Tracking Stock Strukturen im US-amerikanischen und deutschen Aktienrecht [1 ed.] 9783428513666, 9783428113668

Geschäftsbereichsbezogene Eigenkapitalstrukturen - sog. tracking stocks - werden in den USA seit längerer Zeit eingesetz

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Tracking Stock Strukturen im US-amerikanischen und deutschen Aktienrecht [1 ed.]
 9783428513666, 9783428113668

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Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 171

Tracking Stock Strukturen im US-amerikanischen und deutschen Aktienrecht Von Alexander F. Nolte

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

ALEXANDER F. NOLTE

Tracking Stock Strukturen im US-amerikanischen und deutschen Aktienrecht

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 171

Tracking Stock Strukturen im US-amerikanischen und deutschen Aktienrecht Von Alexander F. Nolte

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Trier hat diese Arbeit im Wintersemester 2002 / 2003 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2004 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten (Allgäu) Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 3-428-11366-7 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meiner Familie

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2002 / 2003 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Trier als Dissertation angenommen. Die Nachweise zur US-amerikanischen Literatur und Rechtsprechung befinden sich im wesentlichen auf dem Stand von Sommer 2000, vereinzelt konnte Literatur nach diesem Zeitpunkt berücksichtigt werden. Deutsche Literatur und Rechtsprechung konnte bis Sommer 2003 eingearbeitet werden. Dies gilt insbesondere für die parallel zu der vorliegenden Arbeit entstandenen Untersuchungen von Sandra Thiel (Spartenaktien für deutsche Aktiengesellschaften, Köln 2000) und Martin Tonner (Tracking Stocks, Köln 2002), die in Form von Verweisen soweit wie möglich berücksichtigt werden konnten. Mein Dank gilt meinem Doktorvater Prof. Dr. Peter Marburger, der nicht nur die vorliegende Arbeit betreut, sondern mich über viele Jahre unterstützt und gefördert hat. Prof. Dr. Peter Reiff danke ich herzlich für die Erstellung des Zweitgutachtens. Mein Dank gebührt weiterhin allen, die die Entstehung der Arbeit auf unterschiedlichste Art und Weise unterstützt haben. Zuvorderst danke ich meinen Eltern sowie meiner Schwester, die mir den Rückhalt gegeben haben, ohne den ein wissenschaftliches Arbeiten über eine so lange Zeit nicht möglich gewesen wäre. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Meinem Vater danke ich speziell für die tatkräftige Unterstützung beim Korrekturlesen. Mein Dank gebührt weiterhin Frau Astrid Bischoff, LL.M., die in langen Jahren unendliche Geduld bewiesen und mir über so manche Klippe hinweg geholfen hat. Darüber hinaus gilt mein Dank all den Mitarbeitern des Instituts für Umwelt- und Technikrecht der Universität Trier (IUTR), die an der Entstehung dieser Arbeit Anteil genommen haben. Dank gebührt zuletzt auch Prof. Dr. Dieter Rückle, der mich im Rahmen meines Betriebswirtschaftsstudiums dafür sensibilisiert hat, daß jedwede externe Rechnungslegung durch den geprägt sein muß, der sie erstellt hat. Dem Deutschen Akademischen Austauschdienst danke ich für die finanzielle Unterstützung meines Forschungsaufenthaltes an der Harvard Law School. Die vorliegende Arbeit wurde mit dem Förderpreis der Universität Trier 2003, gestiftet durch die Wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Gesellschaft Trier e.V., ausgezeichnet. Dafür bedanke ich mich herzlich. Hamburg, Oktober 2003

Alexander F. Nolte

Inhaltsübersicht Einleitung und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

Erstes Kapitel Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen in den USA

28

A. Überblick über das tracking stock Konzept in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

I. Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

II. Historische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

III. Ziele und Motive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

IV. Überblick über die Nachteile und Gefahren einer tracking stock Struktur . . . . . .

36

B. Die rechtliche Dimension des tracking stock Konzepts in den USA . . . . . . . . . . . . . . . .

37

I. Die ,business corporation‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

II. Das tracking stock Konzept aus der Sicht des Delaware ,corporation law‘ . . . . . .

48

III. Verfahrensschritte zur Einführung einer tracking stock Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . 149 C. Fazit zur rechtlichen Dimension des tracking stock Konzepts in den USA . . . . . . . . . . 155 Zweites Kapitel Ansätze und Grundlagen für die Umsetzung des tracking stock Konzepts ins deutsche Gesellschaftsrecht

157

A. Überblick über die Ansätze zur Einführung divisionalisierter Gewinnbeteiligungen außerhalb der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer Aktiengesellschaft . . . . . . . . 158 I. Divisionalisierte Gewinnbeteiligungen bei der GmbH und den Personen(handels)gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 II. Divisionalisierte Gewinnbeteiligungen im Rahmen schuldrechtlicher Gestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 III. Würdigung der Ansätze vor dem Hintergrund des tracking stock Konzepts . . . . . 163

10

Inhaltsübersicht

B. Anforderungen und Rahmenbedingungen für eine Umsetzung des tracking stock Konzepts in der Rechtsform einer deutschen Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 I. Begriffsbestimmung: Die Spartenaktie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 II. Grundlegende funktionale Anforderungen an eine Spartenaktie nach deutschem Aktienrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 III. Die Satzung der Aktiengesellschaft als Gestaltungsinstrument . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 IV. Der Begriff der Aktiengattung nach § 11 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 V. Die Spartenorganisation im deutschen Aktienrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 Drittes Kapitel Gestaltung der Satzungsregelungen zur Umsetzung des tracking stock Konzepts in Deutschland

187

A. Die Ausgestaltung der mitgliedschaftlichen Rechte einer Spartenaktie . . . . . . . . . . . . . 187 I. Die wirtschaftlichen Mitgliedschaftsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 II. Das Stimmrecht und die Informationsversorgung in einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 B. Einführung und Auflösung einer tracking stock Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 I. Nachträgliche Veränderbarkeit mitgliedschaftlicher Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 II. Einführung der tracking stock Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 III. Auflösung der tracking stock Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 C. Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 Viertes Kapitel Organentscheidungen vor dem Hintergrund spartenorientierter wirtschaftlicher Mitgliedschaftsrechte

285

A. Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 B. Organentscheidungen der Hauptversammlung im Falle einer tracking stock Struktur 286 I. Die Beschlüsse der Hauptversammlung nach § 119 Abs. 1 AktG und ihr Konfliktpotential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287

Inhaltsübersicht

11

II. Anwendbarkeit der aktienrechtlichen Generalklauseln zur Kontrolle der Interessenkonflikte in der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 III. Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 C. Organentscheidungen von Vorstand und Aufsichtsrat im Falle einer tracking stock Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 II. Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 III. Leitmaximen für Vorstand und Aufsichtsrat in einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 IV. Das Entscheidungsverfahren im Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 D. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 Fünftes Kapitel Die Spartenaktie und der Grundsatz der Satzungsstrenge nach § 23 Abs. 5 AktG

331

A. Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 B. Die Zulässigkeit einer spartenbezogenen Gewinnverteilung nach § 60 Abs. 3 AktG 332 I. Rechtliche Anforderungen an eine Gewinnverteilungsregelung nach § 60 Abs. 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 II. Spezifische Probleme einer spartenbezogenen Gewinnverteilung vor dem Hintergrund von § 60 Abs. 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 C. Die Spartenaktie und der Grundsatz der Satzungsstrenge außerhalb des § 60 Abs. 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 D. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 Sechstes Kapitel Zusammenfassung und Ergebnisse der Untersuchung

353

Anhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 Unternehmensbezogene Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425

Inhaltsverzeichnis Einleitung und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

Erstes Kapitel Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen in den USA

28

A. Überblick über das tracking stock Konzept in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

I. Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

II. Historische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

III. Ziele und Motive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

IV. Überblick über die Nachteile und Gefahren einer tracking stock Struktur . . . . . .

36

B. Die rechtliche Dimension des tracking stock Konzepts in den USA . . . . . . . . . . . . . . . .

37

I. Die ,business corporation‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

1. Strukturen und Rechtsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

2. Die Gestaltungsfreiheit in den US-amerikanischen ,corporation laws‘ – das ,certificate of incorporation‘ und die ,by-laws‘ als Regelungsinstrumente . . .

43

II. Das tracking stock Konzept aus der Sicht des Delaware ,corporation law’ . . . . . .

48

1. Regelungsstrukturen im ,certificate of incorporation‘ am Beispiel von General Motors Corp. und US West, Inc. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

a) Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

b) Das Dividendenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

aa) Ausgestaltung des Dividendenrechts bei General Motors . . . . . . . . . . . .

57

bb) Dividendenrecht bei US West . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

cc) Rechnungslegung und Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

(1) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

(2) Die Rechnungslegung als Grundlage des Dividendenrechts . . . . . (a) US-GAAP als Grundlage der Spartenrechnungslegung . . . . . (b) Spartenrechnungslegung zwischen Einzel- und Konzernabschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Methodisches Vorgehen bei der Erstellung der Rechnungslegung im einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69 70 72 74

14

Inhaltsverzeichnis (3) Periodische Berichtspflichten nach den ,securities laws‘ . . . . . . . .

79

(4) Würdigung der Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

dd) Würdigung des Dividendenrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

(1) Grundstruktur der Dividendenrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

(2) Gläubigerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

(3) Kompetenzumfang des ,board of directors‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

(4) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

c) Das Recht auf einen Anteil am Abwicklungsüberschuß . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

aa) General Motors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

bb) US West . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

cc) Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

d) Das Bezugsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

e) Das Stimmrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

aa) Stimmrechtsgestaltung bei General Motors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97

bb) Stimmrechtsgestaltung bei US West . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

cc) Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 f) Das Recht auf Einsichtsnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 g) Reversibilität der tracking stock Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 aa) General Motors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 bb) US West . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 cc) Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 h) Zusammenfassung der Ergebnisse aus der Betrachtung der Regelungsstrukturen bei GM und US West . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 2. Die Auswirkungen der widerstreitenden Gattungsinteressen in einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 a) Die konfliktären Aktionärsinteressen in einer tracking stock Struktur und der Einfluß des ,board of directors‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 aa) Die Aktionärsinteressen in einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 (1) Ausgangspunkt: Gesellschaft mit herkömmlicher Eigenkapitalstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 (2) Gesellschaft mit tracking stock Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Rivalität der Gattungsinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Gleichlauf der Gattungsinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Auflösungsoption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Fehlende rechtliche Begründung der widerstreitenden Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

117 117 119 120 120

bb) Auswirkungen der Entscheidungen des ,board‘ auf die Gattungsinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 cc) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

Inhaltsverzeichnis

15

b) Überblick über die Entscheidungssituation in der Hauptversammlung sowie den Minderheitenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 c) Die Interessenkonstellation und die Pflichtenstellung der ,directors‘ . . . . . aa) Überblick über die Pflichten der ,directors‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die ,duty of care‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) § 144 (a) Del.Gen.Corp.L. und die ,duty of loyalty‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Ansatz zur Fortentwicklung der Rechts- und Pflichtensituation . . . . . . ee) Die ,business judgment rule‘ und die ,duty of fairness‘ nach dem Ansatz von Hass . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

125 125 130 131 133 135 136

d) Strukturelle Ansätze zur Abmilderung der Auswirkungen der Interessengegensätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 e) Ausführungen zur Interessenkonstellation in den Ausgabeprospekten . . . . 138 f) Entscheidungen des Delaware Court of Chancery zu tracking stock Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Breach of Contract . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Fiduciary Duty Issue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Hughes-Urteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) EDS-Urteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Shareholder Ratification . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

142 143 143 144 144 146 146 147

g) Fazit zur Betrachtung der Interessensituation in einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 III. Verfahrensschritte zur Einführung einer tracking stock Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . 149 1. Verankerung der tracking stock Struktur im ,certificate of incorporation‘ . . . 149 2. Ausgabe und Registrierung der Aktien der tracking stock Gattungen . . . . . . . . 153 C. Fazit zur rechtlichen Dimension des tracking stock Konzepts in den USA . . . . . . . . . . 155 Zweites Kapitel Ansätze und Grundlagen für die Umsetzung des tracking stock Konzepts ins deutsche Gesellschaftsrecht

157

A. Überblick über die Ansätze zur Einführung divisionalisierter Gewinnbeteiligungen außerhalb der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer Aktiengesellschaft . . . . . . . . 158 I. Divisionalisierte Gewinnbeteiligungen bei der GmbH und den Personen(handels)gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 1. GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 2. Personen(handels)gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160

16

Inhaltsverzeichnis 3. Realisierung divisionalisierter Gewinnbeteiligungen über Minderheitsbeteiligungen in Konzernstrukturen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 II. Divisionalisierte Gewinnbeteiligungen im Rahmen schuldrechtlicher Gestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 III. Würdigung der Ansätze vor dem Hintergrund des tracking stock Konzepts . . . . . 163

B. Anforderungen und Rahmenbedingungen für eine Umsetzung des tracking stock Konzepts in der Rechtsform einer deutschen Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 I. Begriffsbestimmung: Die Spartenaktie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 II. Grundlegende funktionale Anforderungen an eine Spartenaktie nach deutschem Aktienrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 III. Die Satzung der Aktiengesellschaft als Gestaltungsinstrument . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 1. Grenzen der Satzungsautonomie in Form des Grundsatzes der Satzungsstrenge nach § 23 Abs. 5 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 a) Geschichte und ratio legis des § 23 Abs. 5 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 b) Systematik und Zulässigkeit von Abweichung und Ergänzung . . . . . . . . . . . 171 aa) Zulässigkeit einer Abweichung nach § 23 Abs. 5 S. 1 AktG . . . . . . . . . 172 bb) Zulässigkeit einer Ergänzung nach § 23 Abs. 5 S. 2 AktG . . . . . . . . . . . 172 c) Rechtsfolge bei Verstoß gegen § 23 Abs. 5 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 2. Überblick über die rechtlichen Grenzen der Satzungsautonomie außerhalb des § 23 Abs. 5 AktG – insbesondere das „Wesen der Aktiengesellschaft“ . . 176 3. Gesellschaftervereinbarungen als alternatives Gestaltungsinstrument? . . . . . . 177 IV. Der Begriff der Aktiengattung nach § 11 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 V. Die Spartenorganisation im deutschen Aktienrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 1. Die Aufbauorganisation – Funktional- und Spartenorganisation . . . . . . . . . . . . . 182 2. Überblick über die gesellschafts-, konzern- und mitbestimmungsrechtlichen Aspekte der Spartenorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 Drittes Kapitel Gestaltung der Satzungsregelungen zur Umsetzung des tracking stock Konzepts in Deutschland

187

A. Die Ausgestaltung der mitgliedschaftlichen Rechte einer Spartenaktie . . . . . . . . . . . . . 187 I. Die wirtschaftlichen Mitgliedschaftsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 1. Das Dividendenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 a) Überblick über die Gewinnverwendung und -verteilung in der Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

Inhaltsverzeichnis

17

b) Spartenorientierte Gewinnverteilung als Grundlage des Dividendenrechts 192 aa) Ausgangspunkt: § 60 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 bb) Verwendete Größen, grundlegende Zusammenhänge sowie Annahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 (1) Verwendete Größen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 (2) Rechnerische Zusammenhänge zwischen den verwendeten Größen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 (3) Grundannahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 cc) Verteilungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 (1) Gemeinsame Grundüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Berücksichtigung der internen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Auflösung und Bildung von Rücklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Verrechnung externer Verluste der Geschäftsbereiche . . . . . . . (d) Negative Rücklagenanteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

198 198 199 200 200

(2) Verteilungsregelung I: Verteilung nach Maßgabe der Rücklagenanteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 (3) Verteilungsregelung II: Verteilung nach Maßgabe der externen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 (4) Verteilungsregelung III: Verteilung nach Maßgabe der um die internen Erfolge korrigierten externen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . 205 (5) Würdigung der Verteilungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 dd) Überblick über mögliche Variationen der Verteilungsregelungen . . . . 210 (1) Kombination mit einer Verteilung nach Grundkapitalanteilen . . . 210 (2) Kombination mit einer Vorzugsdividende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 (3) Beteiligung im Sinne eines ,retained interest‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 ee) Überblick über die Gewinnverteilung bei drei und mehr Geschäftsbereichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 c) Die spartenorientierte Gewinnverteilung und das gesetzliche System der Gewinnverwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 d) Die Spartenrechnungslegung und die Ermittlung spartenbezogener Erfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 aa) Funktionen der Spartenrechnungslegung in einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 bb) Spartenorientierte Rechnungen in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 cc) Methode zur Erstellung der Spartenrechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 e) Würdigung des Dividendenrechts einer Spartenaktie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 2. Das Recht auf einen Anteil am Abwicklungsüberschuß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 3. Das Bezugsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 a) Problemstellung: Auswirkungen einer regulären Kapitalerhöhung und eines genehmigten Kapitals auf die mitgliedschaftliche Stellung der Spartenaktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 2 Nolte

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Inhaltsverzeichnis b) Auswirkungen von Kapitalerhöhungen auf bisher bekannte Aktiengattungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 c) Möglichkeiten zur Anpassung des Bezugsrechts an die tracking stock Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 aa) Ausschluß oder Modifikation des Bezugsrechts durch die Satzung . . 239 bb) Einschränkungen des Bezugsrechts durch den Kapitalerhöhungsbeschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 (1) Vollständiger Ausschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 (2) Kapitalerhöhung mit ,pari passu‘ Ausgabe der jungen Aktien und gekreuztem Bezugsrechtsausschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 (3) Ausgabe mit teilweisem Bezugsrechtsausschluß . . . . . . . . . . . . . . . . 243 (4) Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 d) Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 II. Das Stimmrecht und die Informationsversorgung in einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 1. Das Stimmrecht in einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur . . . . . . . . . . . 249 2. Die Informationsversorgung der Aktionäre in einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur – individuelle Informationsrechte und die Spartenberichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 a) Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 b) § 175 Abs. 2 AktG und die Spartenberichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 aa) Inhalt und Form der Spartenberichterstattung sowie rechtliche Grenzen der Offenlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 (1) Grundsätzliche Struktur einer Spartenberichterstattung . . . . . . . . . 255 (2) Anhang und Lagebericht als Ort der Spartenberichterstattung . . . 256 (3) Rechtliche Grenzen der Spartenberichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . 258 bb) Pflicht zur Spartenberichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 cc) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 c) Das Auskunftsrecht des Aktionärs aus § 131 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 aa) Auskunftsanspruch nach § 131 Abs. 1 AktG und spartenorientierte Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 bb) Gründe für eine Auskunftsverweigerung nach § 131 Abs. 3 AktG . . . 268 cc) Zusammenfassung zum Auskunftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 d) Fazit zu den Informationsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271

B. Einführung und Auflösung einer tracking stock Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 I. Nachträgliche Veränderbarkeit mitgliedschaftlicher Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 II. Einführung der tracking stock Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 1. Modifikation der Rechte der bestehenden Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275

Inhaltsverzeichnis

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2. Schaffung der neuen Spartengattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 a) Einführung einer neuen Spartengattung im Rahmen einer Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kapitalerhöhung gegen Einlagen nach §§ 182 ff., 192 ff. AktG mit Gewährung eines Bezugsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kapitalerhöhung gegen Einlagen nach §§ 182 ff., 192 ff. AktG unter Ausschluß des Bezugsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

276 276 276 277

b) Einführung der neuen Spartengattung mittels einer Neustücklung des Grundkapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 III. Auflösung der tracking stock Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 1. Angleichung der spartenbezogenen Rechte durch Satzungsänderung . . . . . . . . 279 2. Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 C. Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 Viertes Kapitel Organentscheidungen vor dem Hintergrund spartenorientierter wirtschaftlicher Mitgliedschaftsrechte

285

A. Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 B. Organentscheidungen der Hauptversammlung im Falle einer tracking stock Struktur 286 I. Die Beschlüsse der Hauptversammlung nach § 119 Abs. 1 AktG und ihr Konfliktpotential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 1. Nr. 1: Wahl des Aufsichtsrats; Nr. 3: Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 2. Nr. 2: Entscheidung über die Verwendung des Bilanzgewinns . . . . . . . . . . . . . . . 290 a) Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 b) Anfechtungsrecht aus § 254 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 c) Statutarische Modifikation der Gewinnverwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Eingeschränktes Stimmrecht beim Beschluß nach §§ 119 Abs. 1 Nr. 2, 58 Abs. 3, 174 Abs. 1 S. 1, 133 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Modifikation der Gewinnverwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verankerung eines Ausschüttungszwangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

295 296 296 297

d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 3. Nr. 5: Satzungsänderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 4. Nr. 6: Maßnahmen der Kapitalbeschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 2*

20

Inhaltsverzeichnis 5. Nr. 4: Bestellung des Abschlußprüfers; Nr. 7: Bestellung von Prüfern; Nr. 8: Auflösung der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 II. Anwendbarkeit der aktienrechtlichen Generalklauseln zur Kontrolle der Interessenkonflikte in der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 1. Der Gleichbehandlungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 2. Die Treupflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 b) Anwendbarkeit der Treupflicht zur Beherrschung spartenbezogener Interessenkonflikte am Beispiel der Gewinnverwendungsentscheidung . . . . . . . 308 III. Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312

C. Organentscheidungen von Vorstand und Aufsichtsrat im Falle einer tracking stock Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 II. Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 1. Die organschaftliche Treupflicht und private Vermögensinteressen . . . . . . . . . . 315 2. Der Gleichbehandlungsgrundsatz und das Verhältnis der Geschäftsbereiche 316 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 III. Leitmaximen für Vorstand und Aufsichtsrat in einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 1. Verbandsorientierte Sichtweise – der Verbandszweck und das Gesellschaftsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 2. Unternehmensrechtliche Betrachtung – das Unternehmensinteresse . . . . . . . . . 323 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 IV. Das Entscheidungsverfahren im Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 D. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 Fünftes Kapitel Die Spartenaktie und der Grundsatz der Satzungsstrenge nach § 23 Abs. 5 AktG

331

A. Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 B. Die Zulässigkeit einer spartenbezogenen Gewinnverteilung nach § 60 Abs. 3 AktG 332 I. Rechtliche Anforderungen an eine Gewinnverteilungsregelung nach § 60 Abs. 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333

Inhaltsverzeichnis

21

II. Spezifische Probleme einer spartenbezogenen Gewinnverteilung vor dem Hintergrund von § 60 Abs. 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 1. Eindeutige Erfassung der wirtschaftlichen Betätigung in den Spartenrechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 a) Fixierung der Geschäftsbereiche als Grundlage der Dividendenrechte . . . 338 b) Verankerung der Rechnungslegungsgrundsätze in der Satzung . . . . . . . . . . . 340 c) Verstoß gegen §§ 76 Abs. 1, 23 Abs. 5 AktG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 2. Geschäftsführungsentscheidungen außerhalb der Erstellung der Spartenrechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 3. Würdigung vor dem Hintergrund von § 60 Abs. 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 C. Die Spartenaktie und der Grundsatz der Satzungsstrenge außerhalb des § 60 Abs. 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 D. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 Sechstes Kapitel

Anhang I:

Zusammenfassung und Ergebnisse der Untersuchung

353

Anhänge

358

Überblick über die bisherigen tracking stock Transaktionen (Stand: 06 / 2003) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358

Anhang II: Auszug aus dem General Motors Corp. Restated Certificate of Incorporation vom 7. 6. 1996 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 Anhang III: General Motors Policy Board Statement Regarding Certain Capital Stock Matters vom 10. 10. 1997 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 Anhang IV: Auszug aus US West, Inc. Restated Certificate of Incorporation vom 31. 10. 1995 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 Anhang V: Übersicht über die spartenorientierten Verteilungsregelungen . . . . . . . . . . . . 400 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 Unternehmensbezogene Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425

Abkürzungsverzeichnis A.

Atlantic Reporter

A.2d

Atlantic Reporter, Second Series

A.3d

Atlantic Reporter, Third Series

Am.Bus.L.J.

American Business Law Journal

Baylor L.Rev.

Baylor Law Review

Bus.Law.

Business Lawyer

C.A.

Court of Appeals (Delaware)

Cal.L.Rev.

California Law Review

Cath.U.L.Rev.

Catholic University Law Review

Colum.Bus.L.Rev.

Columbia Business Law Review

Colum.L.Rev.

Columbia Law Review

Corp.

Corporation

Ct

Conneticut

Cyc.

Cyclopedia

DBW

Die Betriebswirtschaft

Del.

Delaware

Del.Ch.

Delaware Chancery Reports

Del.Gen.Corp.L.

General Corporation Law of Delaware

Del.J.Corp.L.

Delaware Journal of Corporate Law

Del.L.Rev.

Delaware Law Review

Duke L.J.

Duke Law Journal

Energy L.J.

Energy Law Journal

FASB

Financial Accounting Standards Board

Fed.Reg.L.J.

Federal Regulation Law Journal

Fed.Sec.L.Rep.

Federal Securities Law Report

GAAP

Generally Accepted Accounting Principles

Geo.L.J.

Georgetown Law Journal

Harv.L.Rev.

Harvard Law Review

Inc.

Incorporated

Int.Fin.L.Rev.

International Financial Law Review

J.Account.

Journal of Accountancy

J.Corp.Tax’n

Journal of Corporate Taxation

24

Abkürzungsverzeichnis

J.Fin.E.

Journal of Financial Economics

M&A

Mergers & Acquisitions

Mass.

Massachusetts

Mich.L.Rev.

Michigan Law Review

Minn.

Minnesota

N.C.L.Rev.

North Carolina Law Review

N.E.2d

North Eastern Reporter, Second Series

N.J.L.J.

New Jersey Law Journal

Nw.U.L.Rev.

Northwestern University Law Review

Pub.Util.Fort.

Public Utilities Fortnightly

SEC

Securities and Exchange Commission

Sec.Reg.L.J.

Securities Regulation Law Journal

seq.

sequi

Tex.L.Rev.

Texas Law Review

U.S.

United States

U.S.C.

United States Code

Va

Virginia

Va.L.Rev.

Virginia Law Review

Va.Stock.Corp.Act

Virginia Stock Corporation Act

Wake Forest L.Rev.

Wake Forest Law Review

Wall St.J.

Wall Street Journal

Im übrigen richten sich die Abkürzungen nach Kirchner, Hildebert / Butz, Cornelie: Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 5. Aufl. Berlin 2003.

Einleitung und Gang der Untersuchung Im Laufe des zwanzigsten Jahrhunderts ließen sich mehrere Wellen beobachten, in denen es zu vermehrten Unternehmenszusammenschlüssen kam. Die letzte Welle, die im Jahr 2000 zu Ende ging, war wohl eines der herausragenden Kennzeichen der Internet-Spekulationsblase, in der die Bewertungen von Unternehmen in schwindeserregende Höhen getrieben wurde. Entgegen diesem Trend hin zu immer größeren Unternehmenseinheiten („bigger is better“) gab es schon immer eine gewisse Zahl von Unternehmen, die den umgekehrten Weg gingen und einzelne besonders lukrative Geschäftsfelder mit hohem Kapitalbedarf und großen Wachstumsraten in Tochtergesellschaften ausgliederten und an die Börse brachten. Unter den gleichen strategischen Vorzeichen wie diese Ausgliederungen steht eine in Europa bislang weitgehend unbekannte Eigenkapitalstruktur, die in den USA als ,tracking stock‘ oder ,targeted stock‘ bezeichnet wird. Ziel dieser Gestaltung ist, ebenso wie im Falle einer echten Ausgliederung, einzelne Unternehmensteile konglomerater Konzerne einer separaten Bewertung auf den Kapitalmärkten zugänglich zu machen. Um dies ohne eine herkömmliche Ausgliederung zu erreichen, werden die Aktien der jeweiligen Gesellschaft in mindestens zwei unterschiedliche Gattungen aufgeteilt und die Kursentwicklung dieser Aktiengattungen durch unterschiedliche Maßnahmen an die wirtschaftliche Entwicklung entsprechender Geschäftsbereiche des Unternehmens gekoppelt. Im Ergebnis wird das Unternehmen damit nicht in einem echten gesellschaftsrechtlichen Sinne aufgespalten, sondern vielmehr lediglich rechnerisch geteilt. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit diesen sog. tracking stocks und verfolgt dabei zwei Ziele. Zum ersten sollen die heute in den USA existenten tracking stock Strukturen in rechtlicher Hinsicht gewürdigt werden. Einzugehen sein wird dabei auf die verwendeten Regelungsstrukturen und deren Funktionsweise, die rechtlichen Probleme, die sich nach US-amerikanischem Gesellschaftsrecht stellen, sowie die Auswirkungen, die eine derartige Eigenkapitalstruktur auf die Machtverteilung und die Interessen innerhalb einer ,corporation‘ hat. Die Analyse der rechtlichen Dimension des tracking stock Konzepts in den USA soll folgend als Grundlage für die Erreichung des zweiten Ziels der Arbeit dienen. Dieses besteht in der Untersuchung der Frage, inwieweit im Rahmen des geltenden Rechts tracking stock Strukturen auch in Deutschland zulässigerweise eingeführt werden könnten, welche Gestaltungen dazu notwendig und welche rechtlichen Restriktionen zu beachten wären.

26

Einleitung und Gang der Untersuchung

Entsprechend dieser Zielsetzung gliedert sich die Arbeit in folgende Abschnitte: Im ersten Kapitel, das sich mit tracking stocks in den USA beschäftigt, werden – nach einer kurzen Darstellung der hinter der Einführung von tracking stock Strukturen stehenden strategischen Überlegungen – die Gestaltung der Aktionärsrechte sowie die dabei verwendeten Regelungsstrukturen einer genaueren Untersuchung zugeführt. Danach werden die Auswirkungen dargestellt, die eine derartige Eigenkapitalstruktur auf das Gesamtgefüge einer Gesellschaft und insbesondere auf deren Leitung hat. Vor dem Hintergrund der so gewonnenen Ergebnisse sollen im zweiten Kapitel die Grundlagen für die Überlegungen zur Umsetzung des tracking stock Konzepts in deutsches Recht gelegt werden. Einzugehen sein wird insbesondere auf die grundsätzlich zur Verfügung stehenden Rechtsformen sowie auf die allgemeinen Grenzen der privatautonomen Gestaltung einer deutschen Aktiengesellschaft. Das dritte Kapitel steht vollständig im Zeichen der zur Verwirklichung einer tracking stock Struktur notwendigen Gestaltung der Satzung einer Aktiengesellschaft. Es geht darum, die notwendigen Satzungsregelungen zu erarbeiten und die mit den so gestalteten Aktionärsrechten verbundenen Probleme aufzuzeigen. Der Schwerpunkt des Kapitels liegt im gestalterischen Bereich. Bevor eine rechtliche Würdigung in den anschließenden Abschnitten erfolgen kann, muß ein bis heute nicht existentes deutsches Konzept einer tracking stock Struktur entwickelt werden, das konkret genug ist, um Gegenstand einer vertiefenden rechtlichen Analyse sein zu können. Im vierten Kapitel sind die Auswirkungen einer tracking stock Struktur auf die Interessen innerhalb einer deutschen Aktiengesellschaft sowie auf die Führung der Gesellschaft zu untersuchen. Das letzte Kapitel beschäftigt sich abschließend mit der rechtlichen Zulässigkeit einer tracking stock Struktur nach deutschem Recht vor dem Hintergrund des aktienrechtlichen Grundsatzes der Satzungsstrenge (§ 23 Abs. 5 AktG). Wie sich zeigen wird, sind die mit einer tracking stock Struktur verbundenen rechtlichen Problemstellungen sehr vielgestaltig und betreffen höchst unterschiedliche Bereiche des Gesellschaftsrechts. Aufgrund der Komplexität der rechtlichen Fragestellungen sowie der Tatsache, daß sowohl in den USA als auch in Deutschland die Diskussion um die rechtlichen Aspekte einer derartigen Eigenkapitalstruktur erst am Anfang steht, sieht die vorliegende Arbeit ihre Aufgabe darin, eine Bestandsaufnahme der mit einer tracking stock Struktur verbundenen rechtlichen Problemstellungen zu liefern und erste Lösungsvorschläge aufzuzeigen. Zugrunde gelegt wird dabei das geltende Recht. Eine Notwendigkeit für gesetzgeberische Aktivitäten, die die Einführung von tracking stock Strukturen in Deutschland vereinfachen würden, kann die vorliegende Untersuchung nicht erkennen. Die vorhandenen rechtlichen Rahmenbedingungen erscheinen ausreichend flexibel, um die mit einer derartigen Eigenkapitalstruktur angestrebten Ziele zu erreichen.

Einleitung und Gang der Untersuchung

27

Neben der Beschränkung auf das geltende Recht konzentriert sich die Untersuchung auf genuin gesellschaftsrechtliche Fragestellungen. Diese stehen an erster Stelle, wenn es darum geht, die Frage nach der Zulässigkeit einer derartigen Eigenkapitalstruktur nach deutschem Recht zu beantworten. Aspekte des Kapitalmarktrechts, die erst nach einer gesellschaftsrechtlichen Würdigung des Konzepts behandelt werden könnten, werden bewußt ausgeklammert. Gleiches gilt für konzernrechtliche Fragestellungen. Um ausreichend detailliert auf die sich auftuenden neuartigen Probleme eingehen zu können, beschränkt sich die vorliegende Arbeit in ihrem deutschen Teil auf den Modellfall einer unabhängigen Aktiengesellschaft, die weder Obergesellschaft noch abhängiger Teil eines Konzerns ist. Die Ausführungen verstehen sich insofern als grundlegende modellhafte Überlegungen.

Erstes Kapitel

Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen in den USA A. Überblick über das tracking stock Konzept in den USA Obwohl das Phänomen ,tracking stock‘ bereits Mitte der 80er Jahre in den USA zum ersten Mal an den Börsen in Erscheinung trat, befindet sich die rechtliche Aufarbeitung dieser Gestaltung immer noch in ihren Anfängen. Um die Ausführungen über die rechtlichen Strukturen, die zur Einführung einer derartigen Eigenkapitalstruktur notwendig sind, vorzubereiten, soll einführend ein kurzer Überblick über die wesentlichen Charakteristika von tracking stocks, ihre historische Entwicklung sowie die Motive gegeben werden, die zu ihrem Entstehen führten.

I. Begriff ,Tracking stocks‘ sind besonders ausgestaltete Aktiengattungen US-amerikanischer ,corporations‘. Eine präzise Bestimmung und Umschreibung dieser Gattungen aus juristischer Sicht – ohne umfangreichere Ausführungen zur Ausgestaltung einzelner Aktionärsrechte – bereitet nicht unerhebliche Probleme. Der Grund hierfür liegt darin, daß sich die stark kapitalmarkttheoretisch orientierten Vorstellungen und Ziele, die mit der Einführung von tracking stocks verbunden sind, nur ansatzweise in den rechtlichen Strukturen wiederfinden lassen, mittels derer die Aktien letztendlich gestaltet werden. Wie die folgende Untersuchung noch zeigen wird, fallen insoweit wirtschaftliche Idee und rechtliche Realität bis zu einem gewissen Grad auseinander. Als erste Annäherung läßt sich aus juristischer Sicht feststellen, daß mit dem Begriff tracking stock in den USA eine solche Aktiengattung einer ,corporation‘ bezeichnet wird, deren Aktien zwar weiterhin eine Beteiligung des Aktionärs an der ausgebenden Gesellschaft verbriefen, deren Vermögensrechte, insbesondere deren Dividendenrecht, aber nicht mehr die Tätigkeit des gesamten Unternehmens zugrunde liegen, sondern die sich am wirtschaftlichen Erfolg spezieller isolierter Teile des Unternehmens (,tracked units‘1) orientieren soll.2 Der 1 Andere Bezeichnung für diese Teile des Unternehmens bei Natusch, Tracking Stock, S. 47. 2 Stärker auf das Ziel der Aktien abstellend, die wirtschaftliche Entwicklung von Geschäftsbereichen im Kurs abzubilden, Jaeger, Targeted Stock, S. 6: „( . . . ) Stammaktien-

A. Überblick über das Konzept in den USA

29

Kurs der entsprechenden Aktien soll die wirtschaftliche Entwicklung der zugrundeliegenden Geschäftsbereiche nachbilden und nicht mehr an den Erfolg des Gesamtunternehmens gekoppelt sein. Im Ergebnis wird somit versucht, mittels bestimmter Gestaltungen die Illusion zweier oder mehrer getrennter börsennotierter Gesellschaften mit ihren jeweiligen Aktien hervorzurufen, obwohl aus rechtlicher Sicht weiterhin lediglich eine Gesellschaft besteht. In der Literatur finden sich neben der Bezeichnung ,tracking stock‘ weitere Begriffe. Während sich der Begriff ,targeted stock‘ ebenso wie der des ,tracking stock‘ auf das Ziel der Aktiengattung bezieht, die wirtschaftliche Entwicklung von Unternehmensteilen im Aktienkurs nachzuvollziehen (to track: verfolgen), knüpfen die Bezeichnungen ,alphabet stock‘ oder ,letter stock‘ an die Namensgebung der General Motors Corp. an, die ihre Aktien mit ,Class E‘ bzw. ,Class H Common Stock‘ bezeichnete.3 Wie die weitere Untersuchung noch zeigen wird, unterscheidet sich die Ausgestaltung der Aktionärsrechte im Falle von General Motors und von den später von anderen Unternehmen ausgegebenen tracking stocks. Insofern erscheint es zweckmäßig, diesen inhaltlichen Unterschied auch begrifflich festzuhalten. Der Unterscheidung von Jaeger4 folgend, soll deshalb die Ausgestaltungsvariante der Aktien bei General Motors als letter stock und die der späteren Unternehmen als targeted stock bezeichnet werden. Als Oberbegriff wird die Bezeichnung tracking stock verwandt. Das grundlegende Merkmal einer tracking stock Struktur besteht darin, daß ein Unternehmen, das in unterschiedlichen Geschäftsbereichen tätig ist und diese Bereiche auch organisatorisch trennt (Spartenorganisation),5 zwei neue Aktiengattunklasse, die von einem Unternehmen emittiert wird, um unmittelbar die wirtschaftliche Entwicklung einer bestimmten Geschäftseinheit ( . . . ) abzubilden.“ Der Definition von Natusch (Tracking Stock, S. 48, der als wesentliche Merkmale neben der spezifischen Ausgestaltung der Vermögensrechte noch die Emissionsmethoden („Verteilung an die gegenwärtigen Unternehmensaktionäre, Emission im Rahmen einer öffentlichen Plazierung oder Verteilung als einen Teil der Gegenleistung an die Aktionäre der erworbenen Gesellschaft.“), die Besteuerung (steuerfreie Ausgestaltung der Einführung) und die getrennte Börsennotierung der verschiedenen Aktiengattungen anführt, ist nicht zu folgen. Alle diese Merkmale beziehen sich auf die Ausgabemodalitäten, sagen über die Merkmale der Aktiengattung selber jedoch nichts aus. 3 Vgl. Natusch, Tracking Stock, S. 46. 4 Jaeger, Targeted Stock, S. 15 ff.; anders Natusch, Tracking Stock, S. 46, der die Begriffe synonym gebraucht; gegen eine begriffliche Unterscheidung auch Bauer, Targeted Stock, S. 30 ff. 5 Mit dem Begriff der Spartenorganisation (oder auch divisionale Organisation, Geschäftsbereichsorganisation oder M-Form Organisation) wird die Organisation eines Unternehmens bezeichnet, bei der auf der Ebene unterhalb der Geschäftsleitung eine Gliederung nach Objektgesichtspunkten vorgenommen wird (Bühner, Spartenorganisation, Sp. 2274 [2276]; Klee, DB 1974, 977; Grochla, FS Kosiol, S. 300 [309]). Objektgesichtspunkte können Produkte, Kunden oder Absatzregionen sein, wobei in der Praxis die Gliederung nach Produktgruppen vorherrscht (Bühner, Spartenorganisation, Sp. 2274 [2276]; zu den verschiedenen Möglichkeiten siehe Klee, DB 1974, 977 [979 f.]). Die sich aus der organisatorischen Zusammenfassung ergebenden Einheiten werden Sparten (oder auch Divisionen oder Geschäfts-

30

1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

gen ausgibt. Den jährlich gezahlten Dividenden dieser Gattungen wird jedoch grundsätzlich nicht mehr wie im Normalfall das Gesamtergebnis des Unternehmens zugrunde gelegt. Die Dividenden der Aktionäre der betreffenden Gattung sollen sich vielmehr lediglich am Gewinn desjenigen Geschäftsbereichs, der der betreffenden Aktiengattung zugeordnet ist, orientieren. In Abhängigkeit davon, welche Gattung von Aktien sie halten, erhalten die Aktionäre damit in gleichen Geschäftsjahren unterschiedlich hohe Dividenden, je nachdem wie hoch der Gewinn des betreffenden Geschäftsbereichs ausgefallen ist. Um die unterschiedlichen Dividendenhöhen bestimmen zu können und den Kapitalmärkten eine spartenorientierte Aktienbewertung zu ermöglichen, werden mittels gesonderter Rechnungslegungen für jeden Geschäftsbereich separate Ergebniszahlen ermittelt. Den Aktionären sowie den Kapitalmärkten werden diese Spartenrechnungen zu Informationszwecken zur Verfügung gestellt. Zwar bleiben die Aktionäre in allen Fragen stimmberechtigt, jedoch werden üblicherweise auch die Stimmrechte der tracking stock Gattungen verschieden ausgestaltet. Waren die Stimmrechte bei den letter stocks von GM noch nach fixen Verhältnissen gewichtet, so wurde bei den später folgenden targeted stocks ein variables Stimmgewicht verankert. Dieses richtet sich nach dem jeweiligen Börsenkurs der betreffenden Aktiengattung. Ein relativ höherer Kurs der einen Gattung führt zu einem höheren Stimmgewicht im ,annual shareholders meeting‘. Auf diese Weise wird erreicht, daß der Preis, der für eine Stimme auf dem Kapitalmarkt gezahlt werden muß, zu jedem Zeitpunkt unabhängig davon ist, welche Aktiengattung erworben wird. Neben der besonderen Ausgestaltung der Aktionärsrechte und der Tatsache, daß sparate Spartenrechnungen veröffentlicht werden, bleibt es jedoch dabei, daß die Anteilseigner an ein und derselben Gesellschaft beteiligt sind. So steht beispielsweise weiterhin sämtlichen Aktionären in allen Fragen ein Stimmrecht zu. Eine rechtliche Neugestaltung der Unternehmensstruktur im Sinne einer Ausgliederung der Geschäftsbereiche findet nicht statt. Die wirtschaftliche Idee, die hinter der Ausgabe von tracking stocks steht, ist zumindest im Ansatz überraschend einfach. Durch die Ausgabe mehrerer Aktiengattungen, die rechnerische Spaltung des Unternehmens in eigenständige Geschäftsbereiche und die anschließende Kopplung der Gattungen an die Geschäftsbereiche soll ein Ergebnis erreicht werden, das dem entspricht, das nach einer echten rechtlichen Spaltung der Gesellschaft bestehen würde.6 bereiche) genannt. Neben den nach Objektgesichtspunkten gegliederten Sparten werden Zentralabteilungen eingerichtet, die funktional bestimmt sind und die Spartenorganisation ergänzen (Bühner, Spartenorganisation, Sp. 2274 [2276 f.]; Kreikebaum, Zentralbereiche, Sp. 2603; Klee, DB 1977, 977 [978]). Vgl. ausführlicher zum organisationstheoretischen Hintergrund sowie den aus der Geschäftsbereichsorganisation resultierenden rechtlichen Problemen unten Zweites Kapitel: B.V. 6 Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2090); Jaeger, Targeted Stock, S. 6; Natusch, Tracking Stock, S. 56 f.; Steinberger / Hass, Tracking Stocks, S. 523 (525 f.).

A. Überblick über das Konzept in den USA

31

II. Historische Entwicklung Tracking stocks wurden in den USA erstmals Mitte der 80er Jahre emittiert.7 Eine Vorreiterrolle nahm dabei die General Motors Corp. (GM) ein. Bei der Übernahme der Electronic Data Systems Corp. (1984) und der Hughes Electronics Corp. (1985) wurden die Aktionäre dieser Gesellschaften nicht mit General Motors Stammaktien abgefunden, sondern erhielten GM-Aktien des jeweils neu geschaffenen ,Class E Common Stock‘ und ,Class H Common Stock‘. Das Dividendenrecht dieser Aktien sollte sich an der wirtschaftlichen Situation der jeweils übernommenen Gesellschaft (Hughes, EDS) orientieren. Anknüpfungspunkt für die Mitgliedschaftsrechte der tracking stock Gattungen bei GM waren somit die neu erworbenen Tochtergesellschaften (tracking stocks der ersten Generation: letter stocks).8 In der Folgezeit gaben die NL Industries Inc. (1986), die Chemical New York Corp. (1987) sowie die Republic Bank Corp. (1987) Aktien aus, die Elemente des trakking stock Konzepts aufwiesen, wohl aber aus heutiger Sicht nicht eindeutig diesem Konzept zugerechnet werden können.9 1991 emittierte die USX Corp. als erste US-amerikanische Gesellschaft Aktien eines tracking stock, deren Dividendenrecht sich nicht mehr allein auf eine Tochtergesellschaft bezog, sondern einen ganzen Unternehmensbereich (im Falle der USX Corporation den Stahl- und ÖlBereich) als Anknüpfungspunkt nahm (zweite tracking stock Generation: targeted stocks). 1993 wurden von Fletcher Challenge Ltd. die ersten tracking stock Gattungen in Neuseeland ausgegeben, 1996 folgte Inco Ltd. in Kanada, 2000 führte Alcatel die ersten tracking stocks in Frankreich ein und 2001 emittierte Sony die ersten tracking stocks in Japan. In der Folgezeit wuchs die Zahl der Unternehmen mit tracking stock Struktur stetig an. In der Zeit der Internet-Spekulationsblase stieß das Finanzierungsinstrument insbesondere im High-Tech Bereich – bei Telekommunikations- und Softwareunternehmen – auf reges Interesse. In vielen Fällen wurde durch die Einführung einer tracking stock Struktur versucht, die Internetaktivitäten der Unternehmen auszugliedern und einer gesonderten Bewertung auf den Finanzmärkten zugänglich zu machen (z. B. Staples Inc., Ziff Davis Inc., Donaldson Lufkin & Jenrette Inc., Walt Disney). Die Emission von AT&T 1999 stellte die bislang größte Transaktion dieser Art dar. Zwar sind bis heute die Stimmen nicht verstummt, die – berechtigterweise – vor den Auswirkungen der Interessenkonflikte 7 Ein den tracking stocks vergleichbares Konzept läßt sich in den Niederlanden erstaunlicherweise bis in das Ende des 19. Jahrhunderts zurückverfolgen. Schon die 1885 gegründete Société Nationale des Chemins de fer Vicinaux emittierte verschiedene Aktiengattungen, deren Dividendenrecht an den wirtschaftlichen Erfolg jeweils einer von der Gesellschaft betriebenen Eisenbahnlinien gekoppelt war. Dazu und zu einem weiteren Beispiel aus den Niederlanden Bauer, Targeted Stocks, S. 45 f.; Natusch, Tracking Stock, S. 61. 8 Vgl. ausführlicher zur Unterscheidung von ,letter stocks‘ und ,targeted stocks‘: Jaeger, Targeted Stock, S. 15 f.; Natusch, Tracking Stock, S. 64 ff. 9 Vgl. dazu Jaeger, Targeted Stock, S. 70.

32

1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

warnen, die durch eine derartige wirtschaftliche Aufspaltung eines Unternehmens entstehen. Dennoch kann zusammenfassend festgestellt werden, daß das tracking stock Konzept erheblich an Akzeptanz an den Kapitalmärkten und beim Management US-amerikanischer Konzerne gewonnen hat. Das zu Beginn der Entwicklung noch argwöhnisch betrachtete neuartige Finanzierungsinstrument wird zunehmend als wertvolle Alternative zur Restrukturierung US-amerikanischer Konglomerate angesehen. Ob sich diese Tendenz auch dann fortsetzen wird, wenn zum ersten Mal die negativen Seiten einer deratigen Eigenkapitalstruktur, die in der vorliegenden Untersuchung noch genauer aufzuzeigen sein werden, deutlich zu Tage treten werden, bleibt abzuwarten. Anhang I gibt einen Überblick über die bisherigen tracking stock Transaktionen.10 III. Ziele und Motive Die Ziele und Motive, die zur Entwicklung des tracking stock Konzepts geführt haben, sind sehr vielgestaltig und erheblich durch finanzmarkttheoretische Überlegungen beeinflußt.11 Die folgende kurze Übersicht versteht sich deshalb nur als Einstieg in diese Thematik. Umfassende Untersuchungen aus finanztheoretischer Sicht finden sich bei Billett / Mauer12, D’Souza / Jacob13, Jaeger14, Natusch15, Neish16 sowie Logue / Seward / Walsh17. Gerade die ersten tracking stock Emissionen standen in engem Zusammenhang mit Unternehmensakquisitionen. Im Falle von General Motors bestand bei der Übernahme von EDS und Hughes18 das Bedürfnis, ein Akquisitionsinstrument zu entwickeln, das die Bereitschaft der Aktionäre der zu übernehmenden Gesellschaft zu einem Aktientausch erhöhen sollte. Dazu wurde eine tracking stock Gattung geschaffen, deren Dividendenrecht an den Geschäftsbereich gekoppelt wurde, in dem auch die Zielgesellschaft tätig war und diese dann, nach erfolgter Übernahme, in den betreffenden Geschäftsbereich integriert. Im Rahmen des Aktientausches wurden den Aktionären der Zielgesellschaft die Aktien des tracking stock als Vgl. auch die Übersicht bei Bauer, Targeted Stocks, S. 314 ff. Eine neuartige Verwendungsmöglichkeit hat Gupta (Energy L.J. 2000, 113 ff.) aufgeworfen. Er schlägt vor, mittels tracking stock Strukturen die Entschädigungszahlungen für Energieversorger in den USA nach Auflösung der Gebietsmonopole zu ermitteln. Ob dieser Ansatz jedoch Chancen auf eine Verwirklichung hat, erscheint äußerst zweifelhaft. 12 Billett / Mauer, Journal of Banking & Finance 2000, 1457 ff. 13 D’Souza / Jacob, J.Fin.E. 2000, 459 ff. 14 Jaeger, Targeted Stock, S. 27 ff., 45 ff., 67 ff. 15 Natusch, Tracking Stock, S. 67 ff., 145 ff.; ders., IStR 1999, 122 ff. mit einer Übersicht zu anderen empirischen Untersuchungen. 16 Neish, Corporate Finance 6 / 1995, 27 ff. 17 Logue / Seward / Walsh, Financial Management 1 / 1996, 43 (50 ff.). 18 Vgl. zu diesen Transaktionen unten Erstes Kapitel: B.II.1.a). 10 11

A. Überblick über das Konzept in den USA

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Gegenleistung für ihre Anteile an der Zielgesellschaft angeboten. Dies brachte gleich zwei Vorteile mit sich. Zum einen konnten die Aktionäre, anders als bei einer Barabfindung, weiter am Entwicklungspotential ihrer ursprünglichen Gesellschaft teilhaben, zum anderen ging die u.U. weit bessere wirtschaftliche Entwicklung des Geschäftszweiges nicht in der Vielzahl anderer Aktivitäten des übernehmenden Unternehmens unter. Da die Aktionäre auf diese Weise auch in Zukunft ohne Verwässerungseffekt am Geschäft ihrer ursprünglichen Gesellschaft teilhaben konnten und nicht lediglich Aktien erhielten, die die Entwicklung des gesamten übernehmenden Unternehmens widerspiegelten, konnte die Bereitschaft zum Aktientausch merklich erhöht werden.19 Den wohl wichtigsten Einsatzbereich von tracking stocks stellt heute jedoch die Restrukturierung US-amerikanischer Konglomerate dar.20 Im Rahmen des zur Zeit nicht nur in den USA vorherrschenden Shareholder Value Ansatzes21 steht die Performance der Aktien eines Unternehmens im Mittelpunkt des Interesses. Bei der konglomeraten Struktur großer amerikanischer Konzerne – so wird befürchtet – bestehe dabei grundsätzlich die Gefahr, daß sich die Aktienkurse an den Kapitalmärkten aufgrund der beschränkten Transparenz derartiger Konzerne in erster Linie an der wirtschaftlichen Situation der schwächeren Geschäftsbereiche orientierten.22 Aus diesem Grund spiegelten die Aktienpreise nicht den wirklichen Wert des Unternehmens wider, den Aktionären bliebe somit ein Teil des Wertes vorenthalten. Um eine derartige Unterperformance zu verhindern, werden unterschiedliche Instrumente benutzt. Herkömmlich wird im Rahmen einer ,spin-off‘ oder ,equity carve-out‘ Strategie23 ein Teil des Unternehmens in eine rechtlich eigenständige Gesellschaft ausgegliedert und die Aktien dieser Gesellschaft an die 19 Vgl. Brown / Handler, Tracking Stock, S. 595 (600); Friedl, BB 2002, 1157 (1161); Handler / Brown / Callan, Tracking Stock, S. 257; Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2100); Jaeger, Targeted Stock, S. 111 f. (269 ff.) am Beispiel der Akquisition von BioSurface durch die Genzyme Corp.; Natusch, Tracking Stock, S. 74; Schnorbus, U.Pa.J.Int’l.Econ.L. 2001, 541 (557); Sheffield / St. Clair, Taxes 1988, 954 (957); Steinberger / Hass, Tracking Stocks, S. 523 (529); Thiel, Spartenaktien, S. 17 f.; Tonner, Tracking Stocks, S. 23 f.; Wirth / Reardon, Insights 3 / 1995, 9 (13); Wirth, Insights 1 / 1995, 2; Willens / Phillips, Targeted Stock, S. 1 (8). 20 Natusch, Tracking Stock, S. 73; Thiel, Spartenaktien, S. 18 f.; Tonner, Tracking Stocks, S. 15 ff. 21 Vgl. dazu Jaeger, Targeted Stock, S. 27 ff. 22 Sog. Informationshypothese, vgl. Jaeger, Targeted Stock, S. 82 f.; Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2106). In diesen Zusammenhang wird auch immer wieder angeführt, tracking stock Strukturen könnten zu einer quantitativen als auch qualitativen Verbesserung der Informationsversorgung der Aktionäre führen (vgl. Friedl, BB 2002, 1157 [1160]). Dies mag richtig sein, ist jedoch eher Voraussetzung für die beschriebenen Shareholder Value Effekte als ein ausdrückliches Ziel, das mit der Einführung von tracking stocks verbunden wird. 23 Zur ,spin-off‘ Strategie vgl. Friedl, BB 2002, 1157 (1159); Jaeger, Targeted Stock, S. 49 ff.; Seward, Corporate Restructuring, E8.02[3]; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 957; eine empirische Untersuchung zur Situation in Deutschland bei Pellens, zfbf 1993, 852 ff.

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

Aktionäre der Obergesellschaft als ,stock dividend‘ verteilt. Auf diese Weise soll es dem Kapitalmarkt ermöglicht werden, das nun rechtlich eigenständige Unternehmen neu zu bewerten. Das gleiche Ziel, nämlich den Wert des Unternehmens zu erhöhen, wird mit der Ausgabe von Aktien eines tracking stock verfolgt.24 Durch die Kopplung der Aktiengattungen an unterschiedliche Geschäftsbereiche wird es dem Kapitalmarkt ermöglicht, die einzelnen Bereiche separat zu bewerten und damit den Wert des Unternehmens differenzierter einzuschätzen. Dabei soll die Restrukturierungsvariante mittels tracking stocks weitere Vorteile bringen. Aufgrund der Tatsache, daß sich mit der Einführung von tracking stocks die rechtliche Struktur des Unternehmens nicht verändert, können die bisherigen Verbundvorteile wie die zentrale Abwicklung von Finanzaktivitäten, größere Verhandlungsmacht, lediglich ein ,board of directors‘ oder die zentrale strategische Planung weiterhin genutzt werden.25 Inwieweit sich jedoch in der Praxis mittels der Verwendung von tracking stocks die gleichen Bewertungseffekte erzielen lassen wie im Falle eines echten ,spin-off‘ oder ,equity carve-out‘, erscheint aufgrund der weiter bestehenden rechtlichen Verknüpfung der jeweiligen Geschäftsbereiche fraglich.26 Neben dem Ziel, die auf den Kapitalmärkten bestehenden Fehlpreisungen zu vermindern, soll durch die Ausgabe von tracking stocks eine höhere Flexibilität bei der Eigenkapitalbeschaffung erreicht werden.27 Zum einen können über die unterschiedlich gestalteten Aktien verschiedene Gruppen von Aktionären angesprochen werden, die u.U. zu einem Investment in bestimmte Teilbereiche des Unternehmens bereit wären, nicht jedoch Aktien erwerben möchten, deren Kursentwicklung sich als Querschnitt aller Aktivitäten des Unternehmens darstellt (sog. ,natural shareholders’).28 Zum anderen können bei Kapitalerhöhungen die Emissionszeitpunkte für die jungen Aktien an die Konjunkturentwicklung zweier sehr unterschiedlicher Branchen geknüpft werden, was die Chance für das Unternehmen erhöht, auch in schwierigen Zeiten Eigenkapital aufnehmen zu können.29 Neben dem Ziel, eine optimale Versorgung der Gesellschaft mit Eigenkapital sicherzustellen, soll die Ausgabe von tracking stocks dazu dienen, ein anreizkom24 Zur Abgrenzung zwischen tracking stocks, ,spin-off‘ und ,equity carve-out‘ siehe Jaeger, Targeted Stock, S. 49 ff.; Logue / Seward / Walsh, Financial Management 1 / 1996, 43 (53 ff.); Natusch, Tracking Stock, S. 56 f.; Schnorbus, U.Pa.J.Int’l.Econ.L. 2001, 541 (553). 25 Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2109); Logue / Seward / Walsh, Financial Management 1 / 1996, 43 (48); Natusch, Tracking Stock, S. 73; Steinberger / Hass, Tracking Stocks, S. 523 (528); Willens / Phillips, Targeted Stock, S. 1 (5). 26 Vgl. dazu die empirische Untersuchung von Natusch (Tracking Stock, S. 187 ff.) und Jaeger (Targeted Stock, S. 195 ff.), die beide zum Ergebnis kommen, daß die jeweils untersuchten Aktiengattungen der Emittenten auf dem Kapitalmarkt unabhängig voneinander bewertet werden. Jaeger (Targeted Stock, S. 181) stellt weiterhin einen zumindest kurzfristig positiven ,shareholder value‘ Effekt fest. 27 Logue / Seward / Walsh, Financial Management, 1 / 1996, 43 (48); Natusch, Tracking Stock, S. 72 f.; Willens / Phillips, Targeted Stock, S. 1 (4). 28 Natusch, IStR 1999, 122 (124); Tonner, Tracking Stocks, S. 16 ff. 29 Jaeger, Targeted Stock, S. 88 ff.; Natusch, Tracking Stock, S. 72.

A. Überblick über das Konzept in den USA

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patibles Entlohnungssystem für leitende Angestellte einzurichten. Die Gestaltung eines solchen Systems bereitet in größeren Konzernen aufgrund der intransparenten Erfolgsmessung meist erhebliche Probleme. Durch die Ausgabe von Aktien eines tracking stock oder von Optionen auf solche Aktien läßt sich eine transparentere und direktere Kopplung der Entlohnung an die Leistung der Manager erreichen. Dazu werden diesen nur solche Aktien als Teil ihres Lohnes angeboten, die wirtschaftlich mit dem Geschäftsbereich des Unternehmens verknüpft sind, in denen die jeweiligen Manager tätig sind. Unterstellt man die unabhängige Bewertung von verschiedenen tracking stock Gattungen auf den Kapitalmärkten, so bewirkt eine derartige Gestaltung, daß sich die erfolgreiche Arbeit von Managern viel direkter auf ihre Entlohnung auswirkt, als es der Fall wäre, wenn sie mit Aktien des gesamten diversifizierten Konzerns entlohnt würden.30 Die besonderen Vorteile einer tracking stocks Struktur zeigen sich desweiteren auf steuerlicher Seite. Eine steuerfreie Gestaltung eines ,spin off‘ oder ,equity carve-out‘ ist nur unter bestimmten Bedingungen möglich.31 Im Gegensatz dazu läßt sich die Restrukturierung mittels tracking stocks in der Regel sowohl auf Seiten der ,corporation‘ als auch der der Aktionäre steuerfrei ausgestalten.32 Weiterhin ist es auch nach der Ausgabe von tracking stocks möglich, die Verluste und Gewinne aus verschiedenen Teilbereichen zu verrechnen, da eine rechtliche Aufspaltung des Unternehmens nicht vorgenommen wird. Diese steuerliche Konsolidierung führt in der Summe zu einer geringeren steuerlichen Belastung als im Falle eines ,spin off‘ oder ,equity carve-out‘, bei denen eine solche Verlustverrechnung 30 Brown / Handler, Tracking Stock, S. 595 (601); Handler / Brown / Callan, Tracking Stock, S. 257; Jaeger, Targeted Stock, S. 93 ff.; Natusch, Tracking Stock, S. 76; Pettway / Johnson, Pub.Util.Fort. 12 / 1996, 40 (41); Perridon / Steiner, Finanzwirtschaft, S. 369; Steinberger / Hass, Tracking Stocks, S. 523 (528). Daß ein Bedarf an derartigen spartenbezogenen Entlohnungssystemen besteht, zeigt sich auch am Beispiel der Bertelsmann AG, die ihren Führungskräften seit Mitte 1999 sog. virtuelle Optionen anbietet, deren Wert an eine Indexgröße gekoppelt wird, die sich auf den Bereich bezieht, in dem die jeweilige Führungskraft tätig ist (vgl. FAZ v. 18. 07. 2000, S. 20). 31 Conway, Taxes 6 / 1991, 383 (384); Jaeger, Targeted Stock, S. 102; Natusch, Tracking Stock, S. 75; Steinberger / Hass, Tracking Stock, S. 523 (538 f.); Thiel, Spartenaktien, S. 15 f.; Tonner, Tracking Stocks, S. 24 f. 32 Vgl. zur steuerrechtlichen Diskussion zu den tracking stock Emissionen, bei der es insbesondere darum geht, ob die Aktien als solche der ausgebenden ,corporation‘ oder solche der Tochtergesellschaft, an deren Ergebnis die Dividendenrechte geknüpft werden, anzusehen sind: Bauer, Targeted Stocks, S. 144 ff.; Bloom, J.Corp.Tax’n 1995, 386 (389 ff.); Borek, Cath.U.L.Rev. 43 (1994), 1107 (1112 ff.); Brown / Handler, Tracking Stock, S. 595 (602 ff.); Conway, Taxes 6 / 1991, 383 ff.; Finkelstein / Todd, Tracking Stock, S. 623 (630 ff.); Diana, Tax Management Memorandum 6 / 1996, 44 f.; Natusch, Tracking Stock, S. 75, 91 ff.; ders., IStR 1997, 609 ff.; New York State Bar Association, Tax L. Rev. 43 (1987), S. 51 (57 ff.); Sheffield / St. Clair, Taxes 1988, 954 (962 ff.); Sheppard, Tax Notes v. 13. 6. 1988, 1252 ff.; dies., Tax Notes v. 13. 7. 1987, 130 ff.; Shiff, Tax Management Memorandum 2 / 1999, 3 ff.; Steinberger / Hass, Tracking Stocks, S. 523, 538; Wood, Current Trends, S. 585 (621 ff.); Willens / Phillips, Targeted Stock, S. 1 (8). Zur Überlegung der US-Regierung, tracking stock Emissionen zu besteuern, vgl. Management Memorandum 8 / 1999, S. 221.

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

aufgrund der unterschiedlichen gesellschaftsrechtlichen Struktur nicht mehr möglich ist.33 Zusammenfassend stellt die Ausgabe von Aktien eines tracking stock eine interessante Alternative zur Restrukturierung mittels ,spin off‘ oder ,equity carve-out‘ dar. Vor dem Hintergrund des Shareholder Value Ansatzes lassen sich so wohl die positiven Effekte einer derartigen Restrukturierung erreichen, ohne daß die Verbundvorteile, die ein großes konzerniertes Unternehmen mit sich bringt, aufgegeben werden müssen.34 Dies gilt zumindest so lange, wie eine steuerfreie Ausgestaltung einer tracking stock Transaktion möglich ist. Neben den dargestellten, einer ökonomischen Analyse zugänglichen Vorteilen dürfte jedoch nicht zuletzt das Machtstreben der beteiligten Manager zum Erfolg des tracking stock Konzepts beigetragen haben. Während bei der Abspaltung und Börseneinführung von Teilen eines Unternehmens ein Einflußbereich aufgegeben werden müßte, verbleibt bei der Ausgabe von tracking stocks die Steuerung und Kontrolle aller Unternehmensteile weiterhin in der Hand des bisherigen Managements.35

IV. Überblick über die Nachteile und Gefahren einer tracking stock Struktur Zwar hat das tracking stock Konzept in den letzten Jahren in den USA an Akzeptanz gewonnen. Es ist jedoch nicht zu verkennen, daß eine derartige wirtschaftliche Aufspaltung eines Unternehmens auch erhebliche Nachteile und Gefahren in sich birgt.36 Zum einen wird die interne Struktur des Unternehmens durch die Einführung von tracking stocks nicht unerheblich komplexer. Es ist für jede Geschäftseinheit eine separate Erfolgsrechnung zu erstellen und diese den Aktionären zugänglich zu machen. Der organisatorische Zusatzaufwand hierfür ist nicht zu unterschätzen.37 Auch die Tatsache, daß aufgrund der fehlenden rechtlichen Trennung der Geschäftsbereiche alle Aktionäre weiterhin das Verlustrisiko des gesamten Unternehmens tragen, spricht gegen die Verwendung von tracking stocks. Da aufgrund der weiterbestehenden rechtlichen Einheit des Unternehmens Verluste des einen Geschäftsbereichs dazu führen können, daß auch die Aktionäre des anderen Geschäftsbereichs, der u.U. erhebliche Gewinne erzielt hat, keine Dividende erhalten, kann in dieser Hinsicht kein Ergebnis erreicht werden, das dem eines echten ,spin 33 Bloom, J.Corp.Tax’n 21 (1995), 386 (389); Jaeger, Targeted Stock, S. 100 f.; Reingold, Heartburn, S. 32. 34 So auch Jaeger, Targeted Stock, S. 130. 35 So auch Seward, Corporate Restructuring, E8.02[3][c]. 36 So bezeichnend die Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 8. 3. 2000, S. 30: „Mode-Aktien mit Risiko“. 37 Jaeger, Targeted Stock, S. 120 f.

B. Rechtliche Dimension des Konzepts in den USA

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off‘ entspricht. Gerade diese Tatsache führte im Fall von RJR Nabisco dazu, daß die Aktionäre den Plan, für die Geschäftsbereiche Nahrungsmittel und Tabak trakking stocks einzuführen, ablehnten und eine rechtliche Spaltung des Unternehmens vorzogen. Nur so war eine Begrenzung der Haftungsrisiken aus den Raucherprozessen für die Aktionäre der Nahrungsmittelsparte möglich.38 Weit schwerwiegender als die weiterbestehende Verlustgemeinschaft muten aber die Gefahren an, die sich aus den besonderen Interessen ergeben, die die Einführung einer tracking stock Struktur mit sich bringt. Durch die Beteiligung der Anteilseigner am Erfolg unterschiedlicher Teilbereiche des Unternehmens kommt es zu erheblichen Divergenzen in den Interessen der Aktionärsgruppen. Während die eine Gruppe am wirtschaftlichen Wohlergehen des einen Geschäftsbereichs interessiert ist, konzentriert sich die Aufmerksamkeit der anderen auf andere Teile des Unternehmens. Konflikte zwischen den Aktionärsgruppen bezüglich der Verteilung von Ressourcen und Geschäftschancen, der Gestaltung von Verrechnungspreisen sowie der Änderung von Unternehmensstrukturen sind damit vorprogrammiert. Eng verknüpft mit dieser Tatsache ist die Frage nach den Zielvorgaben für das Management. Unternehmerische Entscheidungen werden auf die verschiedenen Geschäftsbereiche unterschiedliche Auswirkungen haben. Die herkömmliche Regel, daß das Management für eine positive Entwicklung des Gesamtunternehmens zu sorgen hat, scheint hier kaum mehr zu interessengerechten Ergebnissen zu führen. Konflikte innerhalb des ,board of directors‘ und zwischen den Aktionären mit der Gefahr, daß die Interessen einer Minderheit nicht oder nur ungenügend berücksichtigt werden, sind die zwangsläufige Folge.39

B. Die rechtliche Dimension des tracking stock Konzepts in den USA Als Grundlage für die Überlegungen zur Einführung des tracking stock Konzepts in Deutschland bedarf es einer genaueren Analyse der rechtlichen Strukturen US-amerikanischer tracking stocks. Eine ausführlichere juristische Auseinandersetzung mit diesem Phänomen hat auch in den USA trotz der nun fast 15jährigen Geschichte dieser Eigenkapitalstruktur kaum stattgefunden. In rechtlicher Hinsicht wurde das Konzept bisher überwiegend aus steuerrechtlicher Sicht untersucht.40 38 Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2116); Pettway / Johnson, Pub.Util.Fort. 12 / 1996, 40 (42); vgl. zu RJR Nabisco: Jaeger, Targeted Stock, S. 120 f.; Reingold, Heartburn, S. 32 (33). 39 Vgl. Handler / Brown / Callan, Tracking Stock, S. 257 (267); Steinberger / Hass, Tracking Stocks, S. 523 (539); Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2111 ff.); Hu, Tex.L.Rev. 69 (1991), 1273 (1296); Jaeger, Targeted Stock, S. 124 ff.; Logue / Seward / Walsh, Financial Management 1 / 1996, 43 (50); Neish, Corporate Finance 6 / 1995, 27 (29); Reingold, Heartburn, S. 32 (33); Willens / Phillips, Targeted Stock, S. 1 (10). 40 Siehe dazu die Literatur unter Fn. 32 sowie die Übersicht bei Thiel, Spartenaktien, S. 93 ff.

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

Dabei ging und geht es um die bis heute nicht vollständig geklärte Frage, ob Aktien, deren wirtschaftliche Rechte an die Performance einer Tochtergesellschaft der ausgebenden ,corporation‘ gekoppelt sind, nicht steuerrechtlich – entgegen der gesellschaftsrechtlichen Einordnung – als Aktien der jeweiligen Tochtergesellschaft zu klassifizieren sind. Zur gesellschaftsrechtlichen Dimension des tracking stock Konzepts existiert, soweit ersichtlich, neben den zumeist kurzen und wenig detaillierten Beschreibungen der Ausgestaltung der Aktionärsrechte, lediglich die Veröffentlichungen von Hass41 sowie Schick42. Die vorliegende Untersuchung legt ihren Schwerpunkt auf die gesellschaftsrechtlichen Fragen, die mit dem tracking stock Konzept verknüpft sind. Die in der Praxis benutzten Regelungsstrukturen sind zu analysieren und dabei Gestaltungsprinzipien, Probleme und Gefahren aufzuzeigen, um daraus schließlich Hinweise für die Ausgestaltung deutscher Aktien im Sinne des tracking stock Konzepts zu gewinnen. Grundlegende Bedeutung wird dabei die Frage nach der privatautonomen Gestaltungsfreiheit, die das US-amerikanische ,corporation law‘ und das deutsche Aktiengesetz den Gesellschaften zur Regelung ihrer Strukturen zubilligt, haben. Einführend soll deshalb überblicksartig auf die US-amerikanische ,business corporation‘, ihre Strukturen und Rechtsquellen, sowie die Gestaltungsmöglichkeiten eingegangen werden, die den Gesellschaften zur Regelung ihrer Angelegenheiten zur Verfügung stehen.

I. Die ,business corporation‘ 1. Strukturen und Rechtsquellen

Die ,business corporation‘ (kurz: ,corporation‘) stellt heute die mit Abstand wichtigste Gesellschaftsform in den USA dar.43 Aus kontinentaleuropäischer Sicht entspricht sie der Grundform der Kapitalgesellschaft. Die ,corporation‘ ist vom Bestand ihrer Gesellschafter unabhängig, hat eine eigene Rechtspersönlichkeit und führt eine eigene Firma. Ihre internen Strukturen regelt sie durch das ,certificate of incorporation‘44 sowie die ,by-laws‘, die in der Regel von den ,shareholders‘ Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 ff. Schick, Wash.L.Rev. 75 (2000), 1365 ff. 43 Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 125. Der folgende Überblick über die ,business corporation‘ ist bewußt kurz gehalten; insbesondere kann an dieser Stelle keine Einführung in das US-amerikanische Rechtssystem im allgemeinen gegeben werden (vgl. zur Rechtsgeschichte Burnham, Legal System of the United States, S. 1 ff.; zu den Rechtsquellen ders., S. 37 ff.). Eine sehr gute Darstellung des US-amerikanischen Gesellschaftsrechts in deutscher Sprache findet sich bei Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Heidelberg 1991, in englischer Sprache bei Henn, Harry G. / Alexander, John R.: Laws of Corporations, St. Paul 1983. 44 § 102 Del.Gen.Corp.L. In anderen Staaten wird das ,certificate of incorporation‘ als ,articles of incorporation‘ bezeichnet. Da im weiteren das Recht von Delaware angewandt 41 42

B. Rechtliche Dimension des Konzepts in den USA

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beschlossen werden. Das Eigenkapital der ,corporation‘ ist in ,shares‘ aufgeteilt, die Mitgliedschaft an der ,corporation‘ kann übertragen werden. Je nach Kreis der Anteilseigner und der Möglichkeit Anteile veräußern zu können, werden die ,close corporation‘ und die ,public corporation‘ unterschieden.45 Während die ,close corporation‘ der deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung ähnelt, entspricht die ,public corporation‘ der Aktiengesellschaft.46 Geleitet wird die ,corporation‘ vom ,board of directors‘. Das ,board‘ legt die Grundlagen der Geschäftspolitik fest und ernennt insbesondere bei größeren Gesellschaften ,officers‘, die die Geschäfte der Gesellschaft im Namen des ,board‘ leiten.47 Die Mitglieder des ,board of directors‘ werden vom ,annual meeting of the shareholders‘ (Jahreshauptversammlung) gewählt und entlassen.48 Des weiteren stimmen die ,shareholders‘ in ihren ,annual‘ oder ,special meetings‘ über die Änderung des ,certificate of incorporation‘ oder der ,by-laws‘ ab und können zu bestimmten außergewöhnlichen Vorgängen ihre Zustimmung erteilen.49 Die ,corporation‘ ist grundsätzlich berechtigt, zwei unterschiedliche Arten von ,securities’50 zu emittieren: zum einen ,debt securities‘, die einer Schuldverschreibung gleich allein eine Schuldner-Gläubiger-Verbindung schaffen, ohne daß der Inhaber Gesellschafter wird,51 und zum anderen die in dieser Untersuchung im Mittelpunkt stehenden ,equity securities‘ (meist als ,shares‘ oder ,stock‘ bezeichnet), die Mitgliedschaftsrechte an der ,corporation‘ verbriefen. Dem Aktionär stehen hier die in der ,charter‘ (,certificate of incorporation‘ und geltende ,corporation statutes‘) sowie den ,by-laws‘ festgelegten Rechte zu, die ihm auch nur dann wieder ohne seine Zustimmung genommen werden können, wenn ein Vorbehalt der Veränderbarkeit von Beginn an in dem geltenden ,corporation statute‘, im ,cerwird, soll in der vorliegenden Untersuchung einheitlich die Bezeichnung ,certificate of incorporation‘ verwendet werden. 45 Die Unterscheidung dieser beiden Formen der ,corporation‘ spielt insbesondere bei den anzuwenden gesetzlichen Regelungen eine Rolle. Für die ,close corporation‘ gelten in vielen Fällen gesetzliche Sonderbestimmungen. Zur genaueren Abgrenzung der beiden Erscheinungsformen vgl. Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 208 ff.; Fletcher Cyc. Corp. §§ 57 – 62. Ist im weiteren von einer ,corporation‘ die Rede, so soll damit die ,public corporation‘ gemeint sein. 46 Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 131, wobei derartige Vergleiche aufgrund der doch sehr unterschiedlichen Strukturen der Gesellschaftsformen problematisch bleiben. 47 Die ,officers‘ übernehmen in der Praxis die gesamte Führung der Geschäfte, während dem ,board‘ eher eine Kontrollfunktion zukommt, vgl. Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 573; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 612. Ausführlich zum Funktionswandel des ,board of directors‘ hin zu einem Aufsichtsorgan Kindler, Board of Directors, S. 58 ff. 48 Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 555. 49 Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 514 f. 50 „A security is a share, participation or other interest in a property or an enterprise of the issuer or an obligation of the issuer.“ (Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 379). 51 Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 383.

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

tificate‘ oder den ,by-laws‘ vorgesehen war.52 Nach den durch die ,shares‘ verbrieften Rechten werden verschiedene ,classes of shares‘ (Aktiengattungen) unterschieden.53 Zum einen können ,common shares‘, die grundsätzlich ein dem jeweiligen Anteil am Grundkapital entsprechendes Gewinnrecht (,right to dividends‘) und ein Stimmrecht (,voting right‘) verbriefen, sowie ,preferred shares‘, denen im Vergleich zu den anderen Aktien der Gesellschaft ein Vorrecht bei der Gewinnverteilung oder dem Abwicklungsüberschuß eingeräumt worden ist, ausgegeben werden.54 Sollen Aktien mit unterschiedlichen Rechten – also Aktien verschiedener Gattungen – emittiert werden, so ist in den meisten Staaten die Gesamtzahl der autorisierten Aktien55, die Anzahl der Aktien einer jeden Gattung, die Bezeichnung dieser Aktiengattungen, ob sie mit ,par value‘ oder ohne ausgegeben werden sollen56, sowie die Rechte und Vorzüge der Gattungen von Aktien im ,certificate of incorporation‘ anzugeben.57 Weiterhin kann das ,certificate‘ vorsehen, daß die verschiedenen Aktiengattungen einer Gesellschaft in ,series‘ unterteilt werden. Die verschiedenen ,series‘ innerhalb einer ,class‘ können dann in den meisten Staaten58 wieder unterschiedliche Rechte verbriefen.59

Macey, Corporation, Rn. 1306 f. Siehe § 151 (a) Del.Gen.Corp.L. Übersicht über die herkömmlich in Aktien verbrieften Rechte bei Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 404 ff. 54 Zur Unterscheidung zwischen ,common‘ und ,preferred shares‘ sowie zu den verschiedenen Spielarten der ,preferred shares‘ vgl. Benis, Shareholders’ Equity, 21.2 (c); Depenbrock, Vorzugsaktien, S. 42 ff.; Macey, Corporation, Rn. 2158 ff.; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 395 ff. 55 ,Authorised shares‘ sind die zur Ausgabe zugelassenen Aktien, unabhängig davon, ob sie tatsächlich schon ausgegeben worden sind. Soll die Zahl der ,shares‘ über diese Grenze hinaus ausgedehnt werden, so bedarf es einer Änderung des ,certificate of incorporation‘. Als ,outstanding shares‘ bezeichnet man die Aktien, die sich tatsächlich bereits in Publikumsbesitz befinden (vgl. dazu Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 374). 56 Bezüglich des Grundkapitals existieren in den USA zwei unterschiedliche Systeme. Nach dem traditionellen System ergibt sich das ,stated capital‘ (Grundkapital) aus den addierten ,par values‘ (Nennwerten) der ,shares‘. Nach dem neueren nennwertlosen System ist ein ,par value‘ nicht mehr notwendig (vgl. zu den beiden Systemen Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 371 ff.; Fletcher Cyc. Corp. § 5080; Kübler, WM 1990, 1853 ff.; in Delaware sind beide Arten der Ausgestaltung zulässig, siehe § 102 [a][4] Del.Gen.Corp.L.). 57 So § 102 (a)(4) Del.Gen.Corp.L.; anders z. B. in Virginia, wo nur die Anzahl der Aktien einer jeden Gattung sowie die Bezeichnung dieser Gattung im ,certificate‘ enthalten sein muß (§ 618 [A][3] Va.Stock.Corp.Act), die Rechte der Aktionäre hingegen auch in den ,bylaws‘ geregt werden können. 58 Vgl. Überblick bei Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 294 f. 59 Siehe z. B. § 151 (a) Del.Gen.Corp.L. Der Sinn dieser Regelung wird dann ersichtlich, wenn man bedenkt, daß in der Praxis die Ausgestaltung der Rechte der autorisierten ,series‘ dem ,board of directors‘ überlassen wird. Auf diese Weise ist eine den jeweiligen Marktverhältnissen angepaßte Kapitalaufbringung möglich, ohne daß das ,certificate of incorporation‘ jeweils neu angepaßt werden müßte (vgl. Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, § 5.3.; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 404). 52 53

B. Rechtliche Dimension des Konzepts in den USA

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Das für die ,business corporation‘ geltende Recht ist in mehrfacher Hinsicht stark zergliedert.60 Zum einen fällt das ,corporation law‘ ebenso wie das sonstige Privatrecht unter die Gesetzgebungskompetenz der Einzelstaaten, so daß ebenso viele ,corporation statutes‘ existieren, wie es Einzelstaaten gibt.61 Die ,corporation statutes‘ weisen auch heute noch, trotz der Bemühungen um eine Vereinheitlichung,62 zum Teil erhebliche Unterschiede auf.63 Neben den ,corporation statutes‘ prägen naturgemäß auch die Regeln des ,case law‘ das Gesellschaftsrecht in erheblichem Umfang. Wiederum besitzt grundsätzlich jeder Einzelstaat seinen eigenen ,body of case law‘, wobei insbesondere in Delaware eine ausdifferenzierte Rechtsprechung zum ,corporation law‘ existiert.64 Neben diesem Kernbereich des ,corporation law‘ sind andere Rechtsgebiete für die ,corporation‘ von erheblicher Bedeutung. Zu nennen ist dabei an erster Stelle das ,securities law’.65 Diese Rechtsmaterie findet sich sowohl auf Ebene der Staaten als auch auf der des Bundes. Während sich das ,securities law‘ der Staaten (,blue sky laws‘) im Schwerpunkt mit Informationsrechten der Aktionäre, der Registrierung von ,securities‘ und der Zulassung und Kontrolle von Wertpapier60 Grundsätzlich orientieren sich die ,corporation laws‘ an der ,public corporation‘ als Grundmodell der ,business corporation‘. Auf die ,close corporation‘ sind die Regelungen nur eingeschränkt anwendbar (dazu und zu den in verschiedenen Staaten gesondert für die ,close corporation‘ erlassenen Regelungen vgl. Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 179). 61 Vgl. Conrad, Mich.L.Rev. 71 (1973), 621 (625); Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 43; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 147; Vagts, Gestaltungsfreiheit im amerikanischen Aktienrecht, S. 278 (281 f.). 62 Schon seit Beginn des Jahrhundert gibt es erhebliche Bemühungen zur Vereinheitlichung des Gesellschaftsrechts, aus denen der von der American Bar Association erarbeitete Model Business Corporation Act hervorging. Der M.B.C.A. wurde 1946 in seinem ersten Entwurf vorgestellt, 1950 endgültig veröffentlicht und 1969 umfassend reformiert. Er hatte bis heute erheblichen Einfluß auf die ,corporation statutes‘ der Einzelstaaten (vgl. dazu Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 176 ff. m. w. N.). 1984 legte die American Bar Association den Revised Model Business Corporation Act (R.M.B.C.A) vor, der erhebliche Änderungen im Vergleich zum M.B.C.A. enthielt. 63 Da die Gründer einer ,corporation‘ erheblichen Einfluß auf die Wahl des Inkorporationsstaates haben (es gilt das Recht des Gründungsstaates), haben sich in der Praxis aufgrund der Bemühungen der Staaten, eine möglichst große Anzahl von Unternehmen anzuziehen (sog. ,race for laxity‘), wichtige und weniger wichtige Staaten für den Bereich des Gesellschaftsrechts herausgebildet. Eine dominierende Rolle nehmen heute vor allem Delaware und New York ein (vgl. zum ganzen Conrad, Mich.L.Rev. 71 [1973], 621 [625 ff.]; HatzisSchoch, RIW 1992, 539 ff.; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 167 ff.; Vagts, Gestaltungsfreiheit im amerikanischen Aktienrecht, S. 278 [281 f.]; zum ,race for laxity‘ und den damit verbundenen Diskussionen siehe auch unten Fn. 88). 64 Vgl. Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 185 ff.; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 180; Vagts, Gestaltungsfreiheit im amerikanischen Gesellschaftsrecht, S. 278 (282). 65 Zu unterscheiden ist davon das ,securities transfer law‘, das sich mit dem Eigentum an Gesellschaftsanteilen und deren Übertragung beschäftigt (vgl. Conrad, Mich.L.Rev. 71 [1973], 621 [657 ff.]; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 182).

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

händlern beschäftigt66, regelt das ,federal securities law’67 Sachverhalte, die mit dem zwischenstaatlichen Handel mit ,securities‘ zusammenhängen. Insbesondere im ,federal securities law‘ sind Regelungen anzutreffen, die tief in die Bereiche reichen, die nach deutschem Verständnis zum Gesellschaftsrecht im engeren Sinne zu rechnen sind.68 Neben den gesetzlichen Regelungen auf einzelstaatlicher und auf Bundesebene entfalten die Zulassungsregelungen der einzelnen Aktienbörsen (,stock exchange requirements‘ insbesondere die der New York Stock Exchange) und die allgemein anerkannten Grundsätze der Buchhaltung und Rechnungslegung (,Generally Accepted Accounting Principles‘ [GAAP]) erheblichen Einfluß auf die ,corporation‘.69 Bei den ,stock exchange requirements‘ handelt es sich um von den Börsen aufgestellte Zulassungsanforderungen.70 Zwar stellen diese Regelungen keine bindenden Rechtsnormen dar, ihr Einfluß ist jedoch erheblich.71 Inhaltlich betreffen die ,stock exchange requirements‘ primär das Verhältnis der ,corporation‘ zur jeweiligen Börse (Meldepflichten, Offenlegungsregelungen), sehen jedoch auch Anforderungen an die Ausgestaltung von Aktionärsrechten oder die internen Strukturen der Unternehmen vor.72 Die ,Generally Accepted Accounting Principles‘ (US-GAAP) stellen die allgemein verbindlichen Regelungen für die Bilanzierung und Rechnungslegung dar, wie sie von der ,Securities and Exchange Commission (SEC)‘, der nach den ,securities laws‘ vorgeschriebenen Berichterstattung, zugrunde gelegt werden. Im Unterschied zur Situation in Deutschland werden die ,GAAP‘ nicht vom Gesetzgeber, sondern durch Institutionen der Berufsstände entwickelt. Die heute verläßlichste Quelle für die Regeln zur Bilanzierung stellen die ,Statements of Financial Accounting Standards (SFAS)‘ des ,Federal Accounting Standards Board (FASB)‘, die ,Opinions‘ des früheren ,Accounting Principle Board (APB)‘ und die ,Accounting Research Bulletins (ARP)‘ des früheren ,Committee on Accounting Procedures (CAP)‘ dar. Daneben spielen auch die Veröffentlichungen des ,American Institute 66 Vgl. die Übersicht bei Gutterman, Business Financing, S. 43 ff.; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 450 ff. 67 Kernstücke sind der Securities Act von 1933 (15 U.S.C. §§ 77a seq. [1982]) und der Securities Exchange Act von 1934 (15 U.S.C. §§ 78b seq. [1982]). 68 Vgl. die Übersicht bei Gutterman, Business Financing, S. 39 ff.; Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 786 ff.; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 194 ff.; zu den Berichterstattungspflichten vgl. Wüstemann, Generally Accepted Accounting Principles, S. 70 ff. 69 Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 200 ff. 70 Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 201. 71 ’Public corporations‘ sind in hohem Maße darauf angewiesen, sich auf den Kapitalmärkten mit Kapital versorgen zu können, was ohne eine Börsennotierung schwer möglich ist. Die Einhaltung der Börsenzulassungsregelungen wiederum wird durch die Börsen scharf überwacht und durchgesetzt (vgl. Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 201). 72 Vgl. Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 201.

B. Rechtliche Dimension des Konzepts in den USA

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of Certified Public Accountants (AICPA)‘ der Berufsvereinigung der US-amerikanischen Wirtschaftsprüfer eine wichtige Rolle.73

2. Die Gestaltungsfreiheit in den US-amerikanischen ,corporation laws‘ – das ,certificate of incorporation‘ und die ,by-laws‘ als Regelungsinstrumente

Gerade im Entstehen neuartiger gesellschaftsrechtlicher Gestaltungen wie im Falle von tracking stocks scheint sich die Flexibilität und die Offenheit des USamerikanischen Aktienrechts für innovative Strukturen zu manifestieren. In der Tat erscheinen die Möglichkeiten zur individuellen Ausgestaltung der ,corporation‘, insbesondere der Rechte der ,shareholders‘, zumindest aus Sicht des deutschen Aktienrechts relativ groß zu sein. Die interne Ausgestaltung der ,corporation‘, die Rechte der Aktionäre, ihre Organisation sowie die Kompetenzverteilung zwischen ,board‘ und Aktionären wird durch zwei unterschiedliche Instrumente vorgenommen. An höchster Stelle in der Regelungshirarchie74 der ,corporation‘ steht das ,certificate of incorporation‘.75 Es stellt das Gründungsdokument der Gesellschaft dar und ist, damit die ,corporation‘ als Rechtspersönlichkeit entstehen kann, bei der zuständigen staatlichen Stelle (meist beim ,Secretary of State‘76) einzureichen. Das ,certificate of incorporation‘ bildet zusammen mit dem ,corporation statute‘ des jeweiligen Staates die sog. ,charter‘. Diese stellt einen Vertrag zwischen den ,shareholders‘ untereinander, der ,corporation‘ und ihren Aktionären sowie der ,corporation‘ und dem Staat dar, durch den der Gesellschaft die Rechtspersönlichkeit verliehen wird.77 Die ,charter‘ hat damit eine Doppelnatur. Sie ist einerseits ein Vertrag und andererseits ein staatlicher Akt der Verleihung der Rechtspersönlichkeit.78 Der Mindestinhalt des ,certi73 Vgl. zu den Grundlagen der US-amerikanischen externen Rechnungslegung: Emmrich, Reform der externen Rechnungslegung, S. 59 ff.; Eisolt, Konzernrechnungslegung, S. 58 ff.; Haller, zfbf 1990, 751 ff.; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 202; Jung / Isele / Groß, Rechnungslegung in den USA, S. 53 ff.; Sonnemann, RIW 1989, 886 ff.; Stein, Rechnungslegung in Deutschland und den USA, S. 266 ff.; Pellens, Internationale Rechnungslegung, S. 76 ff.; Wüstemann, Generally Accepted Accounting Principles, S. 5 ff.; zur Wirtschaftsprüfung Havermann, Wirtschaftsprüfung, S. 123 ff. 74 Grundsätzlich setzt sich bei einem Konflikt innerhalb der Regelungshierarchie die höherrangige Regelung durch. Die oberste Hierarchieebene wird vom ,certificate of incorporation‘ eingenommen. Danach folgen die ,by-laws‘ und danach auf gleicher Ebene die Beschlüsse der ,shareholders‘ und des ,board of directors‘ (Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 46). 75 § 109 (b) Del.Gen.Corp.L.; Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 307. 76 Siehe § 103 Gen.Del.Corp.L. 77 Für Delaware siehe Staar Surgical Co. v. Waggoner, 588 A.2d 1130 [Del. 1991]; Berlin v. Emerald Partners, 552 A.2d 482, 488 [Del. 1988]; Vagts, Gestaltungsfreiheit im amerikanischen Aktienrecht, S. 278 (280). 78 Macey, Corporation, Rn. 1304; Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, § 1.3. Zur Geschichte der ,charter‘ siehe Vagts, Gestaltungsfreiheit im amerikanischen Aktienrecht, S. 278 (280 f.).

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

ficate‘ wird vom ,corporation statute‘ des jeweiligen Inkorporationsstaates vorgeschrieben und entspricht in etwa dem, was nach § 23 AktG als zwingender Bestandteil der Satzung einer Aktiengesellschaft vorgeschrieben ist (vgl. § 102 Del.Gen.Corp.L.). Im Grunde könnten sämtliche zur Gestaltung der internen Angelegenheiten der ,corporation‘ notwendigen Regelungen in das ,certificate of incorporation‘ aufgenommen werden. Aus Praktikabilitätserwägungen (das geänderte ,certificate‘ wäre jeweils wieder beim ,secretary of state‘ einzureichen) werden jedoch meistens alle nicht als notwendiger Inhalt des ,certificate‘ vorgeschriebenen Regelungen in die ,by-laws‘ übernommen. Dieser in der Regelungshirarchie unter dem ,certificate‘ stehender Vertrag79 muß nicht bei einer öffentlichen Stelle eingereicht werden und kann damit schneller veränderten Verhältnissen angepaßt werden.80 Die Kompetenz zur Änderung des ,certificate of incorporation‘ liegt allein bei den Aktionären (§ 242 [b][1] Del.Gen.Corp.L.).81 Notwendig ist grundsätzlich die Zustimmung der Mehrheit der Stimmen aller sich in Publikumsbesitz befindenden Aktien (§ 242 [b][2] Del.Gen.Corp.L.). Anders stellt sich die Situation bei einer Änderung der ,by-laws‘ dar. Zwar bedarf es im Grundsatz auch hier einer Entscheidung der Aktionäre, die Kompetenz ist jedoch nicht zwingend auf die Anteilseigner beschränkt. Das ,certificate of incorporation‘ kann bestimmen, daß neben den ,shareholders‘ auch das ,board of directors‘ eine Änderung der ,bylaws‘ beschließen kann (§ 109 Del.Gen.Corp.L.). Wie auch die weitere Untersuchung der rechtlichen Gestalt des tracking stock Konzepts zeigen wird, ist der Spielraum, der der ,corporation‘ bei der Gestaltung ihrer internen Strukturen sowie der Rechte und Pflichten ihrer Aktionäre offensteht, erheblich.82 Die ,corporation statutes‘ aller Staaten gestatten es dem ,certificate‘ als auch den ,by-laws‘, solche Regelungen bezüglich der ,corporation‘ zu treffen, die nicht gegen „das Gesetz“ verstoßen.83 Die Frage freilich bleibt, was 79 „The by-laws may contain any provision, not inconsistent with ( . . . ) the certificate of incorporation ( . . . ).“ (§ 109 Gen.Del.Corp.L.). 80 Der Delaware Court of Chancery hat die Rolle des ,certificate of incorporation‘ sowie der ,by-laws‘ wie folgt beschrieben: „As the charter is an instrument in which the broad and general aspects of the corporate entity’s existence are defined, so the by-laws are generally regarded as the proper place for the self-imposed rules and regulations deemed expedient for its convenient functioning to be laid down.“ (Gow v. Consolidated Coppermines Corp., 165 A. 136, 140 [Del. Ch. 1933]). 81 Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 973 f. 82 Dies natürlich auch schon deshalb, weil sich die Gesellschaft zwischen all den ,corporation laws‘ der Staaten dasjenige aussuchen kann, das ihren Wünschen am nächsten kommt. (Vagts, Gestaltungsfreiheit im amerikanischen Aktienrecht, S. 278 [289], siehe dazu auch Fn. 88). 83 „( . . . ) (T)he certificate of incorporation may also contain ( . . . ) (a)ny provision for the management of the business and for the conduct of the affairs of the corporation, and any provision creating, defining, limiting and regulating the powers of the corporation, the directors, and the stockholders, or any class of the stockholders ( . . . ), if such provisions are not contrary to the laws of this state.“ (§ 102 [b][1] Del.Gen.Corp.L.); vgl. auch Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 297. Dabei können in manchen Staaten nur bestimmte ab-

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„das Gesetz“ ist, das die Schranken der privatautonomen Gestaltbarkeit determiniert. Der Versuch, eine Antwort auf diese abstrakte Frage nach den Grenzen der Gestaltbarkeit zu finden, ist aufgrund der Struktur des amerikanischen Gesellschaftsrechts zwischen ,statute‘ und ,Common Law‘ sowie der Vielzahl von Staaten von Beginn an zum Scheitern verurteilt. Die abstrakte Gestalt einer solchen Fragestellung würde auch der Tradition und dem grundsätzlichen Ansatz des ,Common Law‘ widersprechen. Deshalb sollen sich die folgenden, als bloßer Überblick verstandenen Ausführungen darauf beschränken, in groben Strichen die den Gestaltungsmöglichkeiten zugrundeliegenden Prinzipien darzustellen, um damit eine Grundlage für die an späterer Stelle erfolgenden konkreteren Überlegungen zu schaffen. Im einfachsten Fall trifft man bei der Suche nach „dem Gesetz“ auf eine zwingende Vorschrift (,mandatory rule‘) des geltenden ,corporation statute‘, die der angestrebten Regelung entgegensteht, oder auf eine Vorschrift, die zu der in Frage stehenden Regelung ausdrücklich ermächtigt.84 Eine generelle Anordnung in dem Sinne, daß im Grundsatz alle Vorschriften einer ,corporation statute‘ zwingenden Charakter haben, es sei denn ein Abweichen wird ausdrücklich gestattet, findet sich im Gegensatz zu Deutschland nicht.85 Die ,corporation statutes‘ stellen vielmehr eine bunte Mischung aus Regelungen dar, die sich selbst für dispositiv erklären (,directory provisions‘), die einen Regelungsauftrag für das ,certificate‘ oder die ,by-laws‘ geben, sich selbst für zwingend erklären oder zur Frage, ob eine Abweichen von ihnen gestattet ist, schweigen.86 Die Zahl der Vorschriften, die ausdrücklich anderslautende Regelungen des ,certificate‘ oder der ,by-laws‘ zulassen, ist dabei im allgemeinen und insbesondere in den gesellschaftsrechtlich bedeutenden Staaten relativ groß und betrifft zentrale Bereiche des Regelungsgefüges einer ,corporation‘. Zwingende Regelungen sind in den ,corporate statutes‘ eher die Ausnahme und betreffen vor allem Verfahrensfragen, die Kompetenzverteilung, Unternehmensstrukturveränderung (Fusionen, Spaltungen usw.) und die Pflichten der Mitglieder des ,board of directors‘.87 Die geringe Dichte an zwingenden Gesetzesvorschriften hat ihren Ursprung im sog. ,race for laxity‘, bei dem vor allem kleinere Staaten versuchten, durch freizügige Regelungen eine möglichst große Anzahl von Unternehmen anzuziehen.88 Heute herrscht in der US-amerikanischen Literaschließend aufgeführte Regelungen in das ,certificate‘ aufgenommen werden, der Gesellschaft steht es jedoch frei, zusätzliche Regelungen ihrer internen Angelegenheiten in den ,bylaws‘ vorzusehen. In anderen Staaten kann das ,certificate‘ alle Regelungen enthalten, die auch in den ,by-laws‘ zulässig wären (vgl. Beispiele bei Fletcher Cyc. Corp. § 150). 84 Wobei freilich auch eine ausdrücklich ermächtigende Regelung keine völlige Freiheit gewährt. Die Regelung kann immer noch gegen andere zwingende Normen des Gesetzes verstoßen. 85 Siehe § 23 Abs. 5 AktG (dazu weiter unten unter Zweites Kapitel: B.III.1). 86 Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 298. 87 Vgl. Gordon, Colum.L.Rev. 89 (1989), 1549 (1591 ff.). 88 Nachdem es der US Supreme Court (Paul v. Virginia 75 U.S. 168 [1868]) den ,corporations‘ faktisch ermöglicht hatte, sich den Staat zu erwählen, in dem sie inkorporiert sein wollten, ohne daß damit auch eine Entscheidung über den Gesellschaftssitz verbunden sein

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

tur eine lebhafte Diskussion darüber, in welche Richtung sich das Gesellschaftsrecht weiterentwickeln sollte. Während die eine Seite für eine Ausweitung der Gestaltungsfreiheit eintritt, befürwortet die andere verstärkte Eingriffe des Gesetzgebers mittels zwingender Vorschriften.89 Die ,corporation statutes‘ der Einzelstaaten ermächtigen heute in zentralen Bereichen zu individuellen Gestaltungen. Beispielhaft seien zwei Vorschriften des General Corporation Law of Delaware dargestellt, auf die an späterer Stelle noch zurückzukommen sein wird. Nach § 141 (a) S. 1 Hs. 1 Del.Gen.Corp.L. obliegt die Führung der Geschäfte der ,corporation‘ dem ,board of directors‘. Dies gilt jedoch nur so lange, als das ,certificate of incorporation‘ keine anderslautende Bestimmung enthält (§ 141 [a] S. 1 Hs. 1 Del.Gen.Corp.L.). Die Befugnis des ,board‘, die Geschäfte in alleiniger Verantwortung zu führen, kann damit grundsätzlich nach dem Willen der Aktionäre eingeschränkt werden.90 Die Kompetenzverteilung zwischen Management auf der einen und Kapitalgebern auf der anderen Seite in ihrer absoluten Form ist keine zwingend vorgeschriebene interne Struktur der ,corporation‘. Nach § 151 (a) Del.Gen.Corp.L. obliegt es dem ,certificate of incorporation‘, die Rechte der Aktionäre zu definieren. Dabei sind im Grunde beliebige Gestaltungen möglich. Es können Aktien ohne Stimmrecht oder mit mehrfachem Stimmrecht ausgegeben werden, die Aktien können beliebige Vermögensrechte verbriefen oder von solchen Rechten ausgeschlossen sein, es können Rechte der Aktionäre von Beschlüssen des ,board‘ abhängig gemacht werden91 oder das ,board‘ ermußte, begannen die Staaten damit, ihre ,corporation statutes‘ zu reformieren und flexibler auszugestalten. Das Ziel bestand darin, so viele ,corporations‘ wie möglich dazu zu bewegen, sich in dem jeweiligen Staate zu inkorporieren. Vor allem Delaware, New Jersey oder Maine konnten auf diese Weise erhebliche Gebühren erlangen und den dort ansässigen Anwälten zahlungskräftige Mandanten verschaffen. (Siehe zum ,race for laxity‘ und den Versuchen auf bundesstaatlicher Ebene durch den Erlaß der ,Securities Acts‘ die Entwicklung zu korrigieren: Curtis, Del.J.Corp.L. 15 [1990], 885 ff.; Fischel, Nw.U.L.Rev. 76 [1982], 913 ff.; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 17 ff.; Moore, A Brief History of the General Corporation Law of the State of Delaware, H-1 ff.). 89 Zu dieser Grundsatzdiskussion siehe die Übersicht bei Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 36 ff.; Millon, Duke L.J. 1990, 201 (205); Vagts, Gestaltungsfreiheit im amerikanischen Gesellschaftsrecht, S. 278 (282 ff.); sowie Bebchuk, Harv.L.Rev. 102 (1989), 1820 ff.; Clark, Colum.L.Rev. 89 (1989), 1703 ff.; Easterbrook / Fischel, Colum.L.Rev. 89 (1989), 1416 ff.; Eisenberg, Colum.L.Rev. 89 (1989), 1461; ders., Geo.L.J. 78 (1990), 1551 ff.; Gordon, Colum.L.Rev. 89 (1989), 1549 ff.; Romano, Colum.L.Rev. 89 (1989), 1599 ff. jeweils m. w. N. 90 Dies jedoch nur, soweit nicht andere Vorschriften verletzt werden (Lehrman v. Cohen, 222 A.2d 800 [Del. 1966]; Folk, Delaware General Corporation Law, § 141.1.). Eine häufig in ,public corporations‘ anzutreffende Regelung ist bspw., daß bestimmte Entscheidungen des ,board of directors‘ der Zustimmung der ,shareholders‘ bedürfen (vgl. Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, § 4.1.). 91 § 102 (a)(4) Del.Gen.Corp.L.; vgl. dazu Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, § 5.12.

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mächtigt werden, Aktien auszugeben und gleichzeitig ihre Rechte zu bestimmen. Nennenswerte Beschränkungen, dies wird auch die vorliegende Untersuchung zeigen, existieren nicht.92 Ganz im Gegensatz zu den ,corporation statutes‘ der Einzelstaaten enthält das ,federal securities law‘ ausschließlich zwingende Vorschriften, die insbesondere die Offenlegungs- und Berichtspflichten der Gesellschaften betreffen. Diese Rechtsmaterie, die sich während der Zeit des ,race to the bottom‘ im wesentlichen als Korrektiv zu den äußerst flexiblen ,corporation laws‘ entwickelt hatte, dient in besonderem Maße dem Schutz der Anleger vor unseriösen und betrügerischen Gestaltungen.93 Weit schwieriger ist die Frage zu beantworten, wie die Gerichte solche neuartigen Gestaltungen des ,certificate‘ oder der ,by-laws‘ beurteilen werden, die entweder nicht auf einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung beruhen oder aber in einer atypischen Weise gestützt auf eine ausdrückliche Regelungsermächtigung von den hergebrachten Strukturen abweichen. Die Art und Weise, in der die Rechtsprechung auf solch neue Gestaltungen reagiert hat, war im Laufe dieses Jahrhunderts erheblichen Veränderungen unterworfen. Den Ausgangspunkt bildete dabei jeweils die Auslegung der Vorschriften der ,corporation statutes‘, die es dem ,certificate‘ oder den ,by-laws‘ freistellten, zusätzliche Regelungen zu treffen, solange sie nicht gegen „das Gesetz“ verstießen. Noch bis in die 40er Jahre des 20. Jahrhunderts interpretierten die Gerichte diese Vorschrift, in dem Sinne, daß eine neue Regelung, die nicht auf eine ausdrückliche gestattende Gesetzesvorschrift gestützt werden konnte, den hergebrachten Regeln und Strukturen entsprechen mußte, sollte sie nicht unzulässig sein.94 Diese Auslegung kam dem Standpunkt sehr nahe, daß „(..) anything not clearly permitted is forbidden.“95 In den 50er Jahren änderte sich die innovationsfeindliche Einstellung der Rechtsprechung. Sie ging nun davon aus – und tut es noch heute –, daß eine neuartige Regelung des ,certificate‘ oder der ,by-laws‘ grundsätzlich zulässig ist, wenn sie nicht gegen den klaren Wortlaut einer Gesetzesnorm, den Sinn und Zweck einer solchen oder gegen einen gefestigten Grundsatz des ,Common Law‘ verstößt.96 Damit wird den Gesellschaften insoweit Gestaltungsfreiheit zugebilligt, als nicht triftige Gründe gegen eine neuartige Regelung sprechen. 92 „Den Vorstellungen und Wünschen der Gründer oder des board of directors werden hinsichtlich der Ausstattung der einzelnen Gattungen durch die corporate statutes praktisch keine Grenzen gesetzt.“ (Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 403). 93 Vgl. dazu die Literatur unter Fn. 88. 94 Aldridge v. Franco Wyoming Oil Co., 14 A.2d 380 (Del. 1949); First National Bank v. Drake, 11 P. 445 (Del. 1886). 95 Coffee, Colum.L.Rev. 89 (1989), 1618 (1632). 96 „( . . . ) (T)he stockholder of a Delaware corporation may by contract embody in the charter a provision ( . . . ), provided that it does not transgess a statutory enactment or a public policy settled by the common law or implicit in the General Corporation Law itself.“ (Sterling v. Mayflower Hotel Crop. 93 A.2d 107, 118 [Del. 1952]); vgl. auch Ellingwood v. Wolf ’s

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

Natürlich kann diese generelle Feststellung nicht die Frage beantworten, welche konkrete Entscheidung die Gerichte nun im Falle einer neuartigen Gestaltung des ,certificate‘ oder der ,by-laws‘ z. B. im Rahmen einer tracking stock Struktur fällen werden. Liegen die Dinge einmal wirklich so, daß alle bisherigen Regeln nicht anwendbar sind oder keine Lösung für das Problem bereithalten, so obliegt es der Rechtsprechung, die Lücke mittels neuer Regeln zu schließen.97 Zu welchem Ergebnis die Gerichte kommen werden, hängt vom Einzelfall ab, wenn auch „( . . . )(r)ecent experience shows that the Delaware courts have been willing to accept truly novel departures from prior law ( . . . ) when they have understood the background context and reasons for the departure.“98

II. Das tracking stock Konzept aus der Sicht des Delaware ,corporation law‘ Das tracking stock Konzept findet seine rechtliche Entsprechung in den Regelungen des ,certificate of incorporation‘ der entsprechenden Gesellschaften. Mittels dieses Gestaltungsinstruments werden die in den Aktien verbrieften Rechte so modifiziert, daß die ausgebende Gesellschaft die oben dargestellten wirtschaftlichen Zielvorstellungen zu erreichen glaubt. Eine Untersuchung der rechtlichen Gestaltung des tracking stock Konzepts muß folgerichtig an dieser Stelle ansetzen.99 Im folgenden sollen deshalb die in den ,certificates‘ verwandten Regelungen einer intensiven Untersuchung unterzogen werden. Dabei werden sich die Ausführungen zu Beginn in erster Linie darauf konzentrieren, die Regelungstechnik darzustellen und zu analysieren. Der Blickwinkel soll damit ein eher rechtstechnischer sein. Im zweiten Abschnitt wird genauer auf die Auswirkungen eingegangen, die die Einführung einer tracking stock Struktur auf die Interessensituation und die Führung des Unternehmens hat. Im letzten Teil ist dann noch ein Blick auf das Verfahren zur Einführung einer tracking stock Struktur zu werfen.

Head Oil Ref. Co., 38 A.2d 743, 747 (Del. 1944); Martin Found., Inc. v. North Am. Rayon Corp., 202 A.2d 313, 316 (Del. 1949); Folk, Delaware General Corporation Law, § 102.9, § 151.1. 97 Vgl. die Untersuchung von vier verschiedenen ehemals neuartigen Bestimmungen der ,certificates‘ und ihre Behandlung durch die Gerichte bei Coffee, Colum.L.Rev. 89 (1989), 1618 (1635 ff.); dazu auch Vagts, Gestaltungsfreiheit im amerikanischen Gesellschaftsrecht, S. 278 (285). 98 Coffee, Colum.L.Rev. 89 (1989), 1618 (1633). 99 Vertiefende rechtliche Untersuchungen zur tracking stock Struktur existieren so weit ersichtlich, auch in den USA mit Ausnahme des Beitrags von Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 ff. noch nicht. Auch dieser beschäftigt sich nur am Rande mit der rechtstechnischen Gestaltung der Aktionärsrechte, sondern konzentriert sich vielmehr auf Fragen der Führung der Geschäfte der ,corporation‘ durch das ,board‘ vor dem Hintergrund einer solchen besonderen Eigenkapitalstruktur.

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1. Regelungsstrukturen im ,certificate of incorporation‘ am Beispiel von General Motors Corp. und US West, Inc.

Eine ausführliche Darstellung und Analyse der ,certificates of incorporation‘ sämtlicher Gesellschaften mit tracking stock Struktur würde den Rahmen der vorliegenden Untersuchung sprengen. Die rechtlichen Grundstrukturen, die bei der Gestaltung dieser Aktiengattungen verwandt werden, lassen sich denn auch mit einigen wenigen kleineren Abweichungen in allen bisherigen tracking stock Transaktionen wiederfinden. Insoweit sollen aus den zur Verfügung stehenden Beispielen die Fälle von General Motors Corp. und US West Inc. herausgegriffen werden, die sich aus mehreren Gründen für eine genauere Untersuchung eignen. Beide Gesellschaften sind im Staate Delaware inkorporiert, so daß sie dem gleichen und gleichzeitig bedeutendsten Gesellschaftsrecht unterliegen, was die Untersuchung aufgrund der umfangreichen zur Verfügung stehenden Literatur und Rechtsprechung erheblich einfacher und übersichtlicher gestaltet. Weiterhin lassen sich beide Fälle in unterschiedliche Entwicklungsstadien das tracking stock Konzepts einordnen. General Motors (GM) war 1984 / 85 die erste Gesellschaft, die tracking stocks ausgegeben hatte, und gehört unbestritten zu den Pionieren auf diesem Gebiet. US West hingegen führte erst 1995 eine tracking stock Struktur ein. Wie die weiteren Ausführungen zeigen werden, unterscheiden sich die rechtlichen Ausgestaltungen der Aktionärsrechte sowie der sonstigen Strukturen der beiden Gesellschaften nicht unerheblich. Während sich bei GM noch eine etwas undifferenzierte Regelungsstruktur wiederfindet, die insbesondere auf eine variable Gestaltung der Stimmrechte verzichtet, wurden bei US West weit präzisere und flexiblere, verschiedenste mögliche Fallgestaltungen berücksichtigende Regelungen aufgenommen. a) Gegenstand der Untersuchung 1984 übernahm GM die Gesellschaft Electronic Data Systems Corp. (EDS). Im Rahmen dieser Transaktion wurde den Aktionären von EDS als Teil der Gegenleistung für ihre Anteile EDS eine neue Gattung von Aktien von GM angeboten. Dieser ,Class E Common Stock‘ war in seinem Dividendenrecht an die wirtschaftliche Entwicklung von EDS gekoppelt, so daß die Aktionäre weiterhin an dem Potential ihrer alten Gesellschaft teilhaben konnten. 1996 machte GM diese Akquisition rückgängig, gliederte den auf EDS zurückgehenden Geschäftsbereich aus dem Konzern aus, tauschte den sich im Publikumsbesitz befindenden ,Class E Common Stock‘ gegen Aktien der nun wieder eigenständigen Holdinggesellschaft EDS und gab diese Aktien an die Aktionäre des ,Class E Common Stock‘ aus. 1985 benutzte GM die letter stocks noch einmal bei der Akquisition von Hughes Electronics Corp. (Hughes). Auch hier wurden die neu geschaffenen Aktien des ,Class H Common Stock‘, die die Entwicklung von Hughes nachzeichnen sollten, als Teil der Gegenleistung für die Aktien von Hughes an die bisherigen Aktionäre ausgegeben. Der ,Class H Common Stock‘ besteht noch heute. 1997 gliederte GM 4 Nolte

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

mit Zustimmung der Aktionäre in einer umfassenden Restrukturierung (,Hughes Transaction‘)100 den Geschäftsbereich für elektronische Verteidigungssysteme aus Hughes aus und verschmolz diesen mit der Raytheon Company. Darüber hinaus wurde der Teil von Hughes, der sich mit der Entwicklung und Vermarktung von elektronischen Systemen für Automobile beschäftigte (Delco Electronics), aus Hughes herausgelöst und der GM Muttergesellschaft unterstellt. Sowohl die Aktionäre des ,Common Stock‘ als auch diejenigen des ,Class H Common Stock‘ erhielten Anteile an Raytheon als ,stock dividend‘ ausgeschüttet, wobei über eine vorteilhaftere Quote die Aktionäre des ,Class H Common Stock‘ gleichzeitig für den Verlust von Delco entschädigt wurden. Im Jahr 2000 schließlich wurden größere Teile der Aktien des ,Common Stock‘ im Rahmen eines freiwilligen Umtauschangebots in Aktien des ,Class H Common Stock‘ umgetauscht.101 Dabei erhöhte sich die Zahl an Aktien des ,Class H Common Stock‘ um 160 Millionen. Die vorliegende Untersuchung konzentriert sich auf den Zeitraum kurz nach der Ausgliederung von EDS, wobei das ,Restated Certificate of Incorporation‘ vom 7. Juni 1996102 (kurz: GM.C.) der General Motors Corp. zugrunde gelegt wird. Das Grundkapital von GM zum 7. Juni 1996 war in vier ,classes of shares‘ (Aktiengattungen) aufgeteilt. Zwei davon (,Preferred Stock‘ und ,Preferrence Stock‘) sind ,preferred shares‘ (Vorzugsaktien), die an dieser Stelle nicht weiter behandelt werden sollen. Die beiden anderen Gattungen, beides ,common shares‘ (Stammaktien), stellten die tracking stock Gattungen dar.103 Während die Aktien des ,Class H Common Stock‘ die wirtschaftliche Entwicklung der im Eigentum von GM stehenden Hughes Electronics Corp., die elektronische Komponenten für den Flugzeugbau entwickelte und produzierte,104 nachzeichnen sollten, bezogen sich die Aktien des ,Common Stock‘ auf die restlichen umfangreichen Aktivitäten von GM, vor allem im Kraftfahrzeugbau. US West gab die Aktien seines targeted stock nicht als Gegenleistung im Zusammenhang mit einer Akquisition aus, sondern emittierte sie im Rahmen einer vollständigen Restrukturierung des Unternehmens im Jahr 1994. Dabei verschmolz die ursprüngliche US West Inc., die in Colorado inkorporiert war, mit einer neu ge100 Vgl. zum folgenden General Motors, Proxy Statement and Prospectus v. 10. 10. 1997, S. 41 ff., 101 ff., 113 ff. sowie unten Erstes Kapitel: B.II.2.f). 101 Vgl. dazu General Motors, Exchange Offer v. 20. 4. 2000, S. 32 ff.; FAZ v. 23. 5. 2000, S. 25. 102 So enthalten in General Motors Corp.: Form 8-K; Current Report Pursuant to Section 13 of the Securities Exchange Act of 1934 vom 11. 6. 1996, Exhibit 3(i). Die wesentlichen Teile des ,certificate of incorporation‘, die in der vorliegenden Untersuchung besprochen werden, sind im Anhang II abgedruckt. 103 Zahl der ,shares‘: 2.706.000.000, davon 6.000.000 ,Preferred Stock‘ without par value, 100.000.000 ,Preference Stock‘ $ 0,10 par value, sowie 2.600.000.000 ,common shares‘ davon 2.000.000.000 ,Common Stock‘ par value $ 1,66 und 600.000.000 ,Class H Common Stock‘ par value $ 0,10. (Art. 4 S. 1 GM.C.). 104 Vgl. dazu General Motors, Proxy Statement and Prospectus v. 21. 9. 1984, S. 70 ff.

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gründeten ,corporation‘ aus Delaware zur neuen US West Inc. mit Inkorporationsstaat Delaware. Gleichzeitig wurden im Rahmen eines Aktien-Splits alle sich in Publikumsbesitz befindenden ,common shares‘ von US West in zwei Aktien der neu ausgegebenen targeted stocks (,Communications Stock‘ und ,Media Stock‘) umgetauscht. Im Jahr 1998 wurde diese Eigenkapitalstruktur wieder aufgegeben und der Konzern US West in zwei rechtlich eigenständige Konzerne der neuen US West und der MediaOne mit jeweils unabhängigen Konzernobergesellschaften aufgespalten. Als Grund für die Spaltung wurde angeführt, daß die weiterbestehenden Verbindungen zwischen den Geschäftsbereichen einer unabhängigen und an den besonderen Bedürfnissen der Geschäftsbereiche ausgerichteten Entwicklung im Wege stünden.105 Den weiteren Untersuchungen soll die Situation kurz nach der Einführung der targeted stocks im Oktober 1995 zugrunde gelegt werden. Dabei wird auf das ,certificate of incorporation‘ vom 31. 10. 1995106 (USW.C.) der US West, Inc. verwiesen. Das Grundkapital von US West ist zu diesem Zeitpunkt in drei Aktiengattungen aufgeteilt.107 Die Aktien einer Gattung (,Peferred Stock‘) sind dabei als Vorzugsaktien ausgestaltet und sollen an dieser Stelle nicht weiter beleuchtet werden. Die beiden anderen Gattungen (,US West Communications Group Common Stock‘ und ,US West Media Group Common Stock‘) stellen die targeted stocks dar. Während der ,Communications Stock‘ an die wirtschaftliche Entwickung des Geschäftsbereichs Telekommunikation108 anknüpfen soll, ist der ,Media Stock‘ an die Sparte Kabelfernsehen und Multimedia Services109 gekoppelt.

b) Das Dividendenrecht In der Ausgestaltung des Dividendenrechts sollte sich die dem tracking stock Konzept zugrunde liegende Idee einer Kopplung der Aktienperformance an die wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung bestimmter Geschäftsbereiche am deutlichsten zeigen. Als ,dividend‘ werden in den USA alle die Vermögensgegenstände bezeichnet, die nicht im Eigentum der ,corporation‘ verbleiben, sondern an die Aktionäre als 105 US West, Proxy Statement and Prospectus v. 20. 4. 1998, S. 28; vgl. auch Lipin, Wall St.J. v. 27. 10. 1997, A3. 106 So enthalten in US West, Inc.: Proxy Statement and Prospectus v. 11. 8. 1995, Annex II. Die wesentlichen Teile des ,certificate of incorporation‘ sind im Anhang IV abgedruckt. 107 Zahl der ,authorized shares‘ 4.200.000.000 davon 200.000.000 ,Preferred Stock‘ mit ,par value‘ $ 1,00 und 4.000.000.000 ,common stock‘ mit 2.000.000.000 ,shares‘ ,Communication Group Common Stock‘ (,Communication Stock‘) mit ,par value‘ $ 0,01 und 2.000.000.000 ,shares‘ ,US West Media Group Common Stock‘ (,Media Stock‘) mit par value $ 0,01 (Art. 5 Sec. 1 USW.C.). 108 Vgl. dazu US West, Proxy Statement and Prospectus v. 11. 8. 1995, Annex VII-1 ff. 109 Vgl. dazu US West, Proxy Statement and Prospectus v. 11. 8. 1995, Annex VI-1 ff.

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

Gegenleistung für ihr Investment ausgeschüttet werden.110 In der Regel wird dabei die Dividende in Geld ausbezahlt (,cash dividend‘), sie kann jedoch auch aus Aktien der Gesellschaft (,share dividend‘) oder aus anderen Vermögensgegenständen (,property dividend‘) bestehen.111 Die Kompetenz zu entscheiden, ob und in welcher Höhe eine Dividende ausgeschüttet wird, liegt nach allen Rechtsordnungen grundsätzlich beim ,board of directors‘ (§ 170 Del.Gen.Corp.L.).112 Erst ab dem Zeitpunkt, in dem das ,board‘ eine Dividende in einer bestimmten Höhe erklärt hat, entsteht das Dividendenrecht der Aktionäre in Form eines Zahlungsanspruchs gegenüber der ,corporation‘.113 Ohne eine Dividendenentscheidung des ,board of directors‘ haben die Aktionäre keine wie auch immer gearteten Dividendenansprüche gegenüber der Gesellschaft.114 Auch ein Anspruch auf eine Dividendenentscheidung des ,board‘ steht ihnen im Regelfall nicht zu.115 Wurde nur eine Aktiengattung ausgegeben, so partizipieren alle Aktionäre entsprechend ihrer Beteiligungsquote an der Ausschüttungssumme. Eine Diskriminierung einzelner oder einer Gruppe von Aktionären bei der Ausschüttung ist nicht zulässig.116 Dies gilt jedoch nur so lange, wie nicht verschiedene ,classes‘ oder ,series of shares‘ ausgegeben worden sind. Unterscheiden sich die Dividendenrechte dieser ,classes‘ oder ,series‘, so steht es dem ,board of directors‘ in Übereinstimmung mit den Regelungen des ,certificate of incorporation‘ frei, den jeweiligen Aktiengattungen unterschiedliche Dividendenhöhen zuzuweisen, solange innerhalb einer Aktiengattung alle Aktionäre entsprechend ihrer Beteiligungsquote gleich behandelt werden.117 Der Ermessensspielraum, der dem ,board of directors‘ bei der Dividendenentscheidung eingeräumt wird, ist sehr groß.118 Das ,board‘ hat jedoch bei seiner Entscheidung zumindest zwei Arten von Restriktionen zu beachten. Zum einen muß die Dividende aus den ,legally available funds‘ stammen, d. h. eine Ausschüttung 110 Für Delaware siehe: Lynam v. Gallagher, 526 A.3d 878, 882 (Del. 1987); Fulweiler v. Spruance, 43 Del.Ch. 196, 202 (Del. 1966); Penington v. Commonwealth Hotel Constr. Corp., 17 Del.Ch. 394 (Del. 1931). 111 Wenn im weiteren von Dividende die Rede ist, so ist damit die ,cash dividend‘ gemeint. Zu den anderen Formen der Dividende siehe Black, Corporate Dividends, § 1.01.; Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 870 f. 112 In anderen Staaten ist diese Kompetenzverteilung nicht ausdrücklich in den ,corporation statutes‘ enthalten, sondern wird durch die Regeln des ,Common Law‘ begründet. Zur geschichtlichen Entwicklung dieser Kompetenz des ,board of directors‘ siehe Schütte, Dividendenentscheidung, S. 41 ff. 113 Black, Corporate Dividends, § 1.02; Murray, Baylor L.Rev. 23 (1971), 7 (18). 114 Gabelli & Co. v. Ligett Group, Inc. 479 A.2d 276; Co. for Insurances on Living & Granting Annuities v. Cox, 23 Del.Ch. 193, 199; Black, Corporate Dividends, § 1.01. 115 Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 454. 116 Macey, Corporation, Rn. 2559. 117 Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 904; Macey, Corporation, Rn. 2559 f. 118 Vgl. dazu aus deutscher Sicht Warrikoff, AG 1963, 60 (62 ff.).

B. Rechtliche Dimension des Konzepts in den USA

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der Mittel muß gesetzlich zugelassen sein; zum anderen müssen die vertraglichen Verpflichtungen eingehalten werden, die die ,corporation‘ bezüglich der Dividendenzahlungen gegenüber ihren Aktionären oder Gläubigern eingegangen sind. Wird eine dieser Bedingungen schuldhaft119 verletzt, so sind die ,directors‘ grundsätzlich für die Rückzahlung der rechtswidrig ausgezahlten Beträge gegenüber der ,corporation‘ persönlich haftbar.120 Die Vorschriften der Einzelstaaten, die festlegen, in welcher Höhe und aus welchen Vermögensteilen Dividenden ausgeschüttet werden können, weichen zum Teil erheblich voneinander ab. Auf eine Darstellung der verschiedenen Regelungssysteme wird an dieser Stelle verzichtet.121 Die folgenden Ausführungen beziehen sich allein auf die heute Situation nach dem Delaware General Corporation Law. Hier sind zwei unterschiedliche Vermögensteile vorgesehen, die für eine Ausschüttung verwandt werden können. Zum einen kann das ,board‘ die Dividende aus dem sog. ,surplus‘, zum anderen aus den ,net profits‘ des aktuellen oder vorangegangenen Geschäftsjahres zahlen (§ 170 [a] S. 1 Del.Gen. Corp.L.).122 Der ,surplus‘ ist nach § 154 Del.Gen.Corp.L. die Differenz zwischen den ,net assets’123 und dem ,capital‘ der ,corporation‘. Die ,net assets‘ ergeben sich wiederum aus der Differenz zwischen der Wertsumme aller Vermögensgegenstände und sämtlicher Schulden der Gesellschaft. Das ,capital‘ stellt bei der Ausgabe von Aktien mit ,par value‘ (Nennwertaktien) die Summe der Nennwerte 119 Bei Vorsatz liegt nach allen Rechtsordnungen Verschulden vor, bezüglich des notwendigen Fahrlässigkeitsstandards unterscheiden sich die Regelungen. In Delaware müssen die ,directors‘ ,gross negligent‘, d. h. in etwa grob fahrlässig gehandelt haben (Aronson v. Lewis, 473 A.2d 805, 812 [Del. 1984]; Smith v. Van Gorkom, 488 A.2d 858, 873 [Del. 1985]). 120 So die Rechtslage in den meisten Staaten, z. B. § 174 Del.Gen.Corp.L. Darüber hinaus können in manchen Staaten auch die ,shareholders‘, die rechtwidrige Ausschüttungen erhalten haben, haftbar gemacht werden. Siehe zu den weiteren Folgen von rechtswidrigen Ausschüttungen, Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 903 ff. 121 Übersichten zu den verschiedenen Regelungssystemen (,Earned Surplus Statutes‘, ,Balance Sheet Surplus Statutes‘, ,Insolvency Statutes‘) finden sich bei Black, Corporate Dividends, §§ 1.03, 2.01; Fletcher Cyc. Corp. § 5329; Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 889; Herwitz / Barrett, Accounting, S. 315 ff.; Kübler, Aktie, S. 36 ff.; Merkt, USamerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 453 ff.; Wüstemann, Generally Accepted Accounting Principles, S. 52 ff. 122 Vgl. zum folgenden Kübler, Aktie, S. 38 f.; Black, Corporate Dividends, §§ 2.02, 2.04. 123 Bei der Bewertung der Vermögensgegenstände stand es dem ,board‘ lange frei, eine der möglichen Methoden zu wählen (sei es eine Bewertung unter der Annahme der Weiterführung der Gesellschaft und Tageswerten oder eine Bewertung nach historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten), solange für dieser Entscheidung vernünftige Gründe angeführt werden konnten (Morris v. Standard Gas & Electric Co., 63 A.2d 577, 582 [Del. 1949]). Heute befürworten die Gerichte die Bewertung zu Tageswerten (vgl. Kahn v. United States Sugar Corp., 11 Del.J.Corp.L. 908, 913 ff. [Del.Ch. 1985]; siehe auch Herwitz / Barrett, Accounting, S. 327 ff.). Den ,US-GAAP‘ als Grundlage der US-amerikanischen Rechnungslegung kommt insoweit keine Ausschüttungsbegrenzungsfunktion zu (vgl. Emmrich, Reform der externen Rechnungslegung, S. 88 f.; Wüstemann, Generally Accepted Accounting Principles, S. 60).

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

der Aktien dar. Im Fall der Ausgabe von Aktien ohne ,par value‘ (Stückaktien) besteht das ,capital‘ aus dem Teil der Gegenleistung für die Ausgabe der Aktien, der vom ,board‘ zum ,capital‘ erklärt worden ist (§ 154 S. 1 Del.Gen.Corp.L.).124 Im Ergebnis entspricht damit der ,surplus‘ – bei aller Vorsicht, die bei solchen Vergleichen angebracht ist – der Differenz zwischen dem Reinvermögen und dem Grundkapital und damit der Summe der deutschen Rücklagen. Zu beachten ist freilich, daß die Höhe des ,capital‘ im Falle der Ausgabe von Aktien ohne ,par value‘ vom ,board of directors‘ festgelegt wird. Kann die Gesellschaft keinen ,surplus‘ ausweisen, ermöglicht es § 170 (a)(2) Del.Gen.Corp.L., eine Dividende aus den ,net profits‘ (Nettogewinn) des aktuellen oder vorangegangenen Geschäftsjahres auszuschütten (sog. ,nimble dividends‘), obwohl dies zu Lasten des ,capital‘ der Gesellschaft geht.125 Neben den relativ schwachen Restriktionen, die die Vorschriften der ,corporation statutes‘ dem ,board‘ auferlegen, hat es bei seiner Dividendenentscheidung die Beschränkungen zu beachten, die sich aus geltenden Verträgen ergeben. Derartige Regelungen können im ,certificate of incorporation‘, den ,by-laws‘, anderen ,shareholder agreements‘126 oder in einfachen Kreditverträgen der ,corporation‘ mit Dritten127 enthalten sein. In einigen Staaten wie z. B. Delaware128 ist die Beschränkungsmöglichkeit für das ,certificate of incorporation‘ ausdrücklich vorgesehen, in anderen Staaten und für andere Verträge ergibt sich dies aus den Regeln des ,Common Law‘.129 Beschränkungen des Dividendenermessens des ,board of directors‘ sind in zwei Richtungen möglich. Zum einen kann ein Zwang begründet werden, eine Dividende in einer bestimmten Höhe auszuschütten, wenn dadurch nicht die zwingenden Vorschriften der ,corporation statutes‘ verletzt werden. Derartige Regelungen sind notwendig, will man ,preferred shares‘ mit einer ,mandatory dividend‘ ausgeben, die ein Recht auf eine feststehende Dividende oder eine 124 Zur Herabsetzung des ,capital‘ siehe § 254 Del.Gen.Corp.L. Durch das Herabsetzen des ,capital‘ kann denn auch der Schutz der Kreditgeber allzu leicht umgangen werden, vgl. das Beispiel bei Herwitz / Barrett, Accounting, S. 317 f. 125 § 170 (a)(2) Del.Gen.Corp.L.; zur Kritik an dieser Regelung vgl. Black, Corporate Dividends, § 2.04. 126 Hier sind jedoch die Regelungshierarchien zu beachten. Gewährt beispielsweise das ,certificate of incorporation‘ dem ,board of directors‘ vollen Ermessensspielraum, so kann dieser nicht durch eine Regelung in den ,by-laws‘ eingeschränkt werden (vgl. für Delaware: Folk, Delaware General Corporation Law, § 170.4). 127 Kreditverträge oder auch andere Verträge wie z. B. ,merger agreements‘ enthalten oft Klauseln, die die Möglichkeit der ,corporation‘, Dividenden auszuschütten, einschränken. Solche Vereinbarungen werden seit jeher als zulässig erachtet und dienen insbesondere dem Gläubigerschutz (vgl. Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, § 5.27; Black, Corporate Dividends, § 5.03 [3]; Herwitz / Barrett, Accounting, S. 338 ff.; Wüstemann, Generally Accepted Accounting Principles, S. 67 f.). 128 „The directors of every corporation, subject to any restriction contained in its certificate of incorporation, may declare and pay dividends ( . . . ).“ (§ 170 [a] Del.Gen.Corp.L.). 129 Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 901; Cox / Hazen / O’Neal, Corporations, § 20.4.

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Mindestdividende verbriefen.130 Zum anderen kann aber auch die Kapitalsumme beschränkt werden, die dem ,board‘ bei seiner Dividendenentscheidung zur Ausschüttung zur Verfügung steht.131 Bezüglich der Frage nach der Zulässigkeit einer vertraglichen Regelung, die die Entscheidungsfreiheit des ,board‘ bei der Bestimmung der Dividenden einschränkt, wäre nach früherem ,Common Law‘ grundsätzlich danach zu differenzieren gewesen, ob die Regelung für ,preferred‘ oder ,common shares‘ gelten sollte. Im Falle von ,preferred shares‘ wäre es ausreichend gewesen, daß die Regelung im ,certificate‘ enthalten und die Beschränkungen der Ermessensfreiheit im Verhältnis zu den Interessen der Investoren am Schutz ihres Investments angemessen war.132 Handelte es sich dagegen um eine Regelung, die für ,common shares‘ gelten sollte, so wären an die in Frage stehenden Regelungen grundsätzlich höhere Anforderungen zu stellen gewesen, da die Stammaktionäre ihren Einfluß auf die Geschäftsführung der Gesellschaft im Grundsatz allein über die Wahl der ,directors‘ ausüben und nicht mittels vertraglicher Regelungen in die Geschäftsführungsbefugnisse des ,board‘ eingreifen können sollten.133 Von dieser strikten Kompetenzabgrenzung zwischen Aktionären und ,board of directors‘ ist man jedoch in den meisten Staaten abgekommen. In Delaware bestimmt § 141 (a) Del.Gen.Corp.L., daß es dem ,certificate of incorporation‘ und damit den Aktionären freisteht, Fragen der Geschäftsführung zu regeln und so in die grundsätzliche Kompetenz des ,board of directors‘ einzugreifen.134 Damit stehen einer Einschränkung des Dividendenermessens auch im Falle von ,common shares‘ keine Hindernisse mehr entgegen.135 Das ,certificate of incorporation‘ kann solche Regelungen treffen, die das ,board‘ verpflichten, eine bestimmte Dividende auszuschütten oder aber die Mittel, die für eine Dividendenzahlung zur Verfügung stehen, beschränken. Besondere inhaltliche Anforderungen sind an solche Regelungen nicht zu stellen. Die Erfolgschancen eines Aktionärs, der eine Dividendenentscheidung des ,board of directors‘, die den obigen dargestellten Anforderungen der ,corporation statutes‘ und den vertraglichen Beschränkungen genügt, auf gerichtlichem Wege überprüfen lassen möchte, um so eine höhere oder niedrigere Ausschüttung zu erzwingen, sind sehr gering. Die Dividendenentscheidung unterliegt wie jede andere Geschäftsführungsmaßnahme der sog. ,business judgment rule‘.136 Danach wird 130 Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 914 f. m. w. N.; vgl. auch das Urteil Lydia E. Pinkham Medicine Co. v. Gove, 20 N.E.2d 482 (Mass. 1939) in dem eine Regelung des ,certificate‘ für zulässig erachtet wurde, die bestimmte, daß alle Gewinne die den ,surplus‘ über eine bestimmte Summe hinaus anwachsen lassen würden, auszuschütten sind. 131 Gerade von dieser Möglichkeit wird in vielen Fällen im Rahmen von Kreditverträgen Gebrauch gemacht, vgl. Black, Corporate Dividends, § 5.03 [2]. 132 Black, Corporate Dividends, § 5.03 [2][a]. 133 Black, Corporate Dividends, § 5.03 [2][b]. 134 „The business and affairs of every corporation organized under this chapter shall be managed by or under the direction of a board of directors, except as maybe otherwise provided in this chapter or in its certificate of incorporation.“ (§ 141 [a] Del.Gen.Corp.L.). 135 Lehrman v. Cohen, 222 A.2d 800, 808 (Del. 1966); Moskowitz v. Bantrell, 190 A.2d 749 (Del. 1963); Black, Corporate Dividends, § 5.03 [2][b][i].

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

ein Gericht die Dividendenentscheidung solange nicht inhaltlich überprüfen137, als das ,board of directors‘ in dem nach den konkreten Umständen erforderlichen Maße informiert war, in gutem Glauben gehandelt hat, d. h. nicht aufgrund eigener Interessen befangen war und im ehrlichen Glauben, im besten Interesse der Gesellschaft zu handeln, entschieden hat.138 Um die Hürde der ,business judgment rule‘ zu überwinden, wäre eine Berufung auf das Argument, es stünden genügend Mittel für eine Ausschüttung zur Verfügung, in keinem Fall ausreichend;139 vielmehr hätte der Aktionär zu beweisen, daß das ,board‘ bei seiner Entscheidung ,gross negligent‘140 gehandelt hat, völlig unzureichend informiert war oder bei der Entscheidung von eigenen Interessen oder denen eines Mehrheitsaktionärs beeinflußt wurde.141 Die hohen Anforderungen, die an den Beweis dieser Voraussetzungen gestellt werden, sind insbesondere im Falle von Dividendenentscheidungen kaum je zu erfüllen. Insoweit ist es bisher allein in wirklich außergewöhnlichen Fällen zu einer erfolgreichen gerichtlichen Anfechtung des Dividendenbeschlusses gekommen.142 Am erfolgsversprechendsten scheint dabei immer noch der Versuch, einen Konflikt zwischen den privaten Interessen der ,directors‘ und denen der ,corporation‘ nachzuweisen.143 136 Gabelli & Co., Inc. Profit-Sharing Plan v. Liggett Group, Inc., 444 A.2d 261, 264 (Del. 1982). 137 Die ,business judgment rule‘ wirkt dabei wohl lediglich als eine ,presumption‘ (der Begriff ist heftig umstritten vgl. Branson, Corporate Governance, § 7.13), also als Vermutungsregel, die die ,directors‘ vor einer gerichtlichen Überprüfung ihrer Entscheidungen in Hinblick auf ihre materiellen Pflichten (,duty of care‘ und ,duty of loyalty‘) schützt, vgl. Smith v. Van Gorkom 488 A.2d 858, 872 (Del. 1985). In vielen Fällen wird jedoch nicht streng zwischen dem Schutz durch die ,business judgment rule‘ und den materiellen Pflichten unterschieden, sondern Merkmale beider Rechtsinstitute vermischt. In der Literatur und Rechtsprechung finden sich eine große Anzahl unterschiedlicher Definitionen der ,business judgment rule‘, vgl. Branson, Corporate Governance, § 7.02; für Delaware Folk, Delaware General Corporation Law, § 141.2.2.1. Fn. 68. 138 Smith v. Van Gorkom 488 A.2d 858, 872 (Del. 1985). 139 Cox / Hazen / O’Neal, Corporations, § 20.2; Knepper / Baily, Liability of Corporate Officers and Directors, § 5 – 6(d). 140 Der Standard der ,gross negligence‘ entspricht in etwa dem, was im ,law of torts‘ als ,recklessness‘ bezeichnet wird. In deutscher Terminologie kann dies mit der groben Fahrlässigkeit gleichgesetzt werden. Die Gerichte in Delaware tendieren darüber hinaus dazu, den Prüfungsstandard noch etwas niedriger anzusetzen; danach wäre ,gross negligence‘ „( . . . ) reckless indifference to or a deliberate discression of the stockholder ( . . . )“ oder eine Entscheidung „( . . . ) without the bounds of reason ( . . . )“. (Rabkin v. Philip A. Hunt Chem. Corp., 547 A.2d 963, 970 [Del. 1986]). 141 Black, Corporate Dividends, § 4.03 [1]; Brudney, Va.L.Rev. 85 (1980), 85 (104); Cox / Hazen / O’Neal, Corporations, § 20.3; Murray, Baylor L.Rev. 23 (1971), 7 (13 f.); Stewart, Am.Bus.L.J. 12 (1974), 43 (44 ff., 48 ff.). „( . . . ) (T)hat, under Delaware law, the declaration of a dividend, like any action of the directors, rests in the discretion of the directors, but that the business judgment rule does not protect the directors if they grossly or fraudulently abuse the discretion ( . . . ).“ (Garzy v. TV Answer, Inc., C.A. No. 12784, 17). 142 Cox / Hazen / O’Neal, Corporations, § 20.2. 143 Beispiele bei Black, Corporate Dividends, § 4.03 [2][a].

B. Rechtliche Dimension des Konzepts in den USA

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aa) Ausgestaltung des Dividendenrechts bei General Motors Die Dividendenrechte des ,Class H Common Stock‘ und des ,Common Stock‘ sind in Art. 4 (a) GM.C. geregelt. Nach Art. 4 S. 2 GM.C. verbriefen beide Gattungen grundsätzlich gleiche Rechte, es sei denn, in Art. 4 GM.C. sind anderweitige Regelungen enthalten. Beide ,common stocks‘ sind in ihrem Dividendenrecht dem ,Preferred Stock‘ und dem ,Preference Stock‘ nachgestellt, können somit nur dann eine Dividende erhalten, wenn auch nach der zwingenden Ausschüttung auf die ,preferred shares‘ noch ausschüttungsfähige Mittel zur Verfügung stehen (Art. 4 [a] S. 1 GM.C.). Art. 4 (a)(1) und (2) GM.C. zusammen mit Art. 4 (a)(5) GM.C. enthalten die Regelungen über die Dividendenzahlungen auf die tracking stock Gattungen. Art. 4 (a)(3) GM.C. weist die Entscheidung über die Dividenden dem ,board of directors‘ zu und ermächtigt in Abweichung zum Grundsatz des Art. 4 S. 2 GM.C. das ,board‘, die beiden tracking stock Gattungen in Bezug auf die Dividendenhöhen unterschiedlich zu behandeln. Dabei ist der Ermessensspielraum, der dem ,board‘ bei dieser Entscheidung ausdrücklich eingeräumt wird, sehr groß. Es kann nach seinem freien Ermessen eine Dividende für jeweils nur eine Gattung vorsehen, beiden unterschiedliche oder auch gleich hohe Dividenden zuweisen oder kann, insoweit ist die Regelung auszulegen, auch bezüglich beider Aktiengattungen die Zahlung einer Dividende unterlassen. Bei der Entscheidung soll der Ermessensspielraum weiter weder durch die Summe der zur Ausschüttung zur Verfügung stehenden Mittel einer jeden Gattung, deren sonstige Rechte, vorangegangene Dividendenentscheidungen noch durch andere Faktoren beschränkt werden (Art. 4 [a][3] a.E. GM.C.).144 Keine Auswirkungen auf die Gestaltung des ,certificate‘ scheint an dieser Stelle die Zielsetzung des tracking stocks Konzepts gehabt zu haben, die wirtschaftliche Entwicklung bestimmter Teilbereiche des Unternehmens durch verschiedene Aktiengattungen nachzuzeichnen. Eine Bezugnahme auf die Gewinne oder die sonstige Geschäftsentwicklung einzelner Geschäftsbereiche fehlt vollständig. Weder sind diese Sachverhalte bei der Dividendenentscheidung des ,board of directors‘ zu berücksichtigen, noch findet sich eine direkte Kopplung von Ergebnislage und Dividendenhöhe. Auch zwischen der Höhe der Ausschüttungen von Hughes an die Muttergesellschaft GM und der Dividendenhöhe der Inhaber des ,Class H Common Stock‘ läßt sich kein Zusammenhang feststellen.145 Eine Verpflichtung des ,board of directors‘, die wirtschaftliche Lage der Geschäftsbereiche bei der Dividendenentscheidung zu berücksichtigen, kann auch nicht aus gesonderten Erklärungen in Geschäftsberichten oder dem Ausgabeprospekt abgeleitet werden. Zwar 144 Inhaltlich gleichartige Regelungen finden sich in Art. 4 (a)(1) S. 3 GM.C. (,Common Stock‘) und Art. 4 (a)(2) S. 3 GM.C. (,Class H Common Stock‘) sowie in Art. 4 (c)(2) a.E. GM.C. 145 „GM reserves the right to cause GMHE to pay dividends to GM in such amounts as GM determines are desirable under the then prevailing facts and circumstances. Such amounts may be the same, greater or less than the dividends paid by GM on the Class H Common Stock.“ (General Motors, Proxy Statement and Prospectus v. 21. 9. 1984, S. 22).

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

erklärte das ,board‘: „( . . . )(T)he GM Board of Directors intends to adopt a policy that the annual dividends on that Class H Common Stock ( . . . ) will equal approximately 25 % of the Available Separate Consolidated Net Income of GMHE for the prior year.“146 Gleichzeitig behielt sich das ,board‘ aber vor: „While the GM Board of Directors does not currently anticipate changing this dividend policy, it reserves the right to do so at any time ( . . . ).“147 Aus dieser Aussage läßt sich schwerlich eine rechtliche Pflicht ableiten, eine bestimmte Dividendenpolitik zu betreiben. Auch ohne die einschränkende Aussage hätte aus der bloßen Erklärung, eine bestimmte Dividendenpolitik betreiben zu wollen, keine echte rechtlich bindende Verpflichtung begründet werden können. Hierzu hätte es vielmehr einer ausdrücklichen Regelung im ,certificate‘ oder in den ,by-laws‘ bedurft.148 Die einzige – sehr indirekte – Verbindung zwischen dem wirtschaftlichem Erfolg der Geschäftsbereiche und dem Dividendenrecht der tracking stock Aktionäre wird mittels einer Einschränkung der zur Ausschüttung auf die Gattungen zur Verfügung stehenden Mittel hergestellt. Für jede Gattung wird der maximal ausschüttbare Betrag auf das reduziert, was der betreffende Geschäftsbereich im konkreten Geschäftsjahr und im Zeitraum davor erwirtschaftet hat. Eine direkte Auswirkungen auf die Dividendenentscheidung des ,board‘, außer der Begrenzung der Ausschüttungssumme nach oben, resultiert daraus nicht (Art. 4 [a][3] GM.C). Im Fall des ,Common Stock‘ (für den ,Class H Common Stock‘ gelten entsprechende Regelungen, siehe Art. 4 [a][2] GM.C.) berechnet sich der maximale Betrag, der auf diese Gattung ausgeschüttet werden könnte, im einzelnen wie folgt (vgl. Art. 4 [a][1] GM.C.). Ausgegangen wird von der Summe, die der ,corporation‘ insgesamt rechtmäßigerweise zur Ausschüttung zur Verfügung stehen würde. Dies ist in Delaware der sog. ,surplus‘.149 Von diesem Betrag ist der ,paid in surplus’150 der anderen Gattung, d. h. der Betrag, der bei der Ausgabe der anderen Gattung über das ,par value‘ oder im Falle einer Gattung ohne ,par value‘ über das vom ,board‘ festgelegte ,capital‘ hinausging (hier des ,Class H Common Stock‘), abzuziehen. Zusätzlich ist vom ,surplus‘ der Teil des ’earned surplus’151 abzuzie146 General Motors, Proxy Statement and Prospectus v. 21. 9. 1984, S. 22. Insoweit ist die Aussage Jaegers (Targeted Stock, S. 19), im Falle von GM richte sich die Dividendenpolitik für den ,Class H Common Stock‘ allein nach der wirtschaftlichen Situation des Gesamtkonzerns, nicht zutreffend. Nach der Restrukturierung durch die ,Hughes Transaction‘ in 1997 zahlte GM keine Dividende mehr auf die Aktien des ,Class H Common Stock‘, da alle Gewinne wieder investiert werden sollten (vgl. General Motors, Proxy Statement and Prospectus v. 10. 10. 1997, S. 35). 147 General Motors, Proxy Statement and Prospectus v. 21. 9. 1984, S. 22. 148 Ebenso Sheffield / St. Clair, Taxes 1988, 954 (956); Walter / Strasen, Taxes, 6 / 1986, 365 (366 f.). 149 Siehe oben Erstes Kapitel: B.II.1.b). 150 Entspricht dem Agio bei der Überparie-Emission, vgl. Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 458. 151 Der ,earned surplus‘ entspricht in etwa den deutschen Gewinnrücklagen, vgl. Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 458.

B. Rechtliche Dimension des Konzepts in den USA

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hen, der auf die Geschäftstätigkeit des Unternehmensteils zurückgeht, deren Entwicklung die andere Aktiengattung (hier ,Class H Common Stock‘) nachzeichnen soll (hier das ,Available Separate Consolidated Net Income of Hugh‘ siehe Art. 4 [a][5] GM.C.). Übrig für eine Ausschüttung auf den ,Common Stock‘ bleibt damit der ,earned surplus‘ der auf den Unternehmensteil zurückgeht, der dem ,Common Stock‘ zugewiesen worden ist, sowie der ,paid in surplus‘, der auf die Ausgabe dieser Gattung zurückzuführen ist. Entsprechendes gilt für den ,Class H Common Stock‘. Werden Dividenden auf den ,Common Stock‘ ausgeschüttet, so sind diese vom verfügbaren Ausschüttungsbetrag abzuziehen (Art. 4 [a][1] S. 2 GM.C.). Der für Dividenden auf den ,Common Stock‘ zur Verfügung stehende Betrag ist um weitere Posten zu korrigieren.152 Zum einen ist er um den Betrag zu mindern, den GM aufgewandt hat, um Aktien des ,Common Stock‘ zurückzukaufen (Art. 4 [a][1] S. 2 [i] GM.C.), da dies wirtschaftlich betrachtet nichts anderes als eine Ausschüttung an die Aktionäre dieser Gattung darstellt. Umgekehrt sind die Beträge hinzuzuaddieren, die GM durch die Ausgabe neuer Aktien des ,Common Stock‘ eingenommen hat (Art. 4 [a][1] S. 2 [i] GM.C.). Als letztes sind alle sonstigen Veränderungen des ,surplus‘ zu berücksichtigen (Art. 4 [a][1] S. 2 [ii] GM.C.). Dies betrifft beispielsweise den Fall, in dem das ,board‘ beschließt, Teile des ,surplus‘ in das ,capital‘ einzustellen. Betrachtet man die Aufteilung des ,surplus‘ auf die Gattungen, so zeigt sich schnell, daß der letztlich für die Ausgestaltung des Dividendenrechts entscheidende Punkt die Ermittlung des auf den Geschäftsbereich Hughes entfallenden Teils des ,earned surplus‘ ist. Definiert wird diese Größe in Art. 4 (a)(1)(B) GM.C. als aggregiertes ,Available Separate Consolidated Net Income of Hughes‘ (im folgenden abgekürzt mit A.S.C.N.I.H) seit der Akquisition von Hughes durch GM.153 Mit Hughes wird dabei der Geschäftsbereich bestehend aus der Hughes Electronics Corporation, ihren Tochtergesellschaften sowie ihren Rechtsnachfolgern bezeichnet (Art. 4 [a][1][B] GM.C.). Das A.S.C.N.I.H ergibt sich aus Art. 4 (a)(5) GM.C. als vierteljährliches ,separate net income’154 von Hughes, ermittelt auf Grundlage der US-GAAP ohne Berücksichtigung von Anpassungen der Rechnungslegung, die sich aus der Akquisition von Hughes durch GM ergeben haben, und korrigiert um einen bestimmten Faktor (Art. 4 [a][5] S. 1 GM.C.). Dieser ergibt sich aus einem Bruch, in dessen Zähler die durchschnittliche Anzahl der sich in Publikumsbesitz befindenden Aktien des ,Class H Common Stock‘ während des betreffenden 152 Im Grund ergibt sich dies schon aus der oben dargestellten Berechnung des jeweiligen Anteils am ,surplus‘. 153 Auffallend ist, daß nur der Teil des ,surplus‘ auf die Aktien des ,Class H Common Stock‘ ausschüttbar ist, der nach der Akquisition von Hughes erwirtschaftet wurde. Der ,surplus‘ der zum Zeitpunkt der Akquisition schon vorhanden war, fällt damit den Aktionären des ,Common Stock‘ zu. 154 Das ,seperate net income‘ bezeichnet den Nettoerfolg von Hughes auf Grundlage der dem Geschäftsbereich zugerechneten Erträge sowie Aufwendungen und unter Abzug der von dem Bereich zu tragenden Steuern (Birloff, Barrons’s 1 / 86, 11 [32]). Zur Rechnungslegung vgl. unten Erstes Kapitel: B.II.1.b)cc).

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

Vierteljahres steht, und dessen Nenner (ursprünglich 200.000.000, sog. ,Class H Dividend Base Shares‘) vom ,board of directors‘ nach dessen Ermessen von Zeit zu Zeit zur Berücksichtigung bestimmter Umstände angepaßt wird. Der Faktor kann allein zwischen Null und einschließlich Eins liegen, so daß das A.S.C.N.I.H. der Periode immer kleiner oder gleich dem ,separate net income‘ von Hughes ist. Im Ergebnis fließt somit nur ein Teil des durch Hughes erzielten Gewinns auch den für die Ausschüttung an die Aktionäre des ,Class H Common Stock‘ vorgesehenen Teil des ,surplus‘ zu. Da sich zu Beginn lediglich 65.000.000 Aktien dieser Gattung in Publikumsbesitz befanden (50.000.000 Aktien wurden als Gegenleistung an die Aktionäre von Hughes ausgegeben, 15.000.000 Aktien als ,stock dividend‘ an den Aktionären des ,Common Stock‘ ausgeschüttet), wurden lediglich 30% der bei Hughes erzielten Gewinne auch tatsächlich den Aktionären des ,Class H Common Stock‘ zugewiesen. Der Rest dieser Gewinne kam den Aktionären des ,Common Stock‘ zugute.155 Eine ausschließliche Zuweisung aller durch Hughes erzielten Gewinne an den ,Class H Common Stock‘ findet somit nicht statt. Der Grund hierfür liegt darin, daß bei der Akquisition von Hughes und der Bildung des neuen Geschäftsbereichs von Seiten GMs gleichzeitig der Geschäftsbetrieb von Delco Electronics, einer Tochter von GM, in Hughes integriert wurde. Als Entschädigung dafür sollten die Aktionäre des ,Common Stock‘ auch weiterhin an diesem Geschäft über einen Anteil an den Gewinnen von Hughes teilhaben können (sog. ,retained interest‘).156 Weiterhin steht es dem ,board of directors‘ frei, die Zahl der ,Class H Dividend Base Shares‘ zu verändern.157 Die Anpassung nach Art. 4 (a)(5)(i) GM.C. dient dazu, den status quo bei numerischen Änderungen der verwandten Größen zu erhalten. Hat sich die Zahl der ,outstanding shares‘ verändert, ohne daß damit reale Veränderungen in den Kapitalstrukturen mit einhergingen (,stock splits‘, ,reverse stock splits‘ und ,stock dividends‘), so muß der Nenner des Faktors ebenfalls angepaßt werden.158 In Art. 4 (a)(5)(ii),(iii) GM.C. werden finanzielle Zuwendungen 155 Vgl. auch General Motors, Proxy Statement and Prospectus v. 21. 9. 1984, S. 24 f.: „( . . . ) favorable effects on the earnings attributable to the $12 / 3 Common Stock may result from the Acquisition and the creation of Class H Common Stock by reason of (i) the allocation of a portion of GMHE earnings as earnings attributable to the $12 / 3 Common Stock, which will continue to occur until there are at least 200 million shares of Class H Common Stock outstanding ( . . . )“. 156 Vgl. Bauer, Targeted Stocks, S. 104 ff. mit Beispielsrechnung; Natusch, Tracking Stock, S. 52 f.; Steinberger / Hass, Tracking Stocks, S. 523 (530). Als im Jahr 2000 ein größerer Teil der Aktien des ,Common Stock‘ in solche des ,Class H Common Stock‘ umgetauscht wurde, verminderte sich folgerichtig die Höhe des Anteils des ,Common Stock‘ an den Gewinnen von Hughes. Wirtschaftlich betrachtet, entsprach damit der Aktientausch einem teilweisen „spin off“ des Geschäftsbereichs Hughes. 157 Dabei sollen sich Veränderungen des Korrekturfaktors jeweils nur für zukünftige Perioden auswirken (Art. 4 [a][5] S. 3 GM.C.). 158 Unter einem ,stock split‘ wird die Aufspaltung von ,shares‘, unter einem ,reverse stock split‘ die Zusammenführung von ,shares‘ verstanden. Für die Kapitalstruktur der ,corporation‘ auch im Falle einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur bringt dies keinerlei Ände-

B. Rechtliche Dimension des Konzepts in den USA

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von GM an Hughes oder seine Angestellten berücksichtigt. Stellt sich eine Transaktion bei wirtschaftlicher Betrachtung als eine Zuwendung von GM an Hughes dar, so kann das ,board of directors‘ über die ,Class H Dividend Base Shares‘ die Quote des von Hughes erzielten Gewinns verringern, die den Aktionären des ,Class H Common Stock‘ zugute kommt, und entsprechend die Teilhabe der Aktionäre des ,Common Stock‘ erhöhen. Auf diese Weise können Mittelflüsse zwischen den Geschäftsbereichen ausgleichend berücksichtigt werden. Art. 4 (a)(5)(iv),(v) GM.C. ermöglicht eine Anpassung der Zahl der ,Class H Dividend Base Shares‘ im Falle des Rückkaufs von Aktien des ,Class H Common Stock‘. Zu beachten ist, daß Art. 4 (a)(5) S. 4 GM.C. die Ermittlung des A.S.C.N.I.H in das alleinige Ermessen des ,board of directors‘ stellt. Die von diesem getroffenen Entscheidungen sind endgültig und bindend für alle Aktionäre der ,corporation‘. Damit steht dem ,board‘ nicht nur die Kompetenz zu, die Dividendenhöhe für die einzelnen Gattungen zu bestimmen sondern es kann darüber hinaus schon wesentlichen Einfluß auf die Verteilung des Gesamtgewinns auf die Teile des ,surplus‘ nehmen. Zusammenfassend zeigt sich, daß trotz äußerst komplexer Regelungen die Verknüpfung zwischen dem Dividendenrecht der tracking stock Gattungen und dem Ergebnis der jeweiligen Geschäftsbereiche lediglich sehr schwach ausgeprägt ist. Eine direkte Kopplung der Dividendenhöhen an die Ergebnisse der Geschäftsbereiche wird ebensowenig vorgenommen, wie eine rechtlich bindende Einschränkung des Dividendenermessens des ,board of directors‘ in dem Sinne, daß bei der Dividendenentscheidung die wirtschaftlichen Entwicklungen der Geschäftsbereiche zu berücksichtigen wären. Der maximal auf eine Gattung ausschüttbare Betrag wird lediglich auf das reduziert, was der betreffende Geschäftsbereich erwirtschaftet hat oder durch die Ausgabe der jeweiligen Aktiengattung vereinnahmt wurde. Dabei werden den Aktionären des ,Class H Common Stock‘ die Gewinne vorenthalten, die vor der Akquisition von Hughes erzielt worden waren. Der größere Teil der Gewinne von Hughes kommt des weiteren nicht den Aktionären des ,Class H Common Stock‘ zugute, sondern fließt in den Teil des ,surplus‘, der auf die Aktien des ,Common Stock‘ ausgeschüttet werden kann. Weiter sehen die Regelungen des ,certificate of incorporation‘ erhebliche Einflußmöglichkeiten des ,board of directors‘ vor. Dies gilt nicht nur für die Dividendenentscheidung selbst, sondern betrifft auch die rechnerische Verteilung der erzielten Gewinne auf die verschiedenen Aktiengattungen sowie die zur Ermittlung des A.S.C.N.I.H. notwendigen Entscheidungen. bb) Dividendenrecht bei US West In seiner Grundstruktur ist das Dividendenrecht der beiden targeted stock Gattungen (,Media Stock‘ und ,Communications Stock‘) von US West in gleicher Art rungen mit sich, vgl. Benis, Shareholders‘ Equity, 21.4; Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 923 ff.

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

und Weise ausgestaltet, wie dies bei GM der Fall ist.159 Dem ,board of directors‘ wird auch hier die Kompetenz zugewiesen, über die Ausschüttung der Dividenden zu entscheiden, wobei ihm freies Ermessen über das Ob und die Höhe der jeweiligen Dividendenzahlungen zusteht (Art. 5 Sec. 2.1.3. USW.C.).160 Wie bei GM ist das ,board‘ damit bei seiner Dividendenentscheidung nicht verpflichtet, die wirtschaftliche Entwicklung der unterschiedlichen Geschäftsbereiche zu berücksichtigen.161 Entsprechend den schon besprochenen Regelungsstrukturen besteht der alleinige Zusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Situation der Geschäftsbereiche und dem Dividendenrecht der targeted stock Gattungen in der Begrenzung des für Ausschüttungen auf die jeweiligen Gattungen zur Verfügung stehenden ,available dividend amount‘. Art. 5 Sec. 2.1.1. USW.C. bestimmt, daß eine Dividende auf den ,Communications Stock’162 nur entweder aus dem der gesamten Gesellschaft zur Ausschüttung zur Verfügung stehenden Betrag (der ,surplus‘) oder dem ,Communications Group Available Dividend Amount‘ (abgekürzt: C.G.A.D.A.) gezahlt werden darf, wobei der geringere der beiden die Obergrenze darstellt. Die Berechnung des C.G.A.D.A. ist in Art. 5 Sec. 2.6.2. USW.C. geregelt. Es ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Überschuß des Wertes aller der ,Communications Group‘ zugerechneten Vermögensgegenstände über die dem Geschäftsbereich zugewiesenen Verbindlichkeiten und den aggregierten Nennwerten des ,Communications Stock‘, inklusive der Nennwerte eines eventuell dieser Sparte zugewiesenen ,preferred stock‘ und sonstiger Beträge, die durch das ,board‘ dem ,capital‘ zugewiesen worden sind.163 Diese Summe entspricht im Ergebnis dem „Communications Group Surplus“, also dem Teil des ,surplus‘ der Gesellschaft (,earned surplus‘ und ,paid in surplus‘), der der ,Communications Group‘ zugewiesen worden ist. Zwar erscheint diese Gestal159 Das Dividendenrecht der Aktien des ,preferred stock‘, die hier im weiteren nicht beleuchtet werden sollen, geht den Dividendenansprüchen der Aktien des ,common stock‘ vor, vgl. Art. 5 Sec. 2.1. USW.C. 160 Der Wortlaut des Art. 5 Sec. 2.1.3. USW.C. stimmt dabei bis auf zu vernachlässigende Abweichungen mit dem des Art. 4 (a)(3) GM.C. überein. 161 Wie bei GM lassen sich aus den Aussagen des ,board‘ zur Dividendenpolitik keine rechtlichen Bindungen ableiten: „While the Board does not currently intend to change the dividend policies referred to above, it reserves the right to do so at any time and from time to time. Under the Recapitalization Proposal and Delaware law, the Board would not be required to pay dividends in accordance with the foregoing dividend policies.“ (US West, Proxy Statement and Prospectus v. 11. 8. 1995, S. 45 f.). 162 Für den ,Media Stock‘ gelten entsprechende Regelungen. 163 Eine Ausnahme von dieser Regelung enthält Art. 5 Sec. 2.6.2. S. 2 und Sec. 2.6.16. S. 2 USW.C. für den Fall, daß eine Unterscheidung der beiden targeted stock Gattungen entbehrlich wird, weil sich nur noch Aktien einer Gattung in Publikumsbesitz befinden. Hier steht der gesamte gesetzlich erlaubte Ausschüttungsbetrag für eine Ausschüttung auf die verbleibenden Aktien zur Verfügung. Weiterhin sind bestimmte Entscheidungen des ,board‘, die beide Aktiengattungen betreffen würden, nicht mehr notwendig (vgl. Art. 5 Sec. 2.5.3. USW.C.).

B. Rechtliche Dimension des Konzepts in den USA

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tung zu einem ähnlichen Resultat zu führen wie im Falle von GM, bei genauerer Betrachtung zeigt sich jedoch ein wesentlicher Unterschied. Bei GM wurde der ausschüttungsfähige Betrag des ,Class H Common Stock‘ auf den Teil der thesaurierten Gewinne von Hughes beschränkt, der nach der Akquisition durch GM erwirtschaftet wurde. Dies ist bei US West nicht der Fall. Hier stehen für die Ausschüttungen auf die targeted stock Gattungen jeweils sämtliche Teile des ,earned surplus‘ zu Verfügung. Das ,Communications Group Available Dividend Amount‘ wird ebenso wie die ,Net Earnings (Loss)‘ der ,Communications Group‘ nach den US-GAAP ermittelt (Art. 5 Sec. 2.6.2. USW.C. verweist auf Art. 5 Sec. 2.6.3. USW.C.).164 Die ,Net Earnings (Loss)‘ ergeben sich nach Art. 5 Sec. 2.6.3. USW.C. aus den Erlösen und Aufwendungen, die dem Geschäftsbereich zugeordnet sind. Die Aufwendungen schließen dabei einen Teil der Verwaltungskosten des Gesamtunternehmens, der Zinsaufwendungen und andere Kapitalkosten sowie die jeweils auf die Gruppe entfallende Körperschaftssteuerbeträge ein. Wie schon bei GM stellt die Ermittlung der spartenbezogenen Größen – dort das ,Available Separate Consolidated Net Income of Hughes‘, hier die ,assets attributed to the Communications / Media Group‘ und die ,liabilities attributed to the Communications / Media Group‘ – den zentralen Punkt der Gestaltung dar. Während sich noch bei GM kaum genauere Regelungen zur Definition der beiden Geschäftsbereiche finden, enthalten die USW.C. in Art. 5 Sec. 2.6.1. und Sec. 2.6.15. einige Regelungen über die Zuweisung von Aktiva und Passiva zu den jeweiligen Sparten. Danach besteht die ,Communications Group‘ in erster Linie aus den Beteiligungen von US West an drei Tochtergesellschaften (US West Communications Group, Inc., US West Advanced Technologies, Inc., US West Business Resources, Inc.), deren Geschäften, Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten sowie aus den Tochtergesellschaften dieser Gesellschaften und deren Rechtsnachfolgern. Zur ,Communications Group‘ hinzugerechnet werden alle Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten von US West selbst, die entweder vom ,board of directors‘ der ,Communications Group‘ zugewiesen worden sind165 (Art. 5 Sec. 2.6.1. [B] USW.C.), im Zusammenhang mit der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit oder auf anderem Wege, falls vom ,board‘ so beschlossen, von der ,Media Group‘ auf die ,Communications Group‘ übertragen worden sind (Art. 5 Sec. 2.6.1. [D] USW.C.), sowie jede Beteiligung, Verbindlichkeit oder jeder Vermögensgegenstand, die von der ,corporation‘ oder einer Tochtergesellschaft neu erworben oder neu eingegangen und vom ,board‘ der ,Communications Group‘ zugewiesen worden sind (Art. 5 Sec. 2.6.1. [F] USW.C.).166 Die ,Media Group‘ wird negativ als der Inbegriff 164 Zur ,Media Group‘ vgl. die entsprechenden Regelungen in Art. 5 Sec. 2.6.16. f. USW.C. 165 Vgl. dazu die Regelung betreffend der ursprünglichen Zuweisungsliste in Art. 5 Sec. 2.6.1.(B) a.E. USW.C. 166 Auf die anderen der ,Communications Group‘ zugewiesenen Vermögensgegenstände (Art. 5 Sec. 2.6.1. [C][E][G] USW.C.) wird weiter unten einzugehen sein.

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

an Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten definiert, die entweder nicht der ,Communications Group‘ zugeordnet (Art. 5 Sec. 2.6.15. [A] USW.C.), oder – parallel zu den obigen Regelungen – von der ,Communications Group‘ übertragen oder neu erworben und der ,Media Group‘ zugewiesen worden sind (Art. 5 Sec. 2.6.15. [B][D] 1. Hs. USW.C.). Wie die Regelungen zeigen, ist die Gestaltung der beiden Geschäftsbereiche weitgehend von den Zuweisungsentscheidungen des ,board of directors‘ abhängig. Allein die drei in Art. 5 Sec. 2.6.1. (A) USW.C. namentlich genannten Gesellschaften der ,Communications Group‘ dürften ohne eine Änderung des ,certificate‘ und damit ohne Zustimmung der Aktionäre nicht dem anderen Geschäftsbereich zugewiesen werden können.167 Art. 5 Sec. 2.5.1. USW.C. räumt dem ,board‘ bei seiner Gestaltungsaufgabe weites Ermessen ein. Es kann jede Entscheidung treffen, die die Zuweisungen von Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten zu den beiden Geschäftsbereichen oder die denselben zugerechneten Aufwendungen und Erträge betrifft. Darüber hinaus steht es dem ,board‘ frei, die Rechte der ,common shares‘ sowie die Beschränkungen, denen sie unterliegen, zu präzisieren, falls dies erforderlich und angemessen ist. Beispielhaft werden in Art. 5 Sec. 2.5.1. (A) – (D) USW.C. einige Zuweisungsentscheidungen aufgeführt.168 Wie bereits bei GM sollen alle Entscheidungen des ,board‘, soweit sie mit geltendem Recht vereinbar sind, endgültig und für die Aktionäre bindend sein (Art. 5 Sec. 2.5.4. USW.C.). Um dem ,board of directors‘ ein zentrales Finanzmanagement zu ermöglichen, enthalten die USW.C. im Gegensatz zu den GM.C. ausdrückliche Regelungen über den Transfer von Kapital von der ,Communications Group‘ zur ,Media Group‘.169 Werden Mittel von einem auf den anderen Geschäftsbereich übertragen, so sind ebenso wie bei zwei rechtlich und wirtschaftlich selbständigen Gesellschaften zwei verschiedene Gestaltungen denkbar.170 Zum einen kann der Transfer intern als „Fremdkapitalbewegung“, also als Darlehen, mit den sich daraus ergebenden Zinszahlungen interpretiert werden, zum anderen besteht die Möglichkeit, die Kapitalbewegung intern als „Eigenkapitalzufluß“, also als Einlage mit der daraus resultierenden Beteiligung des einen Geschäftsbereichs am anderen, zu verbuchen. Wären beide Geschäftsbereiche in rechtlich selbständigen Gesellschaften organisiert, so 167 Wobei diese Beschränkung leicht dadurch umgangen werden kann, daß die Aktiva der jeweiligen Gesellschaften übertragen werden, ohne daß die Gesellschaft selbst einem anderen Geschäftsbereich zugewiesen wird. 168 Die genannten Entscheidungen und Zuweisungen sind dann nicht mehr notwendig, wenn sich keine Aktien einer Gattung mehr im Publikumsbesitz befinden. Alle Regelungen, die eine Trennung der beiden Bereiche betreffen, entfalten dann keine Wirkung mehr (Art. 5 Sec. 2.5.3. USW.C.). 169 Eine Übertragung von Kapital in umgekehrter Richtung ist nicht vorgesehen. Der Grund hierfür liegt wohl in der Tatsache, daß die ,Media Group‘ als Wachstumsbereich strukturiert wurde, der im Gegensatz zur ,Communications Group‘ einen erhöhten Kapitalbedarf aufweist. 170 Vgl. zum folgenden US West, Proxy Statement and Prospectus v. 11. 8. 1995, S. 34, 43 f., Annex VIII.

B. Rechtliche Dimension des Konzepts in den USA

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wäre im Falle einer Beteiligung dieselbe als Aktivposten anzusetzen und die zum anderen die daraus resultierenden Beteiligungserträge zu verbuchen. Ein wirtschaftlich der Beteiligung entsprechendes internes Verrechnungsergebnis wird bei US West durch die Verwendung der ,Intergroup Interest Fraction’171 erreicht (Art. 5 Sec. 2.6.10. USW.C.), die den rechnerischen Anteil widerspiegelt, den die ,Communications Group‘ an der ,Media Group‘ hält (sog. ,retained interest‘).172 Bei der Berechnung des ,Available Dividend Amount‘ wird folgerichtig ein diesem Anteil entsprechender Bruchteil des Reinvermögens der ,Media Group‘ nicht dieser, sondern der ,Communications Group‘ gutgeschrieben (Art. 5 Sec. 2.6.1. [C] und Sec. 2.6.16. [1][a] USW.C.).173 Wird weiterhin durch die ,Media Group‘ eine Dividende ausgeschüttet, so wird ein der Beteiligung der ,Communications Group‘ an der ,Media Group‘ entsprechender Teil der ausgeschütteten Vermögensgegenstände der ,Communications Group‘ gutgeschrieben (Art. 5 Sec. 2.6.1. [G] USW.C. und Art. 5 Sec. 2.6.15. [D] USW.C.). Dies gilt auch für den Fall, daß eine ,stock dividend‘ auf den ,Media Stock‘ ausgeschüttet wird. Im Ergebnis bleibt damit die Beteiligungsquote der ,Communications Group‘ an der ,Media Group‘ trotz der nun erhöhten Zahl an Aktien des ,Media Stock‘ konstant (Art. 5 Sec. 2.6.19. [A] USW.C.). Anteile der ,Communications Group‘ an der ,Media Group‘ können sich daraus ergeben, daß mit Mitteln der ,Communications Group‘ Aktien des ,Media Stock‘ zurückgekauft (bei Verkauf der Aktien tritt eine Verminderung des Anteils ein)174, oder daß Vermögensgegenstände von der ,Communications Group‘ auf die ,Media Group‘ als Gegenleistung für eine Beteiligung übertragen werden.175 Die Regelungen über die ,Intergroup Interest Fraction‘ bei US West gehen in dieselbe Richtung wie die über die ,Class H Dividend Base Shares‘ bei GM. Auch dort wurde – wenn auch in weit undifferenzierterer Art und Weise – eine Beteiligung der Aktionäre des ,Common Stock‘ an den Gewinnen von Hughes realisiert. Genauere Regelungen über die Anpassung dieser Beteiligung an veränderte Verhältnisse fehlen bei GM jedoch oder bleiben recht vage. Im Vergleich dazu erscheint die Situation bei US West weit transparenter. 171 Die für die gesamten folgenden Berechnungen zentrale Größe stellt die ,Number of Shares Issuable with Respect to the Intergroup Interest‘ (Art. 5 Sec. 2.6.19. USW.C.) dar. Sie wird sowohl bei der Berechnung der ,Outstanding Media Fraction‘ (Anteil der Aktionäre des ,Media Stock‘ an der ,Media Group’; Art. 5 Sec. 2.6.20 USW.C.) als auch bei der Berechnung der ,Intergroup Interest Fraction‘ (Anteil der ,Communications Group‘ an der ,Media Group’; Art. 5 Sec. 2.6.10. USW.C.) benötigt. 172 Zur Illustration vgl. die Beispielrechnungen in US West, Proxy Statement and Prospectus v. 11. 8. 1995, Annex VIII-1 ff. oder bei Bauer, Targeted Stocks, S. 104 ff. 173 Die Minderung des ,Media Group Available Dividend Amount‘ wird rechnerisch durch die Multiplikation mit der ,Outstanding Media Fraction‘ (Art. 5 Sec. 2. 6. 20. USW.C.) erreicht. Entsprechend wird der ,Communications Group‘ ein ,undivided interest‘ an der ,Media Group‘ in gleicher Höhe gutgeschrieben. 174 Siehe die Anpassungen in Art. 5 Sec. 2.6.19. (B)(1) und (C)(1). 175 Siehe die Anpassungen in Art. 5 Sec. 2.6.19. (B)(5) und (C)(2).

5 Nolte

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

Spezialregelungen existieren für den Fall, daß Dividenden in Form von Aktien gezahlt werden. Art. 5 Sec. 2.1.4. (A) und (B) USW.C. gestatteten die Ausschüttung von Aktien jeweils nur an die Aktionäre, die bereits Aktien dieser Gattung (,common shares‘ oder ,preferred shares‘) halten. Lediglich für den Fall einer Ausschüttung von Aktien des ,Media Stock‘ auf die Aktionäre des ,Communications Stock‘ wird eine Ausnahme von dieser Regel gemacht (Art. 5 Sec. 2.1.4. [C] USW.C.). Der Grund für die Ausnahme ist darin zu suchen, daß durch eine derartige ,stock dividend‘ die Anteile, die die ,Communications Group‘ an der ,Media Group‘ hält (in Höhe der ,Intergroup Interest Fraction‘), an die Aktionäre des ,Communications Stock‘ ausgeschüttet werden können. Folgerichtig ist der Umfang einer solchen Dividende auf die Anzahl der Aktien beschränkt, die dem Anteil der ,Communications Group‘ an der ,Media Group‘ entspricht (Art. 5 Sec. 2.1.4. [C][1][2] USW.C.). Wie gezeigt wurde, enthält USW.C. ausführliche Regelungen über die für Dividendenzahlungen zur Verfügung stehenden Mittel und die zur Berechnung dieser Größen notwendige Aufteilung von Vermögensgegenständen und Schulden auf die Geschäftsbereiche. Aus den Regelungen folgt jedoch letztlich keine Einschränkung der Verfügungsgewalt des ,board of directors‘ über die finanziellen Ressourcen des Unternehmens in der Hinsicht, daß bestimmte Mittel nun zweckgebunden lediglich zu Ausschüttungen auf bestimmte Aktien verwandt werden dürften. Dies stellt Art. 5 Sec. 2.5.2. USW.C. klar. Danach steht es dem ,board‘ weiterhin frei, Mittel des gesamten Unternehmens, unabhängig von ihrer Zuordnung zu den beiden Geschäftsbereichen, für Ausschüttungen zu verwenden. Gleiches gilt für die Erlöse aus der Ausgabe von jungen Aktien beider Gattungen. Auch diese Mittel können an jeder Stelle des Unternehmens eingesetzt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, daß regelmäßig Kapital ohne jegliche Konsequenz von einem auf den anderen Geschäftsbereich transferiert werden könnte. Derartige Transaktionen führen in der Regel zu einer Veränderung der jeweiligen ,available dividend amounts‘ über eine Anpassung der ,Intergroup Interest Fraction‘ oder die Verbuchungen von intergroup Darlehen mit der entsprechenden Aktivierung von Forderungen, Passivierung von Verbindlichkeiten und den resultierenden Zinsaufwendungen und Erträgen.176 Damit steht es dem ,board‘ zwar frei, weiterhin ein zentrales Finanzmanagement zu betreiben, die entsprechenden Kapitalbewegungen sind jedoch in der Rechnungslegung zu berücksichtigen. Zusammenfassend läßt sich zeigen, daß die Kopplung des Dividendenrechts an die wirtschaftliche Entwicklung der Geschäftsbereiche – wie bei GM – allein durch eine Beschränkung des Betrags realisiert wird, der zu einer Ausschüttung auf die jeweilige Gattung zur Verfügung steht. Zur Berechnung dieses Betrages wird eine Aufteilung sämtlicher Vermögensgegenstände und Schulden auf die Geschäftsbereiche vorgenommen, die jedoch vom ,board‘ in großem Umfang beeinflußt werden kann. Durch die Verwendung der ,Intergroup Interest Fraction‘ ist 176

Vgl. US West, Proxy Statement and Prospectus v. 11. 8. 1995, S. 34.

B. Rechtliche Dimension des Konzepts in den USA

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eine flexible Handhabung der Kapitalversorgung der beiden Geschäftsbereiche gewährleistet. Im Vergleich zu GM zeigt sich bei US West eine ausdifferenziertere Regelungssystematik, die weit detaillierter und ausführlicher auf die möglichen Konstellationen eingeht.

cc) Rechnungslegung und Berichterstattung Eng mit der Ausgestaltung des Dividendenrechts verknüpft ist die Frage nach den Rechnungslegungsgrundsätzen, die der Berechnung der jeweiligen ,net income‘ der Geschäftsbereiche zugrunde gelegt werden. Dieses wirtschaftliche Ergebnis der Unternehmensbereiche soll – so auf jeden Fall die Intention der ausgebenden Unternehmen – der wichtigste, wenn auch nicht der einzige Orientierungspunkt für die Dividendenentscheidung des Managements und für die Bewertung der Geschäftsbereiche auf den Kapitalmärkten darstellen. Zur Ermittlung der jeweiligen Spartenergebnisse ist auf jeden Fall eine separate Rechnungslegung erforderlich. Aus rechtlicher Sicht sind bei der Darstellung der mit der Spartenrechnungslegung verbundenen Problemkreise zwei Komplexe vom Ansatz her strikt zu trennen. Zum einen stellt sich die Frage nach den Methoden, mittels derer das ,net income‘, aus dem sich wiederum das jeweilige ,available dividend amount‘ ergibt, ermittelt wird. Dieser Regelungskomplex ist auf das engste mit der Ausgestaltung des Dividendenrechts verknüpft, ist doch die maximale Ausschüttungshöhe durch das ,available dividend amount‘ begrenzt. Zum anderen ist danach zu fragen, in welcher Art und Weise und unter Anwendung welcher Normen die betreffenden Gesellschaften Rechnungslegungsdaten offenzulegen haben. Diese Offenlegungspflichten betreffen nicht mehr das Dividendenrecht als solches, da die wirtschaftliche Position der Aktionäre insoweit nicht betroffen ist, sondern sollen vielmehr gewährleisten, daß die gegenwärtigen Aktionäre sowie die Kapitalmarktteilnehmer über ausreichende Informationen über das Unternehmen und seine wirtschaftliche Lage verfügen. Angesprochen sind hier weniger Fragen des Gesellschaftsrechts der Einzelstaaten als solche der ,securities laws‘ des Bundes. (1) Grundlagen Das System der Rechnungslegungsregelungen in den USA und deren Grundlagen unterscheidet sich stark von der Situation in Deutschland. Während hier in abstrakt formulierten Rechtssätzen die wesentlichen Grundlagen der Rechnungslegung gesetzlich bindend festgelegt sind (§§ 238 ff. HGB) und in den nicht geregelten Fällen die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (§ 243 Abs. 1 HGB) die Lücken füllen, fußt das Rechnungslegungssystem in den USA praktisch aus5*

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

schließlich auf den Verlautbarungen privater, zur Weiterentwicklung der Rechnungslegung berufener Institutionen, der berufsständischen Vereinigungen und auf der tatsächlichen Übung der Verkehrskreise. Grob vereinfacht gilt folgendes:177 Die US-amerikanische Rechnungslegung ist eng mit dem Kapitalmarktrecht verknüpft. Die Rechtsgrundlage für die periodischen Berichtspflichten der Unternehmen bildet der Securities Exchange Act 1934. Dieser verpflichtet Unternehmen jeglicher Rechtsform, die Wertpapiere an den Börsen des Landes registrieren lassen, regelmäßig (jährlich und quartalsweise) Abschlüsse zu erstellen, diese durch einen zugelassenen Abschlußprüfer (,certified public accountant‘) prüfen zu lassen und bei der Securities and Exchange Commission (SEC) einzureichen sowie interessierten Personen offenzulegen. Der Securities Exchange Act 1934 weist der SEC weiterhin die Aufgabe zu, die zur Erfüllung der Berichtspflichten im einzelnen notwendigen Vorschriften zu erlassen. Ihrem Regelungsauftrag kommt die SEC mittels ,regulations‘, die die im Securities Exchange Act 1934 festgeschriebenen Anforderungen für die Berichterstattung ausgestalten und konkretisieren, durch ,forms‘, die die äußere Form und Gliederung der einzureichenden Berichte betreffen, durch ,releases‘, die konkrete einzelne Fragen der Rechnungslegung bindend regeln (Accounting Series Releases) und durch ,advices‘, die nicht unmittelbar rechtlich bindende Interpretationen der Mitarbeiter der SEC enthalten, nach. Im Rahmen der periodischen Berichtspflichten sind vor allem die ,regulation S – X‘ sowie die ,regulation S – K‘ von Interesse. Während erstere Vorschriften bezüglich der Form, des Inhalts, der Prüfung und Offenlegung der Jahres- und Quartalsabschlüsse enthält, betrifft die zweite alle nicht unmittelbar in den Abschlüssen enthaltenen textlichen Informationen wie solche über den Geschäftsverlauf, anhängige Klagen, zukünftige Entwicklungen usw. Der auf Grundlage der Berichtspflichten gegenüber der SEC erstellte US-amerikanische Jahresabschluß besteht aus vier Rechenwerken: dem ,balance sheet‘ (Bilanz), ,income statement‘ (Gewinn- und Verlustrechnung), ,statement of stockholders equity‘ (Eigenkapitalspiegel) und dem ,statement of cash flows‘ (Kapitalflußrechnung) sowie einer Vielzahl zusätzlicher Angaben, die die vorgelegten Zahlen erläutern und die (zukünftige) Geschäftsentwicklung beschreiben.178 Der Inhalt der Quartals- entspricht dem der Jahresberichte wobei die Zwischenberichte nicht so ausführlich ausfallen müssen. Auf der Ebene der konkreten Rechnungslegungsregeln verlangt die SEC, daß die einzureichenden Jahres- und Quartalsabschlüsse den Generally Accepted Accounting Principles (GAAP) entsprechen und diese Übereinstimmung bei den jährlichen Abschlüssen durch den jeweiligen Abschlußprüfer auch im Bestätigungs177 Eine detaillierte Darstellung der US-amerikanischen Rechnungslegung und ihrer Grundlagen würde den Umfang der vorliegenden Untersuchung sprengen. Deshalb sei auf die einschlägige Literatur zu diesem Thema verwiesen (siehe dazu die in Fn. 73 genannten Schriften). 178 Jung / Isele / Groß, Rechnungslegung in den USA, S. 53 (56); vgl. zu Einzelheiten Pellens, Internationale Rechnungslegung, S. 341 ff.; Williams, Financial Statemets, S. 5 – 3 ff.

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vermerk festgehalten wird. Die genaue Ausgestaltung der materiellen Rechnungslegungsregelungen nimmt die SEC im einzelnen nicht selbst war, sondern hat sie weitgehend an andere Institutionen delegiert, überwacht jedoch intensiv die Entwicklung und greift im Zweifelsfall durch eigene Verlautbarungen ein. Mit dem Begriff US-GAAP werden die Methoden und Regeln bezeichnet, die im Rahmen der Rechnungslegung angewandt und von den beteiligten Verkehrskreisen als richtig akzeptiert werden. In der Praxis sind insbesondere die Verlautbarungen der berufsständischen Vereinigungen und anderer, zur Weiterentwicklung berufener Institutionen von Relevanz. Als bindend gelten die ,Opinions‘ des früheren ,Accounting Principles Board (APB)‘ und die ,Accounting Research Bulletins (ARP)‘ des früheren ,Committee on Accounting Procedures (CAP)‘ sowie die ,Statements of Financial Accounting Standards (SFAS)‘ des ,Federal Accounting Standards Board (FASB)‘, dem heute aufgrund des Auftrages der SEC die Aufgabe zukommt, die Rechnungslegung weiterzuentwickeln und die notwendigen Regeln zu erarbeiten. Im Sinne von Empfehlungen spielen auch die Veröffentlichungen des ,American Institute of Certified Public Accountants‘ (AICPA), der Berufsvereinigung der USamerikanischen Wirtschaftsprüfer sowie anderer Fachorganisationen eine Rolle. Gerade bei neueren Entwicklungen, die insbesondere noch nicht Gegenstand von Verlautbarungen des FASB waren, ist des weiteren die allgemeine Praxis und Verkehrsauffassung zu berücksichtigen. Im Mittelpunkt der Rechnungslegung in den USA stehen die Konzernabschlüsse. Abschlüsse einzelner in einen Konzern integrierter Unternehmen, Teilkonzernabschlüsse oder der Einzelabschluß der Konzernobergesellschaft werden als wenig aussagekräftig eingestuft und praktisch nie veröffentlicht. Hierzu besteht auch keine rechtliche Pflicht. Die SEC fordert zur Erfüllung der Berichtspflichten nach dem Securities Exchange Act 1934 die Einreichung und Veröffentlichung des Konzernabschlusses des Unternehmens, das Wertpapiere hat registrieren lassen, das also berichtspflichtig ist.179 (2) Die Rechnungslegung als Grundlage des Dividendenrechts Im Gegensatz zu Deutschland besteht in den USA in den meisten Staaten und insbesondere in Delaware keine gesellschaftsrechtlich begründete Pflicht, Jahresabschlüsse zu erstellen, zu veröffentlichen und prüfen zu lassen.180 Folgerichtig 179 Zur Bedeutung des Konzernabschlusses in den USA vgl. insbesondere Eisolt, Konzernrechnungslegung, S. 119 ff.; ders., WPg 1993, 344 f.; Pellens, Internationale Rechnungslegung, S. 171 f. 180 Eisolt, Konzernrechnungslegung, S. 58 f.; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 592; Pellens, Internationale Rechnungslegung, S. 58. Ausnahmen sind insoweit New York und Californien, die einen jährlichen Bericht über die finanzielle Lage der Gesellschaft unter Anwendung der US-GAAP vorschreiben. Die meisten ,corporation laws‘ sehen als Ausgleich das Recht der Aktionäre vor, die Bücher der Gesellschaft einzusehen (vgl. § 220 Del.Gen.Corp.L.).

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

enthalten die ,corporation laws‘ auch keine Regelungen über die anzuwendenden Rechnungslegungsgrundsätze. Dies gilt auch für die Frage, auf welche Weise der für eine rechtmäßige Ausschüttung zur Verfügung stehende Teil des Vermögens der Gesellschaft ermittelt werden soll. Bei der Berechnung des ,surplus‘ ist das ,board‘ an keine spezifischen Rechnungslegungsgrundsätze gebunden, sondern kann nach eigenem Ermessen Bewertungsmaßstäbe wählen, wobei die Gerichte wohl zunehmend eine Orientierung an Tageswerten befürworten.181 Auch den USGAAP, die sonst als Grundlage der US-amerikanischen Rechnungslegung im Rahmen der Pflichten nach den ,securities laws‘ dienen, kommt insoweit im Regelfall keine Bindungswirkung zu.182 Festzuhalten ist somit, daß bezüglich der Gewinnermittlung und Bewertung als Grundlage für die Dividendenentscheidung des ,board‘ in den meisten Staaten der USA anders als in Deutschland keine rechtlich bindenden Vorschriften existieren.183 (a) US-GAAP als Grundlage der Spartenrechnungslegung Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, daß auch bezüglich der Frage, nach welchen Methoden die Spartenergebnisse im Falle der Ausgabe von tracking stocks zu errechnen sind, keine gesetzlichen Vorgaben existieren.184 Insoweit bleibt es den Unternehmen selbst überlassen, geeignete Regelungen in ihren ,certificates of incorporation‘ zu verankern. GM (Art. 4 [a][5] S. 1 GM.C.) und US West (Art. 5 Sec. 2.6.3., Sec. 2.6.17. USW.C.) haben sich wie die meisten Unternehmen mit tracking stock Struktur für eine Anwendung der US-GAAP entschieden. Zwingend war dies jedoch nicht. Die Ermittlung des ,net income‘ der Geschäftsbereiche hätte auch auf anderer Grundlage erfolgen können. Freilich wäre damit eine Akzeptanz der Aktien auf den Kapitalmärkten wohl nicht eben gefördert worden. Die Bezugnahme auf die weltweit bekannten US-GAAP schafft dagegen – zumindest auf den ersten Blick – den Eindruck, daß die Unternehmen gefestigte und zuverlässige Rechnungslegungsstandards verwenden, die für eine ebensolche Rechnungslegung sorgen. Die Regelungen zur Rechnungslegung im ,certificate of incorporation‘ sowie die Ausführungen im Ausgabeprospekt sind bei GM spärlich gesät und erscheinen teilweise widersprüchlich. In Art. 4 (a)(5) S. 1 GM.C. wird für die Berechnung des ,Available Separate Consolidated Net Income of Hughes‘ die Anwendung der USGAAP vorgeschrieben. Art. 4 (a)(5) S. 3 GM.C. ordnet jedoch gleichzeitig an, daß die Bestimmung des Spartenergebnisses von Hughes im alleinigen Ermessen des 181 Vgl. oben Fn. 123. Zur Kritik an den gesetzlichen Regelungen Wüstemann, Generally Accepted Accounting Principles, S. 63 ff. m. w. N. 182 Emmrich, Reform der externen Rechnungslegung, S. 88 f.; Wüstemann, Generally Accepted Accounting Principles, S. 60, 116 f. 183 Vielfach werden jedoch die US-GAAP im Rahmen von vertraglichen Vereinbarungen insbesondere mit Kreditgebern als verbindlich erklärt. 184 So auch Jaeger, Targeted Stock, S. 12 f.; Natusch, Tracking Stock, S. 122.

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,board‘ steht, dessen Entscheidungen in diesem Zusammenhang endgültig und bindend für alle Aktionäre sein sollen. Ausführungen zur Rechnungslegungspolitik, die über eine Wiederholung der einschlägigen Passagen des ,certificate‘ hinausgingen185, finden sich im Ausgabeprospekt nicht. Auch bei US West bestimmen Art. 5 Sec. 2.6.3., Sec. 2.6.17. USW.C., daß bei der Ermittlung der jeweiligen ,net earnings (loss)‘ die US-GAAP anzuwenden sind. Dabei wird jedoch im Unterschied zu GM weitergehend festgelegt, daß sich die Anwendung der Rechnungslegungsregeln für beide Geschäftsbereiche entsprechen muß, daß also nicht gleiche Sachverhalte in beiden Geschäftsbereichen unterschiedlich behandelt werden dürfen. Zum anderen wird explizit darauf hingewiesen, daß auch solche Aufwendungen auf die Geschäftsbereiche zu verteilen sind, die diesen zunächst schwer zuzuordnen sind. So sind sowohl die allgemeinen Aufwendungen für die Verwaltung der Gesellschaft, die Zinsaufwendungen und andere Finanzierungsaufwendungen sowie die Körperschaftssteuer auf die Geschäftsbereiche zu verteilen. Wie bei GM unterstellt auch Art. 5 Sec. 2.5.1. S. 1 USW.C. alle Entscheidungen, die die Zuweisung von Vermögensgegenständen, Schulden sowie Aufwendungen oder Erträgen zu den einzelnen Geschäftsbereichen betreffen, der Kompetenz des ,board of directors‘. Bei beiden Gesellschaften stellt sich die Frage nach dem widersprüchlich anmutenden Verhältnis zwischen der zwingend vorgeschriebenen Anwendung der US-GAAP und der weitreichenden Entscheidungskompetenz, die dem ,board of directors‘ im Rahmen der Bestimmung des ,net income‘ der Geschäftsbereiche eingeräumt wird. Noch unproblematisch ist, daß solche Entscheidungen, die bei der Anwendung der US-GAAP zu treffen sind (bspw. bei Wahlrechten oder Prognoseentscheidungen), ausschließlich dem ,board‘ obliegen und Bindungswirkung gegenüber den Aktionären entfalten. Fraglich ist jedoch, ob es die dem ,board‘ zugewiesene Entscheidungskompetenz auch ermöglicht, bei der Ermittlung der Spartenergebnisse zumindest in Ausnahmefällen von den US-GAAP abzuweichen. Eine explizite Aussage zum Verhältnis beider Regelungen ist weder bei GM noch US West zu finden. Auch die Literatur schweigt zu diesem Punkt. Dies mag freilich daran liegen, daß das ,board‘ bereits auf der Ebene der Dividendenentscheidung seine Vorstellungen umsetzen kann, somit der Frage, wie die jeweiligen Spartenergebnisse zu ermitteln sind, zumindest in der Praxis kein allzu hohes Gewicht beizumessen sein wird. Wie bereits oben dargelegt, besteht von Seiten der einschlägigen ,corporation laws‘ keine Notwendigkeit, die US-GAAP anzuwenden, aus dieser Richtung läßt sich damit nichts zur Klärung der Frage beisteuern. Im Ergebnis ist jedoch wohl trotz der weitgehenden Kompetenzen, die dem ,board of directors‘ eingeräumt werden, davon auszugehen, daß die Verwaltung zumindest im Regelfall bei der Erstellung der Spartenrechnungen an die US-GAAP gebunden sein soll. Andernfalls wäre der Verweis auf die US-GAAP in den ,certificates of incorporation‘ bei GM und US West vollständig überflüssig und würde letztlich 185

Vgl. General Motors, Proxy Statement and Prospectus v. 21. 9. 1984, S. 21, 65.

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keine Wirkung entfalten. Die Bindung darf freilich nicht überschätzt werden. In vielen Bereichen der Rechnungslegung für Unternehmen mit tracking stock Struktur existieren – wie sich noch zeigen wird – bis heute keine gefestigten Regelungen, die eine Behandlung bestimmter Fallgestaltungen determinieren würden. Aufgrund des dynamischen Charakters der US-GAAP haben umgekehrt die von den Unternehmen angewandten Praktiken erheblichen Einfluß auf die Rechnungslegungspraxis und determinieren wiederum die US-GAAP. Insoweit kommt dem ,board‘ bei der Ausgestaltung der Rechnungslegung ein extrem großer Gestaltungsspielraum zu. Ob die ,certificates of incorporation‘ darüber hinaus so auszulegen sind, daß in Ausnahmesituationen von existierenden Regelungen der USGAAP abgewichen werden darf, muß an dieser Stelle offenbleiben. Im Regelfall ist jedenfalls von einer Bindungswirkung auszugehen. (b) Spartenrechnungslegung zwischen Einzel- und Konzernabschluß Sowohl GM als auch US West sind konglomerate Konzerne, die aus einer Vielzahl unterschiedlicher Gesellschaften bestehen. Vor diesem Hintergrund und der Tatsache, daß sich die gesellschaftsrechtliche Beteiligung der Aktionäre weiterhin allein auf die Konzernobergesellschaft bezieht, erscheint es zumindest aus Sicht des deutschen Bilanzrechts ungewöhnlich, daß im Rahmen der Ermittlung des maximal als Dividende ausschüttbaren Betrages auf Konzernabschlüsse Bezug genommen wird. Bei GM ergibt sich das für die maximale Dividendenhöhe maßgebliche ,Available Separate Consolidated Net Income of Hughes‘ aus dem Ergebnis des Konzernabschlusses, der von der Hughes Electronics Corp. als Konzernobergesellschaft aufgestellt wird, wobei solche Einflüsse eleminiert werden, die sich aus der Akquisition von Hughes durch GM ergeben haben (insb. die Firmenwertabschreibungen).186 Zu beachten ist, daß dieses Ergebnis nicht mit dem Betrag übereinstimmen muß, den Hughes tatsächlich an den alleinigen Aktionär – die Konzernmutter General Motors Corp. – ausschüttet. Einen Zusammenhang zwischen diesen Ausschüttungen und der Dividende, die auf den ,Class H Common Stock‘ ausgeschüttet wird, besteht eben gerade nicht.187 Bei US West werden die Ergebnisse der Geschäftsbereiche ebenfalls über Konzernabschlüsse ermittelt. Dabei werden alle Tochtergesellschaften der Konzernobergesellschaft US West Corp. auf die Geschäftsbereiche ,Media Group‘ und ,Communications Group‘ aufgeteilt. Für jeden Geschäftsbereich wird ein Konzernabschluß erstellt, in dem die ,intragroup‘ Transaktionen eleminiert werden, Transaktionen zwischen den beiden Geschäftsbereichen jedoch erhalten bleiben. Die Er186 Zur Frage der Firmenwertabschreibungen, die nach dem ,certificate of incorporation‘ von GM und nicht von Hughes zu tragen sind vgl. die Kontroverse zwischen Birloff, Barron’s 1 / 1986, 11 ff. und 2 / 1986, 49 f. sowie Flegm, Barron’s 2 / 1986, 47 f. und Steel, Barron’s 2 / 1986, 48 f. 187 Vgl. General Motors, Proxy Statement and Prospectus v. 21. 9. 1984, S. 22.

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gebnisse der Konzernabschlüsse ergeben die jeweiligen ,net earnings (loss)‘ der beiden Geschäftsbereiche. Die Bezugnahme auf die Konzernabschlüsse der Geschäftsbereiche erscheint zumindest auf den ersten Blick problematisch. Die Aktionäre beider tracking stock Gattungen sind an der jeweiligen Konzernobergesellschaft beteiligt. Der Buchwert des Nettovermögens dieser Gesellschaft und damit deren Jahresergebnis sollte nicht mit dem Nettovermögen übereinstimmen, das sich aus einem Konzernabschluß der betreffenden Gesellschaft oder der Summe der Teilkonzernabschlüsse ergibt. Es bestünde damit die Gefahr, daß sich gründend auf den Konzernabschlüssen ein ausschüttbarer Betrag ergibt, der erheblich über dem buchmäßigen Nettovermögen der Konzernobergesellschaft liegt. Insofern scheint der konzernrechtliche Ansatzpunkt und die Tatsache, daß die Rechte der Aktionäre weiterhin auf die Konzernobergesellschaft bezogen sind, miteinander in Widerspruch zu stehen. Aus mehreren Gründen bereitet dieses Spannungsverhältnis zwischen rechtlichen (Konzernobergesellschaft) und wirtschaftlichen ([Teil-]Konzern) Einheiten in den USA im Rahmen einer tracking stock Struktur jedoch keine nennenswerten Probleme. Zum einen kommt dem Einzelabschluß der Konzernobergesellschaft nicht wie in Deutschland eine Zahlungsbemessungsfunktion hinsichtlich der Dividendenzahlungen der Gesellschaft zu. Die Dividenden müssen sich keineswegs aus dem im Einzelabschluß ausgewiesenen Jahresgewinn ergeben. Ausgeschüttet werden kann vielmehr der gesamte ,surplus‘ der Gesellschaft ohne Rücksicht auf den Gewinnausweis. Zweitens greifen in dem Fall, in dem die Summe der aus den Konzernabschlüssen abgeleiteten ,available dividend amounts‘ der Geschäftsbereiche höher ist als der zur Verfügung stehende ,surplus‘ der Konzernobergesellschaft, die Vorschriften des ,corporation law‘ ein und beschränken die mögliche Ausschüttung auf den ,surplus‘ der Gesellschaft188. Eine rechtswidrige Ausschüttungshöhe wird somit verhindert. Drittens entspricht das buchmäßige Reinvermögen der Konzernobergesellschaft in den USA weit eher der Summe der konsolidierten Reinvermögen der Tocher- und Enkelgesellschaften, als dies in Deutschland der Fall ist. Während hier Beteiligungen im Einzelabschluß nach dem Anschaffungskostenprinzip bilanziert werden – d. h. einbehaltenen Gewinne der Tochtergesellschaften in der Bilanz der Muttergesellschaft sich in der Regel erst dann niederschlagen, wenn die einmal gebildeten Rücklagen aufgelöst und ausgeschüttet werden189 –, wird in den USA die Equity-Methode benutzt, die das deutsche Bilanzrecht nur für die Einbeziehung von assoziierten Unternehmen in den Konzernabschluß kennt (§ 312 HGB). Bei der Equity-Methode orientiert sich die Bewertung von Beteiligungen am Wert des erworbenen anteiligen Eigenkapitals. Auf diese Weise wird eine zeitliche Kongruenz zwischen der Ergebniserzielung bei der Beteilungsgesellschaft und der Ergebnisvereinnahmung bei der Muttergesellschaft erreicht.190 188 189 190

§§ 170 (a) S. 1, 154 Del.Gen.Corp.L. Vgl. dazu nur Federmann, Bilanzierung, S. 397. Vgl. Pellens, Internationale Rechnungslegung, S. 204 ff.

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

Zusammenfassend ergeben sich aus der Tatsache, daß im Rahmen der Ermittlung der Ausschüttungshöchstgrenzen auf (Teil-)Konzernabschlüsse Bezug genommen wird und der, daß die Aktionäre weiterhin allein an der Konzernobergesellschaft beteiligt sind, keine ernsthaften Probleme. Im Mittelpunkt des Interesses stehen die Konzernabschlüsse, die insoweit als „bessere“ Einzelabschlüsse der Muttergesellschaft angesehen werden.191 (c) Methodisches Vorgehen bei der Erstellung der Rechnungslegung im einzelnen Zweck der Spartenrechnungslegung eines Unternehmens mit tracking stock Struktur ist es, Ergebniszahlen zu ermitteln, die als ,net income‘ des jeweiligen Geschäftsbereiches dem ,board‘ als Orientierung bei der Dividendenentscheidung dienen und über das ,available dividend amount‘ den maximal möglichen Ausschüttungsbetrag determinieren können. Aus Sicht der Aktionäre sollen die verwendeten Methoden dabei sicherstellen, daß sich die wirtschaftliche Entwicklung der jeweiligen Geschäftsbereiche auch tatsächlich in ausgewogener Weise in den Abschlüssen widerspiegelt. Offizielle Verlautbarungen des FASB zur Rechnungslegung im Falle einer trakking stock Struktur gibt es, soweit ersichtlich, bis heute nicht. Lediglich die FASB Emerging Issues Task Force hat sich am Rande mit diesem Problemkreis beschäftigt, wobei Gegenstand der Betrachtung in erster Linie die Frage war, ob die ,pooling of interest‘ Methode als Form der Konsolidierung auch dann anwendbar ist, wenn ein beteiligtes Unternehmen Aktien eines tracking stock ausgegeben hat.192 Auch Informationen bezüglich des Vorgehens und der angewandten Rechnungslegungsmethoden bei GM und US West sind nur schwer zu erhalten. Im vorliegenden Zusammenhang sollen die Betrachtungen denn auch auf die grundlegende Vorgehensweise und ebensolche Probleme beschränkt werden.193 Grundsätzlich müssen zur Erstellung der Spartenrechnungen sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden, Aufwendungen und Erträge, die im Normalfall in der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung des Gesamtkonzerns enthalten Eisolt, WPg 1993, 344 (352). Vgl. EITF 96 – 8. Die Emerging Issues Task Force ist eine Arbeitsgruppe des FASB, die auf neuartige Rechnungsprobleme aufmerksam machen und für diese erste Regelungen erarbeiten soll (vgl. Pellens, Internationale Rechnungslegung, S. 107 f.). 193 Vorweg ist zu bemerken, daß die im Rahmen der Ausgabe von Aktien eines tracking stock erstellten Rechenwerke nichts mit denen gemein haben, die zum Zwecke der Segmentberichterstattung nach SFAS No. 131 erstellt werden. Hier sollen bezüglich einzelner Teilbereiche diversifizierter Unternehmen zusätzliche Informationen bereitgestellt werden, ohne daß daran besondere wirtschaftliche Aktionärsrechte geknüpft wären (Natusch, Tracking Stock, S. 124). Nicht zu verkennen ist jedoch, daß es sich hier um ein Rechnungslegungsproblem handelt, das in seiner Struktur dem vorliegenden recht ähnlich ist. Zum ,segment reporting‘ vgl. Böcking / Benecke, WPg 1998, 92 ff.; Pellens, Internationale Rechnungslegung, S. 307 ff. 191 192

B. Rechtliche Dimension des Konzepts in den USA

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sind und zusammen das Konzernergebnis bilden, auf die verschiedenen Geschäftsbereiche verteilt werden. Von Vorteil kann dabei sein, daß die Geschäftsbereiche bereits früher als eigenständige Konzerne am Markt tätig waren. Dies ist bei Hughes der Fall, der vor der Akquisition durch GM bereits eigene Rechnungslegungsdaten offenlegte. So konnte nach der Übernahme durch GM an die früheren Abschlüsse angeknüpft und das bereits bestehende Buchhaltungssystem genutzt werden. Die Aufteilung der Aktiva, Passiva, Aufwendungen und Erträge bereitet hier eher wenig Probleme. Im Unterschied zum Fall des letter stock bei GM stellt sich die Situation bei den targeted stocks erheblich komplexer dar. Hier sind – das zeigt US West – die betreffenden Geschäftsbereiche nicht durch gewachsene, in sich abgeschlossene Teilkonzerne definiert, sondern umfassen eine große Anzahl von Gesellschaften, die die erst im Rahmen der Einführung der tracking stock Struktur zusammengefaßt wurden (Communications und Media Group). Auf frühere Konzernabschlüsse kann hier nicht zurückgegriffen werden. Es bedarf einer Neuaufteilung aller Bestandteile des einstigen Gesamtkonzernabschlusses auf die Geschäftsbereiche. Die Tatsache, daß sich die Rechnungslegung bei GM zumindest im Ansatz unkomplizierter darstellt als bei US West, mag der Grund dafür sein, daß sich im Ausgabeprospekt von GM keinerlei Ausführungen zur Gestaltung der Rechnungslegung finden lassen. Auch die folgenden Jahresabschlüsse gewähren in dieser Hinsicht keine weiteren Informationen. Die folgenden Ausführungen betreffen insoweit in erster Linie US West und Unternehmen, die eine ähnliche targeted stock Struktur aufweisen. Wie bereits oben dargestellt wurde194, steht die Kompetenz, Vermögensgegenstände, Schulden, Aufwendungen und Erträge auf die Geschäftsbereiche aufzuteilen, grundsätzlich dem ,board of directors‘ zu (vgl. Art. 5 Sec. 2.6.1. [B][D][F] USW.C.). Das ,certificate‘ trifft jedoch selbst einige grundlegende Zuweisungsentscheidungen. So werden die Beteiligungen von US West an drei Tochtergesellschaften (US West Communications Group, Inc., US West Advanced Technologies, Inc., US West Business Resources) der ,Communications Group‘ zugewiesen. Bei der Erfüllung seiner Zuweisungsaufgabe orientiert sich das ,board‘ zumindest im Ansatz an SAB 55 Topic 1 B.195 Dies betrifft die Frage, welche Aufwendungen, die ein Mutterunternehmen für sein Tochterunternehmen eingeht, in dem Fall, in dem das Tochterunternehmen in einem echten ,equitiy carve-out‘ ausgegliedert wird, auf dieses zu übertragen sind. Vgl. dazu oben Erstes Kapitel: B.II.1.b)aa) und bb). Natusch, Tracking Stock, S. 132; Wirth / Reardon, Insights 3 / 1995, 9 (14). Die ,Staff Accounting Bulletins‘ (SAB) sind ,advices‘ (siehe dazu oben unter Erstes Kapitel: B.II.1.b)cc)(1) der SEC, die die Rechtsansicht des Mitarbeiterstabes der SEC widerspiegeln, aber nicht unmittelbar bindende Wirkung entfalten (vgl. Herwitz / Barret, Accounting, S. 133; Minter / Epstein / Krzus, Accounting and Auditing, F 1.07). Nach herrschender Rechtsansicht unterfallen die SAB nicht ohne weiteres den US-GAAP (vgl. dazu Pellens, Internationale Rechnungslegung, S. 120 f.). 194 195

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

Für die Aufteilung der Posten des Konzernabschlusses stehen verschiedene Methoden zur Verfügung.196 Als vorzugswürdig gilt eine Verteilung nach der tatsächlichen Inanspruchnahme von Aktiva und Passiva zur Erstellung betrieblicher Leistungen sowie der Verursachung von Aufwendungen und Erträgen durch die Geschäftsbereiche.197 Auf diese Weise sollte ein Großteil der Betriebsmittel, Aufwendungen sowie Erträge den Geschäftsbereichen eindeutig zuzurechnen sein. Dies gilt im Grundsatz auch für die Steueraufwendungen. Diese werden, soweit möglich, anhand der Beträge, die die Geschäftsbereiche zum steuerpflichtigen Einkommen beitragen, ermittelt und aufgeteilt.198 Auch die Finanzierungsaufwendungen (insbesondere Zinszahlungen) sollten nach der konkreten Verwendung der aufgenommenen Mittel verteilt werden.199 Nicht zu übersehen ist jedoch, daß bereits bei den Steuer- und Finanzierungsaufwendungen eine Vielzahl von Annahmen und Näherungen nötig sein wird, um ein praktikables Ergebnis zu erreichen.200 In vielen Fällen ist eine verursachungsgerechte Verteilung unmöglich oder zumindest nicht mit akzeptablem Aufwand zu realisieren.201 In diesen Fällen besteht lediglich die Möglichkeit, die betreffenden Posten anteilsmäßig zu verteilen. Dazu werden bestimmte, einfach zu ermittelnde Hilfsgrößen verwendet. Im Falle von US West werden auf diese Art insbesondere die Aufwendungen verteilt, die in der Konzernspitze entstehen und somit beide Geschäftsbereiche betreffen. Zu nennen sind allgemeine Verwaltungsaufwendungen, Aufwendungen bezüglich der Rechnungslegung, Steuerfragen, Prüfung und der rechtlichen Beratung. Diese werden, soweit dies nicht mit Hilfe der tatsächlichen Inanspruchnahme der Leistungen möglich ist, anhand solcher Hilfsgrößen wie den sonstigen Aufwendungen der Geschäftsbereiche, der Zahl der Angestellten, der Umsätze und dem durchschnittlich gebundenen Kapital verteilt.202 Vgl. auch die Übersicht bei Prinz / Schürner, DStR 2001, 759 (762). „The staff expects any expenses clearly applicable to the subsidiary to be reflected in its income statements.“ (SAB 55 Topic 1 B 1. Question 2). Zu Posten, die auf diese Weise verteilt werden können, vgl. Bauer, Targeted Stocks, S. 130 f.; Natusch, Tracking Stock, S. 133; Wirth / Reardon, Insights 3 / 1995, 9 (14). 198 Vgl. ausführlich zur Verteilung der Steueraufwendungen US West, Proxy Statement and Prospectus v. 11. 8. 95, S. 45; Natusch, Tracking Stock, S. 137 f.; Wirth / Reardon, Insights 3 / 1995, 9, 14 f. 199 US West, Proxy Statement and Prospectus v. 11. 8. 95, S. 44. Zu den sonstigen praktizierten Methoden, die Finanzierungskosten zu verteilen, siehe Natusch, Tracking Stock, S. 135 ff. 200 Vgl. ausführlich zur Aufteilung der Fremdkapitalaufwendungen und dem ,net-deptpool approach‘ Bauer, Targeted Stocks, S. 126 ff. 201 „However, the staff understands that in some situations a reasonable method of allocating common expenses to the subsidiary ( . . . ) must be chosen because specific identification of expenses is not practicable. In these situations, the staff has required an explanation of the allocation method used in the notes to the financial statements along with the management’s assertion that the method used is reasonable.“ (SAB 55 Topic 1 B 1. Question 2). 202 US West, Proxy Statement and Prospectus v. 11. 8. 1995, S. 45. 196 197

B. Rechtliche Dimension des Konzepts in den USA

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Welche Art der Zurechnung (kausale oder anteilsmäßige) in welchen Fällen verwendet wird, wird nicht offengelegt und unterliegt vollständig der Entscheidungskompetenz des ,board‘. Neben der Verteilung der Posten des Gesamtkonzernabschlusses auf die Geschäftsbereiche sind die Transaktionen zwischen den Geschäftsbereichen zu verbuchen. Während für Transaktionen der Geschäftsbereiche mit Konzernfremden die allgemeinen Rechnungslegungsregeln Anwendung finden und insbesondere sichergestellt ist, daß diese zu Marktbedingungen durchgeführt werden, ist dies bei solchen zwischen den Geschäftsbereichen nicht der Fall. Hier handelt es sich um Transaktionen innerhalb eines Konzerns. Der Konzernleitung ist es jederzeit möglich, die Bedingungen dieser Transaktionen in einer Art auszugestalten, die den Zielen des Gesamtkonzerns dient. Dies gilt insbesondere für die Preisgestaltung, über die Gewinne von einer Gesellschaft auf eine andere übertragen werden können. Wie allgemein bekannt, werden derartige Verrechnungspreisgestaltungen auf internationaler Ebene benutzt, um Gewinne in solche Länder zu transferieren, in denen sie einer geringeren Steuerbelastung unterliegen. Im Falle einer tracking stock Struktur stellt sich ein entsprechendes Problem. Durch die Ausgestaltung der Bedingungen von Transaktionen zwischen den Geschäftsbereichen können die Ergebnisse der Geschäftsbereiche durch das ,board‘ erheblich beeinflußt werden. Die Arten von Transaktionen zwischen den Geschäftsbereichen sind vielgestaltig. Wie bei US West ausgeführt wird, können beispielsweise Produkte oder Dienstleistungen des einen Bereichs dem anderen zur Verfügung gestellt, Technologien übertragen oder Vermögensgegenstände transferiert werden. Alle diese Transaktionen sollen zu Bedingungen abgewickelt werden, die denen entsprechen, zu denen sie auch mit Konzernfremden vorgenommen worden wären (,dealing at arm’s length‘ Prinzip). Insbesondere ist mit der Übertragung von Vermögensgegenständen oder Dienstleistungen in jedem Fall eine Gegenleistung verbunden, die sich an den entsprechenden Marktpreisen orientieren soll.203 Werden Technologien, die in einem Geschäftsbereich entwickelt worden sind, dem anderen zur Verfügung gestellt, so hat der erstere eine faire Entschädigung zu erhalten (sog. ,Technology Fair Compensation Policy‘). Die Entscheidung über die Höhe der Entschädigung fällt ein sog. ,Fair Compensation Review Commitee‘, welches aus einer gleich großen Anzahl von Mitarbeitern der beiden Geschäftsbereiche besteht. Auch die Transfers von finanziellen Mitteln von einem zum anderen Geschäftsbereich sollen nicht ohne Gegenleistung erfolgen. Sie werden entweder über die ,Inter-Group Interest Fraction‘ als Einlage und Beteiligung oder als Darlehen mit Zinsbedingungen, die denen entsprechen, die auf dem freien Markt üblich sind, abgerechnet.204

203 US West, Proxy Statement and Prospectus v. 11. 8. 1995, S. 42; vgl. auch Natusch, Tracking Stock, S. 140 f.; Willens / Phillips, Targeted Stock, S. 1 (8). 204 Vgl. zu den ,inter-group business transactions‘ US West, Proxy Statement and Prospectus v. 11. 8. 1995, S. 42 ff.

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

Aus rechtlicher Sicht bemerkenswert ist, daß die dargestellte Art der Verrechnungspolitik keinesfalls zwingend ist, sondern im Ermessen des ,board‘ liegt. Das ,Statement of Financial Accounting Standards No. 57: Related Party Disclosure (SFAS 57)‘, an das die Unternehmen über die US-GAAP gebunden sind, betrifft zwar den hier vorliegenden Fall der Rechnungslegung für Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen, stellt aber keine Pflicht auf, derartige Transaktionen ,at arm’s length‘ durchzuführen. Es besteht lediglich die Pflicht, ein derartiges enges Verhältnis von Unternehmen und die besonderen Transaktionen zwischen diesen offenzulegen. Inhaltliche Anforderungen an die Ausgestaltung der Transaktionen werden nicht gestellt.205 Aufgrund dieser Tatsache weist US West denn auch darauf hin, daß die Politik, die zwischen den Geschäftsbereichen vorgenommenen Transaktionen ,at arm’s length‘ durchzuführen, jederzeit ohne die Zustimmung der Aktionäre durch das ,board‘ geändert werden könne,206 auch wenn dies als Änderung der Rechnungslegungsgrundsätze offenzulegen wäre.207 Die Problematik dieser Transaktionen ist nicht zu übersehen. Ihre Ausgestaltung hat einen direkten Einfluß auf die Ergebnisse der Geschäftsbereiche und damit – sollte die spartenorientierte Dividendenpolitik in die Tat umgesetzt werden – auf die Dividenden der Aktionäre. Je nachdem in welcher Höhe eine Gegenleistung für Lieferungen oder Leistungen verrechnet wird, wird das Ergebnis des einen Geschäftsbereichs erhöht und das des anderen vermindert. Selbst dann, wenn man dem board‘ im Normalfall nicht unterstellen kann, einen Geschäftsbereich übervorteilen zu wollen, stellt sich die Frage, wie die Gegenleistungshöhe jeweils ermittelt werden soll. Bei alltäglichen Transaktionen erscheint dies noch recht einfach. Hier orientiert man sich an den Bedingungen, die in einer ähnlichen Situationen auch mit Dritten vereinbart worden wären. Erheblich ungenauer wird dies jedoch dann, wenn größere nicht alltägliche Transaktionen abgewickelt werden. Hier hat das ,board of directors‘ einen erheblichen Gestaltungsspielraum bei der Bestimmung der jeweiligen Gegenleistung und der sonstigen Bedingungen, der kaum sinnvoll kontrolliert werden kann, da sich eine große Anzahl unterschiedlicher Bedingungen auch vor dem Abschlußprüfer werden vertreten lassen. Insoweit sind die Ergebnisse der Geschäftsbereiche und damit die Aktionäre an dieser Stelle wiederum erheblich von der Geschäftspolitik des ,board‘ abhängig.

205 Vgl. dazu Minter / Epstein / Krzus, Accounting and Auditing, C14 – 29 ff.; Thiel, Spartenaktien, S. 83. 206 US West, Proxy Statement and Prospectus v. 11. 8. 95, S. 43. 207 Hier wären die Regeln der Accounting Principles Board (APB) Opinion No. 20: ,Accounting Changes‘ anwendbar, die eine Offenlegung von Veränderungen in den Rechnungslegungsmethoden vorschreiben (dazu Goldberg, Income Statement Presentation, 6.5; Herwitz / Barrett, Accounting, S. 487 ff.; vgl. auch Bauer, Targeted Stocks, S. 131; Natusch, Tracking Stock, S. 139; Wirth / Reardon, Insights 3 / 1995, 9 [14]).

B. Rechtliche Dimension des Konzepts in den USA

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(3) Periodische Berichtspflichten nach den ,securities laws‘ Neben der Frage, wie die in den ,certificates of incorporation‘ verankerten ,available dividend amounts‘ und ,net incomes‘ ermittelt werden und strikt davon zu trennen, stellt sich die Frage nach der im Falle der Ausgabe von tracking stocks notwendigen Berichterstattung nach den US-amerikanischen ,securities laws‘. Werden Aktien eines Emittenten an einer der Wertpapierbörsen der USA registriert, so hat das Unternehmen neben bestimmten ,registration statements‘ (Sec. 12 [a] und 12 [b] Securities Exchange Act 1934), auf die später noch einzugehen sein wird,208 sowohl jährlich als auch vierteljärlich Berichte auf bestimmten Formblättern (Form 10-K, 10-Q) bei der SEC einzureichen (Sec. 13 [a] Securities Exchange Act 1934). Diese umfassen sowohl die jeweiligen Bilanzen, Gewinnund Verlustrechnungen, die Eigenkapitalspiegel und Kapitalflußrechnungen als auch andere textliche Informationen wie die ,management’s discussion and analysis of financial condition and results of operations‘.209 Bezüglich der herkömmlichen Berichterstattung der Unternehmen ergeben sich auch nach Ausgabe von Aktien eines tracking stock keine Besonderheiten. Weiterhin besteht die Pflicht zur Berichterstattung über den Gesamtkonzern.210 Sowohl GM und US West als auch die meisten anderen tracking stock Emittenten reichen jedoch darüber hinaus für ihre Geschäftsbereiche besondere Quartalsund Jahresabschlüsse in Form einer (Teilkonzern)-Bilanz, Gewinn- und Verlustrechung, eines Eigenkapitalspiegels und einer Kapitalflußrechnung ein, die den Vorgaben nach dem Securities and Exchange Act 1934 sowie der ,regulation S – X‘ genügen. Des weiteren lassen die Unternehmen die Jahresabschlüsse ihrer Geschäftsbereiche von einem Abschlußprüfer (,Certified Public Accountant [CPA]) prüfen.211 Insoweit entspricht die Spartenberichterstattung hinsichtlich Umfang und Form der, die die Geschäftsbereiche erstellen müßten, wären sie eigenständige Unternehmen, die ihre Aktien nach dem Securities Exchange Act 1934 hätten registrieren lassen.212 Die Berichterstattung über die Geschäftsbereiche wird in die des Gesamtkonzerns integriert und enthält in den meisten Fällen den Hinweis, daß Vgl. Erstes Kapitel: B.III.2. Zu den periodischen Berichtspflichten der Unternehmen gegenüber der SEC, dem sog. ,Integrated Disclosure System‘ auf Grundlage des Securities Exchange Act 1934, vgl. Bloomenthal / Wolff, Securities and Federal Corporate Law, Chapter 2A; Eisolt, Konzernrechnungslegung, S. 69 ff.; Herdman / Milan / Coulson, SEC Financial Reporting, C1 – 1 ff.; Pellens, Internationale Rechnungslegung, S. 334 ff.; Soderquist, Securities Laws, S. 198 ff.; Wilhelm, WPg 1998, 364 (374); Wüstemann, Generally Accepted Accounting Principles, S. 77 ff. 210 Jaeger, Targeted Stock, S. 13; Natusch, Tracking Stock, S. 123. 211 Vgl. dazu Natusch, Tracking Stock, S. 143. Zum Berufsstand des CPA vgl. Havermann, Wirtschaftsprüfung, S. 125 ff. 212 So werden z. B. auch die ,earnings per share‘ nicht mehr auf Grundlage des Gesamtergebnisses ermittelt, sondern ihnen werden die separaten Ergebnisse der jeweiligen Geschäftsbereiche zugrunde gelegt (vgl. Natusch, Tracking Stock, S. 141 f.; Wirth / Reardon, Insights 3 / 1995, 9 [14]). 208 209

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die Abschlüsse der Geschäftsbereiche in Verbindung mit dem des Gesamtkonzerns gelesen werden sollten.213 Gesetzliche Vorschriften oder bindende Verlautbarungen der SEC zur Verpflichtung der Unternehmen in dieser ausführlichen Art und Weise über die wirtschaftliche und finanzielle Lage der Geschäftsbereiche zu berichten, existieren so weit ersichtlich bis heute nicht.214 Es gibt Anhaltspunkte dafür, daß die SEC auch eine weit weniger ausdifferenzierte Berichterstattung akzeptieren würde. In einer Mitteilung der Mitarbeiter der ,Devision of Corporate Finance‘, die jedoch insoweit keine offizielle Verlautbarung der SEC darstellt, wurde jedenfalls auf die Befürchtung hingewiesen, die Aktionäre könnten die ausführliche und an die eines normalen Unternehmens angelehnte Berichterstattung über die Geschäftsbereiche in der Hinsicht mißdeuten, daß sie allein an dem betreffenden Geschäftsbereich beteiligt seien und mit den anderen Bereichen des Unternehmens nichts zu tun hätten. Um dieses Mißverständnis zu vermeiden, sollte in den Abschlüssen unmißverständlich darauf hingewiesen werden, daß die Aktionäre weiterhin am Gesamtunternehmen beteiligt seien und damit auch die Risiken aller Geschäftsbereiche zu tragen hätten.215 Auf der anderen Seite weisen die Mitarbeiter der SEC darauf hin, daß, wenn schon die Spartenrechnungen auf Grundlage der US-GAAP erstellt und in der dargestellten umfangreichen Form offengelegt würden, auch für eine die tatsächlichen Verhältnisse widerspiegelnde Berichterstattung zu sorgen sei, die alle notwendigen Informationen enthalten müsse, die für eine Beurteilung der wirtschaftlichen und finanziellen Lage der Geschäftsbereiche notwendig seien.216 Anzumerken bleibt, daß sich die Spartenrechnungslegung, die zum Zwecke der Ermittlung des ,net income‘ erstellt wird, mit der deckt, die im Rahmen der SEC Berichterstattung offengelegt wird. Zu beachten ist dabei jedoch, daß der SEC im Rahmen der Spartenrechnungslegung, anders als bei der allgemeinen Berichterstattung der berichtspflichtigen Unternehmen, keine Kompetenz zukommt, zwingende inhaltliche Regelungen aufzustellen, die Unternehmen beispielsweise bei der Verrechnung der ,inter-group transactions‘ zu einem bestimmten Vorgehen zu zwingen. Sie hat keinen Einfluß auf das ,Wie‘ der Ermittlung des ,net income‘ der Geschäftsbereiche. Dies ist allein Sache der Unternehmen, die in ihren ,certificates of Vgl. auch Natusch, Tracking Stock, S. 143. Natusch, Tracking Stock, S. 122; Wirth / Reardon, Insights 3 / 1995, 9 (13). 215 „Some issuers of targeted stock have included separate audited GAAP financial statements of the referenced business unit in filings, rather than more condensed information that would be sufficient to depict the calculation of earnings available for dividends to targeted stockholders. The staff has expressed concern that such a presentation may lead a shareholder to believe that he or she has an ownership interest in the unit, as in a spinoff when holders receive separate common stock in the unit.“ (Division of Corporation Finance, Frequently Requested Accounting and Financial Reporting Interpretations and Guidance May 1., 1999, II. E.). 216 Division of Corporation Finance, Frequently Requested Accounting and Financial Reporting Interpretations and Guidance May 1., 1999, II. E. 213 214

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incorporation‘ beliebige Regelungen treffen könnten. Allein hinsichtlich der Frage, welche Informationen offenzulegen sind und in welcher Form dies zu geschehen hat, kommt der SEC eine Regelungskompetenz zu. (4) Würdigung der Rechnungslegung Unternehmen mit tracking stock Struktur müssen zwangsläufig eine gesonderte Rechnungslegung erstellen, mit deren Hilfe das ,net income‘ der Geschäftsbereiche ermittelt werden kann. Die Ermittlung der Ergebnisse der Geschäftsbereiche ist mit einer Reihe von Unschärfen belastet. Eine verursachungsgerechte Zuordnung von Vermögensgegenständen, Schulden, Aufwendungen und Erträgen zu den Geschäftsbereichen ist oftmals nicht möglich, so daß auf Schätzungen oder auf eine Verteilung nach Hilfsgrößen zurückgegriffen werden muß. Des weiteren sind die Bedingungen, zu denen Transaktionen zwischen den Geschäftsbereichen verbucht werden, insbesondere bei seltenen Transaktionen, die in dieser Art nicht oder selten mit Dritten vorgenommen werden, nur sehr schwer zu ermitteln. In den meisten Fällen wird sich nicht eine einzige richtige Lösung finden, sondern eine weite Bandbreite von Bedingungen vertretbar erscheinen. Zwar enthalten die ,certificates of incorporation‘ der meisten Unternehmen eine Pflicht zur Anwendung der US-GAAP bei der Erstellung der Spartenrechnungen, spezifische Regelungen für eine tracking stock Struktur finden sich in den Bilanzierungsvorschriften jedoch nicht. Insbesondere hat sich das FASB bis heute nicht mit dieser Problematik auseinandergesetzt. Auch die ,certificates of incorporation‘ der betreffenden Gesellschaften enthalten keine gesonderten Vorschriften für die Rechnungslegung, sondern weisen vielmehr alle damit in Verbindung stehenden Entscheidungen dem Management zu. Vor diesem Hintergrund zeigen sich die überaus großen Einflußmöglichkeiten, die dem ’board of directors‘ bei der Ermittlung der Ergebnisse der Geschäftsbereiche zukommt.217 Dies gilt in zweierlei Hinsicht. Zum einen bieten sich selbst bei gegebener Rechnungslegungspolitik (verursachungsgerechte Verteilung der Vermögensgegenstände, Schulden, Aufwendungen und Erträge sowie Abrechung von ,inter-group‘ Transaktionen ,at arm’s length‘) vielfache Möglichkeiten, die Ergebnisse der Geschäftsbereiche zu beeinflussen, ohne daß dies in den offengelegten Rechnungen ersichtlich wäre. Zum anderen kann das ,board‘ seine Rechnungslegungspolitik jederzeit ohne Zustimmung der Aktionäre innerhalb der sehr weiten Grenzen der US-GAAP ändern. Damit wäre es zumindest theoretisch möglich, eine vollkommen andere Art und Weise der Verbuchung zu realisieren, als dies bei Ausgabe der Aktien geplant war. Werden von seiten der Unternehmen Richtlinien für die Rechnungslegung veröffentlicht, so mögen diese eine gewisse faktische Selbstbindung entfalten, rechtlich zwingende Anforderungen lassen sich hieraus jedoch nicht ableiten. 217

6 Nolte

So ausdrücklich auch Natusch, WPg 1998, 459 (469).

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

Zwar erscheint es auf den ersten Blick so, daß die Rechnungslegung vor dem Hintergrund der Tatsache, daß das ,board‘ frei über die Dividendenhöhe entscheiden kann, eine eher untergeordnete Rolle für die Rechte der Aktionäre spielt. Dies trifft aber wohl nur teilweise zu. Die offengelegten Ergebnisse der Geschäftsbereiche – so wenigsten die Intention des tracking stock Konzepts – sollen gerade die Kurse der jeweiligen Aktiengattungen beeinflussen. Die Aktionäre haben damit ein lebhaftes Interesse daran, daß die veröffentlichten Abschlüsse ein ausgewogenes Abbild der Entwicklung der Geschäftsbereiche liefern und nicht durch auf sachfremden Erwägungen beruhende Einflüsse des ,board‘ verfälscht werden. Die SEC, die für die Berichterstattung börsennotierter Unternehmen zuständige Behörde, hat sich bisher kaum zu der dargelegten Problematik geäußert. Der SEC kommt im vorliegenden Zusammenhang auch nur eine begrenzte Autorität zu. Allein bezüglich der offenzulegenden Informationen kann sie bindende Regelungen erlassen, die materiellen Fragen der Ausgestaltung der Dividendenrechte sind allein Gegenstand der autonomen Regelungen in den ,certificates of incorporation‘ der betroffenen Unternehmen oder unterfallen, falls dort so festgelegt, der Entscheidungskompetenz des ,board‘. Hinsichtlich der Berichterstattung hat der Mitarbeiterstab der SEC zumindest darauf gedrungen, daß die Risiken einer tracking stock Struktur und die weitreichenden Kompetenzen des ,board‘ klar herausgestellt werden. dd) Würdigung des Dividendenrechts In ihren Grundstrukturen gleichen sich die Ausgestaltungen der Dividendenrechte bei GM und US West. (1) Grundstruktur der Dividendenrechte Das ,board of directors‘ besitzt bei beiden Unternehmen weiterhin die uneingeschränkte Kompetenz, nach freiem Ermessen über die Ausschüttung der Dividenden der beiden Aktiengattungen zu entscheiden. Zwar können den Aktiengattungen unterschiedlich hohe Dividenden zugewiesen werden, eine Pflicht jedoch, bei dieser Entscheidung im besonderen Maße die Gewinnsituation der Unternehmenssparten zu berücksichtigen, ist schon aufgrund des eindeutigen Wortlautes der jeweiligen ,certificates of incorporation‘ nicht gegeben.218 Eine solche rechtlich 218 Insoweit bleiben die Ausführungen von Natusch, Tracking Stock, S. 79 f., Steinberger / Hass, Tracking Stocks, S. 523 (531 f.), Thiel, Spartenaktien, S. 52 sowie Tonner, Track-ing Stocks, S. 45 f. über das sog. ,close tracking‘, ,loose tracking‘ und ,even looser tracking‘ unklar. Die Differenzierung soll sich wohl darauf beziehen, wie stark der Zusammenhang zwischen Jahresergebnis der Geschäftsbereiche und der jeweiligen Dividendenhöhe ausgeprägt ist. Aus rechtlicher Sicht sind diese Unterscheidungen jedenfalls nicht zu erkennen. Insbesondere der Aussage von Steinberger / Hass, a. a. O., daß die Gesellschaft eine Dividende auch dann ausschütten könne, wenn das ,available dividend amount‘ des betreffenden Geschäftsbereichs aufgebraucht sei, ist nicht zuzustimmen.

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bindende Pflicht kann auch nicht aus den jeweiligen Ausgabeprospekten abgeleitet werden. Die Begrenzung des zur Ausschüttung auf die Aktiengattungen zur Verfügung stehenden Betrages auf den durch die jeweiligen Geschäftsbereiche erwirtschafteten ,earned surplus‘219 sowie den durch Ausgabe der Aktien erlangten ,paid in surplus‘ führt jedoch zumindest im Ansatz und in Hinblick auf das Dividendenrecht zu einer Situation, die mit der vergleichbar ist, die sich ergeben würde, wären die Geschäftsbereiche in rechtlich und wirtschaftlich getrennten Gesellschaften organisiert. Auch hier stünde es dem ,board‘ frei, über die Dividendenhöhe zu entscheiden, und der maximal mögliche Ausschüttungsbetrag ergäbe sich aus dem ,surplus‘ der jeweiligen Gesellschaft.220 Solange sich das ,board of directors‘ somit bei seiner Dividendenentscheidung von der Entwicklung der Ertrags- und Finanzlage der Geschäftsbereiche leiten läßt, scheint es möglich, durch die bloße Ausgabe zweier ,classes of common stock‘ und die Begrenzung der maximalen Ausschüttungsbeträge auf den ,surplus‘ der jeweiligen Geschäftsbereiche Dividendenrechte zu gestalten, die denen in zwei rechtlich und wirtschaftlich selbständigen Gesellschaften recht nahe kommen. Nicht zu verkennen ist jedoch die Tatsache, daß dieses Ergebnis seine Begründung eher darin findet, daß sich das ,board‘ bei seiner Dividendenentscheidung faktisch an der wirtschaftlichen Entwicklung der Geschäftsbereiche orientiert, obwohl es dazu nicht verpflichtet ist, als dadurch begründet ist, daß das ,certificate of incorporation‘ rechtlich bindende Regelungen für die Dividenden aufstellt. Aus rechtlicher Sicht erscheint allein die Schaffung von Aktien unterschiedlicher Gattungen mit der sich daraus ergebenden Konsequenz, daß den Inhabern dieser Aktien unterschiedlich hohe Dividenden ausgeschüttet werden können, notwendig, um das dargestellte Ergebnis zu erreichen. Die Beschränkung der jeweils ausschüttbaren Beträge sollte zumindest im Regelfall keinen Einfluß auf die Dividendenhöhen haben. Zu bemerken ist freilich, daß die Höhe des der jeweiligen Gattung zumindest rechnerisch zugewiesenen Vermögens als Bewertungsgrundlage auf den Kapitalmärkten eine Rolle spielen wird. Hier zeigt sich das Ziel des tracking stock Konzepts, einzelne Unternehmensteile einer Bewertung auf dem Kapitalmarkt zugänglich zu machen. Dies kann nur dann erreicht werden, wenn eine Aufteilung des ,surplus‘ auf die Geschäftsbereiche und damit die tracking stock Gattungen wenigstens rechnerisch vorgenommen wird. Relevanz entfaltet das ,available dividend amount‘ deshalb wohl eher als Indikator für die Kapitalmärkte denn als bestimmender Faktor für die Dividendenentscheidung des ,board‘. Es zeigt sich, daß es weniger die rechtlichen Beschränkungen und Anforderungen sind, die das tracking stock Konzept ausmachen – sie liefern allein die notwendigen Rahmenbedingungen –, sondern daß der Kern des Konzepts in der freiwillig eingeschlagenen Dividendenpolitik liegt, die das ,board of directors‘ in der Zu219 Wobei bei GM nur der ,earned surplus‘ von Hughes verteilungsfähig ist, der nach der Akquisition durch GM erwirtschaft worden ist. 220 So auch Steinberger / Hass, Tracking Stocks, S. 523 (532).

6*

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

kunft verfolgen möchte. Von dem Vertrauen der Kapitalmärkte darauf, daß diese Politik auch tatsächlich eingehalten wird, hängt wesentlich das Funktionieren des Konzepts ab. Rechtlich zwingende, das ,board‘ bindende und die Rechte der Aktionäre sichernde Regelungen existieren nicht. Sowohl bei GM als auch bei US West werden die für die Aktiengattungen relevanten Geschäftsbereiche durch Bezugnahme auf gesellschaftsrechtliche Strukturen definiert. Während sich bei GM die Definition der Geschäftsbereiche in der Aussage erschöpft: „( . . . ) Hughes Electronics Corporation, its subsidiaries and successors (,Hughes‘)“ (Art. 4 [a][1] S. 5 GM.C.) und dort sonst keine Regelungen über die Zuweisung von Aktiva und Passiva zu den beiden Sparten zu finden sind, sind die Bestimmung des USW.C. zu diesem Punkt ausführlicher. Auch sie nehmen auf Tochtergesellschaften Bezug (Art. 5 Sec. 2.6.1. [A] USW.C.), regeln darüber hinaus jedoch zumindest im Ansatz die ursprüngliche Verteilung der Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten auf die Sparten und weisen die Kompetenz, über die Übertragung von Vermögensgegenständen von der einen auf die andere Sparte und die Zuweisung solcher Vermögensgegenstände oder Verbindlichkeiten, die durch das Unternehmen neu erworben worden sind, zu entscheiden, ausdrücklich dem ,board of directors‘ zu. Bemerkenswert ist, daß bei beiden Gesellschaften die genaue Abgrenzung zwischen den Geschäftsbereichen vage bleibt. Insbesondere ist in den ,certificates‘ keine Beschreibung der Unternehmensteile zusammen mit der Art der Geschäfte, die sie betreiben, enthalten. Allein anhand des ,certificate‘ läßt sich somit schwerlich entscheiden, welchem Geschäftsbereich ein neu erworbenes Unternehmen zugeordnet werden soll. Beide Unternehmen definieren ihre Geschäftsbereiche im wesentlichen über bestehende Konzernstrukturen und weniger darüber, von welcher Art die Geschäfte sind, die die Konzerngesellschaften betreiben. Um die finanziellen Mittel des Unternehmens flexibel und effektiv nutzen zu können, wird sowohl bei GM als auch bei US West die Möglichkeit eingeräumt, daß sich ein Geschäftsbereich entsprechend einer Kapitaleinlage am anderen Geschäftsbereich beteiligt und damit an dessen Erfolg teilnimmt (,retained interest‘). Nicht ausgeschlossen wird die daneben mögliche Verbuchung von Kapitaltransfers als interne Darlehensgewährung. Ganz im Gegensatz dazu enthält das ,certificate‘ von US West ausführliche Regelungen zur ,Intergroup Interest Fraction‘. Ausschüttungen auf den ,Media Stock‘ kommen entsprechend der Beteiligungsquote auch der ,Communications Group‘ zugute. Eine der Beteiligungsquote entsprechende Anzahl von Aktien des ,Media Stock‘ (,Number of Shares Issuable with Respect to the Intergroup Interest‘ [Art. 5 Sec. 2. 6. 19. USW.C.]) kann darüber hinaus direkt an die Aktionäre des ,Communications Stock‘ ausgeschüttet werden. Bei allen Vorteilen, die ein flexibles Finanzmanagement bringen mag, kann nicht übersehen werden, daß die Beteiligung des einen am anderen Geschäftsbereich dem Grundgedanken des tracking stock Konzepts zuwiderläuft. Das Ziel, daß die Aktien einer Gattung die Entwicklung des jeweiligen Geschäftsbereiches widerspiegeln sollten, kann dann nicht erreicht werden, wenn der Geschäftsbereich auch an den anderen

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Teilen des Unternehmens beteiligt ist. Eine solche Vermischung verursacht die Gefahr, daß die intendierte differenziertere Bewertung der Teile des Unternehmens an den Kapitalmärkten wieder zunichte gemacht wird. (2) Gläubigerschutz Unproblematisch läßt sich feststellen, daß sich aus einer tracking stock Struktur keine gesonderten Probleme hinsichtlich des Gläubigerschutzes ergeben. Die sehr schwach ausgeprägten Schutzvorschriften (Begrenzung der Ausschüttung auf den ,surplus‘ der Gesellschaft) werden durch die Regelungen im ,certificate‘ nicht beeinträchtigt.221 Auch sonstige Haftungsvorschriften werden durch die neue Kapitalstruktur in keiner Weise betroffen. Im Außenverhältnis der Konzernunternehmen ist unter der neuen tracking stock Struktur keine Veränderung eingetreten. (3) Kompetenzumfang des ,board of directors’ Überblickt man die obigen Ausführungen, so zeigt sich der nahezu unbegrenzte Kompetenzumfang des ,board of directors‘. Die Kompetenz, über Dividendenausschüttungen zu entscheiden, ist nach traditionellem US-amerikanischen ,corporation law‘ dem ,board‘ zugewiesen, so daß sich insoweit auch bei Gesellschaften mit tracking stock Struktur keine Besonderheiten ergeben. Relativ neu ist indes der Ansatz, beiden Aktiengattungen unterschiedlich hohe Dividenden zuzuweisen. Neben der Dividendenentscheidung selbst sehen die ,certificates of incorporation‘ der beiden untersuchten Gesellschaften eine Vielzahl von Anpassungsentscheidungen des ,board of directors‘ vor, die die Berechnung der jeweiligen ,available dividend amounts‘ betreffen. Bei Veränderungen in der Kapitalstruktur oder bei Umstrukturierungen mit veränderten Zuweisungen von Vermögensgegenständen steht es dem ,board‘ frei, über die ,Class H Dividend Base Shares‘ und ,Intergroup Interest Fraction‘ die bestehende rechnerische Verteilung des ,net income‘ zu verändern. Gerade das ,certificate‘ von GM enthält kaum Regelungen, die Bedingungen oder nachprüfbare Anforderungen an diese Anpassungsentscheidungen stellen würden. Falsch wäre es, aus dieser Gestaltungskompetenz den Schluß zu ziehen, daß regelmäßig eine entschädigungslose Verschiebung von Vermögensgegenständen zwischen den Geschäftsbereichen mit dem Ergebnis einer Umverteilung des ,surplus‘ zu erwarten wäre. Derartige Transaktionen werden vielmehr nur in Zusammenhang mit einer Gegenleistung vorgenommen, sei es als interner Tausch, Verkauf, Darlehen oder Beteiligung. Insoweit setzt sich die ursprüngliche Zuteilung von Vermögensgegenständen an der Gegenleistung fort, auch wenn zu beachten ist, daß mit der Allokation von vorhandenem oder neuem Kapital die Entwicklungsmöglichkeit der Geschäftsbereiche in erheblichem Umfang beeinflußt 221 Vgl. auch Sheffield / St. Clair, Taxes 1988, 954 (956); Steinberger / Hass, Tracking Stocks, S. 523 (526).

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

werden kann.222 Die Finanzierung von Investitionen in einen Geschäftsbereich mittels Vermögenswerten des anderen läßt zwar grundsätzlich die ,surplus‘-Anteile der Aktiengattungen unberührt, kann aber für zukünftige Perioden zu einem verstärkten Wachstum des ersten Geschäftsbereichs führen, während u.U. notwendige Investitionen im anderen nicht mehr getätigt werden können. Ein wichtiger Punkt bleibt jedoch zu beachten. In rechtlicher Hinsicht bestehen keinerlei Hindernisse für das ,board‘, seine beschriebene Geschäftspolitik jederzeit zu ändern. Damit wäre es ihm theoretisch möglich, Vermögensgegenstände oder Schulden ohne weitere Begründung und Gegenleistung zwischen den Geschäftsbereichen zu verschieben. Die ,certificates‘ enthalten keine Regelungen, die dies verhindern könnten. Damit steht aus rechtlicher Sicht letztlich die gesamte Aufteilung des Unternehmens in die beiden Geschäftsbereiche im Belieben des ,board of directors‘. Vor dem Hintergrund dieser Tatsache sind auch die Regelungen in den ,certificates‘, die die maximal mögliche Ausschüttung auf den Anteil begrenzen, der den Geschäftsbereichen vom ,surplus‘ der Gesellschaft zugerechnet wird, neu zu bewerten. Auch diese Beschränkungen können durch die umfangreichen Kompetenzen des ,board‘ unterlaufen werden. Über die Verteilung des Vermögens und der Schulden auf die Geschäftsbereiche erhält das Management entscheidenden Einfluß auf die maximal möglichen Ausschüttungen. Neben diesen, dem ,board‘ ausdrücklich zugewiesenen Entscheidungskompetenzen, kann das ,board of directors‘ über die Ausgestaltung der Spartenrechnungslegung weit weniger offensichtlich und unter Vermeidung u.U. notwendiger Offenlegung in den Jahres- und Quartalsberichten erheblichen Einfluß auf die Gewinne der Geschäftsbereiche nehmen. Schon die Zuweisung von Vermögensgegenständen, Schulden, Aufwendungen und Erträgen bietet vielfache Einflußmöglichkeiten. Mittels der Verwendung von Verrechnungspreisen bei der Abrechnung von zwischen den Geschäftsbereichen ausgetauschter Leistungen bestehen des weiteren insbesondere dort, wo sich keine Marktpreise ermitteln lassen, erhebliche Möglichkeiten, Gewinne zwischen den Geschäftsbereichen zu verschieben. Der sehr große Kompetenzumfang des ,board‘ bereitet im Falle einer tracking stock Struktur erhebliche Probleme. Es ist davon auszugehen, daß die Aktionäre, die wirtschaftlich nur an einem Teil des Unternehmens partizipieren sollen, zumindest primär auch nur an dem wirtschaftlichen Wohlergehen ihres Geschäftsbereichs interessiert sind. Die Mitglieder des ,board‘ müssen vor diesem Hintergrund Entscheidungen treffen, die sich in den Geschäftsbereichen höchst unterschiedlich auswirken werden. Es stellt sich damit die Frage, nach welchen Maßstäben das ,board‘ seine Geschäftsführungsentscheidungen treffen soll. Gleiches gilt für die Dividendenentscheidung selbst. Auf die Interessensituation im Unternehmen und 222 Nicht bei allen tracking stock Emittenten steht es dem ,board of directors‘ frei, Vermögensteile zu transferieren. Bei der Genzyme Corp. beispielsweise existieren erhebliche Beschränkungen in dieser Hinsicht, die auch nur mit Zustimmung der geschützten Aktiengattung verändert werden können (vgl. Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 [2103]).

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die Leitlinien, nach denen das ,board‘ das Unternehmen im Falle einer tracking stock Struktur führen soll, wird an späterer Stelle noch ausführlich einzugehen sein.223 Explizite Handlungsanweisungen enthalten die ,certificates‘ in dieser Hinsicht jedenfalls nicht. Zumindest aus kontinentaleuropäischer Sicht stellt sich bei all den Einflußmöglichkeiten des ,board‘ auf das Dividendenrecht der Aktionäre unweigerlich die Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit einer solchen Gestaltung. Bei näherem Hinsehen lassen sich aber wohl keine ernsthaften Einwände bezüglich der Rechtmäßigkeit erheben. Dies hat seinen einfachen Grund darin, daß den Aktionären einer ,corporation‘ ohnehin kein spezifisches Recht auf eine bestimmte Ausschüttung zusteht. Die Entscheidung über die Ausschüttung steht allein dem ,board‘ zu, das dabei durch die ,business judgment rule‘ geschützt ist. An dieser Tatsache hat sich, wie oben gezeigt wurde, auch im Falle der Ausgabe von Aktien eines tracking stock nichts geändert. Insofern unterscheidet sich letztlich die rechtliche Situation trotz der umfangreichen Regelungen in den ,certificates‘ kaum von der einer ,corporation‘ mit herkömmlicher Kapitalstruktur. (4) Fazit Bei Lichte betrachtet, ergibt sich ein ernüchterndes Bild. Das wirtschaftliche Konzept, Aktien zu schaffen, die die wirtschaftliche Entwicklung eines Geschäftsbereichs nachzeichnen und es so Aktionären ermöglichen sollen, sich an Teilbereichen eines Unternehmens zu beteiligen, läßt sich auf rechtlicher Ebene in den zugrundeliegenden Regelungen der ,certificates of incorporation‘ kaum wiederfinden.224 Schlußendlich reduziert sich hier das gesamte Konzept darauf, daß das ,board of directors‘ die Möglichkeit besitzt, für zwei Aktiengattungen unterschiedlich hohe Dividenden vorzusehen und eine Dividendenpolitik zu betreiben, die sich an der wirtschaftlichen Entwicklung und den finanziellen Bedingungen der Geschäftsbereiche orientiert. Rechtsansprüche der Aktionäre, daß dies auch für die Zukunft gilt oder besondere Ansprüche, die sich auf das in den Geschäftsbereichen gebundene Vermögen beziehen, bestehen nicht. Auch die separaten Rechnungslegungen implizieren lediglich eine Spaltung des Unternehmens, die sich bei näherem Hinsehen als Illusion entpuppt. Insoweit ist Hass zuzustimmen, wenn er bemerkt: „( . . . ) (T)he goal in implementing a tracking stock equity structure is, in essence, to create a fiction in the investment community. The fiction maintains that a particular class of tracking stock is really common stock of stand-alone corporation that operates the same type of business as the tracked business group.“225 Siehe dazu Erstes Kapitel: B.II.2. Bezeichnend ist in dieser Hinsicht auch das Zitat eines Juristen, der an der Transaktion zur Einführung der tracking stock Struktur bei GM beteiligt war (zitiert bei Sheppard, Tax Notes v. 13. 7. 1987, S. 130 [131]): „( . . . ) there is a very large difference between the legal and the economic in this transaction.“ 225 Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2095). 223 224

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

c) Das Recht auf einen Anteil am Abwicklungsüberschuß Wird die ,corporation‘ aufgelöst und liquidiert, so haben die Aktionäre grundsätzlich einen Anspruch auf einen Anteil am Vermögen der Gesellschaft. Zwei Arten der Auflösung (,dissolution‘) sind zu unterscheiden.226 Während bei einer ,involuntary dissolution‘ die Auflösung der Gesellschaft gerichtlich angeordnet wird,227 geht die ,voluntary dissolution‘ auf eine Entscheidung des ,board‘ und einen Beschluß der Aktionäre, der mit absoluter Mehrheit der Stimmen getroffen werden muß, zurück (§ 275 Del.Gen.Corp.L.). Liegen die Auflösungsentscheidungen vor und ist ein darüber ausgestelltes ,certificate of dissolution‘ beim ,Secretary of State‘ eingereicht worden, so endet die rechtliche Existenz der Gesellschaft (§ 275 [f] Del.Gen.Corp.L.). Nur für solche Geschäfte, die noch für die vollständige Liquidation des Unternehmens notwendig sind, wird das Bestehen der Gesellschaft weiterhin fingiert (§ 278 Del.Gen.Corp.L.).228 Nach bestimmten verfahrensrechtlichen Regelungen,229 die auch eine gerichtliche Überwachung einschließen können, werden in der Liquidation alle Vermögensgegenstände der Gesellschaft veräußert, die Ansprüche der Gläubiger befriedigt und das am Schluß verbleibende Vermögen zwischen den zur Teilhabe berechtigten Aktionären verteilt (§ 281 [a] Del.Gen.Corp.L.).230 Die Höhe des auf jede einzelne Aktie entfallenden Anteils am Restvermögen ergibt sich in erster Linie aus den Bestimmungen des ,certificate of incorporation‘ (§ 151 [a] S. 1 Del.Gen.Corp.L.).231 Hier können das Recht auf einen Anteil am Abwicklungsüberschuß für bestimmte Aktiengattungen ausgeschlossen oder aber Vorzugsrechte vorgesehen werden (,liquidation preference‘).232 Enthält das ,certificate‘ keine entsprechenden Regelungen, so berechtigen grundsätzlich alle Aktien, die sich in Publikumsbesitz befinden, zu einem gleich hohen Anteil am Abwicklungsüberschuß.233 226 Vgl. hierzu den Überblick bei Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, § 10.10; Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 1155 ff.; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 1229 ff. 227 Nach § 284 Del.Gen.Corp.L. kann der ,Court of Chancery‘ eine Gesellschaft, bspw. bei Mißbrauch ihrer Befugnisse, auflösen. Zu anderen Fällen der ,involuntary dissolution‘ zum Schutz von Minderheitsrechten nach ,Common Law‘ siehe Macey, Corporation, Rn. 2748 ff. 228 In vielen anderen Staaten der USA ist dies anders geregelt. Hier gilt die Gesellschaft erst dann als aufgelöst, wenn die Liquidation abgeschlossen ist, vgl. dazu Fletcher Cyc. Corp. § 8007; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 1252. 229 Vgl. §§ 279, 292 Del.Gen.Corp.L. zur Ernennung des Treuhänders, der die Liquidation der Gesellschaft übernimmt, sowie §§ 280, 281 Del.Gen.Corp.L. zu den verschiedenen Arten, nach denen die Gläubiger befriedigt werden können. Ausführlich zu den recht unübersichtlichen Regelungen Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, § 10.13 ff. 230 Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, § 10.10. 231 Gaskill v. Gladys Belle Oil Co., 146 A. 337, 338 (Del. 1929); Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 1260. 232 Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 1152; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 1260. 233 Penington v. Commonwealth Hotel Constr. Corp., 155 A. 514, 520 (Del. 1931).

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aa) General Motors In dem unwahrscheinlichen Fall, daß die General Motors Corp. freiwillig oder durch gerichtlichen Beschluß aufgelöst wird, sind, nachdem alle Gläubiger befriedigt wurden, zuerst die verbleibenden Ansprüche der Inhaber der ,preferred shares‘ zu erfüllen (Art. 4 [d] S. 1 GM.C.). Das danach zur Verteilung anstehenden Vermögen wird auf die Aktionäre des ,common stock‘ nach der Anzahl der von ihnen gehaltenen Aktien und den auf diese Aktien entfallenden ,liquidation units‘ verteilt. Jede Aktie des ,Common Stock‘ verbrieft eine ,liquidation unit‘, während die Aktien des ,Class H Common Stock‘ nur zur Geltendmachung einer halben solchen Einheiten berechtigen (Art. 4 [d] S. 2 GM.C.). Weiterhin sind die ,liquidation units‘ beider Gattungen entsprechend der Regelungen hinsichtlich des Stimmrechts234 den Anpassungen nach Art. 4 (e) (1) GM.C. unterworfen. Wird ein ,stock-split‘ oder ,reverse stock split‘235 vorgenommen oder werden Aktien einer Gattung an die Aktionäre derselben Gattung als Dividende ausgegeben, so soll über eine Anpassung der ,liquidation units‘ das Verhältnis der Summen aller ,liquidation units‘ der Gattungen konstant gehalten werden. Darüber hinaus werden die ,liquidation units‘ beider Gattungen in den Fällen des Art. 4 (e)(2) GM.C. angepaßt. Werden Aktien des ,Class H Common Stock‘ an Aktionäre des ,Common Stock‘ als Dividende verteilt, so werden die ,per share liquidation rights‘ aller anderen Gattungen als der des ,Common Stock‘ so erhöht und die ,liquidation units‘ der Aktien des ,Common Stock‘ so verringert, daß jedem Aktionär des ,Class H Common Stock‘ der gleiche Anteil an den aggregierten ,liquidation units‘ aller Stammaktien verbleibt, den er vor der Dividendenausschüttung inne hatte (Art. 4 [e][2][A] und [B] GM.C.).236 Damit werden die Aktionäre des ,Class H Common Stock‘ vor einer Verringerung ihrer Liquidationsquote geschützt, während es bei einer Verteilung von Aktien des ,Common Stock‘ an die Aktionäre des ,Class H Common Stock‘ gerade nicht zu einer Anpassung kommt. Der Grund hierfür liegt in der Tatsache begründet, daß der ,Class H Common Stock‘ die weit kleinere Gattung darstellt, die von einer Verwässerung ihrer Rechte weit stärker betroffen wäre, als der ,Common Stock‘. Alle notwendigen Anpassungen sind vom ,board of directors‘ vorzunehmen (Art. 4 [e][3] S. 1 1. Hs. GM.C.). Dessen Festlegungen sind bindend für alle Aktionäre (Art. 4 [e][3] S. 1 1. Hs. GM.C.). Die getroffenen Entscheidungen sind durch den ,Secretary of the Corporation‘ in gesonderten Aufzeichnungen zu vermerken (Art. 4 [e][3] S. 2). Nicht eindeutig geregelt ist die Frage, ob dem ,board‘ bei der Entscheidung über die Anpassung der ,liquidation units‘ ein Ermessenspielraum verbleiben soll oder ob zwingend nach einer Veränderung der Aktienzahl in der Vgl. dazu unten Erstes Kapitel: B.II.1.e)aa). Vgl. zu diesen Begriffen oben Fn. 158. 236 Die Regelung stellt damit eine Ausnahme von Art. 4 (e)(1) S. 2 GM.C. dar, nach dem keine Anpassung erfolgt, wenn Aktien der einen Gattung an die Aktionäre der anderen Gattung als Dividende ausgeschüttet werden. 234 235

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dargestellten Weise eine Anpassung zu erfolgen hat. Dem Wortlaut des ,certificate‘ ist in dieser Hinsicht nichts zu entnehmen. Vor dem Hintergrund der Tatsache, daß die Regelung nach ihrem insofern eindeutigen Wortlaut eine Verwässerung der Liquidationsrechte verhindern soll („[ . . . ] appropriately adjusted so as to avoid any dilution in the aggregate voting or liquidation rights of any class.“237), ist aber wohl von einer Pflicht zur Anpassung der Liquidationsrechte an geänderte Aktienzahlen auszugehen. bb) US West Die Teilhabe der Aktionäre am Abwicklungsüberschuß ist bei US West ähnlich ausgestaltet wie bei GM. Das ,certificate of incorporation‘ stellt an erster Stelle – überflüssigerweise, da gesetzlich zwingend – fest, daß im Falle einer freiwilligen oder gerichtlich angeordneten Auflösung an erster Stelle die Gläubiger der Gesellschaft zu befriedigen sind. Danach sind die Ansprüche der bevorrechtigten ,preferred stocks‘ zu erfüllen. Verbleibt hiernach noch ein verteilungsfähiges Vermögen, so wird dieses, unabhängig davon, welchem Geschäftsbereich die veräußerten Vermögensgegenstände ursprünglich zugewiesen waren (,Communications Group‘ oder ,Media Group‘), an die Aktionäre der ,common stocks‘ entsprechend der ,liquidation units‘, die den Aktien einer Gattungen zugewiesen sind, verteilt (Art. 5 Sec. 2.3. S. 1 USW.C.). Jede Aktie des ,Communications Stock‘ berechtigt zu einer ,liquidation unit‘, während das Anrecht des ,Media Stock‘ variabel ausgestaltet ist und vom ,board of directors‘ angepaßt werden kann. Bei der ursprünglichen Festlegung der ,liquidation units‘ wurde unter anderem das Verhältnis zwischen Fremdkapital und Eigenkapital, das bei der Finanzierung beider Geschäftsbereiche verwandt wurde, sowie die Ergebnisse ihrer bisherigen Geschäftstätigkeit berücksichtigt.238 Kommt es zu einem ,stock split‘, ,reverse stock split‘ oder einer Ausschüttung von Aktien einer Gattung an die Aktionäre derselben Gattung als Dividende, so sollen die ,liquidation units‘ des ,Media Stock‘ in einer Weise angepaßt werden, die dem ,board‘ geeignet erscheint, die Entwicklung gerecht wiederzuspiegeln (Art. 5 Sec. 2.3. S. 2 USW.C.). Dabei geht es, was im ,certificate‘ nicht ausdrücklich vermerkt ist, darum, das Verhältnis zwischen den aggregierten ,liquidation units‘ der beiden Gattungen auch bei geänderten Aktienzahlen konstant zu halten.239 Fraglich bleibt, ob in den genannten Fällen wie bei GM240 eine rechtliche Pflicht des ,board‘ besteht, die betreffende Anpassung vorzunehmen. Zwar legt das Ziel der Regelung eine solche Pflicht nahe, einem derartigen Ergebnis steht jedoch der Wortlaut des ,certificate‘ entgegen, der ausdrücklich auf eine Ermessensentscheidung des ,board‘ verweist. Der Einfluß des ,board‘ auf die Rechte der Aktionäre ist insofern bei US West größer als bei 237 238 239 240

Art. 4 (e)(1) GM.C. US West, Proxy Statement and Prospectus v. 11. 8. 1995, S. 58. US West, Proxy Statement and Prospectus v. 11. 8. 1995, S. 59. Dazu Erstes Kapitel: B.II.1.c)aa).

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GM, auch wenn dies lediglich einen praktisch unbedeutenden Teil der Rechtsstellung der Aktionäre betrifft. cc) Zusammenfassung und Würdigung Sowohl bei GM als auch US West sind die Rechte der Aktionäre bei einer Auflösung und Liquidation der Gesellschaft nicht, wie dies vor dem Hintergrund des tracking stock Konzepts zu erwarten gewesen wäre, an spartenbezogene Größen gekoppelt. Weder der relative Marktwert der Geschäftsbereiche, gemessen an den Kursen der jeweiligen Aktiengattungen, noch der Wert des Nettovermögens der Geschäftsbereiche zum Zeitpunkt der Auflösung werden berücksichtigt.241 Vielmehr wird ein zum Zeitpunkt der Reorganisation des Unternehmens festgelegtes Verhältnis, zu dem die Gattungen an dem verbleibenden Vermögen partizipieren sollen, mittels bestimmter Anpassungen über die Zeit konstant gehalten.242 Zu einer Verschiebung der Anteile der Gattungen am Abwicklungsüberschuß kommt es nur dann, wenn neue Aktien gegen Einlagen ausgegeben werden. Der Grund für die Nichtberücksichtigung der wirtschaftlichen Entwicklung der beiden Sparten zwischen Emission der Aktien und Auflösung der Gesellschaft mag in der Annahme liegen, daß die Rechte auf Anteile am Abwicklungsüberschuß beim Handel an den Aktienbörsen keine Auswirkungen auf die Kursfindung haben werden und auch sonst die zukünftige Auflösung und Liquidation der betreffenden Gesellschaften eine doch sehr unwahrscheinliche Situation darstellt.243 Führt man sich das Ziel vor Augen, eine separate Bewertung von Geschäftsbereichen auf den Kapitalmärkten zu ermöglichen, so ist es aus praktischer Sicht in der Tat überflüssig, das Recht auf einen Anteil am Abwicklungsüberschuß spartenbezogen auszugestalten. Aus konzeptioneller Sicht stellt dieser Verzicht jedoch einen klaren Bruch dar. Nimmt man den Anspruch ernst, das Unternehmen so weit wie möglich rechnerisch in zwei getrennte Einheiten aufspalten zu wollen, so hätte auf eine entsprechende Ausgestaltung des Rechts auf einen Anteil am Abwicklungsüberschuß nicht verzichtet werden dürfen. Bei anderen tracking stock Emissionen wurden denn auch andere Gestaltungen gewählt. Hier richtet sich der Anteil einer jeden Gattung nach dem Verhältnis der Marktkapitalisierungen der beiden Gattungen zum Zeitpunkt der Auflösung der Gesellschaft oder nach einen durchschnittlichen Kurs während einer bestimmten Zeit vor der Auflösungsentscheidung.244 So wirkt sich die jeweilige wirtschaftliche 241 So ausdrücklich auch der Hinweis in US West, Proxy Statement and Prospectus v. 11. 8.1995, S. 58. 242 So auch Conway, Taxes 6 / 1991, 383 (385); Handler / Brown / Callan, Tracking Stock, S. 257; New York State Bar Association, Tax L. Rev. 43 (1987), S. 51 (55). 243 Vgl. US West: „The Company considers that its complete liquidation is a remote contingency, and its financial advisors believe that, in general, these liquidation provisions are immaterial to trading in Communications Stock and Media Stock.“ (US West, Proxy Statement and Prospectus v. 11. 8. 1995, S. 58).

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

Lage der Geschäftsbereiche auf die Liquidationsrechte aus. Auf diese Weise wird eine konsequentere Gestaltung erreicht, die sich besser in das Gesamtkonzept einfügt. Fraglich ist aber wohl, ob in einer solch einschneidenden und außergewöhnlichen Situation wie der Auflösung der Gesellschaft ein etwaiger Aktienkurs noch ein zuverlässiger Maßstab für die Bewertung der Geschäftsbereiche sein kann. Insoweit wäre eine Orientierung am verbliebenen Nettovermögen der Geschäftsbereiche wohl sinnvoller. Rechtlich bereitet die Anknüpfung an Anpassungsentscheidungen des ,board‘ oder den Aktienkursen der Gattungen keine Probleme. Vor dem Hintergrund, daß § 151 (a) S. 3 Del.Gen.Corp.L. die Kopplung von Aktionärsrechten an außerhalb des ,certificate‘ stehende Ereignisse und auch an Beschlüsse des ,board of directors‘ (§ 151 [a] S. 3 Del.Gen.Corp.L.) gestattet, sind die gewählten Ausgestaltungen rechtlich nicht zu beanstanden.245 Auf die Frage, welche Anforderungen an die Entscheidungen des ,board‘ zu stellen sind, wird im folgenden noch einzugehen sein.246 d) Das Bezugsrecht Das ,preemptive right‘ (Bezugsrecht) gewährt den Altaktionären einer ,corporation‘ einen Anspruch darauf, daß ihnen für den Fall, daß junge Aktien ausgegeben werden, diese entsprechend ihrer bisherigen Beteiligung an der Gesellschaft an erster Stelle zur Zeichnung angeboten werden, so daß sie ihren Anteil am ,surplus‘ der Gesellschaft sowie an der Gesamtzahl der Stimmen in der Hauptversammlung beibehalten können.247 War ein solches Recht im ,Common Law‘ noch ohne ausdrückliche Anordnung im ,certificate of incorporation‘ anerkannt,248 so steht heute den Aktionären ein Bezugsrecht nach den ,corporation statutes‘ der meisten Staaten nicht mehr ohne weiteres zu. Die größere Zahl der ,statutes‘ überlassen es ausdrücklich dem ,certificate of incorporation‘ zu entscheiden, ob den Aktionären ein ,preemptive right‘ eingeräumt werden soll oder nicht. In anderen Staaten besteht grundsätzlich ein Bezugsrecht, es wird dem ,certificate‘ jedoch freigestellt, anderweitige Regelungen zu treffen.249 In Delaware berechtigen die Aktien einer ,corpo244 Vgl. Brown / Handler, Tracking Stock, S. 595 (600); Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2097); Jaeger, Targeted Stock, S. 10; Natusch, Tracking Stock, S. 82 f. So z. B. USX und TCI (vgl. Finkelstein / Todd, Tracking Stock, S. 623 [681]). 245 Vgl. zur Frage der Anknüpfung an außerhalb des ,certificate‘ stehende Tatsachen Erstes Kapitel: B.II.1.e)cc). 246 Vgl. Erstes Kapitel: B.II.2. 247 Cox / Hazen / O’Neal, Corporations, § 16.22; Macey, Corporation, Rn. 2145. 248 Vgl. Kingston v. Home Life Insurance Co., 11 Del.Ch. 258 (Del. 1917). 249 Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 414; Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 296 f.; Cox / Hazen / O’Neal, Corporations, § 16.22; ausführlich zu den verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten des ,preemptive right‘ und den Problemen, die bei komplexeren Eigenkapitalstrukturen entstehen, Macey, Corporation, Rn. 2147 ff. sowie Cox / Hazen / O’Neal, Corporations, § 16.22.

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ration‘ nur dann zu einem Bezugsrecht, wenn dies im ,certificate of incorporation‘ ausdrücklich vorgesehen ist. Anderenfalls haben die Aktionäre keinen Anspruch auf eine Beibehaltung ihres früheren Anteils an der Gesellschaft (§ 102 [b][3] S. 1 Del.Gen.Corp.L.). Die Gewährung eines ,preemptive right‘ ist bei großen Publikumsgesellschaften im Gegensatz zur ,close corporation‘ heute unüblich.250 Die Vorzüge einer flexiblen Eigenkapitalbeschaffung, wie sie durch das Prinzip der ,authorized shares‘251 ermöglicht wird, würden zunichte gemacht, wenn bei der Ausgabe zusätzlicher Aktien das Bezugsrecht der Aktionäre berücksichtigt werden müßte.252 Weder GM oder US West noch die anderen US-amerikanischen Gesellschaften mit tracking stock Struktur gewähren ihren Aktionären ein wie auch immer geartetes ,preemptive right‘.253 Damit können Aktien, deren Ausgabe in den ,certificates‘ bereits genehmigt wurden, vom ,board of directors‘ zu gegebener Zeit ausgegeben werden, ohne daß es den bisherigen Aktionären ermöglicht werden müßte, ihre Beteiligungsquote durch Zeichnung der jungen Aktien konstant zu halten. Vor dem Hintergrund, daß größere ,public corporations‘ nur in Ausnahmefällen Bezugsrechte gewähren, erscheint die Regelung bei beiden Gesellschaften nicht außergewöhnlich. Hinsichtlich der sehr schwierigen Frage, wie ein Bezugsrecht im Falle einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur ausgestaltet werden müßte, hilft eine Untersuchung der US-amerikanischen Gesellschaften somit nicht weiter. Insoweit sei auf die Ausführungen an späterer Stelle verwiesen.254 250 Cox / Hazen / O’Neal, Corporations, § 16.22: „Preemptive rights do not make sense in a public-issue corporation.“; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 416. 251 Nach § 161 Del.Gen.Corp.L. kann das ,board‘ Aktien, deren Ausgabe im ,certificate of incorporation‘ genehmigt worden war, die aber noch nicht ausgegeben worden sind, zu jeder Zeit nach seinem Ermessen ausgeben. Der Zufluß neuen Eigenkapitals kann damit sehr flexibel gestaltet und sehr gut den Marktgegebenheiten angepaßt werden. 252 Besteht zwar im konkreten Fall kein Bezugsrecht, so sind die Aktionäre jedoch nicht völlig schutzlos einer beliebigen Verwässerung ihrer Rechte ausgesetzt. Zum einen unterliegen die ,directors‘ bei ihrer Entscheidung, zusätzliche Aktien auszugeben, den ,fiduciary duties‘. Danach darf ein Kapitalerhöhung nur im Interesse der Gesellschaft, nicht jedoch aufgrund persönlicher Interessen der ,directors‘ erfolgen (Condec Corp. v. Lunkenheimer Co., 43 Del.Ch. 353 [Del. 1967]; Bodell v. General Gas & Electric Corp., 15 Del.Ch. 420 [Del. 1927]). Zum anderen muß in dem Fall, in dem ein Mehrheitsgesellschafter die Erhöhung der Zahl der ,authorized shares‘ beschließt, zum Schutz der Minderheit ein anerkennenswertes Geschäftsinteresse vorliegen. Eine Kapitalerhöhung zum Zwecke des Ausbaues der eigenen Machtstellung ist nicht zulässig (Schwartz v. Marien, 335 N.E.2d 334 [N.Y. 1975]). Vgl. zur Kritik an der US-amerikanischen Praxis, Hirte, AG 1991, 166 ff. 253 Vgl. auch US West, Proxy Statement and Prospectus v. 11. 8. 1995, S. 59; Natusch, Tracking Stock, S. 81; Thiel, Spartenaktien, S. 55. 254 Hat eine Gesellschaft Aktien ausgegeben, die unterschiedliche Rechte verbriefen, so kann ein auch noch so sorgfältig konstruiertes Bezugsrecht nicht immer verhindern, daß es zu Veränderungen in den relativen Rechtsstellungen der Aktionäre kommt (vgl. dazu Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 440 sowie den Hinweis bei Natusch, Tracking Stock, S. 81 f.). Auf die Problematik des Bezugsrechts wird weiter unten noch ausführlich einzugehen sein vgl. Drittes Kapitel: A.I.3.

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

Bei der Ausgabe junger Aktien zeigen sich Unterschiede zwischen GM und US West bezüglich der Frage, welchem Geschäftsbereich die zugeflossenen Mittel zugeschrieben werden dürfen. Während nach der Rechnungslegungspolitik von US West die Mittel grundsätzlich allein dem Geschäftsbereich gutgeschrieben werden sollen, dessen Aktienzahl sich durch die Aktienausgabe erhöht hat (eventuell ist jedoch ein bestehender ,inter-group interest‘ zu berücksichtigen),255 behält sich das ,board‘ bei GM vor, solche Mittel nach eigenem Ermessen sowohl in die Sparte Hughes oder die sonstigen Geschäftsbereich von GM zu investieren256. Eine Rechtsgrundlage in Form von Regelungen in den ,certificates of incorporation‘, die die Unternehmen zu den betreffenden Vorgehen verpflichten würde, existiert freilich nicht. Den ,boards‘ steht es insofern frei, ihre Politik jederzeit zu ändern.257 e) Das Stimmrecht Trotz der Bemühungen der SEC in den letzten Jahren, ihre Vorstellung durchzusetzen, daß jede Aktie genau ein Stimmrecht verbriefen sollte258, finden sich heute in den USA weiterhin große Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich des Stimmrechts. Zwar gilt hier ebenso wie in Deutschland (§ 12 AktG) der Grundsatz, daß jede Aktie, die sich im Publikumsbesitz befindet, zur Abgabe einer Stimme in der Hauptversammlung berechtigt. Dies gilt jedoch nur so lange, als nicht das ,certificate of incorporation‘ entgegenstehende Regelungen enthält.259 Der Umfang, in dem vom Grundsatz ,one share – one vote‘ abgewichen werden kann, unterscheidet sich von Staat zu Staat.260 In Delaware sind die vom Gesetz eingeräumten Gestal-

255 US West, Proxy Statement and Prospectus v. 11. 8. 1995, S. 45, 59 f.; vgl. zum ,intergroup interest‘ Erstes Kapitel: B.II.1.b)bb). 256 General Motors, Proxy Statement and Prospectus v. 21. 9. 1984, S. 25. 257 US West, Proxy Statement and Prospectus v. 11. 8. 1995, S. 45. 258 Die SEC steht insbesondere den in den USA als Maßnahme gegen feindliche Übernahmen verwendeten sog. ,multiple voting shares‘ sehr kritisch gegenüber und versucht seit längerer Zeit, die Regel ,one vote – one share‘ durchzusetzen. Ihr Versuch über die Rule 19c-4, gestützt auf den Securities Exchange Act 1934, ihr Ziel zu erreichen, wurde jedoch von der Rechtsprechung vereitelt. Der SEC stehe hinsichtlich der Aktionärsrechte keine Regelungskompetenz zu, diese obliege allein den Staaten. Als Ausweg forderte die SEC die Aktienbörsen des Landes auf, in ihren ,stock exchange requirements‘ die Regel ,one vote – one share‘ zu verankern. Dies ist jedoch von den Betreffenden nur in abgemilderter Form (Exchanges‘ Uniform Voting Rights Policy) umgesetzt worden (vgl. American Stock Exchange, Listing Standards, Policies and Requirements, Sec. 122). Vgl. dazu und insbesondere zur Kritik an der SEC Bainbridge, Fed.Reg.L.J. 22 (1994), 175 ff.; Gordon, Cal.L.Rev. 76 (1988), 1 ff.; Simmons, Colum.L.Rev. 87 (1987), 105 ff. 259 Cox / Hazen / O’Neal, Corporations, § 13.18; Fletcher Cyc. Corp. §§ 2025, 2028; Folk, Delaware General Corporation Law, § 151.4.; Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 493 f.; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 554; für Delaware siehe § 212 (a) S. 1 Del.Gen.Corp.L. 260 Übersicht zu den verschiedenen Regelungen bei Fletcher Cyc. Corp. § 2026 Fn. 23.

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tungsmöglichkeiten recht groß. Nach § 212 (a) S. 1 i.V.m. § 151 (a) Del.Gen.Corp.L. kann das ,certificate of incorporation‘ verschiedene ,classes‘ oder ,series of shares‘ mit unterschiedlich ausgestaltetem Stimmrecht vorsehen,261 verschiedene Stimmrechte innerhalb dieser Gruppen sind jedoch unzulässig262. Die rechtlichen Anforderungen, die die Rechtsprechung an die gewählten Stimmrechtsgestaltungen stellt, sind eher gering. Bisher haben die Gerichte in Delaware die Gestaltungen allein darauf hin überprüft, ob sie einer ausdrücklichen Regelung des Del.Gen.Corp.L. widersprechen. Besteht kein ausdrückliches Verbot einer betreffenden Stimmrechtsgestaltung und sind alle notwendigen Regelungen im ,certificate of incorporation‘ enthalten, so ist zu erwarten, daß die Gerichte die betreffende Regelung nicht beanstanden werden.263 Die herkömmlichen Varianten von Stimmrechtsgestaltungen umfassen stimmrechtslose ,preferred shares‘ (stimmrechtslose Vorzugsaktien), ,nonvoting common stock‘ (nicht stimmberechtigte Stammaktien), ,multiple voting shares‘ (einzelne Aktien, die ein vielfaches Stimmrecht gewähren) oder auch solche, bei denen das jeweilige Stimmrecht von der Zahl der durch den Anteilseigner gehaltenen Aktien abhängt.264 Die Beschlüsse der Aktionäre werden in der Regel265 in den ,shareholders‘ meetings‘ (,annual meeting‘266 oder ,special meeting‘) gefällt.267 In diesen Versammlungen werden die ,directors‘ gewählt sowie über Änderungen der ,by-laws‘ und des 261 „Every corporation may issue one or more classes of stock or one or more series of stock ( . . . ) which classes or series may have such voting powers, full or limited, or no voting powers, ( . . . ) as shall be stated and expressed in the certificate of incorporation or of any amendment thereto ( . . . ).“ (§ 153 [a] S. 1 Del.Gen.Corp.L.) „Unless otherwise provided in the certificate of incorporation ( . . . ), each stockholder shall be entitled to one vote for each share of capital stock held by such stockholder.“ (§ 212 [a] S. 1 Del.Gen.Corp.L.). Ähnliche Regelungen existieren in vielen Staaten, siehe Übersicht bei Fletcher Cyc. Corp. § 2028 Fn. 10. 262 Provedence & Worcester Co. v. Baker, 378 A.2d 121, 123 (Del. 1977). 263 „( . . . ) (U)nder § 212 (a), voting rights of stockholders may be varied from the ,one share-one vote‘ by the certificate of incorporation, subject only ,to the provisions of § 213‘ of the Corporation Law.“ (Providence & Worcester Co. v. Baker, 378 A.2d 121, 123 [Del. 1977]; § 213 Del.Gen.Corp.L. regelt die Festlegung des Datums, an dem die Stimmberechtigung nachgewiesen werden muß, um an der folgenden Abstimmung teilnehmen zu können); ebenso Sagusa, Inc. v. Magellan Petroleum Corp., C.A. No. 12977 (Del. 1993); Williams v. Geier, Fed.Sec.L.Rep. 93.283 (Del. 1987); vgl. zu Fällen in denen Gestaltungen für unzulässig erklärt wurden, Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 554. 264 Vgl. dazu Folk, Delaware General Corporation Law, § 212.2; Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 498 ff.; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 554. 265 In einigen Staaten kann ein Gesellschafterbeschluß auch ohne ,shareholders‘ meeting‘ herbeigeführt werden, so z. B. in Delaware siehe § 228 Del.Gen.Corp.L. 266 In Delaware zwingend vorgeschrieben, siehe § 211 Del.Gen.Corp.L. 267 Auf die formalen Aspekte (Einberufung, Fristen, Tagesordnung, ,list of stockholders‘ und Protokoll) dieser Gesellschafterversammlung soll hier nicht weiter eingegangen werden, vgl. dazu allgemein Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 549; zur Rechtslage in Delaware Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, Chapter 7.

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

,certificate of incorporation‘ oder über andere grundsätzliche Strukturveränderungen268 entschieden. Die Wahl der ,directors‘ kann mittels eines besonderen Wahlverfahrens, dem ,cumulative voting‘ vorgenommen werden (§ 214 Del.Gen.Corp.L.).269 Dabei stehen jedem Aktionär pro Aktie so viele Stimmen zu, wie zu besetzende Posten existieren. Die ihm zur Verfügung stehende Stimmen kann der Aktionär auf die Kandidaten verteilen oder auch auf eine einzelne Person konzentrieren. Für einen bestimmten Posten gewählt, ist der Kandidat, der die meisten Stimmen erhalten hat. Mittels des ,cumulative voting‘ soll es insbesondere Minderheiten in der Gesellschaft ermöglicht werden, durch die Kumulierung ihrer Stimmen auf eine Person eine gewisse Mindestrepresentation im ,board‘ zu gewährleisten.270 Die für die jeweilige Entscheidung notwendigen Mehrheitsanforderungen ergeben sich primär aus dem ,certificate‘ (§ 216 [2] Del.Gen.Corp.L.); nur für die grundlegenden Entscheidungen enthält das Gesetz bestimmte Minimalanforderungen. So reicht die einfache Mehrheit aller in der Hauptversammlung anwesenden Stimmen bei Änderungen des ,certificate of incorporation‘, der Abstimmung über einen ,merger‘, der Entscheidung über den Verkauf nahezu aller Aktiva der Gesellschaft oder der Auflösung derselben nicht aus. Hier ist als Mindestanforderung zwingend eine Mehrheit aller stimmberechtigten Aktien vorgeschrieben.271 Alle stimmberechtigten Aktien einer Gesellschaft stimmen grundsätzlich zusammen in einer Abstimmung ab, es sei denn, das ,certificate‘ oder das Gesetz sehen Sonderabstimmung einzelner ,classes‘ oder ,series of shares‘ vor.272 Gesetzlich vorgeschriebene Sonderabstimmungen finden sich in § 242 (b)(2) Del.Gen.Corp.L. Danach muß eine ,class‘ oder ,series‘ in einer gesonderten Abstimmung einer Änderung des ,certificate‘ mit der Mehrheit der anwesenden Stimmen zustimmen, wenn entweder die Zahl der ,authorized shares‘ dieser ,class‘ oder ,series‘ verändert wird,273 durch die Änderung Rechte der betreffenden ,class‘ oder ,series‘ beeinträchtigt werden oder der Nennwert dieser Aktien verändert wird.

268 Solche Strukturentscheidungen können ,mergers‘ (Fusionen, § 251 [c] Del.Gen. Corp.L.), ein Verkauf nahezu aller Vermögensgegenstände der Gesellschaft (§ 271 [a] Del.Gen.Corp.L.) oder auch die Auflösung der Gesellschaft (§ 275 [b] Del.Gen.Corp.L.) sein. 269 In Delaware ist das ,cumulative voting‘ anders als in anderen Staaten nicht zwingend vorgeschrieben (vgl. § 214 Del.Gen.Corp.L.). Zur Lage in anderen Staaten vgl. Merkt, USamerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 492. 270 Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 495 f.; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 491. 271 Vgl. §§ 242 (b)(2), 251 (c), 271 (a), 275 (b) Del.Gen.Corp.L. 272 Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, § 5.6; Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 498. 273 Das Erfordernis einer Sonderabstimmung kann jedoch durch eine entsprechende Bestimmung im ,certificate‘ beseitigt werden, vgl. § 242 (b)(2) S. 3 Del.Gen.Corp.L.

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aa) Stimmrechtsgestaltung bei General Motors Bei GM sind die Stimmrechte, die durch die Aktien der beiden Gattungen verbrieft werden, unterschiedlich ausgestaltet. Jeder ,share of Common Stock‘ berechtigt dazu, eine Stimme abzugeben (Art. 4 [b] S. 2 1. Hs. GM.C.). Ein ,share of Class H Common Stock‘ dagegen verbrieft jeweils nur eine halbe Stimme (Art. 4 [b] S. 2 2. Hs. GM.C.) und ist weiterhin bezüglich des Stimmrechts den Anpassungen nach Art. 4 (e) GM.C. unterworfen.274 Verändert sich die Zahl der ,outstanding shares‘ des ,Class H Common Stock‘ oder des ,Common Stock‘, ohne daß damit eine reale Veränderung in der Eigenkapitalstruktur des Unternehmens verbunden ist (z. B. bei einem ,stock split‘, ,reverse stock split‘275 oder wenn Aktien einer Gattung an die Aktionäre derselben Gattung als Dividende ausgegeben werden [,stock dividend‘]), so sind die Stimmen oder Bruchteile von Stimmen, die die Aktie des ,Class H Common Stock‘ verbriefen, so anzupassen, daß sich, obwohl sich die Anzahl der Aktien einer Gattung vergrößert oder verkleinert hat, keine Veränderung im Verhältnis der Gesamtzahl der Stimmen der einen und der anderen Gattung ergibt (Art. 4 [e][1] S. 1 GM.C.).276 Auf diese Weise kann verhindert werden, daß sich das Kräfteverhältnis zwischen den Aktiengattungen bei solchen Transaktionen verändert, die im Grunde keinerlei Auswirkung auf die wirkliche Kapitalstruktur des Unternehmens haben. Werden Aktien einer Gattung des ,common stock‘ an die Aktionäre der anderen Gattung als Dividende ausgeschüttet, so ist die betreffende Anpassung jedoch nicht vorzunehmen (Art. 4 [e][1] S. 2 GM.C.). Warum hier eine Ausnahme zugelassen wird, ist nicht erkennbar. Aus dem Ausgabeprospekt läßt sich in dieser Hinsicht nichts entnehmen. Bei der Anpassung der ,liquidation units‘ in Art. 4 (e)(2) GM.C. wird diese Ausnahme jedenfalls nicht gemacht. Wie schon im Falle des Rechts auf einen Anteil am Abwicklungsüberschuß ist das ,board of directors‘ für die Anpassung der Stimmrechtsgewichte zuständig (Art. 4 [e][3] S. 1 GM.C.). Seine Entscheidungen binden die Aktionäre (Art. 4 [e][3] S. 2 GM.C.) und sind vom ,Secretary of the Corporation‘ in gesonderten Aufzeichnungen zu vermerken (Art. 4 [e][3] S. 2). Aufgrund der Zielsetzung der Regelung, eine Verwässerung der Stimmrechtsquoten der Gattungen zu verhindern, ist davon auszugehen, daß das ,board‘ einer rechtlichen Pflicht unterliegt, bei gegebenen Bedingungen eine Anpassung vorzunehmen.277

274 Ob mittels einer Anpassung nach Art. 4 (e) GM.C. auch die in den ,shares of Common Stock‘ verbriefte Stimmenzahl verändert werden kann, ist nicht völlig klar. Dies spielt auch insoweit keine Rolle, als es lediglich auf das Verhältnis der in den Aktien des ,Common Stock‘ und ,Class H Common Stock‘ verbrieften Stimmenzahl ankommt. 275 Vgl. zu diesen Begriffen oben Fn. 158. 276 Zu bemerken ist, daß es dann zu keiner Anpassung kommt, wenn entweder ,authorized shares‘ durch das ,board‘ ausgegeben werden oder wenn sich im Rahmen einer sonstigen Kapitalerhöhung die Zahl der Aktien erhöht. 277 Siehe dazu schon oben Erstes Kapitel: B.II.1.c)aa).

7 Nolte

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

Grundsätzlich stimmen die Aktionäre des ,Common Stock‘ und des ,Class H Common Stock‘ zusammen als eine Gattung ab (Art. 4 [b] S. 1 1. Hs. GM.C.). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wird jedoch dann gemacht, wenn über eine Änderung der Regelungen des ,certificate of incorporation‘ abgestimmt werden soll, die die Rechte einer der beiden Gattungen negativ beeinflussen würde. In einem solchen Fall muß die betroffene Gattung zusätzlich in einer gesonderten Abstimmung mit der Mehrheit aller stimmberechtigten Aktien dieser Gattung die Änderung billigen (Art. 4 [b][i] und [ii] GM.C.). Die Regelung des ,certificate‘ ist insoweit strenger als die gesetzlich vorgesehene. In § 242 (b)(2) Del.Gen.Corp.L. wird lediglich eine Mehrheit der in der Versammlung anwesenden Stimmen verlangt. Soll durch eine Änderung des ,certificate‘ die Zahl der zur Ausgabe genehmigten Aktien des ,Class H Common Stock‘ erhöht werden, so stimmen beide Gattungen zusammen ab und müssen die Änderung mit einer Mehrheit der sich in Publikumsbesitz befindenden Aktien annehmen. Darüber hinaus müssen die Aktionäre des ,Class H Common Stock‘ in einer gesonderten Abstimmung noch einmal die Änderung mit einer Mehrheit der sich im Publikumsbesitz befindenden Aktien dieser Gattung annehmen (Art. 4 [b][iii] GM.C.). Aus Art. 4 (b) S. 1 1. Hs. GM.C. i.V.m. § 242 (b)(2) Del.Gen.Corp.L. folgt, daß eine solche Sonderabstimmung der Aktionäre des ,Common Stock‘ bei einer Erhöhung der Zahl der zur Ausgabe genehmigten Aktien dieser Gattung nicht notwendig ist. Ziel der unterschiedlichen Regelung hinsichtlich beider Gattungen ist wohl, die zahlenmäßig278 und vom Stimmrecht her schwächer ausgestaltete Gattung (,Class H Common Stock‘) vor der Verwässerung ihrer Rechte besonders zu schützen. Dies ist insbesondere deshalb wichtig, da im Falle der Ausgabe neuer Aktien den Altaktionären kein gesondertes Bezugsrecht zusteht, mit dessen Hilfe sie ihre Beteiligungsquote konstant halten könnten.279 Eine Kapitalerhöhung gegen den Willen der Aktionäre des ,Common Stock‘ wäre aufgrund der bestehenden Machtverhältnisse ohnehin nicht möglich, auf einen gesonderten Schutz dieser Gattung konnte deshalb verzichtet werden. Insgesamt zeigt sich deutlich das Bemühen, durch die Anpassung der Stimmrechte das Machtgleichgewicht zwischen den Gattungen konstant zu halten. Keiner Gattung soll durch eine Veränderung der Zahl der Aktien ohne entsprechende Änderung der Kapitalstruktur ein größeres Stimmgewicht erwachsen.

bb) Stimmrechtsgestaltung bei US West Im Vergleich zu GM findet sich bei US West eine weitaus innovativere Ausgestaltung des Stimmrechts der beiden tracking stock Gattungen. Jede Aktie des ,Communications Stock‘ berechtigt zur Abgabe einer Stimme in den ,shareholders‘ meetings‘ (Art. 5 Sec. 2.2. [i] USW.C.). Die Aktien des ,Media Stock‘ dagegen 278 279

Vgl. zur Anzahl der Aktien beider Gattungen oben Fn. 103. Vgl. oben Erstes Kapitel: B.II.1.d).

B. Rechtliche Dimension des Konzepts in den USA

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sind nicht mit einem fixen Stimmrecht ausgestattet, sondern verbriefen Bruchteile von Stimmen280, die sich aus dem Verhältnis zwischen dem durchschnittlichen Kurs der Aktien des ,Media Stock‘ und dem der Aktien des ,Communications Stock‘ ergeben.281 Damit hängt das Stimmrecht des ,Media Stock‘ von den Kursen der beiden Aktiengattungen an den Börsen ab. Haben die Aktien des ,Media Stock‘ einen höheren Kurs erreicht, so ist das ihnen zustehende Stimmrecht pro Aktie höher als das der Aktien des ,Communications Stock‘ und umgekehrt. Durch das variabel gestaltete Stimmrecht der Aktien soll ein Gleichlauf zwischen dem Marktwert des Investments der betreffenden Aktionäre und ihrem Einfluß in der Gesellschaft erreicht werden.282 Grundsätzlich stimmen, solange es nicht das Gesetz oder die übrigen Bestimmungen des ,certificate‘ anders anordnen, die Aktionäre des ,Communications Stock‘ und ,Media Stock‘ zusammen als eine Gattung ab (Art. 5 Sec. 2.2. S. 1 USW.C.). Ist eine Sonderabstimmung vorgeschrieben, so berechtigt jede Aktie zu einer Stimme (Art. 5 Sec. 2.2. a.E. USW.C.). Befinden sich nur Aktien einer Gattung in Publikumsbesitz, so verbrieft jede Aktie dieser Gattung eine ganze Stimme (Art. 5 Sec. 2.2. a.E. USW.C.).283 Soll das ,certificate of incorporation‘ geändert werden, so muß dieser Änderung nach Art. 11 S. 2 USW.C. sowohl die Mehrheit der ,directors‘ als auch die Mehrheit aller sich in Publikumsbesitz befindenden Aktien zustimmen.284 Ausgenommen von dieser Regelung sind bestimmte Regelungen der Art. 6, 7, 10, 11 USW.C., die das ,board‘ vor feindlichen Übernahmen schützen sollen. Für eine Änderung dieser Bestandteile des ,certificate‘ sind die Stimmen von 80 v.H. aller sich in Publikumsbesitz befindenden Aktien notwendig, es sei denn, die besonderen Voraussetzungen des Art. 9 Sec. 2 USW.C. sind erfüllt.285 Im Gegensatz zu GM ist bei einer Änderung des ,certificate‘, die die Rechte der Aktionäre einer Gattung beeinträchtigen könnte, nicht ausdrücklich eine

280 Vor dem 1. 3. 1996 verbriefte jede Aktie des ,Media Stock‘ noch eine ganze Stimme, vgl. Art. 5 Sec. 2.2. (ii) USW.C. 281 Die Berechnung des Kursdurchschnitts sowie die Ermittlung der Kurse der Aktien sind sehr ausführlich geregelt. So wird beispielsweise der Kurs der Aktien über einen Zeitraum von 20 Handelstagen berechnet (mit unterschiedlichen Gewichtungen in dieser Zeit), was wohl verhindern soll, daß durch hohe Käufe an einem bestimmten, für die Berechnung der Stimmrechte relevanten Tag das Kursverhältnis der beiden Gattungen und damit deren Einfluß bei den Abstimmungen beeinflußt wird. (Vgl. zu den Regelungen im einzelnen Art. 5 Sec. 2.2. [ii] und Sec. 2 6.12. USW.C.). 282 US West, Proxy Statement and Prospectus v. 11. 8. 1995, S. 57. 283 Beide Bestimmungen sind im Grunde überflüssig, da in beiden Fällen Aktien zusammen abstimmen, die ein gleich ausgestattetes Stimmrecht besitzen. An den Mehrheitsverhältnissen ändern die Regelungen deshalb nichts. 284 Diese Regelung bezüglich der Änderung des ,certificate‘ entspricht der gesetzlich vorgesehenen, vgl. § 242 (b)(1) Del.Gen.Corp.L. 285 Der Delaware Supreme Court hat eine derartige ,80 %-super-majority vote‘ Regelung als nach § 102 (a)(4) Del.Gen.Corp.L. zulässig erklärt (Centaur Partners IV v. National Intergroup, Inc., 582 A.2d 923, 927 [Del. 1990]).

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

Sonderabstimmung der betroffenen Gattung vorgesehen. Nach § 242 (b)(2) S. 1 Del.Gen.Corp.L. sind jedoch Sonderabstimmungen mit der Mehrheit der anwesenden Stimmen im Falle der Beeinträchtigung der Rechte einer Gattung sowie einer Veränderung des Nennwerts der Aktien dieser Gattung zwingend vorgeschrieben. Einer ausdrücklichen Anordnung im ,certificate‘ bedurfte es insoweit nicht. Für eine Erhöhung der Zahl der ,authorized shares‘ ist im Gegensatz zu GM jedoch keine Sonderabstimmung notwendig (Art. 5 Sec. 2.2. S. 1 USW.C. i.V.m. § 242 [b][2] S. 2 Del.Gen.Corp.L.).286

cc) Zusammenfassung und Würdigung Beide betrachteten Stimmrechtsgestaltungen stellen auch für US-amerikanische Verhältnisse recht ungewöhnliche und neuartige Varianten dar. Sowohl bei GM als auch bei US West ist das Stimmrecht der Aktien so ausgestaltet, daß sich die durch jeweils eine Aktie verbriefte Stimmenzahl im Zeitablauf verändern kann. Im Falle von GM liegt der Ursprung dieser Veränderungen in den Anpassungsentscheidungen (nach vorangegangener Veränderung der Aktienzahlen) des ,board of directors‘, im Falle von US West in den sich verändernden Aktienkursen der beiden Aktiengattungen. Soweit ersichtlich, sind beide Gestaltungen noch nicht Gegenstand einer Gerichtsentscheidung in Delaware gewesen. Insoweit fehlt es an einer bindenden Grundsatzentscheidung. Außerhalb des ,Common Law‘ können jedoch beide Regelungen auf § 151 (a) S. 2 Del.Gen.Corp.L.287 gestützt werden. Danach kann das Stimmrecht von Aktien einer Gattung an Tatsachen außerhalb des ,certificate of incorporation‘ geknüpft werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Eintritt dieser Tatsachen von der Gesellschaft und damit dem ,board of directors‘ beeinflußt werden kann, oder ob sie unabhängig vom Willen der Gesellschaft eintreten werden. Zulässig ist dabei ausdrücklich auch die Anknüpfung an Entscheidungen des ,board‘ (§ 151 [a] S. 3 Del.Gen.Corp.L.). Im Falle von GM hängen die Stimmrechte der Aktien des ,Class H Common Stock‘ von der Anpassungsentscheidung des ,board‘, also von einer durch die Gesellschaft zu beeinflussenden Tatsache ab. Bei US West hingegen sind die Stimmrechte des ,Media Stock‘ an die Aktienkurse der beiden Gattungen geknüpft, hängen damit von Tatsachen ab, die grundsätzlich außerhalb der Einflußmöglichkeit der Gesellschaft liegen. In beiden Fällen sind die zugrundeliegenden Zusammenhänge, wie in § 151 So ausdrücklich, US West, Proxy Statement and Prospectus v. 11. 8. 1995, S. 58. „Any of the voting powers, ( . . . ) of any such class or series of stock may be made dependent upon facts ascertainable outside the certificate of incorporation or of any amendment thereto, or outside the resolution or resolutions providing for the issue of such stock adopted by the board of directors pursuant to authority expressly vested in it by its certificate of incorporation, provided that the manner in which such facts shall operate upon the voting powers ( . . . ) of such class or series of stock is clearly and expressly set forth in the certificate of incorporation or in the resolution or resolutions providing for the issue of such stock adopted by the board of directors.“ (§ 151 [a] S. 2 Del.Gen.Corp.L.). 286 287

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(a) S. 2 a.E. Del.Gen.Corp.L. gefordert, ausdrücklich und präzise geregelt, so daß sich keine rechtlichen Bedenken bezüglich der Zulässigkeit der Gestaltungen sowohl bei GM als auch US West ergeben sollten. Betrachtet man die mit beiden Stimmrechtsgestaltungen verbundenen Zielvorstellungen, so offenbaren sich die völlig unterschiedlichen Regelungsansätze. Bei GM zeigt sich der deutliche Versuch, die Einflußmöglichkeiten beider Gattungen konstant zu halten.288 Keine Gruppe soll, soweit dies nicht mit echten Veränderungen in der Kapitalstruktur verbunden ist, einen größeren Einfluß gewinnen, als dies ursprünglich der Fall war. Im klaren Gegensatz dazu steht die Regelung bei US West. Sie ist geradezu darauf angelegt, daß sich das Kräfteverhältnis beider Aktiengattungen über die Zeit verändert. Dies auch dann, wenn die Beteiligungsquoten der Aktiengattungen am Kapital der Gesellschaft konstant geblieben sind. Parallel zum Erfolg der Geschäftsbereiche, gemessen an den Kursen der Aktiengattungen, soll sich deren Einflußmöglichkeit verändern. Das Konzept einer Spartenorientierung wird bei US West damit auch auf das Stimmrecht ausgedehnt. Nicht nur die Dividendenhöhe wird an den wirtschaftlichen Erfolg der Geschäftsbereiche geknüpft, sondern auch das Stimmrecht soll sich, vermittelt über den Aktienkurs, an dieser Größe orientieren. Die Anknüpfung an die Aktienkurse bei US West hat den Vorteil, daß zu einem bestimmten Zeitpunkt – unabhängig davon, welche Aktiengattung man erwirbt – auf den Kapitalmärkten pro Stimme der gleiche Preis gezahlt werden muß. Wären die Stimmgewichte nicht an die Aktienkurse gekoppelt, so könnten solche Anleger, die primär an den Stimmrechten interessiert sind, durch den Kauf von Aktien der preiswerteren Gattung mit geringerem finanziellen Aufwand auf die Geschicke der Gesellschaft Einfluß nehmen. Die Regelung dient somit letztlich ebenso wie die ,super majority votes‘ dem Schutz vor feindlichen Übernahmen.289 Vor dem Hintergrund der noch zu behandelnden Interessengegensätze in einem Unternehmen mit tracking stock Struktur erscheint jedoch die Tatsache problematisch, daß eine Gattung, ist ihr Geschäftsbereich über längere Zeit erfolgreicher als der andere und schlägt sich dies auch im Börsenkurs nieder, erheblichen Einfluß in der Gesellschaft gewinnen wird. Dies wird im Zweifel dazu führen, daß sich auch das ,board‘ verstärkt an den Bedürfnissen dieser Aktionäre und deren Geschäftsbereich orientieren wird, was wiederum die Gefahr heraufbeschwört, daß die Minderheitsgattung benachteiligt wird.290 Des weiteren stellt sich das Problem, daß Aktionären, 288 Nicht berücksichtigt werden die Fälle, in denen neue Aktien einer Gattung gegen Einlagen ausgegeben oder Aktien durch die Gesellschaft zurückgekauft werden. Da sich hier auch die Beteiligungsquoten der Aktiengattungen verändern, werden Veränderungen in den Kräfteverhältnissen zwischen den beiden Gattungen hingenommen. 289 Vgl. Jaeger, Targeted Stock, S. 9 f., 16; Logue / Seward / Walsh, Financial Management, 1 / 1996, 43 (48); Natusch, Tracking Stock, S. 86 f. 290 Aus ökonomischer Sicht lassen sich gute Argumente dafür finden, daß der beschriebene Mechanismus von Vorteil ist, da auf diese Weise die finanziellen Mittel des Unternehmens zu den profitableren Geschäftsbereichen geleitet werden (vgl. Logue / Seward / Walsh,

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

die einen bestimmten Prozentsatz der Stimmen innehaben möchten, auf eine dauernde Anpassung ihrer Beteiligung oder den Kauf von Aktien beider Gattungen angewiesen sind.291 Die Gestaltung des Stimmrechts bei GM hat auf der anderen Seite den Vorteil, für weit stabilere Mehrheitsverhältnisse zu sorgen und es Aktionären zu erleichtern, einen bestimmten Prozentsatz der Stimmen zu halten. Auch wirken sich Trends und Modererscheinungen auf den Kapitalmärkten nicht auf die Mehrheitsverhältnisse innerhalb der Gesellschaft aus. Weiterhin besteht keine Gefahr eines sich selbst verstärkenden Effekts einer immer mächtiger werdenden Gattung. Als Nachteil kann aber wohl gelten, daß auf den Kapitalmärkten nun Stimmrechte zu unterschiedlichen Preisen erworben werden können. Aufgrund der geringen Anzahl von Aktien des ,Class H Common Stock‘ ist die Gefahr einer dadurch erleichterten feindlichen Übernahme jedoch nicht allzu groß einzuschätzen.

f) Das Recht auf Einsichtsnahme Neben den bereits oben dargestellten Möglichkeiten der Aktionäre sich mittels der Quartals- und Jahresberichte nach dem Securities Exchange Act 1934 über die Angelegenheiten des Unternehmens zu informieren, sehen die ,state laws‘ ein Recht der Aktionäre vor, in die Geschäftsbücher der Gesellschaft Einsicht zu nehmen. Das Recht auf Einsichtnahme kann dabei sowohl auf Grundsätze des ,Common Law‘ als auch auf die ,corporation statutes‘ (§ 220 Del.Gen.Corp.L.) gestützt werden.292 Zwar unterscheiden sich die Anforderungen beider Rechtsgrundlagen in einigen Punkte, in jedem Fall muß der Aktionär der Einsicht nehmen möchte jedoch hierfür einen hinreichenden Grund (,proper purpose‘) anführen.293 Eine Modifikation oder Einschränkung des Einsichtsrechts durch das ,certificate of incorporation‘ ist nicht zulässig.294 Im Rahmen des tracking stock Konzepts ergeben sich hinsichtlich des Einsichtsrechts keine Besonderheiten. Insoweit ist davon auszugehen, daß die Rechtsprechung weiterhin die Regeln anwenden wird, die für Unternehmen mit einer herkömmlichen Kapitalstruktur geschaffen worden sind.295 Financial Management, 1 / 1996, 43 [48]). An der rechtlichen Problematik des Minderheitenschutzes kann dies jedoch nichts ändern [vgl. dazu Überblick unten Erstes Kapitel: B.II.2.b)]. 291 Vgl. US West, Proxy Statement and Prospectus v. 11. 8. 1995, S. 57. 292 Vgl. Überblick zum Einsichtsrecht bei Witt, AG 2000, 257 (260 f.). 293 „A proper purpose shall mean a purpose reasonably related to such person’s interest as a stockholder.“ (§ 220 [b] S. 2 Del.Gen.Corp.L.). Vgl. zu den Anforderungen, die an den Grund für die Einsichtnahme gestellt werden, Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 585, 588 m. w. N. 294 State ex rel. Cochran v. Penn-Beaver Oil Co., 143 A. 257 (Del. 1926); Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 543. 295 Vgl. dazu Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 583 ff. sowie Natusch, Tracking Stock, S. 32 ff.

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g) Reversibilität der tracking stock Struktur Die meisten Unternehmen mit tracking stock Struktur haben in ihren ,certificates of incorporation‘ ausführliche Regelungen zur Auflösung der einmal eingeführten divisionalen Eigenkapitalstruktur aufgenommen. Auf diese Weise können die Unternehmen mittels eines von Beginn an festgelegten Verfahrens zu einer herkömmlichen Ausgestaltung der in den Aktien der verschiedenen Gattungen verbriefen Rechte zurückkehren. Eine derartige Option ist schon aufgrund der geringen Erfahrungen mit der neuartigen Gestaltung und der Tatsache, daß sich das Umfeld der Unternehmen (z. B. die technische oder wirtschaftliche Entwicklung sowie die Situation auf den Kapitalmärkten) oder die von ihnen betriebenen Geschäftsbereiche ändern können (z. B. Auflösung oder Verkauf eines Geschäftsbereichs), notwendig. Für eine Umgestaltung der Eigenkapitalstruktur stehen unterschiedliche Vorgehensweisen zur Verfügung. Zu unterscheiden sind der Rückkauf (,redemption‘) von Aktien, die Wandlung (,conversion‘) sowie der Tausch (,exchange‘) von Aktien einer Gattung in solche einer anderen.296 Grundlage für den Rückkauf von Aktien ist in Delaware § 151 (b) Del.Gen. Corp.L. Danach kann das ,certificate of incorporation‘ eine ,redemption provision‘ vorsehen. Diese bewirkt, daß die Aktien der Gattung, für die der Rückkauf vorgesehen ist, entweder nach dem Willen der Gesellschaft, d. h. nach einem Beschluß des ,board of directors‘, aufgrund einer Entscheidung des betreffenden Aktionärs (sog. ,optional redemption‘) oder aber abhängig vom Eintritt eines bestimmten Ereignisses (sog. ,mandatory redemption‘) von der Gesellschaft zu einem bestimmten Preis zurückgekauft werden müssen oder können (§ 151 [b] S. 1 1. Hs. Del.Gen.Corp.L.).297 Zu unterscheiden ist der Rückkauf von Aktien aufgrund einer ,redemption provision‘ von einem Rückkauf von Aktien nach § 160 (a) S. 1 1. Alt. Del.Gen.Corp.L.298 Einen derartigen freien Rückkauf eigener Aktien kann die Gesellschaft jeder Zeit auf den Kapitalmärkten zu den dann herrschenden Kursen vornehmen. Einer gesonderten Ermächtigung im ,certificate‘ bedarf es dazu nicht. Bei einer ,redemption‘ sind die Bedingungen, zu denen die Aktien übertragen wer296 Diese Instrumente sind ursprünglich für ,preferred shares‘ und ,bonds‘ gedacht gewesen. Hatten die Gesellschaften in schwierigen Zeiten Vorzugsaktien ausgegeben, so wollten sie sich das Recht vorbehalten, dann, wenn sich die Situation verbesserte, die Dividendenvorzüge aufzuheben, um so die Eigenkapitalkosten zu verringern, indem sie ,preferred shares‘ zurückkauften oder in ,common shares‘ umtauschten. ,Convertible bonds‘ sollten einen zusätzlichen Anreiz zum Kauf bieten, indem sie den Anlegern die Möglichkeit eröffneten, ihre Schuldverschreibungen in Aktien der Gesellschaft umzutauschen (vgl. Cox / Hazen / O’Neal, Corporations, §§ 18.13, 18.15; Depenbrock, Vorzugsaktien, S. 102 ff.). Die Möglichkeit, auch einen ,common stock‘ einer Rückkaufsverpflichtung zu unterwerfen, wurde erst durch eine Gesetzesänderung 1990 geschaffen (Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, § 5.9). 297 Vgl. dazu ausführlich Buxbaum, Cal.L.Rev. 42 (1954), 243 (263 ff.). 298 Vgl. Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, § 5.9.

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

den müssen, hingegen bereits im ,certificate‘ festgelegt. Dieses muß den Preis pro Aktie oder eine Berechnungsmethode, wie dieser ermittelt werden kann, sowie den Zeitpunkt, zu dem der Rückkauf stattfinden soll (oder die Bedingungen, die hierfür gegeben sein müssen), enthalten (§ 151 [b] S. 4 Del.Gen.Corp.L.).299 Der Rückkauf kann für alle Aktien einer Gattung vorgesehen werden oder auch nur Teile dieser erfassen.300 Sowohl ,preferred shares‘ als auch ,common shares‘ können einer ,redemption clause‘ unterworfen werden. Ist dies bei letzteren der Fall, so muß sich nach Rückkauf zumindest eine ,class‘ oder ,series of shares‘ mit vollem Stimmrecht in Publikumsbesitz befinden (§ 151 [b] S. 1 2. Hs. Del.Gen.Corp.L.). Als Gegenleistung für die zurückgekauften Aktien kann im ,certificate‘ eine Geldzahlung oder die Übereignung von anderen Vermögensgegenständen wie Wertpapieren (auch solche derselben Gesellschaft) vorgesehen werden (§ 151 [b] S. 4 Del.Gen.Corp.L.). Zum Zeitpunkt des Rückkaufes muß die Gesellschaft über genügend ,surplus’301 verfügen, um die jeweilige Gegenleistung bewirken zu können. Eine ,redemption‘ bei der auf das ,capital’302 der Gesellschaft zurückgegriffen werden müßte, ist nicht zulässig (§ 160 [a][1] S. 1 Del.Gen.Corp.L.). Nach § 151 (e) Del.Gen.Corp.L. kann das ,certificate‘ weiterhin vorsehen, daß die Aktien einer Gattung einem Recht oder einer Pflicht zur Wandlung in eine anders ausgestaltete Gattung unterliegen.303 Dabei kann die Wandlung als Tausch (,exchange‘) ausgestaltet sein, d. h. die alten Aktien werden gegen neue einer anderen Gattung ausgetauscht oder als direkte Umwandlung (,conversion‘), bei der nicht die alten Aktien ihre Gültigkeit verlieren und neue ausgegeben werden, sondern die bisherigen Aktien nun direkt andersartige Rechte verbriefen (§ 151 (e) 1. Hs. Del.Gen.Corp.L.). Im Falle einer ,conversion / exchange provision‘ werden die Aktien einer ,class‘ oder ,series‘ zu einem Zeitpunkt, bestimmt durch die Gesellschaft, den betreffenden Aktionären angeboten oder abhängig von einem bestimmten Ereignis nach einer im ,certificate‘ festgelegten Rate in Aktien einer anderen Gattung der gleichen Gesellschaft umgewandelt. Bevor das im ,certificate‘ angeführte Ereignis zum Umtausch nicht stattgefunden hat, haben die Aktionäre allein die Rechte inne, die für die ursprüngliche Aktiengattung vorgesehen sind. Rechte der Gattung, in die die Aktien umgewandelt werden sollen, können sie nicht geltend machen.304 Sowohl die Art und Höhe der Gegenleistung, die im Falle eines Rückkaufs von Aktien gewährt werden soll, als auch die Rate, nach denen die Aktien der einen in Vgl. Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, § 5.9. Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, § 5.9. Im Falle einer solchen ,partial redemption‘ muß das ,certificate‘ Regelungen über die Auswahl der zurückzukaufenden Aktien enthalten, vgl. Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 292. 301 Zum Begriff s. o. Erstes Kapitel: B.II.1.b). 302 Zum Begriff s. o. Erstes Kapitel: B.II.1.b). 303 Vgl. dazu ausführlich Buxbaum, Cal.L.Rev. 42 (1954), 243 (279 ff.). 304 Harff v. Kerkorian, 324 A.2d 215, 219 (Del. 1974). 299 300

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die der andern Gattung umgewandelt werden sollen, sind im ,certificate‘ festzulegen (§ 151 [b] S. 4 und [e] Del.Gen.Corp.L.).305 Dabei kann darauf verzichtet werden, den Preis oder die Rate in absoluten Zahlen anzugeben. Um die sich verändernden Verhältnisse berücksichtigen zu können, werden die besagten Größen in der Praxis vielmehr an bestimmte Aktienkurse, Indizes oder andere Maßstäbe gekoppelt.306 Des weiteren werden, um das im ,certificate‘ festgelegt Umtauschverhältnis oder den Preis nicht zu verwässern, in den meisten Fällen sog. ,anti-dilution provisions‘ aufgenommen, die die verwendeten Größen an die durch ,stock dividends‘ oder ,stock splits‘ veränderten Aktienzahlen anpassen.307 Im Ergebnis entspricht die Umwandlung (,conversion / exchange‘) von Aktien einer Gattung in solche einer anderen einem Rückkauf (,redemption‘) der Aktien, bei dem als Gegenleistung Aktien derselben Gesellschaft gewährt werden. Der einzige grundsätzliche Unterschied zwischen den beiden Verfahren, daß nämlich im Falle der ,redemption‘ die Kapitalschutzvorschriften bezüglich des ,surplus‘ und des ,capital‘ anzuwenden sind, spielt in diesem besonderen Fall keine Rolle, da es zu keinem realen Mittelabfluß kommt, das ,capital‘ mithin keines Schutzes bedarf.308 aa) General Motors Das ,certificate‘ von GM sieht zwei unterschiedliche Szenarien vor, mittels derer alle sich in Publikumsbesitz befindenden Aktien des ,Class H Common Stock‘ in voll eingezahlte (,fully paid‘) und nicht nachschußpflichtige (,nonassessable‘)309 Aktien des ,Common Stock‘ umgewandelt werden können.310 Zum einen kann das ,board of directors‘ nach dem 31. 12. 1995 einen solchen Tausch (,exchange‘) nach freiem Ermessen anordnen und damit die einmal eingeführte tracking stock Struktur vollständig eliminieren (Art. 4 [c][1] GM.C.). Dies ist jedoch nur dann zulässig, wenn in den fünf der Entscheidung vorausgegangenen Geschäftsjahren die auf den ,Class H Common Stock‘ gezahlten Dividenden 305 In dem Fall, in dem das ,board‘ durch das ,certificate‘ ermächtigt wird, bei Ausgabe die Rechte der Aktien zu bestimmen, können die Bedingungen für eine Umwandlung der Aktien selbstverständlich auch der Entscheidung des ,board‘ überlassen bleiben (§ 151 [b] S. 4 a.E. und [e] a.E., vgl. Folk, Delaware General Corporation Law, § 151.5.7.). 306 Folk, Delaware General Corporation Law, § 151.5.7. 307 Vgl. Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, § 5.11.; Buxbaum, Cal.L.Rev. 42 (1954), 243 (282 ff.); Cox / Hazen / O’Neal, Corporations, § 18.15.; ausführlich Glover, Bus.Law. 1996, 1241 ff. 308 Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, § 5.10. 309 Nach § 152 (1) Del.Gen.Corp.L. liegen ,fully paid and nonassessable shares‘ vor, wenn der gesamte Ausgabepreis der Aktie gegenüber der Gesellschaft beglichen worden ist (nach § 156 Del.Gen.Corp.L. kann die Gesellschaft auch ,partly paid shares‘ ausgeben). 310 Der umgekehrte Fall eines Austausches der Aktien des ,Common Stock‘ in solche des ,Class H Common Stock‘ ist nicht vorgesehen, da dies vor dem Hintergrund der Geschäftsstruktur von GM kaum Sinn machen würde.

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zumindest 25% des ,Available Separate Consolidated Net Income of Hughes‘ ausgemacht haben oder falls diese Ausschüttungsquote geringer war, zumindest dem Anteil entsprochen hat, der im betreffenden Zeitraum vom ,net income‘ des Unternehmens ohne Hughes auf den ,Common Stock‘ ausgeschüttet worden ist (Art. 4 [c][2] GM.C.).311 Durch diese beiden Anforderungen wird ein besonderer Schutz der kleineren Aktiengattung realisiert. Es ist dem Unternehmen nicht möglich, die Gewinne des Geschäftsbereichs Hughes zu thesaurieren, gleichzeitig hohe Dividenden auf den ,Common Stock‘ auszuschütten und danach die Aktien des ,Class H Common Stock‘ kurzerhand in solche des ,Common Stock‘ zu tauschen, was eine klare Benachteiligung der Aktionäre der kleineren Gattung bedeuten würde. Vielmehr sorgt die dargestellte Regelung dafür, daß die Aktionäre beider Gattungen in dem Zeitraum vor einem Austausch hinsichtlich der Ausschüttungsquoten gleich behandelt wurden. Die zweite Variante ist für den Fall gedacht, daß der Geschäftsbereich Hughes aus dem Konzern herausgelöst wird und damit auch die Eigenkapitalstruktur angepaßt werden muß. Wird im wesentlichen das gesamte Geschäft der Hughes Electronics Corp. und ihrer Tochtergesellschaften sowie Rechtsnachfolger an einen anderen Rechtsträger, an dem die General Motors Corp. keine Mehrheitsbeteiligung hält, veräußert oder sonst übertragen oder die betreffenden Gesellschaften aufgelöst und liquidiert312, so werden alle sich in Publikumsbesitz befindenden Aktien des ,Class H Common Stock‘ automatisch, ohne daß es noch weiterer Entscheidungen bedürfte, in Aktien des ,Common Stock‘ umgewandelt (Art. 4 [c][3] GM.C.). Das Verhältnis (,exchange rate‘), zu dem in den beiden Varianten die Aktien des ,Class H Common Stock‘ in Aktien des ,Common Stock‘ umgetauscht werden, ergibt sich zum einen aus dem mit 1,2 multiplizierten durchschnittlichen Kurs des ,Class H Common Stock‘ und zum anderen aus dem durchschnittlichen Kurs des ,Common Stock‘ (Art. 4 [c][4] GM.C.). Damit erhalten die Aktionäre, deren Aktien umgewandelt werden, einen Aufschlag von 20% auf den Kurswert ihrer ursprünglich gehaltenen Aktien (sog. ,Recap provision‘). Die Berechnung der Durchschnittskurse ist detailliert in Art. 4 (c)(5) GM.C. geregelt. Bruchteile von Aktien des ,Common Stock‘, die sich bei der Umrechnung anhand der ,exchange rate‘ ergeben, werden in Geld abgefunden (Art. 4 [c][6] GM.C.). In Art. 4 (c)(7) – (11) GM.C. sind ausführliche Regelungen zur Durchführung des Aktientausches enthalten, auf die hier nicht genauer eingegangen werden soll. Nach Art. 4 (c)(12) GM.C. ist die Gesellschaft verpflichtet, zum Zeitpunkt, in dem der Tausch vorgenommen wird, eine ausreichende Menge an Aktien des ,Common Stock‘ als Gegenleistung für die unwirksam werdenden Aktien des ,Class H Common Stock‘ 311 Für die Jahre, in denen Electronic Data Systems noch einen Geschäftsbereich von GM darstellte, mußte deren ,net income‘ ebenfalls von dem des Gesamtunternehmens abgezogen werden (vgl. Art. 4 [c][2][ii] und Art. 4 [a][4] GM.C.). 312 Diese Auflösung und Liquidation entspricht nicht dem oben diskutierten Fall, in dem die General Motors Corp. aufgelöst und liquidiert wird [vgl. dazu Erstes Kapitel: B.II.1.c)aa)].

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bereitzuhalten. Dazu kann sie auch Aktien des ,Common Stock‘ auf den Kapitalmärkten zurückkaufen. Ein Bedürfnis zur Anwendung der dargestellten Regelungen bestand bis heute nicht, die tracking stock Struktur besteht fort. Auch die Hughes Transaction‘ auf die bereits oben eingegangen wurde, führte nicht zur Anwendung der ,Recap provision‘.313 Gleiches gilt für die Transaktion im Jahr 2000, bei der eine größere Anzahl an Aktien des ,Common Stock‘ in solche des ,Class H Common Stock‘ (90 Millionen Stück) im Verhältnis 1:1,065 umgetauscht wurden.314 Hierbei handelte es sich um einen freiwilligen Aktientausch, bei dem Aktien des ,Class H Common Stock‘ neu ausgegeben und als Gegenleistung nur Aktien des ,Common Stock‘ akzeptiert wurden. Einer gesonderten Regelung im ,certificate of incorporation‘ bedurfte es hierzu nicht. Vielmehr hatten die Aktionäre schon in früheren Jahren das ,board‘ ermächtigt, neue Aktien des ,Class H Common Stock‘ zu emittieren.

bb) US West Das ,certificate‘ von US West sieht im Vergleich zu GM weit komplexere und auch variablere Regelungen für eine Auflösung der tracking stock Struktur vor. Unterschieden werden die Fälle, daß ein wesentlicher Unternehmensteil veräußert wird (Art. 5 Sec. 2.4.1. [A] – [C] sowie Sec. 2.4.2. [A] – [C] USW.C.)315, daß die Aktien der US West Corp. in solche einer Tochtergesellschaft umgetauscht werden und damit der ursprüngliche Konzern aufgespalten wird (Art. 4 Sec. 2.4.3. USW.C.) und daß bei Beibehaltung aller Geschäftsbereiche die Trennung in die beiden tracking stock Gattungen zugunsten einer einheitlichen Stammaktiengattung aufgegeben wird (Art. 5 Sec. 2.4.1. [D] sowie Sec. 2.4.2. [D] USW.C.).316 Werden alle oder nahezu alle317 Vermögensgegenstände, die einer Gruppe zugewiesen sind, veräußert oder auf andere Weise übertragen318, so stehen zwei MögVgl. oben Erstes Kapitel: B.II.1.a) sowie unten Erstes Kapitel: B.II.2.f). General Motors, Exchange Offer v. 20. 4. 2000, S. 32 ff. 315 Die Auflösung der Gattungen ,Media Stock‘ und ,Communications Stock‘ ist in zwei unterschiedlichen Abschnitten geregelt. Die Regelungen stimmen jedoch inhaltlich überein. 316 Zu diesen unterschiedlichen Möglichkeiten enthält Art. 5 Sec. 2.4.5. USW.C. ausführliche Durchführungsvorschriften, auf deren Darstellung im folgenden verzichtet wird. 317 Entspricht 80% des Gesamtvermögens des Geschäftsbereichs, vgl. Art. 5 Sec. 2.4.1. (B)(1) sowie Sec. 2.4.2. (B)(1) USW.C. 318 Ausgenommen sind dabei Transaktionen, die der Liquidation der Gesellschaft dienen, einen Teil der Auflösung des Geschäftsbereichs nach Art. 5 Sec. 2.4.3 USW.C. darstellen (dazu weiter unten), im Rahmen der Übertragung an eine von US West Corp. kontrollierte Gesellschaft stattfinden oder die ,Related Business Transactions‘ darstellen (Art. 5 Sec. 2.4.1. [A] USW.C.). Als eine ,Related Business Transaction‘ wird dabei eine solche Transaktion bezeichnet, bei der die betreffenden Vermögensgegenstände in eine andere Gesellschaft eingebracht werden und US West im Gegenzug eine Beteiligung erhält (vgl. Art. 5 Sec. 2.6.23. USW.C.). 313 314

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

lichkeiten zur Verfügung. Die Gesellschaft kann den Aktionären der betroffenen Gattung entweder die als Gegenleistung erhaltenen Mittel in Form einer Dividende oder durch den Rückkauf (,redemption‘) von Aktien der betreffenden Gattung zukommen lassen oder kann die entsprechenden Aktien in solche der anderen Gattung umwandeln (,conversion‘).319 Der Ausschüttungsbetrag im Falle einer Dividende oder eines Rückkaufes von Aktien320 ergibt sich aus dem Nettoerlös321, der durch die Veräußerung der Vermögensgegenstände des Geschäftsbereichs erzielt worden ist (Art. 5 Sec. 2.4.1. [A][1][a][b] sowie. Sec. 2.4.2. [A][1][a][b] USW.C.). Wird die ,Media Group‘ aufgelöst, so bedarf es einer Berücksichtigung des ,retained interest‘ der ,Communications Group‘ an der ,Media Group‘. Erreicht wird dies durch eine Multiplikation des Nettoerlöses mit der ,Outstanding Media Fraction‘322 (Art. 5 Sec. 2.4.1. [A][1][a][b] USW.C.), so daß nur der Teil des Nettoerlöses an die Aktionäre des ,Media Stock‘ ausgeschüttet wird, der ihnen auch tatsächlich zustand. In jedem Fall darf die auszuschüttende Summe insgesamt nicht größer sein, als das ,Available Dividend Amount‘ der jeweiligen Gattung zum Zeitpunkt der Auflösung oder als der ,surplus‘, der der Gesellschaft insgesamt zur Verfügung steht (Art. 5 Sec. 2.4.1. a.E. sowie Sec. 2.4.2. a.E. USW.C.). Ist eine Dividende gezahlt oder sind Aktien zurückgekauft worden, so steht es dem ,board‘ weiterhin frei, nach einem Jahr die sich noch in Publikumsbesitz befindenden Aktien der betroffenen Gattung in solche der andern Gattung umzuwandeln (,conversion‘).323 Sollen alle Aktien einer Gattung324 umgewandelt werden (,conversion‘), ohne daß vorher eine Dividende gezahlt oder Aktien zurückgekauft worden sind, so richtet sich die Quote, nach der die Umwandlung durchgeführt wird, nach dem Verhältnis der durchschnittlichen Aktienkurse der beiden Gattungen325 multipliziert mit 1,1 (Art. 5 Sec. 2.4.1. [A][2] sowie Sec. 2.4.2. [A][2] USW.C.). Die Aktionäre der betroffene Gattung erhalten damit einen Aufschlag von 10 % auf den Kurswert ihrer bisher gehaltenen Aktien. Eine vollständige Umwandlung einer

Art. 5 Sec. 2.4.1. (A)(1)(2) sowie Sec. 2.4.2. (A)(1)(2) USW.C. Im Falle, daß alle Aktien zurückgekauft werden, ergibt sich der Rückkaufspreis aus der Ausschüttungssumme und der Anzahl, der sich in Publikumsbesitz befindenden Aktien. Werden nur Teile der Aktien zurückgekauft, so werden so viele von diesen zu Marktpreisen gekauft, wie Mittel dafür zur Verfügung stehen. 321 Unter Berücksichtigung von Steuern und Gebühren, vgl. Art. 5 Sec. 2. 6. 18. USW.C. 322 Die ,Outstanding Media Fraction‘ (Art. 5 Sec. 2.6.20. USW.C.) stellt einen Faktor dar, der das Vermögen der Media Group um den Anteil korrigiert, der der ,Communications Group‘ als Folge von Kapitaltransfers von der ,Communications Group‘ zur ,Media Group‘, zugerechnet wird [vgl. Erstes Kapitel: B.II.1.b)bb)]. 323 Art. 5 Sec. 2.4.1. (C) sowie Sec. 2.4.2. (C) USW.C. 324 Werden keine ,common shares‘ der anderen Gruppe öffentlich gehandelt (vgl. Art. 5 Sec. 2. 6. 21. USW.C.), so werden die Aktien des betroffenen Geschäftsbereichs gegen Aktien der Gattung ausgetauscht, die die größte Marktkapitalisierung hat (Art. 5 Sec. 2.4.1.[A][2] u. Sec. 2.4.2.[A][2] USW.C.). 325 Die Berechnung der durchschnittlichen Aktienkurse richtet sich nach Art. 5 Sec. 2.6.12. USW.C. 319 320

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Gattung kommt lediglich dann in Frage, wenn der betreffende Geschäftsbereich vollständig veräußert wird. Weiterhin ist es möglich, die Beteiligung der Aktionäre an der US West Corp. in eine solche an einer Tochtergesellschaft umzuwandeln. Dazu ist in Art. 5 Sec. 2.4.3. USW.C. vorgesehen, daß im Falle, daß alle Vermögensgegenstände und Schulden eines Geschäftsbereichs vollständig einer oder mehrerer Tochtergesellschaften von US West Corp. zugewiesen sind, alle sich in Publikumsbesitz befindenden Aktien der betreffenden Gattung eingezogen werden (,redemption‘) und als Gegenleistung Stammaktien der Tochtergesellschaft(en) ausgegeben werden können. Im Ergebnis wird dadurch eine vollständige rechtliche Spaltung des ursprünglichen Konzerns erreicht. Es existieren nun keine tracking stock Gattungen mehr, da die Aktionäre nach der Umstrukturierung an rechtlich selbständigen Gesellschaften beteiligt sind, die die ursprünglich von US West betriebenen Geschäftsbereiche fortführen. Die Entscheidung, ob und wann eine solche Transaktion vorzunehmen ist, liegt im Ermessen des ,board‘. Die Quote, nach der die Aktiengattung umgewandelt wird, ergibt sich aus dem Verhältnis der Anzahl von Aktien der alten tracking stock Gattung und der der Stammaktien der Tochtergesellschaft. Im Falle der Ausgliederung der ,Media Group‘ ist die Beteiligung der ,Communications Group‘ über die ,Outstanding Media Fraction‘ zu berücksichtigen. Als dritte Variante der Umstrukturierung ist eine Auflösung der tracking stock Struktur vorgesehen, bei der sich im Unterschied zu den vorherigen Alternativen weder die Zusammensetzung der Geschäftsbereiche noch die rechtliche Struktur des Konzerns ändern. Nach Art. 5 Sec. 2.4.1. (D) sowie Sec. 2.4.2. (D) USW.C. können alle Aktien einer Gattung nach einer Entscheidung des ,board of directors‘ in solche der andere Gattung umgewandelt werden (,conversion‘). Die Austauschquote ergibt sich dabei aus der ,Market Value Ratio‘, deren Berechnung in Art. 5 Sec. 2. 6. 13. sowie Sec. 2. 6. 14. USW.C. geregelt ist und im wesentlichen das Verhältnis der durchschnittlichen Kurse der Aktiengattung widerspiegelt. Werden die Aktien des ,Media Stock‘ in solche des ,Communications Stock‘ umgewandelt, so wird den Aktionären ein Aufschlag gewährt, der mit der seit Einführung der tracking stock Struktur vergangenen Zeit abnimmt (Art. 5 Sec. 2.4.1. [D] a.E. USW.C.). Wie bereits oben326 kurz angedeutet, spaltete sich US West 1998 in zwei eigenständige Konzerne auf. Die Verbundvorteile, die man durch die Zusammenarbeit der ,Media‘ und ,Communications Group‘ erwartet hatte, ließen sich nach Meinung des Managements nicht mehr in dem Umfang realisieren, der notwendig gewesen wäre, um die Nachteile, die sich aus dem erhöhten Koordinationsbedarf und der Rücksichtnahme auf den jeweils anderen Geschäftsbereich bei der Ausarbeitung von Strategien ergaben, aufzuwiegen. Man entschloß sich deshalb, einen anderen 326

Vgl. oben Erstes Kapitel: B.II.1.a).

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Weg einzuschlagen und die beiden Geschäftsbereiche rechtlich selbständig weiterzuführen.327 Die Geschäfte der ,Media Group‘ wurden durch die neu gegründete MediaOne und die der ,Communications Group‘ durch die neue US West fortgeführt. Zwangsläufig wurde im Rahmen dieser Transaktion auch die tracking stock Struktur aufgehoben. Überblicksartig stellte sich die Transaktion wie folgt dar.328 Die bisherige US West, Corp. („Old US West, Corp.“) zog (,redemption‘) alle Aktien des ,Communications Stock‘ ein und gab als Gegenleistung für jede dieser Aktien eine Stammaktie einer Tochtergesellschaft – der New US West, Corp. – aus. Auf die New US West, Corp. wurden alle Aktivitäten der ursprünglichen ,Communications Group‘ übertragen. Weiter wurde ein bestimmter Bruchteil329 der Stammaktien von New US West, Corp. auch an die Aktionäre des ,Media Stock‘ als ,stock dividend‘ ausgeschüttet. Diese sog. ,Dex Dividend‘ sollte die Aktionäre dafür entschädigen, daß das Geschäft mit Telefonverzeichnissen („Gelbe Seiten“), genannt ,DEX‘, welche ursprünglich der ,Media Group‘ zugeordnet war, nun der New US West, Corp. und damit der bisherigen ,Communications Group‘ zugeschlagen wurde. Die Old US West, Corp. wurde im folgenden in MediaOne umbenannt und die Regelungen zur tracking stock Struktur aus dem ,certificate‘ gestrichen. Die New US West, Corp. wurde in US West, Corp. umbenannt und führte die Geschäfte der ,Communications Group‘ fort. Im Ergebnis wurde das bisherige Unternehmen damit in zwei rechtlich selbständige Konzerne gespalten, an denen nun im wesentlichen die Aktionäre der bisherigen tracking stock Gattungen beteiligt waren. Aus rechtlicher Sicht stellte sich das Problem, daß für die dargestellte Vorgehensweise trotz der ausführlichen Regelungen im ,certificate‘ keine geeignete Rechtsgrundlage existierte. Nach Art. 4 Sec. 2.4.3. USW.C. war es nur möglich, alle Aktien des ,Communications Stock‘ gegen alle Aktien einer Tochtergesellschaft von US West auszutauschen. Eine Ausschüttung der ,Dex Dividend‘ an die Aktionäre des ,Media Stock‘ wäre unmöglich gewesen. Notwendig wurde somit eine Anpassung des ,certificate of incorporation‘. Diese war auch der Grund dafür, daß es bei der dargestellten Transaktion überhaupt zu einer Beteiligung der Aktionäre kam. Eine Reorganisation nach Art. 5 Sec. 2.4.3. USW.C. hätte das ,board‘ in eigener Kompetenz beschließen können, für die Änderung des ,certificate‘ war jedoch ein Beschluß der Aktionäre notwendig. Dabei mußte sowohl die Mehrheit aller sich in Publikumsbesitz befindenden Aktien als auch die Mehrheit der anwesenden Stimmen der beiden Aktiengattungen in gesonderten Abstimmung der Änderung des ,certificate‘ zustimmen.

327 US West, Proxy Statement and Prospectus v. 20. 4. 98, S. 25 ff., 28 f.; vgl. auch Lipin, Wall St.J. v. 27. 10. 1997, A3. 328 Vgl. zum folgenden US West, Proxy Statement and Prospectus v. 20. 4. 1998, S. 22 ff. 329 Es wurden nur ganze Aktien ausgegeben, Bruchteile wurden in Geld abgefunden.

B. Rechtliche Dimension des Konzepts in den USA

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cc) Zusammenfassung und Würdigung Sowohl GM als auch US West berücksichtigen die Möglichkeit, daß es notwendig werden könnte, die tracking stock Struktur in Zukunft wieder aufzulösen. Zu unterscheiden sind die Fälle, daß, ohne daß es zu anderen Veränderungen kommt, allein die Spaltung in zwei unterschiedliche Stammaktien aufgehoben wird und der, daß ein Geschäftsbereich aufgelöst oder veräußert wird. Für den ersten Fall sehen beide Gesellschaften eine Umwandlung der einen Gattung in die andere vor, wobei sich das Umwandlungsverhältnis an den jeweiligen Aktienkursen orientiert und ein gewisser Aufschlag gewährt wird. GM schützt die Minderheitsgattung weiterhin vor einer Benachteiligung dadurch, daß eine Umwandlung der Aktien des ,Class H Common Stock‘ nur dann zulässig ist, wenn in den letzten Jahren die Ausschüttungsquoten bei beiden Gattungen zumindest gleich hoch waren. Bezüglich der zweiten Variante unterscheiden sich die Regelungen in beiden Gesellschaften erheblich. Während GM für den Fall, daß Hughes aus dem Konzern herausgelöst wird, allein die Umwandlung des ,Class H Common Stock‘ in den ,Common Stock‘ vorsieht, hält sich US West verschiedene Optionen wie die Ausschüttung einer ,stock dividend‘, die rechtliche Spaltung des Konzerns oder die Umwandlung der einen in die andere Gattung offen. Insbesondere die Möglichkeit, die durch den Verkauf eines Geschäftsbereichs erzielte Gegenleistung an die Aktionäre der betreffenden Gattung auszuschütten, stellt die Aktionäre der tracking stock Gattungen besser als im Falle von GM.330 In jedem Fall ist die Reorganisation allein abhängig von einer Entscheidung des ,board of directors‘.331 Die Aktionäre müssen weder zustimmen, noch können einzelne Anteilseigner ihre Aktien von sich aus in solche einer anderen Gattung umwandeln lassen. Damit steht es dem ,board‘ frei, jederzeit in die Investmententscheidung der Aktionäre, die sich mit dem Kauf von Aktien einer tracking stock Gattung an einem bestimmten Geschäftsbereich des Unternehmens beteiligen wollten, einzugreifen.332 Dies mag eine für die Aktionäre unbefriedigende Situation darstellen, aus rechtlicher Sicht ist die umfangreiche Kompetenz des ,board‘ jedoch nicht zu beanstanden. § 151 (b)(e) Del.Gen.Corp.L. ermöglicht es dem ,certificate‘ ausdrücklich, die Wandlung oder den Rückkauf von Aktien in das Belieben des ,board of directors‘ zu stellen.

Vgl. dazu Logue / Seward / Walsh, Financial Management 1 / 1996, 43 (49). Sog. ,mandatory redemption‘ oder ,conversion‘. Daß bei der Spaltung von US West die Aktionäre zustimmen mußten, lag an der besonderen Struktur der Transaktion [vgl. Erstes Kapitel: B.II.1.g)bb)]. 332 Vgl. in Zusammenhang mit anderen Aktiengattungen Folk, Delaware General Corporation Law, § 151.5.7. 330 331

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

h) Zusammenfassung der Ergebnisse aus der Betrachtung der Regelungsstrukturen bei GM und US West Die Untersuchung der ,certificates of incorporation‘ von GM und US West hat eine große Zahl einzelner fallspezifischer Erkenntnisse ergeben. Aus diesen sollen im folgenden kurz die wesentlichen rechtlichen Problemschwerpunkte herausgearbeitet und eine abschließende Charakterisierung und Bewertung der zur Einführung einer tracking stock Struktur notwendigen Regelungen vorgenommen werden. Das Dividendenrecht sollte zumindest bei wirtschaftlicher Betrachtung einen Zentralpunkt des tracking stock Konzepts ausmachen. Überraschend ist insoweit, daß aus rechtlicher Sicht kein eindeutig spartenbezogenes Dividendenrecht existiert. Zwar wird der Bezug zur wirtschaftlichen Situation der Geschäftsbereiche tatsächlich über die Dividendenhöhe hergestellt, dem ,board‘ steht es jedoch jederzeit frei, die Dividendenhöhe nach eigenem Ermessen zu bestimmen und ist dabei rechtlich an keinerlei Bedingungen oder Größen gebunden. In faktischer Hinsicht insbesondere vor dem Hintergrund des Erwartungsdrucks von Seiten der Kapitalmärkte und der Gefahr einer Abwahl durch die Aktionäre ist freilich nicht zu leugnen, daß sich das ,board‘ bei der Bestimmung der Dividenden regelmäßig an den Ergebnissen der Geschäftsbereiche orientieren wird. Nimmt man damit für einen Moment diese faktische Verknüpfung zwischen Dividendenhöhe und Ergebnis des jeweiligen Geschäftsbereichs als gegeben an, so zeigen sich bereits im nächsten Schritt wiederum neue Gestaltungskompetenzen des ,board of directors‘. Die Ausgestaltung der Rechnungslegung, mit deren Hilfe die Ergebnisse der Geschäftsbereiche ermittelt werden, ist, auch weil bis heute keine offiziellen Richtlinien bestehen, mit erheblichen Unschärfen belastet. Sowohl die Aufteilung der Vermögensgegenstände, Schulden, Aufwendungen und Erträge als auch die Verrechung der Transaktionen zwischen den Geschäftsbereichen macht eine Vielzahl von Annahmen und Schätzungen notwendig, die es dem ,board‘ ermöglichen, unbewußt oder gewollt die Spartenergebnisse zu beeinflussen. Daneben kann das ,board‘ über unterschiedliche Zuweisungsentscheidungen die Geschäftsbereiche jederzeit umgestalten. Das Dividendenrecht der Aktionäre liegt damit vollständig in den Händen des ,board‘, das nicht nur über die Höhe der Dividenden als solche bestimmt, sondern darüber hinaus in erheblichen Umfang auch die Einflußgrößen für die gewählte Dividendenpolitik bestimmt. In rechtlicher Hinsicht ist damit ein Spartenbezug des Dividendenrechts praktisch nicht erkennbar. Zur Frage des Bezugsrechts lassen sich aufgrund der Tatsache, daß ein solches in keinem Fall gewährt wird, keine Aussagen treffen. Das Stimmrecht ist sehr unterschiedlich ausgestaltet. Bei ,letter stocks‘ sind fixe Stimmrechte vorgesehen, bei ,targeted stocks‘ hängt das Stimmgewicht der Aktien von den Kursen der verschiedenen Aktiengattungen ab. Während die zweite Alternative den Vorteil hat, daß der Preis für eine Stimme auf den Kapitalmärkten unabhängig von der Gattung ist, der die erworbenen Aktien angehören, sorgt die erste Variante für besseren Schutz der Stimmacht der Gattungen, was insbeson-

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dere bei einer sehr kleinen Aktiengattung einen gewissen Mindesteinfluß sicherstellen kann. Das Recht auf einen Anteil am Abwicklungsüberschuß ist bei GM und US West fix ausgestaltet. Dies bedeutet, daß sich verändernde Kurse der Gattungen oder Nettovermögen der Geschäftsbereiche nicht auf die Liquidationsanteile der Aktiengattungen auswirken. Andere Unternehmen berücksichtigen derartige Veränderungen hingegen, was dem tracking stock Konzept wohl eher gerecht wird und zu einem schlüssigeren Gesamtkonzept führt. Die Informationsversorgung der Aktionäre ist in der Praxis durch die offengelegten spartenbezogenen Rechnungslegungsdaten im wesentlichen sichergestellt. Offen bleibt jedoch die Frage, in welchem Umfang eine rechtliche Pflicht besteht, derartige Daten in die Berichte nach dem Securities Exchange Act 1934 zu integrieren. Eine offizielle Stellungnahme der SEC, die in diesem Punkt rechtliche Klarheit schaffen würde, steht bis heute aus. Dem Bedürfnis entsprechend, nach Möglichkeit die tracking stock Struktur wieder auflösen zu können, haben alle Emittenten Regelungen vorgesehen, nach denen die betreffenden Aktien zurückgekauft oder umgewandelt werden können. Dabei werden in unterschiedlichem Umfang verschiedene denkbare Fallgestaltungen erfaßt. In jedem Fall steht es allein dem ,board of directors‘ frei, über eine Auflösung der tracking stock Struktur zu entscheiden, den Aktionären kommt insoweit kein Mitspracherecht zu. Die Rechtsstellung der Aktionäre hängt damit vollständig von den Entscheidungen des ,board‘ ab. Insgesamt zeigen sich die Bemühungen der Unternehmen, die tracking stock Strukturen möglichst flexibel auszugestalten. Dem ,board of directors‘, das in den USA traditionell eine extrem starke Stellung inne hat, werden alle wesentlichen Entscheidungen zugewiesen, die dieses ohne Zustimmung der Aktionäre treffen kann. Lediglich die Änderung des ,certificate‘ und die Wahl der ,directors‘ obliegt den Aktionären. Folgerichtig ist der Schutz der Aktionäre vor einer Änderung ihrer Rechte nur sehr schwach ausgeprägt. Allein dort, wo ihnen ohnehin eine Entscheidungskompetenz zusteht wie bei der Änderung des ,certificate‘, sind sie durch Sonderabstimmungen stärker geschützt. Die Zulässigkeit der umfassenden Kompetenz des ,board‘ sowie der Kopplung der Aktionärsrechte an außerhalb der Gesellschaft stehende Tatsachen wie den Aktienkursen ergibt sich aus § 151 Del.Gen.Corp.L. Ohne diese Vorschrift wären die vorliegenden Ausgestaltungen nicht möglich gewesen.

2. Die Auswirkungen der widerstreitenden Gattungsinteressen in einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur Die bisherigen Ausführungen haben in aller Deutlichkeit die Machtfülle gezeigt, die dem ,board of directors‘ in einer ,corporation‘ und insbesondere in einer sol8 Nolte

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

chen mit tracking stock Struktur zukommt. In der Tat scheinen die zentralen rechtlichen Probleme des Konzepts weniger in der rechtstechnischen Gestaltung der Aktionärsrechte zu liegen, als vielmehr in der Frage, wie vor dem Hintergrund der bereits angeklungenen erheblichen Interessengegensätze für eine ausgewogene Leitung der Geschäfte der Gesellschaft gesorgt werden kann. Im Mittelpunkt stehen somit die rechtlichen Anforderungen, denen die Mitglieder des ,board of directors‘ bei ihrer Tätigkeit genügen müssen. Daneben stellt sich zwar auch grundsätzlich die Frage nach den Pflichten der Aktionäre, haben diese doch auch Entscheidungen für die Gesellschaft zu treffen. Da dem ,board‘ jedoch, wie aus der obigen Untersuchung hervorgeht, praktisch alle wesentlichen Entscheidungen außerhalb einer Änderung des ,certificate‘ übertragen worden sind, sollen sich die Ausführungen auf die Pflichtensituation des ,board‘ konzentrieren. Lediglich die Beschlüsse der Hauptversammlung hinsichtlich der Wahl der Mitglieder des ,board of directors‘ und solche zur Änderung des ,certificates‘ sollen überblicksartig beleuchtet werden. In einem ersten Schritt ist auf die besondere Interessensituation, wie sie sich nach der Einführung einer tracking stock Struktur darstellt, einzugehen und die Verbindung zu den Entscheidungen des ,board‘ herzustellen. Anschließend soll kurz auf die Auswirkungen der Interessenkonflikte auf die Beschlüsse der Hauptversammlung eingegangen werden, bevor ausführlicher die Pflichten zu untersuchen sind, denen die Mitglieder des ,board of directors‘ im Falle einer tracking stock Struktur unterliegen. Ergänzend beschäftigt sich der vierte Teil mit alternativen Ansätzen, die das Problem der Interessenkonflikte zwar nicht vollständig lösen, aber wohl entschärfen könnten. Abschließend ist auf die Behandlung der Interessenkonflikte in den Ausgabeprospekten der Unternehmen und die zwei ersten und bisher einzigen Urteile des Delaware Court of Chancery zur tracking stock Struktur einzugehen, die sich im Schwerpunkt mit der Pflichtensituation des ,board of directors‘ im Falle einer tracking stock beschäftigen.

a) Die konfliktären Aktionärsinteressen in einer tracking stock Struktur und der Einfluß des ,board of directors‘ Wie bereits im Laufe der Untersuchung wiederholt erwähnt, unterscheidet sich die Struktur der Aktionärsinteressen333 in einer ,corporation‘ mit tracking stock Struktur von der in einer solchen mit traditioneller Eigenkapitalstruktur. Im folgenden soll diese besondere Situation genauer beleuchtet werden, wobei insbesondere auf die Rolle des ,board of directors‘ einzugehen sein wird.

333 Im folgenden wird allein die Situation der Aktionäre beleuchtet. Hinsichtlich der Interessen der Gläubiger, der Arbeitnehmer sowie der sonstigen interessierten Öffentlichkeit ergeben sich keine nennenswerten Besonderheiten.

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aa) Die Aktionärsinteressen in einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur Um die Komplexität der Betrachtungen nicht unnötig zu erhöhen und sich auf die wesentlichen Punkte konzentrieren zu können, sollen im folgenden alle individuellen Interessen der Anteilseigner außer Acht gelassen werden,334 auch wenn Klein- und Großaktionären oder Anleger mit kurzfristigen Spekulationsabsichten und langfristig orientierte Anleger in der Praxis höchst unterschiedliche Interessen aufweisen werden. Als Referenz dient ein an der Maximierung seiner langfristigen Rendite interessierter Anleger, der neben Dividenden und Kursgewinnen keine sonstigen Vorteile aus seiner Beteiligung ziehen kann.335 Vernachlässigt werden kann des weiteren auch die Möglichkeit der Aktionäre, sich von ihrer Beteiligung über die Kapitalmärkte zu trennen (sog. Wall Street Option).336 Die grundlegenden hier zu untersuchenden Interessen der Anteilseigner werden durch diese alternative Handlungsmöglichkeit nicht beeinflußt. (1) Ausgangspunkt: Gesellschaft mit herkömmlicher Eigenkapitalstruktur Nimmt man eine Gesellschaft als Beispiel, die eine einzige Gattung an Stammaktien ausgegeben hat, so läßt sich mit Recht behaupten, daß alle Aktionäre am wirtschaftlichen Wohlergehen des betreffenden Unternehmens interessiert sein sollten. Bei guter Entwicklung ist sowohl von einer größeren Chance auf höhere Dividenden als auch auf steigende Aktienkurse und damit auf eine höheren Gesamtrendite auszugehen. Grundsätzlich irrelevant ist für die Aktionäre, auf welche Weise der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens sichergestellt wird. Kann in einem Geschäftsbereich keine ausreichende Eigenkapitalrendite mehr erwirtschaftet werden, so sind die Investitionen in einem anderen aussichtsreicheren Bereich zu intensivieren, um so den Erfolg des Gesamtunternehmens sicherzustellen. Dieser Situation entsprechend, geht das US-amerikanische Gesellschaftsrecht davon aus, daß das Unternehmen und damit die ,directors‘ in erster Linie den finanziellen Interessen ihrer Stammaktionäre zu dienen und damit deren Vermögen zu maximieren haben.337 Dem Ansatz liegt dabei letztlich die Überlegung zugrunde, daß 334 Vgl. die Übersicht zum Zielsystem von Anteileignern einer Aktiengesellschaft Kessler, AG 1993, 252 (259 ff.). 335 Nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist die Frage, auf welche Weise der Vermögenseffekt für die Aktionäre gemessen werden kann, vgl. zu den verschiedenen Ansätzen Hu, Tex.L.Rev. 69 (1991), 1273 (1279 ff.). 336 Vgl. dazu Dallas, N.C.L.Rev. 71 (1992), 1 (37 f.); Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 628. 337 Hu, Tex.L.Rev. 96 (1991), 1273, 1278 (1287); Mitchell, Bus.Law. 1996, 443 (454). Auf die Problematik, daß daneben u.U. auch andere Interessen bspw. sozialer Art zu berücksichtigen sein können, soll hier nicht weiter eingegangen werden, vgl. dazu die Nachweise bei Hu, Tex.L.Rev. 96 (1991), 1273 Fn. 20.

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

das, was das Vermögen der Gesellschaft erhöht, sich auch gleichsam automatisch positiv auf das Vermögen ihrer Aktionäre auswirken wird.338 Gemessen wird dieser Vermögenseffekt traditionell anhand der Größe ,earnings per share‘, der Höhe des Gewinns also, der rechnerisch auf eine einzelne Aktie entfällt.339 An der gleichgerichteten Interessenlage ändert sich auch dann grundsätzlich nichts, wenn die Gesellschaft mehrere Gattungen von ,common shares‘ ausgibt.340 Diese mögen sich hinsichtlich ihrer Stimmrechte unterscheiden, dennoch bleibt es dabei, daß das wirtschaftliche Wohlergehen des gesamten Unternehmens im Interesse der Aktionäre beider Gattungen liegt.341 Durch welchen Geschäftsbereich der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens auch sichergestellt wird, wichtig erscheint allein, daß das Gesamtunternehmen erfolgreich wirtschaftet. Schwieriger wird die Situation schon, wenn neben den Stammaktien auch noch Vorzugsaktien ausgegeben werden. Diese sind in den USA in der Regel nicht partizipatorisch ausgestaltet, erhalten also eine fixe garantierte Dividende, die sich nicht mit steigenden Ausschüttungen auf die Stammaktien erhöht.342 Aufgrund der garantierten Dividendenhöhe ist das Interesse der Vorzugsaktionäre an steigenden Unternehmensgewinnen begrenzt. Zwar haben sie ein Interesse daran, daß die Gesellschaft nicht insolvent wird und sie dadurch ihr investiertes Kapital verlieren. Über dieses Bestandsinteresse hinaus stehen die Vorzugsaktionäre aber dem wirtschaftlichen Wohlergehen der Gesellschaft neutral gegenüber. Entsprechend diesen Überlegungen billigt das traditionelle US-amerikanische Gesellschaftsrecht den Vorzugsaktionären nicht wie den Stammaktionären das Recht zu, eine Maximierung ihres Vermögens durch die Gesellschaft zu verlangen. Anerkannt wird vielmehr lediglich das Interesse der Vorzugsaktionäre auf Schutz vor einem Verlust ihres Investments. Ansonsten werden die Vorzugaktionäre auf ihre vertraglich festgelegten Rechte verwiesen.343 Zusammenfassend zeigt sich das wenig überraschende Ergebnis, daß bei vereinfachender Betrachtungsweise die Stammaktionäre einer ,corporation‘ grundsätzlich gleichgerichtet am wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft interessiert sind, während Vorzugsaktionäre bei nicht partizipatorischer Beteiligung in erster Linie Interesse am Bestand der Gesellschaft haben. 338 Vgl. Branson, Corporate Governance, § 8.02; DeMott, Duke L.J. 1988, 879 (917); Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2158). Zu den Annahmen, die dieser vereinfachenden Ansicht zugrunde liegen vgl. Hu, Tex.L.Rev. 69 (1991), 1273 (1279 ff.). 339 Vgl. zur Kritik an dieser Größe Hu, Tex.L.Rev. 69 (1991), 1273, 1280, 1288. 340 Der Begriff des ,common share‘ soll an dieser Stelle keine Aktien eines tracking stock umfassen. 341 Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2114). 342 Mitchell, Bus.Law. 1996, 443 (451). 343 Vgl. ausführlich zu der schwierigen Frage, welche Pflichten dem ,board of directors‘ gegenüber Vorzugsaktionären obliegen Mitchell, Bus.Law. 1996, 443 ff. (insb. 454, 463) sowie Hu, Tex.L.Rev. 69 (1991), 1273 (1291 f.).

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(2) Gesellschaft mit tracking stock Struktur Weit schwieriger als im herkömmlichen Fall stellt sich die Analyse der Interessen in einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur dar. Die Analyse soll aufgrund der Schwierigkeiten, die die Interdependenzen zwischen den Geschäftsbereichen sowie die Diskrepanz zwischen rechtlicher Ausgestaltung und wirtschaftlichem Konzept mit sich bringen, in zwei Schritte aufgeteilt werden. Als Ausgangspunkt soll eine Gesellschaft mit idealtypischer tracking stock Struktur dienen, deren Aktionäre rechtlich bindend allein an den Erfolgen der jeweiligen Geschäftsbereiche partizipieren und bei der die Aktienkurse vollständig die wirtschaftliche Entwicklung der Geschäftsbereiche widerspiegeln. Weder sollen geschäftliche Beziehungen zwischen den Geschäftsbereichen existieren, noch Vermögensgegenstände oder Schulden zwischen diesen transferiert werden können oder zentrale Ressourcen existieren, die den Bereichen zugeteilt werden müßten. Weiterhin soll die Möglichkeit einer Auflösung der tracking stock Struktur nicht gegeben sein. Nach kurzer Betrachtung dieses idealtypischen Modells, kann sich die Untersuchung mittels der schrittweisen Auflösung der getroffenen Annahmen den in der Wirklichkeit vorhandenen tracking stock Strukturen nähern. Legt man das idealtypische Modell zugrunde, so partizipieren die Aktionäre der beiden Gattungen allein am wirtschaftlichen Erfolg ihrer Geschäftsbereiche. Es ist damit anzunehmen, daß sich ihre Interessen folgerichtig auch allein auf die jeweiligen Teilbereich des Unternehmens richten werden. Allein dann, wenn diese wirtschaftliche Erfolge erzielen, können die Aktionäre über höhere Dividenden und steigende Aktienkurse finanziell profitieren. Solange keine Beziehungen zwischen den Geschäftsbereichen existieren, stehen die Aktionäre der Situation im anderen Geschäftsbereich neutral gegenüber. Die dortige wirtschaftliche Situation berührt ihre finanziellen Interessen grundsätzlich nicht. Bei Lichte betrachtet sind die Interessen in diesem idealtypischen Modell genau die, die sich bei zwei wirtschaftlich und rechtlich vollständig selbständigen Gesellschaften ergeben würden. Wie in den vorstehenden Untersuchungen aber bereits herausgearbeitet wurde, kommt es im Falle einer tracking stock Struktur ganz im Gegenteil zu keiner solchen vollständigen Trennung der Geschäftsbereiche. Vielmehr bestehen eine Vielzahl unterschiedlicher Abhängigkeiten und Interdependenzen, die bei der Analyse der Interessen zu berücksichtigen sind. (a) Rivalität der Gattungsinteressen In einem ersten Schritt soll deshalb die Annahme aufgelöst werden, daß keine wirtschaftlichen Interdependenzen zwischen den Geschäftsbereichen existieren. In der Tat sind zum einen zentrale Ressourcen des Unternehmens auf die Geschäftsbereiche zu verteilen und bestehen zum anderen Geschäftsbeziehungen zwischen den Bereichen. Unter der realistischen Annahme, daß das Kapital einer Gesellschaft beschränkt ist oder zumindest die Kapitalkosten mit steigender Verschuldung zunehmen, be-

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

steht eine klare Rivalität bei der Verteilung der vorhandenen finanziellen Ressourcen sowie der sonstigen Betriebsmittel. 344 Wird Kapital, in welcher Form auch immer, dem einen Geschäftsbereich zur Verfügung gestellt, so geht der andere Geschäftsbereich zwangsläufig leer aus und kann als vorteilhaft angesehene Investitionen nicht vornehmen. Gleiches gilt für solche Geschäftschancen, die an das Gesamtunternehmen herangetragen werden und die grundsätzlich von beiden Geschäftsbereichen wahrgenommen werden könnten, sowie für neu akquirierte Gesellschaften. Auch hier bedeutet die Zuteilungsentscheidung zu einen bestimmten Geschäftsbereich grundsätzlich die Benachteiligung des anderen, dem die betreffenden Umsätze oder das zusätzliche Geschäft entgehen. Eine ähnliche Rivalität läßt sich bei der Ausgestaltung von Transaktionen zwischen den Geschäftsbereichen beobachten. Werden Lieferungen oder Leistungen ausgetauscht, so hat dies eine (zumindest rechnerische) Gegenleistung zur Folge. Die Höhe dieser Gegenleistung beeinflußt direkt den Erfolg der Geschäftsbereiche. Während bei hoher Gegenleistung der liefernde oder leistende Geschäftsbereich profitiert und der andere Bereich negativ betroffen ist, kehrt sich die Situation bei niedriger Gegenleistung um. Wie schon bei der Verteilung zentraler Ressourcen bedeutet damit wieder der Vorteil des einen den Nachteil des anderen Geschäftsbereiches. Die Tatsache, daß die Geschäftsbereiche bei der Zuteilung von zentralen Ressourcen wie dem Kapital die entstehenden Kosten, insbesondere die Zinsen, tragen müssen und bei Lieferungen oder Leistungen zwischen den Sparten eine Gegenleistung verrechnet wird, die sich an den zwischen unabhängigen Marktteilnehmer üblichen Bedingungen orientieren soll, ändert nichts an der grundsätzlichen Rivalität der Interessen. Zum einen äußert sich der Interessengegensatz bereits in der Frage nach der Höhe der Gegenleistung für Lieferungen und Leistungen und ist die Frage, ob die Transaktion überhaupt durchgeführt werden sollte, noch nicht beantwortet. Zum anderen ist das Potential an Kapital begrenzt, so daß der Konflikt sich nicht allein in der Frage nach der Kostentragungspflicht äußert, sondern darin, daß eine knappe Ressource überhaupt genutzt werden kann und sie damit notwendigerweise dem anderem Geschäftsbereich fehlt.345 Legt wenn man die Annahme zugrunde, daß sowohl die Dividendenrechte als auch die Aktienkurse der Gattungen direkt mit der wirtschaftlichen Situation der Geschäftsbereiche verknüpft sind, so zeigt sich, daß die finanziellen Interessen der Aktionäre der Aktiengattungen in einem eindeutigen Konflikt zueinander stehen. Der Grund hierfür ist in der Verteilung der zentralen Ressourcen und in den geschäftlichen Beziehungen zwischen den Geschäftsbereichen zu sehen. In beiden Bereichen bedeutet der Vorteil der einen Gattung einen impliziten Nachteil für die andere.

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Vgl. Beispiel bei Jaeger, Targeted Stock, S. 128. Vgl. auch Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2127 f.).

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(b) Gleichlauf der Gattungsinteressen Fraglich ist, ob die vorstehend beschriebenen Interessengegensätze in jedem Fall gegeben sein müssen. Zweifel können aufgrund der weiter bestehenden rechtlichen Einheit des Unternehmens und der Figur des ,retained interest‘ erhoben werden. Die Tatsache, daß im Falle einer tracking stock Struktur keine Spaltung des Unternehmens im rechtlichen Sinne vorgenommen wird, führt dazu, daß Verluste eines jeden Geschäftsbereichs notwendigerweise das Eigenkapital des Gesamtunternehmens verringern. Dies trifft alle Aktionäre der Gesellschaft gleichermaßen. Die Mittel, die nun für eine Ausschüttung in der Zukunft zur Verfügung stehen, verringern sich. Im Ergebnis kann dies dazu führen, daß keinerlei Mittel mehr für eine Ausschüttung einer Dividende zur Verfügung stehen oder die Gesellschaft liquidiert werden muß. Wird damit das Eigenkapital der Gesellschaft durch Verluste eines Geschäftsbereichs über die Zeit aufgezehrt, so richtet sich nicht nur das Interesse der Aktionäre, deren Gattung an diesen Geschäftsbereich gekoppelt ist, auf eine Besserung der Situation, sondern es läßt sich ebenfalls ein gleichgerichtetes Interesse der Aktionäre der anderen Gattung, die ebenfalls um ihre Dividenden fürchten müssen, feststellen.346 Dies überrascht vor dem Hintergrund der oben dargestellten Interessengegensätze, ist jedoch die Folge der weiter bestehenden rechtlichen Schicksalsgemeinschaft der Aktionäre aller Gattungen. Auch die Figur des sog. ,retained interest‘ führt in der Tendenz zu einer Angleichung der Interessen der tracking stock Aktionäre.347 Ist ein Geschäftsbereich im Sinne einer Eigenkapitalbeteiligung am anderen Bereich beteiligt und bekommt aus diesem Grund auch Teile des Erfolgs des anderen Bereichs gutgeschrieben, so werden die Grenzen zwischen den Geschäftsbereichen verwischt. Der Erfolg des einen Geschäftsbereichs fördert nun notwendigerweise den des anderen. In umgekehrter Richtung gilt dies jedoch nicht. Daraus folgt, daß sich die Interessen der Aktionäre beider tracking stock Gattungen am wirtschaftlichen Erfolg des einen Geschäftsbereichs (der, an dem ein ,retained interest‘ besteht) – wenn auch mit graduellen Unterschieden – decken.348 Am Wohlergehen des anderen sind jedoch weiterhin nur die Aktionäre einer Gattung interessiert. Der Konflikt der Interessen setzt sich hier somit fort. Es zeigt sich, daß es trotz der oben dargestellten Gegensätze in bestimmten Situationen zu einem Gleichlauf der Interessen der Aktionäre der tracking stock Gattungen kommen kann.

346 Dies gilt zumindest so lange, als nicht die Möglichkeit einer Auflösung oder eines Verkaufs des betreffenden Geschäftsbereichs in die Betrachtung mit einbezogen wird (vgl. dazu unten). 347 Vgl. Erstes Kapitel: B.II.1.b)dd)(1). 348 Da die Beteilung des einen Geschäftsbereichs am anderen u.U. nur sehr gering ist, profitieren die Aktionäre auch nur in entsprechend geringem Umfang von dessen Erfolg. Im Zweifel werden sie deshalb ihren eigenen Geschäftsbereich bevorzugen.

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(c) Auflösungsoption Wurde oben unter der Annahme, daß eine Auflösung der tracking stock Struktur nicht möglich ist, bei erheblichen Verlusten eines Geschäftsbereichs ein zumindest zeitweise gleichgerichtetes Interesse beider Aktionärsgruppen postuliert, so erhält die Situation einen neuen Aspekt, löst man diese Annahme auf. Reduzieren die Verluste eines Geschäftsbereichs das Eigenkapital der Gesellschaft über längere Zeit und erscheint eine Besserung der Situation nur mittels verstärkter Investitionen in den betreffenden Geschäftsbereich erreichbar, so ist zu erwarten, daß sich das Interesse der Aktionäre der anderen Gattung weniger auf ein solches Investitionsprogramm richten wird, das die begrenzten finanziellen Mittel des Unternehmens für längere Zeit binden würde, als darauf, den betreffenden Geschäftsbereich aus dem Unternehmen rechtlich auszugliedern oder aufzulösen und zu liquidieren. Auf diese Weise ließe sich das Problem ohne weitere Investitionen beseitigen. Aus Sicht der betroffenen Aktionäre stellt dies jedoch augenscheinlich keine glückliche Lösung dar. Es läßt sich damit zeigen, daß die Interessen der Aktionäre am Fortbestand ihres eigenen und des anderen Geschäftsbereichs kollidieren können. Im Falle eines dauernden wirtschaftlichen Mißerfolges eines Geschäftsbereichs kommt es folglich zu einem Konflikt über den Fortbestand der tracking stock Struktur. (d) Fehlende rechtliche Begründung der widerstreitenden Interessen In den vorstehenden Betrachtungen wurde davon ausgegangen, daß eine direkte Kopplung zwischen den wirtschaftlichen Erfolgen der Geschäftsbereiche und den Dividenden sowie den Aktienkursen der tracking stock Gattungen besteht. Wie sich gezeigt hat, kann aus rechtlicher Sicht davon jedoch kaum die Rede sein. Dem ,board‘ steht es weiter frei, ohne jegliche Einschränkungen die Dividendenhöhe festzulegen und auch sonst sind die Verbindungen zwischen den Geschäftsbereichen und den Aktionärsrechten eher schwach ausgeprägt. Vor dem Hintergrund dieser stärker an rechtlichen Aspekten ausgerichteten Betrachtungsweise scheint damit durchaus der Einwand gerechtfertigt, daß sich die dargestellten Interessengegensätze in den Aktionärsrechten kaum wiederfinden lassen. Solange die Rechte der Aktionäre nicht direkt rechtlich bindend an die wirtschaftlichen Erfolge der Geschäftsbereiche geknüpft sind, wäre bei rein formaler Betrachtung in der Tat nicht einsichtig, warum es zu Konflikten zwischen den Aktionärsgruppen kommen sollte. Ein derartiger auf die rechtliche Dimension konzentrierter Schluß würde jedoch dem Charakter des tracking stock Konzepts nicht gerecht und müßte sich vor allem den Vorwurf gefallen lassen, die tatsächliche Situation, wie sie sich in den Dividendenentscheidungen und den Aktienkursen manifestiert, zu ignorieren. Solange das ,board‘ bei der Leitung des Unternehmens und bei den Dividendenentscheidungen das tracking stock Konzept realisiert, bestehen auch die oben dargestellten Interessenkonstellationen, mögen sie auch eher auf faktischen Zusammenhängen beruhen, denn auf rechtlich zwingenden Rechten. An der Brisanz der Kon-

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flikte für die Aktionäre ändert die schwach ausgeprägte rechtliche Fundierung jedenfalls nichts. bb) Auswirkungen der Entscheidungen des ,board‘ auf die Gattungsinteressen In einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur liegen, das haben die obigen Untersuchungen gezeigt, alle wesentlichen Entscheidungen außer der Änderung des ,certificate of incorporation‘ in den Händen des ,board of directors‘. Über nahezu jede Entscheidung beeinflußt das ,board‘ unmittelbar die konfliktären Interessen der Aktionäre. Die wesentlichen Entscheidungen des ,board‘ lassen sich dabei der Gliederung von Hass349 folgend in sechs Arten aufgliedern. Zum ersten hat das ,board‘ die knappen Ressourcen des Unternehmens (finanzielle Mittel, sonstige Betriebsmittel sowie Arbeitskräfte), die Kosten zentraler Einrichtungen, die von mehreren Geschäftsbereichen genutzt werden, sowie die Geschäftschancen zwischen den Geschäftsbereichen aufzuteilen. Weiter können Entscheidungen, die öffentliche Meinung oder politische Prozesse in einem bestimmten Sinne zu beeinflussen, unterschiedliche Auswirkungen auf die Geschäfte der Geschäftsbereiche haben. Als dritte Art ist die Dividendenentscheidung selbst zu nennen. Viertens sind die Bedingungen zu bestimmen, zu denen Transaktionen, wie die Kreditgewährung oder der Austausch von Lieferungen, Leistungen oder technischem Know-how zwischen den Geschäftsbereichen abzuwickeln sind. Fünftens kann das ,board‘ über eine Auflösung der tracking stock Struktur und damit über einen Umtausch der Aktien einer Gattung in solche einer anderen entscheiden und sechstens ist neu aufgenommenes Eigen- oder Fremdkapital auf die Geschäftsbereiche zu verteilen. Allen diesen Entscheidungen (wohl aber mit Ausnahme der Einflußnahme auf die öffentliche Meinung und Politik) ist gemeinsam, daß sie einem Geschäftsbereich und damit dessen Aktionären einen Vorteil verschaffen und spiegelbildlich dazu den anderen Geschäftsbereich benachteiligen werden. In den seltensten Fällen wird das ,board‘ die Interessen eines Geschäftsbereiches fördern und gleichzeitig den anderen Bereich unberührt lassen können. Es stellt sich damit die Frage, nach welche rechtlichen Grundsätzen das ,board‘ einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur seine Geschäftsführungsentscheidungen treffen soll, ohne in den Verdacht zu geraten, bestimmte Aktionärsgruppen zu bevorzugen oder zu benachteiligen. Die Brisanz dieser Frage wird noch dadurch verstärkt, daß verschiedene Situationen denkbar sind, in denen die Gefahr besteht, daß die ,directors‘ bei ihrer Ent349 Vgl. Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2121 ff.). Ähnlich die Gliederung von Schick, Wash.L.Rev. 2000, 1365 (1374) in Konflikte hinsichtlich der Verteilung von Ressourcen und Geschäftschancen, hinsichtlich Aktienrückkäufen und Dividendenzahlungen sowie hinsichtlich der Geschäftsbeziehungen zwischen den Sparten.

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scheidung von eigenen Interessen beeinflußt werden. In den USA ist es üblich, daß die Mitglieder des ,board‘ in nennenswertem Umfang Aktien der betreffenden Gesellschaft halten. Sie sind damit nicht nur Mitglieder der Geschäftsleitung, sondern auch Aktionäre. Mag dies in einer Gesellschaft mit herkömmlicher Eigenkapitalstruktur zu einer verbesserten Motivation und einer an den Interessen der Aktionäre ausgerichteten Unternehmensleitung führen350, so kann die Beteiligung der Mitglieder des ,board‘ im Falle einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur erhebliche Probleme aufwerfen. Profitieren die ,directors‘ aufgrund einer stärkeren Beteiligung an einer Aktiengattung überproportional am Erfolg eines Geschäftsbereichs oder sind sie sogar nur an einer Gattung beteiligt, so können sie den oben aufgeführten Entscheidungen kaum mehr unvoreingenommen gegenüberstehen, sondern laufen Gefahr, durch ihre eigenen finanziellen Interessen beeinflußt zu werden.351 Auch die Wahl der ,directors‘ führt zu einer entsprechenden Problematik. Es besteht die Gefahr, daß sich solche ,directors‘, die vorwiegend von den Aktionären einer bestimmten tracking stock Gattung gewählt wurden, in ihren Entscheidungen eher an den Interessen dieser Gattung orientieren, sei es um diesbezügliche Erwartungen nicht zu enttäuschen oder in der Zukunft durch die gleiche Aktionärsgruppe wieder gewählt zu werden. Besonders problematisch ist dies wohl dann, wenn eine sehr große tracking stock Gattung einer Minderheitsgattung gegenübersteht, da dann faktisch die Entscheidungen über die Posten im ,board‘ im wesentlichen einer Aktiengattung obliegen. Eine Bevorzugung eines bestimmten Geschäftsbereichs durch einen ,director‘ ist auch dann zu befürchten, wenn dieser, was bei ,inside directors‘ wohl meistens der Fall sein wird, gleichzeitig als ,officer‘ für den betreffenden Geschäftsbereich tätig ist. Die tägliche Arbeit für diesen Bereich wird notwendigerweise zu einer verstärkten Identifikation mit dessen Anliegen führen, dem sich die Person in seiner Rolle als ,director‘ wohl schwerlich vollständig wird entziehen können.352 Besonders gefährlich erscheint die Tatsache, daß der Erfolg des ,officer‘ im Zweifel an der Entwicklung des ihm anvertrauten Geschäftsbereichs gemessen werden wird, was seine Entscheidungen im ,board‘ zusätzlich beeinflussen dürfte.353 Bei all den dargestellten Interessenkonflikten ergibt sich nicht nur die Gefahr einer bewußt an den eigenen Interessen ausgerichteten Entscheidung der Mitglieder des ,board‘. Als viel brisanter stellt sich vielmehr die Möglichkeit dar, daß die Entscheidungen unbewußt beeinflußt werden könnten. Dies erscheint auch deshalb um so wahrscheinlicher, als für jede Geschäftsführungsentscheidung, die einem Geschäftsbereich einen Vorteil verschafft, das Argument angeführt werden kann, Vgl. Folk, Delaware General Corporation Law, § 141.2.1.3. Vgl. ausführlich und insbesondere dazu, nach welchen verschiedenen Methoden die ,disproportionate equity position‘ der Mitglieder des ,board‘ ermittelt werden kann, Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2132 ff.). 352 Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2135 ff.). 353 So wohl auch Jaeger, Targeted Stock, S. 127. 350 351

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die Entscheidung diene den Interessen der Aktionäre (des betreffenden Geschäftsbereichs).354 Dies unterscheidet die in Frage stehenden Interessenkonflikte von solchen in einer herkömmlichen Gesellschaft. Geht dort der persönliche Vorteil eines ,directors‘ meist zu Lasten der Gesellschaft und der Aktionäre, entsprechen hier zumindest die Interessen eines Teils der Aktionäre denen des Entscheidungsträgers. cc) Zusammenfassung Es hat sich gezeigt, daß die Einführung einer tracking stock Struktur zu einer erheblichen Veränderung in den Interessenrichtungen der beteiligten Aktionäre führt. Von der regelmäßig gegebenen Einheit der Interessen im Sinne, daß ein Vorteil für die Gesellschaft gleichzeitig auch einen solchen für die Aktionäre darstellt, kann nicht mehr ohne weiteres ausgegangen werden. Dieser einer tracking stock Struktur inhärente Interessengegensatz begründet wohl den größten Unterschied zu einer herkömmlichen Eigenkapitalstruktur. Gleichzeitig besteht die konkrete Gefahr, daß die Mitglieder des ,board‘ bei ihren Geschäftsführungsentscheidungen in einen Konflikt zwischen ihren eigenen Interessen und denen bestimmter Gruppen von Aktionären verwickelt werden. Es stellen sich damit zwei Fragen: Zum einen, wie sich die Interessenkonflikte zwischen den Aktionären auf die Entscheidungen der Hauptversammlung auswirken werden und zum anderen, auf welche Weise eine interessengerechte Führung der Geschäfte des Unternehmens sichergestellt werden kann und wie auf die besondere Situation der Mitglieder des ,board‘ zu reagieren ist.

b) Überblick über die Entscheidungssituation in der Hauptversammlung sowie den Minderheitenschutz Die oben dargestellten Konflikte zwischen den Aktionären der beiden tracking stock Gattungen lassen unweigerlich die Frage nach dem Schutz einer Minderheitsgattung aufkommen. Trotz des sehr geringen Einflusses, den die Hauptversammlung ausüben kann, erscheint die Gefahr einseitiger Beschlüsse insbesondere bei Satzungsänderungen und der Wahl des ,board of directors‘ als gegeben. Grundsätzlich können die Aktionäre einer ,corporation‘ bei allen Abstimmungen in den ,shareholders‘ meetings‘ nach ihren persönlichen Interessen abstimmen. Sie sind im allgemeinen nicht durch besondere Pflichten gegenüber der Gesellschaft oder anderen Anteilseignern gebunden. Etwas anderes gilt grundsätzlich nur dann, wenn ein Aktionär durch eine Mehrheitsposition maßgeblichen Einfluß in der Gesellschaft gewinnt. In einem derartigen Fall unterliegt er sowohl im Verhältnis zur Gesellschaft als auch gegenüber den anderen Anteilseignern einer Treuebindung, die ihn verpflichtet, auf die Belange der Gesellschaft und die 354

So auch Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2158.).

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

der anderen Aktionäre angemessen Rücksicht zu nehmen.355 In bestimmten außergewöhnlichen Fällen können daneben auch Minderheitsaktionäre einer ,duty of loyalty‘ unterliegen.356 Im vorliegenden Kontext erscheinen zwei mögliche Beschlußarten der Hauptversammlung als problematisch. Sollen die Regelungen des ,certificate of incorporation‘ geändert werden, so könnten die Aktionäre einer Gattung versucht sein, Rechte der anderen Gattung zu beschneiden, ihre eigenen zu erweitern oder sonstige sie einseitig bevorzugende Regelungen zu verankern. Dieser Gefahr begegnet jedoch schon § 242 (b)(2) S. 1 Del.Gen.Corp.L., der für diese Fälle Sonderabstimmungen der Aktionäre der negativ betroffenen Gattung vorschreibt. Im Falle von GM sind die hierzu notwendigen Mehrheitserfordernisse noch über das gesetzlich geforderte Maß hinaus verschärft worden.357 Weiterhin können auch die Vorschriften der Aktienbörsen, an denen die Aktien gehandelt werden, z. B. bei bestimmten Kapitalerhöhungen, Sonderabstimmungen der Aktionäre einer Gattung vorschreiben.358 Insoweit ist davon auszugehen, daß die Rechte der Minderheit nicht ohne weiteres ohne ihre Zustimmung verändert werden können. Problematischer stellt sich die Situation bei der Wahl der ,directors‘ dar. Wie bereits oben gezeigt wurde, hat das ,board‘ erheblichen Einfluß auf die Verteilung der Gewinne zwischen den Geschäftsbereichen und wird über nahezu jede Geschäftsführungsentscheidung den Erfolg der Geschäftsbereiche auch u.U. auf Kosten des anderen Bereichs beeinflussen. Der Wahl der ,directors‘ kommt damit aus Sicht der Anteilseigner eine erhebliche Bedeutung für die Durchsetzung ihrer Interessen zu. Es ist zu befürchten, daß die Mehrheitsgattung solche Kandidaten in das ,board‘ wählen wird, von denen zu erwarten ist, daß sie dem betreffenden Geschäftsbereich besonders gewogen sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Mehrheitsverhältnisse ungleich verteilt sind. So steht bei GM der relativ kleinen Gattung ,Class H Common Stock‘ mit 600.000.000 ,authorized shares‘ – davon am 28. 2. 1997 100.831.170 in Publikumsbesitz359 und einem Stimmrecht von 0,5360 – die Mehrheitsgattung ,Common Stock‘ mit 2.000.000.000 ,authorized shares‘, von denen zur gleichen Zeit 743.213.618 Stück in Publikumsbesitz befanden361 und die jeweils eine ganze Stimme verbriefen, gegenüber.362 Einer besonderen Treuebindung unterliegen die Aktionäre bei der 355 Folk, Delaware General Corporation Law, § 151.6. m. w. N.; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 669 f.; ausführlich Guntz, Treubindungen, S. 47 ff. 356 Vgl. dazu Guntz, Treubindungen, S. 65 ff.; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 670. 357 Vgl. Erstes Kapitel: B.II.1.e)aa). 358 Natusch, Tracking Stock, S. 87 f.; Steinberger / Hass, Tracking Stocks, S. 523 (541). 359 GM, Annual Report vom 20. 3. 1997, S. 1. 360 GM, Annual Report vom 20. 3. 1997, S. II – 34. 361 GM, Annual Report vom 20. 3. 1997, S. 1.

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Wahl der Mitglieder des ,board of directors‘ nicht.363 Der Mehrheitsgattung ist es damit grundsätzlich möglich, ihre Wunschkandidaten durchzusetzen. Der Gefahr einseitiger Entscheidungen des ,board‘ kann damit nur durch eine Kontrolle der ,board‘ Beschlüsse begegnet werden, auf die im folgenden einzugehen sein wird.

c) Die Interessenkonstellation und die Pflichtenstellung der ,directors‘ Die Notwendigkeit eines rechtlichen Rahmens, der sicherstellt, daß Minderheitsinteressen nicht schutzlos dem Willen der Mehrheit oder eines befangenen ,board of directors‘ ausgeliefert sind, kann wohl vor dem Hintergrund der oben beschriebenen Konflikte nicht ernstlich in Zweifel gezogen werden.364 Aus rechtlicher Sicht stellt sich dabei die Frage, ob die herkömmlichen Pflichten, denen die ,directors‘ bei der Leitung des Unternehmens unterliegen, weiterhin in der Lage sind, die zu erwartenden Spannungen in einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur sinnvoll aufzulösen. Notwendig sind zum einen klare Richtlinien, anhand derer kritische Entscheidungen getroffen werden können, zum anderen Regelungen, die in den Fällen, in denen eigene Interessen der Mitglieder des ,board‘ involviert sind, ein ausgewogenes Ergebnis sicherstellen.

aa) Überblick über die Pflichten der ,directors‘ Nach sämtlichen ,corporation laws‘ der Staaten obliegt die Leitung der Geschäfte der ,corporation‘ dem ,board of directors‘ (vgl. § 141 [a] Del.Gen.Corp.L.), während die Aktionäre die Mitglieder des ,board‘ wählen und sonst nur bei grundlegenden Entscheidungen wie der Änderung des ,certificate of incorporation‘ Einfluß nehmen können (sog. ,statutory scheme‘).365 Dem ,board‘ obliegen insbesondere die Aufgaben, die allgemeinen Ziele und Leitlinien der Geschäftspolitik festzulegen sowie für eine geeignete Organisation des Geschäftsbetriebs zu sorgen, die leitenden Angestellten zu bestimmen und die wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung der Gesellschaft zu überwachen. In der Praxis überträgt das ,board of directors‘ die Strategieentwicklung sowie die Führung des Tagesgeschäfts vollständig auf die leitenden Angestellten (,officers‘) und insbesondere den ,chief executive officer‘ und nimmt selbst nur noch Kontrollaufgaben war.366 Das ,board‘ setzt 362 Anders stellt sich die Situation bei US West dar. Hier stehen sich praktisch ebenbürtige Gattungen gegenüber (,Communications Stock‘: ,authorized‘: 2.000.000.000, ,outstanding‘ [30. 1. 1998]: 485.060.950; ,Media Stock‘: ,authorized‘: 2.000.000.000, ,outstanding‘ [30. 1. 1998]: 608.143.720 [US West, Annual Report vom 25. 3. 1998, S. 1]), wobei zu bemerken ist, daß sich die Mehrheitsverhältnisse durch die an die Aktienkurse gekoppelten Stimmrechte verändern können. 363 Vgl. Zusammenstellung der Fallgruppen bei Guntz, Treubindungen, S. 65 ff. 364 Ebenso Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2163 f.). 365 Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 482 ff.

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sich meist aus zwei Gruppen von Mitgliedern zusammen. Während die sog. ,inside directors‘ gleichzeitig als ,officers‘ bei der betreffenden Gesellschaft tätig sind, kommen die ,outside directors‘ aus anderen Unternehmen und sind nicht in das Tagesgeschäft involviert.367 Alle Mitglieder des ,board‘ werden von den Aktionären im ,annual shareholders meeting‘ gewählt und können von diesen auch wieder aus dem Amt entfernt werden (§ 141 [k] Del.Gen.Corp.L.).368 Die ,directors‘ und ,officers‘369 unterliegen bei ihrer Tätigkeit für die Gesellschaft zwar einem komplexen System von Pflichten, bestehend aus der ,duty of care‘ sowie der ,duty of loyalty‘, sind aber auf der anderen Seite vor einer vollständigen Überprüfung ihrer Entscheidungen wiederum durch die sog. ,business judgment rule‘ geschützt.370 Während in viele Staaten eine gesetzlich begründete ,duty of care‘ existiert, hat es der Gesetzgeber in Delaware den Gerichten überlassen, diese Pflicht zu begründen und auszugestalten.371 Die ,duty of care‘ regelt die Frage, welchen Sorgfaltsanforderungen die ,directors‘ bei ihren Entscheidungen zu genügen haben. Eine Verletzung der Pflicht macht schadensersatzpflichtig. 372 Die Gerichte in Delaware sehen die ,duty of care‘ dann als erfüllt an, wenn die ,directors‘ mit der Sorgfalt gehandelt haben, die eine Person mit angemessener Einsichtsfähigkeit in der gleichen Situation hätte walten lassen.373 Der ,director‘ hat sich u. a. vor einer Entscheidung ausreichend zu informieren, hat an den Sitzungen des ,board of directors‘ teilzunehmen sowie die Aktivitäten der ,officers‘ bei der Führung der laufenden Geschäfte der Gesellschaft zu überwachen.374 366 Vgl. zur Machtverteilung zwischen ,board‘ und ,officers‘ sowie zu den aktuellen Vorschlägen zur Reformierung des ,board‘ Systems Cox / Hazen / O’Neal, Corporations, §§ 9.2, 9.3.; Windbichler, ZGR 1985, 50 (56 ff.). 367 Problematisch ist, daß die ,outside directors‘ aufgrund der Tatsache, daß sie nicht direkt in die Geschäfte der Gesellschaft involviert sind, ein erhebliches Informationsdefizit gegenüber den ,inside directors‘ haben, vgl. zu diesem Problemkreis, Cox / Hazen / O’Neal, Corporations, § 9.2; Brodsky / Adamski, Corporate Officers and Directors, § 2:02, 2:03 m. w. N.; Kindler, Board of Directors, S. 34 ff., 125 ff. 368 Vgl. dazu Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, § 4.4; Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 511 ff. 369 Die Pflichten der ,executive officers‘ entsprechen im wesentlichen denen der ,directors‘, so daß im folgenden auf eine gesonderte Nennung der ,officers‘ verzichtet werden soll (vgl. Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 668). 370 Vgl. zur dogmatischen Herleitung der Pflichten, auf die hier nicht weiter eingegangen werden kann, Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 667. 371 Übersicht über die Regelungen in anderen Staaten bei Brodsky / Adamski, Corporate Officers and Directors, § 2:04. 372 Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 672. 373 Die Sorgfalt, die ein „( . . . ) ordinary careful and prudent man would use under similar circumstances.“ Graham v. Allis-Chalmers Mfg. Co., 188 A.2d 125, 130 (Del. 1963). In anderen Bundesstaaten wird zum Teil auch darauf abgestellt, welche Sorgfalt der betreffende ,director‘ in eigenen Angelegenheiten walten läßt (Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 677).

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Der materielle Sorgfaltsmaßstab der ,duty of care‘ wird jedoch weiter von der bereits erwähnten ,business judgment rule‘ überlagert und die Kontrolldichte dadurch erheblich reduziert. Nach dieser Regel überprüfen die Gerichte eine Entscheidung des ,board‘ dann nicht anhand des Maßstabs der ,duty of care‘, wenn bei der Entscheidung bestimmte Mindestanforderungen erfüllt worden sind. Die ,business judgment rule‘ wirkt damit in erster Linie375 als Vermutungsregel (,presumption‘)376, die, wenn sie eingreift, bereits vor einer materiellen Prüfung die vollständige richterliche Kontrolle der Entscheidung verhindert.377 Hinter der Vermutungswirkung der ,business judgment rule‘ steht die grundsätzliche Annahme US-amerikanischer Gerichte, daß geschäftliche Entscheidungen in erster Linie den Mitgliedern des ,board‘ überlassen bleiben und erst dann durch die Gerichte überprüft und korrigiert werden sollten, wenn das Management die elementarsten Anforderungen an ein situationsgerechtes Vorgehen außer Acht gelassen hat.378 In der Rechtsprechung existieren eine Vielzahl unterschiedlicher Umschreibungen der ,business judgment rule‘.379 Als notwendig wird im allgemeinen angesehen, daß das ,board of directors‘ im nach den konkreten Umständen erforderlichen Maße über die Grundlagen der zu treffenden Entscheidung informiert war, in gutem Glauben entschieden hat, d. h. nicht aufgrund eigener Interessen befangen war, und in der Überzeugung gehandelt hat, die Entscheidung im besten Interesse der Gesellschaft zu fällen.380 Genügt die Entscheidung nicht diesen Anforderungen, so wird sie von den Gerichten am vollem Sorgfaltsmaßstab der ,duty of care‘ gemessen. Obwohl sich die ,duty of care‘ und die ,business judgment rule‘ in ihren Funktionen recht gut unterscheiden lassen, werden beide Rechtsinstitute in Rechtsprechung und Literatur in den meisten Fällen nicht getrennt behandelt, sondern zu 374 Brodsky / Adamski, Corporate Officers and Directors, § 2:01; Branson, Corporate Governance, §§ 6.07, 6.08; Folk, Delaware General Corporation Law, § 141.2.1.1. jeweils mit weiteren Beispielen. 375 Daneben wird in neuerer Zeit die ,business judgment rule‘ auch als eine ,substantive rule of law‘ angesehen, nach der unterstellt wird, daß die Handlungen eines nicht befangenen ,directors‘ grundsätzlich interessengerecht und sorgfältig vorgenommen worden sind (vgl. Folk, Delaware General Corporation Law, § 141.2.2.2.; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 673, 682). 376 Vgl. zu diesem Begriff Branson, Corporate Governance, § 7.13; Grass, Business Judgment Rule, S. 46 ff. 377 Man spricht in diesem Zusammenhang von einem sog. ,safe habor‘ in dem die ,directors‘ vor einer Überprüfung ihrer Entscheidungen geschützt sind (Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 682). 378 Vgl. dazu und zu weiteren Überlegungen die hinter der ,business judgment rule‘ stehen, Grass, Business Judgment Rule, S. 25 ff.; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 683 ff. 379 Vgl. Übersicht bei Branson Corporate Governance, § 7.02; für Delaware Folk, Delaware General Corporation Law, § 141.2.2.1. Fn. 68. 380 Smith v. Van Gorkom 488 A.2d 858, 872 (Del. 1985); Cannon / Tangney, Colum.Bus. L.Rev. 1995, 725 (733 f.); vgl. auch Coffee, Organhaftung, S. 165 (180 ff.).

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einem Sorgfaltsmaßstab zusammengeführt. Dies führt dazu, daß die Mitglieder des ,board‘ erst dann für eine pflichtwidrige Entscheidung verantwortlich gemacht werden können, wenn sie den Maßstab der ,gross negligence‘ verletzt haben, der im wesentlichen der deutschen groben Fahrlässigkeit entspricht.381 Der Maßstab der ,gross negligence‘ wird von den Gerichten jedoch letztlich einzelfallbezogen bestimmt, so daß die Urteile oft nur teilweise miteinander vereinbar sind und sich eine einheitliche Linie nur schwer erkennen läßt.382 Generell sind die Anforderungen, die die Gerichte in Delaware an die Entscheidungen des ,board‘ stellen, jedenfalls niedrig. Erst eine Entscheidung „( . . . ) without the bounds of reason ( . . . )“ sei ,gross negligent‘.383 Erst dann, wenn sich keinerlei wie auch immer geartete Gründe mehr für die Entscheidung anführen lassen, sie sich vielmehr als ein Mißbrauch der Kompetenz des ,board‘ darstellt, ist die Schwelle zur Sorgfaltswidrigkeit überschritten.384 Zusätzlich zu diesem schon sehr geringen Standard sieht das Delaware General Corporation Law in § 102 (b)(7) weiterhin vor, daß durch Regelungen im ,certificate of incorporation‘ die Verantwortlichkeit der ,directors‘ für sorgfaltswidriges Verhalten weiter beschränkt werden kann.385 Während damit die ,duty of care‘ die Sorgfaltsanforderungen statuiert, denen die ,directors‘ zu genügen haben, regelt die ,duty of loyalty‘ die Treuepflichten des Managements. Die Mitglieder des ,board‘ sind danach verpflichtet, im besten Interesse der Gesellschaft zu handeln und sich nicht auf deren Kosten zu bereichern.386 Verhindert werden soll, daß ein ,director‘, sieht er sich einem Konflikt zwischen seinen eigenen finanziellen Interessen und denen der Gesellschaft gegenüber, seine eigenen Interessen realisiert und auf diese Weise die Gesellschaft schädigt. Hat der Kläger einmal nachgewiesen, daß bei der in Frage stehenden Entscheidung der ,director‘ in einem Interessenkonflikt stand, so kann sich der Be381 Smith v. Van Gorkom, 488 A.2d 858, 873 (Del. 1985); Folk, Delaware General Corporation Law, § 141.2.2.4.; Hinnant, Wake Forest L.Rev. 32 (1988), 163 (168); Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 674; Aronson v. Lewis, 473 A.2d 805, 812 (Del. 1984) (vgl. dazu ausführlich Block / Radin / Rosenzweig, Bus.Law. 1990, 469 [475 ff.]); zur Kritik an dieser Entwicklung Cohn, Tex.L.Rev. 62 (1983), 591 (602). 382 Vgl. zu den einzelnen Problemfällen Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, § 4.34; Block / Barton / Radin, Business Judgment Rule, S. 63 ff.; Branson, Corporate Governance, § 6.02 ff.; Brodsky / Adamski, Corporate Officers and Directors, § 2:07 ff.; Cox / Hazen / O’Neal, Corporations, §§ 10.4, 10.5; Folk, Delaware General Corporation Law, § 141.2.2.4. 383 Rabkin v. Philip A. Hunt Chem. Corp., 547 A.2d 963, 970 (Del. 1986). 384 Aronson v. Lewis, 473 A.2d 717, 720 (Del. 1971); vgl. Coffee, Organhaftung, S. 165 (180 ff.). 385 Vgl. zu den Anforderungen an die Regelungen im ,certificate‘ und der Kritik an der Vorschrift Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 699. 386 „Corporate officers and directors are not permitted to use their position of trust and confidence to further their private interests. Wile technically no trustees, they stand in a fiduciary relation to the corporation and its stockholders.“ Guth v. Loft, Inc., 5 A.2d 503, 510 (Del. 1939); vgl. dazu Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, § 4.35; Branson, Corporate Governance, § 8.02.; Folk, Delaware General Corporation Law, § 141.2.1.1.

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klagte zu seiner Verteidigung nicht mehr auf die ,business judgment rule‘ berufen. Diese gewährt nur bei solchen Entscheidungen Schutz, in denen der Entscheidungsträger eben keiner Konfliktsituation zwischen seinen und den fremden Interessen ausgesetzt war.387 Hat der Kläger einmal auf diese Weise die Hürde der ,business judgment rule‘ überwunden, so liegt es im folgenden am ,director‘ nachzuweisen, daß seine Entscheidung nicht unzulässigerweise durch persönliche Umstände beeinflußt worden war, sondern alle beteiligten Interessen ausgewogen zur Geltung gebracht wurden.388 Die Formen, in denen es zu Konflikten zwischen den persönlichen Interessen der ,directors‘ und denen der Gesellschaft kommen kann und damit die ,duty of loyalty‘ betroffen ist, sind vielgestaltig. Sie reichen von Geschäften, die zwischen beiden abgeschlossen werden, über die Bestechung von Mitgliedern des ,board‘ bis hin zum Insider-Handel oder der Gewährung von Vergütungen.389 Die Rechtsprechung hat im Bestreben, den Besonderheiten dieser einzelnen Fallgestaltungen gerecht zu werden, fußend auf der ,duty of loyalty‘ unterschiedliche spezifische Anforderungen entwickelt, auf die hier nicht weiter eingegangen werden soll. Die meisten Staaten, so auch Delaware, haben für den speziellen Fall, daß es zu einem Vertragsschluß oder einer sonstigen Transaktion zwischen der ,corporation‘ und einem ,director‘ oder einer Organisation, an der ein ,director‘ eine finanzielles Interesse hat, kommt, sog. ,interested director statutes‘ erlassen (§ 144 [a] Del. Gen.Corp.L.). Danach ist eine solche Transaktion nicht schon allein aufgrund der Tatsache, daß ein ,director‘ auf beiden Seiten der Transaktion beteiligt ist, unwirksam, wie dies noch unter den früheren Regeln des ,Common Law‘ der Fall gewesen wäre.390 Nach § 144 (a)(3) Del.Gen.Corp.L. prüft das Gericht vielmehr die Ausgewogenheit (,fairness‘) der Transaktion, die Frage also, ob die Interessen der Gesellschaft in ausreichendem Maße berücksichtigt worden sind. Beweispflichtig für diese Tatsache ist grundsätzlich der beklagte ,director‘. Hat jedoch an der in Frage stehenden Entscheidung des ,board‘ eine Mehrheit von nicht mit einem Interessenkonflikt belasteten ,directors‘ mitgewirkt, und waren diese über die besonderen Umstände des Falles informiert (§ 144 [a][1] Del.Gen.Corp.L.) oder hat eine Mehrheit der vorher ausreichend informierten Aktionäre die Transaktion genehmigt (§ 144 [a][2] Del.Gen.Corp.L.), so wechselt die Beweislast und der Kläger hat darzulegen, aus welchen Gründen die Bedingungen der Transaktion nicht ausgewogen (,unfair‘) waren.391 Dieser ,fairness test‘ des § 144 (a)(3) Del. 387 Cinerama, In. v. Technicolor, Inc., 663 A.2d 1156, 1162 (Del. 1995); Block / Barton / Radin, Business Judgment Rule, S. 22 ff.; Branson, Corporate Governance, § 7.08.; Folk, Delaware General Corporation Law, § 141.2.2.3. 388 Weinberg v. UOP, Inc., 457 A.2d 701 (Del. 1983); vgl. dazu Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, § 4.35 (S. 238 ff.); Cannon / Tangney, Colum.Bus.L.Rev. 1995, 725 (734 ff.); Folk, Delaware General Corporation Law, § 144.4. 389 Weitere Beispiele bei Block / Barton / Radin, Business Judgment Rule, S. 126 ff.; Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2153 Fn. 221). 390 Vgl. dazu Brodsky / Adamski, Corporate Officers and Directors, §§ 3:02, 3:05.

9 Nolte

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Gen.Corp.L. hat zwei Teile. Zum einem muß der Prozeß der Entscheidungsfindung, z. B. wann die Transaktion stattgefunden hat, wie verhandelt wurde und wie die Zustimmung der ,directors‘ oder Aktionäre erzielt wurde, dem Maßstab der ,fairness‘ genügen (,fair dealing‘), zum anderen muß die Transaktion selbst, d. h. des Verhältnis von Leistung und Gegenleistung wirtschaftlich gerechtfertigt sein (,fair price‘).392 Bei der Prüfung, ob diese Anforderungen erfüllt wurden, hat das Gericht in einer umfassenden Würdigung aller Umstände letztlich zu klären, ob die Bedingungen, zu denen die Transaktion durchgeführt wurde, denen entsprachen, die zwischen der Gesellschaft, vertreten durch ein vollständig unbefangenes ,board‘, und einer dritten unbeteiligten Person unter gleichen Umständen vereinbart worden wären.393 Insgesamt läßt sich feststellen, daß eine abstrakte, für alle denkbaren Fälle gültige Definition dafür, unter welchen Umständen die ,directors‘ ihre ,duty of loyalty‘ verletzen, nicht existiert. Die Rechtsprechung geht vielmehr stark einzelfallbezogen vor und wendet, je nachdem, in welcher Form sich die Interessen von Gesellschaft und ,director‘ gegenüberstehen, unterschiedliche Maßstäbe an.394 bb) Die ,duty of care’ Die ,directors‘ unterliegen bei ihren Geschäftsführungsentscheidungen der ,duty of care‘. Ebenso wie in einer Gesellschaft mit herkömmlicher Eigenkapitalstruktur, so ist auch für die Aktionäre in einer solchen mit tracking stock Struktur die Sorgfalt, die vom Management bei der Führung der Geschäfte angewandt wird, von höchster Wichtigkeit. Nur sorgfältig geplante und durchgeführte Entscheidungen ermöglichen letztlich ein erfolgreiches Wirtschaften. Fraglich ist jedoch, ob dieser Sorgfaltsmaßstab helfen kann, die Probleme zu lösen, die sich aus den obigen Interessenkonflikten zwischen den Aktionärsgruppen ergeben. In der Tat resultie391 Obwohl § 144 Del.Gen.Corp.L. auf den ersten Blick Alternativbedingungen zu enthalten scheint, hat die Rechtsprechung entschieden, daß die Einhaltung der Anforderungen des § 144 (a)(1)(2) Del.Gen.Corp.L. nicht dazu führen dürfe, daß eine Transaktion, die die Gesellschaft eindeutig schädige, Bestand haben dürfe. Würden die genannten Bedingungen eingehalten, so wechsele allein die Beweislast und es sei nun am Kläger nachzuweisen, daß die betreffende Transaktion ,unfair‘ gewesen sei (Cinerama, Inc. v. Technicolor, Inc., 663 A.2d 1134, 1154 [Del. 1994]; Kahn v. Tremenot Corp., 694 A.2d 422 [Del. 1995]); vgl. dazu Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, § 4.35; Brodsky / Adamski, Corporate Officers and Directors, § 3:07. 392 Weinberger v. U.O.P., Inc., 457 A.2d 701, 711 (Del. 1983); Sealy Mattress Co. of N.J., Inc. v. Sealy, Inc., 532 A.2d 1324, 1335 (Del. 1987); Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, § 4.35; Cannon / Tangney, Colum.Bus.L.Rev, 1995, 725 (734); Folk, Delaware General Corporation Law, § 141.2.3. 393 Jonston v. Greene 121 A.2d 919, 925 (Del. 1956); Flieger v. Lawrence, 361 A.2d 218, 224 (Del. 1976). Für andere Definitionen von ,fairness‘ siehe Brodsky / Adamski, Corporate Officers and Directors, § 3:05. 394 Branson, Corporate Governance, § 8.16, vgl. zu den unterschiedlichen denkbaren Fällen der Interessenkonflikte ders., § 8.18 ff.; Brodsky / Adamski, Corporate Officers and Directors, § 3:11.

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ren diese nicht daraus, daß die ,directors‘ bei ihren Entscheidungen nicht ausreichend informiert wären oder sonst unzureichende Sorgfalt walten ließen. Vielmehr kann auch ein noch so sorgfältiges Vorgehen, bei dem z. B. anstehende Investitionsentscheidungen anhand allgemein anerkannter Entscheidungskalküle auf Basis von Kalkulationszinssätzen getroffen werden, nicht verhindern, daß die Geschäftsbereiche in unterschiedlicher Weise betroffen werden.395 Die in Frage stehenden Konflikte werden deshalb durch die ,duty of care‘ nicht berührt. Diese kann zwar weiter die Rolle spielen, die ihr auch in einer Gesellschaft mit herkömmlicher Kapitalstruktur zukommt, nämlich rationale wohlinformierte Entscheidungen einzufordern. Die spezifischen Probleme einer tracking stock Struktur mag sie jedoch nicht zu entschärfen.396 cc) § 144 (a) Del.Gen.Corp.L. und die ,duty of loyalty‘ Als Instrument zur Beherrschung der vorliegenden Konflikte weit passender als die ,duty of care‘ erscheint auf den ersten Blick die ,duty of loyalty‘, deren Aufgabe es gerade ist, Interessenkonflikten entgegenzuwirken oder zumindest sicherzustellen, daß die Ausgewogenheit bei bestimmten Transaktionen gewährleistet ist. Sowohl für die Anwendbarkeit von § 144 (a) Del.Gen.Corp.L. als auch für den ,fairness test‘ der ,duty of loyalty‘ nach ,Common Law‘ muß ein Interessenkonflikt vorliegen. Fraglich ist jedoch, ob damit auch die spezifischen Konflikte erfaßt werden, die im Rahmen einer tracking stock Struktur entstehen. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut von § 144 (a) Del.Gen.Corp.L. liegt ein Interessenkonflikt dann und nur dann vor, wenn der ,director‘ als Partei an einem Vertrag oder einer sonstigen Transaktion mit der Gesellschaft beteiligt ist oder ein finanzielles Interesse an einem anderen Rechtsträger hat, der einen Vertrag oder eine sonstige Transaktion mit der Gesellschaft vornimmt. Beide Fälle liegen bei den in Frage stehenden Konflikten jedoch eindeutig nicht vor.397 Weder werden Verträge zwischen ,director‘ und Gesellschaft geschlossen, noch bestimmte Transaktionen zwischen diesen vorgenommen. Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist damit zu eng. 395 Siehe dazu das Beispiel bei Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2149 ff.), bei dem das ,board‘ die Entscheidung, ob eine Investition im einen oder anderen Geschäftsbereich des Unternehmens getätigt werden soll, anhand der zu erwartenden Rendite der beiden Investitionsalternativen trifft. Während das Vorgehen in einer herkömmlichen Gesellschaft nicht zu beanstanden wäre, stellt sich bei einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur die Frage, ob nicht noch andere Faktoren wie z. B. bisherige Kapitalzuweisungen berücksichtigt werden müßten, um eine ausgewogene Entscheidung treffen zu können. Nimmt man an, daß sich ein Geschäftsbereich in einer starken Wachstumsphase mit hohen Renditen befindet, während der andere eher eine stagnierende Entwicklung aufweist, so müßte eine ausschließliche Orientierung an der internen Verzinsung der Investitionsobjekte zwangsläufig dazu führen, daß nur noch in den wachsenden Geschäftsbereich investiert würde. 396 Ebenso Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2148 ff.). 397 Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2157 f.).

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

Auch bevor ein Gericht eine Entscheidung der Mitglieder des ,board‘ nach der ,duty of loyalty‘ des ,Common Law‘ einer genaueren inhaltlichen Prüfung (,fairness test‘) unterzieht, muß der Kläger im Rahmen der ,business judgment rule‘ nachweisen, daß mindestens ein ,director‘ bezüglich der betreffenden Entscheidung einem Interessenkonflikt unterlag.398 Allgemein wird ein solcher Interessenkonflikt dann angenommen, wenn das finanzielle Interesse der Gesellschaft als ganzes und das des ,director‘ kollidieren. Um die ,business judgment rule‘ zu überwinden, ist deshalb der Nachweis eines Widerstreits zwischen Gesellschaft und ,director‘ notwendig. Wiederum werden damit die im Falle einer tracking stock Struktur entstehenden spezifischen Konflikte nicht erfaßt.399 Hier geht es nicht um die finanziellen Interessen der Gesellschaft als ganzes, sondern um solche einzelner Aktionärsgruppen, wobei sich die Interessen dieser wiederum teilweise mit denen der ,directors‘ decken. Die traditionelle Annahme der ,business judgment rule‘, ein Interessenkonflikt liege nur dort vor, wo der ,director‘ zwischen den eigenen Interessen und denen der Gesellschaft gefangen sei, greift damit im vorliegenden Kontext zu kurz. Selbst wenn man für einen Augenblick annähme, daß die gezeigten Konstellationen ausreichen würden, die Hürde der ,business judgment rule‘ zu überwinden und es damit zu einer Anwendung des ,fairness test‘ der ,duty of loyalty‘ kommen würde, so ergeben sich erheblich Zweifel daran, ob dieser die bestehenden Probleme beheben könnte. Nach der ,duty of loyalty‘ haben die ,directors‘ die Geschäfte im besten Interesse der Gesellschaft zu führen und dürfen dieser nicht aufgrund eigener finanzieller Interessen Schaden zufügen.400 Wiederum dient als Maßstab das Interesse der Gesellschaft, das aber in den vorliegenden Fällen kaum betroffen ist. Im Rahmen der ,duty of loyalty‘ werden zwar auch solche Situationen diskutiert, in denen es zu Interessenkonflikten zwischen unterschiedlichen Gruppen von Aktionären kommt. In diesen Fällen hat das ,board‘ seine Entscheidung jedoch grundsätzlich so zu fällen, daß dem Interesse der Gesellschaft oder der Gesamtheit aller Aktionäre Rechnung getragen wird.401 Die Abwägung zwischen den Interessen der einzelnen Gruppen wird also wiederum durch die Orientierung am Interesse der Gesamtgesellschaft ersetzt. Es läßt sich damit feststellen, daß die ,duty of loyalty‘ wie sie in den ,corporation statutes‘ und im ,Common Law‘ interpretiert wird, die spezifischen Interessenkonstellationen in einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur nicht zu erfassen vermag.402 Damit gibt es zur Zeit keine rechtlich verbindliche Regel, nach der die Geschäftsführungsentscheidungen in einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur überprüft werden könnten. Außer Frage steht freilich, daß die ,duty of 398 399 400 401 402

Vgl. schon oben Erstes Kapitel: B.II.1.b). Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2157 f.). Folk, Delaware General Corporation Law, § 141.2. Folk, Delaware General Corporation Law, § 142.2.1.2. Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2159); Schick, Wash.L.Rev. 2000, 1365 (1387).

B. Rechtliche Dimension des Konzepts in den USA

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loyalty‘ auch weiterhin sicherstellen kann, daß die Gesellschaft nicht durch Transaktionen mit den ,directors‘ geschädigt wird.403

dd) Ansatz zur Fortentwicklung der Rechts- und Pflichtensituation Zwar werden also nach traditioneller Lesart der ,duty of care‘ und ,duty of loyalty‘ die besonderen Konflikte in einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur nicht erfaßt. Es lassen sich jedoch vereinzelt Ausführungen und Entscheidungen finden, die das Verhältnis von Aktionärsgruppen untereinander und zum ,board of directors‘ thematisieren. Diese Ansätze könnten in Zukunft als Ansatzpunkte für eine Weiterentwicklung der Rechtlage dienen. Zum ersten erkennt das US-amerikanische Gesellschaftsrecht allgemein die Regel an, daß das ,board‘ grundsätzlich alle Gruppen von Aktionären gleich zu behandeln hat und nicht einzelne Gruppen bevorzugen darf. Freilich kann dies nur dort gelten, wo nicht ein anzuerkennender Grund wie bspw. unterschiedliche Rechte von Aktiengattungen eine Ungleichbehandlung rechtfertigen.404 Der Gleichbehandlungsgrundsatz allein kann damit die in Frage stehenden Konflikte nicht lösen, da eine Ungleichbehandlung im Falle einer tracking stock Struktur durch die Gestaltung der Aktionärsrechte geradezu zum Programm erhoben wird.405 Zum zweiten existieren besondere Anforderungen für Entscheidungen von ,directors‘, die sowohl im ,board‘ einer Muttergesellschaft vertreten sind als auch in dem einer Tochtergesellschaft, an der neben der Mutter noch andere Minderheitsaktionäre beteiligt sind. In diesen Fällen nahm die Rechtsprechung an, daß die betreffenden ,directors‘ einer ,duty of loyalty‘ sowohl bezüglich der einen als auch der anderen Gesellschaft und deren jeweiligen Aktionären unterlägen. Bei Transaktionen zwischen den Gesellschaften hätten sie darauf zu achten, daß die Interessen beider ausreichend berücksichtigt würden.406 Diese Rechtsprechung mag insofern nicht unmittelbar auf die vorliegenden Fälle anwendbar sein, als hier die Interessen von Aktionären unterschiedlicher Gesellschaften in Konflikt miteinander standen und im Falle einer tracking stock Struktur nur eine einzige Gesellschaft besteht. Nicht zu verkennen ist jedoch, daß in beiden Fällen die Entscheidungsträger widerstreitenden Interessen gerecht werden müssen, dieselben Personen damit also in unterschiedlichen Rollen an bestimmten Transaktionen beteiligt sind. So auch Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2162). Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, § 4.38[D]; Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 651. 405 Ebenso Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2173); Hu, Tex.L.Rev. 69 (1991), 1273 (1297). 406 Warshaw v. Calhoun, 43 Del.Ch. 148 (Del. 1966); Levin v. Sinclair Oil Corp. 261 A.2 911 (Del. 1969); Weinberger v. UOP, Inc. 457 A.2d 701 (Del. 1983); vgl. dazu auch Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, § 4.38[A]; Brodsky / Adamski, Corporate Officers and Directors, § 3:11(4). 403 404

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

Als dritter Punkt ist anzuführen, daß, wie bereits oben dargestellt wurde, den Aktionären eines ,common stock‘ – zumindest eines solchen herkömmlicher Prägung – grundsätzlich das Recht zukommt, von der Gesellschaft und damit von den Mitgliedern des ,board‘ eine Maximierung ihres im Unternehmen investierten Kapitals verlangen zu können. Keiner der drei dargestellten Grundsätze ist ohne weiteres unmittelbar auf die Situation in einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur anwendbar. Sie stellen jedoch Ansätze dar, die von der Rechtsprechung bei der Weiterentwicklung der Rechte und Pflichten in einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur verwandt werden könnten. Bei aller Vorsicht, die bei einem solchen Ausblick angebracht erscheint, sollten aus Sicht der vorliegenden Untersuchung dabei folgende thesenartig formulierte Grundsätze, die implizit in den obigen Regeln enthalten sind, beachtet werden. Zum ersten sollten die finanziellen Interessen der Aktionäre der tracking stock Gattungen vom ,board of directors‘ grundsätzlich gleich gewichtet werden. Weder die Größe einer Gattung, ihr Stimmeinfluß noch die Art des Geschäftsbereiches, an den die Gattung gekoppelt ist, sollte dazu führen, daß bestimmte Interessen vorrangig oder nachrangig behandelt werden. Zum zweiten sollte das ,board‘ bei solchen Entscheidungen, die nicht unmittelbar den anderen Geschäftsbereich negativ betreffen, verpflichtet werden, den finanziellen Interessen der jeweiligen Aktionäre bestmöglichst Geltung zu verschaffen. Dies bedeutet auch, daß dann für alternative Geschäftsfelder, die dem Geschäftsbereich eine angemessene wirtschaftliche Entwicklung ermöglichen, zu sorgen ist, wenn die bisher betriebenen Geschäfte in Zukunft keinen Erfolg mehr versprechen. Zum dritten sollte jeder Gattung ein Recht darauf zugestanden werden, daß ihre Interessen dort, wo sie mit denen der anderen Gattung kollidieren, ausreichend berücksichtigt werden. Dies bedeutet insbesondere, daß der Kapitalbedarf beider Bereiche anzuerkennen ist und die vorhandenen Mittel in gerechter Weise zu verteilen sind. In Konfliktfällen sollte nicht ausschlaggebend sein, auf welche Weise dem Interesse des Gesamtunternehmens am besten gedient ist, also wie das Gesamtvermögen der Gesellschaft maximiert werden kann, da dies dazu führen kann, daß ein Geschäftsbereich systematisch benachteiligt wird.407 Eine Entscheidungsregel, die auf eine Maximierung des Gesamtvermögens der Gesellschaft hinausläuft, kann die Interessenkonflikte in einer tracking stock Struktur nicht mehr sachgerecht lösen. Würde man den dargestellten Thesen folgen, so ließen sich einige der im Laufe der Untersuchung aufgeworfenen Probleme und Unwägbarkeiten lösen. Zum ersten ließe sich feststellen, daß sich das ,board of directors‘ bei seiner Entscheidung über die Höhe der Dividenden aus Gründen den ,fairness‘ an der finan407

Vgl. oben Fn. 395.

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ziellen und wirtschaftlichen Entwicklung der betreffenden Geschäftsbereiche zu orientieren hätte. Ihm mag dabei ein großer Ermessensspielraum verbleiben, ein willkürliches Festsetzen der Dividendenhöhen oder die Aufhebung der tracking stock Struktur in der Art, daß beiden Aktiengattungen trotz unterschiedlicher Spartenerfolge gleiche Dividenden gezahlt würden, wäre unzulässig. Weiter wäre eine Verschiebung von Vermögensgegenständen und Schulden zwischen den Geschäftsbereichen ohne Gegenleistung nicht zulässig, da diese zu einer nicht gerechtfertigten Benachteiligung einer Aktiengattung führen würde.408 Dies dürfte letztlich auch bedeuten, daß vom ,dealing at arm’s length‘ Prinzip bei der Verrechnung von Transaktionen zwischen den Geschäftsbereichen nicht abgewichen werden könnte. Als letztes wäre die gezielte Einstellung des Geschäftsbetriebs eines Bereichs durch eine Drosselung von Investitionen, die letztlich dazu führen würde, daß das Dividendenrecht der Aktionäre der betreffenden Gattung vollständig entwertet würde, unzulässig. Eine derartige Mißachtung der finanziellen Interessen der Aktionäre einer Gattung widerspräche eindeutig den obigen Grundsätzen. Die Einstellung des Geschäftsbetriebs einer Sparte wäre nur in Zusammenhang mit einer vollständigen Auflösung der tracking stock Struktur zulässig.

ee) Die ,business judgment rule‘ und die ,duty of fairness‘ nach dem Ansatz von Hass Bei den bisherigen Untersuchungen völlig unberücksichtigt geblieben ist die Frage, in welcher Weise die ,business judgment rule‘ ihre Funktion als ,safe harbor‘ für das Management bei der Führung einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur erfüllen kann. Diese Frage wurde bisher allein von Hass409 ausführlich erörtert. Er spricht sich nach längeren Ausführungen zum geltenden Recht zum einen dafür aus, die Pflichtensituation entweder durch einen Eingriff des Gesetzgebers oder der Rechtsprechung hin zu einer ,duty of fairness‘ fort zu entwickeln. Im Rahmen dieser Pflicht solle das Management verpflichtet werden, die Geschäftsbereiche und die verschiedenen Gattungen ausgewogen (,fair‘) zu behandeln. Zum anderen entwickelt Hass ein am Grundgedanken der ,business judgment rule‘ orientiertes System von rechtlichen Vermutungen und Entlastungsmöglichkeiten, das eine interessengerechte Steuerung der Geschäfte gewährleisten soll. Liege eine Gesellschaft mit tracking stock Struktur vor, dann solle eine grundsätzliche Vermutung dafür bestehen, daß eine Entscheidung des ,board‘, die die finanziellen Interessen der Aktionäre der verschiedenen Gattungen unterschiedlich treffe, ,fair‘ sei. Dies könne jedoch nur dann gelten, wenn erstens eine Mehrheit von nicht mit einem Interessenkonflikt belasteten ,directors‘ die Entscheidung 408 So entsprechend auch Mitchell, Bus.Law. 1996, 443 (475), der es im Verhältnis zwischen Vorzugs- und Stammaktionären für unzulässig hält, letztere auf Kosten der ersteren zu bereichern. 409 Vgl. zum folgenden Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2164 ff.).

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

getragen hätte, zweitens alle notwendigen Informationen sowohl bezüglich der Nachteile als auch Vorteile der Entscheidung für die verschiedenen Geschäftsbereiche berücksichtigt worden seien und drittens alle Beteiligten davon ausgegangen seien, daß die Entscheidung auf vernünftigen Erwägungen beruhe und im Hinblick auf die Interessen der Geschäftsbereiche und der daran gebundenen Aktionäre ausgewogen sei (,fair and reasonable‘). Bei der Frage, ob einzelne ,directors‘ in einem Interessenkonflikt stünden, müsse berücksichtigt werden, ob das Verhältnis der Gattungen von Aktien, die die betreffende Person halte, mit dem der Gattungen aller sich in Publikumsbesitz befindenden Aktien übereinstimme. Sei dies nicht der Fall, so liege dann, wenn der betreffende ,director‘ eine gewisse Mindestanzahl von Aktien halte, ein potentieller Interessenkonflikt vor. Seien die Bedingungen der obigen Vermutungsregel nicht erfüllt, so solle es möglich sein, die betreffende Entscheidung des ,board‘ durch eine Mehrheit der Stimmen einer jeden Gattung, die in gesonderten Abstimmungen erzielt werden müßten, zu genehmigen. Notwendig sei dabei selbstverständlich, daß den Aktionären alle notwendigen Informationen zur Verfügung gestellt würden. Sei auch diese Genehmigung nicht eingeholt worden, so sei die Entscheidung letztlich vollständig am materiellen Maßstab der ,duty of fairness‘ zu messen. Sie müsse also hinsichtlich der Interessen der Geschäftsbereiche und der jeweiligen Aktionäre ausgewogen sein und auf vernünftigen Erwägungen beruhen. Die Beweislast für diese Tatsache solle den ,directors‘ der ,corporation‘ obliegen. Das dargestellte System von Vermutungen solle dafür sorgen, daß der materielle Maßstab der ,duty of fairness‘ erst dann zur Anwendung komme, wenn ein begründeter Anlaß für den Verdacht bestehe, daß die ,directors‘ bei ihren Entscheidungen von eigenen finanziellen Interessen beeinflußt worden seien. Der Ansatz von Hass erscheint zweckmäßig. Er fügt sich in das traditionelle System ein, nach dem Geschäftsführungsentscheidungen solange durch die ,business judgment rule‘ geschützt sind, als die ,directors‘ nicht einem Interessenkonflikt unterworfen sind oder nicht unzureichend informiert waren. Durch die Vermutung, daß die Entscheidungen des ,board‘ nicht zu beanstanden sind, solange nicht eine spezielle Situation gegeben ist, die eine ungerechtfertigte Schädigung eines Geschäftsbereichs befürchten läßt, wird eine praxisgerechte Leitung der Geschäfte der Gesellschaft ermöglicht. ff) Fazit Es hat sich gezeigt, daß die herkömmlichen Pflichten, denen die Mitglieder des ,board of directors‘ bei der Führung der Geschäfte unterliegen, nicht in der Lage sind, die besonderen Probleme einer tracking stock Struktur zu erfassen. Es lassen sich jedoch Grundsätze finden, die als Grundlage für eine Weiterentwicklung der Pflichten des ,board‘ hin zu einer ,duty of fairness‘ dienen könnten.

B. Rechtliche Dimension des Konzepts in den USA

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d) Strukturelle Ansätze zur Abmilderung der Auswirkungen der Interessengegensätze Vor dem Hintergrund der Tatsache, daß das geltende Recht bisher keine befriedigende Antwort auf die Interessengegensätze in einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur zur Verfügung stellt, erscheint es zweckmäßig, kurz auf solche schon heute gebräuchlichen Instrumente einzugehen, die in der Lage wären, die sich stellenden Probleme zumindest ansatzweise zu entschärfen. Zu denken ist dabei an die Möglichkeit, für eine ausreichende Repräsentation aller Interessen im ,board of directors‘ zu sorgen sowie bei wichtigen Entscheidungen die Aktionäre der Gesellschaft als direkt Betroffene mitentscheiden zu lassen. Da sich das Problem, daß die ,directors‘ in bestimmten Fällen einem Interessenkonflikt ausgesetzt sind, in der Praxis nicht vollständig vermeiden läßt, sollte dafür gesorgt werden, daß die Interessen der unterschiedlichen Aktionärsgruppen im ,board‘ gleichgewichtig vertreten sind. Auf diese Weise ließe sich erreichen, daß die unterschiedlichen Interessen, vertreten durch Einzelpersonen im ,board‘, zu einem Ausgleich gebracht werden müßten. Eine entsprechende Besetzung des ,board‘ ließe sich durch die Einführung eines ,cumulative voting‘ realisieren.410 Auf diese Weise wäre es der Minderheitsgattung möglich, eine gewisse Interessenvertretung durch die Wahl geeigneter Kandidaten im ,board‘ sicherzustellen. Weiter könnte das ,certificate of incorporation‘ jeder Gattung das Recht zugestehen, eine gewisse Anzahl von ,directors‘ in einer gesonderten Abstimmung ohne Mitwirkung der anderen Gattung zu wählen (§ 141 [d] S. 2 Del.Gen.Corp.L.).411 Auch dies könnte dafür sorgen, daß die Interessen der Minderheitsgattungen von einer ihnen wohlgesonnenen Vertretung in der obersten Führungsebene berücksichtigt würden. Über die Gründe, warum dies bei keiner der beiden Gesellschaften in die Tat umgesetzt wurde, läßt sich nur mutmaßen. Es liegt jedoch der Verdacht nahe, daß das Management weniger an einem Machtgleichgewicht zwischen den Geschäftsbereichen interessiert war, als daran, den status quo bezüglich des Wahlverfahrens zu erhalten. Weiterhin wäre daran zu denken, durch die Einführung von ,committees‘ nach dem Vorbild des ,Fair Compensation Review Committee‘ von US West412, in dem Mitarbeiter beider Geschäftsbereiche vertreten sind, ein für besonders kritische Fragen zuständiges Gremium zu schaffen. Durch die ausgeglichene Besetzung dieses Gremiums ließe sich der Anschein vermeiden, daß die Interessen eines Geschäftsbereiches systematisch unterdrückt würden. Einen entsprechenden Weg geht auch GM. Hier hat ein sog. ,Capital Stock Committee‘, das zwar nicht aus Mitarbeitern der verschiedenen Geschäftsbereiche besteht, sich dafür jedoch allein Siehe dazu Erstes Kapitel: B.II.1.e)cc). So auch Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2175); zur Zulässigkeit solcher Regelungen Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, § 4.7.; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 496. 412 Vgl. Erstes Kapitel: B.II.1.b)cc)(2)(c). 410 411

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

aus ,outside directors‘ zusammensetzt, alle solche Transaktionen zu überwachen, bei denen gegensätzliche Interessen der Geschäftsbereiche involviert sein könnten. Der Ausschuß kann Änderungsvorschläge unterbreiten, soll allgemein für eine ausgewogene Berücksichtigung der Interessen der Geschäftsbereiche sorgen und insbesondere die internen Vorschriften zur Abwicklung von Transaktionen zwischen den Geschäftsbereichen kontrollieren.413 Als letzte Variante böte sich an, bestimmte Entscheidungen, die zentrale Bereiche des Verhältnisses der Geschäftsbereiche zueinander betreffen, von der Zustimmung der Aktionäre abhängig zu machen. Zu denken ist dabei insbesondere an Entscheidungen über die Auflösung der tracking stock Struktur, sowie sonstige strukturelle Veränderungen wie die Übertragung größerer Teile des Vermögens oder der Schulden eines Geschäftsbereichs auf einen anderen.414 Notwendig wäre jeweils die Zustimmung einer Mehrheit der Stimmen einer jeden Aktiengattung, die in gesonderten Abstimmungen erzielt werden müßten. Aus rechtlicher Sicht steht der Einführung solcher Regelungen im ,certificate of incorporation‘ nichts entgegen. Nach § 141 (a) Del.Gen.Corp.L. können die Kompetenz des ,board‘, die Geschäfte der Gesellschaft zu lenken, durch das ,certificate‘ eingeschränkt und Geschäftsführungsentscheidungen von der Zustimmung der Aktionäre abhängig gemacht werden.415 Bei einigen Unternehmen mit tracking stock Struktur sind derartige Regelungen für Fälle der Verschiebungen von Aktiva von einem Geschäftsbereich in einen anderen vorgeschrieben.416 Zu warnen ist jedoch davor, die Aktionäre in einer zu großen Zahl von Fällen in die Entscheidungsfindung miteinzubeziehen. Dies würde zwar dem Bedürfnis der Anteilseigner nach besonderem Schutz ihrer Interessen entsprechen, dürfte jedoch die Fähigkeit der Gesellschaft, flexibel auf neue Bedingungen zu reagieren, empfindlich schwächen und könnte im Extremfall zur Handlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen.

e) Ausführungen zur Interessenkonstellation in den Ausgabeprospekten Die bisherigen Emittenten von Aktien eines tracking stock haben in ihren Ausgabeprospekten in Art und Umfang unterschiedlich auf die besonderen Interessengegensätze zwischen den Aktiengattungen sowie auf die Interessenkonflikte, denen die Mitglieder des ,board‘ unterliegen können, hingewiesen. Insgesamt betrachtet, stellen sich die Ausführungen jedoch eher als ein „don’t worry, be happy“417 Vgl. General Motors, Exchange Offer v. 20. 4. 2000, S. 121. Vgl. auch die Überlegungen zum ,conflict of interest voting system‘ nach dem die Aktionäre dann über Geschäfte abstimmen sollten, wenn eigene finanzielle Interessen der ,directors‘ an der Transaktion vorhanden sind Dallas, N.C.L.Rev. 71 (1992), 1 (71 ff.). 415 Vgl. Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, § 4.1; Cox / Hazen / O’Neal, Corporations, § 9.4. 416 Vgl. Natusch, Tracking Stock, S. 86. 417 Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2139). 413 414

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Ansatz dar, denn als eine objektive und ausgewogene Analyse der sich ergebenden Probleme. Von den beiden in der vorliegenden Untersuchung ausführlich dargestellten Unternehmen weist allein US West in seinem Ausgabeprospekt auf die potentiellen Interessengegensätze hin. GM schweigt sich in seinem Ausgabeprospekt hierzu vollständig aus. Erst im Jahr 1997 bei der ,Hughes Transaction‘ und drei Jahre später im Rahmen des Tauschangebots lassen sich bei GM Ausführungen zur Interessensituation im Unternehmen finden. Im Tauschangebot 2000 stellt GM zutreffend dar, daß es bei bestimmten Transaktionen zu Interessengegensätzen kommen könne, weist jedoch gleichzeitig darauf hin, daß sich das ,board‘ bei seinen Entscheidungen am Interesse des Gesamtunternehmens und aller Aktionäre zu orientieren habe.418 Daß dies im Falle einer tracking stock Struktur jedoch keine sinnvolle Entscheidungsregel sein kann und dieser Hinweis damit wenig hilfreich ist, wurde in der vorliegenden Untersuchung schon mehrfach dargestellt. Differenzierter zeigt sich da schon das ,GM Board Policy Statement‘ aus dem Jahr 1997, in dem das ,board‘ die eigene Geschäftspolitik hinsichtlich der beiden Aktiengattungen erstmals ausführlich darstellt.419 Wiederum findet sich die problematische Aussage, daß das Wohl der Gesellschaft und aller Aktionäre im Zweifel Vorrang habe (Sec. [A][1]). Gleichzeitig wird jedoch darauf hingewiesen, daß Transaktionen zwischen den Geschäftsbereichen in einem „process of fair dealing“ abgewickelt werden sollten (Sec. [A][2]). Weiter finden sich Ausführungen zu den Dividendenentscheidungen und insbesondere zur Frage, unter welchen Umständen Teile des Vermögens eines Geschäftsbereichs außerhalb des üblichen Geschäfts auf einen anderen übertragen werden können. Zwei unterschiedliche Vorgehensweisen werden erwähnt. Entweder müsse in einem solchen Fall eine Dividende an die Aktionäre der betroffenen Gattung ausgeschüttet (Sec. [B][2][a][i][ii]) oder bei größeren Transaktionen die Zustimmung der betroffenen Aktionäre eingeholt werden (Sec. [B][3]). Transaktionen, die im täglichen Geschäft zwischen den Geschäftsbereichen vorgenommen würden, müßten nach geschäftlich vernünftigen Bedingungen (,based on commercially reasonable terms‘) abgewickelt werden (Sec. [B][4]). Zwar vermögen die aufgestellten Geschäftsführungsregeln des ,board of directors‘ das Verhalten desselben ein wenig berechenbarer erscheinen lassen, zu beach418 „The holders of Class H common stock may have different interests than the holders of $ 12 / 3 par value common stock with respect to various intercompany transactions and other matters, and we cannot assure you as to how any conflicts between these interests will be resolved. Under Delaware law, the GM board owes fiduciary duties to all holders of GM common stock, regardless of class, and must act with due care and on an informed basis in the best interests of GM and all of its common stockholders.“ (General Motors, Exchange Offer v. 20. 4. 2000, S. 29). 419 General Motors, Proxy Statement and Prospectus v. 10. 10. 1997, S. 246 ff. (siehe Anhang III).

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ten ist jedoch, daß die Regeln keineswegs rechtlich bindend sind, das ,board‘ vielmehr jederzeit von ihnen abweichen kann (Sec. [H]). Der Nutzen des ,GM Board Policy Statement‘ für die Aktionäre erscheint damit als eher gering und kann höchstens eine Momentaufnahme der vorherrschenden Praxis darstellen. Die zentrale Frage nach den Interessenkonflikten, denen einzelne ,directors‘ unterliegen können, wird bei GM mit keinem Wort erwähnt. Auch der Ausgabeprospekt von US West erfaßt – wie bei GM – nur einen Teilbereich des Problems. Das Unternehmen weist auf eine Reihe von Entscheidungen des ,board‘ hin, bei denen es zu Interessenkonflikten zwischen den Aktionären der beiden tracking stock Gattungen kommen könne.420 Dabei werde das ,board‘, wenn es derartige Entscheidungen zu treffen habe, „(. . . ) act in accordance with the terms of the Restated Certificate, the management and accounting policies (. . . ) and its fiduciary duties, which require the Board to consider the impact of such decision on all stockholders.“421 Daß das ,certificate‘ bindende Wirkung entfaltet, ist keine neue Erkenntnis und hilft, da es keine besonderen Maßstäbe für die Entscheidungen des ,board‘ enthält, nicht weiter. Auch der Hinweis auf die Grundsätze der Geschäftsführungspolitik ist irreführend, da es dem ,board‘ jederzeit möglich ist, von diesen abzuweichen. Letztlich ist auch der Hinweis auf die ,fiduciary duties‘, denen die ,directors‘ bei der Führung der Geschäfte unterliegen, wenig hilfreich. Wie die Untersuchung gezeigt hat, sind diese Pflichten eben nur sehr begrenzt in der Lage, die vorliegenden Interessenkonflikte sinnvoll zu steuern. Weiter trifft auch der an anderer Stelle enthaltene Hinweis darauf, daß das ,board‘ nach dem Recht von Delaware gegenüber allen Aktionären der Stammaktiengattungen einer Treuepflicht unterliege, das Problem nur teilweise, da die jeweiligen Entscheidungen keine tracking stock Gattungen betreffen.422 Auch der Hinweis auf die ,business judgment rule‘ ist wenig aussagekräftig, da unklar bleibt, in 420 „The existence of separate classes of Common Stock could give rise to occasions when the interests of the holders of Communications Stock and holders of Media Stock diverge or appear to diverge. Examples include determinations by the Board to (i) pay or omit the payment of dividends on Communications Stock or Media Stock, (ii) allocate consideration to be received by holders of Common Stock in connection with a merger or consolidation involving the Company among holders of Communications Stock and Media Stock, (iii) convert one class of Common Stock into shares of the other class of Common Stock, (iv) approve certain dispositions of assets attributed to any Group, (v) if and to the extent there is an InterGroup Interest, allocate the proceeds of issuances of Media Stock either to the Communications Group in respect of the Inter-Group Interest or to the equity of the Media Group, (vi) formulate uniform public policy positions for the Company and (vii) make operational and financial decisions with respect to one Group that could be considered to be detrimental to the other Group, including whether to make transfers of funds between Groups as described below.“ (US West, Proxy Statement and Prospectus v. 11. 8. 1995, S. 31). 421 US West, Proxy Statement and Prospectus v. 11. 8. 1995, S. 31. 422 „( . . . ) (P)rinciples of Delaware law established in cases involving different treatment of two classes of capital stock or two groups of holders of the same class of capital stock provide that a board of directors owes an equal duty to all stockholders regardless of class or series.“ (US West, Proxy Statement and Prospectus v. 11. 8. 1995, S. 33).

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welchen Fällen diese im Ernstfall anwendbar wäre.423 Fast wortgleiche Ausführungen wie bei US West finden sich bei einer ganzen Reihe anderer Unternehmen.424 Zum Schluß der Ausführungen offenbart sich denn auch die Unsicherheit über die Rechtslage, die wohl auch bei anderen Emittenten vorherrscht: „Nevertheless, a Delaware court hearing a case involving such a challenge may decide to apply principles of Delaware law other than those discussed above, or may develop new principles of Delaware law, in order to decide such a case, which would be a case of first impression.“425 Vollständig unerwähnt bleiben die Interessenkonflikte, denen die Mitglieder des ,board of directors‘ unterliegen können. Gerade diese Konstellation, die in der Praxis eine nicht zu unterschätzende Gefahr für die finanziellen Interessen der Aktionäre darstellen kann, wird verschwiegen. Von den Gesellschaften mit tracking stock Struktur hatte lediglich TCI auf diese Problemstellung hingewiesen.426 Besondere Ausführung dazu, wie diese Interessenkonflikte zu entschärfen wären, finden sich jedoch nicht.427 Insgesamt läßt die Darstellung der Interessenproblematik in den Ausgabeprospekten erheblich zu wünschen übrig. Dies mag nicht zuletzt daran liegen, daß die Unternehmen ihre potentiellen tracking stock Aktionäre nicht verunsichern wollten. Daß dabei jedoch eine hinreichende Aufklärung über die Risiken einer tracking stock Struktur unterblieb, erscheint bedenklich.

423 „Under these principles of Delaware law and the related principle know as the ,business judgment rule,‘ absent abuse of discretion, a good faith business decision made by a disinterested and adequately informed Board, or a committee thereof, with respect to any matter having disparate impacts upon holders of Communications Stock and holders of Media Stock would be a defense to any challenge to such determination made by or on behalf of the holders of either class of Common Stock.“ (US West, Proxy Statement and Prospectus v. 11. 8. 95, S. 33). 424 Vgl. die Aufstellung bei Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2140 Fn. 162). 425 US West, Proxy Statement and Prospectus v. 11. 8. 1995, S. 34. 426 Vgl. Hass, Mich.L.Rev. 94 (1996), 2089 (2142). 427 „Disproportionate ownership interests of members of the Board of Directors in the TCI Group Common Stock, the Liberty Media Group Common Stock and the Telephony Group Common Stock or disparate values of the TCI Group Common Stock, the Liberty Media Group Common Stock and the Telephony Group Common Stock could create or appear to create potential conflicts of interest when directors are faced with decisions that could have different implications for different series. (. . . ) Nevertheless, the Company believes that a director would be able to discharge his or her fiduciary responsibilities even if his or her interests in shares of TCI Group Common Stock, Liberty Media Group Common Stock and Telephony Group Common Stock were disproportionate or had disparate values.“ (Tele Communications Inc., Proxy Statement and Prospectus v. 5. 02. 1997, S. 36).

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

f) Entscheidungen des Delaware Court of Chancery zu tracking stock Strukturen Im Jahr 1999 wurden die ersten beiden Urteile US-amerikanischer Gerichte zu tracking stock Strukturen veröffentlicht.428 Beide Fälle des Delaware Court of Chancery betrafen Umstrukturierungen des GM-Konzerns und der jeweiligen tracking stock Gattungen. Im ersten Fall429 griffen die Kläger die Ausgliederung von EDS im Jahr 1996, im zweiten430 die ,Hughes Transaction‘ aus dem Jahr 1997 an. Beide Fälle ermöglichten es dem Gericht, sich erstmals zur Pflichtensituation des ,board of directors‘ in einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur zu äußern. Im Fall ,In Re General Motors Class H Shareholders Litigation‘ („Hughes-Urteil“) wandten sich die Aktionäre des ,Class H Common Stock‘ gegen die Bedingungen der sog. ,Hughes Transaction‘, auf die bereits oben eingegangen wurde.431 Die Klage stützte sich dabei auf folgende Vorbringen.432 (1) Das Recht der Aktionäre des ,Class H Common Stock‘ nach der sog. ,Recap provision‘, durch die die Aktionäre im Falle einer Veräußerung oder eines ,merger‘ ihres Geschäftsbereichs Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von 120% des Wertes ihrer Aktien gehabt hätten,433 sei verletzt worden. (2) Das ,board of directors‘ habe die ihm gegenüber den Aktionären des ,Class H Common Stock‘ obliegende ,duty of care and loyalty‘ verletzt. (3) Das ,board‘ habe die ihm obliegende Pflicht zur Offenlegung der relevanten Umstände der Transaktion verletzt, so daß die Hauptversammlung keine gültige Zustimmung zur ,Hughes Transaction‘ habe erteilen können. Im sehr ähnlich strukturierten Fall ,Solomon v. Armstrong‘ („EDS-Urteil“) richtete sich die Klage von Aktionären des ,Class E Common Stock‘ gegen das Zustandekommen und die Bedingungen der Ausgliederung von EDS aus dem GM-Konzern im Jahr 1996. Im Rahmen der Ausgliederung von EDS, der sowohl eine Mehrheit aller stimmberechtigten Aktien, als auch eine solche der Aktien des ,Class H Common Stock‘, des ,Class E Common Stock‘ und des ,Common Stock‘ zugestimmt hatte, erhielten die Aktionäre des ,Class E Common Stock‘ für je eine bisher gehaltene Aktie eine Stammaktie der neuen EDS Corp. Gleichzeitig wurde ein neues ,Master Services Agreement‘ („MSA“) zwischen GM und EDS abgeschlossen sowie im Rahmen der Ausgliederung und der damit verbundenen 428 Vgl. dazu auch Schnorbus, U.Pa.J.Int’l.Econ.L. 2001, 541 (564); Schick, Wash.L.Rev. 2000, 1365 (1379 f.). 429 Solomon v. Armstrong 747 A.2d 1098 (Del.Ch. 1999). 430 In Re General Motors Class H Shareholders Litigation 734 A.2d 611 (Del.Ch. 1999); Solomon v. Armstrong 747 A.2d 1098 (Del.Ch. 1999). 431 Vgl. schon Erstes Kapitel: B.II.1.a). 432 Vgl. zu diesem Urteil auch die Übersicht bei Pittenger / Fischer / Johnson, Del.L.Rev. 2000, 107 ff. 433 Vgl. schon Erstes Kapitel: B.II.1.g)aa).

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Neuorganisation der Geschäfte eine Summe von 500 Millionen US-Dollar von EDS an GM gezahlt. Die Bedingungen der Transaktion wurden zwischen zwei Teams bestehend aus ,officers‘ von GM und EDS, die jeweils die Interessen der beiden Seiten vertreten sollten, sowie unterschiedlichen externen Beratern ausgehandelt. Insbesondere die Einmalzahlung von EDS an GM sowie die Bedingungen des MSA sorgten bei den Verhandlungen für erheblichen Konfliktstoff. Wie im Falle ,In Re General Motors Class H Shareholders Litigation‘ stützte sich die Klage der Aktionäre des ,Class E Common Stock‘ im wesentlichen auf folgende Vorbringen: (1) Die Rechte der Aktionäre aus der sog. ,Recap provision‘ seien verletzt worden. (2) Das ,board of directors‘ habe die ihm gegenüber den Aktionären des ,Class E Common Stock‘ obliegende ,duty of care and loyalty‘ verletzt. (3) Das ,board‘ habe die ihm obliegende Pflicht zur Offenlegung der relevanten Umstände der Transaktion verletzt, so daß die Hauptversammlung keine gültige Zustimmung zur Ausgliederung von EDS habe erteilen können. Der Delaware Court of Chancery nahm in beiden sehr ähnlich gelagerten Fällen ausführlich zu den Vorbringen der Klägerseite Stellung, wies die Klagen im Ergebnis jedoch ab. aa) Breach of Contract Eine Verletzung der im ,certificate‘ niedergelegten Aktionärsrechte konnte das Gericht in beiden Fällen nicht erkennen.434 Das Recht der Aktionäre auf eine Entschädigung nach der ,Recap provision‘ habe schon deshalb nicht verletzt werden können, da die Aktionäre der Streichung der entsprechenden Regelungen im ,certificate‘ im Rahmen der beiden Transaktionen zugestimmt hätten. Die Zustimmung habe dabei auch die der jeweils betroffenen Aktionäre eingeschlossen, die insofern einen Sonderbeschluß gefaßt hätten. Nach § 242 (b) Del.Gen.Corp.L. und Art. 4 (b)(ii) GM.C. hätten alle Rechte der Aktionäre unter dem Vorbehalt ihrer Änderbarkeit gestanden. Seien damit die Aktionäre bei ihren Beschlüssen in ausreichender Weise informiert gewesen – auf was ausführlich eingegangen wird –, so könnten gegen die Rechtmäßigkeit der Satzungsänderungen keine Einwände erhoben werden. bb) Fiduciary Duty Issue Ausführlicher befaßte sich das Gericht mit der Frage nach den Pflichten der Mitglieder des ,board of directors‘ bei der Strukturierung der beiden Transaktionen. Eine Verletzung dieser Pflichten durch das ,board‘, sei es im Rahmen der Bewertung der Unternehmensteile, der Berücksichtung der unterschiedlichen Rechte und 434 In Re General Motors Class H Shareholders Litigation 734 A.2d 611, 615 f. (Del.Ch. 1999); Solomon v. Armstrong 747 A.2d 1098, 1132 f. (Del.Ch. 1999).

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

Interessen der Aktionäre oder der Verteilung des vorhandenen Kapitals sei jedoch in beiden Fällen nicht gegeben gewesen. (1) Hughes-Urteil Im Hughes-Urteil stützte sich das Gericht bei seiner Urteilsfindung auf drei Gründe.435 Zum einen hätten die betroffenen Aktionäre die Möglichkeit gehabt, selbst über die Transaktionen zu entscheiden. Da die Aktionäre bei dieser Entscheidung ausreichend informiert gewesen wären, sei die Entscheidung des ,board‘ durch die ’business judgment rule‘ geschützt gewesen. Die Kläger hätten somit nachweisen müssen, daß die Transaktion eine Verschwendung der Ressourcen des Unternehmens dargestellt habe, was ihnen nicht gelungen sei („[ . . . ] the business judgment rule applies, and the plaintiffs must, to avoid dismissal, plead that the Hughes Transaction were wastful.“).436 Zum zweiten habe die Klägerseite die ,business judgment rule‘ auch nicht durch den Nachweis überwinden können, daß die ,directors‘ bei der Ausarbeitung der Transaktion durch eigene finanzielle Interessen beeinflußt worden waren.437 Zwar sei richtig, daß die Mitglieder des ,board‘ 9 v.H. aller sich in Publikumsbesitz befindenden Aktien des ,Common Stock‘ und nur 4 v.H. der des ,Class H Common Stock‘ gehalten hätten, dies reiche jedoch nicht für die Feststellung aus, daß die ,directors‘ ihre Pflichten nicht mehr unabhängig hätten wahrnehmen können. Zu berücksichtigen sei der finanzielle Hintergrund der betroffenen Personen, der die in Frage stehenden finanziellen Vor- oder Nachteile nicht groß genug habe erscheinen lassen, um an ihrer Unabhängigkeit zweifeln zu können. Drittens könne eine Pflichtverletzung auch nicht aus der ,Recap provision‘ abgeleitet werden, da diese mit Zustimmung der Aktionäre aufgehoben worden sei.438 (2) EDS-Urteil Im EDS Urteil beschäftigte sich das Gericht noch weit ausführlicher mit der Frage nach den Pflichten des ,board of directors‘ im Falle der Umstrukturierung einer tracking stock Struktur.439 435 In Re General Motors Class H Shareholders Litigation 734 A.2d 611, 615 ff. (Del.Ch. 1999). 436 In Re General Motors Class H Shareholders Litigation 734 A.2d 611, 616 (Del.Ch. 1999). 437 In Re General Motors Class H Shareholders Litigation 734 A.2d 611, 617 f. (Del.Ch. 1999). 438 In Re General Motors Class H Shareholders Litigation 734 A.2d 611, 619 (Del.Ch. 1999). 439 Solomon v. Armstrong 747 A.2d 1098, 1117 ff. (Del.Ch. 1999).

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Nachdem das Gericht die herkömmliche Interpretation des ,business judgment rule‘, des Tests der ,entire fairness‘ und die Auswirkungen einer Zustimmung der Aktionäre zu Geschäftsführungsentscheidungen dargestellt hatte, wendete es diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an. Wie schon im Hughes-Fall versuchte die Klägerseite, die ,business judgment rule‘ durch die Bezugnahme auf die Tatsache zu überwinden, daß die ,directors‘ unterschiedlich hohe Anteile am ,Common Stock‘ und ,Class E Common Stock‘ hielten. Dies allein könne jedoch nicht ausreichen. Zum ersten müßten ,directors‘ auch im Falle einer herkömmlichen Eigenkapitalstruktur oftmals zwischen den Interessen unterschiedlicher Aktiengattungen abwägen, zum anderen müßten die finanziellen Interessen der ,directors‘ in einem Maße betroffen sein, das vor dem Hintergrund der sonstigen finanziellen Situationen der Betroffenen als wesentlich anzusehen sei. Wie schon im Hughes-Fall sei ein derartiger Nachweis nicht gelungen. Auch die Einflußnahmen des ,board‘ auf die Verhandlungen zwischen den Teams von GM und Hughes, bei denen es insbesondere um die Bedingungen des MSA ging, zeugten nicht von einer Voreingenommenheit und Vorteilnahme für eine Seite, die die ,business judgment rule‘ außer Kraft setzen könnte. Insbesondere bestünde keine Pflicht, derartige Transaktionen ,at arm’s length‘ durchzuführen. Eine vollständige Überprüfung der Bedingungen der Transaktion sei damit nicht vorzunehmen. Neben diesen Überlegungen ging das Gericht auf die Frage ein, ob die tracking stock Struktur als solche und die daraus resultierenden konfliktären Pflichten gegenüber den Aktionärsgruppen bereits einer Anwendung der ,business judgment rule‘ entgegenstünden. Im Ergebnis sei dies jedoch nicht der Fall. Zum einen könne die Situation nicht mit der eines ,freeze out merger‘ verglichen werden, bei dem den Minderheitsaktionären einer durch einen Großaktionär beherrschten Gesellschaft keine Einflußmöglichkeiten auf die Entscheidungen der Hauptversammlung zukämen, sie damit ihre Interessen nicht wirksam verfolgen könnten und dem Großaktionär deshalb eine besondere Treuepflicht obliege. Im vorliegenden Fall hätten es die Aktionäre des ,Class E Common Stock‘ in der Hand gehabt, die Transaktion abzulehnen und damit zu blockieren. Zwar habe theoretisch die Möglichkeit bestanden, daß GM als Vergeltung für eine Verweigerung der Zustimmung zukünftig geringere oder keine Dividenden auf den ,Class E Common Stock‘ ausgeschüttet hätte. Ein derartiges Szenario sei jedoch bei Lichte betrachtet höchst unwahrscheinlich gewesen und wäre wohl auch vom mit ,outside directors‘ besetzten ,Capital Stock Committee‘ verhindert worden. Im Ergebnis seien die Regelungen zum ,freeze out merger‘ und die hier geltenden besonderen Treuepflichten nicht anwendbar gewesen. Die Entscheidung des ,board‘ habe damit unter dem Schutz der ,business judgment rule‘ gestanden, deren Vermutungswirkung die Kläger nicht hätten erschüttern können.

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

(3) Würdigung Beide Urteile stellen die Entscheidungen des ,board‘ im Rahmen einer Reorganisation auch im Falle einer tracking stock Struktur unter den Schutz der ,business judgment rule‘. Die Besonderheiten einer tracking stock Struktur, insbesondere die widerstreitenden Interessen der Aktionäre und die unterschiedlich hohen Beteiligungen der Entscheidungsträger an den Geschäftsbereichen, werden nicht als so wesentlich angesehen, als daß sie die Vermutungswirkung der ,business judgment rule‘ überwinden könnten und damit eine vollständige Überprüfung der Transaktionen in Hinblick auf die Ausgewogenheit ihrer Bedingungen möglich machen würden. Bemerkenswert ist, daß das Gericht zwar ausdrücklich feststellt, daß das ,board‘ gleichartige Pflichten gegenüber beiden Aktionärsgruppen habe und damit deren Interessen gleichgewichtig zu berücksichtigen habe.440 Für den Fall jedoch, daß das ,board‘ eine Gruppe bevorzugt behandele, könne eine Klage, die sich auf eine Verletzung der ,duty of loyalty‘ stütze, nur dann Erfolg haben, wenn die ,directors‘ aus eigenen Interessen in ihrem Urteil beeinflußt worden wären. „An allegation that properly motivated directors, for no reason, advantaged one class of stockholders over the other in apportioning transactional consideration does not state a claim for breach of the duty of loyalty.“441 Die Aktionäre haben damit keinen durchsetzbaren Anspruch auf eine gleichmäßige Behandlung, es sei denn, persönliche Interessen der ,directors‘ sind involviert. Die ,business judgment rule‘ stellt hier eine erhebliche Hürde dar und schütz das ,board‘ vor einer vollständigen Überprüfung seiner Entscheidungen. Der Schutz der Aktionäre ist insofern nur sehr schwach ausgeprägt. Der Ansatz des Delaware Court of Chancery unterscheidet sich in diesem Punkt wesentlich von der von Hass für eine tracking stock Struktur entwickelten ,duty of fairness‘. Hiernach wäre die ,business judgment rule‘ nur dann anwendbar gewesen, wenn die Mitglieder des ,board‘ im Vertrauen darauf gehandelt hätten, daß die Entscheidung in Hinblick auf die Interessen der Aktionärsgruppen ,fair and reasonable‘ war und nicht die Mehrzahl der involvierten ,directors‘ unterschiedlich hohe Anteile an den tracking stock Gattungen hielten. cc) Shareholder Ratification Sehr ausführlich ging der Delaware Court of Chancery in beiden Fällen auf das dritte Vorbringen der Kläger ein, die Zustimmung der Aktionäre zu den Transaktionen sei nicht wirksam zustande gekommen. Im Hughes-Urteil stellte das Gericht fest, die Behauptung, der Sonderbeschluß der Aktionäre des ,Class H Common Stock‘ sei durch Zwang beeinflußt worden und damit unwirksam, könne nicht zum Ziel führen. Eine unzulässige Zwangs440 In Re General Motors Class H Shareholders Litigation 734 A.2d 611, 618 (Del.Ch. 1999); Solomon v. Armstrong 747 A.2d 1098, 1111 (Del.Ch. 1999). 441 In Re General Motors Class H Shareholders Litigation 734 A.2d 611, 618 (Del.Ch. 1999); im Ergebnis ebenso Solomon v. Armstrong 747 A.2d 1098, 1126 (Del.Ch. 1999).

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situation sah die Klägerseite darin, daß die Aktionäre nur zwischen den Möglichkeiten hätten wählen können, der ,Hughes Transaction‘ zuzustimmen und damit gleichzeitig auf die Anwendung der ,Recap provision‘ zu verzichten und der, die Transaktion zu blockieren und damit auf deren potentielle Vorteile verzichten zu müssen. Das Gericht wollte dieser Argumentation jedoch nicht folgen. Weder sei zu erkennen, daß die Aktionäre durch nicht mit der Transaktion zusammenhängende Umstände beeinflußt worden seien, noch habe eine Pflicht des ,board‘ bestanden, die Transaktion so auszugestalten, daß die ,Recap provision‘ zur Anwendungen gekommen wäre. Die Aktionäre hätten die freie Wahl gehabt, ihre bestehende Stellung beizubehalten oder aber von den potentiellen Vorteilen der ,Hughes Transaction‘ zu profitieren. Eine unzulässige Zwangssituation könne in einer derartigen Entscheidungssituation nicht erblickt werden.442 Sowohl im Hughes-Urteil443 als auch im EDS-Urteil444 ging das Gericht auf die Frage ein, ob die ,proxy statements‘ falsche oder zumindest mißverständliche Aussagen enthielten, das ,board‘ damit seine Pflicht zur Offenlegung aller relevanten Informationen verletzt habe und die Zustimmung der Aktionäre unwirksam gewesen sei. Auf eine Darstellung der einzelnen diskutierten Punkte soll hier verzichtet werden. Im Ergebnis hielt das Gericht die Ausführungen jedenfalls für ausreichend, richtig und unmißverständlich, so daß auch dieses Vorbringen letztlich nicht zum Ziel führte. dd) Würdigung Dem Ergebnis beider Urteile ist zuzustimmen. Akzeptiert man die Annahme, die Aktionäre seien bei ihren Entscheidungen ausreichend informiert gewesen, so waren in der Tat alle beteiligten Aktionärsgruppen durch die zu fassenden Sonderbeschlüsse ausreichend geschützt. Die Situation war insofern nicht mit der eines ,freeze out mergers‘ vergleichbar, eine Verletzung der Aktionärsrechte aus den ,Recap provisions‘ konnten die Transaktionen damit nicht begründen. Kritisch zu betrachten ist die Entscheidung des Gerichts, die ,business judgment rule‘ ohne weitere Modifikationen im Kontext einer tracking stock Struktur anzuwenden. Dies führt zusammen mit der Tatsache, daß das Gericht die unterschiedlich hohen Beteiligungen der Mitglieder des ,board‘ an den tracking stock Gattungen nicht als ausreichend ansah, um eine persönliche Befangenheit anzunehmen und damit die ,business judgment rule‘ zu überwinden, zu einem schwach ausgeprägten Schutz der Aktionäre. Sollten die Mitglieder des ,board‘ eine Aktionärsgruppe bevorzugen, ohne daß dahinter eigene finanzielle Interessen der Entscheidungsträger 442 „There is much democratic wisdom in the trite phrase ,you can’t have your cake and eat it too.‘ That phrase apllies here. All the GM stockholders were asked to do is to accept a new status or remain in their current status.“ In Re General Motors Class H Shareholders Litigation 734 A.2d 611, 621 (Del.Ch. 1999). 443 In Re General Motors Class H Shareholders Litigation 734 A.2d 611, 621 ff. (Del.Ch. 1999). 444 Solomon v. Armstrong 747 A.2d 1098, 1127 ff. (Del.Ch. 1999).

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

stünden, so würde das ,board‘ zwar seine Pflicht zur ausgeglichenen Behandlung der Aktionärsgruppen verletzen, es wäre den betroffenen Aktionären jedoch trotz der u.U. nachweisbaren Benachteiligung nicht möglich, die Vermutungswirkung der ,business judgment rule‘ zu überwinden. Einen gerichtlichen Schutz ihrer Interessen könnten sie damit nicht erreichen. Die Urteile nehmen insofern einen pragmatischen Standpunkt ein und legen die Abwägung der Aktionärsinteressen vollständig in die Hände des ,board of directors‘. Zu bemerken ist, daß die beiden Entscheidungen außergewöhnliche Umstrukturierungen betrafen, zu denen die Zustimmung der Aktionäre aller Gattungen vorlagen hatte. Offen bleibt damit letztlich die Frage nach den Regeln für die alltäglichen Entscheidungen des Managements, die ohne Beteiligung der Hauptversammlung getroffen werden, aber dennoch erhebliche Auswirkungen auf die Interessen der Aktionäre haben können. Bleibt das Gericht bei dem dargestellten Ansatz, so sollte auch in solchen Fällen die ,business judgment rule‘ Anwendung finden und eine vollständige inhaltliche Überprüfung der Entscheidungen hindern. In beiden Entscheidungen finden sich keine Ausführungen zur Frage der gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit einer tracking stock Struktur. Der Delaware Court of Chancery ging ohne weiteres von der Zulässigkeit einer derartigen Eigenkapitalstruktur aus und stimmt damit im Ergebnis mit der vorliegenden Untersuchung überein. Nicht Gegenstand der Entscheidungen war die Frage der Zulässigkeit einer variablen Gestaltung des Stimmrechts, wie im Falle von US West, so daß insoweit zukünftige Urteile abzuwarten bleiben. Die beiden Urteile des Delaware Court of Chancery stellen die ersten Schritte hin zu einer stärkeren Durchdringung der mit einer tracking stock Struktur verbundenen Probleme dar und sorgen auf dem wichtigen Gebiet der Umstrukturierung von Gesellschaften mit tracking stock Struktur für Rechtssicherheit. Deutlich wird an dieser Stelle wieder der schon mehrfach diskutierte maßgebliche Einfluß des ,board of directors‘, der durch den Schutz der ,business judgment rule‘ noch gefestigt wird.

g) Fazit zur Betrachtung der Interessensituation in einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur Die Interessensituation innerhalb einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur unterscheidet sich wesentlich von einer solchen in einer Gesellschaft mit herkömmlicher Eigenkapitalstruktur. Die faktische, d. h. nicht rechtlich bindende Kopplung der Dividendenhöhen an die Entwicklung der Geschäftsbereiche führt zur Bildung zweier oder mehrerer Aktionärsgruppen, deren finanzielle Interessen miteinander in Konflikt stehen. Nahezu alle Entscheidungen des ,board of directors‘ werden sich in unterschiedlicher Weise auf die Geschäftsbereiche auswirken und damit auch die Interessen der Aktionäre berühren. Die herkömmliche Interpretation der Pflichten, denen die Mitglieder des ,board of directors‘ unterliegen, kann die entstehenden Interessenkonflikte nicht ohne weiteres lösen. Es finden sich

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jedoch eine Reihe von rechtlichen Aspekten, die auf eine materielle Pflicht des ,board‘ hindeuten, die Interessen der unterschiedlichen Aktionärsgruppen gleichgewichtet zu verfolgen. Eine derartige ’duty of fairness‘, wie sie auch Hass fordert, wird grundsätzlich in den oben dargestellten Entscheidungen des Delaware Court of Chancery anerkannt, das Gericht verweigerte jedoch eine vollständige inhaltliche Überprüfung der entsprechenden Entscheidungen mit dem Hinweis auf die Vermutungswirkung der ,business judgment rule‘. In diesem Punkt erscheint der Ansatz von Hass vorzugswürdig, der den Besonderheiten einer tracking stock Struktur weit besser gerecht wird und insofern die Voraussetzungen der herkömmlichen ,business judgment rule‘ an die neue Eigenkapitalstruktur anpaßt. Ergänzend sollte durch geeignete Mechanismen für eine ausgewogenere Vertretung der konfliktären Interessen im ,board‘ gesorgt werden.

III. Verfahrensschritte zur Einführung einer tracking stock Struktur Zum Schluß der Betrachtungen zur rechtlichen Dimension des tracking stock Konzepts in den USA soll kurz auf das Verfahren zur Einführung einer solchen Struktur eingegangen werden.445 Das Vorgehen läßt sich dabei in zwei Schritte unterteilen.446 Zum ersten müssen die entsprechenden Regelungen im ,certificate of incorporation‘ verankert und damit die Aktionärsrechte gestaltet werden. Betroffen sind hier in erster Linie Fragen des ,corporation law‘. Zum zweiten sind die neu geschaffenen Aktien auszugeben, wobei hier das ,securities law‘ des Bundes zur Anwendung kommt.

1. Verankerung der tracking stock Struktur im ,certificate of incorporation’

Geht man davon aus, daß die Stammaktien einer Gesellschaft ursprünglich in einer Gattung zusammengefaßt sind, so sind zur Einführung einer tracking stock Struktur zum einen die Rechte der ursprünglichen Stammaktiengattung anzupassen und zum anderen eine oder mehrere neue Stammaktiengattungen einzuführen. Auf eine Anpassung der Rechte der bisherigen Stammaktiengattung kann nicht verzichtet werden.447 Die Einführung einer tracking stock Gattung führt ohne weiteres dazu, daß auch die bisherigen Stammaktien zu solchen einer tracking stock Gat445 Dabei sollen rechtlich weniger relevante Bereiche unberücksichtigt bleiben. Vgl. allgemein zur Planung und Realisation einer tracking stock Struktur Jaeger, Targeted Stock, S. 77 f.; Natusch, Tracking Stock, S. 218 ff. 446 Ähnlich Bauer, Targeted Stocks, S. 110 ff. der jedoch den zweiten Schritt weiter unterteilt. 447 Zutreffend Bauer, Targeted Stocks, S. 114; mißverständlich insofern Natusch, Tracking Stock, S. 50.

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

tung werden. Dies zeigt folgende Überlegung. Soll die Entwicklung der neuen Aktiengattung an einen bestimmten Geschäftsbereich gekoppelt und sollen aus diesem Grund die Gewinne dieses Geschäftsbereichs allein für Ausschüttungen auf diese Gattung verwandt werden, so führt dies folgerichtig dazu, daß die Aktien der bisherigen Stammaktiengattung nur noch die wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung der übrigen Geschäftsbereiche des Unternehmens nachzeichnen können. Der betreffende Bereich mag den weit größeren Teil des Unternehmens darstellen, wie dies bei GM der Fall ist, an der Tatsache, daß nun nicht mehr die Gewinne des gesamten Unternehmens ausschüttbar sind, ändert dies jedoch nichts. Im ersten Schritt sind somit die Rechte der ursprünglichen Stammaktien umzugestalten. Der maximal als Dividende ausschüttbare Betrag wird auf den Teil des ,surplus‘ beschränkt, der auf den jeweiligen Geschäftsbereich entfällt, das Recht auf einen Anteil am Abwicklungsüberschuß angepaßt, das Stimmrecht umgestaltet sowie Regelungen zur Auflösung der tracking stock Struktur verankert. Mit der Umgestaltung der im ,certificates of incorporation‘ niedergelegten Rechte ist ein Eingriff in die bestehenden Rechtsposition der Aktionäre verbunden.448 Hatten sie vor der Einführung der tracking stock Struktur beispielsweise ein Recht auf Teilhabe am gesamten ,surplus‘ der Gesellschaft, so steht ihnen nun nur noch maximal ein Teil dessen zu. Das ,certificate of incorporation‘ stellt einen Vertrag zwischen Staat, Gesellschaft und Aktionären dar. Ohne besondere Vorschriften in den ,corporation statutes‘ oder dem ,certificate‘ würde daraus folgen, daß die Regelungen des Vertrages nicht ohne Zustimmung aller beteiligter Personen geändert werden könnten.449 Nach den Vorschriften der ,corporation statutes‘ praktisch aller Staaten450 wird der Gesellschaft jedoch das Recht zugestanden, ihr ,certificate‘ durch bloße Mehrheitsentscheidung der Aktionäre zu verändern. Dies umfaßt ausdrücklich auch solche Änderungen, bei denen Rechte der Aktien, die sich in Publikumsbesitz befinden, beeinträchtigt werden.451 So kann insbesondere das Dividendenrecht und 448 Dies ist auch dann der Fall, wenn, wie weiter unten noch darzustellen sein wird, den bisherigen Aktionären die neu geschaffenen Aktien der anderen tracking stock Gattung als Dividende ausgeschüttet werden. Zwar wird damit faktisch eine Situation für die Aktionäre hergestellt, die der vor der Einführung der tracking stock Struktur entspricht, da diese nun anstatt einer Aktie, die auf das Gesamtunternehmen bezogen ist, je zwei Aktien halten, die an Teile des Unternehmens gekoppelt sind. Bei formaler Betrachtung bleibt es jedoch dabei, daß durch die Änderung des ,certificate‘ in die bestehenden Rechte der alten Stammaktien eingegriffen wird. 449 Cox / Hazen / O’Neal, Corporations, § 25.1; Folk, Delaware General Corporation Law, § 242.2.2.; vgl. auch Depenbrock, Vorzugsaktien, S. 121 ff. 450 Siehe Übersicht bei Fletcher Cyc. Corp. § 3695.10; für Delaware § 242 (a)(3) Del.Gen.Corp.L. 451 „( . . . ) [A] corporation may amend its certificate of incorporation, from time to time, so as: ( . . . ) (3) To ( . . . ) reclassify the same [the shares], by changing the number, par value, designations, preferences, or relative, participating, optional, or other special rights of the shares, or the qualifications, limitations or restrictions of such rights ( . . . )“ (§ 242 [a][3] Del.Gen.Corp.L.). Ausführlich zu dieser ,reclassification‘ Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, §§ 8.3., 8.4.; Folk, Delaware General Corporation Law, § 242.2.2.

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das Recht auf einen Anteil am Abwicklungsüberschuß beschnitten,452 das Stimmrecht verändert453 oder Aktien einer ,redemption clause‘ unterworfen werden.454 Grundsätzlich bestehen bei den Abstimmungen über solche Änderungen des ,certificate‘ keine besonderen Pflichten der Mehrheit der Aktionäre gegenüber der unterliegenden Minderheit.455 Allein dann, wenn unredliche Absichten erkennbar sind oder die Mehrheit der Stimmen in der Hand einer Person liegt und mithin der ,fairness test‘ zu Anwendung kommt, kann etwas anderes gelten.456 Sind die Rechte der bestehenden Aktien umgestaltet worden, so bedarf es im zweiten Schritt der Einführung der neuen tracking stock Gattung(en). Hier sind die Anzahl der auszugebenden Aktien sowie ihre Rechte und die Regelungen zur Auflösung der tracking stock Struktur im ,certificate‘ zu verankern. Das Problem des Eingriffs in bestehende Rechte stellt sich hier nicht. Alle dargestellten Veränderungen im ,certificate of incorporation‘ müssen von einer Mehrheit der Stimmen aller sich in Publikumsbesitz befindenden Aktien gebilligt werden (§ 242 [b][1] Del.Gen.Corp.L.). Bestehen ursprünglich mehrere Stammaktiengattungen, so hat jede Gattung in einer gesonderten Abstimmung der Änderung des ,certificate‘ zuzustimmen (§ 242 [b][2] S. 1 Del.Gen.Corp.L.).457 452 Dividendenrecht: Davis v. Louisville Gas & Electric Co., 142 A. 654 (Del. 1928); Peters v. United States Mortgage Co., 114 A. 598 (Del. 1921); Recht auf Anteil am Abwicklungsüberschuß: Bailey v. Tubize Rayon Corp. 56 F.Supp. 418 (Del. 1944). 453 Topkis v. Delaware Hardware Co., 2 A.2d 114, 119 (Del. 1938). 454 Morris v. American Public Utilities Co., 14 Del.Ch. 136 (Del. 1923). 455 Barrett v. Denver Tramway Corp., 53 F.Supp. 198 (Del. 1943); Gans v. Delaware Terminal Corp., 2 A.2d 154 (Del. 1938). 456 Vgl. zu diesem Problemkreis Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, § 8.2; Folk, Delaware General Corporation Law, § 242.6.; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 1027. Strengere Maßstäbe werden dann angelegt, wenn durch die Änderung des ,certificate‘ das kumulative Dividendenrecht von ,preferred shares‘ abgeschafft werden soll, vgl. dazu Cox / Hazen / O’Neal, Corporations, § 25.6; Depenbrock, Vorzugsaktien, S. 112. Werden die Rechte eines Aktionärs im Rahmen eines ,mergers‘ beschnitten und hat dieser den Änderung nicht zugestimmt, so kann ihm nach § 262 (b) Del.Gen. Corp.L. unter bestimmten Umständen ein sog. ,appraisal right‘ zustehen, das es ihm ermöglicht, seine Aktien zum ,fair value‘ an die Gesellschaft zu verkaufen. Die Anwendung von § 262 Del.Gen.Corp.L. ist jedoch allein auf den Fall eines ,mergers‘ beschränkt. Werden Rechte im Rahmen anderer Reorganisationen beeinträchtigt, so steht dem betroffenen Aktionär ein solches Recht nicht zu (vgl. Folk, Delaware General Corporation Law, § 262.2; Fox / Fox, Corporate Acquisitions and Mergers, § 5A.05; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 988). 457 Vor der Abstimmung sind die Aktionäre weiterhin über die Änderung des ,certificate‘ und die Auswirkung auf ihre Rechte zu informieren (§ 242 [b][1] Del.Gen.Corp.L.). Auf die Pflichten zur Offenlegung nach ,state law‘ wird im weiteren nicht eingegangen. Zum einen kann davon ausgegangen werden, daß es sich bei den Einführungen von tracking stock Strukturen in der Regel um Transaktionen handeln wird, die dem ,federal securities law‘ unterliegen, zum anderen sind die Pflichten zur Offenlegung nach ,Delaware corporation law‘ so mit den bundesstaatlichen Pflichten harmonisiert, daß ihnen kaum noch eine eigenständige Rolle zukommt (Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, § 17.11).

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

In aller Regel bedient sich das Management im Rahmen seiner Bemühungen, eine Mehrheit der Aktionärsstimmen für die vom ihm vorgeschlagenen Änderungen des ,certificate‘ zu finden, sogenannter ,proxies‘. Bei einem ,proxy‘ handelt es sich um eine besondere Vollmacht, mittels der die Aktionäre andere Personen (auch Mitglieder des ,board of directors‘) ermächtigen können, die ihnen bei einer Abstimmung zustehenden Stimmen in einer bestimmten Art und Weise abzugeben (§ 212 [b] Del.Gen.Corp.L.).458 In den Fällen, in denen die Aktien, deren Stimmrechte im Rahmen der ,proxy solicitation‘ umworben werden, der Registrierungspflicht nach Sec. 12 des Securities Exchange Act 1934 unterliegen,459 sind die besonderen Pflichten zur Information der Aktionäre über den Gegenstand der betreffenden Abstimmung nach den Regelungen der SEC zu beachten (Sec. 14 [a] Securities Exchange Act 1934).460 Diese Vorschriften, niedergelegt in den sog. ,SEC Proxy Rules‘, erfordern, daß jede ,proxy solicitation‘ von einem ,proxy statement‘ begleitet wird, welches alle Umstände offenlegt, die für die Abstimmung erheblich sein könnten. Der vorgeschriebene Inhalt dieser ,statements‘, das Verfahren zur Einreichung bei der SEC sowie die einzuhaltenden Termine sind in den Rules 14a-1 bis 14a-12; 14c-1 bis 14c-7 und 14d-1 bis 14f-1 und den zugehörigen fünf Anhängen geregelt.461 Nach Rule 14a-9a darf der Inhalt des ,proxy statements‘ insbesondere keine falschen oder mißverständlichen Aussagen enthalten oder relevante Informationen auslassen.462 Da bisher die Initiative zur Einführung einer tracking stock Struktur in jedem Fall vom ,board of directors‘ ausging, wurde auch bei einer jeden solchen Reorganisation im Rahmen einer ,proxy solicitation‘ um die Zustimmung der Aktionäre geworben.463 Dabei waren jeweils die ,SEC Proxy Rules‘ anwendbar. In die entsprechenden ,proxy statements‘ wurden, in Abstimmung mit der SEC, alle als erheblich eingestuften Informationen über die jeweilige tracking stock Struktur aufgenommen. Dabei ist jedoch kritisch zu bemerken, daß, wie bereits oben ausgeführt wurde,464 die Hinweise auf die spezifischen Interessenkonflikte in einer derartigen Eigenkapitalstruktur unzureichend waren. 458 Vgl. Balotti / Finkelstein, Delaware Law of Corporations, § 7.18; Henn / Alexander, Law of Corporations, S. 518; zum ,proxy‘ System ausführlich Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 633 ff. 459 Eine Gesellschaft muß ihre ,securities‘ dann nach Sec. 12 Securities Exchange Act 1934 registrieren lassen, wenn diese entweder an einer Börse gehandelt werden oder wenn im Falle von Aktien die Zahl der Aktionäre der Gesellschaft 500 übersteigt und deren Vermögen mindestens $ 10 Millionen beträgt. 460 Vgl. Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 635 f. 461 Siehe dazu ausführlich, Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 814 ff.; Jakob, Registration and Reporting, S. 503 (552 ff.); Soderquist, Securities Laws, S. 207 ff. 462 Diese Fehler des ,proxy statements‘ müssen freilich erheblich (,material‘) sein. Dies ist nach T.S.C. Industries, Inc. v. Northway, Inc., 426 U.S. 438, 449 (1976) dann der Fall, „( . . . ) if there is a substantial likelihood that a reasonable shareholder would consider it important in deciding how to vote.“ 463 Steinberger / Hass, Tracking Stocks, S. 523 (536); Wirth / Reardon, Insights 3 / 1995, 9. 464 Vgl. Erstes Kapitel: B.II.2.e).

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2. Ausgabe und Registrierung der Aktien der tracking stock Gattungen

Während die dargestellte Einführung der tracking stock Struktur im ,certificate of incorporation‘ in jedem Fall in der dargestellten Art vorzunehmen ist, existieren drei unterschiedliche Möglichkeiten, die Aktien der neu geschaffenen tracking stock Gattungen auszugeben.465 Zum ersten können die Aktien im Rahmen eines ,public offering‘ gegen Einlagen an den Kapitalmärkten emittiert werden. Der Gesellschaft fließt damit neues Eigenkapital zu. Zum zweiten können die Aktien in Form einer ,stock dividend‘ an die bisherigen Aktionäre entsprechend ihren Kapitalanteilen ausgeschüttet werden. Im Gegensatz zum ,public offering‘ kommt es hier zu keinem Mittelzufluß. Weiterhin erleiden die Aktionäre sowohl wirtschaftlich als auch hinsichtlich ihrer Stimmmacht keine Einbußen. Zusammengenommen, verbriefen die von ihnen gehaltenen Aktien die gleichen Rechte, die den Aktionären bereits vor der Einführung der tracking stock zustanden. Als dritte Alternative können die neu geschaffenen Aktien im Rahmen einer Übernahme oder eines Unternehmenszusammenschlusses ausgegeben werden. Unabhängig davon, in welcher Weise die Transaktion ausgestaltet wird,466 sind in jedem Fall die Aktionäre der Zielgesellschaft für die Aufgabe ihrer Beteiligung zu entschädigen. Die Aktien der neuen tracking stock Gattung können in diesem Rahmen den Aktionären der Zielgesellschaft angeboten werden, sei es als Teil des in einem ,tender offer‘ gebotenen Kaufpreises oder als Gegenleistung beim Tausch der Aktien der untergehenden Gesellschaft gegen solche der überlebenden Gesellschaft bei einem Zusammenschluß. Werden neue Aktien ausgegeben, so sind diese, wenn die Vorschriften des Securities Act 1933 anwendbar sind, mittels eines ,registration statement‘ bei der SEC zu registrieren und ist ein ,prospectus‘, der die wichtigsten Angaben über die Aktien und die Gesellschaft enthält, an interessierte Anleger zu verteilen.467 Sowohl das erstmalige Zeichnungsangebot als auch die Ausgabe im Rahmen einer ,acquisition‘ oder eines ,merger‘ stellen unproblematisch ein ,offer to sell‘ im Sinne von Sec. 5 i.V.m. Sec. 2 (3) Securities Act 1933 dar.468 Damit ist der Anwen465 Vgl. Jaeger, Targeted Stock, S. 77; Kennedy, Int.Fin.L.Rev. 6 / 1993, 24; Logue / Seward / Walsh, Financial Management 1 / 1996, 43 (45); Natusch, Tracking Stock, S. 50; Steinberger / Hass, Tracking Stocks, S. 523 (529 f.); Steiner / Natusch, Die Bank 1996, 580 (581 f.). 466 Siehe zu den unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 929 ff., 942 ff., 1067 ff.; Fox / Fox, Corporate Acquisitions and Mergers, §§ 5A.02, 5A.03, 5A.04. 467 Vgl. zu den Registrierungspflichten nach dem Securities Act 1933: Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 786 ff.; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 420 ff.; Soderquist, Securities Laws, S. 41 ff.; Wilhelm, WPg 1998, 364 ff. 468 Ausgegangen wird davon, daß die entsprechende Transaktion über die Staatsgrenzen hinaus Wirkung entfaltet.

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

dungsbereich des Securities Act 1933 grundsätzlich eröffnet.469 Gleiches gilt für die Änderung der Rechte der bereits bestehenden Aktiengattung. Auch diese ,reclassification‘ stellt einen ,sale‘ im Sinne der Sec. 2 (3) Securities Act 1933 dar. Der Begriff wird insoweit sehr weit ausgelegt.470 Es bedarf keines direkten Austauschs von Geld oder Wertpapieren, vielmehr ist es ausreichend, daß die in einer Aktie verbrieften Rechte in einer grundlegenden Weise verändert werden und die Aktionäre im Gegenzug im Rahmen einer neuen Investitionsentscheidung eine wie auch immer geartete Gegenleistung erbringen, wobei hierzu auch die Aufgabe einer Rechtsposition ausreicht.471 Werden die Aktien des ursprünglichen ,common stock‘ durch den Beschuß der Aktionäre in solche eines tracking stock umgewandelt, so geben die Aktionäre im Gegenzug zum „Erhalt“ dieser neu gestalteten Aktien Teile ihrer ursprünglichen Dividendenaussichten, Liquidationsrechte oder Stimmrechte auf. Dies reicht aus, um einen ,sale‘ im Sinne von Sec. 2 (3) Securities Act 1933 zu begründen.472 Fraglich erscheint jedoch, ob der Anwendungsbereich des Securities Act 1933 auch für den Fall eröffnet ist, daß die bisherigen Aktionäre entsprechend ihrem Kapitalanteil Aktien der neu geschaffenen tracking stock Gattung als Dividende erhalten. Grundsätzlich stellt eine ,stock dividend‘ keinen ,sale‘ dar, da es an einer Gegenleistung der Aktionäre fehlt.473 Entsprechend ließe sich im vorliegenden Fall argumentieren. Auch hier fehlt es an einer Gegenleistung in Form eines Rechtsverzichts, da die in den Aktien der beiden Gattungen verbrieften Rechtspositionen in der Summe der entsprechen, die die Aktionäre vor der Umgestaltung der Eigenkapitalstruktur inne hatten.474 In der Praxis freilich haben bisher alle Gesellschaften ihre Aktien auch in diesen Fällen unter dem Securities Act 1933 registrieren lassen, auch da die dafür notwendigen Dokumente schon im Rahmen der ,proxy solicitation‘ erstellt worden waren.475 Ist der Anwendungsbereich des Securities Act 1933 eröffnet, so sind im ,registration statement‘ und ,prospectus‘ alle erheblichen Informationen über die ausgebende Gesellschaft und die betreffenden Aktien offenzulegen.476 Die Form und 469 Vgl. zu den anderen Voraussetzungen, auf die hier nicht genauer eingegangen werden soll, Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 797 ff.; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 425 ff.; Wilhelm, WPg 1998, 364 (366 f.). 470 Sommer, Federal Securities Act, § 2.02. 471 Sec v. Associated Gas & Elec. Co., 99 A.2d 795 (1938); Gutterman, Business Financing, S. 57; Sommer, Federal Securities Act, § 2.02[4]. 472 Wirth / Reardon, Insights 3 / 1995, 9 f. 473 Gutterman, Business Financing, S. 57; Sommer, Federal Securities Act, § 2.02[2]; Wirth / Reardon, Insights 3 / 1995, 9 (10). 474 Siehe dazu Wirth / Reardon, Insights 3 / 1995, 9 f., die argumentieren, daß eine Investmententscheidung und Gegenleistung der Aktionäre in der Abstimmung über die Änderung des ,certificate of incorporation‘ gesehen werden könnte. 475 Wirth / Reardon, Insights 3 / 1995, 9 (10). 476 Gutterman, Business Financing, S. 40; Henn / Alexander, Laws of Corporations, S. 807.

C. Fazit zur rechtlichen Dimension des Konzepts in den USA

155

der genaue Inhalt der Dokumente richtet sich nach der Art, in der die zu registrierenden Aktien emittiert werden. Je nach Fall sind unterschiedliche ,forms‘ zu verwenden.477 Hierbei handelt es sich um detaillierte Formulare der SEC, die die offenzulegenden Informationen spezifizieren und genaue Anweisungen über den Umfang und die Art und Weise der Präsentation der Daten enthalten.478 Die ,forms‘ finden ihre Grundlage in der ,regulation S – K‘ sowie der ,regulation S – X‘, die von der SEC auf Grundlage der ,securities acts‘ erlassen worden sind. Neben der Registrierung nach dem Securities Act 1933 sind die Aktien der neuen tracking stock Gattung zumindest dann, wenn sie an einer Aktienbörse der USA gehandelt werden sollen, die Anzahl von 500 Aktionären überschritten wird und die Gesellschaft mindestens ein Vermögen von US-$ 10 Millionen aufweist, auch nach dem Securities Exchange Act 1934 zu registrieren (Sec. 12).479 Zur Verfügung stehen hier wiederum unterschiedliche ,forms‘ der SEC.480 Die Veränderung der Rechte des ursprünglichen ,common stock‘ ist im Rahmen eines Nachtrags zum ,registration statement‘ offenzulegen.481 Mit dieser Registrierung unterliegt die Gesellschaft den Pflichten zur periodischen Berichterstattung nach dem Securities Exchange Act 1934, auf die im Rahmen der Rechnungslegung ausführlich eingegangen wurde.482

C. Fazit zur rechtlichen Dimension des tracking stock Konzepts in den USA Wie bereits zu Beginn dieses Kapitels, das sich mit den rechtlichen Aspekten des tracking stock Konzepts beschäftigte, angedeutet wurde, zeigt sich bei genauerer Betrachtung eine gewisse Diskrepanz zwischen der wirtschaftlichen Idee, die mit der Einführung von tracking stock Strukturen verfolgt wird und der rechtlichen Realität. Die Aktien der tracking stock Gattungen sollen – so das Konzept – auf den Kapitalmärkten anhand der in bestimmten Geschäftsbereichen erwirtschafteten und zukünftig zu erwartenden Gewinne bewertet werden. Aus rechtlicher Sicht besteht jedoch letztlich keinerlei Anspruch der Aktionäre darauf, daß sich die Dividendenzahlungen tatsächlich am wirtschaftlichen Ergebnis und FinanzVgl. Übersicht bei Keller / Tomomatsu / Hendricks, Registration Statements, S. 709 ff. Vgl. Wilhelm, WPg 1998, 364 (367 f.); Pellens, Internationale Rechnungslegung, S. 337 ff. 479 Vgl. Jakob, Registration and Reporting, S. 503 (513); Pellens, Internationale Rechnungslegung, S. 341; Soderquist, Securities Laws, S. 195 f.; Wilhelm, WPg 1998, 364 (372 f.). 480 Vgl. zu diesen Austin, Registration Statements, S. 761 ff.; Jakob, Registration and Reporting, S. 503 (515 ff.). 481 Wirth / Reardon, Insights 3 / 1995, 9. 482 Soderquist, Securities Laws, S. 198; Wilhelm, WPg 1998, 364 (374); vgl. oben Erstes Kapitel: B.II.1.b)cc)(3). 477 478

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1. Kap.: Tracking Stock – Spartenbezogene Eigenkapitalstrukturen (USA)

bedarf der betreffenden Geschäftsbereiche orientieren. Maßgebliche Bedingung dafür, daß sich die durch die Ausgabe von Aktien eines tracking stock bezweckte separaten Bewertung auch tatsächlich aufrechterhalten läßt, ist, daß sich das ,board‘ bei seinen Dividendenentscheidungen freiwillig am tracking stock Konzept orientiert und damit die wirtschaftliche Entwicklung und den Finanzbedarf der Geschäftsbereiche berücksichtigt. Von dem eher faktischen als rechtlich begründeten Zusammenhang zwischen der finanziellen Situation der Aktionäre und der Entwicklung der Geschäftsbereiche hängen weiter die oben beleuchteten Interessenkonflikte zwischen den Aktionärsgruppen und die daraus resultierenden Probleme bei der Leitung der Geschäfte einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur ab. Zwar gründen die widerstreitenden Interessen nicht auf echten in Konflikt miteinander stehenden Aktionärsrechten, existieren aber dennoch aufgrund der tatsächlich eingeführten tracking stock Struktur. In den Interessensgegensätzen der Aktionäre liegt das rechtliche Hauptproblem und entsprechend die Hauptgefahr für die Aktionäre einer Gesellschaft mit tracking stock Struktur. Es bleibt abzuwarten, ob sich nach den ersten Entscheidungen des Delaware Court of Chancery zu tracking stock Strukturen eine intensivere Diskussion über die Risiken derartiger Eigenkapitalstrukturen entwickeln wird.

Zweites Kapitel

Ansätze und Grundlagen für die Umsetzung des tracking stock Konzepts ins deutsche Gesellschaftsrecht Die US-amerikanische ,public corporation‘ findet ihre Entsprechung in der deutschen Aktiengesellschaft. Nichts liegt damit näher, als das tracking stock Konzept in Deutschland in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft im Rahmen einer besonderen Gestaltung von Aktiengattungen zu realisieren. Auf diesen Ansatz wird sich auch die vorliegende Untersuchung konzentrieren.483 Es lassen sich in deutschen Beiträgen indes auch Überlegungen finden, die sich mit einer Umsetzung mittels anderer Rechtsformen, wie die der GmbH oder der Personen(handels)gesellschaft, beschäftigen oder aber eine Kombination von Gesellschaften unterschiedlicher Rechtsformen vorschlagen.484 Darüber hinaus ließe sich an eine Realisierung auf schuldrechtlicher Ebene denken. Auf diese Ansätze sei deshalb zu Beginn in einem Überblick kurz eingegangen,485 bevor die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Umsetzung in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft genauer dargestellt werden.486

483 Ebenso: Baums, FS Boujong, S. 19 ff.; Brauer, AG 1993, 324 ff.; Sieger / Hasselbach, BB 1999, 1277 ff. Zur Zulässigkeit von tracking stocks im europäischen Gesellschaftsrecht sowie den Rechtsordnungen von Belgien, den Niederlanden, Englands, Frankreichs und der Schweiz vgl. Thiel, Spartenaktien, S. 101 ff. 484 Vgl. Müller, WiB 1997, 57 ff.; Plewka, Gestaltungsmöglichkeiten mit „Tracking Stocks“, S. 133 ff. 485 Besteht der Wunsch eines Unternehmens, für ein in Deutschland liegendes Geschäftsfeld eine tracking stock Gattung auszugeben, so muß dies nicht notwendigerweise in der Rechtsform einer deutschen Aktiengesellschaft geschehen. Denkbar ist ebenso, daß eine Holdinggesellschaft in den USA gegründet wird, die dann entsprechend den oben dargestellten rechtlichen Möglichkeiten die tracking stock Aktien emittiert. 486 Zu den verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten außerhalb der Aktie vgl. auch Thiel, Spartenaktien, S. 296 ff.

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2. Kap.: Umsetzung des tracking stock Konzepts in Deutschland

A. Überblick über die Ansätze zur Einführung divisionalisierter Gewinnbeteiligungen außerhalb der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer Aktiengesellschaft Die Bemühungen konzentrieren sich – unabhängig davon, welche konkrete rechtliche Form betrachtet wird – darauf, eine sog. divisionalisierte Gewinnbeteiligung einzuführen. Den Begünstigten soll nicht mehr allgemein ein Teil des Gesamtgewinns der Gesellschaft zustehen, ihre Gewinnbeteiligung soll sich vielmehr am Erfolg eines bestimmten Geschäftsbereichs orientieren.

I. Divisionalisierte Gewinnbeteiligungen bei der GmbH und den Personen(handels)gesellschaften 1. GmbH

Plewka487 und Müller488 gehen auf eine Realisierung in der Rechtsform einer GmbH ein. Ansatzpunkt ist dabei die Gewinnverteilungsregelung des § 29 Abs. 1, 3 GmbHG. Danach haben die Gesellschafter ein Recht auf einen Anteil am zur Ausschüttung vorgesehenen Teil des Jahrsüberschusses bzw. Bilanzgewinns der GmbH. Die Höhe dieses Anteils richtet sich entweder nach Gesellschaftsanteilen (§ 29 Abs. 3 S. 1 GmbHG) oder nach den davon abweichenden Regelungen in der Satzung der Gesellschaft (§ 29 Abs. 3 S. 2 GmbHG). Besondere Anforderungen, denen ein solcher individueller Gewinnverteilungsmaßstab genügen müßte, enthält das GmbHG nicht.489 In der Satzung könnte somit vorgesehen werden, daß sich die Ausschüttungsquoten bestimmter Gesellschafter nach den Ergebnisses einzelner Geschäftsbereiche richten.490 Eine derartige Gewinnverteilungsregelung lag der Entscheidung des BFH vom 25. 11. 1997 – VIII R 29 / 94, BStBl. II 1998, 257 ff. zugrunde und wurde als gesellschaftsrechtlich zulässig angesehen.491 Hier richtete sich die Gewinnverteilung innerhalb einer GmbH nach den in bestimmten Zweigniederlassungen erzielten Gewinnen. Jeder Gesellschafter sollte nur Ansprüche auf den Teil des Gewinns haben, der in dem ihm zugewiesenen Geschäft erzielt wurde.492 Plewka, Gestaltungsmöglichkeiten mit „Tracking Stocks“, S. 133 (134 ff.). Müller, WiB 1997, 57 (60 f.). 489 HeidelbergerKomm / Bartl, § 29 Rn. 9 f.; Walk, Gewinnverwendungsklausel, S. 29 f. 490 Müller, WiB 1997, 57 (60); Plewka, Gestaltungsmöglichkeiten mit „Tracking Stocks“, S. 133 (135). 491 Vgl. zu den steuerlichen Konsequenzen sowie dem Urteil des BFH v. 19. 8. 1999 – I R 77 / 96, DStR 1999, 1849, das ebenfalls eine inkongruente Gewinnausschüttung betraf Balmes / Graessner, DStR 2002, 838 ff.; Breuninger / Krüger, FS Welf Müller, S. 527 (542 ff.); Ott, StuB 2000, 385 ff. 487 488

A. Divisionalisierte Gewinnbeteiligungen

159

Ein derartiges spartenbezogenes Gewinnanrecht kann freilich nur solange zu einer Ausschüttung führen, als insgesamt ein verteilungsfähiger Jahresüberschuß zur Verfügung steht. Wurde ein Jahresfehlbetrag erwirtschaftet, so kommt nach §§ 29 Abs. 1 S. 1, 30 Abs. 1 GmbHG eine Gewinnausschüttung nicht in Betracht, es sei denn, die Gesellschafterversammlung beschließt, zusätzlich Rücklagen bis zur Grenze des § 30 Abs. 1 GmbHG aufzulösen.493 Auch dann, wenn der operative Verlust eines Geschäftsbereichs den Jahresüberschuß mindert, kann ein höherer Gewinn des anderen Bereichs nicht vollständig ausgeschüttet werden. Die mögliche Ausschüttung ist auf den betreffenden Jahresüberschuß begrenzt. Daran kann auch eine divisionalisierte Gewinnbeteiligung nichts ändern.494 Die Vorschriften zur Kapitalerhaltung stehen insofern nicht zur Disposition des Satzungsgebers. Einen interessanten Ansatz zur Vermeidung der Situation, daß der Verlust eines Geschäftsbereichs die Ausschüttung des Gewinns eines anderen vereitelt, führt Plewka an.495 Dabei werden die unterschiedlichen Geschäftsbereiche in getrennte GmbHs eingebracht, deren Anteile wiederum von einer Holdinggesellschaft in der Rechtsform einer GmbH gehalten werden. Die Gesellschafter sind an der Holdinggesellschaft beteiligt. Sie haben jeweils einen Anspruch auf Ausschüttung nur eines solchen Teils des Jahresüberschusses der Holdinggesellschaft, der von einer der Tochtergesellschaften erwirtschaftet worden ist. Diese schütten wiederum nur die jeweiligen Gewinne aus und behalten erwirtschaftete Verluste ein, ohne daß sich diese auf die Holdinggesellschaft auswirken würden. Gesetzt den Fall, daß diese Bedingungen eingehalten würden, könnten die Gesellschafter in der Tat unabhängig von der Ertragslage der anderen Geschäftsbereiche an Gewinnen des eigenen teilhaben, da sich etwaige Verluste der Tochtergesellschaften auf der Ebene der Holdinggesellschaft nicht auswirken würden. Fraglich ist jedoch, ob dies in jedem Fall gelten kann. Kommt es dazu, daß neben den Ausschüttungen der Tochtergesellschaften auch andere durch diese begründete Sachverhalte, sei es die Abschreibung eines eventuell vorhandenen derivativen Geschäfts- / Firmenwerts oder einer Beteiligung bei schlechten Geschäftsaussichten, im Jahresabschluß der Holding-Gesellschaft berücksichtigt werden müssen, so könnte der beschriebene Vorteil der Gestaltung schnell wieder zunichte gemacht werden, da sich der negative Geschäftsverlauf bei einer Tochtergesellschaft auch auf der Ebene der HoldingGesellschaft bemerkbar machen würde. 492 „§ 11 Gesellschafterversammlung: Die Gesellschafterversammlung beschließt über die Verteilung des Reingewinns, und zwar unabhängig von den Geschäftsanteilen; die Verteilung des Reingewinns hat nach den von den Gesellschaftern in ihrer Zweigniederlassung bzw. Geschäftszweig erzielten Ergebnissen zu erfolgen.“ (BFH, BStBl. 1998, 257); vgl. auch BFH, DStR 1999, 1849 ff. zur Zulässigkeit sog. inkongruenter Gewinnausschüttungen, bei denen sich die Gewinnanteile der Gesellschafter von den Kapitalanteilen unterscheiden; vgl. dazu Paus, FR 2000, 197 ff. 493 HeidelbergerKomm / Bartl, § 29 Rn. 10. 494 Müller, WiB 1997, 57 (60); Plewka, Gestaltungsmöglichkeiten mit „Tracking Stocks“, S. 133 (136). 495 Vgl. Plewka, Gestaltungsmöglichkeiten mit „Tracking Stocks“, S. 133 (138 ff.).

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2. Kap.: Umsetzung des tracking stock Konzepts in Deutschland 2. Personen(handels)gesellschaften

Das Innenverhältnis der OHG und KG ist nach §§ 109, 161 Abs. 2 HGB in weitem Umfang einer individuellen Gestaltung durch den Gesellschaftsvertrag zugänglich.496 Dies gilt auch für die in §§ 120 Abs. 1, 121 HGB niedergelegte Gewinnverteilungsregelung. Ausgehend vom Gewinn oder Verlust, der sich aus dem nach § 242 HGB aufzustellenden Jahresabschluß ergibt, könnte somit eine divisionalisierte Gewinnbeteiligung im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden, bei der sich die jeweiligen Anteile der Gesellschafter am Jahresergebnis bestimmter Geschäftsbereiche orientieren.497 Daneben sind die Regelungen des § 122 HGB zum Entnahmerecht zu berücksichtigen. Auch dieses kann durch den Gesellschaftsvertrag abweichend von der gesetzlich vorgesehenen Art ausgestaltet werden. Müller498 wirft in diesem Zusammenhang die Frage auf, ob nicht eine divisionalisierte Gewinnbeteiligung in Zusammenwirken mit einem Entnahmerecht, das Entnahmen auch bei negativen Eigenkapitalkonten zuläßt, in bestimmten Fällen zu problematischen Ergebnissen führt. Erwirtschaftet ein Geschäftsbereich dauerhaft Verluste, ein anderer Gewinne und ergibt sich daraus ein ausgeglichenes Gesamtergebnis der Gesellschaft, so besteht kaum ein verteilungsfähiger Gewinn, der den Eigenkapitalkonten der Gesellschafter gutgeschrieben werden könnte. Entnimmt der Gesellschafter, der am erfolgreichen Geschäftsbereich partizipiert, über die Zeit die dort erzielten Gewinne, so führt dies bei den gegebenen Umständen zu einem zunehmend negativen Eigenkapitalkonto. Dies, obwohl dem betreffenden Gesellschafter eigentlich die erzielten Gewinne seines Geschäftsbereichs zugute kommen und der andere Gesellschafter die erwirtschafteten Verluste tragen sollte. Als Ausweg bietet sich nach Müller allein der Weg an, schuldrechtliche Ausgleichsansprüche zwischen den Gesellschaftern vorzusehen. Die Alternative, eine Modifikation der Gewinnermittlung in dem Sinne vorzunehmen, daß außerhalb des Jahresabschlusses den Gesellschaftern direkt die Ergebnisse einzelner Geschäftsbereiche zugewiesen würden, sei trotz des dispositiven Charakters des § 120 Abs. 1 HGB nicht zulässig. Eine derartige Gestaltung würde gegen das Gesamthandsprinzip verstoßen, das nicht durch den Gesellschaftsvertrag modifiziert werden könne. Eine umfassende Analyse der Problemstellung soll hier nicht vorgenommen werden. Zu bemerken ist jedoch erstens, daß sich das Problem wohl allein in extremen Ausnahmesituationen stellt, in denen über einen längeren Zeitraum bei hohen Verlusten eines Geschäftsbereichs kein positives Ergebnis im Jahresabschluß der Gesellschaft ausgewiesen werden kann. Zweitens erscheint es so, als ob das Problem bereits auf der Ebene der Gewinnverteilung gelöst werden könnte. Benutzt werden könnte hier eine etwas abgewandelte Variante einer Gestaltung, auf die weiter unten im Rahmen 496 Zur Realisationsmöglichkeit durch eine stille Beteiligung vgl. ausführlich Tonner, Tracking Stocks, S. 340 ff. 497 Müller, WiB 1997, 57 (62). 498 Müller, WiB 1997, 57 (62 ff.).

A. Divisionalisierte Gewinnbeteiligungen

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des Dividendenrechts der Aktiengesellschaft noch ausführlich eingegangen werden soll.499 Dabei bleibt das Ergebnis, wie es sich aus dem Jahresabschluß ergibt, als Ausgangspunkt erhalten. Ein vorhandener Gesamtgewinn wird in dem Fall, daß ein Geschäftsbereich Verluste erwirtschaftet, allein dem Gesellschafter gutgeschrieben, dessen Geschäftsbereich ein positives Ergebnis beisteuert. Um zu gewährleisten, daß die Verluste des einen Bereichs auch in der Vermögenssphäre des betreffenden Gesellschafters berücksichtigt werden, wird der noch nicht verrechnete Verlustanteil von dessen Kapitalkonto abgezogen und dem des anderen Gesellschafters gutgeschrieben. In der Summe ändert sich durch diese Übertragung das Eigenkapital der Gesellschaft nicht, weiterhin ist es im betreffenden Jahr nur um den insgesamt erwirtschafteten Gewinn gestiegen. Im Ergebnis trägt jedoch der eine Gesellschafter über die Minderung seines Kapitalkontos den Verlust seines Geschäftsbereichs, während dem anderen Gesellschafter der volle Gewinn gutgeschrieben wird. Über eine detaillierte Gestaltung des Gewinnverteilungsschlüssels erscheint es damit möglich, die von Müller aufgeworfene Problemstellung zu lösen. Besonderer schuldrechtlicher Ausgleichsansprüche bedarf es damit nicht. Im Falle der Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann auf die Ausführungen zur OHG und KG verwiesen werden. Auch hier ist die Gewinnverteilungsregelung des § 722 BGB durch den Gesellschaftsvertrag abdingbar. Insoweit kann eine divisionalisierte Gewinnbeteiligung vorgesehen werden, die sich aus Gewinnverteilungsregelung und Entnahmerecht zusammensetzt.

3. Realisierung divisionalisierter Gewinnbeteiligungen über Minderheitsbeteiligungen in Konzernstrukturen?

Gibt man die Forderung auf, daß die Gesellschafter in einer tracking stock Struktur alle an einer einheitlichen Gesellschaft beteiligt sein sollten, so könnten divisionalisierte Gewinnrechte über Minderheitsbeteiligungen an selbständigen Gesellschaften realisiert werden. Hält eine Holdinggesellschaft Anteile an zwei Tochtergesellschaften und sind an diesen wiederum andere Minderheitsgesellschafter beteiligt, so bezieht sich deren Gewinnanrecht naturgemäß allein auf die Tochtergesellschaften. Ob eine solche Gestaltung jedoch als tracking stock Struktur bezeichnet werden kann, erscheint sehr fraglich. Ein grundlegendes Merkmal dieses Konzepts ist doch gerade, daß die Gesellschafter weiterhin an ein und derselben Gesellschaft beteiligt bleiben und sich nur ihre wirtschaftliche Teilhabe auf unterschiedliche Geschäftsbereiche bezieht. Gestaltungen über Minderheitsbeteiligungen in Konzernen sind damit als Umsetzung des tracking stock Konzepts nicht geeignet.

499

Vgl. Drittes Kapitel: A.I.1.b)cc).

11 Nolte

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2. Kap.: Umsetzung des tracking stock Konzepts in Deutschland

II. Divisionalisierte Gewinnbeteiligungen im Rahmen schuldrechtlicher Gestaltungen Auf schuldrechtlicher Ebene sind eine Vielzahl von Gestaltungen denkbar, mittels derer divisionalisierte Gewinnbeteiligungen realisiert werden könnten.500 Als einfachste Variante ist an ein partiarisches Rechtsverhältnis – insbesondere Darlehen – zu denken, bei dem sich der Darlehenszins an dem in einem bestimmten Bereich des Unternehmens des Darlehensnehmers erwirtschafteten Gewinn orientiert.501 Daneben sind im Rahmen von Schuldverschreibungen vielfältige Möglichkeiten denkbar, divisionalisierte Gewinnbeteiligungen zu vereinbaren. Als Inhaberpapiere ausgestaltet, könnten diese über die Kapitalmärkte einem größeren Anlegerkreis zugänglich gemacht werden (§ 793 BGB). Als Ausgangspunkt der Gestaltung eignen sich Wertpapiere, die zu einer schuldrechtlichen Beteiligung am Gewinn einer Gesellschaft berechtigen. Zu denken ist insbesondere an Gewinnschuldverschreibungen sowie Genußscheine, die nach allgemeiner Meinung ebenfalls schuldrechtlichen Charakter haben und eben keine Mitgliedschaftsrechte verbriefen.502 Die jeweiligen Vereinbarungen wären im Sinne einer divisionalisierten Gewinnbeteiligung zu modifizieren, wobei sich bei der Ermittlung der spartenbezogenen Größen dieselben Schwierigkeiten und Unschärfen ergeben dürften, die bereits oben503 dargestellt wurden. Wenn eine Aktiengesellschaft Gewinnschuldverschreibungen und Genußscheine ausgibt, ist § 221 AktG zu beachten. Zu prüfen wäre insbesondere, ob bei einer Verknüpfung von Spartenergebnissen mit Rechten der Inhaber von Gewinnschuldverschreibungen oder Genußrechten Rechte begründet würden, die mit den Gewinnanteilen von Aktionären in Verbindung gebracht werden könnten. Im Normalfall wäre dies wohl zu bejahen, so daß ein Beschluß der Hauptversammlung nach § 221 Abs. 1 AktG notwendig würde. Ohne genauer auf die verschiedenen denkbaren Varianten eingehen zu wollen, ist zu bemerken, daß die auf schuldrechtlicher Ebene vorhandene Privatautonomie in den Grenzen der §§ 134, 138 BGB und den Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen504 der Gestaltung von Wertpapierbedingungen im Sinne des divisionalisierten Ansatzes entgegenkommt.505 Auf Kosten einer fehlenden mit500 Vgl. Breuninger / Krüger, FS Welf Müller, S. 527 (540 f.); Jaeger, Targeted Stock, S. 227 f.; Tonner, Tracking Stocks, S. 319 ff. 501 Vgl. zum partiarischen Rechtsverhältnis MünchKomm / Ulmer, Vor § 705 Rn. 83 ff. m. w. N. 502 Zu den verschiednen Varianten von Schuldverschreibungen vgl. Staudinger / Marburger, Vorbem zu §§ 793 ff. Rn. 45 ff.; zu den Gewinnschuldverschreibungen vgl. Hüffer, AktG, § 221 Rn. 8; MünchHdbAG / Krieger, § 63 Rn. 44; zu den Genußrechten vgl. mit umfangreichen weiteren Nachweisen Franzen, Genußscheine, S. 1 ff.; Hüffer, AktG, § 221 Rn. 22 ff.; Luttermann, Unternehmen, Kapital und Genußrechte, S. 49 ff. 503 Vgl. Erstes Kapitel: B.II.1.b)cc)(2)(c). 504 MünchHdbAG / Krieger § 63 Rn. 51.

A. Divisionalisierte Gewinnbeteiligungen

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gliedschaftlichen Beteiligung, die im Einzelfall auch nicht erwünscht sein mag, ließen sich somit insbesondere die Probleme umgehen, die sich im Falle der Aktiengesellschaft aus dem Grundsatz der Satzungsstrenge (§ 23 Abs. 5 AktG)506 ergeben. III. Würdigung der Ansätze vor dem Hintergrund des tracking stock Konzepts Sämtliche Ansätze zur Einführung divisionalisierter Gewinnbeteiligungen stellen interessante Alternativen zu heute bekannten Gewinnverteilungsregelungen dar. Ob in der Praxis für derartige bereichsbezogene Konzepte bei kleineren und mittleren Unternehmen ein Bedürfnis besteht, wird sich zeigen. Zu warnen ist jedoch vor den Interessengegensätzen, die divisionalisierte Gesellschafterrechte mit sich bringen. Gerade in kleineren Unternehmen, bei denen die Gesellschafter auch in der Geschäftsführung tätig sind, fehlt es an einer neutralen Instanz wie dem professionellen Management in Form des ,board of directors‘, das zumindest ansatzweise in der Lage ist, die entstehenden Spannungen auszugleichen und für ausgewogene Entscheidungen zu sorgen. Die konträren Interessen der Gesellschafter würden in kleineren Unternehmen bei Geschäftsführungsentscheidungen direkt aufeinandertreffen, was die Entscheidungsfindung erheblich erschweren, wenn nicht sogar unmöglich machen könnte. Die Trennung von Gesellschafterstellung und Geschäftsführung, wie sie in der Aktiengesellschaft vorgesehen ist, erscheint vor diesem Hintergrund als ein Aspekt von erheblicher Bedeutung. Die Einführung divisionalisierter mitgliedschaftlicher Gewinnbeteiligungen bei Personen(handels)gesellschaften und der GmbH sowie die Schaffung entsprechender schuldrechtlicher Gewinnbeteiligungen kann das tracking stock Konzept, so wie es in den USA realisiert ist, nicht umsetzen. Zwar ist richtig, daß ein auf bestimmte Geschäftsbereiche bezogenes Gewinnanrecht einen zentralen Baustein dieses Konzepts darstellt (auch wenn ein solches im technischen Sinne in den USA nicht existiert). Darin erschöpft sich der Ansatz jedoch nicht. Das zentrale Anliegen des tracking stock Konzepts ist es vielmehr, Unternehmensbereiche großer konglomerater Konzerne einer gesonderten Bewertung auf den Kapitalmärkten zugänglich zu machen, ohne die bisherigen rechtlichen Strukturen der Unternehmen verändern zu müssen. Eben dieser Aspekt der Bewertung von Unternehmensteilen durch die Kapitalmärkte vor dem Hintergrund des Shareholder Value Ansatzes stellt den eigentlichen zentralen Ansatzpunkt dar. Diesem Ziel kann jedoch mittels einer Realisierung in Form einer Personen(handels)gesellschaft, GmbH oder schuldrechtlichen Gestaltung nicht entsprochen werden. Notwendig ist die kapital505 Sollen die Wertpapiere an den Börsen gehandelt werden, so sind die betreffenden Vorschriften des Börsenrechts zu beachten, vgl. Überblick bei Staudinger / Marburger, Vorbem zu §§ 793 ff. Rn. 25 ff. 506 Vgl. dazu Fünftes Kapitel.

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2. Kap.: Umsetzung des tracking stock Konzepts in Deutschland

marktgeeignete Verbriefung von Mitgliedschaftsrechten in Form einer Aktie, die eine durch Angebot und Nachfrage bestimmte Bewertung eines Unternehmens ermöglicht. Entsprechend dieser Zielsetzung beschäftigt sich die folgende Untersuchung mit der Aktiengesellschaft.

B. Anforderungen und Rahmenbedingungen für eine Umsetzung des tracking stock Konzepts in der Rechtsform einer deutschen Aktiengesellschaft Das deutsche Aktienrecht unterscheidet sich wesentlich vom US-amerikanischen ,corporation law‘. Eine direkte Übernahme der Regelungsstrukturen, die in den USA zur Verwirklichung des tracking stock Konzepts verwendet werden, verbietet sich damit. Vielmehr ist mit dem in Deutschland zu Verfügung stehenden rechtlichen Instrumentarium und unter Berücksichtigung der sich ergebenden rechtlichen Beschränkungen zu versuchen, eine Gestaltung zu verankern, die im Ergebnis die gleichen Funktionen erfüllen kann, wie die Aktien der tracking stock Gattungen in den USA. Auf dem Weg zu diesem Ziel sind einige Voruntersuchungen zu leisten. Nach einer kurzen Begriffsklärung sind die grundlegenden funktionalen Anforderungen festzuhalten, die bei der Gestaltung einer tracking stock Struktur nach deutschem Recht zu beachten sind. Danach wird in grundsätzlicher Weise auf den Gestaltungsspielraum einzugehen sein, den das deutsche Aktiengesetz dem Satzungsgeber, insbesondere bei der Ausgestaltung der Aktionärsrechte, zur Verfügung stellt. Zum Schluß soll auf den Begriff der Aktiengattung und auf die Spartenorganisation, die dem tracking stock Konzept zugrunde liegt, eingegangen und ein Überblick über die mit dem Organisationskonzept verbundenen rechtlichen Problemfelder gegeben werden.

I. Begriffsbestimmung: Die Spartenaktie Zu beginnen ist mit dem Versuch, eine begrifflich prägnante und sprachlich praktikable Bezeichnung einer deutschen Aktie zu finden, die im Sinne des tracking stock Konzepts ausgestaltet ist.507 Traditionell sind in Deutschland ,Stammaktien‘, die als Normalfall die üblichen Mitgliedschaftsrechte verbriefen und ,Vorzugsaktien‘,508 die ihrem Inhaber bestimmte Vorzüge vor den Stammaktionären einräumen, bekannt. Daneben existieren weitere Begriffe für besondere Formen von Aktien wie ,Mehrstimmrechtsaktie‘, ,Namensaktie‘, ,Inhaberaktie‘, ,Nennwertaktie‘, ,Quotenaktie‘ oder ,Stückaktie‘. An diese Begriffsbildungen soll auch Vgl. zum Begriff ,tracking stock‘ bereits Erstes Kapitel: A.I. Brodmann spricht 1928 noch von Prioritätsaktien (Brodmann, Aktienrecht, § 185 1 a). Die Vorzugsaktien sind die einzigen besonders bezeichneten Aktien, die im AktG erwähnt werden (§§ 12 Abs. 2; 139 ff. AktG). 507 508

B. Anforderungen und Rahmenbedingungen

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hier angeknüpft werden. Im weiteren wird deshalb eine Aktie einer deutschen Aktiengesellschaft, die im Sinne des tracking stock Konzepts ausgestaltet ist, als ,Spartenaktie‘ und eine diesbezügliche Aktiengattung als ,Spartengattung‘ bezeichnet.509 II. Grundlegende funktionale Anforderungen an eine Spartenaktie nach deutschem Aktienrecht Die in den USA zur Realisierung des tracking stock Konzepts verwendeten Regelungen in den ,certificates of incorporation‘ können nicht auf direktem Wege in deutsche Satzungsbestandteile umgewandelt werden. Auf Grundlage der Erkenntnisse, die im Rahmen der Untersuchung der rechtlichen Aspekte des tracking stock Konzepts in den USA gewonnen werden konnten, lassen sich jedoch thesenartig grundlegende funktionale Anforderungen und Zielvorstellungen formulieren, die als Leitlinien bei der Erarbeitung der entsprechenden deutschen Satzungsstrukturen dienen können. Sollte es aus rechtlicher Sicht möglich sein, diese Anforderungen und Zielvorgaben zu verwirklichen, so müßten die so gestalteten Spartenaktien in der Lage sein, die gleichen Funktionen zu erfüllen wie die Aktien eines tracking stock in den USA.  Ziel ist es, einen Zusammenhang zwischen der Bewertung der Spartenaktien auf den Kapitalmärkten und der wirtschaftlichen und finanziellen Situation der an diese Aktien gekoppelten Geschäftsbereiche herbeizuführen. Dazu bedarf es der Schaffung einer glaubwürdigen spartenbezogenen Bewertungsgrundlage.  Die die Spartenaktien ausgebende Gesellschaft sollte als einheitliche Gesellschaft fortbestehen und nicht in rechtlich selbständige Teile aufgespalten werden.  Es ist eine Verknüpfung zwischen den Erfolgen der betreffenden Geschäftsbereiche und der Höhe der auf die Spartengattungen auszuschüttenden Dividenden herzustellen. Notwendig ist dabei sowohl eine Fixierung der Geschäftsbereiche als auch eine möglichst eindeutig ausgestaltete Spartenrechnungslegung, die den Aktionären sowie der interessierten Öffentlichkeit in übersichtlicher Form offengelegt werden sollte.  Das Recht auf einen Anteil am Liquidationserlös sollte sich am zuletzt vorhandenen Nettovermögen der Geschäftsbereiche orientieren.  Werden neue Aktien einer Spartengattung ausgegeben, so sollte das entsprechend erzielte Eigenkapital dem zugehörigen Geschäftsbereich gutgeschrieben werden. Weitere Hinweise, insbesondere zur Gestaltung des Bezugsrechts, lassen sich aus den US-amerikanischen Erfahrungen nicht gewinnen. 509 So auch Thiel, Spartenaktien, 2000. Sinnvoll erscheint auch der Begriff der ,Bereichsaktie‘, den Baums eingeführt hat (Baums, FS Boujong, S. 2). Nicht gefolgt werden sollte dem Vorschlag von Brauer (AG 1993, 324), der den Begriff der ,divisionalisierten Aktie‘ verwendet. Eine derartige zusammengesetzte Bezeichnung wäre unpraktikabel.

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2. Kap.: Umsetzung des tracking stock Konzepts in Deutschland

 Das in den Spartenaktien verbriefte Stimmrecht sollte variabel ausgestaltet sein und so an die Kurse der Spartengattungen gekoppelt werden, daß steigende Kurse zu einem höheren Stimmgewicht führen.  Die spartenbezogene Informationsversorgung der Aktionäre ist sicherzustellen.  Es sind eindeutige Regelungen für das Verfahren zur Auflösung der tracking stock Struktur vorzusehen.  Für den Schutz von Minderheitsgattungen ist zu sorgen. Eine nachteilige Änderung der Rechte einer Spartengattung sollte nur mit Zustimmung der Mehrheit der Stimmen dieser Gattung zulässig sein.  Im Rahmen der Verwaltung der Gesellschaft durch Vorstand und Aufsichtsrat sollten die konfliktären finanziellen Interessen der Spartenaktionäre ausgewogen berücksichtigt werden. Eine alleinige Orientierung am Wohl der Gesamtgesellschaft kann die entstehenden Interessengegensätze nicht lösen.

III. Die Satzung der Aktiengesellschaft als Gestaltungsinstrument Im ersten Kapitel der Untersuchung hat sich bereits die überaus große Freiheit gezeigt, die die US-amerikanischen ,corporation laws‘ den Gründern und Aktionären bei der Gestaltung der internen Strukturen einer ,corporation‘ sowie den Aktionärsrechten einräumen. Im Vertrauen darauf, daß sich im Wettbewerb der Unternehmen um die Gunst der Investoren letztlich die vorzugswürdigen Gestaltungen durchsetzen werden, sehen die ,corporation laws‘ nur eine sehr geringe Anzahl wirklich zwingender Normen vor und stellen damit eher Vorschläge zur Ausgestaltung der internen Struktur einer ,corporation‘ dar als verbindliche Rechtsrahmen. Das deutsche Aktiengesetz geht einen anderen Weg. Sowohl die innere Struktur der Aktiengesellschaft, die Kompetenzen ihrer Organe als auch die Rechte und Pflichten ihrer Aktionäre sind in wesentlichen Teilen durch die Normen des Aktiengesetzes vorgegeben. Diese Vorgaben lassen sich durch privatautonome Gestaltungen nur in einem sehr begrenzten Umfang verändern oder ergänzen. Als Instrument zur Ausfüllung des noch verbleibenden Rests an Regelungsautonomie steht die Satzung als normative Grundordnung der Aktiengesellschaft zur Verfügung.510 510 Die Satzung regelt als innerkorporativ geltende, autonom geschaffene Grundordnung des Verbands Aktiengesellschaft die Verhältnisse der AG und ihrer Aktionäre. Die h.M. sieht heute in der Satzung einen speziellen körperschaftlichen Vertrag oder Organisationsvertrag (vgl. zur Diskussion über die Rechtsnatur der Satzung Flume, Die juristische Person, S. 315 ff.; KK / Kraft, § 23 Rn. 14 ff.; MünchHdbAG / Wiesner, § 6 Rn. 1; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 80 ff.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 160 ff.). Von den Regelungen, die solche Wirkung entfalten und als korporative Satzungsbestandteile bezeichnet werden, sind die Vereinbarungen zu unterscheiden, die nur äußerlich an der Form der Satzung teilhaben, jedoch nicht kraft ihres korporativen Charakters, sondern allein aufgrund schuldrechtlicher Vereinbarung Bindungswirkung entfalten. Wird im folgenden der Begriff ,Satzung‘ verwandt, so sollen damit allein korporative Satzungsbestandteile gemeint sein.

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Daneben können in begrenztem Umfang innerkorporative Fragen mittels der Geschäftsordnungen der Organe (normative Nebenordnungen) geregelt werden.511 Außerhalb der korporativen Regelungen sind sonstige vertragliche Nebenabreden möglich. Im folgenden sollen die rechtlichen Grenzen der Satzungsautonomie als Grundlage für die weiteren Ausführungen genauer beleuchtet512 sowie anschließend kurz auf Gesellschaftervereinbarungen als alternatives Gestaltungsinstrument eingegangen werden.

1. Grenzen der Satzungsautonomie in Form des Grundsatzes der Satzungsstrenge nach § 23 Abs. 5 AktG

Die Zentralnorm für das Verhältnis zwischen privatrechtlicher Gestaltungsfreiheit in Form der Satzungsautonomie und den staatlichen Normen des Aktiengesetzes stellt § 23 Abs. 5 AktG dar, der für die Aktiengesellschaft den sog. Grundsatz der Satzungsstrenge aufstellt. Im Gegensatz zum Recht der Personengesellschaften513 und der GmbH514, das weitergehende privatautonome Gestaltungen in den Gesellschaftsverträgen zuläßt, bestimmt § 23 Abs. 5 S. 1 AktG für die Aktiengesellschaft: „Die Satzung kann von den Vorschriften dieses Gesetzes nur abweichen, wenn es ausdrücklich zugelassen ist.“ § 23 Abs. 5 AktG erklärt somit grundsätzlich alle Normen des AktG zu zwingendem Recht, so daß die dort niedergelegten Regelungsinhalte einer abweichenden Regelung durch die Satzung entzogen sind, es sei denn, eine derartige Abweichung ist durch eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung zugelassen. In seinem zweiten Satz bestimmt § 23 Abs. 5 AktG weiter: „Ergänzende Bestimmungen der Satzung sind zulässig, es sei denn, daß dieses Gesetz eine abschließende Regelung enthält.“ Ergänzungen der gesetzlichen Regelung sind somit nur dort zulässig, wo das Gesetz nicht einen Bereich abschließend regeln wollte.

a) Geschichte und ratio legis des § 23 Abs. 5 AktG Die Regelung des § 23 Abs. 5 AktG ist relativ jung. In keiner der vor 1965 in Kraft getretenen aktienrechtlichen Bestimmungen war das Verhältnis zwischen Satzung und Gesetz in ausdrücklicher und genereller Weise geregelt.515 Zwar entKK / Zöllner, § 179 Rn. 15, 21. Nicht genauer eingegangen werden soll dabei auf die rechtlichen Gestaltungsgrenzen, die sich außerhalb des Aktiengesetzes insbesondere in Form der §§ 134, 138 BGB ergeben. 513 Vgl. § 109 HGB. 514 Vgl. Hommelhoff, Gestaltungsfreiheit, S. 36 (38 ff.); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1004. 515 Geßler, FS Luther, S. 69; Luther, FS Hengeler, S. 167 (169). 511 512

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hielt insbesondere das Aktienrecht aus dem Jahr 1937 Vorschriften, die im Einzelfall Abweichungen der Satzung von bestimmten Gesetzesbestimmungen ausdrücklich zuließen, kannte jedoch noch keine allgemeine Regelung dieses Verhältnisses.516 So war denn auch bis zur Aktienrechtsreform von 1965 das Verhältnis zwischen Gesetz und Satzung umstritten. Die Urteile des Reichsgerichts enthielten keine einheitliche Linie und schwankten zwischen dem Ansatz, die aktienrechtlichen Vorschriften seien im Zweifel abschließend und eine Satzungsregelung, die nicht gegen das Gesetz verstoße, sei ohne weiteres wirksam.517 Einig war man sich in der Literatur, daß für eine Abweichung der Satzung von den Vorschriften des Gesetzes eine ausdrückliche Zulassung durch das Gesetz erforderlich sei. Stärker umstritten war dagegen die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Ergänzung der gesetzlichen Regelungen zulässig sein sollte. Vorherrschend war die Ansicht, daß hierfür keine ausdrückliche Ermächtigung erforderlich sei, sondern daß es ausreiche, daß die ergänzende Satzungsregelung nicht gegen zwingendes Aktienrecht verstieße.518 Aufgrund der umstrittenen Rechtslage entschied sich der Gesetzgeber 1965, die Vorschrift des § 23 Abs. 5 in das neue Aktiengesetz einzufügen. Dabei sollte der Gesetzeswortlaut die damals herrschende Literaturmeinung, die zwischen abweichenden und ergänzenden Satzungsregelungen unterschied, wiedergeben. Zum genauen Zweck der Regelung schweigt sich die Gesetzesbegründung jedoch aus.519 Im Schrifttum werden heute im wesentlichen zwei Argumente zur Begründung des § 23 Abs. 5 AktG angeführt. Zum einen diene er der Sicherstellung der Verkehrsfähigkeit der Aktie520 und zum anderen gewährleiste er, daß die ausgewogene 516 Vgl. den Vergleich zwischen den damaligen Regelungen und denen des Aktiengesetzes von 1965 bei Knur, DNotZ 1966, 325 (336 ff.). 517 Vgl. einerseits RGZ 49, 77 (80): „Weder das alte noch das neue Handelsgesetzbuch bestimmt für die Aktiengesellschaft ( . . . ), daß das Rechtsverhältnis der Aktionäre zur Aktiengesellschaft sich zunächst nach dem Gesellschaftsvertrage richte. Die Vorschriften über die Rechtsverhältnisse der Gesellschafter und der Aktiengesellschaft sind viel mehr dispositiver Natur nur soweit, als das Gesetz es ausdrücklich zuläßt ( . . . ).“; noch strenger und auch auf Ergänzungen bezogen RGZ 65, 91 (92): „Überall, wo in dem Abschnitt über die Aktiengesellschaft dem Gesellschaftsvertrage keine ergänzende oder abändernde Macht eingeräumt ist, sind die Vorschriften des Abschnitts als absolute anzusehen, die durch den Gesellschaftsvertrag weder ergänzt noch abgeändert werden können.“ Anders dagegen RGZ 120, 177 (180), wo ausgeführt wird: „Der hier getroffenen Regelung ( . . . ) stehen aber keine aktienrechtlichen Bedenken entgegen ( . . . )“ und dann die Satzungsregelung auf Verstöße gegen den Gläubigerschutz und den Gleichbehandlungsgrundsatz untersucht wird. Siehe dazu auch Geßler, FS Luther, S. 69 (70); Hirte, Satzungsstrenge, S. 61 (63 f.); Luther, FS Hengeler, S. 167 (168 f.). 518 Vgl. Geßler, FS Luther, S. 69 (71) mit Nachweisen zur älteren Literatur. 519 Kropff, BegrRegE, S. 44; Hirte, Satzungsstrenge, S. 61 (64). Luther (FS Hengeler, S. 167 [170]) bemerkt dazu freilich, daß es durch die weit ausführlicheren Regelungen des Aktiengesetzes 1965 faktisch zu einer stärkeren Einengung der Privatautonomie gekommen sei, als es der damaligen Literaturmeinung entsprach. 520 Dies ist wohl die am häufigsten verwendete Begründung für § 23 Abs. 5 AktG. Zumeist fehlen jedoch Ausführungen zum Zusammenhang zwischen Handelbarkeit und Sat-

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Organisationsstruktur der Aktiengesellschaft im Interesse aller beteiligten Gruppen vor Veränderungen geschützt werde521. Ohne die Regelung des § 23 Abs. 5 AktG wäre die Frage nach dem zwingenden oder nachgiebigen Charakter der gesetzlichen Vorschriften einzeln zu beantworten. Die sich bei einem solchen Vorgehen ergebenden divergierenden Ansichten würden zu einem hohen Maß an Rechtsunsicherheit führen. Es sei aber gerade die Rechtssicherheit im Zusammenwirken mit den detaillierten Regelungen des Aktiengesetzes, die „( . . . ) die moderne börsennotierte Publikums-AG und deren Aktien ( . . . ) in rechtlicher Beziehung zu einem hochgradig standardisierten Serienprodukt ( . . . )“ mache, was „( . . . ) im Einklang mit den Verhältnissen und Bedürfnissen des modernen Aktienhandels ( . . . )“522 stehe. Neben der Gewährleistung der Rechtssicherheit müßten weiterhin die zukünftigen Aktionäre vor Überraschungen geschützt werden.523 Dies sei schon deshalb nötig, da diese ihren Entscheidungen zum Kauf einer Aktie nahezu ausschließlich Kurs- und Dividendenerwartungen zugrunde legten. Die Ausgestaltung der Satzung der Aktiengesellschaft und damit deren Organisation sowie die Aktionärsrechte gehörten nicht zu ihren Entscheidungsgrundlagen. Wäre die Satzung stärker privatautonom gestaltbar, so würde dies die Unübersichtlichkeit des Angebotes an Aktien erhöhen, was insbesondere aus Sicht der privaten Kleinanleger nicht wünschenswert sei.524 Diese Begründung des § 23 Abs. 5 AktG versagt freilich dort, wo es um kleine Aktiengesellschaften geht, deren Aktien an keiner Börse gehandelt werden. Auch diese Gesellschaften werden vom Grundsatz der Satzungsstrenge erfaßt, ohne, daß ein Bedürfnis nach einer kapitalmarktgerechten Gestaltung bestünde. So wird denn auch in diesem Bereich insbesondere von Röhricht525 eine verstärkte Flexibilisierung der Regelungsstrukturen gefordert. Weiterhin wird die Begründung für § 23 Abs. 5 AktG in der Sicherstellung des gesetzlich geschaffenen Kräftegleichgewichts innerhalb der Aktiengesellschaft gesehen. Nur durch den zwingenden Charakter der Strukturentscheidungen könne die vom Gesetzgeber geschaffene ausdifferenzierte Verteilung von Kompetenzen, Kontrollmöglichkeiten und Mitspracherechten gewährleistet werden.526 zungsstrenge so z. B.: GHEK / Eckardt, § 23 Rn. 106, 109; MünchKommAG / Pentz, § 23 Rn. 150. Auch in den ausführlichen Untersuchungen von Luther (FS Hengeler, S. 167 ff.) und Geßler (FS Luther, S. 69 ff.) finden sich keine Ausführungen zur Berechtigung des § 23 Abs. 5 AktG. Ausführlicher hingegen GK / Röhricht, § 23 Rn. 167. 521 KK / Mertens, Vorb. § 76 Rn. 11; ähnlich auch KK / Kraft, § 23 Rn. 84. Hirte (Satzungsstrenge, S. 61 [65]) bezeichnet dies als sozialschützende Funktion des § 23 Abs. 5 AktG. 522 GK / Röhricht, § 23 Rn. 167. 523 GHEK / Eckardt, § 23 Rn. 106; GK / Röhricht, § 23 Rn. 167; Hüffer, AktG, § 23 Rn. 34; Raiser, Kapitalgesellschaften, § 9 Rn. 19. 524 GK / Röhricht, § 23 Rn. 167; einen funktionierenden Kapitalmarkt führen ebenso als Legitimation an GHEK / Eckardt, § 23 Rn. 106; GK / Barz3, § 23 Anm. 18. 525 GK / Röhricht, § 23 Rn. 167. 526 KK / Mertens, Vorb. § 76 Rn. 11; ähnlich KK / Kraft, § 23 Rn. 84; siehe auch Kübler, Gesellschaftsrecht, § 14 III 1 b, der zur Begründung der Notwendigkeit eines Schutzes der internen Struktur der Aktiengesellschaft wieder darauf abstellt, daß nur so ein funktionieren-

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Doch die Berechtigung des § 23 Abs. 5 AktG ist nicht unumstritten. In neuerer Zeit lassen sich vermehrt Stimmen vernehmen, die, vor allem gestützt auf kapitalmarktrechtliche Überlegungen, für einen verstärkten Gestaltungsspielraum eintreten. Mertens527 bemerkt, daß heute effektivere Mechanismen des Gläubigerschutzes oder des Schutzes von Minderheiten wie verstärkte Transparenz, effektivere Sanktionierung von Verhaltenspflichten des Managements oder eine vernünftige Kapitalmarktordnung zur Verfügung stünden, die eine Regelung wie die des § 23 Abs. 5 AktG als überflüssig erscheinen ließen.528 Auch Hirte529 unterzieht in einer stark kapitalmarkttheoretisch geprägten Weise die obigen Legitimationsversuche einer kritischen Untersuchung und fordert eine sehr weitgehende teleologische Reduktion des § 23 Abs. 5 AktG, die einem Paradigmenwechsel gleichkäme. Wie Erfahrungen in den USA zeigten, könne allein der Markt für Satzungsbestimmungen sorgen, die den Anlegerinteressen entsprächen. Von einem Marktversagen könne insofern nicht gesprochen werden. Einer generellen und unspezifischen Regelung wie der des § 23 Abs. 5 AktG müsse eine kapitalmarktrechtliche Notwendigkeit abgesprochen werden. Weiter spricht sich Hirte gegen das Argument aus, es sei eine Standardisierung der Strukturen der Aktiengesellschaft notwendig, um die Handelbarkeit ihrer Aktien sicherzustellen. Die Frage, in welchem Umfang eine solche Standardisierung auch unter Transaktionskostengesichtspunkten notwendig sei, könne ebenso gut dem Markt überlassen bleiben und müsse nicht vom Staat vorgegeben werden. Im Ergebnis sei § 23 Abs. 5 AktG für börsennotierte Gesellschaften durch eine teleologische Reduktion auf eine Sozialschutznorm für die mit der Aktiengesellschaft in Kontakt tretenden Bezugsgruppen zu begrenzen. Damit könnten Satzungsbestimmungen von den gesetzlichen Vorschriften immer dann abweichen, wenn sie nicht gegen die wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung verstießen und nicht das Gleichgewicht in der Berücksichtigung der Interessen unbeteiligter Dritter zu deren Lasten verschoben würde. Um den unbestreitbaren Gefahren entgegenzuwirken, die eine Aufweichung der Satzungsstrenge mit sich bringe, sei die registergerichtliche Kontrolle zu intensivieren und über eine verstärkte Einschaltung des Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel nachzudenken. Eine abschließende Beurteilung der Ansichten zur ratio legis des § 23 Abs. 5 AktG soll an dieser Stelle nicht vorgenommen werden. Auf die Problematik wird an späterer Stelle noch zurückzukommen sein.530 der Kapitalmarkt sicherzustellen sei. Hirte bezeichnet diese als die sozialschützende Funktion des § 23 Abs. 5 AktG (Satzungsstrenge, S. 61, 65). 527 Mertens, ZGR 1994, 426 (432). 528 Vor dem Hintergrund dieser Kritik an § 23 Abs. 5 AktG mutet es seltsam an, wenn Mertens an andere Stelle (KK / Mertens, Vorb. § 76 Rn. 11 f.) entgegen der h.M. für eine den Anwendungsbereich ausdehnende Auslegung der Norm eintritt. 529 Hirte, Satzungsstrenge, S. 61 (71 ff.). Ähnlich auch Tonner, Tracking Stocks, S. 361 ff. 530 Vgl. dazu unten Fünftes Kapitel: B.II.3.

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b) Systematik und Zulässigkeit von Abweichung und Ergänzung In seinen beiden Sätzen unterscheidet § 23 Abs. 5 AktG zwischen Bestimmungen der Satzung, die vom Gesetz531 abweichen (Satz 1), sowie solchen, die das Gesetz lediglich ergänzen (Satz 2). Während vor allem im älteren Schrifttum noch vereinzelt vertreten wurde, eine logisch eindeutige Abgrenzung zwischen einer Abweichung und Ergänzung des Gesetzes sei nicht möglich,532 geht die allgemeine Meinung heute davon aus, daß sich beide Begriffe unterscheiden lassen. Eine Abweichung vom Gesetz und damit ein Fall des § 23 Abs. 5 S. 1 AktG liegt nach heutigem Verständnis dann vor, wenn die Bestimmung der Satzung einer Regelung des Gesetzes widerspricht, also für einen bestimmten Sachverhalt eine andere Rechtsfolge anordnet, als es das Gesetz tut.533 Dagegen handelt es sich um eine Ergänzung und damit um einen Fall des § 23 Abs. 5 S. 2 AktG, wenn das Gesetz bezüglich des in der Satzung geregelten Sachverhalts gerade keine Regelung enthält, die Satzung mithin keiner gesetzlichen Norm widerspricht, sondern allein eine zusätzliche Regelung aufstellt.534 Mertens535 geht davon aus, daß wenn das Gesetz zu einem bestimmten Sachverhalt schweige, ihm durch Auslegung jedoch zu entnehmen sei, daß eine Regelung durch die Satzung nicht zulässig sein solle, so widerspreche eine dennoch eingefügte Satzungsregelung dem Gesetz und liege somit eine Abweichung vor. Diese Ansicht ist jedoch mit der übrigen Literatur536 abzulehnen. Eine „Vorschrift“ im Sinne des § 23 Abs. 5 AktG, von der abgewichen wird, kann nur eine Norm sein, die eine Rechtsfolge auslöst. Eine derartige Rechtsfolge kann durch das schweigende Gesetz aber gerade nicht angeordnet werden. Weiter erscheint es wenig einleuchtend, für eine „Abweichung vom Schweigen des Gesetzes“ eine ausdrückliche Zulassung durch das Gesetz zu verlangen (§ 23 Abs. 5 S. 1 AktG). Es ist 531 Die Meinungen darüber, was unter der Formulierung „( . . . ) dieses Gesetzes ( . . . )“ (§ 23 Abs. 5 S. 1 AktG) zu verstehen ist, gehen auseinander. Einigkeit herrscht insoweit, als sich die Formulierung nach dem Sinnzusammenhang auch auf den Satz 2 des § 23 Abs. 5 AktG bezieht (Luther, FS Hengeler, 167 [171]) und daß der zwingende Charakter anderer Normen als der des Aktiengesetzes mittels Auslegung zu gewinnen ist. Nach einer Ansicht ist jedoch zumindest § 23 Abs. 5 S. 2 AktG auch auf ,aktienrechtliche Nebengesetze‘ analog anwendbar (KK / Kraft, § 23 Rn. 86; zumindest für die Bestimmungen des MitbestG Geßler, ZGR 1980, 427 [441],), während andere Autoren dies ablehnen und den Anwendungsbereich auf das Aktiengesetz beschränken (GK / Röhricht, § 23 Rn. 172; Luther, FS Hengeler, S. 167 [171]; MünchKommAG / Pentz, § 23 Rn. 148; MünchHdbAG / Wiesner, § 6 Rn. 7). 532 KK / Kraft, § 23 Rn. 82; GK / Barz3, § 23 Anm. 18; Würdinger, Aktienrecht, S. 45. 533 GHEK / Eckardt, § 23 Rn. 107; Geßler, FS Luther, S. 69 (73); Henn, HdbAR, Rn. 161; Hüffer, AktG, § 23 Rn. 35; MünchKommAG / Pentz, § 23 Rn. 152; GK / Röhricht, § 23 Rn. 168. 534 GHEK / Eckardt, § 23 Rn. 115; MünchKommAG / Pentz, § 23 Rn. 157; GK / Röhricht, § 23 Rn. 188; Geßler, FS Luther, S. 69 (73); Hüffer, AktG, § 23 Rn. 37. 535 KK / Mertens, Vorb. § 76 Rn. 11. 536 Geßler, FS Luther, S. 69 (74); Luther, FS Hengeler, S. 167 (171); wohl auch GK / Röhricht, § 23 Rn. 186.

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somit festzuhalten: Schweigt das Gesetz zu einem bestimmten Sachverhalt, so stellt eine Satzungsbestimmung, die für diesen Sachverhalt eine Rechtsfolge anordnet, eine Ergänzung des Gesetzes im Sinne des § 23 Abs. 5 S. 2 AktG dar, dessen Zulässigkeit danach zu beurteilen ist, ob das Gesetz für den Sachverhaltskomplex eine abschließende Regelung treffen wollte. aa) Zulässigkeit einer Abweichung nach § 23 Abs. 5 S. 1 AktG Liegt eine Abweichung im Sinne des § 23 Abs. 5 S. 1 AktG vor, so ist deren Zulässigkeit im Grundsatz recht einfach zu bestimmen. Abweichungen von Normen des Aktiengesetzes537 sind grundsätzlich unzulässig, es sei denn, eine solche Abweichung ist „( . . . ) ausdrücklich zugelassen ( . . . )“538. Ob eine solche ausdrückliche Zulassung vorliegt, ist dem Gesetz durch Formulierungen wie ,die Satzung kann ermächtigen, bestimmen, anordnen‘, ,es sei denn die Satzung‘ oder ,soweit nicht die Satzung‘ in den meisten Fällen eindeutig zu entnehmen.539 Die Ermächtigung zu einer abweichenden Regelung muß sich aus einer klaren positiven Aussage des Gesetzes ergeben.540 Liegt eine ausdrückliche gesetzliche Zulassung einer Abweichung vor, so sind bei der Satzungsgestaltung weitere inhaltliche Einschränkungen zu beachten. Zum einen ist die Satzungsbestimmung nur soweit zulässig, wie die Ermächtigung auch tatsächlich reicht. Zum anderen dürfen die Satzungsregelungen nicht gegen andere Rechtsnormen verstoßen, die zwingenden Charakter haben oder solche Vorschriften ergänzen, die eine abschließende Regelung treffen.541 bb) Zulässigkeit einer Ergänzung nach § 23 Abs. 5 S. 2 AktG Schwieriger als die Beantwortung der Frage nach der Zulässigkeit von Abweichungen ist die Ermittlung der Zulässigkeit von Satzungsregelungen, die das Gesetz ergänzen. Seiner Natur nach kann eine ergänzende Satzungsregelung nur dort in Erscheinung treten, wo das Gesetz keine Regelung enthält, sei es, daß es einen ganzen Sachverhaltsbereich ungeregelt gelassen hat, oder daß innerhalb Vgl. oben Fn. 531. § 23 Abs. 5 S. 1 AktG. 539 Eine Zusammenstellung findet sich bei KK / Zöllner, § 179 Rn. 76. 540 GHEK / Eckardt, § 23 Rn. 108; Henn, HdbAR, Rn. 161; KK / Kraft, § 23 Rn. 83; Luther, FS Hengeler, 167 (171); MünchKommAG / Pentz, § 23 Rn. 153; GK / Röhricht, § 23 Rn. 169 f.; MünchHdbAG / Wiesner, § 6 Rn. 9; KK / Zöllner, § 179 Rn. 62; a.A. GK / Barz3, § 23 Anm. 18; Huber, FS Coing, S. 167 (190); unklar KK / Mertens, Vorb. § 76 Rn. 11. 541 Geßler, FS Luther, S. 69 (74 f.); GK / Röhricht, § 23 Rn. 171; Mertens (KK / Mertens, Vorb. § 76 Rn. 13) fordert darüber hinaus, daß eine abweichende Satzungsregelung einen thematischen Bezug zur gesetzlichen Regel aufweisen müsse und den gesetzlichen Bezugsrahmen nicht verlassen dürfe. Gegen eine solche zusätzliche Einschränkung Geßler, FS Luther, S. 69 (74 f.); Luther, FS Hengeler, S. 167 (172). 537 538

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eines Regelungsbereichs einzelne Fragen offen geblieben sind. Trifft die Satzung für einen solchen Fall eine Regelung, so beurteilt sich deren Zulässigkeit danach, ob die gesetzlichen Vorschriften abschließend sind, ihnen somit zu entnehmen ist, daß zusätzliche Regelungen durch die Satzung nicht zulässig sein sollen. Der Frage, ob und in welcher Richtung eine abschließende Regelung durch das Gesetz vorliegt, kommt im Rahmen des § 23 Abs. 5 S. 2 AktG eine zentrale Rolle zu. Die Antwort darauf ist immer dann relativ unproblematisch, wenn schon das Gesetz selbst ausdrücklich bestimmt, daß ergänzende Regelungen durch die Satzung zulässig sein sollen.542 Liegt keine solche gesetzliche Ermächtigung vor, so ist durch Auslegung der betreffenden Normen zu ermitteln, inwieweit diese bezüglich des in der Satzung zu regelnden Sachverhalts eine abschließende Regelung enthalten.543 Hier sind die allgemein anerkannten Auslegungsmethoden anzuwenden, wobei letztlich der Sinn und Zweck der betreffenden Normen den Schwerpunkt der Untersuchung bilden sollte.544 Neben dem gesetzlich vorgeschriebenen Fehlen einer abschließenden gesetzlichen Regelung stellt Mertens545 die weitere Bedingung auf, daß die Satzungsregelung zur Ausfüllung eines vom Gesetz festgelegten Rahmens dienen müsse. Nehme man den Ergänzungscharakter ernst, so seien nur solche Satzungsbestimmungen zulässig, die ,ergänzend‘ im Sinne von ,gesetzesausfüllend‘ seien. Nur eine so gezogene Mißbrauchsgrenze könne sicherstellen, daß Satzungsbestandteile „( . . . ) die mit einer individualisierenden Regelung und Ausgestaltung von Tätigkeitsbereich, Kapitalisierung, Organisation und Entscheidungsabläufen in den Organen der Gesellschaft nichts zu tun haben ( . . . )“546 vom Registergericht zurückgewiesen werden könnten. Die herrschende Ansicht in der Literatur verneint jedoch zutreffenderweise die Notwendigkeit eines solchen zusätzlichen Kriteriums.547 Liegt in keiner Richtung eine abschließende gesetzliche Regelung vor, so

542 GK / Röhricht, § 23 Rn. 188; Luther, FS Hengeler, S. 167 (175); vgl. Beispiele bei Hüffer, AktG, § 23 Rn. 37. Der Unterschied dieser Ermächtigungen zu denen im Rahmen von § 23 Abs. 5 S. 1 AktG liegt darin, daß das Gesetz nicht eine Abweichung gestattet, sondern allein vorsieht, daß die Satzung weitere ergänzende, der Vorschrift selbst aber nicht widersprechende Regelungen treffen kann (Beispiele für solche Regelungen bei Luther, FS Hengeler, S. 167 [176]). 543 GHEK / Eckardt, § 23 Rn. 115; GK / Röhricht, § 23 Rn. 189; KK / Zöllner, § 179 Rn. 68. 544 Geßler, FS Luther, S. 69 (74); MünchKommAG / Pentz, § 23 Rn. 157; GK / Röhricht, § 23 Rn. 189. Aus der Formulierung des § 23 Abs. 5 S. 2 AktG „( . . . ) es sei denn, ( . . . )“ wird z.T. geschlossen, daß das Gesetz bezüglich ergänzender Regelungen der Satzungsfreiheit eher den Vortritt lassen wollte. Zumindest bedürfe es hier einer positiven Begründung für den abschließenden Charakter der Normen, so daß bei Zweifeln davon ausgegangen werden müsse, daß eine Ergänzung zulässig sei (MünchKommAG / Pentz, § 23 Rn. 157; GK /Röhricht, § 23 Rn. 189; KK / Zöllner, § 179 Rn. 69). 545 KK / Mertens, Vorb. § 76 Rn. 12; wohl zustimmend Werner, AG 1990, 1 (15). 546 KK / Mertens, Vorb. § 76 Rn. 12. 547 Geßler, FS Luther, S. 69 (74 f.); MünchKommAG / Pentz, § 23 Rn. 158; GK / Röhricht, § 23 Rn. 171, 192; KK / Zöllner, § 179 Rn. 70; Luther, FS Hengeler, S. 167 (172).

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2. Kap.: Umsetzung des tracking stock Konzepts in Deutschland

besteht grundsätzlich Satzungsfreiheit, womit auch ergänzende im Sinne von zusätzlichen Satzungsregelungen zulässig sind. Grenzen ergeben sich allein dort, wo gesetzliche Vorschriften, von denen ein Abweichen nicht gestattet ist, verletzt werden oder die Grenzen der eine Ergänzung gestattenden Norm überschritten werden.548 Als problematisch stellen sich ungeschriebene Prinzipien des Aktienrechts dar, die sich erst aus der Gesamtheit seiner Regelungen und den dahinterstehenden gesetzgeberischen Ordnungsvorstellungen und Leitgedanken ergeben. Während Röhricht549 und Pentz550 dafür plädieren, derartige Prinzipien nur insoweit zu berücksichtigen, als sie Eingang in den positiven Gesetzestext gefunden haben, tendiert Zöllner551 dazu, solche ungeschriebenen Grundsätze auch ohne Verankerung im Gesetzestext als Grenzen der Gestaltungsfreiheit anzuerkennen. Mit Blick auf die fragliche Legitimation des § 23 Abs. 5 AktG sollte jedoch auf eine Ausweitung des Anwendungsbereiches verzichtet werden. Um eine ausufernde und ungenaue Einschränkung der Satzungsfreiheit zu vermeiden, sind damit nur solche allgemeinen Grundsätze und Leitgedanken des Gesetzgebers als Grenzen zu berücksichtigen, die zumindest an einer Stelle Eingang in den Gesetzestext gefunden haben.552

c) Rechtsfolge bei Verstoß gegen § 23 Abs. 5 AktG Die Rechtsfolge, die aus einer Verletzung von § 23 Abs. 5 AktG folgt, ist dem Wortlaut des Paragraphen nicht eindeutig zu entnehmen.553 Bis heute herrscht Uneinigkeit darüber, ob eine solche gesetzeswidrige Satzungsbestimmung nichtig oder nur anfechtbar ist, aus welcher Vorschrift sich die jeweilige Rechtsfolge ergibt und ob die ursprüngliche Gründersatzung und spätere Satzungsänderungen unterschiedlich zu behandeln sind. Im wesentlichen stehen sich zwei Meinungsblöcke gegenüber. Nach einer Ansicht in der Rechtsprechung554 und der wohl herrschenden Meinung in der Literatur555 hat ein Verstoß gegen § 23 Abs. 5 AktG in jedem Fall die Nichtigkeit der GK / Röhricht, § 23 Rn. 191. GK / Röhricht, § 23 Rn. 192. 550 MünchKommAG / Pentz, § 23 Rn. 159. 551 KK / Zöllner, § 179 Rn. 17. 552 GK / Röhricht, § 23 Rn. 192. 553 § 23 Abs. 5 AktG spricht lediglich davon, daß die Satzung nicht „( . . . ) abweichen kann ( . . . )“ (§ 23 Abs. 5 S. 1 AktG) oder daß eine Ergänzung des Gesetzes „( . . . ) nicht zulässig ( . . . )“ ist (§ 23 Abs. 5 S. 2 AktG). 554 Für Satzungsänderungen OLG Düsseldorf AG 1968, 19 (22); vom BGH ist die Frage bisher offen gelassen worden vgl. BGHZ 99, 211 (216 f.); BGH NJW 1988, 260 (261). 555 GHEK / Eckardt, § 23 Rn. 121; Geßler, ZGR 1980, 427 (440); v. Godin / Wilhelmi, AktG, § 23 Anm. 10; MünchKommAG / Pentz, § 23 Rn. 162; GK / Röhricht, § 23 Rn. 202; Huber, FS Coing, S. 167 (184); MünchHdbAG / Wiesner, § 6 Rn. 12; Würdinger, Aktienrecht, 548 549

B. Anforderungen und Rahmenbedingungen

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Satzungsbestimmung zur Folge. Ein Teil der Autoren begnügt sich dabei mit der schlichten Feststellung der Nichtigkeit, ohne näher auf die Rechtsgrundlage einzugehen.556 Nach den übrigen Autoren ergibt sich die Nichtigkeit einer später eingefügten Satzungsbestimmung aus § 241 Nr. 3 AktG.557 Dabei wird entweder darauf abgestellt, daß § 23 Abs. 5 AktG eine überwiegend im öffentlichen Interesse gegebene Norm sei oder darauf, daß das Prinzip der Satzungsstrenge zum Wesen der AG gehöre, mithin eine Verletzung des § 23 Abs. 5 AktG gleichzeitig ein Verstoß gegen dieses Wesen darstelle. Bezüglich der Frage, aus welchem Rechtsgrund sich die Nichtigkeit von gegen § 23 Abs. 5 AktG verstoßenden Bestimmungen der Gründersatzung ergibt, gehen die Ansichten auseinander.558 Entweder wird eine analoge Anwendung des § 241 Nr. 3 AktG auf die Gründersatzung befürwortet559, aus § 23 Abs. 5 AktG auf die Nichtigkeit geschlossen560 oder aber die Rechtsfolge allgemein aus dem Verstoß gegen eine zwingende Gesetzesnorm abgeleitet561. Im Gegensatz zur ersten Gruppe von Autoren gehen die Vertreter der zweiten Ansicht davon aus, daß ein Verstoß gegen den Grundsatz des § 23 Abs. 5 AktG nicht immer die Nichtigkeit der Satzungsbestimmung zur Folge hat.562 Dem liegt die Annahme zugrunde, daß § 23 Abs. 5 AktG selbst weder eine überwiegend im öffentlichen Interesse gegebene Vorschrift sei, noch zum Wesen der Aktiengesellschaft zähle. Es sei vielmehr auf die konkret verletzte Norm des Aktiengesetzes abzustellen. Anhand dieser Norm und je nach Autor unterschiedlicher Kriterien, die die Schwere des Verstoßes betreffen, wird auf die Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit geschlossen.563 Anzumerken ist, daß sich die Autoren nicht zur Wirksamkeit S. 45; Henn, HdbAR, Rn. 142; für Satzungsänderungen auch: GK / Schilling3, § 241 Anm. 22; GK / Schmidt, § 241 Rn. 56. 556 v. Godin / Wilhelmi, AktG, § 23 Anm. 13; Henn, HdbAR, Rn. 142; Würdinger, Aktienrecht, S. 45. 557 GHEK / Eckardt, § 23 Rn. 121; Geßler, ZGR 1980, 427 (443 ff.); Huber, FS Coing, S. 167 (184); GK / Röhricht, § 23 Rn. 203; MünchHdbAG / Wiesner, § 6 Rn. 12; GK / Schilling3, § 241 Anm. 22.; so auch OLG Düsseldorf AG 1968, 19 (22). 558 Es fällt auf, daß die Unterscheidung zwischen Satzungsänderung und ursprünglicher Satzung häufig nicht konsequent durchgeführt wird. Siehe dazu Geßler, ZGR 1980, 427 (442 f.); Hüffer, AktG, § 23 Rn. 43. 559 MünchHdbAG / Wiesner, § 6 Rn. 12. 560 Geßler, ZGR 1980, 427 (443 ff.); GK / Röhricht, § 23 Rn. 203. 561 Huber, FS Coing, S. 167 (178). 562 Hoffmann, AG 1980, 141 (146); GHEK / Hüffer, § 241 Rn. 50; ders., AktG, § 23 Rn. 43; KK / Zöllner, § 241 Rn. 115, § 181 Rn. 17; Raiser, Kapitalgesellschaften, § 9 Rn. 30; Werner, AG 1968, 181 (182). 563 Zöllner unterscheidet danach, ob die Norm ein unverzichtbares Recht des Aktionärs verletzt (Nichtigkeit) oder nicht (Anfechtbarkeit) (KK / Zöllner, § 241 Rn. 115, § 181 Rn. 17). Andere stellen darauf ab, ob die konkrete Norm überwiegend im öffentlichen Interesse gegeben ist (dann Nichtigkeit sonst Anfechtbarkeit), (Hoffmann, AG 1980, 141 [146]; GHEK / Hüffer, § 241 Rn. 50; ders., AktG, § 23 Rn. 43). Werner wiederum will die Unterscheidung nach der Schwere und Offenkundigkeit des Verstoßes treffen (Werner, AG 1968, 181 [182]).

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2. Kap.: Umsetzung des tracking stock Konzepts in Deutschland

von Bestimmungen in der Gründersatzung äußern oder zumindest unklar bleibt, ob auch hier die dargestellte Unterscheidung vorzunehmen ist. Von einer weiteren Vertiefung des Streites soll an dieser Stelle abgesehen werden. Vor dem Hintergrund der Frage nach den materiellen Grenzen der aktienrechtlichen Satzungsfreiheit, kann im Rahmen dieser Arbeit die Aussage genügen, daß eine jede Satzungsbestimmung, sei sie in der Gründersatzung enthalten oder später eingefügt worden, den Anforderungen des § 23 Abs. 5 AktG zu genügen hat, soll sie nicht in Widerspruch zu materiellem Recht stehen und damit in ihrer Wirksamkeit zumindest durch eine Anfechtungsmöglichkeit beeinträchtigt sein.

2. Überblick über die rechtlichen Grenzen der Satzungsautonomie außerhalb des § 23 Abs. 5 AktG – insbesondere das „Wesen der Aktiengesellschaft“

Regelungen der Satzung dürfen naturgemäß nicht gegen außerhalb des Aktiengesetzes gelegenes zwingendes Recht verstoßen. Für Satzungsänderungen ergibt sich dies aus § 243 AktG, der solche Beschlüsse der Hauptversammlung für anfechtbar erklärt, die gegen das Gesetz verstoßen. Nichtig sind solche Beschlüsse, wenn sie die abschließend aufgezählten 564 Voraussetzungen des § 241 Nrn. 1 – 6 AktG erfüllen. Einer kurzen Betrachtung bedarf in diesem Zusammenhang die Vorschrift des § 241 Nr. 3 1. Alt. AktG, die bestimmt, daß ein Hauptversammlungsbeschluß nichtig ist, der „mit dem Wesen der Aktiengesellschaft nicht zu vereinbaren ist ( . . . )“. Zu klären ist, ob die Vorschrift als Auffangtatbestand Grenzen für satzungsändernde Beschlüsse aufstellt, die so nicht in den ausdrücklichen Vorschriften des Aktiengesetzes enthalten sind, mithin auf Strukturen Bezug nimmt, die außerhalb des Gesetzes stehen. In diese Richtung scheinen die Ausführung Hüffers zu deuten, der die Anwendungsfälle des § 241 Nr. 3 1. Alt. AktG als solche beschreibt, bei denen „( . . . ) für jeden Einsichtigen erkennbar ist, daß das von der Hauptversammlung Beschlossene keinen rechtlichen Bestand hat, ohne daß diese Erkenntnis auf eine ausdrückliche Vorschrift oder auf einen konkreten Normzusammenhang gestützt werden könnte. ( . . . ) Dabei liegt es meist so, daß eine besondere Regelung wegen der Selbstverständlichkeit des Ergebnisses nicht vorhanden ist. Das Wesen der AG steht also etwa auf einer Stufe mit der Natur der Sache.“565 Der Streit um die Auslegung des Begriffs des ,Wesens der Aktiengesellschaft‘ ist schon so alt wie die Vorschrift selbst566 und betrifft insbesondere auch das VerHüffer, AktG, § 23 Rn. 8. GHEK / Hüffer, § 241 Rn. 54. 566 Schon im Aktienrecht von 1937 fand sich in § 195 Nr. 3 dieselbe Formulierung. Vgl. zur Geschichte und der schon damals herrschenden lebhaften Diskussion, Geßler, ZGR 1980, 427 (430 ff.); Hoffmann, AG 1990, 141 (143 ff.); Huber, FS Coing, S. 167 (173 ff.). 564 565

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hältnis zu § 23 Abs. 5 AktG. Nach einer Ansicht in der Literatur umfaßt das ,Wesen der Aktiengesellschaft‘ alle zwingenden aktienrechtlichen Normen.567 Da nach § 23 Abs. 5 AktG grundsätzlich sämtliche Vorschriften des Aktiengesetzes als zwingend anzusehen sind, kommt diese Ansicht zu einem überaus weiten Anwendungsbereich des § 241 Nr. 3 1. Alt. AktG. Andere Autoren sehen das Wesen der Aktiengesellschaft erst dann als betroffen an, wenn grundlegende Normen des Aktienrechts verletzt werden. Keine Einigkeit herrscht indes bei der Frage, auf welche Weise dieser gesetzlich fixierte Kernbereich des Aktienrechts zu ermitteln ist und welche Normbereiche betroffen sind.568 Teilweise wird darauf abgestellt, daß die Vorschriften ,zum unverbrüchlichen Normenbestand des Aktienrecht gehören‘569. Ähnliches führt auch Geßler aus: „Das Wesen der AG bestimmt sich nach den auf Grund ihrer historischen Entwicklung und dem derzeitigen Gesetzesstand für sie eigentümlichen Eigenschaften, die nach der Verkehrsauffassung ihr individuelles Bild prägen, sie in ihrer Gesamtheit von anderen Gesellschaftsformen unterscheidet und ohne die sie nicht mehr als AG angesehen wird.“570 Zu bemerken ist damit, daß die ganz überwiegende Meinung in der Literatur das Wesen der Aktiengesellschaft keineswegs, wie Hüffer es vorschlägt, als ein Konstrukt versteht, das außerhalb und zusätzlich zum Aktiengesetz existiert, sondern in ihm ein Minus zu den insgesamt bestehenden aktiengesetzlichen Vorschriften sieht. Dem ist zuzustimmen. Für einen solch unbestimmten Auffangtatbestand, wie ihn Hüffer vorschlägt besteht kein Bedürfnis. Die umfangreichen Vorschriften und Grundsätze des Aktienrechts sind in der Lage, auch neuartige oder ungewöhnliche Beschlüsse zu erfassen und auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen. Inhaltliche Schranken für die Satzungsgestaltung, die nicht schon von § 23 Abs. 5 AktG erfaßt werden, können damit aus § 241 Nr. 3 1. Alt. AktG nicht abgeleitet werden. Anders ausgedrückt, sind solche Satzungsänderungen, die nicht mit § 23 Abs. 5 AktG in Konflikt stehen, auch nicht aufgrund eines Verstoßes gegen das Wesen der Aktiengesellschaft unzulässig.

3. Gesellschaftervereinbarungen als alternatives Gestaltungsinstrument?

Die sehr eng gesteckten Grenzen der Satzungsautonomie im Aktienrecht haben in der Praxis zu einer Reihe von schuldrechtlich geprägten Gestaltungen geführt, mit deren Hilfe versucht wird, an den konkreten Bedürfnissen ausgerichtete Regelungsstrukturen zu verankern, ohne mit dem Grundsatz der Satzungsstrenge in 567 Huber, FS Coing, S. 167 (184); Scheuerle, AcP 163 (1963), 429 (438); Würdinger, Aktienrecht, S. 138 f. 568 Vgl. Geßler, ZHR 1980, 427 (433 f.); v. Godin / Wilhelmi, AktG, § 241 Anm. 8; GK / Schilling3, § 241 Anm. 18; MünchHdbAG / Semler, § 41 Rn. 14; KK / Zöllner, § 241 Rn. 97 f. 569 MünchHdbAG / Semler, § 41 Rn. 14; KK / Zöllner, § 241 Rn. 96. 570 Geßler, ZHR 1980, 427 (433) mit einer ausführlichen Zusammenstellung weiterer Definitionsversuche.

12 Nolte

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Kollision zu geraten.571 Derartige Gesellschaftervereinbarungen, auch satzungsergänzende Vereinbarungen oder Nebenabreden genannt, zielen darauf ab, außerhalb der korporativen Regelungen der Satzung, meist in Form einer Gesellschaft bürgerliche Rechts,572 das Verhältnis der Aktionäre untereinander und zur Aktiengesellschaft genauer auszugestalten.573 Die dabei möglichen Regelungsgegenstände sind sehr unterschiedlich.574 Häufig werden Vereinbarungen getroffen, die die Ausübung von Mitgliedschaftsrechten insbesondere des Stimmrechts betreffen (z. B. Stimmbindungen), bestimmte Anforderungen an die Übertragbarkeit der Mitgliedschaft stellen oder auch im Verhältnis zur Gesellschaft Fragen der Finanzierung oder der Geschäftspolitik zum Inhalt haben. Die Satzung der Aktiengesellschaft und die sie ergänzenden Nebenabreden der Aktionäre sind rechtlich streng voneinander zu unterscheiden. Beide stellen eigenständige, grundsätzlich unabhängig voneinander zu beurteilende Rechtsgeschäfte dar.575 Im Unterschied zur Satzung, die sowohl gegenwärtige als auch zukünftige Aktionäre bindet,576 entfalten Gesellschaftervereinbarungen als schuldrechtliche Verträge nur Wirkung gegenüber den Vertragsparteien,577 können nicht durch Mehrheitsbeschluß sondern im Grundsatz nur mit Zustimmung aller Vertragsparteien geändert werden und unterliegen nicht dem Formzwang des § 23 Abs. 1 AktG.578 Werden somit Aktien veräußert, so ist der neu eintretende Aktionär im Gegensatz zur Satzung nicht direkt an die bestehenden Gesellschaftervereinbarungen zwischen anderen Aktionären gebunden, vielmehr muß er dazu erst im Rahmen einer Schuld- oder Vertragsübernahme in die Rechte und Pflichten eintreten. Zwar wird vertreten, daß den Gesellschaftervereinbarungen in den Fällen, in denen alle Aktionäre auch gleichzeitig an den Gesellschaftervereinbarungen beteiligt seien, eine beschränkte korporative Wirkung zugesprochen werden sollte, diese somit etwa in eine Verbandsordnung im weiteren Sinne einzubeziehen seien.579 Einigkeit herrscht aber darüber, daß durch Gesellschaftervereinbarungen keine mitgliedschaftlichen Rech571

Hirte, Satzungsstrenge, S. 69; Wiedemann, Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht,

S. 14. Joussen, Gesellschafterabsprachen, S. 59 ff. An der Zulässigkeit solcher Vereinbarungen kann heute kein Zweifel bestehen, vgl. GK / Röhricht, § 23 Rn. 256 ff. sowie die umfangreichen Nachweise bei König, Der satzungsergänzende Nebenvertrag, S. 44 Fn. 29. 574 Vgl. die Übersicht über die Regelungsgegenstände bei Hoffmann-Becking, ZGR 1994, 442 (443 ff.); Joussen, Gesellschafterabsprachen, S. 5 ff.; Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 13 ff.; GK / Röhricht, § 23 Rn. 241 ff.; vgl. ferner die umfangreiche rechtstatsächliche Untersuchung von Baumann / Reiß, ZGR 1989, 157 (162 ff.). 575 Baumann / Reiß, ZGR 1989, 157 (212); Hüffer, AktG, § 23 Rn. 47; Wiedemann, Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, S. 18. 576 GK / Röhricht, § 23 Rn. 6; GHEK / Eckardt, § 23 Rn. 35. 577 Hüffer, AktG, § 23 Rn. 46; GK / Röhricht, § 23 Rn. 270 f. 578 Baumann / Reiß, ZGR 1989, 157 (158 f.); Winter, ZHR 154 (1990), 259 (263 f.). 579 In diese Richtung wohl Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 107 ff., der für eine Verbandsordnung im weiteren Sinne eintritt. 572 573

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te und Pflichten begründet werden können.580 Deren Gestaltung und die der organisatorischen Grundstruktur der Aktiengesellschaft obliegt allein der Satzung in den Grenzen des § 23 Abs. 5 AktG. Für die Umsetzung des tracking stock Konzepts ins deutsche Aktienrecht können damit satzungsergänzende Gesellschaftervereinbarungen nicht nutzbar gemacht werden. Das Konzept basiert auf der freien Handelbarkeit der Aktien an den Aktienbörsen und damit auf der Übertragbarkeit der Mitgliedschaft und den damit verbundenen Rechten. Die zusätzliche Gestaltung der Aktionärsrechte außerhalb der Satzung mittels Gesellschaftervereinbarungen würde die Handelbarkeit der Aktien extrem einschränken. Anders mag sich die Situation freilich im Rahmen der Einführung von divisionalisierten Gewinnbeteiligungen außerhalb der Aktiengesellschaft darstellen. In diesen Fällen mag man u.U. auf eine leichte Übertragbarkeit von Gesellschaftsanteilen verzichten, so daß ein Rückgriff auf außerhalb der Satzung stehende ergänzende Gesellschaftervereinbarungen durchaus eine Alternative zur Regelung in den betreffenden Gesellschaftsverträgen darstellen könnte. IV. Der Begriff der Aktiengattung nach § 11 AktG Im Unterschied zur Binnenstruktur der Aktiengesellschaft scheint das Aktiengesetz bezüglich der privatautonomen Gestaltungsmöglichkeit der in den Aktien verbrieften mitgliedschaftlichen Rechte zumindest auf den ersten Blick eine flexiblere Haltung einzunehmen, bestimmt doch § 11 AktG: „Die Aktien können verschiedene Rechte gewähren, namentlich bei der Verteilung des Gewinns und des Gesellschaftsvermögens. Aktien mit gleichen Rechten bilden eine Gattung.“ Eine § 11 AktG entsprechende Regelung war bereits vor 1937 im Aktienrecht vorhanden und wurde 1965 allein sprachlich verändert.581 Die Vorschrift soll dazu dienen, eine ausreichende Kapitalversorgung der Aktiengesellschaften durch eine Berücksichtigung der Wünsche sowohl auf der Angebots- als auf der Nachfrageseite sicherzustellen.582 Durch eine Anpassung der in den Aktien verbrieften Rechte an die jeweilige gesamtwirtschaftliche Lage und die Situation der ausgebenden Gesellschaft kann eine marktgerechte Gestaltung der Aktien ermöglicht werden. Insbesondere in wirtschaftlich schwierigen Zeiten können so Aktien mit einem bevorzugten Dividendenrecht (Vorzugsaktien) ausgegeben werden. Zwischen diesem Normzweck des § 11 AktG und den Motiven hinter der Einführung von tracking 580 Joussen, Gesellschafterabsprachen, S. 137 f.; Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 65; GK / Röhricht, § 23 Rn. 238, 270; Winter, ZHR 154 (1990), 259 (264). 581 In der Aktienrechtsreform von 1965 wurde der Wortlaut der alten Vorschrift verändert, um stärker zum Ausdruck zu bringen, daß es gerade die Unterschiede in den verkörperten Rechtspositionen sind, die die verschiedenen Aktiengattungen ausmachen vgl. GK / Brändel § 11 Rn. 1; Kropff, BegrRegE, S. 24. 582 GK / Brändel, § 11 Rn. 1; Reckinger, AG 1983, 216 (220).

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stocks in den USA lassen sich Gemeinsamkeiten feststellen. Mittels einer individuellen, vom herkömmlichen Ansatz abweichenden Gestaltung von Aktionärsrechten soll den Wünschen des anlegenden Publikums entsprochen und so für eine verbesserte Eigenkapitalversorgung des Unternehmens gesorgt werden. § 11 S. 1 AktG bestimmt, daß eine Aktiengesellschaft unterschiedlich ausgestaltete Aktien ausgeben darf, daß es mithin nicht notwendig ist, alle Aktien mit absolut identischen Rechten auszustatten.583 In dieser Anordnung erschöpft sich jedoch auch schon der Regelungsgehalt der Vorschrift. Insbesondere kann ihr, auch wenn sie auf den ersten Blick einen entgegengesetzen Anschein erweckt, keine Aussage über die Zulässigkeit einer bestimmten Gestaltung mitgliedschaftlicher Rechte entnommen werden.584 Dies folgt schon aus dem Wortlaut der Vorschrift, der nicht einmal die mitgliedschaftlichen Rechte spezifiziert, die einer privatautnomen Gestaltung zugänglich sein sollten und auch sonst keinerlei rechtliche Anforderungen enthält. Der rechtliche Zulässigkeitsrahmen für derartige Satzungsbestimmungen ergibt sich aus § 23 Abs. 5 AktG in Verbindung mit den jeweils einschlägigen gesetzlichen Einzelvorschriften für das betroffene mitgliedschaftliche Recht sowie den sonstigen zwingenden Vorschriften des Aktiengesetzes.585 Hat eine Gesellschaft Aktien mit unterschiedlichen Rechten ausgegeben, so bildet jede Gruppe gleichartiger Aktien eine Gattung (§ 11 S. 2 AktG).586 Herkömmlich werden solche Aktien, die die im Gesetz als Normalfall vorgesehenen mitgliedschaftlichen Rechte verbriefen, als ,Stammaktien‘ bezeichnet.587 Die ganz überwiegende Mehrheit der in Deutschland ausgegebenen Aktien sind Stammaktien.588 GK / Brändel, § 11 Rn. 2; KK / Kraft, § 11 Rn. 2. So ausdrücklich auch v. Godin / Wilhelmi, AktG, § 11 Anm. 3: „Die Schaffung von Aktien verschiedener Gattungen ist aber nur möglich, soweit der Inhalt des Aktienrechts überhaupt dispositiv ist, d. h. durch die Satzung abweichend vom Gesetz bestimmt werden kann.“ Oder etwa KK / Kraft, § 11 Rn. 2: „§ 11 Satz 1 erweckt den Eindruck, daß die Gewährung und Ausgestaltung der an die Mitgliedschaft gebundenen Rechte beliebig erfolgen könne. Das ist nicht der Fall.“; ähnlich auch Würdinger, Aktienrecht, S. 80; mißverständlich dagegen Hüffer, AktG, § 11 Rn. 1: „Die Vorschrift betrifft die Aktie ( . . . ) und überläßt deren inhaltliche Ausgestaltung der Satzungsautonomie ( . . . ), indem sie es zuläßt, Aktien mit unterschiedlichen Rechten zu bilden (§ 11 S. 1 AktG).“ 585 Gerade bei der Frage, in welchem Rahmen mitgliedschaftliche Rechte gestaltbar sind, wird in der Literatur häufig auf das ,Wesen der Aktiengesellschaft‘ zurückgegriffen: „Die Möglichkeit, unterschiedliche Aktienrechte zu schaffen, gilt nur, soweit dies mit dem Wesen der AG vereinbar ist und zwingende gesetzliche Bestimmungen nicht entgegenstehen ( . . . ).“(KK / Kraft, § 11 Rn. 2). „Erlaubt sind nur solche Gattungsunterschiede, die mit Gesetz und dem Wesen der AG vereinbar sind.“ (GK / Brändel, § 11 Rn. 13). Zusätzliche Schranken ergeben sich jedoch, wie bereits oben dargestellt wurde, entgegen diesen Stimmen aus dem ,Wesen der Aktiengesellschaft‘ nicht. 586 Nach allgemeiner Meinung bilden entgegen dem Wortlaut des § 11 S. 2 AktG auch die Aktien mit gleichen Pflichten eine Gattung (RGZ 80, 95 [97]; Hüffer, AktG, § 11 Rn. 7; KK / Kraft, § 11 Rn. 18). 587 Henn, HdbAR, Rn. 37; KK / Kraft, § 11 Rn. 18. 588 Siehe dazu die empirische Untersuchung von Klein, Vorzugsaktien, S. 144 ff. 583 584

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Sie berechtigen insbesondere zu einem der Kapitalbeteiligung entsprechenden Anteil am Ausschüttungsbetrag und besitzen ein volles Stimmrecht. Neben Stammaktien sind in unterschiedlichen Ausführungen auch Vorzugsaktien anzutreffen.589 Sie verbriefen üblicherweise eine bevorrechtigte Beteiligung am auszuschüttenden Gewinn.590 Daneben wird häufig auch eine Bevorrechtigung bei der Beteiligung am Liquidationserlös der Gesellschaft gewährt. Sind die Aktien mit einem kumulativen Dividendenrecht ausgestattet, d. h. müssen ausgefallene Dividenden früherer Jahre zu einem späteren Zeitpunkt nachgezahlt werden,591 so können nach §§ 139 Abs. 1, 12 Abs. 1 AktG die Aktien ohne Stimmberechtigung ausgegeben werden.592 Diese Vorzugsaktien ohne Stimmrecht haben als einzige besondere Gattung von Aktien eine gesetzliche Regelung in den §§ 139 ff. AktG erfahren. Neben den Vorzugsaktien waren früher auch die sog. Mehrstimmrechtsaktien weit verbreitet. Sie verbriefen im Unterschied zu Stammaktien ein vielfaches Stimmrecht. Die Ausgabe solcher Aktien ist heute aufgrund § 12 Abs. 2 AktG nicht mehr möglich.593 Das Aktiengesetz greift den Begriff der Gattung an verschiedenen Stellen wieder auf.594 Insbesondere wird die Aufteilung der Aktien in Gattungen dann relevant, wenn in der Hauptversammlung Entscheidungen getroffen werden, die das rechtliche Verhältnis der unterschiedlichen Aktiengattungen zueinander betreffen. Sollen durch eine Satzungsänderung Rechte einer Aktiengattung geschmälert werden, so schreibt § 179 Abs. 3 AktG über den für eine Satzungsänderung hinausgehenden Beschluß vor, daß die Aktionäre der benachteiligten Gattung der Satzungsänderung in einem Sonderbeschluß nach § 138 AktG zustimmen müssen.595

589 Zur Geschichte der Vorzugsaktien vgl. ausführlich T. Bezzenberger, Vorzugsaktien, S. 5 ff. 590 Es sind unterschiedliche Ausgestaltungen dieses Gewinnvorrechts anzutreffen, siehe zu den einzelnen Varianten T. Bezzenberger, Vorzugsaktien, S. 9 ff., 46 ff.; Reckinger, AG 1983, 216 (217). 591 Zum Nachbezugsrecht T. Bezzenberger, Vorzugsaktien, S. 57 ff. 592 Das Stimmrecht lebt freilich dann wieder auf, wenn in zwei aufeinanderfolgenden Jahren die Vorzugsdividende nicht voll gezahlt werden konnte (§ 140 Abs. 2 AktG). 593 Vgl. zur Weitergeltung bestehender Mehrstimmrechtsaktien § 5 Abs. 1 EGAktG. 594 Vgl. § 23 Abs. 3 Nr. 4 (Angabe der mitgliedschaftlichen Rechte der Aktien der verschiedenen Gattungen in der Satzung); § 152 Abs. 1 S. 2 (Angabe des auf die Gattungen entfallenden Grundkapitals); § 160 Abs. 1 Nr. 3 (Angaben im Anhang zum Jahresabschluß); § 179 Abs. 3 AktG (Zustimmungserfordernis bei nachteiligen Satzungsänderungen). 595 Der Sonderbeschluß der benachteiligten Gattung dient letztlich dazu, nachteilige Veränderungen zu erleichtern, da ohne eine gattungsbezogene Zustimmung jeder einzelne betroffene Aktionär der Änderung zustimmen müßte (Hüffer, AktG, § 179 Rn. 41). Vgl. ausführlich zum Sonderbeschluß T. Bezzenberger, Vorzugsaktien, S. 115 ff.

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2. Kap.: Umsetzung des tracking stock Konzepts in Deutschland

V. Die Spartenorganisation im deutschen Aktienrecht Die Grundlage für die Einführung einer tracking stock Struktur stellt die Spartenorganisation dar.

1. Die Aufbauorganisation – Funktional- und Spartenorganisation

Im Grundsatz lassen sich zwei unterschiedliche Ansätze der Aufbauorganisation unterscheiden. Der herkömmliche Typus betrieblicher Aufbauorganisation ist die Funktionalorganisation596, d. h. die Organisationsform eines Unternehmens, bei der auf der zweiten Hierarchieebene (erste Ebene unterhalb des Geschäftsleitung) eine Gliederung nach Funktionsbereichen vorgenommen wird. Die Einteilung der Funktionsbereiche orientiert sich dabei an den Realgüterströmen oder der Auftragsabwicklung. Bei Industrieunternehmen ergibt sich daraus die allgemein bekannte Gliederung in Forschung u. Entwicklung, Beschaffung, Produktion, Absatz und Verwaltung.597 Bei der Funktionalorganisation handelt es sich um die älteste Organisationsform von Unternehmen, die sich bei der Anpassung der Arbeitsvorgänge an die Anforderungen der Arbeitsteilung in der Zeit der industriellen Revolution zwangsläufig ergab. Bis in die 60er Jahre des letzten Jahrhunderts herrschte sie in deutschen Industriebetrieben vor. Als die Unternehmen jedoch in den 60er und 70er Jahren zu einer verstärkten Diversifikation übergingen, zeigten sich durch die stark angewachsene Zahl unterschiedlicher Produkte erhebliche Effizienzdefizite.598 Vor allem große Unternehmen gingen dazu über, ihre Strukturen divisional zu organisieren.599 Mit dem Begriff der Spartenorganisation, auch divisionale Organisation oder Geschäftsbereichsorganisation genannt, wird die Organisation eines Unternehmens bezeichnet, bei der auf der Ebene unterhalb der Geschäftsleitung eine Gliederung nach Objektgesichtspunkten vorgenommen wird.600 Objekte können Produkte, Kunden oder Absatzregionen sein, wobei in der Praxis die Gliederung nach Produktgruppen vorherrscht.601 Die sich aus der organisatorischen Zusammenfassung 596 Oder auch ,Verrichtungsorganisation‘ oder ,Gliederung nach Zweckbereichen‘ genannt (Braun / Beckert, Funktionalorganisation, Sp. 640 [641]). 597 Grochla, FS Kosiol, S. 300 (303). 598 Braun / Beckert, Funktionalorganisation, Sp. 640 (647 ff.). 599 Bühner, Spartenorganisation, Sp. 2274 (2275); Hoffmann, Aufbauorganisation, Sp. 208 (217). Waren 1960 noch 80 % der deutschen Großunternehmen funktional gegliedert, so lag die Quote schon 1970 nach einer Welle von Reorganisationen unter 40 % (Braun / Beckert, Funktionalorganisation, Sp. 640 [643]). 600 Bühner, Spartenorganisation, Sp. 2274 (2276); Grochla, FS Kosiol, S. 300 (309); Klee, DB 1974, 977. 601 Bühner, Spartenorganisation, Sp. 2274 (2276).

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ergebenden Einheiten werden Sparten oder auch Divisionen oder Geschäftsbereiche genannt. Sie selbst sind in den meisten Fällen wieder funktional gegliedert.602 Neben den Geschäftsbereichen werden weiterhin Zentralabteilungen eingerichtet, die funktional bestimmt sind und die Spartenorganisation ergänzen.603 Ihre Aufgabe besteht in der Erbringung von Dienstleistungen für die Geschäftsbereiche und der Erfüllung zentraler Unternehmensaufgaben, deren Ausgliederung in die Geschäftsbereiche aufgrund von Effizienzüberlegungen nicht als sinnvoll erscheint.604 Die Spartenorganisation ist im Gegensatz zur funktionalen Organisation von einer verstärkten Dezentralisation der Entscheidungskompetenzen geprägt. Je nach Grad der Autonomie der Sparten lassen sich die dezentrale Spartenorganisation605, bei der die Spartenleiter über den Bezug von Leistungen, über die Leistungserstellung sowie die Finanzierung eigenverantwortlich entscheiden können, und die zentrale Spartenorganisation, bei der zahlreiche Aufgabengebiete den Zentralbereichen übertragen werden und die Unternehmensleitung noch in gewissem Maße in das operative Geschäft der Sparten eingreift, unterscheiden. Die Geschäftsbereiche bilden in einer dezentralen Spartenorganisation autonome Teilbereiche, die in der Literatur häufig als ,Quasi-Unternehmen‘ oder ,Unternehmen im Unternehmen‘ bezeichnet werden.606 Äußert sich die Autonomie der Sparten nicht allein in eigenen Entscheidungskompetenzen, sondern auch in der Verantwortung der Bereichsleiter für den in ihrer Sparte erwirtschafteten Erfolg, so spricht man von sog. Profit-Centers.607

2. Überblick über die gesellschafts-, konzern- und mitbestimmungsrechtlichen Aspekte der Spartenorganisation

Bei der rechtlichen Umsetzung der Spartenorganisation, d. h. der organisatorischen Gestaltung des Unternehmens mit den Mitteln, die das Recht dafür zur Verfügung stellt, ergeben sich ein Vielzahl unterschiedlicher Varianten, die zwar allesamt als Realisation der Spartenorganisation im organisationstheoretischen Sinn begriffen werden können, rechtlich jedoch vollkommen unterschiedliche Konstellationen darstellen, die sich einer einheitlichen Behandlung weitestgehend entziehen. Im rechtlichen Sinne kann daher von ,der Spartenorganisation‘ nicht gesprochen werden. Jede der möglichen Konstellationen bringt ihre eigenen gesellschafts-, konzern- oder mitbestimmungsrechtlichen Problemfelder mit sich. GeBühner, Spartenorganisation, Sp. 2274 (2276). Beispiele für solche Zentralabteilungen: Personalwirtschaft, Rechtsabteilung, Rechnungswesen, Organisation, Unternehmensplanung, Controlling. 604 Bühner, Spartenorganisation, Sp. 2274 (2276 f.); Kreikebaum, Zentralbereiche, Sp. 2603; Klee, DB 1977, 977 (978); Poensgen, Geschäftsbereichsorganisation, S. 73. 605 Bühner, Spartenorganisation, Sp. 2274 (2280) Poensgen, Geschäftsbereichsorganisation, S. 70 ff. 606 Harrmann, DB 1971, 537 (538); Klee, DB 1974, 977. 607 Harrmann, DB 1971, 537 (538). 602 603

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2. Kap.: Umsetzung des tracking stock Konzepts in Deutschland

genstand dieser Arbeit ist es nicht, die juristischen Probleme zu untersuchen, die sich bei der Einführung einer Spartenorganisation ergeben. Dennoch ist ein kurzer Blick auf die rechtlichen Probleme der Spartenorganisation notwendig, da sowohl die Einführung einer Spartenaktie notwendigerweise voraussetzt, daß die zugrundeliegende Unternehmensorganisation in zulässiger Weise realisiert ist, als auch da die rechtliche Gestaltung einer derartigen Aktie nicht ohne ausdrückliche Berücksichtigung der zugrundeliegenden rechtlichen Strukturen erfolgen kann. Setzte sich die Spartenorganisation in den 70er Jahren in rasanten Tempo in der deutschen Wirtschaft durch, so blieb die juristische Aufarbeitung hinter der praktischen Bedeutung des Organisationskonzepts zurück. Zwar beschäftigte sich die Unternehmensrechtskommission mit dem neuen Organisationskonzept,608 relativierte jedoch in ihrem Abschlußbericht die Spannungen zwischen Aktienrecht und Spartenorganisation. Erst Schwark609 und in neuerer Zeit weitere Autoren610 untersuchten ausführlich und kritisch die mit der Spartenorganisation verbundenen rechtlichen Problemfelder. Wird das Unternehmen von einer einzelnen unabhängigen Aktiengesellschaft getragen, so werden die Geschäftsbereiche sowie die Zentralbereiche als rechtlich unselbständige Abteilungen geführt. Diese rechtliche Unselbständigkeit steht in einem grundsätzlichen Spannungsverhältnis zur wirtschaften Selbständigkeit, die den Geschäftsbereichen nach den Grundsätzen der Spartenorganisation zugestanden werden soll.611 Ein Gleichlauf der rechtlichen und organisatorischen Strukturen kann nur durch eine Konzernstruktur erreicht werden. Die Unternehmensleitung sowie die Zentralbereiche werden in der Konzernobergesellschaft angesiedelt. Im Extremfall fungiert diese als Management-Holding und übernimmt die strategische Steuerung und Koordination der Tochtergesellschaften, die eigenverantwortlich das operative Geschäft führen.612 Die Leitung der einzelnen Geschäftsbereiche kann bereits auf der obersten Hierarchieebene angesiedelt sein oder auf tiefere delegiert werden. Im ersten Fall übernehmen die Vorstandsmitglieder direkt die Leitung der Geschäftsbereiche oder Zentralbereiche, im zweiten Fall wird die Verantwortung für das Tagesgeschäft auf Bereichsleiter delegiert, während die Vorstandsmitglieder die ihnen zugewiesenen Geschäftsbereiche kontrollieren.613 BMJ, Unternehmensrechtskommission, Tz. 1733 ff. Schwark, ZHR 142 (1978), 203 ff. 610 Schönbrod, Die Organstellung von Vorstand und Aufsichtsrat in der Spartenorganisation, Frankfurt a.M. 1987; Semler, FS Döllerer, S. 571 ff.; Schiessl, ZGR 1992, 64 ff.; Wagner, Divisionalisierung in der unverbundenen Aktiengesellschaft und im Aktienkonzern, Köln 1992. 611 Bühner, Spartenorganisation, Sp. 2274 (2278). 612 Bühner, Spartenorganisation, Sp. 2274 (2278); Schönbrod, Spartenorganisation, S. 168; vgl. ausführlich zur Holding Keller, DB 1991, 1633 ff.; Raupach, IStR 1993, 194 (196 ff.) m. w. N. 613 Wagner, Divisionalisierung, S. 18 f.; Schönbrod, Spartenorganisation, S. 40 f.; Wendeling-Schröder, Divisionalisierung, S. 10 ff. 608 609

B. Anforderungen und Rahmenbedingungen

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Die rechtlichen Gefahren, die sich aus der Spartenorganisation ergeben und die bei der Gestaltung von Unternehmensstrukturen berücksichtigt werden müssen, ergeben sich sowohl auf gesellschafts-, konzern- als auch auf mitbestimmungsrechtlichem Gebiet.614 Werden die Verantwortungsbereiche im Vorstand nach Geschäftsbereichen aufgeteilt, so stellt sich die Frage, ob es nicht zu Disproportionalitäten zwischen den spartenleitenden Vorständen und den Zentralabteilungsvorständen kommen kann. Würden die Vorstände der Zentralabteilungen aufgrund der umfassenden Kompetenzen der Bereichsvorstände „( . . . ) zu Vorstandsmitgliedern ,minderen Rechts‘ abqualifiziert ( . . . )“,615 so könnte das Kollegialitätsprinzip der §§ 76, 77 AktG verletzt werden. Nach allgemeiner Ansicht reichen dazu jedoch die Unterschiede in den zugewiesenen Aufgaben in der Praxis nicht aus.616 Weiter wird vor einer Verletzung der Leitungsbefugnis des Gesamtvorstandes gewarnt. Werden den spartenleitenden Vorständen besondere Befugnisse übertragen, so ist dies nur dann zulässig, wenn es sich dabei nicht um solche Entscheidungskompetenzen handelt, die notwendigerweise in die Gesamterantwortung des Vorstandes fallen. Zu nennen sind hier insbesondere die Unternehmensplanung, die Kontrolle sowie die Koordination der Unternehmensteile (§ 76 Abs. 1 AktG).617 Werden die auf der Ebene des Vorstandes gebildeten Geschäftsbereiche auf der nächsten Hierarchieebene wiederum aufgeteilt und die Leitung dieser Bereiche leitenden Angestellten übertragen oder beginnt die divisionale Organisation erst auf der Ebene unterhalb des Vorstandes, so besteht die Gefahr, daß es zu einer Delegation von organschaftlichen Leitungsaufgaben des Vorstandes auf leitende Angestellte kommt und daneben auch gleichzeitig die Erfüllung der Kontrollaufgaben des Aufsichtsrates erheblich erschwert wird.618 Auf dem Gebiet der Mitbestimmung ergeben sich Probleme aus der Anknüpfung an die Betriebsorganisation oder die gesellschafts614 Die Friktionen zwischen den für eine Spartenorganisation notwendigen Strukturen und den Vorschriften des Aktiengesetzes werden teilweise darauf zurückgeführt, daß dem Aktiengesetz die Vorstellung eines funktional gegliederten Unternehmens zugrunde liege (vgl. dazu Schwark, ZHR 142 [1978], 204 [205]; kritisch wohl Semler, FS Döllerer, S. 571). 615 Schönbrod, Spartenorganisation, S. 172. 616 Vgl. dazu ausführlich Schönbrod, Spartenorganisation, S. 172 ff.; Wagner, Divisionalisierung, S. 74 ff.; BMJ, Unternehmensrechtskommission, Tz. 1737 f.; warnend jedoch Schwark, ZHR 142 (1978), 203 (208, 218); Wendeling-Schröder, Divisionalisierung, S. 45 f.; siehe auch KK / Mertens, § 77 Rn. 18. 617 Vgl. Huber, ZHR 152 (1988), 152 (157 f.); Martens, FS Fleck, S. 191 (193 ff.); Raiser, Kapitalgesellschaften, § 14 Rn. 27; Schönbrod, Spartenorganisation, S. 168 ff.; Schwark, ZHR 142 (1978), 203 (216); Semler, FS Döllerer, S. 571 (576 ff.); Wendeling-Schröder, Divisionalisierung, S. 33 ff.; BMJ, Unternehmensrechtskommission, Tz. 1735 ff.; K. Schmidt, ZGR 1981, 455 (481) zur Unternehmensrechtskommission. 618 Vgl. Huber, ZHR 152 (1988), 152 (158); K. Schmidt, ZGR 1981, 455 (482); Schiessl, ZGR 1992, 64 (80 ff.); Schönbrod, Spartenorganisation, S. 176 ff., 193; Schwark, ZHR 142 (1978), 203 (209, 217); Semler, FS Döllerer, S. 571 (584) zur Aufsichtsratsverantwortung; Wendeling-Schröder, Divisionalisierung, S. 71 ff.; BMJ, Unternehmensrechtskommission, Tz. 1740 f., 1745 ff.

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2. Kap.: Umsetzung des tracking stock Konzepts in Deutschland

rechtlichen Strukturen. Dies führt zum einen dazu, daß auf der Ebene der Spartenleitung, auf der viele wichtige Entscheidungen getroffen werden, kein ,Spartenbetriebsrat‘ zu bilden ist und zum anderen ergeben sich Konflikte zwischen den Kompetenzen des Arbeitsdirektors und den Spartenleitern in Personalfragen.619 Wird die Spartenorganisation mittels einer Konzernstruktur realisiert, so entsteht insbesondere die Gefahr, daß durch die Spartenleitung am Vertretungsorgan der abhängigen Gesellschaft vorbei direkte Weisungen an die Mitarbeiter des Tochterunternehmens erteilt werden und dadurch die Leitungsverantwortung der Unternehmensführung des Tochterunternehmens verletzt wird.620 Trotz der schwierigen Einzelfragen wird die Spartenorganisation heute einhellig als zulässig angesehen und hat in der Praxis zumindest bei größeren Unternehmen die Funktionalorganisation weitestgehend verdrängt. Das tracking stock Konzept setzt an der Spartenorganisation an und führt die Aufteilung größerer Unternehmen in Geschäftsbereiche im Außenverhältnis gleichsam fort. Den weiteren Untersuchungen wird deshalb die Annahme zugrunde gelegt, daß die Spartenorganisation in einer rechtlich zulässigen Weise realisiert wurde. Allgemeine rechtliche Problemstellungen der Spartenorganisation sollen mithin nicht beleuchtet werden.

619 Vgl. BMJ, Unternehmensrechtskommission, Tz. 1760 ff.; ausführlich zu den mitbestimmungsrechtlichen Problemstellungen Wendeling-Schröder, Divisionalisierung, S. 31 ff., 113 ff. 620 Vgl. Huber, ZHR 152 (1988), 123 (161); Schiessl, ZGR 1992, 64 (85 f.); Schwark, ZHR 142 (1978), 203 (210 f.); Schönbrod, Spartenorganisation, S. 235 ff.; Wagner, Divisionalisierung, S. 178 ff.; BMJ, Unternehmensrechtskommission, Tz. 1749 ff.; dazu K. Schmidt, ZGR 1981, 455 (483 f.).

Drittes Kapitel

Gestaltung der Satzungsregelungen zur Umsetzung des tracking stock Konzepts in Deutschland Die rechtliche Gestalt des tracking stock Konzepts in den USA ist nur sehr schwer zu fassen. Wirtschaftliche Idee und rechtliche Realität fallen bis zu einem gewissen Grad auseinander. Neben dieser Tatsache stellt sich bei der Gestaltung einer entsprechenden Struktur nach deutschem Recht das Problem, daß die zur Verfügung stehenden Gestaltungsinstrumente und die für diese geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen erheblich von denen in den USA abweichen. Bei den folgenden Überlegungen zur Verwirklichung einer tracking stock Struktur nach deutschem Recht werden, wie schon im ersten Kapitel, drei Bereiche zu betrachten sein. Zum ersten ist eine spartenbezogene Gestaltung der Aktionärsrechte zu entwickeln, zum zweiten sind die Schritte zur Einführung einer derartigen Aktiengestaltung zu untersuchen sowie zum dritten die Regelungen zur Auflösung der tracking stock Struktur zu erarbeiten. Als Referenz für die weiteren Ausführungen soll eine unabhängige Aktiengesellschaft dienen, die ihr Unternehmen mittels zweier getrennter Geschäftsbereiche führt, welche von nicht rechtlich selbständigen Abteilungen getragen werden. Auf diese Weise lassen sich die spezifischen rechtlichen Probleme des tracking stock Konzepts anschaulich darstellen. Das im folgenden zu entwickelnde Konzept müßte jedoch unter Berücksichtigung konzernrechtlicher Besonderheiten, insbesondere hinsichtlich der Gewinnermittlung und -verwendung, auch auf den Fall eines als Konzern organisierten Unternehmens, an dessen Spitze eine Aktiengesellschaft steht, übertragbar sein. Die vorliegende Untersuchung wird den Fall des Konzerns trotz seiner erhöhten praktischen Relevanz im weiteren aus Platzgründen ausklammern und sich damit auf die Grundform einer tracking stock Struktur nach deutschem Aktienrecht konzentrieren.

A. Die Ausgestaltung der mitgliedschaftlichen Rechte einer Spartenaktie I. Die wirtschaftlichen Mitgliedschaftsrechte Die Ausgestaltung der wirtschaftlichen Mitgliedschaftsrechte steht im Mittelpunkt der Überlegungen zur Verwirklichung des tracking stock Konzepts nach deutschem Recht. Die herkömmlichen wirtschaftlichen Mitgliedschaftsrechte neh-

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3. Kap.: Gestaltung der Satzungsregelungen in Deutschland

men Bezug auf die Aktivitäten der Gesellschaft als ganzes. Grundlage des Dividendenrechts, des Rechts auf einen Anteil am Abwicklungsüberschuß sowie des Bezugsrechts sind Größen oder Vorgänge, die die Gesellschaft als Einheit betreffen. Völlig unerheblich ist, in welchem Bereich des Unternehmens, das von der Gesellschaft getragen wird, ein auszuschüttender Gewinn erwirtschaftet wurde, welche Aktiva zu einem Abwicklungsüberschuß beigetragen haben oder wo das durch eine Kapitalerhöhung erlangte Kapital investiert werden soll. Weiterhin bestimmt sich üblicherweise die Teilhabe der Aktionäre an der Gewinnausschüttung, dem Abwicklungsüberschuß oder den jungen Aktien nach ihren Anteilen am Grundkapital. Das tracking stock Konzept weicht entgegen dieser herkömmlichen Orientierung von der Bezugnahme auf die Gesamtgesellschaft sowie der Orientierung an den Grundkapitalanteilen ab und wendet sich den jeweiligen Geschäftsbereichen zu. 1. Das Dividendenrecht

Je nach Grad der Konkretisierung ist das allgemeine mitgliedschaftliche Recht auf Gewinnbeteiligung, der konkrete Anspruch auf den Bilanzgewinn eines bestimmten Jahres sowie der Dividendenauszahlungsanspruch zu unterscheiden. Grundlage des allgemeinen mitgliedschaftlichen Anspruchs auf Gewinnbeteiligung ist § 58 Abs. 4 AktG. Inhalt des Anspruchs ist die Teilhabe am Bilanzgewinn nach Maßgabe des Gesetzes, der Satzung und den Beschlüssen der Hauptversammlung. Der Aktionär hat als Ausfluß seiner Mitgliedschaft ein Recht darauf, daß Jahresüberschuß und Bilanzgewinn nach den gesetzlich vorgesehenen Regelungen ermittelt werden, die Hauptversammlung einen Ausschüttungsbeschluß fällt und er nach den Regelungen des Gesetzes und der Satzung am auszuschüttenden Betrag partizipieren kann.621 Das allgemeine mitgliedschaftliche Gewinnbeteiligungsrecht konkretisiert sich im Anspruch auf einen Anteil am Bilanzgewinn eines bestimmten Jahres, sobald der Jahresabschluß festgestellt und in ihm ein Bilanzgewinn ausgewiesen ist.622 Es handelt sich dabei jedoch solange um keinen konkreten Zahlungsanspruch, wie die Hauptversammlung über die Verwendung des Bilanzgewinns noch nicht entschieden hat.623 Mit Wirksamwerden des Gewinnverwendungsbeschlusses der Hauptversammlung entsteht der Anspruch des Aktionärs auf Auszahlung der ihm zustehenden Dividende. Dieser ist vom mitgliedschaftlichen Gewinnanspruch zu unterscheiden. Zwar hat der Auszahlungsanspruch seine Wurzeln weiterhin in der Stellung des Aktionärs als Mitglied des Verbandes, ist jedoch ein von der Mitgliedschaft losgelöstes Gläubigerrecht.624 Nach allgemeiner Mei621 GK / Barz3, § 58 Anm. 5; T. Bezzenberger, Vorzugsaktien, S. 47; KK / Lutter, § 58 Rn. 80. 622 T. Bezzenberger, Vorzugsaktien, S. 47; KK / Lutter, § 58 Rn. 80. 623 BGHZ 7, 263 (264); 23, 150 (154); 65, 230 (235); 124, 27 (31). 624 RGZ 22, 113 (114); 82, 138 (143); BGHZ 7, 263 (264); 23, 150 (154); T. Bezzenberger, Vorzugsaktien, S. 50; GHEK / Hefermehl / Bungeroth, § 59 Rn. 123; v. Godin / Wilhelmi,

A. Die mitgliedschaftlichen Rechte einer Spartenaktie

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nung ergibt sich die Höhe des konkreten Dividendenanspruchs pro Aktie aus dem Ausschüttungsbetrag, der durch die Hauptversammlung beschlossen wurde, sowie der Gewinnverteilungsregelung des § 60 AktG oder der jeweiligen Satzungsbestimmung. Beschließt die Hauptversammlung neben dem Gesamtausschüttungsbetrag auch über die Höhe der auf die einzelnen Aktien entfallenden Dividenden, so ist dieser Beschluß rein deklaratorischer Natur und entfaltet keine materielle Wirkung.625

a) Überblick über die Gewinnverwendung und -verteilung in der Aktiengesellschaft Im Gegensatz zu den recht einfach ausgestalteten Gewinnverwendungs- und -verteilungsregelungen der US-amerikanischen ,corporation laws‘ enthält das deutsche Aktiengesetz einen stark ausdifferenzierten Normenkomplex, der sich mit der Frage der Verwendung erzielter Gewinne beschäftigt. Geprägt sind die Vorschriften durch einen dreiseitigen Interessenkonflikt zwischen Verwaltung, Aktionären und Gläubigern.626 Nach §§ 264 Abs. 1 HGB, 78 Abs. 1 AktG obliegt es dem Vorstand, den Jahresabschluß, bestehend aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung sowie Anhang, aufzustellen und um einen Lagebericht zu ergänzen. Nach Berücksichtigung aller Geschäftsvorfälle und Vornahme der Abschlußbuchungen ergibt sich der Jahresüberschuß oder -fehlbetrag (§§ 275 Abs. 2 Nr. 19, 266 Abs. 3 A V HGB627). Ist ein Jahresüberschuß erwirtschaftet worden, d. h. ist der rechnerische Erfolg der Tätigkeit des Unternehmens positiv, so müssen oder können Teile dieses Jahresüberschusses durch den Vorstand in Rücklagen eingestellt und damit der Ausschüttung an die Aktionäre entzogen werden. Zwingend hat der Vorstand gesetzliche Rücklagen nach § 150 AktG zu bilden.628 Gleiches gilt für Rücklagen für eigene Anteile nach § 272 Abs. 4 HGB. Neben dieser zwingend vorgeschriebenen RücklagenbilAktG, § 58 Anm. 10; MünchHdbAG / Hoffmann-Becking, § 46 Rn. 23; Hüffer, AktG, § 58 Rn. 28; KK / Lutter, § 58 Rn. 97, 103. 625 BGHZ 84, 303 (313); KK / Lutter, § 58 Rn. 102, § 60 Rn. 28; KK / Claussen, § 174 Rn. 8; GHEK / Hefermehl / Bungeroth, § 60 Rn. 37 f.; dagegen neuerdings Martens, FS Claussen, S. 279 (283 ff.). 626 Siehe den Überblick über die Geschichte der Gewinnverwendungsvorschriften bei Gollnick, Gewinnverwendung, S. 11 ff.; Marsch, Verwendung von Jahresüberschüssen, S. 8 ff.; zu den Interessenkonflikten ausführlich v. Godin / Wilhelmi, AktG, § 58 Anm. 1; GHEK / Hefermehl / Bungeroth, § 58 Rn. 3; Kohl, Bildung von Gewinnrücklagen, S. 66 ff.; KK / Lutter, § 58 Rn. 5; Schütte, Dividendenentscheidung, S. 126 f.; Kropff, BegrRegE, S. 74 ff. 627 Wird die Bilanz unter teilweiser Berücksichtigung der Verwendung des Jahresüberschusses aufgestellt, so tritt anstelle der Posten IV. und V. der Posten ,Bilanzgewinn / Bilanzverlust‘ (§ 268 Abs. 1 HGB). 628 Zur Höhe dieser Rücklagen siehe § 150 Abs. 2 – 4 AktG.

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3. Kap.: Gestaltung der Satzungsregelungen in Deutschland

dung, kann der Vorstand Teile des Jahresüberschusses in andere Gewinnrücklagen einstellen (§ 58 Abs. 2 S. 1 AktG). Dies gilt zwar nur dann, wenn Vorstand und Aufsichtsrat auch den Jahresabschluß feststellen (§ 58 Abs. 2 S. 1 AktG), stellt aber in der Praxis die Regel dar. Die Kompetenz zur Bildung anderer Gewinnrücklagen ist auf 50% des nach §§ 58 Abs. 2 S. 4, 58 Abs. 1 S. 3 AktG bereinigten Jahresüberschusses beschränkt (§ 58 Abs. 2 S. 1 AktG). Die Satzung kann nach § 58 Abs. 2 S. 2, 3 AktG eine andere Regelung treffen. Nach § 316 HGB hat der Vorstand den Jahresabschluß und Lagebericht von einem Abschlußprüfer629 prüfen zu lassen. Danach leitet der Vorstand den Jahresabschluß und Lagebericht zusammen mit dem Prüfbericht und dem Vorschlag zur Gewinnverwendung an den Aufsichtsrat weiter, der Jahresabschluß und Gewinnverwendungsvorschlag erneut zu prüfen hat (§§ 170, 171 AktG). Billigt der Aufsichtsrat den Jahresabschluß, so ist dieser festgestellt (§ 172 Abs. 1 AktG). Die Feststellung macht den Jahresabschluß zu einer verbindlichen Aussage über die Vermögens- und Ertragssituation der Aktiengesellschaft im aktuellen Geschäftsjahr, schließt das Geschäftsjahr ab und ist notwendige Voraussetzung für den Beschluß der Hauptversammlung über die Ergebnisverwendung.630 Veränderungen des Jahresabschlusses nach seiner Feststellung sind nur noch in Ausnahmefällen möglich.631 Der nach Feststellung des Jahresabschlusses unter Berücksichtigung der Einstellungen in die gesetzlichen Rücklagen und die anderen Gewinnrücklagen verbleibende Rest des Jahresüberschusses stellt den Bilanzgewinn dar (§ 268 Abs. 1 S. 2 HGB), über dessen Verwendung die Hauptversammlung zu beschließen hat (§ 174 Abs. 1 S. 1 AktG). Sie ist dabei an den festgestellten Jahresabschluß gebunden (§ 174 Abs. 1 S. 2 AktG) und kann entweder Teile oder den gesamten Bilanzgewinn in Gewinnrücklagen einstellen632, den Gewinn vortragen oder ihn an die Aktionäre ausschütten (§ 58 Abs. 3 S. 1 AktG).633 Nach §§ 174 Abs. 1 S. 1, 133 Abs. 1 AktG ist beim Beschluß über die Verwendung des Bilanzgewinns grundsätzlich die einfache Mehrheit der Stimmen ausreichend. Hat die Hauptversammlung über den Ausschüttungsbetrag beschlossen, so richtet sich die Verteilung dieser Summe auf die einzelnen Aktien nach § 60 Abs. 1 u. 2 AktG oder einer abweichenden Satzungsbestimmung (§ 60 Abs. 3 AktG). Im Rahmen der Gewinnverwendungsentscheidung der Hauptversammlung stellt sich die Frage nach dem Schutz der unterlegenen Minderheit vor einer ungerecht629 Der Abschlußprüfer wird nach §§ 318 Abs. 1 S. 1 HGB; 119 Abs. 1 Nr. 4 AktG von der Hauptversammlung gewählt. 630 KK / Claussen, § 172 Rn. 4. 631 Vgl. dazu KK / Claussen, § 172 Rn. 5, 18 ff. 632 Dabei kann die Hauptversammlung zwischen der Einstellung in gesetzliche Rücklagen oder andere Gewinnrücklagen wählen, vgl. KK / Lutter, § 58 Rn. 71. 633 Weiterhin besteht bei einer entsprechenden Satzungsbestimmung die Möglichkeit, den Bilanzgewinn auf andere Art und Weise zu verwenden (§ 58 Abs. 3 S. 1 AktG). Vgl. dazu KK / Lutter, § 58 Rn. 74 ff.

A. Die mitgliedschaftlichen Rechte einer Spartenaktie

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fertigten Beeinträchtigung ihres Dividendenrechts. Um ein Aushungern der Minderheit zu verhindern, gewährt § 254 AktG unter bestimmten Bedingungen ein Anfechtungsrecht gegen den Hauptversammlungsbeschluß nach § 174 Abs. 1 S. 1 AktG.634 Ist die Ausschüttung einer Dividende nach Gesetz und Satzung möglich und ist weiterhin eine Einbehaltung des erzielten Bilanzgewinns bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung für eine Sicherung der Lebens- und Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft für einen übersehbaren Zeitraum nicht notwendig und erhalten die Aktionäre gerade aufgrund der Gewinnthesaurierung im betreffenden Geschäftsjahr keine Dividende, die zumindest 4 v.H. des Grundkapitals der Gesellschaft entspricht, so kann der Gewinnverwendungsbeschluß der Hauptversammlung nach § 254 Abs. 1 AktG angefochten werden. Notwendig dazu ist ein Quorum von 5 v.H. des Grundkapitals (§ 254 Abs. 2 S. 3 AktG)635 und die Einhaltung der Anfechtungsfrist nach § 246 Abs. 1 AktG. Ob darüber hinaus die Voraussetzungen des § 245 Nrn. 1 u. 2 AktG erfüllt sein müssen, ist umstritten.636 Das Anfechtungsrecht des § 254 AktG bietet allein Schutz vor einer Beeinträchtigung des Dividendenrechts durch die Rücklagenbildung der Hauptversammlung.637 Gewinnthesaurierungen, die schon Vorstand und Aufsichtsrat bei der Feststellung des Jahresabschlusses vorgenommen haben, unterfallen dem Anfechtungsrecht nicht.638 Es zeigt sich, daß der Schutzmechanismus, den das Aktiengesetz in § 254 AktG zur Verfügung stellt, recht schwach ausgeprägt ist. § 254 AktG erfaßt lediglich extreme Fälle,639 einen effektiven Schutz der Minderheit gegen das Aushungern durch die Mehrheit kann § 254 AktG kaum bieten. Schon die Notwendigkeit eines Quorums von 5 v.H. des Grundkapitals und die sehr geringe Mindestverzinsung von 4 v.H. des Grundkapitals führen dazu, daß das Anfechtungsrecht im wesentlichen leerläuft.640 634 Vgl. Kropff, BegrRegE, S. 340 ff.; GHEK / Hüffer, § 254 Rn. 2 f. Eine Anfechtung des Hauptversammlungsbeschlusses nach § 243 AktG bleibt neben § 254 AktG möglich (§ 254 Abs. 1 S. 1 AktG). Im Zusammenhang mit dem Schutz der Aktionäre vor einer ungerechtfertigten Beeinträchtigung ihres Dividendenrechts sind ferner § 253 AktG (Nichtigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses bei nichtiger Bilanz) sowie § 258 ff. (Sonderprüfungen) zu nennen. 635 Oder ein anteiliger Betrag von 500.000 Euro. 636 Für dieses zusätzliche Erfordernis: GK / Schilling3, § 254 Anm. 6; KK / Zöllner, § 254 Rn. 23; dagegen Hüffer AktG, § 254 Rn. 9. 637 Die Geltung des § 254 AktG für einen Gewinnvortrag war vor dem BiRiLiG umstritten (vgl. dazu KK / Hüffer, § 254 Rn. 8 m. w. N.). 638 BGHZ 55, 359 (364 f.); GHEK / Hüffer, § 254 Rn. 4; KK / Lutter, § 254 Rn. 24; GK / Schilling3, § 254 Anm. 2. 639 So schon die Zielsetzung des Gesetzgebers (Kropff, BegrRegE, S. 340). 640 So wird die Bedeutung des § 254 AktG in der Literatur auch allgemein als gering eingestuft, vgl. GHEK / Hüffer, § 254 Rn. 3; Marsch, Verwendung von Jahresüberschüssen, S. 96 f.; KK / Zöllner, § 254 Rn. 2. In eine ähnliche Schutzrichtung wie § 254 AktG zielt § 140 Abs. 2 AktG für den Fall von Vorzugsaktien ohne Stimmrecht. Beschließt die Hauptversammlung wiederholt einen Bilanzgewinn nicht auszuschütten, so steht den sonst stimmrechtslosen Vorzugsaktien nach § 140 Abs. 2 AktG ein Stimmrecht zu, so daß die betroffenen

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3. Kap.: Gestaltung der Satzungsregelungen in Deutschland

Der Gefahr, daß den Gläubigern einer Aktiengesellschaft die Haftungsmasse entzogen wird, versucht das Gesetz mit Hilfe des Grundsatzes der Kapitalerhaltung zu begegnen.641 Zum einen ist das Grundkapital der Gesellschaft zusammen mit den gesetzlichen vorgeschriebenen Rücklagen auf der Passivseite der Bilanz auszuweisen, so daß ein Bilanzgewinn nur dann entstehen kann, wenn der Wert der Aktiva diese Posten übersteigt (§§ 266 Abs. 3 A I-III, 272 HGB, 150 AktG). Zum anderen wird durch das Verbot der Einlagenrückgewähr nach § 57 Abs. 1 S. 1 u. Abs. 3 AktG sichergestellt, daß es nur dann zu einer Beeinträchtigung des gebundenen Gesellschaftsvermögens durch eine Übertragung auf die Aktionäre kommen kann, wenn dies im Rahmen der Ausschüttung eines ordnungsgemäß festgestellten Bilanzgewinnes erfolgt oder sonst ausnahmsweise gesetzlich zugelassen ist.642 Das Verbot der Einlagenrückgewähr stellt eine zwingende Vorschrift i. S. d. § 23 Abs. 5 S. 1 AktG dar, von der ein Abweichen durch die Satzung nicht zulässig ist.643 b) Spartenorientierte Gewinnverteilung als Grundlage des Dividendenrechts Das Dividendenrecht einer deutschen Spartenaktie muß selbstverständlich auf die im Vergleich zu den USA wesentlich veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen abgestimmt werden. Eine Ermächtigung des Vorstandes, über die Dividendenhöhe der Aktiengattungen frei zu entscheiden, würde, ohne dies weiter ausführen zu müssen, eklatant gegen die vom Aktiengesetz zwingend vorgeschriebene Kompetenzverteilung verstoßen. Als Ausgangspunkt für eine spartenorientierte Ausgestaltung des Dividendenrechts muß deshalb die Gewinnverteilung nach § 60 AktG gewählt werden, mittels derer ein Zusammenhang zwischen den wirtschaftlichen Erfolgen der Geschäftsbereiche und den Dividendenhöhen der betreffenden Aktiengattungen hergestellt werden kann. Aktionäre ihre Interessen geltend machen können (vgl. T. Bezzenberger, Vorzugsaktion ohne Stimmrecht, S. 95; Reckinger, AG 1983, 216 [218]). 641 Neben den hier darzustellenden Regelungen sind auch die §§ 71 ff. AktG (Beschränkungen für den Rückkauf eigener Aktien), §§ 222 ff. AktG (Bestimmungen über die Kapitalherabsetzung) sowie §§ 253 ff. HGB (Vorschriften über die Bestimmung des Bilanzgewinns, insb. das Niederstwertprinzip) als Ausprägungen des Systems der Kapitalerhaltung zu begreifen. 642 Trotz des Wortlautes des § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG kommt es nicht darauf an, daß das Grundkapital durch die Leistung angegriffen wird, sondern daß eine Beeinträchtigung des gebundenen Gesellschaftsvermögens außerhalb des ordnungsgemäß festgestellten Bilanzgewinns erfolgt (RGZ 107, 161 [168]; 149, 385 [400]; OLG Frankfurt AG 1996, 324 [325]; GK / Barz3, § 57 Anm. 3; v. Godin / Wilhelmi, AktG, § 57 Anm. 3; Hüffer, AktG, § 57 Rn. 2 m. w. N.; GK / Lutter, § 57 Rn. 5; MünchHdbAG / Wiesner, § 16 Rn. 42). Neben dem Gläubigerschutz dient § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG auch dem Schutz der Aktionäre vor einer ungerechtfertigten Vermögensverschiebung zwischen Gesellschaft und einzelnen Aktionären unter Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (RGZ 107, 161 [168]; KK / Lutter, § 57 Rn. 2 m. w. N.; Hüffer, AktG, § 57 Rn. 1). 643 Hüffer, AktG, § 57 Rn. 1; KK / Lutter, § 57 Rn. 11.

A. Die mitgliedschaftlichen Rechte einer Spartenaktie

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aa) Ausgangspunkt: § 60 AktG Hat die Hauptversammlung über den Betrag entschieden, der an die Aktionäre als Dividende auszuschütten ist, so richtet sich die Aufteilung dieser Summe auf die einzelnen Aktien nach § 60 AktG. Das Gesetz sieht dabei als Normalfall die Verteilung nach Anteilen am Grundkapital vor (§ 60 Abs. 1 AktG), ermächtigt jedoch in § 60 Abs. 3 AktG gleichzeitig die Satzung dazu, einen anderen Verteilungsmaßstab vorzusehen. Nach seinem Wortlaut handelt es sich bei § 60 Abs. 3 AktG um eine ausdrückliche Ermächtigung der Satzung, die gesetzlich vorgesehenen Reglungen des § 60 Abs. 1 u. 2 AktG zu modifizieren. Insbesondere muß sich die Satzung nicht auf ergänzende Regelungen beschränken, sondern kann, wie die Formulierung „eine andere Art“ belegt, einen abweichenden Schlüssel für die Verteilung des Ausschüttungsbetrages vorsehen. § 60 Abs. 3 AktG stellt damit eine ausdrückliche Zulassung abweichender Satzungsbestimmungen für die Gewinnverteilung i. S. d. § 23 Abs. 5 S. 1 AktG dar.644 Im folgenden soll eine Gewinnverteilungsregelung für eine Aktiengesellschaft mit tracking stock Struktur entwickelt werden, die die jeweiligen Dividendenhöhen der beiden Spartengattungen an das wirtschaftliche Ergebnis der Geschäftsbereiche der Gesellschaft koppelt. Ausgegangen wird dabei von der vereinfachenden Annahme, die Ermächtigung des § 60 Abs. 3 AktG eröffne vollständige Gestaltungsfreiheit. Als einzige Einschränkung soll der Grundsatz der Kapitalerhaltung berücksichtigt werden, der in diesem Zusammenhang fordert, daß nicht mehr an die Aktionäre ausgeschüttet wird, als von der Hauptversammlung auf Grundlage des Bilanzgewinns beschlossen wurde. Eine genauere Untersuchung des entwickelten Verteilungsschlüssels, insbesondere vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Satzungsstrenge, kann erst an späterer Stelle erfolgen.645

bb) Verwendete Größen, grundlegende Zusammenhänge sowie Annahmen Bevor näher auf den Verteilungsschlüssel selbst eingegangen werden kann, sollen zum besseren Verständnis die darin verwendeten Größen, die zwischen diesen bestehenden rechnerischen Zusammenhänge sowie die der Entwicklung der Verteilungsregelung zugrundegelegten Annahmen kurz beleuchtet werden. (1) Verwendete Größen Bei der Berechnung der Dividendenhöhen wird auf verschiedene Größen, die entweder den Spartenrechnungen oder dem Jahresabschluß der Gesellschaft entnommen werden können, Bezug zu nehmen sein.646 644 645

So auch Hüffer, AktG, § 60 Rn. 6; Luther, FS Hengeler, S. 167 (172). Vgl. unten Fünftes Kapitel.

13 Nolte

194

3. Kap.: Gestaltung der Satzungsregelungen in Deutschland

Als Ausdruck des wirtschaftlichen Erfolgs der Geschäftsbereiche wird auf die Differenz zwischen den auf die Geschäftsbereiche entfallenden Erträgen und Aufwendungen zurückzugreifen sein. Dieser Spartenerfolg (,SpE‘) setzt sich bei näherer Betrachtung aus zwei Größen zusammen. Zum einen enthält er eine externe Komponente. Damit ist das Teilergebnis gemeint, das sich aus den erfolgsrelevanten Vorgängen ergibt, die zwischen den Geschäftsbereichen und anderen, außerhalb des Unternehmens angesiedelten Wirtschaftssubjekten abgewickelt werden. Zum anderen gehen in das Spartenergebnis aber auch solche Geschäfte ein, die der betreffende Geschäftsbereich mit einem anderen Geschäftsbereich des Gesamtunternehmens tätigt. Aus Sicht der Gesellschaft handelt es sich dabei um bloße Innenumsätze, aus der des Geschäftsbereiches jedoch um erfolgsrelevante Vorgänge, die das Spartenergebnis erheblich beeinflussen können. Im folgenden soll das erste Teilergebnis als externer Spartenerfolg (,SpEext ‘) und das zweite als interner Spartenerfolg (,SpEint ‘) bezeichnet werden. In ihrer Summe ergeben die beiden Größen den Spartenerfolg (,SpE‘). Als Ausgangspunkt für die Ausschüttungen wird der Jahresüberschuß / -fehlbetrag, also das Gesamtergebnis der Gesellschaft, eine wesentliche Rolle spielen. Der Jahresüberschuß / -fehlbetrag ergibt sich aus der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung der Gesellschaft und soll im weiteren mit ,GesE‘ (Gesamtergebnis) abgekürzt werden. Nach Abzug der Einstellungen in die Rücklagen (,ERückl ges ‘, Einstellungen in die Rücklagen des Gesamtunternehmens) und nach Auflösung der Rücklagen (,AuflRückl ges `† steht der Ausschüttungsbetrag (,Aus‘) fest, der auf die Aktionäre der verschiedenen Aktiengattungen verteilt werden kann. Dabei bezeichnen ,Aus1‘ und ,Aus2‘ die auf die beiden Spartengattungen entfallenden Ausschüttungsbeträge. Um die Darstellung nicht unnötig zu komplizieren, wird im folgenden nicht danach unterschieden, ob die Verwaltung oder die Hauptversammlung die Einstellung in Rücklagen beschließt oder um welche Art von Rücklage es sich handelt. Die Rücklagen werden vielmehr als ein aggregierter Bilanzposten betrachtet.647 Um das Modell der Gewinnverteilung nicht auf zwei Perioden ausdehnen zu müssen, soll auch die Erfassung von Gewinn- und Verlustvorträgen nach § 58 Abs. 3 2. Fall AktG vereinfacht werden. Aus der Überlegung heraus, daß bei wirtschaftlicher Betrachtung die Bildung eines Gewinnvortrags der Einstellung in eine kurzfristige Rücklage entspricht und ein Verlustvortrag ein anderer Ausweis für die Minderung der Rücklagen ist, soll ein etwaiger Gewinnvortrag wie eine Einstellung in Rücklagen und ein Verlustvortrag als Minderung der Rücklagen behandelt werden. 646 Zur Rechnungslegung siehe bereits oben Erstes Kapitel: B.II.1.b)cc) sowie unten Drittes Kapitel: A.I.1.d). 647 Im weiteren werden nur solche Rücklagen genauer betrachtet, die aus dem Gewinn des Unternehmens gebildet worden sind. Zu den Kapitalrücklagen vgl. Coenenberg, Jahresabschluß, S. 288 ff.

A. Die mitgliedschaftlichen Rechte einer Spartenaktie

195

Aus Gründen, die noch später zu beleuchten sein werden, müssen die Gewinnrücklagen der Gesellschaft in zwei, den jeweiligen Geschäftsbereichen zugeordnete Teile aufgespalten werden. Bezeichnet werden sollen diese mit ,Rückl1‘ und ,Rückl2‘. Die Aufteilung der Gewinnrücklagen648 muß erstmals bei der Einführung der tracking stock Struktur erfolgen und in den weiteren Jahren anhand der Einstellungen und Auflösungen von Rücklagen fortgeschrieben werden. Bezeichnet werden sollen die Veränderungen der Rücklagenanteile der Geschäftsbereiche mit ,ÄRückl1‘ (Änderung des Rücklagenanteils der Sparte 1) und ,ÄRückl2‘. Zu beachten ist, daß es sich hierbei allein um einen rechnerischen Vorgang handelt. Eine Änderung in der externen Rechnungslegung der Gesellschaft soll damit nicht verbunden sein. In der Summe ergeben die auf die Sparten entfallenden Rücklagenanteile wieder den Gesamtbetrag der Gewinnrücklagen der Gesellschaft. (2) Rechnerische Zusammenhänge zwischen den verwendeten Größen Auf Basis der obigen Größen lassen sich vorweg einige Zusammenhänge und Bedingungen beschreiben, die bei der Entwicklung der Verteilungsregelungen relevant werden. Scheinen sie auf den ersten Blick trivial, so werden sie im folgenden von erheblicher Wichtigkeit sein. Als erstes ist festzustellen, daß sich der Gesamterfolg (Jahresüberschuß / -fehlbetrag) der Gesellschaft aus der Summe der beiden externen Spartenerfolge zusammensetzt. Vorausgesetzt wird dabei, daß alle Aufwendungen und Erträge des Unternehmens restlos auf die Geschäftsbereiche aufgeteilt werden und es an keiner Stelle zu einer Doppelverbuchung kommt. …1†

1 2 SpEext ‡ SpEext ˆ GesE

Kein Zusammenhang kann einerseits zwischen den Spartenerfolgen untereinander oder andererseits zwischen den Spartenerfolgen und dem Gesamtergebnis der Gesellschaft hergeleitet werden. Der Grund hierfür liegt in den internen Umsätzen, die, zusammengenommen, die internen Ergebnisse der Geschäftsbereiche bilden. Diese gehen zwar in die Spartenergebnisse ein, finden jedoch bei der Errechnung des Jahresüberschusses / -fehlbetrags als bloße Innenumsätze keine Berücksichtigung. Auch eine Aussage in dem Sinne, daß die Summe der Spartenergebnisse immer größer oder kleiner als das Gesamtergebnis sein müsse, kann nicht getroffen werden. So ist der Fall, daß beide interne Ergebnisse negativ sind, ebenso denkbar wie der, daß beide positiv sind oder beide unterschiedliche Vorzeichen aufweisen.649 Auch über die Höhe der Beträge der internen Ergebnisse lassen sich 648 Wenn im weiteren von Rücklagen die Rede ist, so sind damit immer allein die Gewinnrücklagen der Gesellschaft gemeint. 649 Den Grund für dieses Erkenntnis zeigt folgendes Beispiel: Sparte 1 stellt einen Vermögensgegenstand unter Aufwendung von 10 Einheiten her und veräußert ihn an Sparte 2. Da der Preis auf den Märkten zu diesem Zeitpunkt lediglich 5 Einheiten beträgt, realisiert

13*

196

3. Kap.: Gestaltung der Satzungsregelungen in Deutschland

keine Aussagen allgemeiner Art treffen. Die Entkopplung von Gesamtergebnis und Spartenergebnissen wird bei der Erstellung einer Ausschüttungsregelung zu berücksichtigen sein. …2†

SpE1 ‡ SpE2 6ˆ GesE

Ein weiterer zentraler Zusammenhang ergibt sich zwischen der Summe der Ausschüttungen auf die Aktiengattungen, den Veränderungen in den Rücklagenanteilen der Geschäftsbereiche sowie dem Gesamtergebnis. In der Summe müssen die Ausschüttungen und die Änderungen der Rücklagenanteile gleich dem Gesamtergebnis sein. …3†

 uckl1 ‡ AR  uckl2 ˆ GesE Aus1 ‡ Aus2 ‡ AR

Hinreichend ist die Bedingung jedoch noch nicht. Weiter bleibt zu fordern, daß die Ausschüttungen allein nicht negative Werte annehmen dürfen, die Änderungen der Rücklagen dagegen sowohl negativ (Rücklagenauflösung) als auch positiv (Rücklagenbildung) sein können. …4†

 uckl1 ; AR  uckl2 2 Q Aus1 ; Aus2 2 Q‡ ; AR

Weiter müssen die Änderungen der Rücklagenanteile der Geschäftsbereiche in ihrer Summe wiederum die Änderung der Rücklagen auf der Ebene der Gesamtgesellschaft ergeben. …5†

 uckl2 ˆ AR  ucklges  uckl1 ‡ AR AR

(3) Grundannahmen Um eine Verteilungsregelung für die Ausschüttung auszugestalten, sind notwendigerweise vorweg die Größen zu bestimmen, die als maßgebliche Faktoren die Verteilung beeinflussen sollen. Als Meßgröße für die wirtschaftliche Leistung der Geschäftsbereiche dienen im weiteren die jeweiligen Spartenerfolge. Interne und externe Erfolge sollen dabei als eigenständige Leistungen der Geschäftsbereiche gleichermaßen in der Gewinnverteilung Berücksichtigung finden. Die Alternative, eine Verteilung allein anhand der externen Ergebnisse vorzunehmen, also nach den Sparte 1 aus dem Geschäft einen Verlust von 5 Einheiten (Aufwand: 10; Ertrag: 5). Für Sparte 2 ist der Kauf erfolgsneutral. Veräußert sie ihn im Außenverhältnis weiter für 7 Einheiten, realisiert sie einen Gewinn von 2 Einheiten, der allein in ihr externes Ergebnis eingeht. Das interne Ergebnis der Sparte 1 würde damit -5 Einheiten betragen, das der Sparte 2 wäre neutral. Unter Annahme anderer Preise wäre jedes andere Ergebnis denkbar. Es zeigt sich, daß die internen Ergebnisse der Sparten beliebige Beträge annehmen können.

A. Die mitgliedschaftlichen Rechte einer Spartenaktie

197

Summen auszuschütten, die die Sparten im Außenverhältnis tatsächlich erwirtschaftet haben, würde aus wirtschaftlicher Sicht zu kaum begründbaren Ergebnissen führen. Insbesondere dem möglichen Argument, allein das externe Ergebnis des Geschäftsbereichs trage auch zum Gesamterfolg des Unternehmens bei und stelle damit „echten Gewinn“ dar, während die internen Vorgänge keine Gewinnrelevanz besäßen, ist nicht zu folgen. Aus Sicht der Geschäftsbereiche ist kein Unterschied zwischen internen und externen Umsätzen zu erkennen. Liefert ein Geschäftsbereich an andere Teile des Unternehmens, so verzichtet er darauf, die gleiche Lieferung im Außenverhältnis vorzunehmen. Würden interne Umsätze außer Acht gelassen, so würde dies zum einen zu erheblichen Problemen bei der Zurechnung von Veräußerungserfolgen führen. Zum anderen hieße dies, Erträge, die ein Geschäftsbereich im Außenverhältnis hätte erzielen können und auf die er zu Gunsten eines Geschäfts mit einem anderen Geschäftsbereich verzichtet hat, zu ignorieren. Interne und externe Umsätze sind somit so weit wie möglich gleich zu behandeln, auch wenn dies, wie sich in der Folge zeigen wird, zu erheblichen Problemen bei der Gewinnverteilung führt.

cc) Verteilungsregelungen Anknüpfend an die Erkenntnis, daß der Ausschüttungsbetrag auf die beiden Gattungen anhand der Spartenerfolge verteilt werden sollte, wäre als erste Annäherung an das Problem an eine einfache verhältnismäßige Verteilung zu denken.650 Danach wäre das Gesamtergebnis nach Abzug der Einstellungen in die Rücklagen im Verhältnis der Spartenergebnisse des konkreten Geschäftsjahres auf die Aktiengattungen zu verteilen. …6†

Aus1 ˆ …GesE

ER ucklges † 

Aus2 ˆ …GesE

ER ucklges † 

 

SpE1 …SpE1 ‡ SpE2 † SpE2 ‡ SpE2 †

 

…SpE1

Schon ein kurzer Blick auf diese Gleichung zeigt jedoch, daß der Bruch aufgrund der im Nenner stehenden Summe der beiden Spartenergebnisse dann zu keiner Lösung führt, wenn beide Spartenergebnisse gleiche Beträge aber unterschiedliche Vorzeichen aufweisen. In den Fällen in denen sich die Beträge beider Werte bei unterschiedlichen Vorzeichen nur unwesentlich unterscheiden, nimmt der Bruch und damit die Ausschüttung extrem positive oder negative Werte an. Derartige Konstellationen können sich aufgrund der internen Ergebnisse auch dann ergeben, wenn ein verteilungsfähiges Gesamtergebnis vorliegt (siehe Annahme [2]). Eine Verteilung allein nach dem Verhältnis der Spartenergebnisse kann damit zu keinen befriedigenden Ergebnissen führen. 650

So Baums, FS Boujong, S. 19 (29).

198

3. Kap.: Gestaltung der Satzungsregelungen in Deutschland

Im folgenden sollen drei Verteilungsvarianten entwickelt werden, die den obigen Nachteil nicht aufweisen. Dies kann nur dann erfolgreich sein, wenn einerseits interne und externe Erfolge differenziert behandelt werden und andererseits nur dann auf verhältnismäßige Verteilungen zurückgegriffen wird, wenn sichergestellt werden kann, daß die zugrundeliegenden Größen nicht negativ werden können. Die drei darzustellenden Modelle können danach unterschieden werden, ob es sich um stärker gegenwarts- oder vergangenheitsbezogene Verteilungsregelungen handelt. Die beiden gegenwartsbezogenen Systeme orientieren sich bei der Ausschüttung im wesentlichen am aktuellen wirtschaftlichen Erfolg der Geschäftsbereiche. Je nachdem mit welchem Ergebnis das aktuelle Geschäftsjahr abgeschlossen wurde, erhalten die Aktionäre eine hohe, geringe oder keine Dividende. Die vergangenheitsorientierte Verteilungsregelung bezieht hingegen auch die wirtschaftlichen Erfolge in den vergangenen Perioden in die Ausschüttungsverteilung mit ein. (1) Gemeinsame Grundüberlegungen Vier den Verteilungsmethoden zugrundeliegende Zusammenhänge sollen kurz vorangestellt werden. Sie betreffen die Verrechnung interner Ergebnisse, die Ausschüttung aufgelöster Rücklagen, die Verrechnung von externen Spartenverlusten sowie die Behandlung negativer Rücklagenanteile. (a) Berücksichtigung der internen Ergebnisse Die Verteilungsregelungen beruhen auf einer Differenzierung zwischen externen und internen Ergebnissen. Letztere bereiten Probleme, da sie keine Entsprechung im Gesamtergebnis finden. Eine direkte Berücksichtigung der jeweiligen internen Ergebnisse in den Ausschüttungen oder Einstellungen in die Rücklagen verbietet sich deshalb. Eine stetige Erfüllung von Bedingung (3) könnte sonst nicht sichergestellt werden. Um dieses Problem zu vermeiden, werden nicht die Einzelbeträge, sondern ihre Differenz betrachtet. …7†

1 Diff 1 ˆ SpEint

2 2 SpEint ; Diff 2 ˆ SpEint

1 SpEint

Diese Differenz kann als Mittelfluß zwischen den Spartenvermögen interpretiert werden. Bleibt das interne Ergebnis der einen hinter dem der anderen Sparte zurück, so bedeutet dies nichts anderes, als daß, bezogen auf das Geschäftsjahr, in Höhe der Differenz Kapital von der im Innenverhältnis weniger erfolgreichen zur erfolgreicheren Sparte geflossen ist. Dieser Mittelfluß zwischen den Sparten wird bei der Berechnung der Anteile der Sparten an den Rücklagen berücksichtigt. Dazu wird die Differenz der internen Ergebnisse dem Rücklagenanteil der erfolgreicheren Sparte hinzugerechnet und von dem der anderen Sparte abgezogen. Dabei bleiben die Rücklagenanteile der beiden Sparten in der Summe gleich, allein ihr Verhältnis zueinander verändert sich.

A. Die mitgliedschaftlichen Rechte einer Spartenaktie (8)

1 Veränderung der Rücklagenanteile Sparte 1: SpEint

2 SpEint

2 Veränderung der Rücklagenanteile Sparte 2: SpEint

1 SpEint

199

(b) Auflösung und Bildung von Rücklagen Weiter ist über die Verteilung aufgelöster Rücklagen nachzudenken.651 Würden auch die Mittel, die durch die Auflösung von Gewinnrücklagen der Gesellschaft zur Ausschüttung kommen, nach dem Verteilungsverhältnis des konkreten Geschäftsjahre verteilt, so bliebe unberücksichtigt, daß die in Frage stehenden Teile des Bilanzgewinnes nicht auf wirtschaftliche Vorgänge des aktuellen Geschäftsjahres zurückgehen, sondern in früheren Perioden erwirtschaftet wurden, in denen ein anderes Verhältnis der Spartenerfolge vorlag.652 Ein derartiges Ergebnis erscheint wenig sinnvoll. Durch bestimmte Thesaurierungs- und Auflösungsentscheidungen wäre es möglich, Mittel, die von einem Geschäftsbereich des Unternehmens erwirtschaftet wurden und damit den Aktionären der dazugehörigen Aktiengattung zugestanden hätten, an die andere Gattung auszuschütten. Aus diesem Grund ist bei der Auflösung von Rücklagen die Verteilungsquote zu berücksichtigen, die bei ihrer Bildung galt. Realisiert werden soll dies mittels eines Durchschnittsverfahrens. Werden Rücklagen aufgelöst, so hat die Verteilung auf die Aktiengattungen anhand der Anteile der Geschäftsbereiche an den Gesamtrücklagen zu erfolgen. …9†

Aus1 ˆ AuflR ucklges  Aus2 ˆ AuflR ucklges 

 

R uckl1 R ucklges R uckl2 R ucklges

 

Die Beträge der auf die Sparten entfallenden Rücklagen sind weiter um die jeweils aufgelösten Anteile zu vermindern.

651 Ist im weiteren von der Auflösung von Rücklagen die Rede, so sind damit nur solche Rücklagenminderungen gemeint, die auf eine Willensentscheidung der Verwaltung der Aktiengesellschaft zurückgehen und zu einer Erhöhung des Ausschüttungsbetrages führen. Minderungen des Eigenkapitals durch einen Jahresfehlbetrag sollen davon nicht erfaßt werden. 652 Beispiel: Angenommen eine AG hat eine Gattung Spartenaktien A und eine Gattung Spartenaktien B ausgegeben. Im Jahr 1 erwirtschaftet Sparte A einen erheblichen Gewinn während Sparte B einen geringen Verlust ausweist. Der Vorstand und die Hauptversammlung beschließen, den gesamten Bilanzgewinn in Gewinnrücklagen einzustellen. Im Jahr 2 stellt sich die Gewinnsituation umgekehrt dar. Während Sparte A einen Verlust ausweist, erwirtschaftet Sparte B einen geringen Gewinn. Der Vorstand löst im Rahmen der Feststellung des Jahresabschlusses die Gewinnrücklagen aus dem Jahr 1auf. Die Hauptversammlung beschließt, den kompletten Bilanzgewinn auszuschütten. Nach obiger Verteilungsregelung erhielte Sparte B den gesamten Bilanzgewinn des Jahres 2, obwohl in ihm, in Form der aufgelösten Rücklagen, der erhebliche Gewinn der Sparte A aus dem Jahr 1 enthalten ist und Sparte B im Jahr 2 nur einen geringen Überschuß erwirtschaftet hatte.

200 …10†

3. Kap.: Gestaltung der Satzungsregelungen in Deutschland  uckl1 ˆ AR

AuflR ucklges 

 uckl2 ˆ AR

AuflR ucklges 

 

R uckl1 R ucklges R uckl2 R ucklges

 

In Umkehrung der obigen Argumentation müssen freilich die Beträge, die in die Rücklagen eingestellt werden, nach dem Verteilungsschlüssel des aktuellen Geschäftsjahres auf die Anteile der Geschäftsbereiche an den Gesamtrücklagen aufgeteilt werden. (c) Verrechnung externer Verluste der Geschäftsbereiche Eine weitere Überlegung liegt allen Verteilungsregelungen zugrunde. Wie schon unter Bedingung (4) festgestellt, dürfen Ausschüttungsbeträge allein nicht negative Werte annehmen. Hat somit ein Geschäftsbereich im Außenverhältnis einen Gewinn erwirtschaftet, der andere jedoch einen externen Verlust653 ausgewiesen, so steht allein die Summe dieser beiden Posten, gemindert um die Einstellungen in die Rücklagen, zur Ausschüttung zur Verfügung. Dieser Betrag ist jedoch in jedem Fall geringer als der externe Gewinn des ersten Geschäftsbereichs. Dem erfolgreichen Geschäftsbereich geht damit ein Teil seines Gewinns bei der Ausschüttung verloren. Als Ausweg bietet sich an, den Verlust des einen Geschäftsbereichs mit Hilfe einer Anpassung der Rücklagenanteile zu verrechnen. Der Rücklagenanteil des ersten Geschäftsbereichs ist damit um den externen Verlust des zweiten zu erhöhen, der Anteil des zweiten um den gleichen Betrag zu vermindern. Werden in späteren Perioden die Gewinnrücklagen aufgelöst, so partizipiert der Geschäftsbereich stärker, der nun aufgrund der Verluste des anderen eine zu geringe Ausschüttung erhalten hat. Wirtschaftlich betrachtet, stellen damit externe Verluste des einen eine Zwangsthesaurierung für den anderen Geschäftsbereich dar. (d) Negative Rücklagenanteile Ebenfalls einer kurzen Betrachtung bedarf der Fall, daß der Rücklagenanteil eines Geschäftsbereichs negativ wird. Eine derartige Situation ist dann denkbar, wenn der Geschäftsbereich über längere Zeit Minderungen seiner Rücklagenanteile durch externe Verluste oder Ausgleichsmaßnahmen im Rahmen der Verrechnung der internen Ergebnisse hinnehmen mußte. Liegt ein solcher Fall vor, so sollten die Ausschüttungen auf die Aktien des betreffenden Geschäftsbereichs so lange gesperrt werden, bis ihr Rücklagenanteil wieder im positiven Bereich ist.

653 Verluste im Innenverhältnis wurden bereits im Rahmen der Verrechnung der internen Ergebnisse berücksichtigt.

A. Die mitgliedschaftlichen Rechte einer Spartenaktie

201

(2) Verteilungsregelung I: Verteilung nach Maßgabe der Rücklagenanteile Als strukturell einfachste Form der darzustellenden Verteilungsregelungen nimmt der vergangenheitsbezogene Schlüssel eine Aufteilung der Ausschüttungssumme nach dem Verhältnis der Anteile der Geschäftsbereiche an den Gesamtrücklagen der Gesellschaft vor.654 Je nachdem, ob ein positives oder ein negatives Gesamtergebnis vorliegt, sind folgende Konstellationen zu unterscheiden. Wird ein Gesamtverlust erwirtschaftet, so kann nur die Summe ausgeschüttet werden, die zusätzlich an Gewinnrücklagen aufgelöst wird. Die Verteilung des Betrages auf die Gattungen richtet sich dabei nach den Rücklagenanteilen der Geschäftsbereiche.655 Aus1 ˆ AuflR ucklges 

…1:1†

Aus2 ˆ AuflR ucklges 

 

R uckl1 R ucklges R uckl2 R ucklges

 

Nach der Ausschüttung der Dividenden sind die Rücklagenanteile der Geschäftsbereiche um die externen Ergebnisse, also die erwirtschafteten Verluste der Geschäftsbereiche, die aufgelösten Rücklagen sowie um die zur Verrechnung der internen Ergebnisse notwendigen Beträge zu korrigieren. …1:2†

 uckl1 ˆ SpE1 AR ext  uckl2 ˆ SpE2 AR ext

    R uckl1 1 ‡ SpEint AuflR ucklges  R ucklges     R uckl2 2 ‡ SpEint AuflR ucklges  R ucklges

2 SpEint

SpEint



1



Wurde ein Gesamtgewinn erwirtschaftet, so ist in einem rechnerischen Zwischenschritt die Situation zu ermitteln, die bestünde, würden beide externen Ergebnisse in die Gewinnrücklagen eingestellt und um die Verrechnung der internen Ergebnisse korrigiert.656

Vgl. Übersicht in Anhang V. Im weiteren wird jeweils nur errechnet, welcher Ausschüttungsbetrag auf die jeweiligen Spartengattungen insgesamt entfällt. Die Dividende pro Aktie ergibt sich dann aus dieser Ausschüttungssumme und der Anzahl der Aktien der betreffenden Gattung. 656 Der rechnerische Zwischenschritt ist notwendig, um bei der Verteilung des Ausschüttungsbetrages auch die Spartenergebnisse des aktuellen Geschäftsjahres berücksichtigen zu können, die noch nicht in den Rücklagen enthalten sein können. 654 655

202

3. Kap.: Gestaltung der Satzungsregelungen in Deutschland   2  uckl10 ˆ SpE1 ‡ SpE1 AR ; SpEint ext int

…1:3†

0  uckl10 uckl1 ‡ AR R uckl1 ˆ R   1  uckl20 ˆ SpE2 ‡ SpE2 AR SpEint ; ext int 0

 uckl2 uckl2 ‡ AR R uckl2 ˆ R

0

Die Ausschüttungen ergeben sich danach zum einen aus dem vom Gesamtgewinn nach Abzug der Einstellungen in Rücklagen verbleibenden Betrag, verteilt nach dem Verhältnis der oben errechneten fiktiven Gewinnrücklagen und zum anderen aus den aufgelösten Rücklagen, verteilt nach den Anteilen der Geschäftsbereiche an den Rücklagen ohne Berücksichtigung der obigen Zwischenrechnung.657 …1:4†

0

!

0

!

Aus ˆ …GesE

ER uckl

†

R uckl1 0 0 R uckl1 ‡ R uckl2

Aus2 ˆ …GesE

ER ucklges † 

R uckl2 0 0 1 R uckl ‡ R uckl2

1

ges

‡ AuflR ucklges  ‡ AuflR ucklges 









R uckl1 R ucklges R uckl2 R ucklges

Nach der Ausschüttung sind die neuen Rücklagenanteile zu errechnen. In dem Fall, daß beide externen Spartenergebnisse positiv sind, werden die Spartenanteile um die Einstellungen in die Rücklagen, verteilt nach dem Verhältnis der aktuellen externen Gewinne, um den zur Verrechnung der internen Ergebnisse notwendigen Betrag und um die eventuell aufgelösten Rücklagen im Verhältnis der ursprünglichen Rücklagenanteile korrigiert.658 …1:5†

  1   uckl1 ˆ ERucklges  SpEext ‡ SpE1 AR int GesE    2  uckl2 ˆ ERucklges  SpEext ‡ SpE2 AR int GesE

2 SpEint 1 SpEint

 

AuflRucklges  AuflRucklges 

 

Ruckl1 Rucklges Ruckl2 Rucklges

 

In dem Fall, daß ein externes Spartenergebnis negativ ist (das Gesamtergebnis muß aber weiter positiv sein), sind bei der Anpassung der Rücklagenanteile wie oben die aufgelösten Rücklagen und die Differenz der internen Ergebnisse zu verrechnen. Darüber hinaus muß auch der durch den externen Verlust des einen Geschäftsbereichs entstandene Nachteil bei der Ausschüttung berücksichtigt werden. Da jedoch der Gesamtgewinn schon vollständig ausgeschüttet oder in Rück657 Bei der Verteilung der aufgelösten Rücklagen ist das Ergebnis des aktuellen Geschäftsjahres nicht zu berücksichtigen, so daß auf die Rücklagenanteile ohne Veränderung durch den obigen rechnerischen Zwischenschritt zurückgegriffen werden muß. 658 Der Fall, daß in einem Jahresabschluß gleichzeitig Rücklagen aufgelöst und wieder gebildet werden, tritt in der Praxis nicht auf. Der Einfachheit halber sind die beiden Fälle, auch bei den noch folgenden Verteilungsregelungen aber zusammen in eine Formel übernommen worden. In der Regel wird einer der beiden Posten Null betragen.

A. Die mitgliedschaftlichen Rechte einer Spartenaktie

203

lagen eingestellt worden ist, muß eine summenneutrale Korrektur vorgenommen werden. Dazu wird ein Betrag in der Höhe des externen Verlustes von dem Rücklagenanteil des weniger erfolgreichen Geschäftsbereichs abgezogen und dem Anteil des anderen hinzugerechnet. Wurden Teile des Gesamtgewinnes in Rücklagen eingestellt, so kommen diese Rücklagen dem Geschäftsbereich zugute, der ein positives externes Ergebnis aufweist.659 Für den Fall, daß bei positivem Gesamtergebnis das externe Ergebnis von Sparte1 positiv und das der Sparte 2 negativ ist, ergibt sich folgende Rechnung.660 (1.6)

  uckl1 ˆ ERucklges ‡ SpE1 AR int   uckl2 ˆ SpE2 AR int

  2 1 ‡ SpEext SpEint

  1 SpEint ‡ GesE

1 SpEext







Ruckl1 Rucklges   R uckl2 AuflR ucklges  R ucklges

GesE

AuflRucklges 



(3) Verteilungsregelung II: Verteilung nach Maßgabe der externen Ergebnisse Die zweite Variante des Verteilungsschlüssels verteilt die Gewinne des aktuellen Geschäftsjahres nach dem Verhältnis der externen Ergebnisse.661 Auch hier ist danach zu differenzieren, ob das Gesamtergebnis eines Jahres positiv oder negativ ist. Im Falle eines Gesamtverlustes können nur die aufgelösten Rücklagen im Verhältnis der Rücklagenanteile der Geschäftsbereiche auf die Gattungen verteilt werden.662 …2:1†

Aus1 ˆ AuflR ucklges  Aus2 ˆ AuflR ucklges 

 

R uckl1 R ucklges R uckl2 R ucklges

 

Die Rücklagenanteile werden danach um die jeweiligen externen Spartenergebnisse des Geschäftsjahres,663 die aufgelösten Rücklagen und die Verrechnung der internen Ergebnisse korrigiert. 659 Aus Gründen der rechnerischen Vereinfachung wird in der folgenden Formel der Betrag des externen Verlustes der Sparte 2 durch die Differenz zwischen dem Gesamtergebnis und dem externen Ergebnis der Sparte 1 ausgedrückt. 660 Im umgekehrten Falle ergibt sich eine entsprechende Berechnung. 661 Vgl. Übersicht in Anhang V. 662 Denkbar wäre auch, dem Geschäftsbereich mit einem positiven externen Ergebnis bei Vorliegen eines Gesamtverlustes solange alle aufgelösten Rücklagen auszuschütten, bis der Betrag seines positiven externen Ergebnisses erreicht ist. 663 Dabei müssen nicht beide Spartenergebnisse negativ sein, vielmehr kann ein Geschäftsbereich ein positives externes Ergebnis aufweisen. Der Betrag dieses externen Gewin-

204 …2:2†

3. Kap.: Gestaltung der Satzungsregelungen in Deutschland  uckl1 ˆ SpE1 AR ext

AuflR ucklges 

 uckl2 ˆ SpE2 AR ext

AuflR ucklges 

 

R uckl1 R ucklges R uckl2 R ucklges



 1 ‡ SpEint

2 SpEint



 2 ‡ SpEint

1 SpEint

 

Im Falle, daß das Gesamtergebnis der Gesellschaft positiv ist, muß weiter danach unterschieden werden, ob beide externen Spartenergebnisse positiv sind oder nicht. Haben beide Geschäftsbereiche im Außenverhältnis Gewinn erwirtschaftet, so wird der jeweilige externe Erfolg abzüglich des auf den betreffenden Geschäftsbereich entfallenden Anteils an den Einstellungen in die Rücklagen, der sich aus den gesamten Rücklageneinstellungen und dem Verhältnis der externen Gewinne ergibt, ausgeschüttet. Eventuell aufgelöste Rücklagen werden im Verhältnis der Rücklagenanteile verteilt. …2:3†

1 Aus1 ˆ SpEext 2 Aus2 ˆ SpEext





 R uckl1 R ucklges     2 SpEext R uckl2 ‡ AuflRucklges  ER ucklges  GesE R ucklges ER ucklges 

1 SpEext GesE

‡ AuflRucklges 



Die Rücklagenanteile der Geschäftsbereiche werden um die Einstellungen in die Rücklagen, die Verrechnung der internen Ergebnisse und die aufgelösten Rücklagen korrigiert. …2:4†

  1   uckl1 ˆ ERucklges  SpEext ‡ SpE1 AR int GesE    2  uckl2 ˆ ERucklges  SpEext ‡ SpE2 AR int GesE

2 SpEint 1 SpEint

 

AuflRucklges  AuflRucklges 

 

Ruckl1 Rucklges Ruckl2 Rucklges

 

Hat ein Geschäftsbereich einen externen Verlust erwirtschaftet, dessen Betrag jedoch annahmegemäß geringer sein muß als der externe Gewinn des anderen Bereichs, so wird das Gesamtergebnis abzüglich der Einstellungen in Rücklagen auf die Aktien des erfolgreicheren Geschäftsbereichs ausgeschüttet. Werden Rücklagen aufgelöst, so werden diese im Verhältnis der Rücklagenanteile verteilt.664

nes muß jedoch geringer sein als der Betrag des externen Verlustes des anderen Geschäftsbereichs, da das Gesamtergebnis annahmegemäß negativ sein muß. 664 Hier könnte man wie schon oben daran denken, aufgelöste Rücklagen zuerst dem im Außenverhältnis erfolgreicheren Geschäftsbereich zukommen zu lassen, bis der Betrag der Ausschüttungssumme dem des externen Ergebnisses des Geschäftsbereichs entspricht (siehe oben Fn. 662).

A. Die mitgliedschaftlichen Rechte einer Spartenaktie …2:5†



Ruckl1 R ucklges   2 R uckl Aus2 ˆ AuflR ucklges  R ucklges

Aus1 ˆ GesE

ER ucklges ‡ AuflR ucklges 

205

665

Nach der Ausschüttung wird der Rücklagenanteil des extern erfolgreichen Geschäftsbereichs um die gesamten Einstellungen in die Rücklagen erhöht, um die Verrechnung der internen Ergebnisse korrigiert und um den Anteil der eventuell aufgelösten Rücklagen vermindert. Aufgrund des Verlustes des anderen Geschäftsbereichs ist darüber hinaus, wie bereits dargelegt, eine zusätzliche Korrektur vorzunehmen. Dem erfolgreichen Geschäftsbereich ist dabei die Differenz zwischen dem Gesamtergebnis und seinem eigenen externen Ergebnis gutzuschreiben.666 Die Rücklagen des Geschäftsbereichs, der einen externen Verlust ausgewiesen hat, werden um die Verrechnung der internen Ergebnisse, die anteiligen aufgelösten Rücklagen sowie um den obigen Unterschiedsbetrag korrigiert.667 (2.6)

  uckl1 ˆ ERucklges ‡ SpE1 AR int   uckl2 ˆ SpE2 AR int

1 SpEint

   Ruckl1 1 ‡ SpEext GesE ges Ruckl     R uckl2 1 ‡ GesE SpEext AuflR ucklges  ges R uckl

2 SpEint





AuflRucklges 



(4) Verteilungsregelung III: Verteilung nach Maßgabe der um die internen Erfolge korrigierten externen Ergebnisse Beim letzten darzustellenden Verteilungsschlüssel sollen sowohl die externen als auch die internen Ergebnisse der Geschäftsbereiche so weit wie möglich in den Ausschüttungen des jeweiligen Geschäftsjahres berücksichtigt werden.668 Besondere Schwierigkeiten bereitet dabei die Tatsache, daß kein logischer Zusammenhang zwischen den internen Ergebnissen der Geschäftsbereiche und dem ausschüttungsfähigen Gesamtgewinn des Unternehmens besteht. Dementsprechend bleibt auch an dieser Stelle nur die Möglichkeit, die Differenz der internen Ergebnisse als Zahlungsstrom zwischen den Geschäftsbereichen zu interpretieren und wie schon oben summenneutral zu verrechnen. Maßstab für die Aufteilung des erzielten Gesamtergebnisses auf die Ausschüttungsbeträge und die Rücklagenanteile der Geschäftsbereiche ist damit das jeweilige externe Ergebnis des Bereichs korrigiert um den Betrag, der für die Verrechnung der internen Ergebnisse notwendig ist. 665 Die Formel ergibt sich unter der Annahme, daß das externe Ergebnis des Geschäftsbereichs 1 positiv und das des Geschäftsbereichs 2 negativ ist. 666 Diese Differenz entspricht dem externen Verlust des anderen Geschäftsbereichs. 667 Die folgende Formel ergibt sich unter der Annahme, daß das externe Ergebnis des Geschäftsbereichs 1 positiv und das des Geschäftsbereichs 2 negativ ist. 668 Vgl. Übersicht in Anhang V.

206

3. Kap.: Gestaltung der Satzungsregelungen in Deutschland

(3.1)

1 1 ‡ SpEint für Sparte 1: SpEext

2 SpEint

2 2 ‡ SpEint für Sparte 2: SpEext

1 SpEint

 

Die beiden Beträge ergeben in ihrer Summe das Gesamtergebnis der Gesellschaft, das der Summe der externen Ergebnisse der Geschäftsbereiche entspricht. (3.2)

 1 1 SpEext ‡ SpEint

  2 2 2 ‡ SpEext SpEint ‡ SpEint

 1 1 2 ˆ SpEext SpEint ‡ SpEext ˆ GesE

Wie oben muß zwischen dem Fall, daß das Gesamtergebnis positiv ist und dem, daß ein Gesamtverlust erwirtschaftet wurde, unterschieden werden. Wurde ein Gesamtverlust ausgewiesen, so können nur die darüber hinaus aufgelösten Rücklagen nach dem Verhältnis der Anteile der Geschäftsbereiche an den Rücklagen ausgeschüttet werden.669 …3:3†

Aus1 ˆ AuflR ucklges  Aus2 ˆ AuflR ucklges 

 

R uckl1 R ucklges R uckl2 R ucklges

 

Nach der Ausschüttung sind die Rücklagen um die externen Spartenergebnisse, die für die Verrechnung der internen Ergebnisse notwendigen Beträge und die Anteile an den aufgelösten Rücklagen zu korrigieren.670 …3:4†

  uckl1 ˆ SpE1 ‡ SpE1 AR ext int

2 SpEint

  uckl2 ˆ SpE2 ‡ SpE2 AR ext int

1 SpEint

 

AuflRucklges  AuflRucklges 

 

R uckl1 R ucklges R uckl2 Rucklges

 

Im Falle, daß das Gesamtergebnis positiv ist, sind weiter zwei Konstellationen zu unterscheiden. Sind beide externen Ergebnisse der Geschäftsbereiche, korrigiert um die Ver1 1 2  0; ‡ SpEint SpEint rechnung der internen Ergebnisse nicht negativ SpEext  2 2 1 SpEext ‡ SpEint SpEint  0, so können diese Beträge an die Spartengattungen ausgeschüttet werden. Vermindert werden die jeweiligen Ausschüttungsbeträge um die anteiligen Einstellungen in die Rücklagen, die sich aus den im Verhältnis der 669 Auch hier könnte man in dem Fall, daß ein Geschäftsbereich ein positives Ergebnis erwirtschaftet hat, daran denken, diesem ein Vorrecht auf die aufgelösten Rücklagen einzuräumen (siehe oben Fn. 662). 670 Insofern kommen alle Verteilungsregelungen in der vorliegenden Konstellation zum gleichen Ergebnis.

A. Die mitgliedschaftlichen Rechte einer Spartenaktie

207

um die internen Ergebnisse korrigierten externen Erfolge der Geschäftsbereiche ergeben. Weiter sind die eventuell aufgelösten Rücklagen auf die Ausschüttungssummen nach den Rücklagenanteilen der Sparten zu verteilen. 1

…3:5† Aus ˆ



1 SpEext

‡

h

1 SpEint

‡ AuflR ucklges  2

Aus ˆ



2 SpEext

‡

h



2 SpEint

2 SpEint

R uckl1 R ucklges

i

ER uckl

ges

ER uckl

ges



 1 ‡ SpE 1 SpEext int GesE

2 SpEint



 2 ‡ SpE 2 SpEext int GesE

1 SpEint



1 SpEint

i



 R uckl2 ‡ AuflR ucklges  R ucklges

!

!

Die Anpassung der Rücklagenanteile nach der Ausschüttung erfolgt durch die Verrechnung der Einstellungen in die Rücklagen, verteilt nach dem Verhältnis der um die internen Ergebnisse korrigierten externen Erfolge sowie durch die Subtraktion der aufgelösten Rücklagenanteile. …3:6†

 uckl1 ˆ ER AR ucklges 

 1 ‡ SpE 1 SpEext int GesE

2 SpEint

 uckl2 ˆ ER AR ucklges 

 2 ‡ SpE 2 SpEext int GesE

1 SpEint

! AuflR ucklges  !

 AuflR uckl 



R uckl1 R ucklges

R uckl2 R ucklges





Ist ein externes Ergebnis, korrigiert um die internen Erfolge, positiv, während 671 die entsprechende Meßgröße des anderen Geschäftsbereichs    negativ ist 1 1 2 2 2 1 SpEext ‡ SpEint SpEint > 0; SpEext ‡ SpEint SpEint < 0 , so steht das Gesamtergebnis, gemindert um die Einstellungen in die Rücklagen, ausschließlich dem erfolgreicheren Geschäftsbereich zur Ausschüttung zur Verfügung. Werden Rücklagen aufgelöst, so sind diese nach den Rücklagenanteilen zu verteilen.672 …3:7†

Aus1 ˆ GesE

ER ucklges ‡ AuflR ucklges 

Aus2 ˆ AuflR ucklges 



R uckl2 R ucklges



R uckl1 R ucklges





671 Der Fall, daß diese beiden Größen der Sparten einen negativen Wert aufweisen, kann nicht eintreten, da dann notwendigerweise das Gesamtergebnis ebenfalls negativ sein müßte, was gegen die Annahme eines Gesamtgewinnes verstoßen würde. 672 Unter der Annahme, daß sich bei Geschäftsbereich 1 eine positive Meßgröße und bei Geschäftsbereich 2 eine negative ergibt, gilt folgende Formel.

208

3. Kap.: Gestaltung der Satzungsregelungen in Deutschland

Bei der Anpassung der Rücklagen nach der Ausschüttung ist, wie schon bei den Verteilungsregelungen oben der Fall, der Verlust des Geschäftsbereichs, der bei der Ausschüttung nicht berücksichtigt werden konnte, summenneutral zu verrechnen. Dazu wird dieser Verlust, der der Differenz zwischen dem um die internen Ergebnisse korrigierten externen Ergebnis des erfolgreicheren Geschäftsbereichs und dem Gesamtergebnis des Unternehmens entspricht, vom Rücklagenanteil des verlustmachenden Geschäftsbereichs abgezogen und dem anderen Geschäftsbereich hinzugerechnet. Weiter sind die Einstellungen in die Rücklagen dem Anteil des erfolgreicheren Geschäftsbereichs zuzurechnen und die aufgelösten Rücklagen bei beiden Rücklagenanteilen zu verrechnen. (3.8)  uckl1 ˆ ERucklges ‡ AR n  uckl2 ˆ GesE AR

n

h 1 1 SpEext ‡ SpEint



2 SpEint

h 1 1 SpEext ‡ SpEint

i

2 SpEint

io

o



Ruckl1 Rucklges   R uckl1 AuflR ucklges  R ucklges

GesE

AuflRucklges 



(5) Würdigung der Verteilungsregelungen Alle drei dargestellten Verteilungsschemata führen zu einer Kopplung der Dividenden an die wirtschaftlichen Erfolge der Geschäftsbereiche. Um dieses Ergebnis zu erreichen, sind jedoch relativ umfangreiche Rechnungen notwendig. Von für alle Aktionäre ohne weiteres durchschaubaren Regelungen kann dabei wohl kaum gesprochen werden. Festgestellt werden kann jedoch, daß auf Basis einer Verteilungsregelung nach § 60 Abs. 3 AktG ein spartenorientiertes Dividendenrecht realisiert werden kann, das in den wesentlichen Punkten dieselbe Wirkung entfaltet, wie im Falle der Verwirklichung des tracking stock Konzepts in den USA. Trotz der ähnlichen Wirkung unterscheiden sich die beiden Regelungstechniken jedoch erheblich. Während in den USA das ,board of directors‘ alle wesentlichen Umstände in seine Überlegungen zur Dividendenhöhe einbeziehen kann, ergeben sich hier die Dividenden aus mathematischen Rechenoperationen, die allein durch die dort enthaltenen Variablen beeinflußt werden. Eine fallweise Veränderung der Dividendenverteilung aufgrund besonderer Umstände ist nicht möglich. Die Flexibilität der US-amerikanischen Realisation geht damit verloren. Weiter führen die hier entwickelten Verteilungsregelungen auf Grundlage des § 60 Abs. 3 AktG zu einer rechtlich verbindlichen Kopplung zwischen Dividendenhöhen und Gewinnen der entsprechenden Geschäftsbereiche. Gerade diese rechtlich bindende Kopplung existiert in den USA nicht.673 Dort steht den Aktionären letztlich kein durchsetzbares Recht darauf zu, daß die Dividenden den wirtschaftlichen Erfolg der Geschäftsbereiche widerspiegeln. Das ,board of directors‘ kann vielmehr weiterhin nach seinem Ermessen 673

Vgl. dazu oben Erstes Kapitel: B.II.1.b)dd)(1).

A. Die mitgliedschaftlichen Rechte einer Spartenaktie

209

ohne Berücksichtigung besonderer Umstände über die Ausschüttung entscheiden. Die deutsche Variante des tracking stock Konzepts geht damit in ihrer rechtlichen Wirkung weit über das hinaus, was in den USA durch die Regelungen in den ,certificates of incorporation‘ realisiert wird. Betrachtet man die Verteilungsregelungen, so fällt weiter auf, daß eine vollständige Entkopplung der Ausschüttungen auf beide Gattungen, so, als wenn die Unternehmensteile in zwei eigenständigen vollkommen unabhängigen Gesellschaften organisiert wären, nicht gelingen kann. Die externen Verluste des einen Geschäftsbereichs mindern notwendigerweise den für die Aktien des anderen zur Verfügung stehenden Ausschüttungsbetrag. Zwar wird dieser Tatsache dadurch Rechnung getragen, daß in der entsprechenden Höhe Rücklagen von einem auf den anderen Geschäftsbereich übertragen werden. Dies kann jedoch die Verknüpfung zwischen den Schicksalen der beiden Geschäftsbereiche nicht aufheben. Ohne weiteres kann der externe Verlust eines Geschäftsbereichs dazu führen, daß auch die Aktionäre der anderen Sparte trotz eines positiven externen Ergebnisses ihres Bereichs keine Ausschüttung für das Geschäftsjahr erhalten. Werden weiter die Gewinnrücklagen nicht wieder aufgelöst, sondern verbleiben sie vielmehr im Unternehmen, so kann das Ausschüttungsinteresse der betroffenen Aktionäre empfindlich beeinträchtigt werden. Vergleicht man die Auswirkungen der drei Verteilungsregelungen auf die Dividendenhöhen, so kann weiter festgestellt werden, daß Verteilungsregelung I im Verhältnis zu den anderen beiden Regelungen zu einem dividendenglättenden Effekt führen wird. Dies schon deshalb, da die Anteile der Geschäftsbereiche an den Gesamtrücklagen im Zeitablauf weit geringeren Schwankungen unterliegen werden als die Jahresergebnisse der Sparten. Der dividendenglättende Effekt ist wohl als Vorteil von Verteilungsregelung I anzusehen. Problematisch kann das Abstellen auf die Rücklagenanteile jedoch dann werden, wenn einer der Geschäftsbereiche erst in jüngere Zeit aufgebaut wurde und deshalb noch nicht oder nur unwesentlich zur Bildung von Rücklagen beigetragen hat. In einem derartigen Fall würden sich die Ausschüttungen auf diese junge Aktiengattung trotz u.U. erheblicher Gewinne nur sehr langsam erhöhen, was für die Aktionäre dieser Spartengattung wohl kaum einsichtig sein dürfte. Vor dem Hintergrund der oben dargestellten Annahmen674 weist die Verteilungsregelung II weiterhin ein Problem auf. Gefordert wurde eine grundsätzliche Gleichbehandlung interner und externer Erfolge. Interne Gewinne oder Verluste werden jedoch in der Verteilungsregelung II nicht bei der Berechnung der Ausschüttungen berücksichtigt, sondern gehen allein in die Rücklagenanteile ein. Verteilungsregelung I und III sind hinsichtlich der Gleichbehandlung interner und externer Ergebnisse konsequenter und stehen damit eher in Einklang mit den zu Beginn festgelegten Bedingungen. 674

Vgl. oben Drittes Kapitel: A.I.1.b)bb)(3).

14 Nolte

210

3. Kap.: Gestaltung der Satzungsregelungen in Deutschland

Zusammenfassend erscheint möglich, eine Gewinnverteilungsregelung für eine Aktiengesellschaft zu entwickeln, die im wesentlichen die Ausschüttungsergebnisse liefert, die in den USA unter völlig anderen Bedingungen erreicht werden. Im Vergleich zu den USA kommt dabei jedoch die Flexibilität, wie sie aus dem Ermessen des ,board of directors‘ resultiert, abhanden.

dd) Überblick über mögliche Variationen der Verteilungsregelungen Die oben dargestellten Verteilungsregelungen für eine Aktiengesellschaft mit tracking stock Struktur stellen lediglich Grundformen dar. Denkbar sind darüber hinaus Kombinationen mit anderen Verteilungsgrundsätzen, die bereits in den Regelungen des Aktiengesetzes angelegt sind. Zum einen kommt eine Kombination mit dem am Grundkapital orientierten System des § 60 Abs. 1 AktG und zum anderen eine Verbindung mit einem Gewinnvorzug, wie ihn § 139 Abs. 1 AktG für Vorzugsaktien ohne Stimmrecht vorsieht, in Betracht. Daneben könnte wie in den USA ein Regelung aufgenommen werden, die es ermöglicht, daß sich ein Geschäftsbereich an einem anderen beteiligt (sog. ,retained interest‘). (1) Kombination mit einer Verteilung nach Grundkapitalanteilen Eine weit weniger enge Verknüpfung zwischen Spartenergebnis und Dividendenhöhe könnte bei einer Kombination der spartenorientierten Gewinnverteilung mit einer am Anteil am Grundkapital orientierten Verteilung erreicht werden. Dazu wäre ein festgelegter Betrag der Ausschüttungssumme, sei er absolut oder prozentual als Bruchteil des Jahresüberschusses bestimmt, ohne Berücksichtigung der Gattungszugehörigkeit der Aktien nach Anteilen am Grundkapital zu verteilen. Der Rest des Ausschüttungsbetrages käme dann nach einer der obigen spartenorientierten Regelungen den beiden Aktiengattungen zu unterschiedlichen Teilen zugute. Sicherzustellen wäre dabei, daß die Unterscheidung der beiden Teile des Jahresübschusses in einen nach Grundkapitalanteilen und einem nach Spartenergebnissen zu verteilenden Betrag auch bei einer Einstellung in Rücklagen nicht umgangen würde. Ansonsten hingen die Anteile, die den jeweiligen Aktiengattungen zugute kämen, von der Art der Verwendung des Jahresüberschusses ab. Aus diesem Grund wäre bei einer Einstellung des Jahresüberschusses in Rücklagen der eine Teil gleichmäßig nach den Anteilen der beiden Gattungen am Grundkapital auf die Rücklagenanteile zu verteilen und der andere Teil den Rücklagenanteilen analog zu den obigen spartenorientierten Regelungen den Geschäftsbereichen gutzuschreiben. Eine derartige kombinierte Gewinnverteilungsregelung brächte Vorteile als auch umgekehrt bestimmte Nachteile mit sich. In dem Fall, daß ein Geschäftsbereich keinen Gewinn erwirtschaftet, würde sie dazu führen, daß die Aktionäre dieser Spartengattung eine – wenn auch im Vergleich mit der anderen Gattung geringere – Dividende erhalten würden. Zwar wäre damit wohl die Identifikation der Aktio-

A. Die mitgliedschaftlichen Rechte einer Spartenaktie

211

näre mit dem Gesamtunternehmen im Vergleich mit einem Unternehmen mit rein spartenorientierter Verteilung größer, da die Anteilseigner wenigsten zu einem Teil am Gesamtgewinn teilhätten. Es darf aber nicht übersehen werden, daß die anteilsbezogene Verteilung einen Fremdkörper im Rahmen des tracking stock Konzepts darstellen würde. Das Ziel, die wirtschaftlichen Mitgliedschaftsrechte an die wirtschaftliche Entwicklung eines Geschäftsbereichs zu koppeln, könnte in einem solchen Fall wohl nicht erreicht werden. Für die Kapitalmärkte wäre eine Bewertung der Aktiengattungen aufgrund der extrem komplexen Dividendenberechnung erheblich erschwert. (2) Kombination mit einer Vorzugsdividende Eine weitere Möglichkeit für eine Variation der spartenorientierten Verteilungskonzepte wäre die Kombination mit einem Dividendenvorzug wie ihn schon § 139 Abs. 1 AktG für Vorzugsaktien ohne Stimmrecht vorsieht. Dazu müßte gewährleistet werden, daß die betreffende Gattung bei der Ausschüttung des von der Hauptversammlung beschlossenen Betrages bevorzugt behandelt würde. Würden Teile des Jahresüberschusses in Rücklagen eingestellt und reichte damit der Ausschüttungsbetrag nicht aus, um gleichermaßen die Ansprüche beider Aktiengattungen zu befriedigen, so dürfte der Ausschüttungsbetrag nicht nach den obigen Regelungen auf die Gattungen verteilt werden. Es wäre vielmehr sicherzustellen, daß die bevorrechtigte Gattung zuerst den ihr garantierten Ausschüttungsbetrag erhielte. Dieser Betrag könnte absolut oder als Bruchteil des dieser Gattung zustehenden Teils des Jahresüberschusses definiert werden. Im Extremfall könnte der bevorzugten Gattung der Betrag garantiert werden, der ihr bei vollständiger Ausschüttung des Jahresüberschusses zugestanden hätte. Erst wenn nach Vorwegabzug dieses garantierten Betrages noch ein Rest verbliebe, könnte dieser auf die andere Aktiengattung ausgeschüttet werden. Läge ein verteilungsfähiger Ausschüttungsbetrag jedoch nicht vor, sei es weil ein Jahresfehlbetrag erwirtschaftet wurde oder der Jahresüberschuß komplett in Rücklagen eingestellt wurde, so würden freilich auch die bevorzugten Aktionäre leer ausgehen. Abhilfe könnte nur durch zweierlei Maßnahmen geschaffen werden. Zum einen könnte die Hauptversammlung durch eine Satzungsbestimmung gezwungen werden, einen bestehenden Bilanzgewinn zumindest in Höhe der der bevorrechtigten Gattung garantierten Dividendensumme auszuschütten.675 Zum anderen könnten die bevorzugten Spartenaktien mit einem Nachbezugsrecht auf ausgefallene Dividenden nach dem Vorbild des § 139 Abs. 1 AktG ausgestattet 675 Ob ein solches Gebot bereits § 139 Abs. 1 AktG entnommen werden kann, soll hier dahinstehen (vgl. zu diesem Streit ausführlich T. Bezzenberger, Vorzugsaktien, S. 47 ff. m. w. N.) Mit der herrschenden Meinung ist nämlich davon auszugehen, daß ein solcher Ausschüttungszwang zumindest durch die Satzung angeordnet werden kann, da § 58 Abs. 3 AktG insofern nicht abschließend ist (vgl. GK / Barz3, § 58 Anm. 21; T. Bezzenberger, Vorzugsaktien, S. 48; GHEK / Hefermehl / Bungeroth, § 58 Rn. 99).

14*

212

3. Kap.: Gestaltung der Satzungsregelungen in Deutschland

werden.676 Dies würde dazu führen, daß zumindest in den folgenden Geschäftsjahren ausgefallene Dividenden der bevorrechtigten Gattung ausgeschüttet werden müßten. Dies könnte auch für den Fall, daß Verluste des anderen Geschäftsbereichs zum Ausfall der Dividende beigetragen haben, eine sachgerechte Lösung darstellen. Eine bedenkenswerte Alternative wäre die Kombination mit einem Dividendenvorrecht insbesondere in den Fällen, in denen in einem großen Unternehmen für einen im Vergleich zum verbleibenden Rest recht kleinen Geschäftsbereich Spartenaktien ausgegeben werden. Hier bestünde grundsätzlich die Gefahr, daß die Ausschüttungsinteressen der Aktionäre der kleinen Gattung von der Mehrheit der Aktionäre beeinträchtigt würden.677 Ein Vorzug bei der Gewinnverteilung könnte dies verhindern. (3) Beteiligung im Sinne eines ,retained interest’ Möchte man erreichen, daß sich ein Geschäftsbereich an einem anderen beteiligen kann und auf diese Weise an den Gewinnen dieses Bereichs partizipiert, wie es in den USA mittels der Regelungen zum ,retained interest‘ möglich ist, so bedarf es einer Modifikation der obigen Verteilungsregelungen. In Höhe der Beteiligungsquote, die im folgenden mit ,Bq‘ abgekürzt werden soll, wären die Gewinne und auch Verluste des einen Geschäftsbereichs dem anderen zuzurechnen. Dies gilt jedoch nur für den Erfolg des betreffenden Geschäftsjahres. Würden Rücklagen aufgelöst, so müßten diese ohne Berücksichtigung der internen Beteiligung verteilt werden, da es ansonsten zu einer Doppelverbuchung käme. Die Beteiligungsquote könnte bereits bei Einführung der tracking stock Struktur festgelegt werden, ließe sich bei entsprechenden Satzungsregelungen jedoch auch nach US-amerikanischem Vorbild im Rahmen von größeren Kapitaltransfers, die nicht als Darlehen verbucht werden sollen, sondern bei denen als Gegenleistung für das zur Verfügung gestellte Kapital eine Gewinnbeteiligung gewährt werden soll, angepaßt werden. Die zur Realisation eines ,retained interest‘ notwendige Modifikation der Verteilungsregelungen würde sich wie folgt darstellen. Angenommen wird, daß Geschäftsbereich 2 in Höhe von ,Bq‘ an Geschäftsbereich 1 beteiligt ist. Weiter wird zur Vereinfachung unterstellt, daß der jeweilige Geschäftsbereich allein an den externen Erfolgen des anderen und nicht auch noch an den internen Erfolgen beteiligt 1 ist an jeder Stelle, an der sie in den Verteiwerden soll. Die Variable SpEext  obigen  1 1 lungsregelungen Verwendung findet, durch den Term SpEext SpEext  Bq zu 2 ersetzen. Entsprechendes   gilt für die Variable SpEext an deren Stelle der Ausdruck 2 1 SpEext ‡ SpEext  Bq tritt. Dies gilt unabhängig davon, ob das Gesamtergebnis Vgl. dazu auch Tonner, Tracking Stocks, S. 67 ff. Vgl. zu den sich stellenden Interessengegensätzen bereits oben Erstes Kapitel: B.II.2.a)aa) sowie unten Viertes Kapitel: B.I.2. 676 677

A. Die mitgliedschaftlichen Rechte einer Spartenaktie

213

oder die entsprechenden externen Spartenergebnisse negativ oder positiv sind. Nach der Modifikation kommen Geschäftsbereich 2 in Höhe der Beteiligungsquote die Gewinne des Geschäftsbereichs 1 zugute. Folgerichtig treffen diesen jedoch auch die Verluste des anderen Geschäftsbereichs. Im Ergebnis ist damit auf Grundlage der hier entwickelten Verteilungsregelungen auch eine Realisation eines ,retained interest‘ nach dem Vorbild der US-amerikanischen Unternehmen mit tracking stock Struktur möglich.

ee) Überblick über die Gewinnverteilung bei drei und mehr Geschäftsbereichen Die Anwendbarkeit der dargestellten Verteilungsregelungen ist nicht allein auf den Fall der Existenz von nur zwei Geschäftsbereichen beschränkt. Auch bei drei und mehr Sparten lassen sich aus den obigen Grundstrukturen Regelung entwickeln, die zu interessengerechten Ergebnissen führen. Dargestellt werden soll dies anhand eines kurzen Überblicks über die notwendigen Modifikationen bei drei Geschäftsbereichen. Für jeden Geschäftsbereich ist weiterhin ein externes und ein internes Ergebnis zu ermitteln. Die Summe der externen Spartenergebnisse ergibt das Gesamtergebnis. …4:1† ‰vgl: oben …1†Š

1 2 3 SpEext ‡ SpEext ‡ SpEext ˆ GesE

Die Summe der Ausschüttungen und Einstellungen in die Rücklagen aller Geschäftsbereiche muß weiterhin dem Gesamtergebnis der Gesellschaft entsprechen. …4:2† ‰vgl: oben …3†Š

 uckl1 ‡ AR  uckl2 ‡ AR  uckl3 ˆ GesE Aus1 ‡ Aus2 ‡ Aus3 ‡ AR

Die Summe der Änderungen der Rücklagenanteile der Geschäftsbereiche muß der Veränderung der Rücklagen der Gesellschaft entsprechen. …4:3† ‰vgl: oben …5†Š

 uckl1 ‡ AR  uckl2 ‡ AR  uckl3 ˆ AR  ucklges AR

Werden Rücklagen aufgelöst, so werden diese entsprechend den Rücklagenanteilen auf die Ausschüttungen der Geschäftsbereiche verteilt und die Rücklagenanteile danach angepaßt. …4:4† ‰vgl: oben …9†Š

 R uckl1 R ucklges   R uckl2 ucklges  Aus2 ˆ AuflR R ucklges   R uckl3 Aus3 ˆ AuflR ucklges  R ucklges

Aus1 ˆ AuflR ucklges 



214

3. Kap.: Gestaltung der Satzungsregelungen in Deutschland

…4:5† ‰vgl: oben …10†Š

 uckl1 ˆ AR

AuflR ucklges 

 uckl2 ˆ AR

AuflR ucklges 

 uckl3 ˆ AR

AuflR ucklges 

  

R uckl1 R ucklges R uckl2 R ucklges R uckl3 Rucklges

  

Die Verrechnung der internen Ergebnisse gestaltet sich etwas komplizierter als im Falle von zwei Geschäftsbereichen. Die Erfassung der bloßen internen Ergebnisse reicht nicht mehr aus. Vielmehr ist zu berücksichtigen, zwischen welchen Geschäftsbereichen sich die jeweiligen Transaktionen abgespielt haben. Für jeden Geschäftsbereich sind im Verhältnis zu den anderen Bereichen separate interne Ergebnisse zu ermitteln, die das Resultat der Transaktionen zwischen diesen erfassen. Die Darstellung dieser internen Ergebnisse soll am Beispiel von Geschäftsbereich 1 und dessen Verhältnis zu Geschäftsbereich 3 wie folgt realisiert werden: 1…1 3† SpEint . Die summenneutrale Verrechnung der internen Ergebnisse im Fall von drei Geschäftsbereichen erfolgt damit wie nachstehend: (4.6) [vgl. oben (8)] Veränderung der Rücklagenanteile Sparte 1:    1…1 2† 2…2 1† 1…1 3† ‡ SpEint SpEint SpEint

SpEint

Veränderung der Rücklagenanteile Sparte 2:    2…2 1† 1…1 2† 2…2 3† ‡ SpEint SpEint SpEint

SpEint

Veränderung der Rücklagenanteile Sparte 3:    3…3 1† 1…1 3† 3…3 2† SpEint ‡ SpEint SpEint

SpEint

3…3 1†



3…3 2†



2…2 3†



Bei der Erstellung der Verteilungsregelungen ist weiterhin zu berücksichtigen, daß die Zahl der zu unterscheidenden Fälle erheblich ansteigt. Auf der ersten Ebene ist weiterhin zwischen einem positiven und negativen Gesamtergebnis zu unterscheiden. Im Falle, daß ein Gesamtgewinn vorliegt, sind danach die Variationen zu berücksichtigen, in denen die jeweils relevanten Ergebnisse der drei Geschäftsbereiche positiv und negativ werden können. Am Beispiel von Verteilungsregelung I sind dies die Fälle:678 678 Von einer Berücksichtigung der Fälle, in denen die jeweiligen Größen gleich Null sind, wird abgesehen.

A. Die mitgliedschaftlichen Rechte einer Spartenaktie

215

1 2 3 SpEext > 0; SpEext > 0; SpEext >0

…4:7†

1 2 3 < 0; SpEext > 0; SpEext >0 SpEext 1 2 3 SpEext > 0; SpEext < 0; SpEext >0 1 2 3 SpEext > 0; SpEext > 0; SpEext 0 1 2 3 SpEext > 0; SpEext < 0; SpEext 0; SpEext