Polizeikosten im Profifußball: Unter besonderer Berücksichtigung von § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG [1 ed.] 9783428555222, 9783428155224

Bislang werden die Kosten für Polizeieinsätze bei Profifußballspielen zu einem weit überwiegenden Teil aus den Landeshau

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Polizeikosten im Profifußball: Unter besonderer Berücksichtigung von § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG [1 ed.]
 9783428555222, 9783428155224

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Beiträge zum Sportrecht Band 53

Polizeikosten im Profifußball Unter besonderer Berücksichtigung von § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG

Von

Marius Mayer

Duncker & Humblot · Berlin

MARIUS MAYER

Polizeikosten im Profifußball

Beiträge zum Sportrecht Herausgegeben von Kristian Kühl, Udo Steiner und Klaus Vieweg

Band 53

Polizeikosten im Profifußball Unter besonderer Berücksichtigung von § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG

Von

Marius Mayer

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Philipps-Universität Marburg hat diese Arbeit im Jahre 2018 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2018 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Ochsenfurt-Hohestadt Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 1435-7925 ISBN 978-3-428-15522-4 (Print) ISBN 978-3-428-55522-2 (E-Book) ISBN 978-3-428-85522-3 (Print & E-Book)

Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meiner Familie und Carina

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2017 / 2018 an der PhilippsUniversität Marburg als Dissertation angenommen. Für die Veröffentlichung konnte die Entscheidung des OVG Bremen, Urteil vom 5. Februar 2018 – 2 LC 139/17, zur Rechtmäßigkeit eines ersten auf § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG gestützten Gebührenbescheids noch berücksichtigt werden. Weitere Rechtsprechung und Literatur sind bis Mai 2018 berücksichtigt. Mein besonderer Dank gilt zunächst meiner Doktormutter, Frau Prof. Dr. Monika Böhm, die diese Arbeit hervorragend betreut und durch wertvolle Anregungen gefördert hat. Dank gebührt auch Herrn Prof. Dr. Sebastian Müller-Franken für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens. Für die Aufnahme dieser Arbeit in die vorliegende Schriftenreihe danke ich Herrn Prof. Dr. Klaus Vieweg, Herrn Prof. Dr. Udo Steiner, Richter am Bundesverfassungsgericht a.D., und Herrn Professor Dr. iur. Dr. phil. Dres. h.c. Kristian Kühl. Mein größter Dank gilt meiner Freundin Carina Böning sowie meiner Familie, allen voran meinen Eltern Annette und Matthias und meinen Geschwistern Isabelle und Julius für ihre vorbehaltlose Unterstützung – ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Frankfurt am Main, im Juli 2018

Marius Mayer

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 A. Einführung in die Thematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 B. Fragestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 C. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Erster Teil Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

26

§ 1 Störer im Umfeld von Fußballspielen: Ultras, Fans und Hooligans? . . . . . . . . . . . . 26 A. Die Situation in den Anfangsjahren des deutschen Fußballs . . . . . . . . . . . . . . . . 26 B. „Fußballfans“ – eine jugendliche Subkultur entsteht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 I. Auswirkungen auf die Sicherheitslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 II. Blick auf die polizeiliche Einsatzkonzeption in den 1970er und frühen 1980er Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 C. Der Hooliganismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 I. Modifizierung der Einsatz- und Sicherheitskonzeptionen . . . . . . . . . . . . . . 32 II. Abkehr der Hooligans vom Stadionbesuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 D. Ultras – „das neue und bestimmende Gewaltphänomen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 I. Entwicklung der Ultras in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 II. Charakteristika der deutschen Ultras . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 1. Pyrotechnik als Ausdrucksmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 2. Verhältnis zur Gewaltanwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 3. Gesellschaftliches Engagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 4. Berührungspunkte mit Hooligans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 5. Konflikte mit der (Bereitschafts-)Polizei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 § 2 Ursachen der Auseinandersetzungen im Umfeld von Fußballspielen . . . . . . . . . . . . 45 A. Erklärungsansätze für historische Zuschauergewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 B. Modifizierung der Erklärungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 § 3 Gefahrenabwehrrechtliche Beurteilung der Vorfälle im Zusammenhang mit der Austragung von Fußballspielen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 A. Auseinandersetzungen bei An- und Abreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 I. Beispiele aus der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

8

Inhaltsverzeichnis II. (Straf-)Rechtliche Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 B. Das „Abziehen“ von Fanartikeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 I. Beispiele aus der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 II. (Straf-)Rechtliche Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 C. Passivbewaffnung und Vermummungsutensilien – „Fanoutfits“ am Spieltag . . . 60 I. Beispiele aus der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 II. (Straf-)Rechtliche Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 D. Übergriffe abseits der Spieltage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 I. Beispiele aus der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 II. (Straf-)Rechtliche Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 E. Die „Meisterschaftskämpfe“ der Hooligans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 I. Beispiele aus der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 II. (Straf-)Rechtliche Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 F. Straftaten im Stadion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 I. Gebrauch von Pyrotechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 II. Inkriminierte Fangesänge – ein neues strafrechtliches Handlungsfeld? . . . 67 III. Rechtswidriger Besuch von Spielen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 G. „Reviermarkierung“ im öffentlichen Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 I. Beispiele aus der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 II. (Straf-)Rechtliche Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 H. Gewaltaufrufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 I. Beispiele aus der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 II. (Straf-)Rechtliche Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

§ 4 Entwicklung der Sicherheitslage im deutschen Profifußball . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 A. Einführung in die Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 I. Anzahl eingeleiteter Strafverfahren an Spieltagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 1. Entwicklung von 1999 bis 2017 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 2. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 a) Entwicklung der „fantypischen“ Delikte von 1999 bis 2017 . . . . . . . 75 b) Rückschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 II. Verletzte Personen an Spieltagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 1. Entwicklung der Verletztenzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 2. Vergleich mit anderen Großveranstaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 III. Störeranzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 IV. Freiheitsentziehende/-beschränkende Maßnahmen an Spieltagen . . . . . . . . 87 B. Erkenntnisgewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 § 5 Polizeiliche Einsatzkonzeption und -belastung bei Profifußballspielen . . . . . . . . . . . 93 A. Entwicklung der Einsatzstunden von 1999 bis 2017 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

Inhaltsverzeichnis

9

B. Einsatzkonzeption am Spieltag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 I. Fußballspiele als besondere polizeiliche Herausforderung . . . . . . . . . . . . . 97 1. Ablauf der Einsatzplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 2. Gefährdungsbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 a) Informationsgewinnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 aa) Erhebung personenbezogener Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 bb) Nachrichtendienstliche Ermittlungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . 106 b) Informationsspeicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 aa) Datei „Gewalttäter Sport“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 bb) „SKB-Datenbanken“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 II. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 § 6 Der Beitrag der Fußballveranstalter zur Gewährleistung der Sicherheit . . . . . . . . . . 112 A. Die Organisation des Profifußballs in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 B. Die einzelnen Beiträge der Fußballveranstalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 I. Maßnahmen von DFB, DFL e. V. und DFL GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 1. Ausbau der Kooperation in Sicherheitsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 2. Risikovorsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 a) Sicherheitsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 b) Überprüfung der Spielstätten und des Sicherheitsmanagements . . . . 118 3. Sportgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 4. Bewertung der Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 II. Maßnahmen der Fußballvereine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 1. Versuch der Einwirkung auf die eigenen Anhänger . . . . . . . . . . . . . . . . 121 2. Finanzielle Investitionen im Sicherheitsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 3. Bewertung der Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 III. Stadionverbote und „Fanausschlüsse“ – Verlagerung der Gewalt in die Öffentlichkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 1. Festsetzung von Stadionverboten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 a) Rechtliche Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 b) Auswirkungen auf die Sicherheitslage im öffentlichen Raum . . . . . . 127 2. Fanausschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 a) (Verbands-)Rechtliche Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 b) Auswirkungen auf die Sicherheitslage im öffentlichen Raum . . . . . . 133 § 7 Ergebnis des ersten Teils und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 A. Ergebnis und Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 B. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 I. Verbot gewaltbereiter Fangruppierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 II. Ausbau der europäischen Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

10

Inhaltsverzeichnis Zweiter Teil Umfang und Grenzen der Beteiligung der Fußballveranstalter an den polizeilichen Einsatzkosten

149

§ 8 Einführung in die Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 § 9 Polizeirechtlicher Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 A. Gefahren für die öffentliche Sicherheit bei Fußballveranstaltungen . . . . . . . . . . . 155 B. Fußballveranstalter als Störer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 I. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 II. Störereigenschaft bei unzureichenden Sicherungsmaßnahmen . . . . . . . . . . 161 III. Störereigenschaft bei ausreichenden Sicherungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . 164 1. Auffassungen innerhalb der Unmittelbarkeitstheorie . . . . . . . . . . . . . . . 164 a) Fußballveranstalter als Zweckveranlasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 b) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 2. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 C. Polizeirechtliche Sekundärebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 § 10 Gebührenrechtlicher Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 A. Der Bremer Vorstoß: § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 I. Gesetzeshistorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 II. Gesetzgebungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 III. Verfassungsrechtliche Begrenzung der Gebührenerhebung im Bereich der Gefahrenabwehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 1. Steuerstaatsprinzip und Staatsaufgabenlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 IV. Finanzverfassungsrechtliche Anforderungen an die Gebührenerhebung . . . 190 1. Sachliche Gebührenpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 2. Persönliche Gebührenpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 a) Veranlassung der Bereitstellung der zusätzlichen Polizeikräfte . . . . . 193 b) Zufließen eines besonderen Vorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 aa) Einsparen von Sicherheitsaufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 bb) Gewährleistung des Ablaufs der Veranstaltung . . . . . . . . . . . . . . 200 (1) Faktischer Sicherheitsvorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 (2) Ermöglichung eines störungsfreien Verlaufs . . . . . . . . . . . . . 205 3. Äquivalenz- und Kostendeckungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 V. Vereinbarkeit mit Freiheitsgrundrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 1. Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . 209 2. Art. 8 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 3. Art. 9 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216

Inhaltsverzeichnis

11

VI. Vereinbarkeit mit dem Allgemeinen Gleichheitsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . 218 1. Grundsatz der Belastungsgleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 2. Ungleichbehandlung zu kleineren und nicht-kommerziellen Veranstaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 3. Irrtümliche Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 VII. Hinreichende Bestimmtheit der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 1. Abgabeobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 a) Erfahrungsgemäß zu erwartende Gewalthandlungen . . . . . . . . . . . . . 222 aa) Prognoseentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 bb) Begriff der Gewalthandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 b) Räumlicher und zeitlicher Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 c) Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 2. Abgabesubjekt und Frage nach der Veranstaltereigenschaft . . . . . . . . . . 230 3. Bemessungsgrundlage und Abgabesatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 VIII. Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 B. Ergebnis des zweiten Teils und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 I. Ergebnis § 9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 II. Ergebnis § 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 III. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 § 11 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277

Abkürzungsverzeichnis a. A./A. A. ABl. Abs. ACAB a. F. AG AllKostV Alt. Art. ATDG Aufl. Az. BAG BAGE BayRDG BayRS BayVBl Bd. Beck-OK BeckRS ber. Beschl. BGB BGBl BGebG BGH BGHSt BGHZ BKA BKA-DV BKAG BKartA BPolG BremGebBeitrG BremPolG BRJ BT BVerfG

andere Ansicht Amtsblatt Absatz All Cops Are Bastards alte Fassung Aktiengesellschaft Allgemeine Kostenverordnung Alternative Artikel Gesetz zur Errichtung einer standardisierten zentralen Antiterrordatei von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten von Bund und Ländern Auflage Aktenzeichen Bundesarbeitsgericht Sammlung der Entscheidungen des BAG Bayerisches Rettungsdienstgesetz Bayerische Rechtssammlung Bayerische Verwaltungsblätter Band Beck’scher Online-Kommentar Beck-Rechtsprechung berichtigt Beschluss Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Gesetz über Gebühren und Auslagen des Bundes Bundesgerichtshof Sammlungen der Entscheidungen des BGH in Strafsachen Sammlung der Entscheidungen des BGH in Zivilsachen Bundeskriminalamt Verordnung über die Art der Daten, die nach den §§ 8 und 9 des BKAG gespeichert werden dürfen Gesetz über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten Bundeskartellamt Bundespolizeigesetz Bremisches Gebühren- und Beitragsgesetz Bremisches Polizeigesetz Bonner Rechtsjournal Bundestag Bundesverfassungsgericht

Abkürzungsverzeichnis BVerfGE BVerwG BVerwGE bzw. ca. CaS CDU CR d. ders. DFB DFB-SiRL DFB-SVRL DFL e. V. DFL GmbH dies. Dok. DÖV Drs. DVBl DVP ebd. EG Einf. et. al. e. V. f. FAZ FDP FD-StrafR ff. FIFA Fn. FS GdP GewArch GG ggf. GmbH GRUR GV. GVBl HDSG HE Herv. HessVerfSchG HessVwKostO-MdIS

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Sammlung der Entscheidungen des BVerfG Bundesverwaltungsgericht Sammlung der Entscheidungen des BVerwG beziehungsweise circa Causa Sport Christlich Demokratische Union Deutschlands Computer und Recht durch derselbe Deutscher Fußball-Bund e. V. Richtlinien zur Verbesserung der Sicherheit bei Bundesspielen Richtlinien zur einheitlichen Behandlung von Stadionverboten DFL Deutsche Fußball Liga e. V. DFL Deutsche Fußball Liga GmbH dieselbe, dieselben Dokument Die Öffentliche Verwaltung Drucksache Deutsche Verwaltungsblätter Deutsche Verwaltungspraxis ebenda Europäische Gemeinschaft Einführung et alii (und andere) eingetragener Verein folgende [Seite] Frankfurter Allgemeine Zeitung Freie Demokratische Partei Fachdienst Strafrecht folgende [Seiten] Fédération Internationale de Football Association Fußnote Festschrift Gewerkschaft der Polizei Gewerbearchiv Grundgesetz gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gesetz- und Verordnungsblatt Gesetz- und Verordnungsblatt Hessisches Datenschutzgesetz Hessen Hervorhebung Gesetz über das Landesamt für Verfassungsschutz (Hessen) Verwaltungskostenordnung für den Geschäftsbereich des Ministeriums des Innern und für Sport vom 07. 06. 2013 (Hessen)

14 h. M. Hrsg. HSOG HStR HVwKostG IMKostVO M-V

Abkürzungsverzeichnis

herrschende Meinung Herausgeber Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung Handbuch des Staatsrechts Hessisches Verwaltungskostengesetz Verordnung über Kosten im Geschäftsbereich des Ministeriums für Inneres und Europa (Mecklenburg-Vorpommern) InkostV Kostenverordnung für die Innere Verwaltung (Bremen) insb. insbesondere IUR Informationsdienst Umweltrecht i. V. m. in Verbindung mit JA Juristische Arbeitsblätter JR Juristische Rundschau JURA Juristische Ausbildung jurisPR-BGH-ZivilR juris PraxisReport BGH-Zivilrecht jurisPR-WettbR juris PraxisReport Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht JuS Juristische Schulung JZ Juristenzeitung KGaA Kommanditgesellschaft auf Aktien KJ Kritische Justiz KOS Koordinationsstelle der Fanprojekte KSzW Kölner Schrift zum Wirtschaftsrecht LG Landgericht Ligaverband Die Liga – Fußballverband e. V. LIS Landesinformationsstellen Sporteinsätze LKRZ Zeitschrift für Landes- und Kommunalrecht LKV Landes- und Kommunalverwaltung LMK Kommentierte BGH-Rechtsprechung LMuR Lebensmittel & Recht LO Lizenzierungsordnung LSA Land Sachsen-Anhalt m. Anm. mit Anmerkung MDR Monatsschrift für Deutsches Recht MSchrKrim Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform MVStättV Musterverordnung über den Bau und Betrieb von Versammlungsstätten m. w. Nachw. mit weiteren Nachweisen NASS Nationaler Ausschuss Sport und Sicherheit NdsVBl Niedersächsische Verwaltungsblätter n. F. neue Fassung NJOZ Neue Juristische Online-Zeitschrift NJW Neue Juristische Wochenschrift NK Neue Kriminalpolitik NKSS Nationales Konzept Sport und Sicherheit NordÖR Zeitschrift für öffentliches Recht in Norddeutschland Nr. Nummer NRW Nordrhein-Westfalen NStZ Neue Zeitschrift für Strafrecht NStZ-RR Neue Zeitschrift für Strafrecht – Rechtsprechungsreport

Abkürzungsverzeichnis NVwZ NVwZ-RR NWVBl NZG NZI NZKart NZV o. J. OLG OVG OWiG PAG PolGBW Rn. RuVO RW S. SächsVBl SKB sog. SPD SpOL SprengG SprengV SpuRt StAnz. StGB StPO StudZR – WissOn StVG u. a. UEFA UrhG Urt. v. Var. VBlBW v. Chr. VereinsG Verf. VersG VerwArch VG VGH vgl.

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Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht – Rechtsprechungsreport Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für Insolvenzrecht Neue Zeitschrift für Kartellrecht Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht ohne Jahr Oberlandesgericht Oberverwaltungsgericht Ordnungswidrigkeitengesetz Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei Polizeigesetz (Baden-Württemberg) Randnummer Rechts- und Verfahrensordnung Rechtswissenschaft Seite/Satz (nur im Zusammenhang mit Rechtsnormen oder Vertragsklauseln) Sächsische Verwaltungsblätter Szenekundiger Beamter, Szenekundige Beamte sogenannte Sozialdemokratische Partei Deutschlands Spielordnung der DFL e. V. Gesetz über explosionsgefährliche Stoffe Verordnung zum Sprengstoffgesetz Zeitschrift für Sport und Recht Staatsanzeiger Strafgesetzbuch Strafprozessordnung Studentische Zeitschrift für Rechtswissenschaft Heidelberg – Wissenschaft Online Straßenverkehrsgesetz unter anderem Union des Associations Européennes de Football Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte Urteil vom Variante Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg vor Christus Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts Verfasser Gesetz über Versammlungen und Aufzüge Verwaltungsarchiv Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof vergleiche

16 VO VR VwGO VwKostG WiSt WM WUW ZD ZIP ZIS ZJS ZRP ZUM ZVR-Online

Abkürzungsverzeichnis Verordnung Verwaltungsrundschau Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungskostengesetz (Bund) Wirtschaftswissenschaftliches Studium Wertpapier-Mitteilungen. Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht Wirtschaft und Wettbewerb Zeitschrift für Datenschutz Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze Zeitschrift für das Juristische Studium Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht Zeitschrift für Verwaltungsrecht Online

Einleitung A. Einführung in die Thematik Der Schaffung neuer Abgabentatbestände stehen in der politischen Praxis häufig nicht die finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen an die Erhebung von nichtsteuerlichen Abgaben entgegen; vielmehr scheitern viele Vorhaben schlicht an der fehlenden politischen Durchsetzbarkeit angesichts interessenspolitischer Widerstände in der Wählerschaft. So fällt erfahrungsgemäß der Widerstand im Kreis der Steuerzahler, künftig für eine traditionell „kostenlose“ Leistung zahlen zu müssen, umso heftiger aus, je mehr Personen von der Kostenpflicht betroffen sind. Als geradezu ein Musterbeispiel erweist sich in diesem Zusammenhang die viel diskutierte „PKW-Maut“.1 Bei der Polizeikostenabwälzung auf Profifußballveranstalter2 stellt die Sachlage sich hingegen anders dar. So wären von einer derartigen Kostenabwälzung unmittelbar nur die Profifußballveranstalter in Deutschland betroffen, die zugleich Milliarden-Umsätze erwirtschaften;3 mittelbar wären voraussichtlich auch die Stadionbesucher tangiert – allein mehr als 470.000 Besucher sind in der BundesligaSaison 2017/18 Inhaber einer Dauerkarte4 –, wenn die Vereine5 die Polizeikosten 1

Veranschaulicht bei Gawel, Die Verwaltung 47 (2014), 467, 480 ff., insb. 486 ff. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich ausschließlich mit Profifußballspielen im Bereich des Männerfußballs, da in der Praxis fast ausnahmslos Männerfußballspiele von größeren Polizeiaufgeboten begleitet werden. Auch die Ligaangaben (z. B. Bundesliga) beziehen sich dementsprechend auf den Männerfußball. Vom Veranstalterbegriff sind aber ebenso Veranstalterinnen erfasst. Generell wird in dieser Arbeit aus Gründen der besseren Lesbarkeit darauf verzichtet, jeweils die männliche und weibliche Bezeichnung zu verwenden. Unter neutralen und männlichen Bezeichnungen sind insofern jeweils die männliche und weibliche Person zu verstehen. Der Begriff des Veranstalters ist im ersten Teil dieser Arbeit im Hinblick auf die Veranstaltung nicht rechtstechnisch zu verstehen und umfasst, wenn dies nicht an anderer Stelle ausdrücklich kenntlich gemacht wird, neben den Fußballvereinen auch den Deutschen FußballBund e. V. (DFB) sowie die „DFL Deutsche Fußball Liga e. V.“ (DFL e. V.) und die „DFL Deutsche Fußball Liga GmbH“ (DFL GmbH). 3 In der Saison 2016/17 erwirtschafteten allein die 18 Bundesligisten einen Umsatz in Höhe von 3,37 Milliarden Euro; vgl. dfl.de, 15. 02. 2018, www.dfl.de/de/home/dfl-report-2018-profi fussball-erstmals-mit-mehr-als-vier-milliarden-euro-umsatz-2.html. 4 Eurosport.de, 03. 08. 2017, www.eurosport.de/fussball/bundesliga/2017-2018/bundesligadauerkarten-beliebt-borussia-dortmund-bleibt-vorn_sto6275454/story.shtml. 5 Wenn nicht anderweitig kenntlich gemacht, wird der Terminus Verein sowie andere Synonyme wie Fußballverein, Heimverein, Gastverein und Club aus Gründen der besseren Lesbarkeit in dieser Arbeit nicht formaljuristisch verstanden. Von den Begrifflichkeiten sind 2

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Einleitung

anteilig auf die Eintrittspreise umlegen sollten. Trotz dieser großen Fußballaffinität in Teilen der Bevölkerung wäre ein Großteil der Steuerzahler von einer Polizeikostenbeteiligung der Profifußballveranstalter weder unmittelbar noch mittelbar finanziell betroffen. Der Umstand, dass sich in einer repräsentativen Umfrage im Oktober 2017 81 % der Befragten für eine Polizeikostenbeteiligung der Fußballvereine aussprachen,6 ist daher ebenso wenig verwunderlich wie die jüngste Forderung des Bundes der Steuerzahler Deutschland e. V., über den Profifußballsport hinaus sämtliche kommerzielle Großveranstaltungen, die Polizeieinsätze nach sich ziehen, an deren Einsatzkosten zu beteiligen.7 Der Gesetzgeber der Freien Hansestadt Bremen, der mit § 4 Abs. 4 Bremisches Gebühren- und Beitragsgesetz (BremGebBeitrG) einen neuen Gebührentatbestand geschaffen hat,8 um unter gewissen Voraussetzungen auch kommerzielle Großveranstalter – allen voran die Veranstalter von Profifußballspielen – in den Grenzen der Freien Hansestadt Bremen an den Polizeikosten zu beteiligen, weiß also die Mehrheit der bundesdeutschen Bevölkerung hinter sich. Ist eine Polizeikostenbeteiligung also politisch opportun? Dagegen spricht zumindest, dass die Reaktionen der übrigen Landesinnenminister und -senatoren auf den Vorstoß – aus Bremer Sicht – ernüchternd ausfielen. So kommt § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG bislang keine Signalwirkung zu hinsichtlich der Implementierung von bundesweit gleichgelagerten Abgabentatbeständen, die Rechtsgrundlagen für die Polizeikostenbeteiligung kommerzieller Großveranstalter darstellen könnten. Neben rechtspolitischen Bedenken im Hinblick auf die Auswirkungen auf kommerzielle Großveranstaltungen außerhalb des Profifußballbereichs, die insofern möglicherweise auch polizeikostenpflichtig werden würden, sind es primär juristische Vorbehalte hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer derartigen Polizeikostenbeteiligung, die dazu geführt haben, dass die anderen Bundesländer von der Schaffung gleichgelagerter Gebührentatbestände bislang abgesehen haben.9 insofern auch die Kapitalgesellschaften erfasst, in denen viele am Profifußball teilnehmende Vereine ihre Lizenzspielerabteilungen ausgelagert haben. 6 Presse.wdr.de, 19. 11. 2017, www.presse.wdr.de/plounge/tv/wdr_fernsehen/2017/11/201 71119_sport_insinde.html. 7 Frankfurter Allgemeine Zeitung (Rhein-Main-Zeitung) v. 07. 02. 2017, S. 29. 8 Abs. 4 angefügt durch Gesetz zur Änderung des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes v. 04. 11. 2014 (Brem.GBl S. 457, ber. S. 547). 9 Siehe etwa die Aussage des bayerischen Innenministers Herrmann („Wenn HSV-Fans am Marienplatz in München randalieren, kann man nicht den FC Bayern dafür verantwortlich machen.“) unter tagesspiegel.de, 22. 07. 2014, www.tagesspiegel.de/politik/fussball-und-ge walt-bundesliga-soll-fuer-polizeieinsaetze-zahlen/10235458.html. Allerdings hat die oppositionelle SPD-Fraktion im September 2017 in den baden-württembergischen Landtag einen Gesetzesentwurf eingebracht, der – augenscheinlich angelehnt an § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG – die Implementierung einer Ermächtigungsgrundlage für die Kostenerstattung von polizeilichen Maßnahmen, die den personellen Einsatz von Polizisten über das übliche Maß hinaus erfordern, vorsieht; siehe dazu unten § 10 B. III. Seit April 2018 unterstützt die rheinland-pfälzische

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Die Brisanz, die der Bremer Vorstoß mitbringt, liegt demzufolge auf der Hand. Sollte die Verfassungskonformität des Bremer Vorstoßes bestätigt werden, dürften die Auswirkungen des Bremer Modells über die Freie Hansestadt hinaus auch bundesweit zu spüren sein. Die Befürworter einer länderflächendeckenden Implementierung von an § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG angelehnten Gebührentatbeständen würden erheblichen Aufwind bekommen; ein weiterer Schritt in Richtung Paradigmenwechsel im Bereich der traditionell überwiegend steuerfinanzierten Gefahrenabwehr wäre gemacht. Schon heute werden etwa in Hessen Gebühren für Polizeieinsätze aufgrund eines Falschalarms10 oder der Begleitung eines (Schwer- beziehungsweise Gefahrgut-)Transportes erhoben;11 auch die polizeiliche Schlichtung von Streitigkeiten oder Polizeieinsätze wegen Ruhestörungen sind unter Umständen gebührenpflichtig.12 Eine Abgabenerhebung für die bloße Polizeipräsenz (im öffentlichen Raum) am Veranstaltungstag, wie sie § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG zugrunde liegt, geht jedoch noch einen Schritt weiter und steht in Konflikt mit tradierten Restriktionen im Bereich der Gebührenerhebung für Polizeieinsätze.

B. Fragestellungen Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den rechtlichen Fragestellungen, die sich im Zusammenhang mit einer verpflichtenden Polizeikostenbeteiligung der Veranstalter von Profifußballspielen eröffnen. Dass aber vom neuen Bremer Gebührentatbestand auch andere Veranstaltungen erfasst werden könnten (beispielsweise Volksfeste oder Rockkonzerte13), darf im Rahmen der rechtlichen und rechtspolitischen Diskussion keineswegs ausgeblendet werden. Wenn in dieser Arbeit von Polizeikosten die Rede ist, geht es nicht etwa um die Abwälzung einzelner „besonderer Auslagen“ der Polizei bei einem Einsatz; vielmehr behandelt die Arbeit die Frage nach einer umfassenden Beteiligung am Kostenaufwand der Vollzugspolizei: Können einem Fußballveranstalter die Kosten für Landesregierung den Bremer Vorstoß; vgl. sueddeutsche.de, 23. 04. 2018, www.sueddeutsche. de/sport/sportpolitik-innenminister-fordern-millionen-fonds-von-fussball-klubs-1.3956181. 10 Ziffer 53 der Anlage zu § 1 der Verwaltungskostenordnung für den Geschäftsbereich des Ministeriums des Innern und für Sport vom 07. 06. 2013 (HessVwKostO-MdIS); dazu jüngst VG Gießen, Urt. v. 13. 03. 2017 – 4 K 3997/16.GI (juris). 11 Ziffer 52 der Anlage zu § 1 der HessVwKostO-MdIS. 12 Ziffer 56 der Anlage zu § 1 der HessVwKostO-MdIS. Ferner werden nach § 61 Abs. 2 und 3 Hessisches Gesetz über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz auch für Einsätze der öffentlichen Feuerwehren Gebühren erhoben. 13 Diese und weitere Beispiele ggf. betroffener Veranstaltungen finden sich bei Böhm, NJW 2015, 3000; vgl. auch Schiffbauer, ZRP 2018, 90. Unabhängig vom Bremer Vorstoß, wird derzeit auch über eine Beteiligung der Veranstalter von Weihnachtsmärkten an den Sicherungskosten, die angesichts des Terroranschlags auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz im Dezember 2016 sprunghaft angestiegen sind, debattiert; vgl. FAZ v. 26. 11. 2017, S. 13.

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die Polizeipräsenz (etwa Personal- und Übernachtungskosten sowie Kosten für Einsatzmittel) innerhalb und außerhalb des Stadions auferlegt werden und wenn ja, in welchem Fall und bis zu welcher Höhe?14 Der Aufhänger, an dem diese Fragestellung behandelt wird, ist der neu geschaffene § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG, dessen Implementierung zugleich den Anstoß zur Erstellung dieser Arbeit gegeben hat. Auf eine Auseinandersetzung mit einer Reihe von anderen rechtlichen Kostenbeteiligungsmodellen (Beitragsregelung, vertragliche Regelung zwischen Polizei und Fußballveranstalter, entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag [GoA], öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch), die in der Rechtswissenschaft vereinzelt angedacht wurden, ohne dass sie sich in der Praxis hätten durchsetzen können, wird verzichtet.15 Dagegen lohnt eine Auseinandersetzung mit dem polizeirechtlichen Ansatz. Diskutiert wird, die Veranstalter von Profifußballspielen und anderen Großveranstaltungen als polizeirechtliche Störer einzustufen und diese – unter Rückgriff auf die einschlägigen Ermächtigungsnormen in den Polizei- und Verwaltungsvollstreckungsgesetzen – an den Einsatzkosten anteilig zu beteiligen. Dieser Ansatz hat durch die jüngeren Dissertationen von Lange und Beutel wieder an Bedeutung gewonnen.16 Zudem muss auch für § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG die Frage nach einer polizeirechtlichen Störereigenschaft der Fußballveranstalter zwingend beantwortet werden. So gilt im Gebührenrecht derjenige, der schon im polizeirechtlichen Sinne Störer ist, zugleich auch als Veranlasser im gebührenrechtlichen Sinne. Das Besondere an dem Bremer Vorstoß ist, dass dieser primär darauf abzielt, gerade den Kostenaufwand für Polizeieinsätze abzuwälzen, der erforderlich ist, um Drittstörungen im öffentlichem Raum in Gestalt von gewalttätigen Auseinandersetzungen zu verhindern.17 Entsprechend liegt auch der Schwerpunkt dieser Untersuchung auf der rechtlichen Zulässigkeit der Kostenbeteiligung für die vorsorgliche Polizeipräsenz im öffentlichen Raum, aber auch im Stadion selbst für die Bekämpfung von Gefahren in Gestalt von gewalttätigen Auseinandersetzungen. Andere polizeiliche Einsatzfelder im Umfeld der Veranstaltung, wie die Lenkung des veranstaltungsbedingten Straßenverkehrs, werden jedoch ebenfalls gestreift.

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Vgl. OVG Lüneburg, NVwZ 1984, 323, 325, für die Heranziehung zu Polizeikosten anlässlich einer Zwangsräumung. 15 Siehe dazu die grundlegenden Dissertationen von Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, und Oschmann, Die Finanzierung der inneren Sicherheit, sowie speziell für Polizeieinsätze bei Bundesligaspielen Moser, Kostenbeteiligungsmodelle. Siehe zudem die Ausführungen im 2. Teil in den Fn. 140 – 144. 16 Lange, Zweckveranlassung (2014); Beutel, Gefahrenverursachung (2014); zum polizeirechtlichen Modell auch jüngst Leines, Kostentragung, S. 98 ff. 17 Vgl. Bender/Gräbener, BRJ 2015, 49, 52.

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Neben der zentralen Frage dieser Arbeit nach der (finanz-)verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer Polizeikostenbeteiligung der Fußballveranstalter für die polizeiliche Schutzpräsenz im öffentlichen Raum wird darüber hinaus untersucht, ob § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG auch ansonsten im Einklang mit dem Verfassungsrecht steht und handwerklich als Vorbild für die Implementierung inhaltlich ähnlich gelagerter Abgabentatbestände in anderen Bundesländern taugt. Während das VG Bremen noch einen ersten auf § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG gestützten Gebührenbescheid der Freien Hansestadt Bremen an die DFL GmbH für den Polizeieinsatz am Rande des Bundesligaspiels zwischen dem SV Werder Bremen und dem Hamburger SV am 19. 04. 2015 in Höhe von 425.718,11 Euro als rechtswidrig angesehen hatte,18 hat das OVG Bremen mit Urteil vom 05. 02. 2018 das vorinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage der DFL GmbH abgewiesen.19 Derzeit ist die Revision beim Bundesverwaltungsgericht anhängig. Die Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit der Polizeikostenabwälzung muss von der aus rechtspolitischer Sicht zu beurteilenden Frage, ob eine Beteiligung der Veranstalter im Profifußball sinnvoll oder möglicherweise sogar geboten ist, getrennt werden. So sind im Rahmen der schon seit mehreren Jahrzehnten schwelenden rechtswissenschaftlichen Diskussion über die rechtlichen Möglichkeiten einer Polizeikostenabwälzung auf kommerzielle Großveranstalter – Heise bezeichnet die Debatte gar als eine Art „Glaubensfrage“20 – juristische und rechtspolitische Argumente eng miteinander verzahnt.21 Für die hier interessierende Polizeikostenbeteiligung von Profifußballveranstaltern kommt hinzu, dass neben einer auch auf Billigkeitserwägungen gestützten Argumentation der Befürworter einer Polizeikostenabwälzung (Profifußball erwirtschaftet Milliarden-Umsätze), die Forderung nach einer verpflichtenden Beteiligung der Fußballveranstalter an den Einsatzkosten eng mit der seit Jahren anhaltenden Sicherheitsdebatte im deutschen Profifußball verknüpft wird22 und die Ausmaße, die die polizeilichen Kräfteaufgebote bei Risikofußballspielen angenommen haben, letztlich entscheidend dazu beigetragen

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VG Bremen, Urt. v. 17. 05. 2017 – 2 K 1191/16 (juris), DVP 2017, 392 ff. m. Anm. Vahle, SpuRt 2017, 261 ff. m. Anm. Schiffbauer. Das VG Bremen stützte sein Urteil darauf, dass die Kosten für den Gebührenschuldner aufgrund einer zu unbestimmten Gebührenberechnungsmethode nicht kalkulierbar seien; siehe dazu unten § 10 A. VII. 3. 19 OVG Bremen, NordÖR 2018, 157. 20 Heise, NVwZ 2015, 262. 21 Siehe dazu auch Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 2 ff. 22 Lesenswert zur Verzahnung zwischen der Sicherheitsdebatte und der Forderung nach einer Polizeikostenbeteiligung sueddeutsche.de, 13. 12. 2012, www.sueddeutsche.de/sport/ge waltdebatte-im-fussball-mehr-sozialarbeiter-fuer-die-subkultur-in-den-kurven-1.1549250. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch folgendes Zitat von Hund, in: Hoever/Hund/ Kind, Die Polizei 2015, 93, 96: „Der Fußball genießt […] eine enorme Aufmerksamkeit in den Medien und damit auch in der Öffentlichkeit. Das Sicherheitsgefühl weiter Teile der Bevölkerung wird […] inzwischen bestimmt von der Wahrnehmung der Ereignisse am Rande, vor, während und nach Fußballspielen in den deutschen Profi-Ligen.“

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haben, dass die Freie Hansestadt Bremen § 4 Abs. 4 in das BremGebBeitrG eingefügt hat.23 In dieser Arbeit wird der Versuch unternommen, die juristischen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Polizeikostenabwälzung mit der tatsächlichen Faktenlage im Hinblick auf die Sicherheitslage im Umfeld der Spiele im deutschen Profifußball zu verbinden. Denn Profifußballveranstaltungen fungieren nicht ohne Grund als Musterbeispiel für kommerzielle Großveranstaltungen, die sich an den polizeilichen Einsatzkosten beteiligen sollen. Zurückführen lässt sich dies in erster Linie auf den Umstand, dass in aller Regel die polizeilichen Einsatzkosten bei Profifußballveranstaltungen nicht nur in absoluten Zahlen, sondern auch im Verhältnis zur Besucheranzahl im Vergleich zu den polizeilichen Einsatzkosten bei anderen (Sport-)Großveranstaltungen erheblich höher ausfallen.24 Der Umstand, dass der Fußballsport in Deutschland auf eine fast einhundertjährige Geschichte als Zuschauermagnet zurückblicken kann25 und auch in der heutigen Zeit hinsichtlich der Zuschaueranzahl in den Spielstätten unangefochten die Nummer eins im Vergleich zu anderen populären Sportarten in Deutschland ist,26 kann die besondere polizeiliche Einsatzbelastung bei Profifußballspielen nicht allein erklären. Hinzu kommt, dass es auch im Umfeld von anderen Sportveranstaltungen in Deutschland,

23 Vgl. die Aussage von Staatsrat Ehmke, Bremische Bürgerschaft, Plenarprotokoll, 19. Wahlperiode, 10. Sitzung, S. 669. 24 Siehe etwa Landtag Baden-Württemberg, Drs. 15/7007, S. 2 f., zur Aufschlüsselung der polizeilichen Einsatzkosten bei Großveranstaltungen in Baden-Württemberg für die Jahre 2012 und 2013. 25 Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts war der Fußball in Deutschland weit davon entfernt, ein Zuschauermagnet zu sein. Bis zum Jahr 1909 wurden nur bei einem Endspiel um die Deutsche Meisterschaft mehr als 3.000 Zuschauer gezählt; vgl. Martin, Endspiele, in: DFB (Hrsg.), Die Geschichte des DFB, S. 369 (372). Spätestens nach dem Ende des 1. Weltkriegs wuchs die Zuschauerzahl in den deutschen Stadien jedoch spürbar: Zwischen 1920 und 1933 wurden die Endspiele um die Deutsche Meisterschaft im Schnitt von 43.787 Zuschauern verfolgt; vgl. Pfeiffer/Schulze-Marmeling, Fußball und die Politik, in: Pfeiffer/Schulze-Marmeling (Hrsg.), Hakenkreuz und rundes Leder, S. 16 (22). Diese Entwicklung ließ sich auch nicht von den Auswirkungen der schweren infrastrukturellen Schäden in der Nachkriegszeit beeinträchtigen; vgl. Koppehel, Geschichte des deutschen Fußballsports, S. 224. Mit der Gründung der Bundesliga am 28. 07. 1962 stiegen die Zuschauerzahlen im deutschen Vereinsfußball langfristig gesehen weiter an. Die Zuschauerzahlen der Bundesliga von 1963 bis heute sind abrufbar unter www.kicker.de/news/fussball/bundesliga/spieltag/1-bundesliga/zu schauer-geschichte.html. 26 Seit der Saison 1994/95 werden die Spiele der Bundesliga von durchschnittlich mehr als 30.000 Zuschauern im Stadion verfolgt, seit der Saison 2008/09 sogar von mehr als 42.000 Zuschauern. Zum Vergleich: Die Spiele der Hauptrunde der Basketball-Bundesliga wurden in der Saison 2016/17 von durchschnittlich ca. 4.424 Zuschauern besucht (www.easycredit-bbl.de/ de/statistiken/zuschauer/zuschauer-statistiken/), die Spiele der Handball-Bundesliga von ca. 4.884 Zuschauern (www.dkb-handball-bundesliga.de/de/dkb-hbl/statistiken/saisonen/statisti ken/saison-16-17/saisonstatistik/zuschauer/) und die Spiele in der Hauptrunde der Deutschen Eishockeyliga von ca. 6.195 Zuschauern (de.wikipedia.org/wiki/DEL_2016/17).

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wie etwa bei Eishockey-, Basketball- oder Handballspielen zu Ausschreitungen kommt, wenn auch nicht in der Regelmäßigkeit wie bei Fußballspielen.27 Insofern wird in dieser Arbeit auch nach den Hintergründen für das Ungleichgewicht im Hinblick auf die Polizeipräsenz bei Profifußballveranstaltungen im Vergleich zu anderen (Sport-)Großveranstaltungen gefragt. Sind gewalttätige Ausschreitungen dem Fußballsport immanent und wie ist die Sicherheitslage innerhalb und außerhalb der deutschen Fußballstadien aus wissenschaftlicher Sicht zu beurteilen? Für die rechtliche Zurechnung der Polizeieinsätze ist zudem von Interesse, welche Verantwortung die Fußballveranstalter an etwaigen Ausschreitungen trifft. Bezüglich der Beantwortung dieser Fragen kann dabei einerseits auf den Erkenntnisstand – vorwiegend jüngerer – rechtswissenschaftlicher Dissertationen zurückgegriffen werden, die sich auch mit einzelnen Aspekten der Sicherheitslage im Umfeld des deutschen Profifußballs beschäftigen.28 Interessant sind etwa die Erkenntnisse von Niemeier, die in ihrer Dissertation von einem sinkenden Fußballbezug in Teilen der gewaltbereiten Störerszene im Umfeld des Profifußballs ausgeht.29 Darüber hinaus erfolgt auch eine Auseinandersetzung mit dem aktuellen 27 Vor allem bei Eishockeyspielen ereignen sich regelmäßig Zwischenfälle. So kam es etwa im Januar 2017 beim Eishockey-Duell zwischen den Iserlohn Roosters und den Krefeld Pinguinen zu Ausschreitungen von Gästeanhängern vor, während und nach der Partie; vgl. derwesten.de, 29. 01. 2017, www.derwesten.de/sport/sportmix/eishockey-randale-ausschreitungendurch-krefelder-hooligans-id209434197.html. Selbst bei niederklassigen Eishockey-Partien waren in den vergangenen Jahren Zuschauerkrawalle zu verzeichnen; zum Beispiel beim EHC Klostersee (vgl. sueddeutsche.de, 16. 02. 2016, www.sueddeutsche.de/muenchen/ebersberg/gra fing-polizei-kritisiert-ehc-fuehrung-1.2864222). Basketballspiele werden in Deutschland hingegen in der Regel nur bei Europapokalspielen unter Beteiligung der ausländischen Gästefans von Ausschreitungen begleitet; siehe etwa die massiven Ausschreitungen im November 2016 beim Spiel der Frankfurt Skyliners gegen Aris Thessaloniki (vgl. focus.de, 24. 11. 2016, www.fo cus.de/regional/frankfurt-am-main/schwere-ausschreitungen-nach-basketballspiel-in-frankfurtsiegesfeier-eskaliert-in-massenschlaegerei_id_6247102.html) sowie beim Spiel Alba Berlin gegen Galatasaray Istanbul im März 2015 (vgl. welt.de, 20. 03. 2015, www.welt.de/sport/basket ball/article138605713/Wenn-in-der-Basketballhalle-geschossen-wird.html). Dagegen kommt es bei Handballspielen auch in rein nationalen Wettbewerben vereinzelt zu Ausschreitungen; wie beispielsweise im Dezember 2015 in Lübeck (vgl. hlsports.de, 15. 01. 2016, www.hlsports.de/in dex.php?content=news&view=13299). 28 In den vergangenen Jahren ist eine Fülle an Dissertationen erschienen, die sich mit der Thematik von gewalttätigen Ausschreitungen im Umfeld von Fußballspielen zumindest am Rande beschäftigt haben. Im Einzelnen: Meier, Der Fussballfan (2017); Henseler, Die rechtlichen Dimensionen des Stadionverbots (2016); Winter, Sportveranstalterhaftung (2016); Herles, Persönlichkeitsrechtsverletzungen (2016); Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen (2015); Niemeier, Bekämpfung ritualisierten Gewaltverhaltens (2015); Unger, Haftung des Fußballveranstalters (2015); Kehr, Gewalttäter Sport (2015); Kober, Pyrotechnik (2015); Lange, Sicherheit (2013); Schmitt, Fußball-Stadionverbot (2013); Gädeke, Sportgroßveranstaltungen (2012); Steinat, Daten gewalttätiger Fußballfans (2012). Auch in den älteren Arbeiten von Krahm, Hooligangewalt (2007); Deusch, Sportgroßveranstaltungen (2006); Stümper, Großsportveranstaltungen (2002); und Kraft, Bekämpfung der Gewalt (2001), wurde sich mit der Sicherheitsproblematik im Umfeld des Profifußballs auseinandergesetzt. 29 Niemeier, Bekämpfung ritualisierten Gewaltverhaltens, S. 29 f.

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Einleitung

soziologischen Kenntnisstand hinsichtlich der Motive der Störerszene im Umfeld des Profifußballs und ihrer Zusammensetzung.30 Die rechtlichen Anforderungen an die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben finden sich im deutschen Verfassungsrecht. Auf eine rechtsvergleichende Betrachtung wird – mit Ausnahme eines kurzen Blicks auf die Situation im englischen und österreichischen Profifußball – verzichtet.31 Die Untersuchung erfolgt vorwiegend aus Sicht des in Hessen geltenden Rechts.32 Es sei denn, dass sich aus dem Landesrecht der Freien Hansestadt Bremen ausnahmsweise Besonderheiten in Bezug auf die rechtlichen Voraussetzungen der Polizeikostenerhebung im Rahmen der Untersuchung von § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG ergeben.

C. Gang der Untersuchung Diese Arbeit gliedert sich in zwei Hauptteile. Der erste Teil beleuchtet die Faktenlage hinsichtlich der Polizeieinsätze im Umfeld von Profifußballspielen. Er soll nicht nur neue Erkenntnisse für die rechtspolitische Debatte über das Für und Wider einer Polizeikostenabwälzung auf die Fußballveranstalter liefern, sondern dient auch der Grundlagenarbeit, um bei der Frage nach der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Polizeikostenbeteiligung der Fußballveranstalter die Sachkenntnisse über die Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs in Bezug zu den (finanz-)verfassungsrechtlichen Vorgaben an die Erhebung von Gebühren für Polizeikosten setzen zu können. Die Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit der Polizeikostenbeteiligung steht im unmittelbaren Zusammenhang mit der (tatsächlichen) Verantwortlichkeit der Fußballveranstalter für die Polizeieinsätze im Umfeld der Veranstaltungen. So sind vertiefte Kenntnisse über die Gefahrensituation bei Fußballspielen, inklusive der Ursachen der Gefahren, sowohl im Rahmen der polizeirechtlichen Zurechnung der Gefahren auf die Veranstalter als auch im Rahmen der gebührenrechtlichen

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Speziell zur Gewalt der Ultras: Leistner, Fans und Gewalt, in: Roose/Schäfer/SchmidtLux (Hrsg.), Fans (2017), S. 219 (237 ff.); ders., Sport und Gesellschaft 5 (2/2008), 111 ff.; Adam, Die Ultra-Fußballfankultur, in: Duttler/Haigis (Hrsg.), Ultras (2016), S. 63 ff.; Anthonj/ Emrich/Pierdzioch, Gewaltbekämpfung im deutschen Fußball (2013); Böttger, Fankultur (2014); Czoch, Die Geschichte der deutschen Ultras, in: Czoch (Hrsg.), Ultras in Deutschland (2016), S. 123 ff; Duttler/Haigis, Ultras und andere Subkulturen, in: Duttler/Haigis (Hrsg.), Ultras (2016), S. 11 ff.; Gabler, Die Ultras (2010); Luzar, Ultras und Politik, in: Duttler/Haigis (Hrsg.), Ultras (2016), S. 287 ff.; Müller, Ultras im Fußball (2017); Pilz, Kriminalistik 2012, 203 ff.; ders., Zuschauergewalt im Fußball, in: Strauß (Hrsg.), Sportzuschauer (2012), S. 214 ff. 31 Ein knapper Überblick über die Rechtslage in Italien, Frankreich, der Schweiz sowie England, Wales und Nordirland (letztere irrtümlicherweise im Original als „Grossbritannien“ [sic] bezeichnet, obwohl sich die Rechtslage im zu Großbritannien zählenden Schottland unterscheidet [dazu 2. Teil, Fn. 481]) findet sich bei Löwisch, CaS 2017, 110, 111 f. 32 Dieses wird exemplarisch herangezogen, wenn sich die anderen Länderregelungen in der Sache nicht unterscheiden.

Einleitung

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Zurechnung der Polizeieinsätze auf die Fußballveranstalter, essentiell. Dies erfordert eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Gefahrenlage bei Fußballspielen. In § 1 wird zunächst die Störerszene im Umfeld des Profifußballs näher beleuchtet, ehe in § 2 die Ursachen der heutigen Formen der sicherheitsrelevanten Vorfälle an den Spieltagen dargelegt werden. Im Anschluss erfolgt anhand ausgewählter Beispielsfälle aus der Praxis eine Veranschaulichung der Sicherheitsproblematik im deutschen Profifußball, mit der sich die Polizei konfrontiert sieht. Um diese Beispielsfälle besser einordnen zu können, erfolgt in § 4 der Versuch, die Sicherheitslage bei Fußballspielen mithilfe des der Öffentlichkeit zugänglichen Datenmaterials – gerade auch im Hinblick auf die Sicherheitslage bei anderen Großveranstaltungen – zu beurteilen. In § 5 der Arbeit wird zunächst auf die Entwicklung der polizeilichen Einsatzbelastung bei Profifußballspielen in Deutschland geblickt, ehe die polizeiliche Einsatzplanung und -konzeption an den Spieltagen untersucht wird. Die Beiträge der Fußballvereine und -verbände zur Gewährleistung der Sicherheit und die Auswirkung der von den Akteuren getroffenen Maßnahmen – gerade in Bezug auf eine mögliche Verlagerung gewalttätiger Auseinandersetzungen in den öffentlichen Raum – werden in § 6 untersucht. Der erste Teil dieser Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse sowie einem Ausblick hinsichtlich der künftigen Entwicklung in Sicherheitsfragen im Umfeld des Profifußballs. Der zweite Teil dieser Arbeit beschäftigt sich – unter besonderer Berücksichtigung von § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG – mit den rechtlichen Voraussetzungen einer verpflichtenden Polizeikostenbeteiligung der Fußballveranstalter. Zu Beginn dieses Teils wird eine Einführung in den rechtswissenschaftlichen Forschungsstand zu dieser Thematik gegeben. Im Weiteren erfolgt in § 9 eine Auseinandersetzung mit dem polizeirechtlichen Ansatz unter Berücksichtigung der im ersten Teil der Arbeit erarbeiteten Ergebnisse über die tatsächlichen Rahmenbedingungen der Polizeieinsätze bei Fußballspielen. Diese Ergebnisse fließen zudem in die nachfolgenden Ausführungen zum gebührenrechtlichen Ansatz ein. Dieser beinhaltet in § 10 eine ausführliche Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG sowie die Untersuchung weiterer Rechtsprobleme, die sich in diesem Zusammenhang stellen. Der zweite Teil schließt mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse sowie einem Ausblick auf die künftige Entwicklung der Frage nach der Polizeikostenbeteiligung der Fußballveranstalter. Die Arbeit endet mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse dieser Untersuchung in § 11.

Erster Teil

Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs Anhand einer historischen Betrachtung des Zuschauerverhaltens und der dokumentierten Zuschauerausschreitungen im Umfeld von Fußballspielen soll die Entwicklung der sicherheitsrelevanten Problemfelder im Umfeld des Fußballs in Deutschland untersucht werden. Dabei wird der Fokus zunächst auf die Frage gelegt, welche Personen und Gruppen für etwaige Ausschreitungen im Umfeld der Fußballspiele verantwortlich waren beziehungsweise verantwortlich sind, um anschließend in § 2 Rückschlüsse für die Ursachen der Gewalt im Umfeld von Profifußballspielen ziehen zu können. Die hier erlangten Erkenntnisse werden im zweiten Teil der Arbeit bei der Frage nach der polizeirechtlichen Störereigenschaft der Fußballveranstalter (§ 9 B.) und der gebührenrechtlichen Veranlassung der Polizeieinsätze [§ 10 A. IV. 2. a)] herangezogen.

§ 1 Störer im Umfeld von Fußballspielen: Ultras, Fans und Hooligans? A. Die Situation in den Anfangsjahren des deutschen Fußballs Ausschreitungen bei Sportgroßveranstaltungen sind kein Phänomen der Neuzeit. Schon in der Antike, aber auch im Mittelalter finden sich Berichte über Auseinandersetzungen, Plünderungen und Krawalle bei Sportveranstaltungen.1 Dennoch sind Ausschreitungen bei Fußballspielen auf deutschem Boden zu Beginn des 20. Jahrhunderts,2 soweit ersichtlich, noch nicht dokumentiert.3 Zurückzuführen sein dürfte dies auf die damalige Zuschauerstruktur bei Fußballspielen; die Zuschauer wurden als stille Beobachter des Geschehens beschrieben, die mehr Interesse an der damals neuartigen Sportart an sich als an Auseinandersetzungen hatten.4 Dies sollte sich aber nach dem Ende des 1. Weltkriegs ändern. So fanden sich etwa in den 1920er-Jahren 1

Siehe die Beispiele bei Bremer, Zuschauersport, S. 29; und Weigelt, Hooligans, S. 23 f. Der Vereinsfußball in Deutschland entwickelte sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts. 3 Nach Friedmann, Polizei und Fans, S. 6, soll es im Umfeld der Spiele schon zum Ende des 19. Jahrhunderts zu Ausschreitungen gekommen sein. Nachweise für diese Behauptung liefert er allerdings nicht. 4 Vgl. den bei Bremer, Zuschauersport, S. 32, angeführten Augenzeugenbericht, wonach das Publikum durch Passivität und fehlende Sachkenntnis gekennzeichnet war. 2

§ 1 Störer im Umfeld von Fußballspielen: Ultras, Fans, Hooligans?

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im Stadion des VfR Mannheim, das sich in der Nähe des Einzugsgebiets von Waldhof Mannheim befand, bei Spielen der Heimmannschaft Zuschauer des Lokalrivalen Waldhof Mannheim ein, die die Anhänger des Heimvereins mit Gewalt von der Tribüne vertrieben. In Frankfurt sollen Anhänger des FSV Frankfurt mit Schlagringen und Gummiknüppeln Eintracht-Frankfurt-Anhänger von ihrer Tribüne vertrieben haben; im Oktober 1924 attackierten Zuschauer der Offenbacher Kickers nach dem Spiel gegen Eintracht Frankfurt den Schiedsrichter gar mit Pflastersteinen und Messern.5 Angesichts ähnlich gelagerter Vorfälle hatte es im Jahr 1919 schon eine erste Sicherheitsdebatte im deutschen Fußball gegeben.6 Dass es im Umfeld von Fußballspielen schon so früh zu Ausschreitungen kam, wird vielfach übersehen. So erweist sich die auch in der Rechtswissenschaft vertretene Auffassung, die Gewaltproblematik im Umfeld von Fußballspielen sei erst in den 1960er-Jahren entstanden,7 als Irrglaube. Den frühen Zuschauerausschreitungen wurde medial schlicht weniger Aufmerksamkeit geschenkt als in der Gegenwart.

B. „Fußballfans“ – eine jugendliche Subkultur entsteht Die Fußballzuschauer zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten wenig gemein mit dem Fußballfan in der Fankurve von heute. Auch wenn ab den 1920er-Jahren erste Ausschreitungen im Umfeld des Fußballs dokumentiert sind und die Verhaltensmuster damaliger Anhänger einige Parallelen zu den späteren Generationen von Fußballfans aufwiesen (beispielsweise die Begleitung der Fußball-Mannschaft zu Auswärtsspielen), unterschied sich das damalige Publikum in einem entscheidenden Punkt von den späteren Fußballfans: Eine Differenzierung zwischen den „normalen“ Stadionbesuchern auf den Tribünen und den „Fans“ in der „Fankurve“ fand nicht statt. Erst zu Beginn der 1970er-Jahre wurde das Publikum in den Stadien heterogener; die Fußball-Fankultur, wie wir sie heute kennen, begann sich zu entwickeln. Welche Auswirkungen dies auf die Sicherheitslage hatte, wird im Folgenden aufgezeigt.8 Das Entstehen der Fankurven, in denen sich die ersten organisierten Fanstrukturen in Deutschland entwickelten, lässt sich auf die Gründung der Bundesliga zurückführen. Diese hatte zur Folge, dass sich die Infrastruktur in den Stadien sukzessive 5

71 ff.

Diese und weitere Beispiele finden sich bei Oswald, WerkstattGeschichte 41 (2006), 67,

6 Mit dem Westdeutschen Spielverband verabschiedete sogar ein erster Fußballverband einen Maßnahmenkatalog, der sich unter anderem gegen „Vereinsfanatismus“ wendete und somit als erstes Sicherheitskonzept im deutschen Fußball verstanden werden kann; vgl. Oswald, Der Deutsche Fußball-Bund 1900 bis 1933, in: Pfeiffer/Schulze-Marmeling (Hrsg.), Hakenkreuz und rundes Leder, S. 45 (52 f.). 7 So etwa Albrecht, MSchrKrim 2006, 158, 173 f. 8 Zur sozialen Zusammensetzung der Zuschauer im Stadion siehe etwa Bremer, Zuschauersport, S. 34 ff.; Brüggemeier, Weltmeister, S. 126.

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

verbesserte, was sich unter anderem in der verstärkten Zuschauertrennung durch die Errichtung von Zäunen zeigte.9 Das Ergebnis war eine Separierung der Zuschauer, die es in diesem Ausmaß zuvor nicht gegeben hatte: Auf den Tribünenplätzen verfolgten die älteren Besucher das Fußballspiel überwiegend passiv, während die jugendlichen Anhänger in die billigen Stehkurven auswichen.10 Die moderne Fankultur, die in der Folge geboren wurde, war also von Beginn an eine Jugendkultur. Die Jugendlichen schlossen sich in eigenen Fanclubs zusammen und waren durch das Tragen von sogenannten „Kutten“ leicht zu erkennen. In den Fanblöcken herrschte eine hierarchische Ordnung, die meisten Fanclubs hatten ihre eigenen Stammplätze in der Kurve und ihre eigenen Aufgaben innerhalb des Fanblocks.11 I. Auswirkungen auf die Sicherheitslage Ab den 1970er-Jahren sind vermehrt Ausschreitungen zwischen rivalisierenden Stadionbesuchern dokumentiert, sodass sich eine Korrelation zwischen der Entstehung der Fußball-Fankultur und der Zunahme an Ausschreitungen aufdrängt. Bemerkenswert sind die, freilich nicht repräsentativen, Ergebnisse einer Mitgliederbefragung des Deutschen Fußball-Fanclub-Verbandes aus der Saison 1976/77, die ein denkbar düsteres Bild von der Sicherheitslage im Umfeld der Bundesligaspiele zeichnen.12 So wurde die Sicherheitslage auf den An- und Abfahrtswegen etwa nur an zwei von 18 Bundesliga-Standorten als „absolut gefahrenlos“ bewertet; bei mehr als zwei Dritteln der Bundesliga-Standorte stuften die Umfrageteilnehmer die Sicherheitslage als „unsicher“ oder noch schlechter ein. Ähnlich desaströs wurde die Sicherheitslage im Stadionumfeld beurteilt. Auffällig ist, dass die Sicherheitslage im Stadionumfeld eines Bundesligisten (dem 1. FC Köln) sogar mit „höchste Gefahr“ bewertet wurde. Die Sicherheitslage innerhalb der Stadien wurde besser eingeschätzt.13 Die Umfrageergebnisse zeigen jedoch, dass dies nicht etwa auf ein besonders gutes Sicherheitsempfinden der Befragten in den Stadien der Bundesligisten zurückzuführen war, sondern schlicht daran lag, dass die Sicherheitslage außerhalb der Stadien noch schlechter bewertet wurde.

9

Schneider/Klose, Schriftenreihe der Deutschen Hochschule der Polizei 2009 (III – IV), S. 163 (172). 10 Bremer, Zuschauersport, S. 43; Müller, Ultras im Fußball, S. 115. 11 Siehe etwa die Skizze des Fanblocks von Eintracht Frankfurt bei Bott/Hartmann, Fans, S. 17. 12 Die vollständigen Umfrageergebnisse finden sich bei Pramann, Fußballfans, S. 217 f. Das Sicherheitsempfinden konnte wie folgt bewertet werden: absolut gefahrenlos, etwas Vorsicht geboten, unsicher, sehr unsicher, durchaus gefährlich, sehr gefährlich, höchste Gefahr (in aufsteigender Reihenfolge). 13 An zehn Bundesliga-Standorten wurde die Sicherheitslage mit maximal „etwas Vorsicht geboten“ bewertet. An jeweils vier Standorten stuften die Befragten die Sicherheitslage dafür aber auch als „unsicher“ und „sehr unsicher“ ein.

§ 1 Störer im Umfeld von Fußballspielen: Ultras, Fans, Hooligans?

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Die Ergebnisse der Befragung deuten darauf hin, dass schon in den 1970er-Jahren – also vor dem Zeitalter des Hooliganismus in Deutschland14 – die Sicherheitslage im deutschen Profifußball, vor allem außerhalb der Stadien, äußerst angespannt war, zumindest aber als äußerst angespannt empfunden wurde. Zwar ist bei der Bewertung neben dem Umstand, dass es sich um eine nichtrepräsentative Umfrage handelt, zu berücksichtigen, dass die Umfrage nur das subjektive Sicherheitsempfinden der Befragten wiedergibt – empirische Studien zum Ausmaß der Bedrohungslage existieren für diesen Zeitraum nicht –; jedoch gibt es weitere Indizien, die auf ein Sicherheitsproblem des deutschen Fußballs zu dieser Zeit hinweisen: So war nur ein Jahr nach der Veröffentlichung der Umfrage ein erstes Todesopfer in einem deutschen Stadion nach einer Auseinandersetzung zu beklagen.15 Zu einer weiteren Tragödie kam es im Hamburger Volksparkstadion im Jahr 1979, nachdem es im Zuge der Meisterfeier zu einer Massenpanik im Fanblock kam: 62 Zuschauer wurden verletzt, sieben davon lebensgefährlich.16 Auch der deutliche Rückgang der Zuschauerzahlen in der Bundesliga könnte auf die Verschlechterung der Sicherheitslage mit zurückzuführen sein: Zwischen der Saison 1977/78 und der Saison 1985/86 brachen die Zuschauerzahlen in der Bundesliga regelrecht ein. Die Bundesliga verlor innerhalb weniger Spielzeiten mehr als 2,5 Millionen Zuschauer in den Stadien. II. Blick auf die polizeiliche Einsatzkonzeption in den 1970er und frühen 1980er Jahren Auch wenn die hohe Verletztenanzahl in Hamburg nicht aus gewalttätigen Auseinandersetzungen herrührte, sondern tragischerweise einen freudigen Hintergrund hatte, rückte dieses Ereignis die Sicherheitsproblematik in den Fußballstadien erstmals verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit. Tragfähige polizeiliche Einsatzkonzepte, um die zunehmende Gewalt unter den Fans einzudämmen, hatten zuvor noch nicht existiert. So waren die polizeilichen Einsatzkonzepte an Spieltagen in den 1970er-Jahren auf den Schutz des öffentlichen Straßenverkehrs ausgerichtet.17 Einige Anhaltspunkte deuten darauf hin, dass die Polizei zu dieser Zeit mit den zunehmenden Ausschreitungen überfordert war: Ende der 1970er-Jahre wurden beispielsweise bei Heimspielen des FC Schalke 04 in einer Saison 2.087 Polizeibeamte eingesetzt; es kam zu 34 Anzeigen wegen gefährlicher Körperverletzung, 38 Anzeigen wegen Erschleichens von Leistungen, 19 wegen Raubs, 18 wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz und 16 wegen Diebstahls.18 Die Anzahl der einge14

Siehe dazu unten § 1 C. Im Gelsenkirchener Stadion verstarb ein Fan des FC Schalke 04 nach einer Auseinandersetzung im eigenen Fanblock; vgl. Pramann, Fußballfans, S. 163 f. 16 Pramann, Fußballfans, S. 139 f. 17 Beispielsweise waren bei Heimspielen des Hamburger SV 100 von durchschnittlich 155 eingesetzten Polizeibeamten ausschließlich im Straßenverkehr tätig; vgl. Pramann, Fußballfans, S. 139. 18 Vgl. Pramann, Fußballfans, S. 162. 15

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

leiteten Ermittlungsverfahren bei Heimspielen des FC Schalke 04 – die Spiele wurden damals von mehr als 500.000 Zuschauern in der Saison besucht – wirkt auffällig gering, vergleicht man sie mit der von den Gästefans in der Saison 1976/77 empfundenen Bedrohungslage bei Auswärtsspielen in Gelsenkirchen: Die Sicherheitslage im Stadion wurde als „sehr unsicher“, die Lage im Stadionumfeld als „durchaus gefährlich“ und die Lage auf den Anreise- und Abfahrtswegen als „sehr gefährlich“ eingestuft.19 Die Umfrageergebnisse lassen vermuten, dass die Polizei mit dem Schutz der Gästefans in Gelsenkirchen zu dieser Zeit überfordert war. Ein anderer Erklärungsversuch für die Widersprüche zwischen den Umfrageergebnissen und der Einsatzbilanz der Gelsenkirchener Polizei wäre, dass gewisse Rituale der Fans von der Polizei zunächst noch toleriert wurden. So berichtet Matthesius, dass das schon damals verbreitete (gewaltsame) Entwenden von Fanutensilien bis in die frühen 1980er-Jahre polizeilich nur äußerst selten verfolgt wurde.20 Die Massenpanik und deren katastrophale Auswirkungen im Hamburger Volksparkstadion führten nun zu einem ersten Umdenken in Sicherheitsfragen, was sich unter anderem in infrastrukturellen Veränderungen innerhalb der Stadien ausdrückte.21 Auch die polizeiliche Einsatzkonzeption wurde modifiziert: Die ersten Präventionskonzepte der Polizei entstanden. Mit der Entwicklung des „Kontaktbeamtenmodells“ fungierten beispielsweise ab 1982 in Frankfurt zivile Polizeibeamte als eine Art Sozialarbeiter in den Fanblöcken.22 An einzelnen Standorten begann die Polizei mit Videokameras die Fanblöcke zu überwachen; zudem wurden erste Datensammlungen über problematische Fans polizeiintern ausgetauscht.23

C. Der Hooliganismus Das Gewaltproblem in und um die Stadien bekam die Polizei zu Beginn der 1980er-Jahre – trotz der eben erwähnten Maßnahmen – nicht in den Griff. Während vor allem die Mittelschicht den Stadien fernblieb, wuchs der Anteil militanter – vorwiegend jugendlicher – Besucher.24 Waren diese militanten Gruppen zuvor als Rowdys, Rocker oder Randalierer bezeichnet worden, entwickelt sich bald ein neuer Begriff für diese Gruppen: Hooligans. Diese Begrifflichkeit war im englischen Sprachraum schon zum Ende des 19. Jahrhunderts im Zusammenhang mit Straßengangs aufgetaucht. Sie hatte zunächst keinen Bezug zu gewalttätigen Fußballfans.25 Erst in den 1960er Jahren 19 20 21 22 23 24 25

Vgl. Pramann, Fußballfans, S. 217 f. Matthesius, Hooligan, S. 42. Siehe dazu Pramann, Fußballfans, S. 28. Bott/Hartmann, Fans, S. 133 ff. Vgl. Pramann, Fußballfans, S. 165. Bremer, Zuschauersport, S. 44. Fritsche, Football Hooligans in England, S. 25.

§ 1 Störer im Umfeld von Fußballspielen: Ultras, Fans, Hooligans?

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entwickelten sich in England die Anfänge der sogenannten Hooligan-Bewegung. Die Entstehung des Hooliganismus war dabei eng mit den gesellschaftlichen und sozialen Umbrüchen in den 1950er und 1960er Jahren verbunden, die insbesondere die traditionelle englische Arbeiterschicht trafen.26 Die Hooligans waren dabei nur eine von mehreren Jugendbewegungen, die zu dieser Zeit in England entstanden und die Gesellschaft mit ihren unangepassten und bewusst Grenzen überschreitenden Verhaltensweisen herausforderten. So gab es neben der Hooligan-Bewegung andere Jugendbewegungen wie die Mods, die Rocker oder die Skinheads, die sich jeweils auch gegenseitig beeinflussten.27 So übernahmen etwa die Hooligans später das an die Arbeiterklasse angelehnte optische Erscheinungsbild der Skinheads.28 Die gewalttätigen Ausschreitungen britischer Hooligans dienten europaweit jugendlichen Fußballfans als Vorbild; der auch als „English disease“ bezeichnete Hooliganismus begann die Fußballfankultur in Europa zu prägen.29 Schon bald stellten die Hooligans auch in Deutschland mit mehreren Hundert Anhängern und Mitläufern in den meisten Stadien die größte Fangruppierung dar, da sich viele traditionelle „Kutten“-Fans angesichts der Gewaltbereitschaft der Hooligans aus den Stadien zurückzogen.30 Dass die englischen Hooligans dabei als Vorbild dienten, lässt sich unter anderem an Namen wie „Cologne Streetfighters“ erkennen. Die Auseinandersetzungen wurden zunehmend um ihrer selbst willen geführt; das Kräftemessen innerhalb der Hooligan-Bewegung rückte in den Mittelpunkt.31 In der Folge erlebte der gesamteuropäische Fußball eine neue Dimension der Gewalt, die auch in Deutschland ein weiteres Todesopfer forderte.32 26

Vgl. Fritsche, Football Hooligans in England, S. 20. Vgl. Fritsche, Football Hooligans in England, S. 25 f. 28 Vgl. Fritsche, Football Hooligans in England, S. 17 f. Erst später übernahmen viele der Hooligans auch die rechtsradikale Ausrichtung, die sich zuvor in der Skinheadszene durchgesetzt hatte; vgl. Fritsche, Football Hooligans in England, S. 26. 29 Vgl. Dunning, Soccer Hooliganism, in: Dunning/Malcolm (Hrsg.), Sport, S. 78 (80). 30 Vgl. Bremer, Zuschauersport, S. 91. 31 Siehe etwa die Aussage eines Frankfurter Hooligans bei Gehrmann/Schneider, Fußballrandale, S. 13: „[…] [Es] gibt bestimmte Vereine, gegen die kannst du 6:0 gewinnen oder 8:0, das ist egal. Da steht das Ergebnis erst an zweiter Stelle. Da zählt eigentlich nur die Prügelei und der Rest ist eher Nebensache.“ 32 1982 verstarb ein 16-jähriger Fan von Werder Bremen nach einem Angriff von Hamburger Hooligans; vgl. Pusch/Ditzel, Schriftenreihe der Deutschen Hochschule der Polizei 2009 (III – IV), S. 181. Im Laufe der 1980er-Jahre ereigneten sich zudem die größten Tragödien im britischen Fußball: Bei einem Brand einer Zuschauertribüne in Bradford verunglückten am 11. 05. 1985 57 Menschen tödlich. Nur 18 Tage später starben im Brüsseler Heysel-Stadion, in dem das Finale um den Europapokal der Landesmeister zwischen dem FC Liverpool und Juventus Turin ausgetragen wurde, 39 Menschen aufgrund einer Massenpanik, die von englischen Hooligans ausgelöst worden war. Schließlich kamen 1989 im Hillsborough Stadion 96 Fans des FC Liverpool auf einer vollkommen überfüllten Zuschauertribüne ums Leben. Erst im April 2016 stellte ein Gericht im englischen Warrington fest, dass die Tragödie im Hillsborough Stadion nicht auf einem Fehlverhalten der Zuschauer, sondern auf einer fehlerhaften polizeilichen Einsatzplanung beruhte; vgl. spiegel.de, 26. 04. 2016, www.spiegel.de/sport/fussball/hil 27

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

I. Modifizierung der Einsatz- und Sicherheitskonzeptionen Die gewalttätigen Auseinandersetzungen an Spieltagen standen nun noch stärker im Blick der Öffentlichkeit. Im Verlauf der Zeit wurde vor allem die Infrastruktur in den Stadien weiter verbessert.33 Die polizeiliche Einsatzkonzeption im Umfeld der Spiele wurde überarbeitet und der Fokus endgültig auf die Gefahrenabwehr gerichtet.34 Bis diese infrastrukturellen und polizeilichen Maßnahmen griffen, waren allerdings noch einige Rückschläge im Kampf gegen die Gewalt der Hooligans zu verzeichnen.35 So kam erschwerend hinzu, dass aufgrund der deutschen Wiedervereinigung die gesamtdeutsche Anzahl der Hooligans anwuchs. Ausgehend von einem Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder im Jahr 1991, reagierte ein breites Netzwerk bestehend aus DFB, Deutschem Sportbund, Deutschem Städtetag, der Innen-, Jugend- und Sportministerkonferenz sowie den Bundesministerien des Inneren und für Frauen und Jugend auf diese Entwicklung mit der Konzeption des „Nationalen Konzepts Sport und Sicherheit“ (NKSS).36 Im NKSS finden sich unter anderem Empfehlungen für die Bereiche Fanbetreuung und Fanarbeit, Stadion- und Veranstaltungssicherheit, Fanreiseverkehr, Forschung und Prävention sowie zur Kooperation zwischen öffentlichen und privaten Stellen auf nationaler wie lokaler Ebene. Das NKSS wird durch den Nationalen Ausschuss Sport und Sicherheit (NASS), der sich aus Vertretern von verschiedenen Behörden, (Sport-)Verbänden und Organisationen zusammensetzt,37 stetig fortgeschrieben und angepasst.38 Zugleich war auf der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder eine weitere Intensivierung des Informationsaustausches zwischen den Polizeibehörden bei Fußballspielen beschlossen worden.39 Maßgeblicher Bedeutung für die Intensivierung des Informationsaustausches kommt der in diesem Zusammenhang im Jahr 1992 eingerichteten Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) mit Sitz beim Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste Nordrhein-Westlsborough-tragoedie-urteil-belastet-polizei-statt-fans-a-1089359.html. Eine ausführlichere Darstellung der hier angeführten Ereignisse findet sich etwa bei Bremer, Zuschauersport, S. 45 ff. 33 Dazu Bott/Hartmann, Fans, S. 139 f. 34 Der überarbeitete polizeiliche Maßnahmenkatalog findet sich bei Hahn, Zuschauerausschreitungen, in: Hahn et al. (Hrsg.), Massenmedien und Gewalt, S. 249 (278 ff.). 35 So starb etwa im November 1990 in Leipzig ein 17-jähriger Fan nach Krawallen durch den Schuss eines Polizisten; vgl. Dieckmann, Fußball in der DDR, in: DFB (Hrsg.), Die Geschichte des DFB, S. 311 (334). 36 www.mik.nrw.de/themen-aufgaben/sport-und-sicherheit/nationales-konzept/hintergrund. html. 37 Zur genauen Zusammensetzung des NASS siehe www.mik.nrw.de/themen-aufgaben/ sport-und-sicherheit/nationaler-ausschuss/zusammensetzung.html. 38 Die aktuelle Fassung ist abrufbar unter www.mik.nrw.de/fileadmin/user_upload/Redakteu re/Dokumente/Themen_und_Aufgaben/Schutz_und_Sicherheit/NKSS/nkss_konzept2012.pdf. 39 Dazu Kraus, Schriftenreihe der Deutschen Hochschule der Polizei 2010 (III – IV), S. 97 (111 f.).

§ 1 Störer im Umfeld von Fußballspielen: Ultras, Fans, Hooligans?

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falen zu. Die ZIS koordiniert unter anderem den Informationsaustausch mit nationalen und internationalen Polizeibehörden sowie mit Kommunen, Sportverbänden, Vereinen und Transportunternehmen in Bezug auf sportliche Großereignisse, sammelt und wertet Daten in Verbindung mit Sportveranstaltungen, insbesondere Fußballspielen, aus (beispielsweise Ticketverkaufszahlen, Anzahl und Einstufung der Heim- und Gästefans, prognostizierte Anreisewege) und hilft dadurch bei der Einstufung von Gefahrenpotenzialen im Zusammenhang mit Fußballspielen.40 Die auf Ebene der Bundesländer eingerichteten Landesinformationsstellen Sporteinsätze dienen zusammen mit den lokalen Polizeibehörden an den Spielorten und der Informationsstelle Sport beim Bundespolizeipräsidium in Potsdam als zentrale Ansprechpartner der ZIS zur Informationsgewinnung. Die Landesinformationsstellen Sporteinsätze, die bei einzelnen Landespolizeipräsidien angesiedelt sind, koordinieren neben dem Informationsaustausch mit der ZIS den Informationsaustausch auf Landesebene mit Behörden und (Sport-)Verbänden.41 Mit der Gründung der „Koordinationsstelle der Fanprojekte“ (KOS) im Jahr 1993, die seitdem die sozialpädagogischen Fanprojekte in Deutschland berät und Fußballvereinen und -verbänden, Politik, Polizei und Medien als Ansprechpartner in Fanfragen dient,42 der Einführung des bundesweiten Stadionverbots zur Saison 1994/ 9543 und der Schaffung der Datei „Gewalttäter-Sport“ erfolgte in diesem Zeitraum die Implementierung weiterer wichtiger Instrumentarien im Kampf gegen die Hooligan-Gewalt. II. Abkehr der Hooligans vom Stadionbesuch Die ergriffenen Maßnahmen zeigten endlich erste Erfolge. So konnte die Gefahrenlage in den Stadien deutlich verringert werden. Die Auseinandersetzungen der Hooligans verlagerten sich zunehmend in den öffentlichen Raum.44 Das einschneidende Ereignis für die Hooligan-Bewegung in Deutschland aber sollte die Weltmeisterschaft 1998 in Frankreich werden. Vor dem Spiel Deutschland gegen Jugoslawien in Lens verletzte eine Gruppe deutscher Hooligans einen französischen Polizisten schwer. Der mediale Aufschrei, der auf diese Attacke folgte, sorgte mit

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Vgl. das Vorwort des ZIS-Jahresberichts 2016/17. Zu den weiteren Aufgaben der ZIS siehe www.lzpd.polizei.nrw/zentrale-informationsstelle-sporteinsaetze. Zu den von der ZIS bei Fußballspielen erhobenen Daten siehe unten § 4. 41 Je nach Bundesland sind die Landesinformationsstellen Sporteinsätze noch für weitere organisatorische Aufgaben zuständig; siehe etwa für die LIS in Bayern Bayerischer Landtag, Drs. 17/10147, S. 3. 42 www.kos-fanprojekte.de/index.php?id=ueber-die-kos. 43 Nach Tomschütz, Gefährderansprachen, S. 5, wurden örtliche Stadionverbote schon Ende der 1970er-Jahre gegenüber einzelnen Störern festgesetzt. 44 Dazu Weigelt, Hooligans, S. 60 ff.

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

dafür, dass die Hooligans in den deutschen Stadien endgültig ihren Einfluss einbüßten.45 Auch wenn die Hooligans in den meisten Stadien im deutschen Profifußball seit dieser Zeit kaum bis gar nicht mehr präsent sind, existiert der Hooliganismus in Deutschland im Verborgenen weiter. Die sogenannten „Feld, Wald, Wiesen“Kämpfe der neuen Generation der Hooligans finden unabhängig von Fußballspielen statt. Nicht selten besitzen die sich an den Auseinandersetzungen beteiligenden Personen nur geringe Verbindungen zum Fußball beziehungsweise zu Fußballfans. So nehmen an den Kämpfen etwa Personen aus dem Rocker-, Türsteher- oder Kampfsport-Milieu teil.46 Die Subkultur der Hooligans lebt ihre Rivalitäten und Kämpfe also zunehmend abseits des Fußballs aus und weist kaum noch Parallelen zu den „Kutten“-Fans und traditionellen Hooligans auf, deren Auseinandersetzungen in engem Zusammenhang mit den Fußballspielen abliefen.47 Die von Kraft 2001 in seiner Dissertation aufgestellte These, dass Hooligans bewusst Fußballveranstaltungen aufsuchen würden, da die Auseinandersetzungen durch gegenseitige Provokation leichter möglich seien, lässt sich daher jedenfalls für die heutige Zeit nicht mehr aufrechterhalten.48 Schon an dieser Stelle zeigt sich, dass sich Erkenntnisse aus älteren wissenschaftlichen Arbeiten über Hooligans nicht eins zu eins auf die heutige Situation übertragen lassen. Die Hooligan-Szene ist kein starres Gebilde, sondern stetig im Fluss, wie etwa ein neuer Trend unter den europäischen Hooligans zeigt: Mit der sogenannten „Team Fighting Championship“ hat sich Ende 2013 eine Veranstaltungsreihe in Europa entwickelt, in der sich Hooligan„Mannschaften“ Kämpfe in einem Boxring liefern.49 Durch dieses neue Betätigungsfeld, in denen die Hooligans mit ihren Kämpfen sogar Geld verdienen können, dürften die Auseinandersetzungen der Hooligans sich noch weiter vom Fußball lösen.50 Aber der im Zusammenhang mit Ausschreitungen im Umfeld von Fuß45

Weigelt, Hooligans, S. 27. Die Hooligans des FC Carl Zeiss Jena rekrutieren sich beispielsweise vor allem aus dem Türsteher- und Security-Milieu; vgl. thueringer-allgemeine.de, 15. 04. 2011, www.thueringerallgemeine.de/web/zgt/leben/detail/-/specific/Hooligan-Gewalt-im-Fussball-nimmt-in-Thuerin gen-ab-374209682. 47 Auch in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wird ein Zusammenhang zwischen den Drittortauseinandersetzungen der Hooligans und Gewalttaten an Spieltagen in Frage gestellt. So lässt sich nach VG Stuttgart, VBlBW 2007, 67 und VG Freiburg, Urt. v. 25. 09. 2015 – 4 K 35/15, Rn. 67 (juris), allein aus dem Umstand der Beteiligung an Drittortauseinandersetzungen nicht herleiten, dass die Hooligans sich auch innerhalb des Stadions oder im Stadionumfeld an Auseinandersetzungen beteiligen werden. 48 Vgl. Kraft, Bekämpfung der Gewalt, S. 75. 49 Die Homepage der Veranstaltungsreihe ist abrufbar unter https://teamsfight.com/. 50 Die zunehmende „Abkoppelung“ des Hooliganismus vom Fußball wird auch nicht durch die Erfahrungswerte der ZIS widerlegt. Diese resümiert im Jahresbericht 2016/17, S. 23: „Die Erkenntnisse der zurückliegenden Spielzeiten, dass die Tatorte der von den Polizeien der Länder anlässlich der Ligaspiele eingeleiteten Strafverfahren überwiegend im Stadion bzw. dessen unmittelbarem Umfeld lagen, haben sich im Berichtszeitraum erneut bestätigt. So lag 46

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ballspielen verwendete Begriff der „Zuschauergewalt“ traf an sich schon Ende der 1980er-Jahre auf die Auseinandersetzungen der Hooligans nicht mehr zu. Obwohl in einigen deutschen Stadien vereinzelt noch Kleingruppen „traditioneller“ Hooligans anzutreffen sind, spricht wenig dafür, dass es in Deutschland zu einer Renaissance des Hooliganismus in den oberen deutschen Spielklassen kommt. Pilz bezeichnet Hooligans treffend als „Auslaufmodell im Kontext von Zuschauergewalt“.51 Auch das in den Jahren 2014 und 2015 zu beobachtende Phänomen, dass Hooligans zusammen mit Angehörigen der Neonazi-Szene unter dem Namen „Hooligans gegen Salafisten“ Demonstrationen abhalten, dürfte an diesem Umstand nichts ändern. So positionierten sich zahlreiche deutsche Fankurven gegen die neue Allianz aus Hooligans und Rechtsextremen und erklärten den Agitationsversuchen des Hooligan-Bündnisses eine deutliche Absage.52 Dass aber deutsche Hooligans in Einzelfällen noch in den Stadien auffällig werden, zeigen die Vorfälle im September 2017 beim Auswärtsspiel der deutschen Nationalmannschaft in Prag.53

D. Ultras – „das neue und bestimmende Gewaltphänomen“ Nachdem die Hooligans Mitte der 1990er-Jahre weitestgehend aus den Fanblöcken verschwunden waren, dauerte es nur wenige Jahre, bis mit den Ultras eine neue Generation von Fußballfans das Vakuum in den deutschen Fankurven füllte und das Geschehen in den Fanblöcken revolutionierte. Die Ultra-Bewegung war in den 1960er-Jahren in Italien aus der Arbeiter- und Studentenbewegung entstanden.54 Die der prozentuale Anteil der im Stadion (inklusive Zugangskontrollen) festgestellten Strafverfahren ligaübergreifend in den ersten drei Ligen zwischen rund 47 und 57 Prozent. Weitere ca. 28 bis 33 Prozent der Straftaten wurden im unmittelbaren Stadionumfeld (inklusive Parkplätze) festgestellt. Dies ist ein eindeutiges Indiz dafür, dass die Fußball-Gewalttäter weiterhin die ,Bühne‘ und die Nähe des Stadions für ihre Aktivitäten nutzen. Lediglich zwischen rund 15 und 20 Prozent der Tatorte der anlässlich der Spiele der ersten drei Ligen eingeleiteten Strafverfahren lagen nach den Berichten der Spielortbehörden im Stadtgebiet. […]“. Aus dem Bericht ergibt sich jedoch gerade nicht, dass die Strafverfahren gegen Hooligans eingeleitet wurden. Eine Differenzierung nach Fan-Kategorien wird hinsichtlich der eingeleiteten Ermittlungsverfahren nicht vorgenommen. Die Ermittlungsverfahren sind zudem kein taugliches Indiz für die These, dass Gewalttäter weiterhin die „Bühne“ und die Nähe des Stadions für ihre Aktivitäten nutzen“, da die Drittortauseinandersetzungen bewusst an abgelegenen Orten stattfinden, sodass die Polizei vielfach von diesen keine Kenntnis erlangt und somit auch keine Ermittlungsverfahren einleiten kann. 51 Pilz, Zuschauergewalt im Fußball, in: Strauß (Hrsg.), Sportzuschauer, S. 214. 52 Vgl. nur die Pressemitteilung des Fanbündnisses „Pro Fans“ v. 14. 11. 2014, www.pro fans.de/pressemitteilung/hogesa-hat-nichts-mit-der-fankultur-zu-tun-fuer-die-wir-stehen. 53 Eine Gruppe deutscher Hooligans fiel dort u. a. durch das Brüllen rechtsextremer Parolen auf; vgl. welt.de, 04. 09. 2017, www.welt.de/sport/article168287460/Polizei-identifiziert-erstedeutsche-Schreihaelse.html. 54 Ausführlich zur Entstehung und Entwicklung der italienischen Ultra-Bewegung Sommerey, Genese italienischer Ultras, in: Czoch (Hrsg.), Ultras in Deutschland, S. 111 ff.

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bei den Protestzügen der Studenten und Arbeiter auf den Straßen mitgeführten Utensilien wie Megaphone, Fahnen, Banner, Trommeln und Pyrotechnik adaptierten die Ultras als Stilmittel in den Fankurven.55 Da die Ultras, wie noch darzulegen sein wird, seit den 2000er-Jahren das „Herz der Fankurven“56 in den deutschen Stadien bilden, zugleich aber auch als „das neue und bestimmende Gewaltphänomen im deutschen Fußball“57 gelten, wird die Entwicklung der deutschen Ultra-Bewegung, insbesondere ihrer Verhaltensmuster und ihres Selbstverständnis, nachfolgend näher dargestellt. I. Entwicklung der Ultras in Deutschland Ab Beginn des neuen Jahrtausends58 verbreitete sich die Ultra-Bewegung in fast allen deutschen Fankurven. Die Mitgliederzahlen der einzelnen Gruppierungen reichen von einer niedrigen zweistelligen Anzahl bis zu mehreren Hundert Mitgliedern.59 Insgesamt soll es in Deutschland bis zu 25.000 aktive Ultras geben.60 Neben den eigentlichen Gruppenmitgliedern gibt es zudem eine hohe Anzahl von Fans, die mit den Ultras sympathisieren und sich im Umfeld der Gruppen bewegen.61 Die Ultras gelten deswegen heutzutage als die attraktivste Jugendbewegung in Deutschland.62 Mittlerweile dominieren die Ultragruppierungen nahezu jede Fankurve Deutschlands, obwohl sie gerade in den größeren Fankurven des Landes – allein auf der Dortmunder „Südtribüne“ stehen knapp 25.000 Personen – prozentual nur einen kleinen Anteil der Fankurvenbesucher ausmachen. Dennoch orientieren sich weite Teile der Fankurvenbesucher an den von den Vorsängern der Ultras vorgegebenen

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Zu den Stilmitteln der Ultras Winands, Interaktion von Fußballfans, S. 89 ff. Pilz u. a., Wandlungen des Zuschauerverhaltens, S. 13. 57 Als solche bezeichnet Kraus, Schriftenreihe der Deutschen Hochschule der Polizei 2010 (III – IV), S. 97 (183), die deutschen Ultras. 58 Schon Ende der 1980er-Jahre hatten sich erste Gruppen jugendlicher Fans entwickelt, die sich an den italienischen Ultras orientierten. Ausführlich zur historischen Entwicklung der Ultras in Deutschland Czoch, Die Geschichte der deutschen Ultras, in: Czoch (Hrsg.), Ultras in Deutschland, S. 123 ff. 59 Vgl. Gabler, Die Ultras, S. 57, wobei der „harte Kern“ einzelner Gruppen einen Personenkreis von mehreren Dutzend Mitgliedern selten überschreiten soll. Dagegen gibt Brenner, Ultras, S. 78, ohne nähere Begründung die Mitgliederanzahl einzelner Gruppen mit bis zu 1.000 an. 60 Duttler/Haigis, Ultras und andere Subkulturen, in: Duttler/Haigis (Hrsg.), Ultras, S. 11 m. w. Nachw. Müller, Ultras im Fußball, S. 106, gibt hingegen eine Spanne von 5.000 bis 10.000 deutschen Ultras an. 61 Pilz/Wölki, Ultraszene, in: Pilz et al. (Hrsg.), Wandlungen des Zuschauerverhaltens, S. 63 (72). 62 Duttler/Haigis (Hrsg.), Ultras, S. 9. 56

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Gesängen, helfen bei der Durchführung der komplexen Choreographien63 mit und finanzieren die optischen Inszenierungen der Ultras durch den Kauf von Merchandise-Artikeln der Ultras oder Spenden. II. Charakteristika der deutschen Ultras Eine einheitliche Beschreibung der deutschen Ultras, eine Definition, was „Ultra“ ist, dürfte kaum möglich sein. Zu heterogen ist diese vornehmlich jugendlich geprägte Subkultur. Das „Ultra-Dasein“ wird von Ultragruppe zu Ultragruppe in Deutschland anders definiert und gelebt.64 Als Minimalkonsens aller Gruppen sieht Leistner die Kritik an der Kommerzialisierung des Fußballs und eine starke „Supportorientierung“.65 Kennzeichnend sind zudem sehr zeit- und kostenaufwendige Choreographien, das Herausgeben eigener Magazine sowie der Ausdruck von Liebe und Verbundenheit zu ihrem Verein und ihrer Stadt mittels Gesängen.66 Vom restlichen Publikum heben die Ultras sich gerade durch ihren besonderen Einsatz außerhalb der Spieltage hervor. So tragen die Ultras abseits vom Fußball-Spielgeschehen ihren eigenen Wettkampf, den „Kampf auf den Rängen“,67 aus. Während auf dem Fußballfeld das Team mit den meisten Toren gewinnt, sind beim Wettstreit der Ultras die Lautstärke und Kreativität der Fangesänge, die optische Unterstützung durch Choreographien, Fahnen und Pyrotechnik, das Entwenden gegnerischer Fanartikel oder die körperliche Auseinandersetzung außerhalb des Stadions entscheidend. Nach dem Spieltag wird auf Internetseiten, in Magazinen68 oder sogenannten Kurvenflyern69 die jeweilige „Performance“ beurteilt. Dieser Wettkampfgedanke der konkurrierenden Ultragruppen ist von zentraler Bedeutung, um das Selbstverständnis der Ultras nachzuvollziehen. Innerhalb dieses Wettkampfgedankens besteht für die Ultras ein klares FreundFeind-Schema: Wie schon die traditionellen „Kutten“-Fans und Hooligans hegen die Ultras einerseits Freundschaften zu anderen Fangruppen im In- und Ausland.70 63 Bei diesen handelt es sich um optische Aktionen in den Stadien, die in der Regel zum Einlaufen der Spieler durchgeführt werden und bei denen in größeren Stadien oftmals zehntausende Besucher eingebunden werden (z. B. durch das Hochhalten von Papptafeln, das Werfen von Papierschnipseln oder das Schwenken von Fahnen). 64 Veranschaulicht bei Adam, Die Ultra-Fußballfankultur, in: Duttler/Haigis (Hrsg.), Ultras, S. 63 (65 ff.); Müller, Ultras im Fußball, S. 88 und 107. 65 Leistner, Sport und Gesellschaft 5 (2/2008), 111, 118. 66 Pilz u. a., Wandlungen des Zuschauerverhaltens, S. 13. 67 So Friedmann, Polizei und Fans, S. 15. 68 Mit „Blickfang Ultra“, „Erlebnis Fußball“ und dem „45 Grad – Kurvenheft“ existieren gleich drei bundesweite Magazine, die fast ausschließlich über die deutsche Ultra-Bewegung berichten. Daneben existieren zahlreiche Magazine einzelner Fanszenen bzw. Ultragruppen. 69 Fast jede Ultragruppe publiziert eigene „Info-Flyer“, die an Spieltagen im Stadion verteilt werden. 70 Gabler, Die Ultras, S. 77 f.

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Andererseits pflegt die überwiegende Mehrheit der Ultras – neben Feindschaften oder Rivalitäten zu anderen Ultragruppierungen – drei Feindbilder, die außerhalb der eigenen Subkultur stehen: die Polizei, die Fußballverbände und die Medien.71 Aus gefahrenabwehrrechtlicher Sicht ist zudem der Umstand bedeutend, dass Ultras, gegen die Stadionverbote festgesetzt wurden,72 sich oftmals nicht von der Anreise zu den Spielen abhalten lassen.73 Über die genannten Gemeinsamkeiten hinaus existieren keine weiteren allgemeingültigen Übereinstimmungen, die auf alle Ultragruppen in Deutschland zutreffen. Die Selbstverständnisse der Ultragruppen in Deutschland weichen an vielen Punkten voneinander ab. Die Unmöglichkeit, ein umfassendes einheitliches Selbstverständnis der Ultras zu definieren, zeigt sich dabei gerade auch im Verhältnis der Ultras zur Gewalt. Während in den Anfangsjahren der Ultras in Deutschland Gewalt und das Entwenden von Fanartikeln nur eine völlig untergeordnete Rolle spielte,74 gilt die deutsche Ultra-Bewegung mittlerweile als „das neue und bestimmende Gewaltphänomen im deutschen Fußball“. Im Folgenden soll dargelegt werden, welchen Wandel die deutsche Ultra-Bewegung in dieser Zeitspanne vollzogen hat. 1. Pyrotechnik als Ausdrucksmittel Die Verwendung von Pyrotechnik innerhalb der Stadien ist für die Ultras fester Bestandteil ihres Fan-Daseins.75 Pyrotechnik als optisches Stilmittel der Fans wurde in deutschen Stadien jedoch nicht von den Ultras eingeführt, sondern kam dort schon Ende der 1980er-Jahre vermehrt zum Einsatz. Die „brennenden“ Fankurven waren für die deutschen Medien damals ein Ausdruck „südländischer Fankultur“ und sorgten sowohl bei den Kommentatoren als auch den Zuschauern größtenteils für Begeisterung.76 Erst im Laufe der Zeit wandelte sich das überwiegend positive Bild des Gebrauchs von Pyrotechnik in den Stadien, und es kam vermehrt zu ordnungspolizeilichen Maßnahmen gegen überführte Fans, was zur Folge hatte, dass im Jahr 2006 Pyrotechnik innerhalb der Fanblöcke nur noch äußerst selten benutzt 71

Pilz u. a., Wandlungen des Zuschauerverhaltens, S. 14. Zu den rechtlichen Voraussetzungen der Festsetzung von örtlichen und bundesweiten Stadionverboten sowie zur Auswirkung der Vergabepraxis auf die Sicherheitslage im öffentlichen Raum siehe unten § 6 B. III. 1. 73 Siehe dazu § 6 B. III. 1. b). 74 Gabler, Die Ultras, S. 123. 75 Adam, Die Ultra-Fußballfankultur, in: Duttler/Haigis (Hrsg.), Ultras, S. 63 (81). Zur strafrechtlichen Beurteilung des Zündens von Pyrotechnik und den damit verbundenen Gefahren siehe unten § 3 F. I. 76 Als „Fußballfieber am Niederrhein, ähnlich wie in Italien“ bezeichnete der Kommentator des DFB-Pokal-Viertelfinals zwischen Bayer Uerdingen und dem MSV Duisburg am 30. 03. 1991 den Anblick von Dutzenden bengalischen Feuern auf den Tribünen. Der Kommentar ist abrufbar unter www.youtube.com/watch?v=tp4qFqcTgHE. 72

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wurde.77 In den nächsten Jahren stieg die Verwendung von Pyrotechnik innerhalb der Stadien wieder an, was letztlich im Dezember 2010 mehr als 50 deutsche Ultragruppen veranlasste, die Kampagne „Pyrotechnik legalisieren – Emotionen respektieren“ zu gründen.78 Deren Ziel war es, ein Konzept zu entwickeln, Pyrotechnik innerhalb der Stadien legal zünden zu können. Die zwischen Fan- und Verbandseite geführten Gespräche wurden im Frühjahr 2011 von den Verbänden aufgekündigt; gegenseitige Schuldzuweisungen folgten.79 Ernsthafte Versuche, eine rechtliche Grundlage zu schaffen, Pyrotechnik in den deutschen Stadien legal zu zünden, wurden seit dem Scheitern der Verhandlungen nicht mehr unternommen und sind auf absehbare Zeit – im Unterschied zu anderen europäischen Ländern80 – auch nicht zu erwarten.81 Dennoch verzichten die deutschen Ultras nach wie vor nicht auf das Zünden von Pyrotechnik. Die Art und Weise deren Verwendung hat sich im Vergleich zu den 1990er-Jahren erheblich verändert. Während die Fans damals die bengalischen Feuer – frei von Angst vor straf- oder ordnungswidrigkeitsrechtlichen Konsequenzen82 – ohne Vermummung entzünden konnten, werden die Pyroaktionen mittlerweile sorgfältig vorbereitet und durchorganisiert: Um Identifizierung und Strafverfolgung zu verhindern, vermummen die Ultras sich meist unter dem Sichtschutz gespannter Fahnen, die auch nach dem Ende der Pyroaktionen in Position bleiben, um den Zündlern anschließend wiederum einen nicht einsehbaren Kleiderwechsel zu ermöglichen. Das Zünden von Pyrotechnik innerhalb der videoüberwachten Stadien bedarf daher mittlerweile eines erheblichen Organisationsaufwandes, den nur die Ultras bewerkstelligen können.83 Auch die Stimmung in der Öffentlichkeit gegenüber dem Einsatz von Pyrotechnik hat sich maßgeblich gewandelt. Während zu Beginn der 1990er-Jahre die „brennenden“ Fankurven nicht nur von den Besuchern der Fanblöcke, sondern auch von 77

(85). 78

Pilz/Wölki, Ultraszene, in: Pilz et al. (Hrsg.), Wandlungen des Zuschauerverhaltens, S. 63

Die Kampagnenseite ist weiterhin abrufbar unter www.pyrotechnik-legalisieren.de/. Spiegel.de, 02. 11. 2011, www.spiegel.de/sport/fussball/ende-der-pyro-debatte-die-verba ende-haben-uns-verarscht-a-795533.html. 80 Derzeit wird in Dänemark an der Entwicklung stadiontauglicher Pyrotechnik gefeilt, die in den Fankurven gefahrlos gezündet werden kann. Ein erster Prototyp wird von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung getestet; vgl. fnp.de, 23. 03. 2017, www.fnp.de/ sport/Ungefaehrliche-Pyrotechnik;art684,2539319. 81 Kober, Pyrotechnik, S. 307 ff., der sich 2015 in seiner Dissertation ausführlich mit den rechtlichen Problemfeldern beim Einsatz von Pyrotechnik in den deutschen Stadien auseinandergesetzt hat, spricht sich für eine begrenzte Zulassung von Magnesiumfackeln der Kategorie P 1 aus. Ein Vorschlag von Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD), das Abbrennen von Pyrotechnik unter Auflagen in den Stadien zu erlauben, stieß im August 2017 bei Polizeivertretern und anderen Landesinnenministern auf Ablehnung; vgl. haz.de, 18. 08. 2017, http://www.haz.de/Nachrichten/Politik/Niedersachsen/Boris-Pistorius-will-Pyrotechnikim-Fussball-Stadion-zulassen. 82 Mangels ernsthafter behördlicher Verfolgung der damals zündelnden Fans. Zur strafrechtlichen Beurteilung des Zündens von Pyrotechnik siehe unten § 3 F. I. 83 Vgl. Kober, Pyrotechnik, S. 47. 79

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

Vereinen und Medien überwiegend positiv gesehen wurden und mit der „südländischen Atmosphäre“ in den Stadien geworben wurde, wird die Verwendung von Pyrotechnik mittlerweile mit Ausschreitungen und Gewalt gleichgesetzt. Mitursächlich für das geänderte Image dürften sicherlich die von den Ultras bei den Pyroaktionen benutzten martialisch wirkenden Vermummungsutensilien, wie Sturmhauben, sein. Der schwarz vermummte Ultra in Nahaufnahme vermittelt am Fernsehschirm wenig von der bunten Fußballatmosphäre, die die Ultras mit ihrer Pyrotechnik eigentlich verbreiten wollen. Nach dem Scheitern der Kampagne „Pyrotechnik legalisieren – Emotionen respektieren“ ist zudem zu beobachten, dass die Ultras Pyrotechnik nicht nur als optische Stilmittel nutzen, sondern sie vermehrt gezielt missbräuchlich verwenden, um durch das Werfen von bengalischen Feuern auf den Platz oder sogar in benachbarte Zuschauerblöcke Spielunterbrechungen herbeizuführen. 2. Verhältnis zur Gewaltanwendung Einen weiteren wichtigen Gesichtspunkt stellt die Rolle der gewalttätigen Auseinandersetzungen in der Ultrakultur dar. Wie schon oben erwähnt, gab es kaum gewalttätige Auseinandersetzungen in den ersten Jahren der deutschen Ultra-Bewegung.84 Die damals zahlenmäßig sehr überschaubare Szene war mehr am gegenseitigen Erfahrungsaustausch interessiert, um in der eigenen Fankurve an Einfluss gewinnen zu können. Erst im weiteren Verlauf radikalisierten sich einzelne Ultragruppen und versuchten sich außerhalb der Stadien in gewalttätigen Auseinandersetzungen zu messen.85 Angesichts der Heterogenität der Ultra-Bewegung fällt eine allgemeine Aussage über den Stellenwert der gewalttätigen Auseinandersetzungen bei den Ultras schwer. Vor Augen geführt werden muss sich erneut der die Ultrakultur prägende Wettkampfgedanke. Im Gegensatz zu den Hooligans stellt die Anwendung von Gewalt für die Ultras keinen Selbstzweck dar, sondern dient primär dem Ziel, gegnerische Fahnen und Schals zu erobern, um die gegnerischen Ultras zu demütigen.86 Der Stellenwert, den Gewalt in den einzelnen Ultragruppierungen einnimmt, variiert von Gruppe zu Gruppe. Auch die von Gabler aufgestellte These, dass keine Gruppierung Gewalt grundsätzlich ablehne,87 dürfte nur auf die überwiegende Anzahl der

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Siehe oben § 1 D. II. Dieser Radikalisierungsprozess wird auch auf das durch Missverständnisse geprägte Verhältnis zwischen Ultras und Polizei zurückgeführt, in dem die Polizei schon früh auf die zunächst friedliche, aber extrovertierte deutsche Ultra-Bewegung die im Kampf gegen die Hooligan-Gewalt erprobten Repressionsmittel anwandte; vgl. Scheidle, Ultra(recht)s in Italien, in: Dembowski/Scheidle (Hrsg.), Tatort Stadion, S. 90 (97); dazu auch Gabler, Die Ultras, S. 123. 86 Vgl. Gabler, Die Ultras, S. 35; Leistner, Sport und Gesellschaft 5 (2/2008), 111, 120. 87 Gabler, Die Ultras, S. 127. 85

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Gruppen, nicht aber auf alle Ultragruppen zutreffen.88 Wenn einzelne Ultras bewusst die Auseinandersetzung suchen, ist das zentrale Motiv das Erbeuten gegnerischer Fanmaterialien, allen voran von Zaunfahnen, denen in Kreisen der Ultras ein besonderer Stellenwert zukommt. Die enge Polizeibegleitung der Ultras auf den Anund Abreisewegen sowie die Fantrennung in und um die Stadien sorgen dafür, dass gegnerische Ultragruppen nur noch in wenigen Fällen direkt aufeinandertreffen. In den vergangenen Jahren kam es aber vermehrt jenseits der Spieltage zu Einbrüchen in die Fahnenlager der Ultras, um an das gegnerische Fanmaterial zu gelangen.89 Der Verlust einer Zaunfahne, die für die Ultragruppierung ihr höchstes Gut darstellt, stellt in der Logik der Ultras eine enorme Erniedrigung dar, die nicht selten zur Auflösung der Gruppe führt.90 Das „Abziehen“ gegnerischer Fanutensilien ist keine Erfindung der Ultra-Bewegung, sondern schon mindestens seit den 1970er-Jahren unter Fußballfans verbreitet.91 Neu sind allerdings das Ausmaß des „Abziehens“ und die bisweilen hohe kriminelle Energie, welche für jenes vermeintliche „Spielchen unter Fußballfans“ aufgewendet wird. Die Heterogenität der Szene zeigt sich aber auch in diesem Punkt: Während einige wenige Gruppen gänzlich auf das Entwenden und Präsentieren gegnerischer Fanmaterialien verzichten, werden von anderen Ultragruppen nur Fanmaterialien von gegnerischen Ultras erbeutet, während wiederum diverse Ultragruppierungen auch Fanmaterialien von Nicht-Ultras entwenden.92 Auch insoweit lässt sich daher eine allgemeingültige Aussage über die deutschen Ultras nicht treffen. 3. Gesellschaftliches Engagement Pyroaktionen in den Stadien und gewalttätige Auseinandersetzungen prägen in der Regel das Bild der Ultras in der Öffentlichkeit. Dass die Ultra-Bewegung innerund außerhalb der Stadien auch Positives bewegt hat und immer noch bewegt, ist in der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt. Um ein vollständiges Bild der deutschen Ultra-Bewegung zu erhalten, ist es unerlässlich, auch auf die positiven Aspekte der 88 Beispielsweise distanziert sich die Düsseldorfer Ultragruppe „Dissidenti Ultra“ ausdrücklich von jeglicher Gewalt gegen Menschen; vgl. Gruppenvorstellung Dissidenti Ultra, S. 3, abrufbar unter https://dissidenti-ultra.de/wp-content/uploads/2013/07/here-we-are-now. pdf. Zumindest nach außen hin kommuniziert derzeit wohl eine Mehrheit von Ultragruppen den Verzicht auf Gewaltanwendung, klammert man die Gewaltanwendung zu Zwecken der Selbstverteidigung aus; vgl. die Aussage von Ruf, in: WFV (Hrsg.), Justiz und Sportgerichtsbarkeit, S. 127 (128 f.). 89 Siehe dazu die unter § 3 B. I. geschilderten Beispiele aus der Praxis. 90 Beispielsweise löste sich die Ultragruppierung „Giasinga Buam“ des TSV 1860 München im Juli 2016 auf, nachdem Ultras des FC Bayern ihre Zaunfahne entwendet hatten; vgl. sueddeutsche.de, 28. 07. 2016, www.sueddeutsche.de/sport/tsv-muenchen-wenn-die-fahne-ab handen-kommt-das-ist-die-groesste-schmach-1.3097977. 91 Siehe dazu im Einzelnen unten § 3 B. 92 Siehe dazu unten § 3 B. I.

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

Ultrakultur hinzuweisen. Viele deutsche Ultragruppen pflegen einen antirassistischen Konsens, sodass rassistische oder neonazistische Vorfälle in den Fanböcken der oberen Ligen, auch aufgrund der Antirassismus-Arbeit der Ultras, nur noch vereinzelt verzeichnet werden.93 Daneben engagieren sich viele Ultragruppen karitativ in ihren eigenen Städten. Die Betätigungsfelder sind dabei vielfältig: Beispielsweise werden Kleider- oder Geldspenden für soziale Zwecke gesammelt, eigene Fußballturniere mit Flüchtlingen organisiert oder diese und Obdachlose ins Stadion eingeladen.94 Das soziale und gesellschaftliche Engagement der Ultras verdeutlicht einmal mehr die für Außenstehende zutage tretenden Widersprüche der Ultra-Bewegung: Das Bild des vermummten Ultras im Fanblock lässt sich nur schwer im Einklang bringen mit dem Bild desselben Ultras, der am nächsten Tag in der Fußgängerzone Geld für Obdachlose oder Flüchtlingsarbeit sammelt. 4. Berührungspunkte mit Hooligans Seit einigen Jahren ist eine neue Entwicklung in einer Reihe von Fanszenen festzustellen: Es kommt zu Konflikten zwischen antirassistischen Ultragruppierungen und rechtsoffenen/rechtsradikalen Fangruppierungen des eigenen Vereins. Von Seiten der nicht selten rechtsextremen (Alt-)Hooligans, die sich noch im Umfeld der Fußballspiele bewegen, wird den betroffenen Ultras der Vorwurf gemacht, dass diese den ungeschriebenen Grundsatz „Keine Politik im Stadion“ gebrochen hätten. Viele Ultragruppierungen stellen diesen Grundsatz in der Tat zunehmend in Frage und führen eigene Choreographien gegen Homophobie, Rassismus oder Antisemitismus durch. Bundesweit kommt es daher in einzelnen Städten zu Übergriffen rechtsgerichteter Hooligans auf Ultragruppierungen, die sich aktiv gegen verschiedene Formen gesellschaftlicher Diskriminierung engagieren.95 Die betroffenen Ultragruppierungen haben den kampfsporterprobten Hooligans körperlich meist wenig entgegenzusetzen und sind deshalb überwiegend auf den Schutz durch den eigenen Verein und die Sicherheitskräfte angewiesen. Dass die Ultras in der Regel, selbst 93 Vgl. Gabler, Die Ultras, S. 169 ff. Die Antirassismus-Arbeit unterscheidet sich von Ultragruppe zu Ultragruppe und ist mal mehr und mal weniger stark ausgeprägt; siehe dazu Luzar, Ultras und Politik, in: Duttler/Haigis (Hrsg.), Ultras, S. 287 (291 f.). 94 Beispielsweise spendeten Ultras von Eintracht Frankfurt im November 2017 knapp 40.000 Euro für einen Kinder- und Jugendhospizdienst und eine Drogenhilfe in Frankfurt; vgl. fr.de, 06. 11. 2017, www.fr.de/frankfurt/eintracht-frankfurt-mega-spende-der-ultras-a-1382120. 95 In den vergangenen Jahren kam es deshalb in der Fußball-Fanszene des MSV Duisburg zu Bedrohungshandlungen und körperlichen Angriffen auf antirassistische Ultras durch rechtsextreme Duisburger Hooligans; vgl. derwesten.de, 07. 06. 2017, www.derwesten.de/sport/fuss ball/msv/vor-dem-niederrheinpokalfinale-rechte-msv-hooligans-sollen-duisburg-ultras-atta ckiert-haben-id210829001.html. Ähnliche Vorfälle ereigneten sich u. a. in Braunschweig (vgl. spiegel.de, 26. 09. 2013, www.spiegel.de/sport/fussball/braunschweig-ultras-beim-spiel-gegenmoenchengladbach-attackiert-a-924537.html), Düsseldorf (vgl. spiegel.de, 04. 04. 2014, www. spiegel.de/sport/fussball/fussball-fortuna-duesseldorf-ultras-und-hooligans-a-961987.html) und Aachen (vgl. tagesspiegel.de, 03. 03. 2013, www.tagesspiegel.de/politik/alemannia-aachen-fan gruppe-kapituliert-vor-rechten-ultras/7866938.html).

§ 1 Störer im Umfeld von Fußballspielen: Ultras, Fans, Hooligans?

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wenn sie Opfer von Straftaten geworden sind, mit staatlichen Stellen nicht kooperieren – insofern ist von einer Art „Schweigekodex“ die Rede –, ist beim Unterfangen, die Betroffenen besser vor Übergriffen der Hooligans zu schützen, sehr hinderlich.96 Bei der Beurteilung des Verhältnisses zwischen Ultras und Hooligans ist aber auch hier wieder die große Heterogenität der Szene zu berücksichtigen. So pflegen einige Ultragruppierungen gute Kontakte zu den noch im Umfeld ihrer Vereine verbliebenen Alt-Hooligans. Zudem verschwinden bei einzelnen Fangruppierungen die Grenzen zwischen Ultras und Hooligans oder einzelne Ultras wechseln von Ultragruppierungen zu den Hooligans.97 Dieses Phänomen – für dessen Beschreibung in der sozialwissenschaftlichen Forschung schon vor einigen Jahren der Begriff des „Hooltras“ gewählt wurde98 – lässt sich in jüngerer Zeit verstärkt beobachten. So berichtet das Fußball-Magazin 11 Freunde von einer neuen, äußerst gewaltbereiten Gruppierung in Dortmund, deren Mitglieder sich aus ehemaligen Ultras und Personen aus dem fußballfremden Rocker- und Türsteher-Milieu zusammensetzen.99 5. Konflikte mit der (Bereitschafts-)Polizei Das Verhältnis zwischen den Ultras und der Polizei ist seit vielen Jahren angespannt: Von einem „Feindbild Polizei“, aber auch umgekehrt von einem „Feindbild Ultras“ ist die Rede.100 Schon in einer Studie aus dem Jahr 2005 gaben nur knapp fünf Prozent der befragten Ultras an, dass sie kein Problem mit der Polizei hätten.101 Wirft man einen Blick auf die Banner und Transparente der Ultras in den Stadien, deutet vieles darauf hin, dass sich an dieser negativen Grundstimmung gegenüber der Polizei nichts geändert hat. So finden sich das Akronym „ACAB“ („All Cops Are Bastards“) oder Schriftzüge mit ähnlichen Inhalten in vielen deutschen Fankurven.102

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Vgl. ZIS-Jahresbericht 2013/14, S. 7. Vgl. die Aussage von Ruf, in: WFV (Hrsg.), Justiz und Sportgerichtsbarkeit, S. 127 (129). 98 Der „Hooltra“ soll zwar Merkmale der Ultrakultur aufweisen, sich aber offen zur Gewalt bekennen; vgl. Pilz/Wölki, Ultraszene, in: Pilz et al. (Hrsg.), Wandlungen des Zuschauerverhaltens, S. 63 (217); zustimmend Müller, Ultras im Fußball, S. 115; kritisch hingegen Leistner, Sport und Gesellschaft 5 (2/2008), 111, 112. 99 11 Freunde, Nr. 180, S. 58 ff. Diese Gruppe erklärte im Juli 2017 ihre Auflösung; siehe dazu unten Fn. 561. 100 Vgl. nur die Aussagen des ehemaligen Leiters Fachausschuss Schutzpolizei der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Mecklenburg-Vorpommern, Kühl, Schriftenreihe der Deutschen Hochschule der Polizei 2009 (III – IV), S. 39 ff., der den Ultras u. a. ein höheres Gefährdungspotenzial als Hooligans unterstellt, vor der Machtergreifung der Ultras in ganzen Fußballvereinen warnt, ihnen eine gezielte Verbreitung von Unwahrheiten über Polizeieinsätze vorwirft und diesen pauschal unterstellt, kritische Fans zu bedrohen. 101 Pilz/Wölki, Ultraszene, in: Pilz et al. (Hrsg.), Wandlungen des Zuschauerverhaltens, S. 63 (137). 102 Siehe dazu unten § 3 F. II. 97

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

Die Gründe für das schlechte Verhältnis zwischen Ultras und Polizei sind vielfältig. In sozialwissenschaftlichen Untersuchungen wird beiden Seiten eine Mitschuld an dem schwelenden Konflikt zugesprochen. So sollen die Kontroversen zwischen Ultras und (Bereitschafts-)Polizei unter anderem darin begründet sein, dass beide Gruppen – auf den ersten Blick überraschend – durchaus Parallelen aufweisen: Mit den Ultras und den bei Fußballspielen vornehmlich eingesetzten Bereitschaftspolizisten treffen zwei Gruppen aufeinander, die sich hinsichtlich des Zusammengehörigkeitsgefühls und der gegenseitigen Solidarität innerhalb ihrer Gruppe beziehungsweise Einheit kaum unterscheiden.103 Derartige Solidarisierungseffekte bestärken einen negativen Kreislauf im Verhältnis zwischen Ultras und Polizei, den Pilz wie folgt beschreibt: „Zunehmende Maßnahmen seitens der Polizei sind einerseits eine Antwort auf das gewaltförmige, zumindest gesetzeswidrige Verhalten eines – wenn auch kleinen – Teils der Ultras, der sich jedoch aufgrund der Neigung zu Solidarisierungen auch schnell zu einer beträchtlichen Zahl feindlich der Polizei gegenüberstehender Ultras entwickeln kann. Umgekehrt sind negative Erfahrungen von Ultras bei Polizeieinsätzen auch Ursache für deren aggressive Grundstimmung gegen die Polizei.“104 So soll dem polizeilichen Selbstverständnis eine gewisse Kritikresistenz immanent sein,105 die nicht selten die Konflikte erst schüren soll.106 Umgekehrt wird auch gegenüber Ultras der Vorwurf der fehlenden Selbstkritik erhoben.107 Unabhängig von etwaigen Schuldzuweisungen dürfte allen Beteiligten klar sein, dass die schwierige Beziehung zwischen Ultras und Polizisten negative Auswirkungen auf die Sicherheitslage beim Fußball hat und daher dringend verbessert werden müsste. Der Entspannung des Verhältnisses zwischen Ultras und Polizei wird seit Jahren eine zentrale Bedeutung für das Unterfangen, die Gewaltbereitschaft der Ultras zu minimieren, zugesprochen.108 Diesbezüglich wurden und werden zahlreiche Ideen entwickelt, die partiell auch in der Praxis umgesetzt wurden. Vor allem der an den meisten Fußballstandorten nicht vorhandene Dialog zwischen Ultras und Polizei soll (wieder) in Gang gebracht werden. Zur Verbesserung des Verhältnisses zwischen Polizei und Fans könnte auch eine flächendeckende Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte bei Großveranstaltungen beitragen. So werden beinahe 103 Gabler, Die Ultras, S. 201; Jasch, in: FS Liebl, S. 99 (102), verwendet das Bild einer „eingeschworene[n] Gefahrengemeinschaft“ für die Polizei. 104 Pilz/Wölki, Ultraszene, in: Pilz et al. (Hrsg.), Wandlungen des Zuschauerverhaltens, S. 63 (130). Einen Einblick in die diesbezügliche Sichtweise der Ultras ermöglicht Linkelmann, „Feindbild Polizei“, in: Feltes (Hrsg.), Polizei und Fußball, S. 21 ff. 105 Die Kritikresistenz wird der Polizei auch aus wissenschaftlicher Sicht attestiert; siehe dazu Behr, Gewalt, in: Ohlemacher/Werner (Hrsg.), Polizei und Gewalt, S. 177 (178 f.). 106 So ausdrücklich Richthofen, Die Polizei 1994, 90, 92; in diese Richtung auch Braun/ Albrecht, DÖV 2015, 937, 939; Niemeier, Bekämpfung ritualisierten Gewaltverhaltens, S. 56 f. 107 Nicht selten wird dieser Vorwurf von anderen Fankurvenbesuchern erhoben; vgl. nur 11freunde.de, 30. 03. 2010, www.11freunde.de/interview/wie-stpauli-fans-die-blockade-sehen. 108 Vgl. schon Kühl, Schriftenreihe der Deutschen Hochschule der Polizei 2009 (III – IV), S. 39 (57).

§ 2 Ursachen der Auseinandersetzungen im Umfeld von Fußballspielen

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wöchentlich in Internetforen, auf Facebook-Seiten, in Fußball-Fanzines oder in Stellungnahmen von Fan-Rechtshilfen neue Vorwürfe über Übergriffe auf Fußballfans durch Polizeibeamte erhoben, ohne dass sich diese Anschuldigungen verifizieren lassen.109 Braun und Albrecht wählen in dem Zusammenhang drastische Worte, wenn sie von einer „Kultur der Straflosigkeit“ und einer polizeiinternen „Mauer des Schweigens“ sprechen, die durch eine flächendeckende Kennzeichnungspflicht möglicherweise gebrochen werden könnte.110 In der Rechtswissenschaft wird eine grundsätzliche Einführung einer flächendeckenden Kennzeichnungspflicht daher vielfach als begrüßenswert angesehen.111 Gerade vor dem Hintergrund, dass Vertreter der Polizei seit Jahren eine Distanzierung der Fans von den Gewalttätern unter ihnen fordern, zugleich aber mit bisweilen fragwürdiger Argumentation112 eine Kennzeichnungspflicht ablehnen, könnte eine flächendeckende Kennzeichnungspflicht positive Reaktionen in Fankreisen hervorrufen.

§ 2 Ursachen der Auseinandersetzungen im Umfeld von Fußballspielen Im Vergleich zu anderen Sportgroßveranstaltungen in Deutschland werden Profifußballspiele deutlich häufiger von gewalttätigen Ausschreitungen im Umfeld der Veranstaltungen begleitet. Die Frage, warum der Fußballsport in einem besonderen Maße von Ausschreitungen betroffen ist und was die Täter antreibt, beschäftigt auch die Soziologie seit Jahrzehnten. Im besonderen Maße hat sich die Forschung mit der Entstehung und den Wirkungsformen des Hooliganismus befasst. Auf eine Darstellung der zahlreichen unterschiedlichen Erklärungsansätze, die im Lauf der Jahrzehnte entwickelt wurden, wird an dieser Stelle bewusst verzichtet, da sich die 109 Unabhängig von der Frage, ob die jeweiligen Vorwürfe stets zutreffend sind, werden die polizeiinternen Ermittlungsverfahren in der Regel schon mangels Identifizierbarkeit des betroffenen Polizeibeamten nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. In der Praxis kann daher oftmals nicht geklärt werden, ob die polizeiliche Gewaltanwendung noch eine zulässige polizeiliche Zwangsmaßnahme oder schon unzulässige Polizeigewalt darstellte; vgl. Braun/Albrecht, DÖV 2015, 937, 944. 110 Braun/Albrecht, DÖV 2015, 937, 940 und 946, die darauf hinweisen, dass mangels empirischer Studien nur Vermutungen über systematische Vertuschungen von Polizeigewalt angestellt werden können; hierzu auch Schwind, Kriminalistik 1996, 161. Jasch, in: FS Liebl, S. 99 (100), attestiert der Polizei eine „mangelnde Bereitschaft mit Fehlern offen, selbstkritisch und produktiv […] umzugehen“. 111 Vgl. nur Barczak, NVwZ 2011, 852, 855; ders., LKV 2014, 391, 392 ff.; Peter, Bürgerrechte & Polizei/CILIP 99 (2/2011), 15; Greifeld, ZRP 1982, 318 ff.; Aden, Die Polizei 2010, 347 ff. 112 So lehnte der Bundesvorstand der GdP eine Kennzeichnungspflicht u. a. deshalb ab, weil sie zu dienst- und strafrechtlichen Ermittlungen gegen Polizeibeamte führen könnte; Punkt IV. der Stellungnahme des Bundesvorstandes der GdP v. Mai 2011, „Ein klares Nein zur Kennzeichnungspflicht“.

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

auf die Gewaltanwendung der „Kutten-Fans“ oder Hooligans entwickelten Erklärungsansätze nur bedingt auf die Ultraszene übertragen lassen.113 Stattdessen stellt sich die Frage, ob Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass der Fußballsport als solcher die Ausschreitungen bedingt oder zumindest fördert und worin die Ursachen der gegenwärtig im Profifußball vorkommenden sicherheitsrelevanten Vorfälle liegen.

A. Erklärungsansätze für historische Zuschauergewalt Die Ursachen für die unter § 1 A. dargestellten Ausschreitungen in den Anfangsjahren des Fußballsports in Deutschland waren primär gesellschaftlicher Natur. So blieb der Fußballsport nicht von den Auswirkungen der Weimarer Republik – wie etwa auf offener Straße ausgetragene Kämpfe unterschiedlicher politischer oder sozialer Gruppen – verschont.114 Fußballspiele waren zudem zum Bestandteil der lokalen und subkulturellen Identität geworden, die sich als Plattform für das Ausleben von Lokalrivalitäten eigneten.115 Die friedlichen Begleitumstände von politisch116 oder sportlich117 brisanten Fußballspielen zeigen hingegen, dass selbst angespannte politische Situationen oder enttäuschende Niederlagen noch bis in die 1950er-Jahre regelmäßig keine Auseinandersetzungen der Zuschauer bedingten. Größere Fußballspiele waren nicht zwangsläufig mit Zuschauergewalt verbunden. Vielmehr zeigen gerade die angeführten Länderspiele, dass Fußballspiele maßgeb113 Zu den unterschiedlichen soziologischen Erklärungsansätzen siehe die zusammenfassende Darstellung bei Niemeier, Bekämpfung ritualisierten Gewaltverhaltens, S. 45 ff. 114 Bremer, Zuschauersport, S. 39 f. 115 Oswald, Der Deutsche Fußball-Bund 1900 bis 1933, in: Pfeiffer/Schulze-Marmeling (Hrsg.), Hakenkreuz und rundes Leder, S. 45 (52). Die These lässt sich anhand der von Oswald, WerkstattGeschichte 41 (2006), 67, 71 ff., angeführten Beispiele für Zuschauerausschreitungen zu dieser Zeit durchaus nachvollziehen. 116 Beispielhaft sei hier das am 04. 12. 1935 in London ausgetragene Länderspiel zwischen Deutschland und England angeführt. Dieses Spiel wies eine große Brisanz auf, da es in einem jüdisch geprägten Londoner Stadtteil ausgetragen wurde. Entgegen den Befürchtungen blieben jegliche Zwischenfälle aus, sodass ein britischer Korrespondent resümierte, das Spiel habe mehr bewirkt „als Jahre diplomatischer Bemühungen jemals hätten erreichen können“; vgl. Kullick, Nationalmannschaft, in: Pfeiffer/Schulze-Marmeling (Hrsg.), Hakenkreuz und rundes Leder, S. 127 (132). Auch das Verhältnis zu Frankreich wurde u. a. mithilfe des Fußballs entspannt. Vor dem ersten Aufeinandertreffen der deutschen und französischen Nationalmannschaften nach Ende des 2. Weltkriegs am 05. 10. 1952 in Paris hatte es noch größere Befürchtungen vor Zuschauerausschreitungen gegeben. Trotz der angespannten politischen Lage gab es jedoch keinerlei Zwischenfälle. Am Ende verabschiedete das Publikum sogar auch die deutsche Nationalmannschaft mit Applaus; vgl. Brüggemeier, Weltmeister, S. 59. 117 Obwohl beispielsweise 30.000 aus Deutschland angereiste Zuschauer die – aus deutscher Sicht – enttäuschende 3:8-Niederlage im Vorrundenspiel der Fußballweltmeisterschaft 1954 in Basel gegen Ungarn verfolgten, kam es zu keinen nennenswerten Vorkommnissen; vgl. Schulze, Vom Pickelhauben-Fußball zur Kunstform, in: DFB (Hrsg.), Die Geschichte des DFB, S. 141 (155).

§ 2 Ursachen der Auseinandersetzungen im Umfeld von Fußballspielen

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lich dazu beitragen konnten, die Verhältnisse ganzer Staaten untereinander zu verbessern. Es finden sich daher keine klaren Anhaltspunkte dafür, dass das Fußballspiel als solches im besonderen Maße die Gewalt der Störer bedingt oder zumindest fördert. So machte Leistner auch noch in den 2000er-Jahren in einer mehrjährigen Studie über Gewalt im Umfeld eines Fußball-Traditionsvereins die Beobachtung, dass die Gewalt nur in seltenen Fällen aufgrund eines emotionalen Spielverlaufs entstand.118 Ob zumindest die heutigen gewalttätigen Ausschreitungen im Umfeld der Fußballspiele sich mitursächlich auf den Fußballsport zurückführen lassen, soll in der Folge untersucht werden.

B. Modifizierung der Erklärungsansätze Im Rahmen der Ursachenerforschung über das Entstehen von Ausschreitungen bei Fußballspielen ist zu berücksichtigen, dass sich die meisten sozialwissenschaftlichen Erklärungsansätze auf die Gewalt früherer Fangenerationen, allen voran den Hooligans, beziehen. Diskutiert wurden in diesem Zusammenhang etwa die mit gesellschaftlichen Veränderungen einhergehende Verunsicherung von Jugendlichen,119 die Suche nach dem „Kick“-Erlebnis („Droge Gewalt“) sowie der Ausbruch aus gesellschaftlichen Zwängen.120 Auf die Gewalt der Ultras lassen sich diese Erklärungsansätze nur bedingt übertragen. So üben die Ultras nämlich gerade nicht Gewalt um der Gewalt willen aus, sondern setzen sie im Rahmen ihres eigenen „Wettkampfs“ zweckbestimmt ein: Gewalt wird angewendet, um gegnerische Fanmaterialien zu erbeuten oder in den eher seltenen Fällen des direkten Aufeinandertreffens rivalisierender Ultragruppen. Demgegenüber war für die Hooligans die Gewaltanwendung Selbstzweck. Immer wieder wird die Behauptung aufgestellt, dass Gewalttäter bewusst die Nähe zum Fußball aufsuchen würden, um sich einer breiten Öffentlichkeit präsentieren zu können.121 Derartige Aussagen werden – zumindest in ihrer Pauschalität – schon durch die fast einhundertjährige Historie der Ausschreitungen im deutschen 118 Leistner, Sport und Gesellschaft 5 (2/2008), 111 ff., insbesondere 116 f.; ähnlich auch Lange, Sicherheit, S. 20; und Böttger, Fankultur, S. 33 ff. In rechtswissenschaftlichen Arbeiten wird dem Fußballspiel hingegen vereinzelt eine erhebliche Bedeutung für die Ausschreitungen zugeschrieben. So etwa bei Nolte, NVwZ 2001, 147, 149, unter Hinweis auf eine emotionale Aufladung der Zuschauer; in diese Richtung auch Deusch, Sportgroßveranstaltungen, S. 33 und 38; ähnlich Stümper, Großsportveranstaltungen, S. 1, wenngleich später auf S. 58 relativierend: „[…] das Ansehen aggressiver Szenen auf dem Platz macht nicht das Kernproblem im Zusammenhang mit Zuschauerausschreitungen aus […]“. 119 Vgl. Heitmeyer/Peter, Jugendliche Fußballfans S. 9 ff. 120 Vgl. Weigelt, Hooligans, S. 50 f. m. w. Nachw. 121 Vgl. nur Müller-Eiselt, NVwZ 2016, 643, der der Auffassung ist, der Fußball diene Gruppen angesichts des großen Medieninteresses als Bühne zur Darstellung der eigenen Gewalttätigkeit.

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

Fußball widerlegt. So haben Zuschauerausschreitungen den Fußball in Deutschland schon begleitet, als dieser noch nicht im Fokus der Öffentlichkeit stand.122 Auch auf die gegenwärtige Situation dürfte die Aussage nicht zutreffen. Die Ausschreitungen finden nämlich in aller Regel gerade nicht innerhalb der Stadien als „willkommene Bühne zur öffentlichkeitswirksamen Zurschaustellung“ statt, sondern ganz überwiegend abseits der Stadien.123 Selbst wenn man das Abbrennen von Pyrotechnik innerhalb der Stadien als Zurschaustellung von Gewalt bezeichnen möchte, zeigt die historische Entwicklung des Gebrauchs von Pyrotechnik in den Stadien, dass diese über Jahre hinweg medial kaum thematisiert wurde.124 Einige Ultragruppierungen weichen mittlerweile sogar zu Spielen der 2. Mannschaften ihrer Vereine aus, um dort – weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit – Pyrotechnik im Fanblock zünden zu können. Gerade die Ultras sind zudem besonders öffentlichkeitsscheu und lehnen oftmals jegliche Interviewanfragen von Medienvertretern ab. Vor dem Hintergrund der häufig reißerischen Berichterstattung über Fußballfans müsste man daher eher richtigerweise sagen: Das Fehlverhalten einzelner Fußballfans dient vielen Medienvertretern als willkommene Gelegenheit, dies öffentlichkeitswirksam zur Schau zu stellen und dadurch höhere Auflagen beziehungsweise Einschaltquoten zu generieren. Der Fußball als (unfreiwillige) Bühne zur Gewaltdarstellung passt nicht als Erklärungsansatz für die Gewalt der Ultras. Zutreffender ist an dieser Stelle die Auffassung von Niemeier, wonach Gewalt dem Fußball nicht immanent sei, „dieser jedoch Räume zur Bildung von Subkulturen und eine Plattform zur Auslebung gewalttätiger Bedürfnisse biete“.125 Diese Aussage ist insofern treffender, als dass der Fußball ohne Zweifel ein Anziehungspunkt für Subkulturen, wie den Ultras, ist. Innerhalb dieser Subkultur besteht wiederum eine gewisse Affinität zur Gewalt. Während sich die heutige Generation von Hooligans weitgehend vom Fußball gelöst hat, ist der Fußball für die deutschen Ultras nach wie vor Mittelpunkt ihres Schaffens. Dem Auftritt des Fanblocks während des 90-minütigen Fußballspiels wird weiterhin die größte Bedeutung zugemessen. Demzufolge ist eine Loslösung der Ultrakultur vom Fußball bislang nicht zu erkennen. Die derzeit feste Verbindung zwischen den Ultragruppen und „ihren“ Vereinen muss jedoch keineswegs fortdauernd Bestand haben. So gab und gibt es Ultragruppierungen in Deutschland, die sich vom (Profi-)Fußball und/oder ihrem Verein vollständig gelöst und neue Wege beschritten haben.126 Statt Profifußballspiele zu besuchen, weichen einzelne Grup122

Vgl. oben § 1 A. Siehe dazu die unter § 3 angeführten Beispiele aus der Praxis. 124 Siehe oben § 1 D. II. 1. Wenn überhaupt, wurde der Gebrauch von Pyrotechnik in den Stadien noch bis Anfang der 1990er-Jahre positiv in den Medien erwähnt. 125 Niemeier, Bekämpfung ritualisierten Gewaltverhaltens, S. 59. 126 Die „Psychopathen Wehen 1999“ lösten sich beispielsweise 2007 auf, nachdem der SV Wehen nach Wiesbaden umgesiedelt wurde. Dennoch blieb das Gruppenkonstrukt der Ultras „zumindest teilweise“ aufrechterhalten. So äußerten diese in einem Interview mit Mainzer Ultras, dass sie zwar nicht mehr die Spiele des SV Wehen Wiesbaden besuchen, jedoch weiter freundschaftliche Kontakte zu Regensburger Ultras pflegen würden; vgl. Infoflyer der Ultra123

§ 2 Ursachen der Auseinandersetzungen im Umfeld von Fußballspielen

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pierungen auf den Amateur- oder Jugendfußball127 aus oder gehen gar zu anderen Sportveranstaltungen.128 Um ihr Ultra-Dasein auszuleben, suchen die Ultragruppen sich also notfalls andere „Bühnen“, auf denen sie ihre Art der Unterstützung – auch die als Beispiel angeführten Gruppierungen schwenken weiter ihre Fahnen, zünden Pyrotechnik und malen Spruchbänder – fernab der großen Öffentlichkeit ausleben. Dass die Ultrakultur in Deutschland nicht zwingend mit dem (Profi-)Fußball verbunden sein muss, zeigt zudem ein Blick ins europäische Ausland. Viele südosteuropäische Ultragruppierungen unterstützen sämtliche Sportabteilungen ihres Vereins oder bisweilen gerade nur Nicht-Fußballabteilungen. Die hier aufgeführten Beispiele verdeutlichen, dass eine Trennung zwischen Ultrakultur und (Profi-)Fußball in Deutschland zumindest nicht vollkommen fernliegend ist. Die Ultras sind durchaus in der Lage, sich auch abseits der Fußballstadien Agitationsfelder zu schaffen. Untermauert wird dies zudem vom Selbstverständnis der Ultras: Danach soll das Ultra-Dasein kein auf einen bestimmten Lebensabschnitt begrenztes Hobby, sondern einen „gänzlichen Lebensentwurf“ darstellen.129 Als „Fans ihrer eigenen Fankultur“ und nicht etwa als Fans ihres Vereins beschreiben Duttler und Haigis die Ultras.130 Stellt also das Ultra-Dasein einen Lebensentwurf dar, kann und muss gegebenenfalls es unabhängig von der Bindung zum Fußball weiter existieren. Stadionverbot, Dauerkartenentzug, Vereinsausschluss, sogar die Auflösung des Vereins, dessen Anhänger der Ultra ist, führen also nicht zwangsläufig dazu, dass der Betroffene sein Ultra-Dasein aufgibt. An dieser Stelle zeigt sich, dass der sogenannte Selektionseffekt, der als Erklärungsansatz für die besondere Betroffenheit des Fußballs im Zusammenhang mit Gewaltvorfällen herangezogen wird,131 für die von den Ultras ausgehenden Vorfälle nur eingeschränkt passt. Der Selektionseffekt besagt, dass einzelne Sportarten überdurchschnittlich viele Personen mit höherer Aggressionsneigung anziehen. Zur szene Mainz, Nr. 5, 2008/09, S. 3 f., abrufbar unter www.szene-mainz.de/Blockbildung/0809/ 05Wehen.pdf. 127 So besucht die Gruppe „Solo Ultra“, eine Ultragruppierung von Dynamo Dresden, aufgrund von fanszeneinternen Streitigkeiten nur noch Spiele der Juniorenmannschaften von Dynamo Dresden; siehe dazu die auf der Homepage der Gruppe veröffentlichten Bilder, abrufbar unter www.soloultrasgd.blogsport.de/. 128 Die „Ultras Braunschweig 2001“ besuchten seit 2009 über mehrere Jahre – zunächst, weil gegen einen Großteil ihrer Mitglieder Stadionverbote verhängt worden waren und später wegen fanszeneinterner Differenzen – nicht mehr die Spiele der Profifußballmannschaft von Eintracht Braunschweig. Stattdessen waren die Ultras u. a. bei Spielen der Damen-Handballmannschaft und dem Männer-Wasserballteam anzutreffen; siehe die auf der Homepage der Gruppe veröffentlichen Bilder, abrufbar unter www.ub01.de/galerie/. 129 Vgl. Duttler/Haigis, Ultras und andere Subkulturen, in: Duttler/Haigis (Hrsg.), Ultras, S. 11 (21 f.). 130 Duttler/Haigis, Ultras und andere Subkulturen, in: Duttler/Haigis (Hrsg.), Ultras, S. 11 (38). 131 Jüngst etwa Bliesener, Sport und Gewalt, in: Vieweg (Hrsg.), Festgabe Institut für Recht und Technik, S. 411 (418).

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

Illustrierung des Selektionseffektes meint Bliesener, dass „junge Männer mit positiver Einstellung zur körperlichen Durchsetzung eigener Interessen oder zur Erhaltung des Respekts in den Augen Dritter eher bei einer Boxveranstaltung und auch eher bei einem Fußballspiel als bei einem Schachturnier oder einem Wettkampf der Rhythmischen Sportgymnastik“ anzutreffen sind.132 Dies mag zwar grundsätzlich zutreffend sein und etwa auch auf den Einstieg Jugendlicher in die Ultraszene passen. Ein Bezug zwischen dem Besuch einer speziellen Sportveranstaltung und der Gewaltanwendung unter rivalisierenden Ultragruppen lässt sich hingegen mittlerweile nicht mehr ausmachen. So lieferten sich beispielsweise erst im März 2018 hunderte (Fußball-)Ultras aus Leverkusen und Köln eine Massenschlägerei in der Leverkusener Innenstadt, nachdem die Leverkusener Ultras ein Spiel der Basketball-ProBLiga besucht hatten.133 Auch wenn die Ausschreitungen am Rande eines Basketballspiels stattfanden, wäre es verfehlt, ein Motiv für die Auseinandersetzungen im Interesse am Basketball zu suchen – zumal die Angreifer nicht einmal Besucher des Basketballspiels waren. An dieser Stelle drängt sich daher die Frage auf, welcher Zusammenhang zwischen der von Teilen der Ultras ausgeübten Gewalt und der Austragung von (Profi-) Fußballspielen besteht. Wie schon in der Einleitung angesprochen, hat Niemeier in ihrer Dissertation einen sinkenden Fußballbezug in Teilen der gewaltbereiten Fanszene ausgemacht.134 Wie oben dargelegt, ist der Wettkampfgedanke innerhalb der Ultra-Bewegung hauptursächlich für das von den Ultras ausgehende Gefahrenpotential. Die Ultra-Rivalität richtet sich dabei aber in erster Linie nicht nach sportlichen Kriterien, sondern nach dem Renommee innerhalb der Ultraszene. So kann ein Fußballspiel – ohne dass diesem eine sportliche Rivalität oder eine sonstige größere sportliche Bedeutung zukommen würde – mit einem erheblichem Gefahrenpotential verbunden sein, wenn aufgrund ultrainterner Gründe (etwa aufgrund des Diebstahls einer Zaunfahne) eine Rivalität zwischen den beteiligten Ultragruppen herrscht. Das Gefahrenpotential, welches Profifußballspiele in Deutschland heutzutage begleitet, rührt daher oftmals gerade nicht oder zumindest nicht überwiegend aus der sportlichen Rivalität innerhalb des Ligawettbewerbs,135 sondern aus einer subkulturellen Rivalität. Dies unterstreicht der zuvor erwähnte Vorfall in Leverkusen, der zeigt, dass nicht die Art der Sportveranstaltung Kämpfe zwischen rivalisierenden Ultragruppen hervorruft. Schon das Wissen um die Präsenz einer verfeindeten Gruppe an einem bestimmten Ort kann Anlass für eine Attacke sein. Die Leverkusener Ultras hatten auf ihrer Homepage für den Besuch des Basketballspiels geworben.

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Bliesener, Sport und Gewalt, in: Vieweg (Hrsg.), Festgabe Institut für Recht und Technik, S. 411 (418). 133 Welt.de, 18. 03. 2018, www.welt.de/sport/fussball/article174665585/1-FC-Koeln-BayerLeverkusen-Massenschlaegerei-vor-Rheinderby.html. 134 Niemeier, Bekämpfung ritualisierten Gewaltverhaltens, S. 29 f. 135 So aber das VG Bremen, SpuRt 2017, 261, 262.

§ 2 Ursachen der Auseinandersetzungen im Umfeld von Fußballspielen

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Eine genauere Betrachtung der einzelnen Auseinandersetzungen an den Spieltagen zeigt zudem, dass diese nicht zwingend ihre Ursache im Wettkampf der Ultragruppen haben müssen, sondern etwa auch politischer Natur sein können.136 Dies belegt beispielhaft ein seit Jahren in Bremen schwelender Konflikt zwischen Ultras des SV Werder Bremen, die sich innerhalb und außerhalb der Stadien offen antirassistisch positionieren und teilweise auch eng mit der linksextremistischen Szene in Bremen verbunden sind137, und Hooligans des SV Werder Bremen. Letztere setzen sich aus vier Gruppierungen zusammen und gelten als „rechtextremistisch beeinflusst“.138 Das Landesamt für Verfassungsschutz Bremen erkennt in Bremen ein „Verschwimmen der Grenze zwischen gewaltbereiten Rechtsextremen und gewaltaffinen Hooligans“, die eine rechtsextremistische Mischszene in Bremen bilden würden.139 Zwischen der rechtsextremistischen Bremer Mischszene und antifaschistisch geprägten Bremer Ultras kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen.140 Der Konflikt gipfelte im April 2015 in einer brutalen Auseinandersetzung zwischen Bremer Ultras und Mitgliedern der linksextremen Szene auf der einen Seite und Bremer Alt-Hooligans mit verbündeten Rechtsextremen auf der anderen Seite. Da diese Ereignisse nach Abpfiff des sogenannten Nordderbys gegen den Hamburger SV stattfanden (für den Polizeieinsatz an diesem Spieltag wurden erstmals Gebühren erhoben) und die Beteiligten überwiegend Ultras und Hooligans waren, liegt ein Bezug zum Fußball auch hier wieder zunächst nahe – blendet man den politischen Hintergrund der Konfrontationen aus.141 So war auch in der öffentlichen Berichterstattung und den Polizeiberichten zunächst von „Auseinandersetzungen zwischen gewaltbereiten Bremer Hooligans und Bremer Ultras“ die Rede.142 Im Laufe der Ermittlungsarbeit korrigierte jedoch die Bremer Polizei ihre Einschätzung: Die Auseinandersetzungen wurden nicht mehr als Auseinandersetzungen unter rivalisierenden Fangruppen eingestuft. Vielmehr hätten sie „einen politischen Hintergrund“ gehabt.143 Unabhängig von der Tatsache, dass viele der Beteiligten überhaupt keine Besucher des Nordderbys waren – die Hooligans hatten sich während des Spiels in einer Kneipe aufgehalten und sollen von dort aus linke Bremer Ultras mit Stadionverbot

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Siehe dazu auch schon oben § 1 D. II. 4. Vgl. Verfassungsschutzbericht Freie Hansestadt Bremen 2015, S. 42. 138 Verfassungsschutzbericht Freie Hansestadt Bremen 2015, S. 33. 139 Verfassungsschutzbericht Freie Hansestadt Bremen 2015, S. 30 f. 140 Verfassungsschutzbericht Freie Hansestadt Bremen 2015, S. 33 und 42. 141 So das OVG Bremen, NordÖR 2018, 157, 169, wonach die Auseinandersetzungen „ersichtlich“ im Zusammenhang mit dem Spiel stattgefunden hätten und damit „Gewalthandlungen“ im Sinne von § 4 Abs. 4 S. 1 BremGebBeitrG gewesen seien. 142 Pressemitteilung der Polizei Bremen v. 12. 05. 2015, abrufbar unter www.presseportal. de/blaulicht/pm/35235/3020644. 143 Weser-kurier.de, 12. 05. 2015, www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadtreport_arti kel,-Polizei-ermittelt-jetzt-gegen-fuenf-beschuldigte-Ultras-_arid,1122334.html. 137

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

angegriffen haben144 –, zeigen die Vorfälle in Bremen, dass Ausschreitungen, an denen Ultras beteiligt sind, ebenfalls Ursachen haben können, die außerhalb der Fanund Ultrakultur liegen. Auch hier gilt es daher zu differenzieren: Nur weil es ein Fußball-Ultra ist, der Gewalt anwendet oder Opfer von Gewalttätern wird, kann daraus nicht gefolgert werden, dass die Beweggründe für die Gewaltanwendung entsprechend in einer Fußball(-Ultra)-Rivalität liegen. Da sich ein Bezug zum Fußball bei den abseits der Stadien ausgetragenen Kämpfen der heutigen Hooligans kaum noch herleiten lässt, bleiben neben der Gewalt der Ultras nur noch Auseinandersetzungen der restlichen Stadionbesucher. Der regelmäßige „Kick“, den die Hooligans in ihren Kämpfen suchen oder der Wettkampfgedanke der Ultras passen als Erklärungsversuche für die Auseinandersetzungen unter den normalen Veranstaltungsbesuchern nicht. Die allgemeinen Aggressionstheorien dürften hier weitere Erklärungsansätze liefern. Nach dem derzeitigen Forschungsstand wird die Neigung von Personen zu gewalttätigen Handlungen neben soziologischen Faktoren auch von unterschiedlichen biologischen, psychologischen und situativen Faktoren beeinflusst.145 Als situative Faktoren für die Entstehung von Auseinandersetzungen unter den normalen Veranstaltungsbesuchern sind bei Fußballspielen etwa das Gedränge bei Ein- und Auslass, überhöhter Alkoholkonsum und gegebenenfalls auch eine emotionale Aufladung durch das Spielgeschehen in Betracht zu ziehen. Beispiele sind etwa Schubsereien im Gedränge oder (alkoholbedingte) Provokationen, die sich zu körperlichen Auseinandersetzungen entwickeln. Derartige Vorfälle sind aber im Vergleich zur Gewaltproblematik im Zusammenhang mit den Ultras sowohl quantitativ als auch qualitativ zu vernachlässigen.146

§ 3 Gefahrenabwehrrechtliche Beurteilung der Vorfälle im Zusammenhang mit der Austragung von Fußballspielen Um ein besseres Verständnis für die Herausforderungen zu bekommen, mit der sich Verbände und Vereine, vor allem aber die Polizei147, aufgrund des Fehlverhaltens Einzelner oder ganzer Fan- beziehungsweise Ultragruppen im Umfeld der Profifußballspiele konfrontiert sehen, sollen an dieser Stelle anhand ausgewählter Bei144 Spiegel.de, 20. 04. 2015, www.spiegel.de/sport/fussball/nordderby-in-bremen-rechte-ho oligans-greifen-werder-ultras-an-a-1029449.html. 145 Uslucan, FRP 2013, 401, 402. 146 Vgl. Kraus, Schriftenreihe der Deutschen Hochschule der Polizei 2010 (III – IV), S. 97 (183). In der Zeitspanne von 2015 bis zum 20. August 2017 waren beispielsweise ca. 80 % der Tatverdächtigten bei Spielen von Werder Bremen Angehörige der Ultra- oder Hooliganszene; vgl. Bremische Bürgerschaft, Drs. 19/1261, S. 3. 147 Die diesbezüglichen Aufgaben der Polizei ergeben sich aus den § 163 Abs. 1 StPO, § 53 OWiG, §§ 1 Abs. 4, 2 S. 1 Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG).

§ 3 Gefahrenabwehrrechtliche Beurteilung

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spiele aus der Praxis die vielfältigen Konfliktfelder beleuchtet werden. Während hier der Blick also bewusst auf die Details der Vorfälle gelenkt wird, die in der Praxis oftmals pauschal unter den Begriff der „Fangewalt“ gefasst werden, wird im Anschluss in § 4 dieser Arbeit die Sicherheitslage im Umfeld des Profifußballsports in Deutschland insgesamt untersucht.

A. Auseinandersetzungen bei An- und Abreise I. Beispiele aus der Praxis Während der Fußball-Saison reisen an den einzelnen Wochenenden Tausende Fußball-Anhänger quer durch die Republik, um die Spiele ihrer Mannschaft vor Ort zu verfolgen. Allein in der Saison 2014/15 nutzten beispielsweise ca. 3,4 Millionen Fußballfans den Zug als Transportmittel zum Stadion.148 Um Sicherheitsanforderungen frühzeitig in der Planung der Spieltage zu berücksichtigen und Belastungsspitzen der Polizei zu vermeiden, werden Länder- und Bundespolizei beispielsweise an der Planung der Spieltage beteiligt.149 So spricht die Bundespolizei Empfehlungen aus, um Reisewegüberschneidungen von rivalisierenden Fangruppierungen möglichst einzuschränken.150 Die von der ZIS gesammelten Erkenntnisse151 haben daher unmittelbaren Einfluss auf die Ansetzung der Spieltage. Angesichts der Fülle an Begegnungen im Profifußball und der Masse an Fans, die ihren Mannschaften hinterherreisen, ist es dennoch unmöglich, ein Aufeinandertreffen verschiedener Fanlager vollständig auszuschließen. Erschwerend kommt hinzu, dass gerade die großen Bundesligisten über eine bundesweit verstreute Anzahl von Fans und Sympathisanten verfügen, sodass die Fanströme bei diesen Vereinen schwerlich lokalisiert werden können. Auch wenn die weit überwiegende Mehrzahl der Aufeinandertreffen von Fußballfans an Raststätten oder Bahnhöfen ohne jegliche Zwischenfälle ablaufen dürfte, kommt es in aller Regelmäßigkeit auch zu größeren Ausschreitungen: • Im September 2013 trafen beispielsweise auf einem Rasthof an der Autobahn A 5 Ultras des Hamburger SVauf Fans von Eintracht Frankfurt. Beide Gruppen gingen aufeinander los: Blumenkübel flogen durch die Luft, Autos wurden demoliert, teilweise verlagerten die Auseinandersetzungen sich sogar auf die Autobahn.152

148

BT-Drs. 18/9272, S. 2. Heinen, Kriminalistik 2012, 210, 212. 150 BT-Drs. 18/9272, S. 6. 151 Zu den Aufgaben der ZIS siehe oben § 1 C. I. Zu den von der ZIS veröffentlichen Jahresberichten und ihrer Methoden zur Informationsgewinnung siehe unten § 4 A. und § 5 B. I. 2. 152 Op-online.de, 30. 09. 2013, www.op-online.de/sport/eintracht-frankfurt/fans-eintrachtfrankfurt-hamburger-pruegeln-sich-raststaette-3140286.html. 149

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

• Am Osnabrücker Hauptbahnhof stieß im November 2015 eine Gruppe von 200 durchreisenden Anhängern von Holstein Kiel auf etwa 70 Ultras von Borussia Dortmund. Beide Gruppen lieferten sich eine wilde Schlägerei, die nur durch das Eingreifen von Polizeibeamten beendet werden konnte. 14 Polizisten wurden bei dem Einsatz – wenn auch überwiegend durch eigene Pfeffersprays – verletzt. Zeugen, die das Geschehen mit ihren Smartphones filmten, wurden nach der Auseinandersetzung von einzelnen Beteiligten sogar genötigt, das Filmmaterial zu löschen.153 Während die überwiegende Anzahl der konfliktträchtigen Begegnungen an Rastund Bahnhöfen, wie bei den obigen Beispielen, wohl zufälliger Natur ist, gibt es Anzeichen dafür, dass einzelne Fangruppen sogar geplant an derartigen Orten aufeinandertreffen: • Im Mai 2014 prügelten sich zwischen 150 und 250 Ultras von Eintracht Frankfurt und dem 1. FC Nürnberg auf einer Raststätte an der Autobahn A 3. Die EintrachtUltras, die auf der Rückreise vom Auswärtsspiel aus Augsburg kamen, hatten gezielt die Autobahn überquert, um auf dem gegenüberliegenden Rastplatz auf die Nürnberger zu stoßen.154 • Im Mai 2016 drängte eine unbekannte Personengruppe, die mit mehreren PKW unterwegs war, zielgerichtet einen Reisebus mit Anhängern von Schalke 04 von der Autobahn, um die Schalke-Anhänger anschließend auf einer Rastanlage zu attackieren.155 Neben den körperlichen Auseinandersetzungen zwischen Personengruppen ist vor allem der Vandalismus auf der An- und Abreise eines der zentralen Problemfelder an Spieltagen der Fußballligen. So beziffert allein die Deutsche Bahn AG die durch Fußballfans verursachten Kosten aufgrund von Sachbeschädigungen und dem Einsatz zusätzlicher Sicherheitskräfte in den Zügen auf jährlich ca. zwei Millionen Euro.156 Ein besonders schwerer Zwischenfall bei der Durchreise von Fußballfans ereignete sich etwa im Februar 2006 in Stendal: Nachdem Anhänger von Hansa Rostock auf dem Weg zum Auswärtsspiel nach Braunschweig erfuhren, dass das

153 Noz.de, 02. 11. 2015, www.noz.de/lokales/osnabrueck/artikel/633203/krawalle-am-haupt bahnhof-osnabruck-erste-hooligans-identifiziert#gallery&0&0&633203. 154 Sueddeutsche.de, 11. 05. 2014, www.sueddeutsche.de/bayern/nach-abstieg-des-fc-nuern berg-club-fans-pruegeln-sich-auf-raststaette-1.1958572. 155 Fnp.de, 08. 05. 2016, www.fnp.de/rhein-main/blaulicht/Schlaegerei-zwischen-Hooligans -auf-Autobahn-Rastplatz;art25945,1999970. Auch Leistner, Sport und Gesellschaft 5 (2/2008), 111, 124 f., berichtet von minutiös geplanten Überfällen auf Züge mit gegnerischen Fans. 156 Ndr.de, 09. 04. 2017, www.ndr.de/der_ndr/presse/mitteilungen/Deutsche-Bahn-geht-ent schiedener-gegen-randalierende-Fussball-Fans-vor-jaehrlich-Schaeden-in-Millionenhoehe,pres semeldungndr18376.html.

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Spiel abgesagt wurde, randalierten 450 Anhänger im Umfeld des Stendaler Bahnhofs und zündeten unter anderem fünf Einsatzwagen der Polizei an.157 Auf den An- und Abreisewegen der Fans kommt es zudem zu überfallartigen Plünderungen von Tankstellen-Shops, Supermärkten oder Bahnhofskiosken durch größere Personengruppen.158 II. (Straf-)Rechtliche Einordnung Für die strafrechtliche Bewertung der Auseinandersetzungen sind vor allem die Körperverletzungsdelikte, §§ 223, 224, 226 StGB, und die unterschiedlichen Formen des Landfriedensbruchs, §§ 125, 125a StGB, bedeutend. Gerade letzteren Tatbeständen kommt bei der strafrechtlichen Würdigung des Geschehens in der Praxis eine entscheidende Bedeutung zu, da die Auseinandersetzungen oftmals nur wenige Minuten dauern, die Täter nicht selten vermummt agieren und die Szenarien insgesamt oft unübersichtlich sind. Konkrete Tathandlungen können Einzelnen daher oftmals nur schwer nachgewiesen werden. Der Straftatbestand des Landfriedensbruchs ermöglicht hingegen prinzipiell eine Strafbarkeit aller Mitglieder von Menschenmengen, die sich feindlich gegenüberstehen.159 Auch wenn der Landfriedensbruch in der forensischen Praxis insgesamt gesehen nur eine geringe Bedeutung hat,160 sind die §§ 125, 125a StGB für die Ahndung von Ausschreitungen im Umfeld von Fußballspielen nicht zu unterschätzen: Allein in der Saison 2014/15 wurden im Zusammenhang mit Spielen der Bundesliga und der 2. Bundesliga 354 Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs eingeleitet.161 Demgegenüber gab es bundesweit 2015 nur 245 Verurteilungen wegen Landfriedensbruchs und 38 Verurteilungen wegen eines besonders schweren Falls des Landfriedensbruchs.162 Mit der Gefangenenbefreiung, § 120 StGB, kommt einem weiteren Straftatbestand – im Vergleich zur dessen insgesamt geringer kriminalpolitischer Relevanz163 – bei Fußballspielen eine größere Bedeutung zu. Im Gegensatz zum Landfriedensbruch wird die Anzahl der eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen Gefangenenbefreiung in den Statistiken der ZIS164 zwar nicht separat aufgeführt, eine Vielzahl von Polizei- und Medienberichten zeigt jedoch, dass im Zusammenhang mit Aus157

Spiegel.de, 05. 02. 2006, www.spiegel.de/sport/fussball/randale-hansa-hooligans-verwu esten-stendal-a-399233.html. 158 Vgl. etwa hanauer.de, 11. 12. 2016, www.hanauer.de/ha_20_111239972-29_Fuszligball fans-pluumlndern-Raststahtmlumltte-Langenbergheim. 159 Speziell am Beispiel von Fanausschreitungen Kulhanek, JA 2016, 102, 105. 160 Dazu Schäfer, in: MüKo StGB, Bd. 3, § 125, Rn. 3. 161 Vgl. Jahresbericht der ZIS 2014/15, Anlage 2. 162 Vgl. die Tabelle 2.1 der vom Statistischen Bundesamt in der Fachserie 10 (Rechtspflege) als Reihe 3 herausgegebenen Strafverfolgungsstatistik für 2015. 163 Dazu Bosch, in: MüKo StGB, Bd. 3, § 120, Rn. 4. 164 Zu den von der ZIS erfassten Strafverfahren siehe unten § 4 A. I. 2. a).

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

einandersetzungen bei Fußballspielen regelmäßig Ermittlungsverfahren wegen (versuchter) Gefangenenbefreiung eingeleitet werden.165 Der Täterkreis dürfte – angesichts der bei den Ultras weit verbreiteten Solidarisierungseffekte – oftmals aus der Ultraszene stammen.166 Da auch durch die Polizei vorläufig Festgenommene (§ 127 Abs. 2 StPO) zu den Gefangenen im Sinne des § 120 StGB zählen,167 wird der Tatbestand beispielsweise verwirklicht, wenn einzelne Anhänger, die im Laufe oder nach den Auseinandersetzungen von polizeilichen Einsatzkräften vorläufig festgenommen wurden, von anderen Anhängern befreit werden. Im Zusammenhang mit der direkten Konfrontation zwischen Polizei und Fans kann es zudem zur Verwirklichung des Straftatbestandes Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, § 113 StGB, kommen.168 Deutlich weniger praxisrelevant für die strafrechtliche Ahndung von Auseinandersetzungen zwischen Fans sind die Tatbestände der Beteiligung an einer Schlägerei, § 231 StGB, sowie des (versuchten) Totschlags, §§ 212, (22, 23 Abs. 1, Alt. 1) StGB.169 Werden, wie bei den Auseinandersetzungen zwischen den Hamburger und Frankfurter Anhängern, auch Blumenkübel zerschlagen oder Autos demoliert oder randalieren die Täter in den Zügen, wird regelmäßig der Straftatbestand der Sachbeschädigung, § 303 StGB, verwirklicht sein. Wenn, wie beim dem Vorfall in Stendal, sogar Polizeiautos angezündet werden, wird der Straftatbestand der Brandstiftung, § 306 Abs. 1 Nr. 4 StGB, und der Straftatbestand des Zerstörens wichtiger Arbeitsmittel, § 305a Abs. 1 Nr. 3 Var. 1 StGB, verwirklicht. Werden, wie beim Angriff auf die Schalke-Anhänger, Reisebusse mit anderen Fußballfans zielgerichtet von der Straße abgedrängt, können auch einzelne Straßenverkehrsdelikte wie die §§ 315b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 StGB i. V. m. § 315 Abs. 3 Nr. 1 b) StGB oder § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB verwirklicht werden. Bei Auseinandersetzungen an Bahnhöfen kann gegebenenfalls auch der Straftatbestand des gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr, § 315 Abs. 1 Nr. 2 StGB, verwirklicht werden, wenn im Rahmen der Auseinandersetzungen auch die Gleisanlagen betreten werden und deshalb herannahende Züge eine Schnellbremsung durchführen müssen.170 Die „Plünderungen“ von Tankstellen und Bahnhofsshops können regelmäßig als Diebstahl nach § 242 Abs. 1 StGB (gegebenenfalls sogar als besonders schwerer Fall nach 165 Vgl. nur Pressemitteilung der Bundespolizeiinspektion Hannover v. 13. 12. 2015, abrufbar unter www.presseportal.de/blaulicht/pm/70388/3201305; nordbayern.de, 17. 08. 2014, www.nordbayern.de/region/wurzburg-club-fans-mischen-randalierende-fortuna-fans-auf-1.3 832779. 166 Siehe dazu auch Pätzold/Kaempf, Kriminalistik 2012, 217, 219. 167 Fischer, StGB, § 120, Rn. 2; Bosch, in: MüKo StGB, Bd. 3, § 120, Rn. 9. 168 Dazu speziell am Beispiel von Fanausschreitungen Kulhanek, JA 2016, 102 f. 169 Im Zusammenhang mit Bundesligaspielen wurden in der Saison 2016/17 zwei Ermittlungsverfahren wegen versuchter Tötungsdelikte eingeleitet; vgl. Jahresbericht der ZIS 2016/17, S. 33. 170 Dafür OLG Oldenburg, NStZ 2005, 387; Pegel, in: MüKO StGB, Bd. 5, § 315, Rn. 43; a. A. LG Ulm, Urt. v. 31. 07. 2006 – 1 Kls 21 Js 20974/05, Rn. 224 (juris). Ggf. kommt auch eine Strafbarkeit wegen Störung öffentlicher Betriebe, § 316b Abs. 1 Nr. 1 StGB, in Betracht.

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§ 243 StGB oder in der Qualifikation nach § 244 Abs. 1 Nr. 1 StGB) strafrechtlich geahndet werden. Neben der strafrechtlichen Ahndung der Vorfälle und einer möglichen zivilrechtlichen Inregressnahme drohen Randalierern im Bahnbetrieb auch Beförderungsausschlüsse.171 So hat die Deutsche Bahn AG allein im Jahr 2015 gegen mehrere Hundert auffällig gewordene Fußballfans einen Beförderungsausschluss ausgesprochen.172 Angesichts der von der Deutschen Bahn AG bezifferten Schadenssummen ist es nur logisch, dass Bahnbetreiber und Bundespolizei verstärkt nach Lösungen zur Vandalismus-Bekämpfung suchen. So hat etwa die Bundespolizeiinspektion Bremen im März 2016 ein neues Bahnkonzept getestet, bei dem die Züge mit deutlich weniger Gästefans besetzt wurden, um möglichen Randalierern den Schutz durch die große Menge Mitreisender zu nehmen.173 Aufgrund positiver Erfahrungen eines Pilotprojekts des Landes Nordrhein-Westfalen und der DB Regio AG – Region NRW sollen zudem verstärkt eigene „Fanzüge“ eingesetzt werden, die die Fans ohne Zwischenhalte direkt zum Austragungsort fahren.174

B. Das „Abziehen“ von Fanartikeln Die Ursachen für die im vorherigen Abschnitt thematisierten Auseinandersetzungen dürften sich von Fall zu Fall unterscheiden: Vorweg kann es beispielsweise zu gegenseitigen Provokationen gekommen sein. Nicht selten werden die Auseinandersetzungen aber mit dem Ziel geführt, gegnerische Fanmaterialien zu entwenden. Dieses Phänomen soll in der Folge näher dargestellt werden.

171

Zwar statuiert § 10 Allgemeines Eisenbahngesetz eine Beförderungspflicht für öffentliche Eisenbahnverkehrsunternehmen, nach Art. 4 der VO (EG) Nr. 1371/2007 [Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr (ABl. Nr. L 315 S. 14)] i. V. m. Art. 9 Abs. 2 „Einheitliche Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Personen“ können die Beförderungsbedingungen aber vorsehen, dass Reisende, die a) eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung des Betriebes oder für die Sicherheit der Mitreisenden darstellen oder, die b) Mitreisende in unzumutbarer Weise belästigen, von der Beförderung ausgeschlossen werden können. Von dieser Ermächtigung hat die Deutsche Bahn AG in Ziffer 6.1 ihrer Beförderungsbedingungen für Personen durch die Unternehmen der Deutschen Bahn AG Gebrauch gemacht. 172 Welt.de, 25. 08. 2015, www.welt.de/sport/article145632495/Hier-wueteten-FussballFans-in-einem-Zugwaggon.html. Noch weiter gegangen ist die Privatbahn „Metronom Eisenbahngesellschaft mbH“, die seit April 2015 keine Ultragruppierungen mehr transportiert; vgl. welt.de, 24. 04. 2015, www.welt.de/sport/fussball/article140027840/Bahngesellschaft-nimmtkeine-Ultras-mehr-mit.html. 173 Vgl. Pressemitteilung der Bundespolizeiinspektion Bremen v. 29. 02. 2016, abrufbar unter www.presseportal.de/blaulicht/pm/70255/3264288. 174 Vgl. BT-Drs. 18/9145, S. 1.

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

I. Beispiele aus der Praxis Fanutensilien wie Schals, T-Shirts oder Fahnen sind schon seit den 1970er-Jahren eine beliebte „Beute“ bei gegnerischen Fans. Als Trophäen werden diese regelmäßig an den Zäunen vor den Fanblöcken aufgehängt oder an improvisierten „Wäscheleinen“ innerhalb der Fanblöcke präsentiert. Nach der Präsentation werden die gegnerischen Fanutensilien meist verbrannt oder zerrissen. Besonders begehrt sind Zaunfahnen, da das „Erobern“ einer Zaunfahne die größtmögliche Demütigung für die betroffene Fangruppe darstellt. Auch T-Shirts und Schals sind beliebte Trophäen, wenn diese aus dem Merchandise einer rivalisierenden Fangruppe stammen. Das „Abziehen“ anderer Stadionbesucher, also solcher, die Fanartikel aus dem offiziellen Merchandise der Vereine tragen, ist in weiten Kreisen der Ultras verpönt, da es als „unehrenhaft“ gilt.175 Ein ähnlicher Makel haftet „erbeuteten“ Fanutensilien an, die außerhalb der Spieltage „ohne ehrenhaften Kampf“ aus Lagerräumen oder Containern einzelner Ultragruppierungen durch Einbrüche entwendet werden.176 Dennoch ist auch dieses Vorgehen mittlerweile vermehrt zu beobachten.177 Um an die begehrten Trophäen zu bekommen, schrecken einzelne Täter sogar nicht vor sogenannten „Hausbesuchen“ zurück. Die Täter – wohl oftmals selbst aus Ultrakreisen – lauern ihren Opfern auf dem Weg nach Hause auf, um diese abzufangen, oder dringen sogar in die Wohnung der Opfer ein.178 II. (Straf-)Rechtliche Einordnung Die soeben geschilderten Vorgänge gelten gerade in Kreisen der Ultras als eine Art „Kavaliersdelikt“ und Teil ihrer eigenen Fankultur. Als „Opfergabe für den Fußballgott“ werden die Taten banalisiert.179 Die deutsche Strafbargerichtsbarkeit 175 So heißt es in einer Erklärung der „Ultras Gelsenkirchen“: „[…] Gleichwohl gilt es zu respektieren, dass sich die Zusammensetzung in den Kurven und auf den Tribünen im Laufe der Jahre verändert hat. Unbeteiligte Personen sind daher tabu!“; abrufbar unter www.ultras-ge.de/ projekt-vorwarts-nordkurve/. 176 Vgl. die Stellungnahme des „Commando Cannstadt“ v. 30. 11. 2015 „Ultras ohne Ehre – Feinde unserer Bewegung“, abrufbar unter www.cc97.de/ultras-ohne-ehre-feinde-unserer-bewe gung/. 177 Beispielhaft seien hier Einbrüche in die Gelsenkirchener Veltins-Arena im September 2015 (derwesten.de, 30. 09. 2015, www.derwesten.de/staedte/gelsenkirchen/einbruch-in-die-are na-erneut-schalke-fan-banner-geklaut-id11141537.html) und das Berliner Olympiastadion im September 2014 (svz.de, 15. 08. 2017, www.svz.de/sport/fussball/hansa-rostock/krawallfanssperrten-die-polizei-aus-id17577561.html) aufgeführt, in denen jeweils dort gelagerte Zaunfahnen entwendet wurden. 178 Siehe dazu Duttler/Haigis (Hrsg.), Ultras, S. 9. 179 So führen die „Ultras Gelsenkirchen“ in ihrer Erklärung weiter aus: „Wir erinnern uns nur zu gerne an das Ritual im alten Block 5, als die königsblauen Jäger und Sammler am Lautsprechermast hochkletterten und ihre Beute unter dem Gejohle der Nordkurve feierlich anzündeten. Opfergaben für den Fußballgott […] Damals wäre niemand auf die Idee gekommen

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dürfte die Vorgänge dagegen anders werten. Wenn einzelne Fans unter Anwendung von Gewalt oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben „abgezogen“ werden, können sich der oder die Täter oftmals eines Raubes nach § 249 StGB (gegebenenfalls eines schweren Raubes nach § 250 StGB) schuldig gemacht haben. Die für den Straftatbestand des Raubes erforderliche Zueignungsabsicht lässt sich in der Praxis allerdings nicht ohne weiteres bejahen, da die erbeuteten Fanutensilien nach der „Präsentation“ oftmals zerstört oder im Fanblock liegen gelassen werden. Die Aneignungskomponente grenzt an dieser Stelle den Raub von einer straflosen Sachentziehung oder einer strafbaren Sachbeschädigung ab. So fehlt es grundsätzlich an der Aneignungskomponente, wenn der Täter die Sache wegnimmt, um diese zu zerstören.180 Da nicht immer klar ist, wie der oder die Täter mit den „abgezogenen“ Fanartikeln weiter verfahren wollten, sieht sich die Justiz mit einer schwierigen Beweislage konfrontiert. Vor einem Schöffengericht in Osnabrück musste beispielsweise ein sogenannter szenekundiger Beamter (SKB)181 angehört werden, um in Erfahrung zu bringen, wie die Ultragruppe, der der Täter angehörte, in der Regel mit „gezogenen“ Fanartikeln verfährt.182 Neben dem Straftatbestand des Raubes kommen, je nach konkreter Begehungsart, zudem die Straftatbestände des Diebstahls, § 242 StGB, oder der räuberischen Erpressung, §§ 253, 255 StGB, in Betracht. Während sich hinsichtlich einer Strafbarkeit bezüglich Diebstahls dieselbe Problematik im Rahmen der Aneignungskomponente stellt, dürfte sich auch bei einer möglichen Verurteilung wegen räuberischer Erpressung eine regelmäßig ähnlich gelagerte schwierige Beweislage zeigen.183 sich irgendwo zu beschweren oder dieses Phänomen einer Gruppierung in die Schuhe zu schieben, es gehörte schlichtweg dazu!“ 180 BGH, NStZ 2011, 699, 701. 181 Bei den SKB handelt es sich um Landespolizeibeamte, die für die Sachbearbeitung der Delikte rund um Fußballspiele zuständig sind und als Bindeglied zwischen Polizei, Fans, FanProjekten, Fanbetreuung und Staatsanwaltschaft fungieren; vgl. Mayer, Schriftenreihe der Deutschen Hochschule der Polizei 2010 (III – IV), S. 11 (55). Ähnliche Aufgaben nehmen bei der Bundespolizei sog. fankundige Beamte wahr. 182 Noz.de, 08. 09. 2014, www.noz.de/lokales/osnabrueck/artikel/504646/fan-schal-des-vflosnabruck-ein-fall-furs-gericht. Insofern sah auch das LG Potsdam, Urt. v. 23. 03. 2009 – 27 NS 114/07, FD-StrafR 2009, 293359 m. Anm. Holch, von einer Verurteilung eines Fußballfans, der einen Fanschal unter Androhung von Gewalt entwendet hatte, wegen Raubes ab, da eine beabsichtigte „Entsorgung“ des Schals nicht ausgeschlossen werden konnte. § 249 StGB kann aber verwirklicht werden, wenn der Täter sich zur Zeit der Tatbegehung über den Gebrauch der Fanutensilien keine Gedanken gemacht hat; vgl. OLG Nürnberg, NStZ-RR 2013, 78. 183 Nach BGH, NStZ-RR 1999, 103, kann eine räuberische Erpressung grundsätzlich verwirklicht werden, wenn eine Strafbarkeit wegen Raubes daran scheitert, dass die Zueignungsabsicht nicht nachweisbar ist oder nicht vorliegt. Eine Verurteilung wegen räuberischer Erpressung setzt die Absicht, sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, voraus. Dem Besitz des „gezogenen“ Fanutensils muss insofern ein eigener wirtschaftlicher Wert zukommen. Daran fehlt es, wenn der Täter das entwendete Fanutensil unmittelbar nach Erlangung vernichten will oder einen etwaigen Vermögensvorteil nur als „notwendige oder mögliche

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

Wenn die Fanutensilien aus Containern oder Lagerräumen der Fangruppe entwendet werden, kann ein besonders schwerer Fall eines Diebstahls nach §§ 242, 243 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB vorliegen. Sollte bei einem der sogenannten Hausbesuche der oder die Täter auch in die Wohnung des Täters einbrechen oder eine der anderen Tatbegehungsformen des § 244 Abs. 1 Nr. 1 und 3 StGB verwirklichen, kann der Tatbestand des § 244 StGB verwirklicht sein, wenn ebenso die Aneignungskomponente bejaht werden kann.184

C. Passivbewaffnung und Vermummungsutensilien – „Fanoutfits“ am Spieltag I. Beispiele aus der Praxis Sowohl innerhalb der Stadien, um unerkannt Pyrotechnik abzubrennen, als auch außerhalb der Stadien bei Auseinandersetzungen, vermummen sich regelmäßig größere Gruppen von Ultras mittels Sturmhauben oder Schlauchschals. Darüber hinaus werden gelegentlich sogar Quarzhandschuhe oder Bandagen sichergestellt, die bei Auseinandersetzungen zur Verwendung kommen.185 II. (Straf-)Rechtliche Einordnung Das Mitführen oder der Gebrauch derartiger Utensilien kann unter das Schutzwaffen- und Vermummungsverbot des § 17a Abs. 1 und Abs. 2 VersG186 fallen. Verstöße dagegen können nach § 27 Abs. 2 VersG als Straftat oder im Fall des § 17a Abs. 2 Nr. 2 VersG als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße geahndet werden. Höchstrichterlich ist allerdings nicht geklärt, ob diese oder vergleichbare Vorschriften in den Versammlungsgesetzen der Länder auch beim Besuch von Fußballveranstaltungen anwendbar sind. Dies hängt maßgeblich davon ab, ob ein Fußballspiel eine „sonstige öffentliche Veranstaltung unter freiem Himmel“ dar-

Folge seines ausschließlich auf einen anderen Zweck gerichteten Verhaltens hinnimmt“; vgl. BGH, NStZ 2012, 627, 628 zur gewaltsamen Wegnahme eines Mobiltelefons. 184 Weiter verwirklichte Straftaten im Zusammenhang mit dem Entwenden gegnerischer Fanutensilien können u. a. Körperverletzungsdelikte, Nötigung (§ 240 StGB) oder Bedrohung (§ 241 StGB) sein. 185 So stellte etwa die Polizei im Dezember 2015 in der Nachspielphase des Euro-LeagueSpiels zwischen Borussia Dortmund und PAOK Saloniki bei einer Kontrolle von BVB-Ultras neben 72 Sturmhauben unter anderem auch Mundschutze und Quarzhandschuhe sicher; vgl. derwesten.de, 11. 12. 2015, www.derwesten.de/staedte/dortmund/polizei-spricht-von-kriminel len-ultras-id11371995.html. 186 In den nach der Föderalismusreform in Kraft getretenen Landesversammlungsgesetzen existieren ähnliche Regelungen (z. B. Art. 16 Bayerisches Versammlungsgesetz).

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stellt.187 Dass für den Besuch eines Fußballspiels der Erwerb einer Eintrittskarte notwendig ist, nimmt der Fußballveranstaltung nicht den Charakter einer öffentlichen Veranstaltung. Entscheidend ist, dass der Besuch des Spiels dem Grunde nach für jedermann möglich ist und der Veranstalter nicht absehen kann, wer konkret an der Veranstaltung teilnehmen wird.188 Eine öffentliche Veranstaltung „unter freiem Himmel“ ist geprägt durch „die fehlende Abschließung nach außen, die prinzipielle Unüberschaubarkeit, die jederzeitige Möglichkeit weiteren Hinzutretens und die damit verbundene Störanfälligkeit und Gefahrenträchtigkeit“.189 Angesichts der weitläufigen Umzäunungen der Stadiongelände und der ausgeklügelten Kontrollsysteme190 an den Eingängen könnte man annehmen, dass es weder an einer Abschließung nach außen noch an einer prinzipiellen Unüberschaubarkeit fehlt. Hinzu kommt, dass viele moderne Fußballstadien in Deutschland weit entfernt von Innenstädten und Anwohnern errichtet wurden.191 Gegen dieses restriktive Verständnis spricht aber die Genese der §§ 17a Abs. 1 und Abs. 2, 27 Abs. 2 VersG. So schwebten dem Gesetzgeber bei der Schaffung des strafbewehrten Verbots der Vermummung und passiven Bewaffnung bei öffentlichen Veranstaltungen unter freiem Himmel (beziehungsweise schon auf dem Weg zu derartigen Veranstaltungen), die „Erfahrungen bei großen Sport- oder Unterhaltungsveranstaltungen“ vor Augen.192 Profifußballspiele sind als Massenveranstaltung insofern geradezu ein Musterbeispiel für Veranstaltungen, die durch eine prinzipielle Unüberschaubarkeit geprägt sind. Sinn und Zweck der §§ 17a Abs. 1 und Abs. 2, 27 Abs. 2 VersG, die gerade ein bei großen Sportveranstaltungen 187 Dafür OLG Frankfurt, NStZ-RR 2011, 257 f.; OLG Bamberg, Beschl. v. 24. 11. 2015 – 3 Ss OWi 1176/15 (juris); OLG Hamm, Beschl. v. 07. 09. 2017 – 4 RVs 97/17 (juris); Altenhain/Tölle, in: MüKo StGB, Bd. 6, § 27 VersG, Rn. 14; Kober, Pyrotechnik, S. 184 f.; Wache, in: Erbs/Kohlhaas (Hrsg.), Strafrechtliche Nebengesetze, § 17a VersG, Rn. 1 (für Sportveranstaltungen im Allgemeinen); dagegen Amtsgericht Nürnberg, Urt. v. 12. 05. 2016 – 431 OWi 403 Js 43039/15, FD-StrafR 2016, 379653 m. Anm. Rathgeber; differenzierend Kulhanek, SpuRt 2017, 249, 250 f. Ein Nichtanwendbarkeit von § 17a Abs. 1 und Abs. 2 VersG über § 17a Abs. 3 S. 1 VersG i. V. m. § 17 VersG – angedacht werden könnte eine Einstufung besonderer Fußballspiele (sportlich wichtigen Fußballspielen wird nicht selten ein Volksfestcharakter zugesprochen) als „hergebrachte Volksfeste“ im Sinne von § 17 VersG – wird hingegen nicht in Erwägung gezogen. 188 LG Hamm, Beschl. v. 07. 09. 2017 – 4 RVs 97/17, Rn. 15 (juris). Grundlegend zur Frage, ob die Weiterveräußerung von Eintrittskarten und damit die verbundene Unüberschaubarkeit der Zusammensetzung des Publikums zivilrechtlich unterbunden werden kann, jüngst Fischer, Die Weiterveräußerung von Eintrittskarten (2017). 189 Wache, in: Erbs/Kohlhaas (Hrsg.), Strafrechtliche Nebengesetze, § 14 VersG, Rn. 1 m. w. Nachw. 190 Zu den infrastrukturellen Sicherheitsmaßnahmen siehe unten § 6 B. I. 2. b) und § 6 B. II. 2. 191 So etwa die „Allianz-Arena“ in München, das „Stadion im Borussia Park“ in Mönchengladbach, die „Opel Arena“ in Mainz, die „WWK Arena“ in Augsburg oder der „Audi Sportpark“ in Ingolstadt. 192 BT-Drs. 11/2834, S. 11.

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beobachtetes Verhalten von Personengruppen sanktionieren wollen, sprechen daher dagegen, Fußballveranstaltungen allein aufgrund der vorhandenen Umzäunung und Kontrollsysteme am Stadiongelände vom Anwendungsbereich der Normen auszunehmen. Allerdings weist Kulhanek zutreffend darauf hin, dass die dem Passus „unter freiem Himmel“ semantisch innewohnende Grenze auch im Wege der Auslegung gewahrt bleiben muss und daher jedenfalls vollständig geschlossene Multifunktionshallen mit Einlasskontrollen am Halleneingang nicht unter das Tatbestandsmerkmal „unter freiem Himmel“ subsummiert werden können.193 Vereinzelt finden auch Profifußballveranstaltungen in derartigen Multifunktionshallen – wie etwa in der Düsseldorfer „ESPRIT arena“ – statt. Mit der bislang einhelligen oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung greift das Schutzwaffen- und Vermummungsverbot aber zumindest grundsätzlich auch bei Fußballveranstaltungen.

D. Übergriffe abseits der Spieltage I. Beispiele aus der Praxis Angriffe auf verfeindete Fangruppen finden nicht nur an Spieltagen statt. Auch unter der Woche oder in der Sommer- und Winterpause kommt es zu Übergriffen auf Fangruppen, allen voran Ultragruppen. Vermutlich findet sogar die weit überwiegende Anzahl von Übergriffen abseits der Spieltage statt.194 Angesichts des Schweige-Kodexes der Ultragruppen und des Umstandes, dass bei diesen Übergriffen die Polizei in aller Regel nicht wie am Spieltag mit Einsatzkräften präsent ist, ist von einer hohen Dunkelziffer in jenem Bereich auszugehen. Die Vorfälle, die dokumentiert sind, lassen bisweilen eine erhebliche kriminelle Energie der Täter erkennen, wie zwei Beispielsfälle aus dem Ruhrgebiet zeigen: Im Juli 2014 mussten sich zwei Dortmunder Ultras vor dem Amtsgericht Gelsenkirchen wegen verschiedener Vorfälle beim Spiel zwischen Schalke 04 und Borussia Dortmund aus der Vorjahressaison verantworten. Auf der Rückfahrt vom Gericht wurde der Pkw des Strafverteidigers der beiden Dortmunder Ultras, der diese in seinem Wagen mit zurücknahm, von mehreren Pkw verfolgt und ausgebremst. Nachdem der Wagen kurz vor einer Autobahnauffahrt zum Stehen kam, sprang eine vermummte und mit Schlagwerkzeugen bewaffnete Gruppe Schalker Ultras aus den Pkws und beschädigte den Wagen des Strafverteidigers erheblich.195 Im Januar 2015 griff eine Gruppe vermummter Personen, die vermutlich aus der Ultraszene von Borussia Dortmund stammten, ein von den Ultras Gelsenkirchen ausgerichtetes Hallenturnier für befreundete Ultragruppierungen an. Schon am 193

Kulhanek, SpuRt 2017, 249, 250 f. Leistner, Sport und Gesellschaft 5 (2/2008), 111, 117. 195 Derwesten.de, 24. 07. 2014, www.derwesten.de/staedte/gelsenkirchen/schalker-ultras-ste cken-hinter-attacke-auf-bvb-hooligans-id9629246.html. 194

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frühen Morgen, als die Schalker Ultras noch mit dem Aufbau für die Veranstaltung beschäftigt waren, hielten mehrere Pkw vor der Halle. Etwa 20 Täter stürmten anschließend das Gebäude, ehe sie nur Minuten später Richtung Autobahn flüchteten. Bei dem Angriff wurde ein Schalker Ultra nicht unerheblich verletzt, dessen Geldbörse entwendet sowie das Inventar im Eingangsbereich der Sporthalle beschädigt.196 II. (Straf-)Rechtliche Einordnung Hinsichtlich der strafrechtlichen Würdigung derartiger Übergriffe kann weitestgehend auf die obigen Ausführungen bei § 3 A. II. verwiesen werden. Von Bedeutung sind vor allem die Körperverletzungsdelikte, §§ 223, 224, 226 StGB, und die unterschiedlichen Formen des Landfriedensbruchs, §§ 125, 125a StGB. Werden, wie bei dem Angriff der Schalker Ultras auf die Dortmunder Ultras und deren Verteidiger Pkw abgedrängt und zum Anhalten gezwungen, können auch einzelne Straßenverkehrsdelikte wie die §§ 315b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 StGB i. V. m. § 315 Abs. 3 Nr. 1 b) StGB oder § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB verwirklicht werden. Regelmäßig werden auch Sachbeschädigungsdelikte verwirklicht.

E. Die „Meisterschaftskämpfe“ der Hooligans I. Beispiele aus der Praxis Wie oben erörtert,197 hat sich die Gewalt der Hooligans fast vollständig von der Austragung der Fußballspiele gelöst und verselbstständigt: Die Hooligans führen – nicht selten unterstützt durch Personen aus dem Rocker- oder Türsteher-Milieu – eine Art bundes- und sogar europaweite Städtemeisterschaft durch. Längst kämpfen nicht mehr Hooligans des Fußballvereins X gegen Hooligans des Fußballvereins Y gegeneinander, sondern Stadt X gegen Stadt Y.198 Mit „traditioneller“ Fußball-Rivalität haben diese Kämpfe nichts mehr zu tun, sondern ähneln vom Ablauf her eher anderen Kampfsportveranstaltungen, was sich etwa dadurch zeigt, dass eigene „Mannschaftsfotos“ geschossen werden, Taktikbesprechungen und Aufwärmübungen vor den Kämpfen durchgeführt werden und nach den Kämpfen die Teilnehmer bisweilen gar einen geselligen Austausch untereinander pflegen, also an einer Art „Vierten Halbzeit“199 teilnehmen.200 196 Derwesten.de, 03. 01. 2015, www.derwesten.de/staedte/gelsenkirchen/schalke-ultras-ingelsenkirchen-von-vermummten-angegriffen-id10197565.html. 197 Siehe oben § 1 C. II. 198 So kämpfen etwa die eigentlich rivalisierenden Hooligans des FC Bayern München und des TSV 1860 München zusammen; vgl. sueddeutsche.de, 17. 05. 2010, www.sueddeutsche.de/ muenchen/fussball-krawalle-vereint-in-gewalt-1.363798. 199 Oftmals werden die Kämpfe der Hooligans als „Dritte Halbzeit“ bezeichnet.

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Neben den vereinbarten Drittortauseinandersetzungen hat sich mit den internationalen Wettkämpfen der Team Fighting Championship möglicherweise ein weiteres Betätigungsfeld für die deutschen Hooligans eröffnet. Hier bleibt abzuwarten, wie sich dieses noch recht junge Phänomen in Deutschland entwickeln wird, insbesondere ob es derartige Kampfsportveranstaltungen zukünftig auch in Deutschland geben wird. II. (Straf-)Rechtliche Einordnung Nachdem die Strafbarkeit der Teilnahme an den Drittortauseinandersetzungen über viele Jahre umstritten war, haben der 1. und 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs für die strafrechtliche Praxis Klarheit geschaffen, indem sie die wechselseitige Einwilligung der Beteiligten in die gegenseitigen Körperverletzungen als rechtswidrig angesehen haben.201 Eine Strafbarkeit wegen Landfriedensbruchs liegt hingegen regelmäßig weiterhin nicht vor, da die abgeschiedenen Drittortauseinandersetzungen nicht „in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise“ begangen werden.202 Nach den Urteilen des Bundesgerichtshofs dürfte für die Praxis auch Gewissheit darüber herrschen, dass abgesprochene Drittortauseinandersetzungen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Sinne des § 11 HSOG darstellen: Wer an einer derartigen Auseinandersetzung teilnimmt, macht sich zumindest nach den §§ 223, 224 StGB strafbar, sodass die Teilnehmer gegen geltende Rechtsnormen verstoßen. Die unter der Prämisse der Straflosigkeit von Hooligan-Kämpfen behandelte Streitfrage, ob die Polizei gegen geplante oder gerade stattfindende Auseinandersetzungen der Hooligans gefahrenabwehrrechtlich eingreifen darf,203 dürfte sich durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erübrigt haben. Das Urteil des Bundesgerichtshofs hat noch aus einem weiteren Grund erhebliche Auswirkungen. Der Bundesgerichtshof hat nämlich klargestellt, dass die Teilnehmer an derartigen Kämpfen sich der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, § 129 StGB, schuldig machen können.204 Nach Veröffentlichung des Urteils kam es zu einer Auflösungswelle in Kreisen der Hooligan-Gruppen.205 200

Videos Hunderter Hooligan-Kämpfe aus Europa sind auf öffentlichen Videoplattformen wie www.youtube.com für jedermann verfügbar und gewähren einen Einblick in diese Parallelwelt. 201 BGHSt 58, 140, 143 ff.; BGHSt 60, 166, 175 ff. (für Hooligan-Schlägereien); so zuvor schon Kett-Straub, Neue Kriminalpolitik 2012, 98, 100 ff. Kritisch dagegen Mitsch, NJW 2015, 1545 f.; Fischer, StGB, § 228, Rn. 10c. 202 Vgl. Spoenle, NStZ 2011, 552, 554 f. 203 Dazu Wagner, DÖV 2011, 234, 235 ff. 204 BGHSt 60, 166, 173. 205 Mindestens fünf Hooligan-Gruppierungen gaben innerhalb eines Monats nach Verkündung des Urteils ihre Auflösung bekannt; vgl. taz.de, 10. 02. 2015, www.taz.de/!5020750/.

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F. Straftaten im Stadion I. Gebrauch von Pyrotechnik Auch wenn es in seltenen Einzelfällen206 immer noch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen der Fanlager innerhalb der Stadien kommt, stellen diese – aufgrund der in der Regel effektiven Fantrennung – nicht wie noch in den 1970er- und 1980erJahren einen besonderen Schwerpunkt dar. Ganz anders sieht dies beim Gebrauch von Pyrotechnik aus. In den Stadien ist das Abbrennen von Pyrotechnik aufgrund der jeweiligen Stadionordnungen sowie gegebenenfalls durch Regelungen in den Versammlungsstättenverordnungen verboten. Dennoch brennen in Deutschland seit fast 30 Jahren Fußballfans in den Stadien eine breite Palette pyrotechnischer Erzeugnisse, allen voran die sogenannten Bengalischen Feuer207, ab.208 Umso bemerkenswerter erscheint es, dass nur wenige schwerwiegende Verletzungen wegen des Gebrauchs von Pyrotechnik in den deutschen Stadien dokumentiert sind.209 Die Ermittlung von Tätern, die innerhalb der Stadien Pyrotechnik verwenden, erweist sich – trotz modernster Videotechnik – oftmals als schwierig, da die Täter regelmäßig vermummt agieren und im Schutz des Rauchs oder von Fahnen und Bannern ihre Kleidung wechseln. In der Praxis kann das Abbrennen der Pyrotechnik meist nur als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Ob durch das „Zündeln“ auch Straftatbestände verwirklicht werden, hängt maßgeblich davon ab, ob der Einsatz der Pyrotechnik zu Verletzungen geführt hat und/oder, ob den Pyrozündern ein (bedingter) Verletzungsvorsatz 206 Seitdem die Relegationsspiele um den Auf- und Abstieg in den ersten drei Ligen zur Saison 2008/09 (wieder) eingeführt wurden, kommt es in diesen Spielen zu Szenen, die man aus den Stadien der Bundesliga eigentlich nicht mehr kennt. So stürmten im Mai 2017 Hunderte Anhänger von Eintracht Braunschweig nach Spielschluss den Platz, um eine Feier der Spieler des VfL Wolfsburg zu verhindern; vgl. rp-online.de, 30. 05. 2017, www.rp-online.de/sport/fuss ball/bundesliga/eintracht-braunschweig-platzsturm-unterbricht-jubel-des-vfl-wolfsburg-aid-1. 6852446. Noch drastischere Szenen ereigneten sich ebenfalls im Mai 2017 beim Relegationsspiel zwischen dem TSV 1860 München und dem SSV Jahn Regensburg. Nachdem sich der Abstieg der Münchener Mannschaft abzeichnete, wurden aus dem Fanblockbereich zahlreiche Sitzschalen und andere Wurfgeschosse auf den Platz geworfen; vgl. tagesspiegel.de, 31. 05. 2017, www.tagesspiegel.de/sport/1860-muenchen-nach-skandal-in-der-relegation-abstieg-rueck tritte-und-ein-nachspiel/19873274.html. Schon im Mai 2012 war es beim Relegationsspiel zwischen Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC Berlin zum Werfen von pyrotechnischen Gegenständen und einem frühzeitigen Betreten des Spielfelds durch euphorisierte Anhänger gekommen; vgl. faz.de, 15. 05. 2012, www.faz.net/aktuell/sport/fussball/bundesliga/bundesligarelegation-duesseldorf-versinkt-im-chaos-11753013.html. 207 Nach Art. 3 Abs. 1 c) der Richtlinie 2007/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 23. 05. 2007 über das Inverkehrbringen pyrotechnischer Gegenstände (ABl. Nr. L 154 S. 1) zählen diese zur Kategorie P 1 und sind damit in Deutschland für Personen über 18 Jahre frei erhältlich. 208 Zu den verwendeten pyrotechnischen Erzeugnissen siehe Kober, Pyrotechnik, S. 31 ff. 209 Einige Vorfälle, die seit dem Jahr 2005 zu Verletzungen in Deutschland führten, finden sich bei Kober, Pyrotechnik, S. 21.

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nachgewiesen werden kann. In diesem Fall können die Körperverletzungsdelikte, §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Alt. 2 StGB, § 226 StGB oder § 229 StGB verwirklicht oder im Fall der §§ 223, 224, 226 StGB versucht worden sein. Kommt es zu Sachschäden, wird – im Falle des erfolgreichen Nachweises des Vorsatzes – regelmäßig auch der Straftatbestand der Sachbeschädigung, § 303 StGB, verwirklicht sein. In der Praxis wird ein (bedingter) Verletzungsvorsatz – jedenfalls unter dem Grundsatz in dubio pro reo – in der Regel allerdings verneint.210 Wird die Pyrotechnik hingegen gezielt auf andere Menschen geworfen, lässt sich ein Verletzungsvorsatz unproblematisch bejahen.211 Wenn der Einsatz der bengalischen Feuer jedoch keinen Körperverletzungserfolg herbeiführt und ein Verletzungsvorsatz des Zünders auch nicht nachgewiesen werden kann, unterliegt das Zünden dieser Pyrotechnik regelmäßig keiner strafrechtlichen Sanktionsmöglichkeit.212 Allerdings stehen in diesen Fällen ordnungswidrigkeitsrechtliche Sanktionierungsmaßnahmen zur Verfügung. Das Abbrennen von Pyrotechnik ist im nicht-gewerblichen Bereich gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 2 Gesetz über explosionsgefährliche Stoffe (SprengG) ohne Erlaubnis verboten. Das Entzünden bengalischer Feuer, Rauchtöpfe oder Böller innerhalb und außerhalb der Stadien stellt eine Ordnungswidrigkeit nach §§ 41 Abs. 1 Nr. 16 SprengG i. V. m. §§ 46 Nr. 8b, 23 Abs. 2 Erste Verordnung zum Sprengstoffgesetz (1. SprengV) dar.213 Trotz CE-Kennzeichnung handelt zudem gemäß § 41 Abs. 1a SprengG ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig durch das Zünden der Pyrotechnik Leib oder Leben eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet. Zudem existieren teilweise in den Versammlungsstättenverordnungen Verbotstatbestände, die bei Verstößen mit Bußgeldern geahndet werden können.214

210

(juris).

Kulhanek, JA 2016, 102, 103; siehe aber LG Essen, Urt. v. 03. 03. 2015 – 31 Ns 213/14

211 Zuletzt etwa beim DFB-Pokalspiel zwischen Hansa Rostock und Hertha BSC Berlin im August 2017 geschehen; vgl. rbb-online.de, 15. 08. 2017, https://www.rbb-online.de/sport/bei trag/2017/08/hansa-rostock-hertha-bsc-pokal-randale.html. 212 Vgl. Steinsiek, SpuRt 2013, 11, 13 ff.; Amtsgericht Wolfsburg, Urt. v. 12. 04. 2013 – 6b Ls 350 Js 8618/12 (489/12), abrufbar unter www.rot-schwarze-hilfe.de/index.php/gerichtsur teile/491-kein-beweis-fuer-freisetzen-von-giften-nach-dem-abbrennen-einer-bengalfackel. Im Einzelnen ist hier vieles streitig. So unternimmt Kober, Pyrotechnik, in seiner Dissertation den Versuch, die Handlungspalette des Strafrechts hinsichtlich des Zündens unterschiedlicher Arten von Pyrotechnik deutlich zu erweitern. 213 Vertiefend Kober, Pyrotechnik, S. 181. 214 In Hessen § 35 Abs. 2 Hessische Versammlungsstättenrichtlinie i. V. m. § 76 Abs. 1 Nr. 5 Hessische Bauordnung. Auch nach der Muster-Stadionordnung des DFB ist gemäß Art. 7 Nr. 1 i) und Nr. 2 e) das Mitführen und Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände verboten.

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II. Inkriminierte Fangesänge – ein neues strafrechtliches Handlungsfeld? Während mit dem Abbrennen von Pyrotechnik oder dem Entwenden gegnerischer Fanmaterialien zwei Aspekte der „Fußballfankultur“ die Justiz regelmäßig beschäftigen, hat sich diese mit dem zentralen Ausdrucksmittel der Fußballfans – dem Fangesang – bislang kaum auseinandergesetzt.215 Dass der Ton in den Fußballstadien zwischen den Fanblöcken häufig rau ist, merken neben den Stadionbesuchern auch Millionen Fernsehzuschauer recht schnell: Die gegnerischen Fans werden bisweilen als „Hurensöhne“ oder „Arschlöcher“ besungen, dem gegnerischen Verein wünscht man verbal den „Tod“. Derartige verbale Aggressionen gehören in vielen deutschen Stadien zur Tagesordnung, an denen sich Tausende Zuschauer – auch außerhalb der Fanblöcke – beteiligen. Strafrechtliche Ermittlungen wurden bislang – soweit ersichtlich – ebenso wenig eingeleitet wie Präventivmaßnahmen erfolgten, um derartige Gesänge zu unterbinden. Ob diese Handhabe beibehalten wird, bleibt abzuwarten. So wertet zumindest das DFB-Sportgericht seit einiger Zeit beleidigende Fangesänge als „unsportliches Verhalten“ der Anhänger und verhängt entsprechend Geldstrafen oder sogar Zuschauerausschlüsse gegenüber den Vereinen.216 Auch in der ordentlichen Gerichtsbarkeit lassen sich erste Indizien ausmachen, die auf einen Wandel in der bisherigen Handhabe hindeuten. So wertete das OLG Oldenburg die „Schlachtrufe“ „Tod und Hass dem SCP“ und „Wollt ihr Verlängerung? Nein! Wollt ihr Elfmeterschießen? Nein! Was wollt ihr denn? Preußenblut! Preußenblut!“ als grob ungehörige Handlung im Sinne des § 118 Abs. 1 OWiG.217 Überzeugend ist diese Auffassung des OLG Oldenburg nicht. Grob ungehörig ist eine Handlung erst dann, wenn sie in einer Weise gegen die anerkannten Regeln von Sitte, Anstand und Ordnung verstößt, dass dadurch eine unmittelbare psychische oder physische Belästigung oder Gefährdung der Allgemeinheit und gleichzeitig eine Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung in Betracht kommt.218 Es ist eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen, wobei maßgeblich ist, ob die Handlung ein in 215

Eine Ausnahme stellt das sog. „U-Bahn-Lied“ dar, bei dem der Bau einer U-Bahn nach Ausschwitz besungen wird, das in den Stadien allerdings verpönt ist. Ob das Absingen des Liedes den Tatbestand der Volksverhetzung in der Tatform des Verharmlosens nach § 130 Abs. 3 StGB erfüllt, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt; siehe zu den divergierenden obergerichtlichen Entscheidungen Rackow, Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik 2010, 366 ff. 216 So etwa in einem Verfahren im Februar 2017 gegen Hannover 96; vgl. www.dfb.de/news/ detail/48000-euro-geldstrafe-fuer-hannover-96-161754/. 217 OLG Oldenburg, NJW 2016, 887 f. Schon im Juni 2015 hatte das Kreisverwaltungsreferat der Stadt München gefordert, beleidigende Fangesänge zukünftig mit Bußgeldern zu ahnden; vgl. tz.de, 29. 06. 2015, www.tz.de/sport/1860-muenchen/ama-derbys-bussgelder-hass parolen-5184114.html. 218 VGH Mannheim, NVwZ 1999, 560, 561; Senge, in: Karlsruher Kommentar zum OWiG, § 118, Rn. 6.

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der Gemeinschaftsordnung verankertes Minimum an Regeln grob verletzt, ohne deren Beachtung eine Gesellschaft nicht auskommt.219 Dass einzelne Fangesänge dieses in der Gemeinschaftsordnung verankerte Minimum an Regeln grob verletzen, ist nicht ausgeschlossen. Bei der Beurteilung vulgärer und beleidigender Fangesänge sind jedoch auch die gesellschaftlichen Hintergründe und mögliche gesellschaftliche Wertewandel mit einzubeziehen.220 Eine Bewertung der Fangesänge kann also nur vor dem soziokulturellen Hintergrund der Fankultur im Fußball erfolgen. „Das Freund-Feind-Schema ist […] bei den meisten [Fans] lediglich für die Dauer des Spiels […] wirksam und bleibt währenddessen ein Ritual. Es beschränkt sich also auf den Fußballkontext. Der in einigen Stadien übliche Spruch ,Tod und Hass dem XY‘ ist also weniger als Absichtserklärung denn als rituelle Beschimpfung zu verstehen“, erklärt Gabler die fantypischen Riten.221 Die Sprache auf den Zuschauerrängen war schon immer derber, der Ton im Stadion rauer, die Gesänge der Zuschauer für Außenstehende oftmals geschmacklos. Die „anerkannten Regeln von Sitte, Anstand und Ordnung“, die das OLG Oldenburg durch Rufe wie „Tod und Hass“ in erheblicher Weise verletzt sieht, werden im Mikrokosmos Fußballstadion in Deutschland seit Jahrzehnten anders verstanden; sie werden dort als sozialadäquat angesehen.222 Die strafrechtliche Würdigung abwertender Fangesänge spielt – anders als die Kontroverse über herabwürdigende Fantransparente oder -äußerungen gegenüber der Polizei223 – in der Praxis wegen des Strafantragserfordernisses nach § 194 Abs. 1 StGB (bislang) keine große Rolle.224 Eine Strafbarkeit nach § 111 Abs. 1 StGB wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten bei Gesängen wie „Zieht den Bayern die Lederhosen aus“ scheidet nach richtiger Ansicht ebenfalls aufgrund ihrer Sozialadäquanz aus.225 Darüber hinaus wäre es auch sehr fraglich, ob der für eine Strafbarkeit nach § 111 Abs. 1 StGB erforderliche Appellcharakter beim Ab-

219

OLG Karlsruhe, NStZ-RR 2000, 309, 310; Kerkmann, in: Blum/Gassner/Seith (Hrsg.), OWiG, § 118, Rn. 3. 220 Kerkmann, in: Blum/Gassner/Seith (Hrsg.), OWiG, § 118, Rn. 3. 221 Gabler, Die Ultras, S. 17. 222 So auch Schild, Ausschreitungen, in: Schild (Hrsg.), Sportgroßveranstaltungen, S. 63 (85); siehe auch LG Potsdam, Urt. v. 23. 03. 2009 – 27 Ns 114/07, Rn. 16 (juris), für das Tragen eines Fanschals mit diffamierendem Schriftzug auf dem Rückweg von einem Fußballspiel; dagegen Brand/Zivanic, JuS 2016, 332, 333; Herles, Persönlichkeitsrechtsverletzungen, S. 61 f. 223 Dazu jüngst OLG Rostock, Beschl. v. 12. 02. 2018 – 21 Ss OWi 200/17 (juris). Die Frage, ob, und wenn ja, das Akronym „ACAB“ eine strafbare Beleidigung darstellt, wurde in der Rechtsprechung und im Schrifttum jahrelang kontrovers diskutiert, bis das BVerfG, BayVBl 2016, 807; NJW 2016, 2643, für Klarheit sorgte und strenge Anforderungen an die für eine strafbare Beleidigung notwendige konkretisierte Individualisierung der Äußerung stellte; so zuvor schon Jäger, JA 2013, 232, 234; kritisch hingegen Rüthers, NJW 2016, 3337 ff. 224 Kulhanek, JA 2016, 102, 103 f., sieht in beschimpfenden Gesängen gegenüber einzelnen Spielern jedenfalls den Tatbestand der Beleidigung verwirklicht. 225 Vgl. Schild, Ausschreitungen, in: Schild (Hrsg.), Sportgroßveranstaltungen, S. 63 (85).

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singen derartiger Fangesänge angenommen werden könnte. Das bloße Befürworten von Straftaten reicht daher nicht aus.226 Kaum thematisiert wurde in diesem Zusammenhang, ob der Fangesang als das zentrale Ausdrucksmittel der Fußballfans möglicherweise sogar unter die in Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GG geschützte Kunstfreiheit fällt.227 Eventuell könnte hier auf die zur Satire und Karikatur entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden, die bei der Beurteilung der Rechtswidrigkeit einer Beleidigung von Bedeutung sein können. Die Übertreibung ist eines der Stilmittel von Satire und Karikatur und kann nicht zwangsläufig als Kundgabe von Missachtung gewertet werden.228 Auch den (herabsetzenden) Fangesängen ist, wie Gabler erläutert hat, eine gewisse Form von Übertreibung immanent. Dennoch erscheint es fraglich, ob Fangesänge letztlich unter den sachlichen Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GG fallen. Die Schwierigkeit, den verfassungsrechtlichen Begriff der Kunst zu definieren, zeigt sich unter anderem durch die zahlreichen unterschiedlichen Ansätze, die im Laufe der Jahrzehnte entwickelt wurden, um Kunst im verfassungsrechtlichen Sinne zu definieren.229 Das Bundesverfassungsgericht führt insofern aus: „Der Lebensbereich ,Kunst‘ ist durch die vom Wesen der Kunst geprägten, ihr allein eigenen Strukturmerkmale zu bestimmen. […] Das Wesentliche der künstlerischen Betätigung ist die freie schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden. Alle künstlerische Tätigkeit ist ein Ineinander von bewussten und unbewussten Vorgängen, die rational nicht aufzulösen sind. Beim künstlerischen Schaffen wirken Intuition, Phantasie und Kunstverstand zusammen; es ist primär nicht Mitteilung, sondern Ausdruck, und zwar unmittelbarster Ausdruck der individuellen Persönlichkeit des Künstlers.“230 Unter diese Definition von Kunst fällt beispielsweise der Sprechgesang von Gangster-Rappern231 genauso wie der Gesang eines Opernchors232. Auch wenn einzelne Fans, allen voran die Ultras, in aller Regelmäßigkeit neue Fangesänge erdichten – oftmals werden bekannte Pop- und Schlagerlieder als Vorlage genommen –, dürfte das Absingen der Fangesänge jedoch keine eigenschöpferische 226 BGHSt 28, 312, 314 zum Unterschied zu § 88a StGB [Verfassungsfeindliche Befürwortung von Straftaten] (später aufgehoben durch Gesetz v. 07. 08. 1981, BGBl I S. 808); OLG Köln, NJW 1988, 1102, 1103; OLG Celle, NStZ 2013, 720, 721. 227 Dass die Verbindung des zentralen Ausdrucksmittels der Fans zur klassischen Kunst nicht ganz fernliegend ist, zeigt die Praxis: So brachte der Regisseur und Theaterdozent Diaz mit „Fangesänge“ den Fangesang aus dem Stadion im Jahr 2012 auf die Bühne des Dortmunder Opernhauses; vgl. www.theaterdo.de/detail/event/25/?not=1. Mit Ewald, Fangesänge, beschäftigt sich eine musikwissenschaftliche Magisterarbeit mit den Fangesängen beim Fußball. 228 Regge/Pegel, in: MüKo StGB, Bd. 4, § 185, Rn. 23. 229 Ein Überblick findet sich bei Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Abs. 3, Rn. 22 ff. 230 BVerfGE 30, 173, 188 f. 231 LG Berlin, ZUM 2015, 903. 232 BAGE 136, 340, 345.

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

Leistung darstellen. Das künstlerische Schaffen muss unmittelbarer Ausdruck der individuellen Persönlichkeit des Künstlers sein.233 Die Fangesänge in den Fußballstadien beschränken sich in der Regel aber auf das Anfeuern der eigenen Mannschaft, das Glorifizieren des eigenen Vereins, der eigenen Stadt oder Region sowie auf die Herabwürdigung des Gegners. Die eigene Mannschaft soll durch die Gesänge beflügelt, die gegnerische Mannschaft eingeschüchtert werden. Die Fangesänge dienen den Fans also primär als Sprachrohr, haben eher den Charakter einer Mitteilung und sind Mittel zum Zweck, nicht unmittelbarster Ausdruck der individuellen Persönlichkeit. Auch wenn der Kunstbegriff also weit zu verstehen ist, fallen die Fangesänge nicht in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GG. Ein Grundsatz in dubio pro arte existiert nicht.234 Bei der Beurteilung der möglichen Strafbarkeit herabwürdigender Fangesänge gelten die für herabwürdigende Karikaturen und Satiren aufgestellten Grundsätze daher nicht. III. Rechtswidriger Besuch von Spielen Von einiger praktischer Relevanz ist zudem der Straftatbestand des Hausfriedensbruchs. So machen sich etwa Fußballfans, gegen die ein Stadionverbot festgesetzt wurde, beim Betreten des Hausrechtsbereichs eines Hausfriedensbruchs gemäß § 123 Abs. 1 StGB schuldig. Der nach § 123 Abs. 2 StGB erforderliche Strafantrag des Hausrechtsinhabers wird in der Praxis regelmäßig gestellt. Darüber hinaus wird vereinzelt vertreten, dass schon das Betreten eines Stadions mit einem pyrotechnischen Gegenstand oder anderen verbotenen Gegenständen den Tatbesttand des Hausfriedensbruchs gemäß § 123 Abs. 1 Alt. 1 StGB erfüllen soll.235 Gegen diese Annahme spricht jedoch, dass ein für den Tatbestand des Hausfriedensbruchs erforderliches „widerrechtliches Eindringen“ in dieser Konstellation regelmäßig nicht gegeben sein dürfte; in der Regel dürfte ein tatbestandsausschließendes Einverständnis vorliegen, da der Ordnungsdienst, an den regemäßig die Ausübung des Hausrechts delegiert worden ist, dem Besucher den Zutritt zum Stadion gestattet hat. Vom äußeren Verhalten ist der Fan, der Pyrotechnik in das Stadion schmuggelt, nicht vom Verhalten anderer Fans zu unterscheiden. Dabei ist es unerheblich, ob das individuelle Einverständnis, wie in diesem Fall, durch Täuschung erschlichen wurde.236 233

VG Berlin, Urt. v. 11. 01. 2016 – 1 K 136.14, Rn. 33 (juris). Kempen, in: Beck-OK GG, Art. 5, Rn. 163. Dagegen hält Herles, Persönlichkeitsrechtsverletzungen, S. 85, es für denkbar, dass auch Fangesänge unter den Schutzbereich der Kunstfreiheit fallen. 235 So Kober, Pyrotechnik, S. 165 f. 236 § 123 StGB schützt nur den tatsächlich erklärten Willen, nicht aber die irrtumsfreie Willensbildung; vgl. Schäfer, in: MüKo StGB, Bd. 3, § 123, Rn. 29. Dass der Besucher, wenn der verbotene Gegenstand entdeckt worden wäre, nicht ins Stadion gelassen worden wäre, da der Hausrechtsinhaber das Mitsichführen verbotener Gegenstände auf dem Veranstaltungsgelände gerade verhindern will, ist insofern unbeachtlich; vgl. Reinhardt, ZJS 2013, 493, 502. Anders aber, wenn gegen die Person schon ein Hausverbot festgesetzt worden war; vgl. 234

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G. „Reviermarkierung“ im öffentlichen Raum I. Beispiele aus der Praxis Abseits der Stadien verbreiten Ultras mittels Graffiti, Aufklebern und anderen von der „Streetart-Kultur“ entlehnten Stilmitteln ihren Gruppennamen beziehungsweise den Namen ihres Fußballvereins. Dieses Phänomen hat sich in den vergangenen Jahren in der deutschen Ultraszene erheblich verbreitet, sodass mittlerweile sogar eigene Bücher und Dokumentationsfilme der Ultras über ihre „Kunstwerke“ veröffentlicht worden sind.237 II. (Straf-)Rechtliche Einordnung Regelmäßig verwirklichen die Täter durch ihr Tun Sachbeschädigungsdelikte. Wenn das Anbringen des Graffito mit einer Substanzverletzung der Fläche, auf der es aufgetragen wird, einhergeht, ist § 303 Abs. 1 Alt. 1 StGB einschlägig, andernfalls regelmäßig § 303 Abs. 2 StGB.238 Hinsichtlich der strafrechtlichen Relevanz der meist von den Ultras, aber auch von anderen Fankurvenbesuchern tausendfach in Innenstadtgebieten, auf Bahnhöfen oder Rastanlagen verklebten Aufklebern, ist zu differenzieren, ob diese sich nach kurzer Einwirkungszeit rückstandsfrei ablösen lassen oder, ob die nachträgliche Reinigung einer beklebten oder beschmierten Sache zwangsläufig zu einer nicht unbeträchtlichen Beschädigung der Oberfläche führt. Nur im letzten Fall kann der Straftatbestand der Sachbeschädigung nach § 303 Abs. 1 Alt. 1 StGB bejaht werden.239

H. Gewaltaufrufe I. Beispiele aus der Praxis Während das Anbringen der Graffiti und das Verkleben der Aufkleber grundsätzlich wohl der „Reviermarkierung“ der Ultras dienen dürften, werden vor beSternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, § 123, Rn. 22. Zu der Festsetzung von Stadionverboten siehe unten § 6 B. III. 1. 237 Ausführlich zum Ganzen Grün, Ultras und Graffiti, in: Duttler/Haigis (Hrsg.), Ultras, S. 157 (165 ff.). 238 Vgl. Wieck-Noodt, in: MüKo StGB, § 303, Bd. 5, Rn. 45 und 55 ff. Wird das Graffito etwa auf einem öffentlichen Denkmal angebracht, kann auch der Straftatbestand der gemeinschädlichen Sachbeschädigung nach § 304 StGB verwirklicht sein. 239 BGHSt 29, 129, 132; OLG Frankfurt, NJW 1990, 2007. Lässt der Aufkleber sich hingegen rückstandsfrei ablösen, wird auch nicht § 303 Abs. 2 StGB verwirklicht, da die Veränderung nur vorübergehend ist. Das Verkleben der Aufkleber kann in diesem Fall allenfalls als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

sonderen Spielen mittels dieser Instrumente oder auf Internetplattformen spezielle Appelle kundgetan: • Im Dezember 2015 wurden etwa in zahlreichen hessischen Städten vor dem Spiel von Eintracht Frankfurt gegen den SV Darmstadt 98 Parolen plakatiert, die dazu aufforderten, Darmstadt zu „vernichten“, „Alle auf die Straße“ zu gehen und „Lilienschweine“ zu „jagen“.240 • Vor dem Spiel zwischen Borussia Dortmund und Schalke 04 im Jahr 2009 verklebten vermutlich Anhänger von Borussia Dortmund in der örtlichen Innenstadt Plakate, mittels derer dazu aufgefordert wurde, „Blau-Weiß aus der Stadt zu prügeln“ oder für „Stadt, Stolz und Verein“ zu kämpfen.241 Da derartige Aufrufe in der Regel anonym veröffentlicht oder verklebt werden, lässt sich eine Urheberschaft häufig nicht nachweisen. Die Vermutung liegt allerdings nahe, dass solche Aufrufe oftmals aus Kreisen der Ultraszene stammen.242 II. (Straf-)Rechtliche Einordnung Neben den Sachbeschädigungsdelikten im Falle des Verklebens können derartige Aufrufe gegebenenfalls den Straftatbestand der Öffentlichen Aufforderung zu Straftaten, § 111 Abs. 1 StGB, erfüllen. Dazu muss die Äußerung allerdings Appellcharakter haben, da die bloße Befürwortung von Straftaten nicht ausreicht.243 Ob ein solcher Appellcharakter angenommen werden kann, muss durch Auslegung der Erklärung unter Berücksichtigung der Meinungsfreiheit geklärt werden.244 Den Aufforderungen „auf die Straße zu gehen und Lilienschweine zu jagen“ oder „BlauWeiß aus der Stadt zu prügeln“ dürfte ein solcher Appellcharakter zugesprochen werden können, zumal die Plakate jeweils auch noch mit den genauen Daten der Spielansetzung versehen waren. Die Täter erstrebten an den Spieltagen die Begehung schwerer Straftaten (etwa §§ 125, 125a StGB). Entsprechende Aufrufe können in Einzelfällen auch den Tatbestand der Gewaltdarstellung, § 131 Abs. 1 Nr. 1 a) StGB, erfüllen. Auf den in Hessen verklebten Plakaten war beispielsweise ein axttragender Anhänger von Eintracht Frankfurt zu sehen, der einen weiblichen Darmstadt-Fan am Nacken gepackt hatte und (vermutlich) zur Schlachtbank führte. 240 Op-online.de, 25. 11. 2015, www.op-online.de/sport/eintracht-frankfurt/lilienschweine-ja gen-staatsanwalt-ermittelt-gegen-eintracht-frankfurt-wegen-makabrer-fanaktion-5899120.html. 241 Wr.de, 15. 09. 2009, www.wr.de/sport/fussball/bvb/bvb-stellt-anzeige-wegen-hetzparo len-der-ultras-id208292.html. 242 So wohl jedenfalls bei den Hetz-Plakaten gegen den SV Darmstadt; vgl. fr-online.de, 16. 12. 2015, www.fr-online.de/frankfurt/hetz-plakate-bei-derby-fingerabdruecke-verraten-li lien-jaeger-,1472798,32941026.html. 243 OLG Köln, NJW 1988, 1102, 1103. 244 OLG Celle, NStZ 2013, 720, 721.

§ 4 Entwicklung der Sicherheitslage im deutschen Profifußball

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§ 4 Entwicklung der Sicherheitslage im deutschen Profifußball A. Einführung in die Methodik In § 3 dieser Arbeit wurde der Blick auf kriminelle Machenschaften einzelner Personen aus den Fußball-Fanszenen gelenkt und aufgezeigt, welches hohe Maß an krimineller Energie die Täter – unter Berufung auf eine vermeintlich traditionelle Fan- beziehungsweise Ultrakultur – bisweilen an den Tag legen. Insofern drängt sich allerdings die Frage auf, wie repräsentativ die geschilderten Vorfälle für die Sicherheitslage im Profifußball insgesamt sind. Hat der Fußballsport tatsächlich ein Gewaltproblem, wie es ihm nachgesagt wird? Schon zuvor wurde darauf hingewiesen, dass viele der geschilderten strafrechtlich relevanten Vorfälle sich weder innerhalb des Stadions, noch überhaupt während der 90 Minuten des Fußballspiels ereignen, sondern losgelöst von der Austragung der Profifußballspiele stattfinden.245 Angesichts des Rückzugs der Hooligans aus den Stadien stellt sich die Frage, ob sich die Sicherheitslage im Umfeld des Profifußballs durch das Aufkommen der UltraBewegung verändert hat. Ausgangspunkt der Betrachtung ist dabei – mangels empirischer Erhebungen über die Entwicklung der Gewalt im Umfeld des Profifußballs – der jährlich im Nachgang jeder Fußballsaison herausgegebene Bericht der ZIS. Die Datenbasis der Jahresberichte wird für die Bundesligen und die 3. Liga mit einem Fragebogen bei den zuständigen Polizeibehörden der Länder und bei der Informationsstelle Sport des Bundespolizeipräsidiums in Potsdam erhoben. Für die Spiele der Regionalligen werden Daten aus Verlaufsberichten (ohne Nacherhebung) der zuständigen Polizeibehörden zu Strafverfahren, freiheitsentziehenden Maßnahmen, Arbeitsstunden und Verletzten sowie zur geschätzten Anzahl des dort vorhandenen Gewaltpotenzials erfasst.246 Anhand der wichtigsten Kennzahlen aus den veröffentlichten Kurzfassungen der Jahresberichte der ZIS – die Langfassungen der Berichte werden nicht publiziert – soll versucht werden, ein Bild von der Sicherheitslage im Umfeld von Fußballspielen zu zeichnen, um dadurch auch Rückschlüsse auf die polizeiliche Einsatzkonzeption bei Fußballspielen, gerade im Hinblick auf die Anzahl der eingesetzten Polizeibeamten, ziehen zu können.

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Siehe oben § 1 C. II. und die in § 3 geschilderten Vorfälle aus der Praxis. Jahresbericht der ZIS 2016/17, S. 7. Sämtliche Angaben in dieser Arbeit beziehen sich auf die Jahresberichte der ZIS zur bundesweiten Sicherheitslage bei Fußballspielen. Diese sind abrufbar unter https://lzpd.polizei.nrw/artikel/zis-jahresbericht. 246

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

I. Anzahl eingeleiteter Strafverfahren an Spieltagen 1. Entwicklung von 1999 bis 2017 In den Jahresberichten der ZIS wird die Anzahl der durch Länder- und Bundespolizei247 im Zusammenhang mit Fußballspielen der oberen deutschen Spielklassen eingeleiteten Ermittlungsverfahren mitgeteilt. Aus Gründen der Vergleichbarkeit beschränkt die Untersuchung sich auf Ligaspiele in der Bundesliga und der 2. Bundesliga, DFB-Pokal-Spiele, in Deutschland ausgetragene Spiele der Clubwettbewerbe der Union des Associations Européennes de Football (UEFA), Länderspiele sowie sonstige Vereinsspiele außerhalb der Regionalligen und der 3. Liga.248 Wirft man einen Blick auf die Entwicklung der Anzahl der eingeleiteten Ermittlungsverfahren seit dem verstärkten Aufkommen der Ultra-Bewegung um die Jahrtausendwende, lässt sich zumindest in absoluten Zahlen ein deutlicher Anstieg festmachen.249 Auch wenn die Zahlen saisonal zum Teil erheblich schwanken, ist die stetige Zunahme der eingeleiteten Strafverfahren leicht erkennbar: Von ursprünglich 2.726 eingeleiteten Strafverfahren in der Saison 1999/2000 wurden in der Spitze – der Saison 2011/12 – 8.143 Strafverfahren im Zusammengang mit den Profifußballspielen eingeleitet; selbst wenn in den vergangenen Spielzeiten die Tendenz in absoluten Zahlen wieder leicht rückläufig ist, liegen die Werte regelmäßig noch mehr als doppelt so hoch wie zu den Anfangsjahren der Ultra-Bewegung in den deutschen Stadien. 2. Bewertung Auffällig an den Zahlen der ZIS ist, dass der merkliche Anstieg bei den Strafverfahren nahezu ausschließlich auf eine deutliche Zunahme der eingeleiteten Strafverfahren bei Spielen im Vereinsfußball zurückzuführen ist. Die Anzahl der eingeleiteten Strafverfahren im Zusammenhang mit Länderspielen bewegt sich fast durchgängig im niedrigen zweistelligen Bereich.250 Aus dem Umstand, dass die Länderspiele in Deutschland nicht von organisierten Ultragruppen besucht werden, könnte der Schluss gezogen werden, dass der deutliche Anstieg der Strafverfahren bei Ligaspielen sich vornehmlich auf die wachsende Ultra-Bewegung und deren 247

Bis zum 30. 06. 2005 als Bundesgrenzschutz bezeichnet. Die Anzahl der eingeleiteten Strafverfahren im Zusammenhang mit Regionalligaspielen wird erst ab dem Jahresbericht 2001/02 erfasst; die 3. Liga wurde zur Saison 2008/09 eingeführt. 249 Die Anzahl der eingeleiteten Strafverfahren je Saison stellt sich wie folgt dar: Saison 1999/2000: 2.726; Saison 2000/01: 2.901; Saison 2001/02: 3.232; Saison 2002/03: 3.389; Saison 2003/04: 3.401; Saison 2004/05: 4.711; Saison 2005/06: 4.576; Saison 2006/07: 4.394; Saison 2007/08: 4.577; Saison 2008/09: 6.030; Saison 2009/10: 6.042; Saison 2010/11: 5.890; Saison 2011/12: 8.143; Saison 2012/13: 6.502; Saison 2013/14: 7.863; Saison 2014/15: 6.528; Saison 2015/16: 6.100; Saison 2016/17: 6.740. 250 Eine Ausnahme stellt insofern die Saison 2015/16 dar, bei der 147 Strafverfahren bei Länderspielen – ganz überwiegend durch die Länderpolizeien – eingeleitet wurden. 248

§ 4 Entwicklung der Sicherheitslage im deutschen Profifußball

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(Teil-)Radikalisierung zurückführen lässt. Mit dem Anwachsen der Zuschauerzahlen im deutschen Profifußball lässt sich der offenkundige Anstieg bei den eingeleiteten Strafverfahren jedenfalls nicht allein erklären, wie eine Betrachtung der Entwicklung der Zuschauerzahlen in den beiden Bundesligen zeigt: So lassen sich für Bundesliga251 und 2. Bundesliga252 zwar in absoluten Zahlen ebenfalls deutliche Zunahmen der Zuschauerzahlen feststellen, die Relation zwischen Strafverfahren und Zuschaueranzahl macht aber sichtbar, dass das Zuschauerwachstum nicht als einzige Erklärungsursache taugt.253 Einiges spricht daher dafür, dass die wachsende Anzahl der eingeleiteten Ermittlungsverfahren (in absoluten und relativen Zahlen) auf die zunehmende Verbreitung der Ultra-Bewegung in den deutschen Stadien und deren (Teil-)Radikalisierung seit Mitte der 2000er-Jahre (mit) zurückzuführen ist. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die ZIS nicht danach differenziert, ob die erfassten Ermittlungsverfahren gegen Fußballfans oder gegen Polizeibeamte eröffnet wurden.254 In sportsoziologischen Untersuchungen wird nicht zuletzt deshalb gemutmaßt, dass angesichts der zunehmenden Verfestigung des Feindbildes Polizei bei den Ultras ein gewisser Teil des Anstiegs bei der Zahl der Strafverfahren durch ein verändertes Anzeigeverhalten der Ultras gegenüber den eingesetzten Polizeibeamten bedingt sein könnte.255 Um dies ausschließen zu können, lohnt hier ein Blick auf die Entwicklung der Anzahl der eingeleiteten Strafverfahren wegen „fantypischer“ Delikte, da beispielsweise Strafanzeigen gegen Polizeibeamte wegen Verstößen gegen das SprengG, Landfriedensbruchs oder Raubes in der Praxis atypisch wären. a) Entwicklung der „fantypischen“ Delikte von 1999 bis 2017 Bei allen „fantypischen“ Delikten im Umfeld der Spiele der Bundesliga und 2. Bundesliga256 (Körperverletzung, Raub/Diebstahl, Verstöße gegen das SprengG, 251 Während in der Saison 1999/2000 noch ca. 8,8 Millionen Zuschauer die Spiele in den Stadien der Bundesliga verfolgten, zählten die Bundesligisten in der Saison 2016/17 ca. 12,45 Millionen Zuschauer. 252 Während in der Saison 1999/2000 noch ca. 3,3 Millionen Zuschauer die Spiele in den Stadien der 2. Bundesliga verfolgten, zählten die Zweitligisten in der Saison 2016/17 ca. 6,6 Millionen Zuschauer. 253 So leiteten in der Saison 1999/2000 Bundesgrenzschutz und Länderpolizei bei Spielen der beiden Bundesligen insgesamt 2.294 Strafverfahren ein, was bei einer Gesamtzuschaueranzahl von 12.155.747 einem Anteil von etwa 0,0189 % entspricht. In der Saison 2016/17 leiteten Bundespolizei und Länderpolizei 5.466 Strafverfahren bei Spielen der Bundesligen ein, was bei einer Gesamtzuschaueranzahl von 19.355.810 (die hier herangezogenen Gesamtzuschauerzahlen entsprechen den offiziellen Angaben der DFL GmbH und nicht den Angaben im Jahresbericht der ZIS) einem Anteil von etwa 0,028 % entspricht. 254 Vgl. BT-Drs. 17/11806, S. 4. 255 Gabler, Zahlen der ZIS, in: Czoch (Hrsg.), Ultras in Deutschland, S. 267 (272). 256 Für andere Ligen und Wettbewerbe liegen für den Zeitraum keine vergleichbaren Werte der ZIS vor.

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

Landfriedensbruch) lässt sich in absoluten Zahlen seit der Jahrtausendwende eine deutliche Zunahme der Ermittlungsverfahren verzeichnen. So stieg etwa die Anzahl der eingeleiteten Strafverfahren wegen Körperverletzungsdelikten von 787 Verfahren in der Saison 1999/2000 auf bis zu 1.831 Verfahren in der Spitze – der Saison 2011/12;257 die Anzahl der Diebstahls- und Raubdelikte hat sich im Vergleich zu den Anfangsjahren der Ultra-Bewegung in Deutschland mehr als verdoppelt.258 Prozentual ähnlich stark gewachsen ist die Anzahl der Strafverfahren wegen Landfriedensbruchs.259 Der prozentual höchste Anstieg ist bei den Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen das SprengG zu verzeichnen: Während in der Saison 1999/ 2000 nur 41 Verfahren bei Spielen der Bundesligen eingeleitet wurden, markiert die Saison 2011/12 mit 1.449 Verfahren einen Rekordwert, was einen Anstieg um mehr als 2.700 % bedeutet.260 b) Rückschlüsse Die Entwicklung der „fantypischen“ Delikte in den Bundesligen deutet darauf hin, dass die Zunahme (sowohl in relativen als auch absoluten Zahlen) bei den Ermittlungsverfahren auf einen deutlichen Anstieg von Ermittlungsverfahren gegen Angehörige von Ultragruppierungen zurückzuführen ist. So war beispielsweise das Entwenden gegnerischer Fanmaterialien in den Anfangsjahren der deutschen UltraBewegung kaum verbreitet.261 Insofern überrascht es nicht, dass sich in diesem Zeitraum die Anzahl der eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen Raubdelikten im niedrigen zweistelligen Bereich bewegt. Erst seitdem das sogenannte „Abziehen“ gegnerischer Fans in Teilen der Ultrakreise zunehmend beliebter wurde, ist ein deutlicher Anstieg der eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen Raubes zu verzeichnen. Auch die rasante Zunahme bei den eingeleiteten Strafverfahren wegen Verstößen gegen das SprengG dürfte sich auf die Ultras zurückführen lassen. Wie oben be257 In den vergangenen Spielzeiten war bei der Anzahl der eingeleiteten Strafverfahren wegen Körperverletzungsdelikten ein Rückgang auf zuletzt 1.382 Verfahren in der Saison 2016/ 17 zu verzeichnen. Dennoch liegen auch die jüngeren Werte erheblich über den Werten nach der Jahrtausendwende. 258 Von 171 eingeleiteten Verfahren in der Saison 1999/2000 auf zuletzt 435 Verfahren in der Saison 2016/17. Auch die Anzahl der Strafverfahren wegen Diebstahls- und Raubdelikten lag zwischenzeitlich sogar noch wesentlich höher (Spitzenwert 848 Verfahren in der Saison 2008/09). 259 Von 95 Verfahren in der Saison 1999/2000 auf zuletzt 479 Verfahren in der Saison 2016/ 17, wobei auch hier bisweilen in den vorherigen Spielzeiten der Anstieg der Ermittlungsverfahren noch deutlicher ausfiel (etwa 616 Verfahren in der Saison 2011/12). 260 In den vergangenen Bundesligaspielzeiten war bei der Anzahl der eingeleiteten Strafverfahren wegen Verstößen gegen das SprengG ein Rückgang auf zuletzt 543 Verfahren in der Saison 2016/17 zu verzeichnen. Dennoch liegen auch die jüngeren Werte weiter erheblich über den Werten nach der Jahrtausendwende. 261 Siehe oben § 1 D. II.

§ 4 Entwicklung der Sicherheitslage im deutschen Profifußball

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schrieben, werden pyrotechnische Elemente in den Stadien seit einigen Jahren fast nur noch von Ultras benutzt. Zudem hat in der Saison 2011/12, dem Rekordjahr bei der Anzahl der eingeleiteten Strafverfahren wegen Verstößen gegen das SprengG, ein Großteil der deutschen Ultragruppen die Kampagne „Pyrotechnik legalisieren – Emotionen respektieren“ unterstützt, was dazu führte, dass viele Ultragruppen Pyrotechnik noch stärker verwendeten.262 Auch von Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs dürften in der Regel vor allem Angehörige von Ultragruppen betroffen sein, da es gerade die Ultras sind, die die Reise zu Fußballspielen geschlossen in einer (großen) Personengruppe antreten, während die restlichen Stadionbesucher in der Regel individuell zu den Spielen anreisen. Zwar sind andere Stadionbesucher teilweise in Fanklubs organisiert, die in der Regel ebenfalls gemeinsam zu Spielen reisen, doch die in den Medien publik gewordenen Fälle von Ermittlungen wegen Landfriedensbruchs gegen anoder abreisende Fangruppen betreffen fast ausschließlich Ultragruppierungen.263 Allenfalls der Anstieg bei Strafverfahren wegen Körperverletzungsdelikten könnte partiell auf einen Zuwachs von Strafanzeigen gegenüber Polizeibeamten zurückzuführen sein. Der merkliche Anstieg der Anzahl der eingeleiteten Ermittlungsverfahren lässt sich aber jedenfalls insgesamt mit hoher Wahrscheinlichkeit – neben dem gestiegenen Zuschaueraufkommen – auf die quantitativ deutlich gewachsene Ultra-Bewegung in Deutschland zurückführen, zu deren Verhaltensmuster, je nach Ultragruppe mal mehr und mal weniger stark ausgeprägt, auch die anlassbezogene Begehung von Straftaten zählt. Fraglich erscheint jedoch, ob sich aus dieser gewonnenen Erkenntnis ebenfalls tragfähige Rückschlüsse über die tatsächliche Sicherheitslage im Umfeld der deutschen Fußballstadien ziehen lassen. Von Interesse wäre insbesondere, ob sich das Risiko, beim Besuch eines Fußballspiels Opfer einer Straftat zu werden, durch das Aufkommen der Ultra-Bewegung erhöht hat. Bei der Beurteilung dieser Frage ist einerseits problematisch, dass es gerade im Bereich der Körperverletzungs- und Eigentumsdelikte ein nicht zu unterschätzendes Dunkelfeld geben dürfte, da in Teilen der Fanszene der oben schon angesprochene „Schweige-Kodex“ existiert264 und viele Vorfälle somit nicht zur Anzeige gebracht werden. Innerhalb der Stadien dürfte das Dunkelfeld allerdings deutlich geringer ausfallen als im Stadionumfeld oder auf den An- und Abreisewegen. So dürfte im Bereich der Verstöße gegen das SprengG beispielsweise nur ein geringes Dunkelfeld existieren, da aufgrund der Videoüberwachung und Polizeipräsenz in den Stadien jeder Vorfall mit Pyrotechnik innerhalb der Stadien dokumentiert sein dürfte. Unabhängig von der Frage des Umfangs des Dunkelfelds zeigt sich andererseits ein noch größeres Problem: Die Statistik erfasst nur die Zahl der eingeleiteten Ermittlungsverfahren. Hingegen lässt sich der Statistik nicht entnehmen, wie viele der eingeleiteten Ermittlungsverfahren zu Verurteilungen oder Freisprüchen, Einstel262 263 264

Siehe dazu oben § 1 D. II. 1. Siehe dazu schon oben § 3 A. I., sowie das zugleich thematisierte Praxisbeispiel. Siehe oben § 1 D. II. 4.

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

lungen nach § 170 Abs. 2 StPO oder nach den §§ 153 ff. StPO geführt haben.265 Dies ist jedoch gerade bei Großveranstaltungen wie Fußballspielen in dem Sinne problematisch, als dass dort immer wieder gegen große Personengruppen Ermittlungsverfahren eingeleitet werden. Wie schnell ein ausschließlicher Blick auf die nackten Zahlen zu falschen Schlüssen verleiten kann, soll ein Beispiel aus der Praxis zeigen:266 Im Februar 2013 fuhren knapp 400 Fans von Hannover 96 mit dem Zug von Hannover zum Auswärtsspiel nach Bremen. Die Polizei in Bremen hatte eine Allgemeinverfügung erlassen, wonach Fans, die am Hauptbahnhof in Bremen ankommen, nur mit eingesetzten Bussen zum Stadion fahren durften. Es war untersagt, in größeren Gruppen und mit Flaschen durch die Bremer Innenstadt zu ziehen. Nachdem zunächst einige Hannoveraner Fans am Bahnhof in Achim, ca. 20 Kilometer vor Bremen, den Zug verlassen hatten, wurde die knapp 400-köpfige Gruppe in Gewahrsam genommen, da die Polizei in dem frühzeitigen Ausstieg einen Verstoß gegen die Allgemeinverfügung erblickte. Während des Einsatzes zündete eine unbekannte Person aus der Gruppe zwei „China-Knaller“. Daraufhin wurden alle Fans zurück nach Hannover geschickt. Dort wurde die Gruppe erkennungsdienstlich behandelt und – wegen der zwei „China-Knaller“ – 384 Strafverfahren eingeleitet. Noch im Ermittlungsverfahren wurden 383 der 384 Verfahren eingestellt. Ein Verfahren kam zur Anklage. Während der Hauptverhandlung gegen den einen übriggebliebenen Fan vor dem Amtsgericht Achim wurde der Einsatzleiter der Bundespolizei als Zeuge gehört. Dieser berichtete, dass er nach Auswertung von sechs Stunden Videomaterial nicht eine Straftat habe feststellen können. Das Verfahren gegen den Angeklagten wurde daraufhin eingestellt. Dieser Beispielfall zeigt, wie wenig Rückschlüsse sich aus der bloßen Anzahl der eingeleiteten Ermittlungsverfahren im Hinblick auf die Sicherheitslage beim Fußball ziehen lassen. Denn die 384 eingeleiteten Ermittlungsverfahren tauchen im Jahresbericht der ZIS dennoch auf. Oftmals ist es der Polizei, ohne erkennungsdienstliche Behandlung auch größerer Personengruppen, nicht möglich, Straftäter aus der Masse der Fans zu identifizieren. Die Konsequenz ist jedoch, dass regelmäßig auch gegen Unschuldige Ermittlungsverfahren eingeleitet werden.267 Aus wissenschaftlicher Sicht wäre es insofern wünschenswert, wenn in den Jahresberichten der ZIS ebenfalls die Anzahl der tatsächlichen Verurteilungen beziehungsweise der ergan265

Kritisch insofern auch Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 41 und 44. Das Beispiel stammt aus der Anhörung des Strafverteidigers Hüttel vor dem sächsischen Landtag; vgl. Stenografisches Protokoll der Anhörung durch den Innenausschuss des Sächsischen Landtags am 25. 06. 2015, Protokollgegenstand: Drs. 5/1210, S. 19 f. 267 In der Praxis ist die die Verfahrenseinstellung die häufigste staatsanwaltschaftliche Entscheidung. So wurden im Jahr 2014 rund 58 % der Verfahren durch die Staatsanwaltschaft eingestellt, während nur ca. 21 % aller Verfahren mit einer Anklageerhebung oder einem Antrag auf Erlass eines Strafbefehls endeten; vgl. Pressemitteilung Nr. 367 des Statistischen Bundesamtes v. 01. 10. 2015. Wie das von Hüttel angeführte Beispiel vermuten lässt, dürfte der prozentuale Anteil der Verfahrenseinstellungen bei Fußballfans sogar noch höher liegen. 266

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genen Strafbefehle und die nach den §§ 153 ff. StPO erfolgten Verfahrenseinstellungen ausgewiesen werden würden. Diese weitergehende Differenzierung würde die Jahresberichte der ZIS, aus wissenschaftlicher Sicht, deutlich aussagekräftiger machen. Sie wäre zugegebenermaßen allerdings mit einem erheblichen bürokratischen Mehraufwand verbunden. Der Aussagewert der Anzahl der eingeleiteten Ermittlungsverfahren erscheint aber noch aus einem weiteren Grund fragwürdig. Um das Gefährdungspotenzial bei Fußballspielen richtig einschätzen zu können, wäre ein Vergleich zu anderen (Sport-) Großveranstaltungen interessant.268 Ein solcher Vergleich wird jedoch durch ein statistisches Phänomen, das sogenannte „Lüchow-Dannenberg-Syndrom“, erheblich erschwert: Je mehr Polizei im Einsatz ist, desto mehr möglicherweise strafrechtlich relevantes Verhalten wird registriert.269 Die Anzahl der eingesetzten Polizeikräfte hat direkte Auswirkung auf die Anzahl der eingeleiteten Ermittlungsverfahren. Da bei Fußballspielen in der Regel deutlich mehr Polizeikräfte als bei anderen Großveranstaltungen eingesetzt werden, dürfte das Dunkelfeld bei Straftaten, die im Stadion oder im unmittelbaren – von der Polizei überwachten – Stadionumfeld begangen werden, geringer als bei anderen Großveranstaltungen sein.270 Die Anzahl der eingeleiteten Ermittlungsverfahren stellt daher keinen geeigneten Indikator dar, um ein realistisches Bild der Gefährdungslage bei Fußballspielen zu erhalten. Aus den Jahresberichten der ZIS lässt sich nur erkennen, dass seit dem Aufkommen der Ultra-Bewegung gegen mehr Personen im Umfeld von Vereinsfußballspielen – zum Großteil vermutlich Ultras – Ermittlungsverfahren eingeleitet werden. II. Verletzte Personen an Spieltagen 1. Entwicklung der Verletztenzahlen Die Berichte der ZIS erfassen auch die jährliche Verletztenanzahl im Zusammenhang mit Fußballspielen. Die diesbezüglichen Zahlen der ZIS können als weiterer Indikator bei der Bewertung der Sicherheitslage herangezogen werden, da in den Statistiken der ZIS Verletzungen, die auf Unfälle beruhen, nicht mit erfasst werden.271 Entsprechend soll an dieser Stelle zunächst ein Überblick über die Entwicklung der Verletztenanzahl seit der Jahrtausendwende erfolgen. In absoluten 268 Siehe für einen Vergleich mit den Verletztenzahlen beim Münchener Oktoberfest unten § 4 A. II. 2. 269 Dölling, Kriminalistik 1988, 350; zu den Verschiebungen zwischen Hell- und Dunkelfeld bei Fußballspielen durch Veränderungen der polizeilichen Kontrolldichte siehe auch Gabler, Zahlen der ZIS, in: Czoch (Hrsg.), Ultras in Deutschland, S. 267 (269 f.); Friedmann, Polizei und Fans, S. 47. 270 Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 43. 271 Vgl. Jahresbericht der ZIS 1999/2000, S. 6.

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

Zahlen ist bei Spielen der beiden Bundesligen272 zwischen den Spielzeiten 1999/ 2000 und 2012/13273 ein deutlicher Anstieg der Anzahl der verletzten Polizisten274, Störer275 und Unbeteiligter276 zu verzeichnen. Auffällig ist, dass insbesondere die Anzahl der verletzten Störer jährlich größeren Schwankungen unterworfen ist, wobei die Anzahl von 514 verletzten Störern in der Saison 2011/12 herausragt. Um auch hier ausschließen zu können, dass der Anstieg der Verletztenzahlen sich allein auf den Anstieg der Zuschauerzahlen in den Bundesligen zurückzuführen lässt, lohnt ein Blick auf die in Relation zur Zuschaueranzahl gesetzten Verletztenzahlen. Hierbei zeigt sich, dass bei den verletzten Störern277 und Unbeteiligten278 auch in relativen Zahlen ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen ist. Klammert man den außergewöhnlich niedrigen Wert aus der Saison 1999/2000 aus, scheint sich das Risiko, als Unbeteiligter beim Besuch eines Bundesligaspiels verletzt zu werden, zwischen der Jahrtausendwende und der Spielzeit 2012/13 ungefähr verdoppelt zu haben. Der deutliche Anstieg der Verletztenzahlen seit dem Aufkommen der Ultra-Bewegung lässt sich also nicht allein mit dem gewachsenen Zuschaueraufkommen begründen. Daher liegt die Vermutung nahe, dass auch der Anstieg bei den Ver272 Erst seit dem Jahresbericht der ZIS 2008/09 werden auch die Verletztenzahlen in der 3. Liga und den Regionalligen angegeben. 273 Eine Vergleichbarkeit der Verletztenzahlen mit jenen vor der Saison 2013/14 ist aufgrund eines geänderten Erfassungssystems nicht möglich; vgl. Jahresbericht der ZIS 2013/14, S. 11. 274 Anzahl der verletzten Polizisten im Umfeld von Bundesligaspielen in absoluten Zahlen: Saison 1999/2000: 36; Saison 2000/01: 53; Saison 2001/02: 45; Saison 2002/03: 52; Saison 2003/04: 58; Saison 2004/05: 64; Saison 2005/06: 58; Saison 2006/07: 71; Saison 2007/08: 111; Saison 2008/09: 155; Saison 2009/10: 219; Saison 2010/11: 243; Saison 2011/12: 235; Saison 2012/13: 242. 275 Anzahl der verletzten Störer im Umfeld von Bundesligaspielen in absoluten Zahlen: Saison 1999/2000: 52; Saison 2000/01: 94; Saison 2001/02: 111; Saison 2002/03: 77; Saison 2003/04: 77; Saison 2004/05: 173; Saison 2005/06: 98; Saison 2006/07: 198; Saison 2007/08: 151; Saison 2008/09: 208; Saison 2009/10: 288; Saison 2010/11: 259; Saison 2011/12: 514; Saison 2012/13: 201. 276 Anzahl der verletzten Unbeteiligten im Umfeld von Bundesligaspielen in absoluten Zahlen: Saison 1999/2000: 121; Saison 2000/01: 111; Saison 2001/02: 104; Saison 2002/03: 93; Saison 2003/04: 135; Saison 2004/05: 178; Saison 2005/06: 215; Saison 2006/07: 225; Saison 2007/08: 239; Saison 2008/09: 216; Saison 2009/10: 277; Saison 2010/11: 344; Saison 2011/12: 393; Saison 2012/13: 345. 277 Anzahl der verletzten Störer im Umfeld von Bundesligaspielen in relativen Zahlen (jeweils ca.): Saison 1999/2000: 0,00043; Saison 2000/01: 0,00081; Saison 2001/02: 0,00093; Saison 2002/03: 0,0006; Saison 2003/04: 0,00058; Saison 2004/05: 0,0012; Saison 2005/06: 0,00064; Saison 2006/07: 0,0012; Saison 2007/08: 0,00087; Saison 2008/09: 0,0012; Saison 2009/10: 0,0017; Saison 2010/11: 0,0015; Saison 2011/12: 0,0027; Saison 2012/13: 0,0011. 278 Anzahl der verletzten Unbeteiligten im Umfeld von Bundesligaspielen in relativen Zahlen (jeweils ca.): Saison 1999/2000: 0,0001; Saison 2000/01: 0,00096; Saison 2001/02: 0,00087; Saison 2002/03: 0,00072; Saison 2003/04: 0,0010; Saison 2004/05: 0,0012; Saison 2005/06: 0,0014; Saison 2006/07: 0,0014; Saison 2007/08: 0,0014; Saison 2008/09: 0,0012; Saison 2009/10: 0,0016; Saison 2010/11: 0,0020; Saison 2011/12: 0,0021; Saison 2012/13: 0,0019.

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letztenzahlen zumindest partiell auf die gesteigerte Gewaltbereitschaft in Teilen der deutschen Ultra-Bewegung zurückzuführen ist. Bei dieser Vermutung ist jedoch zu berücksichtigen, dass zwischen den Verletzungsursachen in dem Zeitraum zwischen 1999/2000 und 2012/13 noch nicht differenziert wurde. Auch wenn in den Aufstellungen schon damals keine Unfallopfer berücksichtigt wurden, sind andere Verletzungsursachen (zum Beispiel der Einsatz polizeilicher Zwangsmittel) durchaus denkbar. Aufschlussreich ist die Aufschlüsselung nach Verletztenursachen (Pyrotechnik, Polizeilicher Reizstoff, Sonstige), die die ZIS seit dem Jahresbericht 2013/14 für die Bundesligen und die 3. Liga vornimmt. Danach ergibt sich für die Spielzeiten 2013/ 14 und 2014/15 in einer Gesamtschau folgendes Bild: Ca. 8 % der verletzten Polizisten wurden durch Einsatz des eigenen oder von Kollegen eingesetzten Reizstoffs verletzt, ca. 25 % durch den Einsatz von Pyrotechnik und der überwiegende Anteil (ca. 67 %) durch sonstige Ursachen. Bei den verletzten Störern ist der Anteil der Verletzungen, die auf den Einsatz von polizeilichem Reizstoff zurückzuführen sind, erwartungsgemäß mit ca. 25 % recht hoch, während nur ca. 1 % der Verletzungen auf den Gebrauch von Pyrotechnik zurückzuführen ist; fast drei Viertel (ca. 74 %) der Verletzungen der erfassten Störer haben sonstige Ursachen. Bei den verletzten Unbeteiligten stellen die sonstigen Ursachen mit ca. 84 % sogar noch einen deutlichen anderen Teil unter den Verletzungsursachen dar, während ca. 12 % der Verletzungen auf Pyrotechnik und ca. 4 % auf den Einsatz polizeilicher Reizstoffe zurückzuführen sind. Diese Aufschlüsselung zeigt also einerseits, dass ein nicht unerheblicher Anteil der erfassten Verletzungen – primär bei den Störern – auf die Verwendung von polizeilichem Reizstoff zurückzuführen ist. Deutlich mehr erstaunt allerdings der Umstand, dass weniger als ein Prozent der Verletzungen der Störer auf den Gebrauch von Pyrotechnik zurückzuführen sind (in absoluten Zahlen: fünf erfasste Verletzungen in den Spielzeiten 2013/14 und 2014/15).279 Dieser Umstand ist insofern verwunderlich, als dass die Pyrotechnik gerade in den Reihen der Störer entzündet wird und diese daher im besonderen Maße von den Gefahren der verwendeten Pyrotechnik betroffen sein müssten. Ob dieser Umstand allein auf eine möglicherweise hohe Dunkelziffer an verletzten Störern in diesem Bereich zurückzuführen ist, erscheint zumindest fraglich.280 Kritisch angemerkt werden muss, dass sich den Jahresberichten – trotz der vorgenommenen Differenzierungen – immer noch nicht zweifelsfrei entnehmen lässt, 279 Auch in den Jahresberichten der ZIS zur Saison 2015/16 (dort S. 16 f.) und zur Saison 2016/17 (dort S. 15 f.) wurden von Bundes- und Länderpolizei nur zwei bzw. vier verletzte Störer durch Pyrotechnik erfasst. 280 (Schwerwiegendere) Verbrennungen oder Atembeschwerden dürften sich kaum verheimlichen lassen, und ebenfalls die nicht unerhebliche Anzahl von erfassten Verletzungen wegen polizeilicher Reizstoffe (418 erfasste Verletzungen in den Spielzeiten 2013/14 bis 2016/ 17) zeigt, dass die Störer auch in diesem Fall keine Scheu haben, sich medizinisch behandeln zu lassen.

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

wie viele der erfassten Verletzten durch Gewalttaten von Ultras/Fußballfans verletzt wurden. Um den Aussagewert der Jahresberichte der ZIS noch zu steigern, wäre daher eine weitere Differenzierung hilfreich. Bislang lässt sich nämlich nicht entnehmen, wie viele der unter „Sonstige“ erfassten Verletzungen aufgrund des Einsatzes anderer polizeilicher Zwangsmittel entstanden sind. Dies wäre hingegen aufschlussreich, stellt die Gruppe der sonstigen Verletzungsursachen doch die größte Kategorie dar.281 Unabhängig von diesem Gesichtspunkt liefert die Verletztenstatistik der ZIS im Hinblick auf die Anzahl der verletzten Polizisten, Ordner und Unbeteiligten einige interessante Erkenntnisse. Denn im Gegensatz zur erfassten Anzahl der verletzten Störer – die tatsächlich wohl deutlich höher liegen dürfte – ist nicht davon auszugehen, dass es auch im Bereich der verletzten Polizeibeamten, Ordner und Unbeteiligten eine hohe Dunkelziffer gibt. Diese müssen schließlich keine Strafverfolgung befürchten, wenn sie sich im Stadion oder Stadionumfeld einer medizinischen Behandlung unterziehen. Um ein möglichst realistisches Bild von der Gefährdungslage bei Fußballspielen zu erhalten, ist es auch hier essentiell, die von der ZIS erfassten Verletztenzahlen in Relation zur Gesamtzuschauerzahl zu setzen. Im Zusammenhang mit Spielen der obersten drei Ligen in der Saison 2016/2017 wurden nach Angaben der ZIS 1.226 Personen verletzt. Diese Spiele wurden von insgesamt ca. 21,3 Millionen Zuschauern besucht.282 Zu den 21,3 Millionen Zuschauern werden die eingesetzten Polizeibeamten und Ordner jedoch nicht mitgerechnet. Zieht man die verletzten Polizeibeamten und Ordner ab, verbleiben 854 Verletzte bei 21,3 Millionen Zuschauern. Dies ergibt einen prozentualen Wert von ca. 0.00004 % der Stadionbesucher, die im Umfeld eines Stadionbesuchs verletzt wurden. Wenn man von den verletzten Stadionbesuchern noch die Anzahl der verletzten Störer abzieht, verbleiben 504 verletzte Unbeteiligte, was nur noch einen prozentualen Wert von ca. 0.00002 % der Stadionbesucher ergibt. Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass es sich bei den Verletzten nicht ausschließlich um Besucher der Veranstaltung handelt, da auch Verletzte außerhalb der Spielstätten (beispielsweise Zugreisende oder Passanten in der Innenstadt) von der ZIS erfasst werden. Die Quote der verletzten Veranstaltungsbesucher dürfte daher in der Wirklichkeit noch geringer sein. 281 Gerade im Hinblick auf die Debatte über die Legalisierung von Pyrotechnik innerhalb der Stadien wäre es interessant zu wissen, wie viele der Verletzungen im Zusammenhang mit den Pyroshows in den Stadien stehen. Die Verwendung von Pyrotechnik außerhalb der Stadien erfolgt nämlich nicht ausschließlich durch Ultras, da ein konspiratives Vorgehen in der Regel nicht erforderlich ist, um außerhalb der Stadien Pyrotechnik zu zünden. Eine dahingehende Differenzierung, ob die Verletzung beispielsweise durch einen Böllerwurf an einem Bahnsteig oder aufgrund eines bengalischen Feuers im Fanblock entstanden ist, dürfte von der ZIS auch ohne erheblichen bürokratischen Aufwand zu bewerkstelligen sein. Zudem könnten möglicherweise Rückschlüsse gezogen werden, warum ausgerechnet im Bereich der Störer – dem Bereich im Fanblock, in dem die Pyrotechnik gezündet wird – so wenig Personen verletzt werden. 282 Die Gesamtzuschaueranzahl bezieht sich auf Angaben der ZIS; vgl. Jahresbericht der ZIS 2016/17, S. 8 f.

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Unabhängig davon wirkt die Verletztenanzahl, die sich aus den Jahresberichten der ZIS ergibt, im Verhältnis zur Gesamtzuschauerzahl sehr gering. Ein besonderes Bedrohungsszenario beim Besuch eines Fußballspiels lassen die Zahlen nicht erkennen. 2. Vergleich mit anderen Großveranstaltungen Um die Sicherheitslage bei Fußballspielen noch differenzierter einschätzen zu können, wäre außerdem ein Vergleich zu anderen Großveranstaltungen interessant. Eine solche Vergleichbarkeit fällt jedoch oftmals schwer, da die Polizeibehörden zwar auch nach anderen Großveranstaltungen regelmäßig Abschlussberichte veröffentlichen, in denen Verletztenzahlen genannt werden, die Zahlen allerdings häufig statistisch anders erfasst werden. Trotz der nicht unproblematischen Vergleichbarkeit der Statistiken hat Feltes anhand der Polizeilichen Kriminalstatistik und eines polizeilichen Abschlussberichts zum Münchener Oktoberfest den Versuch unternommen, die Zahlen der ZIS in Relation zu setzen und dabei überraschende Erkenntnisse gewonnen: In der Fußball-Saison 2011/12 kamen auf 100.000 unbeteiligte Stadionbesucher nur zwei Verletzungen (Opfergefährdungszahl). Demgegenüber war das Risiko, im Jahr 2011 im Alltag Opfer einer Körperverletzung zu werden, weit höher.283 Der Besuch eines Bundesligaspiels in der Saison 2011/12 war auch deutlich ungefährlicher als ein Besuch beim Münchener Oktoberfest 2012: Während in der Saison 2011/12 eine verletzte Person auf 50.000 Stadionbesucher kam, lag die Zahl beim Münchener Oktoberfest 2012 mit einer verletzten Person auf 700 Besucher deutlich höher.284 Zu berücksichtigen ist dabei, dass die ZIS Verletzungen und sogar Todesfälle erfasst, die allenfalls einen entfernten Bezug zu der Austragung der Fußballspiele aufweisen.285 Die Verletztenzahlen der ZIS zeigen also, dass der Be-

283 Die Opfergefährdungszahl im Alltag war mit 700 sogar 350-mal so hoch wie im Fußballstadion; vgl. Feltes, Neue Kriminalpolitik, 2013, 48, 49 f.; ders., Sicherheit, in: Feltes (Hrsg.), Polizei und Fußball, S. 9 (10). Selbst unter Berücksichtigung der Zeitkomponente – die Fans verbringen weniger Zeit im Stadion als mit anderen Aktivitäten des Alltags – bleibt noch eine rechnerisch erheblich höhere Gefährdung. 284 Feltes, Neue Kriminalpolitik, 2013, 48, 50; ders., Sicherheit in deutschen Fußballstadien, in: Feltes (Hrsg.), Polizei und Fußball, S. 9 (10). Die Opfergefährdungszahl beim Oktoberfest liegt im Vergleich zum Besuch eines Bundesligaspiels möglicherweise noch höher, da in der polizeilichen Statistik zum Oktoberfest nur die Verletztenanzahl auf dem Festgelände angegeben wurde, während von den Zahlen der ZIS auch Verletzte auf An- und Abreisewegen erfasst werden. 285 Beispielweise wird im Jahresbericht der ZIS 1999/2000, S. 6, eine Schlägerei in einer Gastwirtschaft, bei der der Wirt verstarb, als Totschlagsdelikt erfasst, da die Beteiligten Fans des VfB Lübeck waren und sich die Schlägerei nach einem Heimspiel des VfB Lübeck ereignete. Zum Vergleich der Gefährdungslage zwischen dem Besuch des Münchener Oktoberfests und einem Profifußballspiel siehe auch Kinzig, in: FS Kühl, S. 923 (938 f.), wonach die Gefahren bei Spielen der Bundesliga und 2. Bundesliga jedenfalls nicht nennenswert über denen größerer Volksfeste liegen sollen.

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

such eines Profifußballspiels in Deutschland – trotz der seit dem Aufkommen der Ultra-Bewegung angestiegenen Verletztenzahlen – sehr sicher ist. III. Störeranzahl Ein weiteres Kriterium für die Beurteilung der Sicherheitslage könnte die Entwicklung der Störerzahlen im Umfeld der Fußballvereine darstellen. Die Polizei teilt Fußballfans in die Kategorien A, B und C ein: Friedliche Fans zählen zur Kategorie A, gewaltbereite/-geneigte Fans zur Kategorie B und gewaltsuchende Fans zur Kategorie C.286 Will man die Entwicklung der Störeranzahl in der Bundesliga287 und der 2. Bundesliga288 seit der Jahrtausendwende bewerten, muss klar zwischen der Entwicklung der Kategorien B und C unterschieden werden. So bleibt die Anzahl der Fans, die die Polizei der Kategorie C zuordnet, auf einem annähernd konstanten Niveau und ist in Relation zum Zuschaueraufkommen sogar gesunken.289 Bei den Fans der Kategorie C dürfte es sich maßgeblich um Hooligans handeln. Die Entwicklung der Zahlen der C-Fans bestätigt die These, dass diese mittlerweile im Umfeld des Fußballs nur noch eine untergeordnete Rolle einnehmen und die Szene stagniert beziehungsweise sogar weiter schrumpft. Demzufolge wäre es interessant zu wissen, wie viele der C-Fans noch ins Stadion gehen oder sich an den Spieltagen zumindest im Umfeld der Stadien aufhalten. Diese Information lässt sich den Jahresberichten der ZIS nicht entnehmen.290 286 Jahresbericht der ZIS 2014/15, S. 11. Eine einheitliche europäische Klassifizierung von Fußballfans (Risiko-Fans und Nicht-Risiko-Fans) hat sich in der Praxis nicht durchgesetzt; siehe dazu Kraus, Schriftenreihe der Deutschen Hochschule der Polizei 2010 (III – IV), S. 97 (120). 287 Anzahl der Störer (Kategorie B/C) bei den Vereinen der Bundesliga: Saison 1999/2000: 2.785/1.623; Saison 2000/01: 2.740/1.415; Saison 2001/02: 2.540/1.405; Saison 2002/03: 2.675/1.470; Saison 2003/04: 2.880/1.450; Saison 2004/05: 2.805/1.405; Saison 2005/06: 3.160/1.560; Saison 2006/07: 3.445/1.410; Saison 2007/08: 4.085/1.450; Saison 2008/09: 3.910/1.445; Saison 2009/10: 4.110/1.520; Saison 2010/11: 4.090/1.583; Saison 2011/12: 4.570/1.675; Saison 2012/13: 4.305/1.540; Saison 2013/14: 4.759/1.634; Saison 2014/15: 4.269/1.589; Saison 2015/16: 3.945/1.504; Saison 2016/17: 3.789/1.306. 288 Anzahl der Störer (Kategorie B/C) bei den Vereinen der 2. Bundesliga: Saison 1999/ 2000: 1.460/939; Saison 2000/01: 1.423/1.143; Saison 2001/02: 1.663/1.035; Saison 2002/03: 2.175/982; Saison 2003/04: 1.405/745; Saison 2004/05: 2.868/1.010; Saison 2005/06: 2.400/ 745; Saison 2006/07: 2.660/898; Saison 2007/08: 1.785/735; Saison 2008/09: 1.875/680; Saison 2009/10: 2.360/775; Saison 2010/11: 3.150/862; Saison 2011/12: 3.910/1.218; Saison 2012/13: 3.505/1.067; Saison 2013/14: 3.229/920; Saison 2014/15: 3.189/830; Saison 2015/ 16: 3.260/1.028; Saison 2016/17: 4.028/1.494. 289 In der Bundesliga im Vergleich zwischen der Saison 1999/2000 und der Saison 2016/2017 von ca. 0,018 % auf ca. 0.0001 %; in der 2. Bundesliga von ca. 0,028 % auf ca. 0.00023 %. 290 Irreführend ist daher die auf den Jahresbericht der ZIS gestützte Aussage von Löwisch, CaS 2017, 110, 117, wonach in der Saison 2015/16 mehr als 9.000 gewaltbereite und gewaltsuchende Fans die Stadien in Deutschland besucht hätten.

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Eine andere Entwicklung kann jedoch bei der Zahl der B-Fans festgestellt werden. In absoluten Zahlen lässt sich der Anstieg der B-Fans in den Bundesligen leicht erkennen: Während in der Saison 1999/2000 in der Bundesliga 2.785 Fans und in der 2. Bundesliga 1.460 Fans der Kategorie B zugeordnet wurden, wurden etwa in der Saison 2014/15 4.269 Fans in der Bundesliga und 3.189 Fans in der 2. Bundesliga dieser Kategorie zugeordnet. Der relative Anteil der B-Fans in der Bundesliga stieg im gleichen Zeitraum, bezogen auf die Gesamtzuschauerzahl, in der Bundesliga leicht von ca. 0,031 % auf ca. 0,033 % an; in der 2. Bundesliga deutlicher von ca. 0,044 % auf ca. 0,059 %. Dieses Wachstum bei den B-Fans lässt sich nur dadurch erklären, dass die Polizei inzwischen deutlich mehr Ultras der Kategorie B zuordnet. Zwar lässt sich den Jahresberichten der ZIS nicht entnehmen, wie viele der der Kategorie B zugeordneten Fans Angehörige von Ultragruppen sind, allerdings hat sich seit der Jahrtausendwende keine neue Fangruppierung, oder allgemeiner gesprochen, kein neuer „Fan-Typ“, herauskristallisiert, der den deutlichen Zuwachs bei den gewaltgeneigten Fans in den Bundesligen erklären könnte. Die Ultras sind zu der Fangruppierung im Fanblock geworden, an denen sich die neu hinzukommenden jugendlichen Fans orientieren. Entsprechend kann der Annahme Steinats, dass viele der Fans der Kategorie B zu den „Kutten-Fans“ zählen würden291, nicht (mehr) gefolgt werden, da diese gegenüber der zahlenmäßig deutlich größeren Anzahl an Ultras nur noch von untergeordneter Bedeutung sind.292 So werden speziell die Verhaltensweisen der Ultras in den Jahresberichten der ZIS über mehrere Seiten hinweg thematisiert, während die „Kutten-Fans“ in den Jahresberichten nicht mehr näher behandelt werden. Wurden die Ultras von der ZIS zunächst noch dahingehend eingeschätzt, dass man die Mehrheit von ihnen „noch“ der Kategorie A zuordnen könne,293 erfolgte einige Jahre später der zusätzliche Hinweis, dass Teile der Ultragruppierungen „ohne Einschränkung“ in die Kategorien B und C eingestuft werden können.294 Seit dem Jahresbericht 2014/15 wurde auch letztere Einschätzung fallen gelassen. Stellt man jedoch die Zahl von mindestens 25.000 Ultras in Deutschland den insgesamt 13.655 Fans der Kategorien B und C gegenüber, spricht dieser Vergleich dafür, dass in der Polizeipraxis nach wie vor größere Teile der Ultras als friedlich eingestuft werden.295 Fraglich ist jedoch, welchen Aussagewert man der polizeilichen Klassifizierung der Fans im Rahmen der Beurteilung der Sicherheitslage im Umfeld des Fußballs beimessen kann. So fällt es der Polizei nach wie vor schwer, die Ultras insgesamt einer der Kategorien zuzuordnen. Beispielsweise gehört es für einen Teil der Ultras in 291

Steinat, Daten gewalttätiger Fußballfans, S. 14. Es erscheint schon zweifelhaft, ob diese Behauptung zum Zeitpunkt des Stands der Bearbeitung (Juni 2010) zutreffend war. 292 So auch Böttger, Fankultur, S. 10. 293 Vgl. Jahresbericht der ZIS 2000/01, S. 3. 294 Erstmals im Jahresbericht der ZIS 2004/05, S. 4. 295 Kehr, Gewalttäter Sport, S. 43, geht hingegen davon aus, dass die Ultras mittlerweile in den meisten Fällen in die Kategorien B und sogar C eingeordnet werden.

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ihrer „Wettkampf“-Kultur dazu, gegnerische Fanutensilien zu entwenden, Pyrotechnik zu zünden oder körperliche Auseinandersetzungen mit anderen Ultragruppen zu suchen. Derartige Verhaltensmuster werden jedoch nicht von allen Ultras an den Tag gelegt. Weder die Ultraszene an sich, noch die Mitglieder der einzelnen Gruppierungen sind homogen. Während einige Ultragruppen das Entwenden von Fanutensilien oder körperliche Auseinandersetzungen gänzlich ablehnen, dürfte es auch in den anderen Gruppen Mitglieder geben, die sich an derartigen Taten nicht beteiligen, dem Handeln der anderen Gruppenmitglieder vielleicht sogar ablehnend gegenüberstehen. Die polizeiliche Klassifizierung stößt aufgrund der Heterogenität der Ultras daher an ihre Grenzen.296 Eine differenzierte Klassifizierung ist auch deshalb so schwierig, weil viele Ultragruppen nach außen – gerade gegenüber staatlicher Behörden – äußerst verschlossen auftreten. Hinzu droht angesichts des ausgeprägten Feindbilds – Ultras gegen Polizei und umgekehrt – eine nicht immer vorurteilsfreie Klassifizierung der Ultras durch die Polizei. So wird den szenekundigen Beamten von Fanseite zuweilen fehlende Sachkenntnis attestiert. Da diese Vorwürfe jedoch oftmals von Fans erhoben werden, die selbst von szenekundigen Beamten belastet wurden,297 sind jene Anschuldigungen mit Vorsicht zu beurteilen.298 Die Anzahl der geschätzten Störer im Umfeld der Fußballvereine ist angesichts der thematisierten Problempunkte nur bedingt geeignet, die Entwicklung der Sicherheitslage beim Profifußball zu bewerten. Diese Erkenntnis ist insofern nicht unproblematisch, als dass für die Einsatzplanung der Polizei das geschätzte StörerPotential der jeweiligen Vereine ein wesentliches Kriterium für die Anzahl der beim Spiel eingesetzten Beamten ist.299 Unabhängig davon lässt sich aus der von der ZIS angegebenen Anzahl der B- und C-Fans in den Bundesligen – setzt man sie in Relation zur Gesamtzuschauerzahl – nicht feststellen, dass durch das Aufkommen der Ultra-Bewegung der Störer-Anteil unter den Fußballfans erheblich zugenommen hätte.

296 Vgl. Pilz, Deutsche Polizei 11/2005, 6, 8; Friedmann, Polizei und Fans, S. 16; Gabler, Zahlen der ZIS, in: Czoch (Hrsg.), Ultras in Deutschland, S. 267 (284 ff.). Generelle Kritik an der Einteilung von Fußballfans in Kategorien üben Feltes/Ullrich, Kriminalistik 2015, 560, 562. 297 Vgl. nur VG Minden, Urt. v. 29. 06. 2005 – 11 K 2952/04, Rn. 19 (juris). 298 In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wird jedenfalls davon ausgegangen, dass die szenekundigen Beamten Problemfans differenziert beurteilen können; vgl. VGH Mannheim, NJW 2000, 3658, 3659 f.; VGH Mannheim, Urt. v. 18. 05. 2017 – 1 S 1193/16, Rn. 48 (juris); VGH Mannheim, Urt. v. 18. 05. 2017 – 1 S 160/17, Rn. 39 (juris). 299 Vgl. NRW-Jahresbericht Fußball Saison 2012/13, S. 4, abrufbar unter https://lzpd.poli zei.nrw/sites/default/files/2016-12/NRW_Jahresbericht_2012_13.pdf. Gänzlich unumstritten ist die Klassifizierung in A-, B- und C-Fans auch in Kreisen der Polizei nicht; siehe dazu Lösel u. a., Hooliganismus in Deutschland, S. 61 und 146.

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IV. Freiheitsentziehende/-beschränkende Maßnahmen an Spieltagen Als weiterer Indikator für die Sicherheitslage bei Profifußballspielen in Deutschland, könnte grundsätzlich auch die Entwicklung der Anzahl der freiheitsentziehenden/-beschränkenden Maßnahmen300 an den Spieltagen herangezogen werden. Dabei ist – auch wenn bei einer Betrachtung der Zahlen seit der Jahrtausendwende der Anstieg der freiheitsentziehenden/-beschränkenden Maßnahmen bei Bundesligaspielen unverkennbar ist301 – allerdings einerseits zu berücksichtigen, dass die einzelnen Werte von Jahr zur Jahr teilweise massiv schwanken.302 Andererseits zeigt sich hier die gleiche Problematik wie bei der Anzahl der eingeleiteten Ermittlungsverfahren. Regelmäßig sind größere Personengruppen, nicht selten mehrere Hundert Fußballfans303, Adressaten der freiheitsentziehenden und -beschränkenden Maßnahmen. Während bezüglich der Anzahl der eingeleiteten Ermittlungsverfahren problematisch ist, dass in der Praxis viele der Ermittlungsverfahren gegen die Betroffenen später eingestellt werden, ist bezüglich der Anzahl der freiheitsentziehenden und -beschränkenden Maßnahmen problematisch, dass aus den Jahresberichten nicht hervorgeht, ob die polizeilichen Maßnahmen auch rechtmäßig waren. Dass derartige polizeiliche Maßnahmen später durch die Verwaltungsgerichte (bei präventivem

300 Zwischen den einzelnen freiheitsentziehenden/-beschränkenden Maßnahmen wird in den Jahresberichten nicht differenziert; die ZIS beschränkt sich auf die Angabe, ob die Maßnahmen zur Strafverfolgung oder zur Gefahrenabwehr erfolgten, fasst jedoch beispielsweise auch Maßnahmen zur Identitätsfeststellung nach § 163b Abs. 1 StPO unter die freiheitsentziehenden/-beschränkenden Maßnahmen. Bei der Bewertung der Zahlen ist zu berücksichtigen, dass die Gesamtzahl der von der ZIS erfassten Maßnahmen höher ist als die Anzahl der von den Maßnahmen betroffenen Personen. Dies resultiert daraus, dass die sich gegebenenfalls an einer vorläufigen Festnahme nach § 127 StPO anschließende gefahrenabwehrrechtliche Ingewahrsamnahme von der ZIS zusätzlich gezählt wird. 301 Für beide Bundesligen weisen die Jahresberichte der ZIS im Zeitraum 1999/2000 bis 2002/03 zwischen 4.325 (Saison 2003/04) und 4.773 (Saison 2001/02) präventiv und repressiv freiheitsentziehende und -beschränkende Maßnahmen durch die Länderpolizei und den Bundesgrenzschutz aus. Dagegen wurden etwa in der Saison 2015/16 in beiden Bundesligen 8.360 (in der Vorsaison 6.057) freiheitsentziehende und -beschränkende Maßnahmen durch Länderund Bundespolizisten durchgeführt. 302 So stiegen beispielsweise allein die bei Spielen der obersten drei Ligen von Länderpolizisten durchgeführten freiheitsentziehenden/-beschränkenden Maßnahmen von 7.571 in der Saison 2014/15 auf 9.688 Maßnahmen in der Saison 2015/16 an. In der Saison 2014/15 führten Länder- und Bundespolizisten 6.057 freiheitsentziehende und -beschränkende Maßnahmen bei Spielen der Bundesligen durch; noch eine Saison zuvor wurden bei Bundesligaspielen hingegen 8.112 derartige Maßnahmen durchgeführt. 303 In der Regel dürfte es sich bei den Betroffenen um Ultras handeln. Darauf deuteten jedenfalls die in Medien- und Polizeiberichten dokumentierten Einsatzmaßnahmen hin; siehe nur derwesten.de, 29. 03. 2014, www.derwesten.de/sport/fussball/1_bundesliga/sieben-verletz te-bei-ausschreitungen-vor-mainz-spiel-id9179972.html; Pressemitteilung des Polizeipräsidiums Mittelfranken v. 10. 5. 2015, abrufbar unter www.presseportal.de/blaulicht/pm/6013/301 8527.

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Handeln der Polizei) oder durch die ordentlichen Gerichte304 für rechtswidrig erklärt werden, ist keine Seltenheit.305 Um aufgrund der Anzahl der freiheitsentziehenden und -beschränkenden Maßnahmen tragfähigere Rückschlüsse auf die Sicherheitslage bei Fußballspielen zu ziehen, wäre es wünschenswert, dass nur rechtmäßige Polizeimaßnahmen in der Statistik der ZIS festgehalten werden. Eine derartige Datenerfassung wäre in der Praxis jedoch nicht umzusetzen, da sich nicht jeder Betroffene nachträglich gerichtlich gegen die Polizeimaßnahme wehrt und auch im Falle einer Klage oftmals die Rechtswidrigkeit einer Maßnahme rechtskräftig erst nach mehreren Jahren feststeht.

B. Erkenntnisgewinn Auch wenn es an empirischen Erhebungen über die Entwicklung der Gewalt im Umfeld des Profifußballs in Deutschland fehlt und die von der ZIS zur Verfügung gestellten Zahlen die thematisierten Schwächen aufweisen, lassen sich aus dem Zahlenwerk der ZIS doch einige hilfreiche Schlüsse ziehen. So ist bei der Bewertung der Sicherheitslage zwischen Länderspielen und Vereinsspielen zu differenzieren. Der Besuch eines Heimspiels der deutschen Nationalmannschaft ist, so viel geben die Zahlen der ZIS her, sehr sicher. Zwischen dem 01. 07. 1999 und dem 30. 06. 2015 wurden insgesamt nur 587 Strafverfahren im Zusammenhang mit der Austragung von Länderspielen in Deutschland eingeleitet. Demgegenüber leiteten Bundes- und Länderpolizei allein bei Spielen der Bundesliga in der Saison 2014/15 3.465 Strafverfahren ein.306 Der meist friedfertige Verlauf der Länderspiele lässt sich auf die besondere Publikumsstruktur bei Länderspielen der deutschen Nationalmannschaft zurückführen. Die deutschen Ultras zeigen wenig Interesse an den Spielen der Nationalmannschaft. Organisierte Unterstützung durch Ultras gibt es bei diesen Spielen daher nicht. Das Machtvakuum im Stadion wird bei Spielen in Deutschland auch nicht von den Hooligans ausgefüllt.307 Während Fangruppierungen wie die Ultras oder die Hooligans den Spielen der Nationalmannschaft also fernbleiben, haben sich die Heimspiele der DFB-„Elf“ zu einem Event für Familien und sogenannten Event-Fans, die mit ihren Kostümen, Perücken und Deutschlandfarben im

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Bei repressivem Handeln der Polizei; vgl. § 23 Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz. 305 Siehe nur VG Düsseldorf, Urt. v. 30. 01. 2013 – 18 K 5912/11 (juris); VG Düsseldorf, Urt. v. 26. 02. 2013 – 18 K 5684/10 (juris). 306 Auch die polizeilichen Einsatzstunden bei Länderspielen bewegen sich auf einem niedrigen Niveau. In der Saison 2014/15 lagen sie bei lediglich 9.925 Stunden zur unmittelbaren Einsatzbewältigung. 307 Vgl. Pilz u. a., Wandlungen des Zuschauerverhaltens, S. 15. Dass jedoch in Einzelfällen bei Spielen im europäischen Ausland deutsche Hooligans präsent sind, zeigen die Vorfälle im September 2017 beim Spiel der Nationalmannschaft in Prag; siehe den Nachweis oben in Fn. 53.

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Gesicht eher an amerikanische Sportfans erinnern, entwickelt.308 Dieser neue FanTypus, der – anstatt einen eigenen Wettkampf auf den Rängen gegen andere Fans auszutragen – von dem Spektakel auf dem Rasen unterhalten werden möchte, dürfte in der Regel nicht gewalttätig werden, da er die ursprünglichen Verhaltensmuster der „klassischen“ Fußballfans häufig nicht kennen dürfte, zumindest diese jedoch nicht übernimmt. Aufgrund der unterschiedlichen Publikumsstruktur lassen sich von der Sicherheitslage bei Länderspielen daher keine Rückschlüsse auf die Sicherheitslage bei Vereinsspielen ziehen und umgekehrt.309 Dies gilt jedenfalls für Vergleiche mit Vereinen mit einer ausgeprägten und über Jahrzehnte gewachsenen Fan- beziehungsweise Ultrakultur. Dagegen zeigt sich bei einem Blick auf die Fußballvereine, die in den vergangenen Jahren aufgrund finanzieller Zuwendungen von Mäzenen oder Konzernen den Durchmarsch vom Amateurfußball bis in die Bundesliga geschafft haben, ein ähnliches Phänomen wie bei Spielen der Nationalmannschaft. Diese Vereine haben keine traditionelle Fanbasis. Stattdessen werden die Spiele dieser Vereine erst seit dem Aufstieg in den Profifußball von einer größeren Zuschauergruppe verfolgt. Hier liegt die Vermutung nahe, dass diese neuen Zuschauergruppen überwiegend nicht zuvor mit der Fußballfan- beziehungsweise Ultrakultur in Berührung gekommen sind und sich am Wettkampf der Ultragruppen nicht beteiligen. So wurden beispielsweise die Heimspiele der vom SAP-Mitbegründer Dietmar Hopp unterstützten Turn- und Sportgemeinschaft Hoffenheim 1899 e. V. in der Saison 2016/17 im Bundesligavergleich von der geringsten Anzahl an Polizeikräften begleitet.310 Im Vergleich zur Sicherheitslage bei Spielen der Nationalmannschaft fällt eine abschließende Bewertung der Sicherheitslage bei Vereinsspielen im Profifußball deutlich schwerer. Die Verletzten-Statistiken der ZIS zeigen aber jedenfalls, dass die Gefahr, als Unbeteiligter durch gewalttätige Fans bei einem Profifußballspiel verletzt zu werden, verschwindend gering ist. Vor diesem Hintergrund wäre eine Versachlichung der Sicherheitsdebatte wünschenswert. Ob die Veröffentlichung der Jahresberichte der ZIS zu einer derartigen Versachlichung beitragen, erscheint fraglich. Die ZIS selbst hat sich das Ziel gesetzt, „Polizeibehörden, Netzwerkpartnern und der Öffentlichkeit mit statistischen Daten aus der vergangenen Spielzeit eine objektivierte Grundlage für die Erkennung von Tendenzen und Entwicklungen im Bereich Fußball und Gewalt zu bieten“.311 Jenes Ziel der ZIS ist grundsätzlich zu begrüßen. Angesichts der dargelegten Schwächen der Jahresberichte können diese jedoch nur als Ausgangspunkt für eigene Überlegungen dienen.312 Umso bedenklicher ist es, 308 Dazu n-tv.de, 29. 03. 2011, www.n-tv.de/sport/fussball/Eventfans-nerven-Nationalteamarticle2965736.html. 309 Dies verkennt etwa Breucker, SpuRt 2005, 133. 310 Vgl. Weser-kurier.de, 22. 11. 2017, www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,wenn-fans-zu-feinden-werden-_arid,1671942.html. 311 Vgl. Jahresbericht der ZIS 2014/15, S. 3. 312 An einer Auseinandersetzung mit dem Datenmaterial der ZIS und ihren Schlussfolgerungen fehlt es selbst in wissenschaftlichen Arbeiten häufig. Besonders deutlich bei Winter,

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dass die Jahresberichte der ZIS nicht nur in Kreisen der Rechtswissenshaft, sondern auch in der Innenpolitik wie selbstverständlich als „objektivierte Grundlage“ herangezogen werden. So werden die Zahlen der ZIS etwa ohne kritische Hinterfragung als zentraler Indikator in die parlamentarischen Debatten über die Sicherheitslage im Umfeld des Fußballs eingebracht.313 „Letztlich ist damit eine Situation entstanden, die es […] erlaubt, auch unter Rückgriff auf die Wissenschaft, vor einem vermeintlich immer schlimmer werdenden Gewaltproblem im Fußball zu warnen“314, beklagen Anthonj, Emrich und Pierdzioch. Der Hinweis von Heinen, dass es sich bei den Jahresberichten der ZIS nur um einen Bericht polizeilicher Erfahrungen zum Fußball handele, der der Polizei einen Überblick über sicherheitsrelevante Problematiken beim Fußball geben solle315, ist in der Debatte über die Ausrichtung der Jahresberichte der ZIS daher wenig hilfreich. Heinen ignoriert in diesem Fall die tatsächliche Sachlage: Sowohl von Seiten der Medien als auch Politik und Wissenschaft werden die Jahresberichte der ZIS als Informationsquelle herangezogen.316 Diese Erkenntnis dürfte für die ZIS auch wenig überraschend sein, wenn sie die Jahresberichte selbst als „objektivierte Grundlage für die Erkennung von Tendenzen und Entwicklungen im Bereich Fußball und Gewalt“ bezeichnet. Gerade die mediale Berichterstattung hat aber entscheidenden Einfluss auf die öffentliche Wahrnehmung der Sicherheitslage bei Fußballspielen.317 Auffällig bei der Berichterstattung der Medien ist insbesondere, dass Vorwürfe gegen Fußballfans regelmäßig plakativ formuliert und die Artikel oftmals mit reißerischen Überschriften versehen werden. Stellt sich später heraus, dass die Vorwürfe gegen die Fans falsch waren, wird meist auf eine Richtigstellung verzichtet.318 Sportveranstalterhaftung, S. 281: „Die alljährlich von der ZIS veröffentlichten Zahlen zur Situation bei den Veranstaltungen des deutschen Profifußballs belegen eindrucksvoll: gewalttätige Fanausschreitungen und Übergriffe von Zuschauern auf andere Veranstaltungsteilnehmer […] sind heute trauriger Alltag in deutschen (Fußball-)Sportarenen.“ 313 Vgl. nur die Große Anfrage der FDP-Fraktion im Niedersächsischen Landtag, Drs. 17/ 5280. 314 Anthonj/Emrich/Pierdzioch, Gewaltbekämpfung im deutschen Fußball, S. 7. 315 Vgl. Stenografisches Protokoll der Anhörung durch den Innenausschuss des Sächsischen Landtags am 25. 06. 2015, Protokollgegenstand: Drs. 5/1210, S. 57. 316 So auch das OVG Münster, DVBl 2013, 1460, 1461. 317 Dass von vielen Medienvertretern die Sicherheitslage bei Profifußballspielen als besonders düster beschrieben wird, ist kein alleiniges Phänomen der heutigen Zeit, sondern wurde schon in den 1980er- und 1990er-Jahren in der Wissenschaft thematisiert; siehe etwa Bruder u. a., Gutachten, in: Hahn et al. (Hrsg.), Gewalt, S. 11 (26 f.). Auch in der Schweiz fällt die Medienberichterstattung über Fußballfans wenig objektiv aus; siehe dazu Meier, Fussballfan, S. 62 ff. 318 Als eines von zahlreichen Beispielen lässt sich der bei § 4 A. I. 2. b) geschilderte Vorfall mit Fans von Hannover 96 am Bahnhof in Achim im Februar 2013 anführen. Während weserkurier.de, 01. 02. 2013, einen Artikel über den Vorfall mit der Überschrift „Hannover Fans randalieren auf Achimer Bahnhof“ versah (www.weser-kurier.de/region/verdener-nachrichten_ artikel,-Hannover-Fans-randalieren-auf-Achimer-Bahnhof-_arid,490732.html), wurde über die nachträgliche Entkräftung der Vorwürfe – soweit ersichtlich – nicht berichtet. Der Bericht des

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Diese einseitige Berichterstattung in den Medien wird auch von einigen Vertretern der Polizei befeuert, die mit populistischen Aussagen ein Bild von der Sicherheitslage beim Fußball zeichnen, das sich wissenschaftlich nicht belegen lässt.319 Dadurch entsteht das Bild eines sozialen Problems, „welches in der beschriebenen Form überhaupt nicht existiert“.320 Insofern kann die gefühlte Sicherheitslage, gerade bei den Personen, die nicht oder nur unregelmäßig ins Stadion gehen, negativ beeinflusst werden.321 Möglicherweise könnte die falsche Wahrnehmung der Sicherheitslage beim Fußball sogar den stetig wachsenden Personalaufwand der Polizei beim Fußball mit erklären.322 Eine kritische Auseinandersetzung mit dem in der Öffentlichkeit gezeichneten Bild der Sicherheitslage an Spieltagen des Profifußballs ist jedenfalls erforderlich. Diese darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Ausschreitungen im Umfeld von Fußballspielen weiterhin vorkommen. Es wäre verfehlt, allein ein rosiges Bild von der Sicherheitslage bei Fußballspielen zu zeichnen. Die in § 3 dieser Arbeit thematisierten Vorfälle gehören zur traurigen Realität. Sicherheitsrelevante Vorfälle, die sich im Umfeld des Profifußballs ereignen, dürfen weder dramatisiert noch bagatellisiert werden. Drei sicherheitsrelevante Problemfelder haben sich in der bisherigen Untersuchung herauskristallisiert: Das feindschaftliche Verhältnis zwischen Ultras und Polizei, die Rivalitäten zwischen den einzelnen Ultragruppen sowie das Abbrennen von Pyrotechnik. Klammert man den Gebrauch von Pyrotechnik aus, finden die sicherheitsrelevanten Vorfälle weit überwiegend außerhalb der Stadien statt.323 Polizeiliches Einschreiten innerhalb der Bundesligastadien stellt mittlerweile die Ausnahme dar. Die polizeiliche Einsatzplanung konzentriert sich daher auf die Anund Abreisewege der Zuschauer.324 Im Vergleich zu früheren Jahrzehnten steht diese Einsatzplanung auch mehr im Blickpunkt der Öffentlichkeit, da den Ausschreitungen im Umfeld von Fußballspielen deutlich mehr Beachtung geschenkt wird. „Weser Kuriers“ ist zudem insofern symptomatisch, als er sich bezüglich der Darstellung der Geschehnisse auf die Sicht der Polizei beschränkt. 319 Siehe dazu Gabler, Die Ultras, S. 201. 320 Anthonj/Emrich/Pierdzioch, Gewaltbekämpfung im deutschen Fußball, S. 3; siehe zudem Meier, Fussballfan, S. 54, im Hinblick auf die gleichgelagerte Situation in der Schweiz. 321 Auf diesen in der Kriminologie bekannten Unterschied zwischen der tatsächlichen Sicherheitslage und der gefühlten Sicherheitslage weist Feltes, Neue Kriminalpolitik, 2013, 48, 52, hin. 322 Dies vermutet zumindest Feltes, Landtag NRW, Stellungnahme 16/1555, S. 5. 323 Feltes, Sicherheit in deutschen Fußballstadien, in: Feltes (Hrsg.), Polizei und Fußball, S. 9 (10). 324 Dies gilt selbst für Vereine, deren Fanklientel als problematisch gilt, wie beispielsweise Dynamo Dresden; vgl. Stenografisches Protokoll der Anhörung durch den Innenausschuss des Sächsischen Landtags am 25. 06. 2015, Protokollgegenstand: Drs. 5/1210, S. 42; siehe für Baden-Württemberg die Einschätzung von Klotter, in: WFV (Hrsg.), Justiz und Sportgerichtsbarkeit, S. 127 (138).

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Während „fantypisches“ Fehlverhalten in den 1970er- und 1980er-Jahren – von der Öffentlichkeit weitgehend unbeobachtet – regelmäßig in gewissem Umfang toleriert wurde, ist der mediale Druck auf Politik und Polizei groß, derartiges Fehlverhalten zu verhindern. Angesichts des gewachsenen Zuschaueraufkommens und der Weitläufigkeit der An- und Abreisewege der Stadionbesucher ist diesbezüglich oftmals ein hohes Polizeiaufgebot notwendig, um etwaiges Fehlverhalten der Fans möglichst vollständig zu verhindern. Insoweit erweist sich die These von Nolte, der von der Anzahl der eingesetzten Polizeibeamten einen Rückschluss auf die Gewaltbereitschaft der Zuschauer ziehen will,325 als fragwürdig. Dass etwa die Sicherheitslage bei Bundesligaspielen in den 1970er-Jahren besser war, weil damals deutlich weniger Polizeikräfte eingesetzt wurden, ist schlicht falsch. Für den zunehmenden polizeilichen Kräfteeinsatz dürfte die starke Verbreitung der Ultra-Bewegung in Deutschland dennoch mitursächlich sein. Auch in den Hochphasen der Hooligans waren diese im deutschen Fußball nicht so präsent wie gegenwärtig die Ultras. Vor allem in den unteren Ligen waren Hooligans kaum vorhanden, beziehungsweise nur bei wenigen – aus Hooligan-Sicht – besonders brisanten Spielen in der Saison anzutreffen. Die Ultras, die mittlerweile selbst bei immer mehr Regionalligisten vorhanden sind,326 haben das Selbstverständnis, ihren Verein bei jedem Spiel zu unterstützen. Sie sind daher auch bei Spielen gegen „unattraktive“ Gegner anzutreffen. Auch wenn in der heterogenen Ultraszene nicht alle Gruppierungen gewaltbereit sind, sieht die Polizei vielfach bei Spielaustragungen mit Ultras ein abstraktes Gefährdungspotential. Dies führt dazu, dass bei immer mehr Fußballspielen (mehr) Polizeikräfte eingesetzt werden, um für den Fall von Auseinandersetzungen rivalisierender Ultragruppen vorbereitet zu sein.327 Selbst wenn nur einer der zwei am Spiel beteiligten Vereine von einer Ultragruppe unterstützt wird, besteht zumindest die Möglichkeit, dass diese während des Spiels Pyrotechnik entzündet. Zudem sind einige wenige Vorfälle dokumentiert, in denen andere Ultragruppen, deren Verein an dem konkreten Spiel gar nicht beteiligt war, die Möglichkeit nutzten, eine rivalisierende Fangruppe nach oder im Vorfeld des Spiels zu überfallen.328 Aufgrund der Verbreitung der Ultrakultur lassen sich daher Zwischenfälle auch bei vielen niederklassigen Spielen nicht völlig ausschließen: Ein Restrisiko besteht. Um eine größtmögliche Sicherheit zu gewährleisten, sieht sich die

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Nolte, NVwZ 2001, 147, 148; ähnlich auch Moser, Kostenbeteiligungsmodelle, S. 13. Nach der jüngsten Einschätzung der ZIS im Jahresbericht 2016/17, S. 9, hat sich auch innerhalb der Fanszenen der Regionalligisten nahezu überall eine Ultra-Bewegung entwickelt. 327 Siehe auch These I. des Bundesvorstands der GdP in dem Positionspapier „12 Positionen der Gewerkschaft der Polizei für friedlichen Fußball“; abrufbar unter www.gdp.de/gdp/gdp.nsf/ id/D2AA8A7FF8A03338C1257D64002B7D25?open&Highlight=positionen. 328 Beispielsweise wurden Ultras des Fußballvereins Hessen Kassel nach einem Spiel in Zweibrücken im April 2015 von Ultras aus Offenbach überfallen; vgl. hna.de, 07. 04. 2015, www.hna.de/kassel/ksv-hessen-kassel-org312991/attacke-ksv-fans-4886900.html. 326

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Polizei daher regelmäßig dazu gezwungen, bei sämtlichen Fußballspielen mit Beteiligung von Ultraszenen präsent zu sein.329 Abschließend drängt sich die Frage auf, ob dieses „Restrisiko“ es rechtfertigt, dass Fußballspiele im Vergleich zu anderen (Sport-)Großveranstaltungen von einem oftmals deutlich höheren Polizeiaufgebot begleitet werden. Eine gewisse Ungleichbehandlung des Fußballs im Vergleich zu anderen publikumsstarken Sportveranstaltungen zeigt sich jedenfalls bei der Verwendung von Pyrotechnik durch Zuschauer. Auch wenn das Thema Pyrotechnik beim Fußball im wahrsten Sinne des Wortes ein „Dauerbrenner“ ist, sei zunächst darauf hingewiesen, dass die weit überwiegende Anzahl der Profifußballspiele nicht von Pyrotechnik-Vorfällen betroffen ist. In der Saison 2015/16 wurde bei etwa jedem zwanzigsten Spiel der Bundesliga Pyrotechnik gezündet.330 Der Fußball ist im Übrigen nicht die einzige Sportart, bei der die Zuschauer Pyrotechnik einsetzen. Beispielsweise wird auch bei großen Wintersportveranstaltungen Pyrotechnik in den Zuschauerrängen entzündet. Im Gegensatz zum Fußball wird das „Zündeln“ der Zuschauer im Wintersport in den Medien jedoch oftmals positiver bewertet, teilweise von den gleichen Fernsehreportern sogar euphorisch bejubelt, die die Verwendung von Pyrotechnik beim Fußball auf das Schärfste verurteilen.331 Die Vermutung, dass diese in der Öffentlichkeit vermittelte unterschiedliche Sichtweise auch mittelbar die Arbeit der Polizei beeinflusst, ist jedenfalls nicht ganz fernliegend. So setzt die Polizei nach Fußballspielen nicht selten spezielle Ermittlungsgruppen ein, um einige der „Zündler“ zu identifizieren332, obwohl das Abbrennen der Pyrotechnik an sich regelmäßig nur eine Ordnungswidrigkeit darstellt.333

§ 5 Polizeiliche Einsatzkonzeption und -belastung bei Profifußballspielen Aus der gewonnenen Erkenntnis, dass die gegenwärtige Sicherheitslage im deutschen Profifußball durchaus positiv beurteilt werden kann, lässt sich nicht gleich der Schluss ziehen, dass an Spieltagen des Profifußballspiels zukünftig weniger Polizeibeamte eingesetzt werden können und sich die Debatte über eine Kosten329 Breucker, SpuRt 2005, 133, 137, attestierte schon im Jahr 2005 der Polizei den Versuch, sich bei Fußballspielen der Marke „absolute Sicherheit“ größtmöglich anzunähern. 330 Siehe die statistische Auswertung bei idalab.de/blog/sport/pyrotechnik-ist-ein-verbre chen. 331 Siehe dazu den Kommentar von Sorgatz bei rp-online.de, 06. 01. 2013, http://www.rp-on line.de/sport/wintersport/vierschanzentournee/bemerkenswerte-doppelmoral-aid-1.3124580. 332 Op-online.de, 28. 01. 2013, https://www.op-online.de/sport/eintracht-frankfurt/pyrotech nik-eintracht-frankfurt-randalierer-stellt-sich-2721189.html. 333 Straftatbestände kommen hingegen in Betracht, wenn dem Täter ein Verletzungs- oder Sachbeschädigungsvorsatz nachgewiesen werden kann oder es zu einem Verletzungserfolg kommt; siehe oben § 3 F. I.

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beteiligung der Fußballveranstalter daher rechtspolitisch erübrigen könnte. Vielmehr drängt sich die Frage auf, warum die Sicherheitslage so positiv beurteilt werden kann. Ist die Sicherheitslage gerade wegen der großen Polizeiaufgebote gut oder wirkt sich die polizeiliche Einsatzkonzeption bei Fußballspielen sogar teilweise negativ auf die Sicherheitslage beim Fußball aus? Quantitativ starke Polizeikräfteeinsätze müssen nämlich nicht zwangsläufig zu mehr Sicherheit führen, sondern können sogar einen gegenteiligen Effekt bewirken.334 Insofern wird zunächst ein Blick auf die Entwicklung der polizeilichen Einsatzstunden bei Profifußballspielen geworfen. Im Anschluss wird die polizeiliche Einsatzkonzeption an Spieltagen dargelegt. Gerade im Hinblick auf die Polizeikostenabwälzung ist es von besonderem Interesse, wo und wann Polizisten an den Spieltagen eingesetzt werden.

A. Entwicklung der Einsatzstunden von 1999 bis 2017 Wirft man einen Blick auf die Entwicklung der polizeilichen Arbeitsstunden, die zur unmittelbaren Einsatzbewältigung – nicht erfasst wird der zeitliche Arbeitsaufwand für anschließende Ermittlungsverfahren – anlässlich der Spiele der Bundesligen335 sowie der DFB-Pokal-336 und UEFA-Clubwettbewerb-Partien337 der Bundesligisten geleistet wurden, zeigt sich, dass sich die Zahl der geleisteten Einsatzstunden bei Bundesliga- und DFB-Pokal-Partien seit dem verstärkten Aufkommen der Ultra-Bewegung deutlich erhöht hat. Auch wenn die Zahlen saisonbedingt durch Auf- und Abstiege von Vereinen mit unterschiedlicher Fanklientel 334 Siehe dazu Adang/Schreiber, Die Neue Polizei 1/2008, 4 f.; Friedmann, Polizei und Fans, S. 128 f. 335 Polizeiliche Einsatzstunden (Länder- und Bundespolizei) bei Spielen der Bundesliga und 2. Bundesliga: Saison 1999/2000: 759.139; Saison 2000/01: 703.601; Saison 2001/02: 723.487; Saison 2002/03: 739.954; Saison 2003/04: 725.163; Saison 2004/05: 1.013.458; Saison 2005/06: 1.050.187; Saison 2006/07: 1.020.602; Saison 2007/08: 1.130.233; Saison 2008/09: 1.185.168; Saison 2009/10: 1.443.987; Saison 2010/11: 1.301.427; Saison 2011/12: 1.515.339; Saison 2012/13: 1.423.903; Saison 2013/14: 1.582.954; Saison 2014/15: 1.259.390; Saison 2015/16: 1.164.598; Saison 2016/17: 1.419.766. 336 Polizeiliche Einsatzstunden (Länder- und Bundespolizei) bei DFB-Pokal-Spielen unter Beteiligung von Bundesliga-Mannschaften: Saison 1999/2000: 43.788; Saison 2000/01: 46.338; Saison 2001/02: 48.970; Saison 2002/03: 34.375; Saison 2003/04: 41.538; Saison 2004/05: 44.806; Saison 2005/06: 91.296; Saison 2006/07: 69.363; Saison 2007/08: 71.021; Saison 2008/09: 78.094; Saison 2009/10: 73.454; Saison 2010/11: 75.803; Saison 2011/12: 101.406; Saison 2012/13: 89.560; Saison 2013/14: 87.776; Saison 2014/15: 86.732; Saison 2015/16: 87.692; Saison 2016/17: 114.145. 337 Polizeiliche Einsatzstunden (Länder- und Bundespolizei) bei Spielen der UEFAClubwettbewerbe in Deutschland: Saison 1999/2000: 117.255; Saison 2000/01: 125.695; Saison 2001/02: 85.696; Saison 2002/03: 63.656; Saison 2003/04: 93.593; Saison 2004/05: 97.097; Saison 2005/06: 86.671; Saison 2006/07: 94.814; Saison 2007/08: 104.243; Saison 2008/09: 126.076; Saison 2009/10: 139.837; Saison 2010/11: 88.430; Saison 2011/12: 150.478; Saison 2012/13: 145.148; Saison 2013/14: 134.979; Saison 2014/15: 117.228; Saison 2015/16: 111.657; Saison 2016/17: 128.821.

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schwanken, hat sich sowohl bei den DFB-Pokalspielen als auch bei Spielen der Bundesligen die Anzahl der polizeilichen Einsatzstunden annähernd verdoppelt.338 Noch nie wurden zudem so viele Polizisten pro Zuschauer bei Profifußballspielen eingesetzt wie in den vergangenen Spielzeiten.339 Die Ausbreitung der Ultra-Bewegung und der wachsende Radikalisierungsprozess in Teilen der Ultragruppen dürften mitursächlich für den deutlichen Anstieg der polizeilichen Einsatzstunden sein. So lässt sich der Rückgang der Einsatzstunden zwischen den Spielzeiten 1999/ 2000 und 2003/2004 unter anderem darauf zurückführen, dass in den Anfangsjahren der Ultra-Bewegung gewalttätige Auseinandersetzungen die Ausnahme bildeten. Der seit der Saison 2004/05 zu beobachtende Trend hin zu deutlich mehr Polizeikräften lässt sich durch die zunehmende Verbreitung der Ultra-Bewegung jedoch nicht allein erklären. Denn das von der Polizei geschätzte Störer-Potential unter den Fußballanhängern ist nicht in gleicher Weise gewachsen wie der polizeiliche Kräfteaufwand.340 Die Polizei setzt mittlerweile deutlich mehr Polizisten pro registrierten Gewalttäter beim Fußball ein, obwohl der Anteil der besonders problematischen Fans der Kategorie C in den vergangenen Jahren sogar gesunken ist.341 Es fällt demzufolge deutlich schwerer, die Ursachen für den Anstieg der bei Bundesligaspielen geleisteten Einsatzstunden aufzudecken. Zwar erklärt die ZIS in ihren Jahresberichten einzelne saisonale Schwankungen mit Auf- und Abstiegen von Vereinen;342 das insgesamt seit mehr als zehn Jahren bestehende sehr hohe Niveau der Einsatzstunden lässt sich damit jedoch nicht begründen. Ein nicht zu unterschätzender Gesichtspunkt in der polizeilichen Einsatzplanung dürfte daher der Umstand sein, dass der Fußball in Deutschland in einem noch nie dagewesenen Ausmaß im Fokus der Öffentlichkeit steht. Dadurch bedingt werden auch die den Profifußball begleitenden Randerscheinungen, wie etwaige Ausschreitungen an Spieltagen, medial näher beleuchtet und stehen zugleich mehr im Blickpunkt der Polizeiarbeit. Die geänderte Wahrnehmung lässt sich durch einen Blick in die Vergangenheit veranschaulichen: So fanden etwa Markert und Schmidbauer es im Jahr 1994 bemerkenswert, dass bei Fußballspielen „heute regelmäßig ein Einsatzzug oder gar eine Hundertschaft Bereitschaftspolizei zur Unterstützung hinzugeholt [wird]“.343 338 Demgegenüber bewegen sich die Einsatzstunden bei UEFA-Clubwettbewerben auf einem vergleichsweise konstanten Niveau. Da die anlässlich von Regionalligaspielen geleisteten Einsatzstunden der Länderpolizei erst seit der Saison 2001/02 und die von der Bundespolizei anlässlich von Regionalligaspielen geleisteten Einsatzstunden erst seit der Saison 2008/ 09 in den Jahresberichten der ZIS aufgeführt werden, wurde auf eine Darstellung der dortigen Einsatzstunden verzichtet. 339 Vgl. Stenografisches Protokoll der Anhörung durch den Innenausschuss des Sächsischen Landtags am 25. 06. 2015, Protokollgegenstand: Drs. 5/1210, S. 7, Anlage 3, S. 3, Abbildung 1. 340 Vgl. Stenografisches Protokoll der Anhörung durch den Innenausschuss des Sächsischen Landtags am 25. 06. 2015, Protokollgegenstand: Drs. 5/1210, S. 7, Anlage 3, S. 3, Abbildung 2. 341 Siehe oben § 4 A. III. 342 Zuletzt im Jahresbericht der ZIS 2016/17, S. 26. 343 Markert/Schmidbauer, Polizeitaktische und polizeirechtliche Probleme, in: Schild (Hrsg.), Sportgroßveranstaltungen, S. 35.

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

Wie oben dargelegt, wurde der deutsche Profifußball zu Beginn der 1990er-Jahre aber von einer Gewaltwelle der Hooligans, die mehrere Todesopfer forderte, in seinen Grundfesten erschüttert.344 Der von Markert und Schmidbauer als bemerkenswert empfundene Kräfteaufwand wird heutzutage hingegen selbst bei Fußballspielen ohne besonderes Risiko deutlich überboten. Als Folge des in der Öffentlichkeit gezeichneten Zerrbildes von der heutigen Sicherheitslage im Profifußball sind nicht nur die polizeilichen Einsatzstunden bei Profifußballspielen eklatant angewachsen, sondern auch die strafrechtliche Handhabe gegenüber Fußballfans hat sich verschärft: Während, wie oben festgestellt, Straftaten im Zusammenhang mit Fußballspielen noch bis in die 1980er-Jahre häufig nicht ernsthaft verfolgt wurden,345 ist mittlerweile von einem „Sonderstrafrecht“ für Fußballfans die Rede: Strafrechtlich (vermeintlich) relevante Vorfälle im Umfeld von Fußballspielen werden im Vergleich zur Alltagskriminalität außerhalb des Fußballs besonders streng verfolgt und nicht selten auch prozessual unterschiedlich behandelt.346 Die Fans, insbesondere die Ultras als auffälligste Fangruppe, sind längst in der medialen Fußballberichterstattung nicht mehr bloßes Beiwerk. Vorfälle im Fanblock führen dazu, dass die medialen Presseberichte über diese Vorkommnisse nicht selten länger ausfallen als der Bericht über das sportliche Geschehen auf dem Rasen. Während Mitte der 2000er-Jahre wohl nur einige eingefleischte Fußballfans mit dem Begriff „Ultras“ etwas verbinden konnten, dürften mittlerweile selbst Nicht-Fußballfans eigene Assoziationen zu Ultras haben. Innenpolitik und Sicherheitskräfte, allen voran die Polizei, stehen aufgrund der geänderten öffentlichen Wahrnehmung unter Zugzwang, Verhaltensweisen von Fans, die jahrzehntelang ignoriert oder toleriert wurden, zu unterbinden.347 Um dieses Unterfangen zu erreichen, ist oftmals der Einsatz von mehr Polizeikräften erforderlich. Insofern steht der enorme polizeiliche Kräfteaufwand auch nicht im Widerspruch zu dem Umstand, dass die Polizei im Vergleich zu früheren Spielzeiten deutlich mehr Einsatzkräfte pro Störer bei Fußballspielen einsetzt. Nicht selten sollen polizeiliche Einsatzleiter bei Fußballspielen aus Angst vor dem Vorwurf, die Begegnung nicht ernst genommen zu haben, lieber zu viele Einsatzkräfte anfordern als zu wenige.348 344

Siehe dazu oben § 1 C. Siehe oben § 1 B. II. 346 Vgl. Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft 7 auf dem 41. Strafverteidigertag v. 24. – 26. 03. 2017, abrufbar unter www.strafverteidigertag.de/Strafverteidigertage/strafverteidigertag2 017.html. 347 Ähnlich Albers/Feltes/Ruch, MSchrKrim 2015, 481, 494. 348 Gabler, Zahlen der ZIS, in: Czoch (Hrsg.), Ultras in Deutschland, S. 267 (281), unter Berufung auf hochrangige Polizeifunktionäre. Das polizeiliches Dilemma veranschaulicht der baden-württembergische Landespolizeipräsident Klotter: „Als beim Spiel SV Waldhof [Anm.: gemeint ist der SV Waldhof Mannheim] gegen 1. FC Kaiserslautern das halbe Stadion zerstört wurde, kam der Vorwurf, wir hätten die Lage falsch eingeschätzt und zu wenig Personal vor Ort gehabt. Als einige Wochen später die Offenbacher Kickers kamen und wir 200 Mann mehr im 345

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Nur vor dem Hintergrund, dass der Profifußball in einem noch nie dagewesenen Ausmaß in der deutschen Öffentlichkeit präsent ist und deshalb ein nicht zu unterschätzender Druck auf der Polizei lasten dürfte, jegliches Fehlverhalten von Fußballfans zu unterbinden, lassen sich die eklatanten Unterschiede beim polizeilichen Kräfteaufwand zwischen Einsätzen bei Fußballspielen und anderen Massenveranstaltungen und -ereignissen erklären. In der berüchtigten Silvesternacht 2015/16 wurden beispielsweise im gesamten Kölner Stadtgebiet nur 140 Landespolizisten eingesetzt, davon in Spitzenzeiten maximal 80 Polizisten am Bahnhofsvorplatz, an dem es aus einer entfesselten Menschenmenge zu massiven Ausschreitungen, Diebstählen und Sexualdelikten kam, obwohl die Polizei schon Tage zuvor über die geplante Anreise der späteren Täter informiert gewesen sein soll.349 Im Vergleich zu den maximal 80 eingesetzten Polizisten am Kölner Bahnhofsvorplatz werden schon bei einem normalen Bundesligaspiel, das kein besonderes Risiko aufweist, durchschnittlich knapp dreimal so viele Polizisten (zwischen 200 bis 300) eingesetzt.350

B. Einsatzkonzeption am Spieltag I. Fußballspiele als besondere polizeiliche Herausforderung Aus dem objektiv-rechtlichen Gehalt von Art. 2 Abs. 2 GG folgt die Pflicht der staatlichen Organe, sich schützend und fördernd vor das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit zu stellen und diese vor rechtswidrigen Eingriffen zu bewahren.351 Der Staat ist von Verfassungs wegen verpflichtet, grundsätzlich sämtliche mögliche und rechtlich zulässige Maßnahmen gegen die Störer im Umfeld des Fußballs zu ergreifen.352 Der polizeiliche Aufgabenbereich ist in dieser Hinsicht auch Einsatz hatten, hieß der Vorwurf, wir würden die Stadt in eine Festung verwandeln“; vgl. WFV (Hrsg.), Justiz und Sportgerichtsbarkeit, S. 127 (138). Zu der Problematik auch Walter, Polizei Info Report 1/2015, 34, 35. 349 Welt.de, 17. 03. 2016, https://www.welt.de/politik/deutschland/article153373671/Vielweniger-Polizisten-waren-im-Einsatz-als-gedacht.html. 350 Tagesspiegel.de, 22. 08. 2012, www.tagesspiegel.de/sport/sicherheit-in-der-bundesligafussball-einsaetze-bringen-polizei-an-ihre-kapazitaetsgrenze/7041510.html. 351 BVerfGE 56, 54, 73; BVerfGE 39, 1, 41; BVerfGE 46, 160, 164, wobei in den beiden früheren Entscheidungen zusätzlich noch Art. 1 Abs. 1 S. 2 GG heranzogen wurde. Auch im Schrifttum existieren zur dogmatischen Herkunft der Schutzpflichten divergierende Ansichten; siehe dazu Habermann, Gebühren, S. 172 ff. Eine verfassungsrechtliche Verpflichtung, speziell Sportgroßveranstaltungen unter den Gesichtspunkten des Sozialstaatsprinzips, eines etwaigen verfassungsrechtlichen Sportförderungsauftrages oder des staatlichen Kulturauftrages zu schützen, besteht hingegen nicht; vgl. Deusch, Sportgroßveranstaltungen, S. 79 ff. Auch aus der Staatszielbestimmung der Sportförderung, die sich in einzelnen Landesverfassungen findet (in Hessen beispielsweise Art. 62a Hessische Verfassung), lässt sich keine Schutzpflicht ableiten, auch wenn die Staatszielbestimmung der Sportförderung bei landespolizeilichen Ermessensentscheidungen berücksichtigt werden kann; dazu Deusch, Sportgroßveranstaltungen, S. 83 ff. 352 Breucker, NJW 2006, 1233, 1234.

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

bei Profifußballspielen eröffnet und wird nicht etwa durch die Ordnungsaufgaben der Veranstalter derogiert.353 Nach § 1 Abs. 1 S. 1 HSOG haben die Gefahrenabwehrbehörden (Verwaltungs- und Ordnungsbehörden) und Polizeibehörden grundsätzlich die gemeinsame Aufgabe der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung. Die Polizeibehörden haben zudem gemäß § 1 Abs. 4 HSOG zu erwartende Straftaten zu verhüten sowie für die Verfolgung künftiger Straftaten vorzusorgen. Unabhängig von der in § 2 S. 1 HSOG normierten Eilfallkompetenz sind die Polizeibehörden daher für die Verhütung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Umfeld des Profifußballs kompetenzrechtlich zuständig.354 Im repressiven Bereich folgt die Zuständigkeit der Polizeibehörden aus § 1 Abs. 2 HSOG i. V. m. § 163 StPO beziehungsweise § 53 OWiG. Im Rahmen der Gefahrenabwehrarbeit im Umfeld des Profifußballs hat gerade die Polizei einen nicht immer einfachen Spagat zu bewältigen: Während sie gegen die Störer im Umfeld der Spiele gefahrenabwehrrechtlich vorgeht, darf sie nicht außer Acht lassen, dass es sich bei dem Großteil der Stadionbesucher um friedliche Fußballfans handelt.355 Eine derartige Differenzierung bei Profifußballspielen vorzunehmen, ist aufgrund der Unübersichtlichkeit solcher Massenveranstaltungen und der (positiven) Ausgelassenheit vieler Stadionbesucher mit Schwierigkeiten verbunden. Hinzu kommt, dass die Ultraszene als zahlenmäßig größter Bestandteil der Störerszene aufgrund ihrer Heterogenität einer differenzierten Behandlungsweise durch die Gefahrenabwehr- und Polizeibehörden bedarf. Die Ultra-Bewegung stellt für die Gefahrenabwehr- und Polizeibehörden zudem insofern eine besondere Herausforderung dar, als dass der Organisationsgrad der Szene in den vergangenen Jahren stetig gewachsen ist. Indem die Ultras die Verhaltensweisen mancher Demonstranten adaptiert haben (etwa die einheitliche Kleidung des sogenannten „Schwarzen Blocks“ oder Vermummung), erschweren sie der Polizei die Identifizierung von Störern und den Zugriff gegenüber diesen.356 Die Maßnahmen der Gefahrenabwehr- und Polizeibehörden müssen daher zunehmend speziell auf die Verhaltensweisen der Ultras ausgerichtet werden. Gefahrenabwehrmaßnahmen, die gegen Hooligans noch erfolgreich waren, können gegen die durchorganisierten Ultras ungeeignet sein.357 353

Nolte, NVwZ 2001, 147, 149; Franz/Günther, NWVBl 2006, 201, 202; Siegel, NJW 2013, 1035, 1036. 354 Vgl. Niemeier, Bekämpfung ritualisierten Gewaltverhaltens, S. 67. 355 Piastowski, Schriftenreihe der Deutschen Hochschule der Polizei 2009 (III – IV), S. 11 (17 f.). 356 Piastowski, Schriftenreihe der Deutschen Hochschule der Polizei 2009 (III – IV), S. 11 (12 f.). 357 Ältere rechtswissenschaftliche Arbeiten über die Gefahrenabwehr bei Fußballspielen sind oftmals auf die Verhaltensweisen der Hooligans ausgerichtet. So beschränkt sich beispielsweise Deusch, Sportgroßveranstaltungen, in seiner Dissertation (2005) auf die Erscheinungsform des Hooliganismus, während die damals in Deutschland noch junge Fanbewegung der Ultras nur am Rande erwähnt wird. Auch in einigen jüngeren rechtswissenschaftlichen

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Den Polizei- und Gefahrenabwehrbehörden steht ein breiter Katalog an Maßnahmen zur Verfügung, die teilweise schon im Vorfeld eines Spieltags durchgeführt werden,358 zum Teil aber auch erst am Spieltag auf der An- und Abreise359 oder im Stadion360. Abhandlungen wird die Gewaltproblematik im Umfeld des Profifußballs noch vordergründig am Hooliganismus beleuchtet, so etwa bei Tomschütz, Gefährderansprachen (2015), S. 32 ff. und 109; Winter, Sportveranstalterhaftung, S. 111 ff. (2016), der nur in Fn. 401 auf die Existenz der Ultra-Bewegung hinweist. Auch Lange beschäftigt sich maßgeblich mit dem Hooliganismus; vgl. Lange, Sicherheit (2013), S. 16 f., sowie 23 ff., und erwähnt die Ultra-Bewegung in Deutschland lediglich beiläufig auf S. 24 f. 358 So veröffentlichen Polizeibehörden sog. Fanbriefe, in denen die Besucher u. a. über das örtliche Sicherheitskonzept informiert und Anreiseempfehlungen ausgesprochen werden. Da die Polizei in diesen Fanbriefen üblicherweise nur Verhaltenstipps gibt und es bei Hinweisen auf die Rechtslage belässt, greifen Fanbriefe in der Regel nicht in Grundrechte ein. Die Polizeibehörden können sich insofern auf die allgemeine Aufgabenzuweisung nach § 1 HSOG stützen. Das Gleiche gilt für Aufklärungsgespräche, bei denen die Polizei den Fans Gesprächsangebote unterbreitet. Demgegenüber werden bei Gefährderansprachen bzw. -anschreiben die Betroffenen explizit aufgefordert, Gewalttätigkeiten zu unterlassen. Droht die Polizeibehörde dem potentiellen Störer für den Fall des Spielbesuchs konkrete Präventivmaßnahmen an, liegt ein Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit des Betroffenen aus Art. 2 Abs. 1 GG vor. Als Ermächtigungsgrundlagen dienen die polizeirechtlichen Generalklauseln in den Landespolizeigesetzen; siehe dazu Steinforth, Die Gefährderansprache, S. 195 ff.; für die Normierung als Standardmaßnahme spricht sich u. a. Tomschütz, Gefährderansprachen, S. 219 ff. aus (mit eigenem Gesetzesvorschlag auf S. 236 f.). Gegenüber einzelnen Störern – nicht aber gegenüber sämtlichen Anhängern eines Vereins (vgl. VG Darmstadt, NVwZ 2016, 1344 ff.) – können zudem Aufenthaltsverbote erlassen werden. Nach § 31 Abs. 3 HSOG müssen insofern Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Person in einem bestimmten örtlichen Bereich innerhalb einer Gemeinde eine Straftat begehen wird. Bloße Mutmaßungen, der Betroffene könne anlässlich eines Fußballspiels eine Straftat verüben, reichen insofern nicht aus; siehe zum Ganzen Böhm/Mayer, DÖV 2017, 325, 329 ff. Daneben besteht die Möglichkeit, durch den Erlass von Meldeauflagen Störer zu verpflichten, sich zu einer bestimmten Zeit (in der Praxis oftmals einige Stunden vor und nach der Partie sowie während des Spiels) bei einer Polizeidienststelle zu melden. Als Ermächtigungsgrundlage wird außerhalb von Rheinland-Pfalz (dort § 12a Polizei- und Ordnungsbehördengesetz Rheinland-Pfalz) auf die Generalklausel zurückgegriffen; zur Kritik daran statt vieler Krahm, Hooligangewalt, S. 343. Als weitere Vorfeldmaßnahmen kommen bei internationalen Spielen Reisebeschränkungen nach dem Passund Personalausweisrecht in Betracht. 359 Die sog. einschließende Begleitung, eine enge Begleitung der an- und abreisenden Zuschauer durch Polizeikräfte am Spielort, erfolgt in der Regel nur bei Ultragruppen oder größeren „Fanmärschen“. Die rechtliche Zulässigkeit dieses polizeilichen Vorgehens, das sich in der Praxis bewährt hat und verhindert, dass die Fans etwa Konzepte zur Fantrennung unterlaufen, ist allgemein anerkannt. Rechtsdogmatisch ist hier dennoch vieles strittig, insbesondere ob, und wenn ja, in welche Grundrechte durch die einschließende Begleitung eingegriffen wird und welche Ermächtigungsgrundlage einschlägig ist; zum Streitstand Niemeier, Bekämpfung ritualisierten Gewaltverhaltens, S. 120 ff. Einher geht die Begleitung der Fangruppen regelmäßig mit dem Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen oder entsprechender Aufzeichnungen, Durchsuchungen einzelner Personen etwa nach Pyrotechnik (§ 36 Abs. 1 bis 4 HSOG), Identitätsfeststellungen nach § 18 HSOG, dem Ausspruch von Platzverweisen nach § 31 Abs. 1 S. 1 HSOG (zur Durchsetzung ist unter den Voraussetzungen von § 32 Abs. 1 Nr. 3 HSOG auch eine Ingewahrsamnahme möglich) oder der Ingewahrsamnahme Betroffener nach § 32 Abs. 1 Nr. 2 HSOG.

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

Eine ausführliche Darstellung der polizeilichen Handlungsinstrumente und der rechtlichen Probleme, die sich in diesem Zusammenhang stellen, kann hier nicht erfolgen. Verwiesen werden kann insoweit auf die Ausführungen in den Dissertationen von Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen361, Niemeier, Bekämpfung ritualisierten Gewaltverhaltens362, Kober, Pyrotechnik363, Winter, Sportveranstalterhaftung364 und Herles, Persönlichkeitsverletzungen.365 Aus juristischem Blickwinkel sind hier nur noch wenige Punkte strittig. Es sei daher bei dem Hinweis belassen, dass der juristische Widerstand gegen einzelne Gefahrenabwehrmaßnahmen aus Kreisen der Fanszenen stetig zunimmt. So arbeiten immer mehr Fußballfans eng mit speziellen „Fananwälten“ zusammen366 oder gründen eigene Fanhilfen, die die Fans juristisch schulen und einzelne Rechtsstreitigkeiten finanzieren.367 Stattdessen wird der Fokus auf die polizeiliche Informationsgewinnung gerichtet, der bei der Entscheidung über die Festlegung der Anzahl der bereitgestellten Einsatzkräfte am Spieltag entscheidende Bedeutung zukommt. Im Rahmen der im zweiten Teil dieser Arbeit folgenden Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit einer Polizeikostenabwälzung im Profifußball stellt sich nämlich die Frage nach der Erforderlichkeit des konkreten polizeilichen Kräfteeinsatzes, für den Kosten erhoben werden sollen. Entsprechend soll an dieser Stelle untersucht werden, wie die Polizei an den Spieltagen ihren Kräfteeinsatz plant. 1. Ablauf der Einsatzplanung Die quantitativen und gruppendynamischen Unterschiede zwischen einzelnen Problemfangruppierungen erfordern oftmals auf die konkrete Situation vor Ort „zugeschnittene“ Konzepte.368 Zudem haben die unterschiedlichen infrastrukturellen 360 Gelegentlich werden bei Risikospielen sog. Blocksperren angeordnet: Nach Abpfiff des Spiels wird ein Teil des Publikums, in der Regel die Gästefans, am Verlassen des Stadions über einen gewissen Zeitraum gehindert, um eine Vermischung mit den Anhängern des anderen Vereins zu verhindern. In Einzelfällen führen Polizisten auch Einlasskontrollen am Stadion durch. Die Rechtmäßigkeit derartiger polizeilicher Einlasskontrollen richtet sich nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 HSOG, wenn sie – wie in der Praxis üblich – mit Durchsuchungen der Besucher verbunden sind. Zur Frage der Rechtmäßigkeit polizeilicher Ganzkörperkontrollen von Stadionbesuchern siehe Böhm/Kunzmann/Riekmann, LKRZ 2012, 299, 304. 361 Dort S. 79 ff. und 287 ff. 362 Dort S. 69 ff. 363 Dort S. 207 ff. 364 Dort S. 343 ff. 365 Dort S. 185 ff. Eine Übersicht der vergleichbaren behördlichen Handlungsinstrumente im Vorfeld von Demonstrationen findet sich bei Steinforth, Die Gefährderansprache, S. 77 ff. 366 Siehe etwa www.fananwaelte.de/. 367 Siehe etwa die „Fan-Hilfe“ für Anhänger des 1. FC Nürnberg: www.rot-schwarze-hilfe. de/index.php/was-tun-wir. 368 Lösel u. a., Hooliganismus in Deutschland, S. 63. Ein Beispiel für die polizeiliche Einsatzkonzeption bei Heimspielen von Dynamo Dresden findet sich bei Pätzold/Kaempf,

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Gegebenheiten vor Ort Auswirkungen auf das jeweilige polizeiliche Einsatzkonzept. Während sich an einigen Standorten die Stadien an Autobahnabfahrten oder (Lokal-) Bahnhöfen befinden, liegen andere Stadien zentrumsnah oder in Wohnvierteln. Einige Stadien und Anreisewege sind so konzipiert, dass sich Heim- und Gästefans nur im Stadion zu Gesicht bekommen; an anderen Standorten ist eine Fantrennung außerhalb des Stadions baulich hingegen nicht möglich, sodass sich Heim- und Gästefans vermischen. Diese infrastrukturellen Besonderheiten haben einen maßgeblichen Einfluss auf die polizeiliche Einsatzkonzeption. Gerade an den Standorten, an denen eine Fantrennung nicht oder nur eingeschränkt möglich ist, müssen oftmals mehr Polizeikräfte eingesetzt werden.369 Die Anzahl der eingesetzten Polizeibeamten an den jeweiligen Bundesligaspielorten schwankt daher beträchtlich und ist gerade in Bremen außergewöhnlich hoch.370 Trotz der regionalen Unterschiede lassen sich allerdings einige Gemeinsamkeiten feststellen, die repräsentativ für die polizeiliche Einsatzkonzeption bei Profifußballspielen in Deutschland stehen. Ein besonderes Augenmerk wird schon im Vorfeld des Spieltags auf die Risikoanalyse gelegt. Bei Sicherheitsgesprächen, an denen in der Regel neben Vertretern der Polizeibehörden und der Kommunalverwaltung auch Vertreter der Vereine und des gewerblichen Sicherheits- und Ordnungsdienstes sowie – je nach Standort371 – weitere Beteiligte teilnehmen, werden aktuelle sicherheitsrelevante Informationen ausgetauscht, um eine zutreffende Gefährdungsbewertung zu erarbeiten. Dazu nehmen die szenekundigen Beamten des Heimvereins schon frühzeitig Kontakt zu den szenekundigen Beamten der Gastmannschaft auf und erstellen im Anschluss eine Gefahrenprognose.372 In der polizeilichen Praxis hat sich, angelehnt an die Ampelfarben, eine Kategorisierung der einzelnen Spiele in Grün, Kriminalistik 2012, 221 ff. Den Ablauf eines Spieltags bei Heimspielen des Karlsruher SC schildert Mayer, Schriftenreihe der Deutschen Hochschule der Polizei 2010 (III – IV), S. 11 (58 ff.); für Polizeieinsätze bei Fußballspielen in Bremen siehe Pusch/Ditzel, Schriftenreihe der Deutschen Hochschule der Polizei 2009 (III – IV), S. 181 ff. 369 Ein Vergleich der jeweiligen polizeilichen Gefahrenprognosen bzw. Einsatzkonzepte ist daher regelmäßig ungeeignet, um die getroffenen polizeilichen Gefahrenprognosen ex post beurteilen zu können; dies gilt selbst dann, wenn andere Parameter (etwa das Verhältnis zwischen den beteiligten Fangruppen) vergleichbar sein sollten. 370 So bewegte sich beispielsweise in der Saison 2016/17 die Anzahl der eingesetzten polizeilichen Einsatzkräfte bei den vier Hochrisikoheimspielen des FC Bayern München auf einem Niveau, auf das die Bremer Polizei mit 342 Einsatzkräften bei Heimspielen von Werder Bremen schon im Durchschnitt kommt; vgl. weser-kurier.de, 22. 11. 2017, www.weser-kurier. de/bremen/bremen-stadt_artikel,-wenn-fans-zu-feinden-werden-_arid,1671942.html. Auch beim „Nordderby“ zwischen dem SV Werder Bremen und dem Hamburger SV werden bei Spielen in Hamburg erheblich weniger Landespolizisten eingesetzt. So wurden in den vergangenen Jahren bei den Partien in Bremen bis zu viermal mehr Landespolizisten eingesetzt als bei den Rückspielen in Hamburg; vgl. Bremische Bürgerschaft, Drs. 19/1464, S. 8. 371 Siehe für Bremen etwa die Auflistung bei Pusch/Ditzel, Schriftenreihe der Deutschen Hochschule der Polizei 2009 (III – IV), S. 181 (183). 372 Mayer, Schriftenreihe der Deutschen Hochschule der Polizei 2010 (III – IV), S. 11 (52 f.).

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

Gelb oder Rot entwickelt. Die jeweilige Einstufung hat entscheidenden Einfluss auf den vom eingesetzten Polizeiführer letztlich festgesetzten polizeilichen Kräfteansatz am Spieltag sowie die Auswahl der Führungs- und Einsatzmittel. Anlässlich jedes Spieltags der Bundesligen sowie der 3. Liga erstellt die ZIS – nach Rücksprache mit den einzelnen Landesinformationsstellen Sporteinsätze sowie der Informationsstelle Sporteinsätze beim Bundespolizeipräsidium Potsdam – sogenannte „Vorauslage“-Berichte. In diesen Berichten werden die am Spieltag eingesetzten Polizeibeamten über die jeweiligen Fanszenen informiert. Unter anderem finden sich in den „Vorauslage“-Berichten Informationen über die gewählten Reisemittel, das Verhältnis zwischen den Fangruppen, Erkennungsmerkmale der jeweiligen Fangruppen und die Anzahl der erwarteten Störer. An den Spieltagen zieht die Polizei die im Umfeld der Spiele eingesetzten Polizeibeamten aus den Revieren und Stationen ab und verstärkt diese durch Einsatzkräfte aus den Freischichten und der Bereitschaftspolizei.373 Auf der Grundlage des Art. 35 Abs. 1 und Abs. 2, S. 1 GG werden gerade bei größeren Einätzen auch Polizeibeamte des Bundes und aus anderen Bundesländern eingesetzt. Ständiger Ansprechpartner der Länderpolizei ist die Bundespolizei, die die An- und Abreise der Fans im Hauptbahnhof und in den Zügen überwacht.374 Von Veranstalterseite dient ein von dem jeweiligen Heimverein eingesetzter Veranstaltungsleiter als Ansprechpartner.375 Das Hauptaugenmerk des Polizeieinsatzes liegt in der Folge auf der Vor- und Nachspielphase. Für die Lenkung und Regelung des veranstaltungsspezifischen Verkehrs werden spezielle polizeiliche Verkehrskräfte herangezogen.376 Einzelne Fangruppen werden auf dem Hin- und Rückweg zum und vom Stadion durch polizeiliche Einsatzkräfte begleitet; an neuralgischen Punkten in der Innenstadt oder im Stadionumfeld zeigen Polizeibeamte Präsenz, während die eigentliche Spielphase aus polizeilicher Sicht von untergeordneter Bedeutung ist.377 Die unabhängig vom Vorliegen einer konkreten Gefahr erfolgende vorbeugende Bereitstellung der Polizeikräfte ist zwingend erforderlich, damit es zu keinen Zeit- und Qualitätsverlusten im Rahmen der polizeilichen Gefahrenabwehr kommt. Würde die Polizei nämlich erst beim Vorliegen einer konkreten Gefahr anrücken, müsste kurzfristig auf nicht eingewiesene und unkoordinierte Einsatzkräfte aus dem allgemeinen Streifendienst zurückgegriffen werden.378 373

Bernhardt, Kosten für polizeiliche Einsätze, in: WFV (Hrsg.), Haftung im Sport, 67 (72). Pusch/Ditzel, Schriftenreihe der Deutschen Hochschule der Polizei 2009 (III – IV), S. 181 (183). 375 § 20 Nr. 1, 2 DFB-SiRL; § 38 Abs. 2 und 3 Musterverordnung über den Bau und Betrieb von Versammlungsstätten. Bei Spielen mit erhöhtem Risiko nimmt der Veranstaltungsleiter gemäß § 20 Nr. 4 DFB-SiRL auch an den Sicherheitsbesprechungen teil. 376 Bernhardt, Kosten für polizeiliche Einsätze, in: WFV (Hrsg.), Haftung im Sport, S. 67 (73). 377 Mayer, Schriftenreihe der Deutschen Hochschule der Polizei 2010 (III – IV), S. 11 (60 f.). 378 Bernhardt, Kosten für polizeiliche Einsätze, in: WFV (Hrsg.), Haftung im Sport, 67 (73). 374

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2. Gefährdungsbewertung Der Erfolg des konkreten Polizeieinsatzes am Spieltag hängt nicht unerheblich von der Erstellung einer zutreffenden Gefährdungsbewertung ab. Der Informationsgewinnung im Vorfeld, allen voran über die Störerklientel, kommt ganz entscheidende Bedeutung zu. Daher wird in der Folge untersucht, welche rechtlichen Möglichkeiten diesbezüglich vorhanden sind und welche etwaigen Schwierigkeiten sich in der Praxis zeigen. a) Informationsgewinnung Das Polizeirecht hat in den vergangenen Jahrzehnten einen Wandel erfahren: Das „Vorfeldmonopol“ der Nachrichtendienste ist gefallen, das heißt, dass auch die Polizei längst unabhängig von einer im Einzelfall bestehenden Gefahr tätig wird.379 In diesem Zusammenhang kommt der Informationserhebung – losgelöst von den Anforderungen des traditionellen polizeilichen Gefahrenbegriffs – eine immer größere Bedeutung zu. Dies gilt in einem besonderen Maße für die Terrorismusbekämpfung, aber auch im Bereich des Profifußballs wäre eine effektive Gefahrenabwehr – nicht zuletzt wegen des hohen Organisationgrades der Ultras – ohne Informationserhebung im Vorfeld nicht möglich. Um ein möglichst präzises Bild von zukünftigen Gefährdungslagen zu bekommen, sind möglichst viele hochwertige Informationen zu erheben und zu speichern.380 Wie bedeutend in der Praxis die Informationsgewinnung für das Erstellen zutreffender Gefahrenprognosen ist, sollen vorab einige Beispiele aus der Praxis aufzeigen. So wird etwa gerade von Seiten der Fußballfans regelmäßig der Vorwurf erhoben, dass die Polizei die Beziehungen einzelner Fanszenen (freundschaftlich/ neutral/feindschaftlich) falsch einzuschätzen würde und einzelne Spiele dadurch unnötigerweise zu Risikospielen stilisiert werden würden.381 Darüber hinaus wird der 379 Baldus, Die Verwaltung 47 (2014), 1, 4; Götz, NVwZ 1998, 679. Insofern ist die Rede vom Wandel des Staates hin zum „Präventionsstaat“; vgl. etwa Hoffmann-Riem, Staat als Garant, in: Papier/Münch/Kellermann (Hrsg.), Freiheit und Sicherheit, 19 (20 f.). 380 Baldus, Die Verwaltung 47 (2014), 1, 9, spricht von „einem prinzipiell unstillbaren Informationsverlangen der Sicherheitsbehörden“. 381 Beispielsweise kritisierten die Fanszenen des FC Rot-Weiß Erfurt und des Halleschen FC die Handhabe der Polizei, die Partie zwischen den beiden Vereinen als Sicherheitsspiel einzustufen, obwohl die Fanszenen eine seit Jahren bestehende Freundschaft pflegen würden; vgl. www.saalefront.de/blog/?p=4992. Ähnliche Vorwürfe wurden u. a. in Mönchengladbach und Leverkusen erhoben; siehe die gemeinsame Stellungnahme der „Kurvenhilfe Leverkusen“ und der „Fan-Hilfe Mönchengladbach“ v. 04. 05. 2016, abrufbar unter http://fanhilfe-moenchen gladbach.de/stellungnahme-der-kurvenhilfe-leverkusen-und-fan-hilfe-moenchengladbach/. Unabhängig von der polizeilichen Einsatzplanung hat Friedmann, Polizei und Fans, S. 94 f., in seiner empirischen Untersuchung über das Verhältnis zwischen Fußballfans und Polizei eine große Unkenntnis über Verhaltensmuster der Fußballfans (beispielweise wurde ein sog. „PogoTanz“ der Anhänger als Schlägerei angesehen) bei dem Großteil der eingesetzten Polizeibeamten festgestellt.

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

Polizei auch in anderen Fällen eine willkürliche Risikoeinschätzung angekreidet. So kritisierten etwa im Juli 2016 Fans des 1. FC Magdeburg vehement die polizeiliche Einsatzplanung beim Spiel SC Preußen Münster gegen den 1. FC Magdeburg.382 Die Münsteraner Polizei hatte das damalige Spiel mit einem Großaufgebot begleitet und den Fans das Mitbringen von Fahnen verboten, da es „ernst zu nehmende Hinweise der Magdeburger Polizei- und Ordnungsbehörden auf den massiven Einsatz von Pyrotechnik“ gegeben hätte.383 Im Nachhinein stellte sich durch die Beantwortung einer Kleinen Anfrage im Landtag von Sachsen-Anhalt die Sachlage anders dar: Aus dem „ernst zu nehmendem Hinweis auf den massiven Einsatz von Pyrotechnik“ wurde eine Mitteilung an die Polizeidienststelle in Münster, „dass Fußballfans des 1. FC Magdeburg gelegentlich pyrotechnische Erzeugnisse mitführen, um diese anlassbezogen zu zünden“.384 Wie anhand dieser unscheinbaren Mitteilung, die wohl auf den weit überwiegenden Teil der Fußball-Fanszenen in Deutschland zutreffen dürfte, die Gefahrenprognose der Münsteraner Polizei getroffen wurde, konnte abschließend auch nicht durch eine Kleine Anfrage im Landtag Nordrhein-Westfalens aufgeklärt werden.385 aa) Erhebung personenbezogener Daten Die §§ 13 bis 19 HSOG enthalten Regelungen über die – grundsätzliche offene (vgl. § 13 Abs. 7 HSOG) – Erhebung personenbezogener Daten. Entsprechende Regelungen finden sich auch in den Polizeigesetzen der anderen Bundesländer und Stadtstaaten. Nach § 2 Abs. 1 Hessisches Datenschutzgesetz (HDSG) sind personenbezogene Daten Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person. Regelungen zur Verarbeitung der Daten finden sich in den §§ 20 ff. HSOG. Die §§ 14 bis 19 HSOG gehen als Sondervorschriften der allgemeinen Regelung in § 13 HSOG vor (vgl. § 13 Abs. 4 HSOG). Letztere enthält in Abs. 1 Nr. 3 eine Art Generalklausel für die Erhebung personenbezogener Daten und ermöglicht sogar die Erhebung personenbezogener Daten von Nichtstörern, wenn es zur Abwehr einer Gefahr, zur Erfüllung der ihnen durch andere Rechtsvorschriften zugewiesenen weiteren Aufgaben oder zum Schutz privater Rechte erforderlich ist. Für die polizeiliche Arbeit im Umfeld der Störerszene beim Fußball sind insbesondere die §§ 14 (Datenerhebung und sonstige Datenverarbeitung an öffentlichen Orten und besonders gefährdeten öffentlichen Einrichtungen), 15 (Datenerhebung durch Observation und Einsatz technischer Mittel), 16 (Datenerhebung durch Einsatz 382 Stellungnahme der Fanhilfe Magdeburg e. V. v. 24. 04. 2016: „Auswertung SC Preußen Münster – 1. FC Magdeburg, 35. Spieltag der Saison 2015/16“, abrufbar unter fanhilfe-magde burg.de/. 383 Mz.de, 18. 04. 2016, www.mz-web.de/sport/fussball/1-fc-magdeburg/-nicht-nachvollzieh bar-fcm-kritisiert-fahnenverbot-in-muenster-23935188. 384 Landtag von Sachsen-Anhalt, Drs. 7/131, S. 2. 385 Landtag von Nordrhein-Westfalen, Drs. 16/12045.

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von Personen, deren Zusammenarbeit mit Polizeibehörden Dritten nicht bekannt ist, und durch verdeckt ermittelnde Personen), 18 (Identitätsfeststellung und Prüfung von Berechtigungsscheinen) und 19 HSOG (Erkennungsdienstliche Maßnahmen, DNA-Analyse) relevant. So werden gerade vor Risikospielen einzelne Rädelsführer aus den Fanszenen polizeilich beobachtet, um etwa Informationen über Anreisepläne der Fangruppen zu gewinnen. Dauert die Beobachtung des Betroffenen länger als vierundzwanzig Stunden innerhalb einer Woche, richtet sich die Zulässigkeit nach § 15 Abs. 2 und 3 HSOG. Kürzere Beobachtungen können – in Ermangelung einer Einwilligung des Betroffenen (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 1 HSOG) – auf § 14 Abs. 1 HSOG, oder subsidiär auf § 13 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 1 und 2 HSOG, gestützt werden. Darüber hinaus können die Gefahrenabwehr- und Polizeibehörden nach § 12 Abs. 1 S. 1 HSOG eine Person befragen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass die Person sachdienliche Angaben zur Aufklärung des Sachverhalts in einer bestimmten gefahrenabwehrbehördlichen oder polizeilichen Angelegenheit machen kann. Potentielle Störer an den Spieltagen – eine Auskunftspflicht386 besteht gemäß § 12 Abs. 2 S. 1 HSOG für Verhaltens- und Zustandsstörer (§§ 6, 7 HSOG), unter den Voraussetzungen des § 9 HSOG aber auch für Nichtverantwortliche – können somit insbesondere durch die szenekundigen Beamten befragt werden, um Informationen über eine möglicherweise vorliegende Bedrohungslage zu erhalten. Bloße Ausforschungsversuche oder Fragen „ins Blaue hinein“ sind hingegen unzulässig.387 Zum Zwecke der Befragung können nach § 30 Abs. 1 S. 1 HSOG die Gefahrenabwehr- und die Polizeibehörden eine Person schriftlich oder mündlich vorladen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person sachdienliche Angaben machen kann, die für die Erfüllung einer bestimmten gefahrenabwehrbehördlichen oder polizeilichen Aufgabe erforderlich sind. Regelmäßig werden einzelne Personen aus dem Umfeld der Ultras erkennungsdienstlich behandelt, um künftige tatverdächtige Personen leichter identifizieren zu können. Die einschlägige Ermächtigungsgrundlage findet sich für die Länderpolizeien in § 81b 2. Alt. StPO.388 Danach dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke eines Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähn386 In den Fällen der §§ 52 bis 55 StPO kann den Betroffenen nach § 12 Abs. 2 S. 2 HSOG ein Auskunftsverweigerungsrecht zustehen, wenn sie nicht für die Gefahr verantwortlich sind. § 12 Abs. 2 S. 3 HSOG beschränkt das Auskunftsverweigerungsrecht im Fall einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person auf die Fälle des § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2, 4 und 5 StPO sowie des § 53a StPO. Über dieses Recht sind die Betroffenen nach § 12 Abs. 2 S. 5 HSOG zu belehren. Die Verfassungsmäßigkeit des § 12 Abs. 2 HSOG wird vereinzelt angezweifelt; so etwa von Bäuerle, in: Beck-OK Polizei- und Ordnungsrecht Hessen, § 12, Rn. 11 ff. 387 Mühl/Leggereit/Hausmann, Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 153. 388 Obwohl sich diese Ermächtigungsgrundlage in der StPO befindet, handelt es sich dabei um eine präventiv-polizeiliche Maßnahme; vgl. Trück, in: MüKo StPO, § 81b, Rn. 7. Für die einzelnen Ermächtigungsgrundlagen in den Polizeigesetzen der Länder bleibt wegen des Grundsatzes „Bundesrecht bricht Landesrecht“ in der Praxis daher kaum Anwendungsraum.

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liche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden, soweit es für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist. Beschuldigter im Sinne der Vorschrift ist jeder Tatverdächtige, gegen den die Strafverfolgungsbehörde ein Verfahren betreibt, weil er einer Straftat beschuldigt wird.389 Für die zu treffende negative Prognoseentscheidung kann schon die Affinität eines Fußballfans zur gewaltbereiten Fußballfanszene ausreichen.390 Zur Informationsbeschaffung in den Fanszenen setzt die Polizei zudem verdeckte Ermittler ein.391 Die Zulässigkeit des Einsatzes dieser Ermittler zur Gefahrenabwehr richtet sich in Hessen nach § 16 Abs. 2 bis 5 HSOG.392 Während es sich bei verdeckten Ermittlern gemäß § 16 Abs. 2 HSOG um Polizeibeamte handelt, die unter einer verschleierten Identität agieren, stehen V-Personen, also Personen, deren Zusammenarbeit mit der Polizei Dritten nicht bekannt ist (vgl. § 16 Abs. 1 S. 1 HSOG), nicht in einem Dienstverhältnis zur Polizei. Die Zulässigkeit der Datenerhebung durch V-Personen richtet sich nach §§ 16 Abs. 1, 3 und 5 HSOG i. V. m. § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 4 HSOG, wenn die Person gezielt zur Informationsbeschaffung beauftragt wird; ein bloßes Befragen von Zeugen begründet keine Stellung der befragten Person als V-Person.393 bb) Nachrichtendienstliche Ermittlungsmethoden Über den polizeilichen Einsatz von verdeckten Ermittlern hinaus gibt es Anhaltspunkte dafür, dass auch die Verfassungsschutzbehörden mittels nachrichtendienstlicher Ermittlungsmethoden, etwa dem Anwerben von V-Personen, Informationsgewinnung in Fankreisen betreiben. Die Zulässigkeit dieser Maßnahmen richtet sich in jenen Fällen nach den jeweiligen Landesverfassungsschutzgesetzen (in Hessen etwa nach den §§ 3 ff. Gesetz über das Landesamt für Verfassungsschutz [HessVerfSchG]). Ziel der Maßnahmen der Verfassungsschutzbehörden sollen danach nicht nur Fangruppen, die in Verdacht stehen, mit rechts- oder linksextremen Kreisen zu verkehren, sondern auch (unpolitische) Ultragruppierungen sein, um „fantypische“ Straftaten, wie beispielsweise das Entwenden einer Zaunfahne der Ultras des FC Bayern München durch Ultras des 1. FC Nürnberg, aufzuklären.394 Die Verifizierung dieser Meldungen gestaltet sich schwierig, da es von Seiten der Bundesregierung und der Länderregierungen weder Bestätigungen noch Demen389

OVG Bautzen, NVwZ-RR 2001, 238, 239; Trück, in: MüKo StPO, § 81b, Rn. 7. VGH München, Beschl. v. 16. 11. 2015 – 10 CS 15.1564, Rn. 26 (juris). 391 Siehe für Nordrhein-Westfalen, Landtag Nordrhein-Westfalen, Drs. 16/1768, S. 2. 392 Nach § 16 Abs. 5 HSOG bedarf der Einsatz verdeckter Ermittler, die unter einer auf Dauer angelegten Legende agieren, grundsätzlich einer richterlichen Anordnung. Werden verdeckte Ermittler zur Aufklärung von Straftaten eingesetzt, richtet sich die Zulässigkeit nach den §§ 110a, 110b StPO. 393 Meixner/Fredrich, HSOG, § 16, Rn. 2. 394 Spiegel.de, 14. 08. 2012, www.spiegel.de/sport/fussball/polizei-setzt-v-maenner-in-derfussball-fanszene-ein-a-849864.html. 390

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tierungen gibt.395 Ob ein derartiges Vorgehen der Verfassungsschutzbehörden rechtlich zulässig wäre, erscheint mehr als fraglich. So gehört eine allgemeine Beobachtung der Ultra- und Hooliganszene nicht zu den Aufgaben der Verfassungsschutzämter, wenn die Beobachtung nicht (auch) unter dem Gesichtspunkt der politischen Radikalität erfolgt.396 Wenn in der Folge die polizeilichen Datenbanken im Zusammenhang mit der Gewalt im Umfeld des Fußballs näher beleuchtet werden, liegt der Schwerpunkt der Untersuchungen auf dem tatsächlichen Erkenntnisgewinn aus diesen Datenbanken für die polizeiliche Einsatzplanung bei Fußballspielen.397 b) Informationsspeicherung Die von den Polizei- und möglicherweise auch von den Verfassungsschutzbehörden erhobenen personenbezogenen Daten werden in speziellen Datenbanken gespeichert. Unabhängig von der Gewaltbekämpfung beim Fußball ist die automatisierte Datenverarbeitung für die polizeiliche Arbeit essentiell.398 Auf Bundesebene existiert das beim Bundeskriminalamt (BKA) geführte polizeiliche Informationssystem INPOL-neu (§§ 2 Abs. 3, 11 Abs. 1, 34 Gesetz über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten [BKAG]), während es auf Landesebene eigene Informations- und Auskunftssysteme gibt (in Hessen §§ 17, 20, 28 HSOG). Die Voraussetzungen für einen Datenabgleich der Polizeibehörden mit automatisiert gespeicherten Daten der Polizeibehörden und Polizeidienststellen des Bundes und der anderen Bundesländer sind in § 25 Abs. 1 HSOG normiert. Nach § 25 Abs. 1 S. 1 HSOG können grundsätzlich nur personenbezogene Daten von Verhaltens- und Zustandsverantwortlichen sowie von Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass diese Straftaten mit erheblicher Bedeutung begehen werden (vgl. § 13 Abs. 2 Nr. 1 HSOG), abgeglichen werden. Um die personenbezogenen Daten anderer Personen abzugleichen, muss dies hingegen nach § 25 Abs. 1 S. 2 HSOG aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte zur Erfüllung einer 395

Siehe etwa BT-Drs. 18/2546, S. 2; Landtag von Sachsen-Anhalt, Drs. 6/4839, S. 1 f. Herles, Persönlichkeitsrechtsverletzungen, S. 173. Das Entwenden einer Zaunfahne dürfte auch nicht zu den Tätigkeiten der organisierten Kriminalität zählen. So hat etwa in Hessen nach § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 HessVerfSchG die Verfassungsschutzbehörde auch die Aufgabe, Bestrebungen und Tätigkeiten der organisierten Kriminalität im Geltungsbereich des Grundgesetzes zu beobachten. 397 Zu den rechtlichen Problemstellungen in diesem Zusammenhang wird insofern auf die grundlegenden Arbeiten von Steinat, Daten gewalttätiger Fußballfans, sowie Kehr, Gewalttäter Sport, verwiesen. 398 Vgl. Steinat, Daten gewalttätiger Fußballfans, S. 90; für Sportgroßveranstaltungen Kehr, Gewalttäter Sport, S. 47. Der Begriff der Datenverarbeitung wird in § 2 Abs. 1 S. 1 HDSG als „jede Verwendung gespeicherter oder zur Speicherung vorgesehener personenbezogener Daten“ legaldefiniert. Automatisiert ist eine Datenverarbeitung nach § 2 Abs. 6 HDSG, wenn sie durch Einsatz eines gesteuerten technischen Verfahrens selbsttätig abläuft. 396

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bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich sein. Da § 25 Abs. 1 S. 2 HSOG somit nur eine geringe Eingriffsschwelle aufweist, werden in der polizeilichen Praxis die Daten aller Personen abgeglichen, solange sich ein vager Bezug zur polizeilichen Aufgabenerfüllung herstellen lässt.399 Daher können nahezu alle im Umfeld der Stadien und auf den An- und Abreisewegen erlangten personenbezogenen Daten mit den Beständen der polizeilichen Datenbanken über Fußballfans abgeglichen werden. aa) Datei „Gewalttäter Sport“ Die bekannteste Datenbank über potentielle Störer in der Fußballfanszene stellt die Verbunddatei „Gewalttäter Sport“ dar, die in der Verbundanwendung INPOL-Z implementiert ist.400 Bei Verbunddateien handelt es sich um vom Bundeskriminalamt als Zentralstelle für den elektronischen Datenverbund zwischen Bund und Ländern geführte Dateien des polizeilichen Informationssystems, wobei die jeweils von den Ländern in eigener Zuständigkeit gewonnenen Daten dezentral und unmittelbar in das Verbundsystem eingegeben und diese Daten im System für alle Verbundteilnehmer zum Abruf bereitgehalten werden.401 Nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 b) der Verordnung über die Art der Daten, die nach den §§ 8 und 9 des BKAG gespeichert werden dürfen (BKA-DV), führt das Bundeskriminalamt in Wiesbaden auf Grundlage von § 8 BKAG die Datei „Gewalttäter Sport“.402 Diese soll der Verhinderung von gewalttätigen Auseinandersetzungen und sonstigen Straftaten im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen, insbesondere bei Fußballspielen, dienen (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 3 b) BKA-DV). Stand 27. 12. 2016 waren in ihr 10.907 Personen erfasst.403 Während in Bremen und Rheinland-Pfalz erfasste Personen mittlerweile proaktiv über einen Eintrag in der Datei „Gewalttäter Sport“ informiert werden, haben in den anderen Bundesländern die Betroffenen die Möglichkeit, nach § 18 Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten Nordrhein-Westfalen selbstständig Auskunft bei der ZIS zu verlangen.404 Unter Zugrundelegung der – freilich nicht unumstrittenen405 399

Bäuerle, in: Beck-OK Polizei- und Ordnungsrecht Hessen, § 25, Rn. 13 f. Mit konstituierender Sitzung v. 13.-15. 01. 2015 hat eine eingerichtete Bund-LänderArbeitsgruppe ihre Arbeit zur Überprüfung und Anpassung der Datei „Gewalttäter Sport“ aufgenommen. Eine Veröffentlichung des Schlussberichts ist nicht vorgesehen; BT-Drs. 18/ 10908, S. 1 f. 401 BVerwGE 137, 113, 116; vgl. auch § 11 Abs. 2 BKAG. 402 Nachdem das Bundesinnenministerium den Mangel einer nach § 11 Abs. 2 S. 4 BKAG i. V. m. § 7 Abs. 6 BKAG erforderlichen Rechtverordnung behoben hat, soll das Führen der Datei nach Ansicht des BVerwGE 137, 113, rechtmäßig sein; siehe dazu und zu den unterschiedlichen Auffassungen der Vorinstanzen ausführlich Kehr, Gewalttäter Sport, S. 193 ff.; kritisch zur Verfassungsmäßigkeit der gegenwärtigen Speicherungspraxis Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 99 ff.; Gädeke, Sportgroßveranstaltungen, S. 111 ff.; sowie die grundlegende Dissertation von Kehr, Gewalttäter Sport. 403 BT-Drs. 18/10908, S. 2. Gespeist wird die Datei von der Bundespolizei, der ZIS, den Landesinformationsstellen Sporteinsätze und dem BKA; vgl. Petri, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, G, Rn. 92. 404 Vgl. BT-Drs. 18/10908, S. 8. 400

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– Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur fehlenden (nachträglichen) Benachrichtigungspflicht der Verbunddatei „Antiterrordatei“ dürfte die Praxis der meisten Bundesländer, die Betroffenen selbst nach dem Ausscheiden aus der Datei nicht über den Eintrag in die Datei „Gewalttäter Sport“ zu informieren, im Einklang mit dem Grundgesetz stehen.406 Obwohl die Datei „Gewalttäter Sport“ schon zur Saison 1994/95 eingeführt worden ist,407 halten sich in der Öffentlichkeit weiterhin zahlreiche Fehlvorstellungen über diese Datenbank. So äußerte erst im März 2017 der Bundestagsabgeordnete Frank Steffel (CDU) in der parlamentarischen Debatte über eine mögliche Abschaffung der Datei:408 „Das ist die Datei, in der Schwerstkriminelle aufgeführt sind, die in den Stadien Kinder und Jugendliche, friedliche Fans gefährden, die Pyro abschießen, die mit Gegenständen werfen und die unsere Polizeibeamten vor den Stadien und in den Stadien und auch die Sicherheitskräfte verprügeln […].“409 In der Tat verleitet der Name der Datei „Gewalttäter Sport“ zu Fehlschlüssen dahingehend, dass in der Datei tatsächlich ausschließlich Gewalttäter bei Sportveranstaltungen erfasst sind. Dabei hilft schon ein Blick in den Katalog der Anlässe, die zur Speicherung führen410, um in Erfahrung zu bringen, dass die betroffenen Personen keineswegs durch „Gewalt“ im herkömmlichen Sinne aufgefallen sein müssen.411 So kann schon ein eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung oder der Missbrauch von Notrufeinrichtungen im Umfeld einer Sportveranstaltung dazu führen, dass eine Person in der Datei „Gewalttäter Sport“ erfasst wird. Die BKA-DV sieht insofern in § 2 Abs. 1 Nr. 15 explizit die Möglichkeit vor, dass in der Datei ein zusätzlicher personengebundener Hinweis mit der Bezeichnung „gewalttätig“ gespeichert werden kann. Selbst Personen, die die Polizei zur Kategorie A, also zu den friedfertigen Fußballfans zählt, können grundsätzlich in der Datei erfasst 405 Siehe etwa die überzeugende Kritik bei Arzt, NVwZ 2013, 1328, 1332, im Hinblick auf den vermeintlich unzumutbaren Behördenaufwand für den Fall einer nachträglichen Benachrichtigungspflicht. Eine nachträgliche Kontrolle der Speicherung wird faktisch verhindert. 406 Vgl. BVerfGE 133, 277, 369. Dagegen spricht sich Kehr, Gewalttäter Sport, S. 347 ff., nicht nur aus verfassungsrechtlichen, sondern auch unter Präventionsgesichtspunkten für eine grundsätzliche Benachrichtigungspflicht aus; im Ergebnis ebenso Feltes/Ruch, Stadion als Gefahrengebiet, in: Albrecht (Hrsg.), 4. Grüner Polizeikongress, S. 86 (101); dies., NK 2016, 62, 74. 407 Zur Entstehungsgeschichte der Datei „Gewalttäter Sport“ siehe Kehr, Gewalttäter Sport, S. 52 ff. 408 Siehe hierzu BT-Drs. 18/6232; vgl. auch die Koalitionsvereinbarung von SPD, DIE LINKE und Bündnis 90/Die Grünen in Berlin für die Legislaturperiode 2016 – 2021, S. 148, wonach die Koalition die Abschaffung der Datei „Gewalttäter Sport“ anstrebt. 409 BT, Plenarprotokoll 18/226, S. 22764. 410 Siehe dazu Ziffer 2.2. der Errichtungsanordnung zur Datei „Gewalttäter Sport“. Zu den mannigfaltigen personenbezogenen Daten der Betroffenen, die in der Datei gespeichert werden, siehe Ziffer 5.1 bis 5.6 der Errichtungsanordnung zur Datei „Gewalttäter Sport“. 411 Zum Begriff der Gewalt im Strafrecht siehe etwa Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 240, Rn. 5 ff.

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werden.412 Entgegen der Ansicht von Steffel handelt es sich bei den in der Datei erfassten Personen – unter ihnen beispielsweise ehemals auch der deutsche Nationaltorhüter Manuel Neuer als Anhänger von Schalke 04413 – weder ausschließlich um Schwerstkriminelle noch um Gewalttäter oder zumindest (Klein-)Kriminelle, sondern bisweilen auch um friedliche Personen. Dennoch kommt der Datei „Gewalttäter Sport“ unbestritten an den Spieltagen eine nicht zu unterschätzende Rolle zu, da die Störer im Umfeld des Fußballs äußerst konspirativ vorgehen und sich beispielsweise neutral kleiden. Ein Abgleich mit der Verbunddatei kann daher die Identifizierung potentieller Störer ermöglichen, selbst wenn diese auf das Tragen von Fankleidung verzichten. bb) „SKB-Datenbanken“ Neben der Verbunddatei „Gewalttäter Sport“ werden auf lokaler Ebene vielfach von den szenekundigen Beamten eigene Arbeitsdateien geführt, sogenannte „SKBDatenbanken“. Ihre Rechtsgrundlage finden diese Dateien nicht im BKAG, sondern in den Polizei- und Datenschutzgesetzen der Länder (vgl. für Hessen §§ 20 ff. HSOG; §§ 6 ff. HDSG).414 Aufgrund von Kleinen Anfragen in den einzelnen Landesparlamenten ist mittlerweile die Existenz derartiger Datenbanken in zwölf Bundesländern bekannt.415 Je nach Bundesland sind die einzelnen „SKBDatenbanken“ unterschiedlich konzipiert, erfassen beispielsweise nur Personen aus der örtlichen Fanszene416 oder aber sogar Fußballfans aus europäischen Nachbarländern417. Zudem können in einzelnen Datenbanken auch Personen erfasst werden, 412 BT-Drs. 18/10908, S. 7. Kritisch insofern Kehr, Gewalttäter Sport, 234. Das OVG Münster, DVBl 2013, 1460, hat insofern entschieden, dass Personen, die in der Datei „Gewalttäter Sport“ erfasst sind, nicht allein deshalb als „Gewalttäter“ bezeichnet werden dürfen. 413 Vgl. Ziegler, in: Schriftenreihe der Deutschen Hochschule der Polizei 2009 (III – IV), S. 59 (140). 414 OVG Lüneburg, Urt. v. 18. 11. 2016 – 11 LC 148/15, Rn. 46 und 54 (juris). 415 Die Existenz von SKB-Datenbanken wurde durch das Verfahren VG Hannover, Urt. v. 26. 03. 2015 – 10 A 9932/14 (juris), – speziell für Niedersachsen – und aufgrund eines Berichts des Westdeutschen Rundfunks in der Sendung „Sport Inside“ am 14. 12. 2015 für weitere Bundesländer öffentlich bekannt. Zukünftig sollen Betroffene in Nordrhein-Westfalen über einen Eintrag in der Arbeitsdatei „Szenekundige Beamte“ informiert werden; vgl. Landtag Nordrhein-Westfalen, Drs. 16/14646, S. 2 f. Die meisten Dateien wurden anlässlich der Weltmeisterschaft 2006 eingeführt. In Berlin wird die Datei „Sportgewalt Berlin“ hingegen seit 1998 geführt; vgl. Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 17/17274, S. 1. In einzelnen Bundesländern existieren gleich mehrere unterschiedliche Datenbanken über Fußballfans. So gibt es etwa in Bayern die Informationsdatei „Fußball“, die Strukturdatenbank „Optimierung Maßnahmen Fußball und Gewalt“, das „ISGS – Informationssystem Gewalttäter Sport“ und die Informationsdatei „Sport“; vgl. Bayerischer Landtag, Drs. 17/10147, S. 1. In einigen Bundesländern werden die Dateien inzwischen nicht mehr geführt; dazu Landtag von Sachsen-Anhalt, Drs. 6/ 4842, S. 2. 416 So etwa in der hessischen „Szenedatei Sport“, Hessischer Landtag, Drs. 19/2352, S. 2. 417 In der Berliner Datei „Sportgewalt“ werden beispielsweise Fans des polnischen Fußballvereins MKS Pogon Stettin erfasst; vgl. Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 17/17274, S. 2.

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die außerhalb des Fußballs bei anderen Sportveranstaltungen auffällig geworden sind.418 Gemein ist den meisten „SKB-Datenbanken“, dass in ihnen mehr Personen als in der Datei „Gewalttäter Sport“ erfasst sind.419 Zurückführen lässt sich dies darauf, dass die Erfassungstatbestände der einzelnen SKB-Datenbaken in der Regel im Vergleich zur Datei „Gewalttäter Sport“ noch weiter gefasst sind. So können typischerweise, wie etwa in der schleswig-holsteinischen Datenbank „Fußball SH“, Begleitpersonen erfasst werden, also Personen, gegen die kein anlassbezogenes Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde und die auch nicht Adressat der näher spezifizierten anlassbezogenen polizeilichen Gefahrenabwehrmaßnahmen wurden, jedoch Kontakt zu derartigen Personen haben.420 Darüber hinaus kann im Vergleich zur Datei „Gewalttäter Sport“ ein Mehr an personenbezogenen Daten gespeichert werden.421

II. Bewertung Dass sowohl die Datei „Gewalttäter Sport“ wie auch die „SKB-Datenbanken“ als polizeiliche Informationsquellen elementar sind, um im Bereich der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung im Zusammenhang mit Profifußballspielen zwischen friedlichen Fußballfans und Störern zu differenzieren, soll an dieser Stelle nicht in Frage gestellt werden. Ob die polizeiliche Datensammlung dem Ziel, „der Polizei eine tatsachenbegründete und differenzierte Lagebewertung zu ermöglichen“,422 aber auch gerecht wird, darf angesichts des weiten Erfassungstatbestandes der Datei „Gewalttäter Sport“ und der noch weiter gefassten Erfassungstatbestände der „SKBDatenbanken“ zumindest angezweifelt werden. Es besteht die Gefahr, ein verzerrtes Bild vom tatsächlichen Bedrohungspotential einzelner Fanszenen zu zeichnen, wenn die Anzahl der in der Datei „Gewalttäter Sport“ und in den „SKB-Datenbanken“ gespeicherten Personen der jeweiligen Fanszenen der Gefahrenprognose am Spieltag zugrunde gelegt wird. Dementsprechend kann auf die Kritikpunkte hinsichtlich der Datenerfassung der ZIS verwiesen werden. Problematisch ist insbesondere, dass bei einem Fußballspiel als Massenveranstaltung regelmäßig große Personengruppen 418

S. 2.

So etwa in der hessischen „Szenedatei Sport“; vgl. Hessischer Landtag, Drs. 19/2352,

419 Allein die nordrhein-westfälische Polizei erfasste Stand Mai 2015 6.500 Personen in ihren Dateien, vgl. Landtag Nordrhein-Westfalen, Drs. 16/9709, S. 2. Nachdem die Existenz der nordrhein-westfälischen Datenbanken publik wurde, wurde die Anzahl der erfassten Personen erheblich reduziert auf Stand März 2017 ca. 3.650 Personen, während nordrhein-westfälische Polizeibehörden ca. 4.700 Personen in der Datei „Gewalttäter Sport“ erfasst haben; siehe Stellungnahme des Landesamtes für Zentrale polizeiliche Dienste NRW im Rahmen der Öffentlichen Anhörung des Sportausschusses des Landtags Nordrhein-Westfalen am 14. 03. 2017, Stellungnahme 16/4659, S. 5 und 8. 420 Landtag Schleswig-Holstein, Drs. 18/3709, S. 1. 421 Siehe beispielsweise zur Hamburger Datei „Gruppen- und Szenegewalt“, Hamburgische Bürgerschaft, Drs. 21/2701, S. 1. 422 Landtag Nordrhein-Westfalen, Drs. 16/9709, S. 2.

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Adressat von gefahrenabwehrrechtlichen Maßnahmen werden423 oder gegen diese zunächst ein Anfangsverdacht einer Straftat bejaht wird. Die Wahrscheinlichkeit ist demzufolge hoch, dass auch vollkommen Unbeteiligte erfasst werden, die Zahlen somit „aufgebläht“ werden und dadurch das Bild der tatsächlichen Gefährdungslage verzerren.424 So spricht sich Kehr explizit gegen polizeiliche Präventivmaßnahmen als Speicherungsgrund aus.425 Gerade im Hinblick auf den Umstand, dass die Möglichkeit besteht, in den „SKB-Datenbanken“ auch Begleitpersonen zu speichern, liegt – unabhängig von der Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit der Speicherung von Begleitpersonen426 – zudem die Befürchtung nahe, dass durch die Erfassung von Begleitpersonen friedfertige Fußballfans in den polizeilichen Datenbanken erfasst werden. Im Rahmen der Erstellung der polizeilichen Gefahrenprognosen gilt es daher, den Aussagewert der jeweiligen polizeilichen Datenbank kritisch zu hinterfragen.427 Hilfreich ist insofern, dass der zur Speicherung geführte Anlass miterfasst wird.

§ 6 Der Beitrag der Fußballveranstalter zur Gewährleistung der Sicherheit Neben den Gefahrenabwehr- und Polizeibehörden versuchen auch die Fußballverbände und -vereine, die Sicherheit in den Stadien und – soweit sie dies beeinflussen können – außerhalb der Stadien an Spieltagen zu gewährleisten. Um die einzelnen Beiträge der unterschiedlichen Akteure im deutschen Profifußball ein423

Nach Ziffer 2.2. der Errichtungsanordnung zur Datei „Gewalttäter Sport“ werden u. a. auch Personen erfasst, gegen die Personalienfeststellungen oder Platzverweise durchgeführt wurden, weil bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Betroffenen anlassbezogene Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden. 424 So auch Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 110 f. Im Frühjahr 2009 wurden beispielsweise ca. 160 Anhänger des VfB Stuttgart nach einer Ingewahrsamnahme, deren Rechtswidrigkeit das Verwaltungsgericht Karlsruhe später feststellte, in die Datei „Gewalttäter Sport“ aufgenommen; vgl. Müller, „Gewalttäter Sport“, in: Czoch (Hrsg.), Ultras in Deutschland, S. 259 (263 f.), die zudem auf eine unterschiedliche Speicherpraxis der jeweiligen Polizeistandorte hinweist (von „Entscheidungen mit Augenmaß“ bis hin zum „Gießkannenprinzip“). 425 Kehr, Gewalttäter Sport, S. 235 ff. 426 So verstieß § 2 S. 1 Nr. 3 Gesetz zur Errichtung einer standardisierten zentralen Antiterrordatei von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten von Bund und Ländern (ATDG) a. F. [Gesetz v. 22. 12. 2006 (BGBl I S. 3409)], wonach auch bloße Kontaktpersonen in die Antiterrordatei aufgenommen werden konnten, angesichts der kaum übersehbaren Reichweite des potentiell durch die Regelung erfassten Personenkreises, nach Ansicht des BVerfGE 133, 277, 349 f., u. a. gegen das Übermaßverbot. Die prinzipielle Speicherung von Kontaktpersonen hielt das BVerfG, jedenfalls für die Antiterrordatei, allerdings für verfassungsrechtlich zulässig. 427 Kritisch zur polizeilichen Speicherpraxis bei Fußballfans etwa Breyer, ZD 2016, 505 f.; speziell zur Datei „Gewalttäter Sport“ Ruch, JZ 2015, 936, 939 (für Gefahrenprognose untauglich); ähnlich Feltes/Ullrich, Kriminalistik 2015, 560, 561 f.

§ 6 Beitrag der Fußballveranstalter zur Gewährleistung der Sicherheit

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ordnen zu können, erfolgt an dieser Stelle zunächst ein Überblick über die gegenwärtige Organisation des deutschen Profifußballs.

A. Die Organisation des Profifußballs in Deutschland Ursprünglich war es der DFB428, der gemäß § 4 Nr. 1 g) DFB-Satzung den Spielbetrieb der Bundesliga und der 2. Bundesliga führte und durchorganisierte. Im Zuge einer Neuordnung des lizenzierten Fußballs wurde zur Saison 2001/2002 der Verein „Die Liga – Fußballverband e. V.“ (Ligaverband), ein Zusammenschluss der lizenzierten Vereine und Kapitalgesellschaften der Fußball-Lizenzligen (Bundesliga und 2. Bundesliga), gegründet.429 Der Verein wurde zum 28. 10. 2016 umfirmiert und heißt seitdem „DFL Deutsche Fußball Liga e. V.“ (DFL e. V.). Mitglieder der DFL e. V. sind nach § 7 Satzung DFL e. V. die lizenzierten Vereine und Kapitalgesellschaften der Bundesliga und der 2. Bundesliga. Noch bis zum 28. 04. 2001 gehörten diese als außerordentliche Mitglieder unmittelbar dem DFB an.430 Stattdessen ist nun der DFL e. V. nach § 3 Nr. 1 Satzung DFL e. V. ordentliches Mitglied des DFB und betreibt für den DFB den Spielbetrieb der Lizenzligen. So ermittelt der DFL e. V. nach § 16a S. 1 Nr. 1 Satzung-DFB, § 4 Nr. 1 b) Satzung DFL e. V. u. a. den deutschen Fußballmeister des DFB, die Auf- und Absteiger sowie die Teilnehmer an den internationalen Wettbewerben. Auch für die Erteilung der Lizenzen an Vereine und ihre Kapitalgesellschaften zur Teilnahme am Spielbetrieb der Bundesliga und der 2. Bundesliga ist der DFL e. V. nach § 4 Nr. 1 c) Satzung DFL e. V. zuständig. Mit der Erteilung der Lizenz zur Teilnahme an einer der Lizenzligen erwerben die Vereine oder Kapitalgesellschaften mit den in sie ausgegliederten Lizenzspielerabteilungen nach § 8 Nr. 1 Satzung DFL e. V. die Mitgliedschaft im DFL e. V.; mit dem Ablauf eines Lizenzjahres und mit jedem anderen der in § 8 Nr. 5 Satzung DFL e. V. normierten Beendigungsgründe endet die Mitgliedschaft wiederum. Das operative Geschäft der DFL e. V. führt die DFL GmbH als hundertprozentige Tochtergesellschaft der DFL e. V., die insbesondere nach § 19 Nr. 2 Satzung DFL e. V., § 2 Nr. 1 Satzung DFL GmbH die eigenverantwortliche Leitung des Spielbetriebs der Lizenzligen und deren exklusive Vermarktung übernimmt. Nach Angaben der DFL GmbH erhält diese ca. 3,15 % aus den Einnahmen der Vermarktungsrechte sowie 1 % der gesamten Einnahmen eines Bundesligaspiels.431 428 Zum Aufbau und der Struktur des DFB siehe Spahn, Die Sicherheitskonzeption des DFB, in: Walker (Hrsg.), Zuschauerausschreitungen, S. 9 (10 ff.). 429 Vgl. § 1 Nr. 1 Satzung DFL e. V. Die Beziehung zwischen DFB und DFL e. V. ist in den §§ 16 bis 16d DFB-Satzung sowie in einem eigenen Grundlagenvertrag geregelt. 430 Vgl. die Präambel Satzung DFL e. V. Dagegen organisiert der DFB weiterhin – über seine Regional- und Landesverbände – die fünf Regionalligen (Nord, Nordost, West, Südwest und Bayern) sowie die zur Saison 2008/09 neu eingeführte 3. Liga. 431 OVG Bremen, Urt. v. 05. 02. 2018 – 2 LC 139/17, Rn. 25 (juris).

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

Zur Regelung der Zuständigkeiten im Geschäftsbetrieb hat der DFL e. V. nach § 5 Nr. 1 a) Satzung DFL e. V. ein Ligastatut erlassen. Dieses besteht wiederum aus der Lizenzierungsordnung (LO), der Lizenzordnung Spieler, der Spielordnung der DFL e. V. (SpOL) und der Ordnung für die Verwertung kommerzieller Rechte sowie weiterer Richtlinien und Durchführungsbestimmungen. Danach entscheidet die DFL GmbH u. a. über alle spieltechnischen Fragen [Abschnitt II § 17 Abs. 1 S. 3 a) SpOL], ist insbesondere im Auftrag der DFL e. V. für das Ausarbeiten der Ligaspielpläne mit Hin- und Rückspiel verantwortlich [Abschnitt II § 5 Abs. 2 SpOL; §§ 48 Nr. 2 b), 16a Nr. 5 DFB-Satzung]; zudem koordiniert sie die terminlichen Ansetzungen an den einzelnen Spieltagen.

B. Die einzelnen Beiträge der Fußballveranstalter Die Erkenntnis, dass ein gemeinsames Vorgehen von Polizei, Kommunen, Vereinen und Verbänden in Sicherheitsfragen am effektivsten ist, hat sich in der praktischen Arbeit längst durchgesetzt.432 Eine Rechtspflicht zur Kooperation mit den Sicherheitsbehörden besteht für die Fußball-Akteure zwar nicht – Kooperationen mit den Behörden in Sicherheitsfragen stellen für Veranstalter nur eine Obliegenheit dar433 –; dennoch ist ein kooperatives Vorgehen für die Veranstalter in aller Regel von Vorteil: So können hier beispielsweise die polizeiliche Eingriffsschwelle erhöht, in der polizeilichen Gefahrenprognose Erkenntnisse des Veranstalters berücksichtigt und auf der Ermessensebene ein etwaiger Kooperationsbeitrag gewürdigt werden.434 Darüber hinaus haben die Fußballveranstalter auch ein Eigeninteresse daran, den Stadionbesuchern ein sicheres Erlebnis zu gewährleisten. Dieses Eigeninteresse ist auf der einen Seite finanzieller Natur, da ein mit Sicherheitsbedenken verbundener Stadionbesuch Zuschauer abschrecken könnte. Auf der anderen Seite haben die Veranstalter auch ein rechtliches Interesse daran, dass die Fußballspiele in einem sicheren Umfeld ausgetragen werden. Sie sind nämlich sowohl vertraglich als auch gesetzlich verpflichtet, vorbeugende Schutzmaßnahmen durchzuführen, um Zuschauerausschreitungen zu verhindern. So haben die Veranstalter gemäß § 241 Abs. 2 BGB gegenüber den Stadionbesuchern, die mit ihnen einen Stadionbesuchsvertrag abgeschlossen haben, die vertragliche Nebenpflicht, Gefährdungen durch Dritte für Leib, Leben und Eigentum der Stadionbesucher zu verhindern.435 Darüber hinaus treffen die Veranstalter gegenüber Unbeteiligten (etwa Passanten im Stadionumfeld) die allgemeinen Verkehrssicherungspflichten nach den 432

Niemeier, Bekämpfung ritualisierten Gewaltverhaltens, S. 62. Dazu Deusch, Sportgroßveranstaltungen, S. 155 f. 434 Deusch, Sportgroßveranstaltungen, S. 156. 435 Breucker, NJW 2006, 1233. Der Stadionbesuchsvertrag ist dabei als Werkvertrag mit mietrechtlichem Einschlag zu qualifizieren; vgl. Sprau, in: Palandt, BGB, Einf. v. § 631, Rn. 31 m. w. Nachw. 433

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§§ 823 ff. BGB.436 Sie sind daher verpflichtet, die bei (Sport-)Großveranstaltungen üblichen und zumutbaren Sicherheitsvorkehrungen zu treffen.437 Ob auch die Sportverbände bei Verbandswettbewerben, bei denen die Verbände selbst nicht als Veranstalter im zivilrechtlichen Sinne fungieren, Verkehrssicherungspflichten treffen, wird im Schrifttum kontrovers diskutiert.438 Für die hier interessierende Konstellation der Sicherheitsbeiträge von DFB, DFL e. V. und DFL GmbH handelt es sich dabei allerdings um eine akademische Frage, da die drei Akteure, wie in der Folge aufgezeigt werden wird, zahlreiche eigene Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit bei Profifußballspielen ergreifen. Die von DFB, DFL e. V. und DFL GmbH ergriffenen Maßnahmen, die unmittelbar oder mittelbar der Gewährleistung der Sicherheit dienen, sind derart umfangreich, dass die nachfolgende Darstellung auf die zentralen Sicherheitskonzepte begrenzt ist.439 Dass etwa der DFB dem Thema Sicherheit einen hohen Stellenwert beimisst, zeigt schon die Struktur des Verbandes: Neben der Hauptabteilung für Prävention und Sicherheit ist ein hauptamtlicher Sicherheitsbeauftragter als eigene Stabsstelle dem Generalsekretariat des DFB unterstellt.440

I. Maßnahmen von DFB, DFL e. V. und DFL GmbH 1. Ausbau der Kooperation in Sicherheitsfragen Am 23. April 2010 präsentierten DFL e. V. und DFB im Rahmen eines runden Tisches zum Thema „Sicherheit im Fußball“ vor Vertretern aus Politik, Polizei, Kommunen und Fanprojekten einen von DFL e. V. und DFB erarbeiteten ZehnPunkte-Plan mit dem Ziel, die Sicherheitslage in den Stadien noch weiter zu ver436

In einem gewissen Umfang treffen auch die Gastvereine Verkehrssicherungspflichten; siehe dazu Walker, Zuschauerausschreitungen, in: WFV (Hrsg.), Verantwortlichkeit und Haftung, S. 35 (46); differenzierend Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 121 ff. In der Praxis werden die Gästeanhänger mittlerweile regelmäßig von Ordnern des Gastvereins begleitet; kritisch dazu Feltes, Neue Kriminalpolitik, 2013, 48, 53 f. 437 Vgl. LG München I, SpuRt 2006, 121, 122 m. Anm. Breucker; Sprau, in: Palandt, BGB, § 823, Rn. 236. Es genügt, „diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise – hier: der Sportveranstalter – für ausreichend halten darf, um andere Personen – hier: Zuschauer und andere im Stadion anwesende Personen – vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind“; vgl. OLG Frankfurt, SpuRt 2011, 162, 163. 438 Dafür etwa Thumm, Verbandsrechtliche Haftung, in: WFV (Hrsg.), Haftung im Sport, S. 9 (13) m. w. Nachw.; dagegen Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 286, am Beispiel der DFL GmbH. 439 Zu weiteren Sicherheitsmaßnehmen der Verbände siehe Spahn, Die Sicherheitskonzeption des DFB, in: Walker (Hrsg.), Zuschauerausschreitungen, S. 9 (19 f.). 440 Die einzelnen Aufgaben der Hauptabteilung Prävention und Sicherheit und des Sicherheitsbeauftragten werden bei Spahn, Die Sicherheitskonzeption des DFB, in: Walker (Hrsg.), Zuschauerausschreitungen, S. 9 (11 f.), näher erläutert; siehe auch www.dfb.de/news/de tail/dfb-von-a-bis-z-s-wie-sicherheit-127534/.

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

bessern.441 Zusätzlich wurde am 12. 12. 2012 auf der Mitgliederversammlung der DFL e. V. das Konzeptpapier „Stadionerlebnis“ verabschiedet; in der Folge wurden unter anderem Änderungen im Lizenzvertrag, in der Lizenzierungsordnung der DFL e.V, in den Richtlinien zur Spielordnung und in den Richtlinien zur Verbesserung der Sicherheit bei Bundesspielen (DFB-SiRL)442 durchgeführt. Ein wesentlicher Punkt der neuen Sicherheitskonzeption ist das Ziel, die Belastungsspitzen der Polizei durch eine Verbesserung der strukturellen Kommunikation zwischen DFL e. V., DFL GmbH, DFB und Polizei zu verringern. So wird etwa schon vor Saisonstart eine Versammlung mit den Polizeieinsatzleitern aller Standorte der Bundesligen durchgeführt, in der im Vorfeld Sicherheitsfragen im Hinblick auf die bevorstehende Spielzeit erörtert werden.443 Die strukturelle Kommunikation zwischen den Beteiligten wurde darüber hinaus durch die Implementierung weiterer Regelkonferenzen mit Vertretern der Polizei, der Fanprojekte und der Vereine sowie dem Ausbau der Zusammenarbeit mit dem Nationalen Ausschuss Sport und Sicherheit sowie der ZIS gefördert.444 Auch bei der Spieltagsplanung wird verstärkt Rücksicht auf die Einsatzplanung der Polizei genommen. So wird den Belastungsspitzen der Polizei unter anderem dadurch Rechnung getragen, dass seit dem Jahr 2010 am 1. Mai – abweichend von den ursprünglichen Rahmenspielplänen – keine Spiele der Bundesliga und der 2. Bundesliga stattfinden. Neben dem Ausbau der Kooperation mit den Sicherheitsbehörden wurde auch versucht, die Fanarbeit zu stärken und den Dialog mit den Fanszenen zu intensivieren. Gerade im Konzeptpapier „Stadionerlebnis“ wurden neue Ansätze entwickelt, um den Dialog zwischen Verbänden, Vereinen und Fans über die Fan- und Fußballkultur und die Sicherheit im Zusammenhang mit Fußballspielen zu intensivieren. So muss etwa nach § 5 Nr. 11 Lizenzierungsordnung der DFL e. V. jeder Lizenzbewerber für die Bundesliga und 2. Bundesliga erklären, „sich nach besten Kräften zu bemühen, mit Vertretern seiner organisierten Fanszene einen offenen, regelmäßigen und verbindlichen Dialog zu etablieren“. Darüber hinaus haben DFB und DFL GmbH mit der AG Fanbelange/Fanarbeit eine Plattform geschaffen, um sich mit Vertretern der aktiven Fanorganisationen sowie professionellen Fanarbeitern auszutauschen.445 2. Risikovorsorge Eines der zentralen Handlungsinstrumente in Sicherheitsfragen stellt die Richtlinienkompetenz des DFB dar, durch die dieser in Sicherheitsfragen bindende 441

Zehn-Punkte-Plan, S. 5, abrufbar unter https://s.bundesliga.com/assets/doc/20000/172 02_original.pdf. 442 Zu den DFB-SiRL siehe unten § 6 B. I. 2. 443 Zehn-Punkte-Plan, S. 9. 444 Zehn-Punkte-Plan, S. 9. 445 Siehe „DFB von A bis Z: S wie Sicherheit“, abrufbar unter www.dfb.de/news/detail/dfbvon-a-bis-z-s-wie-sicherheit-127534/.

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Richtlinien an die Vereine der Bundesliga, 2. Bundesliga, 3. Liga und der Regionalligen erlassen kann.446 Aufgrund seiner Richtlinienkompetenz hat der DFB ein dichtes Regelwerk an Richtlinien, Leitfäden, Konzepten und Empfehlungen im Sicherheitsbereich verfügt. Einen besonderen Stellenwert nehmen dabei die Richtlinien zur einheitlichen Behandlung von Stadionverboten (DFB-SVRL) sowie die DFB-SiRL mit ihren Anlagen ein.447 a) Sicherheitsaufsicht Ein besonderes Augenmerk legt der DFB auf die Risikoanalyse im Vorfeld der Spiele. So nimmt der DFB – unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der ZIS, der DFL GmbH und der beteiligten Vereine – schon vor Saisonbeginn jeweils eigene Risikobewertungen für die Bundesligen, die 3. Liga und die Regionalligen vor.448 Während der Spielzeit kann der DFB nach § 32 Nr. 1 und 2 DFB-SiRL ein Spiel als „Spiel mit erhöhtem Risiko“ oder als „Spiel unter Beobachtung“ einstufen.449 Spiele mit erhöhtem Risiko sind nach § 32 Nr. 1 a) DFB-SiRL Spiele, bei denen aufgrund allgemeiner Erfahrung oder aktueller Erkenntnisse die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass eine besondere Gefahrenlage eintreten wird. In diesen Fällen besteht nach § 32 Nr. 1 d) DFB-SiRL etwa die Möglichkeit, das Zuschauerkontingent zu senken, „Pufferblöcke“ zwischen Heim- und Gästebereich einzurichten oder Personenkontrollen und die Überwachung der Platzanlage zu intensivieren. Spiele unter Beobachtung sind nach § 32 Nr. 2 a) DFB-SiRL Spiele, bei denen die Voraussetzungen für ein Spiel mit erhöhtem Risiko zwar nicht vorliegen, aufgrund allgemeiner Erkenntnisse sowie Verhaltensweisen der Zuschauer in der Vergangenheit Sicherheitsbeeinträchtigungen jedoch nicht ausgeschlossen sind. Sollte ein Spiel als „Spiel mit erhöhtem Risiko“ oder „Spiel unter Beobachtung“ eingestuft werden, kann nach § 32 Nr. 1 c) S. 2, Nr. 2 b) DFB-SiRL eine besondere Sicherheitsaufsicht durch den DFB angeordnet werden. Gerade der sehr weit gefasste Tatbestand des § 32 Nr. 2 a) DFB-SiRL dürfte es dem DFB dem Grunde nach ermöglichen, nahezu jedes Spiel unter Beteiligung einer Ultragruppe unter Beobachtung zu stellen, da einzelne Sicherheitsbeeinträchtigungen bei Spielen – etwa das 446 Dabei handelt es sich um verbandliches Innenrecht, dem im staatlichen Recht grundsätzlich keine eigenständige Wirkung zukommt; vgl. Orth/Schiffbauer, RW 2011, 177, 184 f. 447 Die einzelnen Richtlinien und Empfehlungen des DFB für den Sicherheitsbereich sind abrufbar unter www.dfb.de/verbandsservice/pinnwand/sicherheitsrichtlinien/. 448 Spahn, Die Sicherheitskonzeption des DFB, in: Walker (Hrsg.), Zuschauerausschreitungen, S. 9 (17). 449 In erster Linie trifft diese Entscheidung jedoch nach § 32 Nr. 1 b) DFB-SiRL der jeweilige Heimverein. Die Entscheidung erfolgt in der Praxis meist vier Wochen vor der Austragung des Spiels; vgl. Spahn, Die Sicherheitskonzeption des DFB, in: Walker (Hrsg.), Zuschauerausschreitungen, S. 9 (17).

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

bei den Ultras verbreitete Entzünden von Pyrotechnik – kaum ausgeschlossen werden können. Selbst wenn ein Spiel in den Bundesligen, der 3. Liga oder den Regionalligen jedoch nicht unter der besonderen Sicherheitsaufsicht stehen sollte,450 findet dennoch eine umfassende Auswertung der sicherheitsrelevanten Spieltags-Erkenntnisse statt. So melden die Sicherheitsbeauftragen451 der Vereine dem DFB unter anderem die Zuschaueranzahl, die Anzahl von Gästefans, Ordnern und Polizeibeamten sowie besondere Vorfälle.452 b) Überprüfung der Spielstätten und des Sicherheitsmanagements Einen weiteren zentralen Punkt der Präventionsarbeit stellt die Überprüfung der Spielstätten dar. Nach § 6 Nr. 2 Lizenzierungsordnung der DFL e. V. müssen die Stadien in den Lizenzligen nicht nur den gesetzlichen Vorschriften (insbesondere der jeweiligen Landesbauordnung und der jeweiligen Versammlungsstättenverordnung) genügen, sondern den noch darüber hinausgehenden umfangreichen baulichen, infrastrukturellen, organisatorischen und betrieblichen Anforderungen von DFB, DFL e. V. und DFL GmbH entsprechen, die sich zusammengefasst in Anhang VI zur Lizenzierungsordnung der DFL e. V. (Regelwerk für Stadien und Sicherheit) finden. Eckpfeiler der infrastrukturellen Sicherheitskonzeption im deutschen Profifußball sind eine möglichst konsequente räumliche Fantrennung,453 das Gewährleisten einer effektiven Kontrolle der Zuschauer an den Eingängen454 sowie 450 In der Praxis werden zurzeit rund ein Viertel aller Spiele durch Sicherheitsaufsichten begleitet; vgl. die Aussage von Große-Lefert, in: WFV (Hrsg.), Justiz und Sportgerichtsbarkeit, S. 127 (131). 451 Die Vereine müssen über einen eigenen Sicherheitsbeauftragten verfügen, der mit der Wahrnehmung aller Sicherheitsaufgaben im Verein betraut wird. Dieser muss nach § 18 Nr. 1 DFB-SiRL bei jedem Heimspiel sowie bei Auswärtsspielen mit erhöhtem Risiko anwesend sein. 452 Spahn, Die Sicherheitskonzeption des DFB, in: Walker (Hrsg.), Zuschauerausschreitungen, S. 9 (18). 453 Nach § 9 Nr. 8 DFB-SiRL sollen die Fanblöcke möglichst weit voneinander entfernt angeordnet und zu den anderen Zuschauerbereichen besonders abgegrenzt werden. Die Gästeblöcke müssen einen separaten Zugang haben, und schon der Zugangsweg zum Gästeblock soll möglichst wenig andere, von den übrigen Stadionbesuchern benutzte Wege kreuzen. Der Kartenverkauf ist nach § 21 Nr. 6 DFB-SiRL von den Vereinen möglichst so zu organisieren, dass die Anhänger der beiden Mannschaften in den getrennten Zuschauerbereichen untergebracht werden. 454 Um zu verhindern, dass Zuschauer unkontrolliert das Stadion betreten können, müssen die Stadien nach § 5 Nr. 1 DFB-SiRL von einer mindestens 2,20 Meter hohen Umfriedung umschlossen sein; die Eingangstore müssen gemäß § 5 Nr. 3 DFB-SiRL Menschenmengen standhalten können. Um das Betreten der Innenräume der Stadien zu verhindern, sind diese nach § 7 Nr. 1 DFB-SiRL grundsätzlich entweder durch eine mindestens 2,20 Meter hohe Einzäunung, Gräben, eine Kombination von Zaun und Gräben oder die Anhebung der ersten Zuschauerreihe um mindestens zwei Meter über dem Spielfeld zu schützen. Ein weiteres Augenmerk der Sicherheitskonzepte in den Stadien liegt darauf, zu verhindern, dass sich

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eine flächendeckende Videoüberwachung neuralgischer Punkte im Stadion(-umfeld)455. Daneben hat der DFB im Jahr 2014 das Projekt „Zertifizierung des Sicherheitsmanagements im Profifußball“ ins Leben gerufen. Den Vereinen soll durch dieses Zertifizierungssystem eine stetige Überprüfung und Verbesserung ihres Sicherheitsmanagements ermöglichen werden.456 3. Sportgerichtsbarkeit Durch die Verhängung von Strafen gegen Fußballvereine wegen Fehlverhaltens ihrer Zuschauer versucht die DFB-Sportgerichtsbarkeit, auf die Vereine und deren Anhänger erzieherisch einzuwirken. Allein in der Saison 2016/17 verhängte das DFB-Sportgericht gegenüber den Profivereinen Geldstrafen in Höhe von über 1,76 Millionen Euro, die im Zusammenhang mit dem Fehlverhalten von Zuschauern stehen.457 Der Sportgerichtsbarkeit des DFB wird sogar eine Schlüsselrolle in Sicherheitsfragen zugesprochen, da neben den generalpräventiven Wirkungen gegenüber den Vereinen auch die Individualprävention gegenüber den konkreten Störern gesteigert werden kann, wenn diese von den Vereinen später in Regress genommen werden.458 Die Rechts- und Verfahrensordnung des DFB (RuVO-DFB) sieht unterschiedliche Sanktionsmöglichkeiten vor, die von der Verhängung einer Geldstrafe [etwa für einen nicht ausreichenden Ordnungsdienst gemäß § 7 Nr. 1 c) Alt. 2 RuVO-DFB] Besucher innerhalb des Stadions mit Wurfgeschossen oder Schlagwerkzeugen ausstatten können. Die Umgebung und der Boden in den Zuschauerbereichen müssen daher nach § 9 Nr. 4 DFB-SiRL so gestaltet werden, dass keine Steine, Platten oder sonstige Gegenstände entfernt werden können. 455 Nach § 10 Nr. 2 DFB-SiRL sind in den Stadien der Polizei, dem Ordnungsdienst und der Feuerwehr eigene Räume für Befehlsstellen einzurichten. Für die Polizei sind nach § 10 Nr. 4 DFB-SiRL zudem eigene Verwahr- und Festnahmeräume einzurichten sowie gemäß § 10 Nr. 5 DFB-SiRL Videokameras mit Zoom-Einrichtungen zu installieren, die sowohl den Innenbereich des Stadions als auch den Außenbereich vor den Eingängen filmen. Auch unterhalb der Bundesliga und der 2. Bundesliga sind nach den Versammlungsstättenverordnungen ggf. ähnliche Maßnahmen zu treffen (vgl. § 26 Abs. 2 Musterverordnung über den Bau und Betrieb von Versammlungsstätten). 456 Vgl. „DFB von A bis Z: S wie Sicherheit“. Der Versuch des DFB, das Sicherheitsmanagement der Vereine weiter zu verbessern, geht einher mit der Organisation spezieller Schulungsveranstaltungen für die Fanbeauftragten der Vereine (II. Nr. 5 der Empfehlung für die Betreuung von Fußballfans). 457 Eine Übersicht der Strafen ist abrufbar unter www.faszination-fankurve.de/index.php? head=So-viel-mussten-Vereine-fuer-Fanvergehenbezahlen&folder=sites&site=news_detail& news_id=16030&gal_id=1981&bild_nr=1. 458 So Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 200. Nach BGH, NJW 2016, 3715, sollen die Vereine in diesen Fällen die konkreten Störer grundsätzlich auf Schadensersatz in Regress nehmen können. Im zivilrechtlichen Schrifttum ist die Frage nach der Inregressnahme von Stadionbesuchern für Verbandstrafen sehr umstritten; dazu jüngst etwa Weller/Benz/Wolf, JZ 2017, 237 ff.; Hein, JA 2017, 582 ff.; Otting/Thelen, JURA 2017, 380 ff.; Martens, NJW 2016, 3691 ff.

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bis zur Platzsperre oder einem (Teil-)Ausschluss der Öffentlichkeit in den Fällen des § 7 Nr. 4 RuVO-DFB i. V. m. § 44 Nr. 2 k) der Satzung des DFB reichen.459 Überwiegend statuiert das Verbandsrecht des DFB – konträr zu dem das deutsche Recht prägenden Verschuldensprinzip – eine verschuldensunabhängige Haftung der Vereine. So sind nach § 9a Nr. 1 RuVO-DFB Vereine und Tochtergesellschaften u. a. für das Verhalten ihrer Mitglieder, Anhänger und Zuschauer verantwortlich. Nach § 9a Nr. 2 RuVO-DFB haften der gastgebende Verein und der Gastverein beziehungsweise ihre Tochtergesellschaften im Stadionbereich vor, während und nach dem Spiel für Zwischenfälle jeglicher Art.460 4. Bewertung der Maßnahmen Das Engagement von DFB, DFL e. V. und DFL GmbH zeigt, dass diese ernsthaft bemüht sind, die Sicherheitslage im Fußball weiter zu verbessern. Mit den Instrumenten der Sicherheitsaufsicht und der Überprüfung der Spielstätten während des Lizenzierungs- und Zulassungsverfahrens wurden wirkungsvolle Regularien implementiert, die zusammen mit den von der DFB-Sportgerichtsbarkeit verhängten sicherheitstechnischen und infrastrukturellen Auflagen geeignet sind, die Vereine zu möglichst hohen Sicherheitsstandards anzuleiten. Als nicht unproblematisch erweist sich hingegen das fehlende Vertrauen der „aktiven“ Fanszenen, allen voran der Ultras, in die Fußball-Verbände. Das Vertrauen in den DFB als Gesprächspartner scheint auf Seiten der Ultras zerrüttet zu sein, was sich unter anderem an dem Umstand zeigt, dass der von Fußball-Fanverbänden im März 2016 organisierte bundesweite Fankongress in Hannover erstmals ohne Vertreter des DFB stattfand und die Fans stattdessen ausschließlich mit Vereinsvertretern diskutierten.461 Im Mai 2017 erklärten die Ultras von Dynamo Dresden beim Auswärtsspiel in Karlsruhe 459

Nach § 44 Nr. 4 der Satzung des DFB i. V. m. § 7a RuVO-DFB können die Strafen – ggf. unter Auflagen (vgl. § 44 Nr. 5 der Satzung des DFB i. V. m. § 7b RuVO-DFB) – zur Bewährung ausgesetzt werden. Unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr ist hier insbesondere § 7b Nr. 2 b) und d) RuVO-DFB von Interesse, wonach den Vereinen sicherheitstechnische und infrastrukturelle Auflagen gemacht werden können, wovon die Sportgerichtsbarkeit des DFB rege Gebrauch macht. Beispielsweise wurde der 1. FC Köln im März 2015 nach Zuschauerausschreitungen und dem Abbrennen von Pyrotechnik zu einer Geldstrafe von 200.000 Euro verurteilt, wovon 120.000 Euro in infrastrukturelle und gewaltpräventive Maßnahmen zu investieren waren; vgl. Pressemitteilung des DFB v. 12. 3. 2015, abrufbar unter www.dfb.de/news/ detail/drei-teilausschluesse-geldstrafe-und-hohe-auflagen-fuer-1-fc-koeln-118211/. 460 Dieses Prinzip der reinen Kausalhaftung findet sich beispielsweise auch in den Regelwerken der Fédération Internationale de Football Association (FIFA) (Art. 67 Nr. 1 und 2 FIFA-Disziplinarkodex) und UEFA (Art. 8 Rechtspflegeordnung UEFA) sowie über den Fußballsport hinaus ebenso bei anderen Sportverbänden; zur Vereinbarkeit der reinen Kausalhaftung mit dem deutschen Recht siehe Walker, NJW 2014, 119, 120 ff. Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 225 ff., lehnt jedenfalls eine verschuldensunabhängige Haftung der Gastvereine für ihre Anhänger ab. 461 Zur Aufkündigung des Dialogs seitens der Fanorganisationen siehe auch faz.de, 14. 10. 2015, www.faz.net/aktuell/sport/der-fandialog-zwischen-dem-dfb-und-mehreren-fanorganisatio nen-ist-gescheitert-13856671.html.

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dem DFB medienwirksam mittels eines großen Plakates den „Krieg“; zahlreiche andere Fanszenen in Deutschland zogen in den darauffolgenden Wochen nach.462 Insoweit bleibt zu hoffen, dass es DFB, DFL e. V. und DFL GmbH gelingt, verlorenes Vertrauen bei den Fans zurückzugewinnen und mit den großen Fanverbänden und dem moderaten Teil der Ultras wieder in einen Dialog zu treten.463 II. Maßnahmen der Fußballvereine 1. Versuch der Einwirkung auf die eigenen Anhänger Seit vielen Jahren sprechen die Vereine sich offen gegen Gewalt im Umfeld von Fußballspielen aus und appellieren gerade bei Risikospielen an ihre eigenen Anhänger, sich friedfertig zu verhalten und von möglichen Störern in den eigenen Reihen klar zu distanzieren.464 Auch wenn die Appelle bei so manchem Störer ungehört verhallen dürften, sollte der Nutzen derartiger öffentlichkeitswirksamer Aufforderungen zu Friedfertigkeit nicht unterbewertet werden. So können diese gerade nachfolgende Fangenerationen in ihrem späteren Handeln positiv beeinflussen, denn die Vorbildfunktion des Profifußballs für Jugendliche in Deutschland ist nicht zu unterschätzen.465 Darüber hinaus wird schon durch die zivilrechtliche Ausgestaltung der Stadionordnung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, beziehungsweise bei kommunalen Betreibern durch entsprechende Benutzungsordnungen,466 versucht, auf das Verhalten der Stadionbesucher Einfluss zu nehmen. Für vorsätzliche Zuwiderhandlungen sind in den öffentlich-rechtlichen Stadionordnungen Bußgelder,467 in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vertragsstrafen, vorgesehen. Fantypisches 462 Spiegel.de, 11. 08. 2017, www.spiegel.de/sport/fussball/worum-geht-es-im-konflikt-zwi schen-dfb-und-ultras-a-1161735.html. 463 Im Sommer 2017 kam es zu Gesprächen zwischen DFB- und Fan- bzw. Ultra-Vertretern. Im Anschluss verkündete DFB-Präsident Reinhard Grindel die Absicht des DFB, verstärkt den Dialog mit Fan- und Ultragruppen zu suchen; vgl. Pressemitteilung des DFB v. 16. 08. 2017, https://www.dfb.de/news/detail/dfb-praesident-grindel-gemeinsam-in-den-dialog-eintreten-1 72247/?no_cache=1&cHash=e716e36868b270067387b8483620d57d. 464 Vgl. nur da-imnetz.de, 01. 10. 2011, www.da-imnetz.de/sport/darmstadt-98/fanatischkannst-sein-nicht-chaotisch-1428085.html. 465 Gewisse Zweifel an der Wirksamkeit von beschwichtigenden Statements gegenüber rivalisierenden Fußballfans wecken allerdings jüngst die Studienergebnisse von Berendt/Uhrich, Spectator Aggression, in: EMAC (Hrsg.), Proceedings of the 46th EMAC Annual Conference. 466 Der Großteil der Fußballstadien steht im Eigentum der öffentlichen Hand. Ein Beispiel für eine kommunale Benutzungsordnung findet sich für das Jonathan-Heimes-Stadion in Darmstadt unter sv98.de/home/lilien/stadionordnung/. 467 Vgl. § 7 Abs. 1 Verordnung der Landeshauptstadt München über die Arena in Fröttmaning, abrufbar unter allianz-arena.com/binaries/content/assets/downloads/allianz-arena/stadi onordnung.pdf.

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Fehlverhalten wird daher auch von Seiten der Vereine finanziell sanktioniert.468 Beispielsweise verbietet die Stadionordnung des „Signal Iduna Parks“ in Dortmund u. a. das Mitführen und Nutzen pyrotechnischer Gegenstände,469 Gegenstände zu nutzen, welche die Feststellung der Identität verhindern470 sowie das Präsentieren von rechtswidrig erlangten Fanutensilien der gegnerischen Mannschaft471. Damit werden die gegenwärtig in den Stadien problematischsten Verhaltensweisen der Fans (insbesondere der Ultras) in der Stadionordnung untersagt. Bei schuldhaften Verstößen drohen den Fans Vertragsstrafen von bis zu 1.500 Euro für das Abbrennen von Pyrotechnik472 und bis zu 500 Euro für das Präsentieren gegnerischer Fanartikel oder für Vermummung.473 Ganz neue Wege hat in diesem Zusammenhang der Bundesligist Eintracht Frankfurt mit der Einführung eines eigenen Vereinsgerichts bestritten. So kann nach § 15 Nr. 1 S. 1 der Satzung von Eintracht Frankfurt ein Mitglied bei vereinsschädigendem Verhalten474 gemaßregelt werden. Neben einem schriftlichen Verweis (§ 15 Nr. 2.1 der Satzung von Eintracht Frankfurt) können auch einzelne oder alle Mitgliederrechte für eine Dauer von bis zu einem Jahr entzogen werden (§ 15 Nr. 2.2 S. 1 der Satzung von Eintracht Frankfurt).475

468 Darüber hinaus haften die Störer den Vereinen auch zivilrechtlich; siehe dazu Walker, Zuschauerausschreitungen, in: Walker (Hrsg.), Verantwortlichkeit und Haftung, S. 35 ff. 469 § 7 Abs. 1 g), Abs. 2 e) „Signal Iduna Park“-Stadionordnung, abrufbar unter http:// www.bvb.de/Tickets/Infos-AGBs/Stadionordnung. 470 § 7 Abs. 2 k) „Signal Iduna Park“-Stadionordnung. 471 § 7 Abs. 2 j) „Signal Iduna Park“-Stadionordnung. 472 § 8 Abs. 3, dritter Spiegelstrich „Signal Iduna Park“-Stadionordnung. 473 § 8 Abs. 2, zweiter Spiegelstrich „Signal Iduna Park“-Stadionordnung. 474 Nach § 13 Nr. 1.1 der Satzung von Eintracht Frankfurt ist jedes Mitglied verpflichtet, das Ansehen und die Ehre des Vereins zu wahren und alles zu tun, was den Zielen des Vereins förderlich ist. Das Zünden von Pyrotechnik bei Spielen von Eintracht Frankfurt dürfte regelmäßig einen Verstoß gegen diese Verpflichtung darstellen. Durch das verbotene Zünden von Pyrotechnik als erkennbarer Anhänger von Eintracht Frankfurt wird das Ansehen des Vereins in der Öffentlichkeit beschädigt. Zudem heißt es in § 7 Abs. 1 S. 3 der Satzung von Eintracht Frankfurt: „Der Verein und seine Mitglieder stehen für eine lebendige und friedfertige Fankultur und lehnen daher die Gefährdung von Stadionbesuchern, z. B. durch den Einsatz nicht genehmigter Pyrotechnik, ab.“ Daneben verstoßen Mitglieder des Vereins gegen § 13 Nr. 1.2 der Satzung von Eintracht Frankfurt, wenn sie entgegen den Anordnungen der Vereinsorgane oder der einzelnen Abteilungsvorstände Pyrotechnik zünden. 475 Die Satzung sieht die Möglichkeit vor, den Entzug der Mitgliederrechte zur Bewährung auszusprechen oder von der Verhängung einer Maßregel abzusehen, wenn das betroffene Mitglied sich freiwillig zu Leistungen oder Handlungen verpflichtet, die dem Verein oder einer seiner Tochtergesellschaften zugutekommen, und diese Leistungen oder Handlungen erbracht hat (§ 15 Nr. 2.2 S. 2 und 3 der Satzung von Eintracht Frankfurt).

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2. Finanzielle Investitionen im Sicherheitsbereich Um die Sicherheit auf dem Stadiongelände gewährleisten zu können, setzen die Heimvereine auf den Einsatz privater Ordnungsdienste.476 Teilweise verfügen die Vereine über einen vereinseigenen Sicherheitsdienst, überwiegend greifen sie jedoch auf Leistungen von Drittunternehmen zurück. Die Anzahl der eingesetzten Ordner schwankt zwar an den einzelnen Spieltagen,477 hat sich in den vergangenen Jahren aber kontinuierlich erhöht. So werden pro Spieltag der Bundesliga, der 2. Bundesliga und der 3. Liga mittlerweile ca. 8.800 Ordner in den Stadien eingesetzt.478 Über die obigen Beispiele hinaus lässt sich die Maßnahmenkonzeption der Vereine für die Gewährleistung der Sicherheit nicht immer klar von den Instrumentarien von DFB, DFL e. V. und DFL GmbH trennen, da es oftmals die Vereine sind, die deren Vorgaben, etwa im Hinblick auf die Infrastruktur, umzusetzen haben. Hervorzuheben ist an dieser Stelle dennoch der Umstand, dass viele Profifußballvereine weit über die gesetzlichen und verbandsinternen Anforderungen in Sicherheitsfragen hinausgehen. So setzten beispielsweise viele Vereine in den Stadien die modernsten auf dem Markt erhältlichen Videoüberwachungssysteme ein.479 Zudem beschäftigen viele Bundesligisten deutlich mehr Fanbeauftragte als es § 30 Nr. 1 DFB-SiRL, beziehungsweise speziell für die Bundesliga § 5 Nr. 1 i) LO, fordern.480 Die Fanbeauftragten dienen unter anderem als Ansprechpartner in allen fanspezifischen Fachfragen481 und als Kommunikatoren zwischen Verein, Polizei und Ordnungsdienst auf der einen Seite und den Fans auf der anderen Seite.482 3. Bewertung der Maßnahmen Das Bemühen der Vereine durch die Stärkung der Fanarbeit, Präventionsarbeit zu leisten, ist zu begrüßen. Ob das Ausmaß der finanziellen Unterstützung der präventiven Fanarbeit angemessen ist, lässt sich ebenso schwer beurteilen wie die Er476 Zu den verbandsrechtlichen Anforderungen an den Ordnungsdienst siehe § 26 Nr. 3, 4, 5 DFB-SiRL. Zur Debatte, ob ein Spezialgewerberecht für die Erbringung von Sicherheitsdiensten bei Sportgroßveranstaltungen notwendig ist, siehe Graef/Rafiqpoor, NWVBl 2016, 133, 136 f. 477 Wie viele Ordner letztlich eingesetzt werden, wird nach § 26 Nr. 11, 12 DFB-SiRL vom Heimverein nach Anhörung der örtlichen Sicherheitsorgane für jedes Spiel festgelegt. 478 Vgl. die Aussage von Große-Lefert, in: WFV (Hrsg.), Justiz und Sportgerichtsbarkeit, S. 127 (134). 479 Siehe etwa rhein-zeitung.de, 07. 03. 2013, www.rhein-zeitung.de/region_artikel,-Besse re-Videoueberwachung-in-Stadien-Ist-bald-Schluss-mit-Pyrotechnik-_arid,565310.html. 480 Borussia Dortmund verfügt beispielsweise über sechs hauptamtliche Fanbeauftragte statt der verpflichtenden Mindestanzahl von drei hauptamtlichen Fanbeauftragten pro Bundesligisten. 481 Vgl. II. Nr. 2, 4. Spiegelstrich der Empfehlung für die Betreuung von Fußballfans. 482 Zu den weiteren Aufgaben der Fanbeauftragten siehe II. Nr. 4 der Empfehlung für die Betreuung von Fußballfans sowie § 30 Nr. 2 bis 5 DFB-SiRL.

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folge der vereinseigenen Fanarbeit, da es gerade das Wesen von präventiver Fanarbeit ist, dass diese auf langfristige Ziele ausgerichtet ist und ihre Erfolge empirisch nur schwer belegt werden können. Eine noch stärkere finanzielle Beteiligung der Fußballvereine an präventiver Fanarbeit fordert etwa die Gewerkschaft der Polizei, die sich davon erhofft, die Drittortausauseinandersetzungen der Hooligans einzudämmen.483 Ob die an derartigen „Städte-Kämpfen“ teilnehmenden Hooligans, die oftmals nur einen geringen Bezug zum örtlichen Fußballverein haben, von derartiger Fanarbeit überhaupt erreicht werden, erscheint allerdings zweifelhaft. Hier stellt sich zudem die Frage, inwiefern bei derartigen „Städte-Kämpfen“ unter Beteiligung der örtlichen Rocker- und Türsteherszenen eine Verbindung zu den Fußballvereinen bestehen soll. Neben dem Engagement der Vereine in der Fanarbeit lässt sich der hohe Sicherheitsstandard in den modernen Arenen der Bundesligisten hervorheben. Auch in der 3. Liga und den Regionalligen verfügen viele Vereine mittlerweile über moderne Stadien. Die Infrastruktur in den deutschen Stadien genießt weltweit einen hervorragenden Ruf. Die Stadien gehören zu den sichersten der Welt.484 Zugleich zeigen jedoch einige Zwischenvorfälle vor und in den Stadien, dass auch eine hervorragende bauliche Infrastruktur, der Einsatz qualifizierter Ordner sowie die Verwendung modernster Videoüberwachungsanlagen keinen hundertprozentigen Schutz gewährleisten können: Pyrotechnik wird in den Fanblöcken weiterhin gezündet, obwohl an einigen Standorten mittlerweile sogar speziell ausgebildete Hunde das Hineinschmuggeln der Pyrotechnik an den Stadioneingängen verhindern sollen.485 Auch die in Einzelfällen durchgeführten Ganzkörperkontrollen (Kontrolle weitgehend entkleideter Fans an den Eingängen in separaten Zelten oder Containern) haben das Zünden von Pyrotechnik nicht immer vermeiden können.486 In einigen Fällen gelingt es größeren Fangruppen zudem immer noch, unkontrolliert ins Stadion zu gelangen, indem die Kontrollstellen vor den Stadien von den Fangruppen überrannt werden.487 Auch wenn die Vereine primär für die Sicherheit auf dem Stadiongelände zu sorgen haben, muss die Polizei daher gelegentlich die Vereine bei der Aufrechterhaltung der Sicherheit auf den Stadiongeländen unterstützen.

483

Thesenpapier des Bundesvorstands der Gewerkschaft der Polizei, „12 Positionen der Gewerkschaft der Polizei für friedlichen Fußball“ v. 11. 09. 2014, S. 4. 484 Feltes, Landtag Nordrhein-Westfalen, Stellungnahme 16/551, S. 3. 485 Welt.de, 09. 07. 2012, www.welt.de/regionales/hamburg/article108204054/Boeller-Hun de-sollen-Stadionchaoten-entwaffnen.html. 486 Feltes, Neue Kriminalpolitik, 2013, 48, 54, zweifelt neben dem Nutzen derartiger Kontrollen – unter Verweis auf § 81a StPO – die Rechtmäßigkeit solcher Kontrollen an. 487 Beispielsweise gelangte im Oktober 2014 eine größere Fangruppe von Borussia Dortmund vor der Drittligabegegnung zwischen Borussia Dortmund II und dem FC Hansa Rostock unkontrolliert in das Stadion; vgl. tagesspiegel.de, 26. 10. 2014, www.tagesspiegel.de/sport/3-li ga-randale-bei-dortmund-ii-hansa-rostock-fans-randalieren-polizei-raeumt-heimblock/10891 978.html.

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III. Stadionverbote und „Fanausschlüsse“ – Verlagerung der Gewalt in die Öffentlichkeit? Besondere Bedeutung in der Sicherheitskonzeption der Fußballveranstalter kommt der Festsetzung von Stadionverboten sowie – seit jüngerer Zeit vermehrt – dem Ausspruch von Fanausschlüssen zu. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit den vielfältigen rechtlichen Problemen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, kann in dieser Arbeit nicht geleistet werden. Dennoch soll hier zumindest der rechtliche Rahmen für die Festsetzung von Stadionverboten und den Ausspruch von Fanausschlüssen skizziert werden. Der eigentliche Fokus in dieser Arbeit wird allerdings auf die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf die Sicherheitslage im Profifußball und die polizeiliche Einsatzbelastung an den Spieltagen gelegt. Nicht selten wird nämlich der Vorwurf erhoben, dass diese Maßnahmen lediglich zu einer Verlagerung der Sicherheitsproblematik in den öffentlichen Raum führen würden. 1. Festsetzung von Stadionverboten a) Rechtliche Rahmenbedingungen Stadionverbote stellen Präventivmaßnahmen dar488, die auf zivilrechtlichen Unterlassungsansprüchen beruhen489 und mit Hilfe derer den Betroffenen – zeitlich befristet490 – untersagt wird, das Stadion und das zum Hausrecht gehörende Stadionumfeld zu betreten, selbst wenn der Betroffene über eine gültige Eintrittskarte verfügt.491 Für die Rechtmäßigkeit eines Stadionverbots kommt es entscheidend darauf an, ob ein sachlicher Grund für den zukünftigen Ausschluss des Betroffenen 488

Vgl. § 1 Abs. 2 DFB-SVRL, wonach es der Zweck eines Stadionverbots ist, zukünftiges sicherheitsbeeinträchtigendes Verhalten zu vermeiden und den Betroffenen zur Friedfertigkeit anzuhalten, um die Sicherheit von Fußballveranstaltungen zu gewährleisten. Zutreffend weisen jedoch Orth/Schiffbauer, RW 2011, 177, 186, darauf hin, dass dem Stadionverbot – als Reaktion auf ein sicherheitsbeeinträchtigendes Verhalten – ein partieller Strafcharakter nicht abgesprochen werden kann. Für die betroffenen Fans hat ein Stadionverbot in der Regel einen nicht zu unterschätzenden punitiven Charakter. Auch Stoll/Lüers, DÖV 2014, 222, 227, halten das Stadionverbot in der gegenwärtigen Vergabepraxis nicht für ein ausschließliches Präventionsmittel. 489 Siehe dazu etwa Breucker, JR 2005, 133, 134. Die DFB-SVRL statuieren gegenüber den Fußballfans keine eigenständige Anspruchsgrundlage. 490 Örtliche Stadionverbote können gemäß § 5 Abs. 3, 1. Spiegelstrich DFB-SVRL einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten umfassen. Bundesweite Stadionverbote können insgesamt 24 Monate umfassen (§ 5 Abs. 3, 2. Spiegelstrich DFB-SVRL) oder, in einem besonders schweren Fall, wenn der Betroffene wegen besonderer Intensität in einem der aufgeführten Fälle aufgefallen ist, bis zu 36 Monate (§ 5 Abs. 3, 3. Spiegelstrich DFB-SVRL). Wenn gegen einen Betroffenen zum Zeitpunkt des Vorfalls schon ein bundesweites Stadionverbot festgesetzt worden war, kann die Dauer des Stadionverbots sogar bis zu 60 Monate betragen (§ 5 Abs. 3, 4. Spiegelstrich DFB-SVRL). 491 Vgl. Orth/Schiffbauer, RW 2011, 177, 179; vgl. auch die Definition in § 1 Abs. 1 DFBSVRL.

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besteht. Dies ist der Fall, „wenn aufgrund von objektiven Tatsachen, nicht aufgrund bloßer subjektiver Befürchtungen, die Gefahr besteht, dass künftige Störungen durch die betreffenden Personen zu besorgen sind“.492 Die der Prognoseentscheidung zugrunde liegenden Tatsachen hat der DFB in den DFB-SVRL näher konkretisiert, um eine einheitliche Handhabe hinsichtlich der Festsetzung von Stadionverboten zu ermöglichen.493 Für die Festsetzung der Stadionverbote sind grundsätzlich der DFB und die Vereine zuständig. In der Praxis teilt die Polizeibehörde der für die Festsetzung des Stadionverbots zuständigen Stelle mit, dass gegen den Betroffenen ein Strafverfahren eingeleitet worden ist, fügt eine Sachverhaltsdarstellung hinzu und regt die Festsetzung eines Stadionverbots gegen den Betroffenen an.494 Für örtliche Stadionverbote – und in den Fällen der § 4 Abs. 3 und 4 DFB-SVRL – ist gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1.1 DFB-SVRL der Verein zuständig, in dessen Bereich das sicherheitsbeeinträchtigende Ereignis eingetreten ist. Zu dem Bereich zählt neben dem Stadionbereich das Gebiet der Kommune, in der der Verein seinen Sitz hat. Der DFB ist für die Verhängung eines Stadionverbots gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1.3 SVRL zu492

BGH, NJW 2010, 534, 536; vgl. auch Baldus, in MüKo BGB, § 1004, Rn. 292. Die DFB-SVRL differenzieren zwischen örtlichen Stadionverboten, die sich auf das Betreten einer einzelnen Sportstätte beziehen, und bundesweiten Stadionverboten, die sich auf sämtliche Spielstätten im Verbandsgebiet beziehen. Auch wenn die DFB-SVRL gegenüber den betroffenen Fans keine unmittelbare Geltung haben, stellen diese – jedenfalls in ihrer damaligen Fassung – nach Ansicht des BGH, NJW 2010, 534, 536, eine geeignete Grundlage für die Festsetzung von Stadionverboten dar. Nach Auffassung des BGH, NJW 2010, 534, 536, reicht die Tatsache der Einleitung eines Strafverfahrens im Umfeld einer Fußballveranstaltung grundsätzlich aus, um eine negative Gefahrenprognose zu treffen, unabhängig davon, ob das Verfahren später nach § 153 StPO eingestellt wird; kritisch dazu Orth/Schiffbauer, RW 2011, 177, 193. Darüber hinaus soll nach dem BGH, NJW 2010, 534, 536, schon die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, aus der heraus Gewalttaten verübt wurden, für eine negative Gefahrenprognose ausreichen, wenn der Betroffene sich nicht zufällig in der Gruppe aufgehalten hat. Leider lässt der BGH insofern die tatsächlichen Umstände bei Fußballveranstaltungen vollkommen außer Acht. So legt etwa die Polizei den Fans nicht selten eine gemeinsame Anreise nahe (vgl. derwesten.de, 26. 02. 2015, www.derwesten.de/sport/fussball/1_bundesliga/so-will-die-polizeibvb-und-schalke-fans-beim-revierderby-trennen-id10396965.html). Gegenüber Fans, die diesen Empfehlungen nicht nachkommen, wird gar der Vorwurf einer „konspirativen Anreise“ erhoben (vgl. Pressemitteilung der Bundespolizeidirektion Sankt Augustin v. 28. 02. 2015, abrufbar unter www.presseportal.de/blaulicht/pm/70116/2961267). Selbst wenn Fans individuell zu den Spielen anreisen, werden die (Gäste-)Fans regelmäßig gesammelt und von der Polizei geschlossen zum Gästebereich begleitet. Verüben in diesen Situationen Einzelne aus der Gruppe heraus Gewalttaten, haben andere Fans vielfach keine Möglichkeit, sich aus der Gruppe zu entfernen, weil dies aufgrund der einschließenden Polizeibegleitung nicht gegeben ist. Das Abstellen auf die „Gruppenzugehörigkeit“ wird im Schrifttum insofern zu Recht scharf kritisiert; so etwa Orth/Schiffbauer, RW 2011, 177, 203; Ruch, JZ 2015, 936, 939. 494 Orth/Schiffbauer, RW 2011, 177, 191 f. Ob diese polizeiliche Mitteilung an die Vereine datenrechtlich überhaupt zulässig ist, wird kontrovers diskutiert; vgl. Kirchhoff, NJW 2017, 294 ff.; Ruch, JZ 2015, 936 ff.; Müller-Eiselt, DVBl 2014, 1168 ff. Zur umgekehrten Konstellation – der Datenübermittlung durch private Veranstalter – siehe Kehr, Gewalttäter Sport, 106 ff. 493

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ständig, wenn der Betroffene entsprechend im Ausland aufgefallen ist oder beim DFB-Pokalfinale.495 Zudem sind DFB und DFL e. V. für die Verhängung von Stadionverboten gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1.3, 1.4 DFB-SVRL zuständig, wenn sie selbst Veranstalter sind oder eine Vereinszuständigkeit nicht gegeben ist.496 Vor der Festsetzung des Stadionverbots soll dem Betroffenen gemäß § 6 Abs. 1 DFB-SVRL die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden.497 Die Entscheidung, ob ein Stadionverbot ausgesprochen wird, trifft schließlich ein vom DFB geschulter Stadionverbotsbeauftragter (§ 2 Abs. 3 der Hinweise & Erläuterungen zu den DFBSVRL). Diese an den DFB-SVRL ausgerichtete Vergabepraxis begegnet nach Ansicht des Bundesgerichtshofs keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.498 Hinsichtlich der vordergründig im Schrifttum diskutierten Rechtsprobleme, die sich im Zusammenhang mit der Festsetzung von Stadionverboten stellen, wird der interessierte Leser auf die einschlägigen juristischen Dissertationen verwiesen.499 b) Auswirkungen auf die Sicherheitslage im öffentlichen Raum Bei Vereinen, Verbänden und Sicherheitsorgangen herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass es sich bei dem Instrumentarium Stadionverbot um ein geeignetes Präventionsmittel im Kampf gegen gewalttätige Fußballfans handelt. Auch die Rechtswissenschaft steht dem Stadionverbot als Präventionsmaßnahme positiv gegenüber. So gehen Walker und Klopp davon aus, dass die vom Bundesgerichtshof gebilligte Stadionverbotspraxis unter generalpräventiven Aspekten Fußballveranstaltungen spürbar befrieden würde.500 Geisler meint, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zumindest auf „Mitläufer“ gewaltbereiter Fußballfans eine erhebliche Abschreckungswirkung ausübe.501 Auch Orth und Schiffbauer, die der gegenwärtigen Vergabepraxis von Stadionverboten durchaus kritisch gegenüberstehen, gehen davon aus, dass das bundesweite Stadionverbot grundsätzlich ein 495 Relevant ist insbesondere die Zuständigkeit des DFB nach § 3 Abs. 1 der Hinweise & Erläuterungen zu den DFB-SVRL für sämtliche Vorkommnisse auf Reisewegen der Zuschauer und bei anderen Drittortvorkommnissen außerhalb der Kommunen. 496 In der Praxis werden ca. 15 % der Stadionverbote vom DFB ausgesprochen; vgl. die Aussage von Große-Lefert, in: WFV (Hrsg.), Justiz und Sportgerichtsbarkeit, S. 127 (141). 497 Eine derartige Anhörung hält Klesczewski, JZ 2010, 251, 254, für geboten, um überhaupt eine valide Gefahrenprognose erstellen zu können. 498 BGH, NJW 2010, 534 ff. m. Anm. Heermann. Das BVerfG hat mit Beschluss vom 11. 04. 2018 – 1 BvR 3080/09 (juris), eine Verfassungsbeschwerde des mit einem bundesweiten Stadionverbot belegten Klägers als unbegründet zurückgewiesen, dabei jedoch statuiert, dass Betroffene grundsätzlich vor der Festsetzung von Stadionverboten anzuhören sind und ihnen auf Verlangen vorprozessual eine Begründung mitzuteilen ist. 499 Henseler, Die rechtlichen Dimensionen des Stadionverbots (2016); Schmitt, FußballStadionverbot (2013). 500 Walker/Klopp, BGH Urt. v. 30. 10. 2009 – V ZR 253/08, LMK 2010, 295984. 501 Geisler, jurisPR-BGH-ZivilR 25/2009, Anm. 4.

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geeignetes und erforderliches Mittel zur Gewaltprävention ist.502 Müller-Eiselt, der sich der Problematik, dass sich viele Ultras mit Stadionverboten nicht von der Anreise zu den Spielen abhalten lassen, bewusst ist – er spricht von „Verdrängungseffekten“503 –, hält Stadionverbote dennoch für sinnvoll, da die Vereine dadurch die Sicherheitsgefahren in ihrem Hausrechtsbereich beseitigen könnten.504 Anders als in der Rechtswissenschaft wird die Zweckmäßigkeit von Stadionverboten in der Sozialwissenschaft durchaus kritisch betrachtet. Bremer sieht besonders den von Müller-Eiselt angesprochenen Verdrängungseffekt als problematisch an.505 In der sozialpädagogischen Arbeit der Fanprojekte wird zusätzlich vor den Folgen einer weiteren Kriminalisierung der Betroffenen durch Folgedelikte, wie Hausfriedensbruch beim Besuch eines Fußballspiels trotz Stadionverbot, gewarnt.506 Auf den wohl bedeutendsten Problempunkt weist Gabler hin: „Grundsätzlich lässt sich daran zweifeln, ob Stadionverbote, die für die Hooliganszene erdacht wurden, für Ultras, die in jedem Fall mit ihrer Gruppe zusammen zu den Spielen anreisen, überhaupt Sinn ergeben. Als Präventivmaßnahme sind sie – zumindest im Kontext der Ultrakultur – ungeeignet. Stadionverbote sind – wenn überhaupt – nur als Strafmaßnahme effektiv.“507 Interessant an diesem Gedanken Gablers ist zunächst der Hinweis auf den geschichtlichen Kontext des bundesweiten Stadionverbots: Als das bundesweite Stadionverbot im Rahmen des Nationalen Konzepts Sport und Sicherheit als Präventionsmittel gegen gewaltbereite Fußballfans erdacht wurde, gab es in Deutschland noch keine Ultraszene. Die Hooligans waren zu dieser Zeit das bestimmende Gewaltphänomen. Während die klassischen Hooligans mittlerweile sowohl innerhalb des Stadions als auch in dessen Umfeld deutlich an Bedeutung verloren haben, sind die Ultras zur führenden Kraft in den Fankurven, aber auch zum zentralen Sicherheitsproblem für Verbände, Vereine und Polizei geworden. Ultras und Hooligans unterscheiden sich sowohl in ihren Verhaltensweisen als auch in ihrem Verhältnis zur Gewalt. Die Frage, die Gabler aufwirft, ob das gegen Hooligans durchaus erfolgreiche Präventionsmittel Stadionverbot ebenfalls geeignet ist, die von einem Teil der Ultras ausgehenden Gefahren zu bekämpfen, drängt sich daher auf. Diesbezüglich weist Gabler auf einen ersten wichtigen Punkt hin, indem er das Reiseverhalten der mit Stadionverbot belegten Ultras anführt. Für den Großteil der mit Stadionverbot belegten Ultras ist es nämlich selbstverständlich, den Spieltag – den für Ultras zentralen Tag der Woche – im Kreise ihrer Gruppe zu verbringen, 502 Orth/Schiffbauer, RW 2011, 177 und 211; siehe auch Tomschütz, Gefährderansprachen, S. 6 („äußerst geeignetes Mittel“). 503 Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 305. 504 Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 356. 505 Vgl. Bremer, Zuschauersport, S. 78. 506 Vgl. Bruder u. a., Gutachten, in: Hahn et al. (Hrsg.), Gewalt, S. 11 (23). 507 Gabler, Die Ultras, S. 153; im Anschluss an Gabler auch Friedmann, Polizei und Fans, S. 37.

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insbesondere also auch zu den Auswärtsspielen mitzureisen.508 Nur wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Meldeauflage oder eines Betretungsverbotes gegeben sind, kann in der Regel verhindert werden, dass die betroffenen Ultras weiter zu den Spielen reisen. Regelmäßig sind mit Stadionverboten belegte Ultras daher weiterhin im Umfeld der Stadien und in den Innenstädten anzutreffen. Da den betroffenen Ultras durch das Stadionverbot ihr zentrales Betätigungsfeld – das Anfeuern ihrer Mannschaft im Stadion – genommen wurde, suchen sich die Betroffenen oftmals andere Betätigungsfelder. Zu berücksichtigen ist hier der Wettkampf-Gedanke der Ultras. Da die mit Stadionverboten belegten Ultras am Wettkampf auf den Rängen (die besten Gesänge, die schönsten Choreographien) nicht mehr teilnehmen können, bleiben ihnen nur Betätigungsfelder außerhalb der Stadien: Neben der Arbeit an Choreographien unter der Woche oder der Wahrnehmung von organisatorischen Aufgaben (beispielsweise Verwaltung der eigenen Räumlichkeiten, Organisation von selbstproduzierten Merchandise) können die Betroffenen am „Wettkampf“ der Ultras am Spieltag nur teilnehmen, indem sie sich an Auseinandersetzungen mit gegnerischen Ultras (oftmals denjenigen, die selbst mit Stadionverbot belegt sind) oder dem „Abziehen“ gegnerischer Fanartikel beteiligen. Es besteht die Gefahr, dass durch das Stadionverbot auch bislang gewaltablehnende509 Ultras mit den Gewaltaspekten der Ultrakultur in Berührung kommen. Da den Ultras mit Stadionverbot in den Gruppen zudem oftmals ein besonderer Stellenwert beigemessen wird,510 können gerade junge, erst kürzlich hinzugekommene Ultras Stadionverbote als Mittel ansehen, um schnell in der Gruppe an Ansehen zu gewinnen. Dadurch drohen junge Ultras unmittelbar mit den gewalttätigen Aspekten der Ultrakultur in Berührung zu kommen. Es besteht daher ein nicht zu unterschätzendes Risiko, dass Stadionverbote Ultras erst dazu verleiteten, im Umfeld der Fußballspiele Körperverletzungs- und Eigentumsdelikte zu begehen, um ihren „Beitrag“ im Wettkampf gegen die anderen Ultragruppen zu leisten. Stadionverbote können demzufolge die Sicherheitslage außerhalb der Stadien verschlechtern.511 Auch gegenüber dem gewaltbereiten Teil der Ultras erscheint es fraglich, ob das Stadionverbot ein geeignetes Präventionsmittel darstellt. Gerade bei Ultras, deren Stadionverbot auf einer der mittlerweile nur noch sehr seltenen körperlichen Auseinandersetzungen im Stadion beruht, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass 508 Dieser Umstand sorgte beim VG Freiburg, Beschl. v. 26. 08. 2014 – 4 K 1839/14, Rn. 11 (juris), für Erstaunen. 509 Von Stadionverboten können – entgegen der Annahme des VG Ansbach, Beschl. v. 11. 09. 2012 – AN 5 S 12.01535, Rn. 25 (juris) – auch Personen betroffen sein, die nicht im Umfeld von Fußballspielen durch Gewalttätigkeiten aufgefallen sind. 510 Beispielsweise hängen vor fast allen deutschen Fankurven große Banner mit Aufschriften wie „Ausgesperrte immer bei uns“, „Sektion Stadionverbot“, „Ehre der Gruppe Stadionverbot“. 511 Dazu auch Gabler, Die Ultras, S. 151 f.; in diese Richtung auch Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 305.

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diese erst recht außerhalb der Stadien die Konfrontation mit gegnerischen Fans suchen. Dass die Hemmschwelle zur Gewaltanwendung bei denjenigen Personen deutlich niedriger als bei anderen Ultras liegt, haben diese in der Regel unter Beweis gestellt, indem sie – trotz des enormen Entdeckungs- und Identifizierungsrisikos – im Stadion Gewalt ausgeübt haben. Die Wahrscheinlichkeit dürfte hoch sein, dass diese Personen, die sich von der flächendeckenden Videoüberwachung und den Ordnern im Stadion nicht abhalten haben lassen, erst recht im weniger überwachten Stadionumfeld und in den Innenstädten Straftaten verüben. Auch wenn es auf den ersten Blick sehr fernliegend erscheinen mag, dürfte es unter präventiven Gesichtspunkten oftmals besser sein, diese Personen während des Spiels im gut überwachten Stadion zu wissen, als dass diese sich in Kleingruppen mit Gleichgesinnten auf der Suche nach „Gegnern“ im Stadionumfeld und der Innenstadt bewegen. Ein solches Vorgehen schafft dem gewaltbereiten Teil der Ultras Tatgelegenheitsstrukturen und kann von der Polizei in der Regel nicht unterbunden werden.512 Im Stadion ist der gewaltbereite Teil der Ultras hingegen hervorragend zu überwachen. Dank modernster Videoüberwachung können potentielle Gewalttäter – zumindest in den gut ausgerüsteten Bundesligastadien – trotz des Schutzes der Masse ihre Anonymität nicht wahren. Auch der gemeinsame Abmarsch der Ultras aus dem Stadion nach Abpfiff kann durch die Videotechnik verfolgt werden, sodass die im Stadionumfeld in der Nachspielphase positionierten Polizeikräfte über die gewählte Route und Personenstärke der Fangruppen informiert werden können und diese gegebenenfalls ab den Stadiontoren begleiten. Die von der Polizei befürchtete Kleingruppen-Bildung kann dadurch oftmals verhindert werden. Es überrascht daher nicht, dass auch die polizeilichen Einsatzführer es aus einsatztaktischen Gründen bevorzugen würden, größere Gruppen mit Stadionverbot ins Stadion zu lassen.513 Aus den obigen Gesichtspunkten erscheint ein Stadionverbot als Präventivmaßnahme ebenfalls ungeeignet, wenn der Betroffene an körperlichen Auseinandersetzungen oder dem „Abziehen“ gegnerischer Fans außerhalb des Stadions beteiligt gewesen sein soll. Wird, wie in der gegenwärtigen Praxis, in einem derartigen Fall ein Stadionverbot gegen den Betroffenen festgesetzt, wird dieser sich nunmehr an dem gesamten Spieltag – nicht mehr unterbrochen durch den Stadionbesuch – in dem räumlichen Umfeld aufhalten, in dem derartige fantypische Delikte regelmäßig begangen werden. Der Betroffene befindet sich in dem Umfeld, in dem er zuvor 512

Kraus, Schriftenreihe der Deutschen Hochschule der Polizei 2010 (III – IV), S. 97 (165). Laut Kühl, Schriftenreihe der Deutschen Hochschule der Polizei 2009 (III – IV), S. 39 (49), bewegen sich die Störer bewusst in Kleingruppen und schließen sich erst kurz vor den Angriffen zu größeren Gruppen zusammen. 513 „Aber um ehrlich zu sein, ist mir jeder, der im Stadion ist, lieber, als ein anderer, der trotzdem angereist ist und außerhalb des Stadions oder gar in der Innenstadt wild herumläuft“, meint der polizeiliche Einsatzleiter in Stuttgart; vgl. stuttgarter-nachrichten.de, 03. 02. 2017, www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.interview-mit-dem-einsatzleiter-der-vfb-heimspieledie-situation-ist-nicht-besorgniserregend.eda13fca-6c8b-4ba5-9811-903cab534c59.html. Siehe auch die Aussage von Große-Lefert, in: WFV (Hrsg.), Justiz und Sportgerichtsbarkeit, S. 127 (141 f.).

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schon straffällig geworden ist, während er im Stadion aufgrund der räumlichen Fantrennung und der umfassenden Videoüberwachung kaum die Möglichkeit haben dürfte, derartige Straftaten zu begehen. Auch hier mag diese Annahme zunächst fernliegend erscheinen, aber bei denjenigen Personen, die außerhalb der Stadien fantypische Straftaten begehen, kann unter generalpräventiven Gesichtspunkten ebenfalls ein Interesse daran bestehen, diese im Stadion zu wissen.514 Allerdings ist es selbstverständlich, dass die Vereine – vor dem Hintergrund der Schutzpflichten gegenüber allen Stadionbesuchern – ein (rechtliches) Interesse daran haben, besonders gewalttätige Fans vom Stadionbesuch fernzuhalten. Schließlich dient das Stadionverbot den Vereinen als eines der zentralen Instrumente der Verkehrssicherung. Gegen derartige Intensivtäter ist ein Stadionverbot nur in Verbindung mit Aufenthaltsverboten sowie gegebenenfalls Meldeauflagen ein geeignetes Präventionsmittel. Zudem ist nach den Anlässen und den Motiven für die Festsetzung von Stadionverboten zu differenzieren. Insbesondere gegenüber identifizierten PyroZündern kann ein Stadionverbot geeignet sein, zukünftige Vorfälle durch das Abbrennen von Pyrotechnik im Stadion durch den Betroffenen zu verhindern. Es zeigt sich also, dass eine differenziertere Betrachtungsweise geboten ist. Ein Stadionverbot ist nicht per se ein geeignetes Präventionsmittel gegen Personen, die im Umfeld des Fußballs Straftaten begehen. Während dem Stadionverbot im Kampf gegen Pyrotechnik, die Geeignetheit nicht abgesprochen werden kann, besteht in anderen Fällen eine nicht zu unterschätzende Gefahr, dass vor allem der friedliche Teil der Ultras durch Stadionverbote in Berührung mit Körperverletzungs- und Eigentumsdelikten im Umfeld der Stadien kommt. Die im Stadion vorhandenen Kontrollmöglichkeiten sind außerhalb des Stadions nicht vorhanden. Mit Stadionverboten belegte Ultras, die in Kleingruppen im „Kampf“ für ihre Gruppe Jagd auf gegnerische Fanmaterialien machen, können die Sicherheitslage im Umfeld der Spiele verschlechtern. Das Stadionverbot ist somit kein „Allheilmittel“, um die Stadien und deren Umfeld nachhaltig zu befrieden, wie Walker und Klopp meinen. Ultras, auch der gewaltbereite Teil, lassen sich durch Stadionverbote gerade nicht davon abhalten, die Nähe zum Fußball zu suchen. Vereine, DFB, DFL e. V. und DFL GmbH können Gewalttäter daher nicht mit dem Mittel des Stadionverbots davon abhalten, sich im Umfeld des Fußballs zu bewegen. Kühl ist somit zuzustimmen, wenn er empfiehlt, mit dem Instrumentarium Stadionverbot nur sehr gewissenhaft umzugehen515 und dies nicht nur – wie Kühl meint – im Hinblick auf die emotionale Betroffenheit der Fußballfans, sondern auch hinsichtlich der Überprüfung der Geeignetheit des Stadionverbots als Präventionsmittel. 514 Steinat, Daten gewalttätiger Fußballfans, S. 38 f., erfasst zwar die Problematik, dass Stadionverbote die überwiegend außerhalb der Stadien stattfindende Gewalt nicht verhindern können, übersieht jedoch gerade, dass Stadionverbote die Gewalt im Umfeld der Stadien – wie gezeigt – sogar steigern können. Erstaunlicherweise will Moser, Kostenbeteiligungsmodelle, S. 73, in Stadionverboten gar ein „probates Mittel“ gegen Gewalttaten außerhalb der Stadien erkennen. 515 Kühl, Schriftenreihe der Deutschen Hochschule der Polizei, 2009 (III – IV), S. 39 (53).

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

2. Fanausschlüsse a) (Verbands-)Rechtliche Rahmenbedingungen Unabhängig von der Möglichkeit, mittels der Festsetzung von Stadionverboten einzelne Fans vom Stadionbesuch abzuhalten, wird seit einigen Jahren vermehrt diskutiert, ob nicht sogar ganze Fanblöcke – von Interesse ist vor allem der Gästefanbereich – vom Stadionbesuch ausgeschlossen werden können. Nach § 25 Nr. 1 der Durchführungsbestimmungen des DFB sind die Heimvereine grundsätzlich verpflichtet, den jeweiligen Gastvereinen 10 % der Sitzplatzkarten sowie 10 % der Stehplatzkarten zu reservieren und bei fristgerechter Anforderung an diese abzugeben. Betrachtet man die Entwicklung in den letzten Jahren, so lässt sich feststellen, dass an diesem verbandsinternen Grundsatz vor allem bei Risikospielen nicht mehr festgehalten wird.516 Die Spiele häufen sich, in denen das Gästekontingent reduziert wird oder Gästefans sogar vollkommen ausgeschlossen werden. Wie sich diese Entwicklung auf die Sicherheitslage bei Fußballspielen auswirkt, soll an dieser Stelle erörtert werden. Als ein „Startschuss“ für den Ausschluss von Gästefans kann ein Vorstoß der Hamburger Polizei im Frühjahr 2012 angesehen werden: Nachdem es in den vorherigen Spielen zwischen Anhängern beider Vereine zu teilweise erheblichen Auseinandersetzungen gekommen war, erließ die Hamburger Polizei anlässlich des Spiels FC St. Pauli gegen Hansa Rostock im April 2012 ein polizeiliches Verbot, dem Gastverein Eintrittskarten für die eigenen Fans zur Verfügung zu stellen. Als Ermächtigungsgrundlage für den Bescheid gegenüber dem FC St. Pauli diente der Hamburger Polizei die polizeirechtliche Generalklausel. Der Fußballverein FC St. Pauli wurde als Nichtstörer herangezogen und scheiterte im verwaltungsgerichtlichen Eilrechtschutzverfahren beim Versuch, die aufschiebende Wirkung des gegen den Bescheid eingelegten Widerspruchs wiederherzustellen.517 Während der Vorstoß der Hamburger Polizei noch kontrovers diskutiert wurde, häufen sich seit dem Jahr 2015 Spiele mit reduzierten Gästekontingenten oder sogar dem kompletten Ausschluss von Gästefans.518 Mittlerweile erfolgen die (Teil-) Ausschlüsse der Gästefans nicht mehr, wie in Hamburg, durch die Sicherheitsbehörden, sondern oftmals durch die DFB-Sportgerichtsbarkeit. So wurde schon oben die Möglichkeit für die DFB-Sportgerichtsbarkeit nach § 7 Nr. 4 RuVO-DFB i. V. m. § 44 Nr. 2 k) der Satzung des DFB erörtert, eine Platzsperre, oder einen (Teil-) 516

Siehe dazu die Ausnahmeregelung in Abschnitt III § 3 Abs. 4 Nr. 1 S. 2 SpOL. OVG Hamburg, NJW 2012, 1975; VG Hamburg, DÖV 2012, 855. 518 Beispielsweise fanden die Derbys zwischen dem VfL Osnabrück und dem SC Preußen Münster in der Saison 2015/16 jeweils ohne Gästefans statt; vgl. noz.de, 29. 02. 2016, https:// www.noz.de/deutschland-welt/vfl-osnabrueck/artikel/677611/derby-in-munster-demonstratio nen-der-anhanger. Das reduzierte Gästekontingent im „Rhein-Derby“ zwischen dem 1. FC Köln und dem VfL Borussia Mönchengladbach im September 2015 führte zu einem Boykott beider Fanszenen; vgl. kicker.de, 11. 09. 2015, www.kicker.de/news/fussball/bundesliga/startseite/634 887/artikel_gladbach-fans-boykottieren-derby-in-koeln.html. 517

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Ausschluss der Öffentlichkeit zu verhängen.519 Darüber hinaus einigen die Vereine sich gerade bei Risikospielen auch auf einen freiwilligen Zuschauerteilausschluss, wobei an den Entscheidungsprozessen regelmäßig auch Vertreter der Polizei und Kommunen beteiligt sind.520 b) Auswirkungen auf die Sicherheitslage im öffentlichen Raum Nicht auszuschließen ist, dass die Vereine und der DFB sich aufgrund des zunehmenden Drucks aus der Politik zu diesen Schritten genötigt sehen. Denn die Reduzierung von Gästekontingenten wird vor allem in der Politik als probates Mittel angesehen, um die Sicherheit im Umfeld der Fußballspiele zu erhöhen und den polizeilichen Kräfteeinsatz zu verringern. Im Umfeld der Innenministerkonferenz im Juni 2015 begrüßte beispielsweise der damalige Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Roger Lewentz, eine Reduzierung der Gästekarten: „Wenn es weniger Gästekarten gäbe, könnten mehr Pufferzonen in den Sitzblöcken eingerichtet werden. Das wäre ein gutes Mittel gegen Gewalt.“521 Auch der ehemalige Innenminister Nordrhein-Westfalens, Ralf Jäger, unterstützte ein solches Vorgehen: „Weniger Gästefans bedeuten weniger Konflikte auf Anreisewegen und rund um die Stadien.“522 Derartige Schlüsse werden bei einer genaueren Betrachtung der Fälle, in denen es bislang zu einem (Teil-)Ausschluss der Gästefans kam, widerlegt. Von der Reduzierung von Gästekontingenten betroffene Fans lassen sich oftmals nicht von der Anreise zum Spielort abhalten. Die betroffenen Fans halten nicht selten Demonstrationen an den jeweiligen Spielorten ab.523 Die Fanszenen sind mittlerweile so gut organisiert – häufig unterstützt durch eigene Fan-Rechtshilfen –, dass die Vorbereitung und Durchführung derartiger Demonstrationen für die Fanszenen kein Hindernis darstellen. Auch hier zeigt sich der hohe Organisationsgrad der Ultras. Während die traditionellen Fußballfans und Hooligans in den 1980er-Jahren im Falle eines Gästeverbots möglicherweise die Anreise gescheut hätten, sind die Ultras am 519

Siehe oben § 6 B. I. 3. So beispielsweise auch beim Ausschluss der Fans von Preußen Münster in Osnabrück (siehe den Nachw. oben bei Fn. 518). 521 Welt.de, 26. 06. 2015, www.welt.de/sport/fussball/article143137906/Weniger-Auswaerts tickets-weniger-Bier-fuer-Fans.html. 522 Siehe den Nachw. in der vorhergehenden Fn. 523 Schon beim Ausschluss der Gästefans 2012 in Hamburg reisten 1.700 Anhänger von Hansa Rostock dennoch nach Hamburg, um vor Ort gegen diese Maßnahmen zu demonstrieren; vgl. focus.de, 23. 04. 2012, www.focus.de/sport/fussball/bundesliga2/st-pauli-gegen-rostockskandal-fans-greifen-hamburger-polizisten-an_aid_741613.html. Weitere Demonstrationen fanden u. a. von Anhängern des 1. FC Köln in Mönchengladbach (rp-online.de, 12. 02. 2016, www.rp-online.de/sport/fussball/borussia/borussia-moenchengladbach-fans-des-1-fc-koeln-pla nen-demo-zum-derby-aid-1.5763319) und von Hansa-Rostock-Anhängern im März und November 2016 in Magdeburg (nnn.de, 04. 11. 2016, https://www.nnn.de/sport/fussball/hansa-ro stock/hansa-fans-planen-demo-id15249601.html) statt. 520

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

Spielort trotzdem präsent.524 Unter Berücksichtigung des Umstands, dass die bisherigen Demonstrationen gegen (Teil-)Ausschlüsse von Gästefans ausschließlich von Ultragruppen oder ultra-nahen Organisationen vorbereitet wurden, liegt die Vermutung nahe, dass auch ein Großteil der Demonstrationsteilnehmer dem Lager der Ultras zuzuordnen, zumindest aber ein Großteil der Ultras der jeweils betroffenen Vereine auch anwesend ist.525 So mag die Behauptung zwar richtig sein, dass (Teil-) Ausschlüsse von Gästefans in der Regel die Anzahl rivalisierender Fans am Austragungsort verringern.526 Sie trifft, wie die nachfolgend angeführten Vorfälle belegen, in der Regel jedoch nicht auf die Ultras zu. Gerade die aus gefahrenabwehrrechtlicher Sicht problematische Klientel lässt sich oftmals nicht von der Anreise zum Spielort abhalten. Die Anwesenheit der rivalisierenden Ultras in der Innenstadt des Heimvereins wird von den heimischen Fans dann häufig als Affront angesehen.527 Nicht selten melden diese daraufhin selbst Demonstrationen im Innenstadtbereich an oder versammeln sich auch ohne Demonstrationsaufruf an zentralen Plätzen der Stadt.528 Während in den Stadien die baulichen Maßnahmen für eine Fantrennung sorgen, ist letztere in den Innenstädten nur unter erheblichem Kräfteaufwand der Polizei möglich, der sich im Vergleich zu vorherigen Begegnungen, die mit Gästefans stattgefunden haben, oftmals erhöht. Dies zeigen die zahlreichen Fälle in der Praxis: Nachdem die Anhänger von Hansa Rostock 2012 beim Auswärtsspiel gegen den FC St. Pauli ausgeschlossen wurden, hielten sich in der Hamburger Innenstadt neben den 1.700 demonstrierenden Hansa-Rostock-Fans auch ca. 800 Anhänger des FC St. Pauli auf, die das Spiel aus Protest ebenfalls boykottierten. Trotz des Ausschlusses der Gästefans musste das Stadionumfeld und das angrenzende Heiligengeistfeld in Hamburg daher zum Gefahrengebiet erklärt werden. 1.512 Polizeibeamte wurden am Spieltag eingesetzt.529 Beim Spiel des 1. FC Magdeburg gegen Hansa Rostock im März 2016, bei dem die Rostocker Anhänger gegen eine Reduzierung ihres Gästekontingents protes524

An dieser Stelle sei auf die Parallelen zur Problematik bei den Stadionverboten verwiesen. 525 Für diese Vermutung spricht auch die dem Verfahren vor dem OVG Lüneburg, Beschl. v. 23. 09. 2015 – 11 ME 217/15, BeckRS 2015, 52422, zugrunde liegende Lageeinschätzung der Polizeiinspektion Osnabrück. 526 VG Hamburg, Beschl. v. 02. 04. 2012 – 15 E 756/12, Rn. 70 ff. (juris); Niemeier, Bekämpfung ritualisierten Gewaltverhaltens, S. 238. 527 Vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 23. 09. 2015 – 11 ME 217/15, BeckRS 2015, 52422. 528 Besonders kritisch war die Situation beim Aufeinandertreffen zwischen dem 1. FC Magdeburg und Hansa Rostock im März 2016, bei dem sogar zunächst die unbeteiligten Fans von Dynamo Dresden angesichts der Reduzierung des Gästekontingents der Rostocker eine Demonstration in der Magdeburger Innenstadt am Spieltagen ankündigten; vgl. spiegel.de, 27. 02. 2016, www.spiegel.de/sport/fussball/3-liga-fans-von-hansa-rostock-beim-1-fc-magde burg-a-079577.html. 529 Focus.de, 23. 04. 2012, www.focus.de/sport/fussball/bundesliga2/st-pauli-gegen-rostockskandal-fans-greifen-hamburger-polizisten-an_aid_741613.html.

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tierten, erfolgte sogar der größte Polizeieinsatz in Sachsen-Anhalt seit der Wiedervereinigung, da auch die Magdeburger nach dem Demonstrationsaufruf der Rostocker einen Fanmarsch in der Stadt organisierten.530 Dass neben dem erhöhten polizeilichen Aufwand bei (Teil-)Ausschlüssen der Gästefans die Einsatzkosten in der Regel höher als bei Spielen mit regulären Gästekontingenten sein dürften, zeigt das Ergebnis einer Kleinen Anfrage im Niedersächsischen Landtag: Anlässlich der Begegnung VfL Osnabrück gegen SC Preußen Münster im September 2015 beschlossen der DFB und die beteiligten Vereine, dass die Begegnung aus Sicherheitsgründen ohne Gästefans stattfinden sollte.531 Aus Protest führten daraufhin ca. 330 Fans des SC Preußen Münster eine Kundgebung am Osnabrücker Hauptbahnhof durch, nachdem ein ursprünglich geplanter mobiler Aufzug untersagt worden war. Nach der polizeilichen Gefahrenprognose hatte eine hohe Wahrscheinlichkeit bestanden, dass es im Laufe der Versammlung zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den Fangruppen kommen könnte.532 Um ein Aufeinandertreffen der verfeindeten Fan-Lager zu verhindern, sicherte die Polizei die Kundgebung mit 367 Polizeibeamten, sodass auf jeden Demonstrationsteilnehmer mehr als ein Polizist kam. Darüber hinaus wurden am Spieltag 14 Diensthundeführer, drei Wasserwerfer und ein Hubschrauber eingesetzt, sodass insgesamt Einsatzkosten in Höhe von 153.456 Euro entstanden, die die Einsatzkosten bei den vorherigen Begegnungen zwischen den beiden Vereinen überstiegen.533 Es zeigt sich daher, dass (Teil-)Ausschlüsse von Gästefans die Sicherheitslage in den ohnehin schon sehr sicheren deutschen Fußballstadien noch weiter verbessern mögen,534 derartige Maßnahmen jedoch häufig dazu führen, dass sich die Sicherheitslage in den Innenstädten – mangels baulicher Fantrennung – erheblich verschlechtert. Selbst die Annahme, dass die Reduzierung von Gästekontingenten oder ein vollständiges Gästeverbot die Sicherheitslage im Stadion verbessert, erscheint zweifelhaft. In der Vergangenheit haben die Gästefans oftmals auf eine Reduzierung ihrer Kontingente reagiert, indem sie Karten in den Heimbereichen oder auf den Haupttribünen kauften. Die Bestellung von Eintrittskarten über das Internet für diese Bereiche ist oftmals unproblematisch möglich, es sei denn, dass der Heimverein die Eintrittskarten ausschließlich an Vereinsmitglieder verkauft. Durch eine Vermischung der Heim- und Gästefans wird das seit Jahrzehnten bewährte Konzept der 530

3-liga.com, 04. 03. 2016, http://www.3-liga.com/news-3liga-grosseinsatz-fuer-die-poli zei-25365.html. 531 Vgl. die Pressemittelung des DFB v. 02. 09. 2015, abrufbar unter www.dfb.de/news/de tail/derbys-osnabrueck-vs-muenster-ohne-gaestefans-129933/. 532 OVG Lüneburg, Beschl. v. 23. 09. 2015 – 11 ME 217/15, BeckRS 2015, 52422. 533 Niedersächsischer Landtag, Drs. 17/5304, S. 2. Der Antwort der Landesregierung lässt sich die genaue Differenz zu den Einsatzkosten in den vorherigen Jahren nicht entnehmen. 534 So bezeichnet Kober, Pyrotechnik, S. 249, Fanaussperrungen als „probates Mittel, um Auseinandersetzungen und Pyrotechnikzwischenfällen in den Stadien vorzubeugen“; in diese Richtung auch Herles, Persönlichkeitsrechtsverletzungen, S. 221.

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

Fantrennung allerdings ad absurdum geführt.535 Dies zeigen einige Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit, die belegen, welche Gefahren durch die Sperrung von Fanblöcken oder den Ausschluss ganzer Fangruppen drohen: Betroffen von den (Teil-)Ausschlüssen sind in der Regel die Stehplatzbereiche in den Stadien, allen voran die Blöcke der Ultras. Die Ultras von Eintracht Frankfurt, die im Februar 2016 beim Spiel gegen den VfB Stuttgart von einer derartigen Schließung ihres Fanblocks betroffen waren, verfolgten das Spiel daraufhin in unmittelbarer Nähe zum Gästeblock. Nur eine Ordnerkette trennte im oberen Rang der Frankfurter Commerzbank-Arena die Frankfurter Ultras von den Gästefans.536 In der Regel bleibt den Ultras sogar keine andere Wahl, als sich Eintrittskarten in der Nähe der Gästeblöcke zu suchen, wenn sie trotz Schließung des Fanblocks das Spiel ihrer Mannschaft sehen wollen. Aufgrund der hohen Auslastungen in den Stadien sind oftmals nur in der Nähe der Gästeblöcke noch größere zusammenhängende Kartenkontingente vorhanden. Zwar blieb es beim Spiel zwischen Frankfurt und Stuttgart friedlich; welche Gefahr die Zuschauer-(Teil-)Ausschlüsse mit sich bringen, zeigen aber die Ausschreitungen im September 2014 beim Spiel zwischen dem 1. FC Nürnberg und dem 1. FC Kaiserslautern537: Da die Blöcke der Nürnberger Ultras aufgrund eines Teilausschlusses gesperrt waren, hatten diese sich auf der Haupttribüne niedergelassen und nutzten nach dem Spielende die dort fehlende Umzäunung aus, um die Kaiserslauterner Ultras im Stadion anzugreifen. Da beim Spiel zwischen dem SV Darmstadt 98 gegen Eintracht Frankfurt im April 2016 der Gästeblock aufgrund eines Sportgerichtsurteils des DFB leer bleiben musste, versorgten sich Frankfurter Anhänger mit Eintrittskarten für den Heimbereich. Drei Dutzend Polizeibeamte mussten die Eintracht-Anhänger während des Spiels auf der Tribüne beschützen; dennoch kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Frankfurter und Darmstädter Fans.538 Die Forderung nach mehr Pufferzonen, die durch eine Reduzierung des Gästekontingents erreicht werden könnte, erscheint ebenfalls wenig zielführend. Wie oben dargelegt, kam es in den vergangenen Jahren nur in wenigen Einzelfällen innerhalb der Stadien zu Auseinandersetzungen gegnerischer Fan-Lager. Diese Konfrontationen fanden zudem, wie etwa bei den soeben erwähnten Beispielen in Kaisers535 So auch Feltes, Neue Kriminalpolitik 2013, 48, 54 f., der ebenfalls der Reduzierung von Gästekontingenten ablehnend gegenübersteht. Selbst der DFL e. V. ist sich der Gefahren bewusst, die mit der Schließung von Fanblöcken verbunden sind; vgl. Antragspaket 1 Sicheres Stadion – Ordentliche Mitgliederversammlung des Ligaverbandes am 12. 12. 2012 (abrufbar unter s.bundesliga.de/assets/doc/330000/323206_original.pdf), S. 41. 536 Die von der Schließung ihres Fanblocks betroffenen Ultras von Eintracht Braunschweig verfolgten im August 2017 das Heimspiel gegen den 1. FC Heidenheim sogar im Sitzplatzbereich des Gästeblocks; vgl. www.faszination-fankurve.de/index.php?head=Wie-Braunschwei ger-Ultraszene-Blocksperre-umgangen-hat&folder=sites&site=news_detail&news_id=16311. 537 Focus.de, 30. 09. 2014, www.focus.de/sport/fussball/bundesliga2/randale-nach-zweitliga spiel-nuernberg-hooligans-verletzen-zehn-polizisten_id_4171136.html. 538 Tagesspiegel.de, 01. 05. 2016, www.tagesspiegel.de/sport/sv-darmstadt-98-gegen-ein tracht-frankfurt-darmstadt-im-ausnahmezustand-randale-und-530-festnahmen/13526802.html.

§ 6 Beitrag der Fußballveranstalter zur Gewährleistung der Sicherheit

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lautern und Nürnberg, in der Regel nach Spielende statt, also zu einem Zeitpunkt, an dem die Fans ihre angestammten Plätze schon verlassen hatten. Auch bei den Spielen, in denen es in den vergangenen Jahren zu (Teil-)Ausschlüssen der Gästefans kam, gab es in der Regel in den vorherigen Begegnungen keine körperlichen Auseinandersetzungen der Fan-Lager innerhalb des Stadions. Die (Teil-)Ausschlüsse wurden in der Regel damit begründet, dass es in den Vorjahren zum Abbrennen von Pyrotechnik oder zu Konfrontationen außerhalb der Stadien kam oder allgemein mit einer rivalisierenden Beziehung zwischen den Fan-Lagern. Das Abbrennen von Pyrotechnik oder körperliche Auseinandersetzungen außerhalb der Stadien lassen sich jedoch nicht durch Pufferblöcke verhindern. Ebenso können Pufferblöcke nicht verhindern, dass sich Gästefans über den Schwarzmarkt mit Karten für den Heimbereich versorgen. Es lässt sich daher festhalten, dass (Teil-)Ausschlüsse von Gästefans, wenn überhaupt, nur einen geringen positiven Effekt auf die Sicherheitslage im Stadion haben, die Sicherheitslage außerhalb der Stadien jedoch teilweise deutlich verschlechtern. Die Lasten haben neben der Polizei die Kommunen zu tragen, was zu derart missglückten Versuchen wie in Darmstadt führt, das Anreisen der ausgesperrten Anhänger mit einem pauschalen Aufenthaltsverbot zu untersagen. Beruht der (Teil-)Ausschluss auf einem auf die polizeiliche Generalklausel gestützten Bescheid, spricht viel dafür, diesem im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung schon die Geeignetheit abzusprechen.539 Da die räumliche Trennung der Fangruppen außerhalb der Stadien – im Gegensatz zum Stadioninneren – nicht ohne den Einsatz von Polizeikräften gegeben ist, ist bei Spielen mit (Teil-)Ausschlüssen von Gästefans oftmals ein größeres Polizeiaufgebot erforderlich als bei Spielen mit vollem Gästekontingent. Daher muss sich insbesondere auch die DFB-Sportgerichtsbarkeit ihrer Verantwortung bewusst werden: Das Aussperren Tausender Fans führt zu erheblichen Sicherheitsrisiken außerhalb der Stadien; die Folgen haben die Kommunen und die Polizei zu tragen, die sich mit der Problematik konfrontiert sehen, Hunderte oder gar Tausende Fußballfans in den Innenstädten zu überwachen. Sowohl gefahrenabwehrrechtliche als auch Kostenaspekte sprechen dafür, vom Instrument des Zuschauer-(Teil-)Ausschlusses zukünftig nur noch in Ausnahmefällen Gebrauch zu machen. Hier gilt ebenfalls: Nirgendwo lassen sich potentielle Störer bei Fußballspielen besser überwachen und kontrollieren als im Stadion.

539 So wohl auch Niemeier, Bekämpfung ritualisierten Gewaltverhaltens, S. 265, für den Fall, dass die Ausschlüsse zu einer vermehrten Anreise gewalttätiger Fans führen.

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

§ 7 Ergebnis des ersten Teils und Ausblick A. Ergebnis und Schlussfolgerung Die historische Betrachtung der Entwicklung der Gewalt im Umfeld des Fußballs widerlegt Behauptungen, wonach etwa das Fußballspiel an sich die Gewalt bedinge oder fördere oder dass Gefahren für die öffentliche Sicherheit schon von der bloßen Menschenmenge, die einzelne Fußballspiele anziehen, ausgehen. So hat der Fußballsport in der Vergangenheit eindrucksvoll die Fähigkeit unter Beweis gestellt, an der Völkerverständigung mitzuwirken;540 der Beitrag, den die Freundschaftsspiele der deutschen Nationalmannschaft nach den Weltkriegen zur Reintegration Deutschlands in die Völkergemeinschaft geleistet haben, ist nicht zu unterschätzen. Zugleich hat die historische Betrachtung gezeigt, dass sich schon für die ersten dokumentierten Zuschauerausschreitungen primär gesellschaftliche Veränderungen und Ursachen ausmachen lassen. Diese Entwicklung hält bis in die Gegenwart an: Wurzelten zu Beginn des 20. Jahrhunderts die gesellschaftlichen Veränderungen in einer Stärkung des Lokalpatriotismus, der sich in seiner unschönen Form durch Ausschreitungen bei „Nachbarschaftsduellen“ im Fußball zeigte, sind es heute die Ultras als derzeit für Jugendliche attraktivste und wohl auch am wenigsten angepasste Jugendbewegung in Deutschland, die ihre „Wettkampf-Kultur“ in und außerhalb der Stadien nicht nur mit legalen Mitteln auslebt. Zugleich hat die historische Untersuchung der Zuschauerausschreitungen gezeigt, dass die seit den 1980er-Jahren zu beobachtende Entwicklung der Verlagerung der gewalttätigen Konflikte weg von den Stadien in den öffentlichen Raum – in jüngerer Zeit bei den Drittortauseinandersetzungen der Hooligans und den Überfällen innerhalb der Ultra-Bewegung sogar weg von den Spieltagen – weiter anhält. Dank strenger Anforderungen von DFL e. V., DFL GmbH und DFB haben die Fußballvereine in den höchsten deutschen Spielklassen, gegebenenfalls in Kooperation mit den kommunalen Stadioneigentümern, viel Geld in die Hand genommen und aus den häufig maroden und wenig Komfort bietenden Stadien der 1970er- und 1980er-Jahre Arenen gemacht, die modernsten Sicherheitsanforderungen genügen. Zuschauerausschreitungen in den Stadien der Bundesliga, der 2. Bundesliga und der 3. Liga spielen faktisch keine Rolle mehr, klammert man den weiterhin oftmals obligatorischen Gebrauch von Pyrotechnik aus. Paradoxerweise wird dieser Umstand in der öffentlichen Debatte über ein vermeintliches Gewaltproblem beim Fußball des Öfteren übergangen. Die „gefühlte“ Sicherheitslage bestimmt die öffentliche Diskussion, während Fakten keine oder allenfalls eine oberflächliche Rolle (etwa bloße Reproduktion der Aussagen der ZIS) spielen.541

540 541

96.

Siehe die Beispiele oben in Fn. 116. Vgl. auch Kehr, Gewalttäter Sport, S. 234 f.; Hoever/Hund/Kind, Die Polizei 2015, 93,

§ 7 Ergebnis des ersten Teils und Ausblick

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Der Aufwand, den die Polizei, aber auch DFL e. V., DFL GmbH, DFB und Vereine, im Kampf gegen die immer noch vorhandene Gewalt außerhalb der Stadien betreiben, ist erheblich höher als noch zu Zeiten der Hooligans: Noch nie in der Geschichte des deutschen Fußballs haben die Fußball-Akteure so viel Geld in Präventionsarbeit gesteckt, noch nie hat die Polizei so viele Polizeibeamte pro Störer an den Spieltagen eingesetzt wie in den vergangenen Jahren. Zu glauben, die Gewalt im Umfeld der Spiele durch den Einsatz von noch mehr Polizisten, der Verhängung von noch härteren Strafen sowie einer noch stärkeren (finanziellen) Beteiligung von DFB, DFL e. V., DFL GmbH und Vereinen an Präventionskonzepten vollständig auszuräumen, dürfte dennoch illusorisch sein. Die bisherige Untersuchung hat gezeigt, dass sich die Gewalt im Umfeld von Fußballspielen nicht von der gesellschaftlichen Entwicklung trennen lässt und damit kein ausschließlich fußballbezogenes Problem ist. Hinzu kommen die subkulturellen Besonderheiten der Ultras, der Bewegung, die seit einigen Jahren für die Großzahl der Sicherheitsbeeinträchtigungen im Umfeld des Fußballs verantwortlich ist. Der Wettkampf der Ultras, der mitunter durch Gewalt ausgelebt wird, findet zunehmend losgelöst von den Fußballspielen statt und erinnert in einigen Zügen eher an Auseinandersetzungen rivalisierender „Gangs“ als an Auseinandersetzungen von Fußballzuschauern. Die subkulturelle Gewalt unter den Ultras wird an Spieltagen aufgrund der großen Polizeiaufgebote nur mehr sichtbar. Außerhalb der Spieltage finden die Auseinandersetzungen oftmals im Verborgenen statt. Der Schweigekodex der Ultras führt dazu, dass diese Aufeinandertreffen selten publik werden. Präventionsarbeit kann dabei helfen, die Auswüchse der Gewalt zwischen den Ultras einzudämmen, der polizeiliche Einsatz an Spieltagen sowie die einschließende Begleitung der Problemfans kann dabei helfen, die Gewalt zu begrenzen, Meldeauflagen und Betretungsverbote gegen Rädelsführer der Gruppen können an Spieltagen ebenso sinnvoll sein; dennoch wird es nicht vollständig gelingen, die Gewalt im Umfeld des Fußballs zu verhindern.542 Der polizeiliche Versuch, sich der Marke der „absoluten Sicherheit“ bei Fußballspielen zu nähern,543 ist gerade vor dem Hintergrund, dass der Staat einen absoluten Rechtsgüterschutz weder gewährleisten kann noch muss,544 kritisch zu hinterfragen. Dabei geht es nicht um eine Forderung nach rechtsfreien Räumen in Fankurven, wie sie bisweilen in einzelnen sozialwissenschaftlichen Arbeiten anklingt,545 sondern um eine Evaluation der polizeilichen Einsatzkonzeption an den Spieltagen. Angesichts der sachlichen und personellen

542

So auch Heitmeyer/Peter, Jugendliche Fußballfans, S. 164. Breucker, SpuRt 2005, 133, 137. 544 Breucker, NJW 2006, 1233, 1234; Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 204. So kann angesichts des weiten polizeilichen Ermessensspielraums grundsätzlich, auch beim Vorliegen einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit, ein Nichthandeln der Polizei rechtmäßig sein; vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 99. 545 Zur Diskussion über rechtsfreie Räume jüngst aus juristischer Sicht Rottenwallner, VR 2017, 253 ff. 543

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

Ressourcenknappheit der Polizei gewähren die Kriterien des unzumutbaren Aufwands und der Aufgabenkollision der Polizei einen gewissen Spielraum.546 Das erst seit dem Aufkommen der Ultra-Bewegung zu beobachtende polizeiliche Bemühen nach „absoluter Sicherheit“ bei Profifußballspielen dürfte maßgeblich für den deutlichen Anstieg der polizeilichen Arbeitsstunden bei Fußballspielen mitverantwortlich seien. Eines der Motive der massiven Polizeipräsenz an Spieltagen kann die Abschreckung oder das Beeindrucken von Störern sein.547 Die Abschreckung ist zugleich eine zwangsläufige Folge der polizeilichen Gefahrenvorsorge: Erst durch die Präsenz am Spieltag kann die Polizei dem Eintritt von Schäden rechtzeitig begegnen, schon eingetretene Störungen beseitigen und Strafverfolgungsmaßnahmen einleiten.548 Entsprechend stellt sich aber die Frage, welches Maß an Regelübertretungen oder Rechtsnormverletzungen im Umfeld des Fußballs noch geduldet werden kann. Der polizeiliche Handlungsspielraum wird dabei durch das in § 163 StPO normierte Legalitätsprinzip549 begrenzt. Gerade in der Sozialwissenschaft wird jedoch auf Gefahren hingewiesen, die mit einer immer stärkeren Maßregelung der Fans und Ultras einhergehen.550 Die Forderung nach einer stärkeren Berücksichtigung von Opportunitätsgesichtspunkten bei „fantypischen“ Regelüberschreitungen551wäre zumindest aus gefahrenabwehrrechtlicher Sicht angesichts des weiten polizeilichen Ermessensspielraums552 realisierbar. Demgegenüber zeigen

546

Dazu Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, E, Rn. 126. Anerkannt ist daher, dass die Polizei jedenfalls unter den Aspekten der Schwerpunktsetzung, der strategischen Einsatzplanung und der taktischen Vorgehensweise ein Ermessen hinsichtlich des Einschreitens hat; vgl. Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, E, Rn. 128. 547 VG Bremen, NVwZ 1989, 895, 897, für das Begleiten einer Demonstration durch ein massives Polizeiaufgebot. 548 Vgl. Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, E, Rn. 121. 549 Die Polizeibeamten sind beim Verdacht einer Straftat grundsätzlich zu deren Erforschung verpflichtet; siehe dazu Müller-Franken, in Beck-OK Polizei- und Ordnungsrecht Hessen, § 5, Rn. 2. 550 Siehe Pilz, Deutsche Polizei, Ausgabe 11/2005, 6, 8; ders., Kriminalistik 2012, 203, 206; ders., Noch mehr Gewalt ins Stadion?, in: Horak et al. (Hrsg.), Fußball und Gewalt, S. 217 (222); schon für die Hooligans Weigelt, Hooligans, S. 61; Gehrmann/Schneider, Fußballrandale, S. 176. 551 So Pilz/Wölki, Ultraszene, in: Pilz et al. (Hrsg.), Wandlungen des Zuschauerverhaltens, S. 63 (217 f.); ähnlich Gabler, Die Ultras, S. 11 f. 552 So treffen die Polizeibehörden nach § 5 Abs. 1 HSOG ihre Maßnahmen nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Ermessensausübung muss sachlich und zweckgebunden erfolgen, am Zweck der Ermächtigungsnorm orientiert sein und sich am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausrichten; vgl. Mühl/Leggereit/Hausmann, Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 116. Auf Rechtsfolgenseite wird zwischen dem Entschließungsermessen (Entscheidung über „Ob“ des Handelns) und dem Auswahlermessen (Entscheidung über „Wie“ des Handelns) differenziert. Ersteres wird maßgeblich von der Bedeutung des bedrohten Rechtsguts, des Ausmaßes des zu erwartenden Schadens sowie des Grades der Gefährdung beeinflusst; vgl. Mühl/Leggereit/ Hausmann, Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 118.

§ 7 Ergebnis des ersten Teils und Ausblick

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sich aus strafrechtlicher Sicht nicht nur Konflikte mit dem Legalitätsprinzip, sondern auch dem polizeilichen Selbstverständnis.553 Der Vorstoß aus der Sozialwissenschaft, mehr Opportunitätsgesichtspunkte gegenüber den Verhaltensweisen von Fußballfans zu berücksichtigen, ist dabei keineswegs neu. Wie oben dargelegt, wurde beispielsweise der Umgang mit Pyrotechnik in den Stadien – auch von Seiten der Polizei – früher nicht ernsthaft verfolgt,554 während mittlerweile erhebliche personelle Ressourcen aufgewendet werden, um die vermummten Beteiligten im Nachhinein zu identifizieren. Auch das Entwenden gegnerischer Fanmaterialen – im Gegensatz zu dem in der Regel als Ordnungswidrigkeit zu ahndenden Zünden von Pyrotechnik eine Straftat – wurde wohl noch in den 1980er-Jahren polizeilich toleriert. Derweil werden heutzutage sogar Landesverfassungsschutzbehörden tätig, um Beteiligte an diesen „Wettbewerben“ der Ultras zu überführen. Während es daher den Anschein hat, dass die staatlichen Sicherheitsakteure einen nie dagewesenen Aufwand betreiben, um gegen jegliches Fehlverhalten von Fußballfans vorgehen zu können, sind DFB, DFL e. V., DFL GmbH und Vereinen oftmals die Hände gebunden. Außerhalb des Stadionbereichs können die Fußball-Akteure nur wenig Einfluss auf die Ultras nehmen, die oft ein distanziertes Verhältnis zu Vereinen und Verbänden pflegen.

B. Ausblick Es ist zu erwarten, dass die Diskussionen über Ultras, Pyrotechnik und FanRandale auch in Zukunft nicht vollständig abebben werden. Die durch den Bremer Vorstoß angeheizte Debatte über die finanzielle Beteiligung der DFL GmbH an den Polizeikosten stellt dabei nur einen Teilaspekt dar. Daneben werden unter anderem neue polizeiliche Einsatzkonzepte beim Fußball diskutiert. Einen der Schwerpunkte bei der Erstellung neuer Einsatzkonzepte stellt die polizeiliche Kräftereduzierung dar. Als Pilotprojekt wird ein Konzept des nordrhein-westfälischen Innenministeriums angesehen, das bei Nicht-Risikospielen zu einer Kräftereduzierung führen soll.555 Während Kritiker in der Kräftereduzierung ein Zurück-

553 Siehe etwa das Thesenpapier des Bundesvorstands der GdP „12 Positionen der Gewerkschaft der Polizei für friedlichen Fußball“, S. 2: „[…] Gerne wird in der Szene behauptet, dass es die private Entscheidung dieser Menschen sei, sich gegenseitig zu verprügeln, die Polizei kann jedoch eine solche Auslegung gesellschaftlicher Normen nicht akzeptieren […].“ 554 Vgl. oben § 1 D. II. 1. 555 Das Projekt ist mittlerweile abgeschlossen. Vor allem in den Stadien war die Polizei deutlich weniger präsent. Zudem wurde die sichtbare Präsenz bei der Begleitung der Auswärtsfans von den Bahnhöfen zu den Stadien verringert; vgl. Stenografisches Protokoll der Anhörung durch den Innenausschuss des Sächsischen Landtags am 25. 06. 2015, Protokollgegenstand: Drs. 5/1210, S. 18 f.

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

weichen des Rechtstaates sehen,556 wird eine quantitative und qualitative Reduzierung von Polizeieinsätzen bei Fußballspielen in der Wissenschaft überwiegend begrüßt.557 Neben der Reduzierung des Kräfteeinsatzes wird seit Jahren auch ein anderes, mehr am Ziel der Deeskalation orientiertes Auftreten der Polizei gefordert.558 Abzuwarten bleibt, welche Forderungen von Seiten der Politik zukünftig an die Fußball-Akteure gestellt werden. Gesetzesverschärfungen zur Verhinderung von Ausschreitungen im Umfeld von Fußballspielen werden im Schrifttum zu Recht für nicht erforderlich gehalten.559 Schon de lege lata kann gegen die Kriminellen unter den Fußballfans effektiv vorgegangen werden. So bietet etwa § 56c Abs. 2 Nr. 3 StGB im Fall der Verhängung einer Freiheitstrafe die Möglichkeit, dem Täter den weiteren Kontakt zu seiner (gewalttätigen) Fangruppe zu untersagen. Der neu gefasste § 44 Abs. 1 S. 2 StGB erweitert die Möglichkeit als Nebenstrafe ein Fahrverbot zu verhängen und zielt dabei unter anderem auf gewaltbereite Fußballfans ab.560 Kaum angedacht wurde in diesem Zusammenhang bislang, gewaltbereite Fangruppierungen zu verbieten.561 Ob mit den Mitteln des Vereinsverbots in Zukunft wirksam gegen Problemfangruppen gearbeitet werden kann, soll an dieser Stelle untersucht werden. I. Verbot gewaltbereiter Fangruppierungen In der jüngeren Vergangenheit ging der Staat – für bundesweit agierende Gruppierungen ist gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 Gesetz zur Regelung des öffentlichen Ver556 Beispielsweise sei hier auf die Kritik des früheren Senators für Inneres und Sport des Landes Berlin, Henkel, verweisen; vgl. welt.de, 04. 08. 2014, www.welt.de/newsticker/sportnews/article130865698/Berlins-Innenminister-Henkel-kritisiert-NRW-Vorstoss-Rueckzugwaere-falsch.html; ähnlich Siegel, DÖV 2014, 867, 868. Inwieweit es sich bei dem Vorstoß in NRW jedoch tatsächlich um ein neues Konzept handelte, ist fraglich. So werden in anderen Bundesländern schon seit Jahren vergleichbare Einsatzkonzepte praktiziert. Beispielsweise ist die Einsatzplanung bei Heimspielen von Dynamo Dresden ganz ähnlich konzipiert; dazu Stenografisches Protokoll der Anhörung durch den Innenausschuss des Sächsischen Landtags am 25. 06. 2015, Protokollgegenstand: Drs. 5/1210, S. 42 und 68. 557 Vgl. Pilz, Noch mehr Gewalt ins Stadion?, in: Horak et al. (Hrsg.), Fußball und Gewalt, S. 217 (231); Bruder u. a., Gutachten, in: Hahn et al. (Hrsg.), Gewalt, S. 11 (48). 558 Vgl. nur Mayer, Schriftenreihe der Deutschen Hochschule der Polizei 2010 (III – IV), S. 11 (53), der zugleich bessere polizeiinterne Fortbildungen über die Verhaltensweisen von Fußballfans fordert. 559 Vgl. nur Kraft, Bekämpfung der Gewalt, S. 187. 560 Vgl. Schöch, NStZ 2018, 15, 16. 561 Nachdem das nordrhein-westfälische Innenministerium ein Vereinsverbot gegen die Dortmunder Hooligan-Gruppierung „0231-Riot“ prüfte, erklärte die Gruppe im Juli 2017 ihre Auflösung; vgl. 90 min.de, 25. 07. 2017, http://www.90min.de/de/posts/5309138-aufatmenbeim-bvb-hooligan-gruppe-riot-0231-loest-sich-auf.

§ 7 Ergebnis des ersten Teils und Ausblick

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einsrechts (VereinsG) der Bundesinnenminister zuständig; der Landesinnenminister beziehungsweise -senator ist nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 VereinsG grundsätzlich für landesweit agierende Vereinigungen zuständig – mit dem Mittel des Vereinsverbots vor allem gegen salafistische und rechtsextreme Strukturen sowie gegen Rocker vor. Unter der Prämisse, dass die Ultragruppen „das neue und bestimmende Gewaltphänomen im deutschen Fußball“ sind und auch die Hooligan-Gruppen im Verborgenen in diesem Sinne weiterhin agieren, drängt sich die Frage auf, ob nicht auch gewalttätige Fangruppierungen verboten werden können. Als Ermächtigungsgrundlage kommt § 3 Abs. 1 S. 1 Var. 1 VereinsG i. V. m. Art. 9 Abs. 2 Var. 1 GG in Betracht.562 Danach müssten die Gruppierungen jedoch einen Verein im Sinne des Art. 9 Abs. 1 GG und des § 2 Abs. 1 VereinsG darstellen. Nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 VereinsG gilt ohne Rücksicht auf die Rechtsform jede Vereinigung, zu der sich eine Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammengeschlossen und einer organisierten Willensbildung unterworfen hat, als Verein. Diese Begriffsmerkmale werden weit ausgelegt.563 Die Vereinseigenschaft kann unproblematisch bejaht werden, wenn die betroffene Fangruppe, was zumindest bei einigen Ultragruppen der Fall ist, die Rechtsform des Vereins im Sinne der §§ 21 ff. BGB gewählt hat.564 Weder Satzung noch Vereinsorgane sind jedoch erforderlich. Vielmehr genügt eine Organisationsstruktur, die faktisch auf eine organisierte Willensbildung schließen lässt.565 An dieses Merkmal sind jedoch keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Es reicht aus, wenn die Personen sich untereinander als einheitlicher Verband fühlen566 und es nahe liegt, dass die Aktivität der Gruppierung ohne eine gemeinsame Willensbildung nicht möglich wäre.567 Das gerade bei Ultragruppierungen zu beobachtende Tragen von eigenem Merchandise sowie ihr geschlossenes Auftreten kann ein Indiz für den erforderlichen Vereinigungswillen

562 Der Rückgriff auf das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht ist versperrt, da das öffentliche Vereinsrecht als Teil des Sonderordnungsrechts lex specialis ist; vgl. Sailer, in Lisken/ Denninger, Handbuch des Polizeirechts, J. Teil X, Rn. 4. Die materiellen Verbotsgründe ergeben sich dabei ausschließlich aus Art. 9 Abs. 2 GG, während § 3 Abs. 1 S. 1 VereinsG das Verfahren regelt; vgl. Wache, in: Erbs/Kohlhaas (Hrsg.), Strafrechtliche Nebengesetze, § 3 VereinsG, Rn. 8. 563 Siehe dazu BVerwG, NVwZ 2014, 1573, 1575. 564 Vgl. Groh, Vereinsgesetz, § 2, Rn. 2. 565 BVerwG, NVwZ 2014, 1573, 1575. 566 BGHSt 31, 239, 240 m. w Nachw. aus der Rspr. des BGH. 567 OVG Hamburg, Beschl. v. 06. 10. 2000 – 4 Bs 269/00, Rn. 30 ff. (juris). Nach Claus/ Gießler/Wölki-Schumacher, Fußballfanszenen, S. 56 ff., existieren in den deutschen Ultragruppierungen unterschiedliche Organisationsformen. Manche Gruppen sollen über einen offiziellen Führungszirkel verfügen; in anderen Gruppen sollen hingegen informelle Hierarchieebenen vorhanden seien. Grundlegend zur Zusammensetzung der (west-)deutschen Ultragruppen Göldner/Kathöfer/Kotthaus, Struktur einer Jugendszene, in: Kotthaus/Kathöfer (Hrsg.), Unter Ultras, S. 170 ff.

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

darstellen.568 Dennoch verbieten sich angesichts der Heterogenität der Ultra-Bewegung pauschale Aussagen. So berichten Duttler und Haigis von einer großen personellen Fluktuation innerhalb einzelner Ultragruppen.569 Während die Vereinseigenschaft zumindest bei vielen Ultragruppierungen bejaht werden könnte – über die innere Organisation der Hooligans ist vergleichsweise deutlich weniger bekannt –, dürfte der Nachweis der weiteren Voraussetzung des Verbotstatbestandes deutlich schwieriger zu erbringen sein. Nach Art. 9 Abs. 2 GG sind Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen, verboten. Die strafgesetzeswidrige Bestrebung muss weder Hauptzweck oder -tätigkeit der Vereinigung noch dauerhaft angelegt sein.570 Es wäre daher beispielsweise unschädlich, dass bei Ultragruppierungen die Unterstützung des Fußballvereins im Vordergrund steht und der Wettkampf zwischen den Ultragruppen – nicht selten verbunden mit der Begehung von Straftaten – erst an zweiter Stelle kommt. Da eine Vereinigung als solche nicht straffähig ist, können nur das Verhalten und die Absichten der einzelnen Mitglieder Erkenntnisse für strafgesetzwidrige Bestrebungen der Gruppierung liefern.571 Rückschlüsse von persönlichem Verhalten auf die Zwecke der Gruppierung sind möglich, wenn das Verhalten des einzelnen Mitglieds der Gruppierung zugerechnet werden kann und den Charakter der Vereinigung prägt.572 Dies ist nach § 3 Abs. 5 Nr. 1 bis 3 VereinsG der Fall, „wenn 1. ein Zusammenhang zur Tätigkeit im Verein oder zu seiner Zielsetzung besteht, 2. die Handlungen auf einer organisierten Willensbildung beruhen und 3. nach den Umständen anzunehmen ist, dass sie vom Verein geduldet werden“. Dafür reicht es aus, dass die Vereinigung sich mit straffälligen Mitgliedern solidarisch erklärt und sie offen oder unterschwellig zu weiteren Straftaten animiert.573 Zumindest die erste Komponente – die Solidarisierung mit straffälligen Mitgliedern – ist bei vielen Ultra- und Hooligan-Gruppierungen anzutreffen. So werden in den Stadien von den Ultras vereinzelt Fahnen oder Spruchbänder mit den Namen inhaftierter Mitglieder entrollt und deren Freilassung gefordert. Auch die zweite Komponente – die offene oder unterschwellige Aufforderung zu weiteren Straftaten –, dürfte bei einigen Gruppierungen gegeben sein. So werden gerade vor brisanten Spielen regelmäßig Aufrufe zu Gewalttaten veröffentlicht.574 Da diese in der 568

Vgl. Groh, Vereinsgesetz, § 2, Rn. 3; zum geschlossenen Auftreten der Ultras Adam, Die Ultra-Fußballfankultur, in: Duttler/Haigis (Hrsg.), Ultras, S. 63 (68). 569 Duttler/Haigis, Ultras und andere Subkulturen, in: Duttler/Haigis (Hrsg.), Ultras, S. 11 (35). Dass die Ultra- und Hooligan-Gruppen in der Regel keinen politischen oder wirtschaftlichen Zweck verfolgen, ist jedenfalls unbeachtlich, da alle erdenklichen Zwecke – also auch das Unterstützen einer Fußballmannschaft oder das Austragen von Kämpfen gegen andere Fan-/ Hooligan-Gruppierungen – ausreichend sind; vgl. Groh, Vereinsgesetz, § 2, Rn. 7. 570 BVerwGE 80, 299, 307; Baudewin, NVwZ 2013, 1049, 1050. 571 BVerwGE 80, 299, 306. 572 BVerwGE 80, 299, 306 f. 573 Planker, NVwZ 1998, 113, 115. 574 Siehe dazu oben § 3 H. I.

§ 7 Ergebnis des ersten Teils und Ausblick

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Regel anonym im Internet oder auf Aufklebern und Plakaten ohne Hinweis auf die Identität der Beteiligten verbreitet werden, dürfte ein Nachweis der Urheberschaft oftmals nicht leichtfallen. Erschwerend kommt die Heterogenität der Gruppierungen hinzu: Zwar haben die meisten Ultragruppen auch gewaltbereite Mitglieder, nicht selten ist aber der Großteil der Mitglieder (überwiegend) friedfertig. Aus spontanen Einzelstraftaten einzelner Mitglieder kann keine strafgesetzwidrige Bestrebung eines Vereins hergeleitet werden, wenn die Vereinigung die an den Gewalttaten Beteiligten nicht deckt, indem sie ihnen durch Hilfestellung Rückhalt bietet.575 Auch der Gesamtcharakter der Vereinstätigkeit von Ultragruppen dürfte sich in der Regel nicht als strafbar erweisen; dies wäre aber Voraussetzung, um das Vorliegen einer strafbaren Tätigkeit im Sinne des Art. 9 Abs. 2 Var. 2 GG zu bejahen.576 Möglicherweise stellen angesichts dieser strengen Anforderungen an ein Vereinsverbot Verbotsverfahren gegen Fußballfan-Gruppierungen bislang die absolute Ausnahme dar.577

II. Ausbau der europäischen Zusammenarbeit Nicht selten wird im Schrifttum einer Verstärkung der europäischen Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen beim Fußball eine große Bedeutung zugemessen. So spricht etwa Nolte von einer „Europäisierung der Gewaltphänomene“ und zieht daraus den Schluss, dass Lösungen gegen gewalttätige Handlungen bei Fußballspielen nur im Zusammenwirken der europäischen Länder gefunden werden könnten.578 Diese Annahme von Nolte dürfte jedoch nicht zutreffen. Einerseits erscheint es fraglich, von einer „Europäisierung der Gewaltphänomene“ zu sprechen. So sind Gewalttätigkeiten im Umfeld von Fußballspielen kein europäisches Alleinstellungsmerkmal, sondern weltweit – häufig sogar im deutlich größeren Ausmaß – verbreitet.579 Problematisch ist aber insbesondere, dass die Auffassungen, was im Fußballstadion erlaubt und was verboten sein sollte, sich von Land zu Land unterscheiden. Während etwa in skandinavischen oder österreichischen Fankurven (zum Teil legal) Dutzende bengalische Feuer während eines Spiels abgebrannt 575 VGH Kassel, DVBl 2013, 933, 934, für die Straftaten einzelner Mitglieder eines sog. „Charters“ der „Hells Angels“; Planker, NVwZ 1998, 113, 115, mit weiteren Fallgruppen. 576 Vgl. Wache, in: Erbs/Kohlhaas (Hrsg.), Strafrechtliche Nebengesetze, § 3 VereinsG, Rn. 13. 577 Ein Vorstoß aus Sachsen-Anhalt, die Magdeburger Hooligan-Gruppierung „Blue White Street Elite“ zu verbieten, scheiterte. Nach Ansicht des OVG Magdeburg, Urt. v. 23. 9. 2009 – 3 K 436/08, BeckRS 2009, 39131, stellte die Hooligan-Gruppierung schon gar keinen Verein dar; offengelassen von BVerwG, NVwZ 2011, 372, 374. Dagegen soll die Gruppe „0231-Riot“ nach Ansicht des VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 04. 05. 2017 – 14 I 30/17, Rn. 17, ein Verein im Sinne des § 2 VereinsG gewesen sein. 578 Nolte, NVwZ 2001, 147, 153. 579 Allein in Argentinien starben zwischen 1979 und 2013 mindestens 167 Menschen bei Zuschauerausschreitungen; vgl. welt.de, 03. 03. 2013, www.welt.de/newsticker/sport-news/arti cle114082567/Argentinien-Todesopfer-nach-Fussball-Krawallen.html.

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

werden,580 verhängen englische Fußballvereine Stadionverbote gegen Zuschauer, die im Stadion Elektrozigaretten rauchen oder während des Spiels nicht sitzen.581 Insgesamt dürfte der europäischen Zusammenarbeit in Fragen der Gewaltbekämpfung beim Fußball daher in der Praxis nicht der hohe Stellenwert zukommen, der ihr in der Rechtswissenschaft oftmals beigemessen wird, auch wenn sich auf europäischer Ebene weiterhin mit Fragen der Eindämmung von Fan-Gewalt beschäftigt wird.582 Dieser „Blick über den Tellerrand“ mag gerade hinsichtlich eines Informationsaustausches zweckdienlich sein, vor Schnellschüssen muss – angesichts der unterschiedlichen Fan- und Sicherheitsstrukturen – aber entschieden gewarnt werden. Grenzüberschreitende Lösungsansätze – wie etwa Deusch sie für die Lösung der Hooligan-Problematik forderte583 – sind jedenfalls für die gegenwärtige Situation in und um die europäischen Stadien untauglich. So wird in Russland, dem Gastgeberland der Fußball-Weltmeisterschaft 2018, gar über einen Vorschlag des stellvertretenden Duma-Präsidenten, Igor Lebedew, diskutiert, Hooligan-Wettkämpfe weitgehend zu legalisieren und als eigene Sportart anzuerkennen.584 Neben derartigen unterschiedlichen politischen Vorstellungen scheitert eine gesamteuropäische Strategie vor allem daran, dass sich die jeweiligen Fankulturen der Mitgliedstaaten zum Teil fundamental unterscheiden: Auch wenn die großen Fangruppierungen sich in den meisten europäischen Mitgliedstaaten als Ultras bezeichnen, kann das Selbstverständnis der Fangruppen keinesfalls ähnlich oder gar einheitlich genannt werden. Die Ultragruppierungen stellen schon in Deutschland keine homogene Gruppe dar, und dies gilt erst recht bei einer europäischen Gesamtschau. 580 Während in Schweden und Dänemark die Verwendung von Pyrotechnik in den Stadien zwar offiziell verboten ist – ähnlich wie in den 1980er- und 1990er-Jahren in Deutschland jedoch selten ordnungsrechtlich geahndet wird –, wurde in Norwegen das Abbrennen von bengalischen Fackeln in den Stadien schon 2001 partiell legalisiert; vgl. www.tageswoche.ch/ de/2012_06/schweiz/387345/. Zur Rechtslage in Österreich siehe Mähr, Gewalt in Fußballstadien, S. 173 ff. In der US-amerikanischen Major League Soccer werden in einzelnen Stadien sog. „Smoke Device Areas“ eingerichtet, in denen die Fans Rauchbomben und Leuchtfackeln anzünden dürfen; vgl. sbnation.com, 05. 03. 2017, www.sbnation.com/soccer/2017/3/5/14822 656/orlando-city-sc-stadium-smoke-device-area-wall-ruckus. 581 11freunde.de, 06. 01. 2016, www.11freunde.de/artikel/kuriose-stadionverbote. 582 Am 21. 06. 1999 nahm der Rat eine Entschließung über ein Handbuch mit Empfehlungen für die internationale polizeiliche Zusammenarbeit und Maßnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung von Gewalttätigkeiten und Störungen im Zusammenhang mit Fußballspielen von internationaler Dimension, die zumindest einen Mitgliedstaat betreffen, an (ABl. Nr. C 196 S. 1.). Diese Entschließung wurde durch weitere Entschließungen v. 06. 12. 2001 und v. 04. 12. 2006 ersetzt (ABl. Nr. C 322, S. 1). Das aktualisierte Handbuch beruht auf einer Entschließung des Rats v. 03. 06. 2010 (ABl. C 165 S. 1). Zu den Formen polizeilicher europäischer Zusammenarbeit bei Fußballspielen, die sich im Wesentlichen auf den Informationsaustausch, den Einsatz von Polizeibeamten auf fremden Hoheitsgebieten und die Ausreiseverhinderung von Gewalttätern beschränkt siehe Deusch, Gefahrenabwehr, in: Vieweg (Hrsg.), Prisma des Sportrechts, S. 96 (99 ff.). 583 Deusch, Sportgroßveranstaltungen, S. 46 ff. 584 Welt.de, 05. 03. 2017, www.welt.de/sport/fussball/wm-2018/article162605468/Russi scher-Abgeordneter-schlaegt-Hooligan-Wettkaempfe-vor.html.

§ 7 Ergebnis des ersten Teils und Ausblick

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Auf Bundesebene stellt hingegen der regelmäßig tagende Nationale Ausschuss Sport und Sicherheit ein wichtiges politisches Werkzeug dar. Es ist davon auszugehen, dass sich auf innenpolitischer Ebene auch zukünftig weiter mit Sicherheitsfragen im Umfeld des deutschen Profifußballs beschäftigt werden wird. Einerseits liegt dies daran, dass das Nationale Konzept Sport und Sicherheit regelmäßig überarbeitet wird, andererseits bietet die Sicherheitsdebatte im Profifußball der Politik die Möglichkeit, sich medienwirksam im Kampf gegen die vermeintlich ausufernde Fan-Gewalt in Szene zu setzen.585 So werden in schöner Regelmäßigkeit in der Politik, vereinzelt aber auch in der Rechtswissenschaft,586 Stimmen laut, die die Abschaffung der Stehplätze, die Einführung von Körperscannern oder personalisierten Eintrittskarten fordern. Der Nutzen derartiger Maßnahmen im Kampf gegen Zuschauerausschreitungen dürfte jedoch eher gering sein, wirft man ein Blick in andere europäische Länder. So gibt es in den meisten europäischen Stadien keine Stehplätze; dennoch ist die Sicherheitslage vielfach deutlich schlechter im Vergleich zur Situation in Deutschland.587 Auch angesichts der Bilder beim Relegationsspiel zwischen dem TSV 1860 München und dem SSV Jahn Regensburg im Mai 2017, bei dem Dutzende Sitzschalen zu Wurfgeschossen umfunktioniert wurden – die Fankurve von 1860 München ist schon versitzplatzt –, bestehen erhebliche Zweifel an dem Nutzen eines Stehplatzverbotes. Dass ausgerechnet die Vorfälle bei diesem Spiel die öffentliche Diskussion über eine Abschaffung von Stehplätzen588 wieder entfachten, mutetet daher eher kafkaesk an. Bislang haben DFB, DFL e. V. und DFL GmbH es geschafft, den oftmals populistischen Forderungen aus Kreisen der Politik mit der Weiterentwicklung der eigenen Sicherheitskonzepte entgegenzutreten. Gerade im Hinblick auf die Fußball585

Siehe insofern die Kritik von Feltes, Neue Kriminalpolitik, 2013, 48, 52, an den oftmals populistischen Auftritten einzelner Politiker im Zusammenhang mit der Sicherheitsdebatte beim Fußball. 586 So spricht sich Kober, Pyrotechnik, S. 308, für die Abschaffung der Stehplätze aus, wenn der unkontrollierte Einsatz von pyrotechnischen Gegenständen in deutschen Stadien nicht abnehmen sollte. Welcher Zusammenhang zwischen Stehplätzen und der Verwendung von Pyrotechnik besteht, erläutert Kober allerdings nicht. Beispielsweise wird das im Berliner Olympiastadion ohne Stehplätze ausgetragene DFB-Pokalfinale regelmäßig von den Ultras als Bühne genutzt, um großflächige Pyro-Choreographien durchzuführen. 587 Selbst im Vereinigten Königreich, dem Vorreiter der Abschaffung der Stehplätze, wird mittlerweile intensiv über deren Wiedereinführung diskutiert, wobei die Situation in deutschen Stadien gerade als Vorbild herangezogen wird; vgl. dailymail.co.uk, 22. 07. 2016, www.daily mail.co.uk/sport/football/article-3703216/Premier-League-chiefs-open-safe-standing-proposalsManchester-United-clubs-favour-move.html. Die Einführung personalisierter Karten und der damit verbundene bürokratische Mehraufwand könnten dazu führen, dass primär die normalen Stadionbesucher den Stadien fernbleiben. Müller-Eiselt, NVwZ 2016, 643, 644 f., sieht den Nutzen personalisierter Tickets daher eher im Bereich der Schwarzmarktbekämpfung. 588 Kritisch hinsichtlich des Nutzens eines Stehplatzverbotes Meier, Fussballfan, S. 346 f. Bezeichnenderweise gehen wohl ausgerechnet von der versitzplatzten Fankurve von Hansa Rostock deutschlandweit die meisten Störungen innerhalb der Stadien aus (siehe etwa den Nachw. oben in Fn. 211).

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1. Teil: Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs

eigenen Sicherheitskonzepte ist interessant, ob der sich in den vergangenen Jahren abzeichnende Trend anhält, Gästefans komplett oder teilweise vom Stadionbesuch auszuschließen. Wie festgestellt, sind diese Zuschauer-(Teil-)Ausschlüsse aus gefahrenabwehrrechtlicher Sicht negativ zu werten, da sie oftmals zu einer Verschlechterung der Sicherheitslage außerhalb der Stadien führen. Die jüngste Entwicklung gibt jedoch Anlass zur Hoffnung. So gab der DFB im August 2017 bekannt, dem DFB-Kontrollausschuss zu empfehlen, bis auf weiteres darauf zu verzichten, Blocksperren, Teilausschlüsse oder Geisterspiele zu beantragen.589 Umso verwunderlicher ist – vor dem Hintergrund, dass auch Polizeivertreter die negativen Folgen der Zuschauerausschlüsse für die Sicherheitslage im öffentlichen Raum thematisiert haben –, dass diese Intention des DFB auf der 41. Sportministerkonferenz im November 2017 auf drastische Kritik stieß.590 Ungewiss bleibt, wie sich die anhaltende terroristische Bedrohungslage auf die Sicherheitskonzeption im deutschen Profifußball auswirkt. Spätestens seit den Anschlägen von Paris und dem wegen einer konkreten Terrordrohung abgesagten Länderspiel in Hannover im November 2015 sowie dem Bombenanschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund im April 2017 ist klar, dass auch der Fußball im Blickpunkt des Terrorismus beziehungsweise der Wirtschaftskriminalität591 steht. Teilweise wird daher schon eine Verschiebung des Fokus der Sicherheitsdebatte – weg von dem typischen Fehlverhalten von Fußballfans hin zum planvoll agierenden islamistischen Terrorist – prognostiziert.592

589 Spiegel.de, 16. 08. 2017, http://www.spiegel.de/sport/fussball/dfb-spricht-sich-gegen-kol lektivstrafen-aus-keine-geisterspiele-mehr-a-1163095.html. 590 Vgl. mdr.de, 10. 11. 2017, www.mdr.de/sport/fussball_1bl/grindel-gute-diskussionsgrund lage-geschaffen-100.html. 591 Der mutmaßliche Täter des Anschlags auf den Mannschaftsbus soll auf einen Kurseinbruch der BVB-Aktie spekuliert haben, der ihm erhebliche Gewinne am Kapitalmarkt eingebracht hätte; siehe dazu Köpferl/Wegner, WM 2017, 1924 ff. 592 So Müller-Eiselt, NVwZ 2016, 643.

Zweiter Teil

Umfang und Grenzen der Beteiligung der Fußballveranstalter an den polizeilichen Einsatzkosten § 8 Einführung in die Problematik Die Frage, ob die Kosten für Polizeieinsätze bei privaten Großveranstaltungen auf deren Veranstalter abgewälzt werden können, wird nicht erst seit dem Vorstoß des Bremer Gesetzgebers, anhand dessen die Problematik der Polizeikostenabwälzung in dieser Arbeit näher beleuchtet werden soll, kontrovers diskutiert. Schon Anfang der 1980er-Jahre entbrannte, ausgelöst durch einen Vorstoß des hessischen Innenministers,1 eine intensiv auf rechtspolitischer und juristischer2 Ebene geführte Diskussion über eine möglichst bundeseinheitliche Ausweitung der Kostenabwälzung im Bereich der Gefahrenabwehr.3 Die Billigkeit, eine der Komponenten des Rechts (ius est ars boni et aequi)4, wenn man die Rechtsdefinition der Digesten zugrunde legt, spielt im Rahmen der rechtspolitischen Erwägungen über das Für und Wider

1 Der Vorstoß zielte auf eine kostenrechtliche Inanspruchnahme von Störern ab, die einen Polizeieinsatz verursachen. Darüber hinaus sollten die Veranstalter von Veranstaltungen, die regelmäßig einen aufwändigen Polizeischutz erfordern, zur Kasse gebeten werden; vgl. Schenke, NJW 1983, 1882 (dort Fn. 2). 2 OVG Bremen, NJW 1983, 1924; VGH Kassel, NJW 1984, 73 (jeweils zur Zulässigkeit der Polizeikostenerhebung beim Fehlalarm einer Alarmanlage); Kühling, DVBl 1981, 315; Röper, DVBl 1981, 780; Albrecht, in: FS Samper, 165; Majer, VerwArch 73 (1982), 167; Broß, DVBl 1983, 377; Schenke, NJW 1983, 1882; Würtenberger, NVwZ 1983, 192; Götz, DVBl 1984, 14. Speziell zur Zulässigkeit der Polizeikostenerhebung bei Demonstrationen OVG Lüneburg, NVwZ 1984, 323; Adamietz, KJ 1981, 292; Brünneck, NVwZ 1984, 273; Weichert, KJ 1984, 314; Kränz, JuS 1987, 451. Zur allgemeinen juristischen Debatte siehe zudem den Bericht von Mattes, DVBl 1983, 678, über die Beratung im Arbeitskreis II auf dem 7. Deutschen Verwaltungsrichtertag. 3 Die frühen 1980er-Jahre werden ganz überwiegend als Beginn der Debatte über Möglichkeiten der Polizeikostenabwälzung angesehen; vgl. nur Majer, VerwArch 73 (1982), 167, 168; Beutel, Gefahrenverursachung, S. 17; Waechter, Polizeigebühren, S. 2. Seit Gründung der Bundesrepublik war es zuvor kaum zu polizeilichen Großeinsätzen gekommen, sodass die Thematik über viele Jahre nicht beachtet wurde; vgl. Broß, DVBl 1983, 377. 4 Übersetzt ins Deutsche: „Das Recht ist die Kunst der guten Ordnung und der Billigkeit“. Nachweis bei Zippelius, Juristische Methodenlehre, S. 7.

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2. Teil: Beteiligung der Fußballveranstalter an polizeilichen Einsatzkosten

einer Polizeikostenabwälzung auf die Fußballveranstalter5 eine maßgebliche Rolle. Die Beweggründe der Befürworter einer Polizeikostenabwälzung waren und sind nämlich in erster Linie finanzpolitischer Natur:6 So stehen der Finanzknappheit der öffentlichen Haushalte regelmäßig erhebliche finanzielle Gewinne der Großveranstalter gegenüber: Allein die 18 Vereine der Bundesliga setzten in der Saison 2016/17 die stolze Summe von 3, 37 Milliarden Euro um.7 Demgegenüber erbrachten Länderund Bundespolizei in der Saison 2016/17 2.240.607 – für die Fußballveranstalter kostenlose – Arbeitsstunden zur unmittelbaren Einsatzbewältigung bei Profifußballspielen in Deutschland.8 Ohne den späteren Ausführungen zu den finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Kostenabwälzung vorgreifen zu wollen, sei allerdings schon an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass bloße Billigkeitserwägungen eine rechtliche Zurechnung der Polizeieinsätze nicht begründen können.9 Im Rahmen der Diskussion in den 1980er-Jahren schienen einzelne FußballBundesligisten allerdings nicht allein auf juristische Argumente vertrauen zu wollen, sondern drohten gar, die für eine Kostenabwälzung Verantwortlichen an den Stadioneingängen steckbrieflich bekannt zu machen.10 Zu dieser fragwürdigen Maßnahme mussten die Fußballvereine letztlich nicht greifen, da sich die Idee einer bundeseinheitlichen Regelung nie durchsetzen konnte.11 Dabei war der badenwürttembergische Landesgesetzgeber bereits in den 1960er-Jahren mit der Imple5

Diskutiert wird eine Polizeikostenbeteiligung auch bei neueren Phänomenen, wie etwa den sog. „Facebook-Partys“; dazu Söllner/Wecker, ZRP 2011, 179, 181 f.; VG Magdeburg, Urt. v. 28. 03. 2017 – 1 A 1108/14 (juris); siehe insofern für Hessen Ziffer 512 der Anlage zu § 1 der HessVwKostO-MdIS, wonach Gebühren erhoben werden bei „Einsätze[n] wegen einer öffentlichen Ansammlung aufgrund eines Aufrufes oder dessen Weiterverbreitung in einem Sozialen Netzwerk, wenn die aufrufende oder den Aufruf weiterverbreitende Person die öffentliche Ansammlung schuldhaft herbeigeführt hat und die Behörde den die Ansammlung bildenden Personen eine Platzverweisung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung erteilt hat“. Eine vergleichbare Regelung findet sich für Baden-Württemberg in Nr. 15.14 des Gebührenverzeichnisses des Innenministeriums. 6 Dass der aktuelle Vorstoß zur Polizeikostenabwälzung gerade aus Bremen kommt, ist insofern wenig überraschend. So sah der Haushaltsplan des Landes und der Stadt Bremen allein für 2016 ein Finanzierungsdefizit in Höhe von 785 Millionen Euro vor; vgl. Freie Hansestadt Bremen, Haushaltsporträt 2016 / 2017. Land und Stadtteilgemeinde Bremen, S. 4 (abrufbar unter file://hm.intern/Userdata/FFM/MYS/Documents/Downloads/Haushaltsportr%C3%A4t% 202016_2017.pdf). Schon die Debatte in den 1980er-Jahren wurde unter dem Stichwort des „Diktats der leeren Kassen“ geführt; vgl. Broß, DVBl 1983, 377, 378; ders., VerwArch 74 (1983), 388. 7 Siehe den Nachweis in der Einleitung, Fn. 3. Zu der finanzpolitischen Motivation einer Kostenbeteiligung von Großveranstaltern siehe auch Broß, VerwArch 74 (1983), 388; Würtenberger, NVwZ 1983, 192, 193; Schmidt, ZRP 2007, 120; Heise, NVwZ 2015, 262. Weitere rechtspolitische Beweggründe finden sich bei Schmidt, ZRP 2007, 120, 121. 8 Jahresbericht der ZIS 2016/17, S. 6. 9 Vgl. Böhm, NJW 2015, 3000, 3001; Kirchhof, Nichtsteuerliche Abgaben, in: HStR V, § 119, Rn. 30; anders aber wohl Stümper, Großsportveranstaltungen, S. 168. 10 Siehe dazu Schenke, NJW 1983, 1882. 11 Zu den Hintergründen siehe Majer, VerwArch 73 (1982), 167, 190.

§ 8 Einführung in die Problematik

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mentierung eines speziellen Kostentatbestandes zur anteiligen Beteiligung privater Veranstalter an den polizeilichen Einsatzkosten vorgeprescht. Dieser Vorstoß stand unter der Prämisse, dass eine gewisse „Grundversorgung“ mit polizeilichem Schutz auch den betroffenen Großveranstaltern zustehen sollte.12 Dies zeigt schon der Wortlaut der damaligen Fassung. So konnte nach § 81 Abs. 2 S. 1 Polizeigesetz Baden-Württemberg (PolGBW) a. F.13 für die Kosten polizeilicher Maßnahmen bei privaten Veranstaltungen von dem Veranstalter Ersatz verlangt werden, soweit „weitere als die im üblichen örtlichen Dienst eingesetzten Polizeibeamten herangezogen werden müssen“. Gegenüber den Profifußballvereinen wurde jedoch nur vereinzelt von dieser Ermächtigungsgrundlage Gebrauch gemacht.14 Angesichts des Fehlens vergleichbarer Regelungen in den anderen Bundesländern15 erwiesen sich aus Sicht der baden-württembergischen Landespolitik die Befürchtungen, die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Veranstalter zu beschädigen, als so schwerwiegend, dass die Regelung zum 1. Dezember 1991 schließlich ersatzlos gestrichen wurde.16 12

Gädeke, Sportgroßveranstaltungen, S. 162. Mit der Neufassung des PolGBW v. 16. 01. 1968, (GBl. 1968, S. 61), wurde der Kostentatbestand in § 81 Abs. 2 S. 1 PolGBW eingefügt. Durch das Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes v. 22. 10. 1991 (GBl. 1991, S. 625) wurde die Regelung ersatzlos aufgehoben. 14 Das VG Sigmaringen, Urt. v. 03. 09. 1980 – 3 K 31/80 (unveröffentlicht; Nachw. bei Röper, DVBl 1981, 780), bestätigte einen Bescheid der Landespolizeidirektion Tübingen, wonach der VfB Stuttgart mehr als 10.000 Deutsche Mark für den Einsatz einer zusätzlichen Schutzpolizeibereitschaft zahlen sollte. 15 Nach § 84 Abs. 2 S. 1 HSOG a. F. (GVBl I 1964, S. 209), konnte Kostenersatz von privaten Veranstaltern dann verlangt werden, wenn weitere als die im üblichen örtlichen Dienst eingesetzten Polizeivollzugsbeamten herangezogen werden mussten; hierzu VGH Kassel, DVBl 1976, 717 ff. Durch das Gesetz zur Änderung der HSOG v. 17. 12. 1971 (GVBl I 1971, S. 333) wurde der in § 84 Abs. 2 S. 1 HSOG enthaltene Tatbestand der „privaten Veranstaltung“ ersetzt. Nach der neuen Fassung (später aufgrund der HSOG-Novelle v. 26. 01. 1972 [GVBl I 1972, S. 23] wortgleich in § 82 Abs. 2 S. 1 HSOG geregelt) konnte derjenige, der „außergewöhnliche Maßnahmen der polizeilichen Gefahrenabwehr verursacht“, zum Ersatz der vollzugspolizeilichen Kosten herangezogen werden. Die Regelung wurde durch das Gesetz v. 20. 12. 1979 (GVBl I 1980, S. 12) ersatzlos gestrichen. Die hinreichende Bestimmtheit des Terminus „außergewöhnliche Gefahrenabwehr“ war fragwürdig; dazu Beutel, Gefahrenverursachung, S. 119 f.; zum Ganzen auch schon Habermann, Gebühren, S. 20 (dort Fn. 17). 16 Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes v. 22. 10. 1991 (GBl. 1991, S. 625). Zu den offiziellen Motiven, die zur ersatzlosen Streichung geführt haben, siehe Landtag BadenWürttemberg, Drs. 10/5230, S. 60 f.; Landtag Baden-Württemberg, Drs. 13/3808, S. 2. Hervorzuheben ist dabei, dass der Gesetzgeber den Umstand, dass die bislang kostenpflichtigen Polizeieinsätze „zumindest auch den polizeilichen Interessen an der Aufrechterhaltung des Straßenverkehrs sowie sonstiger Sicherheitsbelange“ dienten, als Mitbeweggrund aufführte. Kempny, DVBl 2017, 862, 863, mutmaßt, dass explizit ein befürchteter Standortnachteil für den VfB Stuttgart für die Aufhebung ausschlaggebend war. Der VGH Mannheim, NJW 1981, 1226, hatte die Norm in der damaligen Fassung als verfassungskonform erachtet. In der Literatur wurden hingegen bisweilen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit geäußert. Ausführlich dazu Majer, VerwArch 73 (1982), 167, 174 ff., die die Norm letztlich für verfassungskonform auslegbar hielt; zustimmend Würtenberger, NVwZ 1983, 192, 197; ähnlich auch Broß, DVBl 13

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2. Teil: Beteiligung der Fußballveranstalter an polizeilichen Einsatzkosten

Da in Baden-Württemberg von der Möglichkeit der Kostenabwälzung auf Großveranstalter nur zurückhaltend Gebrauch gemacht worden war und die Innenminister der Länder sich auf ein gemeinsames Vorgehen nicht hatten einigen können, hatte die Thematik schon einige Jahre vor der Streichung von § 81 Abs. 2 S. 1 PolGBW an Aktualität verloren.17 Mit dem Abebben der politischen Diskussion verlor auch der juristische Streitstand zunächst an Relevanz, obwohl die Problematik aus rechtswissenschaftlicher Sicht noch nicht abschließend geklärt worden war18 und auch heutzutage noch hoch umstritten ist. Beim Unterfangen, den bisherigen wissenschaftlichen Meinungsstand historisch aufzurollen, stößt man angesichts des Umstandes, dass Kostentatbestände im Bereich der polizeilichen Gefahrenabwehrarbeit im Umfeld von Großveranstaltungen kaum vorhanden waren und immer noch kaum vorhanden sind, schnell auf einzelne Versuche, durch Rückgriffe auf schon vorhandene Vorschriften in den Polizeigesetzen, also de lege lata, eine Kostenabwälzungsmöglichkeit zu begründen. Ausgangspunkt dieses Ansatzes, der an Aktualität nicht verloren hat,19 ist die Frage, ob Großveranstalter Störer im polizeirechtlichen Sinne sind. Bevor sich mit diesem Punkt näher beschäftigt werden kann, muss zunächst eine ganz entscheidende Problemstellung angesprochen werden, die sich nach den Ergebnissen des ersten Teils dieser Arbeit geradezu aufdrängen muss: Gibt es den Typus des Großveranstalters überhaupt und wenn ja, ist es sinnvoll, die Veranstalter von Profifußballspielen unter dem Terminus des Großveranstalters zu fassen, ohne in der Folge eine Differenzierung zwischen einzelnen Großveranstaltungen vorzunehmen? So wird der Themenkomplex der Polizeikostenabwälzung in der Rechtswissenschaft schon seit Jahrzehnten überwiegend an der abstrakten Figur der Großveranstaltung behandelt. Dieser Umstand dürfte historisch bedingt sein. Die Entwicklung, dass diverse Veranstaltungen – als Beispiele gelten neben Fußballspielen auch Rad- und Autorennen, Versammlungen politischer Parteien, Gelöbnisfeiern der Bundeswehr oder Demonstrationen im Zusammenhang mit der Errichtung von Kernkraftwerken und Flughafengeländen20 – vermehrt von erheblichen Polizeieinsätzen begleitet werden mussten, zeichnete sich seit Beginn der 1970erJahre ab. In der anschließenden rechtspolitischen und juristischen Debatte über eine Beteiligung der betroffenen Veranstalter an den Einsatzkosten wurden die relevanten Veranstaltungen unter dem Oberbegriff der Großveranstaltung zusammengefasst. Diese, so meint etwa Beutel, soll dadurch gekennzeichnet sein, dass sie einer be1983, 377; kritisch hingegen Sailer, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2. Aufl. (1996), M, Rn. 34 ff. und 64 f. 17 Vgl. Lege, VerwArch 89 (1998), 71, 72 und 82 f. 18 Als „eingefrorenen juristischen Streitstand“ bezeichnete Lege, VerwArch 89 (1998), 71, 72 f., den Diskussionsstand ein gutes Jahrzehnt später. 19 2014 etwa Lange, Zweckveranlassung; Beutel, Gefahrenverursachung; zur Störereigenschaft von Profifußballvereinen VG Hamburg, Beschl. v. 02. 04. 2012 – 15 E 756/12, Rn. 30 ff (juris). 20 Vgl. die Beispiele bei Broß, DVBl 1983, 377, und Götz, DVBl 1984, 14.

§ 8 Einführung in die Problematik

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sonderen polizeilichen Überwachung bedürfe, die die Dimensionen üblicher und jederzeit „ohne weiteres“ zu erbringender Polizeileistungen übersteige.21 Subsumiert man Profifußballspiele in Deutschland unter jene Definition, kann man diese – angesichts des Umfangs der polizeilichen Begleitung von Fußballspielen in Deutschland – ohne weiteres zu den Großveranstaltungen zählen. In der weiteren Debatte über die Zulässigkeit einer Kostenabwälzung auf die Großveranstalter wurden zusätzliche Differenzierungen zwischen kommerziellen und nicht-kommerziellen Veranstaltungen, öffentlichen und privaten Veranstaltungen sowie solchen mit religiösen, wissenschaftlichen, erzieherischen oder politischen Hintergründen und anderen Veranstaltungen getroffen. Die Veranstaltung von Profifußballspielen kann in diesem Zusammenhang ohne Zweifel den kommerziellen Großveranstaltungen zugerechnet werden. Innerhalb dieser Gruppe der kommerziellen Großveranstalter wurde die naheliegende Frage, ob es den „einen“ Großveranstalter überhaupt gibt – der Gesetzgeber verwendet den Begriff der Großveranstaltung etwa in Art. 20 Bayerisches Rettungsdienstgesetz (BayRDG) und § 6 Abs. 1 Nr. 13 StVG –, bislang überwiegend ausgeblendet. Stattdessen dienen, um den abstrakten Begriff der kommerziellen Großveranstaltung zu veranschaulichen, hinsichtlich der Debatte über eine Polizeikostenbeteiligung weit überwiegend Profifußballspiele als Musterbeispiel. Der Umstand, dass sich die sicherheitsrelevanten Problemfelder von Großveranstaltung zu Großveranstaltung bisweilen fundamental unterscheiden, wird dabei leider oftmals außer Acht gelassen. So muss – im Gegensatz zu Polizeieinsätzen bei Fußballspielen – bei einem Rockfestival nicht auf eine strikte Trennung unterschiedlicher Gruppen (beispielsweise von Fangruppen unterschiedlicher Bands) geachtet werden, besteht bei einem Popkonzert nicht die Gefahr, dass Besucher des Konzerts überfallen werden, um ein Merchandise-Shirt der Sängerin als Trophäe zu entwenden. Die Gefahrensituation bei Fußballspielen unterscheidet sich noch aus einem weiteren Grund erheblich von anderen Großveranstaltungen. So wurde aufgezeigt, dass oftmals ein nicht unerheblicher Anteil der Störer im Umfeld von Profifußballspielen nicht zu den Besuchern der Veranstaltung zählt: sei es, weil gegen diese ein lokales oder bundesweites Stadionverbot festgesetzt wurde, gegen sie ein Aufenthaltsverbot für den Stadionbereich und das unmittelbare Stadionumfeld erlassen wurde, den Störern ihre Eintrittskarten von Seiten des Vereins entzogen wurden22 oder die Störer aus dem „fußballfremden Milieu“ (Türsteher, Rocker, Kampfsportler) stammen. Bei Fußballspielen herrscht im Vergleich zu anderen Großveranstaltungen daher nicht nur eine andere Gefahrenlage, sondern auch die Ursache für die Notwendigkeit eines Polizeieinsatzes bei Fußballspielen unterscheidet sich

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Beutel, Gefahrenverursachung, S. 20. Ruhrnachrichten.de, 14. 07. 2016, www.ruhrnachrichten.de/staedte/dortmund/44137-Dort mund~/Borussia-Dortmund-BVB-will-Ultras-offenbar-die-Auswaerts-Dauerkarten-entziehe n;art930,3064982. 22

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2. Teil: Beteiligung der Fußballveranstalter an polizeilichen Einsatzkosten

bisweilen fundamental von der Notwendigkeit von Polizeieinsätzen bei anderen Großveranstaltungen.23 Ob es sinnvoll ist, die Thematik der Polizeikostenabwälzung, ohne Differenzierung zwischen einzelnen Veranstaltungen, ausschließlich an der abstrakten Figur des Großveranstalters zu erörtern, erscheint daher fragwürdig. So wird auch die rechtspolitische Diskussion über eine Polizeikostenabwälzung auf Großveranstalter nur vordergründig am Begriff der Großveranstaltung geführt; letztlich geht es um die polizeilichen Einsatzkosten bei Profifußballspielen. Dies verwundert auch nicht angesichts des Umstandes, dass bei Profifußballspielen im Vergleich zu anderen Großveranstaltungen erheblich mehr Polizeikräfte eingesetzt werden und gerade deren Einsätze bei Fußballspielen daher so kostenintensiv sind. Vielsagend ist etwa eine Aufschlüsselung der polizeilichen Einsatzkosten bei unterschiedlichen Großveranstaltungen in Baden-Württemberg für die Jahre 2012 und 2013. Die polizeilichen Einsatzkosten bei Fußballspielen in den ersten fünf Spielklassen einschließlich einiger Sonderspiele waren nicht nur in absoluten Zahlen mit Abstand am höchsten, sondern lagen auch im Verhältnis zur Besucheranzahl mit weitem Abstand vor den erfassten Motorsportrennen, Eishockey-, Volleyball- und Handballspielen sowie Märkten, Volksfesten und Konzerten.24 Dass zur Rechtsetzung ein gewisses Maß an Abstraktion praktisch unumgänglich ist und der Gesetzgeber vor dem Hintergrund von Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG auch von Verfassungs wegen verpflichtet ist, zu abstrahieren, soll selbstverständlich nicht in Abrede gestellt werden. Vielmehr bezieht sich die Kritik auf die Verallgemeinerungen, die auf tatsächlicher Ebene in der juristischen Debatte getroffen wurden und werden. Ziel dieser Arbeit ist unter anderem in den nachfolgenden Kapiteln, die in der Rechtswissenschaft bislang zumeist pauschal anhand der Figur des Großveranstalters gezogenen Schlussfolgerungen hinsichtlich einer etwaigen Störer- oder Gebührenschuldnereigenschaft von Großveranstaltern kritisch zu hinterfragen, indem der Blick auf die Details gelenkt wird, die Polizeieinsätze bei Fußballspielen gerade von Polizeieinsätzen bei anderen Großveranstaltungen unterscheiden. Die darüber hinaus im ersten Teil dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnisse über den Wandel der Publikumsstruktur im deutschen Fußball und den damit verbundenen Veränderungen innerhalb der Störerszene zwingen schließlich auch dazu, Aussagen, 23

So wies beispielsweise auch der baden-württembergische Landespolizeipräsident Klotter, in: WFV (Hrsg.), Justiz und Sportgerichtsbarkeit, S. 127 (137), eine Vergleichbarkeit zwischen Polizeieinsätzen bei Volksfesten und Polizeieinsätzen im Umfeld des Profifußballs entschieden zurück. 24 Vgl. Landtag Baden-Württemberg, Drs. 15/7007, S. 2 f. Auffällig ist vor dem Hintergrund der Erkenntnisse aus dem ersten Teil der Arbeit (der Besuch von Bundesligaspielen ist möglicherweise deutlich ungefährlicher als der Besuch des Münchener Oktoberfests) der erhebliche Unterschied von rund 4 Euro Einsatzkosten pro Besucher bei den erfassten Fußballspielen im Vergleich zu nur 0,18 Euro Einsatzkosten pro Besucher beim „Cannstatter Wasen“, das als das zweitgrößte Volksfest der Welt hinter dem Münchener Oktoberfest gilt und somit eine ganz ähnliche Publikumsstruktur und Gefährdungslage aufweisen dürfte.

§ 9 Polizeirechtlicher Ansatz

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die im Rahmen der Debatte über die Möglichkeiten einer Polizeikostenabwälzung explizit auf die Situation bei Fußballspielen bezogen waren, hinsichtlich ihrer Übertragbarkeit auf die heutige Situation innerhalb und außerhalb der Stadien zu prüfen. Klar ist jedenfalls, dass Einschätzungen zur möglichen Störer- und Kostenschuldnereigenschaft von Fußballveranstaltern, die sich auf die Gefahrensituation bei Fußballspielen in den 1980er- und 1990er-Jahren bezogen haben, nicht als Blaupause für die heutige Situation beim Fußball dienen können.

§ 9 Polizeirechtlicher Ansatz Neben dem vom Bremer Gesetzgeber gewählten gebührenrechtlichen Ansatz wurde und wird in der Rechtswissenschaft die Möglichkeit einer Polizeikostenabwälzung auf Großveranstalter mit den Mitteln des klassischen Polizeirechts diskutiert. In Erwägung gezogen wird dabei eine (anteilige) Kostenabwälzung auf Sekundärebene unter Rückgriff auf die einschlägigen Ermächtigungsnormen in den Polizei- und Verwaltungsvollstreckungsgesetzen. Eine Auseinandersetzung mit sämtlichen Einzelmeinungen zur Störereigenschaft von Großveranstaltern, hier im Speziellen der Störereigenschaft von Fußballvereinen und -verbänden, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen: Zu variantenreich sind die einzelnen Auffassungen, die zu dieser Thematik schon einmal angedacht und vertreten worden sind. Dennoch soll der Versuch unternommen werden, einzelne Argumentationslinien nachzuzeichnen und sich mit diesen auseinanderzusetzen, zumal gerade durch die Dissertationen von Lange; Zweckveranlassung, und Beutel, Gefahrenverursachung, die wissenschaftliche Debatte25 über eine mögliche Störereigenschaft von Großveranstaltern neuen Schwung aufgenommen hat. Darüber hinaus kann die Auseinandersetzung mit der Störerfrage wertvolle Erkenntnisse für den späteren gebührenrechtlichen Teil liefern. Denn auch wenn hinsichtlich der gebührenrechtlichen Zurechnungsprinzipien manches streitig sein mag, ist dort zumindest anerkannt, dass derjenige, der schon im polizeirechtlichen Sinne Störer ist, zugleich auch Verantwortlicher im gebührenrechtlichen Sinne ist.

A. Gefahren für die öffentliche Sicherheit bei Fußballveranstaltungen Schon im ersten Teil der Arbeit wurde dargelegt, dass sich im Umfeld von Profifußballspielen, aufgrund der Verhaltensmuster so bezeichneter „Problemfans“, regelmäßig Gefahren für die öffentliche Sicherheit – im Speziellen Gefahren für die subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen (Leben, Gesundheit und Ei25

Beide Dissertationen erschienen 2014.

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2. Teil: Beteiligung der Fußballveranstalter an polizeilichen Einsatzkosten

gentum) sowie für die gesamte Rechtsordnung (Verstöße gegen Strafgesetze oder Ordnungswidrigkeitentatbestände)26 – bejahen lassen. Über diese unstreitig vorliegenden Fälle von Gefahren für die öffentliche Sicherheit bei Fußballspielen hinaus gibt es Ansätze in der Literatur, schon in einer großen Zuschauermenge als solche (in Dortmund, dem Stadion mit der höchsten Zuschauerkapazität, verfolgen bis zu 81.360 Zuschauer ein einzelnes Spiel) eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu sehen. Diese von Lege entwickelte und später in der Literatur vereinzelt27 aufgegriffene Auffassung, wonach Zuschauermengen ab einer kritischen Masse nicht mehr ohne weiteres kontrollierbar seien, was gerade bei Fußballspielen wegen der „kämpferischen Atmosphäre“, die ein Spiel erzeugen würde, schnell erreicht sei,28 ist abzulehnen. Offenbleiben kann dabei, ob die Ansicht Leges zumindest der Situation bei Fußballspielen in den 1990er-Jahren entsprach; für die heutigen Problembereiche im Umfeld des Fußballs trifft sie jedenfalls regelmäßig nicht mehr zu, wie die aus dem ersten Teil dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnisse zeigen: Die heutigen Störer üben den eigenen „Wettbewerb“ untereinander losgelöst vom Spielgeschehen auf dem Platz aus – nicht selten sogar vom konkreten Spieltag (Übergriffe im privaten Bereich, Drittortauseinandersetzungen). Die heutigen Auseinandersetzungen beim Fußball werden fast schon professionell ausgeübt; sie sind bisweilen minutiös geplant, um der Polizei ein rechtzeitiges Eingreifen zu erschweren. Schon dieses Verhalten spricht gegen ein durch die „kämpferische Atmosphäre“ des Fußballs verursachtes Vorgehen der Störer, das in dem Fall gerade nicht akribisch vorbereitet, sondern impulsiv erfolgen müsste.29 Auch weitere Ergebnisse des ersten Teils widerlegen die Auffassung, die schon im Anlocken der Zuschauermenge beim Fußball eine Gefahr erblicken möchte. Vor allem der friedfertige Verlauf bei Länderspielen, die ohne die beim Vereinsfußball anzutreffende Störerklientel, aber mit ähnlich hohen Zuschauerzahlen stattfinden, zeigt, dass die „fußballtypischen“ Gefahren nicht mit der Zuschaueranzahl, sondern allenfalls mit der Zusammensetzung des Publikums korrelieren. Selbst diese Aussage im letzten Halbsatz kann vor dem Hintergrund, dass die Gefahren im Umfeld der Stadien bisweilen von Nicht-Besuchern (Personen mit Stadionverbot, „fußballfremde“ Schläger aus dem Rocker- und Türstehermilieu) ausgehen, nur einge26 Siehe die unter § 3 dargestellten Beispiele zu den „fußballtypischen“ Straftaten. Die öffentliche Sicherheit wird durch die objektive Verwirklichung von Straf- und Ordnungswidrigkeitstatbeständen beeinträchtigt, unabhängig davon, ob auch der subjektive Tatbestand verwirklicht wurde, der Täter schuldhaft handelte oder die konkrete Strafbarkeit des Täters an anderen Gründen scheitert; vgl. VGH Kassel, NVwZ 2006, 1435. 27 Wahlen, Polizeikostenerstattung, S. 112; in diese Richtung auch Beutel, Gefahrenverursachung, S. 144 f.; differenzierend Gädeke, Sportgroßveranstaltungen, S. 169 ff.; Heise, NVwZ-Extra 2015, 1, 5 f.; Hollands, Gefahrenzurechnung, S. 181 („[…] soweit gerade die besondere Eigendynamik von Massenversammlungen ihren Teil zur Entstehung der Gefahr beiträgt […]“). 28 So ausdrücklich Lege, VerwArch 89 (1998), 71, 76. 29 Ähnlich auch Heise, NVwZ-Extra 2015, 1, 6, unter Hinweis auf die Drittortauseinandersetzungen.

§ 9 Polizeirechtlicher Ansatz

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schränkt gelten. Wie im ersten Teil der Arbeit dargestellt, wird die polizeiliche Gefahrenprognose maßgeblich von der Anzahl der erwarteten Störer beeinflusst. Wenn sich Gädeke nun etwa auf das Unglück bei der Loveparade in Duisburg im Jahr 2010 beruft,30 bei dem 21 Personen im Gedränge starben, passt dieses Beispiel nicht auf die Gefahrenlage beim Fußball, da die Polizeieinsätze hier in der Regel nicht aus Angst vor Massenpaniken erfolgen,31 sondern die „fußballtypischen“ Straftaten unterbinden sollen. Dass es zumindest denkbar ist, dass eine Masse an Zuschauern aufgrund fußballspezifischer Ereignisse, wie etwa einem entscheidenden Gegentreffer im Abstiegskampf, außer Kontrolle gerät, zeigen einige wenige Beispiele aus den vergangenen Jahren, in denen größere Zuschauergruppen auf Spielsituationen durch (versuchte) Platzstürme oder das massive Abbrennen von Feuerwerkskörpern reagierten, um Spielunterbrechungen herbeizuführen.32 Aus derartigen Ausnahmefällen aber den Schluss zu ziehen, dass generell größere Zuschauermassen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen, wäre verfehlt. Die bloße Möglichkeit des Schadeneintritts reicht für die Bejahung einer Gefahr nicht aus. Es muss eine hinreichende Wahrscheinlichkeit vorliegen.33 Abzustellen ist daher grundsätzlich auf die einzelnen Gewalttäter innerhalb der Zuschauermasse.34 Dagegen ist es nicht ausgeschlossen, dass die Veranstaltung eines Profifußballspiels als Massenveranstaltung im Einzelfall eine Gefahr für die Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Straßenverkehrs darstellt. Diese zählt zum Schutzgut der öffentlichen Sicherheit.35 Gerade auf den Zubringerstraßen zum Stadion kann es aufgrund des erhöhten Verkehrsaufkommens zur Beeinträchtigung der Leichtigkeit des Straßenverkehrs, unter Umständen aber auch der Sicherheit des Straßenverkehrs

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Vgl. Gädeke, Sportgroßveranstaltungen, S. 169 (dort Fn. 772). In Einzelfällen wird der polizeilichen Einsatzkonzeption bei Fußballspielen gar vorgeworfen, Gedränge und Paniken unter Zuschauern erst hervorzurufen; siehe etwa wz.de, 02. 05. 2016, www.wz.de/lokales/duesseldorf/sport/fortuna-duesseldorf/fortuna-kritisiert-verhal ten-der-polizei-1.2177814. 32 Siehe die im 1. Teil unter Fn. 206 angeführten jüngeren Vorfälle bei Relegationsspielen. 33 Die polizeirechtlichen Gefahrenbegriffe werden im HSOG – anders als etwa in § 2 Nr. 3 Bremisches Polizeigesetz (BremPolG)– nicht legaldefiniert. Eine konkrete Gefahr liegt danach vor, wenn in dem zu beurteilenden konkreten Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit einem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann, siehe auch BVerwGE 116, 347, 351. Der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad hängt maßgeblich von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab: Bei besonders hochwertigen Rechtsgütern, wie etwa das Leben und die Gesundheit von Menschen, kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen; vgl. Petersen-Thrö/Elzermann, KommJur 8/2006, 289, 295. 34 Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 134 f. 35 VG Würzburg, Beschl. v. 21. 03. 2011 – W 5 S 11.219, Rn. 7 (juris). 31

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2. Teil: Beteiligung der Fußballveranstalter an polizeilichen Einsatzkosten

kommen.36 Pauschale Aussagen verbieten sich jedoch in diesem Zusammenhang. So hängt die Beeinträchtigung des Straßenverkehrs maßgeblich von den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten ab. Während sich nicht wenige ältere Stadien noch in den Innenstädten befinden oder zumindest zentrumsnah gelegen sind, wird bei der Planung neuerer Fußballstadien ein besonderer Fokus auf eine verkehrsgünstige Lage gelegt: Neue Stadien entstehen an leistungsfähigen Zubringerstraßen – nicht selten in unmittelbarer Nähe der Autobahnen, verfügen über S- oder U-Bahn-Haltestellen und ein eigenes P+R-System.37 Unabhängig davon konzentriert sich die Polizeiarbeit beim Fußball heutzutage – in den 1970er-Jahren mag dies noch anders gewesen sein – nicht auf die Verkehrsüberwachung. Dieser kommt generell in der polizeilichen Praxis seit Jahren eine immer geringere Rolle zu.38 Bei der an der zu erwartenden Störeranzahl ausgerichteten polizeilichen Einsatzplanung bei Profifußballspielen gilt dies erst recht.

B. Fußballveranstalter als Störer I. Problemaufriss Soweit die Polizei- und Ordnungsbehörden Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bekämpfen, müssen sie sich vordergründig an die hierfür Verantwortlichen im polizeirechtlichen Sinne, die Störer, halten.39 Daraus folgt, dass auch die an die Zwangsmaßnahme anknüpfende Kostenpflicht grundsätzlich die Störereigenschaft des Veranstalters voraussetzen würde. Insofern dreht sich die Diskussion im Rahmen des polizeikostenrechtlichen Ansatzes maßgeblich um eine mögliche Polizeipflichtigkeit der Veranstalter. Folgende Frage muss dafür zwingend beantwortet werden: Können den Fußballvereinen sowie den Verbänden – grundsätzlich in Betracht zu ziehen sind DFB, DFL e. V. und DFL GmbH –40 die Gefah36 Heise, NVwZ-Extra 2015, 1, 5, erblickt in diesem Fall mit Lege schon in der durch die Veranstaltung angezogenen Menschenmenge die Gefahr; ebenso Gädeke, Sportgroßveranstaltungen, S. 170 f. 37 Siehe nur die Planungen für ein neues Fußballstadion von Hertha BSC Berlin; vgl. tagesspiegel.de, 23. 11. 2016, http://www.tagesspiegel.de/berlin/neues-stadion-fuer-hertha-bscdie-hertha-will-ein-neues-zuhause/14884802.html. 38 Siehe die Ausführungen und Statistiken bei Müller, NZV 2017, 19 ff. 39 Statt vieler Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 228. Störer im polizeirechtlichen Sinne ist derjenige, der aus ex-ante-Sicht objektiv für den gefahrbegründenden Zustand ordnungsrechtlich verantwortlich ist; vgl. VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid v. 28. 11. 2014 – 6 K 5643/13, Rn. 52 (juris). Daneben kann auch der Anscheinsstörer, der nach pflichtmäßiger ex-ante-Beurteilung als ordnungsrechtlich Verantwortlicher erscheint (ohne aus ex-post-Sicht polizeipflichtig gewesen zu sein), richtiger Adressat einer Gefahrenabwehrmaßnahme sein; vgl. OVG Münster, DVBl 2013, 931, 932. 40 Im Gegensatz zu juristischen Personen des öffentlichen Rechts können auch juristische Personen des Privatrechts polizeipflichtig sein; vgl. Schenke, Öffentliche Sicherheit, in: Kube et al. (Hrsg.), Leitgedanken des Rechts, Bd. I, S. 814.

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renzustände im Zusammenhang mit der Austragung von Profifußballspielen zugerechnet werden, obwohl die Ausschreitungen von eigenverantwortlich handelnden Randalierern begangen werden? Ausgangspunkt bei der Beantwortung dieser Frage sind die polizeirechtlichen Adressatenregelungen – in Hessen die §§ 6, 7 und 9 HSOG, wobei letztere gerade die Inanspruchnahme Nichtverantwortlicher regelt und dementsprechend außen vorbleiben muss. Der Tatbestand des § 6 Abs. 1 HSOG, der die Handlungsverantwortlichkeit regelt, ist denkbar knapp gefasst: „Verursacht eine Person eine Gefahr, […].“ Ähnlich kurz ist die Zustandsverantwortlichkeit in § 7 Abs. 1 HSOG geregelt: „Geht von […] einer Sache eine Gefahr aus, […].“ Zu fragen ist also danach, ob Fußballvereine und -verbände die oben beschriebenen Gefahren (mit-)verursachen. Angesichts der knapp gefassten Störertatbestände wird in Rechtsprechung und Literatur diskutiert, ob, und wenn ja, inwiefern das Verursachungskriterium über den Wortlaut der Vorschriften hinaus einer Eingrenzung bedarf. Unstrittig muss das Verhalten des Störers (mit-)ursächlich für die Entstehung der Gefahr sein. Ebenso herrscht Klarheit darüber, dass es auf ein mögliches Verschulden des Störers, anders als etwa im Strafrecht, nicht ankommt.41 In Anlehnung an den Wortlaut der Störervorschriften in den Polizeigesetzen („verursacht“), der eine weitere Einschränkung des Tatbestandes nicht erkennen lässt, wird im Schrifttum vereinzelt ausschließlich auf einen äquivalenten Verursachungsbeitrag abgestellt.42 Der grundsätzlichen Uferlosigkeit jenes Ansatzes sind sich die Verfechter dieser Auffassung durchaus bewusst, sodass auch sie zusätzliche Korrektive zur Einschränkung heranziehen.43 Wenn nun aber die Verfechter einer auf einen äquivalenten Verursachungsbeitrag abstellenden Sichtweise Korrektive wie den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz heranziehen wollen, handelt es sich letztlich doch um ein Wertungsproblem. Der Mehrwert für die praktische Handhabung, den eine solche Sichtweise mitbringt, muss somit angezweifelt werden, auch wenn man den Vertretern dieser Auffassung zugutehalten mag, dass eine Einschränkung des Äquivalenzkriteriums keine ausdrückliche Stütze im Gesetz findet.44 Um eine Uferlosigkeit der Störereigenschaft zu verhindern, wird daher richtigerweise davon ausgegangen, dass das alleinige Abstellen auf einen äquivalenten Verursachungsbeitrag im Sinne der conditio-sine-qua-non-Formel unzureichend 41

Statt vieler Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 241. So Muckel, DÖV 1998, 18 ff.; ähnlich auch Beutel, Gefahrenverursachung, S. 179 ff. 43 Vgl. Muckel, DÖV 1998, 21, 25, der die Kriterien der Effektivität der Gefahrenabwehr und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zusätzlich heranzieht. Beutel, Gefahrenverursachung, S. 151, will bei der Zurechnung neben der Verhältnismäßigkeitsprüfung die „Besonderheit staatlicher Gefahrenabwehr“ berücksichtigen. 44 So möchte etwa Beutel, Gefahrenverursachung, S. 184, sämtliche Erwägungen, die im Rahmen der Zurechnungstheorien diskutiert werden, im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung erörtern. Zur Kritik am fehlenden Nutzen einer solchen Betrachtungsweise Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 241 (dort Fn. 44): „Letztlich läuft dies doch wieder auf eine Einschränkung der Äquivalenztheorie unter wertenden Gesichtspunkten hinaus.“ 42

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ist.45 Auf der Suche nach einer tragfähigen Lösung, die vor allem in einer teleologischen Reduktion des „uferlosen“ Verursachungsbegriffs gesehen wird, haben sich über einen Zeitraum von mehr als einem Jahrhundert in Literatur und Rechtsprechung unterschiedliche Ansätze entwickelt. Demgemäß kann es nicht verwundern, dass die Frage nach der Störereigenschaft von Großveranstaltern von den Vertretern unterschiedlicher Verursachungstheorien uneinheitlich beantwortet wird. Darüber hinaus kommen vereinzelt selbst Vertreter derselben Verursachungstheorie hinsichtlich der Beurteilung der Gefahren im Umfeld von Großveranstaltungen zu abweichenden Ergebnissen. Dementsprechend unübersichtlich ist der Streitstand. Zur Eingrenzung des Verursachungskriteriums wird überwiegend die Theorie der unmittelbaren Verursachung herangezogen.46 Danach soll eine Gefahr zugerechnet werden können, wenn eine wertende Betrachtung des Verhaltens einer natürlichen oder juristischen Person ergibt, dass diese mit ihrer Handlung die polizeirechtliche Gefahrenschwelle überschritten und dadurch die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts begründet oder erhöht hat.47 Wie die Begrifflichkeit „wertende Betrachtung“ sowie der unbestimmte Begriff „Gefahrenschwelle“ zeigen, hängt die Beurteilung der Störereigenschaft nach dieser Theorie maßgeblich von einer Wertungsfrage ab. Der VGH Kassel führt diesbezüglich etwa aus: „Verhaltensstörer im polizeirechtlichen Sinne ist […] nur derjenige, dessen Verhalten die eingetretene Störung unmittelbar verursacht, also selbst im konkreten Fall die polizeiliche Gefahrengrenze überschreitet. Wann dies der Fall ist, kann nicht generell, sondern nur anhand einer wertenden Betrachtung der Umstände jeden Einzelfalles bestimmt werden, wobei danach zu fragen ist, wer die eigentliche und wesentliche Ursache für den polizeiwidrigen Erfolg gesetzt hat.“48 Das Anknüpfen an eine wertende Betrachtung eröffnet einen nicht unerheblichen Argumentationsspielraum für die Befürworter und Gegner der Störereigenschaft von 45

Gusy, Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 334; Götz/Geis, Polizei- und Ordnungsrecht, § 9, Rn. 10; Wobst/Ackermann, JA 2013, 916. 46 Auf eine umfassendere Auseinandersetzung mit dem akademischen Streitstand wird hier verzichtet. Eine umfangreiche Darstellung der einzelnen Verursachungstheorien findet sich bei Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 241 ff. Nach der Theorie der rechtswidrigen Verursachung soll die polizeirechtliche Verantwortlichkeit anhand der Rechtsordnung beurteilt werden, sodass als Störer angesehen wird, wer gegen eine Rechtsnorm verstoßen hat, die die öffentliche Sicherheit schützen soll; siehe dazu Deusch, Sportgroßveranstaltungen, S. 132; Muckel, DÖV 1998, 18, 21 und 23, jeweils m. w. Nachw. Da die Veranstalter der Fußballspiele sich im Normalfall rechtmäßig verhalten, wird eine Verantwortlichkeit der Fußballveranstalter von Vertretern dieser Theorie ganz überwiegend abgelehnt. Andere Stimmen in der Literatur sehen schon eine sozialinadäquate Verursachung als kausal im polizeirechtlichen Sinn an; so etwa Hurst, AöR 83 (1958), 43, 75 ff.; zur Kritik an dieser Auffassung exemplarisch Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 243. Sokol, Verantwortlichkeit, S. 76, weist jedoch zurecht darauf hin, dass die in diesen Theorien angedachten Wertungsgesichtspuntke auch innerhalb der herrschenden Unmittelbarkeitstheorie bei der Zurechnungsschwelle diskutiert werden. 47 Lange, Zweckveranlassung, S. 16 m. w. Nachw. Zur Kritik an der Unmittelbarkeitslehre siehe etwa Beutel, Gefahrenverursachung, S. 152 ff., insbesondere S. 177. 48 VGH Kassel, Urt. v. 25. 03. 2009 – 6 A 2131/08, Rn. 56 (juris).

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Großveranstaltern.49 So erblickt Gusy in der Unmittelbarkeitslehre nur eine „praktische Daumenregel“.50 Dementsprechend unterschiedlich fallen die Wertentscheidungen hinsichtlich der Störereigenschaft von Großveranstaltern im Generellen, und der Veranstalter von Profifußballspielen im Speziellen, mitunter aus. Die Diskussion entzündet sich vornehmlich an der Frage einer möglichen Handlungsverantwortlichkeit der Veranstalter. Eine Einordung der Veranstalter als Zustandsverantwortliche wird nahezu einhellig abgelehnt.51 II. Störereigenschaft bei unzureichenden Sicherungsmaßnahmen Die polizeirechtliche Verantwortlichkeit kann nicht nur durch aktives Tun, sondern auch durch ein Unterlassen begründet werden.52 Weitgehend anerkannt ist, dass die Vereine Handlungsstörer sind, wenn sie ungenügende Sicherungsmaßnahmen treffen.53 Umstritten ist nur, ob eine Störereigenschaft ausschließlich auf ein pflichtwidriges Unterlassen einer öffentlich-rechtlichen Pflicht gestützt werden kann,54 oder ob ebenso das pflichtwidrige Unterlassen zivilrechtlicher Pflichten eine Verhaltensverantwortlichkeit begründen kann.55 Vor dem Hintergrund, dass auch das Zivilrecht als Bestandteil des geltenden Rechts zu den Schutzgütern der öffentlichen Sicherheit gehört, überzeugt erstgenannte Ansicht nicht.56 Darüber hinaus ist eine Streitentscheidung in der hier interessierenden Konstellation zumindest partiell obsolet. So sind zahlreiche zivilrechtliche Verkehrssicherungspflichten in der Musterverordnung über den Bau und Betrieb von Versammlungsstätten (MVStättV),

49 Heise, NVwZ-Extra 2015, 1, 4, spricht in diesem Zusammenhang gar von einer „konturenschwachen Grauzone“. 50 Gusy, Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 337. 51 Dazu ausführlich Beutel, Gefahrenverursachung, S. 144 ff. m. w. Nachw. 52 Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 239. 53 Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 160; ders., Die Polizei 2013, 321; Siegel, DÖV 2014, 867, 868 f.; Heise, NVwZ-Extra 2015, 1, 5; Schmitt, FußballStadionverbot, S. 373; Tappe/Klein, Kostenbeteiligung, in: Pieroth/Görisch/Hartmann (Hrsg.), Staatsrecht, S. 166 (173). A. A. Brüning, VerwArch 106 (2015), 417, 422 f., unter Hinweis auf das „eigenmächtige Verhalten“ der Fangruppen, das den Zurechnungszusammenhang durchtrennen soll. 54 So VGH Kassel, Urt. v. 25. 03. 2009 – 6 A 2131/08, Rn. 56 (juris); VG Göttingen, Urt. v. 11. 02. 2015 – 1 A 54/13, Rn. 17 (juris) m. w. Nachw. aus Rechtsprechung und Literatur. Die Durchsetzung zivilrechtlicher Pflichten soll nach dieser Ansicht ausschließlich mit den Mitteln des Zivilrechts erfolgen. 55 Für letztere Ansicht etwa Braun, Die Polizei 2013, 321; Leines, Kostentragung, S. 114 f.; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 239 m. w. Nachw. aus dem Schrifttum. 56 Zutreffend Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 137. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 239, weist zudem darauf hin, dass die Verletzung zivilrechtlicher Verkehrssicherungspflichten auch eine Gefahr für die (strafrechtliche) Rechtsordnung (etwa §§ 222, 229 StGB) begründen kann; gegen diese Argumentation wendet sich Sokol, Verantwortlichkeit, S. 87, unter Verweis auf die Abgrenzungsproblematik zum Zustandsstörer.

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einer öffentlich-rechtlichen Norm, manifestiert.57 Ein pflichtwidriges Unterlassen der Pflichten aus der MVStättV begründet daher in jedem Fall eine Handlungsstörereigenschaft des Heimvereins. Da auch die Gastvereine im gewissen Umfang Verkehrssicherungspflichten treffen,58 können – nach richtiger Auffassung – auch diese gegebenenfalls Handlungsstörer sein. Damit ist freilich nur gesagt, dass die Profifußballvereine grundsätzlich Handlungsstörer sein können. Die Frage nach möglichen Verletzungen der Verkehrssicherungspflichten ist hingegen eine Einzelfrage, sodass sich diesbezüglich pauschale Aussagen verbieten. Dennoch legen einige im ersten Teil der Arbeit dargestellte Beispiele aus der Praxis den Schluss nahe, dass selbst in den hochmodernen Bundesliga-Arenen gelegentlich nur ungenügende Verkehrssicherungsmaßnahmen getroffen werden: Denkbare Beispiele sind etwa eine fehlende Trennung rivalisierender Heim- und Gästefans innerhalb des Stadions,59 lückenhafte Einlasskontrollen oder unzureichende Ordneraufgebote60. Derartige Missstände können je nach Einzelfall die polizeirechtliche Gefahrenschwelle überschreiten und etwa die Gefahr, dass gerade die problematische Fanklientel unkontrolliert mit verbotenen Gegenständen wie Pyrotechnik ins Stadioninnere gelangt oder im Stadion den gegnerischen Fanbereich attackiert, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit begründen. So ist es, wie schon oben erörtert, in der Vergangenheit gleich mehrfach in den Fällen von Zuschauerteilausschlüssen vorgekommen, dass die eigentlich gesperrten „Ultrablöcke“ innerhalb des Stadions „umzogen“; mit der Folge, dass die der Sicherheit im Stadion dienenden infrastrukturellen Maßnahmen ins Leere liefen und die rivalisierenden Fanblöcke nur noch unzureichend getrennt waren.61 Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten kann gegebenenfalls auch vorliegen, wenn innerhalb des Stadions zu wenig Ordner eingesetzt werden. So musste die Polizei noch in der jüngeren Vergangenheit vereinzelt mit einem Großaufgebot das Stadioninnere betreten, um den Versuch eines Platzsturmes zu unterbinden.62 Auch unzureichende Einlasskontrollen können gegebenenfalls eine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten darstellen. Wie im ersten Teil dieser Arbeit gezeigt, 57 Etwa § 43 MVStättV (Sicherheitskonzept, Ordnungsdienst, Zuschauerkontrolle), §§ 38 Abs. 3 MVStättV (Kooperation mit den beteiligten öffentlichen Institutionen), § 27 MVStättV (Abschrankung und Blockbildung im Stadion). 58 Siehe dazu 1. Teil, Fn. 436. 59 Der Heimverein ist unter anderem dazu verpflichtet, für eine räumliche Trennung der unterschiedlichen Fanlager zu sorgen; vgl. LG Gera, SpuRt 1997, 205. 60 Der Veranstalter eines Profifußballspiels muss Ordnungskräfte in der Anzahl einsetzen, die nach polizeilichen Erfahrungen erforderlich sind, um gegebenenfalls jede kritische Situation, die noch im Rahmen des Vorhersehbaren liegt, zu beherrschen; vgl. OLG Düsseldorf, SpuRt 1994, 146, 147. 61 Siehe dazu oben § 6 B. III. 2. b). 62 So etwa im Mai 2015 beim Relegationsspiel zwischen dem Karlsruher SC und dem Hamburger SV; vgl. pz-news.de, 26. 05. 2015, www.pz-news.de/sport_artikel,-KSC-sieht-denVorteil-nun-bei-sich-Der-Wildpark-wird-brennen-_arid,1023728.html.

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versuchen einzelne Fangruppen gelegentlich, Drucksituationen im Eingangsbereich der Stadien aufzubauen, um unkontrolliert ins Stadioninnere zu gelangen. In der Vergangenheit schienen die privaten Ordnungsdienste der Vereine auf solche Blocksturmversuche nicht immer ausreichend vorbereitet zu sein. Diesen Schluss legt jedenfalls der Umstand nahe, dass in jenen Situationen mitunter ein polizeiliches Eingreifen zur Verhinderung eines unkontrollierten Eindringens von Besuchergruppen von Nöten war.63 Auf DFB, DFL e. V. und DFL GmbH lassen sich die bisherigen Ausführungen grundsätzlich nicht übertragen, wenn sie nicht ausnahmsweise selbst Ausrichter des Profifußballspiels sind, so wie etwa der DFB beim DFB-Pokalfinale. Zwar wird im Schrifttum kontrovers diskutiert, ob auch die Verbände bei Verbandswettkämpfen Verkehrssicherungspflichten treffen;64dies kann vorliegend aber dahinstehen, da die Befürworter einer Verkehrssicherungspflicht für Verbände den Erlass statuarischer Regelungen, die zur Sicherheit beitragen, für ausreichend erachten.65 Wie im ersten Teil dieser Arbeit dargelegt, spricht viel dafür, dass die statuarischen Maßnahmen von DFB, DFL e. V. und DFL GmbH ausreichend zur Sicherheit beitragen und sogar über das rechtlich Gebotene hinausgehen. Den einschlägigen Sicherheitsvorschriften des deutschen Profifußballs wird diesbezüglich gar eine Vorbildfunktion für andere Großveranstaltungen zugesprochen.66 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Profifußballvereine im Falle einer Verletzung von Verkehrssicherungspflichten Handlungsstörer sein können. Über die räumlich auf das Stadiongelände begrenzten Beispiele hinaus treffen die Vereine dagegen, wie schon im ersten Teil dieser Arbeit erörtert, keine Sicherungspflichten im öffentlichen Raum. Eine Übertragung veranstaltungssichernder Polizeiaufgaben im öffentlichen Raum – etwa in Form der einschließenden Begleitung der Fans durch beliehene Sicherheitsdienste – ist mit den Anforderungen des Funktionsvorbehalts des Art. 33 Abs. 4 GG nicht in Einklang zu bringen.67 Die 63 Beispielsweise beim DFB-Pokalspiel zwischen Hannover 96 und Dynamo Dresden im Oktober 2012; vgl. welt.de, 01. 11. 2012, https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/hanno ver-96/article110495289/Dresden-Fans-stuermen-Hannovers-Stadion.html. 64 Dafür etwa Thumm, Verbandsrechtliche Haftung, in: WFV (Hrsg.), Haftung im Sport, S. 9 (13) m. w. Nachw.; dagegen Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 286, am Beispiel der DFL. 65 Vgl. Thumm, Verbandsrechtliche Haftung, in: WFV (Hrsg.), Haftung im Sport, S. 9 (13); speziell für die DFL Winter, Sportveranstalterhaftung, S. 78. 66 Beutel, Gefahrenverursachung, S. 90 f., schlägt etwa vor, sich bei der Auswahl von Komponenten für eine verstärkte Eigensicherungspflicht von Veranstaltern am Maßnahmenkatalog des Profifußballs zu orientieren; auch Fritzweiler, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), Praxishandbuch des Sportrechts, 1. Teil, Rn. 77, hebt die Beiträge von Fußballvereinen und -verbänden in Sicherheitsfragen hervor. 67 Ausführlich dazu Beutel, Gefahrenverursachung, S. 72 ff. Insofern überrascht es, wenn Unger, Haftung des Fußballveranstalters, S. 259 ff., insb. S. 276 f., den (zivilrechtlichen) Verantwortungsbereich des Fußballveranstalters auch auf die (öffentlichen) Zu- und Abgangswege erstrecken möchte. Er fordert daher den Einsatz von patrouillierendem Ord-

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Handlungsstörereigenschaft kann demzufolge nicht durch eine Ausweitung der Sicherungspflichten für Gefahren im öffentlichen Raum begründet werden. III. Störereigenschaft bei ausreichenden Sicherungsmaßnahmen Weitaus strittiger ist die Frage, ob die Veranstalter der Profifußballspiele selbst dann, wenn sie sich rechtmäßig verhalten und die erforderlichen Verkehrssicherungsmaßnahmen treffen, Handlungsstörer sein können. Anhand der Unmittelbarkeitstheorie ist zu erörtern, ob auch ein Verursachungsbeitrag, der in zeitlicher Sicht nicht als letzter gesetzt wurde, die Gefahrenschwelle überschreiten kann. Auf die hier interessierende Konstellation bezogen: Überschreitet schon das bloße Veranstalten eines Profifußballspiels, in dessen Umfeld es mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu Ausschreitungen kommt, die Gefahrenschwelle, die es rechtfertigt, den Veranstalter als Störer einzustufen? Beurteilt wird diese Frage überwiegend an den Kriterien der Gefahrbeherrschung und des Risikonutzens.68 1. Auffassungen innerhalb der Unmittelbarkeitstheorie Wie schon zuvor angedeutet, kommen die Vertreter der Unmittelbarkeitstheorie zu unterschiedlichen Ergebnissen, was angesichts des Argumentationsspielraums, den eine wertende Betrachtung mit sich bringt, nicht überraschen kann. So sieht etwa Götz das Unmittelbarkeitskriterium auch bei Ausschreitungen als erfüllt an.69 Seine Auffassung begründet er dahingehend, dass diese „wahrhaft unmittelbar mit der Veranstaltung verbunden“ seien und deren Abwehr „im unmittelbaren Einwirkungsbereich der Veranstaltung (zum Beispiel durch Ordner, Absperren, Kontrollen)“ liege. Jedenfalls für die heutige Situation beim Profifußball verfängt eine solche Argumentation allenfalls für den Bereich unzureichender Verkehrssicherungsmaßnahmen. Die eigentlichen sicherheitsrelevanten Problemfelder liegen aktuell außerhalb des Einwirkungsbereichs der Veranstalter, nämlich im öffentlichen Raum. Zudem gehen die Gefahren bisweilen gerade nicht von Besuchern der Veranstaltung aus, sondern von Dritten (Personen mit Stadion- oder Aufenthaltsverbot, Personen ohne Eintrittskarte, „fußballfremde“ Schläger). Die Veranstalter der Profifußballspiele können die Gefahren für die öffentliche Sicherheit (und Ordnung) im öffentlichen Raum, die nicht selten von Nicht-Besuchern ausgehen – mangels Einwirkungsmöglichkeiten –, nicht beherrschen.

nungspersonal zur Beobachtung von Fangruppen. „Berüchtigte Schlägertrupps“ müssen seiner Ansicht nach von ihrem Verkehrsmittel bis ins Stadion von privaten Sicherheitskräften begleitet werden, wobei die Begleitung mangels hoheitlicher Befugnisse nicht „einschließend“ erfolgen soll. 68 Niemeier, Bekämpfung ritualisierten Gewaltverhaltens, S. 248 ff. 69 Götz, DVBl 1984, 14, 17; ders., NVwZ 1984, 211, 214 f.

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Anhand einer anderen Argumentation möchte aber auch Beutel den Großveranstalter unter Anwendung der herkömmlichen Verursachungstheorien als Verhaltensstörer ansehen. Die polizeirechtliche Verantwortlichkeit soll eben nicht dadurch begründet werden, dass die Großveranstalter die Gefahrensituationen beherrschen würden („unmittelbarer Einwirkungsbereich der Veranstaltung“), sondern nach Beutel soll gerade die Nicht-Beherrschbarkeit von Ausschreitungen die Störereigenschaft der Veranstalter begründen. Dabei erblickt er, nicht etwa wie Lege in der Zuschauermenge als solche, sondern im Abhalten bestimmter Veranstaltungen die Gefahr. Er konstatiert: „Führt das Veranstalten zwangsläufig oder auch nur mit höchster Wahrscheinlichkeit zu Drittstörungen, ist es auch unmittelbar gefahrbegründend und zwar auf die Weise, dass weitere Gefahren und Störungen ermöglicht werden, die diesseitig nicht beherrscht werden können. Der Störungs-Anlass […] ist damit nichts anderes als Gefahr kraft Unbeherrschbarkeit, bzw. schon fehlender Voraussehbarkeit sich daraus entwickelnder weiterer Gefahren.“70 Dieser Auffassung kann ebenfalls nur partiell hinsichtlich der Gefahrensituation im Umfeld von Profifußballspielen zugestimmt werden. Grundsätzlich bejahen lassen dürfte sich das Kriterium der Unbeherrschbarkeit von Gefahren und Störungen durch Dritte. So können weder die Vereine noch DFB, DFL e. V. oder DFL GmbH Einfluss darauf nehmen, wie die Ultra-Bewegung ihre internen Wettkämpfe außerhalb der Stadien ausficht oder wann und wie es zu den Drittortkämpfen der Hooligans kommt. Innerhalb der Stadien können die Akteure des Profifußballs dagegen auf die Ultras einwirken, indem den Fangruppen etwa Privilegien (zum Beispiel eigene Merchandise-Verkaufsstände auf dem Stadiongelände, frühzeitiger Einlass zur Vorbereitung von Choreographien) gestrichen, Stadionverbote ausgesprochen oder Fahnen zum Sichtschutz beim Abbrennen von Pyrotechnik verboten werden. Ob einem gegnerischen Fan am Hauptbahnhof aber der Fanschal geraubt oder an einer Tankstelle durch eine Fangruppe das Getränkeregal geplündert wird, können Vereine und Verbände kaum beeinflussen.71 Hinzu kommt, dass, wie schon im ersten Teil der Arbeit dargestellt, bei Fußballspielen unter Beteiligung von Ultragruppen in der Regel befürchtet werden muss, dass zumindest einzelne Beteiligte die gezielte Auseinandersetzung suchen werden. Inwiefern am konkreten Spieltag der Wettkampf der beteiligten Ultragruppen auch das Begehen von Straftaten beinhaltet, kann von den Vereinen und Verbänden aufgrund bekannter Rivalitäten oder Freundschaften zwischen den Fanlagern zwar möglicherweise grob prognostiziert werden; eine Beherrschbarkeit möglicher Auseinandersetzungen im öffentlichen Raum liegt freilich nicht vor. Soweit lässt sich der Ansatz von Beutel auf die Gefahrensituation bei Fußballspielen übertragen.

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Beutel, Gefahrenverursachung, S. 167. Zu denken wäre jedoch an Appelle an die Anhänger, sich auch außerhalb der Sportstätten und jenseits der Spieltage friedlich zu verhalten. 71

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Darüber hinaus erscheint es jedoch fraglich, ob gerade das Stattfinden des Spiels „zwangsläufig oder auch nur mit höchster Wahrscheinlichkeit“ zu den (prognostizierten) Ausschreitungen durch Dritte führt. Gegen diese Annahme sprechen gleich mehrere Erkenntnisse aus dem ersten Teil dieser Arbeit. So findet der Wettkampf unter den Ultragruppen, der bisweilen mit strafrechtlich relevanten Mitteln geführt wird, durchaus auch losgelöst von den Spieltagen statt: insbesondere etwa durch verabredete Kämpfe, Übergriffe im privaten Bereich, Einbrüche in Fahnenlager oder Überfälle auf Ultra-eigene Veranstaltungen (Feiern, Lesungen, Fußball-Turniere).72 Die kriminellen Auswüchse der „Ultra-Kultur“ werden für die Öffentlichkeit meist nur an den Spieltagen, bedingt durch die Polizeipräsenz, sichtbar. Die Übergriffe außerhalb der Spieltage minimieren für die Angreifer aufgrund der fehlenden Polizeipräsenz und dem Schweigekodex innerhalb der Ultraszene das Risiko, dass ihr Tun strafrechtlich geahndet werden kann. Demgegenüber werden die Spieltage als besondere „Plattform“73 der Konfrontationsmöglichkeit genutzt, da sie die Gewähr bieten, dass am Spielort die jeweiligen Ultragruppen der beteiligten Vereine präsent sind. Aus diesem Umstand kann jedoch gerade nicht gefolgert werden, dass das Veranstalten des Profifußballspiels „weitere Gefahren und Störungen ermöglicht“. Der Kausalzusammenhang zwischen den „Wettkämpfen“ der Ultras und dem Austragen der Profifußballspiele ist keineswegs so eindeutig, wie man meinen könnte. Denn bei einer hypothetischen Spielabsage oder einem Zuschauerausschluss besteht weiterhin eine Gefahrenlage, wie die Erkenntnisse aus dem ersten Teil dieser Arbeit darlegen. So zeigen die obigen Beispiele, dass sich in der Vergangenheit bei Zuschauerausschlüssen gerade die aus gefahrenabwehrrechtlicher Sicht problematische Klientel nicht davon abhalten lässt, in den Innenstädten, etwa durch Demonstrationszüge, Präsenz zu zeigen. Spielabsagen oder Zuschauerausschlüsse beenden also nicht zwangsläufig die Gefahrensituationen, sondern können die Gefahrenlage sogar verschärfen, wenn die Störerklientel sich nicht im überwachten Stadionbereich, sondern in der Innenstadt oder auf einem Bahnhofsvorplatz aufhält.74 Das Veranstalten eines Profifußballspiels ist dementsprechend im Hinblick auf die mit dem Wettkampf der Ultras verbundenen Gefahren keineswegs unmittelbar gefahrbegründend. Die (befürchteten) Auseinandersetzungen an den Spieltagen 72

Vgl. oben § 1 D. II. 2. und § 3 D. Vgl. Klotter in: WFV (Hrsg.), Justiz und Sportgerichtsbarkeit, S. 127 (137). Niemeier, Bekämpfung ritualisierten Gewaltverhaltens, S. 251, erblickt im Ausrichten der Veranstaltung zwar auch eine „Plattform für gewalttätige Fanausschreitungen“. Ihre Folgerung, dass die Ausschreitungen gerade wegen der Veranstaltung erfolgen, ist aus den nachfolgenden Gründen abzulehnen. 74 Siehe oben § 6 B. III. 2. b). Wenn Beutel, Gefahrenverursachung, S. 151, nun der Ansicht ist, dass auch „die Gefahren, die von selbstbestimmt agierenden Besuchern ausgehen, […] letztlich auf dem Umstand [beruhen], dass ein durch den Veranstalter erst ermöglichtes Ereignis Gelegenheit dazu bietet“, passt dies nicht recht auf die von den Ultras und Hooligans ausgehenden Gefahren. Für diese Gefahren schaffen die Fußballveranstalter gerade nicht „die Basis jeglicher Schadenseintrittsmöglichkeiten“ (so aber Beutel, Gefahrenverursachung, S. 157). 73

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zwischen den Störergruppen, die die Polizeieinsätze bedingen, finden „nicht durch[,] sondern vielmehr anlässlich der Ligaspiele statt“.75 Ob zumindest die oben thematisierten Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Straßenverkehrs durch eine Großveranstaltung „unmittelbar“ verursacht werden,76 kann an dieser Stelle offenbleiben, da die hier interessierenden kostenverursachenden Polizeieinsätze beim Profifußball primär zur Abwehr drohender gewalttätiger Ausschreitungen erfolgen. Insofern kann dahinstehen, ob man mit Beutel in der Unbeherrschbarkeit von Drittstörungen eine zurechenbare Gefahr erblicken möchte. Seine Auffassung dürfte jedenfalls dem überwiegenden Verständnis vom Inhalt des Unmittelbarkeitskriteriums nicht entsprechen. Konträr zu Beutel wird aus der fehlenden Gefahrbeherrschung der Veranstalter nämlich vielfach eine Verantwortlichkeit derselben abgelehnt. Den Befürwortern einer polizeirechtlichen Verantwortlichkeit von Großveranstaltern wird gar die Preisgabe des Unmittelbarkeitskriteriums vorgeworfen.77 Gestützt wird dies unter anderem darauf, dass das eigenverantwortliche Handeln der Randalierer den zugrunde liegenden Kausalverlauf zwischen der Veranstaltung und den sie „begleitenden“ Gefahren durchbrechen soll.78 Die Veranstalter werden als bloße Veranlasser der Gefahren angesehen, während diese unmittelbar von den Randalierern ausgehen.79 a) Fußballveranstalter als Zweckveranlasser Eine polizeirechtliche Nichtverantwortlichkeit folgt daraus allerdings nicht zwangsläufig. Verfechter einer Störereigenschaft von Großveranstaltern ziehen entsprechend die Figur des sogenannten Zweckveranlassers heran, die eine Ver75 So treffend Böhm, lto.de, 20. 12. 2012, http://www.lto.de/recht/hintergruende/h/polizeikos ten-bei-bundesligaspielen-fussball-risikospiel-zweckveranlasser-sicherheitseuro/. 76 Vgl. oben § 9 A. Dafür Deusch, Sportgroßveranstaltungen, S. 140 f., wonach der Veranstalter für „veranstaltungstypische“ Gefahren (z. B. Lärmbelästigung oder Beeinträchtigung des Straßenverkehrs bei An- und Abreise) zwar verantwortlich sein soll, nicht aber für gewalttätige Auseinandersetzungen Dritter. 77 So ausdrücklich Ronellenfitsch, VerwArch 77 (1986), 435, 438. 78 Vgl. Ronellenfitsch, VerwArch 77 (1986), 435, 438 f.; Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 161; Niemeier, Bekämpfung ritualisierten Gewaltverhaltens, S. 250; Boll, Gebührenpflicht, S. 45 f.; Heise, NVwZ-Extra 2015, 1, 5; Nirschl, Kosten der Polizei- und Sicherheitsbehörden, S. 79. Auch der Bremer Senat hat die Handlungsverantwortlichkeit der Fußballveranstalter für Störungen Dritter im Rahmen der Debatte über Möglichkeiten zur Finanzierung von Polizeieinsätzen bei gewinnorientierten Großveranstaltungen abgelehnt; vgl. Bremische Bürgerschaft, Drs. 18/1501, S. 15. 79 So etwa Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 132; Leines, Kostentragung, S. 108 ff. Auch das BVerwG, NJW 1986, 1626, 1627 f., hat eine Störereigenschaft eines Flughafenunternehmens für Gefahren, die unmittelbar vom Verhalten Dritter ausgehen (in dem Fall Terroristen), verneint. Diskutiert wurde in diesem Zusammenhang allerdings vordergründig eine mögliche Zustandshaftung des Flughafenunternehmens.

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2. Teil: Beteiligung der Fußballveranstalter an polizeilichen Einsatzkosten

haltensstörereigenschaft80 desjenigen, der durch sein Verhalten die Gefahrenschwelle nicht selbst überschreitet, begründen soll.81 Dabei geht es um die Frage, ob auch ein mittelbarer Verursacher ordnungsrechtlich verantwortlich sein kann, indem ihm das Verhalten der unmittelbaren Verursacher zugerechnet wird.82 Zwischen der Veranlassung und dem die Gefahr herbeiführenden Verhalten muss ein so enger innerer Zusammenhang bestehen, dass sich der Veranlasser die Gefahr selbst zurechnen lassen muss.83 Übertragen auf die hier interessierende Situation beim Profifußball können die Veranstalter nur als Zweckveranlasser eingestuft werden, wenn zwischen der Austragung des Fußballspiels und dem Verhalten der Randalierer ein so enger Zusammenhang besteht, dass er eine Zurechnung der durch die Randalierer unmittelbar verursachten Gefahren begründen kann.84 Welche konkreten Anforderungen an den die polizeirechtliche Verantwortlichkeit begründenden Zusammenhang zu stellen sind, ist umstritten. Diesbezüglich werden schon seit mehr als einem Jahrhundert unterschiedliche Vorschläge unterbreitet.85 Einigkeit herrscht insofern noch, als dass der naturwissenschaftliche Kausalitätsbegriff in Verbindung mit der Äquivalenztheorie Grundvoraussetzung der Zurechnung ist.86 Darüber hinaus sind die einzelnen Zurechnungskriterien umstritten: Die unterschiedlichen Auffassungen lassen sich grob in eine „subjektive“ und eine „objektive“ Theorie aufteilen. Nach der „subjektiven“ Theorie, der vor allem in 80

Ablehnend gegenüber der Einordnung als Verhaltensstörer Wobst/Ackermann, JA 2013, 916, 917. 81 Nicht wenige Stimmen im Schrifttum zweifeln die Verfassungskonformität der Rechtsfigur des Zweckveranlassers an; zuletzt etwa Schönenbroicher/Heusch, NWVBl 2015, 92, 96; wieder andere halten einen Rückgriff auf die Konstruktion des Zweckveranlassers für entbehrlich; so etwa Boll, Gebührenpflicht, S. 49; Beutel, Gefahrenverursachung, S. 168 f.; Muckel, DÖV 1998, 18, 22; Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 158 f.; Beaucamp/Seifert, JA 2007, 577, 579 f. Zum Streitstand Lange, Zweckveranlassung, S. 44 ff., der unter Hinweis auf den Grundsatz der effektiven Gefahrenabwehr an der Zweckveranlassung festhält; gegen diese Argumentation Beaucamp/Seifert, JA 2007, 577, 580. 82 Mühl, in: Beck-OK Polizei- und Ordnungsrecht Hessen, § 6, Rn. 23. Eine polizeirechtliche Verantwortlichkeit des Veranstalters für Ausschreitungen im Umfeld der Veranstaltung begründen über die Figur des Zweckveranlassers etwa Lege, VerwArch 89 (1998), 71, 81 ff.; Gädeke, Sportgroßveranstaltungen, S. 170 f.; Broß, DVBl 1983, 377, 380; Götz/Geis, Polizei- und Ordnungsrecht, § 9, Rn. 32; Stümper, Großsportveranstaltungen, S. 69 ff.; Wahlen, Polizeikostenerstattung, S. 23 ff. 83 Schenke, in: Schenke/Graulich/Ruthig (Hrsg.), Sicherheitsrecht des Bundes, § 17 BPolG, Rn. 21. 84 Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 132. Sofern diese noch nicht gehandelt haben, also lediglich die Gefahr störenden Verhaltens Dritter besteht, muss nach der Zurechenbarkeit des künftigen störenden Verhaltens der Randalierer gefragt werden; vgl. Lange, Zweckveranlassung, S. 17. 85 Vgl. Muckel, DÖV 1998, 18, 21 f. 86 Lange, Zweckveranlassung, S. 111 m. w. Nachw.

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der Rechtsprechung eine große Bedeutung beigemessen wird,87 ist die Störung dem Dritten zuzurechnen, wenn er diese bezweckt. Der Veranlasser soll den eigentlichen Störer bei der Überschreitung der Gefahrenschwelle mit „Wissen und Wollen“ begleiten.88 Eine billigende Inkaufnahme des gefährlichen Drittverhaltens soll in der Regel ausreichen.89 Dass die Profifußballvereine zusammen mit DFB, DFL e. V. und DFL GmbH die Ausschreitungen im Umfeld der Spiele gerade nicht billigend in Kauf nehmen, sondern zahlreiche Maßnahmen umgesetzt und viel Geld in die Hand genommen haben, um Ausschreitungen schon im Vorfeld zu verhindern, wurde im ersten Teil dieser Arbeit ausführlich dargelegt.90 Demgemäß wird ganz überwiegend davon ausgegangen, dass über die subjektive Theorie weder die Vereine noch die Verbände als Zweckveranlasser qualifiziert werden können.91 Den entscheidenden Schwachpunkt der subjektiven Theorie fasst Beutel treffend zusammen: „Der ignoranteste, sich der Realität leichthin verschließende Veranstalter würde […] als Zweckveranlasser […] ausscheiden, weil sein kognitiver Horizont eine reelle Gefahreinschätzung schlechthin nicht ermöglicht.“92 Die Vertreter der objektiven Theorie stellen daher darauf ab, ob ein objektiver Zusammenhang zwischen dem Verhalten des möglichen Zweckveranlassers und dem zuzurechnenden Drittverhalten feststellbar ist.93 Innerhalb der objektiven Theorie werden wiederum unterschiedliche Anforderungen an den objektiven Zusammenhang gestellt. So wird darauf abgestellt, ob die Gefahrensituation aus der Sicht eines unbeteiligten Dritten 87

VGH Mannheim, DÖV 1990, 346; VGH Kassel, NVwZ 1992, 111, 1113; OVG Münster, NVwZ-RR 2008, 12; VG Schleswig, Urt. v. 10. 09. 2014 – 4 A 226/12 –, Rn. 28 (juris). Nachw. für das Schrifttum finden sich bei Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 244 (dort Fn. 59). 88 So ausdrücklich der VGH Mannheim, ZUR 2006, 262, 263. Dagegen u. a. Lange, Zweckveranlassung, S. 134 ff., unter Hinweis auf Schwierigkeiten in der praktischen Handhabe. 89 VGH Mannheim, ZUR 2006, 262, 263; OVG Münster, NVwZ-RR 2008, 12. Nach dem VG München, Beschl. v. 21. 12. 2007 – M 22 S 07.5962, Rn. 17 (juris), soll etwa ein Veranstalter eines Rechtsrock-Konzerts mit Alkoholausschank die Verursachung von Gefahren durch die Besucher im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Veranstaltung in Kauf nehmen. 90 Siehe oben § 6 B. 91 Vgl. nur VG Hamburg, Beschl. v. 02. 04. 2012 – 15 E 756/12, Rn. 38 (juris); Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 161 f.; ders., Die Polizei 2013, 321, 322; Stopper/Holzhäuser/Knerr, SpuRt 2013, 49, 50; Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 132 f.; Widder, Polizeipflicht, S. 118 f.; Heise, NVwZ-Extra 2015, 1, 6. 92 Beutel, Gefahrenverursachung, S. 163. 93 Gerade in der Rechtsprechung werden mittlerweile beide Theorien miteinander vermengt, sodass es für ausreichend erachtet wird, dass entweder die objektive oder die subjektive Betrachtungsweise den Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Veranlassers und dem Verhalten der Dritten begründet; ausdrücklich etwa VGH Mannheim, NVwZ-RR 1995, 663; OVG Magdeburg, Beschl. v. 24. 04. 2006 – 2 M 174/06, Rn. 6 (juris); VG Lüneburg, Urt. v. 16. 03. 2006 – 3 A 143/04, Rn. 55 (juris); VG München, Urt. v. 17. 03. 2010 – M 18 K 08.5794, Rn. 31 (juris); VG Berlin, Beschl. v. 26. 09. 2014 – 11 L 353.14, Rn. 47 (juris); so wohl auch Schoch, Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 245; ablehnend Lange, Zweckveranlassung, S. 136.

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eine naheliegende Folge,94 eine typische Folge95 oder gar eine zwangsläufige Folge96 der Veranstaltung ist. Eine trennscharfe inhaltliche Differenzierung zwischen den unterschiedlichen Begrifflichkeiten ist allerdings kaum möglich. So werden die Begrifflichkeiten teilweise auch synonym verwendet.97 Vereinzelt wird der Zurechnungszusammenhang, angelehnt an den Gedanken des Risikonutzens, damit begründet, dass der Veranstalter vom Anlocken einer Menschenmenge profitiere98 und es gerade sein Ziel sei, möglichst viele Menschen zum Besuch seiner Veranstaltung zu bewegen.99 Der Veranstalter „rufe“ die Störer, ohne ihr Verhalten beherrschen zu können.100 Die Verfechter dieser Auffassung ziehen Parallelen zu einem rechtswissenschaftlichen Klassiker: den sogenannten Schaufensterfällen, an denen das Preußische Oberverwaltungsgericht die Figur des Zweckveranlassers entwickelte.101 Dort stellt die Menschenmenge an sich die Gefahr dar, während der die Menschenmenge zur Kundenakquise bewusst anlockende Ladenbesitzer (wirtschaftlich) profitiert. Bei der Gefahrensituation im Umfeld von Profifußballspielen liegt jedoch ein bedeutender Unterschied vor: Dort profitiert zwar der Veranstalter ebenfalls wirtschaftlich von der Besuchermasse, diese stellt an sich aber, wie schon oben ausführlich gezeigt, keine konkrete Gefahr dar.102 Wie bereits erläutert, verhalten sich 94

So OVG Lüneburg, NVwZ 1988, 638, 639; OVG Magdeburg, Beschl. v. 24. 04. 2006 – 2 M 174/06, Rn. 5 (juris). 95 OVG Hamburg, Urt. v. 15. 08. 1996 – Bs II 157/96, Rn. 19 (juris); OVG Münster, NVwZRR 2012, 470, 471; VG Gießen, Urt. v. 04. 02. 2015 – 4 K 409/14.GI, Rn. 51 (juris); wohl auch Lange, Zweckveranlassung, S. 137, der die „objektive“ Theorie letztlich jedoch ablehnt. Eine typische Folge soll dann vorliegen, wenn eine Handlung regelmäßig, das heißt in der überwiegenden Zahl der Fälle, in denen sie vorgenommen wird, ein störendes Verhalten Dritter hervorruft; vgl. Lange, Zweckveranlassung, S. 137. 96 VGH Kassel, NVwZ 1992, 1111, 1113; VGH Mannheim, NVwZ-RR 1995, 663; VG Saarlouis, NVwZ-RR 2009, 998, 999 m. w. Nachw. aus der Rechtsprechung; ablehnend Lange, Zweckveranlassung, S. 137 m. w. Nachw. 97 So beispielsweise das VG Saarlouis, NVwZ-RR 2009, 998, 999 („typische, zwangsläufige Folge“) und Wahlen, Polizeikostenerstattung, S. 25. 98 So Lege, VerwArch 89 (1998), 71, 81. 99 So Gädeke, Sportgroßveranstaltungen, S. 170 f. 100 Lege, VerwArch 89 (1998), 71, 82; ohne nähere Begründung auch VG Gießen, Urt. v. 10. 04. 2008 – 10 E 1866/07, Rn. 28 (juris); ähnlich auch VG Hamburg, Beschl. v. 02. 04. 2012 – 15 E 756/12, Rn. 39 f. (juris) für Risikofußballspiele, wobei die Kammer darauf abstellte, dass der Veranstalter ein von ihm nicht zu beherrschendes „Sonderrisiko“ schaffe; kritisch dazu OVG Hamburg, NJW 2012, 1975, 1979. 101 So etwa Herles, Persönlichkeitsrechtsverletzungen, S. 240; zu den „Schaufensterfällen“ siehe PrOVGE 40, 216 ff. und PrOVGE 85, 270 ff. 102 Vgl. oben § 9 A. Ebenso Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 134. Auch die Deutsche Bahn AG ist hinsichtlich der Gefahren und Störungen, die eine Massenverkehrseinrichtung mit sich bringt, kein Zweckveranlasser; vgl. Isensee, in: FS Vogel, S. 93 (102); Stettner, Sicherheit am Bahnhof, S. 218 f., für die Gefahr terroristischer Bedrohungen im Bahnverkehr.

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nur Einzelne aus der Besuchermasse gewalttätig, nicht selten sind die Gewalttäter an den Spieltagen gar keine Besucher der Veranstaltung. Vom Anlocken dieser Drittstörer profitieren die Veranstalter gerade nicht; vielmehr schaden die Auseinandersetzungen der Drittstörer, wenn diese mit der Veranstaltung in Verbindung gebracht werden, was in der medialen Berichterstattung der absolute Regelfall ist, dem Ruf der Veranstalter. Die Annahme, der Veranstalter würde vom Anlocken der Störer profitieren, ist daher fernliegend.103 Allenfalls für Verkehrsstörungen im Umfeld der Veranstaltungen könnte man den Veranstalter als Zweckveranlasser einstufen, wenn man die Wertungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts heranzieht.104 Unabhängig vom zuvor behandelten Ansatz wird unter Zugrundelegung der objektiven Theorie vereinzelt eine Störereigenschaft der Fußballveranstalter angenommen, wenn die Ausschreitungen „zwangsläufige“ oder zumindest „typische“ Folge der Veranstaltung sind.105 Broß zog gar einen Vergleich zum hetzenden Redner, der zwar selbst keine Gewalttaten ausübt, aber durch seine „flammenden Reden“ zu solchen animiert.106 Ob diese Aussage auf die Situation in den 1980er- und 1990erJahren im Umfeld des Profifußballs zutraf, mag hier dahingestellt sein; aktuell entspricht sie jedenfalls nicht den Tatsachen. Angesichts der im ersten Teil dieser Arbeit vorgestellten Sicherheitsmaßnahmen der Akteure im deutschen Profifußball, die partiell sogar über das rechtlich Gebotene hinausgehen, wäre es verfehlt, die Vereine und Verbände mit „hetzenden Rednern“ zu vergleichen. Darüber hinaus muss berücksichtigt werden, dass die überwältigende Mehrheit der Fußballspiele friedfertig abläuft. Die Verfechter dieser Auffassung machen also den Ausnahmefall zum Regelfall.107 Daher wird ihnen zu Recht eine Simplifizierung der Vorgänge bei Fußballspielen vorgeworfen, indem sie auf eine ganzheitliche Betrachtung der Geschehensvorgänge im Umfeld von Fußballspielen verzichten.108 Die gewonnenen Erkenntnisse aus Teil eins dieser Arbeit zeigen, dass man die Ausschreitungen im Umfeld der Profifußballspiele eben nicht pauschal als „typische“ oder gar „zwangsläufige“ Folge der Veranstaltung ansehen kann. Auf die „professionellen“ Drittortauseinandersetzungen der Hooligans passt eine solche Betrachtungsweise sichtlich nicht. Darüber hinaus spricht einiges dafür, dass auch 103 So auch Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 135; Bernhardt, Kosten für polizeiliche Einsätze, in: WFV (Hrsg.), Haftung im Sport, S. 67 (74 f.). 104 Nirschl, Kosten der Polizei- und Sicherheitsbehörden, S. 80; wohl auch Gornig/Horn/ Will, Öffentliches Recht in Hessen, S. 358; a. A. Leines, Kostentragung, S. 110 f., unter Verweis auf das eigenverantwortliche Fehlverhalten der Besucher, das den Zurechnungszusammengang durchbrechen soll. 105 So etwa Nolte, Staatliche Verantwortung, S. 367; Götz/Geis, Polizei- und Ordnungsrecht, § 9, Rn. 21; Lange, Sicherheit, S. 189; ohne nähere Begründung auch Wahlen, Polizeikostenerstattung, S. 25 und 27. 106 Broß, DVBl 1983, 377, 380. 107 Schoch, JURA 2009, 360, 365; Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 136; Bender/Gräbener, BRJ 2015, 49, 50 f. 108 So Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 133.

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die aus Kreisen der Ultras begangenen Straftaten im Rahmen ihrer „Ultra-Wettkämpfe“ räumlich und zeitlich losgelöst von den Fußballspielen stattfinden, an den Spieltagen aufgrund der großen Polizeiaufgebote sowie der Medienberichterstattung jedoch für die Öffentlichkeit sichtbar werden. In Kenntnis der Problematik der Anwendung der bisher vertretenen polizeirechtlichen Zurechnungsansätze auf die Gefahren im Umfeld von Großveranstaltungen hat Lange einen neuen Zurechnungsansatz entwickelt, um den Veranstaltern die Gewalthandlungen zuzurechnen, wenn diese zumindest vorhersehbar sind. Lange möchte die Zurechnung des Verhaltens Dritter allein an den Kriterien „Kausalität“109 und „subjektive Vorhersehbarkeit“ festmachen.110 Erfasst von der Zurechenbarkeit sollen auch Störungen Dritter im öffentlichen Raum sein, „solange sie als Folge der Veranstaltung vorhersehbar sind“.111 Legt man ein solch weites Zurechnungsverständnis zugrunde, dürften die Fußballveranstalter tatsächlich für eine Vielzahl von Gefahren an den Spieltagen als polizeirechtlich verantwortlich anzusehen sein. Relativ eindeutig ließen sich die Verkehrsbehinderungen auf den An- und Abfahrtwegen zurechnen, da es an den meisten Fußballstandorten in der Vor- und Nachspielphase – für die Veranstalter vorhersehbar – zu Verkehrsbelastungen kommen dürfte. Darüber hinaus dürften auch weitere Gefahren für die öffentliche Sicherheit durch das Fehlverhalten Dritter für die Veranstalter vorhersehbar sein, wie etwa das „Abziehen“ von Fanartikeln, vereinzelte Schlägereien oder Vandalismus in Zügen und Bahnhöfen; bei Risikospielen dürften größere Konflikte im Umfeld der Spiele aus Sicht der Veranstalter ebenfalls vorhersehbar sein. Auch wenn, wie schon oben erläutert,112 nicht unerhebliche Zweifel bestehen, ob die von Ultras und Hooligans verwirklichten Straftaten an Spieltagen „als Folge der Veranstaltung“ verwirklicht werden,113 dürfte der Fußballveranstalter unabhängig davon für zahlreiche Gefahren an den Spieltagen als polizeirechtlicher Verantwortlicher gelten. Dieser Folge ist sich Lange durchaus bewusst;114 er hält allerdings eine Einschränkung der Zurechenbarkeit auf der Ebene der Verhältnismäßigkeitsprüfung für ausreichend.115 Letztlich kommt auch dieser Ansatz, wie die anderen Auffassungen

109 Auf das Kriterium der Kausalität verzichtet Lange, Zweckveranlassung, S. 158, für den Fall der Zurechnung künftigen Verhaltens Dritter mangels vorherigen Bezugspunktes. 110 Lange, Zweckveranlassung, S. 153, spricht insofern von „Gefährdungsveranlassung“. 111 Lange, Zweckveranlassung, S. 165. 112 Vgl. oben § 9 B. III. 1. 113 Zwar sind bei der Beurteilung nach der gebräuchlichen Conditio-sine-qua-non-Formel hypothetische Ersatzursachen ausgeschlossen; die Kausalität setzt aber nicht voraus, dass das Drittverhalten ohne die Veranlassung vollständig entfallen würde; vgl. Lange, Zweckveranlassung, S. 113 f. 114 Lange, Zweckveranlassung, S. 155. 115 Lange, Zweckveranlassung, S. 157.

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zur Zurechnungsproblematik, nicht um eine Wertungsfrage herum.116 Im Rahmen dieser Wertungsfrage müssen neben den tatsächlichen Umständen ebenfalls rechtliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Der Zweckveranlasser muss, nach richtiger Ansicht, nicht nur unter tatsächlichen, sondern auch unter rechtlichen Gesichtspunkten so nah wie ein Störer an der Gefahrenursache stehen.117 Dabei muss sich der Ausnahmecharakter der Rechtsfigur des Zweckveranlassers vor Augen geführt werden: Nicht wenige Auffassungen im Schrifttum lehnen die Rechtsfigur des Zweckveranlasser ab.118 Der Rückgriff auf die Figur des Zweckveranlassers ist restriktiv zu handhaben, um die Grenze zwischen Störer und Nichtstörer nicht konturlos zu machen und damit den gesetzgeberischen Wertungen für die Inanspruchnahme Nichtverantwortlicher zu widerlaufen. Demgemäß wird vielfach schon angenommen, dass derjenige, der von seinen Rechten und Freiheiten aus Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG rechtmäßig durch die Veranstaltung von Fußballspielen Gebrauch macht, kein Störer sein kann.119 Wenn nun aber der Fußballveranstalter, weder auf tatsächlicher noch auf rechtlicher Ebene, den von Dritten ausgehenden Gefahren und Störungen im öffentlichen Raum nahe steht, kann er kein Störer sein. Dies gilt jedenfalls für die hier vordergründig behandelten (befürchteten) Ausschreitungen im Umfeld der Spiele. Allein der Umstand, dass die unmittelbaren Störer (auch) die Nähe zur Austragung von Profifußballspielen suchen, kann eine Zurechnung dieser Gefahren auf die Veranstalter nicht begründen.120 Eine polizeirechtliche Verantwortlichkeit des Veranstalters für Ausschreitungen im Umfeld der Veranstaltung wird daher – auch unter Heranziehung der Figur des Zweckveranlassers – ganz überwiegend abgelehnt.121 116

Schröder, AöR 140 (2015), 89, 99, führt, wenn auch in einem anderen Zusammenhang, treffend aus, dass eine Zurechnungsfrage immer zugleich eine Wertungsfrage ist. 117 Vgl. Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 135. 118 Siehe nur Niemeier, Bekämpfung ritualisierten Gewaltverhaltens, S. 252 ff.; Erbel, JuS 1985, 257, 262 f.; Beaucamp/Seifert, JA 2007, 577, 579 f. 119 Schoch, JURA 2009, 360, 364; Stopper/Holzhäuser/Knerr, SpuRt 2013, 49, 51; Braun, Die Polizei 2013, 321, 322; Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 135; ders., Life&Law 2018, 276, 277; Nolte, Kostenpflicht des Ligaverbandes, S. 14; Schenke, NJW 1983, 1882, 1883; ders., in: Schenke/Graulich/Ruthig (Hrsg.), Sicherheitsrecht des Bundes, § 17 BPolG, Rn. 24; ders., Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 246; Mühl, in: Beck-OK Polizeiund Ordnungsrecht Hessen, § 6, Rn. 27 f.; Pietzcker, DVBl, 1984, 459, 461; Leines, Kostentragung, S. 130 f. A. A. Lege, VerwArch 89 (1998), 71, 82 f.; Beutel, Gefahrenverursachung, S. 140 f.; wohl auch VG Hamburg, Beschl. v. 02. 04. 2012 – 15 E 756/12, Rn. 41 ff. (juris). 120 Vgl. Böhm, NJW 2015, 3000, 3001. 121 Müller-Eiselt, Life&Law 2018, 276, 277; Gornig/Horn/Will, Öffentliches Recht in Hessen, S. 358; Kempny, DVBl 2017, 862, 866; Böhm, NJW 2015, 3000, 3001; dies., FAZ v. 06. 08. 2015, S. 6; Walter, Polizei Info Report 1/2015, 34, 35; Hermann/Buljevic, NordÖR 2015, 198, 199; Bender/Gräbener, BRJ 2015, 49, 50 f. (am Beispiel der DFL GmbH); Schiffbauer, NVwZ 2014, 1282, 1283; Siegel, DÖV 2014, 867, 868 f.; Barczak, JURA 2014, 888, 900; Nolte, Kostenpflicht des Ligaverbandes, S. 14; ders., Polizei bei Sportveranstaltungen, in: Strauß (Hrsg.), Sportzuschauer, S. 193 (210 f.); Broemel, JA 2013, 604, 608 f.; Wieschemann, KSzW

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2. Teil: Beteiligung der Fußballveranstalter an polizeilichen Einsatzkosten

b) Zwischenergebnis Unabhängig von dogmatischen Erwägungen erscheint die Bedeutung, die der Störereigenschaft von Fußballveranstaltern im Schrifttum vereinzelt beigemessen wird, zu überhöht, wenn man einen genaueren Blick auf die Praxis wirft. An der Geeignetheit der in der Literatur diskutierten Musterbeispiele, wie etwa der Reduzierung von Kartenkontingenten oder gar dem Verbot sämtlicher Gästefans, dem Verbot von Stehplätzen oder die Untersagung einzelner brisanter Partien, bestehen, wie im ersten Teil dieser Arbeit schon dargelegt, jedenfalls gewisse Zweifel. Denn die Sicherheitslage an Spieltagen ist gerade innerhalb der bestens überwachten Stadien in aller Regel hervorragend, und selbst polizeiliche Einsatzleiter befürworten aus gefahrenabwehrrechtlicher Sicht die Anwesenheit der „Problemfans“ innerhalb des Stadions.122 Angesichts der im ersten Teil dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnis, dass es durch die Festsetzung von Stadionverboten oder Zuschauerausschlüssen regelmäßig zu einer Verlagerung der Gewaltproblematik in den öffentlichen Raum kommt, beziehungsweise dass sogar erst Gefahren für die öffentliche Sicherheit entstehen,123 könnte man auf den Gedanken kommen, eine Störereigenschaft der Vereine oder Verbände unter diesem Gesichtspunkt zu begründen. Letztlich muss diesbezüglich eine Störereigenschaft verneint werden – sei es, weil man den Zurechnungszusammenhang aufgrund des eigenverantwortlichen Handelns der Randalierer als nicht gegeben ansieht, oder weil die Vereine bei der Festsetzung von Stadionverboten nur von ihren grundrechtlichen Freiheiten Gebrauch machen und darüber hinaus ihren Schutzpflichten gegenüber dem friedlichen Publikum nachkommen wollen und die Verbände beim Ausspruch von Zuschauerausschlüssen innerhalb ihrer von 2013, 268, 272; Braun, Die Polizei 2013, 321 f.; ders., Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 161 f.; Stopper/Holzhäuser/Knerr, SpuRt 2013, 49, 50 f.; Widder, Polizeipflicht, S. 118 f.; Ronellenfitsch, VerwArch 77 (1986), 435, 438 f.; ders., DVBl 2005, 65, 69; Pietzcker, DVBl 1984, 459, 461; Majer, VerwArch 78 (1982), 167, 182 (dort Fn. 62); Schenke, NJW 1983, 1882, 1883; ders., Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 708; Boll, Gebührenpflicht, S. 49; Würtenberger/Heckmann/Tanneberger, Polizeirecht in Baden-Württemberg, § 5, Rn. 313; Moser, Kostenbeteiligungsmodelle, S. 132; Fritzweiler, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), Praxishandbuch des Sportrechts, 1. Teil, Rn. 77; Droege, Die Verwaltung 46 (2013), 313, 343 f.; Bernhardt, Kosten für polizeiliche Einsätze, in: WFV (Hrsg.), Haftung im Sport, S. 67 (74); Schmitt, Fußball-Stadionverbot, S. 372 f.; Nirschl, Kosten der Polizei- und Sicherheitsbehörden, S. 79; einschränkend Kirchhof, Nichtsteuerliche Abgaben, in: HStR V, § 119, Rn. 34 („soweit Störungen die Ausnahme bleiben“) und Tappe/Klein, Kostenbeteiligung, in: Pieroth/Görisch/Hartmann (Hrsg.), Staatsrecht, S. 166 (172). Der Bremer Senat ließ die Frage nach der Einstufung der Fußballveranstalter als Zweckveranlasser letztlich offen; vgl. Bremische Bürgerschaft, Drs. 18/1501, S. 15 f. 122 Demgegenüber hat etwa Lange, Zweckveranlassung, S. 166, an der Geeignetheit derartiger Maßnahmen kaum Zweifel. Das OVG Hamburg, NJW 2012, 1975, 1978, hat es offengelassen, ob ein Eintrittskartenverbot an Gästefans eine geeignete Gefahrenabwehrmaßnahme darstellt. 123 Vgl. oben § 6 B. III. 1. b) und § 6 B. III. 2. b).

§ 9 Polizeirechtlicher Ansatz

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Art. 9 GG geschützten Verbandsautonomie agieren und zumindest mittelbar durch diese „erzieherischen Maßnahmen“ eine Besserung der Sicherheitslage anstreben. 2. Ergebnis Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Fußballveranstalter für Ausschreitungen von Dritten im öffentlichen Raum nicht verantwortlich im polizeirechtlichen Sinne sind. Eine Störereigenschaft der Veranstalter kommt jedoch in Betracht, wenn die Vereine nur unzureichende Verkehrssicherungsmaßnahmen treffen.

C. Polizeirechtliche Sekundärebene Selbst wenn man neben einer möglichen Störereigenschaft der Veranstalter bei einer Verletzung von Verkehrssicherungspflichten den Zurechnungszusammenhang weiter ausdehnen würde, also den Veranstalter beispielsweise auch als Störer für Ausschreitungen Dritter im öffentlichen Raum ansehen würde, kann daraus nicht eine umfassende Kostenabwälzungsmöglichkeit begründet werden. Ein allgemeiner Rechtsatz, wonach der Störer stets für die Folgen der Störung Ersatz leisten muss, ist dem Polizeirecht fremd.124 So ist im HSOG125 auf der Sekundärebene – klammert man die hier nicht einschlägigen Kostenabwälzungsmöglichkeiten für die Sicherstellung einschließlich Verwahrung und Verwertung von Sachen (§ 43 Abs. 3 HSOG) und die Anwendung von unmittelbaren Zwang (§ 52 Abs. 1 S. 3 HSOG) einmal aus – nur in den Fällen der Ersatzvornahme (§ 49 HSOG) und der unmittelbaren Ausführung (§ 8 Abs. 2 HSOG) beziehungsweise des Sofortvollzugs (§ 47 Abs. 2 HSOG) eine Kostenbeteiligung des Störers vorgesehen. Voraussetzung einer Kostenpflicht des Störers für eine Ersatzvornahme oder unmittelbare Ausführung126 ist aber, dass die durchzusetzende Grundverfügung vom Störer auch rechtlich erfüllt werden kann, was bei Maßnahmen, deren Umsetzung nur kraft hoheitlicher Gewalt möglich sind, nicht der Fall ist.127 Selbst die Stimmen in der Literatur, die den Großveranstaltern auch Störungen und Gefahren Dritter im öffentlichen Raum zurechnen, erkennen an, dass der polizeirechtliche Kostenansatz für eine möglichst umfassende Kostenbeteiligung der Veranstalter nicht geeignet ist.128 Für Braun wirken daher die unterschiedlichen 124

Götz, DVBl 1984, 14, 17. Die Vollstreckungsvorschriften für die Polizei- und Ordnungsbehörden finden sich in Hessen im HSOG, während die allgemeinen Verwaltungsbehörden nach den entsprechenden Vorschriften des Hessischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vollstrecken. 126 In Bremen sowie in den Bundesländern Brandenburg, Niedersachsen, NordrheinWestfalen, Saarland und Schleswig-Holstein sehen die jeweiligen Polizeigesetze eine unmittelbare Ausführung nicht vor. 127 Statt vieler Deusch, Sportgroßveranstaltungen, S. 220. 128 Anders wohl nur Wahlen, Polizeikostenerstattung, S. 27. 125

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2. Teil: Beteiligung der Fußballveranstalter an polizeilichen Einsatzkosten

Ansätze im Schrifttum, die eine Einstufung des Großveranstalters als Störer ermöglichen sollen, „teils arg gekünstelt“.129 In der Tat kann man sich dieses Eindrucks nur schwer erwehren, wenn etwa Götz die Störereigenschaft von Großveranstaltern als „durchaus angemessenes Ergebnis“ bezeichnet.130 Eine derartige Formulierung lässt vermuten, dass es sich um eine interessengeleitete Konstruktion handelt, da die Argumentation ihre Ergebnisbezogenheit kaum verbirgt. So bemängelt Heise, dass die von einem Teil des Schrifttums angeführten Zurechnungsargumente nicht beabsichtigen, den Veranstalter auf polizeirechtlicher Primärebene in Anspruch zu nehmen, sondern vorrangig eine Kostenabwälzung auf Sekundärebene zum Ziel haben.131 Diese Intention lässt sich historisch bedingt erklären, da ganz überwiegend keine speziellen Gebührentatbestände vorhanden waren, beziehungsweise immer noch nicht vorhanden sind, die eine umfangreiche Polizeikostenabwälzung ermöglichen würden. De lege lata muss somit oftmals auf die Regelungen in den Polizeigesetzen zurückgegriffen werden.132 Anderes gilt aber, wenn die Polizei dem Ordnungsdienst zu Hilfe kommt und Ordnungsaufgaben erfüllt, die dem Veranstalter obliegen, wie etwa das Durchführen von Einlasskontrollen oder das Verhindern eines „Block“- oder „Platzsturms“. Eine entsprechend an den Veranstalter ergangene Grundverfügung wäre theoretisch vollstreckungsfähig und könnte im Wege der Ersatzvornahme kostenpflichtig vollstreckt werden. Wenn der Grundverwaltungsakt nicht vorab ergangen ist, was in derartigen Situationen der absolute Regelfall sein dürfte, kann die kostenpflichtige Vollstreckung über die unmittelbare Ausführung oder den Sofortvollzug begründet werden. Gegen eine solche Kostenabwälzung bestehen keine rechtlichen Bedenken. Im Gegensatz zu Oschmann, der eine derartige Polizeikostenbeteiligung der Veranstalter – vor dem Hintergrund der fehlenden hoheitlichen Befugnisse der Veranstalter beziehungsweise des Ordnungsdienstes – als nur theoretisch erachtet,133 gibt es gerade bei den Polizeieinsätzen bei Risikospielen praktische Anwendungsfälle. So zum Beispiel das Bilden einer Polizeikette vor dem Fanblock, das keine hoheitlichen Befugnisse voraussetzt und für das insofern dem Grunde nach Kosten erhoben werden könnten.

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Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 157. Götz, DVBl 1984, 14, 17. 131 Heise, NVwZ 2015, 262, 263; so auch Würtenberger/Heckmann/Tanneberger, Polizeirecht in Baden-Württemberg, § 5, Rn. 313. 132 Wie zuvor dargelegt, besteht auch gar nicht die praktische Notwendigkeit der Inanspruchnahme des Fußballveranstalters auf Primärebene, da unabhängig von der fragwürdigen Geeignetheit der in dieser Konstellation diskutierten Gefahrenabwehrmaßnahmen im Zweifelsfall eine Inanspruchnahme der Veranstalter auch als Nichtverantwortliche möglich sein dürfte; siehe OVG Hamburg, NJW 2012, 1975, 1976 ff., das die Frage im Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO letztlich offenließ; grundlegend zum polizeilichen Notstand Barczak, Die Verwaltung 49 (2016), 157 ff. 133 Vgl. Oschmann, Die Finanzierung der inneren Sicherheit, S. 125. 130

§ 10 Gebührenrechtlicher Ansatz

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Ohne dem nachfolgenden gebührenrechtlichen Teil dieser Arbeit vorgreifen zu wollen, sei darauf hingewiesen, dass auch gegenüber einem speziellen Gebührentatbestand für „Ordnertätigkeiten“ der Polizei bei Veranstaltungen keine grundlegenden (finanz-)verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. So können etwa nach dem auf § 2 Abs. 1 S. 1 Hessisches Verwaltungskostengesetz (HVwKostG) beruhenden § 1 HessVwKostO-MdIS i. V. m. Ziffer 511 der Anlage zu § 1 der HessVwKostO-MdIS Veranstalter in Anspruch genommen werden, „wenn die Veranstaltungen im überwiegend wirtschaftlichen Interesse stattfinden und mit den Einsätzen Ordnungsaufgaben erfüllt werden, die der Veranstalterin oder dem Veranstalter oder der Veranstaltungsleiterin oder dem Veranstaltungsleiter obliegen“.134

§ 10 Gebührenrechtlicher Ansatz Mittels eines Rückgriffs auf die polizeikostenrechtlichen Regelungen kann die angedachte möglichst umfassende Kostenabwälzung auf die Fußballveranstalter nicht bewirkt werden. Aus dem Umstand, dass die Fußballveranstalter in aller Regel keine Störer sind, sondern bisweilen gar die eigentlichen Gestörten, kann allerdings nicht geschlussfolgert werden, dass dieser polizeirechtliche Gesichtspunkt einer Kostenabwälzung über das Gebührenrecht entgegenstehen muss. Eine dahingehende Wertung lässt sich dem Polizeirecht nicht entnehmen; auch Nichtstörer können grundsätzlich polizeikostenpflichtig sein.135 So wird im Polizeirecht etwa beim Anscheinsstörer die Akzessorietät zwischen Störer- und Kostenschuldnereigenschaft durchbrochen.136 Der Anwendungsbereich des allgemeinen Gebührenrechts wird durch das Polizeirecht also nicht etwa gesperrt.137 Der nachfolgende Teil beschäftigt sich daher am Beispiel der neuen Bremer Reglung mit den (finanz-)verfassungs134

Eine ähnliche Regelung findet sich in Mecklenburg-Vorpommern in den Tarifstellen 8.5 und 8.6 der Anlage zu § 1 der Verordnung über Kosten im Geschäftsbereich des Ministeriums für Inneres und Europa (IMKostVO M-V). Im Freistaat Sachsen kann nach Nr. 75, Tarifstelle 9 des Neunten Sächsischen Kostenverzeichnisses vom 21. 09. 2011 bei polizeilichen Absperrund Sicherungsmaßnahmen, die für private Zwecke erfolgen, eine Gebühr für den Polizeieinsatz erhoben werden. Soweit ersichtlich, wird davon gegenüber Fußballveranstaltern jedoch kein Gebrauch gemacht; vgl. Schiffbauer, SpuRt 2014, 231, 233. 135 Vgl. Majer, VerwArch 78 (1982), 167, 182; einschränkend Müller-Franken, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 105, Rn. 94. Dieser Grundsatz gilt nach hier vertretener Auffassung jedoch nur für eine Zurechnung für den Nichtstörer vorteilhafter öffentlicher Leistungen. Zum Konflikt zwischen der polizeirechtlichen Nichtverantwortlichkeit und dem gebührenrechtlichen Veranlasserprinzip siehe unten § 10 A. IV. 2. a). 136 Siegel, DÖV 2014, 867, 869. 137 Statt vieler Deusch, Sportgroßveranstaltungen, S. 223. So gelten die Gebührengesetze schon ihrem Wortlaut nach für sämtliche Amtshandlungen (vgl. § 1 HVwKostG) und sehen Ausnahmen für Amtshandlungen der Polizeibehörden gerade nicht vor. A. A. Majer, VerwArch 73 (1982), 167, 191 („auch die Nicht-Kostenregelung ist abschließend“). Zur Lösung von Wertungswidersprüchen zwischen polizeirechtlicher und gebührenrechtlicher Zurechnung siehe unten § 10 A. IV. 2. a).

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2. Teil: Beteiligung der Fußballveranstalter an polizeilichen Einsatzkosten

rechtlichen Voraussetzungen138 der gebührenrechtlichen Lösung, die in der politischen und juristischen Diskussion im Zusammenhang mit einer Kostenabwälzung auf Großveranstalter weit überwiegend favorisiert und der gar eine „konkurrenzlose Eignung“ zugesprochen wird.139 Wie schon in der Einleitung erwähnt, bleiben die rechtlichen Voraussetzungen und Vor- und Nachteile alternativer Kostenabwälzungsmöglichkeiten, die in diesem Kontext vereinzelt angedacht wurden – etwa eine Beitragsregelung,140 eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über die GoA,141 die Geltendmachung von Polizeikosten über den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch142, eine Umlagefinanzierung143 oder eine vertragliche Regelung

138 Zuletzt wurde die Debatte über die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben kontrovers anhand der Erhebung von Rundfunkbeiträgen nach der Ratifizierung des am 01. 01. 2013 in Kraft getretenen Rundfunkbeitragsstaatsvertrags geführt. Die Rechtsprechung ordnet den Rundfunkbeitrag den nichtsteuerlichen Abgaben zu: siehe nur BVerwGE 154, 275, 279 f. (für die Heranziehung von Wohnungsinhabern); BVerwG, NVwZ 2017, 955, 958 (für die Heranziehung von Inhabern von Betriebsstätten und von betrieblich genutzten Kraftfahrzeugen); dagegen Pagenkopf, NVwZ 2017, 936, 938; ders., NJW 2016, 2535 ff. m. w. Nachw. aus dem Schrifttum. 139 So Beutel, Gefahrenverursachung, S. 320; Hickel, Kosten für Risiko-Fußballspiele, These 4 („einzig und allein begründbar“). Über einen „zivilrechtlichen Weg“, Großveranstalter an den Sicherheitskosten zu beteiligen, wurde im Frühjahr 2017 in München diskutiert. Angesichts der auf fünf Millionen Euro gestiegenen Sicherheitskosten beim Münchener Oktoberfest soll die bisher übliche Standmiete zugunsten einer „Umsatzpacht“ wegfallen, die bis zu fünf Prozent vom Umsatz der Wiesenwirte ausmachen soll; vgl. sueddeutsche.de, 22. 02. 2017, www.sueddeutsche.de/muenchen/oktoberfest-juristen-halten-bierpreis-bremse-fuer-mach bar-1.3390831. 140 Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 329 ff., spricht sich für einen jährlich zu zahlenden Pauschalbeitrag der Bundesligavereine aus; ders., Die Polizei 2013, 321, 325 f., seinen Ansatz eingrenzend gegenüber kleineren Vereinen. Gegen eine Beitragslösung etwa Beutel, Gefahrenverursachung, S. 312 ff. 141 Dafür Baur, DVBl 1965, 893, 895. Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 191 ff., spricht sich für eine analoge Anwendung der Vorschriften über die GoA bei Nichtstörern aus, wenn diese durch die polizeiliche Tätigkeit einen zurechenbaren Vorteil erhalten. Bei Aufgaben, die der Veranstalter mangels hoheitlicher Befugnisse nicht ausüben kann, verneint allerdings auch er, mangels des Vorliegens eines fremden Geschäfts, eine Erstattungsmöglichkeit über eine entsprechende Anwendung der GoA-Vorschriften; vgl. Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 197. Mangels planwidriger Regelungslücke liegen jedoch schon die Analogievoraussetzungen nicht vor. Gegen den GoA-Ansatz daher etwa Majer, VerwArch 78 (1982), 167, 192; Würtenberger, NVwZ 1983, 192, 193 f.; Nolte, Staatliche Verantwortung, S. 364; Schmidt, ZRP 2007, 120, 121; Oschmann, Die Finanzierung der inneren Sicherheit, S. 147 ff.; Lange, Sicherheit, S. 191; Gusy, Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 464; Würtenberger/Heckmann/Tanneberger, Polizeirecht in BadenWürttemberg, § 10, Rn. 43. 142 Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 198 ff.; dagegen etwa Schmidt, ZRP 2007, 120, 121; Lange, Sicherheit, S. 191; Moser, Kostenbeteiligungsmodelle, S. 156; Oschmann, Die Finanzierung der inneren Sicherheit, S. 150. 143 Diese favorisiert Oschmann, Die Finanzierung der inneren Sicherheit, S. 243 ff.

§ 10 Gebührenrechtlicher Ansatz

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zwischen Polizei und Veranstalter144 –, ohne dass sie sich in der Praxis hätten durchsetzen können145, außer Betracht.

A. Der Bremer Vorstoß: § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG I. Gesetzeshistorie Bevor im Dezember 2013 erstmals Stimmen aus der Bremischen Bürgerschaft in Richtung Senat laut wurden, eine Polizeikostenbeteiligung gewinnorientierter Großveranstalter auf Basis landesrechtlicher Rechtgrundlagen zu prüfen,146 war eine derartige Kostenbeteiligung zwei Jahre zuvor schon in einer anderen Hansestadt angedacht worden. So verkündete der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg im Rahmen einer Klausurtagung zur Haushaltskonsolidierung im September 2012 die Absicht, kommerzielle Veranstalter von Großveranstaltungen, bei denen mindestens 5.000 Besucher eine Eintrittskarte erworben haben, künftig an den Kosten von Polizeieinsätzen zu beteiligen.147 In der Folge wurde dieser Vorschlag jedoch nicht weiterverfolgt. Demgegenüber unterrichtete der Bremer Senat mit Mitteilung vom 22. 07. 2014 die Bremische Bürgerschaft über die rechtlichen Möglichkeiten zur Kostenabwälzung, die durch eine Änderung der Kostenverordnung für die innere Verwaltung sowie Änderungen in den §§ 4 Abs. 1 Nr. 2, 13 Abs. 1 BremGebBeitrG geschaffen werden sollten.148 Der Gesetzesentwurf wurde noch am selben Tag in erster Lesung beschlossen und an den Haushalts- und Finanzausschuss (Land) zur weiteren Beratung und Berichterstattung überwiesen; in Vorbereitung der Beratungen brachten die Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen noch einen Änderungsvorschlag ein,149 der in zweiter Lesung mit Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Bürger in Wut (BIW) in der Bürgerschaft beschlossen wurde.150 144

Aden, in: FS Kutscha, S. 245 (256), spricht sich für den Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge über die Polizeikostenbeteiligung aus; kritisch hingegen Würtenberger, NVwZ 1983, 192, 194. 145 Jüngst haben der Senator für Inneres der Freien Hansestadt Bremen, Ulrich Mäurer, und der rheinland-pfälzische Innenminister, Roger Lewentz, vorgeschlagen, einen Fonds zu errichten, über den sich die DFL an den Polizeieinsatzkosten bei Hochrisikospielen beteiligen soll; vgl. sueddeutsche.de, 23. 04. 2018, www.sueddeutsche.de/sport/sportpolitik-innenministerfordern-millionen-fonds-von-fussball-klubs-1.3956181. Hinsichtlich der konkreten rechtlichen Umsetzung dieses Vorhabens sind bislang keine näheren Informationen bekannt. 146 Dringlichkeitsantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN, Bremische Bürgerschaft, Drs. 18/1201. 147 Vgl. Pressemitteilung des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg v. 22. 09. 2012, S. 12, abrufbar unter http://www.hamburg.de/contentblob/2527792/3beaa2556d61911830893 cc109de6f5b/data/haushaltskonsolidierung-des-senats.pdf. 148 Bremische Bürgerschaft, Drs. 18/1501, S. 19 und 35. 149 Bremische Bürgerschaft, Drs. 18/1591, S. 2 f. 150 Bremische Bürgerschaft, Plenarprotokoll, 18. Wahlperiode, 68. Sitzung, S. 5072 f.

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2. Teil: Beteiligung der Fußballveranstalter an polizeilichen Einsatzkosten

In den §§ 4 Abs. 1 Nr. 2151, 13 Abs. 1152 BremGebBeitrG wurde mit Wirkung zum 08. 11. 2014 die Worte „überwiegenden“ beziehungsweise „überwiegendem“ gestrichen, um Gebühren grundsätzlich auch dann erheben zu können, wenn die Amtshandlungen nicht im überwiegenden Interesse eines Einzelnen vorgenommen werden. Gebühren sollen zukünftig sogar erhoben werden können, wenn das öffentliche Interesse das individuelle Interesse überwiegt.153 Die Änderungen in den §§ 4 Abs. 1 Nr. 2, 13 Abs. 1 BremGebBeitrG sollten zusammen mit der Normierung eines Gebührentatbestandes in der Kostenverordnung für die Innere Verwaltung (InkostV)154 eine Rechtsgrundlage für die Kostenbeteiligung kommerzieller Großveranstalter schaffen. Angesichts verfassungsrechtlicher Bedenken – insbesondere wurden Zweifel dahingehend geäußert, ob ein derartiges Vorgehen mit der Wesentlichkeitstheorie, dem Bestimmtheitsgrundsatz und dem Vorbehalt des Gesetzes zu vereinbaren wäre155 –, entschloss sich der Bremer Gesetzgeber, in den § 4 BremGebBeitrG einen speziellen Kostentatbestand für Großveranstaltungen aufzunehmen. Nach § 4 Abs. 3 BremGebBeitrG wurde folgender Abs. 4 angefügt: „Eine Gebühr wird von Veranstaltern oder Veranstalterinnen erhoben, die eine gewinnorientierte Veranstaltung durchführen, an der voraussichtlich mehr als 5.000 Personen zeitgleich teilnehmen werden, wenn wegen erfahrungsgemäß zu erwartender Gewalthandlungen vor, während oder nach der Veranstaltung am Veranstaltungsort, an den Zugangs- oder Abgangswegen oder sonst im räumlichen Umfeld der Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften vorhersehbar erforderlich wird. Die Gebühr ist nach dem Mehraufwand zu berechnen, der aufgrund der zusätzlichen Bereitstellung von Polizeikräften entsteht. Der 151 § 4 Abs. 1 Nr. 2 BremGebBeitrG n. F.: „Verwaltungsgebühren werden für die Vornahme von Amtshandlungen erhoben, die auf Grund gesetzlicher Ermächtigung im Interesse eines Einzelnen vorgenommen werden […].“ 152 § 13 Abs. 1 BremGebBeitrG n. F.: „Schuldner einer Verwaltungsgebühr oder von Auslagen ist derjenige, der die Amtshandlung selbst oder durch Dritte, deren Handeln ihm zuzurechnen ist, beantragt oder veranlasst hat, oder in dessen Interesse sie vorgenommen wird, oder der einer besonderen Überwachung oder Beaufsichtigung unterliegt.“ 153 Bremische Bürgerschaft, Drs. 18/1502. 154 Vom 20. 08. 2002 (Brem.GBl. S. 455). Zum ursprünglich angedachten Gebührentatbestand siehe Bremische Bürgerschaft, Drs. 18/1501, S. 35: „Einsatz des Polizeivollzugsdienstes bei öffentlichen Veranstaltungen, die auf die Erzielung von Gewinnen ausgerichtet sind und an denen voraussichtlich mehr als 3000 Personen teilnehmen werden, soweit im Zusammenhang mit den Veranstaltungen erfahrungsgemäß mit Gewalthandlungen von Besuchern zu rechnen ist.“ 155 Kritisch dazu Hermann/Buljevic, NordÖR 2015, 198, 199 f.; Brüning, VerwArch 106 (2015), 417, 428 f.; Siegel, DÖV 2014, 867, 870. Besonders problematisch ist, dass die §§ 4 Abs. 1 Nr. 2, 13 Abs. 1 BremGebBeitrG die Gebührenerhebung nicht ins Ermessen der Behörde stellen. Insofern müssten künftig für jede polizeiliche Maßnahme Gebühren erhoben werden, da durch polizeiliche Maßnahmen (fast) immer auch private Interessen gefördert werden. Sollten die Normen hingegen durch die Verwaltungspraxis eingeschränkt werden, wäre es für potentielle Gebührenschuldner nicht möglich, anhand der gesetzlichen Regelungen festzustellen, ob ihnen eine Inanspruchnahme droht. Klein, DVBl 2015, 275, 277 f., zweifelt insofern die Vereinbarkeit der Regelungen mit dem Bestimmtheitsgebot an.

§ 10 Gebührenrechtlicher Ansatz

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Veranstalter oder die Veranstalterin ist vor der Veranstaltung über die voraussichtliche Gebührenpflicht zu unterrichten. Die Gebühr kann nach den tatsächlichen Mehrkosten oder als Pauschalgebühr berechnet werden.“156

Dieser spezielle Kostentatbestand157 stellt i. V. m. Nr. 120.60 der Anlage zu § 1 der InkostV158 und Nr. 103.00 der Anlage zu § 1 Allgemeine Kostenverordnung (AllKostV)159, die aufgrund der Ermächtigung in § 3 Abs. 1 BremGebBeitrG erlassen werden konnten, die Rechtsgrundlage für eine Kostenbeteiligung der Fußballveranstalter dar. Ob die Norm tatsächlich eine hinreichende Rechtsgrundlage für Gebührenbescheide gegenüber den Veranstaltern von Profifußballspielen ist, soll in der Folge untersucht werden. II. Gesetzgebungskompetenz Hinsichtlich der Gesetzgebungskompetenz, die vereinzelt angezweifelt wurde,160 bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Während die Gesetzgebungskompetenz im Bereich der Steuern in Art. 105 GG geregelt ist, leitet sich die Gesetzgebungskompetenz für nichtsteuerliche Abgaben aus den allgemeinen grundgesetzlichen Regelungen zur Gesetzgebungskompetenz (Art. 70 ff. GG) für die betroffene

156 Gesetz zur Änderung des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes v. 04. 11. 2014 (Brem.GBl. S. 457, ber. S. 547). 157 Gegen den Bremer Weg, einen speziellen Kostentatbestand im Gebührenrecht zu normieren, bestehen jedenfalls insoweit keine verfassungsrechtlichen Bedenken, als Polizeikostentatbestände nicht zwingend im Polizeirecht geregelt werden müssen; vgl. Habermann, Gebühren, S. 313 f.; Boll, Gebührenpflicht, S. 116 f. Vereinzelt wird die Verortung des Gebührentatbestandes im BremGebBeitrG kritisiert und eine Regelung im BremPolG unter systematischen Gesichtspunkten favorisiert; vgl. Klein, DVBl 2015, 275, 277. Demgegenüber halten etwa Deusch, Sportgroßveranstaltungen, S. 230, und Oschmann, Die Finanzierung der inneren Sicherheit, S. 194, ebenfalls unter systematischen Gesichtspunkten, gerade eine Kostenregelung im Gebührenrecht für logischer. 158 Nr. 120.60 der Anlage zu § 1 der InkostV: „Einsatz des Polizeivollzugsdienstes nach § 4 Absatz 4 des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes: Abrechnung nach tatsächlichem Aufwand, soweit möglich nach Maßgabe der Nummern 120.10 bis 120.16. Auslagen werden gesondert erhoben.“ Nr. 120.10: „Für jeden Beamten Stundensatz nach der Allgemeinen Kostenverordnung, Auslagen werden gesondert erhoben.“ Nach den Nr. 120.11-16 werden für den Einsatz von Booten, Personenkraftwagen, Kraftfahrzeugen oder Krafträdern jeweils bezifferte Kilometer- bzw. Betriebsstundenpauschalen erhoben. 159 Nr. 103.00 der Anlage zu § 1 AllKostV: „Bei Gebührenberechnungen nach dem Zeitaufwand werden unter Berücksichtigung der Regelung in § 5 Absatz 1 des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes folgende Stundensätze in Anrechnung gebracht: für einen Beamten der Laufbahngruppe II zweites Einstiegsamt (A13 – A16) oder Arbeitnehmer in vergleichbarer Entgeltgruppe 77,00 Euro[,] für einen Beamten der Laufbahngruppe II erstes Einstiegsamt (A9 – A12) oder Arbeitnehmer in vergleichbarer Entgeltgruppe 63,00 Euro[,] für einen Beamten der Laufbahngruppe I zweites Einstiegsamt (A5 – A8) oder Arbeitnehmer in vergleichbarer Entgeltgruppe 53,00 Euro.“ 160 So etwa Klein, DVBl 2015, 275, 278 f.

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2. Teil: Beteiligung der Fußballveranstalter an polizeilichen Einsatzkosten

Sachmaterie ab.161 Daher ist zunächst zu prüfen, ob es sich bei § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG um einen nichtsteuerlichen Abgabentatbestand handelt. Aus dem Umstand, dass der Abgabentatbestand im BremGebBeitrG normiert wurde und der Gesetzgeber in § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG explizit die Termini „Gebühr“, „Gebührenpflicht“ und „Pauschalgebühr“ verwendet, folgt noch nicht, dass es sich bei der Bremer Abgabenregelung auch im finanzverfassungsrechtlichen Sinne um eine Vorzugslast handelt, denn die Einordnung einer Abgabe richtet sich ausschließlich nach ihrem tatbestandlich bestimmten, materiellen Gehalt.162 Daher ist erst der materielle Gehalt des Abgabentatbestandes zu bestimmen, um eine Abgrenzung zur Steuer zu ermöglichen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind Steuern im Sinne des Grundgesetzes alle einmaligen oder laufenden Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere staatliche Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einkünften allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft.163 Demgegenüber werden Gebühren und Beiträge, die unter dem Begriff der Vorzugslasten zusammengefasst werden, als Gegenleistung für eine konkrete staatliche Leistung erhoben.164 § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG knüpft an eine Gegenleistung der öffentlichen Verwaltung – die (zusätzliche) Bereitstellung von Polizeikräften – an und ist wegen dieses Gegenleistungscharakters als Vorzugslast zu qualifizieren. Da § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG nicht auf eine potentielle Inanspruchnahme der Bereitstellung der Polizeikräfte abstellt, handelt es sich nicht um eine Beitrags-165, sondern eine Gebührenregelung. Als nichtsteuerliche Abgabe leitet sich die Gesetzgebungskompetenz für die in § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG getroffene Regelung also aus der zugrunde liegenden Sachkompetenz ab. Da es vorliegend um eine Beteiligung an den Kosten für Polizeieinsätze, mithin um polizeiliches Handeln geht, kommt grundsätzlich eine Zu161 BVerfGE 135, 155, 206; BVerwGE 154, 275, 279; Böhm, Umweltlenkungsabgaben, S. 99 f.; dies., NVwZ 1990, 340, 341 f.; dies., IUR 1991, 177, 180; Müller-Franken, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 105, Rn. 84. Dass es sich bei § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG um einen nichtsteuerlichen Abgabentatbestand handelt, wird in der Folge näher dargelegt. 162 BVerfGE 110, 370, 384 m. w. Nachw. aus der Rspr. des BVerfG; OVG Münster, NWVBl 2016, 468, 472; Böhm/Horn, LKRZ 2008, 7, 9; Müller-Franken, DStZ 2012, 506, 508; ders., VerwArch 103 (2012), 315, 316. 163 BVerfGE 49, 343, 353 m. w. Nachw. aus der Rechtsprechung des BVerfG; BVerwGE 154, 275, 279; vgl. auch die Steuerdefinition in § 3 Abs. 1 AO. 164 Müller-Franken, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 105, Rn. 89; Waldhoff, Grundzüge des Finanzrechts des Grundgesetzes, in: HStR V, § 116, Rn. 86; ders., JuS 2013, 765; Gaßner, DÖV 1983, 412, 414. 165 Mit der Erhebung von Beiträgen wird schon die potentielle Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung oder Leistung abgegolten. Die Interessenten sollen an den Kosten einer öffentlichen Einrichtung beteiligt werden, von der sie potenziell einen Nutzen haben; vgl. BVerfGE 137, 1, 18 m. w. Nachw. aus der Rechtsprechung des BVerfG; BVerwG, NVwZ 2016, 68, 69; Gersch, in: Klein, Abgabenordnung, § 3, Rn. 20.

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ständigkeit des Bundes über Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG im Falle von repressivem Polizeihandeln oder eine Zuständigkeit der Länder über Art. 30, 70 GG im Falle von präventiver Polizeitätigkeit in Betracht. Problematisch sind die doppelfunktionalen Polizeieinsätze im Umfeld des Profifußballs: Die Polizei wird an den Spieltagen nicht nur aus Gründen der Gefahrenabwehr, sondern auch zur Strafverfolgung eingesetzt. Für eine Kostenregelung bei repressivem Handeln fehlt dem Bremer Gesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz, da der Bund den Ersatz von Kosten in StPO (§§ 464a Abs. 1, 465 Abs. 1 StPO) und OWiG (§ 107 OWiG) schon geregelt hat. Im überwiegend älteren Schrifttum wurde die Gesetzgebungskompetenz der Länder für Kostenregelungen bei doppelfunktionalen Polizeimaßnahmen daher, gerade auch aufgrund von Unbilligkeitserwägungen im Hinblick auf die divergierende Kostenlast,166 von nicht wenigen Stimmen verneint.167 Überzeugend ist diese Sichtweise allerdings nicht. Den entscheidenden Schwachpunkt dieser Ansicht hat schon Habermann formuliert: „Es ist nicht nachvollziehbar, warum eine Polizeimaßnahme, die der Gefahrenabwehr dient und zugleich – möglicherweise nur ganz untergeordnete – repressive Zwecke verfolgt, aus der Perspektive des Kostenrechts allein dem Bereich der Strafverfolgung zuzuordnen sein soll.“168 Die von Albrecht darüber hinaus geäußerte Befürchtung, dass eine Trennung zwischen präventivem und repressivem Polizeihandeln in der Praxis nicht zu bewerkstelligen sei, verfängt ebenfalls nicht. So kann auch in diesem Zusammenhang auf die erprobten dogmatischen Instrumentarien für die Ermittlung der Rechtswegzuständigkeit zurückgegriffen werden.169 Abzustellen ist also auf den Schwerpunkt des Polizeieinsatzes bei Fußballspielen, der sich nach dem Gesamteindruck 166

Die Anwendung der Kostenvorschriften der StPO und des OWiG ist im Vergleich zu den Kostengesetzen der Länder regelmäßig mit erheblich geringeren finanziellen Belastungen für den Kostenschuldner verbunden; dazu Brünneck, NVwZ 1984, 271, 278 f. Kühling, DVBl 1981, 316 f., sieht die kostenrechtliche Schlechterstellung des schuldunabhängig haftenden Störers im Vergleich zum Verdächtigen einer Straftat als „besonders unangemessen und sachwidrig“ an. 167 So u. a. Albrecht, in: FS Samper, S. 165 (175), unter Hinweis auf die faktische Unmöglichkeit, das Polizeihandeln bei Fußballspielen in einen repressiven und einen präventiven Teil rechnerisch aufzuteilen. Dagegen fordert Klein, DVBl 2015, 275, 278 f., gerade eine derartige rechnerische Aufteilung. Zu weiteren älteren Auffassungen im Schrifttum, die bei sämtlichen polizeilichen Maßnahmen mit zumindest auch strafverfolgendem Einschlag eine ausschließliche Einschlägigkeit der Kostenvorschriften der StPO und des OWiG annehmen, siehe Habermann, Gebühren, S. 309 f. 168 Habermann, Gebühren, S. 311. 169 VGH Mannheim, NVwZ 1985, 202, 203 f.; Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 91 ff.; Leines, Kostentragung, S. 241. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die jüngste Auffassung des Zweiten Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2017, 3173, 3176), wonach „bei so genannten Gemengelagen, in denen die Polizei sowohl repressiv als auch präventiv agieren kann und will, […] strafprozessuale und gefahrenabwehrrechtliche Maßnahmen grundsätzlich nebeneinander anwendbar [bleiben]“; zu den möglichen Auswirkungen dieser Rechtsprechung auf die verwaltungsgerichtliche Schwerpunkttheorie siehe Lenk, NVwZ 2018, 38 ff.

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des Einsatzes bestimmt.170 Danach liegt der Schwerpunkt der Polizeieinsätze bei Profifußballspielen klar im präventiven Bereich; gerade durch den flächendeckenden, personalintensiven Einsatz im öffentlichen Raum sollen Ausschreitungen schon im Vorfeld durch Abschreckung potentieller Störer verhindert werden.171 § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG betrifft demzufolge schwerpunktmäßig den präventiven Einsatz von Polizisten, sodass dem Bremer Gesetzgeber nach den Art. 30, 70 GG das Recht zur Gesetzgebung zusteht. III. Verfassungsrechtliche Begrenzung der Gebührenerhebung im Bereich der Gefahrenabwehr Während die Gesetzgebungskompetenz des Bremer Gesetzgebers für eine derartige Polizeikostenregelung sich also ohne weiteres bejahen lässt, kann die Frage, welche (finanz-)verfassungsrechtlichen Grenzen für eine gebührenrechtliche Polizeikostenregelung zu setzen sind, nicht so einfach beantwortet werden. So wird nach Möglichkeiten gesucht, die Gebührenerhebung im Bereich der Gefahrenabwehr bereits dem Grunde nach zu begrenzen, obwohl Gebührentatbestände in den Polizeigesetzen in der Praxis nach wie vor nicht weit verbreitet sind.172 Ausgangspunkt der Überlegung ist der Umstand, dass die staatlichen Organe schon von Verfassungs wegen verpflichtet sind, sich schützend und fördernd vor die in Art. 2 Abs. 2 GG genannten Rechtsgüter zu stellen und diese vor rechtswidrigen Eingriffen zu bewahren. Die Polizei ist insofern grundsätzlich verpflichtet, sämtliche möglichen und rechtlich zulässigen Maßnahmen gegen die Störer im Umfeld von Fußballveranstaltungen zu ergreifen.173 Zu prüfen ist daher, ob sich dem Grundgesetz Anhaltspunkte oder gar verbindliche Vorgaben entnehmen lassen, mittels welcher Finanzierungsinstrumente Polizeieinsätze zu finanzieren sind.

170 So die ganz h. M., etwa Würtenberger, NVwZ 1983, 192, 198; Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 91 ff.; Boll, Gebührenpflicht, S. 122; Habermann, Gebühren, S. 311. 171 Teilweise wird sogar schon die Vorbereitung der Verfolgung von Straftaten als Element der Gefahrenabwehr angesehen, da das Bereithalten am Einsatzort der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit dient; vgl. Beutel, Gefahrenverursachung, S. 24. 172 So kann nach § 75 Abs. 3 Thüringer Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Polizei derjenige zum Ersatz von einsatzbedingten besonderen polizeilichen Aufwendungen (etwa Reisekosten, Trennungsgeld, Mehrarbeitsvergütung) herangezogen werden, der eine vollziehbar verbotene Versammlung oder einen vollziehbar verbotenen Aufzug in Kenntnis des Verbots durchführt oder organisiert, sich daran beteiligt oder dazu aufruft und die Polizei dadurch zu gefahrenabwehrendem Tätigwerden veranlasst. Siehe zudem etwa die schon erwähnte Ziffer 511 der Anlage zu § 1 der HessVwKostO-MdIS sowie Tarifstellen 8.5 und 8.6 der Anlage zu § 1 der IMKostVO M-V. 173 Vgl. oben § 5 B. I.

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1. Steuerstaatsprinzip und Staatsaufgabenlehre Die Bundesrepublik Deutschland gilt als Steuerstaat.174 Danach müssen Aufgaben, welche die Allgemeinheit betreffen, grundsätzlich von der Allgemeinheit durch Steuern finanziert werden.175 Im Rahmen der staatlichen Einnahmeerzielung herrscht das „Primat der Steuer“176, wonach die allgemeinen staatlichen Aufgaben grundsätzlich aus Steuern zu finanzieren sind. Als staatliche Kernaufgabe177 – in der Gewährleistung der Sicherheit wird bisweilen gar der fundamentale Zweck des modernen Staates erblickt178 – müssen insofern auch die Kosten für Leistungen im Bereich der inneren Sicherheit179 grundsätzlich über das allgemeine Steueraufkommen finanziert werden, sodass die Polizeitätigkeit im Grundsatz auch für private Großveranstalter kostenfrei ist.180 In der Praxis werden die Einsätze von Polizei- und Ordnungsbehörden daher zu einem großen Teil aus Steuermitteln finanziert.181 174 BVerfGE 93, 319, 342 m. w. Nachw. auf die Rspr. des BVerfG; Müller-Franken, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 105, Rn. 53; Deusch, Sportgroßveranstaltungen, S. 226. Grundlegend zum Konzept des Steuerstaates Heun, Die Entwicklung des Steuerstaatskonzepts, in: Sacksofsky/Wieland (Hrsg.),Gebührenstaat, S. 10 ff. 175 Das BVerfGE 84, 239, 269, führt entsprechend aus: „Die Steuer ist eine Gemeinlast, die alle Inländer trifft; sie werden zur Finanzierung der allgemeinen Staatsaufgaben herangezogen.“ Zur dogmatischen Herleitung der verfassungsrechtlichen Verbindlichkeit des Steuerstaatsprinzips siehe Habermann, Gebühren, S. 207 ff., insb. S. 234 ff. 176 Gramm, Der Staat 36 (1997), 267, 274; ähnlich Müller-Franken, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 105, Rn. 53; Seiler, in: Maunz/Dürig GG, Art. 105, Rn. 42 und 80. Zur Entstehung des normativ verstandenen Steuerstaatsprinzips siehe Wieland, in: FS BVerfG, S. 771 (777 ff.). Die Steuer genießt schon im Hinblick auf die Regelungsdichte in der Finanzverfassung (Art. 104a bis Art. 115 GG) gegenüber den nichtsteuerlichen Abgaben eine herausgehobene Stellung. Veranschaulicht wird dies bei Habermann, Gebühren, S. 225 ff. 177 Unter die Begrifflichkeit Staatsaufgabe fallen die Handlungs- und Tätigkeitsbereiche, die dem Staat rechtsverbindlich zugeordnet sind oder von diesem nach Maßgabe des Rechts konkret wahrgenommen werden; vgl. Habermann, Gebühren, S. 48. Zu den Staatsaufgaben zählen daher u. a. die Tätigkeit der Bundes- und Länderpolizei als Bestandteil der Staatsaufgabe Gefahrenabwehr; vgl. Habermann, Gebühren, S. 161; Möstl, Sicherheit und Ordnung, S. 37 f. und 290 f. 178 Ausführlich Isensee, Grundrecht auf Sicherheit, S. 17 ff. 179 Die Begrifflichkeit umfasst neben der öffentlichen Sicherheit auch den öffentlichen Frieden als Teilbereich der öffentlichen Ordnung sowie die Strafverfolgung; vgl. Götz, Innere Sicherheit, in: Kube et al. (Hrsg.), Leitgedanken des Rechts, Bd. I, S. 457. 180 Vgl. Majer, VerwArch 73 (1982), 167, 169; Lege, VerwArch 89 (1998), 71, 87; Würtenberger, NVwZ 1983, 192, 193; Habermann, Gebühren, S. 193 ff. und 270 ff.; Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 280; Kugelmann/Alberts, JURA 2013, 898, 899; Heise, NVwZ-Extra 05/2015, 1, 3; Siegel, DÖV 2014, 867; Böhm, NJW 2015, 3000, 3002; Sailer, in: Lisken/Denninger, Handbuch Polizeirecht, N, Rn. 19 und 24. 181 So verzeichnete etwa die Bundespolizei im Jahr 2016 Einnahmen von ca. 469 Millionen Euro (ca. 94 % der Einnahmen beruhten auf der Erhebung der Luftsicherheitsgebühr [siehe dazu unten § 10 A. IV. 2. b) bb) (1)], und ca. 4 % auf Zahlungen der Bundesbank für den Objektschutz durch die Bundespolizei). Eine Aufschlüsselung der einzelnen Posten findet sich unter www.bundeshaushalt-info.de/#/2016/soll/einnahmen/funktion/042.html. Demgegenüber standen im Bundeshaushalt 2016 Ausgaben für die Bundespolizei in Höhe von mehr als

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Die einzelnen Polizeigesetze der Länder tragen diesem Grundsatz Rechnung. So heißt es beispielsweise in § 108 Abs. 1 HSOG: „Die Kosten der Polizeibehörden […] trägt das Land.“ Wenn nun aber der Staat nach neuen Einnahmequellen sucht, werden – gerade im Bereich staatlicher Kernaufgaben – mahnende Stimmen laut, die eine Aushöhlung der Wertungen der Finanzverfassung befürchten.182 Demzufolge verwundert es nicht, dass schon auf der Ebene des Steuerstaatsprinzips nach handhabbaren Einschränkungsmöglichkeiten für die Gebührenerhebung im Bereich der Gefahrenabwehr gesucht wird. So wird etwa vereinzelt vertreten, dass eine zusätzliche Gebührenerhebung im Bereich der Gefahrenabwehr zu einer Doppeldeckung der Kosten und somit zu einer Art „Doppelbesteuerung“ führe, die mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht in Einklang zu bringen sei.183 Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die Lasten für die Tätigkeit der Polizei bereits durch die Steuererhebung gedeckt werden. Überzeugend ist diese Ansicht nicht. Ob sich dem Rechtsstaatsprinzip eine derart konkrete Forderung entnehmen lässt, erscheint sehr zweifelhaft und wird vielfach sogar komplett abgelehnt.184 Darüber hinaus ist der Verwaltungspraxis, wie Braun aufgezeigt hat, eine Mischfinanzierung aus Steuern und Gebühren keineswegs fremd, sondern dort vielmehr alltäglich.185 Der überwiegende Ansatzpunkt der Befürworter einer Kostenabwälzung auf kommerzielle Großveranstalter ist zudem ein (vermeintlicher) wirtschaftlicher Sondervorteil, den die Veranstalter durch die Polizeieinsätze erlangen, der aber gerade nicht mit der allgemeinen Steuerzahlung abgegolten werden soll.186 Die Tatsache, dass allein die Vereine der beiden Bundesligen in Deutschland 2,9 Milliarden Euro; vgl. www.bundeshaushalt-info.de/#/2016/soll/ausgaben/einzelplan/0625. html. 182 Angesichts des verstärkten Ausbaus von Gebühren- und Beitragstatbeständen sprach Gramm, Der Staat 36 (1997), 267, 269 ff., schon Mitte der 1990er-Jahre von einer „Erosion des Steuerstaates“. Das Erstarken eines Entgeltstaates, als Gegenmodell zum Steuerstaat, ist allerdings weiterhin nicht ersichtlich; vgl. Gawel, Die Verwaltung 47 (2014), 467, 489. 183 So ausdrücklich Albrecht, in: FS Samper, S. 165 (177 f.), der die Gebührenerhebung nur für zulässig hält, wenn das Polizeihandeln ausnahmsweise rein privatnützig ist oder Staatseinrichtungen bewusst missbraucht werden; in diese Richtung auch Nolte, Polizei bei Sportveranstaltungen, in: Strauß (Hrsg.), Sportzuschauer, S. 193 (211). 184 So etwa Schenke, NJW 1983, 1882, 1884 („Rechtsstaatsprinzip ist viel zu allgemein“); Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 103; ders., Die Polizei 2013, 321, 325; im Ergebnis auch Wahlen, Polizeikostenerstattung, S. 45. 185 Vgl. Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 103. Der Verweis von Albrecht, in: FS Samper, S. 165 (177), auf die traditionelle Steuerfinanziertheit polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, erweist sich insofern als Trugschluss, als dass auf eine Epoche mit einem vormodernen Polizeiverständnis verwiesen wird. Eine historische Betrachtung muss entsprechend das gewandelte Polizeiverständnis berücksichtigen; vgl. Heise, NVwZ-Extra 2015, 1, 3; Beutel, Gefahrenverursachung, S. 112. In der Folge zeigt Beutel zudem auf, dass schon dem Preußischen Polizeirecht die Polizeikostentragung kommerzieller Großveranstalter nicht völlig fremd war. 186 Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 281. Vgl. auch die Kritik an Albrechts Auffassung auf dem 7. Deutschen Verwaltungsrichtertag, aufgeführt von Mattes, DVBl 1983, 678.

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mittlerweile mehr als eine Milliarde Euro an Steuern und (Sozial-)Abgaben pro Jahr entrichten,187 steht einer Kostenbeteiligung an den Polizeieinsatzkosten verfassungsrechtlich also nicht entgegen. Die Erfüllung von Steuerschulden begründet keinen Anspruch auf unentgeltliche Inanspruchnahme staatlicher Leistungen.188 Eine Gebührenfeindlichkeit von Polizeieinsätzen könnte sich möglicherweise aber aus den Wertungen der Staatsaufgabenlehre ergeben. So wird bei der Beantwortung der Frage, welche Gemeinlasten notwendig durch Steuern zu finanzieren sind, auf die Lehre von den Zwecken und Zielen des Staates zurückgegriffen.189 Der Gewährleistung der inneren Sicherheit als staatliche Kernaufgabe wird dabei vereinzelt ein so hohes Gewicht beigemessen, dass dieser Bereich im Hinblick auf die Schaffung neuer Gebührentatbestände generell gebührenfeindlich sei.190 Polizeieinsätze im Rahmen von privaten Großveranstaltungen sollen daher jedenfalls dann gebührenfeindlich sein, wenn schon im Vorfeld Erkenntnisse vorliegen, die Ausschreitungen befürchten lassen, und sich der polizeiliche Schutz entsprechend „zur zentralen Staatsaufgabe“ verdichte.191 Die gerade bei Fußballspielen typische Präsenz von Polizeibeamten soll als „polizeiliche Grundversorgung“ daher gebührenfrei erfolgen.192 Nach einem derartigen Verständnis wäre § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG evident verfassungswidrig. Die Bremer Regelung impliziert zwar auch eine gewisse Gebührenfreiheit der polizeilichen Grundversorgung, indem erst der Einsatz von „zusätzlichen Polizeikräften“ gebührenpflichtig sein soll; Gramms Verständnis von polizeilicher Grundvorsorge geht aber weit darüber hinaus, da er jeden Einsatz genuin staatlicher Befugnisse zur gebührenfreien Grundversorgung zählt.193

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Siehe für die Saison 2015/16 den DFL-Report 2017, S. 5 (abrufbar unter https://s.bundes liga.com/assets/doc/1130000/1120676_original.pdf). Dagegen wurden die polizeilichen Einsatzkosten bei Spielen der Bundesliga und 2. Bundesliga in der Saison 2016/17 auf ca. 80 Millionen Euro beziffert; vgl. presse.wdr.de, 19. 11. 2017, presse.wdr.de/plounge/tv/wdr_ fernsehen/2017/11/20171119_sport_insinde.html. 188 Heise, NVwZ 2015, 262, 267. 189 Müller-Franken, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 105, Rn. 93. 190 So Gramm, Der Staat 36 (1997), 267, 277 f.; erst jüngst ebenso Ebert, LKV 2017, 10, 16; in diese Richtung auch Isensee, in: FS Vogel, S. 93 (114) und Kirchhof, Nichtsteuerliche Abgaben, in: HStR V, § 119, Rn. 30: „Der Rechtsstaat – mit den Prinzipien des Gewaltmonopols, der Herrschaft eines für alle gleichen Gesetzes, der menschenrechtlichen Statusgleichheit für jedermann – und der Steuerstaat mit einer Besteuerung nach dem Prinzip der individuellen Leistungsfähigkeit haben zur Bedingung, dass die innere Sicherheit steuerlich finanziert wird.“ 191 Gramm, Der Staat 36 (1997), 267, 279; ähnlich ders., Polizeikosten, in: Sacksofsky/ Wieland (Hrsg.), Gebührenstaat, S. 179 (186). 192 Gramm, Polizeikosten, in: Sacksofsky/Wieland (Hrsg.), Gebührenstaat, S. 179 (185 f.). 193 Gramm, Polizeikosten, in: Sacksofsky/Wieland (Hrsg.), Gebührenstaat, S. 179 (185 f.). Danach könnte allenfalls die bereits thematisierte „Ordnertätigkeit“ der Polizei gebührenpflichtig sein.

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Ob ein solch weitgehender verfassungsrechtlich determinierter Grundsatz der Kostenfreiheit im Bereich der inneren Sicherheit besteht, erscheint zweifelhaft; jedenfalls dem Rechtsstaatsprinzip194 dürfte sich eine derart scharfe Restriktion nicht entnehmen lassen.195 So hält es etwa auch Müller-Franken zumindest in den Randbereichen staatlicher Kernaufgaben – als Beispiel führt er explizit kommerzielle Großveranstaltungen an – für zulässig, auch den Nichtstörer mit einer Gebühr zu belasten.196 Ein Rückgriff auf die Begrifflichkeiten der Staatsaufgabenlehre wird bisweilen sogar komplett abgelehnt. Entsprechend bemängelt Lange die fehlende Konturenschärfe des Terminus „Staatsaufgabe“, die letztlich kaum konkrete Schlussfolgerungen zulasse.197 Wenig Bedenken hat auch das Bundesverfassungsgericht, das im Zusammenhang mit der Gebührenerhebung im Bereich staatlicher Kernaufgaben fast ausschließlich auf die formalen gebührenrechtlichen Zurechnungskriterien abstellt.198 2. Stellungnahme Wenn man den herkömmlichen Begriff der allgemeinen Staatsaufgaben nicht so weit fasst, dass auch der Kernbereich der Gefahrenabwehr darunter subsumiert werden kann, wird man also der Verfassung einen Grundsatz, wonach „Polizeikosten 194 Einen anderen Begründungsansatz hat Habermann, Gebühren, S. 267 f. und 342 f., gewählt, indem er den Begriff der allgemeinen Staatsaufgaben – also solchen Staatsaufgaben, die auch nach dem BVerfG durch Steuern finanziert werden müssen – um ein qualitatives Kriterium erweitert. Danach soll eine allgemeine Staatsaufgabe vorliegen, wenn die staatliche Maßnahme ihrer Konzeption nach auf die Belange der gesamten Bevölkerung ausgerichtet ist. Den Kernbereich der Gefahrenabwehr zählt er insofern zu den allgemeinen Staatsaufgaben, sodass Aufgaben in diesem Bereich zwingend aus Steuermitteln zu finanzieren wären. Durch diesen Begründungsansatz – eine Verknüpfung von Staatsaufgabenlehre und Steuerstaatsprinzip – untersagt er es dem Staat umfassend, Gebühren für Gefahrenabwehrmaßnahmen zu erheben, sofern nicht ausgeschlossen ist, dass der Staat von seinem Monopol legitimer physischer Gewaltsamkeit, dem staatlichen Gewaltmonopol, Gebrauch macht; im Anschluss an Habermann auch Leines, Kostentragung, S. 232 ff., der insofern nur die reine Schutzpräsenz sowie „Ordnertätigkeiten“ der Polizei als für dem Grunde nach gebührenfähig ansieht; gegen Habermanns Begründungsansatz Droege, Die Verwaltung 46 (2013), 313, 346. Nitschke, Polizeipflicht, S. 223 ff., spricht sich jedenfalls gegen die pauschale Einstufung der Gefahrenabwehr als allgemeine Staatsaufgabe aus. 195 Vgl. Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 104 f. und 145 ff. Demgegenüber ist die verfassungsrechtliche Verankerung der Staatsaufgabe Gefahrenabwehr anerkannt. Eine ausführliche Darstellung der unterschiedlichen Ansätze zur dogmatischen Herleitung findet sich bei Habermann, Gebühren, S. 164 ff. 196 Müller-Franken, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 105, Rn. 94. 197 Lange, Zweckveranlassung, S. 172 f.; in diese Richtung auch Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 104: Angesichts der staatlichen Aufgabenexpansion im Bereich der inneren Sicherheit existieren zahlreiche Grauzonen, sodass eine exakte Zuordnung zum staatlichen Kern- oder Randbereich nicht gelingen kann. Siehe in diesem Zusammenhang aber den Ansatz von Habermann, Gebühren, S. 342 f. 198 BVerfG, NVwZ 1999, 176, 177: Die staatlichen Schutzpflichten können nicht die Frage der Refinanzierung des damit verbundenen Verwaltungsaufwandes determinieren.

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stets und in vollem Umfang vom Staat getragen werden müssen“, letztlich nicht entnehmen können.199 Das Steuerstaatsprinzip und die Staatsaufgabenlehre verbieten daher nicht grundsätzlich die Gebührenerhebung im Bereich der Gefahrenabwehr. Schon eine historische Betrachtung der Gebührenerhebung zeigt zudem, dass seit jeher im Bereich staatlicher Kernaufgaben Gebühren erhoben werden.200 Es entspricht insofern der herrschenden Meinung, dass eine Kostenbeteiligung Privater an den Polizeikosten dem Grunde nach verfassungsrechtlich zulässig ist.201 Dennoch sind der Gebührenpflichtigkeit polizeilichen Schutzes nach dem geltenden Staatsverständnis gewisse Grenzen zu setzen.202 Demgemäß erweisen sich Ansätze aus dem Schrifttum, anstatt auf die Staatsaufgabenlehre zurückzugreifen, die gebührenrechtlichen Zurechnungskriterien weiter zu konkretisieren,203 als durchaus gewinnbringend. Dies gilt sowohl für die wissenschaftliche Debatte als auch die praktische Handhabung. Denn ohne den nachfolgenden Ausführungen zu den allgemeinen finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen an die Gebührenerhebung vorgreifen zu wollen, führt der weite Entscheidungsspielraum, der dem Gesetzgeber bei der Zurechnung von öffentlichen Leistungen im Bereich der Erhebung von Gebühren überwiegend eingeräumt wird, zu einer weitgehenden „Inhaltsleere“ der Gebühr.204 Dieser Inhaltsleere kann nach hier vertretener Ansicht auf der Ebene des Gebührenbegriffs durch eine restriktivere Handhabe der gebührenrechtlichen Zurechnungskriterien im Bereich der Gefahrenabwehr begegnet werden, um so der Gebührenpflichtigkeit polizeilichen Schutzes gewisse Grenzen zu setzen. Den Befürchtungen vor einer ausufernden Kommerzialisierung staatlicher Kernaufgaben, im Speziellen der staatlichen Schutzpflicht, ist also auf der Ebene der individuellen Zurechenbarkeit der öffentlichen Leistung, hier der Bereitstellung von zusätzlichen Polizeikräften, entgegenzutreten. Ob § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG den 199 Vgl. nur VGH Mannheim, DVBl 1989, 1003, 1005; Ronellenfitsch, VerwArch 86 (1995), 307, 324; Gusy, DVBl 1996, 722, 723. Vereinzelt wird sogar angezweifelt, ob dem Steuerstaatsprinzip überhaupt normative Grenzen der Gebührenerhebung entnommen werden können, ablehnend etwa Wernsmann, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgaben- und Finanzgerichtsordnung, § 3 AO, Rn. 220 und 274. Die Grenzen der Gebührenerhebung sollen danach allein aus den Grundrechten und dem (verfassungsrechtlichen) Gebührenbegriff folgen. 200 So etwa im Gerichtswesen; siehe dazu Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 104. 201 BVerfG, NVwZ 1999, 176, 177; Majer, VerwArch 73 (1982), 167, 174; Schenke, NJW 1983, 1882, 1884; Würtenberger, NVwZ 1983, 192, 193; Lege, VerwArch 89 (1998), 71, 87; Deusch, Sportgroßveranstaltungen, S. 227 und 230; Waechter, Polizeigebühren, S. 7; Boll, Gebührenpflicht, S. 1 und 78; Schmidt, ZRP 2007, 120, 121 f.; Heise, NVwZ-Extra 05/2015, 1, 3; Klein, DVBl 2015, 275, 277; Siegel, DÖV 2014, 867. 202 Statt vieler Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 143. 203 So Lange, Zweckveranlassung, S. 173 f.; ähnlich auch Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 105 und 149. 204 Ausdrücklich Waechter, Polizeigebühren, S. 27; in diese Richtung ebenfalls Böhm, Umweltlenkungsabgaben, S. 106. Gramm, Der Staat 36 (1997), 267, 275, erblickt in dem weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum des Gebührengesetzgebers eine „offene Flanke des Steuerstaates“; problematisierend auch Lange, Zweckveranlassung, S. 173 f.

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finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, hängt daher nach hier vertretenem Verständnis entscheidend davon ab, ob eine individuell zurechenbare Leistung des Staates an den Gebührenschuldner vorliegt. IV. Finanzverfassungsrechtliche Anforderungen an die Gebührenerhebung Das Grundgesetz scheint sich zunächst, wie schon die Weimarer Reichsverfassung (vgl. dort Art. 11 Nr. 3 und Art. 88 Abs. 3 S. 1), zu den finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen an die Gebührenerhebung auszuschweigen. So wird die Gebühr als eigene Abgabenform nur am Rande in den Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG sowie Art. 80 Abs. 2 GG erwähnt, während sich im zehnten Abschnitt der Verfassung, der das Finanzwesen behandelt, eine Vielzahl an Regelungen über die Steuer als Abgabenform finden. Nach überwiegender Ansicht existiert kein verfassungsrechtlicher Gebührenbegriff, aus dem sich unmittelbar Anforderungen an Gebührenmaßstäbe, -höhe oder -sätze ableiten ließen.205 Das Bundesverfassungsgericht definiert Gebühren als öffentlich-rechtliche Geldleistungen, die in Anknüpfung an eine individuell zurechenbare öffentliche Leistung erhoben werden, um deren Kosten ganz oder teilweise zu decken.206 Daneben hat sich in der Rechtswissenschaft der sogenannte doppel- oder zweigliedrige Gebührenbegriff entwickelt, wonach Gebühren einseitige auferlegte Abgaben sind, die entweder an einen dem Einzelnen als Folge des Verhaltens eines Hoheitsträgers zugeflossenen individuellen Vorteil oder an von dem Einzelnen individuell zu verantwortende Kosten des Hoheitsträgers anknüpfen und die diesen Vorteil ganz oder 205

Müller-Franken, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 105, Rn. 97; Droege, Die Verwaltung 46 (2013), 313, 317; vgl. auch BVerfGE 93, 319, 345 m. w. Nachw. aus der Rspr. des BVerfG: „Es gibt […] keinen verfassungsrechtlichen Gebührenbegriff, der abschließend die als nicht-steuerliche Abgabe zulässigen Abgabearten definiert.“ A. A. Habermann, Gebühren, S. 278 f., der den Gebührenbegriff zum „mitgeschriebenen Verfassungsrecht des Grundgesetzes“ zählt. Die Rspr. erkennt jedenfalls an, dass Vorzugslasten „Merkmale aufweisen, die sie verfassungsrechtlich notwendig von der Steuer unterscheiden“; vgl. BVerwG, NVwZ-RR 2016, 68, 69; BVerwG, NVwZ 2003, 1385, 1386 („[…] der Gebühr begriffsnotwendig innewohnende Ziel der Kostendeckung […]“). 206 BVerfG, NVwZ 2017, 696, 697 m. w. Nachw. aus der Rspr. des BVerfG. Diese Definition hat im neuen Gesetz über Gebühren und Auslagen des Bundes (BGebG) vom 07. 08. 2013 (BGBl I S. 3154) ihre einfachrechtliche Ausprägung gefunden. So sind nach § 3 Abs. 4 BGebG Gebühren öffentlich-rechtliche Geldleistungen, die der Gebührengläubiger vom Gebührenschuldner für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen erhebt. Schon in seiner Entscheidung zum sog. „Wasserpfennig“ hat das BVerfGE 93, 319, 345, allerdings darauf hingewiesen, dass die obige Umschreibung des Begriffs der Gebühr auf den Fall einer Verwaltungsgebühr zugeschnitten sei und nicht als eine abschließende verfassungsrechtliche Definition zu verstehen ist. Maßgeblichen Einfluss auf das Begriffsverständnis zur Gebühr kam der Habilitationsschrift von Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 89, zu, wonach die Gebühr eine einseitig auferlegte Abgabe ist, die an eine individuell zurechenbare öffentliche Leistung anknüpft und die Kosten dieser Leistung ganz oder teilweise decken soll.

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teilweise abschöpfen beziehungsweise diese ganz oder teilweise ausgleichen sollen.207 Die Abgrenzung zu den anderen Abgabenarten erfolgt nach diesem Verständnis von Gebühren nicht durch eine ausschließlich formale Betrachtung, da der Gebührenbegriff um materielle Kriterien angereichert wird.208 Unabhängig von den Differenzen über den Gehalt des Gebührenbegriffs ist jedenfalls anerkannt, dass das begriffsbestimmende Merkmal der Gebühr die individuell zurechenbare Leistung des Staates ist.209 Der Zusammenhang zwischen der Gebühr und der ihr zugrunde liegenden staatlichen Maßnahme ist für die konturscharfe Abgrenzung zur Steuer elementar.210 Knüpft die Geldleistungspflicht nur an eine allgemeine öffentliche Leistung an und nicht an eine besondere, dem Einzelnen zugutekommende beziehungsweise zurechenbare öffentliche Leistung, handelt es sich um eine Steuer.211 Zu prüfen ist hier daher, ob eine gebührenfähige öffentliche Leistung vorliegt (sachliche Gebührenpflicht) und diese dem Gebührenschuldner individuell zugerechnet werden kann (persönliche Gebührenpflicht).212 1. Sachliche Gebührenpflicht Fraglich ist zunächst, ob die vom Bremer Gesetzgeber in § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG gewählte Anknüpfung, „vorhersehbar erforderlich[er]“ […] „Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften“ beziehungsweise die „zusätzliche[ ] Bereitstellung von Polizeikräften“, eine gebührenfähige Leistung darstellt. Der gebührenrechtliche Leistungsbegriff213 ist sehr weit gefasst.214 Danach liegt grundsätzlich bei jeglichen 207 Vogel, in: FS Geiger, S. 518 (533 und 536); zustimmend etwa Heise, NVwZ 2015, 262, 263; Waldhoff, JuS 2013, 765, 766; Boll, Gebührenpflicht, S. 87 ff.; Nirschl, Kosten der Polizeiund Sicherheitsbehörden, S. 30 f.; Droege, Die Verwaltung 46 (2013), 313, 318. 208 Vogel, in: FS Geiger, S. 518 (534), erhofft sich dadurch zumindest eine Begrenzung der Gebührenhöhe: „Sind Gebühren nur zur Abschöpfung eines Vorteils oder zur Überwälzung von Kosten gerechtfertigt, so sind sie es auch jeweils nur in dem Maße, in dem dem Pflichtigen Vorteile zugeflossen oder dem Hoheitsträger Kosten erwachsen sind.“ 209 Dieses Kriterium wird überwiegend sogar als verfassungsrechtlich zwingender Bestandteil des Gebührenbegriffs angesehen; vgl. Lange, Zweckveranlassung, S. 174 m. w. Nachw. 210 Habermann, Gebühren, S. 285. 211 Böhm, NVwZ 1990, 340, 342. 212 Die Unterscheidung zwischen sachlicher und persönlicher Gebührenpflicht findet sich auch in den Kosten- und Gebührengesetzen der Länder (siehe für Hessen §§ 1 Abs. 1, 11 Abs. 1 Nr. 1 HVwKostG). In der Praxis wurde die Zulässigkeit von Gebührenerhebungen zuletzt, neben der hier interessierenden Polizeikostenabwälzung, vor allem anhand der Kostenerhebung in der Lebensmittelüberwachung diskutiert; vgl. dazu OVG Lüneburg, Urteile v. 27. 09. 2017 – 13 LC 146/16 (sowie die Parallelverfahren 13 LC 210/16, 13 LC 218/16, 13 LC 219/16, 13 LC 233/16, 13 LC 234/16 und 13 LC 245/16); Schrader/Warncke, LMuR 2014, 82 ff. 213 Gesetzlich umschrieben wird der Begriff der öffentlichen Leistung etwa in § 3 Abs. 1 BGebG. Danach handelt es sich bei öffentlichen Leistungen um im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Befugnisse oder sonstiger öffentlich-rechtlicher Verwaltungstätigkeit erbrachte Handlungen mit Außenwirkung. Durch den Zusatz „soweit ihnen Außenwirkung zu-

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polizeilichen Tätigkeiten eine gebührenfähige Leistung vor.215 Für die sachliche Gebührenpflicht ist lediglich ein Aufwand, der einen öffentlichen Haushalt belastet, erforderlich.216 Der „Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften“ […] „am Veranstaltungsort, an den Zugangs- oder Abgangswegen oder sonst im räumlichen Umfeld“ ist aufgrund des Mehraufwandes mit Kosten für die öffentliche Hand verbunden.217 Da der Bremer Gesetzgeber in § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG i. V. m. Nr. 120.60 der Anlage zu § 1 der Kostenverordnung für die Innere Verwaltung nicht auf den Begriff der (kostenpflichtigen) Amtshandlung abgestellt hat, kommt es für die sachliche Gebührenpflicht nicht darauf an, ob auch das Bereitstellen beziehungsweise der Einsatz von Polizeikräften eine Amtshandlung im Sinne des Gebührenrechts ist.218 Um überhaupt überprüfen zu können, ob eine die Abgabenerhebung rechtfertigende, rechtliche Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung vorliegt, muss der öffentliche Aufwand bestimmbar sein. Der öffentliche Aufwand folgt aus der zusätzlichen Bereitstellung, lässt sich also anhand eines Vergleichs mit dem polizeilichen Aufwand, der für den Ablauf einer insgesamt störungsfreien Veranstaltung erforderlich ist, grundsätzlich bestimmen.219 Die Individualisierbarkeit der gebührenrechtlichen Leistung ist dabei von der diffizilen Frage zu trennen, ob der Gebührenschuldner durch das Bereitstellen der Einsatzkräfte einen individualisierbaren Vorteil erhält, die öffentliche Leistung mithin individuell zurechenbar ist. Die Kernproblematik besteht daher in der Frage, ob die Veranstalter die Finanzierungsverantwortlichkeit für den Aufwand, der den öffentlichen Haushalt belastet, kommt“ wird klargestellt, dass etwa behördeninterne Stellungnahmen oder Zustimmungen nicht als eigenständige öffentliche Leistung zählen; vgl. Schlabach, NVwZ 2013, 1443, 1445. Eine ähnliche Begriffsbestimmung der öffentlichen Leistung findet sich etwa in § 1 Abs. 6 Thüringer Verwaltungskostengesetz. Den ähnlich gelagerten Terminus der kostenpflichtigen Amtshandlung hatte der Bundesgesetzgeber noch in § 1 Abs. 1 des Verwaltungskostengesetzes verwendet, das mit Wirkung zum 15. 08. 2013 durch Gesetz v. 07. 08. 2013 (BGBl I S. 3154) aufgehoben und vom BGebG abgelöst wurde. In den Kosten- und Gebührengesetzen der meisten Bundesländer wird der Begriff der kostenpflichtigen Amtshandlung nach wie vor verwendet (z. B. in § 1 HVwKostG; § 4 Abs. 1 BremGebBeitrG). 214 Zur Weite des Leistungsbegriffs Nirschl, Kosten der Polizei- und Sicherheitsbehörden, S. 188. 215 Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 257; Nirschl, Kosten der Polizei- und Sicherheitsbehörden, S. 85. 216 Kirchhof, Nichtsteuerliche Abgaben, in: HStR V, § 119, Rn. 26; Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 257; Jachmann, in: Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 105, Rn. 9; Heise, NVwZ 2015, 262, 264; Drömann, Abgaben, S. 352; vgl. auch BVerwGE 95, 188, 194: „Deckung von Verwaltungsaufwand“. Zur Frage nach der Zulässigkeit von sog. Verleihungsgebühren, die gerade keinen öffentlichen Aufwand voraussetzen, siehe MüllerFranken, VerwArch 103 (2012), 315, 327 f. 217 Zu den Kosten des polizeilichen Schutzes bei Spielen der Fußball-Bundesliga in Bremen siehe Bremische Bürgerschaft, Drs. 18/1501, S. 4. 218 So stellte etwa § 81 Abs. 2 S. 1 PolGBW a. F. auf Kosten polizeilicher Maßnahmen bei privaten Veranstaltungen ab. Darunter wurde aber auch die Bereithaltung der Polizeikräfte im öffentlichen Raum subsumiert; vgl. VGH Mannheim, DVBl 1981, 778. 219 Siehe dazu auch unten § 10 A. VII. 3.

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trifft. Zu erörtern ist demnach, ob die Fußballveranstalter den öffentlichen Aufwand individualisierbar veranlasst haben oder durch den Aufwand individualisierbar bevorteilt werden. 2. Persönliche Gebührenpflicht Zu prüfen ist, ob § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG den finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen an die individuelle Zurechenbarkeit genügt. Die individuelle Zurechenbarkeit einer öffentlichen Leistung rechtfertigt es, warum ausnahmsweise anstatt der Allgemeinheit ein Einzelner zur Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe herangezogen wird. Schon in § 8 ist angeklungen, dass allein die Tatsache der besonderen Leistungsfähigkeit eines Gebührenschuldners eine finanzverfassungsrechtliche Zurechnung nicht begründen kann. Anerkanntermaßen darf der Anspruch auf staatlichen Schutz nicht von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Schutzsuchenden abhängen.220 Das Polizeirecht ist vom Prinzip des vorbehaltlosen Handelns geprägt.221 Danach darf die Polizei ihr Eingreifen nicht von einer Zahlung des Begünstigten abhängig machen. Umgekehrt gilt aber auch nicht, dass derjenige, der in einem besonderen Maße wirtschaftlich leistungsfähig ist, deshalb zwangsläufig für die Inanspruchnahme polizeilichen Schutzes zu zahlen hat. Wenn die Befürworter einer Polizeikostenabwälzung auf die Fußballveranstalter den wirtschaftlichen Erfolg des Profifußballs hervorheben, mag dieser Umstand daher im Rahmen der politischen Diskussion als Argument für eine Polizeikostenabwälzung herangezogen werden, kann auf juristischer Ebene aber keine individuelle Zurechenbarkeit der Polizeieinsätze im Umfeld der Fußballveranstaltungen rechtfertigen. a) Veranlassung der Bereitstellung der zusätzlichen Polizeikräfte Möglicherweise kann vorliegend die Zurechenbarkeit des öffentlichen Kostenaufwandes über das gebührenrechtliche Veranlassungsprinzip begründet werden. Dieses ist mit seiner formal-kausalen Betrachtungsweise sehr weit und nicht unmittelbar gleichzusetzen mit den polizeirechtlichen Veranlassungskriterien.222 Grundsätzlich ausreichend ist es, dass die gebührenpflichtige Leistung beziehungsweise der Kostenaufwand durch ein Verhalten des Gebührenschuldners im Sinne einer reinen conditio sine qua non verursacht wurde.223 Übertragen auf die hier 220 Vgl. Kirchhof, Nichtsteuerliche Abgaben, in: HStR V, § 119, Rn. 1, 5 und 30; Deusch, Sportgroßveranstaltungen, S. 222; Ebert, LKV 2017, 10, 16. 221 Siehe dazu etwa Majer, VerwArch 73 (1982), 167, 173 f. 222 Dies wird im Schrifttum bisweilen (jüngst etwa bei Löwisch, CaS 2017, 110, 116 [dort Fn. 41]) verkannt. 223 BVerwGE 91, 109, 113: „Der Gebührenbegriff hat keine subjektiv-rechtliche Komponente wie die der Vorhersehbarkeit im Sinne einer Zurechenbarkeit.“ Grundlegend zur Weite des Veranlasserprinzips Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 83 ff.

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interessierende Konstellation ist der Anknüpfungspunkt für eine Zurechnung über das Veranlasserprinzip schlicht die Veranstaltung eines Fußballspiels mit voraussichtlich mehr als 5.000 Zuschauern, im Bewusstsein, dass zu erwartende Gewalthandlungen den Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften vor, während oder nach der Veranstaltung am Veranstaltungsort, an den Zugangs- oder Abgangswegen oder sonst im räumlichen Umfeld erforderlich machen werden. Die rein formal-kausale Betrachtungsweise führt dazu, dass eine etwaige Störereigenschaft nach Polizeirecht – unabhängig von den einzelnen unterschiedlichen polizeirechtlichen Verursachungstheorien – eine gebührenrechtliche Zurechnung über das Veranlasserprinzip in jedem Fall begründet.224 Fehlt es dagegen schon an der Ursächlichkeit zwischen dem Verhalten des Gebührenschuldners (dem Abhalten der Veranstaltung) und dem öffentlichen Kostenaufwand (dem Bereitstellen zusätzlicher Einsatzkräfte), fehlt es an der Zurechenbarkeit. Wie im ersten Teil der Arbeit festgestellt, finden die Auseinandersetzungen der Störer zum Teil völlig losgelöst von den Fußballveranstaltungen statt, werden an den Spieltagen aufgrund der Polizeiund Medienpräsenz allerdings häufig erst publik.225 Dieser Umstand steht einer grundsätzlichen Zurechnung der Polizeieinsätze bei Fußballspielen über das Veranlasserprinzip allerdings nicht entgegen. Denn auch wenn die Ursachen der erwarteten Gewalthandlungen zwischen den Störern nicht in der Austragung des Fußballspiels zu finden sind, sondern vom „Ultra-eigenen“ Wettkampfgedanken herrühren, erfolgt die Bereitstellung der Polizeikräfte gerade aufgrund der Austragung des Spiels. So knüpft die Norm an das Abhalten einer Veranstaltung an, was sich unter anderem dadurch zeigt, dass die gebührenpflichtigen Veranstalter nach § 4 Abs. 4 S. 3 BremGebBeitrG schon vor der Veranstaltung über die voraussichtliche Gebührenpflicht unterrichtet werden müssen. Würde die Veranstaltung nicht stattfinden, wäre der Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften im Sinne des § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG nicht vorhersehbar erforderlich.226 Wird das gebührenrechtliche Veranlasserprinzip weit verstanden, so führt dies dazu, dass allein aus dem Umstand, dass der Gebührenschuldner Nichtverantwortlicher im polizeirechtlichen Sinne ist, nicht gefolgert werden kann, dass auch eine gebührenrechtliche Zurechnung ausscheiden muss. Eine gebührenrechtliche Zu-

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Vogel, in: FS Geiger, S. 518 (533); Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 264. 225 Dies scheint jedoch das OVG Bremen, NordÖR 2018, 157, 159, zu verkennen: „Seine [Anm.: des Veranstalters] besondere Verantwortlichkeit erwächst […] aus den nur im Zusammenhang mit der Durchführung von Veranstaltungen dieser Art zu erwartenden Ausschreitungen.“ 226 Dagegen bestehen hinsichtlich der Annahme von Kempny, DVBl 2017, 862, 866, dass die Störer im Falle einer Absage eines Fußballspiels gar nicht erst anreisen würden, jedenfalls hinsichtlich ihrer Pauschalität erhebliche Zweifel mit Blick auf Drittortauseinandersetzungen und das jüngere Phänomen der Fandemonstrationen.

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rechnung der Polizeieinsätze im Umfeld von Großveranstaltern über das Veranlasserprinzip soll danach gegenüber Nichtstörern grundsätzlich denkbar sein.227 Nicht nur angesichts des Steuerstaatsprinzips und der besonderen Wertigkeit der Gewährleistung der inneren Sicherheit als staatliche Kernaufgabe kann dieses Ergebnis für den Bereich der Gebührenerhebung im Gebiet der Gefahrenabwehr jedoch nicht befriedigen. So drohen etwa die ausgefeilten Wertungen des Polizeirechts durch eine rein formal-kausale Betrachtungsweise konterkariert zu werden. Die Notwendigkeit, korrigierend einzugreifen, drängt sich demzufolge auf. So gab es schon in der Vergangenheit im Schrifttum, aber auch in der Rechtsprechung,228 Versuche, bei der Gebührenerhebung im Bereich der Gefahrenabwehr, den Prüfungsmaßstab der gebührenrechtlichen Veranlassung anhand der polizeirechtlichen Wertungen auszurichten.229 Im Schrifttum wurden diesbezüglich unterschiedliche dogmatische Ansätze entwickelt. Teilweise wird sich dafür ausgesprochen, unmittelbar auf die Zurechnungskriterien des Polizeirechts zurückzugreifen;230 andere verzichteten zwar auf eine Angleichung der Zurechnungskriterien, halten in den Fällen polizeirechtlicher Nichtverantwortlichkeit eine Gebührenerhebung aber für unverhältnismäßig.231 227 Schenke, NJW 1983, 1882, 1884; Majer, VerwArch 73 (1982), 167, 182 f.; Deusch, Sportgroßveranstaltungen, S. 228; Aden, in: FS Kutscha, S. 245 (249 f.); Oschmann, Die Finanzierung der inneren Sicherheit, S. 189. 228 Für die Veranlassungsalternativen in den einfachgesetzlichen Gebührenregelungen BVerwGE 85, 300, 303 f.; OVG Lüneburg, Urt. v. 29. 04. 1998 – 7 L 2301/97, Rn. 28 (juris); in die Richtung auch OVG Bautzen, SächsVBl 2015, 167, 170. Das BVerwGE 80, 300, 303, führt entsprechend aus: „Eine gesetzliche Grundlage, nach der es einzig auf die Ursächlichkeit ankäme, begegnete jedenfalls in ihrer Weite durchgreifenden Bedenken.“ Nachfolgend ergänzt das BVerwGE 80, 300, 304: „Die Abwälzbarkeit der insoweit anfallenden Kosten richtet sich in erster Linie nach den für die ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit geltenden Regeln; sie setzt also im Grundsatz voraus, dass die Überwachung zur Feststellung einer ,Störung‘ und zugleich eines ,Störers‘ führt.“ 229 So etwa Lege, VerwArch 89 (1998), 71, 86 (dort Fn. 75); Boll, Gebührenpflicht, S. 111 ff.; Bender/Gräbener, BRJ 2015, 49, 53; Brüning, VerwArch 106 (2015), 417, 426 f.; wohl auch Herles, Persönlichkeitsverletzungen, S. 246. 230 So Lange, Zweckveranlassung, S. 175 f.: „In der Sache handelt es sich um das gleiche Problem […].“ Da nach dem eigenen polizeirechtlichen Zurechnungsansatz von Lange die Fußballveranstalter Störer für Gefahren, „die Dritte aus Anlass des Ereignisses in für den Veranstalter vorhersehbarer Weise verursachen“, sind [siehe oben § 9 B. III. 1. a)], sieht er auf S. 178 konsequenterweise die polizeilichen Maßnahmen zur Bekämpfung derartiger Maßnahmen als gebührenrechtlich veranlasst an; jedenfalls im Ergebnis so auch Kempny, DVBl 2017, 862, 866; Leines, Kostentragung, S. 151 f. Oschmann, Die Finanzierung der inneren Sicherheit, S. 189, begründet die fehlende Zurechnung bei Polizeieinsätzen wegen (befürchteter) Ausschreitungen mit einer Verschiebung des Zurechnungsschwerpunkts hin zu den Störern. 231 So Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 183; ders., ZVROnline Dok. Nr. 46/2012, Rn. 6.; ders., Die Polizei 2013, 321, 324: Braun spricht von einer Determination der Veranlasserhaftung durch die polizeirechtliche Störerhaftung; ähnlich Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 281; ders., Life&Law 2018, 276, 279; im

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Schon oben wurde dargelegt, dass den Befürchtungen vor einer ausufernden Kommerzialisierung staatlicher Kernaufgaben (spätestens) auf der Ebene der individuellen Zurechenbarkeit der öffentlichen Leistung, hier der Bereithaltung von Polizeikräften, entgegengetreten werden muss.232 Die bereits angeprangerte „Inhaltsleere“ des Gebührenbegriffs hat Wilke mit der etwas überspitzten Formel beschrieben, wonach diejenigen Leistungen individuell zurechenbar sein sollen, die der Gesetzgeber individuell zurechnet.233 Der Bundesgesetzgeber hat durch die Aufzählungen in § 3 Abs. 2 BGebG versucht, der „Leerformel“ der individuellen Zurechenbarkeit mehr Kontur zu geben.234 Auch für den Bereich der Polizeikostenerhebung muss das weite Zurechnungsverständnis eingegrenzt werden, um die Wertungen des Polizeirechts nicht zu konterkarieren und der Gebührenpflichtigkeit polizeilichen Schutzes Grenzen zu setzen. Demgemäß ist ein Rückgriff auf die Zurechnungskriterien des Polizeirechts nur logisch. Wie oben festgestellt, sind die Fußballveranstalter in aller Regel nicht polizeirechtlich verantwortlich für Ausschreitungen im Umfeld der Veranstaltung, wenn sie ihre Verkehrssicherungspflichten nicht verletzen.235 Die Bereitstellung der zusätzlichen Polizeikräfte wegen erwarteter Gewalthandlungen wäre den Veranstaltern folglich nicht individuell zurechenbar. Gebührenrechtlicher Veranlasser ist aber auch derjenige, in dessen Pflichtenkreis die öffentliche Leistung erfolgt, unabhängig davon, ob er sie willentlich herbeigeführt hat oder sie für ihn subjektiv vorhersehbar war.236 So werden etwa im Eichwesen, im Waffenrecht, im Arzneimittelrecht, im Anwendungsbereich des Benzinbleigesetzes oder bei Biokraftstoffen verdachtsunabhängige Kontrollen durchgeführt, die den Verantwortlichen gegenüber individuell zurechenbar sind, auch wenn bei den Stichproben kein Verstoß festgestellt werden konnte.237 Die Abwehr von Gefahren im räumlichen Umfeld von Veranstaltungen zählt allerdings weder zu Ergebnis so auch Hermann/Buljevic, NordÖR 2015, 198, 201; Böhm, NJW 2015, 3000, 3002; Konrath, StudZR – WissOn 2016, 162, 167. 232 Siehe oben § 10 A. III. 2. 233 Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 88. Nach dem Verständnis von Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 301 ff., soll allein der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz die Gebührenerhebung der öffentlichen Hand begrenzen können und dürfen. Die früher vorherrschende Auffassung vertrat dagegen einen deutlich engeren Gebührenbegriff, da sie der Gebühr einen Entgeltcharakter zusprach; vgl. dazu Vogel, in: FS Geiger, S. 518 (521 ff.) m. w. Nachw. aus der älteren Literatur. Dieser Entgeltcharakter der Gebühr tritt nach dem herrschenden Gebührenverständnis weitgehend in den Hintergrund. 234 Danach ist eine Leistung individuell zurechenbar, die beantragt oder sonst willentlich in Anspruch genommen wird (Nr. 1), die zugunsten des von der Leistung Betroffenen erbracht wird (Nr. 2), die durch den von der Leistung Betroffenen veranlasst wurde (Nr. 3) oder bei der ein Anknüpfungspunkt im Pflichtenkreis des von der Leistung Betroffenen rechtlich begründet ist […] (Nr. 4). 235 Siehe oben § 9 B. III. 1. b). 236 BVerwGE 91, 109, 111; OVG Bremen, Urt. v. 16. 05. 2017 – 1 LB 234/15, Rn. 44 (juris). 237 Schlabach, NVwZ 2013, 1443, 1446 f. mit zahlreichen Nachw. aus der Praxis und der Rspr.

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den Rechtspflichten der Veranstalter, noch können diese den Gefahren – mangels hoheitlicher Befugnisse – überhaupt begegnen.238 Das Bereitstellen zusätzlicher Polizeikräfte im Sinne des § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG kann den Fußballveranstaltern daher nicht über das Veranlasserprinzip zugerechnet werden.239 b) Zufließen eines besonderen Vorteils Möglicherweise könnte das Bereitstellen zusätzlicher Einsatzkräfte den Veranstaltern allerdings einen besonderen Vorteil zufließen lassen, die diese von der Allgemeinheit abheben und es rechtfertigen würden, für das Bereitstellen der Einsatzkräfte eine Gebühr zu erheben. Der Vorteil, der dem Gebührenschuldner zugeflossen ist, muss dabei ein geldwerter Vorteil sein, sich also auf das Vermögen des Schuldners ausgewirkt haben, sodass ein rein ideeller Vorteil nicht genügt.240 Andernfalls besteht die Gefahr, dass jedes polizeiliche Handeln, das dem Schutz Einzelner oder einer individualisierbaren Personengruppe dient, gebührenpflichtig wäre.241 So droht das Vorteilsprinzip im Bereich der Gefahrenabwehr bis in die Uferlosigkeit hinein überdehnt zu werden. Deutlich wird das bei Nirschl, wenn er meint, dass eine polizeiliche Streifenfahrt im Wohngebiet den Anwohnern dem Grunde nach individuell zuzurechnen sei, da diese in den Vorteil kommen würden, dass Kriminelle durch die Polizeipräsenz abgeschreckt werden.242 Wenn der Gesetzgeber schon, wie etwa in den § 4 Abs. 1 Nr. 2 BremGebBeitrG n. F. und § 13 Abs. 1 BremGebBeitrG n. F., das Korrektiv des überwiegenden öffentlichen Interesses streicht, kann auf der Ebene der individuellen Zurechenbarkeit ein rein ideeller und faktisch nicht messbarer (Sicherheits-)Vorteil eine Gebührenerhebung im Bereich der Gefahrenabwehr nicht rechtfertigen. Es gilt, sich an dieser Stelle noch 238

Dagegen sind aber die nach Ziffer 511 der Anlage zu § 1 der HessVwKostO-MdIS oder Tarifstellen 8.5 und 8.6 der Anlage zu § 1 der IMKostVO M-V gebührenpflichtigen polizeilichen Ordnertätigkeiten dem Veranstalter individuell zurechenbar; so wohl auch Schiffbauer, SpuRt 2014, 231, 232 und 235, der jedoch irrtümlicherweise davon ausgeht, dass die hessische Gebührenregelung ersatzlos gestrichen wurde. 239 Im Ergebnis ebenso Hermann/Buljevic, NordÖR 2015, 198, 201. Auch dem Bremer Senat waren die Wertungswidersprüche zum Polizeirecht nicht verborgen geblieben; vgl. Bremische Bürgerschaft, Drs. 18/1501, S. 10. Leines, Kostentragung, S. 168, zeigt zudem auf, dass den Fußballveranstaltern die Polizeieinsätze auch nicht durch den Vorwurf eines „Fehlverhaltens“ zugerechnet werden können. Er zieht insofern u. a. Vergleiche zur gebührenpflichtigen missbräuchlichen Alarmierung der Polizei (siehe etwa Ziffer 53 der Anlage zu § 1 der HessVwKostO-MdIS); vgl. Leines, Kostentragung, S. 153 f. 240 Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 262 und 279; Beutel, Gefahrenverursachung, S. 226 f.; Heise, NVwZ 2015, 262, 266. 241 Vgl. Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 142 f. und 149 f.; Brüning, VerwArch 106 (2015), 417, 432, am Beispiel von polizeilichen Geschwindigkeitsmessungen vor Schulen. 242 Nirschl, Kosten der Polizei- und Sicherheitsbehörden, S. 42; gegen ein solches Vorteilsverständnis auch schon Gaßner, DÖV 1983, 412, 414 f.; siehe im Übrigen die Befürchtungen von Klein, DVBl 2015, 275, 277.

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einmal vor Augen zu führen, dass durch die individuelle Zurechenbarkeit einer öffentlichen Leistung beziehungsweise eines öffentlichen Kostenaufwandes gerade gerechtfertigt werden soll, dass ausnahmsweise anstatt der Allgemeinheit ein Einzelner zur Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe herangezogen wird. aa) Einsparen von Sicherheitsaufwendungen In diesem Zusammenhang wird von den Befürwortern einer Polizeikostenabwälzung angeführt, dass Großveranstalter sich durch die Polizeieinsätze eigene Sicherheitsaufwendungen (anteilig) ersparen würden; die Kosten für die von ihnen zu gewährleistenden sicheren Abläufe der Veranstaltungen würden ihnen durch unentgeltliche Polizeieinsätze abgenommen.243 Diese Aussage ist zwar im Kern nicht falsch; sie trifft in ihrer Pauschalität aber nicht auf sämtliche Polizeieinsätze bei Großveranstaltungen zu und passt insbesondere nicht für den konkreten Bremer Vorstoß. So erspart sich ein Veranstalter eigene Sicherheitsaufwendungen, wenn er bei der Wahrnehmung seiner Verkehrssicherungspflichten durch polizeiliche Einsatzkräfte unterstützt wird und deshalb kein eigenes Sicherheitspersonal einsetzen muss.244 Demgegenüber liegt die Sachund Rechtslage bei den Polizeieinsätzen im öffentlichen Raum – und gerade auf die Kostenpflichtigkeit dieser Einsätze zielt der Bremer Vorstoß primär ab – anders. Entsprechend obliegt den (Fußball-)Veranstaltern nämlich gerade nicht die Gewährleistung der Sicherheit, sodass diesen diesbezüglich auch keine Kosten abgenommen werden können. Da der Veranstalter etwaige Ausschreitungen im öffentlichen Raum rechtlich nicht zu unterbinden hat und darüber hinaus dazu gar nicht rechtlich befugt wäre, erspart er sich keine Aufwendungen und kann durch den Polizeieinsatz insoweit keine wirtschaftlichen Vorteile ziehen.245 243

So etwa Götz/Geis, Polizei- und Ordnungsrecht, § 14, Rn. 42 und 44; Pieroth/Schlink/ Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, § 25, Rn. 22; Braun, Die Polizei 2013, 321, 324 f.; Deusch, Sportgroßveranstaltungen, S. 222, 229 und 231; Wahlen, Polizeikostenerstattung, S. 79; Majer, VerwArch 73 (1982), 167, 194 f.; Sailer, in: Lisken/Denninger, Handbuch Polizeirecht, N, Rn. 9 und 67; Nirschl, Kosten der Polizei- und Sicherheitsbehörden, S. 53 und 85 f.; Moser, Kostenbeteiligungsmodelle, S. 154; Oschmann, Die Finanzierung der inneren Sicherheit, S. 189; siehe auch die Begründung für den Gesetzesentwurf der SPD-Fraktion im baden-württembergischen Landtag (Landtag Baden-Württemberg, Drs. 16/2638, S. 7), einen an § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG angelehnten Gebührentatbestand im Landesgebührengesetz aufzunehmen: „Ziel des Gesetzes ist es […] auch, Veranstalter stärker zu den genannten Eigensicherungsmaßnahmen anzuhalten, die sie sonst aus finanziellen Interessen angesichts der unentgeltlich zur Verfügung stehenden Polizei unterlassen würden.“ 244 Für die DFL GmbH lässt sich bezüglich dessen allerdings kein geldwerter Vorteil begründen, sondern nur für die verkehrssicherungspflichtigen Vereine; vgl. Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 286. 245 Bender/Gräbener, BRJ 2015, 49, 53; Brüning, VerwArch 106 (2015), 417, 430; Leines, Kostentragung, S. 190. Auch Götz räumt in Götz/Geis, Polizei- und Ordnungsrecht, § 14, Rn. 45, zumindest ein, dass es fraglich sei, ob der Polizeieinsatz außerhalb des Veranstaltungsortes in die Gebührenerhebung miteinbezogen werden könne. Deutlich hingegen Pieroth/ Schlink/Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, § 25, Rn. 23: „Allerdings darf das nicht dazu

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Einen anderen Begründungsweg wählt Beutel, der den die Gebührenerhebung rechtfertigenden Vorteil darin sieht, dass der Veranstalter sich durch den Polizeieinsatz zusätzlichen Vorsorgebedarfs entledige. Der Antrieb zur Eigensicherung würde – angesichts des sicheren Wissens über die staatliche Unterstützung – sinken.246 Auch diese Begründung verfängt vorliegend nicht. So werden im Regelfall in den modernen Arenen der Profifußballvereine, wie im ersten Teil der Arbeit dargelegt, Polizisten gar nicht mehr oder nur in geringer Anzahl zur Absicherung der Veranstaltung eingesetzt.247 Der Fokus der Polizeiarbeit liegt gerade nicht auf der eigentlichen Spielphase, sondern auf der Vor- und Nachspielphase, also der Gewährleistung der Sicherheit im öffentlichen Raum. Die Fußballveranstalter haben durch ihre Sicherheitskonzepte, insbesondere die räumliche Fantrennung und modernste Videoüberwachung, die Stadien in den oberen Spielklassen befriedet, sodass Ausschreitungen innerhalb der Arenen eine absolute Ausnahme darstellen. Eine Sonderstellung nimmt nur der Gebrauch von pyrotechnischen Erzeugnissen in den Fanblöcken ein. Die polizeiliche Arbeit innerhalb des Stadions beschränkt sich in aller Regel auf Versuche, mittels der von den Vereinen beziehungsweise dem Stadionbetreiber zur Verfügung gestellten Videoüberwachungsmöglichkeiten, einzelne Beteiligte nachträglich zu überführen. Zusätzliche Polizeikräfte im Sinne von § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG werden nicht bereitgestellt, um das Zünden von Pyrotechniken in den Fanblöcken des Bremer Weserstadions zu verhindern. Ein Nachlassen des Antriebs zur Eigensicherung dürfte sich – auch im Hinblick auf die Pyrotechnik-Thematik – nicht feststellen lassen. So haben die Vereine schon angesichts der DFB-Sportgerichtsbarkeit ein Eigeninteresse daran, selbst ausreichende Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen, da den Vereinen für einen nicht ausreichenden Ordnungsdienst gemäß § 7 Nr. 1 c) Alt. 2 RuVO-DFB Geldstrafen, gegebenenfalls sogar nach § 7 Nr. 4 RuVO-DFB i. V. m. § 44 Nr. 2 k) der Satzung des DFB Zuschauerausschlüsse drohen. Neben den Imageschäden drohen den Profivereinen daher massive finanzielle Einbußen, wenn sie nicht ausreichend selbst zur Eigensicherung vorsorgen sollten. Die finanziellen Einbußen durch einen Zuschauerausschluss dürften nicht selten deutlich höher liegen als eine anteilige Beteiligung an den polizeilichen Einsatzkosten. Darüber hinaus könnten die Vereine der Lizenzligen gar nicht am Spielbetrieb teilnehmen, wenn sie nicht die im ersten Teil der Arbeit vorgestellten Sicherungsmaßnahmen, die im Rahmen des Lizenzierungsprozesses überprüft werden, treffen würden. Dass die Vereine, wie bereits dargelegt, in Sicherheitsfragen sogar über das von Seiten der Verbände und des Gesetzgebers Geforderte hinausgehen,248 widerlegt ebenfalls die Annahme, dass sich Profifußballvereine durch die Polizeieinsätze zusätzlichen Vorsorgebedarfs entledigen. führen, dass Veranstalter auch zu den Kosten der allgemeinen Gefahrenabwehr im öffentlichen Raum herangezogen werden.“ 246 Beutel, Gefahrenverursachung, S. 242. 247 Vgl. oben § 4 B. 248 Vgl. oben § 6 B. II. 2.

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Auf die Situation bei Profifußballspielen übertragen, könnte Beutels Zurechnungsansatz allenfalls noch an den Fußballstandorten herangezogen werden, wo die Polizei weiterhin in den Stadien mit den Einsatzkräften präsent ist – es geht vorliegend nicht um die schon zuvor thematisierte „Ordnertätigkeit“ der Polizei, sondern um eine reine Schutzpräsenz –, wofür entsprechend Gebühren erhoben werden sollen. Hier wäre es zumindest denkbar, dass der Antrieb zur Eigensicherung bei den Veranstaltern abnehmen könnte und beispielsweise weniger Ordner im Stadion eingesetzt würden. bb) Gewährleistung des Ablaufs der Veranstaltung Das Bereitstellen der Einsatzkräfte am Spieltag könnte aber möglicherweise dafür sorgen, dass die Veranstaltung von den Zuschauern überhaupt erst angenommen wird und ohne Störungen stattfinden kann, sodass die Fußballveranstalter aus den Polizeieinsätzen unmittelbare wirtschaftliche Vorteile ziehen würden.249 (1) Faktischer Sicherheitsvorteil Gewisse Parallelen zeigen sich vorliegend mit dem Ausgleichsbetrag für die Erfüllung bahnpolizeilicher Aufgaben sowie mit der sogenannten Luftsicherheitsgebühr II250. Die Bundespolizei ist gemäß § 3 Abs. 1 BPolG auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes für die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung zuständig. Zu ihrer Tätigkeit zählen etwa bloße Streifen- und Postendienste in den Bahnhöfen. Nach § 3 Abs. 2 S. 1 BPolG sind die dadurch begünstigten Verkehrsunternehmen verpflichtet, der Bundespolizei für die erlangten Vorteile einen angemessenen Ausgleich zu leisten.251 Auch wenn der Ausgleichsbetrag inzwischen nicht mehr erhoben wird,252 stellt sich die Frage nach 249 So OVG Bremen, NordÖR 2018, 157, 159; Wieland, ZRP 2018, 90. In die Richtung auch Leines, der jedoch zwischen der Polizeipräsenz im Stadion und der Präsenz außerhalb des Stadions unterscheidet. Letzterer käme aber für den potenziellen Besucher nicht dieselbe Bedeutung zu, die der Präsenz in Stadien zukomme und stelle daher keinen wirtschaftlichen Vorteil dar; vgl. Leines, Kostentragung, S. 191. Dagegen sorge die Polizeipräsenz innerhalb der Stadien – gerade auch vor dem Hintergrund der anhaltenden terroristischen Bedrohungslage – dafür, dass der Zuschauer die Veranstaltung überhaupt erst annehme; vgl. Leines, Kostentragung, S. 180. Dabei bleibt aber unklar, wie die reine Polizeipräsenz im Stadion – die Polizei nimmt also gerade keine Einlasskontrollen vor – etwa verhindern soll, dass ein Terrorist seinen Sprengstoffgürtel zündet. Ob die Fußballbesucher sich durch die im Stadion ohnehin nur geringe Polizeipräsenz vor terroristischen Angriffen (trügerisch) in Sicherheit wähnen und deshalb die Veranstaltung überhaupt annehmen, erscheint jedenfalls sehr fraglich. 250 Siehe dazu den letzten Absatz dieses Gliederungspunktes. 251 Durch Rechtsverordnung kann gemäß § 3 Abs. 2 S. 2 und 4 BPolG ein pauschaler Anteil von bis zu 50 % des Gesamtaufwandes für die Erfüllung der bahnpolizeilichen Aufgaben erhoben werden. 252 Die dem damaligen § 3 Abs. 2 S. 1 Bundesgrenzschutzgesetz (mittlerweile § 3 Abs. 2 S. 1 BPolG) zugrunde liegende Verordnung zur Festsetzung des Ausgleichs für die Erfüllung bahnpolizeilicher Aufgaben des Bundesgrenzschutzes vom 06. 12. 2000 [mittlerweile Verordnung zur Festsetzung des Ausgleichs für die Erfüllung bahnpolizeilicher Aufgaben der

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der finanzverfassungsrechtlichen Zulässigkeit von § 3 Abs. 2 S. 1 BPolG, um hieraus Rückschlüsse für die gebührenrechtliche Zurechnung der Polizeipräsenz im Stadion ziehen zu können. Das OVG Koblenz hatte dem Ausgleichsbetrag nämlich eine gewisse Nähe zur Gebühr zugesprochen, ohne den Ausgleichsbetrag letztlich abschließend in das finanzverfassungsrechtliche Abgabensystem einzuordnen.253 Für die Zulässigkeit der Erhebung des Ausgleichsbetrags stellte das OVG auf einen „faktischen Sicherheitsgewinn“ ab, der der Deutschen Bahn AG durch die Präsenz des Bundesgrenzschutzes im Bereich der Bahnanlagen erwachse.254 Übertragen auf die Polizeipräsenz im Fußballstadion könnte man demzufolge ebenfalls von einem (mittelbaren) faktischen Sicherheitsgewinn für die Veranstalter durch eine Stärkung des Sicherheitsgefühls der Veranstaltungsbesucher sprechen, der eine gebührenrechtliche Zurechnung begründen könnte. So erblickt etwa Beutel, der den Polizeieinsätzen im Umfeld von Großveranstaltungen zudem eine Förderung der Reputation der Veranstalter zuspricht, in derartigen vordergründig ideellen Vorteilen letztlich auch geldwerte Vorteile.255 Ob angesichts medialer Überschriften wie „Polizei rüstet auf – ,Hochrisikospiel‘ auf Schalke“256 von einer Förderung der Reputation der Veranstaltung gesprochen werden kann, die zugleich auch noch geldwert sein soll, erscheint zumindest fraglich. Keineswegs eindeutig ist zudem, ob durch die massiven Polizeieinsätze bei Profifußballspielen das Sicherheitsgefühl der Veranstaltungsbesucher tatsächlich erhöht wird oder das auf Außenstehende bisweilen martialisch anmutende Auftreten der Polizei nicht (auch) ein Gefühl von Beklemmung hervorruft.257 Unabhängig von den interessanten Forschungsergebnissen von Adang und Schreiber, wonach (zu) kräftestarke Polizeieinsätze bei Fußballspielen nicht zwangsläufig zu mehr Sicherheit führen, sondern sich auch negativ auf die Sicherheitslage auswirken können,258 findet sich in Internetforen und Leserkommentaren zu dieser Thematik eine Vielzahl von Bundespolizei vom 06. 12. 2000 (BGBl. I S. 1683)] erachtete das BVerwGE 126, 60, 65, als unwirksam, weil sie nur die Heranziehung eines Verkehrsunternehmens vorsah und damit nicht der Verordnungsermächtigung entsprach. 253 OVG Koblenz, Urt. v. 04. 11. 2004 – 12 A 10337/04, Rn. 39 (juris). 254 OVG Koblenz, Urt. v. 04. 11. 2004 – 12 A 10337/04, Rn. 25 (juris). Siehe aber den letzten Absatz dieses Gliederungspunktes zur divergierende Rspr. des VGH Mannheim, VBlBW 2003, 435, 437 f., zur Luftsicherheitsgebühr II, die ebenfalls polizeiliche Streifendienste gebührenpflichtig machte. 255 Beutel, Gefahrenverursachung, S. 227; in diese Richtung auch Kempny, DVBl 2017, 862, 866 (dort Fn. 34). 256 Eurosport.de, 22. 02. 2017, www.eurosport.de/fussball/europa-league/2016-2017/euro pa-league-polizei-rustet-auf-hochrisikospiel-auf-schalke_sto6068197/story.shtml. 257 Auf letztere Vermutung deuten zumindest einige Beschwerden von Fußballfans hin; vgl. bz-berlin.de, 16. 02. 2015, www.bz-berlin.de/berlin-sport/daten-sportgewalt-berliner-fussball fans-kritisieren-polizei-praesenz. 258 Adang/Schreiber, Die Neue Polizei 1/2008, 3, 4 f.; in die Richtung auch von der Heyde/ Amting/Scherer/Moldenhauer, Fußballfans in der Krise, in: Neubacher/Bögelein (Hrsg.), Kriminalität, S. 131 (140): „Es kann festgestellt werden, dass Fußballspiele bei reduzierter Anzahl von Polizeikräften genauso störungsfrei ablaufen wie mit nicht reduzierter Anzahl“.

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Stimmen von Stadionbesuchern, die die aus ihrer Sicht überdimensionierten Polizeiaufgebote bei Fußballspielen kritisieren. Augenscheinlich existieren zwischen (einigen?) Stadionbesuchern, aber auch Fußballvereinen,259 auf der einen Seite und der Polizei auf der anderen Seite bisweilen unterschiedliche Wahrnehmungen über die Notwendigkeit und Ausgestaltung der Polizeieinsätze im Umfeld von Fußballspielen. Empirische Studien darüber, welche Auswirkungen solche personalintensiven Polizeieinsätze auf das Sicherheitsempfinden der Zuschauer haben, fehlen leider. Es zeigt sich daher, dass man sich in der wissenschaftlichen Debatte diesbezüglich bedauernswerterweise (noch) im Bereich von Mutmaßungen bewegen muss.260 Selbst wenn man in einem faktischen Sicherheitsvorteil für die Stadionbesucher einen geldwerten Vorteil des Veranstalters erblicken möchte, würde dieser Begründungsansatz aber nur gegenüber dem Heimverein verfangen. Nur diesem stehen nämlich nach Abschnitt III § 6 S. 2 SpOL die Ticketeinnahmen zu. Dagegen dürfte bei der Vermarktung der nationalen und internationalen Medienrechte an der Bundesliga, die allein zwischen den Spielzeiten 2017/18 und 2020/21 ca. 4,64 Milliarden Euro einbringen wird,261 ein unterstellter faktischer Sicherheitsgewinn für die Stadionbesucher keine Auswirkungen haben und für die DFL GmbH keinen geldwerter Vorteil darstellen. Ob die Stadionbesucher in Bremen mit einem (unterstellt) mulmigen Gefühl ins Stadion gehen oder sich dort sehr sicher fühlen, dürfte für den PayTV-Abonnenten, egal ob dieser in Nürnberg oder Shanghai das Spiel verfolgt, nicht entscheidend sein.262 259

Siehe etwa die unterschiedliche Wahrnehmung der Sicherheitskonzeption beim DFBPokalspiel am 26. 10. 2016 zwischen Borussia Dortmund und Union Berlin von Vereinsvertretern von Union Berlin und der Dortmunder Polizei; vgl. welt.de, 28. 10. 2016, www.welt.de/ sport/fussball/bundesliga/borussia-dortmund/article159102729/Union-Berlin-kritisiert-Dortmun der-Polizei-scharf.html. 260 Dies gilt – wie schon im ersten Teil der Arbeit thematisiert (vgl. oben § 4 A.) – allgemein für die Forschungslage zur Frage der Sicherheit von Zuschauern im deutschen Profifußball; vgl. auch Kinzig, in: FS Kühl, S. 923 (945). Daumann, WiSt 4/2018, 1, geht aus ordnungsökonomischer Sicht dennoch davon aus, dass ohne die kräfteintensiven Polizeieinsätze die meisten Zuschauer den Fußballveranstaltungen fernbleiben würden. 261 Tagesschau.de, 09. 06. 2016, https://www.tagesschau.de/wirtschaft/dfl-medienrechte-1 01.html. 262 Anders aber das OVG Bremen, NordÖR 2018, 157, 159, das auf eine bessere Vermarktungsmöglichkeit durch die besondere Atmosphäre in den Stadien abstellt. Ob der stimmungsvollen Atmosphäre in den deutschen Profifußballstadien für die (internationale) Vermarktung tatsächlich eine besondere wirtschaftliche Bedeutung zukommt, erscheint fraglich. So erzielt beispielsweise die englische Premier League – trotz der mauen Atmosphäre in den Stadien (vgl. etwa zeit.de, 07. 02. 2017, www.zeit.de/sport/2017-03/fc-arsenal-champions-lea gue-fc-bayern-england-fans-stimmung) – erheblich höhere Vermarktungseinahmen als die DFL GmbH (vgl. sport1.de, 13. 02. 2018, www.sport1.de/internationaler-fussball/premier-lea gue/2018/02/neuer-tv-vertrag-premier-league-peilt-rekord-einnahmen-ein). Dass in der italienischen Spitzenliga Serie A die Spiele oftmals vor fast leeren Rängen oder zumindest sehr schwach besetzten Rängen stattfinden, scheint auf die TV-Vermarktung der Serie A keinen Einfluss zu haben (vgl. sueddeutsche.de, 17. 05. 2010, www.sueddeutsche.de/sport/fussball-in-

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Unabhängig von diesen Gesichtspunkten ist ein geldwerter Vorteil durch die vermeintliche Steigerung des Sicherheitsgefühls der Besucher oder der Reputation des Veranstalters schlicht nicht messbar.263 Daher wurde im ausgleichspflichtigen Streifen- und Postendienst der Bundespolizei kein Sondervorteil für die Verkehrsunternehmen erblickt, der diese im Vergleich zur Allgemeinheit besonders bevorteilen würde.264 Die bloße Polizeipräsenz verbleibt „im Rahmen der allgemeinen, nicht individualisierbaren Gefahrenabwehr“.265 Dieses Ergebnis steht nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zur sogenannten Luftsicherheitsgebühr I, die von den Befürwortern der Polizeikostenabwälzung auf die Fußballveranstalter zur Untermauerung ihrer Position herangezogen wird.266 So ist die Luftsicherheitsbehörde nach § 5 Abs. 1 S. 1 und 2 Luftsicherheitsgesetz befugt, Personen, welche den Sicherheitsbereich eines Flugplatzes betreten wollen und Gegenstände, die in diesen Bereich verbracht werden sollen, zu durchsuchen oder in sonstiger Weise zu überprüfen. Nach § 1 Luftsicherheitsgebührenverordnung i. V. m. der Anlage zu § 1 Luftsicherheitsgebührenverordnung Nr. 2 werden von den Luftfahrtunternehmen Gebühren für derartige Durchsuchungen von Fluggästen und mitgeführten Gegenständen oder deren Überprüfung in sonstiger Weise erhoben. Diese Gebührenerhebung steht nach der Rechtsprechung mit dem nationalen Recht in Einklang.267 So soll es sich bei den gebührenpflichtigen Kontrollmaßnahmen um der Fluggesellschaft individuell zurechenbare öffentliche Leistungen hanitalien-der-verlorene-sonntag-1.296295 - 3). Interessant ist in dem Zusammenhang auch die Aussage von Christian Seifert, Geschäftsführer der DFL GmbH: „Dreimal hintereinander die Champions League gewinnen oder Messi und Ronaldo sind schon bessere Verkaufsargumente, als zu sagen: Bei uns sind aber auch die Choreographien schön.“ (sueddeutsche.de, 18. 02. 2018, www.sueddeutsche.de/sport/montagsspiele-in-der-bundesliga-fernsehgeld-oder-fanliebe-1.3871 739 - 2). 263 Zu Recht kritisch daher gegenüber derartigen vermeintlich geldwerten Vorteilen MüllerEiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 283. 264 Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 283. Das BVerwGE 126, 60, 74, musste diesbezüglich zwar nicht abschließend Stellung beziehen, bezeichnet aber die von der Revision angeführten Bedenken, „ob die in § 3 Abs. 2 Bundesgrenzschutzgesetz vorgeschriebene Erhebung einer Ausgleichsabgabe für die Tätigkeit der Bahnpolizei, die sich […] nicht auf individualisierbare Amtshandlungen beziehe, sondern anteilig auf die polizeiliche Gefahrenabwehr als solche, aus finanzverfassungsrechtlicher Sicht gegenüber dem Prinzip des Steuerstaates […] sachlich gerechtfertigt ist“, als schwerwiegend. Klare Position bezog hingegen Ronellenfitsch, DVBl 2005, 65, 71 („evident verfassungswidrig“). 265 Kirchhof, Nichtsteuerliche Abgaben, in: HStR V, § 119, Rn. 33. 266 So etwa bei Heise, NVwZ 2015, 262, 265; Walter, Polizei Info Report 1/2015, 34, 35 (noch zum ursprünglichem Bremer Vorstoß); Löwisch, CaS 2017, 110, 113 f.; einschränkend Häde, Innere Sicherheit und Abgabenstaat, in: Jachmann/Stober (Hrsg.), Finanzierung der inneren Sicherheit, S. 9 (22 f.). 267 BVerfG, NVwZ 1999, 176; BVerwGE 95, 188 (damalige inhaltsgleiche Rechtsgrundlage war Abschnitt VIII Nr. 23 der Anlage zu § 2 Abs. 1 der Kostenverordnung der Luftverwaltung); zur Vereinbarkeit mit Unionsrecht VGH München, NVwZ-RR 2011, 470; OVG Hamburg, NJW 2006, 3593.

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deln.268 Das Bundesverfassungsgericht führt demgemäß aus: „Denn durch die Sicherheitskontrolle entsteht konkret für den Flug des in Anspruch genommenen Luftfahrtunternehmens ein Sicherheitsvorteil. Die Risikominimierung kommt dem Unternehmen zugute, weil es einerseits seinen Passagieren objektiv einen Sicherheitsgewinn gewähren und subjektiv ein Sicherheitsgefühl vermitteln kann und weil es andererseits selbst ein geringeres Risiko trägt, dass sein Personal verletzt und sein Flugzeug beschädigt oder zerstört wird.“269 Jener Aussage kann man allerdings nicht entnehmen, dass das Bundesverfassungsgericht schon einen ideellen Vorteil („Risikominimierung“) für die individuelle Zurechenbarkeit genügen lässt. Vielmehr erwächst den Luftfahrtunternehmen durch die die Risikominimierung begründenden gebührenpflichtigen Durchsuchungs- und Überwachungsmaßnahmen auch faktisch ein wirtschaftlicher Vorteil, da sie von gleichartigen eigenen Maßnahmen, die sie andernfalls aufgrund ihrer Verkehrssicherungspflichten treffen müssten, entlastet werden.270 Vergleicht man die Luftsicherheitsgebühr I mit der Polizeikostenabwälzung im Profifußball, wären „Ordnertätigkeiten“ der Polizei individuell zurechenbar, da sie die Fußballveranstalter von gleichartigen eigenen Maßnahmen entlasten.271 Aufschlussreich ist auch ein Blick auf die Rechtsprechung zur Luftsicherheitsgebühr II. Der damals maßgebliche Gebührentatbestand272 war mit Wirkung vom 01. 11. 2000 dahingehend erweitert worden, dass für Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten auf dem Flugplatzgelände zum bewaffneten Schutz der Kontrollstellen, für die Bestreifung der Sicherheitsbereiche gemäß Rahmenplan Luftsicherheit und für bewaffnete Standposten bei gefährdeten Luftfahrzeugen ebenfalls Gebühren erhoben werden konnten. Die Sicherheitsbestreifung und die Bewachung der Kontrollstellen durch die Polizeivollzugsbeamten waren den Luftfahrtunternehmen – im Gegensatz zu den gebührenpflichtigen Kontrollmaßnahmen der Luftsicherheitsgebühr I – aber nicht individuell zurechenbar.273 Dieses Ergebnis überzeugt, da es sich 268 Dagegen Müller-Franken, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 105, Rn. 94; zweifelnd auch Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 142. 269 BVerfG, NVwZ 1999, 176, 177. Das BVerwGE 95, 188, 201, stellte ganz ähnlich auf eine konkrete Minderung des „Gefährdungsrisikos“ für die Fluggäste und für das sie befördernde Flugzeug ab. 270 Brüning, VerwArch 106 (2015), 417, 429; Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 284; Kirchhof, Nichtsteuerliche Abgaben, in: HStR V, § 119, Rn. 31 f. 271 Böhm, NJW 2015, 3000, 3002 f.; dies., FAZ v. 06. 08. 2015, S. 6; Leines, Kostentragung, S. 178. 272 Abschnitt VII Nr. 23 der Anlage zu § 2 Abs. 1 der Kostenverordnung der Luftverwaltung erweitert durch die 5. Verordnung zur Änderung der Kostenverordnung der Luftfahrtverwaltung vom 12. 10. 2000 (BGBl I S. 1470). 273 VGH Mannheim, VBlBW 2003, 435, 437 f.; Oschmann, Die Finanzierung der inneren Sicherheit, S. 140. Dagegen soll der Einsatz bewaffneter Standposten an speziell gefährdeten Luftfahrzeugen wiederum den Luftfahrtgesellschaften, die die bewachten Flugzeuge besaßen, individuell zurechenbar gewesen sein. Das BVerwG, NVwZ 2004, 991, konnte die Fragen nach der individuellen Zurechenbarkeit der Polizeistreifen und -posten letztlich offenlassen.

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hierbei wieder um die Kosten der allgemeinen Risikovorsorge handelt.274 Wie bei § 3 Abs. 2 S. 1 BPolG fehlt es an einem wirtschaftlichen Sondervorteil für die Flugunternehmen. (2) Ermöglichung eines störungsfreien Verlaufs Ein geldwerter Vorteil könnte in der Bereitstellung der Einsatzkräfte gesehen werden, wenn diese den reibungslosen Ablauf der Veranstaltung erst ermöglichen würden.275 Auch hier erscheint allerdings völlig offen, ob diese Annahme einer empirischen Überprüfung standhalten würde. Die Ergebnisse aus dem ersten Teil der Arbeit schüren zumindest Zweifel an der Pauschalität der Annahme. So wurde aufgezeigt, dass die – bisweilen mit kriminellen Mitteln geführten – Auseinandersetzungen im Rahmen der „Wettkampf-Kultur“ der Ultras wohl überwiegend im privaten Bereich, fernab des Fußballs, aber auch fernab der Polizei geführt werden. Ohne die polizeiliche Begleitung der Störer würde es, aller Voraussicht nach, an den Spieltagen ebenfalls verstärkt zu Auseinandersetzungen zwischen den rivalisierenden Ultragruppen kommen. Ob dadurch aber – zumindest bei Risikofußballspielen – die reibungslose Durchführung der Veranstaltung gefährdet wäre, erscheint fraglich. So wurde aufgezeigt, dass die Auseinandersetzungen an den Spieltagen ganz überwiegend außerhalb der gut überwachten Stadien stattfinden, ohne dass diese den Ablauf der Fußballveranstaltung beeinflussen. Würde die Polizei sich an den Spieltagen im öffentlichen Raum nun kräftemäßig zurückziehen, hätten die Störer erst recht keinen Anreiz, ihre Auseinandersetzungen ins Stadion zu verlagern und dadurch die Veranstaltung zu behindern. Ob beim Fernbleiben der polizeilichen Einsatzkräfte vermehrt unbeteiligte Stadionbesucher attackiert werden würden, erscheint ebenfalls fragwürdig. Die Ergebnisse des ersten Teils der Arbeit, wonach es in Kreisen der Ultras als „unehrenhaft“ gilt, Unbeteiligte zu attackieren und „abzuziehen“, schüren zumindest Zweifel an dieser Annahme. Entsprechend sollte zwischen der polizeilichen Schutzpräsenz und den verkehrspolizeilichen Maßnahmen durch den Einsatz von Polizeikräften, die den durch die Veranstaltung bedingten Fahrzeugverkehr regeln und lenken (etwa das Einsetzen von Verkehrsposten an Verkehrsknotenpunkten) differenziert werden. In letzteren kann man durchaus eine individuell zurechenbare Leistung erblicken.276 Dass ohne die polizeiliche Verkehrsregelung am Veranstaltungstag ein geordneter und pünktlicher Veranstaltungsverlauf schwierig zu bewerkstelligen sein dürfte, lässt sich 274 Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 284 f.; Kirchhof, Nichtsteuerliche Abgaben, in: HStR V, § 119, Rn. 31: Die Streife im Sicherheitsbereich des Flughafens oder der bewaffnete Schutz gefährdeter Luftfahrzeuge begründen oder bestätigen weder ein Recht noch einen rechtlich erheblichen Vorteil. 275 So Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 279 f.; ders., Die Polizei 2013, 321, 325; Boll, Gebührenpflicht, S. 103; Heise, NVwZ-Extra 05/2015, 1, 3; Konrath, StudZR – WissOn 2016, 162, 172 f. 276 So Bernhardt, Kosten für polizeiliche Einsätze, in: WFV (Hrsg.), Haftung im Sport, S. 67 (79).

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kaum abstreiten. So können beispielsweise in Sachsen-Anhalt nach Nr. 60, Tarifstellen 5.1 bis 5.4 der Anlage zur Allgemeinen Gebührenordnung des Landes Sachsen-Anhalt unter anderem bei verkehrslenkenden Maßnahmen der Polizei (soweit sie nicht im Zusammenhang mit einer Unfallaufnahme stehen) Gebühren für den Einsatz von Bediensteten, Diensthunden und Fahrzeugen der Polizei erhoben werden, wenn Hindernisse den Verkehr behindern oder gefährden. Der Bremer Vorstoß zielt allerdings gerade auf den erhöhten Kräfteeinsatz bei Risikospielen ab, während die allgemeine polizeiliche Tätigkeit (wie die Verkehrslenkung) am Veranstaltungsort weiterhin gebührenfrei bleibt. Diese Polizeieinsätze im öffentlichen Raum begründen aber keinen individualisierbaren Vorteil der Fußballveranstalter.277 Dieses Fehlen des individualisierbaren Vorteils kann man allerdings nicht mit dem Argument begründen, dass die Veranstalter auf den Besuch von Gästefans nicht angewiesen seien – bei Risikospielen könne man das Stadion ausschließlich mit eigenen Anhängern füllen.278Angesichts der verbandsrechtlichen Verpflichtung des Heimvereins nach § 25 Nr. 1 der Durchführungsbestimmungen des DFB, dem Gastverein ein Kartenkontingent zu Verfügung zu stellen, ist diese Argumentation wenig überzeugend, auch wenn Abschnitt III § 3 Abs. 4 Nr. 1 S. 2 SpOL i. V. m. § 32 Nr. 1 d), 1. Spiegelstrich DFB-SiRL für Spiele mit erhöhtem Risiko eine Begrenzung des Verkaufs der Eintrittskarten erlaubt.279 Unabhängig davon wurde im ersten Teil der Arbeit dargelegt, dass trotz eines Ausschlusses von Gästefans nicht zwangsläufig weniger Polizeikräfte am Spieltag eingesetzt werden müssen, da mit einer Anreise des ausgeschlossenen „harten Kerns“ der Fans dennoch gerechnet werden muss.280 Entscheidend für die fehlende individuelle Zurechenbarkeit der Bereitstellung der zusätzlichen Polizeikräfte ist vielmehr, dass es an einem besonderen Vorteil der Fußballveranstalter fehlt, der diese im Vergleich zur Allgemeinheit hervorhebt. Die im ersten Teil dieser Arbeit vorgestellten sicherheitsrelevanten Probleme im öffentlichen Raum am Rande von Profifußballspielen, insbesondere etwa das Plündern von Geschäften, Vandalismus in den Innenstädten und öffentlichen Verkehrsmitteln sowie das Verhindern von „Straßenschlachten“, begünstigen gerade „fußballfremde“ Dritte, seien es Geschäftsleute, Angestellte des öffentlichen Nahverkehrs und Mitreisende, Anwohner oder Passanten. Dabei geht es eben nicht darum, wie Heise 277 Müller-Eiselt, Sicherheit bei Fußballspielen, S. 282; Klein, DVBl 2015, 275, 279; Schiffbauer, NVwZ 2014, 1282, 1284; Brüning, VerwArch 106 (2015), 417, 431 f.; Nolte, NJWaktuell 34/2014, 14 in Bezug auf die DFL; für die allgemeine Kriminalprävention Aden, in: FS Kutscha, S. 245. 278 So aber Schiffbauer, NVwZ 2014, 1282, 1284; ähnlich Brüning, VerwArch 106 (2015), 417, 431 f. 279 Zu Recht kritisch daher Heise, NVwZ 2015, 262, 266. 280 Vgl. oben § 6 B. III. 2. b). Dies verkennt Konrath, StudZR – WissOn 2016, 162, 173. Auch das OVG Bremen, NordÖR 2018, 157, 159, setzt sich leider nicht mit den fußballspezifischen Besonderheiten auseinander, wenn es meint, dass die Veranstalter auf Risikoszenarien reagieren könnten, indem sie die Veranstaltung etwa absagen oder in veränderter Form oder an einem anderen Ort durchführen könnten.

§ 10 Gebührenrechtlicher Ansatz

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meint, ein entgegenstehendes überwiegendes öffentliches Interesse an dem Polizeieinsatz auf der Ebene des Vorteilsprinzips als Ausschlusskriterium für eine Gebührenerhebung einzuführen.281 Der Umstand, dass die Bereitstellung der Polizei beziehungsweise der polizeiliche Einsatz am Veranstaltungstag im (überwiegenden) öffentlichen Interesse erfolgt, steht einer Gebührenerhebung nämlich zumindest grundsätzlich nicht entgegen.282 Vielmehr geht es hier darum, dass die Fußballveranstalter durch das Bereitstellen der zusätzlichen Einsatzkräfte nicht „über das allgemeine Maß hinaus“283 begünstigt werden. Der „vorhersehbar erforderlich[e]“ […] „Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften“ beziehungsweise die „zusätzliche[ ] Bereitstellung von Polizeikräften“ im Sinne des § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG sind den Fußballveranstaltern daher nicht individuell zurechenbar, da der Bremer Gesetzgeber sich nicht auf eine Abwälzung der Einsatzkosten im Stadion oder gegebenenfalls der verkehrslenkenden Polizeimaßnahmen beschränkt hat. § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG genügt demgemäß nicht den finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen an die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben und ist schon aus diesem Grund nichtig. 3. Äquivalenz- und Kostendeckungsprinzip Fraglich ist darüber hinaus, ob die Norm zumindest den verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Regelungen hinsichtlich der Gebührenhöhe entspricht. 281

So Heise, NVwZ 2015, 262, 265; im Anschluss auch Konrath, StudZR – WissOn 2016, 162, 174. 282 Jede staatliche Handlungsweise hat einen Bezug zum Gemeinwohl aufzuweisen; vgl. BVerwGE 95, 188, 201. Dies führt dazu, dass staatliche Handlungen zwangsläufig (auch) im öffentlichen Interesse erfolgen. So konstatiert das BVerfG, NVwZ 1999, 176, 177: „Fast alle gebührenpflichtigen Handlungen erfolgen auch oder vorwiegend im öffentlichen Interesse.“ Dies gilt insbesondere für polizeiliche Tätigkeiten. Zugleich kann gerade den Maßnahmen im Bereich der Gefahrenabwehr die Vorteilhaftigkeit für Einzelne nicht abgesprochen werden. In welcher Konstellation dann die Staatstätigkeit im „überwiegenden öffentlichen Interesse“ erfolgt und nicht bloß „auch im öffentlichen Interesse“, lässt sich kaum bestimmen; vgl. Habermann, Gebühren, S. 319. Auch Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 37 und 177; ders., ZVR-Online Dok. Nr. 46/2012, Rn. 12, bemängelt die Interpretationsfähigkeit des Terminus „öffentliches Interesse“, der letztlich nichts als eine „Leerformel“ sei; ähnlich Waechter, Polizeigebühren, S. 150 f. Unabhängig von dieser terminologischen Schwierigkeit lässt sich dem Grundgesetz eine Wertung, wonach Maßnahmen, die im überwiegenden öffentlichen Interesse liegen, gebührenfeindlich sind, nicht entnehmen; vgl. BVerfG, NVwZ 1999, 176, 177; BVerwGE 95, 188, 200 f.; Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 76; Röper, DVBl 1981, 780, 781; Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 143 f.; ders., ZVR-Online Dok. Nr. 46/2012, Rn. 8; Götz, DVBl 1984, 14, 19 f.; Boll, Gebührenpflicht, S. 129 f.; Müller-Franken, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 105, Rn. 93; Habermann, Gebühren, S. 318 ff.; Lange, Zweckveranlassung, S. 182 f.; Beutel, Gefahrenverursachung, S. 291. A. A. Albrecht, in: FS Samper, S. 165 (168 f.); Gaßner, DÖV 1983, 412, 415, für den Bereich der Gefahrenabwehr. 283 Vgl. Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 150; Leines, Kostentragung, S. 186 ff.; ähnlich Müller-Eiselt, Life&Law 2018, 276, 279 f.

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2. Teil: Beteiligung der Fußballveranstalter an polizeilichen Einsatzkosten

Nach § 4 Abs. 4 S. 4 BremGebBeitrG kann die Gebühr nach den tatsächlichen Mehrkosten oder als Pauschalgebühr berechnet werden. Dieses Alternativmodell ist grundsätzlich verfassungsrechtlich unbedenklich.284 Das Äquivalenzprinzip, als eine auf das Gebührenrecht bezogene Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes,285 fordert aber, dass ein angemessenes Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bestehen muss.286 Die Festsetzung einer Gebühr völlig unabhängig von den Kosten der gebührenpflichtigen Leistung ist demnach unzulässig.287 Einfachgesetzlich hat der Bremer Gesetzgeber das Äquivalenzprinzip in § 4 Abs. 2 S. 1 BremGebBeitrG konkretisiert, wonach zwischen der den Verwaltungsaufwand berücksichtigenden Höhe der Gebühr einerseits und der Bedeutung, dem wirtschaftlichen Wert oder dem sonstigen Nutzen der Amtshandlung andererseits ein angemessenes Verhältnis bestehen muss. Der Bremer Gesetzgeber stellt in § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG gerade auf den öffentlichen Kostenaufwand ab, an dem der Gebührenschuldner beteiligt werden soll („Mehraufwand […], der aufgrund der zusätzlichen Bereitstellung von Polizeikräften entsteht […]“; „[Berechnung] nach den tatsächlichen Mehrkosten oder als Pauschalgebühr“); die Gebührenhöhe korreliert daher mit den Kosten der gebührenpflichtigen Leistung. Darüber hinaus hätte es dem Gesetzgeber sogar grundsätzlich freigestanden, sich bei der Bemessung der Gebühr am wirtschaftlichen Wert der Leistung für den Gebührenschuldner zu orientieren, solange die Kosten des Verwaltungsaufwandes nicht völlig vernachlässigt werden.288 Angesichts dieses weiten Spielraums des Gesetzgebers bestehen dem Grunde nach keine Bedenken über die rechtliche Zulässigkeit der Ausgestaltung von § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG hinsichtlich der Gebührenhöhe. Dem Kostendeckungsprinzip, auf das typischerweise abgestellt wird, wenn dem Staat Kosten entstanden sind, die der Gebührenschuldner zu verantworten hat,289 kommt nämlich schon keine verfassungsrechtliche Begrenzungsfunktion zu, sodass Gebühren für einzelne öffentliche Leistungen im

284

Vgl. Deusch, Sportgroßveranstaltungen, S. 235. BVerwG, NVwZ-RR 2016, 68, 72; VGH Kassel, NVwZ-RR 1995, 109, 110; Böhm, Umweltlenkungsabgaben, S. 104. 286 Vgl. BVerfG, NVwZ 2017, 696, 697 f.; BVerwGE 12, 162, 166; VGH Kassel, NVwZRR 1995, 109, 110. Gleiches gilt bei der Erhebung von Beiträgen; vgl. Detterbeck, GewArch 2005, 321, 322. 287 BVerfGE 97, 332, 345. 288 Vgl. BVerwG, NVwZ 2003, 1385, 1386: „Jedenfalls dann, wenn eine Verwaltungsgebühr die Kosten des Verwaltungsaufwandes um etwa das 4444fache übersteigt […], besteht ein dem Äquivalenzprinzip zuwiderlaufendes grobes Missverhältnis zwischen der Gebühr und den Kosten des Verwaltungsaufwandes“. 289 Dagegen stellt der typische Anwendungsfall des Äquivalenzprinzips die individuelle Zurechenbarkeit einer öffentlichen Leistung über das Vorteilsprinzip dar; vgl. Waldhoff, Grundzüge des Finanzrechts des Grundgesetzes, in: HStR V, § 116, Rn. 87; ders., JuS 2013, 765, 766; Boll, Gebührenpflicht, S. 127. 285

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Vergleich zu den deckenden Kosten für die konkrete öffentliche Leistung sowohl höher als auch niedriger angesetzt werden können.290

V. Vereinbarkeit mit Freiheitsgrundrechten 1. Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG Der Bremer Vorstoß zur Polizeikostenabwälzung muss sich auch an den Grundrechten messen lassen. Entsprechend stellt sich die Frage, ob § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG, bei unterstellter Verfassungskonformität hinsichtlich der finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen, im Einklang mit den Grundrechten der betroffenen Veranstalter steht. Weitgehend geklärt ist in diesem Zusammenhang, dass Großveranstalter mit religiösen, wissenschaftlichen oder politischen Hintergründen nicht an den Polizeikosten beteiligt werden können. Diesbezüglich wird eine Polizeikostenabwälzung für verfassungsrechtlich unzulässig angesehen, wenn nicht ausnahmsweise die Veranstaltung von kommerziellen Motiven überlagert wird.291 Begründet wird dies mit der Wertigkeit der Versammlungs-, Meinungs- oder Religionsfreiheit sowie dem Umstand, dass bei derartigen Veranstaltungen die Polizeikosten nicht auf die Besucher umgelegt werden könnten.292 Der Veranstaltung von Profifußballspielen kommt ein solch starker Grundrechtsschutz nicht zu.293 Auch die gemeinwohlrelevante Funktion des Sports im Allgemeinen und der Sportgroßveranstaltung im Speziellen294 zwingen nicht schon von Verfassungs wegen, Sportgroßveranstaltungen nicht mit Polizeikosten zu belasten.295 290

Müller-Franken, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 105, Rn. 99; vgl. auch BVerfGE 50, 217, 226; BVerwGE 12, 162, 167; Habermann, Gebühren, S. 336 f.; Droege, Die Verwaltung 46 (2013), 313, 331. Überwiegend wird eine generalisierende Betrachtung vorgenommen, sodass jedenfalls den Gesamtkosten für die gebührenpflichtigen Leistungen eine Begrenzungsfunktion in Bezug auf das totale Gebührenaufkommen für die gebührenpflichtigen Leistungen zukommen soll; vgl. Oschmann, Die Finanzierung der inneren Sicherheit, S. 114 f. Im Übrigen bleibt es dabei, dass die Festsetzung einer Gebühr völlig unabhängig von den Kosten der gebührenpflichtigen Leistung unzulässig ist; vgl. die Ausführungen im vorherigen Absatz. 291 Würtenberger, NVwZ 1983, 192, 197; Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 117 und 281 f.; Walter, Polizei Info Report 1/2015, 34, 35; Lange, Sicherheit, S. 191 f.; Moser, Kostenbeteiligungsmodelle, S. 170 f.; Kirchhof, Nichtsteuerliche Abgaben, in: HStR V, § 119, Rn. 34 („deutliche Schranken“); differenzierend Aden, in: FS Kutscha, S. 245 (254 f.); Lange, Zweckveranlassung, S. 181. 292 Vgl. nur VGH Mannheim, Urt. v.18. 06. 1979 – I 47/79, Rn. 26 (juris); Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 282. 293 In dem Zusammenhang könnte man allenfalls andenken, ob Sportgroßveranstaltungen in den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit fallen. Mit der Rechtsprechung des BVerfGE 104, 92, 104, müsste man dies jedoch verneinen; siehe dazu unten § 10 A. V. 2. 294 Allgemein zur bedeutenden gesellschaftlichen Funktion des Sports Nolte, Staatliche Verantwortung, S. 34 ff.; speziell zum Staatsziel der Sportförderung auf grundgesetzlicher Ebene Gädeke, Sportgroßveranstaltungen, S. 50 ff. Die Staatszielbestimmung der Sportför-

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2. Teil: Beteiligung der Fußballveranstalter an polizeilichen Einsatzkosten

Möglicherweise streiten aber Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG für die Fußballveranstalter. Die Berufsfreiheit umfasst jede Tätigkeit, die auf Dauer angelegt ist und der Schaffung und Aufrechterhaltung einer Lebensgrundlage dient.296 Nach den Wertungen des Art. 19 Abs. 3 GG ist die Berufsfreiheit auch auf juristische Personen anwendbar, soweit sie eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit ausüben, die ihrem Wesen und ihrer Art nach in gleicher Weise einer juristischen wie einer natürlichen Person offensteht.297 Dass die am Spielbetrieb teilnehmenden Kapitalgesellschaften unter den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG fallen298, ist ebenso unproblematisch wie bei der in der Rechtsform der GmbH organisierten DFL.299 Darüber hinaus können diese sich auf das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aus Art. 14 Abs. 1 GG berufen.300 Demgegenüber könnten sich die am Spielbetrieb teilnehmenden eingetragenen Vereine nur dann auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen, wenn die Führung des Geschäftsbetriebs zu den satzungsmäßigen Zwecken gehört, da andernfalls die erforderliche Gewinnerzielungsabsicht nicht vorliegt.301 Bei den eingetragenen Vereinen, die noch am Profifußballspielbetrieb teilnehmen, ist der Geschäftsbetrieb dem Hauptzweck des Vereins untergeordnet.302 Der professionelle Spielbetrieb der eingetragenen Vereine wird daher nicht durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützt.303 Gleiches gilt für den Schutz aus Art. 14 Abs. 1 GG am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.304 Die betroffenen Vereine können sich folglich nur auf das Auffanggrundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG berufen.305 derung findet sich auf landesverfassungsrechtlicher Ebene auch in der Landesverfassung der Freien Hansestaat Bremen. Dort heißt es in Art. 36a: „Der Staat pflegt und fördert den Sport.“ 295 Gädeke, Sportgroßveranstaltungen, S. 175; Beutel, Gefahrenverursachung, S. 269 f. 296 BVerfGE 54, 301, 313 m. w. Nachw. aus der Rspr. des BVerfG. 297 BVerfGE 105, 252, 265 m. w. Nachw. aus der Rspr. des BVerfG. 298 Dazu Niemeier, Bekämpfung ritualisierten Gewaltverhaltens, S. 239. 299 Böhm, NJW 2015, 3000, 3002; Bender/Gräbener, BRJ 2015, 49, 51. 300 Dazu allgemein am Beispiel des Bundesligafußballs Papier, in: Maunz/Dürig, Art. 14, Rn. 98. 301 BVerfGE 65, 196, 209 f.; restriktiver Pielow, in: Beck-OK Gewerberecht, § 1, Rn. 87. 302 Ellenberger, in Palandt, § 21 BGB, Rn. 7. So heißt es in § 2 der Satzung des FC Gelsenkirchen-Schalke 04 e. V.: „[Der Verein] erstrebt die körperliche, geistige und charakterliche Bildung seiner Mitglieder – vornehmlich der Jugend – durch planmäßige Pflege der Leibesübungen. Er macht sich zur Aufgabe, Fußball, Basketball, Handball, Leichtathletik und Tischtennis unter diesem Gesichtspunkt zu fördern […]. Der Verein ist selbstlos tätig, er verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke.“ Ob die Vereine sich angesichts der wirtschaftlichen Kennzahlen noch auf das Nebenzweckprivileg berufen können, ist umstritten; dazu jüngst Gubitz/Hildebrand, NZG 2017, 495, 498; Wettich/Vossen, SpuRt 2017, 229, 232. 303 Deusch, Sportgroßveranstaltungen, S. 72. 304 Deusch, Sportgroßveranstaltungen, S. 76 f. und 233. 305 Demgegenüber spricht Haslinger, Verbandssanktionen, S. 67 f. und 167 f., auch den Fußballvereinen in der Rechtsform des e. V. den Schutz von Art. 12 GG zu, ohne auf die Problematik näher einzugehen.

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Während sich die am Spielbetrieb teilnehmenden Kapitalgesellschaften – dazu zählt auch die in die SV Werder Bremen GmbH & Co. KGaA ausgegliederte Lizenzspielspielerabteilung von Werder Bremen – und die DFL GmbH also zwar grundsätzlich auf die Berufsfreiheit und den Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes berufen können, ist damit noch nicht gesagt, dass die Bremer Polizeikostenabwälzung tatsächlich in den Schutzbereich dieser Grundrechte eingreift. Art. 12 Abs. 1 GG soll nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur vor solchen Beeinträchtigungen schützen, die gerade auf die berufliche Betätigung bezogen sind, sodass der Schutzbereich nicht schon dann eröffnet sein soll, wenn eine Rechtsnorm, ihre Anwendung oder andere hoheitliche Maßnahmen unter bestimmten Umständen Rückwirkungen auf die Berufstätigkeit entfalten.306 Der Bremer Gesetzgeber will durch die Polizeikostenabwälzung nicht zielgerichtet auf die Berufsausübungs- oder Berufswahlfreiheit einwirken, auch wenn er tatbestandlich nur gewinnorientierte Veranstaltung[en] erfasst, sondern Veranstalter an den Kosten eines veranstaltungsbedingten Polizeieinsatzes beteiligen. Dass eine Abgabe formal an eine berufliche Tätigkeit anknüpft, soll nach dem Bundesverfassungsgericht noch keinen Eingriff begründen.307 Zwar soll auch dann, wenn sich die Abgabenerhebung nicht auf die Berufstätigkeit selbst bezieht, aber die Rahmenbedingungen der Berufsausübung verändert und infolge ihrer Gestaltung in einem so engen Zusammenhang mit der Ausübung des Berufs steht, dass sie objektiv eine berufsregelnde Tendenz hat, ein Eingriff in die Berufsfreiheit vorliegen.308 Diesen (faktischen) Eingriff in den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG nimmt die Rechtsprechung aber bei der Erhebung von Steuern nur dann an, wenn die Abgabenerhebung es unmöglich macht, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur wirtschaftlichen Grundlage der Lebensführung zu machen („erdrosselnde Wirkung“).309 Dies wird man bei den betroffenen Fußballveranstaltern verneinen müssen, da diese etwa über eine Anpassung der Eintrittspreise die Polizeikosten – zumindest anteilig – wieder hereinholen können.310 So bestände für den Heimverein etwa die Möglichkeit, angelehnt an die Topspielzuschläge, die die Vereine bei einigen Spielen in der Saison erheben, einen „Polizeikostenzuschlag“ zu erheben, um die Kosten auf die Zuschauer abzuwälzen.311 Zieht man die Recht306

BVerfG, NJW 2005, 45, 46 m. w. Nachw. aus der Rspr. des BVerfG. BVerfGE 37, 1, 17 f. 308 BVerfG, NVwZ 2012, 1535, 1536 m. w. Nachw. aus der Rspr. des BVerfG; OVG Lüneburg, Urt. v. 20. 12. 2017 – 13 LC 161/15, Rn. 102 (juris). 309 BVerfGE 31, 8, 29; BVerfG, NVwZ 2001, 1264; BVerwGE 153, 116, 120; OVG Münster, Urt. v. 13. 04. 2016 – 14 A 1599/15, Rn. 89 (juris). 310 Ähnliche Überlegungen stellte auch das BVerfG, NVwZ 1999, 176, 177, zur Luftsicherheitsgebühr I an. 311 Diese Möglichkeit können allerdings allein die Vereine in Anspruch nehmen, da der Ticketverkauf für Ligaheimspiele vom Heimverein geregelt wird und nur diesem die Ticketeinnahmen zustehen (vgl. Abschnitt III § 6 S. 2 SpOL). Zumindest mittelbar könnte auch der 307

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sprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Eingriffen in die Berufsfreiheit durch die Erhebung von Steuern auch bei der Erhebung von nichtsteuerlichen Abgaben heran, müsste man einen Eingriff in die Berufsfreiheit der Fußballveranstalter durch die Polizeikostenabwälzung also verneinen.312 Gleiches gilt für einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Denn auf Abwälzung angelegte öffentliche Abgaben greifen nicht in den Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG ein. Dieser schützt nicht vor Preiserhöhungen infolge von neuen öffentlichen Abgaben.313 Folge der Gebührenerhebung wäre hier, dass die Eintrittspreise bei den betroffenen Heimspielen von Werder Bremen wahrscheinlich anteilig erhöht werden würden.314 Ob die Veranstaltungen dann noch rentabel betrieben werden könnten, ist für den Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG aber irrelevant.315 Die Gebührenerhebung könnte daher lediglich an Art. 2 Abs. 1 GG gemessen werden, der ein deutlich niedrigeres Schutzniveau gewährt. So soll die Pflicht zur Zahlung einer Abgabe den durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Bereich erst dann verletzen, wenn dem Betroffenen nur ein unangemessener Spielraum verbleibt, sich als verantwortlicher Unternehmer wirtschaftlich frei zu entfalten.316 Hinsichtlich der Eingriffsprüfung in die Berufsfreiheit überzeugt die Auffassung des Bundesverfassungsgerichts dogmatisch nicht. Die Frage, ob es durch die AbDFL e. V. durch eine entsprechende Erhöhung der Abgaben (vgl. § 14 Nr. 1 Satzung DFL e. V.) der Vereine, deren Spiele unter § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG subsumiert werden, die Polizeikosten abwälzen. Abseits des Profifußballs, bei deutlich weniger gut besuchten Veranstaltungen, die dennoch nach § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG gebührenpflichtig sein können, kann in Einzelfällen der Gebührenerhebung eine erhebliche Eingriffsintensität zukommen, da eine Abwälzung der Kosten auf die Zuschauer mittels der Erhöhung der Eintrittspreise wirtschaftlich nur bis zu einem gewissen Maße möglich sein dürfte, wenn die Veranstaltung von den Zuschauern noch angenommen werden soll. Auch bei Profifußballspielen dürfte – je nach Gebührenhöhe – eine vollumfängliche Abwälzung der Polizeikosten auf die Zuschauer nicht immer möglich sein; vgl. Leines, Kostentragung, S. 269 (dort Fn. 1037). Das BremGebBeitrG sieht in § 25 Abs. 1 S. 1 allerdings die Möglichkeit vor, aus Billigkeitsgründen die Gebührenforderung ganz oder teilweise zu erlassen bzw. Kosten nicht oder nur in ermäßigter Höhe festzusetzen. 312 So Nirschl, Kosten der Polizei- und Sicherheitsbehörden, S. 87 f.; Oschmann, Die Finanzierung der inneren Sicherheit, S. 190; Lange, Zweckveranlassung, S. 181 (dort Fn. 764). Ein Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG soll nach Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 118, allenfalls vorliegen, wenn die Gebührenerhebung zu Lenkungszwecken erfolgt. 313 So für Steuererhöhungen bzw. die Schaffung neuer Steuertatbestände BVerfGE 110, 274, 290 m. w. Nachw. aus der Rspr. des BVerfG; BVerwGE 153, 116, 120; generell für öffentliche Abgaben am Beispiel der Wasserentnahmeabgabe Dammert/Brückner, LKV 2013, 193, 198. 314 Die DFL GmbH hat angekündigt, im Fall einer Inanspruchnahme durch das Land Bremen, die Kosten auf den lokalen Bundesligisten abzuwälzen. 315 Vgl. BVerfGE 110, 274, 290; Dammert/Brückner, LKV 2013, 193, 198. Herles, Persönlichkeitsverletzungen, S. 246, bejaht ohne nähere Begründung dennoch einen Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG durch die Gebührenerhebung. 316 BVerfGE 75, 108, 154 f. m. w. Nachw. aus der Rspr. des BVerfG.

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gabenerhebung unmöglich gemacht wird, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur wirtschaftlichen Grundlage der Lebensführung zu machen, müsste, folgt man der allgemeinen Grundrechtsdogmatik, konsequenterweise erst auf Ebene der Rechtfertigung eines Eingriffs bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung der Abgabenerhebung behandelt werden. Das Bundesverfassungsgericht weicht insofern von der allgemeinen Eingriffsdogmatik ab, wonach grundsätzlich jede normative Regelung in Grundrechte eingreifen kann, und vermischt stattdessen Eingriffs- und Rechtfertigungsprüfung.317 Unabhängig von diesen Bedenken scheint es zudem fraglich, ob man die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Steuer auf die Erhebung von Gebühren im Allgemeinen – beziehungsweise den Gebührentatbestand des § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG im Speziellen – übertragen kann. So legt das Bundesverfassungsgericht den strengen Prüfungsmaßstab, den es hinsichtlich des Eingriffes in Art. 12 Abs. 1 GG bei Steuern zugrunde legt, bei nichtsteuerlichen Abgaben jedenfalls nicht konsequent zugrunde.318 Hinzu kommt, dass § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG ausschließlich eine bestimmte (Berufs-)Gruppe – die Veranstalter gewinnorientierter Großveranstaltungen – trifft, sodass im Vergleich zur Steuererhebung ein engerer Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufs besteht. Im Schrifttum wird der Polizeikostenabwälzung richtigerweise überwiegend eine Eingriffsqualität in Gestalt der Berufsausübungsfreiheit zugesprochen,319 wobei die in diesem Zusammenhang keineswegs eindeutige Rechtsprechung vielfach nicht weiter thematisiert wird.320

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Zu Recht kritisch daher Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 119; Ruffert, in: Beck-OK GG, Art. 12, Rn. 57; Henseler, Die rechtlichen Dimensionen des Stadionverbots, S. 230; Habermann, Gebühren, S. 327 f.; Manssen, in: Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 12, Rn. 75 ff. Besonders deutlich wird die Vermischung zwischen Eingriffs- und Rechtsfertigungsebene bei OVG Münster, Urt. v. 13. 04. 2016 – 14 A 1599/15, Rn. 100 (juris). 318 Vgl. BVerfGE 111, 191, 213 f.; BVerfG NVwZ 2014, 1306, 1309; BVerfG, NVwZ 2009, 641, 643; BVerfGE 113, 128, 145. Anders aber das BVerwGE 95, 188, 196 f., für die Erhebung der Luftsicherheitsgebühr I, das schon einen Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG verneinte. Das BVerfG, NVwZ 1999, 176, 177, sah jedenfalls „keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Luftfahrtunternehmen“. In BVerwGE 150, 129, 152 f., hat das BVerwG es offengelassen, ob eine Gebührenerhebung, die keine erdrosselnde Wirkung hat, zumindest in die Berufsausübungsfreiheit und das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingreift. 319 So etwa Schiffbauer, NVwZ 2014, 1282, 1284; Beutel, Gefahrenverursachung, S. 276; Kempny, DVBl 2017, 862, 867; Leines, Kostentragung, S. 266 f. Auch das OVG Bremen, NordÖR 2018, 157, 164, erblickt in der auf § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG gestützten Gebührenerhebung einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit. 320 Beispielsweise bei Wahlen, Polizeikostenerstattung, S. 88 f.; Lange, Sicherheit, S. 194; Moser, Kostenbeteiligungsmodelle, S. 171 f.; Bender/Gräbener, BRJ 2015, 49, 51; Schiffbauer, NVwZ 2014, 1282, 1284; ders., www.juwiss.de/98-2014/; Levin/Schwarz, www.juwiss.de/1 04-2014; Nolte, Kostenpflicht des Ligaverbandes, S. 10; Herles, Persönlichkeitsverletzungen, S. 246; Kim, Polizeikostenrecht in rechtsvergleichender Perspektive, S. 63; Tappe/Klein, Kostenbeteiligung, in: Pieroth/Görisch/Hartmann (Hrsg.), Staatsrecht, S. 166 (177); Konrath, StudZR – WissOn 2016, 162, 174; Löwisch, CaS 2017, 110, 115.

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Letztlich kann es hier offenbleiben, ob man schon einen Eingriff in den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG verneint oder die Erdrosselungswirkung erst auf Ebene der Rechtfertigung des Eingriffs prüft: Dass es durch die (drohende) Polizeikostenabwälzung bei Risikospielen zu einer Erdrosselung der Veranstaltertätigkeit kommt, ist nämlich nicht ersichtlich. Bejaht man einen Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG durch die Gebührenauferlegung würde es sich zudem um eine Berufsausübungsregelung handeln, sodass vernünftige Gründe des Gemeinwohls den Eingriff rechtfertigen können.321 Dies wird man bei der Finanzierung des Polizeieinsatzes im Sinne des § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG bejahen müssen, der schließlich gerade ein als unbillig empfundenes Ergebnis (die Allgemeinheit kommt für die Sicherheitskosten im Zusammenhang mit einer privaten Veranstaltung auf) ausgleichen soll. Die im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung im Schrifttum geäußerten Bedenken dahingehend, dass die Gebührenerhebung nicht erforderlich sei, weil mildere, gleich wirksame Mittel vorhanden sein, überzeugen nicht.322 So sollen nach Schiffbauer die unmittelbaren Störer bei Ausschreitungen vorrangig als Kostenschuldner herangezogen, Gästefans ausgeschlossen oder die Gästekontingente limitiert werden.323 Dass der sich diesen Überlegungen anschließende Hinweis Schiffbauers auf die Steuerzahlungen der Fußballvereine, die eine Kostentragungspflicht zusätzlich unverhältnismäßig erscheinen lassen würden, nicht verfängt, wurde bereits oben unter dem Stichwort der vermeintlichen Doppelbesteuerung als irrelevant erkannt.324 Seine anderen Überlegungen passen zudem nicht auf den Bremer Vorstoß. So ist nach § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG gerade das Bereitstellen (zusätzlicher) Polizeikräfte, die sogenannte Schutzpräsenz, gebührenpflichtig. Ob später tatsächlich Ausschreitungen stattgefunden haben oder diese aufgrund der Schutzpräsenz verhindert wurden, ist für die Gebührenerhebung freilich ohne Bedeutung. Entsprechend ist die vorherige Heranziehung der unmittelbaren Störer nicht gleich geeignet, um den zusätzlichen polizeilichen Aufwand zu finanzieren. Die Erkenntnisse aus dem ersten Teil der Arbeit haben zudem gezeigt, dass durch einen (Teil-)Ausschluss von Gästefans die prognostizierte Gefahrenlage sich keineswegs zwangsläufig verbessern muss, da sich die aus gefahrenabwehrrechtlicher Sicht problematische Fanklientel dadurch nicht von der Anreise abhalten lässt, sodass an den einzelnen Spieltagen bisweilen sogar mehr Polizeikräfte eingesetzt

321

BVerfGE 16, 286, 297. Dass die erstrebte anteilige Finanzierung von Polizeieinsätzen im Sinne des § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG ein legitimer Zweck ist und die Gebührenerhebung folglich geeignet ist, den Zweck zu fördern, ist eindeutig und wird im Schrifttum nicht in Abrede gestellt. 323 Schiffbauer, NVwZ 2014, 1282, 1285; ähnliche Erwägungen finden sich bei Löwisch, CaS 2017, 110, 115, der allerdings die fehlende Effizienz der angedachten Maßnahmen im Vergleich zur Gebührenerhebung nach § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG feststellt. 324 Siehe oben § 10 A. III. 1. 322

§ 10 Gebührenrechtlicher Ansatz

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werden müssen als bei Spielen ohne (Teil-)Ausschluss von Gästefans.325 Auch ein verstärktes gefahrenabwehrrechtliches Vorgehen gegen die einzelnen Störer dürfte im Vergleich zur Gebührenerhebung keine gleich geeignete Maßnahme sein. Ob ein verstärktes Vorgehen gegen die Störer im Vorfeld der Partien zu einer polizeilichen Kräftereduzierung am Spieltag führt, erscheint zweifelhaft.326 So lässt das vorhandene Datenmaterial vermuten, dass die Behörden bereits aktuell oftmals gegenüber Gewalttätern im Umfeld des Fußballs bis zur Grenze des rechtlich Zulässigen327 und manchmal auch darüber hinaus328 vorgehen. Um dem Problem, dass Gewalttäter, die nicht einmal beabsichtigen, ein Fußballspiel zu besuchen (Personen mit Stadionoder Aufenthaltsverbot, Mitglieder gewaltbereiter Gruppen, denen die Dauerkarten entzogen wurden, oder „fußballfremde“ Schläger), aber dennoch an den Spielort reisen,329 entschlossener zu begegnen, könnte allenfalls über einen verstärkten Ausspruch von Meldeauflagen nachgedacht werden.330 Die Befürchtung von Klein, dass die Bremer Behörden in Zukunft Gefahrenabwehrmaßnahmen im Vorfeld eines Fußballspiels unterlassen könnten, damit das Spiel weiterhin gebührenpflichtig bleibt,331 kann entkräftet werden. So können etwa die Kosten für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes auf den Betroffenen abgewälzt werden.332 Darüber hinaus hat schon Kempny erkannt, dass den diesbezüglichen Überlegungen im Schrifttum ein Denkfehler zugrunde liegt: Der legitime Zweck der Gebührenerhebung ist die Finanzierung des Polizeieinsatzes im Sinne des § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG und nicht die Verhütung von Ausschreitungen.333 Dennoch fehlt es letztlich an einer Rechtfertigung des Eingriffs, weil § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG schon mit den finanzverfassungsrechtlichen Regelungen nicht im Einklang steht und es somit an einer wirksamen parlamentarischen Grundlage für einen Eingriff mangelt. Selbst wenn man jedoch einen Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG durch die Gebührenerhebung verneint, bleibt es dabei, dass jedenfalls der Eingriff in die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG nicht gerechtfertigt ist. Denn § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG ist aus den schon zuvor herausgearbeiteten Gründen verfassungswidrig und somit nicht Teil der 325 Siehe oben § 6 B. III. 2. b). Darüber hinaus weist Klein, DVBl 2015, 275, 280, zutreffend darauf hin, dass die Limitierung des Eintrittskartenverkaufs für den Veranstalter in der Regel nicht weniger belastend sein dürfte. 326 Letztlich offengelassen von Klein, DVBl 2015, 275, 280. 327 Allein in Nordrhein-Westfalen sprachen die Polizeibehörden aus Anlass von Fußballspielen der Bundesliga und der 2. Bundesliga in der Saison 2015/16 1.344 Aufenthaltsverbote aus; vgl. Landtag NRW, Drs. 16/15031, S. 2. 328 Siehe nur VG Darmstadt, NVwZ 2016, 1344 ff.; dazu Böhm/Mayer, DÖV 2017, 325, 327 ff. 329 Siehe oben § 6 B. III. 1. b). 330 Dazu jüngst am Beispiel gewalttätiger Fußballfans Benrath, DVBl 2017, 868, 873 ff. 331 Klein, DVBl 2015, 275, 280. 332 Dazu jüngst VG Stuttgart, Urt. v. 23. 03. 2017 – 1 K 6242/16 (juris). 333 Kempny, DVBl 2017, 862, 867 (dort Fn. 45).

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2. Teil: Beteiligung der Fußballveranstalter an polizeilichen Einsatzkosten

verfassungsmäßigen Ordnung, die das Recht auf wirtschaftliche Betätigungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG beschränkt. 2. Art. 8 GG Die Polizeikostenabwälzung auf Fußballveranstalter muss sich nicht am Maßstab des Art. 8 GG messen lassen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts reicht es für das Vorliegen einer Versammlung nämlich nicht aus, dass die Teilnehmer bei ihrer gemeinschaftlichen kommunikativen Entfaltung durch einen beliebigen Zweck verbunden sind. Vielmehr ist es erforderlich, dass die Zusammenkunft auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet ist.334 Dies ist bei Profisportveranstaltungen normalerweise aber nicht der Fall. Der Besuch einer Sportgroßveranstaltung fällt daher ebenso wenig wie die Sportgroßveranstaltung selbst in den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG.335 3. Art. 9 Abs. 1 GG Art. 9 Abs. 1 GG gewährleistet die Freiheit, sich zu Vereinigungen des privaten Rechts zusammenzuschließen.336 Zu den erfassten Vereinigungen zählen nebst eingetragenen und nicht eingetragenen Vereinen auch Personen- und Kapitalgesellschaften.337 Neben der DFL GmbH, der DFL e. V., und dem DFB können sich ebenfalls die Fußballvereine grundsätzlich auf den Schutz der Vereinigungsfreiheit berufen, unabhängig davon, ob diese ihren Profifußballbetrieb in Tochtergesellschaften ausgelagert haben oder nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schützt Art. 9 Abs. 1 GG sowohl für die Mitglieder als auch für die Vereinigung die Selbstbestimmung über die eigene Organisation, das Verfahren ihrer Willensbildung und die Führung ihrer Geschäfte.338 Ein Eingriff in die Vereinigungsfreiheit durch die Gebührenerhebung könnte folglich anzunehmen sein, wenn dadurch faktisch die Gründung, das Bestehen oder der Fortbestand einer Vereinigung unterbunden wird oder die Gebührenerhebung dem Beitritt in die Vereinigung oder der Mitglieder-

334

BVerfGE 104, 92, 104. Kober, Pyrotechnik, S. 209; Niemeier, Bekämpfung ritualisierten Gewaltverhaltens, S. 78 f.; Deusch, Sportgroßveranstaltungen, S. 77; Gädeke, Sportgroßveranstaltungen S. 54 ff.; Stümper, Großsportveranstaltungen, S. 109; Kretschmer, NStZ 2015, 504 f.; Herles, Persönlichkeitsrechtsverletzungen, S. 84; a. A. Henseler, Die rechtlichen Dimensionen des Stadionverbots, S. 288 ff., die unter Zugrundelegung eines weiten Versammlungsbegriffs auch Fußballveranstaltungen unter Art. 8 GG fasst. 336 BVerfG, NJW 2015, 612 m. w Nachw. aus der Rspr. des BVerfG. 337 Cornils, in: Beck-OK GG, Art. 9, Rn. 6. 338 BVerfGE 80, 244, 253 m. w Nachw. aus der Rspr. des BVerfG. 335

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werbung entgegenstehen würden.339 Angesichts des Bremer Vorstoßes hält Schiffbauer Spielverlegungen, eine geringere Auslastung des Weserstadions oder gar die Verlegung des Vereinssitzes für denkbar.340 Dem ist nicht zu folgen. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten dürfte ein Ausweichen auf eine Spielstätte in einem benachbarten Bundesland im Vergleich zur Gebührenzahlung sich nicht rentieren: Einerseits wäre dies sicherlich mit nicht unerheblichen finanziellen Aufwendungen verbunden, andererseits drohen in einer „fremden“ Stadt, abseits der eigenen „Fanbasis“, erst recht Zuschauerrückgänge. Schon aus diesem Grund dürfte sich die Frage nach einer Verlagerung des Vereinssitzes in ein anderes Bundesland nicht stellen. Gerade die sogenannten „Traditionsclubs“ im Fußball sind mit ihrer Heimstadt und -region eng verwurzelt. Ein Umzug von Werder Bremen in ein anderes Bundesland ist nicht vorstellbar. So lösten bereits die Pläne der Verantwortlichen von Hertha BSC Berlin, „nur“ ein neues Stadion außerhalb der Berliner Landesgrenze in Brandenburg zu erbauen, massive Proteste der Anhängerschaft aus.341 Ein „SV Werder Oldenburg“ oder gar ein „SV Werder Hamburg“ wäre den Anhängern nicht zu vermitteln. Eine Beeinträchtigung der funktionsgerechten Betätigung der Vereinigung Werder Bremen durch die Gebührenerhebung lässt sich ebenso wie bei DFL GmbH, DFL e. V. oder DFB als weitere mögliche Gebührenschuldner nicht feststellen.342 So fallen Tätigkeiten, bei denen die Vereinigungen wie natürliche Personen am Rechtsverkehr teilnehmen, nicht unter den Schutzbereich von Art. 9 Abs. 1 GG.343 Durch die Gründung einer Vereinigung soll der Grundrechtsschutz für individuelle Tätigkeit nämlich nicht erweitert werden.344 Die Vereinigungen bedürfen in den Fällen, in denen sie schlicht am Rechtsverkehr teilnehmen, nicht des spezifischen Grundrechtsschutzes der Vereinigungsfreiheit. Ihnen bleibt der Schutz der materiellen Individualgrundrechte wie Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG.

339

Vgl. BVerfG, NJW 2015, 612, 613, zum Rauchverbot bei öffentlich zugänglichen Vereinsveranstaltungen. 340 Schiffbauer, NVwZ 2014, 1282, 1285; ders., www.juwiss.de/98-2014/. Leines, Kostentragung, S. 265, hält es ebenfalls für denkbar, dass aufgrund von Gebührenerhebungen Fußballveranstaltungen in benachbarte Bundesländer verlagert werden. 341 Welt.de, 31. 03. 2017, www.welt.de/sport/fussball/article163297829/Hertha-BSC-setztBerlin-massiv-unter-Druck.html. 342 Zutreffend Bender/Gräbener, BRJ 2015, 49, 51 f.; Levin/ Schwarz, www.juwiss.de/104-2 014. 343 BVerfG, NJW 2015, 612; Deusch, Sportgroßveranstaltungen, S. 74. 344 BVerfG, NJW 2015, 612, 613 m. w. Nachw. aus der Rspr. des BVerfG.

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2. Teil: Beteiligung der Fußballveranstalter an polizeilichen Einsatzkosten

VI. Vereinbarkeit mit dem Allgemeinen Gleichheitsgrundsatz Möglicherweise ist § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG nicht mit dem allgemeinen Gleichheitssatz zu vereinbaren. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln.345 Dies gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch ungleiche Begünstigungen.346 Art. 3 Abs. 1 GG wird verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder -betroffenen im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders behandelt wird, obwohl zwischen den Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können.347 Differenzierungen bedürfen insofern stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind.348 Im Bereich der Abgabenerhebung billigt die Rechtsprechung dem Gesetzgeber einen weitreichenden Gestaltungsspielraum für Entscheidungen darüber zu, welche Sachverhalte er unterschiedlich oder trotz vorhandener Unterschiede gleich behandeln möchte.349 1. Grundsatz der Belastungsgleichheit Hinsichtlich der speziellen Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG für die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben genügt § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG dem Grundsatz der Belastungsgleichheit, wenn man eine individuelle Zurechenbarkeit der Bereitstellung der zusätzlichen Polizeikräfte unterstellt. Das Bundesverfassungsgericht führt aus: „Die Erhebung einer nichtsteuerlichen Abgabe muss […] berücksichtigen, dass der Schuldner einer solchen Abgabe regelmäßig zugleich Steuerpflichtiger ist und bereits als solcher zur Finanzierung der Lasten herangezogen wird, die die Gemeinschaft treffen. Die Gleichheit der Abgabenbelastung wäre nicht gewahrt, wenn Einzelne daneben ohne besondere, die Abgabenerhebung – auch der Höhe nach – rechtfertigende Sachgründe zusätzlich herangezogen werden könnten.“350 Als anerkannte Sachgründe für die Erhebung von Gebühren gelten Gründe der Kostendeckung, des Vorteilsausgleichs, der Verhaltenslenkung oder soziale Gründe.351 Maßgeblich für § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG ist neben dem Gedanken der Kostendeckung des öffentlichen Aufwandes durch die Bereitstellung der Polizeikräfte der Ausgleich eines (vermeintlichen) Vorteils für den Veranstalter. Diese Zwecke wahren im Prinzip den Grundsatz der Belastungsgleichheit. 345

BVerfGE 130, 240, 252 m. w. Nachw. aus der ständigen Rspr. des BVerfG. BVerfGE 126, 400, 416 m. w. Nachw. aus der ständigen Rspr. des BVerfG. 347 BVerfGE 130, 240, 253 m. w. Nachw. aus der Rspr. des BVerfG. 348 BVerfGE 137, 1, 20. 349 BVerwGE 154, 275, 289. 350 BVerfG, NVwZ 2017, 696, 697. 351 BVerfG, NVwZ 2017, 696, 697 m. w. Nachw. aus der Rechtsprechung des BVerfG; BVerwG, NVwZ-RR 2016, 68, 71. 346

§ 10 Gebührenrechtlicher Ansatz

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2. Ungleichbehandlung zu kleineren und nicht-kommerziellen Veranstaltungen Eine erste Ungleichbehandlung zeigt sich zwischen den von § 4 Abs. 4 S. 1 BremGebBeitrG erfassten Veranstaltern und Veranstaltern von gewinnorientierten Veranstaltungen mit voraussichtlich weniger als 5.000 Besuchern sowie Veranstaltern von nicht gewinnorientierten Veranstaltungen (unabhängig von der erwarteten Besucheranzahl). Die vom Gesetz vorgenommene unterschiedliche Behandlung der Veranstaltungen lässt sich allerdings auf vernünftige Gründe zurückführen. So käme der Gebührenerhebung gegenüber den nicht-kommerziellen Veranstaltern eine Erdrosselungswirkung zu, da diese nicht die Möglichkeit haben, die Kosten auf die Besucher der Veranstaltung umzulegen.352 Das Abstellen auf eine Gewinnorientiertheit der Veranstaltung erweist sich daher als sachgerechtes Anknüpfungskriterium. Ähnliche Auswirkungen wie bei nicht-kommerziellen Veranstaltern könnte die Gebührenerhebung aber auch bei den kommerziellen Veranstaltungen mit weniger als 5.000 Besuchern haben. So stellte der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung auf den Umstand ab, dass bei kleineren Veranstaltungen das Verhältnis zwischen Ertrag und den möglichen Polizeikosten regelmäßig deutlich ungünstiger ausfallen dürfte als bei größeren Veranstaltungen.353 Dies leuchtet ein. Dabei ist es unerheblich, dass in Einzelfällen mit einer kleineren Veranstaltung erhebliche Erträge erwirtschaftet werden können und deren Veranstalter in diesem Fall von dem Schwellenwert in § 4 Abs. 4 S. 1 BremGebBeitrG profitieren würde. Der Gesetzgeber muss nicht die vernünftigste, zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden haben, solange ein einleuchtender Grund für eine vorhandene Differenzierung vorhanden ist.354 3. Irrtümliche Prognose Nach § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG wird eine Gebühr nur erhoben, wenn wegen erfahrungsgemäß zu erwartender Gewalthandlungen der Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften vorhersehbar erforderlich wird. Ist entgegen der ursprünglichen polizeilichen Prognose, die von einem friedlichen Verlauf der Veranstaltung ausging, doch der Einsatz zusätzlicher Polizeikräfte erforderlich, wird der Veranstalter dennoch nicht mit Gebühren belastet. Demgegenüber wird der Veranstalter, dessen Veranstaltung unter die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm subsumiert wird, auch dann als Gebührenschuldner herangezogen, wenn es vor, während oder nach der 352 Zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung gegenüber gemeinnützigen politischen, religiösen oder kulturellen Veranstaltungen siehe auch Majer, VerwArch 73 (1982), 167, 186 ff. 353 Begründung zum „KoaAntrag Neufassung des Gesetzesentwurfs“ für die 45. Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses (Land) der Bremischen Bürgerschaft am 17. 10. 2014, S. 2. 354 BVerwG, NVwZ-RR 1997, 648, 649. Das OVG Bremen, NordÖR 2018, 157, 156, und Klein, DVBl 2015, 275, 281, weisen überdies darauf hin, dass Veranstaltungen mit mehr Besuchern typischerweise ein größeres Risiko darstellen als kleinere Veranstaltungen.

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2. Teil: Beteiligung der Fußballveranstalter an polizeilichen Einsatzkosten

Veranstaltung am Veranstaltungsort, an den Zugangs- oder Abgangswegen oder sonst im räumlichen Umfeld zu keinerlei Gewalthandlungen kommt. Auch in dieser Ungleichbehandlung liegt allerdings kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz vor. Die Ungleichbehandlung ist sachlich gerechtfertigt. So würde die Erhebung einer Gebühr von dem Veranstalter, dessen Veranstaltung – entgegen der ursprünglichen polizeilichen Prognose – einen Polizeieinsatz im Sinne von § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG erforderlich macht, im Widerspruch zu dem in § 4 Abs. 4 S. 3 BremGebBeitrG zum Ausdruck kommenden Ziel des Gesetzes stehen, dem Veranstalter durch eine Vorabinformation über die voraussichtliche Gebührenpflicht entgegenzukommen. Der von einer Gebührenpflicht überraschte Veranstalter hätte keine Möglichkeit mehr, diese in seine Veranstaltungskalkulation miteinzubeziehen. Dass das Gesetz diesen Veranstalter entsprechend schont, auch wenn seine Veranstaltung (unterstellt) genau wie eine nach § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG gebührenpflichtige Veranstaltung die Bereitstellung der zusätzlichen Einsatzkräfte veranlasst hat oder dieser Veranstalter aus dem Polizeieinsatz einen Vorteil zieht, ist sachlich gerechtfertigt.355 § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG verstößt demzufolge nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz. VII. Hinreichende Bestimmtheit der Norm Das im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) wurzelnde Bestimmtheitsgebot soll sicherstellen, dass der vom Gesetz Betroffene sich auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen kann, die gesetzesausführende Verwaltung für ihr Verhalten steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfindet und die Gerichte die Rechtskontrolle durchführen können.356 Demgemäß hat der Gesetzgeber Anlass, Zweck und Grenzen des Eingriffs hinreichend bereichsspezifisch, präzise und normenklar festzulegen.357 Dabei dürfen die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Norm auch nicht überspannt werden, da abstrakt-generelle Normen grundsätzlich ein gewisses Maß an Unbestimmtheit aufweisen, um das Treffen angemessener Einzelfallentscheidungen zu ermöglichen und den Gesetzgeber nicht durch zu strenge Anforderungen an die Bestimmtheit eines Gesetzes zu blockieren.358 So steht die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm aufgrund der Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe dem Bestimmtheitserfordernis nicht entgegen, solange die Auslegung unter Nutzung der juristischen Methodik zu bewältigen ist.359 Die konkreten Anforderungen an die Bestimmtheit einer Norm hängen einerseits von der Grundrechtsrelevanz der jeweiligen Vorschrift und andererseits von den 355 356 357 358 359

3003.

So auch das OVG Bremen, NordÖR 2018, 157, 165 f. BVerfGE 113, 348, 375 m. w. Nachw. aus der Rspr. des BVerfG. BVerfGE 120, 378, 407 f. m. w. Nachw. aus der Rspr. des BVerfG. Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, VII, Rn. 59. BVerfGE 110, 33, 56 f. m. w. Nachw. aus der Rspr. des BVerfG; Böhm, NJW 2015, 3000,

§ 10 Gebührenrechtlicher Ansatz

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Eigenschaften des jeweiligen Regelungsbereiches ab.360 Hinsichtlich der Grundrechtsrelevanz der Polizeikostenabwälzung bei kommerziellen Großveranstaltungen, denn auf solche stellt § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG ab (gewinnorientierte Veranstaltung), spricht angesichts der Einnahmensituation von Großveranstaltern – zumindest im Bereich des Profifußballs – einiges dafür, dass einer Polizeikostenbeteiligung im Sinne des § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG jedenfalls keine erhebliche Eingriffstiefe zukommt. Vergegenwärtigt man sich aber allein die Höhe des ersten auf § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG gestützten Bescheides von 425.718,11 Euro, so kann sich pro Spielzeit ein Betrag summieren, der – bei unterstellter Kostenschuldnereigenschaft von Werder Bremen361 – für den Bundesligisten, der allein zwischen den Jahren 2011 bis 2015 einen bilanziellen Verlust in Höhe von insgesamt knapp 38 Millionen Euro verzeichnete362, nicht ohne jegliche Probleme bezahlt werden kann. Der Polizeikostenabwälzung kommt daher auch gegenüber Profifußballvereinen eine gewisse Grundrechtsrelevanz zu.363 Dies gilt es bei der Beurteilung der Bestimmtheit von § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG zu beachten. Bezüglich des Regelungsbereichs gilt der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit abgaberechtlicher Regelungen, wonach Abgabesubjekt, Abgabeobjekt, Bemessungsgrundlage und Abgabesatz im Gesetz anzugeben sind.364 Vorweggeschickt sei, dass die in § 4 Abs. 4 S. 3 BremGebBeitrG vorgesehene Unterrichtungspflicht des Veranstalters vor der Veranstaltung über die voraussichtliche Gebührenpflicht nicht schon die hinreichende Bestimmtheit der Norm begründen kann, da der Gebührenschuldner nur über das Ergebnis der behördlichen Subsumtion informiert wird. Abgabeobjekt, Abgabesubjekt, Bemessungsgrundlage und Abgabesatz müssen sich bereits aus der Norm selbst ergeben. 1. Abgabeobjekt Fraglich ist, ob das Abgabeobjekt in § 4 Abs. 4 S. 1 BremGebBeitrG hinreichend präzise festgelegt wurde. Erste Tatbestandsmerkmale des Abgabeobjekts sind das Vorliegen einer „gewinnorientierte[n] Veranstaltung […], an der voraussichtlich mehr als 5.000 Personen zeitgleich teilnehmen werden“. Der Begriff der Veranstaltung, der in ganz unterschiedlichen Bereichen des Rechts verwendet wird,365 ist 360

BVerfGE 108, 186, 235 m. w. Nachw. aus der Rspr. des BVerfG. Siehe dazu unten § 10 A. VII. 2. 362 Weser-kurier.de, 21. 11. 2016, www.weser-kurier.de/werder_artikel,-Werder-erzielt-28Millionen-Euro-Gewinn-_arid,1500272.html. 363 Dagegen hält Lange, Zweckveranlassung, S. 179, die grundrechtlichen Auswirkungen der Polizeikostenabwälzung bei Profifußballveranstaltern für überschaubar. 364 BVerwGE 105, 144, 149. 365 So verwendet der Gesetzgeber den Veranstaltungsbegriff an unterschiedlichen Stellen der Gewerbeordnung (u. a. §§ 64 bis 70a), im Bereich des Jugendschutzes (u. a. §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 2, 6 Abs. 2 Jugendschutzgesetz [JuSchG]), im Straßenverkehrsrecht (§ 29 Abs. 2 Straßenverkehrs-Ordnung), im Steuerrecht [u. a. § 19 Abs. 1 Nr. 1 a) Einkommensteuergesetz], im 361

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2. Teil: Beteiligung der Fußballveranstalter an polizeilichen Einsatzkosten

ohne weiteres justiziabel366 und entspricht dem Erfordernis der Normklarheit. Bezüglich der Auslegung des Attributs „gewinnorientiert[ ]“, das den Veranstaltungsbegriff der Norm zusätzlich konkretisiert, kann auf die einschlägige Judikatur im Zusammengang mit dem allgemeinen Gewerbebegriff zurückgegriffen werden, der die Komponente der Gewinnerzielungsabsicht als notwendiges Merkmal eines Gewerbes enthält.367 Auch die Teilnehmeranzahl von voraussichtlich mehr als 5.000 Personen ist präzise. Während das Abgabeobjekt bis hierin hinreichend klar festgelegt wurde, erscheint die Bestimmbarkeit der weiteren Tatbestandsmerkmale des Abgabeobjekts deutlich problematischer. So müssen „erfahrungsgemäß zu erwartende[ ] Gewalthandlungen vor, während oder nach der Veranstaltung am Veranstaltungsort, an den Zugangs- oder Abgangswegen oder sonst im räumlichen Umfeld […] [den] Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften vorhersehbar erforderlich […]“ machen. a) Erfahrungsgemäß zu erwartende Gewalthandlungen aa) Prognoseentscheidung Bevor sich mit der Bestimmtheit des Begriffs der Gewalthandlungen auseinandergesetzt wird, stellt sich die Frage nach der Bestimmtheit des vorangestellten Terminus „erfahrungsgemäß“. Dieser Terminus wird vom Gesetzgeber in zahlreichen Gesetzen verwendet – etwa in § 9 Abs. 1 S. 1 Bundesreisekostengesetz, § 7 Abs. 1 S. 1 Einkommensteuergesetz, § 2 Abs. 1 Wasch- und Reinigungsmittelgesetz und § 8 Abs. 4 S. 4 Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen – und ist auch dem Polizeirecht nicht fremd (siehe § 11 Abs. 1 Nr. 2 BremPolG, § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 PolGBW). Dennoch wird im Schrifttum die hinreichende Bestimmtheit des Terminus „erfahrungsgemäß“ in § 4 Abs. 4 S. 1 BremPolG angezweifelt, da nicht klar sei, auf welche Sichtweise es diesbezüglich ankomme.368 Diesen Bedenken kann allerdings entgegengetreten werden. So ergibt sich aus der Systematik des § 4 Abs. 1 BremGebBeitrG („wenn wegen erfahrungsgemäß zu erGaststättenrecht (§ 1 Abs. 2 Gaststättengesetz des Bundes), im Feiertagsrecht (§ 8 Abs. 1 und 2 Hessisches Feiertagsgesetz), im Urheberrecht (§ 52 Abs. 1 UrhG) und im Versammlungsrecht (u. a. §§ 1, 2 Abs. 3, 15 Abs. 4, 17a VersG). 366 Siehe nur VGH Mannheim, Urt. v. 18. 06. 1979 – I 47/79 (juris) zu § 81 Abs. 2 S. 1 PolGBW a. F. 367 Siehe nur BVerwG, NJW 1977, 772; zu den Anforderungen an die Gewinnerzielungsabsicht im Einzelnen siehe Ennuschat, in: Tettinger/Wank/Ennuschat (Hrsg.), Gewerbeordnung, § 1, Rn. 13 ff. Auch der Bremer Gesetzgeber orientiert sich hinsichtlich der Begriffsbestimmung der gewinnorientierten Veranstaltung am Gewerberecht, vgl. die Begründung zum „KoaAntrag Neufassung des Gesetzesentwurfs“ für die 45. Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses (Land) am 17. 10. 2014, S. 2. 368 So bei Schiffbauer, NVwZ 2014, 1282, 1286 (noch zum ursprünglichen Vorhaben, einen Gebührentatbestand in Nr. 120 der InkostV zu normieren); ders., SpuRt 2014, 231, 234; zweifelnd auch Hermann/Buljevic, NordÖR 2015, 198, 202.

§ 10 Gebührenrechtlicher Ansatz

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wartender Gewalthandlungen […] der Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften vorhersehbar erforderlich wird“), dass die Sichtweise der Polizei insoweit maßgeblich sein muss. Denn auch wenn, wie im ersten Teil der Arbeit dargelegt, die Polizei im Rahmen der Einsatzplanung bei Fußballspielen eng mit dem Heimverein zusammenarbeitet und Informationsaustausch betreibt, erstellen die szenekundigen Beamten aus polizeilicher Sicht die Lageeinschätzung, auf die der polizeiliche Kräfteansatz am Spieltag sowie die Auswahl der Führungs- und Einsatzmittel beruhen.369 Für die Frage, ob „Gewalthandlungen“ im Sinne des § 4 Abs. 4 S. 1 BremGebBeitrG zu erwarten sind, kann demgemäß nur die polizeiliche Sicht maßgeblich sein.370 bb) Begriff der Gewalthandlungen Zweifelhaft ist aber, ob auch der Begriff der Gewalthandlungen den Anforderungen an die Klarheit und Bestimmtheit einer Norm entspricht. Die Begrifflichkeit der Gewalthandlungen ist nämlich nicht schon aus sich heraus eindeutig, wie nachfolgend aufgezeigt wird. So verwendet der Bundesgesetzgeber den Begriff der Gewalthandlung in § 18 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JuSchG. Gewalthandlungen im Sinne dieser Norm sind drastische Formen von Gewalttätigkeiten, die mit erheblichen Verletzungen der Gewaltopfer (zum Beispiel durch das Abtrennen von Gliedmaßen) oder dem Tod der Opfer (zum Beispiel durch Kopfschüsse) einhergehen.371 Derart drastische Gewalttätigkeiten begleiten aber selbst die Risikofußballspiele nicht, abgesehen von wenigen Einzelfällen.372 Der Anwendungsbereich von § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG wäre bei einem solchen Verständnis von Gewalthandlungen so eng, dass die Norm in der Praxis ins Leere laufen würde. Es dürfte daher unwahrscheinlich sein, dass dem Bremer Gesetzgeber ein derartiges Verständnis von Gewalthandlungen vor Augen stand. Eine andere Bedeutung kommt dem Terminus Gewalthandlungen im Strafrecht zu, der dort zwar nicht vom Gesetzgeber, aber von der Rechtsprechung und Literatur regelmäßig im Zusammenhang mit den Anforderungen an einen bedingten Tötungsvorsatz verwendet wird.373 Die Rede ist von „äußerst gefährlichen Gewalthandlungen“374, „brachiale[n] Gewalthandlung[en]“375 oder „höchst gefährlichen 369

Vgl. oben § 5 B. I. 1. Siehe auch VG Saarland, Urt. v. 21. 04. 2016 – 6 K 1963/14, Rn. 46 (juris); VG München, Urt. v. 22. 03. 2017 – M 7 K 14.5426, Rn. 21 (juris) jeweils zur Heranziehung zum Kostenersatz für einen Feuerwehreinsatz. 371 VG Köln, Urt. v. 13. 09. 2013 – 19 K 3559/11, Rn. 58 (juris); Liesching, in: Erbs/ Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 18 JuSchG, Rn. 19a. 372 Im Zusammenhang mit Spielen der beiden Bundesligen wurden in der Saison 2016/17 zwei Verfahren wegen versuchter Tötungsdelikte eingeleitet; vgl. Jahresbericht der ZIS 2016/ 17, S. 33. 373 Dazu BGH, NStZ-RR 2016, 204 f.; Puppe, NStZ 2014, 183 ff. 374 BGHSt 57, 183, 186 m. w. Nachw. aus der Rspr. des BGH. 375 Schneider, in: MüKo StGB, Bd. 4, § 212, Rn. 44. 370

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2. Teil: Beteiligung der Fußballveranstalter an polizeilichen Einsatzkosten

Gewalthandlungen“376. Dazu zählen etwa Messerstiche in den Oberkörper377, Würgeattacken378 oder kraftvolle Schläge auf den Hinterkopf mit einem Gegenstand379. Da es sich bei diesen Tatmodalitäten um äußerst gefährliche, höchst gefährliche oder brachiale und massive „Gewalthandlungen“ handelt, kann per argumentum e contrario gefolgert werden, dass der Begriff der Gewalthandlungen im Strafrecht weiter verstanden wird und die Handlungen weder hochgradig gefährlich sein noch den drastischen Formen in § 18 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JuSchG entsprechen müssen. So wird der Begriff der Gewalthandlung in der strafrechtlichen Kommentarliteratur vereinzelt auch mit dem Terminus der Gewalttätigkeit in den §§ 113 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, 121 Abs. 3 S. 2 Nr. 3, 125 Abs. 1 Nr. 1, 125a S. 2 Nr. 3 StGB gleichgesetzt.380 Unter Gewalttätigkeit ist der Einsatz physischer Kraft durch aggressives positives Tun von einiger Erheblichkeit, mit dem unmittelbar auf Menschen oder Sachen in ihrer körperlichen Substanz eingewirkt wird, zu verstehen, wobei ein strafbarer Erfolg wie Körperverletzung oder Sachbeschädigung nicht eingetreten sein muss.381 Die Auswertungen der Jahresberichte der ZIS und die Schilderung und strafrechtliche Würdigung der „fantypischen Straftaten“ im ersten Teil der Arbeit haben gezeigt, dass Gewalttätigkeiten im Sinne der §§ 113 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, 121 Abs. 3 S. 2 Nr. 3, 125 Abs. 1 Nr. 1, 125a S. 2 Nr. 3 StGB im Umfeld von Profifußballspielen regelmäßig verwirklicht werden. Die Zielsetzung des Gesetzgebers, der primär auf eine Gebührenpflichtigkeit der Fußballveranstalter abzielt, könnte eine solche Auslegung des Begriffs der Gewalt nahelegen. Der Begriff der Gewalthandlungen könnte sogar so weit verstanden werden wie der Begriff des „Gewalttäters“ in den polizeilichen Datenbanken über Fußballfans. Wie im ersten Teil der Arbeit aufgezeigt, kann etwa in der Verbunddatei „Gewalttäter Sport“ ein Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung oder Missbrauchs von Notrufeinrichtungen ausreichen, um den Betroffenen als „Gewalttäter“ in der Datei zu erfassen. Auch friedliche Fans der Kategorie A können in der Datei „Gewalttäter Sport“ erfasst werden. Darüber hinaus zeigte sich im ersten Teil der Arbeit, dass im allgemeinen Sprachgebrauch vieler Medienvertreter und Politiker der Begriff der Gewalt im Zusammenhang mit Fehlverhalten von Fußballfans umfassend verwendet wird, sodass etwa das Entzünden von Pyrotechnik, das Zeigen diffamierender Spruchbänder oder das Singen herabsetzender Gesänge regelmäßig mit (gewalttätigen) Ausschreitungen gleichgesetzt wird. Da der Bremer Gesetzgeber angesichts 376

Edlbauer, JA 2008, 725. BGHSt 57, 183, 186; BGH, NStZ-RR 2007, 141, 142. 378 BGH, NStZ 1992, 587, 588. 379 BGH, NStZ-RR 2007, 45, 46 f. 380 So bei Eser, in: Schönke/Schröder, StGB, § 121, Rn. 16. 381 OLG Hamburg, NJW 1983, 2273; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 125, Rn. 4. Der Begriff der Gewalttätigkeit ist demgemäß nicht mit dem allgemeinen strafrechtlichen Gewaltbegriff in seiner heutigen Form gleichzusetzen; vgl. Schäfer, in: MüKo StGB, Bd. 3, § 125, Rn. 20. 377

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von Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG von Verfassungs wegen verpflichtet war, § 4 Abs. 4 S. 1 BremGebBeitrG allgemein zu halten und entsprechend den abstrakten Begriff der „Veranstaltung“ und nicht etwa Begrifflichkeiten wie „Fußballspiel“ oder „Fußball-Veranstaltung“ verwendet hat, kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass „Gewalthandlungen“ im Sinne der Gebührennorm so weit wie im allgemeinen Fußball-Kontext zu verstehen sind. Ob der Begriff der Gewalthandlungen in § 4 Abs. 4 S. 1 BremGebBeitrG zumindest im Sinne des aus dem Strafrecht bekannten Terminus der Gewalttätigkeiten zu verstehen ist, erscheint ebenfalls fraglich. Ein Blick auf die Genese des Gesetzes wirft mehr Fragen auf, als dass er Antworten gibt. So verwendete der Senat in der Mitteilung vom 22. 07. 2014 den Terminus der Gewalthandlungen ganz überwiegend als Begriffspaar mit dem Wort Ausschreitungen.382 An mehreren Stellen ersetzte der Senat den Begriff der Gewalthandlungen im Zusammenhang mit Ausschreitungen durch den Terminus „Gewalttätigkeiten“383 oder kombinierte die Begrifflichkeiten durch die Bezeichnung „gewalttätigen Ausschreitungen“384 beziehungsweise „gewalttätige[r] Ausschreitungen“385. In der Gesetzesbegründung tauchen diese Formulierungen allerdings nicht mehr auf. Stattdessen gebraucht der Senat an einer Stelle die Begrifflichkeit „Gewaltdelikte“ als Synonym für Gewalthandlungen.386 An welchem Begriffsverständnis der Bremer Gesetzgeber sich bezüglich der Gewalthandlungen im Sinne des § 4 Abs. 4 S. 1 BremGebBeitrG orientiert hat, bleibt offen. Auch im Wortlaut der Norm wurde bekanntlich nicht mehr an den Begriff der Gewalttätigkeit angeknüpft. Im Schrifttum wurde daher zu Recht kritisch angemerkt, dass eine Auslegung des Begriffs der Gewalthandlungen, angelehnt an den strafrechtlichen Gewaltbegriff, ebenfalls nicht ausgeschlossen werden könne und somit bloße Bagatellhandlungen als Gewalthandlungen im Sinne des § 4 Abs. 4 S. 1 BremGebBeitrG denkbar wären.387 In diesem Fall könnten sogar einzelne Verkehrsbehinderungen im Umfeld der Veranstaltung Gewalthandlungen im Sinne des Gebührentatbestandes sein: Unter den strafrechtlichen Gewaltbegriff können beispielsweise dichtes Auffahren, starkes Abbremsen oder das Versperren einer Ausfahrt oder eines Weges grundsätzlich subsumiert werden.388 In diesen Fällen wäre die vom Gesetzgeber angedachte Ein382

Bremische Bürgerschaft, Drs. 18/1501, S. 15, 18 f., 20 f. Bremische Bürgerschaft, Drs. 18/1501, S. 20, 27, 28. 384 Bremische Bürgerschaft, Drs. 18/1501, S. 8. 385 Bremische Bürgerschaft, Drs. 18/1501, S. 28 (dort Fn. 59). 386 Vgl. die Begründung zum „KoaAntrag Neufassung des Gesetzesentwurfs“ für die 45. Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses (Land) am 17. 10. 2014, S. 3. 387 Schiffbauer, NVwZ 2014, 1282, 1286 (noch zum möglichen Gebührentatbestand in Nr. 120 der InkostV); Klein, DVBl 2015, 275, 277 und 281; Böhm, NJW 2015, 3000, 3003; in diese Richtung ebenso Hermann/Buljevic, NordÖR 2015, 198, 202 f. A. A. Konrath, StudZR – WissOn 2016, 162, 178. 388 Siehe im Einzelnen Sinn, in: MüKo StGB, Bd. 4, § 240, Rn. 53 m. w. Beispielen und Nachw. 383

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schränkung des Abgabeobjekts durch den weiteren Kontext der Norm („wenn wegen erfahrungsgemäß zu erwartender Gewalthandlungen […] der Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften vorhersehbar erforderlich wird“) hinfällig. So sollen die zu erwartenden „Gewaltdelikte“ [sic] mengenmäßig ein Ausmaß erreichen müssen, das die Polizei zu erhöhten Vorkehrungen veranlasst.389 Um „Gewalthandlungen“ im veranstaltungsbedingten Verkehrsaufkommen zu unterbinden, wäre eine verstärkte Verkehrsüberwachung durch den Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften im Umfeld der Veranstaltung denkbar. Es bleibt also dabei, dass der Begriff der Gewalthandlungen in § 4 Abs. 4 S. 1 BremGebBeitrG konturlos ist.390 Die terminologische Unschärfe ist insofern problematisch, als dass immer dann besonders strenge Anforderungen an die Bestimmtheit eines Kostentatbestandes zu stellen sind, wenn die Norm, wie hier mit dem Begriff der Gewalthandlungen, von den Begrifflichkeiten des Polizeirechts abweicht: In den Fällen, in denen Nichtverantwortliche als Gebührenschuldner in Anspruch genommen werden sollen, muss die Inanspruchnahme für den Gebührenschuldner hinreichend eindeutig erkennbar sein.391 Dies ist angesichts der Konturlosigkeit des Begriffs der Gewalthandlung, der zahlreiche Auslegungsmöglichkeiten eröffnet, nicht der Fall.392 Selbst wenn die Gerichte grundsätzlich gehalten sind, sich um eine verfassungskonforme Auslegung von Normen zu bemühen, scheidet hier eine (einengende) verfassungskonforme Auslegung aus. Diese kommt nämlich dann nicht mehr in Betracht, wenn die gesetzlichen Eingriffsgrundlagen offen formuliert sind und bei Zugrundelegung anerkannter Begriffsdefinitionen nicht fernliegend auch ausgrei389

Begründung zum „KoaAntrag Neufassung des Gesetzesentwurfs“ für die 45. Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses (Land) am 17. 10. 2014, S. 3; in diese Richtung auch Hermann/Buljevic, NordÖR 2015, 198, 203. 390 Böhm, NJW 2015, 3000, 3003. A. A. das OVG Bremen, NordÖR 2018, 157, 161, wonach „die Anwendung körperlicher Gewalt gegen Personen oder Sachen, also einfache Körperverletzungen (§ 223 StGB) oder Sachbeschädigungen (§ 303 StGB), aber auch Straftaten wie besonders schwere[r] Landfriedensbruch (§ 125a StGB)“ Gewalthandlungen im Sinne der Norm sein sollen. 391 Gusy, DVBl 1996, 722, 727. 392 Instruktiv ist hier ein Vergleich mit § 2 S. 1 Nr. 2 ATDG. Hinsichtlich der Begriffe der „rechtswidrigen Gewalt“ und des „vorsätzlichen Hervorrufens solcher Gewalt“ im Sinne dieser Norm konnte das BVerfG wegen Stimmengleichheit im Senat (§ 15 Abs. 4 S. 3 BVerfGG) eine Verfassungswidrigkeit mit Blick auf die fehlende Bestimmtheit der Begrifflichkeiten nicht feststellen. Die vier Senatsmitglieder, die eine fehlende Bestimmtheit annahmen, stützten ihre Auffassung darauf, dass maßgebliche Merkmale der Vorschrift mehrdeutig sind und „an anderer Stelle der Rechtsordnung – und zwar in einem für die Begriffsvorstellungen des Rechtsalltags grundlegenden Bereich des Strafrechts – in einer Weise weit verstanden [werden], die im Kontext der Antiterrordatei mit den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit und dem Übermaßverbot nicht vereinbar ist“; vgl. BVerfGE 133, 277, 343 (nicht tragend). Demgegenüber begründeten die anderen Senatsmitglieder die hinreichende Bestimmtheit der Norm weniger aus dem Normtext selbst, sondern vordergründig mit einer restriktiven Auslegung der Begrifflichkeiten durch die Sicherheitsbehörden. Dafür, dass der Terminus „Gewalthandlungen“ im Sinne des § 4 Abs. 4 S. 1 BremGebBeitrG durch die Behörden besonders restriktiv ausgelegt wird, gibt es, soweit ersichtlich, jedoch keine Anhaltspunkte.

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fende Auslegungen tragen.393 Dies ist hier, wie soeben gezeigt, der Fall. Die einzelnen Begrifflichkeiten, die im Gesetzgebungsverfahren der Ausfüllung des Begriffs der Gewalthandlungen dienen sollten, weisen im juristischen Sprachgebrauch qualitative Unterschiede aus, ohne dass erkennbar wäre, welcher Gehalt dem Terminus der Gewalthandlungen in der Norm letztlich zukommen soll. b) Räumlicher und zeitlicher Umfang Das Abgabeobjekt könnte darüber hinaus aber noch aus weiteren Gründen nicht ausreichend bestimmt sein. So erscheint fraglich, ob der Gebührentatbestand hinsichtlich der räumlichen und zeitlichen Komponente des Abgabenobjekts hinreichend bestimmt ist. Denn aus der Satzstellung des § 4 Abs. 4 S. 1 BremGebBeitrG ist zunächst nicht direkt ersichtlich, ob die räumliche und zeitliche Einschränkung des Passus „vor, während oder nach der Veranstaltung am Veranstaltungsort, an den Zugangs- oder Abgangswegen oder sonst im räumlichen Umfeld“ sich (ausschließlich) auf die „erfahrungsgemäß zu erwartende[n] Gewalthandlungen“ bezieht und/oder auf den „Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften“. Grammatikalisch wären beide Möglichkeiten denkbar. Aus der Gesetzesbegründung wird zumindest ersichtlich, dass durch den Passus die „erfahrungsgemäß zu erwartende[n] Gewalthandlungen“ räumlich und zeitlich eingeschränkt werden sollen. Die Gewalthandlungen sollen nämlich im (räumlich und zeitlich näher konkretisierten) Zusammenhang mit der Veranstaltung stehen.394 Für eine hinreichende Bestimmtheit des räumlichen Umfeldes spricht zunächst, dass sowohl die Termini „Zugangs- oder Abgangswege[ ]“ als auch „sonst im räumlichen Umfeld“, die sich in diesem Kontext eindeutig auf den Veranstaltungsort beziehen, grundsätzlich hinreichend bestimmbar sein dürften. So wird beispielsweise im Zusammenhang mit der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten bei der Frage nach dem räumlichen und zeitlichen Umfang einzelner Verkehrssicherungspflichten auch auf die Termini „Zu- und Abgangsweg“ zurückgegriffen.395 Welcher räumliche Bereich zu den Zu- und Abgangswegen zählt, lässt sich demzufolge – jedenfalls unter Zuhilfenahme der anerkannten juristischen Auslegungsmethoden – hinreichend bestimmen.396 393

BVerfGE 133, 277, 345 (nicht tragend); zustimmend Arzt, NVwZ 2013, 1328, 1331. „KoaAntrag Neufassung des Gesetzesentwurfs“ für die 45. Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses (Land) am 17. 10. 2014, S. 3. 395 Siehe nur LG Dortmund, Urt. v. 14. 07. 1988 – 11 S 75/88, Rn. 18 (juris); speziell für ein Fußball-Bundesligaspiel OLG Düsseldorf, Urt. v. 22. 09. 2016 – I-5 U 15515, BeckRS 2016, 17927, Rn. 14; Weller, NJW 2007, 960, 961. Auch dem Verwaltungsrecht sind die Begrifflichkeiten im Zusammenhang mit Veranstaltungen nicht fremd; vgl. VG Aachen, Urt. v. 01. 12. 2016 – 5 K 1776/13, Rn. 71 (juris); VG Minden, Beschl. v. 14. 10. 2016 – 9 L 1533/16, Rn. 25 und 27 (juris); VG Minden, Urt. v. 12. 11. 2015 – 9 K 53/14, Rn. 43 (juris). Auf der Homepage von Werder Bremen (www.werder.de/stadion/weser-stadion/anfahrt/) finden sich ebenfalls detaillierte Informationen zu den An- und Abreisewegen rund um das Weserstadion. 396 A. A. Hermann/Buljevic, NordÖR 2015, 198, 203. 394

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Auch die Begrifflichkeit „im räumlichen Umfeld“ ist dem Recht nicht fremd. Diese findet sich etwa in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs397 oder im Polizeirecht (vgl. nur § 36 Abs. 2 Nr. 4 HSOG). Bezogen auf Veranstaltungen zählen zum räumlichen Umfeld einer Veranstaltung neben dem Veranstaltungsort selbst die Zu- und Abgangswege sowie die unmittelbare Umgebung um den Veranstaltungsort.398 Auf den ersten Blick spricht daher einiges dafür, dass zumindest der räumliche Bereich der Norm hinreichend bestimmbar ist. Dass dem nicht so ist, wird jedoch aus einer Gesamtschau der räumlichen und zeitlichen („vor, während oder nach der Veranstaltung“) Komponenten ersichtlich. So ergibt sich weder unmittelbar aus der Norm selbst, noch aus der Genese der Norm, wann das „vor“ der Veranstaltung beginnt und wann das „nach“ der Veranstaltung endet. Streng am Wortlaut des § 4 Abs. 4 S. 1 BremGebBeitrG orientiert, wären die zeitlichen Grenzen der Norm uferlos.399 Unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte der Norm – dem Bremer Gesetzgeber waren die massiven Polizeieinsätze bei Fußball-Risikospielen gewärtig – könnte man versuchen, den zeitlichen Anwendungsbereich der Norm dahingehend einzugrenzen, dass auf eine „typische“ Zeitspanne der Bereitstellung der Einsatzkräfte bei derartigen Risikospielen abgestellt wird. Dass dies in der Praxis mit erheblichen Unsicherheiten für den betroffenen Veranstalter verbunden wäre, soll folgendes Beispiel aus der Praxis aufzeigen. So traf sich im März 2013 eine 30-köpfige Gruppe von Ultras des FC Schalke 04 am Dortmunder Flughafen, um eine befreundete Gruppe von Ultras aus Skopje in Empfang zu nehmen, die anlässlich des drei Tage später stattfindenden Spiels zwischen Borussia Dortmund und dem FC Schalke 04 zur Unterstützung aus Mazedonien angereist war. Noch am Flughafen kam es zu Ausschreitungen mit Dortmunder Ultras, die die gegnerischen Ultras dort angriffen, sodass eine polizeiliche Hundertschaft eingesetzt werden musste, um die Kontrahenten zu trennen.400 Wäre – angenommen, die Polizei hätte in einer vergleichbaren Situation in Bremen vorab von dieser Gefahrenlage Kenntnis gehabt – die Bereitstellung von Einsatzkräften in diesem Zusammenhang eine gebührenpflichtige Leistung im Sinne des § 4 Abs. 4 S. 1 BremGebBeitrG gewesen? In dem Fall könnte man möglicherweise einwenden, dass eine Anreise drei Tage vor dem Spiel nicht erfasst sei, da die anreisenden Ultras sich nicht unmittelbar zur Spielstätte, sondern vermutlich zunächst zu ihren Übernachtungsstätten bewegen wollten. Was aber wäre, wenn die anreisenden Ultras nun 24 Stunden vor Spielbeginn an einem Bahnhof oder Flughafen in der Stadt ankommen würden, um in der Stadt zu nächtigen oder dort zu 397

BGH, GRUR 2011, 1165, 1166. Wekwerth, Sportgroßveranstaltungen, S. 17. 399 Hermann/Buljevic, NordÖR 2015, 198, 204, schlagen entsprechend eine zeitliche Eingrenzung durch das Einfügen des Begriffs unmittelbar vor. 400 Wr.de, 07. 03. 2013, www.wr.de/staedte/dortmund/schalke-und-bvb-anhaenger-bei-kra wall-in-dortmund-bewaffnet-id7695612.html. 398

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feiern? So kommt es nicht selten vor, dass die gegnerischen Fangruppen bereits am Vorabend zum Auswärtsspiel anreisen401 oder sich am Spieltags-Wochenende im Stadtbezirk zur Massenschlägerei treffen.402 Denkbar ist daher, dass schon am Vorabend eines Risikospiels an neuralgischen Punkten in der Innenstadt, an Zubringerstraßen oder Lokalbahnhöfen oder im Stadionumfeld polizeiliche Einsatzkräfte wegen vorab anreisender (befreundeter oder rivalisierender) Ultragruppen bereitgestellt werden. Werden aber bereits am Vorabend Einsatzkräfte an den „Zugangs- oder Abgangswegen oder sonst im räumlichen Umfeld“ bereitgestellt, ist danach zu fragen, ab wann dem räumlichen Bereich seine Funktion als Zugangs- oder Abgangsweg oder sonstiges räumliches Umfeld zukommt. Für einen potentiellen Gebührenschuldner lässt sich dies nicht erkennen. Denn der Bremer Gesetzgeber hat darauf verzichtet, ein an den Öffnungszeiten des Veranstaltungsortes orientiertes Zeitfenster (etwa plus/minus drei Stunden vor Öffnung und nach Schließung der Veranstaltungsstätte) im Gebührentatbestand zu normieren. Die Gesetzesbegründung stellt allein darauf ab, ob erwartete Gewalthandlungen „in einem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Veranstaltung stehen“.403 Dass (befürchtete) Ausschreitungen, wie die am Dortmunder Flughafen, in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Veranstaltung stehen und grundsätzlich einen räumlichen Bezug zur Veranstaltung aufweisen können, lässt sich nicht abstreiten. Für welchen Zeitkorridor Gebühren erhoben werden, ist für den Gebührenschuldner daher nicht erkennbar, sodass die Norm auch unter diesem Gesichtspunkt nicht dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot genügt.404 c) Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften Während hinsichtlich der hinreichenden Bestimmtheit des Terminus „Polizeikräfte[ ]“ in § 4 Abs. 4 S. 1 und 2 BremGebBeitrG keine Bedenken bestehen, erscheint es vordergründig problematisch, ob das Attribut „zusätzliche[ ]“ in diesem 401 Vgl. nur wuerzburgerleben.de, 23. 04. 2016, www.wuerzburgerleben.de/2016/04/23/ab schluss-bericht-der-polizei-kickers-vs-hansa-rostock/. 402 Im März 2017 kam es mitten in Berlin-Moabit zu einer Massenschlägerei mit mehr als 200 Beteiligten, die den Ultraszenen von Eintracht Frankfurt und Hertha BSC Berlin angehören sollen; vgl. rbb-online.de, 03. 03. 2017, www.rbb-online.de/sport/beitrag/2017/03/krawalle-ho oligans-hertha-berlin-eintracht-frankfurt.html. 403 Begründung zum „KoaAntrag Neufassung des Gesetzesentwurfs“ für die 45. Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses (Land) am 17. 10. 2014, S. 3. 404 Im Ergebnis wohl ebenso Löwisch, CaS 2017, 110, 114 f. Bemerkenswert ist, dass sich das OVG Bremen, NordÖR 2018, 157, 162, der Weite des Zeitkorridors der Norm bewusst ist und gar nicht erst den Versuch unternimmt, in § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG eine zeitliche Grenze zu lesen („Gewalthandlungen über den Tag der Veranstaltung hinaus“), an der hinreichenden Bestimmtheit des Gebührentatbestandes jedoch keine Zweifel äußert. Die vom OVG vorgenommene bloße Verknüpfung des Zeitrahmens mit dem An- und Abreiseverkehr liefert aus den oben genannten Gründen keine hinreichend klaren Grenzen der Norm.

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Zusammenhang hinreichend bestimmbar ist. So war nach § 81 Abs. 2 S. 1 PolGBW a. F. das Heranziehen von weiteren als „im üblichen örtlichen Dienst eingesetzten Polizeibeamten“ gebührenpflichtig. Im „üblichen örtlichen Dienst“ waren die Polizeibeamten derjenigen der Landespolizeidirektion nachgeordneten Polizeidienststellen eingesetzt, in deren Dienstbezirk die private Veranstaltung stattfand.405 An einem derartigen Vergleichsmaßstab fehlt es in § 4 Abs. 4 S. 1 und 2 BremGebBeitrG aber. Ein ausdrückliches Bezugsobjekt zum „zusätzlichen“ Kräfteeinsatz findet sich weder in S. 1 noch S. 2 der Norm. Dass die Begrifflichkeit „zusätzlichen“ nicht für sich selbst stehen kann, sondern denknotwendig einen Vergleichsmaßstab bedingt, versteht sich schon vom Gehalt des Wortes. Bezüglich der Suche nach dem Vergleichsmaßstab ist daher ein Blick in die Entstehungsgeschichte der Norm aufschlussreich. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll ein erhöhter, sprich zusätzlicher, polizeilicher Kräfteaufwand dann vorliegen, „wenn der für eine größere Veranstaltung vergleichbarer Art bei friedlichem Verlauf erforderliche Kräfteaufwand überschritten wird“.406 Auch Sinn und Zweck der Norm sprechen für ein derartiges Verständnis, da in § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG gerade ein polizeilicher Mehraufwand kostenpflichtig gemacht werden soll, während die polizeiliche Grundversorgung für die Veranstalter weiterhin kostenfrei erfolgen soll. Für die Subsumtion bei Fußballspielen bietet sich der von der Bremer Polizei in der praktischen Umsetzung gewählte Weg an, den durchschnittlichen Kräfteeinsatz bei „Grünoder Gelb-Spielen“ als Vergleichsmaßstab gegenüber dem gebührenpflichtigen „Rot-Spiel“ heranzuziehen. So fielen in der Spielzeit 2016/17 bei als „Rot-Spiel“ klassifizierten Heimspielen des SV Werder Bremen durchschnittlich 7.360 Einsatzstunden pro Spieltag an, während bei „Gelb-Spielen“ durchschnittlich 2.806 Einsatzstunden und bei „Grün-Spielen“ durchschnittlich 1.160 Einsatzstunden anfielen.407 Außerhalb der Fußballveranstaltungen kann angesichts der Erfahrungen, die die Polizei in der Begleitung von Veranstaltungen unterschiedlicher Art hat, davon ausgegangen werden, dass die Polizei selbst für mögliche gebührenpflichtige Veranstaltungen, die in ihrer Art erstmals in Bremen stattfinden, eine in Zuschaueranzahl und -zusammensetzung ähnliche Veranstaltung als Vergleichsmaßstab berücksichtigen kann. 2. Abgabesubjekt und Frage nach der Veranstaltereigenschaft Da das Bestimmtheitsgebot zudem sicherstellen soll, dass der vom Gesetz Betroffene sich auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen kann, muss dieser notwendigerweise erkennen können, dass er zu den (potentiellen) Gebühren405

VGH Mannheim, DVBl 1981, 778. Begründung zum „KoaAntrag Neufassung des Gesetzesentwurfs“ für die 45. Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses (Land) am 17. 10. 2014, S. 3. 407 Vgl. Bremische Bürgerschaft, Drs. 19/1464, S. 4. 406

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schuldnern zählt. Zu prüfen ist daher, ob der Gebührenschuldner in § 4 Abs. 4 S. 1 BremGebBeitrG hinreichend klar bestimmbar ist. Die Norm spricht von „Veranstaltern oder Veranstalterinnen“, gegenüber denen eine Gebühr erhoben wird. Näher definiert wird die Begrifflichkeit des Veranstalters weder in der Norm noch im BremGebBeitrG. Nach der Begründung zum Gesetzgebungsentwurf soll die Veranstaltereigenschaft von „den jeweiligen tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten in Bezug auf die Durchführung der Veranstaltung“ abhängen.408 Dass durch das Abstellen auf den Veranstalterbegriff ein – gerade im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen – mehrdeutiger Rechtsbegriff verwendet wird, war dem Bremer Gesetzgeber bewusst: So konzedierte der Bremer Senat, dass sich insbesondere beim Profifußball die Bestimmung des Veranstalters schwieriger gestalten könne409 und warnte vor einem nicht unerheblichen Prozessrisiko im Hinblick auf die Auswahl des richtigen Gebührenschuldners.410 Bedenken gegen die hinreichende Bestimmtheit des Gebührenschuldners bestehen dennoch nicht.411 Dass der Veranstalterbegriff der Auslegung zugänglich ist, zeigt sich dadurch, dass der Gesetzgeber den Terminus in ganz unterschiedlichen Bereichen des Rechts verwendet.412 Vorliegend ist insbesondere von Interesse, wer bei den Heimspielen von Werder Bremen Veranstalter und damit richtiger Gebührenschuldner im Sinne des § 4 Abs. 4 S. 1 BremGebBeitrG ist. Als mögliche Gebührenschuldner kommen neben Werder Bremen die im ersten Teil der Arbeit vorgestellten, rechtsuntechnisch als „Fußballveranstalter“ bezeichneten Akteure in Betracht: namentlich der DFB, der DFL e. V. und die DFL GmbH. Da in der Praxis allein die DFL GmbH als Gebührenschuldner herangezogen wird und bereits im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gebracht wurde, dass die Gebühren gegenüber der DFL GmbH, nicht aber gegenüber dem lokalen Bundesligisten erhoben werden sollen,413 könnte die Genese der Norm dafür sprechen, dass der Bremer Gesetzgeber sich ein Verständnis vom Gehalt des Veranstalterbegriffs zu Eigen machen wollte, das die Veranstaltereigenschaft der DFL GmbH be-

408 Begründung zum „KoaAntrag Neufassung des Gesetzesentwurfs“ für die 45. Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses (Land) am 17. 10. 2014, S. 3; vgl. auch Bremische Bürgerschaft, Drs. 18/1501, S. 14: „[…] [Veranstalter ist], wer die Veranstaltung organisiert und praktisch durchführt“. 409 Bremische Bürgerschaft, Drs. 18/1501, S. 14. 410 Bremische Bürgerschaft, Drs. 18/1501, S. 19. 411 Im Ergebnis ebenfalls Hermann/Buljevic, NordÖR 2015, 198, 202. 412 So etwa im Gebührenrecht (vgl. für Hessen Ziffer 511 der Anlage zu § 1 der HessVwKostO-MdIS), im Versammlungsrecht (vgl. § 5 VersG), im Rundfunkrecht (etwa § 31 RStV: „Hauptveranstalter“, „Hauptprogrammveranstalter“), im Urheberrecht (§ 81 UrhG: „Schutz des Veranstalters“), oder im Steuerrecht [vgl. § 4 Nr. 20 b), 22 a), b) Umsatzsteuergesetz]. 413 Vgl. beispielsweise die Aussage des Abgeordneten Kuhn (Bündnis 90/Die Grünen), Protokoll der 45. Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses (Land) am 17. 10. 2014, S. 935: „[…] dann wäre Bremen nicht die Stadt, die den SV Werder Bremen so unterstützt“.

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2. Teil: Beteiligung der Fußballveranstalter an polizeilichen Einsatzkosten

gründen würde.414 Der Sinngehalt einer Norm ist allerdings nicht im (subjektiven) Willen des historischen Gesetzgebers zu suchen, sondern in ihrem objektiven Gehalt (dem objektivierten Willen des Gesetzgebers).415 Entsprechend kann die Stellung als Gebührenschuldner nicht durch die fußballinternen Selbstbezeichnungen begründet werden.416 Unabhängig davon, dass die Veranstalterbegrifflichkeiten in den Verbandsvorschriften der Abgrenzung der verbandsrechtlichen Verantwortlichkeiten dienen, kann die rechtliche Veranstalterstellung generell nicht durch bloße Selbstbezeichnung begründet oder modifiziert werden.417 Daraus folgt, dass auch umgekehrt aus der im Abschnitt 5. 1 des Nationalen Konzepts Sport und Sicherheit gewählten Bezeichnung der Vereine als (ausschließliche) Veranstalter („Für die Veranstaltungssicherheit ist in erster Linie der Verein als Veranstalter verantwortlich“), eine Veranstalterstellung von DFL e. V. oder DFL GmbH nicht zwangsläufig ausscheidet. Die Beurteilung der Frage, wer Veranstalter der gewinnorientierten Veranstaltung im Sinne des § 4 Abs. 4 S. 1 BremGebBeitrG ist, wird für Heimspiele von Werder Bremen dadurch verkompliziert, dass die Bestimmung der Sportveranstaltereigenschaft immer dann Schwierigkeiten bereitet, wenn ein übergeordneter Verband die konkrete Veranstaltung (etwa ein einzelnes Bundesligaspiel) im Rahmen einer Austragung eines Verbandswettbewerbs initiiert hat. Dass in diesen Fällen der Heimverein418 (Mit-)Veranstalter der konkreten Veranstaltung (des einzelnen Bundesligaspiels) ist, dürfte dabei Konsens sein.419 414

Auf diesen Gesichtspunkt stellt das VG Bremen, SpuRt 2017, 261, 262, ab, das als obiter dictum die Veranstaltereigenschaft der DFL GmbH bejahte; kritisch dazu Schiffbauer, SpuRt 2017, 264 f. 415 BVerfGE 79, 106, 121 m. w. Nachw. aus der Rspr. des BVerfG; Müller-Franken, in: FS Isensee, S. 229 (240): Die Vorstellungen des historischen Gesetzgebers können nur Anhaltspunkte liefern, um den Sinngehalt einer Norm zu erschließen. 416 So sind etwa nach § 41 Abs. 1 Nr. 1. 1 DFB-SpielO, Abschnitt II § 1 Nr. 1 a) SpOL von der DFL e. V. veranstaltete Bundesspiele u. a. die Spiele der Bundesliga und der 2. Bundesliga. Dass die Begrifflichkeit des Veranstalters in diesem Zusammenhang aber allein der Abgrenzung der verbandsrechtlichen Verantwortlichkeiten dient, zeigt sich dadurch, dass der Veranstalterbegriff an anderen Stellen der SpOL abweichend verwendet wird. So heißt es in Abschnitt III § 3 Abs. 1 S. 1 SpOL: „Der gastgebende Club bzw. der vom DFL e. V. bestimmte Veranstalter [Herv. d. Verf.] oder Ausrichter ist für eine einwandfreie Abwicklung des Spiels auch auf nicht clubeigenen Plätzen verantwortlich.“ In Abschnitt III § 3 Abs. 4 Nr. 2 S. 1 SpOL heißt es: „Der Veranstalter [Herv. d. Verf.] hat dem Gastverein im Rahmen des Gesamtkontingentes mindestens die nachstehende Anzahl an erstklassigen Tribünenplätzen […] zum Verkauf bereitzustellen […]“. Aus dem Regelungszusammenhang von Abschnitt III § 3 Abs. 4 Nr. 2 S. 1 SpOL folgt, dass der Heimverein als Veranstalter bezeichnet wird. 417 Winter, Sportveranstalterhaftung, S. 75 (dort Fn. 231), für den haftungsrechtlichen Veranstalterbegriff. 418 Unger, Haftung des Fußballveranstalters, S. 50 ff., weist in dem Zusammenhang korrekterweise darauf hin, dass die Begrifflichkeit Heimverein oder die Verwendung anderer Synonyme in Bezug auf die Veranstaltereigenschaft formaljuristisch ungenau ist. Der Umstand, dass die Profifußballvereine ihren Profifußballbetrieb in Tochtergesellschaften ausgelagert haben und diese Kapitalgesellschaften bzw. auch die nicht ausgegliederten Profivereine zur

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Ganz anders stellt sich die Situation bei der Beurteilung der Veranstaltereigenschaft von Sportverbänden dar. Möchte man ergebnisgeleitet argumentieren, fällt es angesichts der mannigfaltigen wettbewerbsrechtlichen420 und haftungsrechtlichen421 Sportveranstalterbegriffe, die sich im Laufe der Jahrzehnte herausgebildet haben, Planung und Durchführung der Spiele eine (weitere) Gesellschaft gegründet haben, die deren Organisation übernimmt, wird bei der Beurteilung der Veranstaltereigenschaft – aus Gründen der Simplifizierung – schlicht ausgeblendet. 419 Bremische Bürgerschaft, Drs. 18/1501, S. 16 und 19; VG Bremen, SpuRt 2017, 261, 262 (obiter dictum). Ebenfalls lässt sich ohne weiteres die Veranstaltereigenschaft des DFB bei Heimspielen der Nationalmannschaft (dazu Unger, Haftung des Fußballveranstalters, S. 112 [dort Fn. 205]; Wahlen, Polizeikostenerstattung, S. 18) und beim DFB-Pokalfinale (dazu Unger, Haftung des Fußballveranstalters, S. 51 [dort Fn. 54]; Wahlen, Polizeikostenerstattung, S. 18; aus kartellrechtlicher Sicht sieht Wertenbruch, ZIP 1996, 1417, 1421, noch zusätzlich die Finalisten als Mitveranstalter an) bejahen. 420 So hat sich die Rechtsprechung mit dem Begriff des (Sport-)Veranstalters ursprünglich im Zusammenhang mit urheberrechtlichen Fragestellungen auseinandersetzen müssen und dabei vornehmlich zur Bestimmung der Veranstaltereigenschaft auf die organisatorische, finanzielle und wirtschaftliche Verantwortung abgestellt (Nachw. aus der früheren Rspr. des BGH finden sich bei BGHZ 137, 297, 307). Im Europapokalheimspiel-Beschluss betonte der BGHZ 137, 297, 308, dass eine wertschöpfende Funktion der Verbände in Form einer wesentlichen wirtschaftlichen Leistung für die Vermarktung der Veranstaltung eine Mitveranstaltereigenschaft der Sportverbände grundsätzlich begründen könne und traf obiter die Feststellung, dass für die UEFA (in dem Verfahren musste nur über die Veranstaltereigenschaft des DFB entschieden werden) eine Mitveranstaltereigenschaft im Bereich des Denkbaren liege. Zu den einzelnen Auffassungen im Schrifttum, die daran anknüpfend bisweilen mit unterschiedlicher Argumentation eine wettbewerbsrechtliche Mitveranstaltereigenschaft der Sportverbände begründen siehe Herr, Übertragungsrechte, S. 37 f. Zur gegenteiligen Strömung in der Literatur siehe Bagger, Vergabe, S. 145 f. Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht werden bei Verbandssportveranstaltungen inzwischen Verband und Vereine regelmäßig als Mitveranstalter angesehen; siehe jüngst am Beispiel der Bundesliga Dück/Terhorst, NZKart 2017, 56, 60; ebenfalls für die Bundesliga Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), Praxishandbuch des Sportrechts, 4. Teil, Rn. 101; für (Amateur-)Fußballspiele OLG Stuttgart, NJOZ 2009, 3400, 3404 f.; insofern zustimmend BGHZ 187, 255, 261 ff.; Ernst, jurisPR-WettbR 5/2009, Anm. 3; Paal, CR 2009, 438, 441. 421 Neben dem wettbewerbsrechtlichen existiert der sporthaftungsrechtliche Veranstalterbegriff, der maßgeblich von den Schweizern Kubli und Eichenberger geprägt wurde. Veranstalter soll danach derjenige sein, der die Veranstaltung leitet (Kubli, Haftungsverhältnisse bei Sportveranstaltungen, S. 23; Eichenberger, Haftung, S. 11 f.). Daraus hat sich in der sporthaftungsrechtlichen Fachliteratur maßgeblich die Auffassung entwickelt, dass Sportveranstalter im haftungsrechtlichen Sinne derjenige ist, der die Veranstaltung unmittelbar durchführt, sie also ausrichtet; vgl. Winter, Sportveranstalterhaftung, S. 69 m. w. Nachw. aus der sporthaftungsrechtlichen Literatur auf den S. 61 ff. Dies sind in erster Linie die Vereine. So hat etwa das OLG Frankfurt, MDR 2011, 725 f., die Veranstaltereigenschaft des Fußballvereins Eintracht Frankfurt bei einem Bundesligaheimspiel unproblematisch bejaht. Auch das LG Essen, SpuRt 2010, 163 ff., geht ohne weiteres davon aus, dass der FC Schalke 04 Veranstalter von Bundesligaheimspielen ist. Sportverbände sollen dagegen im Ligaspielbetrieb dann Mitveranstalter im haftungsrechtlichen Sinne sein, wenn diese vermittels einer Auswahl- und Vergabeentscheidung zugunsten eines Ausrichters eigenes Vertrauen des Rechtsverkehrs für sich in Anspruch nehmen; siehe Winter, Sportveranstalterhaftung, S. 79, der auf S. 77 entsprechend eine Veranstaltereigenschaft der DFL GmbH aufgrund des Lizenzierungsprozesses für denkbar hält.

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2. Teil: Beteiligung der Fußballveranstalter an polizeilichen Einsatzkosten

nicht schwer, seiner Auffassung ein Veranstalterverständnis zugrunde zu legen, das entweder die Veranstaltertätigkeit der DFL GmbH begründet oder eben nicht. So werden mal die DFL GmbH,422 mal der DFL e. V.423 und mal ausschließlich die Heimvereine424 als (Mit-)Veranstalter der Bundesligaspiele angesehen. In diesem Zusammenhang wird bisweilen übersehen, dass der Begriff des Veranstalters stets an die Anforderungen und Gegebenheiten des jeweiligen Rechtsbegriffs, in dem der Terminus verwendet wird, zu koppeln ist.425 Die jeweiligen haftungs-, urheber- und kartellrechtlichen Veranstalterbegriffe können daher nicht unreflektiert auf den vom Bremer Gesetzgeber gewählten Veranstalterbegriff bezogen werden. Es ist zu berücksichtigen, dass es sich um eine Gebührenregelung für Polizeikosten handelt, auch wenn diese im BremGebBeitrG und nicht im BremPolG normiert wurde. Wie oben dargelegt, folgt die Gesetzgebungskompetenz in diesem Bereich der zugrunde liegenden Sachkompetenz.426 Aus dieser kompetenziellen Grundlage von § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG als Annex zur gefahrenabwehrrechtlichen Sachzuständigkeit ist zu schließen, dass der Veranstalterbegriff der Norm ordnungsrechtlich zu bestimmen ist.427

422 So etwa Hermann/Buljevic, NordÖR 2015, 198, 202, speziell für § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG; Winter, Sportveranstalterhaftung, S. 77; Summerer, SpuRt 3/2009, Editorial: „Dass die DFL [Anm.: Gemeint ist die DFL GmbH] aufgrund ihrer organisatorischen Leistung in Bezug auf Spielbetrieb, Lizenzierung und Markenprägung (Mit-)Veranstalterin der Bundesliga ist, ist unbestreitbar […].“ 423 Schafmeister, Sport im Fernsehen, S. 9; Hafkemeyer, Vermarktung, S. 135; zustimmend Bagger, Vergabe, S. 147, auch wenn er letztlich von einer terminologischen Auslegung des Veranstalterbegriffs absieht. Ebenfalls nach Ansicht des BKartA, Beschl. v. 12. 01. 2012 – B 6114/10, Rn. 46; bestätigt BKartA, WuW 2016, 384, 387, soll zivilrechtlich eine Mitveranstaltereigenschaft der DFL e. V. naheliegen. Nach Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), Praxishandbuch des Sportrechts, 4. Teil, Rn. 101, soll hinsichtlich der Vermarktungsberechtigung für die Bundesliga sogar noch eine Mitveranstaltereigenschaft des DFB in Betracht kommen. 424 Stümper, Großsportveranstaltungen, S. 21; Wahlen, Polizeikostenerstattung, S. 18; Lange, Zweckveranlassung, S. 23; Hauck/Stephan, JuS 2012, 585; Weller, NJW 2007, 960, 961; Herles, Persönlichkeitsrechtsverletzungen, S. 106 und 249; Schiffbauer, NVwZ 2014, 1282, 1284; ders., www.juwiss.de/98-2014/ (unklar in: SpuRt 2014, 231, 235: Heimverein zumindest Mitveranstalter); Walter, Polizei Info Report 1/2015, 34, 35, der zugleich aber einräumt, dass die Veranstalterfrage sich nicht einheitlich beantworten lasse. 425 So zeigt Winter, Sportveranstalterhaftung, S. 67 ff., beispielsweise auf, dass die kartellrechtlichen Erwägungen des BGH sich nicht auf den haftungsrechtlichen Veranstalterbegriff übertragen lassen. Dass eine fehlende trennscharfe Unterscheidung zwischen kartell-, urheberund haftungsrechtlichem Veranstalterbegriff den Erkenntnisgewinn deutlich erschweren kann, zeigen die recht undurchsichtigen Ausführungen zum Veranstalterbegriff bei Wahlen, Polizeikostenerstattung, S. 17 ff. 426 Vgl. oben § 10 A. II. 427 Zutreffend Brüning, VerwArch 106 (2015), 417, 434 f.; Leines, Kostentragung, S. 200; a. A. OVG Bremen, Urt. v. 05. 02. 2018 – 2 LC 139/17, Rn. 87 f. (juris); VG Bremen, SpuRt 2017, 261, 262 (obiter dictum); Konrath, StudZR – WissOn 2016, 162, 168 ff.

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Gestützt wird dieses Ergebnis durch die Begründung zum „KoaAntrag Neufassung des Gesetzesentwurfs“ für die 45. Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses (Land) am 17. 10. 2014, S. 3, wonach die Veranstaltereigenschaft sich grundsätzlich aus dem behördlichen Genehmigungsverfahren ergeben soll, wenn ein solches durchgeführt wurde. Derartige Genehmigungen weisen in aller Regel einen Bezug zum Ordnungsrecht auf, wenn in dem Verfahren etwa immissionsschutzrechtliche (vgl. § 11 Landes-Immissionsschutzgesetz Berlin) oder verkehrsrechtliche Erwägungen (vgl. § 29 Abs. 2 Straßenverkehrs-Ordnung) tragend sind. Bei der anhand ordnungsrechtlicher Gesichtspunkte orientierten Auslegung des Veranstalterbegriffs ist ein Blick ins Bauordnungsrecht hilfreich, da das BremPolG den Terminus des Veranstalters nicht verwendet. So ist im Bauordnungsrecht Veranstalter derjenige, der erforderlichenfalls Brandschutzmaßnahmen mit der Feuerwehr abstimmt (vgl. §§ 35 Abs. 2 S. 3, 36 Abs. 3 Musterverordnung über den Bau und Betrieb von Versammlungsstätten [MVStättV]) und neben dem Betreiber der Versammlungsstätte für die Sicherheit der Veranstaltung, die Einhaltung der Vorschriften und u. a. die Zusammenarbeit mit der Polizei verantwortlich ist (vgl. § 38 Abs. 5 S. 1 MVStättV i. V. m. § 38 Abs. 1 und 3 MVStättV). Übertragen auf die Situation beim Profifußball sind die Parallelen mit den Zuständigkeiten des Heimvereins klar ersichtlich. So hat der Heimverein nach Abschnitt III § 3 Abs. 1 S. 1 SpOL für eine einwandfreie Abwicklung des Spiels zu sorgen, muss gemäß § 20 Nr. 1, 2 DFB-SiRL einen Veranstaltungsleiter (vgl. § 38 Abs. 2 MVStättV) einsetzen, hat nach § 18 Nr. 1 S. 2 DFB-SiRL zu gewährleisten, dass der vereinseigene Sicherheitsbeauftragte bei jedem Heimspiel anwesend ist, und ist – gemeinsam mit dem Gastverein – zur Durchführung der Sicherheitsbesprechungen im Vorfeld der Spieltage verantwortlich (vgl. Abschnitt 5. 3 des NKSS). Gemäß Abschnitt III § 3 Abs. 2 Nr. 1 SpOL hat der Heimverein auf seine Kosten u. a. für einen ausreichenden Ordnungsdienst, verstärkte Kontrollen an den Eingängen und gegebenenfalls Polizeischutz zu sorgen. Darüber hinaus hat der gastgebende Verein nach Abschnitt III § 6 Abs. 2 SpOL die weiteren Kosten für die Ausrichtung des Spiels zu tragen, erhält dafür aber die Einnahmen aus dem Spiel. Die Sicherheitsorganisation und die damit verbundenen Kosten obliegen also allein dem Heimverein. Entsprechend wurde als Veranstalter im Sinne des § 81 Abs. 2 S. 1 PolGBW a. F. nicht der DFB, sondern der Heimverein VfB Stuttgart angesehen und als Gebührenschuldner herangezogen.428 Veranstalter und damit Kostenschuldner des Art. 20 Abs. 3 S. 1 BayRDG i. V. m. Art. 34 Abs. 8 BayRDG in der Fassung vom 22. 07. 2008429 war bei Fußball-Bundesligaspielen ebenfalls der Heimverein.430 428 VG Sigmaringen, Urt. v. 03. 09. 1980 – 3 K 31/80 (unveröffentlicht; Nachw. bei Röper, DVBl 1981, 780). 429 Art. 20 Abs. 2 und 3 BayRDG wurden neu gefasst mit Wirkung vom 01. 04. 2013 durch Gesetz v. 22. 03. 2013 (GVBl, S. 71). Art. 20 Abs. 3 S. 4 BayRDG und Art. 34 Abs. 8 BayRDG wurden geändert mit Wirkung vom 01. 04. 2017 durch Gesetz v. 27. 03. 2017 (GVBl, S. 46).

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2. Teil: Beteiligung der Fußballveranstalter an polizeilichen Einsatzkosten

Selbst wenn man das Bereitstellen der Polizeikräfte dem Veranstalter gebührenrechtlich zurechnen möchte, ist der Anknüpfungspunkt der Befürworter des Bremer Vorstoßes der (vermeintliche) geldwerte Vorteil für den Veranstalter durch die Gewährleistung der Sicherheit der Veranstaltung.431 Unterstellt, dass die Bereitstellung der Polizeibeamten tatsächlich einen geldwerten Vorteil begründet, käme dieser im Wesentlichen aber dem lokalen Bundesligisten zugute, weil er sich eigene Sicherheitsaufwendungen erspart beziehungsweise die Einnahmen aus der Veranstaltung verzeichnen kann, die ohne das Bereitstellen der Polizeikräfte nicht durchgeführt werden könnte.432 Auch aus ordnungsökonomischer Sicht sind in diesem Zusammenhang daher die Vereine Veranstalter des von Ausschreitungen begleiteten Spiels.433 Darüber hinaus können die Fußballverbände, im Gegensatz zum Heimverein, weder in tatsächlicher noch rechtlicher Hinsicht434 auf die Sicherheit der Veranstaltung Einfluss nehmen. Diese Aufgabe obliegt, wie gezeigt, dem Heimverein. Veranstalter im Sinne des § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG ist bei Ligaspielen im Profifußball folglich nur die SV Werder Bremen GmbH & Co. KGaA.435 Die DFL GmbH ist ergo der falsche Adressat eines Gebührenbescheids.

430 VG Ansbach, Urt. v. 07. 02. 2013 – AN 5 K 12.00552, Rn. 1, 2, 12, 13, 29 (juris). Nach dem Wortlaut des Art. 20 Abs. 2 BayRDG a. F. konnte der Rettungszweckverband für Veranstaltungen, bei denen die rettungsdienstliche Absicherung nicht anders möglich ist, eine kurzzeitige Erhöhung der rettungsdienstlichen Vorhaltung vorsehen und Durchführende der Notfallrettung insoweit mit der Durchführung beauftragen. Die Durchführenden hatten nach Art. 20 Abs. 3 S. 1 BayRDG a. F. im Falle einer Großveranstaltung, bei der nicht nur unwesentlich auch Gewinnerzielungsabsichten verfolgt werden, gegen den Veranstalter einen Anspruch auf Zahlung eines Benutzungsentgelts für die Erhöhung der rettungsdienstlichen Absicherung der Veranstaltung. Ob die Norm in ihrer damaligen Form verfassungskonform war, zweifelte das VG München, Urt. v. 06. 11. 2012 – M 16 K 12.1602, Rn. 15 (juris), angesichts des Umstandes, dass die rettungsdienstliche Leistung „zum Schutz und im Interesse der Allgemeinheit betrieben wird“, an, ohne dass die Frage letztlich entschieden werden musste. 431 Diesen Anknüpfungspunkt wählt daher Konrath, StudZR – WissOn 2016, 162, 171, für die Definition des Veranstalterbegriffs in § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG: „Alleiniger Veranstalter ist, wer für die Organisation und die wirtschaftlichen Risiken einer Veranstaltung verantwortlich ist. Mehrere Mitveranstalter liegen vor, wenn sich mehrere Personen die Organisation und die wirtschaftlichen Risiken der Veranstaltung teilen und der jeweilige Veranstalterbeitrag von derartiger Relevanz ist, dass er die konkrete Verwirklichung der Veranstaltung erheblich gefördert hat.“ 432 So die oben unter § 10 A. IV. 2. b) dargelegte Argumentation der Befürworter einer Zurechnung über das Vorteilsprinzip. Schon Brüning, VerwArch 106 (2015), 417, 435 f., hat aufgezeigt, dass Veranstalter im Sinne des § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG im Ligaspiel dann aber nur der Heimverein sein kann. 433 Vgl. Daumann, www.mba-sportmanagement.com/service/jenaer-kommentare/88-sollenvereine-die-kosten-fuer-polizeieinsaetze-im-professionellen-fussball-tragen. 434 Vgl. die Begründung zum „KoaAntrag Neufassung des Gesetzesentwurfs“ für die 45. Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses (Land) am 17. 10. 2014, S. 3. 435 So im Ergebnis auch Leines, Kostentragung, S. 203.

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3. Bemessungsgrundlage und Abgabesatz Das Bestimmtheitsgebot fordert für den Bereich des Gebühren- und Beitragsrechts, dass der Gebührenschuldner die Höhe der zu erwartenden Gebührenlast anhand der normativen Festlegungen im Wesentlichen abschätzen kann.436 Wie die Formulierung „im Wesentlichen“ zeigt, ist es aber nicht erforderlich, dass sich aus dem Gesetz bereits die genaue Höhe der Abgabe ergeben muss, sodass die konkreten Gebührensätze in separaten Kostenordnungen geregelt werden können.437 Dass der Bremer Gesetzgeber in § 4 Abs. 4 S. 2 BremGebBeitrG nur normiert hat, dass die Gebühr „nach dem Mehraufwand zu berechnen [ist], der aufgrund der zusätzlichen Bereitstellung von Polizeikräften entsteht“, steht einer hinreichenden Bestimmtheit somit zumindest dem Grunde nach nicht entgegen. Dennoch erscheint es fraglich, ob der vom Bremer Gesetzgeber gewählte Weg den Anforderungen an die Bestimmtheit der Rechtsfolge des Gebührentatbestandes genügt. Bezüglich der Bestimmtheit des Terminus „Bereitstellung“ (von Polizeikräften) bestehen keine Bedenken. So ist diese Begrifflichkeit im Zusammenhang mit dem Einsatz von Polizeikräften und Einsatzmitteln im Gefahrenabwehrrecht geläufig.438 Auch das Abstellen auf den „Mehraufwand […], der aufgrund der zusätzlichen Bereitstellung von Polizeikräften entsteht“, ist rechtlich unbedenklich. So impliziert die Verwendung von „Mehraufwand“, dass es einen Normalaufwand geben muss. Die Differenz zwischen Mehr- und Normalaufwand ergibt die Gebührenhöhe, wenn diese nach den „tatsächlichen Mehrkosten“ (§ 4 Abs. 4 S. 4 Alt. 1 BremGebBeitrG) berechnet wird. Problematisch ist vielmehr, dass der Gebührenschuldner die polizeiliche Lageeinschätzung und die Festlegung des Kräfteeinsatzes regelmäßig nicht beurteilen kann. Die Informationen, die der Polizei zur Einsatzplanung zur Verfügung stehen, sind in aller Regel weitgehender als die Informationen des Veranstalters. Dies gilt auch für den hier interessierenden Fall der Veranstaltung von Profifußballspielen. So arbeiten die Heimvereine im Vorfeld der Spiele eng mit den Sicherheitsbehörden zusammen,439 haben aber nicht die im ersten Teil der Arbeit vorgestellten rechtlichen Möglichkeiten zur Informationsgewinnung in den Fanszenen und können nicht auf die polizeiinternen Datenbanken zugreifen. Die Erkenntnisse, die für die polizeiliche Lageeinschätzung letztlich maßgeblich sind, dürften dem Veranstalter daher oftmals nicht bekannt sein. Zwar nehmen zumindest die Fußballveranstalter, wie im ersten 436 BVerfGE 108, 186, 236; BVerwG, NdsVBl 2014, 44, 45; Gusy, Privatisierung von Polizeikosten, S. 36; Kirchhof, Nichtsteuerliche Abgaben, in: HStR V, § 119, Rn. 19, zieht zur Begründung zusätzlich das Demokratieprinzip heran. 437 Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 101. 438 Vgl. nur BVerwGE 37, 126, 127 ff.; OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2016, 98, 99; speziell zum Bereitstellen von Polizeikräften bei Fußballspielen Bernhardt, Kosten für polizeiliche Einsätze, in: WFV (Hrsg.), Haftung im Sport, 67 (72 f.). 439 Siehe oben § 5 B. I. 1.

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2. Teil: Beteiligung der Fußballveranstalter an polizeilichen Einsatzkosten

Teil der Arbeit dargestellt, unabhängig von der Polizei eine eigene Risikoanalyse vor, angesichts der unterschiedlichen Informationsquellen dürften in der Praxis die Prognosen von Veranstalter und Polizei nicht immer übereinstimmen. Selbst wenn sich jedoch die Gefahrenprognosen decken sollten, können die Vorstellungen, mit welchem Polizeiaufgebot auf die prognostizierten Gefahren am Spieltag zu reagieren ist, zwischen Veranstalter und Polizei divergieren. Für einen Veranstalter ist es also nicht unmittelbar ersichtlich, ob im Umfeld seiner Veranstaltung „der Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften vorhersehbar erforderlich wird“, ob für seine Veranstaltung also möglicherweise Gebühren erhoben werden können. Für den Gebührenschuldner besteht daher auch hinsichtlich der Gebührenhöhe eine erhebliche Unsicherheit. Andererseits ist es dem Gesetzgeber nicht möglich, die konkrete Gebührenhöhe von vorneherein zu bestimmen, da angesichts der polizeilichen Prognoseentscheidung die Kosten von Fall zu Fall beträchtlich schwanken können.440 Ein Konflikt mit den Anforderungen des Bestimmtheitsprinzips ist daher evident. Der Bremer Gesetzgeber behilft sich in Anbetracht dieser Problematik mit einem Rückgriff auf ein Mittel, das an anderer Stelle aus dem Polizeirecht bekannt ist. So hat die zuständige Behörde nach § 4 Abs. 4 S. 3 BremGebBeitrG den Gebührenschuldner, ähnlich wie bei der Androhung der Ersatzvornahme, in der die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme angegeben werden (vgl. § 53 Abs. 4 HSOG), über die voraussichtliche Gebührenpflicht zu unterrichten. Eine vergleichbare Rechtspflicht hat etwa der bayerische Gesetzgeber in Art. 20 Abs. 3 S. 2 BayRDG determiniert. Da der Betroffene sich so auf einen (wahrscheinlichen) Gebührenbescheid bereits im Vorfeld der Veranstaltung einstellen und eine potentielle Gebührenpflicht in seine Kalkulationsgrundlage mit einbeziehen kann, wird der Weg über eine Vorabinformation dem Grunde nach für verfassungskonform erachtet.441 Durch die Vorabinformation erfährt der mögliche Gebührenschuldner allerdings nur das Ergebnis des behördlichen Subsumtionsvorgangs, also ob „wegen erfahrungsgemäß zu erwartender Gewalthandlungen […] der Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften vorhersehbar erforderlich wird“. Auf Nachvollziehbarkeit kann der Veranstalter die polizeiliche Prognose angesichts seines nicht vollumfänglichen Informationsstandes nicht überprüfen. Bedenklich wäre dieser Umstand, wenn man mit dem VGH Mannheim den polizeilichen Einsatzplanern einen „Persilschein“ ausstellt, indem sich bei der gerichtlichen Überprüfung der Notwendigkeit des 440

Vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 18. 06. 1979 – I 47/79, Rn. 22 (juris) zur ähnlich gelagerten Problematik bei § 81 Abs. 2 S. 1 PolGBW a. F. 441 Schenke, NJW 1983, 1882, 1885; Braun, Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung, S. 102; ders., Die Polizei 2013, 321, 324; Deusch, Sportgroßveranstaltungen, S. 233; Moser, Kostenbeteiligungsmodelle, S. 183; Nirschl, Kosten der Polizei- und Sicherheitsbehörden, S. 92; siehe speziell zu Art. 20 Abs. 3 BayRDG a. F. VG München, Urt. v. 06. 11. 2012 – M 16 K 12.1602, Rn. 16 (juris); VG Ansbach, Urt. v. 07. 02. 2013 – AN 5 K 12.00552, Rn. 27 (juris). Zur Frage, ob eine Vorabinformation verfassungsrechtlich auch zwingend geboten ist, siehe Leines, Kostentragung, S. 250 f.

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Kräfteeinsatzes (von überörtlichen Polizeikräften im Sinne des § 81 Abs. 2 S. 1 PolGBW a. F.) im Rahmen des § 114 VwGO darauf beschränkt wird, ob die Einsatzkonzeption der Verfolgung unzulässiger Zwecke diente oder die Festsetzung des Kräftebedarfs „offensichtlich exzessiv“ war oder auf „offensichtlich fehlerhaften rechtlichen oder taktischen Erwägungen“ beruhte.442 Im Schrifttum ist die Auffassung des Gerichts zu Recht auf Ablehnung gestoßen. Die Notwendigkeit eines Einsatzumfangs ist eine – aus ex-ante-Sicht zu beurteilende443 – Rechtsfrage und demgemäß, selbst wenn dies praktisch mit nicht unerheblichen Schwierigkeiten verbunden ist,444 voll justiziabel.445 Auch die jüngere Rechtsprechung überprüft die (personelle) Einsatzkonzeption im Bereich der Gefahrenabwehr als in vollem Umfang zu überprüfende Rechtsfrage.446 Selbst wenn die polizeiliche Einsatzkonzeption gerichtlich nicht beanstandet werden kann, ist in Ausnahmefällen eine nachträgliche Gebührenreduzierung in Erwägung zu ziehen. Zwar sieht § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG kein Entschließungsermessen vor, dennoch kann in Anbetracht des Verhältnismäßigkeitsprinzips eine Gebührensenkung notwendig werden, wenn – ungeachtet einer nach wie vor rechtmäßigen Einsatzentscheidung – sich ex post die Erkenntnis ergibt, dass der Einsatz außer Verhältnis zum Umfang des objektiv erforderlichen Einsatzes war.447 Trotz der in § 4 Abs. 4 S. 3 BremGebBeitrG normierten Vorabinformation und dem Gesichtspunkt, dass der Einsatzumfang voll justiziabel ist, zeigt sich, dass der Veranstalter die auf ihn zukommende Gebührenhöhe anhand der normativen Festlegungen nicht abschätzen kann. Zwar bedürfen Abgabentatbestände, die zum Zweck der Kostendeckung erhoben werden, nicht zwingend der tatbestandlichen Bestimmung eines Abgabesatzes;448 hängt die Abgabenhöhe, wie hier, aber von Bemessungsfaktoren ab, die weitgehend außerhalb der Einwirkungssphäre des Abgabenschuldners liegen, muss die Höhe der zu erwartenden Abgabe im Wesentlichen abschätzbar sein.449 Diesen Anforderungen genügt § 4 Abs. 4 S. 4 Alt. 1 442 VGH Mannheim, DVBl 1981, 778, 779; im Anschluss auch das OVG Bremen, NordÖR 2018, 157, 168. 443 OVG Bremen, NordÖR 2018, 157, 163; Schenke, NJW 1983, 1882, 1887 f.; insofern ist auch dem VGH Mannheim, DVBl 1981, 778, zu folgen. A. A. Leines, Kostentragung, S. 259. 444 Dazu Gädeke, Sportgroßveranstaltungen, S. 163. 445 Schenke, NJW 1983, 1882, 1888; Broß, VerwArch 74 (1983), 388, 396; Beutel, Gefahrenverursachung, S. 311; Leines, Kostentragung, S. 259. 446 So auch später der VGH Mannheim, NJW 1999, 232 f.; siehe ebenso VGH München, Urt. v. 03. 09. 2009 – 4 BV 08.696, Rn. 33 ff. (juris); VG Saarland, Urt. v. 21. 04. 2016 – 6 K 1963/14, Rn. 46 (juris); VG München, Urt. v. 22. 03. 2017 – M 7 K 14.5426, Rn. 21 (juris). 447 Vgl. VGH Kassel, NVwZ 2006, 108, 109. 448 BVerwG, NVwZ-RR 2016, 68, 70. 449 Vgl. BVerfGE 108, 186, 236. Die vom Bremer Gesetzgeber gewählten Bemessungsfaktoren liegen weitgehend außerhalb der Einwirkungssphäre des Veranstalters. Wie schon im Rahmen der Beurteilung der Bestimmtheit des Abgabeobjekts dargelegt [vgl. oben § 10 A. VII. 1. a) aa)], hängt das Ausmaß der Bereitstellung zusätzlicher Polizeikräfte, welches die Höhe der Gebührenforderung bestimmt, von der eigenverantwortlichen Lageeinschätzung

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2. Teil: Beteiligung der Fußballveranstalter an polizeilichen Einsatzkosten

BremGebBeitrG, der eine Berechnung nach den tatsächlichen Mehrkosten vorsieht, nicht. Denn weder die Norm selbst, noch die InkostV und AllKostV legen die konkreten Bemessungsfaktoren für die „tatsächlichen Mehrkosten“ im Sinne des Gebührentatbestandes fest. Nach Nr. 120.60 der Anlage zu § 1 der InkostV erfolgt die Abrechnung soweit möglich nach den Nr. 12.10 bis 12.16 der Anlage zu § 1 der InkostV. Für den Einsatz von Beamten verweist Nr. 120.10 Anlage zu § 1 der InkostV auf die Stundensätze in der AllKostV, während etwaige Auslagen zusätzlich geltend gemacht werden. Der Einsatz auswärtiger Einsatzkräfte anderer Länder und des Bundes richtet sich nach den tatsächlich anfallenden Kosten (Nr. 120.60 der Anlage zu § 1 der InkostV), wobei sich die Kosten nach einer Verwaltungsvereinbarung, der alle Länder sowie der Bund beigetreten sind, berechnen.450 In dieser finden sich Bemessungsfaktoren für die Abrechnung der Einsatzmittel und des Einsatzpersonals.451 Als zusätzliche Auslagen kommen gegebenenfalls noch Hotelübernachtungskosten für die auswärtigen Kräfte hinzu. Diese Kosten für den Einsatz der auswärtigen Bereitschaftspolizisten sind für den Veranstalter – trotz der Vorabinformation – nicht kalkulierbar. So fordert § 4 Abs. 4 S. 3 BremGebBeitrG nur, dass der Veranstalter über die voraussichtliche Gebührenpflicht informiert werden muss. Eine fakultative Angabe der voraussichtlichen Gebührenhöhe ermöglicht dem Veranstalter keine hinreichende Kalkulation, da selbst ein erheblicher Anstieg der Gebührenhöhe im Nachhinein nach § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG zulässig wäre. Dabei kann hier dahinstehen, ob man eine feste Verbindlichkeit der Vorabinformation über die Gebührenhöhe fordert;452 denn jedenfalls der vom Bremer Geund anschließenden Ermessenentscheidung der Polizei ab. Den polizeilichen Kräfteeinsatz kann der (Fußball-)Veranstalter nicht beeinflussen. So wurde im ersten Teil der Arbeit aufgezeigt, dass nicht wenige der Störer im Umfeld der Spiele keine Besucher der Veranstaltungen sind, und der Veranstalter insofern auf diese Personen nicht einwirken kann und darüber hinaus selbst bei einem (freiwilligen) Ausschluss der Öffentlichkeit nicht unbedingt weniger Polizeikräfte am Spieltag eingesetzt werden müssen, weil die aus gefahrenabwehrrechtlicher Sicht problematischen Anhänger sich dennoch am Spielort versammeln. 450 Verwaltungsvereinbarung über vereinfachte Regelungen und einheitliche Pauschalen für die Abrechnung von Unterstützungseinsätzen, zuletzt geändert durch die Verwaltungsvereinbarung zur Änderung der Verwaltungsvereinbarung über vereinfachte Regelungen und einheitliche Pauschalen für die Abrechnung von Unterstützungseinsätzen, in der Fassung vom 28. 03. 2013. Allein für die Spielzeit 2015/16 wurden in Bremen knapp 35.000 Einsatzstunden auswärtiger Landespolizisten abgerechnet; vgl. Bremische Bürgerschaft, Drs. 19/1464, S. 4. 451 Vgl. VG Bremen, SpuRt 2017, 261, 263. Von den 425.718,11 Euro, die der DFL GmbH in Rechnung gestellt wurden, entfielen 200.481,11 Euro auf den Einsatz auswärtiger Polizeikräfte sowie zusätzliche 15.306,70 Euro auf Übernachtungskosten. 452 So etwa Sailer, in: Lisken/Denninger, Handbuch Polizeirecht, N, Rn. 65; Hermesmeier, in: Beck-OK Polizeirecht BaWü, § 82, Rn. 38. Nach Ansicht des OVG Bremen, NordÖR 2018, 157, 163, soll der Terminus „Gebührenpflicht“ auch den Umfang der Gebührenpflicht umfassen (d. h. auch die voraussichtliche Gebührenhöhe umfassen). Vereinzelt wird gar eine gesetzliche Deckelung der Gebührenhöhe gefordert; so Braun, Die Polizei 2013, 321, 324; Moser, Kostenbeteiligungsmodelle, S. 187; Siegel, DÖV 2014, 867, 870 f. (maßvolle Pauschalgebühr).

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setzgeber gewählte Weg, der eine beliebige Überschreitung der veranschlagten Gebührenhöhe ermöglicht, widerspricht den Anforderungen an eine ausreichende Bestimmtheit einer Gebührenhöhe, wenn diese sich nach den „tatsächlichen Mehrkosten“ berechnen soll. Die Höhe der zu erwartenden Abgabe ist für den Gebührenschuldner über den Weg der „tatsächlichen Mehrkosten“ schlicht nicht berechenbar, da er einerseits weder den konkreten Kräfteeinsatz noch die Zusammensetzung der Polizeikräfte vorab erkennen und andererseits bei Kenntnis des Kräfteeinsatzes und der Zusammensetzung der Polizeikräfte anhand der normativen Festlegungen in § 4 Abs. 4 S. 4 Alt. 1 BremGebBeitrG i. V. m. der InkostV und der AllKostV die Gebührenhöhe nicht abschätzen kann.453 Eine Verfassungswidrigkeit von § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG folgt aus diesem Gesichtspunkt jedoch nicht. So sieht die Norm in § 4 Abs. 4 S. 4 Alt. 2 BremGebBeitrG die Möglichkeit vor, die Gebühr als Pauschalgebühr zu berechnen. Über diese Alternative könnte eine für den Gebührenschuldner hinsichtlich der Höhe kalkulierbare Gebühr erhoben werden.454 Bislang wurde ein entsprechender Pauschalgebührentatbestand jedoch noch nicht in die Anlage zu § 1 der InkostV aufgenommen. Unabhängig davon bleibt es dabei, dass das Abgabeobjekt in § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG nicht hinreichend bestimmt ist. Die Norm verstößt damit auch gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot. VIII. Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG Im Rahmen der bisherigen Diskussion über die Verfassungskonformität des Bremer Vorstoßes wurde im Schrifttum vereinzelt gemutmaßt, dass das Bremer Gesetzesvorhaben auch den Anforderungen des Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG nicht genüge und somit ein (verstecktes) Einzelfallgesetz sein könnte.455 Legt man den strengen Prüfungsmaßstab des Bundesverfassungsgerichts der Prüfung von Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG zugrunde, lässt sich ein derartiger Verstoß vorliegend allerdings nicht annehmen. Dabei kann sogar hier dahinstehen, ob ein Gesetz, das ausschließlich in Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG – oder unterstellt auch in Art. 14 Abs. 1 GG – eingreift, überhaupt am Maßstab des Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG („[…] ein Grundrecht

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Vor diesem Hintergrund hat das VG Bremen, SpuRt 2017, 261, 263, sogar angezweifelt, ob generell allein durch Bemessungsfaktoren wie Einsatzkraft pro Stunde oder Kraftfahrzeug pro Kilometer eine hinreichende Kalkulierbarkeit erreicht werden könne. A. A. OVG Bremen, NordÖR 2018, 157, 162 („noch im Rahmen des rechtsstaatlich Vertretbaren“). 454 So auch Schiffbauer, SpuRt 2017, 264, 265. 455 So noch für den ursprünglichen Bremer Vorstoß über die Änderungen in den §§ 4 Abs. 1 Nr. 2, 13 Abs. 1 BremGebBeitrG und die Normierung eines Gebührentatbestandes in der InkostV Schiffbauer, NVwZ 2014, 1282, 1286; dagegen Bender/Gräbener, BRJ 2015, 49, 53, unter Verweis auf die Zulässigkeit von Anlassgesetzen; offen gelassen von Müller-Eiselt, Life&Law 2018, 276, 282.

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durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt [Herv. d. Verf.] werden kann […]“) zu messen ist.456 Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts enthält Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG eine Konkretisierung des allgemeinen Gleichheitssatzes, wonach es dem Gesetzgeber verboten ist, aus einer Reihe gleichgelagerter Sachverhalte einen Fall herauszugreifen und zum Gegenstand einer Sonderregel zu machen.457 Der Gesetzgeber hat ein Gesetz also allgemein zu halten. Dieser Anforderung genügt ein Gesetz, wenn sich wegen der abstrakten Fassung des gesetzlichen Tatbestandes nicht absehen lässt, auf wie viele und welche Fälle das Gesetz Anwendung findet.458 Gebührentatbestände genügen dieser Anforderung, wenn wenigstens grundsätzlich nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich mehrere Gebührenschuldner von den Gebührenregelungen erfasst sein können.459 Dass § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG abstrakt formuliert ist, lässt sich nicht in Abrede stellen. Gerade die Schwelle von mehr als 5.000 Personen, die an der Veranstaltung zeitgleich teilnehmen müssen, orientiert sich ersichtlich nicht an den Besucherzahlen im Profifußball. Andernfalls müsste sie deutlich höher liegen, denn die Heimspiele von Werder Bremen werden seit der Saison 2011/12 von durchschnittlich mehr als 40.000 Zuschauern besucht.460 Ein Einzelfallgesetz liegt aber auch dann vor, wenn der Tatbestand der Norm zwar abstrakt-generell formuliert ist, aber von vornherein allein von einer bestimmten (juristischen) Person beziehungsweise Personengruppe erfüllt werden kann und die Erstreckung auf weitere Personen für die Zukunft ausgeschlossen ist. 461Ansatzpunkt für das Vorliegen eines verbotenen Einzelfallgesetzes ist daher die Vermutung, dass in tatsächlicher Hinsicht keine anderen Veranstaltungen als Heimspiele von Werder Bremen unter die Norm subsumiert werden (können). Die Gesetzeshistorie, die entsprechend als Argument für die Annahme eines Einzelfallgesetzes herangezogen wird,462 belegt in der Tat eindeutig, dass dem Bremer Gesetzgeber bei der Schaffung der Norm die Polizeieinsätze bei Heimspielen von Werder Bremen vor Augen standen:

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Zu dieser Problematik und der insofern nicht immer konsequenten Rechtsprechung des BVerfG, nach der nur Grundrechte, die einem spezifischen Gesetzesvorbehalt unterliegen, am Allgemeinheitsgebot zu messen sein sollen, siehe Enders, in: Beck-OK GG, Art. 19, Rn. 5 ff. Das überwiegende Schrifttum wendet Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG zumindest auf alle Gesetze an, die den abwehrrechtlichen Grundrechtsschutz auslösen, also auch bei Eingriffen in die obigen Grundrechte; vgl. Remmert, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 1, Rn. 31. 457 BVerfG, NJW 2017, 217, 242 m. w. Nachw. aus der Rspr. des BVerfG. 458 BVerwG, Beschl. v. 17. 02. 2017 – 5 B 12/16, Rn. 5. 459 VG Köln, Beschl. v. 25. 05. 2011 – 14 L 19/11, Rn. 19 (juris). 460 www.transfermarkt.de/sv-werder-bremen/besucherzahlenentwicklung/verein/86. 461 Remmert, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 1, Rn. 37. 462 Hermann/Buljevic, NordÖR 2015, 198, 204; Schiffbauer, NVwZ 2014, 1282, 1286.

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Bereits im Ursprungsantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen wurden als einziges Beispiel aus der Praxis die polizeilichen Einsatzstunden bei Bundesliga-Heimspielen von Werder Bremen angeführt.463 Auch im Rahmen der parlamentarischen Debatte über die Polizeikostenbeteiligung wurden ausschließlich die Polizeieinsätze bei Heimspielen von Werder Bremen sowie die Kostenabwälzung auf die DFL GmbH thematisiert.464 In dem Zusammenhang schloss Innensenator Mäurer gar eine Gebührenpflicht von anderen aus der Vergangenheit in Bremen bekannten Sportgroßveranstaltungen aus.465 Der Bremer Senat hatte in seiner Mitteilung vom 22. 07. 2014 zwar den polizeilichen Aufwand bei anderen Großveranstaltungen in Bremen wie dem SWB-Marathon oder der Badeinselregatta beziffert,466 später aber konzediert, dass diese „nicht durch Störungen oder Ausschreitungen geprägt“ seien.467 Anlassgesetze, also Gesetze, bei denen der Gesetzgeber eine Anzahl konkreter Fälle vor Augen hat, die er zum Anlass der Regelung nimmt, sind allgemein im Sinne von Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG, wenn sie nach der Art der in Betracht kommenden Sachverhalte geeignet sind, unbestimmt viele weitere Fälle zu regeln.468 Der Umstand, dass eine Regelung, wie hier § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG derzeit nur auf einen Sachverhalt – ein „Rotspiel“ von Werder Bremen – angewandt wird, macht die Norm nicht direkt zu einem verdeckten Einzelfallgesetz. Letzteres liegt nur dann vor, wenn solche künftigen Anwendungsfälle von vornherein ausgeschlossen wären.469 In diesem Zusammenhang wird zu Recht darauf hingewiesen, dass das Veranstalten von Profifußballspielen in Bremen durch einen anderen Fußballverein wenig realistisch ist.470 So werden die Spiele der zweiten Mannschaft von Werder Bremen, die zur Saison 2016/17 in der 3. Liga spielt (Mitveranstalter der Drittligaspiele wäre nach Bremer Verständnis dann wohl der DFB), durchschnittlich von deutlich weniger als 5.000 Zuschauern besucht; selbst einzelne (Top-)Spiele liegen unterhalb des Schwellenwerts von § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG.471 463

Bremische Bürgerschaft, Drs. 18/1201. Bremische Bürgerschaft, Plenarprotokoll, 18. Wahlperiode, 51. Sitzung, S. 3717 und 3721; Bremische Bürgerschaft, Plenarprotokoll, 18. Wahlperiode, 67. Sitzung, S. 4923 ff. (einzige Ausnahme die Abgeordnete Vogt von DIE LINKE auf S. 4929). 465 Bremische Bürgerschaft, Plenarprotokoll, 18. Wahlperiode, 67. Sitzung, S. 4937. Im Rahmen einer Anhörung im Haushalts- und Finanzausschuss (Land) am 17. 10. 2014 wurden ebenfalls explizit Vertreter von Werder Bremen und der Fußballverbände angehört; vgl. Bremische Bürgerschaft, Drs. 18/1591, S. 2. 466 Bremische Bürgerschaft, Drs. 18/1501, S. 3. 467 Bremische Bürgerschaft, Drs. 18/1501, S. 20. Hickel, Kosten für Risiko-Fußballspiele, These 5, erblickt in dem Bremer Vorstoß eine „Lösung für das Gesamtsystem Profifußball“. 468 BVerfGE 99, 367, 400 m. w. Nachw. aus der Rspr. des BVerfG; BAG, NZI 2013, 758, 761. 469 BVerfGE 99, 367, 400. 470 Hermann/Buljevic, NordÖR 2015, 198, 204 f. 471 In der Saison 2015/16 lag der Zuschauerschnitt bei 1.231 Zuschauern; www.kicker.de/ news/fussball/3liga/spieltag/3-liga/2015-16/zuschauer-der-saison.html. Immerhin 4.485 Zu464

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Mit dem Fußball-Club Oberneuland von 1948 e. V. existiert zwar ein zweiter Fußballverein in Bremen, der zwischenzeitlich höherklassig gespielt hat (zwischen der Saison 2008/09 und der Saison 2012/13 mit Ausnahme der Spielzeit 2011/12 durchgehend in der Regionalliga Nord) und über ein Stadion mit 5.050 Plätzen verfügt und damit theoretisch über dem Schwellenwert des Gebührentatbestandes liegen könnte; in tatsächlicher Hinsicht erscheint es aber kaum vorstellbar, dass Veranstaltungen dieses Vereins von der Gebührenregelung erfasst sein könnten. So wurden dessen Ligaheimspiele, selbst zu Regionalligazeiten, durchschnittlich nur von einer niedrigen dreistelligen Zuschaueranzahl besucht.472 Auch wenn andere (Fußball-)Veranstaltungen in Bremen daher sicherlich nicht regelmäßig unter den Gebührentatbestand fallen dürften, ist es denkbar, dass andere Gebührenschuldner von der Norm erfasst sein können. So wurden in der Vergangenheit im Bremer Weserstadion insgesamt zehn Länderspiele der deutschen Fußball-Nationalmannschaft der Männer ausgetragen, zuletzt im Februar 2012.473 Obwohl, wie im ersten Teil der Arbeit festgestellt, mittlerweile die weit überwiegende Anzahl der Länderspiele in Deutschland friedfertig ablaufen und ohne größere Polizeiaufgebote begleitet werden,474 erscheint es keineswegs ausgeschlossen, dass bei einzelnen brisanteren Spielen gegen Länder, deren Mannschaften von zahlreichen eigenen Fans begleitet werden, diese auch von § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG erfasst werden können. Zwar hat der DFB als Reaktion auf die Bremer Polizeikostenregelung ein ursprünglich in Bremen angesetztes Länderspiel verlegt;475 dass der DFB zukünftig jedoch wieder Länderspiele in Bremen austragen wird, erscheint zumindest denkbar.476 Ebenfalls könnte das Weserstadion für andere in Norddeutschland ansässige Bundesligavereine als Ausweichspielstätte in Betracht kommen, wenn das heimische Stadion etwa aufgrund von Umbaumaßnahmen nicht zur Verfügung steht. Auch abseits des Profifußballs sind Veranstaltungen denkbar, die grundsätzlich unter § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG gefasst werden können, möglicherweise sogar die im ersten

schauer verfolgten in der Saison 2016/17 das Heimspiel gegen den FC Hansa Rostock; www. werder.de/aktuell/news/u23/20162017/spielbericht/spielbericht-rostock-rueck-22042017. 472 In der Saison 2012/13 lag der Zuschauerschnitt bei 278 Zuschauern; www.weltfussball. de/zuschauer/regionalliga-nord-2012-2013_2/1/. 473 Weser-kurier.de, o. J., www.weser-kurier.de/sport/sport-fotos_galerie,-Die-Laenderspie le-im-Bremer-Weserstadion-_mediagalid,4114.html. 474 Siehe oben § 4 B. 475 Vgl. tagesspiegel.de, 25. 07. 2014, www.tagesspiegel.de/sport/kostenstreit-um-polizeieinsaetze-im-fussball-dfb-entzieht-bremen-gibraltar-laenderspiel-werder-chef-wuetend/102 52132.html. 476 Zuletzt scheiterte eine Bewerbung Bremens als Spielort für die Fußball-Europameisterschaft der Männer 2024; vgl. welt.de, 15. 09. 2017, www.welt.de/sport/article168676074/ DFB-verzichtet-auf-diese-vier-Spielorte.html.

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Teil der Arbeit vorgestellte Kampfsportveranstaltung der Hooligans Team Fighting Championship.477 Selbst wenn tatsächlich keine anderen Veranstaltungen als „Rotspiele“ von Werder Bremen unter den Gebührentatbestand fallen würden, kann man mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach die Regelung eines Einzelfalls zulässig ist, wenn der Sachverhalt so beschaffen ist, dass es nur einen Fall dieser Art gibt und die Regelung jenes singulären Sachverhalts von sachlichen Gründen getragen wird,478 einen Verstoß gegen Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG verneinen. So haben bereits Hermann und Buljevic zutreffend in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Beteiligung eines kommerziellen Großveranstalters an den Kosten für die Bereitstellung zusätzlicher Polizeikräfte jedenfalls nicht als willkürlich angesehen werden kann.479

B. Ergebnis des zweiten Teils und Ausblick I. Ergebnis § 9 Für den polizeirechtlichen Kostenabwälzungsansatz lässt sich festhalten, dass die Profifußballveranstalter für Ausschreitungen im Umfeld der Fußballspiele polizeirechtlich nicht verantwortlich sind; für den Fall, dass die Vereine lediglich unzureichende Verkehrssicherungsmaßnahmen treffen, sind hingegen auch die Vereine Verantwortliche im Sinne des Polizeirechts. Wenn die Polizei in diesen Fällen etwa dem privaten Ordnungsdienst zu Hilfe kommen muss und Sicherheitsaufgaben erfüllt, die dem Veranstalter obliegen, könnte eine an den Veranstalter gerichtete Grundverfügung im Wege der Ersatzvornahme kostenpflichtig vollstreckt werden. Wenn der Grundverwaltungsakt insofern nicht vorab ergangen ist, was in derartigen Situationen der Regelfall sein dürfte, kann die kostenpflichtige Vollstreckung über die unmittelbare Ausführung oder den Sofortvollzug begründet werden. Praktische Beispiele könnten etwa das Durchführen von Einlasskontrollen oder das Verhindern eines „Block“- oder „Platzsturms“ durch die Polizei sein, wenn der gastgebende Verein nur einen unzureichenden Ordnungsdienst aufgestellt hat. Dagegen kann über diese Konstruktion eine Störereigenschaft von DFL GmbH, DFL e. V. und DFB nicht begründet werden, da diese – selbst wenn man eine partielle Verkehrssicherungspflicht der Sportverbände im Ligaspielbetrieb annehmen möchte – ihre Verkehrssicherungspflicht durch das Aufstellen von Sicherungsregularien und deren Kontrolle erfüllen. 477 Ob derartige Wettkämpfe der Hooligans in Deutschland tatsächlich ausgetragen werden könnten oder diese ordnungsrechtlich untersagt werden würden, wäre zugegebenermaßen ungewiss; siehe zur Rechtslage bei „Free Fight“- oder „MMA“-Veranstaltungen in Deutschland Jacob, NVwZ 2013, 1131 ff. 478 BVerfG, NJW 2017, 217, 242. 479 Hermann/Buljevic, NordÖR 2015, 198, 205.

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II. Ergebnis § 10 Auch wenn der Bremer Gesetzgeber bezüglich § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG die Gesetzgebungskompetenz innehat und die Norm dem Grunde nach im Einklang mit dem Steuerstaatsprinzip und den Wertungen der Staatsaufgabenlehre steht, ist die Norm letztlich in mehrfacher Hinsicht verfassungswidrig und somit nichtig. So genügt § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG nicht den finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen an die Erhebung von nichtsteuerlichen Abgaben und greift in unzulässiger Weise – mangels Rechtfertigung durch ein zur verfassungsmäßigen Ordnung zählendes Gesetz – jedenfalls in das Auffanggrundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG ein. Der Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften beziehungsweise die zusätzliche[ ] Bereitstellung von Polizeikräften im Sinne der Norm sind den Veranstaltern nicht individuell zurechenbar. Darüber hinaus genügt die Norm nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bestimmtheit einer Abgabennorm, da das Abgabeobjekt sich nicht hinreichend bestimmen lässt. Die Gebührenpflichtigen können nicht erkennen, für welche öffentliche Tätigkeit die Gebühr erhoben wird. Sowohl der Begriff der Gewalthandlungen als auch der räumliche und zeitliche Umfang der erfahrungsgemäß zu erwartende[n] Gewalthandlungen sind unzureichend bestimmt. Des Weiteren ist die mögliche Gebührenhöhe „nach den tatsächlichen Mehrkosten“ zu unbestimmt, da es für potentielle Gebührenschuldner nicht möglich ist, die Höhe der zu erwartenden Abgabe zumindest im Wesentlichen abzuschätzen. Über die Alternative der Pauschalgebühr (vgl. § 4 Abs. 4 S. 4 Alt. 2 BremGebBeitrG) kann jedoch eine für den Gebührenschuldner hinsichtlich der Höhe kalkulierbare Gebühr erhoben werden. Die überdies geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken in der Rechtswissenschaft – insbesondere die Vereinbarkeit der Norm mit den Freiheitsgrundrechten aus Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 9 Abs. 1 GG und dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz sowie ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG – konnten hingegen entkräftet werden, wenn man das Vorliegen einer verfassungskonformen Norm im Hinblick auf die Anforderungen der Finanzverfassung und des Bestimmtheitsgrundsatzes unterstellt. III. Ausblick Da eine derart umfassende Polizeikostenabwälzung, wie sie dem Bremer Gesetzgeber vorschwebt, nach hier vertretener Auffassung finanzverfassungsrechtlich unzulässig ist, taugt der Bremer Vorstoß – unabhängig von möglichen handwerklichen Fehlern des Bremer Gesetzgebers im Hinblick auf die unzureichende Bestimmtheit der Norm – nicht als Musternorm für eine möglichst bundeseinheitliche Polizeikostenregelung im Bereich der Großveranstaltungen. Die Polizeipräsenz im öffentlichen Raum aufgrund befürchteter Ausschreitungen der „fußballtypischen“ Störerszene ist den Fußballvereinen schlicht nicht zuzurechnen. Aus diesem Grund

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wäre auch die von der SPD-Fraktion im baden-württembergischen Landtag vorgeschlagene Schaffung eines entsprechenden Gebührentatbestands im Landesgebührengesetz von Baden-Württemberg, der sich an § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG erkennbar orientiert, verfassungswidrig.480 Dennoch ist nicht zu erwarten, dass die Debatte über rechtliche Möglichkeiten, Großveranstalter – allen voran Profifußballveranstalter – an den Polizeikosten zu beteiligen, künftig verstummen wird. Denn in § 10 A. IV. 2. dieser Arbeit wurde aufgezeigt, dass die Finanzverfassung einer anteiligen Kostenabwälzung dem Grunde nach offen gegenübersteht. So sind etwa die Fußballvereine im Falle unzureichender Verkehrssicherungsmaßnahmen Veranlasser im gebührenrechtlichen Sinne. Auch über das gebührenrechtliche Vorteilsprinzip kann den Veranstaltern die Polizeitätigkeit in ihrem Pflichtenkreis zugerechnet werden. Angelehnt an Ziffer 511 der Anlage zu § 1 der HessVwKostO-MdIS, wonach Gebühren für Polizeieinsätze erhoben werden können, wenn die Veranstaltung im überwiegend wirtschaftlichen Interesse stattfindet und mit den Einsätzen Ordnungsaufgaben erfüllt werden, die dem Veranstalter oder dem Veranstaltungsleiter obliegen, könnte demzufolge ein verfassungskonformer Gebührentatbestand normiert werden. Ein solcher Gebührentatbestand könnte – jedenfalls im Hinblick auf die Polizeieinätze bei Profifußballspielen – zugegebenermaßen nur einen verhältnismäßig kleinen Anteil der tatsächlichen polizeilichen Einsatzkosten refinanzieren, da die Polizeikräfte am Spieltag in aller Regel keine originären Ordnungsaufgaben der Fußballvereine übernehmen; dennoch könnte ein derartiger Gebührentatbestand im Bereich der Polizeieinsätze beim Profifußball rechtspolitisch sinnvoll sein. So wurde aufgezeigt, dass gerade bei besonders brisanten Partien – allen voran bei einzelnen Relegationsspielen um Auf- und Abstieg – erhebliche Polizeikräfte auch innerhalb der Stadien eingesetzt werden mussten, um das Stürmen des Spielfelds oder das Werfen von Gegenständen zu unterbinden. Die Implementierung eines Gebührentatbestandes, der derartige polizeiliche Ordnertätigkeiten kostenpflichtig machen 480 Nach § 4 Abs. 3 Landesgebührengesetz soll folgender Absatz 4 eingefügt werden (vgl. Landtag Baden-Württemberg, Drs. 16/2638, S. 3 f.): „Eine Gebühr wird von Veranstaltern erhoben, die eine gewinnorientierte Veranstaltung durchführen, an der voraussichtlich mehr als 5.000 Personen zeitgleich teilnehmen werden, wenn wegen erfahrungsgemäß zu erwartender Gewalthandlungen vor, während oder nach der Veranstaltung am Veranstaltungsort, an den Zugangs- oder Abgangswegen oder sonst im räumlichen Umfeld der Einsatz von zusätzlichen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten vorhersehbar erforderlich wird. Die Gebühr ist für die Kosten polizeilicher Maßnahmen zu berechnen, soweit diese dadurch entstehen, dass über das übliche Maß hinaus weitere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte eingesetzt werden müssen. Das Innenministerium bestimmt im Einvernehmen mit dem Finanzministerium durch Rechtsverordnung gebührenpflichtige polizeiliche Maßnahmen und legt Mindest- und Höchstsätze der zu erhebenden Gebühren fest. Die Veranstalter sind vor der Veranstaltung über die Gebührenpflicht und die Höhe der Gebühr zu unterrichten. Von der Erhebung der Gebühr kann ganz oder teilweise abgesehen werden, wenn die Erhebung unbillig ist. Diese Regelung ist im Jahr 2020 zu evaluieren.“ Der Gesetzesentwurf wurde am 24. 01. 2018 im baden-württembergischen Landtag abgelehnt; vgl. Landtag von Baden-Württemberg, Plenarprotokoll 16/ 52, S. 3065.

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würde, dürfte Anreiz genug für die Fußballvereine sein, ihre eigene Sicherheitskonzeption bei solch brisanten Spielen zu überdenken und im Zweifel mehr private Ordnungskräfte einzusetzen. Instruktiv ist hier ein jurisdiktionsübergreifender Vergleich mit der Situation in der Premier League. Während in England, Wales und Nordirland zwar ebenfalls der Steuerzahler für die Kosten der Polizeieinsätze im öffentlichen Raum aufkommt, haben die Vereine für die Polizeipräsenz im Stadion und im unmittelbaren Stadionbereich, der von den Vereinen kontrolliert wird, zu zahlen.481 Ähnlich ist die Rechtslage in Österreich, wo nach den §§ 5a, 5b, 27a Sicherheitspolizeigesetz i. V. m. der Sicherheitsgebühren-Verordnung Gebühren für die polizeiliche Überwachungstätigkeiten innerhalb der Stadien erhoben werden können, während die polizeiliche Überwachungstätigkeit im öffentlichen Raum gebührenfrei ist. Voraussetzung für die Gebührenpflichtigkeit einer reinen polizeilichen Schutzpräsenz auf dem Veranstaltungsgelände wäre für Deutschland allerdings, dass die Fußballvereine im Vertrauen auf die Polizeipräsenz im Stadion weniger Ordnungskräfte einsetzen und die Schutzpräsenz somit eine wirtschaftlich vorteilhafte und damit gebührenrechtlich zurechenbare Leistung darstellt. Da in den meisten deutschen Profifußballstadien aber ohnehin kaum noch Polizeikräfte eingesetzt werden, stellt sich die Frage nach der praktischen Notwendigkeit einer derartigen Gebührenregelung. Die rechtspolitische Diskussion über die Kostenbeteiligung der Fußballveranstalter dürfte nämlich generell an Schwung verlieren, wenn die Polizeieinsätze – wie schon seit Jahren innerhalb der Stadien – auch im Umfeld des Veranstaltungsortes quantitativ reduziert werden würden und damit zugleich die finanzielle Belastung der öffentlichen Haushalte durch die große Polizeipräsenz bei Profifußballspielen gemindert werden könnte. Im ersten Teil der Arbeit wurden die Hintergründe der seit mehr als einem Jahrzehnt extrem hohen Polizeipräsenz bei Ligaspielen im Profifußball erläutert. Ob diesbezüglich ein Umdenken stattfinden wird, bleibt spannend. Denn unterdessen hat sich der Begriff des „rechtsfreien Raums“ in den vergangenen Jahren zum geflügelten Wort entwickelt, wenn etwa von der Situation im Frankfurter Bahnhofsviertel oder in Berliner Parkanlagen die Rede ist. Reinhard Müller spricht in 481 Nach Leeds United Football Club Ltd v Chief Constable of West Yorkshire Police [2012] EWHC 2113 (QB), [2012] All ER (D) 261 (Jul), dürfen für Polizeieinsätze an den Spieltagen im öffentlichen Raum keine Gebühren erhoben werden. Der High Court of Justice stützt das Ergebnis maßgeblich auf den Umstand, dass die Polizeieinsätze im öffentlichen Raum zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit erfolgen und für die Vereine insofern keinen besonderen Service darstellen. Für die polizeiliche Überwachung innerhalb des Stadions und im privaten Bereich des Stadionumfelds werden hingegen in der höchsten englischen Fußballspielklasse, der Premier League, regelmäßig Gebühren erhoben; vgl. bbc.co.uk, 10. 08. 2016, www.bbc.co.uk/sport/football/37028168. Rechtsgrundlage ist Section 25 (1) of the Police Act 1996: „The chief officer of police of a police force may provide, at the request of any person, special police services at any premises or in any locality in the police area for which the force is maintained, subject to the payment to the police authority of charges on such scales as may be determined by that authority.“ In Schottland können nach Section 86 Police and Fire Reform (Scotland) Act 2012 für Polizeieinsätze innerhalb der Stadien Gebühren erhoben werden.

§ 10 Gebührenrechtlicher Ansatz

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der FAZ am 1. 11. 2016 gar von einer Kapitulation, wenn die Polizei davon abrät, innerstädtische öffentliche Parkanlagen zu durchqueren.482 Auch in parlamentarischen Debatten wird über vermeintliche „No-Go-Areas“ debattiert und eine drohende Aufteilung des staatlichen Gewaltmonopols zwischen kriminellen Familienclans angeprangert.483 In Anbetracht der anhaltenden Diskussion über „No-GoAreas“ und die fehlende Polizeipräsenz im öffentlichen Raum484 bleibt – nicht zuletzt angesichts der steigenden terroristischen Bedrohungslage – die Frage, ob es auf innenpolitischer und polizeiinterner Ebene zu einem Umdenken hinsichtlich der kräfteintensiven Polizeieinsätze bei Profifußballspielen kommt. Dass die Sicherheitslage innerhalb der deutschen Profifußballstadien auch ohne größere Polizeipräsenz in aller Regel hervorragend ist und außerhalb der Stadien beziehungsweise in deren Umfeld keine „No-Go-Areas“ zu finden sind, wurde schon im ersten Teil der Arbeit dargestellt. Eine dauerhafte Reduzierung der Polizeieinsätze im Umfeld des deutschen Profifußballs sollte jedenfalls auf längere Sicht angestrebt werden. Dabei geht es nicht etwa um ein Zurückweichen des Rechtsstaates („rechtsfreie Räume in den Fankurven“), sondern, wie schon unter § 7 A. dargestellt, um eine Evaluation der polizeilichen Einsatzkonzeption angesichts der sachlichen und personellen Ressourcenknappheit der Polizei. Dass der Besuch einer Fußballveranstaltung in Deutschland – sicherlich auch aufgrund der Polizeipräsenz an den Spieltagen – sehr sicher ist, wurde bereits im ersten Teil der Arbeit aufgezeigt. Genauso wurde darauf hingewiesen, dass einzelne Sicherheitsbeeinträchtigungen nie ausgeschlossen werden können. Die Ultras werden weiter Pyrotechnik zünden, einzelne Ultras werden weiterhin versuchen, andere Ultras zu attackieren, und auch künftig werden einzelne Fanutensilien entwendet werden. Ob solche Straf- und Ordnungswidrigkeiten in Anbetracht anderer Gefahrenszenarien zukünftig einen derartigen polizeilichen Ressourceneinsatz bei Fußballveranstaltungen rechtfertigen können, muss letztlich von den Entscheidungsträgern beantwortet werden. Der von der DFL GmbH im Rahmen der Verhandlungen über eine außergerichtliche Beilegung des Gebührenstreits mit der Freien Hansestadt Bremen eingebrachte Vorschlag, ein Modellprojekt mit Sicherheitsexperten ins Leben zu rufen, um zu evaluieren, wie man die Anzahl der eingesetzten Polizeibeamten an den Spieltagen künftig reduzieren kann, geht daher in die richtige Richtung.485 Für zusätzlichen juristischen Diskussionsbedarf dürfte ein angekündigter Verstoß aus Bayern im Rahmen der Novelle des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse 482 Faz.de, 01. 11. 2016, www.faz.net/aktuell/politik/inland/kriminalitaet-warum-die-poli zei-nicht-immer-einschreitet-14506377.html. 483 Vgl. Landtag NRW, Drs. 16/13089; Landtag NRW, Plenarprotokoll 16/124, Tagesordnungspunkt 2. 484 Weitere Nachweise für die am Begriff des rechtsfreien Raums geführte öffentliche Diskussion finden sich bei Rottenwallner, VR 2017, 253 (dort Fn. 1 – 3) und 261 (dort Fn. 143). 485 Vgl. Weser-Kurier, 29. 08. 2017, www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,-ei nigung-gescheitert-_arid,1641462.html.

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2. Teil: Beteiligung der Fußballveranstalter an polizeilichen Einsatzkosten

der Bayerischen Staatlichen Polizei (PAG) sorgen, der darauf abzuzielen scheint, polizeirechtliche Störer deutlich umfassender an den Kosten der von ihnen veranlassten Polizeieinsätze zu beteiligen. Art. 76 PAG486, der das Verhältnis zwischen PAG und dem bayerischen Kostengesetz regelt, soll als künftiger Art. 93 PAG um einen Satz ergänzt werden, wonach „Kosten auch dann erhoben werden [können], wenn auf Grund desselben Lebenssachverhalts zudem nach der StPO oder dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Maßnahmen getroffen und hierfür Kosten erhoben werden, wobei diese in Abzug zu bringen sind“.487 Derzeit können Kosten für Amtshandlungen nach dem PAG nur dann erhoben werden, wenn (gefahrenabwehrrechtliche) polizeiliche Amtshandlungen selbstständig und von einem etwaigen Strafverfahren abtrennbar sind.488 Der bayerischen Staatsregierung scheinen dabei gerade die Polizeieinsätze anlässlich randalierender Hooligans vor Augen zu schweben, die künftig als Kostenschuldner herangezogen werden sollen.489

§ 11 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse Zum ersten Teil Ziel des ersten Teils dieser Arbeit war es, die Faktenlage hinsichtlich der Polizeieinsätze im Umfeld von Profifußballspielen in Deutschland zu untersuchen, um insofern neue Erkenntnisse für die rechtliche (polizeirechtliche und gebührenrechtliche Zurechnung der Polizeieinsätze auf die Fußballveranstalter) und rechtspolitische (Hintergründe des enormen polizeilichen Kräfteeinsatzes bei Profifußballspielen in Deutschland) Debatte zu liefern. Insofern wurde nach den Ursachen und Formen der gewalttätigen Ausschreitungen im Umfeld von Fußballspielen gefragt, die sicherheitsrelevanten Problemfelder und die polizeiliche Einsatztaktik näher beleuchtet sowie die tatsächliche Verantwortlichkeit der Fußballveranstalter für die gewalttätigen Vorfälle an den Spieltagen untersucht. Danach ergaben sich folgend Ergebnisse: 486

„Art. 3 des Kostengesetzes ist nicht anzuwenden, soweit dieses Gesetz die Erhebung von Kosten (Gebühren und Auslagen) bestimmt. Die Gebühren sind abweichend von den Art. 6 und 8 des Kostengesetzes nach dem Verwaltungsaufwand und der Bedeutung der Amtshandlung zu bemessen. Das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat durch Rechtsverordnung die Gebühren zu bestimmen und die pauschale Abgeltung der Auslagen zu regeln. Von der Erhebung der Kosten kann abgesehen werden, soweit sie der Billigkeit widerspricht.“ 487 Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des bayerischen Polizeirechts (Stand: 28. 11. 2017; abrufbar unter www.stmi.bayern.de/assets/stmi/ser/gesetzentwuerfe/171128pag-neuord nungsgesetz_stand_verbandsanh%C3 %B6rung_.pdf), S. 54 f. 488 Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des bayerischen Polizeirechts, S. 170. 489 Vgl. www.stmi.bayern.de/med/aktuell/archiv/2017/171128neuordnung-bayerisches-poli zeirecht/.

§ 11 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

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1. Größere Zuschauerausschreitungen bei Fußballspielen in Deutschland fanden schon in den 1920er-Jahren statt (§ 1 A.). Fußballspiele dienten in dieser Zeit dem Ausdruck lokaler und subkultureller Identitäten und boten sich als Plattform an, darauf gestützte (Lokal-)Rivalitäten auszuleben. Die friedlichen Begleitumstände vieler politisch oder sportlich brisanter Partien zeigen hingegen, dass selbst angespannte bilaterale Beziehungen oder enttäuschende Niederlagen noch bis in die 1950er-Jahre keine Ausschreitungen bedingten. Vielmehr trugen gerade die Länderspiele der deutschen Nationalmannschaft dazu bei, Deutschland nach den zwei Weltkriegen in die internationale Gemeinschaft zu reintegrieren (§ 2 A.). 2. Eine Zunahme von Gewalttätigkeiten im Umfeld von Fußballspielen lässt sich ab den 1970er-Jahren verzeichnen. In dieser Zeit entstand die jugendlich geprägte Fankultur (§ 1 B. I.). Mit der Entwicklung des Hooliganismus in den 1980er-Jahren spitzte sich die Gefahrensituation weiter zu. Der deutsche Fußball litt unter einer Welle der Gewalt, die mehrere Todesopfer forderte. Die polizeiliche Einsatzkonzeption, die in den 1970er-Jahren fast ausschließlich auf die Lenkung des Veranstaltungsverkehrs ausgerichtet war, wurde aufgrund dessen einem Wandel unterzogen: Nun rückte zunehmend die Gefahrenabwehr in den Fokus; „fußballtypische“ Straftaten, wie das Entwenden von Fanmaterialien, wurden nicht länger toleriert (§ 1 C. I.). Diese Entwicklung hat bis in die Gegenwart angehalten und dazu geführt, dass das ehemalige „Sonderstrafrecht“ im Umfeld von Fußballspielen sich ins Gegenteil verkehrt hat: Strafrechtlich relevante Vorfälle im Umfeld von Fußballspielen werden im Vergleich zur Alltagskriminalität eher streng verfolgt und nicht selten prozessual unterschiedlich behandelt (§ 5 A.). In den vergangenen Jahren ist sogar das zentrale Ausdrucksmittel der Fußballfans – der Fangesang – verstärkt einer strafund ordnungswidrigkeitsrechtlichen Prüfung von Seiten der Strafverfolgungsbehörden unterzogen worden. Auf die Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GG können die Fans sich dabei nicht berufen (§ 3 F. II.). 3. Die Hooligans haben sich mit den sogenannten Drittortauseinandersetzungen abseits der Spieltage und Stadien schon Ende der 1990er-Jahre ein neues Betätigungsfeld erschlossen. Die Hooligan-Problematik hat sich für den Profifußball damit weitgehend erledigt. Dagegen hat sich mit den sogenannten Ultras seit Anfang der 2000er-Jahre eine neue, sehr heterogene Fanbewegung im deutschen Profifußball herausgebildet, deren Verhaltensweisen sich zum neuen zentralen Sicherheitsproblem entwickelt haben. Demgegenüber werden mittlerweile Fußballspiele, die nicht von Ultragruppen besucht werden – wie etwa Heimspiele der deutschen Nationalmannschaft – kaum noch von größeren sicherheitsrelevanten Vorfällen begleitet (§ 4 B.). Zwar sind weite Teile der vorwiegend jugendlichen Ultras friedfertig; im Rahmen des Ultra-eigenen Wettkampfs gehört die gezielte Regelüberschreitung, die sich unter anderem im Zünden von Pyrotechnik, dem Entwenden von Fanartikeln und der körperlichen Auseinandersetzung mit anderen Ultras zeigt, jedoch dazu. Die Ultras pflegen ein sehr distanziertes – in Teilen sogar feindliches – Verhältnis zur Polizei und agieren im Rahmen ihrer Auseinandersetzungen, die zunehmend losgelöst von der Austragung der Fußballspiele stattfinden, äußerst konspirativ (§ 1 D.).

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2. Teil: Beteiligung der Fußballveranstalter an polizeilichen Einsatzkosten

Darüber hinaus suchen die Ultragruppen sich oftmals abseits des (Profi-)Fußballs „Bühnen“, auf denen sie ihr Ultra-Dasein fernab der großen Öffentlichkeit ausleben können (§ 2 B.). 4. Die Ultras setzen Gewalt im Rahmen ihres eigenen „Wettkampfs“ zweckbestimmt ein. Die Auseinandersetzungen finden in aller Regel nicht innerhalb der Stadien, sondern im öffentlichen Raum statt (§ 2 B.; § 4 B.). Die Übergriffe außerhalb der Spieltage werden wegen des Ultra-eigenen Schweigekodexes nur selten publik. Die an den Spieltagen aufgrund der großen Polizeiaufgebote bisweilen sichtbare Gewalt zwischen einzelnen Ultragruppen ist daher nur ein Ausschnitt (§ 7 A.). 5. Polizeiliches Einschreiten innerhalb der Profifußballstadien stellt seit Jahren die Ausnahme dar. Der hohe Sicherheitsstandard in den modernen Arenen hat dazu geführt, dass Ausschreitungen innerhalb der Stadien nur noch in wenigen Einzelfällen zu verzeichnen sind (§ 6 B. II. 3.). Die polizeiliche Einsatzplanung konzentriert sich stattdessen auf die An- und Abreisewege der Zuschauer. Im Vergleich zu früheren Jahrzehnten steht diese Einsatzplanung mehr im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Während „fantypisches“ Fehlverhalten in den 1970er- und 1980er-Jahren – von der Öffentlichkeit weitgehend unbeobachtet – regelmäßig im gewissen Umfang toleriert wurde, ist aktuell der Druck, beflügelt durch eine reißerische, wenig objektive Berichterstattung, auf Politik und Polizei groß, jegliches Fehlverhalten von Fußballfans zu verhindern (§ 4 B.). Innenpolitik und Sicherheitskräfte, allen voran die Polizei, stehen unter Zugzwang, Verhaltensweisen von Fans, die jahrzehntelang ignoriert oder toleriert wurden, zu unterbinden. Um dieses Unterfangen zu erreichen, ist oftmals der Einsatz von mehr Polizeikräften erforderlich (§ 5 A.). 6. Auch die starke Verbreitung der Ultra-Bewegung in Deutschland ist mitursächlich für den erheblichen polizeilichen Kräfteeinsatz an den Spieltagen. Im Gegensatz zu den Hooligans aus den 1980er- und 1990er-Jahren haben die Ultras das Selbstverständnis, ihren Verein bei jedem Spiel zu unterstützen. Auch wenn in der heterogenen Ultraszene nicht alle Gruppierungen gewaltbereit sind, sieht die Polizei vielfach bei Spielaustragungen mit Ultras ein abstraktes Gefährdungspotential. Dies führt dazu, dass bei immer mehr Fußballspielen (mehr) Polizeikräfte eingesetzt werden (§ 4 B.). 7. Der hohe Organisationsgrad der Ultras stellt Vereine, Verbände und Polizei vor Probleme. Das Stadionverbot, das sich im Kampf gegen den Hooliganismus bewährt hat, führt nicht dazu, dass betroffene Ultras von der Anreise zu den Spielen absehen. Stattdessen halten sich größere Gruppen von Ultras mit Stadionverbot abseits der überwachten Arenen auf, und nutzen die Gelegenheit bisweilen zur Konfrontation mit Gleichgesinnten [§ 6 B. III. 1. b)]. Auch das recht neue Mittel des Zuschauer(Teil-)Ausschlusses, das bisweilen als Strafe von der Sportgerichtsbarkeit des DFB verhängt wird, hält betroffene Ultras nicht von der Anreise zum Spielort ab. Nicht selten halten die Ultras Demonstrationen gegen den Ausschluss am Spielort ab. Die Polizei ist entsprechend regelmäßig gezwungen, mit einem höheren Polizeiaufgebot

§ 11 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

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als bei Spielen ohne (Teil-)Ausschluss vor Ort zu sein, da die infrastrukturellen Maßnahmen, die die Fantrennung innerhalb der Stadien gewähren, im öffentlichen Raum fehlen [§ 6 B. III. 2. b)]. Zum zweiten Teil Im zweiten Teil der Arbeit wurden Umfang und Grenzen einer möglichen Beteiligung der Fußballveranstalter an den polizeilichen Einsatzkosten – insbesondere für die vorsorgliche polizeiliche Schutzpräsenz im öffentlichen Raum aufgrund befürchteter Ausschreitungen – untersucht. Der Schwerpunkt dieses Teils lag dabei bei der Prüfung der Verfassungskonformität des im Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes normierten § 4 Abs. 4. Neben dem vom Gesetzgeber der Freien Hansestadt Bremen gewählten gebührenrechtlichen Ansatzes wurde auch die Praktikabilität und rechtliche Zulässigkeit des polizeirechtlichen Ansatzes, die Veranstalter als polizeirechtliche Störer einzustufen und unter Rückgriff auf die einschlägigen Ermächtigungsnormen in den Polizei- und Verwaltungsvollstreckungsgesetzen an den Einsatzkosten anteilig zu beteiligen, untersucht. Danach ergaben sich folgend Ergebnisse: 8. Im Rahmen der rechtswissenschaftlichen Debatte über die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Beteiligung an Polizeikosten von Großveranstaltern wurde der Umstand, dass sich die sicherheitsrelevanten Problemfelder von Großveranstaltung zu Großveranstaltung bisweilen fundamental unterscheiden, bislang weitgehend außer Acht gelassen. So unterscheidet sich die Gefahrensituation bei Fußballspielen im Vergleich zu anderen Großveranstaltungen etwa dadurch, dass oftmals ein nicht unerheblicher Anteil der Störer im Umfeld der Profifußballspiele nicht zu den Besuchern der Veranstaltung zählt (§ 8). 9. Rechtliche Ansätze, die eine Störereigenschaft der Fußballveranstalter über die besondere „kämpferische Atmosphäre“ oder die hohe Zuschaueranzahl bei Fußballspielen begründen wollen, passen nicht auf die gegenwärtige Gefahrensituation bei Profifußballspielen in Deutschland. Die heutigen Auseinandersetzungen werden fast schon professionell ausgeübt; sie sind oft minutiös geplant, um der Polizei ein rechtzeitiges Eingreifen zu erschweren. Dies spricht erkennbar gegen die Annahme, dass die Auseinandersetzungen dazu dienen, angestaute Emotionen aufgrund des Spielverlaufs spontan abzulassen. Darüber hinaus zeigt der friedfertige Verlauf von Länderspielen, die ohne die beim Vereinsfußball anzutreffenden Ultras, aber mit ähnlich hohen Zuschauerzahlen stattfinden, dass die „fußballtypischen“ Gefahren nicht mit der Zuschaueranzahl, sondern allenfalls mit der Zusammensetzung des Publikums korrelieren. Selbst diese Aussage im letzten Halbsatz kann vor dem Hintergrund, dass die Gefahren im Umfeld der Stadien bisweilen von Nicht-Besuchern ausgehen, nur eingeschränkt gelten (§ 9 A.). 10. Das Veranstalten eines Profifußballspiels ist auch im Hinblick auf die mit dem „Wettkampf“ der Ultras verbundenen Gefahren nicht unmittelbar gefahrbegründend. Spielabsagen oder Zuschauerausschlüsse beenden nicht zwangsläufig die Gefah-

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2. Teil: Beteiligung der Fußballveranstalter an polizeilichen Einsatzkosten

rensituationen, sondern verschärfen diese sogar bisweilen, da die Ultras sich von der Anreise zum Spielort nicht abhalten lassen und im öffentlichen Raum (demonstrierend) Präsenz zeigen. Die Anwesenheit einer rivalisierenden Ultragruppe im Stadtbereich wird von der lokalen Ultragruppe oft als Provokation gewertet, sodass zur Trennung der beiden Lager ein massiver Polizeieinsatz im Stadtbereich trotz Spielabsage oder Zuschauer-(Teil-)Ausschluss notwendig ist (§ 9 B. III. 1.). 11. Die Fußballveranstalter stehen weder auf tatsächlicher Ebene noch auf rechtlicher Ebene den von Dritten ausgehenden Gefahren im öffentlichen Raum nahe, sodass selbst über die Figur des Zweckveranlassers eine Störereigenschaft nicht begründet werden kann. Dies gilt jedenfalls für (befürchtete) Ausschreitungen im Umfeld der Spiele. Allein der Umstand, dass die unmittelbaren Störer die Nähe zur Austragung von Profifußballspielen suchen, kann eine Zurechnung dieser Gefahren auf die Veranstalter nicht begründen [§ 9 B. III. 1. a)]. Allenfalls für Verkehrsstörungen im Umfeld der Veranstaltungen kann man die Veranstalter als Zweckveranlasser einstufen [§ 9 B. III. 1. a)]. 12. Die Vereine sind Handlungsstörer, wenn sie ungenügende Sicherungsmaßnahmen treffen. Auch das pflichtwidrige Unterlassen zivilrechtlicher Pflichten kann eine Verhaltensverantwortlichkeit begründen. Denkbare Beispiele sind eine fehlende Trennung rivalisierender Heim- und Gästefans innerhalb des Stadions, lückenhafte Einlasskontrollen oder unzureichende Ordneraufgebote. Auf DFB, DFL e. V. und DFL GmbH lassen sich diese Beispiele nicht übertragen, wenn sie nicht ausnahmsweise selbst Ausrichter des Profifußballspiels sind. Die Verbände genügen ansonsten ihrer Verkehrssicherungspflicht durch den Erlass statuarischer Regelungen, die zur Sicherheit beitragen. Die entsprechenden Statuten im Profifußballbereich gehen diesbezüglich über das rechtlich Gebotene hinaus (§ 9 B. II.). 13. § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG ist verfassungswidrig, da die öffentliche Leistung (die Bereitstellung zusätzlicher Polizeikräfte im Sinne der Norm) dem Gebührenschuldner nicht individuell zuzurechnen ist. a) Das gebührenrechtliche Veranlassungsprinzip ist für den Bereich der Gebührenerhebung im Gebiet der Gefahrenabwehr restriktiver zu handhaben, um die ausgefeilten Wertungen des Polizeirechts nicht durch eine rein formal-kausale Betrachtungsweise zu konterkarieren und der Gebührenpflichtigkeit polizeilichen Schutzes handhabbare Grenzen zu setzen. Dementsprechend bietet sich ein Rückgriff auf die Zurechnungskriterien des Polizeirechts an [§ 10 A. IV. 2. a)]. Den Befürchtungen vor einer ausufernden Kommerzialisierung staatlicher Kernaufgaben, im Speziellen der staatlichen Schutzpflicht, kann auf der Ebene der individuellen Zurechenbarkeit der öffentlichen Leistung wirksam entgegengetreten werden (§ 10 A. III. 2.). b) In Bezug auf das gebührenrechtliche Vorteilsprinzip gilt, dass der dem Gebührenschuldner zugeflossene Vorteil geldwert sein muss. Andernfalls bestände die Gefahr, dass jedes polizeiliche Handeln, das dem Schutz Einzelner oder einer individualisierbaren Personengruppe dient, gebührenpflichtig wäre und das Vorteils-

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prinzip im Bereich der Gefahrenabwehr bis in die Uferlosigkeit hinein überdehnt werden würde [§ 10 A. IV. 2. b)]. aa) Ein ausreichender, da geldwerter Vorteil, liegt im Bereich der Polizeieinsätze bei Fußballspielen vor, wenn sich der Veranstalter eigene Sicherheitsaufwendungen erspart, indem er bei der Wahrnehmung seiner Verkehrssicherungspflichten durch polizeiliche Einsatzkräfte unterstützt wird. Die Annahme, dass sich Profifußballvereine durch die Polizeieinsätze regelmäßig zusätzlichen Vorsorgebedarfs entledigen würden, trifft auf die überwiegende Mehrzahl der Vereine nicht zu [§ 10 A. IV. 2. b) aa)]. bb) An der Annahme, dass mit Hilfe der Polizeipräsenz den Veranstaltern ein faktischer (geldwerter) Sicherheitsgewinn durch die vermeintliche Stärkung des Sicherheitsgefühls der Besucher zukomme, bestehen erhebliche Zweifel. Ein derartiger Sondervorteil, der die Fußballveranstalter im Vergleich zur Allgemeinheit besonders bevorteilen würde, wäre einerseits – wie schon beim ehemaligen ausgleichspflichtigen Streifen- und Postendienst der Bundespolizei im Bereich der Bahnanlagen – nicht messbar; andererseits fehlen empirische Studien dazu, welche Auswirkungen die personalintensiven Polizeieinsätze bei Fußballspielen auf das Sicherheitsempfinden der Zuschauer haben, sodass man sich in der wissenschaftlichen Debatte diesbezüglich (noch) im Bereich von Mutmaßungen bewegen muss [§ 10 A. IV. 2. b) bb) (1)]. cc) Die polizeiliche Verkehrslenkung am Veranstaltungsort kann eine individuell zurechenbare Leistung darstellen, wenn durch sie der reibungslose Ablauf der Veranstaltung erst ermöglicht wird. Der Bremer Vorstoß zielt allerdings gerade auf den erhöhten Kräfteeinsatz bei Fußball-Risikospielen ab, während die allgemeine polizeiliche Tätigkeit (wie die Verkehrslenkung) am Veranstaltungsort weiterhin gebührenfrei bleibt. Diese Polizeieinsätze im öffentlichen Raum begründen aber keinen individualisierbaren Vorteil der Fußballveranstalter. An der Annahme, dass die Veranstaltung ohne die Polizeipräsenz im öffentlichen Raum, die der Verhinderung von Auseinandersetzungen zwischen den Störergruppen dient, nicht stattfinden könnte, bestehen erhebliche Zweifel (anders aber möglicherweise bei der polizeilichen Verkehrslenkung). Entscheidend ist aber letztlich, dass die Schutzpräsenz im öffentlichen Raum für den Fußballveranstalter keinen besonderen Vorteil darstellt, der ihn im Vergleich zur Allgemeinheit hervorheben würde [§ 10 A. IV. 2. b) bb) (2)]. 14. § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG genügt darüber hinaus nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bestimmtheit einer Abgabennorm, da das Abgabeobjekt sich nicht hinreichend bestimmen lässt. Die Gebührenpflichtigen können nicht erkennen, für welche öffentliche Leistung die Gebühr erhoben wird. Sowohl der Begriff der Gewalthandlungen [§ 10 A. VII. 1. a) bb)] als auch der räumliche und zeitliche Umfang der erfahrungsgemäß zu erwartenden Gewalthandlungen [§ 10 A. VII. 1. b)] sind unzureichend bestimmt. Der Gebührenschuldner in der Norm ist zwar hinreichend bestimmt, im Gegensatz zur Annahme der Freien Han-

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sestadt Bremen ist (Mit-)Veranstalter im Sinne der Norm bei Fußball-Bundesligaspielen allerdings nicht die DFL GmbH [§ 10 A. VII. 2.]. 15. Des Weiteren ist die mögliche Gebührenhöhe „nach den tatsächlichen Mehrkosten“ zu unbestimmt, da es für potentielle Gebührenschuldner nicht möglich ist, die Höhe der zu erwartenden Abgabe zumindest im Wesentlichen abzuschätzen. Allerdings sieht die Norm in § 4 Abs. 4 S. 4 Alt. 2 BremGebBeitrG die Möglichkeit vor, die Gebühr als Pauschalgebühr zu berechnen. Über diese Alternative – von der in der Praxis aber noch nicht Gebrauch gemacht worden ist – könnte eine für den Gebührenschuldner hinsichtlich der Höhe kalkulierbare Gebühr erhoben werden (§ 10 A. VII. 3.). Dies gilt nach hier vertretener Ansicht freilich nur für die von der Finanzverfassung begrenzten Anwendungsfälle, in denen eine Gebührenerhebung dem Grunde nach zulässig wäre.

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276

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Stichwortverzeichnis § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG – Abgabesatz 237 – 241 – Abgabesubjekt 221, 230 – Äquivalenzprinzip 208 – Bestimmtheit 220 – 241 – Einsparen von Sicherheitsaufwendungen 198 – 200 – Einzelfallgesetz 241 – 245 – Faktischer Sicherheitsvorteil 200 – 205 – Gesetzgebungskompetenz 181 – 184 – Historie 179 – 180 – Kostendeckungsprinzip 208 – 209 – Motive des Gesetzgebers 21 – 22, 149 – 150, 243 – Normtext 180 – 181 – Parallelen zum Ausgleichsbetrag für die Erfüllung bahnpolizeilicher Aufgaben 200 – 201, 203, 205 – Parallelen zur Luftsicherheitsgebühr 200 – 201, 203 – 204 – Persönliche Gebührenpflicht 193 – 207 – Sachliche Gebührenpflicht 191 – 193 – Veranstalter 231 – 236 – Verhältnismäßigkeit 214 – 215 – Vorabinformation 220, 238 – 240 Allgemeiner Gleichheitsgrundsatz 218 – 220 Ausschreitungen bei Fußballspielen – Verlagerung der Gewalt 33, 125, 127 – 131, 133 – 137 – Vorfälle 26 – 28, 31, 53 – 55, 58, 59, 62 – 63 Beitrag 178, 182, 186 (Fn. 182), 208 (Fn. 286) Berufsfreiheit 173, 209 – 215 Bundespolizei 33, 53, 57, 59 (Fn. 181), 73, 78, 102, 150, 185 (Fn. 181), 200, 203

Datei „Gewalttäter Sport“ 108 – 110, 111 – 122, 224 Deutscher Fußball-Bund e.V. 113, 115 – 118, 120 – 121, 138 – 139, 141, 147 – 148, 244 – Grundrechtsschutz 216 – 217 – Sicherheitsaufsicht 117 – 118, 120 – Störereigenschaft 163, 165, 169 – Veranstaltereigenschaft 233, 243 DFB siehe Deutscher Fußball-Bund e.V. DFB-SiRL siehe Richtlinien zur Verbesserung der Sicherheit bei Bundesspielen DFB-Sportgerichtsbarkeit siehe Sportgerichtsbarkeit DFB-SVRL siehe Richtlinien zur einheitlichen Behandlung von Stadionverboten DFL Deutsche Fußball Liga e.V. 113 – 116, 118, 138 – 139 – Grundrechtsschutz 216 – 217 – Störereigenschaft 163, 165, 169 – Veranstaltereigenschaft 231 – 232, 234 DFL Deutsche Fußball Liga GmbH 113 – 116, 118, 131, 138 – 139, 141 – Grundrechtsschutz 211, 216 – 217 – Störereigenschaft 163, 165, 169 – Veranstaltereigenschaft 231 – 234, 236 – Vorteile durch Polizeipräsenz 198 (Fn. 244), 202 – 203 DFL e.V. siehe DFL Deutsche Fußball Liga e.V. DFL GmbH siehe DFL Deutsche Fußball Liga GmbH Die Liga – Fußballverband e.V. siehe DFL Deutsche Fußball Liga e.V. Drittortauseinandersetzung 34, 63 – 64, 138, 156, 171 Eigentumsfreiheit 173, 210, 212 Einlasskontrollen am Stadion 100 (Fn. 360), 162 – 163, 176, 200 (Fn. 249) Ersatzvornahme 175 – 176, 238

278

Stichwortverzeichnis

Fanausschluss 125, 132 – 137, 148, 162, 166, 174, 199, 206, 214 – 215 Fangesänge 37, 67 – 70 Fantrennung 41, 65, 99 (Fn. 359), 101, 118, 131, 134 – 136 Finanzverfassung 182, 185 – 186, 189, 190, 193, 201, 203 Fußballfans 27 – 28, 30 – 31, 34, 35, 41, 48, 53 – 54, 57, 67, 88 – 89, 96 – 98, 131, 133, 141 – Polizeiliche Einteilung 84 – Subkultur 27 – 28, 34, 36 – 38, 46, 48, 139 Gebührenbegriff 189 – 191, 193 (Fn. 223), 196 Gefahr 64, 98, 102 – 103, 138, 155 – 160, 162, 164 – 170, 172 – 174 – Zuschauermenge 156 – 157, 165 Gefahrenabwehr 32, 64, 87 (Fn. 300), 98 – 100, 102 – 103, 111, 137, 140, 148, 149, 152, 174, 176 (Fn. 132), 183, 184, 186, 188 – 189, 195, 197, 215, 237, 239, 250 Geschäftsführung ohne Auftrag 178 Gleichheitsgrundsatz siehe Allgemeiner Gleichheitsgrundsatz GoA siehe Geschäftsführung ohne Auftrag Großveranstaltung 18, 22 – 23, 26, 78 – 79, 83, 152 – 154, 160, 163, 167, 172, 187, 188, 198, 201, 213, 221, 243, 246 Hooligans – Ablauf der Kämpfe 63 – 64 – Berührungspunkte mit Ultras 42 – 43, 51 – 52 – Loslösung vom Fußball 33 – 35, 48 – Motive 47, 52 – Ursprünge 30 – 31 Jahresberichte der ZIS 73 – 90, 94 – 95 – Freiheitsentziehende/-beschränkende Maßnahmen 87 – 88 – Störeranzahl 84 – 87 – Verletztenanzahl 79 – 84 Kooperation zwischen Fußballvereinen und -verbänden und den Sicherheitsbehörden 114 – 116

Länderpolizei 59 (Fn. 181), 96 (Fn. 348), 97, 101 (Fn. 370), 102, 230, 240 (Fn. 450) Länderspiel 46 – 47, 74, 88 – 89, 156, 244 Landesinformationsstellen Sporteinsätze 33, 102, 108 (Fn. 403) LIS siehe Landesinformationsstellen Sporteinsätze Lizenzspielerabteilung 17 (Fn. 5), 113 Nationaler Ausschuss Sport und Sicherheit 32 Nationales Konzept Sport und Sicherheit 32, 235 Öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch 178 Öffentlich-rechtlicher Vertrag 178 – 179 Opportunitätsprinzip

140 – 141

Polizeikosten 17 – 20, 135, 141, 150, 154, 188 – 189, 196, 209, 211, 219, 243 Polizeiliche Einsatzbelastung bei Fußballspielen 88 (Fn. 306), 94 – 97, 140, 150, 230, 240 (Fn. 450) Polizeiliches Einsatzkonzept bei Fußballspielen – Ablauf der Einsatzplanung 100 – 102 – Einsatzfelder 100 – 102, 124, 200 – 201, 207, 229, 248 – Frühere Einsatzkonzepte 29 – 30 – Gerichtliche Überprüfung 238 – 239 – Heutige Einsatzkonzepte 32 – 33, 95 – 97, 99 – 102, 141 – 142 – Kritik 139 – 140, 157 (Fn. 31), 202, 249 – „Ordnertätigkeit“ 100 (Fn. 360), 176 – 177, 187 (Fn. 193), 188 (Fn. 194), 197 (Fn. 238), 200, 204, 247 Pyrotechnik 38 – 40, 48 – 49, 65 – 66, 76 – 77, 81 – 82, 91 – 93, 104, 122, 124, 131, 137, 141, 199, 224 Richtlinien zur einheitlichen Behandlung von Stadionverboten 117, 125 – 127 Richtlinien zur Verbesserung der Sicherheit bei Bundesspielen 102 (Fn. 375), 116 – 119, 123, 206, 235

Stichwortverzeichnis Risikospiel 100 (Fn. 360), 103, 105, 121, 132 – 133, 172, 176, 206, 214, 228 – 229, 230 Sicherheitsdebatte im Fußball 21, 27, 89, 147 – 148 – Rolle der Medien 21 (Fn. 22), 38, 48, 90 – 91, 93 SKB siehe Szenekundige Beamte SKB-Datenbanken 110 – 112 Sofortvollzug 175 – 176 Spieltagsplanung 53, 114, 116 Sportgerichtsbarkeit 119 – 120, 132, 137, 199 Staatsaufgabenlehre 185, 187 – 189 Staatszielbestimmung 97 (Fn. 351), 209 (Fn. 294) Stadionverbot 33, 38, 49, 70, 125 – 131, 153, 156, 165, 174 Steuerstaat 185 – 190, 195 Szenekundige Beamte 59, 86, 101, 105 – Datenbanken siehe SKB-Datenbanken Theorie der unmittelbaren Verursachung siehe Unmittelbarkeitstheorie Ultras – Anzahl in Deutschland 36 – Bezug zum Fußball 48 – 51 – Organisationsgrad 98, 133 – 134, 143 (Fn. 567)

279

– Ursprung 35 – 36 – Verhältnis zur Gewalt 40 – 41, 43, 86, 92, 128 – 130, 144 – 145 – Verhältnis zur Polizei 39, 43 – 45, 75 – Wettkampfgedanke 37, 40, 47, 50 – 52, 85 – 86, 89, 129, 139, 144, 165 – 166, 172, 194, 205 Unmittelbare Ausführung 175 – 176 Unmittelbarkeitstheorie 160, 164 – 167 Veranlasserprinzip 193 – 197 Verbot von Fangruppierungen 142 – 145 Vereinigungsfreiheit 216 – 217 Vereinsspiel 74, 88 – 89, 156 Verfassungsschutz 51, 106 – 107, 141 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 137, 159, 172, 196 (Fn. 233), 208, 213 Verkehrssicherungspflichten 114 – 115, 161 – 163, 175, 196, 198, 204 Versammlungsfreiheit 209 (Fn. 293), 216 Vorteilsprinzip 197 – 207 Vorzugslast 182, 190 (Fn. 205) Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze 32 – 33, 53 ZIS siehe Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze Zuschauerausschluss siehe Fanausschluss Zweckveranlasser 167 – 173