Neue Bildergallerie: Band 15 [Reprint 2021 ed.]
 9783112464649, 9783112464632

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Bilder Gallerte

emeinen .

Fünfzehnter Band itrir XX.Kupfertafeln.

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Berlin Flilfn ergehe Biulihaiiflluikr 4825

Neue

Bildergallerie Fünfzehnter Band.

Mit XX. Kupfertafeln.

Berlin, 1811. Bei Oehmigke dem Jüngern.

A

An

Ihre König liehe Hoheit dir Durchlauchtigste Prinzessin

Friedericke Luise Charlotte Wil­ helmine von Preußen.

Durchlauchtigste Prinzessin, Gnädigste Fürstin und Frau!

Sßir waren immer so glücklich, von den

Durchlauchtigsten Prmzcfitnnen unsers Kö­ niglichen

Hauses

hohen Beifall für alles

Gute, Edle und Schöne erwarten zu dürfen

wer sollte von Euer Königlichen Ho­ heit nicht auch diese Hofnung im vollesten

Maße und mit der innigsten Freude hegen! In diesem reinen, vaterländischen Gefühle

habe ich mich

erkühnt, Euer Königlichen

Hoheit diese Schrift zuzueignen und Höchst-

dieselben unterthanigst zu bitten, solche ei-

neö gnädige« Blicks zu würdigen, und in diesem Unternehmen das Zeugniß der tiefen Verehrung zu erkennen, in welcher ich er­ sterbe Euer Königlichen Hoheit

Berlin,

unterthämgster Diener

-en sgstm Märj

Dr. Flitner,

1812.

Kömgl. Ober, Mrdtc. - Assessor.

Vorbericht. ^ie Fortsetzung dieses Werks ist durch Um« stände, welche

die

betroffen haben,

bisherige

Verlagshandlung

und die bereits durch die öf­

fentlichen Blätter angezeigt worden sind, einige Zeit unterbrochen worden.

Unterzeichnete

Es hat nämlich der

die Buchhandlung des

Wilhelm

Oehmigke d. j. in Berlin, W« der veränderten Firma als Lh-f «nv Mitgläubiger übernommen, und sich verbindlich gemacht, für die Fortsetzung der bereits angefangenen und noch nicht vollen«

beten Werke

zu

sorgen

und deren Herausga­

be ununterbrochen zu bewirken.

Den Beweis, daß ich meine übernommene Verpflichtuug getreulich zu erfüllen bemüht bin,

liefert dieser Band der neuen Bildergallerle, für

junge Söhne und Töchter zur angenehmen und nützlichen Selbstbeschäftigung rc. von Dr. Karl Lang, der des ganzen Werks 15ter und zugleich

der iste Band von dem Werke unter dem Ti«

)

VIII

(

kel: Neuer Bilderschauplaß merkwürdiger Gegen«

stände aus dem Gebiete der Natur, der Kunst und des Menschenlebens zum Vergnügen und zur Belehrung der Jugend von Dr. Karl Lang ist, mit dem also ein neues Werk beginnt.

Von den Besitzern der 14 Bänden hängt eS ab, ob sie die Fortsetzung unter dem alten

Titel verlangen, welches ich durch

oder neuen

die öffentlichen Blätter bekannt machen werde. Dem Beifall, welchen dieses Werk in Rück­ sicht seines inner Werths

Eleganz

bei

und

seiner

äußern

dem Publikum erlangt hat, darf

ich weiter nichts als die Versicherung hinzu fü­ gen,

daß

sich die folgenden Bände mit ihren

Vorgängern in jeder Hinsicht wetterfernd finden werden.

Berlin, den Lgten März 1312.

Dr. Chr. Gottfr. Flitner, Chef der neuen Societätitr Verlage /Buch­

handlung.

Inhalt.

-

>

»ylinorfa, »k «Mirorfantr ;

Seite

5

Der Kasuar au» Neuholland, sein Weibchen und -.»«««

3T

seine Jungen

'S

Da« gestreifte Känguruh von der Insel Dernier Grabhütle der Wilden in Diemen«,Land

9

-

s8

Die Klementiner -

9



3*

,

,

,

Die Phol« mit dem Elephantenrüssel, »der der ,

9

-

40

Der Donaustrudel in Unteröfierrrlch , #

9





,

9



47

f



57

Meerelephant ,

Der König von Gingiro

,

,

»

Der Wocheimek Wafferfall in Krain

»

)

X

(

Seite

61

-



66

Ein Mann von Ansehen, aus Pomeicok i



70

Eine vornehme Virginerin der Vorzeit x



79

Ein altvirginischer Priester



78

-

Der Plattkops

,

,

-

Die Virginier der Vorzeit

-


o

(

mehr davon gesehen zu haben, als Tournefort fand. Vielleicht stand dkeses Riefenbild auf dem Frontis­ piz deS Tempels, wo es fich den Umstehenden in natürlicher Große darstellen konnte. Der Tempel selbst mußte wenigstens dreihundert Fuß Länge haben; aber von allen Gaule«, Mauern, Hallen, Gewöl­ ben, die er in fich fassen mochte, steht gar nicht­ mehr aufrecht, sondern alles liegt zerstört unter «in, ander. Unter diesen Gtelnmassen befinden fich Blöcke von außerordentlicher Größe, Tournefort fand einen, der 15I Fuß in der Lange, über 10 Fuß in die Breite maß, und gegen 5 Fuß dick war. Auf der einen Fläche deS Steines las man griechisch die Worte: dem Apollo geweiht von den Einwohnern von Napos. Der Stein mußte zum Fußgestrll einer Bildsäule des Apollo gedient haben, welche jene In­ selbewohner auf Delos errichten ließen. Jener oben erwähnte Palmbaum de- Ricias stand nicht mehr dabei; ein Sturm warf ihn um; er stürzte auf die Bildsäule und zerschmetterte fie. Als Tournefort die Insel besuchte, war der ein­ zige Bewohner, den fie hatte, eia griechischer Ein­ fiedler, der fich eine Hütte an dem Fuße des Ber­ ges Cynthus gebaut hatte. So einsam er hier lebte, war es lh« dennoch zu laut auf der Insel, weil die Einwohner von Mykone häufig dahin kommen, um Holz zu fällen, Kaninchen zu jagen oder Fische zu fangen. Er zog «eg, mit dem unflnntgen Vorsatz, auf den bewohnten Insel« den Muhammedaner« das Evangelium zu predigen, und fich spießen zu lassen.

)

Sn

(

Sparta und die Spartaner, in dem Zeitpunkt der schönsten Blüthe Griechenland«.

Lakonie«, Lakonik«, bas etwa hundert Quabratmekleu in sich begreifen mo^te, zwischen dem z6sten und Zgsten Trabe der Breite unv dem 4«sten und 4isten der Länge, wurde durch zwei, von dem hohen arka­ dischen Gebirge südlich auslaufende Bergrethen ein­ geschloffen, wovon die eine sich mit dem Vorgebirge Malea, die andre mit dem Vorgebirge Tanarum en­ digte. Gegen Abend und Mitternacht war daher daLand, dieser Gebirge wegen, fast unzugänglich, ge­ gen Morgen und Mittag aber gänzlich offen, den» nach beiden Richtungen hin ward es von dem Meere bespült. Das westlich liegende Gebirge htest Taygeus; einige seiner Gipfel ragten in die Wolken und tgewährlen einen Ueberblick der ganzen griechischen Halbinsel, welche unter dem Nahmen Peloponesus bekannt ist. Diese Grenzbergr von Lakonten waren fast ganz mit Gehölze bewachsen, der Aufenthalt von Heerden wilder Ziegen, von Hirschen und Wildschwei­ nen, aber auch von Bären; das Innere verbar-

)

Sis

(

Marmor, besonders schwarzen von vorzüglicher Schön­ heit, Edelsteine, Eisen, und andere, -selbst edle Me­ talle. Rauhe Winde wehten von diesen hohen Ber­ gen herab und machrk.r den Winter härter, als man nach der Lage des Landes erwarten sollte; und in den Sommermonaten waren sie Ursache, daß kn der Ebene, welche sie entschlossen, die Hitze fast uner­ träglich, und für das Gedeihen der Feldfrüchte ver­ derblich wurde, denn die Strahlen der Sonne prall­ ten von ihren gewaltigen Felsen ab, und ihre Wir­ kung wurde dadurch vervielfältigt. Ueberhaupt hatte Mutter Natur dieses Lakonlen weniger reichlich mit Gaben versehen, als andere Gegenden des Peloponesus; der Boden war steinig, gab spärlich nur das ihm anvertraure Korn; der Lanbmann mußte die Abhange und Rücken der Hügel mühsam bearbeiten, um Getreide sähen zu können, seine gepflanzten Obstbäume häufig begießen, und doch verzehrte oft der Sonne Glut die Früchte feiner Arbeiten. Besseres Gedeihen war in den ebenen La­ gen. Der Eurotas durchströmte diese und bereicherte sie; da erblickte das Auge blumenreiche Aue« und leichteren, ergiebigeren Anbau, und näher dem Mee­ resgestade wuchsen nährende Kräuter, Wurzel - und Kohlarten, reiften Feige«, Oliven, viele Obstsorten; die Hügel umher'waren mit Reben bekleidet, welche Wein lieferten, der zu den besten Arten, welche die griechische Halbinsel erzeugte, gerechnet wurde. Den Eurotas wählten gern die Schwäne zu ih­ rem Aufenthalt, und gaben den Anwohnern ihre dort vorzüglich weiße« und zarten Febern, welche in der

)

5*5

(

Dorwelt, eln Gegenstand d«S Luxus, in Bette» und Polster gestopft wurde», die brr reiche Schwelger theuer bezahlte, und lakonische nannte. Das sehr hohe und feste Uferfchilf deS Eurotas wurde von den Anwohnern auf die mannichfaltigste Welse genützt, und verarbeitet. Trrfltche Fische lieferte bas Meer, und unter den Schaalthieren die Purpurfchnecke, de­ ren Saft eine in der Vorwrlt berühmte und beliebte Farbe, dem Rosenroth ähnlich, gab. Die Schrift­ steller der Vorzeit machen die Bemerkung, Lakonie» sey häufigen Erderschürterunge» unterworfen gewesen, und habe einst einen Theil seiner Städte, deren Zahl sich auf hundert belaufe» habe» soll, auf diese furcht­ bare Art verlohren. Gewiß ist, baß dieser sehr be­ schränkte Landstrich außerordentlich bevölkert war; man kann die Suinme der Bewohner nahe an 500,000 anschlagen, so daß also auf jede Qnadratmetle gegen 5000 gerechnet werden müssen. Von sehr alten Zelten her bemerkt der Geschichts­ forscher mehrere bestimmt verschiedene Klassen der Einwohner von Lakonie»; die erste, gebietende, be­ griff die Spartaner, eigentliche Einwohner von Spar­ ta, die eigentlichen Bürger, den Adel des Landes, dem das Recht zustand, in den Versammlungen ent­ scheidende Stimmen zu geben. Es waren die mit Doriern vermischten Herakliden, Nachkommen deS Herkules, welche sich in alten Zeiten des ganzen Lan­ des bemächtiget hatten. Erst, so sagt die alte Ge­ schichte, lebten- fie mit den Lazedämoniern, alten Be­ wohnern von Lakonien, vermischt, einander an Rechttn gleich; aber bald äußerten jene Eroberer ihre

)

314

(

Herrschsucht, und verlangte« Tribut von de« Besieg­ ten. Wer sich willig sägte, blieb tat Ganzen bei der früheren Verfassung; Wer Widerstand leistete, wurde ia einen, der Sklaverei ähnlichen, Zustand herabgedrückt. Dieses harte Schicksal erlitten beson­ ders die Einwohner der Seestadt Heelos. In de» Händen dieser eigentlichen Spartaner ruhte l hinfort die ganze oberherrliche Gewalt; sie waren Krieger, und glaubten, die einzige Beschäftigung, welcher sie sich mit Ehre widmen könnte«, sei Krieg. Wer sollte nicht glauben, ihrer fei die Mehrzahl in dem ganze» Volke gewesen, da ihre Forderungen so anmaßlkch waren; allein merkwürdig ist auch hier der Trotz ei­ ner kleinen Anzahl von Menschen, die sich ihres Uebergewichtes bewußt waren. In der glänzenden Periode deS Angriffs der Perser und ihrer Niederlagen kn Griechenland unter Lerxrs waren 8000 Spartaner in Lakonien, aber ihre Zahl minderte fich durch unun­ terbrochene Kriege so sehr, daß man später nur sehr wenige altfpartanische Familien in Sparta finden, und unter 4000 Menschen, die einer Verhandlung auf dem Marktplatze beiwohne« wogten, kaum 40 wirkliche Altfpartaner sehen konnte. In der zweiten Klasse der Bewohner von Lakonen stehen die Nachkommen der alten Anwohner, die Lazedämonier. Die Städte an dem Meere und in dem Innern des Landes gehörten ihnen; man kann ihr« Anzahl wenigstens auf 30,000 rechnen. Den Spartanern waren sie Tribut schuldig, gleich Unter­ thanen, aber der Zustand freier Leute war ihnen Vor­ behalten, nur Bürgerrechte hatten sie nicht, und

) 515 ( also auch keinen Theil an der obrigkeitlichen Verwal­ tung. Eie mußten mit bett Spartanern in bett Krieg liehen; man glaubt, der Handel und das Fabrik­ wesen seyen durch fie besorgt worden, auch weiß man, daß sich viele von ihnen mit Handwerken beschäftiget haben. Diese Lazedämonier unterhielten zu der Be­ wahrung ihrer Rechte einen Bund unter fich, und wählten aus ihren Versammlungen Abgeordnete zu der Bewahrung ihrer Rechte einen Bund unter fich, und wählten auS ihren Versammlungen Abgeordnete l» dem spartanischen Reichstage, welcher, mit Zu­ ziehung von jenen, bestimmte, wie viel zu einem Feldzuge die Städte Soldaten geben, und wie stark ihre Steuerbriträge seyn sollten. Nicht immer be­ stimmt genug werden von den Schriftstellern der Vorwelt diese beiden Klaffe« von Bewohnern Lakoniens unterschieden, und häufig begreifen fie beide unter dem Nahmen der Lazedämonier, oft auch ver­ wechseln fie solche, und erschweren dadurch bett kla­ ren Blick in die Geschichte. Eine dritte Klasse, der Fremden, die fich, als jene Herakliden und Dorier des Landes fich bemäch­ tigten, in den verödeten oder menschenarmen Städ­ ten und Dörfern anstedelten, unterscheidet fich schwer von den Lazedämoniern, und muß um so mehr für eins mit diesen angesehen werden, da fie wahrschein­ lich gleicher Rechte mit jenen theilhaftig war. Desto greller aber stach die vierte Einwohnerklasse, der He­ loten, der Nachkommen von jenen Widerspenstigen aus HeloS, gegen die übrigen ab; Sklaven waren es nicht- diese Heloten, aber fast doch; fie standen

) 5*6 c zwischen Freien und Sklave«. Ihre Zahl vermehrte flch dadurch, daß auch später andere Stabte gleiche Versuche der Widerspenstigkeit eben so hart, wie Heios, büßen mußten; so geschah es, daß sie die Hauptmasse der Bewohner des Landes ausmachten, deren Anzahl auf wenigstens 300,000, eigentliche Sklaven davon ausgenommen, berechnet werden darf. Eie gehörten als Leibeigne dem Staate, und zugleich bett Einzelnen, deren Dienst sie zugetheikt waren. Sie wurden sehr hart, oft sogar mit der empörendsten Grausamkeit, behandelt; Todesstrafe stand auf dem mindesten Anschein von Ungehorsam; eine besondere, schlechte Kleidung und eine lederne Mütze machten sie kenntlich. Aber sie waren doch auch Pächter von den Landgütern der Spartaner, und ihr Pachtgeld war und blieb ein geringer Zins, der mit dem Er­ trage des Grundstückes in keinem Verhältnisse stand. Wer diesen hätte erhöhen wollen, würde sich dem schwersten Tadel ausgesetzt haben. Heloten Übten sich auch in Künsten und Handwerken, dienten als Matrosen und gingen mit den Schwerbewaffneten von. Sparta in den Krieg. Mancher von diesen hatte, wie in der Schlacht bei Platäa, sieben Heloten bei sich. Und ein noch größerer Vorzug war der, daß sie, zum Lohn für gute, dem Staat erwiesene, Dienste, erst die Freiheit, und, bet fortwährender Auszeichnung, beschränktes Bürgerrecht erhalten konnten. Aber der Herr, dem sie persönlich dienten, war es nicht, der diese Freiheit geben konnte, so wenig, als es in fei­ ner Gewalt stand, die ihm zugethetlten Heloten an Ausländer zu »ersaufen.

) 3l7 ( Sehr ungem ertrüge» diese Gedrückte», in de­ ren Mitte mancher muthvokle, treffliche Mann er­ stand, ihr schweres Joch, und ihr Mißvergnügen äußerte sich oft sehr laut. Bald waren nur Strafe», bald kaum uoch Belohnungen fähig, den völligen Ausbruch ihres Unwillens zu zügeln. Freiheit und Sklaverei, so hieß es daher im griechischen Sprich­ wort, seyen beide gleich unbegrenzt in Sparta. Außer den Heloten gab es in Lakonken auch noch lm Krieg erbeutete ausländische Sklaven, auch Skla­ vinnen, welchen Geschäfte des Hauswesens überge­ ben wären. Die Weiber von Sparta ließen ihre

Sklavinnen Wolle ftsiune» und weben, da sie selbst dergleichen Geschäfte nicht verrichten durften. Sparta, der Hauptort des Lande-, oder Lazebämon, lag an dem rechten Ufer des Eurotas, und bestand aus mehreren einzelnen Gruppen von Dör­ fern oder Flecken, die nach den verschiedenen Stam­ men benannt wurden, welche fle bewohnten. Die Forscher sind über ihre Zahl uneinig; es sollen, nach einigen, fünf; nach andern, sechs gewesen sey». Barthelemy hat fünf angenomme»; unser Manso, der an Gründlichkeit jenen, und viele des Auslandes weit übertrifft, scheint >nir so genau, als es hier möglich ist, dargethan zu haben, daß die Bürger von Sparta in sechs Stämme abgetheilt gewesen seyen, und sechs getrennte Stabtdkstrickte bewohnt haben. Ein Hügel machte einigermaßen den Mittel­ punkt dieser Anfiedlungen aus, und war ungefähr von gleicher Bestimmung, wie die Burg zu Athen. Der Bezirk, den diese sechs Dörfer oder Flecken,

)

5*8

(

mit größeren und geringeren Zwischenräumen umfaß­ ten, mogte etwa eine und eine viertel Meile betra­ gen, nnd war in den Zeiten des höchsten Flors von Sparta ohne Mauern; weit später erhielt er diese. Die Wohnhäuser waren niedrig, klein und von schlech­ ter Bauart, Hütten, die kaum den Lanbleuten in At­ tika genügt haben würben; nirgends sah man Zierde, »och viel weniger Pracht in und an denselben. Aber mit Würde waren Tempel und öffentliche Gebäude behandelt, deren eS in Sparta viele gab. Auf dem höchsten Hügel, den die Quartiere der Bürger um­ gaben, stand ein Minervatempel, von einem heiligen Hain umgeben, der, als Merkwürdigkeit des Alter­ thums, unter dem Nahmen des ehernen Hauses be­ rühmt war; das ganze Gebäude, so wie die Bild­ säule in demselben, war von Erz. Auch ein anderer Minervatempel, ein Mufentempel, ein Tempel der Venus, eine Kapelle des Jupiters, und mehrere Ka­ pellen und Bildsäulen standen dort oben. Auf dem Marktplatze waren Versammlungshäuser für die ver­ schiedenen Zweige der Staatsverwaltung errichtet, und dort mögen wohl auch die Gebäude ihren Platz gehabt haben, worin die Spartaner ihre gemein­ schaftlichen Mahlzeiten zu halten pflegten, von denen »och weiterhin gesprochen werden muß. Etwas, wo­ durch dieser Marktplatz fich besonders auszrichnete, war die Halle Perfike, aus dem Erlös für die kost­ baren Bruten der großen Schlacht bei Plataa gegen die Perser. Statt der Säulen trugen Statuen von Persern mit langen Talaren das Dach der Halle. In alle» Theilen der Stadt sah man mehrere Denk-

) 3'9 ( mäler, Götter« und Helden errichtet, und Lykurg, der Gesetzgeber der Spartaner hatte einen eigenen Tempel. Bei den Gebäuden zur Ehre der Helden waren gewöhnlich Lustwäldchen; eines von größerem Umfang, (PlatanistaS von den Platanen, die es bil, beten, genannt) diente zu einem Uebungsplatze für die Jugend. Der EurotaS, und ein anderer kleiner Fluß machten diesen Platz zu einer Insel. Zwei Drücken führten dahin, bei der einen stand eine Bild­ säule des Herkules, alS Sinnbild alles besiegender Kraft, bei der andern die Statue Lykurg-, vielleicht als Sinnbild der alle- erhaltenden und ordnenden Gesetzlichkeit. Einen mit Bildsäulen des Apollo, der Diana, und Latona gezierten Theil de- Marktes nahm der Chor ein, wo an gewissen Festtagen dem Apollo zu Ehren Tänze aufgeführt wurden. Ein an­ sehnliche- Theater sah ma« auch in dem Bezirke von Sparta; eine Laufbahn; mehrere Uebungsplätze für Fechter und Ringer, auch einige öffentliche Versamm­ lung-häuser, Lefchen genannt, worin Bürger Zuttitt hatten, die sich mit einander unterhalten ober berathschlagen wollten. Den Siegern in ben KampWelen zu Olympia wurden öfters Bildsäulen in Sparta errichtet, ben Besiegern der Feinde nichts „Den Ringern Bild­ säulen" sagten die Spartaner, ben Helden all­ gemeine Achtung!" Man grub höchsten- die Nahmen derer, die in ben Gefechten ehrenvoll ge­ blieben waren, xiner schmucklosen Säule ein. Dem Fremdling, der von Athen «ach Sparta kam, mußte der große Unterschieb zwischen diesen

)

320

C

beiden Hauptstädten Griechenlands und dem Leben in demselben sehr auffalle«; von der äußern und innern Schönheit jener Prächtigen verwöhnt, mußt' er in Sparta die Nebenbuhlerin Athens kaum zu erkennen im Stande seyn, und kaum glauben können, die in niedrigen Hütten wrhnrnden, in groben Mänteln ruhig eknhergeheuden Spartaner seyen die nehmlichen, welche stch den Feinden durch ihre stürmische Tapfer­ keit so furchtbar machten. Die Spartaner verdankte» ihre zu allen Feite» mit Recht gerühmte Verfassung den Anstrengungen und Bemühungen des Lykurg. Die Gesetze, welche er seinem Vaterlande gab, sonderten dieses von al­ len andern Staaten Griechenlands auf das 'bestimm­ teste ab; allein stand Sparta, und bildete durch seine Verfassung nicht nur Männer, sondern Helden, und viel länger, als irgendwo, blieben Lykurgs Gesetze in ungeschmälerter Kraft. Er und seine Verordnun­ gen sind häufig eben so sehr gelobt, als getadelt wor­ den; indem einige mehr als menschlichen Geist darin wirksam zu sehen glaubten, haben Andere diesen Ge­ setzgeber der Gefühllosigkeit und grausamer Neigungen auf das Bitterste beschuldiget; er hat in den Augen dieser Tadler das menschliche Geschlecht entehrt, in­ dem er aus den Gliedern feines Staates nichts alrohe Krieger zu bilden bemüht gewesen seyn soll. Mir ziemt es blos, das hier aufzustelle«, was sich als Thatsache bewährt. Lykurgs Lebens - und Arbeit-periode, die viel älter ist, als die des athenischen Gesetzgebers Solon, und näher an das Zeitalter der Heroen grenzt, er­ fordert

)

521

(

fordert eine kurze historische Einleitung. Der Herakliden, Nachkommen des Herkules, erwähnt' ich schon, die, ehemals aus der griechischen Halbinsel vertrieben, achtzig Jahre nach der Eroberung von Troja, mit starkem Arm, von Doriern unterstützt, von der damals allgemeinen Neigung der Menschen jenes Erdstrichs, die Heimath mit einer andern zu vertauschen, verstärkt; jenes alten Befitzthumes sich wieder bemächtigten. Temenus, KresphonteS und Aristodemus waren ihre Führer; die griechisch Hmbinsel, der P loponrsus, wurde ihre Deute. Lemenus erhielt die Landschaft Argalis, Kresphontes Mes­ senien. AristodemuS starb und erst nach seinem Tode gebahr seine Gattin Zwillinge, Euristhenes und Pro­ kies, welchen, weil weder ihre Mutter, noch auch das Delphische Orakel dem einen oder dem andern das Recht der Erstgeburt zusprechen wollten, die Landschaft Lakonika, Lakonien, zu gemeinsamer Be­ herrschung zufiel.

Diese in Sparta fiegreich einräckenden Dorier standen aizf einer geringeren Bildungsstufe als die Lazedämonier, welchen sie fich zu Herren aufdraugrn. Wenn sich sonst in einzelnen Theilen Griechen­ lands Auswanderer aus fremden Gegenden ansiedel­ ten, brachten sie die Wohlthaten der Wissenschaften, Künste, und einer gesitteten Lebensart mit; aber diese Heraklibea mit den rauhen Doriern, so rauh wie ihre heimischen Gebirge, vermengt, zermalmten nur alles durch Waffengewalt, und wurden die Gei­ sel ihrer Unterthanen.

)

gae

Eurysthenes and ProkleS

Jen« beiden Brüder,

in ihrer Macht vereinte, königliche Fa­

fitsteten zwei,

der Enrystheniden

milien,

C

Prokltdev,

and

welche

über kazebämoa mehr all 900 Jahre vannterbroche»

Bis zu Lykurg entstauben aus Eu­

geherrscht habe».

rysthenes Stamm:

Agis, EchestratuS, Labotas, Do-

rissuS,

Archelaus;

AgestlauS,

waren:

Den

Vater

Eunomus

hatte»

Sparta mit einem Messer getödek,

aller Art, renden

ProkleS Haufe

Der jüngere Bruder deS Letzteren «ar Ly­

Ipdektes. kurg.

auS

Enrypon, PrytaniS, Euaomus, Po-

Sous,

Empörer in

und Unordnungen

von gegenseitigem Neide der beide» regie­

Familie»

und

von

der Dergrößerungsfucht

einzelner Vornehmen herbeigeführt und genährt, brach­ ten Lazedämon an den Rand des Verderbens,

nach Vorschrift der Gesetze in der Regierung; er hatte fie kaum angetrrten,

als

Lykurg folgte ihm

auch Polydektes unerwartet starb.

allein

als deS BruderS Witt,

«e erklärte, ste hoffe Mutter zu werben. Lykurg «ar so wenig von dem Besitz einer Krone geblendet,

baß er sogleich bekannt machte: wenn sei­

nes Bruders Wittwe Mutter eines Sohnes würbe,

so trete er diesem die Regierung ab, und wolle nur dessen Vormund bleiben.

Die Wittwe wünschte sich

mlt Lykurg verbunbm zu sehe«, und versprach sogar,

wenn er ihr Gatt« «erde» wollte,

ten.

daS Kind zu töd-

Ein so schreckliches Vorhaben empörte den ge­

rechten Mann;

um es zu verhindern, machte er der

Königin fälschlich Hoffnung, und alS ste einen Sohn gebahr, nahm er ihn auf die Arme,

trug ihn in die

Versammlung der Vornehmste« des Volkes mrd zeigte

) 323

(

Itn Knaben mit den Worte»; hier ist euer gebohr«er König! Er gab Ihm den Nahmen Charilau-, Volksfreude.

Die Königin vergaß die Beleidigung, ihre Hand au-gefchlagen zu haben, nicht; fie und ihr Anhang »erbretteten daS Gerücht, Lykurg wolle den ihm ver­ trauten Mündel heimlich töbten lasse«. Er -laubte, dem Verdacht gänzlich ausweichen zu müssen, den selbst der Zufall begünstigen konnte, und verließ da­ her freiwillig seine Vaterstadt. Er reiste erst «ach der Insel Creta, wo eia glückliches Volk unter den weifen Gesetzen des Minos blühte. Lykurg bereicherte dort feinen Geist mit dem nützlichsten Stoff, und mit den Grundideen zu der Verfassung, die er sei­ nem eigenen Vaterland« einst zu geben gedachte. Er ging hierauf nach Asten, wo griechische Kolonien in der Ausbildung, in Gewerb und Handel bereits gut vorgerückt waren, aber auch Ueppigkeit und Ver­ weichlichung schon bet sich hatten eindringen lassen. Dort, bei den Ioniern, fand er unter andern meh« rere Bruchstück« au- den Gedicht«» des Homer, und eilte, fie als «in schätzbar«- Gut nach Lakonie» zu verpflanzen. Allenthalben erwarb er fich die Kennt­ niß der Sraatsverfassnngen, von welchen da- Beste in Sparta aageweudet werden sollte. Lazedämvn war inbesseu mehr und mehr ble Deute innerer Zerrüttungen gewesen, und müde deJammers, den diese verbreiteten, sandten die Ein­ wohner verschiedene Boten an de« Lykurg, um ihn zu des Vaterland«- Heil zurück zu rufen. Er kam £ a

) 5-4 ( und begann bas große Werk einer gänzUchen Um» schaffung der alten Verfassung. Er stagte daS Ora­ kel ju Delphi um Rath über den AuSgang seineBeginnens; „Du bist, antwortete die Priesterin, ein Freund der Gottheit, bist mehr als Mensch, und deine Staatsverfassmg wird die beste von allen werden.'" Lykurg konnte nun ruhig fortarbekten und die beste Aufnahme feines Entwurfs bei dem Volke er­ warten, da solcher selbst ^durch den Ausspruch der Gottheit vortheilhaft angekäudiget war. Aber den­ noch hatte er noch der Sorgen und Gefahren viele zu bestehen, ehe düs' Werk zu Staude kam; er mußte sich mit Gewaffneten umgeben, und entging kaum den Versuchen der Gegner, ihn aus dem Wege zu räumen. Endlich ward die neue Verfassung in allen ihren Theilen in den Gang gebracht, und die Spartaner erkannten ihre Vorzüge. „Noch ein Haüptstück unserer Gesetzgebung, so sagte hierauf Lykurg zu dem versammelten Volke, muß ich euch mittheilen, aber zuvor befrage ich daS Orakel ln Delphi; versprecht mir, bis ich wiederkomme nichts an der neuen Verfassung zu ändern!" Sie versprachen es; Lykurg ließ sich dieses Versprechen von den beiden Königen, von den Obrigkeiten, und von der ganzen Bürgerschaft eidlich geben, und reiste nach Delphi, wo et das Orakel fragte: ob Sparta bei seinen Ge­ setzen glücklich seyn werbe. Die Priesterin antwor­ tete: Sparta werbe der glücklichste Staat sey», so lange dort Lykurgs Gesetze geltend seyen. Freudig sandte der weise Mann den Götterspruch nach Spar-

) 5*5 ( ta, und verschwand; und fern von dem Volke, dem er so viel GnteS verschafft hatte, starb er, niemand erfuhr je, wo und wann! Lykurg's Gesetze hatten die Absicht, ein gesun­ des und tapferes Menschengeschlecht in feinem Staate j» bilden, und den Einzelnen jedes Opfer erträglich und leicht zu machen, welches sie dem Wohl des Ganzen darbringen müßten. Dem Staate gehörte der Bürger von Sparta mit.der Fülle feiner Kraft, und nur als Bürger kam der Mensch in Betrachtung; in dem Bürger sollte sich der Mensch gleichsam ver­ tieren; seine Kräfte sollten' sich durch beständige Auf­ opferungen uud Uebungen stählen, vervielfältigen^ und indem -er Spartaner, ungereizt, unangetastet von den Verderbnissen einer in allen andern Staaten sich entwickelnden Ueppigkeit, vereinzelt bastünde, sollte fein innerer Gehalt bas Scheinvermögen aller andern überwiegen, und in dem Einzelnen die Kraft mehrerer sich wirksam zeigen. Ein Heldenstaat sollte in den Thale des Eurotas blähen, und in Wahrheit, *r blähte dort, so lange Lykurg's Gesetze redlich gal­ ten. Auch geschah dieß viele Jahrhunderte hindurch ohne Wanken; wenn ich daher de« Haushalt der Spartaner von der ersten Erziehung an, soviel da­ von bekannt ist, hier zu schildern suche, so werde ich Lykurg's Gesetze in ihrer Anwendung meinen Lesern mitgeiheilt haben, ohne sie der Reihe nach aufjählen zu mässen.

Die Spartaner werbe« uns als schöne, kraft­ volle, kernhaste Männer, ohne Fehl und Tadel,

) 5»6

(

gestellt, sehr gewandt, sehr abgehärtet gegen tat Ein­ fluß der Witterung, allem Ungemach trotzend, nir­ gends eine Spur von Verweichlichung zeigend. Die Spartanerin» n schildern uns Nachrichten aus der Vorzeit als hohe Gestalte», stark, ausgezeichnet durch der Gesundheit Blüthe, und größtentheils von sehr schöne» Tefichtszügen. Aber in diesen Züge» sprach sich ihr Charakter aus; ihre Schönheit stand mit Majestät und Ernst im Bünbniß, so baß, nach Bar, thrlemy's Ausdruck, der bildende Künstler muster­ hafte Formen zu einer Göttin der Weisheit genug in Sparta gefunden habe» würde, und «ur sehr we­ nige Modelle zu einer Liebesgöttin. Die Spartaner kleideten fich sehr einfach vnd schmucklos; die Könige, die Obrigkeitspersonen, und die gemeinen Bürger gingen in Kleider» vo» einerlei Stoff vnd Schnitt; ein kurzer, grobwollener Leib, rock, über welchen ein grober Mantel geworfen wurde, «ar ihre Körperhülle, die Füße waren ge, wöhnltch durch rothe Sandale» beschützt, der Kopf dnrch einen Hut, dessen Obertheil «le ei» halbe- Ey gestaltet seyn mogte, der untere einen breiten Rand hatte, wodurch das Gesicht beschattet war. Die Haare ließen die Männer und schon Jünglinge, «ach erlangter Mannbarkett, unbeschorea, rauh nieder­ hänge», vnd vo« dem Bart wurde «ur die Ober­ lippe befreit; an der Unterlippe und um da- Kinn her wuchsen bi« Haare ungestört. Es ist aber wahr, scheinlich, baß Leute, bie fich als besonder- abge­ härtet barstellen wollten, den Kopf bis auf bie Haut glatt geschoren habe«. Die Spartaner trugen ein«

)

s®7

c

derben, oben gekämmten Knotenstock, duldeten keine und andere Wohtgerüche an

wohlriechende Galben

und mußten

ihrem Körper,

es stch daher gefallen in dem geglätteten

lassen,

daß

Athen,

das von Galben düstete,

die Lustspieldichter

sie als ein Volk,

welches in Bärten lebe, die Haare wild u« sich her­

stiegen

lasse,

fchiniertge

Finger

und

habe,

grobe

Mäntel nachfchleppe, auf der Schaubühne dem Ge­ lächter Preis gaben.

Die Kleidung der Spartanerinnen war ebenfall-

sehr einfach;

eine Tunika,

die wir vn- als eine Art

von kurzem Hemde denken müssen, und ein Rock, der bis auf die Knöchel herabhing, aber an beiden Sei­

ten aufgefchlitzt,

und durch Haken ober Agraffen zu­

sammen gehalten war,

ten,

welche geöffnet werden konn­

wenn dem Körper in Kampfübungen und bet

Tänzen größere Freiheit gelassen werden sollte.

dige Mädchen gingen ohne Schleier, bedeckten ihr Gesicht damit.

Le­

Verheirathete

Schmuck an Gold und

Edelsteinen war de« Spartanerinnen untersagt.

Rach Lykurg's Verordnung durfte man bei dem

Dau eines Hauses zu der Thüre nur die Säge,

bei

dem Fußboden und der Decke nur die Axt anwenden.

Wenn der Stamm kaum von der Rinde befreit war,

konnte er schon zu dem Gebälke in spartanischen Woh,

mingen gebraucht werden. Hausgeräthe bestellt,

Etwas besser war da-

aber dennoch

durst und sehr einfach.

nur zur Noth­

Doch empfahl stch in der

spartanischen Wohnung eine große Ordnung; nichts

lag Über einander,

alle-

hatte -tuen

bestimmten

)

5*8 (

Ort, an den es «ach beut Gebrauche wieder ge­ bracht wurde. Die Spartaner heiratheten früh; dm, der die Mannbarkeit erlangt hatte, und zögerte, sich ei» Weib unter den spartanischen Töchtern auSzuwählen, verfolgte Spott aller Art, und Strafe traf ihn, wenn er im ehrlosen Stande blieb. Er taugte im Winter, nackend, ein Spott lieb auf sich selbst singend, über den Marktplatz gehen, konnte bet den Festen der Ju­ gend nicht Zuschauer seyn, und von jättgeren Leuten die Achtungsbezeugungen nicht verlangen, welche die Gesetze verschrieben. So kam einst der Feldherr Dercylltdes, der ehelos lebte, in einen Versammlungsfaal von weit jüngeren Bürgern, als er selbst war, und konnte keinen Sitz mehr haben; der Jüngste stand in einem solchen Falle auf, und über­ ließ dem Aelteren seine» Platz; aber dießmal blieb der junge Spartaner sitzen und sagte zu dem Stehen­ den: ich biete dir meine» Sitz nicht an, weil du niemand gezeugt hast, der mir «inst feine» Sitz an­ biete» könnte. Lek der Wahl der Braut war der spartanische Jüngling gehalten, eine an Alter, Größe, und Kräf­ te» nicht allzu ungleiche Person zu wählen, und wer dieses Gesetz übertrat, wurde gestraft. So der Kö­ nig Archibamus; er hatte eine kleine Frau geheirathet. Die Ephoren zu Sparta riefen ihn vor ihre» Richterstuhl und straften ihn, weil, sagte» sie, zu besorgen ftn, daß er ihnen nicht Könige, sondern Königleln Hintersassen wolle.

)

zag c

DeeBräutkgam erhielt kein Hekrathsgut, und wen» er, als Sohn, seines Vaters Besttzthum erbte, und seiner Fra«, als etwa etnjige Tochter, das Gut ihreDakerS zufiel, so duldeten die Gesetze diese- nicht; nur ein zweyter Sohn, oder überhaupt et» solcher, der nicht selbst in den Besttz eines väterlichen Vermögen­ kam, konnte eia Mädchen heirathen, bas einst Erbin wurde. Don de» Heirathsgebräuchr» der Spartaner ist wenig zu sagen; einer, und zwar ein sehr feltsattiit, schließt alle andre aus. Wenn der Vater der Braut seine Einwilligung in der ihm angetragenen Verbindung seiner Tochter gegeben hatte, und der Zeit­ punkt der Vrrhrirathung bestimmt war, so schlich der Bräutigam aus dem Erziehungshause, worin er mit andern seines Alter- beysammen lebte, des Abend-, nach der Mahlzeit, unbemerkt in da- Haus der Braut, uyd entführte diese in seines Vaters Wohnung. Dort vollzog er die Ehe, und kehrte sodann wieder in daS ErhiehungshauS zurück, stets darauf bedacht, daß er nicht vermißt werben möge. Da es ihm täglich erlaubt war Abends einige Augenblicke in feiner Aeltern HauS zu verweilen, so war dies die Gelegenheit, seine junge Frau zu sehe»; aber er vermied sorgfältig, Verdacht wegen Ausbleibens zu erregen, und, wenn wir alten Nachrichten glauben, so hatte mancher Jahre lang mit seiner Frau gelebt, ohne ste ander-, als in blesen Abendbesuchen gesehen zu haben. Ein seltenes, in feiner Art einziges Gemälde, ge­ währt die Erziehung der spartanischen Kinder, der Knaben besonders. Nicht nach der Aeltern Gefallen, nicht für diese, sondern nach den Gesetze» des Skaa-

> 88« ( Mr durch Bett Staat, und einzig für ihn warben die Knaben erzogen. Unmittelbar «ach der Geburt wurde der Knabe tu einen von de» Derfammlungsfälea der Funftältefien (man nannte diese Säle Lefchen) getra­ gen, und genau beflchthrtr. die Amme warb herbeygerufen, um den Kleinen In Wein zu baden. Man glaubte, für kränkliche Kinder sey dieses Bad töbtllch. Hierauf wurde, wenn die erste Probe Überstande» war, von de« Aeltesten, «ach genauer Untersuchung aller Körperthelle, das Urtheil gefällt, «ach welche« entweder der Knabe leben, oder la einem Abgrund des Berges TaygetuS geworfen werde« sollte. De« zum Leben Bestimmten gab man feinen Settern zurück. Die Wiege war ei« Schild, in dessen Höhlung der Knabe sich ohne alle Beschränkung frey rühre» konnte. Eine Lanze ward zu dem auf dem Bode« lie­ gende« Schilde -lngestellt, damit fie der erste Gegen­ stand wäre, «ach welchem der Knabe sehen und grei­ fen könnte. Memand schien fich viel um ihn zu küm­ mern, er mvgte weine« in feiner Einsamkeit, niemand stillte feine Thränen. Aber niemand belästigte ihn auch mit Zwang, Drohungen, Furcht. Er mußte fich an die einfachste« Nahrungsmittel, und selbst an öf­ tere- Entbehren der nothwendigste«, gewöhne«; mußte lerne«, allein und im Finster« sey«. So wuchs er Hera», und niemand störte seine kindische« Spiele; niemand begegnete ihm mürrisch; er konnte und sollte frey alle Freude« des erste« Iugendatters empfinde«. Siebe« Jahre batte der spartanische Knabe ««« erreicht, da hörte er auf, feinem väterliche« Haufe anzugehören; der Staat übernahm mm feine weitete

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53*

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Erziehung. Er wurde in die öffentliche Erzirhung-anstatt abgegeben, in welcher alle Knaben der Sparta­ ner, ihr Vater ftp König oder gemeiner Bürger, un­ ter gleicher Behandlung, gleich gekleidet, gleich bekö­ stiget und unterrichtet, beysammen lebten. Alle waren «n Klaffen eingethettt; es ziemte de» Vätern der Einzelnen nicht, stch ihrer besonder- anzu­ nehmen, oder gar ihrer Züchtigung, wenn sie Strafe verdient hatten, sich zu wkederfetzen. Jede Klaffe «ar wieder in mehrere kleinere Abtheilungen gesondert, de­ nen eigene Aufseher vorgesetzt wurden, welche man au- den geübteste», wüthigsten Jünglingen au-wLhltt. Ueber diesen standen wieder höhere Aufseher, denen alle und der ganzen Anstalt der Päbonom von de« Staate zum Direktor gefetzt «ar, ein Mann von der anerkanntesten Würbe und Rechtschaffenheit. Aber je­ der einzelne Bürger hatte da- Recht, da- Erziehung-hauS so oft zu besuche», al- er wollte, und mtt Rath uad That dabey eiazuwlrken. Di« Zucht war strenge in dieser Anstalt, und wurde täglich strenger mtt dem zunehmenden Atter der Zöglinge; di« Strafen, bnrch welche pe ihre Feh­ ler büßen mußte», waren Getselhiebe, die ihnen von Jünglingen reifere» Alter- aufgezählt wurden. Ei« kurzer Letbrock war di« Bekleidung der Knaben bts ln ihr zwölfte- Jahr; ste hatten kurzgefchnitten« Haa­ re, gingen baarfüß, unbeschuht, und mu-ten ost «a, Send ringen. Bäder und Salben wurden ihnen fetten verstattet. Mit dem zwölften Jahre vertauschte man de« keibrock mit ein«» groben Mantel; da- «ar hinfort

die §anze Mrperbedeckung, und so grob u*b schlecht der Mantel war, so mußte er doch ein ganzes Jahr aushalten. Äle Abtheilungen begriffen Knaben von ver­

schiedenen Altern, welche man durch besondere Benen­ nungen unterschied. Das Knabenalter scheint bis zu dem ,8ten Jahre ausgedehnt gewesen zu seyn; wer dieses zwey Jahre überschritten hatte, also zwanzig Jahre alt war, trat in die Reihe der Eirenen, und mit dem zoten Jahre heiraten diese Zöglinge deS Staats das männliche Mer. Jeder von den Erwach­ seneren suchte unter den -ungern Mitzöglingen einem näher als den übrigen sich anzuschließen, und mit ihm den innigsten Freundschasksdund zu errichten. Beyde suchten von nun an vereint ihre Bildung zum Staatsbürger zu vollenden; der Mltere betrachtete sich als Muster der Handlungen und Gesinnungen deS Jüngeren, und dieser bemühte sich dagegen auf das eifrigste, alles, was jener verlangte und gut hieß, zu vollbringen; beyde liebten sich in dem erhabensten, edelsten Sinne deS Worts. Der Liebende setzte sei­ nen ganzen Stolz darin, daß jeder seine» Geliebte» als den Besten in dem ganzen Erzirhungshause aner­ kennen sollte; von ihm, dem ältern, forderten die Vor­ gesetzte» ! Verantwortlichkeit für die Aufführung deS jüngere». Ein Jüngling wurde einst zu harter Strafe verurthetlt, weil sein junger Freund in einem Kampfe durch einen Schrey sich als einen Feigen dargestellt hatte. Die Geschichte von Sparta zeigt uns diese früh geknüpften Freundschaftsbande, diese edle Knabenliebe in ihrer heiligen Reinheit ost als die Ursache

) 555 ( trefflicher Thäte» zu Haufe und im Kriege, und Freundschaft überhaupt als Mutter alles Edlen und Großen; und so lange diese süßen, geheiligten Ver­ bindungen, in das ganze übrige Leben eingreifend, in ihrer Reinheit bestanden, verdiente die Verfassung, welche solche stiftete, Lob und Verehrung. Alle Knaben einer Abtheilung schliefen in einem Saale; ihr Lager bestand aus Schilfblättern, und diese mußte sich jeder an dem Eurotas selbst pflücken, ohne dazu ein schneidendes Werkzeug zu erhalten. Der Vorsteher einer solchen Abtheilung, ausge, zeichnet durch das Lob des Muths und der Stttfamkekt, führte seine Schaar bei allen Uebungen an, und und lehrte ste Handgriffe und Stellungen, wenn fie fochten, mit Lanzen warfen, durch den Fluß schwam­ men, auf die Jagd gingen, rangen, liefen, ritten, Faustkämpfe anstellten. Damit wurden di« Stunden des Tages.verbracht. Kamen die jungen Leute zurück, so wurde ein mäßiges, aber gesundes Mahl gegeben, wobei die Knaben das meiste selbst besorgen mußten. Wer Kraft genug hatte, trug Holz zum Feuer; di« Kleineren sandte man aus, tu den Gärten Gemäße zu hohlen, oder andere Speisen fich heimlich zuzueignen, mit der einzigen Warnung, fich nicht ertappen zn lassen; denn sonst bekam der Dieb die Ruthe, oder mußte fasten, oder um einen Altar hertanzen und fich selbst in einem Liede verspotten. Sogar bis in die Säle, wo die Bürger speisten, wovon ich weiter un­ ten sprechen werde, und wobey die verschiedenen Ab­ theilungen von Zöglingen seyn durften, als Zuhörer aber nicht als Gäste, sogar bis dahin schlichen fich

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diese Boten beS Raube- und Haschee« vom rische, was sie im stille» erreichen konnten. Indem ich hier den gesetzlich erlaubten Diebstahl der junge« Sparta­ ner kund mache, muß ich bitten, mich bloS als Er­ zähler einer Thatsache anzuseheu, die ich selbst nicht billige, aber auch nicht verschweigen darf, wen« fle einen Flecke« in da- Gemälde bringt. Lykurg ist we­ gen dkses Punktes feiner Verfassung häufig auf daAeußerste getadelt, häufig aber auch sogar ilberauerhobeu worden; beyde- wohl zu freygebig. Nicht am unrechten Orte wird hier stehen dürfen, waS ihn dazu vermögt haben könne, eine so gewagt« Verordnung zu geben; entscheiden mag alsdann der Leser. Diebstahl war in Sparta nlcht erlaubt, sondern wurde, wie in andem Staaten Griechenland- als Ver­ brechen hart bestraft. Lykurg ließ den Zöglingen des Staates nur wenige Nahrungsmittel zuwenden; er wollte fie an Hunger und Ertragung alles Mängel­ gewöhnen, damit fie brauchbare Soldaten würden, und, indem fie die nothwendigsten Bedürfnisse zu stil­ len bemüht wären, sollten fie dabey zugleich ein Uebungsmtttel ihrer List und Gewandheit haben; esollte so seyn, als wären ste in Hinsicht auf ihrer Beköstigung in Feindes Land. War doch der ganze Jugrndunlerricht in Sparta fast nichts, als eine Art von Soldatenlebe«, Lagrrlrben, wenigstens nichts an» deres, als Vorbereitung zum ersten Feldzüge. Nach den Grundsätzen war eö am rühmlichsten, durch List seinen Feind bezwingen; auch das wollte frühe gelernt und geübt sein. AuS diesem Gesichtspunkte mag Lykurg die Erlaubniß zu stehlen angegeben haben, dir er den

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Zöglingen des Staats gab; sie beschränkte fich einzig auf Eßwaaren, und konnte fich auch nicht wohl wei­ ter ausdrhnrn, da den Spartanern nichts Kostbare-,

ich möchte sagen, Nichts ju nehmen war, well fie

nichts hatten, noch haben dursten. War die Mahlzeit vorbey, so übten die Aufseher ihre Abtheilungen Im Singen, gaben ihnen durch Fra­ gen Anlaß, ihren Verstand zu schärfen, und straften unüberlegte Antworten.

Dabey waren häufig di« be-

deutenste« Männer des Staates gegenwärtig; denn jeder suchte Erhohlung und Vergnügen darin, fich in

die Relhea der Zöglinge zu mischen, und über haSetrageu ihrer Aufseher zu wachen.

Wissenschaftliche Bildung erhielten die spartanl, scheu Knaben nur sehr wenige; man lehrte fie ihre

Sprache richtig sprechen, fing« und tanzen; viele Spartaner konnten weder lesen noch schreiben, und von Geometrie, Astronomie, von Philosophie, überhaupt

von schönen Wissenschaften und Künsten, welche dem Leben so viele Reitze verschaffen, war kaum eine Spur unter Sparta'- Einwohner zu finden. Sie glaubten, der Geist erschlaffe; der Körper werde für die Bestim,

mung zum Kriege verweichlicht, wenn die Jugend an dergleichen Kenntnissen Geschmack finde. Ihre Gesän­ ge waren Kriegslleder und begeisternde Stücke aus

den Gedichten des Hower; ihre Tänze hatten Anspie­ lung aus Gefechte und Krlegsscenen, r- waren vor­

bereitende Spiele zu dem großen, geltenden Krieg-spiel.

Bey den Kampfübungen brr spartanischen Jugend

wurde häufig Ernst aus Scherz, so daß dir dabey be­ findlichen Vorsteher und obrigkeitlichen Personen kau»

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durch ihr Ansehen de« gefährlichen Folgen vorbeugen konnte»; die Kämpfeuden in verschiedene Haufen ge­ theilt, in dem Platanistas auf verschiedenen Wege» ankommend gingen wüthend gegen elnander, feder Theil suchte den andern zuruckzudrävgen; die Einzel­ nen griffen sich an, und nahmen Fäuste, Füße, Zähne, Nägel zu Hülfe, um ihren Gegnern zu schaden. Keiner will weichen; feder ist eher bereit, athemlos niederzu­ stürzen, alS sich von den Vorstehern und Zuschauern der Feigheit beschuldigen zu lassen. Diese Kampfübungen wurden nackend gehalten. Wenn endlich doch ein Theil weichen mußte, so zog er fich so viel wie möglich in Ordnung zurück, und räum­ te endlich ganz das Feld. Dis an den Arm deS EurotaS, oder bis an den andern Bach, der, wie ich oben berührte, den Platanenhaia zu einer Insel machte, verfolgten die Sieger, und die Besiegten schwammen über das Wasser. „Du beißest wie ein Weib;" sagte einst bey einem solche» Gefechte ein junger Spartaner zu dem andern — Sprich lieber: wie ein Löwe! — erwiederte dieser. Die Zöglinge des spartanischen Staates sollten auch gegen den Schmerz gleichgültig werben; diese Absicht sucht man wenigstens in einer Anordnung Lykurg's, nach welcher jährlich die muthvollesten Knaben an dem Altare der Diane bis auf baS Blut gegetsselt wurden. In Sparta wurde nehmlich Diane aus Taurien in einem besondem Tempel verehrt; einst wur­ den dir Opfernden vor dem Altar uneins, und erwürg­ ten sich wechselseitig; daS Orakel befahl, um die Göt­ tin zu versöhnen, müsse künftig der Altar mit Men­ schen-

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schenblut befeuchtet werden. Die Spartaner nahmen es wörtlich, und töbteten alljährlich einen Bärger, den daS Loos dazu bestimmte. Lykurg kam, und hatte Ab­ scheu vor diesem Menschenmord; er deutele den Ora­ kelspruch dahin: die Göttin sey versöhnt, wen» spar­ tanische Knaben vor ihrem Altare bis auf das Blut gegeisselt würden. Ein schrecklicher Auftritt, der sich alljährlich vor Taufende von Zuschauern erneuerte. Die Priesterin stand dabey, und hielt dabey das klei­ ne, hölzerre Bild der Göttin in der Hand. Schien es ihr, wie fie sagte, die kleine Bildsäule werde so schwer, daß sie solche nicht mehr zu halten im Stan­ de sey, so mußten die Streiche fürchterlicher fallen. Blut strömte; dabey standen die Aeltern der Zerfleisch­ ten, 4int> schrien wie Rasende, baten, der Sohn möge doch ja die Schande nicht über sich bringen, und Kla­ ge hören lassen; dl« Kleinen dagegen trotzten, höhnten den Schmerz, äusserten in einer Art von wahnsinniger Begeisterung Freude bey der schrecklichsten Quaal. Bescheidenheit, Sittsamkeit, Mäßigung, unbeding­ ter Gehorsam wurden von den Knaben und Jünglin­ gen zu Sparta gefordert; auch zeichnete« sie sich darin sehr aus. Ausser den täglichen Uebungen fanden bey den Jünglingen bisweilen auch noch besondere statt, wo­ durch sie sich auf einige Tage von dem Erziehungs­ hause entfernten. Sie gingen auf die Jagd, durch­ streiften das ebene Land und einen Theil der Gr-nzgebürge, gewaffnet, aber schlecht gekleidet, ohne Schu­ he, ohne Bedienung, ohne Zelten, ohne Decken, wodurch pe zur Nachtzeit gegen rauhe Witterung sich hätten D

) 338 ( schützen können. Sie jagten Wildschweine, Hirsche vnd anderes Wild, und man behauptet sogar, diese jungen, raschen Jäger und Freybeuter seyen berechti­ get gewesen, nach vorhergegangever Warnung, Jagd auf die Heloten zu machen, und, wenn einer von die­ sen Unglücklichen, der Warnung unetngedenk, in das Freye hervorging, ihn gleich dem Wilde zu erlegen. Um diese grausamste aller Jagden zu vollbringen, la­ gen diese, von den Gesetzen zu Verbrechen berechtigte Jünglinge den Tag über verborgen, und überfielen zur Nachtzeit die Heloten, welche, die ergangene War­ nung nicht achtend, jene weit von ihren Hütten ent, fernt glaubten, und nichts Arges befürchteten. Auch die Töchter der Spartaner wurden ziemlich militärisch erzogen; fie arbeiteten nicht zu Haufe, spanven nicht Wolle, saßen nicht am Stickrahmen, und brauchten fich nicht, wie die Athenerinnen, des Wei­ nes und nahrhafter Speisen zu enthalten, um recht zart von Körper zu bleiben. Gesundheit und Kraft sollte» ihr vornehmstes Gut seyn. Sie besuchten öf­ fentliche Urbungsplätze, wo fie im Ringen, Lauft», im Werfen von Scheiben und Wurfspießen, Unterricht erhielte«. Ganz gegen die griechische Sitte gingen fie ohne Schleyer und ihre Kleidung war so kurz und leicht, daß man diese spartanische Mädchen eher für nackend, als für bekleidet halten konnte. Auch waren fie bey diesen Uebungen nicht allein; die Könige, die obrigkeitlichen Personen, die Bürger hatten dabey Zu­ tritt. Nur Hagestolze waren davon ausgeschlossen. Bey den Opferfesten sangen und tanzten die spartanischen Mädchen.

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Dke Verrichtungen des Hauswesens, und dis Feldbaues besorgten in Sparta Sklaven; Sklavinn«» spannen und webten Wolle und verfertigten Kleiber. Dem spartanischen Bürger schien es entehrend, zu ar­ beiten, Gewerbe oder Handel zu treiben; Krieg und Jagd hielt er für das Tagewerk seines Lebens. Die Spartanerinnen schämten sich der Besorgung des Hauswesens und führten nur die Oberavfstcht dar­ über; was könnt' es auch viel zu verrichten gebe», da an Hausgeräthschaften, Kleidungen, Putz, Teppi­ chen, Polstern, u. dergl. so wenig Vorrach war. Selbst die Bereitung brr Mahlzeit erforderte wenig Anstrengung, den die Männer speiste» nicht zu Hau­ se, sondern, alle zusammen in großen Sälen, wo nicht in einem Haufe, doch in Häusern, die auf einem Bezirke ganz nahe beysammen standen. Man nannte diese gemeinschaftlichen Gastmahle Phidtlien, oder Syssitien. In den Speisesälen saßen gewöhnlich fünf­ zehn an einer Tafel. Zeder gab monatlich zu dem er# foderlichen Aufwand einen Medimnus Gerstenmehl (ungefähr eilf Metzen) acht Congien Wein, (ungefähr 19 Kannen) fünf Minen Käse, (4 Pfund 24 Loth) drittehalb Minen Feige, (2 Pf. 12 Loch) auch etwas weniges an spartanischer Eisenmünze, um Nebenaus­ gaben zu bestreiten. Keiner durste sich von diesen ge­ meinschaftlichen Mahlzeiten loSfagen; selbst die Kö­ nige rnußten kommen, und die Polemarchen, denen die Aufsicht darüber zugethellt war, verweigerten einst dem Könige AgiS die Erlaubniß davon wegzubleiben, um welche er au- dem Grunde bat, weil er eben aus dem Kriege heimgekehrt war. .Wer opferte, oder mit V 2

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34o

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Ermüdungen von der Jagd sich entschuldigte, konnte zu Hause bleibe«; allein seine Pflicht war eS, kn die­ sem Falle der Tischgesellschaft, zu welcher er gehörte, von dem Opferfleifche, oder von der Jagdbeute etwas zu überschkcken. Nicht der Zufall bestimmte das Zusammenfitzen bey Tische, sondern die Wahl und Einstimmung derer, die fich gern zusammenhirlten: wollte noch einer hin­ zutreten, so wurde über ihn gewählt. Wenn dir Summe der spartanischen Bürger auf 9000 berechnet werden darf, so mußt«« 600 Tische täglich mir Speisen versehen werden, wozu man eine beträchtliche Anzahl von Köchen brauchte. Die Mahl­ zeiten selbst bestanden aus Gtrstenbrod, so viel jeder essen mochte, wenigem Fleisch mit etwas Zugemüse, wozu eine schwarze Brühe gegeben wurde, deren Zu­ bereitung unbekannt ist; aus Feigen, Oliven und Käse. Jedem Tischgenossen ward ein Trinkgefäß, das de« Name» Korhon führte, voll Wein gereicht. Gewöhn­ lich folgte aber diesem ärmlichen Mahle noch «in Nachtisch, den einer oder der andere Tischgenoffe, der etwa geopfert hatte, oder auf der Jagd glücklich ge­ wesen war, oder dessen Hühnerhof ober Obstgarten besonders gut besetzt und ergiebig war. Da bestand oft der Nachtisch aus bessern Gerichten, als die Mahl­ zeit selbst; man hatte Weizenbrod, Wild, Geflügel, Fische, Lämmer, und mancherley Obstarten. Wenn die Spende aufgetragen wurde, nannte der Koch den Namen des Gebers. Sklaven bedienten die Gäste» diese lagen, während der Mahlzeit auf hölzernen Bän­ ken ohne Polster. Zu Hause speiste die Fra« mit den

) 541
sten Jahre war jeher Spartaner verbunden, auf Erfordern in den Krieg zu ziehen; allein der Staat schonte seine Bürger so viel, wie möglich, und der größte Theil des Heeres bestand theils aus Lazedämoniern, theils, und zwar oft größtemhells, aus Helote». Bey 45,000 Mann in der Schlacht bey Platäa waren nur 5000 Spar­ taner ; oft bey einem ansehnlichen Heere kaum 6 — 700. Alle Sklaven mußten Abends das eigentliche sparta­ nische Lager verlassen, welches von ihnen mit Wällen, Pallisaden, Thoren versehen worben war; keiner durfte dir Nacht darin zubringen; auch war jeder spartanische Soldat verbunden, feinen Speer stets bey stch zu habe», er mogte gehen, wohin er wollte; denn, wenn diese Hruptwaffen in dem Lager zurückblieben, so fürchtete man, die Sklaven möchten sich derselben bemächtigen.

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(

An dem Tage der Schlacht opferte der König

dem Herkules eine Ziege; um ihn her standen die Krieger, mit sorgfältig gerelntgttn Waffen; feder hatte sein Haar geordnet, jeden zierte ein Kranz, und von allen ertönte einstimmig

der Schlachtgesang, unter

welchem sie, nach geendigtem Opfer, fröhlich vorrück­ Merkwürdig ist es, daß die Liebe zur Ordnung,

ten.

ttitb der unbegrenzte Gehorsam bey den Spartanern selbst in den wüthensten Augenblicken des Gefechtes sich nie verlohr; wenn der Krieger das Zeichen zum Rück­

tno er einen zu Boden

zug hörte, hi dem

geworfenen Feind mit dem Schwerd zu durchstoßen

im Begriffe stand, zurück.

so ließ er den Feind los, und ging

Keiner durste dra getödteten Feind plündern,

selbst die Verfolgung

der Fliehenden war nur auf

ausdrückliches Geheiß des Oberbefehlshabers erlaubt. Nur dem Könige und de» ersten Anführern gab

der Staat das Zelt und die nöthige Frldgerathschaft; jeder andere bey dem Heere mußte sich diese Gegen«

stünde selbst anschaffen.

Dem Spartaner, der fliehend

getödtet wurde, versagten die Gesetze das Begräbnis; wer aber muthig fechtend blieb, dessen Leiche ward in

purpurfarbener Kleidung feyerlich zur Erde bestattet,

und eine Säule auf dem Grab errichtet, welcher man de» Namen des Helden, und oft auch, als Sinnbild

seiner Thaten, die Zeichnung eines Löwen eingrub. So viel sey hier meinen Lesern von Sparta und

den Spartanern von mir mitgethellt; macht sie dies lüstern, mehr davon zu hören, so hoffe ich ihnen

Befriedigung in dem zweyten Bande

meines Wer-

) 349 ( kes: Die Nationen der Vorwelt, hanptfächlich in dem Zeiträume der Größe von Griechenland und Rom, welcher zu kommende» Michaelis # Messe unfehlbar erscheint, und worin ich «in ausführlicheres Gemälde deS merkwürdigen spar, tanifchen Kriegerstaatrs aufstelle, zu geben.