der Fläche A1 ausgeht, ist n

P i = A i V i − A i Z i = A i V i − ∑ V k ⋅ A k φ ki

Reziprokregel

=

n

A i V i − ∑ V k ⋅ A i φ ik

k=1 n

k=1 n

n

= A i [V i ⋅ 1 − ∑ V k ⋅ φ ik ] = A i [V i ⋅ ∑ φ ik − ∑ V k ⋅ φ ik ] k=1

k=1 n

n

= A i ∑ φ ik (V i − V k )

󳨐⇒

k=1

k=1

Pi = ∑ φ ik (V i − V k ) . A i k=1

(8.3)

Aus (8.2) und (8.3) folgt n Ei − εi Vi Pi = = ∑ φ ik (V i − V k ) Ai 1 − εi k=1

mit

i = 1, . . . , n .

Damit kann man V i für i = 1, . . . , n bestimmen und daraus die Nettoleistungs­ dichte AP ii . Dies führen wir für zwei Flächen A1 und A2 durch: E1 − ε1 V1 P1 = φ11 (V1 − V1 ) + φ12 (V1 − V2 ) = φ12 (V1 − V2 ) = A1 1 − ε1

(8.4)

und

E2 − ε2 V2 P2 = φ21 (V2 − V1 ) + φ22 (V2 − V2 ) = φ21 (V2 − V1 ) = . A2 1 − ε2 Aus Gleichung (8.4) folgt E1 − ε1 V1 (1 − ε1 )φ12 E1 − ε1 V1 V1 (1 − ε1 )φ12 − E1 + ε1 V1 V2 = V1 − = (1 − ε1 )φ12 (1 − ε1 )φ12 V1 φ12 − ε1 V1 φ12 − E1 + ε1 V1 φ12 V1 (1 − ε1 ) − E1 + ε1 V1 = = . (1 − ε1 )φ12 (1 − ε1 )φ12

V1 − V2 = 󳨐⇒

Setzen wir dieses Ergebnis in Gleichung (8.5) ein, dann ergibt sich φ21 (

ε1 V1 − E1 E2 φ12 V1 (1 − ε1 ) − E1 + ε1 V1 ε2 − )= ( ) (1 − ε1 )φ12 1 − ε2 1 − ε2 (1 − ε1 )φ12

und nacheinander φ21 (1 − ε2 )(ε1 V1 − E1 ) = (1 − ε1 )φ12 E2 − ε2 (φ12 V1 (1 − ε1 ) − E1 + ε1 V1 ) , φ21 ε1 V1 − φ21 E1 − φ21 ε1 ε2 V1 + φ21 ε2 E1 = φ12 E2 − φ12 ε1 E2 − φ12 ε2 V1 + φ12 ε1 ε2 V1 + ε2 E1 − ε1 ε2 V1 , V1 (φ21 ε1 − φ21 ε1 ε2 + φ12 ε2 − φ12 ε1 ε2 + ε1 ε2 ) = E1 (φ21 − φ21 ε2 + ε2 ) + E2 (φ12 − φ12 ε1 ) V1 =

E1 (φ21 − φ21 ε2 + ε2 ) + E2 (φ12 − φ12 ε1 ) . φ21 ε1 (1 − ε2 ) + φ12 ε2 (1 − ε1 ) + ε1 ε2

und

(8.5)

150 | 8 Wärmestrahlung

Daraus folgt V1 − V2 =

E1 (φ21 (1 − ε2 ) + ε2 ) + E2 φ12 (1 − ε1 ) E1 ε1 − ⋅[ ] . (1 − ε1 )φ12 (1 − ε1 )φ12 φ21 ε1 (1 − ε2 ) + φ12 ε2 (1 − ε1 ) + ε1 ε2

V1 − V2 =

E1 [φ21 ε1 (1 − ε2 ) + φ12 ε2 (1 − ε1 ) + ε1 ε2 ] (1 − ε1 )φ12 ⋅ [φ21 ε1 (1 − ε2 ) + φ12 ε2 (1 − ε1 ) + ε1 ε2 ] +

−ε1 [E1 (φ21 (1 − ε2 ) + ε2 ) + E2 φ12 (1 − ε1 )] (1 − ε1 )φ12 ⋅ [φ21 ε1 (1 − ε2 ) + φ12 ε2 (1 − ε1 ) + ε1 ε2 ]

E1 φ21 ε1 − E1 φ21 ε1 ε2 + E1 φ12 ε2 − E1 φ12 ε1 ε2 + E1 ε1 ε2 (1 − ε1 )φ12 ⋅ [φ21 ε1 (1 − ε2 ) + φ12 ε2 (1 − ε1 ) + ε1 ε2 ]

=

+

−E1 φ21 ε1 + E1 φ21 ε1 ε2 − E1 ε1 ε2 − E2 φ12 ε1 + E2 φ12 ε21 (1 − ε1 )φ12 ⋅ [φ21 ε1 (1 − ε2 ) + φ12 ε2 (1 − ε1 ) + ε1 ε2 ]

=

E1 φ12 ε2 (1 − ε1 ) − E2 φ12 ε1 (1 − ε1 ) (1 − ε1 )φ12 ⋅ [φ21 ε1 (1 − ε2 ) + φ12 ε2 (1 − ε1 ) + ε1 ε2 ]

=

ε1 ε2 ⋅ σ(T14 − T24 ) φ21 ε1 (1 − ε2 ) + φ12 ε2 (1 − ε1 ) + ε1 ε2

V1 − V2 =

σ(T14 − T24 ) φ21 ( ε12

− 1) + φ12 ( ε11 − 1) + 1

Nettoleistungsdichte in [ mW2 K ] .

Beispiel 3. Parallele Platten, φ11 = 0, φ12 = 1, φ21 = 1, φ22 = 0. Es gilt dann u 1 (T) = P2 A2

Pi = φ12 (V1 − V2 ) = V1 − V2 = Ai

σ(T14 − T24 ) 1 ε2

−1+

1 ε1

−1+1

=

σ(T14 − T24 ) 1 ε1

+

1 ε2

−1

,

analog.

Beispiel 4. Zwei Körper, der eine umhüllt den anderen. Speziell: Konzentrische Zylin­ der und Kugeln, φ11 = 0, φ12 = 1, φ21 = AA 12 , φ22 = 1 − AA 12 . Man erhält u 1 (T) = P2 A2

Pi = φ12 (V1 − V2 ) = V1 − V2 = Ai

σ(T14 − T24 ) A1 A2

( ε12 − 1) + ( ε11 − 1) + 1

=

σ(T14 − T24 ) 1 ε1

+

A1 A2

( ε12 − 1)

,

analog.

Beispiel 5. In der Mitte eines Zimmers, dessen Wände die Oberflächentemperatur TW = 15 °C (288,15 K) besitzen, ist ein Thermometer frei ohne Strahlenschutz aufgehängt. Die Lufttemperatur in der Nähe des Thermometers beträgt TL = 20 °C (293,15 K). Die Wärmeübergangszahl von der Luft zum Thermometer sei α = 18 mW2 K . Die Emissionszahl von Glas ist ε = 0,88. Das Thermometer zeigt im Allgemeinen eine falsche Lufttemperatur TL an. Für ei­ ne verlässliche Messung muss der konvektive Wärmestrom von Thermoelement (TE) und Umgebungsluft im Gleichgewicht mit dem Strahlungsaustausch zwischen Ther­ moelement und dem umgebenden Raum sein. Es gilt Q̇ Konvektion = α ⋅ ATE (TL − TTE ).

8.5 Strahlungsübertragung

| 151

Für die Wärmestrahlungsleistung Q̇ Strahlung ist Q̇ Strahlung = ATE

σ(T14 − T24 ) 1 ε1

+

A TE AW

.

( ε12 − 1)

Daraus folgt Q̇ Strahlung =

4 4 − TW ) ATE σ (TTE 1 ε1

+

A TE AW

+

A TE AW

( ε12 − 1)

mit der Austauschfläche AAustausch =

ATE 1 ε1

( ε12 − 1)

.

4 4 Da AW viel größer gegenüber ATE ist, schreiben wir Q̇ Strahlung ≈ ATE ε1 σ(TTE − TW ). Im Idealfall ist demnach 4 4 − TW ) α ⋅ ATE (TL − TTE ) = ATE ε1 σ (TTE

󳨐⇒

4 4 − TW ) . α(TL − TTE ) = ε1 σ (TTE

Man erhält TTE ≈ 18,93 °C. Der absolute Fehler beträgt 20 − 18,93 = 1,07 °C. Aufgabe Bearbeiten Sie die Übungen 23 und 24.

9 Die Fouriersche Differenzialgleichung bei Wärmestrahlung Analog zur Wärmeleitung durch Konvektion unterscheiden wir auch hier thermisch dünne und thermisch dicke Körper. Das Kriterium für thermisch dünn lautete Bi = αl λ ≤ 0,1. Vorerst gehen wir von der Annahme einer idealen Durchmischung oder einer nahezu perfekten Wärmeübertragung aus. Dann treten nahezu keine örtlichen Temperaturunterschiede auf. Dies führt uns wieder zum bekannten Modell.

9.1 Ideal gerührter Behälter bei Wärmestrahlung Wir wiederholen nochmals kurz die Rechnung ab Gleichung (4.2) für Konvektion. Der Vergleich über das gesamte Volumen lieferte c p ⋅ ρ ⋅ V ⋅ ∆T = α(T − T∞ )A ⋅ ∆t. Trennung der Variablen und anschließende Integration mit Berücksichtigung der Anfangsbedingung führte zum Ergebnis T(t) − T∞ − αA ⋅t = e cp ρ⋅V . T0 − T∞ Der Exponent wurde in Biot- und Fourierzahl aufgespalten. Im Weiteren wollen wir −St , wobei ∞ die Lösung aber so schreiben: T(t)−T T 0 −T ∞ = e St :=

αA ⋅ t cp ρ ⋅ V

die Stanton-Zahl bezüglich Konvektion sein soll, also Biot- und Fourierzahl in sich ∞ vereint. Kurz: ϑ(St) = e−St . ϑ(St) = T(St)−T T 0 −T ∞ ist die normierte Temperatur. 4 − T 4 )A ⋅ ∆t. Im Fall der Wärmestrahlung lautet der Vergleich c p ⋅ ρ ⋅ V ⋅ ∆T = ε ⋅ σ(T∞ Getrennt nach Variablen hat man T 4dT = cε⋅σA ⋅ dt. 4 p ρ⋅V ∞ −T Die Integration liefert 1 3 4T∞

󳨐⇒ St ε :=

3 T∞ ⋅ε⋅σA⋅t c p ρ⋅V

[ln (

T + T∞ T ε ⋅ σA ⋅ t + C1 ) + 2 arctan ( )] = T − T∞ T∞ cp ρ ⋅ V

T 3 ⋅ ε ⋅ σA 1 T T + T∞ ) + 2 arctan ( )] = ∞ [ln ( ⋅ t + C2 . 4 T − T∞ T∞ cp ρ ⋅ V nennen wir die Stanton-Zahl bezüglich Strahlung.

T0 ∞ T0 sei die Anfangstemperatur, woraus C2 = − 14 [ln( TT00 +T −T ∞ ) + 2 arctan( T ∞ )] folgt. Somit ist

1 T T0 + T∞ T0 T + T∞ ) + 2 arctan ( ) − ln ( ) − 2 arctan ( )] [ln ( 4 T − T∞ T∞ T0 − T∞ T∞ T T0 T + T∞ T0 − T∞ 1 ⋅ St ε = [ln ( ) + 2 arctan ( ) − 2 arctan ( )] . 4 T − T∞ T0 + T∞ T∞ T∞ St ε =

󳨐⇒

https://doi.org/10.1515/9783110684469-009

9.2 Die Näherungslösung der Fourierschen DGL bei Wärmestrahlung

| 153

tan x−tan y tan x−tan y Aus tan(x − y) = 1+tan x⋅tan y erhält man x − y = arctan( 1+tan x⋅tan y ) und daraus arctan x − x−y arctan y = arctan( 1+xy ). Eingesetzt hat man

St ε =

T∞ (T − T0 ) T + T∞ T0 − T∞ 1 ⋅ ) + 2 arctan ( 2 )] [ln ( 4 T − T∞ T0 + T∞ T∞ + T ⋅ T0

und schließlich t=

cp ρ ⋅ V 3 4T∞

⋅ ε ⋅ σA

⋅ [ln (

T + T∞ T0 − T∞ T∞ (T − T0 ) ⋅ ) + 2 arctan ( 2 )] . T − T∞ T0 + T∞ T∞ + T ⋅ T0

Natürlich kann man den Quotienten VA für die drei üblichen Geometrien (Platte, Zy­ linder und Kugel) vereinfachen. Im Unterschied zur Konvektion lässt sich diese Gleichung nicht nach der Tempe­ c ρ⋅V ∞ ratur auflösen. Das Ergebnis für Konvektion lautete t = pαA ⋅ ln( TT−T ). 0 −T ∞ Bei Konvektion liefert die Stanton-Zahl St = der Stanton-Zahl bezüglich Strahlung St ε =

αA⋅t c p ρ⋅V

eine Biotzahl von Bi =

αl λ.

Aus

3 ⋅ ε ⋅ σA ⋅ t T∞ cp ρ ⋅ V

leitet sich die zugehörige Biotzahl, die sogenannte Sparrow-Zahl Sp =

3 ⋅ε⋅σ⋅l T∞ λ

ab. Ein Körper ist demnach thermisch dünn, wenn Sp ≤ 0,1 ist. In diesem Fall darf die Lösung des ideal gerührten Behälters herangezogen wer­ den (l ist bei der Platte die halbe Dicke und beim Zylinder sowie der Kugel der Radius).

9.2 Die Näherungslösung der Fourierschen DGL bei Wärmestrahlung 2

λ ∂ T n ∂T Die Fouriersche DGL lautet für die drei Geometrien ∂T ∂t = cρ ⋅ ( ∂r 2 + r ⋅ ∂r ). Die Rand­ dT 4 4 bedingung 3. Art wäre −λ ⋅ [ dr ]r=l = ε ⋅ σ(T (l, t) − T∞ ). Diese DGL ist analytisch nicht lösbar. Die Idee für eine Näherungslösung sieht folgendermaßen aus: Man nimmt die zugehörige Lösung der Zeit für Konvektion und versieht die zugehörige Fourierzahl mit einem Korrekturterm, der von der Endtemperatur T, der Umgebungstemperatur T∞ und einem spezifischen, von der Sparrow-Zahl abhängigen Term f(Sp) besteht. Es gibt dafür Näherungsformeln, wie beispielsweise

Foε = Fo + ln (2 −

󵄨󵄨 T − T∞ T 󵄨󵄨󵄨󵄨3 󵄨 ) ⋅ √8 ⋅ 󵄨󵄨󵄨1 − 󵄨 ⋅ f(Sp) . 󵄨󵄨 T0 − T∞ T∞ 󵄨󵄨󵄨

154 | 9 Die Fouriersche Differenzialgleichung bei Wärmestrahlung

Für die Zahlen f(Sp) existieren Tabellenwerte. Wir erwähnen nur denjenigen Wert, der für unser Beispiel maßgeblich ist: Bei einer Sparrow-Zahl 0 < Sp < 1 lautet der Kor­ 5 rekturfaktor für den Kern: f(Sp) = 14 ( 4⋅Sp − 1). Mit Hilfe des Korrekturausdrucks für die Fourierzahl können wir nun angeben, ∞ welcher Prozess schneller vonstatten geht. Der erste Faktor ln(2 − TT−T ) liegt zwi­ 0 −T ∞ T−T ∞ schen 0 und ln 2, da 0 ≤ T0 −T∞ ≤ 1 ist. Somit bleibt dieser Faktor positiv. Der zweite Faktor √8 ⋅ |1 − T/T∞ |3 wird bei Erwärmung (T∞ > T) positiv, bei Abkühlung (T∞ < T) negativ. Der letzte Faktor schließlich kann ebenfalls positiv oder negativ sein, je nachdem, wie groß die Sparrow-Zahl ist und welchen Teil des Körpers man betrachtet. Somit entscheidet die Sparrow-Zahl und das Verhältnis TT∞ darüber, ob reine Konvek­ tion oder reine Strahlung die Wärme schneller überträgt. Bemerkung. „Alles strahlt“, heißt es, weswegen es auch unmöglich ist, reine Konvek­ tion als Wärmeübertragung herzustellen. Umgekehrt ist auch reine Strahlung (außer im Vakuum) nicht realisierbar, da das umgebende Medium ebenfalls erwärmt wird und Konvektion einsetzt. Tatsächlich kommen beide Wärmeübertragungen immer gleichzeitig vor, mal überwiegt der konvektive Teil, mal der Strahlungsteil, wie wir anschließend sehen werden. Beispiel. Ein zylindrischer Zinnbolzen mit 0,1 m Radius soll von 20 °C über eine Heiz­ temperatur von 1000 °C auf die Temperatur 900 °C gebracht werden. Die Stoffwerte J W sind c p = 221 kgK , ρ = 7280 mkg3 , λ = 22 mK . Außerdem ist ε = 0,7 und α = 40 mW2 K . Zuerst untersuchen wir die thermische Dicke des Körpers bezüglich Konvektion und Strahlung: Es gilt 40 ⋅ 0,1 = 0,181 > 0,1 , 22 1273,153 ⋅ 0,7 ⋅ 5,68 ⋅ 10−8 ⋅ 0,1 Sp = = 0,122 > 0,1 . 22 Bi =

Somit ist der Körper thermisch dick und das Modell des ideal gerührten Behälters gilt nicht, sondern wir müssen die Reihenlösung heranziehen. Es soll die Temperatur im Kern untersucht werden. Die Lösung mit Konvektion alleine lautet ∞

ϑ(ξ, Fo) = ∑ c n ⋅ e−μ n ⋅Fo ⋅ cos(μ n ξ) , 2

n=1 ∞ ϑ = TT−T ist die dimensionslose Temperatur und ξ = rl die dimensionslose Länge. 0 −T ∞ Im Kern ist zudem r = ξ = 0. −μ 2n ⋅Fo . Wie schon am Ende von Kapitel 3.3 Die Lösung ist dann ϑ(ξ, Fo) = ∑∞ n=1 c n ⋅e berechnet, lauten die ersten fünf Eigenwerte

n

1

2

3

4

5

μn

0,31

3,17

6,30

9,44

12,57

9.3 Ideal gerührter Behälter bei Konvektion und Wärmestrahlung

|

155

Die ersten fünf Koeffizienten wurden ebenfalls bestimmt zu n

1

2

3

4

5

cn

1,0161

−0,0197

0,0050

−0,0022

0,0013

Es soll die dimensionslose Temperatur ϑ = −100 −980 = 0,120 erreicht werden (von an­ fänglich 1). Graphisch ermittelt, ergibt das Fo = 23,916, folglich eine Zeit von t=

Fo ⋅ c p ⋅ ρ ⋅ l2 = 5743 s . λ

Der Korrekturterm für eine Erwärmung über Strahlung alleine lautet Foε = 23,916 + ln (2 −

−100 √ 󵄨󵄨󵄨󵄨 1173,15 󵄨󵄨󵄨󵄨3 1 5 ) ⋅ 8 ⋅ 󵄨󵄨1 − − 1) 󵄨 ⋅ ( 󵄨󵄨 −980 1273,15 󵄨󵄨󵄨 4 4 ⋅ 0,122

= 23,916 + 0,092 . Die Korrektur ist somit positiv und sehr klein: Fo ε = 24,008. Dies entspricht einer Aufwärmzeit von t ε = 5756 s ≈ 1 h : 36 min. Es dauert relativ lange, bis der Kern die erforderliche Temperatur erreicht hat. An­ dere Teile des Körpers, insbesondere die Oberfläche, weisen dann eine höhere Tem­ peratur auf, höchstens aber 1000 °C.

Aufgabe Bearbeiten Sie die Übung 25.

9.3 Ideal gerührter Behälter bei Konvektion und Wärmestrahlung Am realistischsten ist es, Wärmeübertragung bei gleichzeitiger Konvektion und Wär­ mestrahlung zu betrachten. Die Fouriersche DGL für dieses Problem würde lauten: ∂T λ ∂2 T n ∂T dT 4 4 ∂t = cρ ⋅ ( ∂r 2 + r ⋅ ∂r ) mit der Randbedingung −λ ⋅ [ dr ]r=l = α(T − T ∞ ) + ε ⋅ σ(T − T ∞ ). Diese DGL ist analytisch nicht lösbar, weshalb wir uns auf thermisch dünne Kör­ per beschränken. Es gilt dann zu beachten, dass Bi + Sp ≤ 0,1 sein muss. Der Vergleich über das gesamte Volumen liefert dann die Gleichung 4 − T 4 ) A ⋅ ∆t . c p ⋅ ρ ⋅ V ⋅ ∆T = α(T − T∞ )A ⋅ ∆t + ε ⋅ σ (T∞

Es folgt cp ⋅ ρ ⋅ V ⋅

dT T T4 4 ) + ε ⋅ σ ⋅ A ⋅ T∞ (1 − 4 ) . = α ⋅ A ⋅ T∞ (1 − dt T∞ T∞

156 | 9 Die Fouriersche Differenzialgleichung bei Wärmestrahlung Mit θ =

T T∞

ist dθ =

dT T∞

und man erhält

cp ⋅ ρ ⋅ V ⋅

dθ 3 = α ⋅ A(1 − θ) + ε ⋅ σ ⋅ A ⋅ T∞ (1 − θ4 ) . dt

3 )A ergibt Division durch (α + εσT∞

cp ⋅ ρ ⋅ V

3 ε ⋅ σ ⋅ T∞ α dθ (1 − θ) + (1 − θ4 ) . = 3 3 3 α + ε ⋅ σ ⋅ T∞ α + ε ⋅ σ ⋅ T∞ (α + ε ⋅ σ ⋅ T∞ ) A dt



Den ersten (Zeit-)Faktor kürzen wir ab mit TKS :=

cp ⋅ ρ ⋅ V 3 (α + ε ⋅ σ ⋅ T∞ )A

.

Weiter führen wir die normierte Zeit τ ein: τ := TtKS . Dann ist dτ = Zudem definieren wir den Konvektionsgrad α γ := 3 α + ε ⋅ σ ⋅ T∞

dt T KS

und

dθ dτ

=

dθ dt ⋅T KS .

und folglich den Strahlungsgrad γS =

3 ε ⋅ σ ⋅ T∞

.

3 α + ε ⋅ σ ⋅ T∞

Sowohl γ als auch γS sind beide kleiner als 1. Es gilt γS = 1 − γ. Da beide Wärmeübertragungen gleichzeitig stattfinden, bezeichnen die beiden Wärmegrade die entsprechenden Anteile an der gesamten Wärmetransportart. Schließlich können wir die DGL schreiben als dθ = γ(1 − θ) + (1 − γ)(1 − θ4 ) oder dτ

dθ = 1 − γθ − (1 − γ)θ4 . dτ

dθ Die Trennung der Variablen führt auf das Integral ∫ 1−γθ−(1−γ)θ 4 = t. Dieses Integral ist nicht geschlossen lösbar, weshalb man für den Integranden eine Potenzreihe an­ setzen kann: ∞ 1 = ∑ ai θi . f(θ) = 4 1 − γθ − (1 − γ)θ i=0

Ein langwieriger Koeffizientenvergleich liefert die bis zum 16. Glied bestimmte Reihe für f(θ): 4

4

f(θ) = ∑ γ i−1 θ i−1 + ∑ γ i−1 (γ4 − iγ + i)θ i+3 i=1

i=1 4

+ ∑ [γ i+3 (γ4 − (i + 4)γ + (i + 4)) + i=1 4

+ ∑ [γ i+7 (γ4 − (i + 8)γ + (i + 8)) + i=1



i(i + 1) i−1 γ (γ − 1)2 ] θ i+7 2 i(i + 4)(i + 5) i+3 γ (γ − 1)2 2

i(i + 1)(i + 2) i−1 γ (γ − 1)2 ] θ i+11 . 6

9.3 Ideal gerührter Behälter bei Konvektion und Wärmestrahlung |

157

Die Koeffizienten werden immer komplizierter. Zudem besteht die Reihe aus Gruppen von vier Termen. Und schließlich müsste man schätzungsweise mindestens 40 Glieder bestimmen, um f(θ) in vernünftiger Näherung darzustellen. Die Kenntnis der Stammfunktion von f(θ) ist ja nicht zwingend. Wir begnügen uns mit einer numerischen Integration am konkreten Beispiel. Beispiel. Ein Kupferbolzen in Form eines Zylinders mit dem Radius 0,05 m soll von der Temperatur 20 °C mit Hilfe einer Heiztemperatur von 700 °C auf die Temperatur J W 680 °C gebracht werden. Die Stoffwerte sind c p = 440 kgK , ρ = 8940 mkg3 , λ = 380 mK . Zudem ist ε = 0,35 und α = 40 mW2 K . Wir stellen zuerst sicher, dass der Körper bezüglich Konvektion und Strahlung thermisch dünn ist: 40 ⋅ 0,05 (973,15)3 ⋅ 0,35 ⋅ 5,67 ⋅ 10−8 ⋅ 0,05 + = 0,005 + 0,002 380 380 = 0,007 < 0,1 .

Bi + Sp =

Dann berechnen wir die Temperaturen θA = Der Konvektionsgrad beträgt γ=

293,15 973,15

= 0,3012, θE =

948,15 973,15

= 0,9794.

40 = 0,6862 . 40 + 0,35 ⋅ 5,67 ⋅ 10−8 ⋅ (973,15)3

Für die normierte Zeit muss das Integral 0,9794

τ=

∫ 0,3012

dθ 1 − 0,6862 ⋅ θ − (1 − 0,6862)θ4

gelöst werden. Das ergibt τ = 2,1743. Für die eigentliche Zeit gilt t = τ ⋅ TKS (zudem ist VA = und damit 440 ⋅ 8940 ⋅ 0,05 t = 2,1743 ⋅ ( ) = 2,1743 ⋅ 1687 s (40 + 0,35 ⋅ 5,67 ⋅ 10−8 ⋅ (973,15)3 ) ⋅ 2

l 2)

3668 s ≈ 1 h : 1 min . Der Konvektionsgrad in diesem Beispiel beträgt 68,62 %, der Strahlungsanteil 31,38 %. Die warme Luft gibt ebenfalls Strahlungswärme ab, und da die abgestrahlte Leis­ tung mit der vierten Potenz der Temperatur einhergeht, ist der Anteil doch relativ hoch. Ist die Umgebungstemperatur beispielsweise nur 20 °C, dann ist der Strahlungs­ grad minimal wie in Übung 26 untersucht wird. Grundsätzliches zu den Heizsystemen: Konvektionsheizungen erwärmen die Luft und verteilen diese durch Luftwirbelbil­ dung. Es braucht aber seine Zeit, bis die erwärmte Luft unter anderem auch eine Per­ son im Raum erreicht. Ein typisches Beispiel sind die Heizkörper unterhalb der Fens­ ter. Leider geht die erwärmte Luft aber beim Lüften schnell verloren.

158 | 9 Die Fouriersche Differenzialgleichung bei Wärmestrahlung

Eine Strahlungsheizung hingegen erwärmt die Raumluft nur unwesentlich, son­ dern erhitzt alle im Raum befindlichen Körper direkt. Diese geben dann Wärme an den Raum wieder ab. Das Zusammenwirken beider Erwärmungsarten erläutern wir an zwei „Alltagsbei­ spielen“. Seen oder Meere, die zu Anfang des Frühjahrs noch eiskalt, wenige Wochen spä­ ter, angenehm warm sind, würden durch Konvektion nur etwa an der Oberfläche er­ wärmt. Die von der Sonne kommenden infraroten Wärmewellen aber durchdringen das Wasser und erwärmen es bis in eine Tiefe von 20 Meter. Stehen wir in der Sonne, dann wird uns warm, gehen wir in den Schatten, wird es kühler, obwohl die Lufttemperatur in der Sonne und im Schatten gleich sind. Der von der Sonne ankommende Strahlungsanteil an der gesamten Wärme fällt hier mit einem „Seitenschritt“ weg (der Strahlungsanteil der erwärmten Luft bleibt).

9.4 Ideal gerührter Behälter bei Konvektion und Wärmestrahlung und konstanter Wärmequelle Die Wärmequelle sei q.̇ Die zugehörige Gleichung, die beispielsweise einen in der Son­ ne stehenden Körper beschreibt, lautet 4 c p ⋅ ρ ⋅ V ⋅ ∆T = α(T − T∞ )A ⋅ ∆t + ε ⋅ σ (T∞ − T 4 ) A ⋅ ∆t + q̇ ⋅ A ⋅ ∆t .

q̇ 0 = 1367 mW2 ist die Solarkonstante, die im Mittel während eines Jahres auf die Erde einfallende Strahlungsdichte. In Mitteleuropa sind es aufgrund des Breitengrades nur q̇ = 700 mW2 . Es folgt cp ⋅ ρ ⋅ V ⋅ 󳨐⇒

dθ 3 = α ⋅ A(1 − θ) + ε ⋅ σ ⋅ A ⋅ T∞ (1 − θ4 ) + q̇ ⋅ A dt

cp ⋅ ρ ⋅ V (α + ε ⋅ σ ⋅ =

3 T∞

dθ ̇ A dt + q) ⋅

α α+ε⋅σ⋅

3 T∞

+ q̇

(1 − θ) +

3 ε ⋅ σ ⋅ T∞

α+ε⋅σ⋅

3 T∞

+ q̇

(1 − θ4 ) +

q̇ 3 α + ε ⋅ σ ⋅ T∞ + q̇

Mit den Definitionen TKS :=

cp ⋅ ρ ⋅ V 3 ̇ (α + ε ⋅ σ ⋅ T∞ + q)A

und

δ :=

folgt die nach getrennten Variablen lautende DGL

dθ dτ

q̇ 3 α + ε ⋅ σ ⋅ T∞ + q̇

= 1 − γθ − (1 − γ)θ4 + δ.

.

9.4 IGB bei Konvektion und Wärmestrahlung und konstanter Wärmequelle | 159

Beispiel. Eine Kupferplatte der Dicke 0,01 m besitzt die Temperatur 20 °C und wird 60 s in die Sonne bei einer Umgebungstemperatur von 30 °C gestellt. Welche Tem­ J , ρ = 8940 mkg3 , peratur erreicht die Kupferplatte? Die Stoffwerte sind c p = 440 kgK W . λ = 380 mK Außerdem sei ε = 0,35 und α = 40 mW2 K . Der Körper ist bezüglich Konvektion und Strahlung thermisch dünn. Die normierten Temperaturen sind θA = 293,15 303,15 = 0,9670, θE = ? Weiter ist

γ=

40 = 0,0540 . 40 + 0,35 ⋅ 5,67 ⋅ 10−8 ⋅ (303,15)3 + 700

Die normierte Zeit wird über die folgende Gleichung gelöst: 60 = τ ⋅ ( 󳨐⇒

40 ⋅ 8940 ⋅ 0,01 ) = τ ⋅ 4,8288 (40 + 0,35 ⋅ 5,67 ⋅ 10−8 ⋅ (303,15)3 + 700) ⋅ 1

τ = 0,0805 .

Die Lösung der Gleichung θE

0,0805 =

∫ 0,9670

dθ 1 − 0,0540 ⋅ θ − (1 − 0,0540)θ4 + 0,9452

+273,15 folgt ergibt die normierte Endtemperatur θE = 1,041. Aus θE = 1,041 = TE303,15 TE = 42,43 °C. Wird der Körper in den Schatten gelegt, fällt der letzte Term mit q̇ weg und die Rechnung verläuft wie üblich.

Aufgabe Bearbeiten Sie die Übung 26.

Übungen 1.

Auf der Innenseite einer Wand hat die Luft eine Temperatur von 22 °C, außerhalb beträgt die Temperatur 0 °C. Die Wand besitzt eine Dicke von 40 cm und eine Wär­ meleitfähigkeit von 1 mWK . Die Wärmeübergangszahl ist innen (α 1 ) wie außen (α 2 ) gleich groß, nämlich 5 mW2 K . a) Bestimmen Sie den k-Wert. b) Wie groß wird die konstante Wärmestromdichte, die sich nach einiger Zeit einstellt? c) Wie hoch ist die Wandtemperatur an der Innenseite?

2.

Die Wand eines Kühlhauses besteht von innen nach außen aus einer dünnen Kunststoffschicht der Dicke s1 = 5 mm mit einer Leitfähigkeit λ1 = 1,5 mWK , ei­ ner Isolationsschicht der Dicke s2 und einer Leitfähigkeit λ2 = 0,04 mWK und einer äußeren Mauer von s3 = 20 cm Dicke und einer Leitfähigkeit λ3 = 1 mWK (Abb. 1 links). Die Wärmeübergangszahlen sind innen α i = 8 mW2 K und außen α a = 5 mW2 K . Im Kühlhaus beträgt die Temperatur Ti = −22 °C. Die Außentempera­ tur ist Ta = 35 °C. Damit in der Fuge zwischen Mauer und Isolation die Luft nicht kondensiert (Taubildung), darf die Temperatur T3 in der Fuge nicht unter 32 °C fallen. a) Wie breit muss die Isolationsdicke s2 sein? b) Wie groß sind bei dieser Dicke die Temperaturen T1 , T2 und T4 ?

3.

Führen Sie dieselben Rechenschritte zur Berechnung des k-Werts eines Zylinders nun für eine Kugelschale durch. a) Nehmen Sie dieselben Bezeichnungen und leiten Sie eine Formel für die Be­ rechnung des Wärmestroms und des k-Werts für eine Isolationsschicht her. b) Verallgemeinern Sie die Ergebnisse von a) für n Schichten.

4.

In einer Dampfleitung aus Stahl mit dem Durchmesser 10 cm und 5 mm Wand­ dicke strömt Wasserdampf der Temperatur Ti = 400 °C (Abb. 1 rechts). Im Rohr beträgt die Wärmeübergangszahl α i = 1000 mW2 K . Das Rohr ist mit einer Isolati­ on, die außen mit einem Aluminiumblech von 1 mm Dicke verkleidet ist, verse­

Abb. 1: Skizzen zu den Übungen 2 und 4

https://doi.org/10.1515/9783110684469-010

162 | Übungen hen. Die Wärmeleitfähigkeit des Rohrs ist λ1 = 50 mWK , des Isolators λ2 = 0,1 mWK und des Aluminiums λ3 = 200 mWK . Gemäß der Sicherheitsvorschriften darf bei einer Raumtemperatur von Ta = 32 °C und einer äußeren Übergangszahl von α a = 15 mW2 K die Außenwand des Aluminiums nicht wärmer als T4 = 45 °C werden Berechnen Sie die dafür notwendige Dicke der Isolation. 5.

Führen Sie dieselben Rechenschritte zur Berechnung des kritischen Radius bei der Isolation eines Zylinders nun für eine Kugelschale durch. Nehmen Sie die­ selben Bezeichnungen, betrachten Sie auch wieder das Verhältnis Φ(ϱ) der Wär­ meströme als Funktion der Radien ϱ = rr32 und bestimmen Sie den Wert für den kritischen Radius r3 bzw. ϱ.

6.

Gegeben ist eine Kugelschale der Dicke r2 − r1 . Gesucht ist der Temperaturverlauf d 2 d für den stationären Zustand. Lösen Sie die DGL r12 ⋅ dr (r dr ) = 0 für die folgenden Fälle. a) Randbedingung 1. Art: T(r1 ) = T1 , T(r2 ) = T2 , ̇ b) Randbedingung 1. und 2. Art: T(r1 ) = T1 , −λ ⋅ A ⋅ [ dT dx ]r=r 2 = Q l und dT c) Randbedingung 1. und 3. Art: T(r1 ) = T1 , −λ ⋅ [ dr ]r=r2 = α ⋅ (T(r2 ) − TU ).

7.

Ein 20 cm dickes Aluminiumblech der Temperatur TW = 20 °C wird senkrecht zu seiner Fläche kräftig mit Luft der Temperatur T0 = 50 °C angeblasen. „Kräf­ tig“ bedeutet, dass dieser Vorgang einen hohen Wärmeübergangskoeffizienten 100 ≤ α ≤ 300 gewährleistet, so dass man von einer konstanten Wandtempera­ tur ausgehen und damit bei der Wand mit einer Randbedingung der 1. Art rechnen kg J kann. Die zugehörigen Daten für Aluminium lauten ρ = 2700 m 3 , c p = 900 kg⋅K , W λ = 240 m⋅K . a) Wie lautet die zugehörige Temperaturfunktion T(r, t)? b) Stellen Sie den Verlauf von T(r, t) im Intervall −0,1 m ≤ r ≤ 0,1 m für die Zeiten 2 s, 5 s, 10 s, 20 s, 40 s, 60 s, 80 s, 120 s, 180 s dar. c) Stellen Sie den Verlauf der Kerntemperatur T(0, t) für 0 ≤ t ≤ 120 s dar. d) Stellen Sie den Verlauf der Temperaturdifferenz zwischen Wandtemperatur und Kerntemperatur für 0 ≤ t ≤ 120 s dar. e) Stellen Sie den Verlauf der mittleren Temperatur T(t) zwischen Wandtempe­ ratur und Kerntemperatur für 0 ≤ t ≤ 120 s dar. f) Bestimmen Sie die Wärmestromdichte q̇ l an der Wand nach 2 s und stellen Sie den Verlauf von q̇ l (t) für 0 ≤ t ≤ 120 s dar.

8. Ein Brownie hat die Form eines Quaders und füllt ein großes Blech aus. Maßge­ bend für die Wärmeleitung sei nur die Dicke 3 cm. Die seitlichen Wärmeströme werden vernachlässigt. Gerade aus dem Ofen genommen, besitzt der Teig überall eine Temperatur von T0 = 150 °C. Er wird nun der Raumtemperatur von T∞ = 20 °C überlassen und kühlt ab.

Übungen

Die Werte für den Teig betragen ρ = 1250 mkg3 , c p = 2000

J kg⋅K ,

| 163

W λ = 0,2 m⋅K . Der

Wärmeübergangskoeffizient sei α = 15 a) Bestimmen Sie die Temperaturleitfähigkeit β 2 = c pλ⋅ρ und die Biotzahl Bi = αlλ . b) Berechnen Sie aus der charakteristischen Gleichung die ersten beiden Eigen­ werte und die ersten beiden Koeffizienten c n der Temperaturverteilung. c) Bestimmen Sie daraus eine Näherungslösung für die Temperaturverteilung T(r, t) und für die Temperatur im Kern zur Zeit t. d) Nach welcher Zeit beträgt die Temperatur im Kern 35 °C? W . m2 ⋅K

9.

Ein Ei soll mit kondensierendem Dampf bei 100 °C erwärmt werden. Die Tem­ peratur des Eis beträgt zu Beginn 20 °C. Das Ei wird als Kugel mit einem Ra­ dius von 2,5 cm idealisiert. Dichte und Wärmekapazität seien ρ = 1075 mkg3 , J c p = 3250 kg⋅K . Für die Wärmeleitfähigkeit nehmen wir den Mittelwert zwischen W W , und derjenigen des Eigelbs, 0,337 m⋅K , zu derjenigen des Eiweiß, 0,557 m⋅K W λ = 0,45 m⋅K . Der Wärmeübergangskoeffizient zwischen Dampf und Schale sei α = 10 mkW 2 ⋅K . a) Bestimmen Sie die Temperaturleitfähigkeit β2 = c pλ⋅ρ und die Biotzahl Bi = αlλ . b) Da α sehr groß ist, können wir mit einer konstanten Außentemperatur rech­ nen. (Die Eigenwerte sind praktisch gleich μ n = nπ.) Wie lautet demnach die Temperaturverteilung T(r, t)? c) Nach welcher Zeit gerinnt das Ei auch im Kern (Gerinntemperatur des Eis: 42 °C)? Rechnen Sie mit einer Näherungslösung für T(r, t) unter Berücksichtigung der ersten fünf Eigenwerte.

10. Nehmen wir an, der Brownie aus Übung 8 wird beidseitig durch einen speziell konstruierten Elektroherd, ähnlich einem Toaster mit der konstanten Wärme­ stromdichte q̇ = 1 kW , aufgewärmt. Seine Anfangstemperatur sei T0 = 20 °C. m2 Ansonsten gelten dieselben Kennwerte wie in Übung 8. a) Nach welcher Zeit erreicht der Rand erstmals eine Temperatur von 150 °C? b) Welche Temperatur herrscht dann im Kern des Brownie? c) Erreicht man dieselbe Temperaturverteilung wie bei a) und b) in einem Zehn­ tel der Zeit, wenn man beidseitig den Wärmestrom q̇ = 10 kW anlegt? m2 d) Stellen Sie die Temperaturen am Rand und im Kern mit der Zeit qualitativ dar. 11. Wir betrachten dasselbe Würstchen wie am Ende des Kapitels 3.5. Es hatte einen J Durchmesser von 2 cm und die Stoffwerte betrugen c p = 2875 kg⋅K , ρ = 1045 mkg3 , W . Die Anfangstemperatur sei T0 = 20 °C. Es wird nun mit einem λ = 0,365 m⋅K Draht umwickelt, dessen Windungen dicht aneinander liegen. Auf diese Weise wird dem Würstchen ringsherum der Wärmestrom q̇ = 1 kW zugeführt. Nehmen m2 Sie die Näherungslösung für große Zeiten. a) Bestimmen Sie die Temperatur am Rand nach 10 Minuten. b) Berechnen Sie die Temperaturzunahme pro Minute am Rand.

164 | Übungen 12. Eine 8 cm dicke Aluminiumplatte der Temperatur T0 = 300 °C soll mittels eines Wasserbads der Temperatur T∞ = 50 °C auf die Temperatur T = 200 °C abgekühlt werden. kg J Die zugehörigen Daten für Aluminium sind ρ = 2700 m 3 , c p = 900 kg⋅K , λ = W . 240 m⋅K Der Wärmeübergangskoeffizient sei α = 480 mW 2 ⋅K . a) Prüfen Sie, ob die Bedingung Bi ≤ 0,1 für die Beschreibung des Abkühlvor­ gangs mit Hilfe des ideal gerührten Behälters gegeben ist. b) Bestimmen Sie die Abkühlzeit mit dem genannten Modell. c) Berechnen Sie die während der Abkühlzeit vom Körper an das Wasser abge­ gebene Wärmemenge. d) Berechnen Sie den prozentualen Fehler gegenüber der Reihenlösung. Neh­ men Sie dazu nur deren ersten Eigenwert (da die Biotzahl sehr klein ist und die Abkühlungszeit groß, nämlich weit über Fo = 0,3). Betrachten Sie als Ver­ gleichsgröße die mittlere Temperatur. (Diese schwankt aufgrund der kleinen Biotzahl sehr wenig auf der ganzen Dicke des Körpers.)

13. Ein Anbieter behauptet, seine zylinderförmigen Pommes mit 9 mm Durchmesser würden in 90 s gar. Man müsse aber die gefrorenen Pommes zuerst auf T0 = 20 °C auftauen lassen und diese dann in Öl der Temperatur T∞ = 50 °C tauchen (üblich sind 175 °C). Zudem hätte man 80 °C für die Kerntemperatur als „gar“ zu tolerie­ ren. kg J W Die Daten für die Kartoffeln sind ρ = 1100 m 3 , c p = 3500 kg⋅K , λ = 0,5 m⋅K . Der Wärmeübergangskoeffizient sei α = 600 mW 2 ⋅K . a) Testen Sie, ob das Modell des halbunendlichen Körpers hier anwendbar ist. b) Welche Größe macht die Anwendung des HUK hauptsächlich anwendbar? c) Berechnen Sie mit diesem Modell die Kerntemperatur. 14. Wir betrachten ein stromdurchflossenes zylindrisches Kupferkabel, das sich er­ wärmt. Das Kabel stehe im Wärmeaustausch mit der Umgebung. Der Strom fließe schon einige Zeit, so dass wir von einem stationären Zustand ausgehen können. a) Wie groß ist die Temperaturdifferenz zwischen Wand und Umgebung des Ka­ bels? b) Für einen stromdurchflossenen Leiter ist die elektrische Leistung gegeben durch P = U ⋅ I = I 2 R. Der Widerstand eines Drahtes wiederum ist propor­ tional zur seiner Länge und umgekehrt proportional zu seinem Querschnitt: R = ρ ⋅ Al . ρ ist der spezifische Widerstand, abhängig von Temperatur und Dichte, usw. Daraus ergibt sich für die Leistung P = U ⋅ I = I 2 ρ ⋅ Al . Berechnen Sie daraus den elektrischen Wärmestrom pro Volumen ε̇ = VP . Setzen Sie beiden Wärmeströme ε̇ und ω̇ gleich und bestimmen Sie einen Ausdruck für den notwendigen Durchmesser d des Kabels bei einem zulässigen Strom I. c) Wie groß wird der Durchmesser für folgende Daten: ρ = 1,7 ⋅ 10−8 Ωm, I = 20 A, TW = 30 °C, T∞ = 20 °C, α = 50 mW2 K ?

Übungen

| 165

15. Wärmekugeln sind metallene Hohlkugeln mit einer Wärmequelle im Inneren. Sol­ che Kugeln wurden bis ins 18. Jahrhundert zum Anwärmen der Hände in kalten Räumen verwendet. Die ersten Exemplare reichen bis ins Jahr 800 n. Chr. zurück. Heutzutage werden diese Kugeln elektrisch betrieben. Unsere Kugel habe einen Durchmesser von 60 cm. Die innere Wärmequellendichte sei ω̇ = 1000 mW3 . Die W Wärmeleitfähigkeit ist λ = 120 mK . Die Oberfläche stehe im „Wärmeaustausch“ mit der Umgebung. Diese habe eine Temperatur von T∞ = 20 °C. Der Übergangs­ koeffizient sei α = 10 mW2 K . Mit der Zeit stellt sich eine stationäre Temperaturverteilung im Körper ein. a) Bestimmen Sie die zugehörige Temperaturfunktion. b) Welche Temperatur stellt sich auf der Oberfläche ein? c) Zeigen Sie, dass der im Inneren der Kugel erzeugte Wärmestrom genauso groß ist wie der aus der Oberfläche entweichende Wärmestrom. d) Ist der Wärmestrom im Inneren der Kugel überall gleich groß? 16. Eine Heizung besteht aus einer ebenen Stahlplatte der Höhe 50 cm (Abb. 2 links). Um die Übertragungsfläche zu vergrößern, werden quaderförmige Rippen des gleichen Materials mit 8 mm Dicke, 50 cm Höhe und 5 cm Tiefe im Abstand von 2 cm parallel an die Platte angeschweißt. Die Wärmeübergangszahl außen ist W α = 10 mW2 K , die Wärmeleitfähigkeit der Rippen beträgt λ = 15 mK . Die Tempe­ ratur der Platte ist T0 = 100 °C, die der Umgebung Ta = 20 °C. Führen Sie alle Berechnungen nur für eine einseitig berippte Platte durch. a) Bestimmen Sie die Vergrößerung der Übertragungsfläche. b) Wie groß ist die Temperatur in der Mitte einer Rippe? c) Berechnen Sie den Wärmestrom am Anfang einer Rippe. d) Wie groß ist der von einer Rippe abgegebene Wärmestrom? e) Berechnen Sie die Wärmestromdichte ohne und mit Rippen. 17. a) Berechnen Sie den hydraulischen Durchmesser dh eines bis zu einer Höhe h gefüllten Rohrs (Abb. 2 rechts). Geben Sie dh zuerst als Funktion des Durch­ messers d und des Zentriwinkels α und dann als Funktion von h und b an. b) Für welchen Winkel α wird dh und somit auch die Nusselt- und die Wärme­ übergangszahl maximal?

Abb. 2: Skizzen zu den Übungen 16 und 17

166 | Übungen kJ 18. Frisch gemolkene Kuhmilch (c p1 = 3,94 kg⋅K , ṁ 1 = 1 kg s ) soll von der Temperatur T1,0 = 38 °C auf die Temperatur T1,l = 8 °C abgekühlt werden. In einem Wärme­ kJ übertrager wird dazu Kühlwasser (c p1 = 4,18 kg⋅K , ṁ 2 = 1,5 kg s ) der Temperatur T2,0 = 4 °C im Gegenstrom geführt. a) Welcher Wärmestrom wird der Milch entzogen? b) Mit welcher Temperatur T2,l tritt das Kühlwasser aus dem Wärmeübertrager aus? c) Wie groß ist die gemittelte Temperaturdifferenz? d) Bestimmen Sie den Faktor K := k ⋅ A dieses Systems (K = Übertragungsfähig­ keit).

19. Der Wärmeüberträger einer Heizung besteht aus einem Innenrohr mit 1,8 cm Au­ ßendurchmesser und 1 mm Wandstärke. Das konzentrisch angeordnete Außen­ rohr hat den Innendurchmesser 2,4 cm. Die mittlere Geschwindigkeit im Rohr und im Ringspalt beträgt 1 ms . In den Ringspalt strömt das Heizwasser mit der Temperatur von 90 °C hinein. Im Rohr fließt das Brauchwasser und soll von 40 °C W auf 60 °C erwärmt werden. Die Wärmeleitfähigkeit des Rohrmaterials ist 17 mK . Gegen außen sei das Außenrohr ideal isoliert. Die Korrekturfaktoren f1 und f2 wer­ den der Einfachheit halber 1 gesetzt. Die Stoffwerte sind 2

T [°C]

ρ [ kg3 ]

kJ c p [ kg⋅K ]

W λ [ mK ]

ν [ ms ]

Pr

Brauchwasser 50 °C Heizwasser 90 °C

998,1 971,8

4,179 4,195

637,4 ⋅ 10−3 670,1 ⋅ 10−3

0,553 ⋅ 10−6 0,365 ⋅ 10−6

3,55 2,22

m

a) Berechnen Sie die Massenströme im inneren Rohr bzw. im Ringspalt und die Austrittstemperatur des Heizwassers. b) Bestimmen Sie die Wärmeübergangszahl α i im inneren Rohr. c) Wie groß wird die Wärmeübergangszahl α a im Ringspalt? d) Berechnen Sie die Wärmedurchgangszahl. e) Bestimmen Sie die benötigte Austauschfläche und die Rohrlänge mit Hilfe der gemitteltenTemperaturdifferenz. 20. a) Zeigen Sie, dass sich der Volumenausdehnungskoeffizient α p auch schreiben ∂ρ lässt als α p = − 1ρ ( ∂T )p und bestätigen Sie den Wert von α p = 1T für ein ideales Gas. b) Leiten Sie den Volumenausdehnungskoeffizienten α p = V1 ( ∂V ) nach der Zeit ∂T p ) nach dem Druck ab und beweisen Sie und die Kompressibilität κ T = − V1 ( ∂V T ∂p ∂α T mit Hilfe der Schwarz’schen Gleichung, dass ( ∂pp )T = −( ∂κ ) gilt. Was erhält p ∂T man speziell für ein ideales Gas?

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21. a) Formen Sie den Ausdruck α p = V1 ( ∂V ∂T )p um, integrieren Sie T von T 1 bis T 2 und V von V1 bis V2 . Bestimmen Sie dann V2 (T2 ). b) Was erhält man für V2 (T2 ) im Fall eines idealen Gases? c) Wie lautet der Ausdruck für V2 (T2 ) im Falle eines konstanten α p ? d) Linearisieren Sie den Exponentialterm von c). Welches Gesetz erhalten Sie? 22. In einem starren Behälter werden 50 kg Wasser bei einem konstanten Druck p1 = 1 bar von t1 = 20 °C auf t2 = 50 °C aufgeheizt. Der Umgebungsdruck beträgt dabei pU = 1 bar. a) Welche Arbeit verrichtet das Wasser bei diesem Prozess (es wird Arbeit frei)? b) Wieviel Arbeit muss an dem Wasser verrichtet werden, wenn die unter a) ent­ standene Volumenänderung bei der konstanten Temperatur t2 = 50 °C durch Druckerhöhung (von 1 bar ausgehend) rückgängig gemacht wird? c) Unter welchem Druck steht das Wasser im Fall von b) dann? 23. Bei einer Thermosflasche ist der Hohlraum zwischen den beiden Wänden evaku­ iert, weswegen der Wärmeaustausch weder durch Leitung noch Konvektion, son­ dern nur durch Strahlung stattfindet. Um diese Wärmeabgabe möglichst klein zu halten, sind die Flächen des Hohlraumes versilbert. Die innere Wand hat die Tem­ peratur T1 = 80 °C, die äußere eine Temperatur von T2 = 15 °C. Der Emissions­ grad von Silber ist ε = 0,03. Wir vernachlässigen zudem die Wärmeleitung am Flaschenhals. a) Berechnen Sie den Wärmeverlust, wenn die Innenfläche A = 0,04 m2 beträgt. b) Wie dick müsste eine Isolierschicht aus Kork sein, wenn diese dieselbe Iso­ W lierwirkung haben soll? Wärmeleitfähigkeit von Kork: λ = 0,05 mK . 24. Zwei parallele Wände der Größe 2 m2 sind in einem gewissen Abstand aufgestellt. Ihre Temperaturen betragen T1 = 400 K bzw. T2 = 300 K. Die Emissionsgrade sind ε1 = 0,6, ε2 = 0,9. a) Berechnen Sie den zugehörigen Strahlungsaustauschfaktor ε12 und den Wär­ mestrom. b) Nun wird eine parallele Strahlungsschutzwand der gleichen Größe mit ε3 = 0,1 dazwischen aufgebaut. Bestimmen Sie die Strahlungsaustauschfaktoren ε13 und ε32 , die Temperatur T3 der Schutzwand und daraus den reduzierten Wärmestrom. c) Zum Vergleich werden zwei Schutzwände derselben Größe mit ε3 = ε4 = 0,2 dazwischen aufgebaut. Absorbieren die beiden Filter zusammen mehr als der einzelne Filter aus Aufgabe b)?

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25. Backsteine werden bei ca. 1000 °C gebrannt. Ein 20 cm dicker Ziegel soll bei einer Kühltemperatur von 20 °C auf die mittlere Temperatur 100° abgekühlt werden. Die kg J W Stoffwerte sind c p = 900 kg⋅K , ρ = 1200 m 3 , λ = 1 mK . Außerdem ist ε = 0,93 und α = 10 mW2 K . Verwenden Sie die berechnete Reihenentwicklung der mittleren Temperatur (3.6) und bestimmen Sie die notwendige Zeit für die Abkühlung. 26. Ein Kupferbolzen in Form eines Zylinders mit dem Radius 0,05 m soll von der Temperatur 700 °C mit Hilfe einer Kühltemperatur von 20 °C auf 40 °C herun­ tergekühlt werden. Berechnen Sie die dafür benötigte Zeit. Die Stoffwerte sind J W c p = 440 kg⋅K , ρ = 8940 mkg3 , λ = 380 mK . Außerdem ist ε = 0,35 und α = 40 mW2 K .

Weiterführende Literatur H. D. Baehr und K. Stephan. Wärme- und Stoffübertragung. Springer, 3. Auflage, 1998. ISBN 978-3-662-10835-9. P. von Böckh und T. Wetzel. Wärmeübertragung. Springer, 5. Auflage, 2013. ISBN 978-3-642-37730-3. F. Brandt. Wärmeübertragung in Dampferzeugern und Wärmeaustauschern. FDBR, 2. Auflage, 1995. ISBN 3-8027-2535-2. E. Doering, H. Schedwill und M. Dehli. Grundlagen der Technischen Thermodynamik. Vie­ weg&Teubner, 6. Auflage, 2008. ISBN 978-3-8351-0149-4. U. Grigull und H. Sandner. Wärmeleitung. Springer, 2. Auflage, 1990. ISBN 13:978-3-540-52315-4. N. Hannoschöck. Wärmeleitung und -transport. Springer, 2018. ISBN 978-3-662-57571-0. G. Jeschke. PC I: Thermodynamik. Vorlesungsskript, ETH Zürich, 28. Mai 2015. W. Kaiser und W. Schlachter. Energie in der Kunststofftechnik. Hanser, 2019. ISBN 978-3-446-45409-5. H. P. Kiani. Laplace-Gleichung im zweidimensionalen Raum. Vorlesungsskript, Universität Hamburg, Mai 2015. C. Kramer und A. Mühlbauer. Praxishandbuch Thermoprozess-Technik. Vulkan, 2002. ISBN 3-8027-2922-6. K. Langeheinecke, P. Jany und G. Thieleke. Thermodynamik für Ingenieure. Vieweg, 6. Auflage, 2006. ISBN 10 3-8348-0103-8. R. Marek und K. Nitsche. Praxis der Wärmeübertragung. Hanser, 5. Auflage, 2019. ISBN 978-3-446-46124-6. M. Pfitzner. Wärme- und Stofftransport. Vorlesungsskript, Universität München, Juni 2017. W. Polifke und J. Kopitz. Wärmeübertragung. Pearson Studium, 2. Auflage, 2009. ISBN 978-3-8273-7349-6. https://www.fh-dortmund.de/de/fb/3/personen/lehr/hahn/medien/Waermetransport.pdf. https://www.schweizer-fn.de/waerme/waermeleitung/waermeleitung.php. https://theorie2.physik.uni-erlangen.de/images/1/15/Kap1-4.pdf. https://tu-dresden.de/ing/maschinenwesen/iet/ressourcen/dateien/kwt/lehre/Folien_Vorlesung. pdf?lang=de. https://tu-dresden.de/ing/maschinenwesen/iet/ressourcen/dateien/kwt/lehre/LoesWUE2.pdf? lang=de. http://www.uni-magdeburg.de/isut/TV/Download/Waerme-_und_Stoffuebertragung_Kapitel_1% 2B2_WS0809.pdf. http://www.uni-magdeburg.de/isut/TV/Download/Kapitel_5_Waerme-_und_Stoffuebertragung_ WS0809.pdf. http://www.uni-magdeburg.de/isut/TV/Download/Kapitel_7_Waerme-_und_Stoffuebertragung. pdf. https://www.yumpu.com/de/document/read/6746246/warmetransportphanomene-lehrstuhl-furthermodynamik-tum.

https://doi.org/10.1515/9783110684469-011

Stichwortverzeichnis Absorption 100 Achsensymmetrisch 32, 97 Adiabatisch 97 Ähnlichkeitslösung 74, 77, 81 Ähnlichkeitsvariable 69, 83, 84 Aluminium 30, 162, 164 Austauschfläche 7, 19, 125, 151, 166 Bernoulli-L’Hôspital 76, 125 Besselfunktion 40, 53 Biotzahl 23, 44, 53, 67, 79, 81, 82, 153, 163, 164 Brownie 162, 163 Charakteristische Gleichung 27, 30, 34, 44, 57, 132 Dimensionslos 23, 45, 53, 54, 60, 62, 63, 72, 75, 76, 78–80, 85, 93, 113, 154, 155 Dirichlet 18 Emission 140 Energievergleich 98 Enthalpie 142, 143 Entropie 138, 142 Erstes Glied 84 Erzwungene Konvektion 1, 100 Euler 105 Extensivgröße 21, 23, 46, 108, 141 Fehler 60, 62–64, 67, 68, 116, 130, 151, 164 Fehlerfunktion 2, 23, 24, 39, 60, 69, 74, 75, 134, 135, 154 Freie Konvektion 1

Innere Energie 138, 143 Intensivgröße 141 Interpolation 121, 129 Isolationsschicht 8, 9, 161 Isolierung 103 Isotherm 10 Isotherme 10–12 Iteration 122, 129, 131 Konakov 118 Korrekturfaktor 130, 131, 140, 154 Lambert 146, 147 Laminar 119 Laplace 18, 103–106 Leibniz 137 Leistungsdichte 139, 140, 145–147 Leitwiderstand 12 Näherungslösung 67, 153, 163 Neumann 18, 39 Newton 19, 93, 97, 108 Nusselt-Zahl 113, 116–119, 121, 122, 129, 130 Ohm 6 Planck 134, 140 Poisson 144 Pommes 164 Prandtl-Zahl 115–117, 121, 130 Produktansatz 69, 75, 103 Punktsymmetrisch 32, 33

Gegenstrom 123, 127, 128, 166 Girokonto 135 Gleichstrom 123, 126–128 Gnielinski 118, 119 Green 136, 137 Grenzschicht 1, 116–118 Grenzschichtdicke 116–118 Gültigkeit 64, 74, 77, 80, 82, 119

Quasistationäre Lösung 46, 48, 50

Hausen 117

Satz von Schwarz 75, 135, 137 Schwarzer Strahler 146 Selbstähnlich 69, 73–75, 83 Sichtfaktor 147 Sparrow-Zahl 153, 154

Ideal gerührter Behälter 60, 67, 68, 89, 98, 100, 153, 164, 166 Inhomogen 94, 95, 108 https://doi.org/10.1515/9783110684469-012

Regression 130 Reihenlösung 21, 52–54 Reynolds-Zahl 113, 118, 129 Reziprokregel 147–149 Rippe 108, 111, 112, 123, 165 Rohrreibungszahl 118, 121, 122, 129

172 | Stichwortverzeichnis

Stanton-Zahl 152, 153 Strahler 140 Temperaturprofil 7, 9, 53, 71, 117, 118 Thermisch dünn 67, 152, 153, 159 Turbulent 7, 117–119 U-Wert 7 Wärmedurchgangszahl 6, 112, 130, 166 Wärmeeindringkoeffizient 74 Wärmeleitfähigkeit 3, 6, 16, 44, 53, 74, 98, 113, 115, 120, 128, 130, 161–163, 165–167 Wärmestromdichte 2, 3, 5, 26, 27, 67, 74, 75, 80, 98, 101, 161–163, 165 Wärmestromverhältnis 8 Wärmetransport 156 Wärmeübergangszahl 22, 30, 117, 120–122, 128, 129, 150, 161, 165, 166 Wärmeverlust 1, 4, 131, 167 Würstchen 44, 163 Zentralheizung 1, 7