Werke und Briefe: Briefe 1738-1750
 9783110866919, 9783110072570

Table of contents :
1. An Zeumer, 7.10.1738
2. An Maria Sophia Klopstock, 22.9.1745
3. An Christian Wilhelm Becker, 12.1745
4. An Christian Wilhelm Becker, 22. 6.1747
5. An Maria Sophia Schmidt, 30. 7.1747
6. An Christian Wilhelm Becker, 5. 1747
7. An Maria Sophia Schmidt, 10. 2.1748
8. An Giseke, 9. 4.1748
9. An Johann Adolf Schlegel, erste April 1748
10. An Johann Andreas Cramer, 4. 7.1748
11. An Haller, 11. 7.1748
12. An Johann Adolf Schlegel, 25. 7.1748
13. An Bodmer, 10. 1748
14. An Haller, 17.9.1748
15. An Bodmer, 21.9.1748
16. An Hagedorn, 19.9.1748
17. An Johann Adolf Schlegel, 8.10.1748
18. An Haller, 17.10.1748
19. An Bodmer, 19.10., 5.11., 2.12.1748
20. An Bodmer, 26.1.1749
21. An Meister, 26.1.1749
22. An Haller, 28.1.1749
23. An Giseke, 18. 3.1749
24. An Johann Andreas Cramer, 3. 4.1749
25. An Hagedorn, 19. 4.1749
26. An Maria Sophia Schmidt, 21. 4.1749
27. An Haller, 24. 4.1749
28. An Meister, 26. 4.1749
29. An Johann Christoph Schmidt, 28. 5.1749
30. An Bodmer, 12. 4., 17. 5., 7. 6.1749
31. An Giseke, 12.6.1749
32. An Johann Andreas und Charlotte Cramer, 17. 6.1749
33. An Johann Andreas Cramer, 30. 6.1749
34. Von Johann Christoph Schmidt, August 1749
35. An Bodmer, 13.9.1749
36. An Johann Adolf Schlegel, 24. 9.1749
37. An Hemmerde, 30.9.1749
38. Von Heß, 30.9.1749
39. An Bodmer, 28.11.1749
40. An Hemmerde, 19.1.1750
41. An Hemmerde, 20.3.1750
42. An Bodmer, 28. 2., 21. 3.1750
43. An Jerusalem, 29.3.1750
44. An Johann Georg Schultheß, 12. 4.1750
45. An Bodmer, 25. 4.1750
46. An Gleim, 9. und nach dem 9. 5.1750
47. An Gleim, 16. 5.1750
48. An Ramler, 31. 5.1750
49. An Bodmer, 6. 6.1750
50. An Maria Sophia Schmidt, 11.6.1750
51. An Ebert, 12. 6.1750
52. An Hagedorn, 12. 6.1750
53. An Johann Adolf Schlegel, 12. 6.1750
54. An Maria Sophia Schmidt, 13.6.1750
55. An Gleim, 16. 6.1750
56. An Ebert, 17. 6.1750
57. An Gleim, 17. 6.1750
58. An Hemmerde, 17. 6.1750
59. Von Ebert, um den 18. 6.1750
60. An Johann Christoph Schmidt, 18. 6.1750
61. An Ebert, 20. 6.1750
62. An Ebert, 20. 6.1750
63. An Gleim, 22. 6.1750
64. An Gleim, 23. 6.1750
65. An Gleim, 24. 6.1750
66. Von Heß, 26.6.1750
67. An Bodmer, 29. 6.1750
68. An Hemmerde, 3. 7.1750
69. An Maria Sophia Schmidt, 3. 7.1750
70. An Maria Sophia Schmidt, 4. 7.1750
71. An Maria Sophia Schmidt, 10./11. 7.1750
72. Von Johann Christoph Schmidt, vor dem 12. 7.1750
73. An Maria Sophia und Johann Christoph Schmidt, 17. 7.1750
74. An Bodmer, 18. 7.1750
75. An mehrere Freunde, 12. bis 25. 7.1750
76. Von Hartmann Rahn, 27(?). 7.1750
77. An Zellweger, 29. 7.1750
78. An Johann Christoph Schmidt, 1. 8.1750
79. An Maria Sophia Schmidt, 2. 8.1750
80. Von Zellweger, 10. 1750
81. An Bodmer (?), 27. 8.1750
82. An Heß, 2. 9. 1750
83. An Maria Sophia Schmidt, 10. 9. 1750
84. An Tscharner, 13.9.1750
85. An Bodmer, 19.9.1750
86. An Bodmer, 19.9.1750
87. An Gleim, 8.10.1750
88. An Johann Adolf Schlegel, 9.10.1750
89. An Hemmerde, 10.10.1750
90. An Johann Christoph Schmidt, 10.10.1750
91. An Johann Georg Schultheß, um den 12.10.1750
92. An Moltke, 18.11.1750
93. An Maria Sophia Schmidt, 20.11.1750
94. An Johann Adolf Schlegel, 21.11.1750
95. An Hemmerde, 21.11.1750
96. An Moltke, 9.12.1750
97. An Georg Friedrich Meier, 23.12.1750
98. An Bodmer, Dezember 1750
99. An Breitinger, Dezember 1750
100. An Breitinger, Dezember 1750
101. An Breitinger, Dezember 1750
102. An Breitinger, Dezember 1750
103. Von Gottlieb Heinrich Klopstock, Ende 1750
Nachtrag
53a. Von Ebert, 13.6.1750
Apparat / Kommentar
Anhang
Vorbemerkung
Editionsprinzipien
Abgekürzt zitierte Literatur
Übersicht über die diakritischen Zeichen und Abkürzungen
Brief Übersicht/Lebensdaten
Register

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Hamburger Klopstock-Ausgabe

FRIEDRICH

GOTTLIEB

WERKE UND

KLOPSTOCK

BRIEFE

HISTORISCH-KRITISCHE

AUSGABE

Begründet von Adolf Beck, Karl Ludwig Schneider und Hermann Tiemann Herausgegeben von Horst Gronemeyer, Elisabeth Höpker-Herberg, Klaus Hurlebusch und Rose-Maria Hurlebusch Verlag Walter de Gruyter in Berlin und New York

Abteilung Briefe : I

Friedrich Gottlieb Klopstock Briefe 1738-1750 Herausgegeben von Horst Gronemeyer Walter de Gruyter Berlin, New York 1979

Nr ι 1. AN Z E U M E R , QUEDLINBURG, 7. OKTOBER

7. O k t o b e r

1738

I

1738

Hochwohlgebohrner Herr, Höchstzuehrender Herr Cantzler, Großer Patron ! Die gütigste Bemühung, welche Ew: Hochwohlgebohren zum ferneren Fortgang meines angefangenen studirens angewendet, mir eine Stelle in der Schul-Pforte zuwege zu bringen, macht gegen Ew: Hochwohlgebohrn mich zu aller nur ersinlichen Danckbahrkeit verbunden, indem es gewiß, daß Dero hohe Gütigkeit mein zeitlich Glück nicht wenig befördert; Ich bin viel zu unvermögend auch nur mit genügsamen Worten, geschweige mit würcklicher Erwiederung eine so Große Guthat zu erkennen; Es soll mich aber meine Danckbahrkeit dahin bewegen und antreiben, Den Großen Gott mit Aufrichtigkeit demühtigst anzuruffen, daß Er Ew : Hochwohlgebohrn sammt Dero vornehmen Familie zu des gemeinen bestens und aller Clienten Fortun bey steten hohen Wohlergehen erhalten wolle. Unter deßen erwarte Dero zu venerirende Befehle und verharre mit aller Submission Ew: Hochwohlgebohrn Meines Höchstzuehrenden Herrn Canzlers und Großen Patrons unterthänigst verbundenster Friedr: Gottlieb Klopstock. Quedlinburg den 7ten October 1738.

2. AN MARIA SOPHIA KLOPSTOCK, PFORTA, 22. S E P T E M B E R

1745

Als Auszug überliefert

Macht mich so glüklich, und lest es. Kein Frauenzimmer ist wahrhaftig liebenswürdig, welches das Uhrbild aller Schönheit, Gott, nicht Liebet. Lebet zufrieden, das ist glükseelig! Euer Bruder, Friedrich Gottlieb Klopstock. Pforte, den 22ten Sept. 1745.

2

Nr 3

8. D e z e m b e r

1745

3 . A N C H R I S T I A N W I L H E L M B E C K E R , J E N A , 8. D E Z E M B E R

I745

Mein Herr, Ich will mich endlich von der Metaphysik losmachen und wieder ein mahl an gute Freunde denken. Allein was ich Ihnen schreibe wird nur ein Grundriss zu meinem künftigen Briefe werden; Ich hoffe also dass Ihnen folgende Nachrichten nicht gänzlich misfallen werden: Philippi, der elende

befindet sich hier, und ich werde ihn ehestens auf meine

Stube auf ein gut Gespräch von H. Zinken, einladen. Liskow ist so grossmüthig, dass er ihm öfters Geld von Dresden, wo er Secretair ist, schicket. Ein ungenandter Hungar hat, wie Ihnen bekandt seyn wird : prima lineamenta historiae litterariae in Hungaria, diess ist nur von ungefähr der Titel, in "Wittenberg geschrieben. Diesen sprach ich jiingsthin im Buchladen. Der H. Hofrath Buder, der zugegen war, hatte die Gütigkeit und bath ihn zu sich. Er heisst : Rotarides. Das Ansehn seines äusserlichen ist von ungefähr so lamentable, wie seine Vorrede. Herr Janotzki hat sich, welches Ihnen nicht unbekandt sein wird, in dem Hamburgischen Correspondenten als ein Freydenker in der gelehrten Geschichte, so nennen ihn die Göttingischen Zeitungsschreiber, da sie seine Briefe beurtheilen, gezeigt. Unter dem Briefe an den H. Ernesti stehet: Danzig, auf der gräflich Zaluskischen Bibliothec. Allein diese Herren haben daselbst keine Bibliothec, es ist eine einzige nur das Gymnasium daselbst; wenn ich dem Berichte eines hiesigen Herrn Danzier Szerniewski, der dem H. Janotzki, in vielen Stükken, nur im "Windmachen nicht gleich ist, trauen darf. Es ist auch noch diess zu merken, sie halten sich auch fast mit nichts daselbst auf. Verzeihen Sie der Unordnung meines Vortrags. Ein kleiner historischer Grundriss scheint es so zu erfordern. Wie weit sind Sie in Ihrer Abschiedsrede gekommen ? Darf ich sie sehen ? Oder kommen Sie gar herüber ? So viel kann Ihnen versichern: Sie können hier recht ruhig und fleissig studiren. Sie wissen ich bin eben nicht sehr zum Loben geneigt ; allein so viel kann Ihnen versichern, dass unsere meisten Lehrer Beyfall verdienen. Daries hatt so viele abstracte Lebhaftigkeit, dass ich ihn ungemein hoch schätzen muss. An H. Freissleben, welchem Sie diesen Brief zeigen können, kein compliment; sondern einige ziemliche Auspuzer, dass er zuwege gebracht, dass mich neulich ein guter Freund, wie wohl nur im Scherze, vor einen Enthusiasten erklärte. Es fiel mir nehmlich sein paradoxer, ich weiss nicht durch was vor eine associationem idearum, ein,

Nr 4

Z2. J u n i 1 7 4 7

3

dass ich wieder Vermuthen laut an zu lachen fing. Es ist im Ernste wahr. Leben Sie wohl. Ich verbleibe, mein Herr, Dero ergebener Diener F. G. Klopstock. Jena, den 8t. December 1745, Ν. S. Wenn H. Schmidt etwa nach Hausse gereist ist, so bitte, dass Sie diesen Brief mit bey sich behalten bis er wieder kommt ; oder, wenn der lange Bothe oder sonst Jemand dahin gehet, ihm mitschicken.

4. A N C H R I S T I A N W I L H E L M B E C K E R , L E I P Z I G , 22. J U N I I747 Gemeinschaftsbrief von Freißleben und Klopstock; nur Klopstocks Text überliefert Mein Herr, Ich befinde mich gleich iezo bey H Freisleben. Weil ich seinen Brief sehe, so fält mir ein, an Sie zu schreiben. Ich wil mich nicht entschuldigen, daß ich nicht eher geschrieben, u iezo nicht mehr schreibe Sie scheinen mich vor den Verfasser des Jünglings zu halten. Sehen Sie, wie ich Sie vor Ihre gelehrte Mutmassungen bestrafen wil. Die Strafe besteht darinnen, daß ich dem Charakter des Jünglings gemäs nur die Lust des Frülings empfinden, u weder für die Drucker, noch vor Sie gelehrt schreiben wil. Doch dies Blat ist noch nicht vol, u es regnet eben, daß ich nicht ausgehn kan. Ich habe Crusius wegen seines tugendhaften Lebens sehr Lieb ; doch sein System geht mir fast so wenig an, als sein Kupfer. Dazu bin ich zu ungalant, den Lebenslauf ieder Mode zu wissen. Noch etwas, denn das Blat ist, wie ich sehe, noch nicht vol. Man sagt hier, daß ein geAwiAsser finstrer u einsiedlerischer Mensch ein Gedicht vom Messias schreiben > Einige von meinen Freunden, die ihn kennen, haben ein Blätchen davon erwischt, es ist der Anfang des dritten Gesangs, er heist: Sey mir gegrüst, ich sehe dich wieder, die du mich gebarest, Erde, mein mütterlich Land, die du mich im külenden Schosse Einst bey die Schlaffenden Gottes begräbst, u meine Gebeine Sanfte bedekst, doch dann erst, dies hoff ich zu meinem Erlöser,

4

Nr 5

30. J u l i

1747

Wenn von ihm mein heiliges Lied zu Ende gebracht ist Alsdann sollen die Lippen sich erst, die ihn zärtlich besangen, Dann erst sollen die Augen, die seinentwegen vor Freuden Oftmals weinten, sich schliessen, dann sollen erst meine Freunde Und die Engel mein Grab mit Lorbern u Palmen umpflanzen, Daß, wenn ich einst nach himmlischer Bildung von todten erwache, Meine verklärte Gestalt aus stillen Haynen hervorgeh. F G Klopstock

5.

AN MARIA SOPHIA SCHMIDT, L E I P Z I G ,

30. J U L I I747

Mademoiselle Ma tres chere Cousine Sie haben mir die Erlaubnis gegeben, Ihnen unterweilen einige von den hiesigen Schriften zu überschicken. Ich schäze mich deswegen besonders glüklich, u ich übersende Ihnen iezo eine, die mirs besonders würdig scheint, von Ihnen, Mademoiselle, gelesen zu werden, weil sie auf den Tod unsrer deutschen Rowe, der liebenswürdigen Radickin verfertigt ist. Sie hat den besondern Vorzug vor allen übrigen dergleichen Schriften, daß sie durchgehende wahr ist, u daß in derselben eh weniger als zu viel gesagt worden. Der Verfasser der Rede ist einer von denen, die an den Beyträgen mit arbeiten. Die verstorbene ist eben dieienige, von welcher, wenn ich nicht irre, der Herr Bruder bei dero Hierseyn öfters mit Ihnen gesprochen. Wenn wir spazieren gehn, so bleiben wir unterweilen bey Ihrem Grabe ohne äusserlichen Zierrath u ohne Leichenstein, stehn. Sie verdient aber noch ein dauerhafteres Andenken, u eben dieienige Nachahmung von welcher in der Rede gesprochen wird. Ich will Sie nicht länger mit meiner Unterredung von einer liebenswürdigen todten unterhalten. Ich wünsche Ihnen Werthe Cousine, vergnügt u glüklich zu leben, u verharre nebst einem gehorsamsten Compliment an dero Herrn Bruder, allzeit Mademoiselle Ma tres chere Cousine dero gehorsamster Diener F. G. Klopstock Leipzig den 30ten Jul. 1747.

Nr 6

6.

AN CHRISTIAN WILHELM B E C K E R , LEIPZIG,

j. August

1747

5

5. A U G U S T I747

Monsieur, Sie sind sehr gütig in Beurtheilung des Fragments. Ich habe mit dem Verfasser gesprochen. Er last sich bey Ihnen recht sehr bedanken, er war aber auch ein wenig ungehalten, dass Sie, wie er von andern gehört, zu gute Absichten mit seinem Gedichte hätten. Nehmen Sies dem Menschen nicht ungütig, er ist bisweilen ein bischen eigensinnig. Dass Sie aber wirklich einige Absichten damit zu haben scheinen erhellet daraus, dass Sie den Grundris verlangen. Den Grundris ? sagte er, und wenn ihn Bodmer von mir verlangte, so würde er ihn nicht bekommen. Und diesen Eigensinn verzeih ich ihm selber. Das habe ich wohl gehört, dass er vielleicht die ersten zween Gesänge bald wird drucken lassen. Vor die Neuigkeit von dem neuen Menschenfreunde bin ich Ihnen verbunden. Was sol man dergleichen Schriften züchtigen? Ihr Schiksal ist so unglüklich genung. Man liest sie nicht. Also wiederfärt ihnen nicht einmal die Ehre, dass sie bald vergessen werden. Melden Sie mir doch, wo Ihre Ausarbeitungen in den Theologischen Nachrichten eigentlich angehn. Ich verharre Monsieur Dero ergebenster Diener F. G. Klopstock. Leipzig den 5t. August 1747.

7 . A N M A R I A S O P H I A S C H M I D T , L E I P Z I G , IO. F E B R U A R 1 7 4 8

Mademoiselle, ma tres chere Cousine, Wie glücklich bin ich, daß meine Freunde Ihren Beyfall erhalten haben. Doch wie viel glücklicher würde ich seyn, wenn ich diejenigen Zeilen auch kennte, die vielleicht Ihren besondern Beyfall erhalten haben. Wie merckwürdig würden sie mir vorkommen, u wie oft würde ich sie lesen. Denn daß ich die tadelnswürdigen nicht so genau kenne, als Sie, verzeihe ich Ihrer Gütigkeit gern. Sie erlauben mir doch auch, liebenswürdige Cousine, daß ich mich an Ihnen räche. Ich will Ihren Herrn Bruder schon ausforschen, wenn er von Franckfurt zurück kömmt. Vielleicht wenn Sie vom Tanz ermüdet mit Ihrer zärtlichen Deahne etwa nicht sprechen

6

Nr

8

9. A p r i l

1748

können, vielleicht entwischt Ihnen da etwas. Doch sollte diese Rache nicht angehn, so habe ich schon ein andre. Ich übersende Ihnen eine neue Ode. Wie lang hätte sie wegen ihres vorzüglichem Inhalts werden können, wenn nicht der Wohlstand erforderte, daß ich Ihnen nach einer so langen Ode, eine kurze schickte. Bald werde ich Ihrem Herrn Bruder auch eine Elegie schicken Bitten Sie Ihn u Seine liebenswürdige Deahne in meinem Nahmen um Verzeihung, daß Sie kein so schön Gedicht von mir empf gewisse Ode ist, die ich gerne CTextverlust) möchte. Die weiche Elegie kon Liebe so erhaben nicht singen. schenck, das ich von Ihrer Hochg Frau Mamma, durch Sie, erhalten dancke mich gehorsamst u ver charro Mademoise ma tres chere Ihr gehorsamster D F. G. Klop Leipzig den 10 Feb. 1748

8. A N G I S E K E , L E I P Z I G , 9 . A P R I L 1 7 4 8

Nachschrift in einem Brief von Rabener an Giseke vom 8. 4.1748, gemeinsam unterzeichnet von Ebert, Johann Andreas Cramer, Charlotte Cramer und Klopstock Dieses unterschrieben den 9. April, am letzten glücklichen Abende in Leipzig, die wenigen übrig gebliebenen Redlichen, Ebert, Cramer, Charlotte, Klopstock.

9. AN J O H A N N ADOLF S C H L E G E L , LEIPZIG,ERSTEHÄLFTE A P R I L I 7 4 8

Mein liebster Herr Schlegel, Ich kenne Sie so, daß ich weiß, ich darf gleich aus vollem Herzen an Sie schreiben, ob dies gleich der erste Brief ist, den Sie von mir bekommen. Ich meine den ersten wirklichen Brief : denn die will ich hier nicht mitrechnen, denen meistentheils weiter nichts, als das Aufschreiben gefehlt

Nr 9

Erste Hälfte April

1748

7

hat. Die gütige Natur hat mir unter anderen Gaben auch diese nicht fehlen lassen wollen, daß ich unterweilen unserm lieben Ebert etwas gleich komme. Mein Trost hierbey ist, daß ich ihm zwar Proximus at longo proximus intervallo unter unsern Freunden bin. Glauben Sie nicht, daß ich meine kleine ebertschen Schwachheiten, mich zu entschuldigen, anführe. Nein ich will mich gar nicht entschuldigen. Ich bin wegen meiner Nachlässigkeit recht empfindlich böse auf mich. Giseke wird wohl alle Ihre Freundschaft allein weg haben. Der hat Sie in Ihrer· Einsamkeit unterhalten, der hat an Sie geschrieben, wenn ich nur seine oder Ihre Briefe las, u nur an Sie dachte. Sehen Sie wie offenherzig ich bin. Sie verzeihen mir doch diese kleinen Versuche, womit ich unserm Ebert habe nachahmen wollen? Die Zeit soll Sie lehren, daß ich viel zu demütig bin, als daß ich mir schmeicheln sollte, dieß grosse Original ganz zu erreichen. Sie glauben mir doch auf mein Wort? "Wenn Sie nur wüsten, was ich alles an Sie habe schreiben wollen. Ich wollte Ihnen schreiben, was ich in meiner Jugend von Ihnen dachte, da ich noch nicht wüste, daß das der Poet war, was ich bey mir fühlte. Himmel, wie aufmerksam war ich auf Sie, wenn Sie in dem Walde, oder vielmehr in dem Haine, (denn wir haben ja darinnen wohl ehmals geschlummert!) mit einem Freunde, der sich izt von Ihnen bis zur Secktenphilosophie erniedriget hat, in einen Baum Verse einschnitten, die ich nach Ihrem Abzüge erneuert habe. Aber Sie kannten mich nicht, mein liebster Schlegel. Ach warum sind diese Stunden so ungebraucht verflossen ? Und warum hat Sie kein Genius zu mir geführt ? Warum hat Ihnen in nächtlichen Gesichten keine Muse gesagt: Sie sollten zu mir kommen u mich bilden, wie Aurora die jungen Rosen des Morgens aufschließt. Warum kannte ich Sie dann? Und warum weissagte mir Ihr tiefsinniges Auge den zukünftigen Schlegel? Wenn ich mich nur ganz ausdrücken könnte, wie zärtlich böse ich auf Sie bin. So wollte ich an Sie schreiben. Auch dies wollte ich an Sie schreiben. Stellen Sie sich einmal vor, als wenn das Leben in der Pforte, das zeitliche Leben wäre, u das Leben unter unsern Freunden das zukünftige. Da Sie also aus der Pforte waren, da waren Sie schon gestorben, ich aber lebte noch. Wie man nun in diesem zeitlichen Leben bisweilen Poeten liest, so las ich Ihren Unzufriednen. Und da dachte ich bey mir, zärtlicher vielleicht, als es Ovidius selbst empfunden hat: Virgilium tantum vidi.

8

Nr i o

4. J u l i

1748

Mein liebster Schlegel, wie haben wir uns über ihr erlangtes Amt gefreut! Sie werden nun bald von einer vielleicht unpriesterlichen Hand eingeseegnet werden. Ihre Freunde seegnen Sie auch, ohne Amt, ohne den so genannten göttlichen Beruf u seine Kragen u Chorhemde: aber aus vollem Herzen u kräftiger. Was für eine Ehre wiederfährt den sächsischen Canzeln, daß einmal ein Prediger unter sie kömmt! Wie schön u unentweyht wird das Evangeliumbuch in Ihrer Hand liegen ! Aber werden Sie auch bey Ihren izt vielleicht sehr ernsthaften Gedanken diese heidnische Ode lesen wollen? Meinen Vorsaz, nichts als den Messias zu schreiben, haben mir unsere Freunde, so zu sagen entlockt. Ich habe auch eine Ode geschrieben, eine lange Ode, die in Gesänge abgetheilt werden kAoAnnte. Ich werde ihrer auch wohl noch mehr schreiben. Denn meine Freunde werden noch lange, noch sehr lange, leben. Nach dem alcäischen Sylbenmaasse, werden Ihnen wohl die Anmerkungen besonders wunderbar vorkommen Dies muß ich Ihnen erklären. Ein Frauenzimmer, das der Strophen : Und du, o Freundinn, — — würdig wäre, wollte die Ode lesen, u da mußte ich Ihr doch wohl das Heidenthum darinnen erklären. Aber nun frage ich Sie auf Ihr Gewissen : Werden Sie auch die profane Ode lesen? Thun Sies immer izt, da Sie Ihr Amt noch nicht angetreten haben, nach diesem will ichs selbst verbeten haben. Was würden die Leute sagen, wenn sie hörten, daß in den chursächsischen Landen zween ganz ausserordentlich gottlose Menschen wären, davon der eine die Leidensgeschichte nach den vier Evangelisten in Reime brächte u zugleich heidnische Oden schriebe: der andere ein Prediger wäre, u die heidnischen Oden wohl gar mit Vergnügen läse. Ich merke, daß ich mir schon zu viel Freyheit im Schwatzen auf das erstemal herausgenommen habe. Leben Sie vergnügt. Ich bin Ihr Freund. F. G. Klopstock. Leipzig 1748 den

1 0 . AN J O H A N N A N D R E A S C R A M E R , L A N G E N S A L Z A , 4. JULI 1 7 4 8

Mein liebster Cramer, Ich lebe hier nach den Grundsäzen des alten Horaz, u eines gewissen jungen Schriftstellers, den Sie wohl kennen. Diese Herren sind nicht allzu

Nr io

4. J u l i

1748

9

grosse Feinde von einer Gemächlichkeit, die mir so natürlich ist, u die mir die süße Sünde erlaubt, selbst an meine Freunde seltner zu schreiben. Sie sehen wohl, was ich hier alles noch sagen könnte; wenn es mir nicht zu arbeitsam vorkäme mich zu entschuldigen. Ach ich führe ein recht herrliches Leben! An dem Messias izo zu arbeiten, das war ein köstlicher Gedanke! Ich danke. Eine Leserinn des Jünglings u des Messias, u aller Schriften die Hannchen hätte schreiben können, u Ebert schreiben wird, hat mir befohlen aus den Liedern der Nachtigallen zu übersezen. Sonst zu stolz zum Übersezen werde ich künftig wohl nichts thun, als Übersezen. Der Frühling ist vorbey; nun überseze ich Ihre Minen. Einen Abend, da sich keine übersezungswürdige Nachtigall hören lies, oder wie ichs damals ausdrükte: Tief in die Dämmrung hin sah er (mein Blick) u suchte dich Seiner Zähren Gesellinn auf, Dich, des nächtlichen Hains Sängerinn, Nachtigall, Doch du sangest mir izo nicht Dein mitweinender Laut dein melancholisch Ach Auch der schwache Trost fehlte mir. An diesem Abend machte ich ein Lied, worinn auch dieses steht. Die Verbindung mögen Sie errathen, was geht mich das an. Hast du mich weinen gesehn, o du Unsterblicher, Der mitleidig mein Auge Schloß, O so sammle sie ein sammle die Heiligen Thränen in goldener Schalen ein! Bring sie, Himlischer, dann zu den Unsterblichen, Denen ein zärtlicher Herz auch schlug Zu der göttlichen Rowe oder zur Radickinn, Die im Frühlinge sanft entschlief. Vielleicht argwöhnen Sie aus dem, was ich bisher an Sie geschrieben, daß ich izt ganz vergnügt u ruhig seyn müsse. Nein, mein liebster Cramer, das bin ich gar nicht. Wenn ich auch die Empfindung Ihrer u der andern Cramers Abwesenheit abrechne: so bin ich doch so traurig, wie Orpheus, da er, die Leyer in der Hand zur Hölle gieng, die Euridice herauf zu singen. Oder so traurig, wie Sie waren, da Hannchen noch keinen ihrer liebenswürdigen Briefe an Sie geschrieben hatte, u da Sie noch nicht, wie im Cato steht, sagen konnten: Wie ist mir? Ich sehe lauter elysäische Felder um mich! Schicken Sie mir doch einige von Gisekens u Schlegels lezten Briefen. Man liest doch gern in den Papieren

IO

Nr ix

l i . Juli

1748

seiner verstorbnen Freunde. Schicken Sie mir auch einige übersezte Stellen aus den Nachtgedanken! Ich bitte bey den zärtlichen Thränen, die ein Frauenzimmer dabey vergiessen wird, von der ein Poet gesagt hat Aber süssere Ruh deckte mit Fittigen Ihres friedsamen Schlummers sie, Und ihr göttliches Herz, weit über meins erhöht, Hub gelinder die heiige Brust, auch bey der Freude bitte ich Sie, die ich bey diesen Thränen empfinden werde. Darf ich Sie um noch etwas bitten? Und wird diese Einleitung zur Erhörung meiner Bitte etwas beytragen, wenn ich sage, ich will so heilig damit umgehn, wie Sie ? Darf ich Sie um ein paar Briefe von den s Hannchen bitten? Ich erschrecke für meine Bitte, werden Sie nur nicht böse ! Ich habe auch eine Ode nach diesem Sylbenmaasse gemacht : Audivere, Lyce, Dì mea vota Di — — Hier ist eine Strophe. Sprich, wie heisset der Trieb, der dir dein Herz bewegt ? Heißt er, bestes Geschenk von den Olympiern ? Heißt er, göttliche Tugend ? Oder, Glük des Elysium ? Nehmen Sie mir nicht übel, daß mein Brief so unordentlich ist. Grüssen Sie alle unsere Freunde, todte u lebendige; aber Gelierten nicht. Ich bin Ihr Freund F. G. Klopstock. Langensalz den Donnerstag nach Mar. Heims. 1748. Wo bleibt das lezte Stück der Beyträge? Ich kann es hier gar nicht bekommen.

I I . A N H A L L E R , L A N G E N S A L Z A , I I . J U L I I748

HALLERO S. D. F. G. KLOPSTOCK

Mitto Tibi initium poematis mei de Messia. Id an dignum Tu, quod ad finem perducatur, sis iudicaturus, nescio, illud vero scio, si perficiendum fortassis iudicaveris, tam nobilis Te generosique esse animi, ut, si ea in

Nr 12

2,5. J u l i 1 7 4 8

II

re iuvare quid auctorem possis, velis etiam. Nempe otium mihi deest litterarum, deeritque praesertim in posterum, ubi munus aliquod laboriosius suscipere coactus fuero. Professio autem quaedam humanioris cuiusdam disciplinae, in academia Vestra, extraordinaria, annuo cum stipendio, prorsus me ab humilioribus sustentandae vitae curis liberare poterit, idque mihi, ut opinor, relinquet otii, quod ad sublimiora haec et caelestia cogitanda, necessarium est. Qua in re si quid, ad iuvandum me, facere aut possis aut velis, duo sunt, quae mihi praecipue abs Te expetam. Primum, si hac de caussa rex, qui apud Vos iam est, aut Münchhausenius, adeundi sunt, nihil meo fiat petentis nomine. Haud enim fortunam meam, a rege Maecenateve, quam magni demum sint, petiisse velim, ab Hallero velim. Deinde, ut hanc scribendi ad Te, taliaque a Te petendi audaciam meam, quem demum cunque exitum res haec habuerit, reveles nemini. Caeterum favorem Tuum, non amicitiam, (sancta enim res est amicitia, neque ad ignotum quemvis demittit se) mihi abs Te expeto. Quo favore Tuo si me non indignum censueris, rescribas ad me velim, si quid datur otii. Exspectatissimae Tuae mihi litterae venient, etiamsi, nimis me in petendo audacem fuisse, docuerint me. Haud me id magnopere turbabit. Fere enim, per quatuor hos et viginti, quos vixi, annos infelix esse didici. Vale. Scribebam Langensalzae die XI Julii MDCCXLVIII.

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Mein liebster Herr Schlegel, Ich bekam Ihren vom 25 May erst gegen das Ende dieses Monaths. Gleichwohl bitte ich Sie, mir meine so unfreundschaftliche Nachlässigkeit zu verzeihn. Sie würden sie mir leicht verzeihen, wenn Sie die Ursachen derselben wüßten. Ihre Ode, die mich, so weit Sie sie mir geschickt haben, schon böse genug gemacht hat, hat mir Cramer gelesen. Ich bin so weit stolz darauf, so weit es meine izige Gleichgültigkeit gegen die Ehre zuläßt. Ich wollte Ihnen gern einen längern Brief schreiben, aber ich bin zu zerstreut dazu. Diese Elegie hat viel Verbindung mit meiner Zerstreuung. Wollen Sie einmal diese Kleinigkeit für einen längern Brief ansehn. Zum mindsten ist sie besser, als mir izo ein Brief gerathen würde. Das muß ich Ihnen noch sagen, librum primum Odarum hab ich fertig, wenn mich mein Mädchen noch lieben sollte mache ich

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gewiß noch libros Odarum tres et unum Epodcion. Sed Elegiarum tantum unum libellulum. Fragmenta Hendecasyllaborum. Duo Epigrammata, unumque Sonnetum. Doch ich will dieses Latein von meinem Deutschen scheiden. Elegie. Daphnis, u Daphne. Zärtliche Daphne, wenn aber der Tod uns Liebende trennte ? Wenn dein Geschick dich zuerst zu den Unsterblichen ruft? Ach so werd ich um dich mein ganzes Leben durchweinen Jeden nächtlichen Tag, jede noch trübere Nacht, Jede Stunde die sonst in deiner Umarmung vorbeyfloß, Jede Minute, die uns zärtlich genossen entfloh. Ach so vergehen mir dann die übrigen Jahre voll Schwermut Wie der vergangenen uns ungeliebt keins nicht entfloh. »Zärtlicher Daphnis, wenn künftig der Tod uns Liebende trennte, Wenn dein Geschick dich zuerst zu den Unsterblichen ruft, Ach dann wein ich um dich mein kurzes übriges Leben Jeden unbrauchbaren Tag jede mir schrekliche Nacht Jede Stunde, die sonst mit deinem Lächeln erheitert Unter dem süssen Gespräch zärtlicher Thränen entfloh. Ach so vergehen mir dann die übrigen Tage voll Schwermut Wie der vergangenen uns ungeliebt keiner entfloh.« Zärtliche Daphne, du wolltest nach mir nur Tage noch leben ? Und ich brächte nach dir Jahre voll Traurigkeit zu ? Daphne, Daphne, nur wenig unbrauchbare trübe Alinuten, Bring ich, bist du erblaßt, neben dir seelenlos zu. Nehme noch einmal die todte Hand, küsse noch einmal dein Auge Sink an die ruhende Brust, wein, u erblasse bey dir! »Daphnis, ich sterbe nach dir ! Den Schmerz soll Daphnis nicht fühlen, Daß er sterbend mich sieht! Daphnis ich sterbe nach dir! Dann bring ich auch nur wenig unbrauchbare trübe Minuten, Bist du, Daphnis, erblaßt, neben dir seelenlos zu! Blicke noch einmal dich an, u seufze noch einmal : Mein Daphnis ! Sink an die ruhende Brust, zittr, ich erblasse daselbst!« Daphne, du stürbest nach mir ? Den Schmerz soll Daphne nicht fühlen, Daß sie sterbend mich sieht! Daphne, du stirbst nicht nach mir!

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»Daphnis, ich sterbe nach dir! Das ist es, was ich vom Schicksal Längst schon mit Thränen erbat! Daphnis, ich sterbe nach dir!« Ach wie liebest du mich! Sieh diese thränenden Augen! Fühle dieß bebende Herz, Daphne wie liebest du mich! Göttlichste Daphne, du stürbest nach mir! Du fühltest die Schmerzen, Daß du sterbend mich sähst ! Daphne, wie liebest du mich ! Ach, wenn eine Sprache doch wäre, dir alles zu sagen Was mein liebendes Herz zärtlichste Daphne, dir fühlt. Würde dieß Aug u sein Blick, u seine Zähren voll Liebe Und dieß Ach des Gefühls, das mir gebrochen entfloh Doch zu einer Sprache der Götter, dir alles zu sagen, Was mein liebendes Herz, zärtlichste Daphne, dir fühlt. Ach wenn doch kein Grabmal nicht wäre, das Liebende deckte, Die einander so treu die so voll Zärtlichkeit sind! Aber weil ihr denn seyd, zu ewig offene Gräber ! Nehmet zum wenigsten doch nehmet auf einmal uns ein! Hörest du mich, der zur Liebe mich schuf ? O wenn du mich hörest, Laß mit eben dem Hauch meinen u Daphnens Geist fliehn! »Daphnis, ich sterbe mit dir ! Ich bete mit dir von dem Himmel Diese Wohlthat herab! Daphnis, ich sterbe mit dir!« Ihr Klopstock. Langensalz den 25t Jul. 1748

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1.1. BODMERO S. D. FRIDERIC. GOTTLIEB. KLOPSTOCK. Diu scripsissem ad Te, Bodmere optime, nisi me revocasset semper hoc a Consilio tantae laudis pondus, quo me in litteris ad Gaertnerum cumularas. Insuetum miratus olympi limen, in quo me posueras, rubore suffundebar simul. Gratiae agendae arguebant me, quasi dignum me ea re censerem, pro qua gratias agerem. Uti virum Te bonum credo, et omnia, quae dixisti, ex animo dixisse : ita me velim credas sincerum animi, nihilque ficta ex modestia dicere me. Missa igitur faciamus haec, Tuamque de me sententiam coram Critices Tribunali defendendam Tibi relinqua-

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mus. Iam Tibi dicam, audi vero me, ut loquentem filium audit pater, quam Te non colam solum, sed amem etiam, quantaque, incognita Tibi adhuc, Tua erga me merita sint. Nempe adolescenti puero Homerumque et Virgilium legenti, et subirascenti iam criticis Saxonum scriptis, Tua mihi Breitingerique scripta critica in manus venere. Lecta semel, seu hausta potius, cum ad dextram Homerus essent Virgiliusque, ad sinistram deinde, semper evolvenda, iacuere. Quam saepe tunc desideravi promissam Tuam de Sublimi tractationem, et adhuc desidero. Miltonus vero (quem fortassis nimis sero vidissem, nisi transtulisses T u ipsum,) quum improvisus in manus mihi incidisset, ignes ex Homero haustos excitavit penitus, animumque, ad caelum et religionis poesin, extulit. Quam saepe tunc imaginem poetae epici, quam in critico Tuo poemate duxisti, tuitusque sum et suspexi, ut Alexandri effigiem Caesar, lacrimabundus ; quam saepe tunc exultantia hausit Corda pavor pulsane laudumque arrecía cupido. Ecce Tua de me merita, sed leviter vix adumbrata. Maiora Tibi, si velis, restant. Nempe vix inchoatus est Messias. Si quae auribus Tuis digna cecini, majora in posterum canam. Maior enim mihi rerum nascitur ordo, Maius opus moveo. Sed otium mihi deest. Cumque sim fragilis valde corpore, aevique, ut auguror, brevis, parva mihi iam nunc Messiam perficiendi spes est. Munus mihi imminet laboriosius, quo fractus quid Messia dignum canam? Patria mei nec curat nec curabit. Vide autem, quam viam invenerim, qua videor mihi, praeeunte Te, fortunam superare posse. Fuit apud vos poeta a Haaren, quem sine dubio novisti Tu. Ipse apud Principem Oraniae gratia multum valet. Oraniae vero Princeps generosus dicitur esse magnanimusque. Quid si ille mihi Stipendium daret annuum ? Si quid ea in re ad iuvandum me facere potes, facies, Bodmere oprime, sed nihil tarnen fiat meo petentis nomine. Haud enim fortunam meam ab hominibus regiis petiisse velim, a Bodmero velim. Ad interius Te, sub sancti fide silentii, rerum mearum sacrarium introducere volo. Scilicet puellam, (ad quam Ode III scripta) tenerrimam sanctissimamque amo tenerrime sanctissimeque. Illa vero se nondum aperuit mihi, ñeque aperire facile potest, quoniam fortuna sumus multum seiuncti. Sine illa autem infelix prorsus sum. Per Miltoni Te umbram filiique Tui parvuli et beati, per Tuum Te magnum animum, adiuro, fac me, si potes, Bod-

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mere, felicem! Vale. Breitingerum, Hirzelium, virumque illum bonum, cui Oden inscripsisti, meo nomine peramice saluta. Scrib. die X Aug. MDCCXLVIII, Langensalzae in Thuringia, ubi mercatoris, dicti Weiss, filium instituo, poetam institutione mea non indignum futurum, ubi maxima familiae meae pars, parentibus meis beatior, habitat, ubi divina illa puella est, quam amo, ex matris meae fratre filia. — Quicquid rerum evenire posse conieceris, sive aliquas spes, sive nullas, ad me, quam citissime fieri potest, rescribe, animumque meum potenti perculsum amore, quem in Odis adumbravi tantum, exprimere penitus haud potui, aut libera curis suis, aut penitus deprime. Ultimum hoc tolerabilius mihi erit, quam turbidum istud cogitationum incertarum mare. Scias enim me, hominem tranquilli antea animi et firmi, uno improvisi amoris Ímpetu, tam esse perculsum, ut respirare vix queam. Certe nemo ante me amavit sic, aut si ita quis amaverit, illius memoria amoris nullo in libro exstat. Vale iterum, meque ama.

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HALLERO S. D. F. G. KLOPSTOCK. Tibi me placuisse, id vero maioris mihi et ponderis est et laetitiae, quam si omnis medii infimique theatri populus plausor mihi sedeat. Favor vero Munchhausenii, quem mihi, quae Tua fuit generosa erga me benignitas, conciliasti, tum in primis mihi longe erit carissimus, si mihi ex ipso munus ejusmodi est futurum, quod mihi, perficiendum ad Messiam, otii relinquat satis. Vix enim est inchoatus, proque materiae magnitudine; non ita paucis libris absolvetur. Quam vero horae, quas expectari oportet, poeticae non semper adsint, quae vero cura limaque, horas post poéticas, epico carmini sit adhibenda, ipse seis. Cum Theologiae et humanioribus potissimum litteris dederim operam, ad munus scholasticum, (est enim, quae fortuna mea, ad hanc umbram descendendum, in qua pauciores quidam non indecoro pulvere sordidi stetere,) idoneum me magis ac proelivem sentio, quam ad sacerdotis munus, non tamen spreto prorsus hoc ultimo. Vides, quam libere Tibi, Vir oprime, quae ad iuvandum me facere possis, dicam: quae vero ante omnia erant dicenda, taceam. Nempe generosam Tuam erga me, ignotum Tibi

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hominem, benignitatem, quae Te patriaque Tua tam est digna, quamque tacitus mecum colo, taceo: quum nihil laudis, praesertim meae, egeas. Vale, meque amare perge. Scrib. Langensalzae die XVII Sept. MDCCXLVIII.

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Langensalz, den 2.1 Sept. 1748 Hochedelgebohrner Herr, Theurster Freund, Das ist eine schöne Belohnung für meine Lieder, daß ichs aus dem s Munde eines der rechtschaffensten Männer gehört habe, daß er mein Freund sey. Wenn mich Wallis oder sonst einer aus dieser Ordnung einmal kennen lernen sollte; so würde ich dieß nur deswegen für ein Glück halten, weil ich wüste, daß Sie und meine übrigen Freunde daran Theil nähmen. Wie zärtlich sind Sie wegen meiner Unruhe bekümmert ge10 wesen! Ich war sonst groß genug, nicht unruhig zu seyn: da ichs aber werde, so finde ich einen Freund, der mich wieder in mich selbst zurück ruft. Aber ich gehe gleichwohl mit langsamen Schritten in mich selbst zurück, u sehe mich noch immer um. Die Schmerzen der Liebe (denn die sind meine Hauptunruh!) sind so was grosses, daß sie es verdienen iS so viel Gewalt über mich zu haben. Diejenige die ich so liebe, ist izo am härtesten gegen mich, härter, als da ich das erstemal an Sie schrieb. Ihr Brief, die Empfindung, daß ich dieselbe so edel u heilig liebe, u alle meine Religion, machen, daß ich hierbey nicht ganz unglücklich bin. Die wenigsten von diesen Empfindungen weiß Sie; oder wenn Sie einige zo davon entdeckt, so läßt Sies mich nicht wissen, daß Sie sie entdeckt hat. Sie ist aber fähig, sie alle zu fühlen. Wie würde Sie Ihren Brief empfinden, wenn ich ihn Ihr lesen dürfte, u wenn Sie mich liebte. Wie würde Sie mich mit Ihren seelenvollen Augen ansehn! Sie hat eine gewisse Schönheit, die Sie von allen andern unterscheidet. Ich kann Ihnen das Z5 jezo nicht anders sagen, als wenn ich sage, daß sich diese Schönheit völlig zu meinen Liedern auf Sie schickt. Vielleicht war Ihr Laura ähnlich, die so sehr nach der Unsterblichkeit dürstete. Die Radickinn, von der ich diese Zeilen in einer Ode gesagt habe:

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Ach warum starbst du, göttliche Radickinn? Schön, wie die junge Morgenröthe, Heilig u still, wie der Sabbat Gottes, gehörte in diese Ordnung von Schönheiten, ob Sie gleich von andrer Bildung war. Sie ist jugendlich schön, nicht wie das leichte Volk, Rosenwangigter Mädchen ist, Die gedanckenlos bliihn, nur im Vorübergehn Von der Natur u im Scherz gemacht, Leer an Empfindung u Geist, leer des allmächtigen Triumphirenden Götterblicks. Sie ist jugendlich schön, ihre Bewegungen Sprechen alle die Göttlichkeit Ihres Herzen, u werth, werth der Unsterblichkeit Tritt Sie hoch im Triumph daher, Schön, wie ein festlicher Tag, frey, wie die heitre Luft, Voller Einfalt, wie du, Natur. Ich weiß nicht, ob derjenige, dessen Schiksal mir so viel Schmerz ordnete, hier keine Glückseligkeit für mich sieht, wo ich so viel Glückseeligkeit sehe; oder, ob er vorhersieht, daß ich izo die Freuden der ersten Umarmungen auszuhalten noch nicht fähig seyn werde, u daß er mich also erst ruhiger werden lassen will. So viel weiß ich, daß ich auf seinen ewigen Tafeln nicht den leichtesten Zug ändern kann, u daß ich viel Beruhigung, insonderheit izt, da ich dieses schreibe, darinn finde, daß ich mich ihm unterwerfe, u daß ich derjenigen, die ich so unaussprechlich liebe, die allerreinste Glückseeligkeit, auch wenn sie mich nicht wieder liebt, aus vollem Herzen wünsche. Sehen Sie, ich mache Sie zum Vertrauten meiner geheimsten Gedancken. Meine übrigen Freunde wissen gar nichts von meinen Schmerzen. Selbst meinem liebsten Schmied habe ich sehr wenig davon geschrieben. Ihren Vorschlag mit der Subscription habe ich meinen Freunden nach Leipzig geschrieben. Ich getraue mich auf Ostern mit dem vierten u fünften Gesänge fertig zu seyn. Die ersten fünf Gesänge könnten einen Band ausmachen. Aber haben Sie nicht, bey Ihren Zweifeln selbst, noch ein zu gütiges Vorurtheil vor unsre Nation ? Ich glaube, daß man sie oft aufwecken müssen wird, eh sie nur mercken, daß ein Messias da ist. Sie wollen den Messias in der Sprache des Tasso recensiren. Es ist mir

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ein grosses Vergnügen den Verehrern des Tasso, u den Bewundrern des Angelo bekandt zu werden. Ich habe in meiner Jugend den Nahmen des Tasso nie ohne Ehrfurcht u Unruhe nennen hören : u das Gemälde des Angelo vom Weltgerichte zu sehn, möchte ich allein nach Rom reisen können. Schicken Sie mir diese Recension, so bald sie gedruckt ist. Jede Zeile Ihres Beyfalls ist mir ungemein schäzbar. — Ein vielleicht zu eigensinniger Wiederwille wieder die Zuschriften ist Ursach, daß ichs Ihnen noch zu überlegen gebe, ob es nicht besser sey, dem Prinzen von Wallis in einem privatschreiben den Messias zuzuschicken. Und vielleicht würde dieß auch ein Fremder auf eine bequemere u mehr fruchtende Art thun können, als der Verfasser. Eröfnen Sie mir Ihre Gedancken hierüber so frey, wie ich Ihnen die meinigen schreibe, u melden Sie mir, ob Sie vielleicht dieß lezte übernehmen wollten. Das Sylbenmaaß des Messias wird noch vielen anstössig seyn. Ich sehe, es wird eine ziemliche Zeit dazu gehören, eh man ausgemacht haben wird, daß deutsche Hexameter vor sich, u besonders zu einem langen Gedichte, harmonischer u klingender sind, als deutsche Jamben. Die Fremdlinge im Homer werden sich darein nicht finden können; u man verlangt doch nichts weiter von Ihnen, als daß sie eben den Ton auf die Worte eines Hexameters sezen, den sie auf die Worte eines klingenden Perioden einer Rede sezen. Einige Leser des Homers, die etwa dem Grammaticus Christ in Leipzig gleichen, werden der deutschen Sprache übel nehmen, daß sie nicht die griechische Sprache ist, u dem deutschen Hexameter eben die Regel vorschreiben, die der homerische hat. Der Vers: Über die Felsen, sie krachen u donnern u tödten von ferne besteht nach dieser Regel aus lauter Spondeen, bis auf die einzige lezte Sylbe in: k r a c h e n . Die sie noch kurz zugeben. Diese Leute geben allgemeine Regeln von der Länge u Kürze der Sylben, u zwar nach der griechischen Sprache, an Statt, daß sie dieß nach unsrer Sprache thun sollten, u hauptsächlich auf das Verhältniß der längern u kürzern Sylben untereinander sehn sollten. Alan weiß es, u giebt es gern zu, daß der Vers der Alten vollkommener ist. Ob man gleich auch sagen könnte, daß die neue Mannigfaltigkeit, die durch die verschiednen Dactylen u Spondeen entsteht, eine Vollkommenheit mehr sey, die der Vers der Alten nicht habe. Der Gebrauch der Trocheen Statt der Spondeen gehört auch hierher, u das Verhältniß ist beynah eben das, welches zwischen den verschiednen Dactylen ist. Meine Liebe zu einem harmonischen Verse

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hat mich zu dieser kleinen Ausschweifung verleitet. Dieß ist auch die Ursache, warum ich noch verschiedne von meinen Versen ändern, u künftig noch mehr auf den Wohlklang sehen werde. Ich sende Ihnen hier wieder eine Ode, die meine Liebe hervorgebracht hat. Diejenige, die sie am besten belohnen könnte, hat sie noch nicht gesehn; so furchtsam macht mich Ihre izige Härtigkeit. Ich habe mir niemals vorgenommen gehabt, Oden zu schreiben, u gleichwohl ist es so weit gekommen, daß ich einige gemacht habe. Dieß möchte aber noch zu verzeihn seyn, wenn ich mich nur nicht zugleich der Gefahr ausgesezt hätte, mit Langen auf einem Schauplaze zu erscheinen. Diomedes sagt beym Homer zum Glaukus : πολύ ττροβεβηκα? άπαντων Σω θαρσει, ότ' εμον δολιχοσκιον εγχος' εμεινα^. Δυστηνων δε τε παίδες1 εμω μευει ανποωσινί Ει δε Tis" αθανατων γε Korr' oupavou ειληλουθας', Ουκ αν εγωγε θεοισιν εττουρανιοισι μαχοιμην! Sie handelten sehr edel, daß sie sich nach ihrer Unterredung umarmten, u ihre "Waffen umwechselten. Verzeihen Sie mir diese kleine Ausschweifung. Es ist mir sehr gewöhnlich, wenn ich gegen meine Freunde recht vertraut bin, über meine Ehrbegierde zu scherzen. Die Verse, die unter der Ode stehn sind aus dem fünften Buche des Messias. Sie schienen mir des wegen merckwürdig, weil ich sie meiner lieben Richterinn etlichmaal hinter einander vorlesen mußte. Es wäre hier zu weitläuftig, die ganze Verbindung zu sagen, in der sie stehen. Es sagt sie der Vater eines unsterblichen Geschlechts von Menschen, zu seinen Kindern, da er Gott zornig vorübergehn sieht, u vermuthet, daß Gott vielleicht hingienge, die sterblichen Menschen zu tödten. Seine Kinder hatten vorher noch nichts von uns gewußt. Vorher hatte er den Tod beschrieben. Was macht denn der vortrefliche H. von Kleist ? Haben ihm die wenigen Stunden seiner Musse nichts mehr entlockt ? Ich liebe ihn recht sehr. Ich erinnere mich derjenigen Stunden noch sehr wohl, es war ein schöner Herbstnachmittag, da mich die Vorlesung seines Gedichts so tiefsinnig machte. Auf diesen Nachmittag folgte ein Abend voller heitern Freude. Ich habe viel solche Abende mit meinen Freunden durchlebt. Und dieser bin ich nun alle beraubt, u Statt ihrer den einsamen Schmerzen der Liebe ganz überlassen. Ich war den Abend recht voll Freude. Und die bekandtschaft eines neuen Freundes verdiente es auch. D. Hirzel hat mich

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doch nicht bey Ihnen verklagt, daß ich bey diesen Versen, die gelesen wurden : Der Liebling wärmet die Hand im warmen Pelze des Mädchens Es lacht das Mädchen u hindert ihn falsch. zu laut u zu jugendlich in die Hände klatschte ? Ich bin des wegen recht in Sorge gewesen. Bey diesem Abend fällt mir der Abend ein da Gärtner von uns Abschied nahm, da ich ihn, u mit ihm seine Freunde kaum hatte kennen lernen. In einer Ode, auf meine Freunde, stehn diese Strophen davon : Die lezten Stunden, da du uns Abschied nahmst, Der Abend soll mir festlich u heilig seyn ! Da lernt ich, Freund, wie sich die Edlen, Wie sich die wenigen Edlen liebten.

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Viel Abendstunden fasset die Nachwelt noch. Lebt sie nicht einsam, Enkel, u heiligt sie Der Freundschaft, wie sie eure Väter Heiligten, u euch Exempel wurden. Er wird wohl nun nicht über Ziirch nach Genev gehn. Er ist von den Grafen getrennt, mit denen er reisen wollte. Er ist ein freyer Mann, u in der Religion, u n s c l a v i s c h u sich selbst zu leben, sehr gewissenhaft. Denen werthen Herren, die so viel Mitleiden mit Abbadonaa haben, sagen Sie, daß ich selbst so wehmüthig über sein Schicksal bin, daß ich kaum so viel Gewalt über mein Herz habe, mich dem strengen Ernste der Religion, die über unser Herz ist, zu unterwerfen. Doch soll seine Geschichte, wie ich glaube, Ihre Zärtlichkeit niemals zu gewaltig angreifen. Er ist zur Verherrlichung des Messias da. Bald wird er weinen ; daß der Messias nicht auch sein Messias ist. Und beym Weltgerichte wird er so gewaltig um Gnade flehen, daß vor dem lauten Weinen des Menschengeschlechts u der Seraphim die Stimme der Donner nicht mehr wird gehört werden. Wie glücklich werde ich seyn, wenn ich bey Vollendung des Messias, etwas zur Verherrlichung unsrer grossen u ganz göttlichen Religion werde beygetragen haben. Wie süß u entzückend sind diese Vorstellungen meinem Geiste! Das ist meine grosse Belohnung. Und die zeigen Sie mir, mein theurster Freund, von ferne. Ich muß hier abbrechen. Denn die mitternächtlichen Stunden kommen, u ich will mich meiner stillen Schwermut u meinen Thränen ganz überlassen, daß meine göttliche

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Freundinn vielleicht den Antheil, wovon Sie mir geschrieben haben, nicht davon haben wird. Leben Sie wohl. Ich bin HochEdelgebohrner Herr, Theurster Freund, Ihr ergebenster Diener F. G. Klopstock. 1 6 . AN H A G E D O R N , L A N G E N S A L Z A , 2 9 . S E P T E M B E R I 7 4 8

Langensalz, den 29 Sept. 1748 Hochwohlgeborner Herr, Ich würde mir es nicht vergeben können, daß ich das Vergnügen, an Sie zu schreiben, mir so lange selbst entzogen habe, wenn ich nicht glaubte, daß Ihnen Giseke etwas von meiner zärtlichen Hochachtung gegen Sie gesagt hätte, und zwar besser, als ich es Ihnen durch Briefe würde sagen können. Ich will Ihnen hiermit dasjenige wiederhohlen, was er gesagt haben mag. Gisekens Entfernung von mir hat diese Ode mit veranlasset, die ich kurz nach seiner Abreise noch in Leipzig gemacht habe. Ich übersende sie Ihnen. Sie würden dabei noch einen langen Brief zu befürchten haben: wenn mich nicht die Schmerzen einer sehr zärtlichen Liebe zu sehr zerstreuten. Wenn es eine poetische Weltweisheit giebt, mich aufzurichten, so seyn Sie so gütig und schreiben mir einige Anfangsgründe davon. Wie glücklich würde ich sein, wenn Sie mich einmal lieben sollte. Das Glück bezahlt mir nicht das Gold der ganzen Erde, Wenn mir Ihr Herz bezeigt, daß ich geliebet werde. Leben Sie wohl, mein theuerster Hagedorn. Ich bin Ihr ergebenster Diener F. G. Klopstock. 1 7 . A N J O H A N N A D O L F S C H L E G E L , L A N G E N S A L Z A , 8. OKTOBER I 7 4 8

Langensalz, den 8 Oct. 1748. Mein liebster Schlegel, Ich habe die zärtliche Gewissenhaftigkeit Ihrer Entschuldigung, daß Sie nicht an mich geschrieben, ganz empfunden. Sie thun dieß gegen einen Schuldigen, da Sie unschuldig sind, u damit Sie ja Ihre Unschuld recht

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verlieren, so thun Sie dieß zu einer Zeit, wo Ihnen Ihr Schmerz die Kraft zu klagen raubt. Wie müssen Sie mich lieben! Ich würde zu sehr vor mir erröthen, wenn ich nicht mein Stillschweigen einiger Verzeihung würdig hielte ; (mein lezter Brief ist für keinen Brief zu rechnen !) u wenn die Ursachen meines Schweigens etwas geringers wären, als die Schmerzen der Liebe, u zwar die Schmerzen der Liebe, die ich empfunden habe. Diese Schmerzen sind izo zu einer Höhe gestiegen, daß es mir vorkömmt, als wenn ich sie geruhiger ertrage, weil sie durch ihre Grösse meiner würdig geworden sind. Vielleicht sind diese Gedanken mehr eine Frucht meiner Betäubung, als meiner Beruhigung. Vielleicht sind sie den Bergen gleich, welche, wie die Poeten es gesehen haben wollen, den Himmel unterstüzen. Aber Si fractus inclinet se olympus, Ah pavidum ferient ruinae Zum mindsten macht mich diese scheinbare Beruhigung fähig, izt an Sie zu schreiben. Aber ich will erst von den Schmerzen meines Freundes reden, dAeAnn will ich Sie auch einen Schritt in die Gegenden meiner Unruh führen. Ihr redlicher Vater ist gestorben. Weinen Sie immer, mein liebster Freund, weinen Sie immer, wie ich um die Mitternacht weine. Sie zu trösten, wäre mir zu ungestüme Freundschaft. Ich habe auch einen rechtschaffnen Vater, der tugendhaft u glücklich war. Er wurde unglücklich, aber er blieb tugendhaft. Vielleicht wird er auch unglücklich sterben. Doch wie kann ich ihn unglücklich nennen. Mich überfällt ein Schauer, daß ich dieses gesagt habe. Wie ehrwürdig u heilig ist eine Seele, die leidet, u groß bleibt. Lassen Sie uns die Glückseeligkeit mit einer andern Wage wägen. Die volle Schale der scheinbaren Glückseeligen steige zur Hölle, u die Schale derer, die edel sind, u leiden, gen Himmel! Dieß singen Sie einmal, mein Freund, wenn Sie sich wieder ermannt haben, der Welt, u die Welt erzittre, wenn sie höret den Klang der goldenen Wage, u das Niederstürzen der vollen Schale, u die furchtbare Leyer. Ich bin auf einmal poetisch geworden. Vielleicht sind aber diese Gedanken so erhaben und so wahr, daß man sie entehren würde, wenn man sie unpoetisch sagte. Haben Sie Ihren Vater sterben gesehn? Das ist ein süsser wehmutsvoller Trost, diejenigen, die wir lieben, bis dahin zu begleiten, wo die äussersten Gränzen der Dunkelheit sind, die vor unsern Augen hängt. — Vidisti vultum morientis, et ora Ora modis — — pallentia miris?

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So nahe führe ich Sie Ihrem Schmerze. Sie sollen ihm gerade ins Angesicht sehen, u ich will Sie gar nicht trösten. Das habe ich, wenn Sie erst werden weinen können, der Wehmut Ihrer Thränen überlassen. Ich will Ihnen eine Stelle aus dem fünften Gesänge des Mess, hierher schreiben. Lesen Sie dieselbe ohne ihre Verbindung. Diese zu sagen würde gar zu weitläuftig seyn. Sie heißt: Mirja erzog fünf Söhne, die macht er tugendhaft. Reichthum Ließ er den Tugendhaften nicht da. Sie sahen ihn sterben. Lassen Sie uns, mein liebster Schlegel, kühn glücklich seyn, u stolz auf unsre Vorzüge. Unsere Väter, die entweder schon entschlafen sind, oder noch entschlafen werden, seegneten uns, da sie starben. Die Natur hatte uns schon vorher geseegnet, da sie uns schuf, u unsere Freunde für uns. Dieses Glück ist dem Pöbel unsichtbar, u wer so kühn, oder weise ist, es jedem andern Glücke vorzuziehn, der gleicht einem, der edel genug ist ohne Zeugen tugendhaft zu seyn. Vor Gott erzittert er, ihm seine Tugend zu zeigen, denn der ist der Unendliche, u ihm sind sie zu klein : dem Pöbel, will er sie nicht zeigen, denn dem sind sie zu groß. — — Lassen Sie mich hier abbrechen. Ich sollte Ihnen überhaupt nicht Dinge wiederhohlen, die Sie wissen, u die sie erhabner denken. Non si priores Maeonides tenet Sedes Homerus, pindaricae latent. Ich habe Ihnen versprochen, Ihnen etwas von den Schmerzen meiner Liebe zu sagen. Aber halten Sie mich nur nicht bey meinem Versprechen. Ich bin zu voll davon. "Wenn ich Sie einmal wieder werde umarmen können, denn will ich Ihnen recht viel davon erzählen. Aber auch denn werde ich sehr unordentlich erzählen, u Sie werden mich fragen müssen. Einige kleine Züge davon, einige kurze Aussichten in diese unendlichen Gegenden, werden Sie aus dieser alcäischen Ode sehen. Das ist was recht verwundersames u ehrwürdiges, eine Seele, die die Schmerzen einer so zärtlichen Liebe leidet. O mein Gott, was hat sie da für Gedanken ! Und welche Empfindungen, die die Stimme des Menschen nicht sagen kann. — — Ich habe noch keine Hofnung, durch diese Liebe glücklich zu seyen. Aber in manchen Stunden, wenn ich recht süß träume, bezeugt mir mein Herz, daß ich Geliebet werde. Meine göttliche Daphne versteht die kleinsten Wendungen meines Herzens, auch da, wenn sie kaum zu Minen werden. Mich deucht, da ich einmal an Ihrer Hand weinte, habe ich Sie zittern gesehn. Sie empfindet den Messias, wie Sie ihn empfinden. Eine Stelle aus dem fünften Ges. die Sie mich etlichemal hinter

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einander lesen hieß, u bey der Sie mir die Hand sanft drückte, u seufzte, ist mir noch immer heilig u unvergeßl. Ich muß Ihnen einige Verbindung dieser Stelle sagen. Es redet ein Vater eines Menschengeschlechts, das unschuldig blieb, u nicht sterblich wurde. Er hat seinen Kindern kurz vorher unsern Tod beschrieben. In ihr Elend vertieft stirbt eine theure Geliebte An der Brust des zärtlichen Jünglings. Die Himmlische Liebe Ist beynah noch allein, in paradiesischer Schöne, Als ein Zug des göttlichen Bildes, den Sterblichen übrig, Aber nicht lange, sie sterben, u Gott erbarmt sich nicht ihrer, Nicht des abschiednehmenden Lächelns der theuren Geliebten Nicht des brechenden Blicks, der gern noch weinte, der Angst nicht, Die sie betet, u Gott, nur um eine Stunde noch, anfleht, Nicht der Verzweiflung des bebenden Jünglings, der stumm sie umarmet, Deiner auch nicht, verlassene Tugend, zu welcher die Liebe Und ihr zartes Gefühl die beyden Sterblichen aufhub. Ihrem Bruder, den Sie noch nicht kennen, u der Sie, mein Schlegel, liebt, der mein zärtlicher u der erste Freund meiner Jugend ist, habe ich mein ganzes Herz eröfnet. Er hat sehr viele mir unvergeßliche Zeilen an mich geschrieben, unter andern auch, daß diese Liebe dasjenige sey, was er längst gewünscht. Er sagt : Freund, ich kannte dein Herz des Mädchens Zärtlichkeit kannt ich, Siehe, drum bat ich sie dir heimlich vom Himmel herab. Gleichwohl kommen so viel unheilige Umstände (ich mag sie wohl so nennen weil sie weder ihr noch mein Herz angehn) wieder mich zu sammen, daß ich fast ganz ohne Hofnung bin. Ich fühle einen unwiederstehlichen Hang, u eine gewisse Gewissenhaftigkeit meines Herzens dieses göttliche Mädchen ewig zu lieben, wenn sie mich auch nicht wieder liebt. Und entweder ein unaussprechliches Glück, oder eine immerwährende Wehmut wird mein ganzes Leben beschäftigen. Wenn Sie eine poetische u freundschaftliche Philosophie haben, mich zu trösten, so müssen Sie dabey meine Liebe u ihre Schmerzen in diesem Gesichtspunkt ansehn. Ach, wie wünschte ich, Ihnen meine mitternächtlichen Thränen beschreiben zu können. Das muß ein furchtbarer Schmerz seyn, wem seine Geliebte stirbt: aber er hat sie doch besessen! Ach wie würde ich Sie so zärtlich lieben ! u wie ist mein Schmerz so groß !

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Qualis populea moerens philomela sub umbra Flet noctem — Eurydicen vox ipsa et frigida lingua Ah teneram Eurydicen anima fugiente vocabat. Welche Messiade könnte ich Ihnen noch erzählen, wenn nicht mein Schmerz dabey zu groß würde. Denn ich habe Ihnen wirklich sehr wenig erzählt. Hier schicke ich Ihnen auch eine Ode, die ich noch vor einem Leipziger Camine gemacht habe, da Giseke auch fort war. Diese gedruckte sterbliche Elegie ist mir um zwoer Zeilen wegen lieb. Diese Erzählung schencke ich Ihnen, wenn Sie sie haben wollen. Verbrennen Sie dieselbe, oder machen Sie sie nach manchen väterlichen Verweise zu einer Ihrer wohlgezognen Töchter. Werden Sie sich mit der kleinen sterblichen auch so viel Mühe machen wollen? was macht Elias Schlegel ? Und wie liebt er ? Fortunati ambo ! Sie nehmen mir doch meinen Virgil nicht übel? Wenn ich auf diese Weise in meinen Briefen lateinisch rede, so kommen sie mir wie Luthers spruchreiche Predigten vor, die noch keine heilige Reden waren. Leben Sie wohl, mein liebster Schlegel, u wenn Sie Ihre kindlichen Thränen einmal mit mitleidigen freundschaftsthränen abwechseln wollen; so schreiben Sie an mich. Ich bin Ihr Freund F. G. Klopstock.

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1 8 . AN H A L L E R , L A N G E N S A L Z A , 1 7 . OKTOBER 1 7 4 8

Langensalz den iyten Oct. 1748 Hochedelgeborner Herr, Wie vergnügt bin ich, daß ich das Glück schon habe, Ihnen bekannt zu seyn, da ich Ihnen diesen Brief von Herrn Bodmer zu übersenden habe. Da Er aus eignem Triebe an Sie schreibt: so laße ich Ihm, seine vielleicht zu zärtliche Freundschaft gegen mich, u die Bemühung, die er Ihnen, von dieser Freundschaft angetrieben, meinetwegen macht, selbst verantworten. Seine edle Freundschaft, die die Vorsehung zu leiten scheint, hat mich sehr gerührt. Sie haben, Hochedelgeborner Herr, auch schon viel Antheil an meinem Schicksale genommen. Ich weis, Sie glauben mir,

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1 9 . O k t o b e r , 5. N o v e m b e r , 2. D e z e m b e r

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wenn ich Ihnen sage, daß eine, wenn ich nicht irre, weise Furchtsamkeit, Ursach gewesen ist, daß ich Ihnen noch nicht meine Dankbarkeit aus vollem Herzen u mit aller der Entzückung gesagt habe, mit welcher ich Ihre Bemühungen für mich empfunden habe. Ich will einmal stolz reden. Wie anständig würde ein Glück für mich seyn, an dem zween solche Männer, wie Sie u Bodmer sind, gearbeitet hätten. Leben Sie so glücklich, wie Sie verdienen. Ich verharre allzeit Hochedelgeborner Herr, Ihr gehorsamster Diener F. G. Klopstock

19.

AN

BODMER,

LANGENSALZA,

19.

OKTOBER,

5.

NOVEMBER,

2.. D E Z E M B E R I748 Langensalz 1748 Hochedelgebohrner Herr, Theurster Freund, Wie sehr haben Sie mich durch alle Ihre großmütigen Bemühungen für mich gerührt ! Und wie sehr gehöret Ihnen das volle Herz meiner ganzen Freundschaft zu! Wenn Sie empfinden, daß Sie edel handeln, wenn Sie das Glück meinentwegen würdigen, sich nach ihm unter den Glückseelig scheinenden umzusehn : so empfinde ichs eben so sehr, daß ich Sie zärtlich liebe, u daß ein Glück mir sehr anständig seyn wird, welches Sie, wenn Ihnen Ihre Unternehmungen gelingen, von der Hand der Vorsehung nehmen u es mir zu führen werden. Der göttliche Poet, Young, sagt an einem Orte in seinen Nachtgedanken, so viel ich davon mich erinnere: Du hast die Welt sehr herrlich um dich her gemacht, u die Sternen in ihren wunderbaren Kreisen daher geführt, Gott! Aber eine Thräne eines Tugendhaften, die er über einen Unglükseeligen weinet, ist viel was grössres, als dieß alles. — Ich weis, Sie kennen mich so, daß Sie mir hier keinen Mangel des männlichen Muts im Unglücke vorwerfen. Mein Unglück besteht auch nur darinn, daß mich einige äusserliche Umstände in dem Besize desjenigen, was ich eigentlich Glück nenne, beunruhigen. (Hiervon nehme ich die Schmerzen meiner Liebe aus.) Mein Auge ist schon an diese Aussichten gewöhnt, u ich rühme mich noch keines grossen Muts, wenn ich sage, daß ich, seitdem ich ein Jüngling bin, frey u standhaft meinem Schicksale in die Augen gesehn habe. Meine Eltern, die sehr rechtschaffen sind, haben Vermögen gehabt, u

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19. Oktober,

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sind ohne Ihr Verschulden unglücklich geworden. Seit der Zeit, da Sie nicht mehr haben für mich sorgen können; so hat mein theuerster Freund, Schmid, unter meinen Verwandten auf die edelste Art für mich gesorgt. Ich habe die Fußtapfen der himmlischen Vorsehung mitten in meinem Unglück oft bemerkt, u sie hinten nach angebetet. Ich will hier abbrechen. Mich überfällt ein Schauer, daß ich diese Vorsehung kenne, u noch vom Unglück rede. Aber das darf ich noch wohl sagen, daß ich mich sehr oft nach der heiligen Musse sehne, die ich der Ausarbeitung des Mess, gern ganz widmen möchte. Wie wünschte ich, Gedanken gleich nach ihrer Entstehung u, so zu sagen, in der ersten Hize ihrer Jugend ausbilden zu können, die ich mich, weil ich gestört werde, begnügen muß, nur mit einigen unvollkommenen Zügen, u nur mit wenigen kennbaren Merkmalen ihrer vornehmsten Seite, aufzuschreiben, damit ich sie künftig einmal wieder finden kann, aber sie vielleicht oft nicht auf derjenigen Seite, wie ich sie zuerst dachte, u in der ganzen Eröfnung ihrer Aussicht wiederfinden werde. Sie sehen leicht, daß noch viele andre Dinge meines Gedichts von dieser Musse abhängen. Doch ich will dieses auch der Vorsehung überlassen. Den i