Peregrine Pickle: Band 2 [Neue Auflage, Reprint 2022]
 9783112638422

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Tlcklelf.Ta.nd.

Inhalt. Erstes Kapitel. Pickle und Gauntlet schlagen sich und werden Bu­ senfreunde. Erstrer trift in der Garnison ein. Er findet seine Mutter so unversöhnlich denn je. Er wird von seinem Bruder Gam gröblich beleidigt, und züchtigt dessen Informator mit der Hezpeitsche. Seite i

Zweite- Kapitel. peregrine entwirft einen Plan, sich an dem Vikar zu rLchen, der auch ausgeführt wird. S. i* vitteö Kapitel. Gamal»«?» Komplet yuen seinen Bruder Pickle wird eatdekt. Gauntlet'» Ankunft im Kastell. S.

Viertes Kapitel. Die beide» junge» Herren entwikkeln ihre Talente zur Galanterie. Sie haben ein lächerii'cherAbentcuer, und rächen sich an dessen Urheber. S. 39 pereg. Pickle II. D. )(

Inhalt.

Fünftes Kapitel., peregrine hat mit seiner Schwester Julie eine Zu«

sammenkuoft.

Folgen davon.

S. fi

Sechstes Kapitel. Ccunnion sodert Samaltel'n heraus; wird durch einen Schalksstreich des Lieutenant'», prregci-

ntn » und Gauntlet'a hinter das Licht geführt.

S. 6l

Siebentes Kapitel, pctcgtine reist ab. und trift mit Iolter'n wohl­ behalten in D o v e r ein.

S.

7*

Achtes Kapitel. peregrine rettet einen Italiener aus ven Hän­ den eines anfgebrachten Apot-ekers.

S. 77

Nennte- Kapitel. peregrine Amt den Uebrigen ist dem Ettrinken nahe. Pipe» erscheint plöilich als Retter. Pickle

landet in Calais und hat Streit mit den Ahis«

bedienten.

9i

Inhalt. Zehntes Kapitel. Verliebte- Abenteuer auf der Reife. In Boulez

u e lernt peregrine einige unglükliche Land-leute G. 107

kennen. Elftes Kapitel,

ptregcine bleibt die Nacht über tu Bernay.

Hornbek holt ihn hier ein.

Jener hat Lust, de-

Lertern Haupt mit einem Hornwerke zu befestigen.

S. 110 Zwölftes Kapitel,

peregrine führt $u Chantilly eine« Plan au-, den er gegen Hornbek entworfen hatte. S. u8 Dreizehntes Kapitel,

peregrine wird zu Paris in ein Abenteuer verwik« feit und ee« der Stadtwache in Haft genommen. Er bekömmt Äe'anntschaft mit einem Französischen

Kavalier, der ihn in v>, feine Well einsührt. S. 137

Vierzehntes Kapitel, peregrine bekömmt eine deutliche Idee von de«

Franz östfchen Gouvernement; hat Streit mit einem Mou-quetairr; schlügt sich in der Folge mit

ihm.

S. 1»

)(*

Inhalt. Fünfzehntes Kapitel. Jolter droht peregrine'n wegen seines üblen Ver­ haltens i« verlassen. Dieser verspricht Besserung. Durch seine ungestüme Leidenschaften wird dieser Entschlus bald wieder überwältigt. Pickle trift von ungefähr Mistriß Hornbek. Folgen hiervon. S. 169

Sechzehntes Kapitel, peregrine beschliesst nach England zurük zu ge­ hen. Im Palais Royal errichtet er mit zwei Lands­ leuten Bekanntschaft. Ihr sonderbarer. Karakter macht ihm viel Belustigung. S. 18$ Siebenzehntes Kapitel. Er führt seine neuen Freunde bei Voltte n auf. Die­ ser gerät mit dem Ar;t über die Regierung itt ei­ nen Streit, der beinahe in einen vfne» Krieg aus­ schlägt. S. 20a

Achtzehntes Kapitel. Der Arzt richtet ein Gastmal nach der Art der Al­ ten iiu S. 21a Neunzehntes Kapitel. Der Italiener und der Teutsche werden mit Schimpf und Schande aus dem Hause gewiesen, fallet

Inhalt und Pickle gehn aus die Maskerade. Ungläkliche Folgen hiervon. ®;. ®3) Awanzigstes Kapitel. Joltee, von dem Schiksal seines Mündels durch den treuen Pipe» benachrichtigt, beratschlagt sich mit dem Arzte; «endet sich sodann an den Engli­ schen Gesandten, um Pickle'» Befreiung -u be­ wirke». Der Gesandte arbeitet daran. Wie die» ausfällt. S. -49

Ein und zwanzigste- Kapitel, peregrine macht sich auf Palle»'» Kosten lustig. Die­ ser bricht mit dem Doktor. S. -57 Zwei und zwanzigstes Kapitel. Pellet giebt des Doktor'» Pattei auf und schliesst sich dicht an pickle'n an. Dieser lässt dessenun­ geachtet keine Gelegenheit vorbei, seine Schaden­ freude an ihm iu befriedigen. ©. 471 Drei und zwanzigstes Kapitel. Selbst der Doktor ist vor Pickle'» Schalkheit nicht sicher. Lertrer weis in Arras einem Paar Gau­ nern au- dem Ne»e ru entgehen. S. Xi

Anhalt.

Bier und zwanzigstes Kapitel, (feie kommen wohlbehalten fii Ryssel an, beseh» die Cidatelle. Der Arzt hat Streitigkeiten mit einem Nordbritten. Dieser wird in Verhalt ge­ nommen. S. r,s Fünf und zwanzigstes Kapitel.

Pickle hat mit dem Malchrserrltter eine Unterre« düng über das Englische Theater. Dies zieht ei­ ne Abhandlung des Doktor'» über die Schau­ bühnen der Alten nach sich. S. jio

Sechs und zwanzigstes Kapitel. Pipe» wird wegen seiner eisernen Hartnäkkigkeit von peeegrine'n verabschiedet Dieser lernt auf dem Wege nach Gent in der Diligence ein Frauenzimmer kenne», das ihn Lack fesselt. Um näher mit ihr bekannt zu werden, bringt er ihren Seelsorger auf seine Seite. S. zzo

Sieben und zwanzigstes Kapitel.

Peregrine wir- durch den Streit Iolter'» und eb­ nes Juden unterbrochen, wie er einige Fort­ schritte in der Zurteigunr der Flamländerin

Inhalt. macht. Er besänftigt den ausgebrachten Kapuzi­ ner, der ihm eine Zusammenkunft mit seiner schönen Beherrscherin verschalt. Die Erwar­ tungen, die er sich hiervon gemacht hat, schlagen fehl. S. ,4) Acht und zwanzigstes Kapitel, Pickle macht jur Erreichung seiner Wünsche noch einen Versuch, der aber durch eine» sonderbaren ZufaU mislingt. S.

Neun und zwanzigstes Kapitel. Unser Held beleidigt höchlich auf der Diligence seine (Bdiebte durch einen politischen Diskurs­ besänftigt sie aber wieder durch Unterwürfigkeit. Mittelst seiner Veranstaltung bleibt die Kutsche iu Aalst liegen. Er weis den Priester in sei­ nem Interesse, tu erhalten. S zs» Dreiffigstes Kapitel. Die Französische Buleria beßrikt das Herz des Juden. Dieser lässt sich in eine Verschwörung gegen pallet ein. Dadurch schlagen peregrinen» Absichten wiederum seht und des Hebräer» Un­ enthaltsamkeit kommt an den Lag. S. r?4

Inhalt.

Ein und dreiffigstes Kapitel, pallet fällt aus derBratpfanne garin's Feuer, wie er sich bemüht, dahinter ru kommen, wer ihn so übel behandelt hat.

Schlüsselloch zu: sie dürfe sich keine weitere Rech­ nung machen, je wieder über ihres Vaters Schwelle tu kommen. Sie entsage ihrer von dieser Stunde an, als eines unwürdigen Geschöpfs, da- ihre Gunst und Achtung nicht im mindesten verdiene. Julie weinte bitterlich und that ihr Möglichstes,

Liefen harten Urtheilsspruch durch die demütigsten

und vernünftigsten Vorstellungen zu mildern. Da sie sich aber bei ihrer Rechtfertigung notwendig derSache ihres ältern Bruders annemen muffte, so dien­

ten ihre Bemühungen, statt ihre Mutter zu besänf­ tigen , nur dazu, ihren Zorn noch stärker aiizufachen.

Cie entlud sich ihres Grimm- in Anzüglichkeiten ge­ gen peregrine'n, den sie als einen nichtswürdige», heillosen Auswurf der Menschheit behandelte. Wie dieser junge Mann diese ungerechten Schmä­

hungen hörte, zittert' er vor Unwillen am ganzen

Körper und versicherte der Schmälenden: er betrachte sie als einen Gegenstand des MitleidenS. Denn, sag­ te er, Ihr teuflischer Groll muS unstreitig durch die Dornen Ihres eignen Gewissens ernstlich bestraft

werden. Es klagt Sie sicher in eben diesem Augenblik über Ihre eben s» boshafte als falsche Vorwürfe an. Wat meine Schwester betrift, so preis'ich Gott, D 4

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daß Sie nicht im Stande gewesen sind. Sie mit Ih­ rem unnatürlichen Vvrurtheileanzustekken. Weil sie zu billig, zu tugendhaft, zu menschlich ist, sich es einflösse« zu lassen, so verwerfen Sie die gute Julie als eine Wildfremde, und stossen sie ganz unversorgt iit eine barbarische Welt hinaus. Doch auch hier soll Ihre boshafte Absicht zu Schande« werden. Ebe» die Vorsicht, die mich Ihrem grausamen Has­ se entzog, wird auch über Julie'« so lange ihre« Schuz verbreiten, bis ich es für ratsam halten wer­ de, durch die Geseze die Gerechtsame zu behaupten, die die Natur uns vergebens ertheilt zu haben scheint. Geniessen Sie unter der Zeit die Befriedigung, ei­ ne ganz ungetheilte Aufmerksamkeit auf IhrSchvoSkind zu verwenden, dessen liebenswürdige Eigen­ schaften Ihre Achtung und Zärtlichkeit so lange an sich gezogen und beschäftigt haben.

Diese freimütigen Vorstellungen erhöhten den Zorn seiner Mutter bis zum vollon Wahnsinn. Sie brach in die bittersten Verwünschungen gegen ihn aus, und tobte wie eine Bedlamitin an der Thüre, Bedlamitin. Eine Bewohnerin von Bedlam, Old Vedlam oder Bethlehem (der mittler te Name ist der gewöhnlichere) dem allgemei*

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die fie aufzusprengen versuchte.

Sie ward in ihren

Bemühungen durch ihren Lieblingssohn unterflüzk der

peregvme'n Rache verkündigte und wütend

gegen das Schlos anlief.

D r neu

Hospitale für diejenigen, dieih-

ren Verstand verloren haben.

Es war

ehemals ein Kloster der heiligen Marie von

Bethlehem gewidmet; daher sein jeziger Na­

me.

Das alte Gebäude war im Jahre 1675 sehr

verfallen, deshalb ward das gegenwärtige auf ei­ ner andern Stelle aufgeführt.

Es ist ein schönes

Gebäude oder vielmehr ein Pattast, von welchem einige geglaubt, daß er zu fchön und zu prächtig für die Residenz der Narrheit und Raserei sei. Die an der leztcn laboriren, sind in engen Behält­ und nur der Tod macht ihren

nissen eingesperrt,

O.uaalen ein Ende.

Von denen, die frei herum­

gehn und deren Narrheit fast blos in einem kin­ dischen Wesen und lächerlichen Einbildungen beste­

het , die von Selbstdünkel,

getäuschter Liebe imfr

fehlgeschlagnen Erwartungen herruhren, werden

viele wieder hergestclt, die alsdann diesen Ort ver­ lassen.

Uebrigens werden sie alle gut verpflegt.

(S. Wendeborn Th. 2. S. 163 und 169. und Neue Reise eines Deutschen nach und in England,

S. 179. und 80.)

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All' diese Anfälle waren vergebens. Endlich ward unser Held seinen Freund Gauntlet und ptpes ansichtig, die er ein Feldweges von dem Fen­ ster über einen Zaunsteg steigen sah. Er rief sie zur Hülfe und gab ihnen zu verstehn, wie hart er be­ lagert sei. Er bat sie, seine Mutter zurükzuhalten, damit er seine Schwester desto leichter in Sicherheit bringen könnte. Der junge Rrregsmann ging sonach hinein, poffirte sich zwischen Mrstriß Pickle und die Thür, und gab seinem Freun­ de ein Signal. Dieser nam seine Schwester auf seine Arme und entzog sie so unverlHt den Klauen des weiblichen Drachen; Pipes gab indes dem jun­ gen Herrchen mit seinem Knittel volle Beschäfti­ gung. Auf die Art ihrer Beute beraubt/ sprang die Mutter, wie eine Löwin, deren Jungen entführt sind , aus Gauntlet los. Sein Fleisch würde schmerz­ lich gelitten haben, wenn er ihrem boshaften Vorsaz nicht dadurch zuvorgekommen wäre, daß er ihre Hände fasste und sie so in einer gewissen Entferuung hielt. Bei dem Bestreben, sich von ihm los zu machen, grif sie sich so an, und der Zorn arbei­ tete zugleich so heftig in ihr, daß sie in eine sehr schwere Ohnmacht ßel. Während derselben ward

< 59 ) sie zu Bette gebracht und die Verbündeten zogen sich zurük, ohne weiter belästigt zu werden. Mittlerweile war peregrine nicht wenig Derk; gen, was er mit seiner geretteten Schwester be­ ginnen sollte. Dem Rommodore eine neue Aus­ gabe ausbürden, der Gedanke war ihm unerträglich; und ohne seines Wohlthäters Missen und Willen sich mit Julien's Erhaltung zu beladen wagt' er auch nicht; Inzwischen bracht' er sie vor der Hand zu einem benachbarten Gentleman, dessen Gemalin seine Pate war. Hier ward sie mit grosser Zärt­ lichkeit und vielem Beileid ausgenommen. Pickle nam sich vor, sie in irgend einem rechtlichen Hause während seiner Abwesenheit in eine anständige Kost zu bringen, die er von den Ersparnissen seines Ge­ halts abtragen wollte. Er hielt dafür, es sei hin­ länglich, diesen Abzug zu erleiden. Allein seine Absicht schlug ihm fehl; die ganze Sache ward den folgenden Tag bekannt, und kaum war sie Trunnton zu Ohren gekommen, als er seinen Paten avsschalt, daß er ihm diese Begebenheit verheim­ licht hatte. Er befal ihm, mit Bewilligung seiner Frau, Julien in die Garnison zu bringen. Mit Thränen der Dankbarkeit in den Augen erLfrrete ihm der junge Herr sein Vorhaben, sie auf

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Ritte Kesten 'M unterhalten und bat ihn ernstlich, ihm nicht diese Juftiedenheit ;u rauben. Allein ftitt «vheim war gegen alle seine angelegentlichen Ditte» taub und bestand daraus, sie solle in der Garnison wohnen, doch aus keiner andern Ursach, als um ihrer Base Gesellschaft zu leisten, die, wie er bemerkte, ru wenig Umgang habe. Sonach ward Julie in dies Haus gebracht und kam unter die Aufsicht der Mistriß Tcunmon, die, n>aS für eine Mine fie auch machte, des Umgangs ihrer Nichte gern wäre überhoben gewesen. Doch «ar sie nicht ohne Hofnung, ihren Groll gegen Mistriß Pickle durch die Nachrichten ru befriedigen, die sie durch ihre Tochter von der Oekonomie und dem häuslichen Betragen dieser Dame bekomme» konnte. Die Mutter selbst schien den Vottheil ru wis­ se» , den ihre Schwägerin über sie gewonnen hat­ te , denn die Nachricht von Julien» Aufname in der Garnison bekümmerte fie so sehr, als wenn sie den Tod ihres Manne» hätte vernommen gehabt. Sie quälte ihre Einbildungskraft, Verleumdungen gegen den guten Ruf ihrer Tochter au-rustreuen, die sie in allen Gesellschaften Werte» Sie rvg ge­ gen den Lommodore los, schrie Ihn als eine»

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)

alten schändlichen Buben aus, der den Geist M Ausmhrs «ater ihren Kindern atibliefe, und schrieb die Gastfreigebigkcit von seiner Frau , ihnen Schur zu geben keiner andern Urfad) ;u, als der eingewurzelten Feindschaft gegen deren Mutter, die sie beleidigt habe. Nun bestand sie in den gemes­ sensten Ausdrökken darauf, ihr Mann solle allen Umgang mit dem alten Knaben im Schlosse, und dessen ganzer Klerisei ausheben. Gamaliel, der un­ ter der Zeit andere Freundschaften geknüpft hatte» unterwarf sich willig ihrem Verlangen; ja er weiger­ te sich sogar, als sie eines Abends von ungefähr in dem Wirtshause zusammen kamen, mit dem Lommodo« zu sprechen.

Sechstes Kapitel. Trunnion fodert Gamaliel'» heraus; wird durch einen Schalksstreich des Lieutenant'«,

peregrinen's und Ganntler's hinter das Licht geführt.

Diesen Schimpf konnte Trunnion auf keine Wei­ se verdauen.

Er beratschlagte darüber mit dem

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alten schändlichen Buben aus, der den Geist M Ausmhrs «ater ihren Kindern atibliefe, und schrieb die Gastfreigebigkcit von seiner Frau , ihnen Schur zu geben keiner andern Urfad) ;u, als der eingewurzelten Feindschaft gegen deren Mutter, die sie beleidigt habe. Nun bestand sie in den gemes­ sensten Ausdrökken darauf, ihr Mann solle allen Umgang mit dem alten Knaben im Schlosse, und dessen ganzer Klerisei ausheben. Gamaliel, der un­ ter der Zeit andere Freundschaften geknüpft hatte» unterwarf sich willig ihrem Verlangen; ja er weiger­ te sich sogar, als sie eines Abends von ungefähr in dem Wirtshause zusammen kamen, mit dem Lommodo« zu sprechen.

Sechstes Kapitel. Trunnion fodert Gamaliel'» heraus; wird durch einen Schalksstreich des Lieutenant'«,

peregrinen's und Ganntler's hinter das Licht geführt.

Diesen Schimpf konnte Trunnion auf keine Wei­ se verdauen.

Er beratschlagte darüber mit dem

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Lieutenant, und der Schlus der Beratschlagung fiel dahin aus, daß der alte Lommodore pidHe’n eine Herausforderung senden und darin von ihm verlangen sollte, sich an einem bestimmten Ort mit

einem Paar Pistolen zu Pferde einzufinden und für die ihm bewiesne Verachtung Genugthuung zu ge­

ben.

Nichts hatte Ilak mehr Vergnügen machen kön­ nen, als die Anname dieser Herausforderung, die

er Gamalirl'n mündlich überbrachte, der zu dem Ende aus seinem Klub bei Tunley'n herausgeru-

sen wurde. Die Beschaffenheit dieser Botschaft hat­ te eine augenblikliche Wirkung auf den Körper des friedfertigen Pickle. Seine Eingeweide fingen vor

Furcht an zu bellen, und er bekam auf der Stelle so heftige Krümmungen und Windungen, daß man

hatte denken sollen, es waren die Wirkungen von einem ernsthaften Spässe aus der Apotheke, den man in sein Vier gemischt habe. Da der Bote an einer befriedigenden Antwort

verzweifelte, verlies er ihn in seinem jämmerlichen Zustande. Indes konnt' er eine so begueme Gele­ genheit, den Rommodoce aufzuziehn, unmöglich

vorbei lassen. Er ging unverzüglich zu den jungen Herren, erzalte ihnen die ganze Sache und bat ße

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um Golteswillen auf Mittel zu sinnen, wie man den alten Hanmbal auf den Kampsplaz brachte. Den beiden Freunden behagte der Vorschlag

und nach einiger Beratschlagung ward beschlossen: Hatchway solle Crumrion hinterbringen: seine Einladung sei von Gamaliel'n angenommen wor­

den ; er würde sich morgen an dem bestimmten Or­ te mit seinem Sekundanten einfinden, und zwar in der Dämmerung, damit, wenn einer bliebe, der

andere im Finstern die Flucht desto besser ergreifen könnte, Geoffry sollte bei dieser Posse des alten pickle's Freund spielen, und peregrine seinen eig­ nen Vater; der Lieutenant aber bei Ladung der Pistolen dafür sorgen, daß keine Kugeln hineinka-

men, damit kein Schaden aus diesem Zweikampf entstünde.

Wie dies alles in'S Reine gebracht war, begab sich der Lieutenant zu seinem Prinzrpal und brach­ te ihm eine sehr donnernde Antwort von seinem Gegner zurük. Zwar konnte dessen mutiges Bene-

irren den Lommodore nicht einschüchtern, allein

in Verwunderung sezt' es ihn; das korutte nicht fehlen. Er schrieb es auf die Rechnung seiner Frau»

die, glaubt' er, sporne ihn dazu an.

( 64 ) Trunnion bat sogleich seinen Ratgeber, seine Kattärschendüchse fertig ru machen, und besal da« ruhigfie Pferd im Stalle ru der Gelegenheit ru sattlen. Sein Auge schien vor Munterkeit und Ver­ gnügen über die frohe Aussicht ru glanzen, noch Ein Mal vor seinem Tode Pulver ru riechen. Da Jak ihn erinnerte, auf allen Fall sein Testament aufzuseren, verwarf er seinen Aal mit stolrem Wi­ derwillen und sagte: Wo denkst'» hin? Hawscr Trunnion hat's Feuer so mancher schwimmenden Batterie au-gehalten nn sollte bei 'en lausigen Plarbüchsen '»er Landraze in Gefahr fin? Sollst se­ hen, sollst sehen, wie ich 'm will die Segel streichen lernen. Den folgenden Tag versahen percgrinc und der Volontär sich in der Schenke mit Pferden, und ritten zur bestimmten Stunde nach dem Schlacht­ felde. Sie hatten sich Beide in grosse Mäntel ge­ hüllt, die sie, mit Hülfe des Dämmerlichts, dem einäugigen Lommodor völlig unkenntlich machten. Dieser war unter dem Vorwande eines SParierritts zu Pferde gestiegen und erschien bald darauf mit seinem Nachtrabe, mit Hatchway'n. Als sie einander im Gesicht.hatten, nähetten sich die Sekundanten, um den Plaz »um schlagen ab»

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abzutheilen und die Kampfbedingungen fest zu sezen.

Es ward mit beiderseitiger Bewilligung beschlossen,

zwei Pistolen sollten abgeseuert, und wenn dies

nicht entscheidend wäre, Zuflucht zu dem Degen ge­ nommen werden, um den Sieg zu bestimmen. Wie diese Artikel in Richtigkeit waren, begaben

sich die beiden Gegner auf ihre angewiesene Plaze. peregrme zog den Hahn auf , zielte und bat, in­ dem er seines Vaters Stimme nachmachte, den Rommodore, sein übriggebliebnes Auge in Acht tu nemen. Trunnion, der nicht den wenigen Ge-nus des Tageslichts auf's Spiel sezen wollte , nuztL

diesen Rat und drehte gar wohlbedachtig die bepsiaAerte Seite seines Gesichts nach der Mündung des feindlichen Gewehrs, sodann rief er ihm zu: er sol­

le ohne weitern Schnak thun, was sich zu thun ge­ bühre. Sonach feuerte der junge Herr ab. Die Entfernung war nicht gros, daher traf der Ladepfropf von seiner Pistole mit einem schmerzli­ chen Stos auf Trunnion'S Stirn. Dieser hieltefür eine Kugel, und da er glaubte, sie stake bereits

im Gehirn, so spornt* er voller Verzweiflung seinen Klepper auf seinen Gegner los. Er hielt, ohne

auf die Geseze des Kampfs zu achten, das Pistol

nur sechs Schuh weit von dessen Leibe und feuerte pereg. Pickle II. B. S

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ab. AIS er sah, daß die Kugel nichts ausgerichtet hatte, brüllt' er voller Erstaunen und Wut, in ei­

nem schreklichen Tone: O hol Euch der Teufel! 'r

habt düchtige Futterbohlen merk 'ch! Da komm der Kukuk durch! Darauf nähert' er sich und feuerte

fein zweites Pistol 's» dicht an seines Paten Kopf ab, daß, wenn ihn sein Mantel nicht geschärt hät­

te, das Pulver ihm das Gesicht müsste verbrannt

haben. Da er sich auf dieArt verschossen hatte, war er in pecegvinen» Gewalt, der ihm sein noch übri­

ges Pistol verhielt und ihm befal, um sein Leben

und um Verzeihung wegen seiner Kühnheit zu bit­

ten. Der Rommodove beantwortete dies unver­ schämte Gebot nicht, sondern warf sein Pistol weg,

zog in einem Hui seinen Degen und grif unsern Melden mit so unglaublicher Behendigkeit an, daß,

wenn er nicht den Stos mit seinem Pistol geschikt

abgewandt hätte, dieser Spas einen sehr tragischen Ausgang gehabt haben würde.

Da peregrine sah, daß es'vergebens sei anDegenziehn zu denken, oder sich blos vettheidigungs-

weife gegen einen so wütenden Angris zu verhalten,

so gab er seinem Gaule tüchtig die Sporen und such­

te sein Heil in der Flucht. Trunnion verfolgte ihn mit unglaublicher Hize, und da von beiden sei»

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Pferd das bessere war, so würd' er den Flüchtlurg zu dessen Gefahr eingeholt haben, war' er nicht zum llnglük auf die Aeste eines Baums gerannt, der auf seiner blinden Seite stand. Dies betäubte ihn so sehr, daß er sich genötigt sahe, sein Schwert fallen zu lassen und sich an die Mahne seines Pfer­ des zu klammern, um im Sattel zu bleiben. Wie Perry sein Unglük bemerkte, kehrt' er um; und da er nun Zeit hatte, sein Seitengewehr zu ziehn, kitt' er aufseinen entwafneten Gegner los, schwang seine Klinge, mit* drohte: ihn eine Spanne kürzer zu machen, wenn er nicht um Gnade bitten und sich ergeben wollte. Nichts war der Absicht de­ alten Herrn so wenig gemäs, als eine solche Unter­ würfigkeit. Er schlug sie grade aus und fühtte an: er habe ja schon vorher den Feind gezwungen, alle seine Segel beizusezen; sein jeziges Unglük sei ein Zufall, den jener nicht nuzen dürfe; so wenig als man ein Schis angreifen würde, das sich genötigt gesehn, im Sturme sein Geschüz über Bord zu werfen. Ehe pecegrme Zeit hatte, diese Vorstellung zu beantworten, schlug sich der Lieutenant in's Mittel, erkundigte sich nach dem Vorfall und bestand sodann auf einem Waffenstillestand, bis er und der andre Sekundant die Sache gehörig untersucht und entE r

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schieden hätten. Hatchway und Gauntlet entfern­ ten sich sonach eine kleine Strekke. Nach einer Be­ ratschlagung von wenigen Minuten kam Iak wie­ der und erklärte den Rommodore durch das Glük -es Krieges überwunden. Nie äusserte sich wohl Wut durch heftigere Aus­

brüche, als jezt beim alten Hannibal, wie er diese

Sentenz vernommen hatte. Eine ganze Zeit lang konnt' er nichts weiter hervorbringen als den ehrenrührigeir Ausdruk: I h r l ü g t! Mehr denn zwanzigDen ehrenrührigen A u s d r u k: I h r lüg t!

Vei uns ist cs nur der Ausdruk der Unhöflichkeit,

Ungesittheit,

bei den Engländern

stärkste Wortinjurie.

Freund Moriz:

hingegen die

Man höre hierüber meinen

„ In England wird cs für die

„ grösste Beleidigung gehalten, wenn man zu je„manden sagt:

Du lügst.

Du bist ein Lügner.'

„ist noch stärker, und Du bist ein verdammter „Lügtier! das allerstärkste was man jemanden fas

„ gen kann.

So Wie man also in Deutschland

„sagt, einer lässt keinen Hundsfott oder Schurken

„ auf sich sizen,

oder so wie dies bei den Zänke-

„reien die Loosung zum Schlagen ist, eben

so

„verhasst ist auch in England das Wort: Lü g„ n e r und gleichsam ein Herausforderungszeichen, „ wodurch der beleidigte Theil zur thätigen Rache „gereizt wird.

Unser Iacky in London" (der

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mal'wiederholt' er ihn in einer Art von rasender Sinnlosigkeit. Als er aber seine Sprache wieder hat­ te, mishandelte er die Schiedsrichter durch so bittere Anzüglichkeiten, indem er ihren Ausspruch ver­ warf und eine anderweitige Untersuchung verlangte, daß es die Verbündeten reute, den Scherz so weit getrieben zu haben. Um nun seinen Zorn wieder zu besänftigen, bekannte sich peregrine für über­ wunden.

Dies Geständnis dampfte etwas seinen tobenden Grimm; dem Lieutenant konnt' er aber diese Sen­ tenz in etlichen Tagen nicht verzeihen. Die beiden jungen Herren ritten nach Tunley's Hause zurük. Hatchway nam Trunnion s Pferd beim Zügel und E Z Sohn der Wirtin von meinem

Freunde daselbst )

„ sahe mich einmal mit grossen Augen an, da ich „ im Scherz zu ihm sagte: thou art a Liar, (Du „ bist ein Lügner ) nnd ich hatte viel zu thun, eh

„ ich cs wieder gut bei ihm machte.

Wenn man

„ auS dergleichen Kleinigkeiten auf den Karakter

„ einer Nation schliessen kann, so scheint mir die„ scr allgemein eingewurzelte Has gegen das Wort: „Lügner keinen schlechten Zug bei der Englischen „zu verraten."

(S. Reise eines Deutschen in

England von C. Ph. Moriz, S. 206 und 207.)

(



)

leitete ihn bis in seine Wohnung. Den ganzen Weg über brummte der Alte über Iak's unbilligen nnd unfreundschastlichen Ausspruch; doch konnt" er da­ bei nicht umhin anzumerken, daß er vollkommen Wort gehalten und seinen Feind genötigt habe, die Segel zu streichen. Gleichwohl denk' 'ch bei Gott! fuhr er fort, der Kopf des alter: Burschen is aus 'nem Wollsak gemacht. Mein Schus prallte ja von seinem Gesicht zurük, wie "n Pfropf aus Schifsfäden von den Seiten eines- Schifs. Wär' mir man abers nich die Bezenbrut von 'nem Baum windwärts -er Queere gekommen, seht 'r, 'ch will verdammt sin, wo 'ch nich seine grosse Raa in 'en Wurfha­ ken gefangen un noch oben drein seine Grundbrühe nusgeschöpft batte. . Er schien sich nicht wenig mit dieser Heldenthat zu wissen, die stets seiner Imagination vorschwebte, und die er als das Kind seines höher« Alters liebte. Da er sie aber doch nicht schiklich vor den jungen Leu­ ten und feiner Gcmalin beim Abendessen erzälen konnte, so lies er schlaue Winke von der Bravour fal­ len , die er noch in seinem Alter habe, und riefHatchrvay'n zum Zeugen seines Muts. Inzwischen ergezte sich das Triumvirat an seiner Eitelkeit, und freute sich insgeheim über den . ihm gespielten Betrug.

Siebentes Kapitel. peregrme reist ab,

und trift mit Iolter'n

wohlbehalten in Dover an.

Dies war der leite Streich, den ihre Erfindungs­

kraft dem Rommodore spielte. Da nun alle An­

stalten zur Abreise seines Pate« völlig getroffen wa­ ren , so nam der hvsnungsvolle Jüngling in zwei

Tagen von allen seinen Freunden in der Nachbar­ schaft Abschied. Er befand sich den leiten Abend über zwei Stun­ den im Kabinet seiner Base, die ihn mit mancher gottseligen Erinnerung ausstattete, ihm alle die

Wohlthaten vorrechnete, die von Kindauf ihm durch ihre Vermittelung zugeflvssen waren, ihn vor de« Verführungen leichtfertiger Weibsbilder warnte,

wodurch mancher an den Bettelstab geröthund die ihm ernstlich einprägte, in der Furcht des Herr«

und im reinen Protestantischen Glauben zu behar­ re», Zank und Streit zu vermeiden, Ma'sterJolter'n mit Achtung und Ehrerbietung zu begegnen,

und sich vor allen Dingen der viehischen Sünde, der Trunkenheit ;u enthalten. Denn die, sagte sie, E »

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M bnr Menschen der Beschimpfung und Dest'achr tung seiner Brüder aus, und macht ihn durch Be­ raubung der Vernunft und Ueberlegung zu jeglichen; Laster und jeglicher Ausschweifung fähig. Sie em-

psal ihm gut zu wirtschaften und für seine Gesund­ heit zu sorien, bat ihn stets die Ehre seiner Fami­

lie vor Augen zu haben und zwar bei der kleinsten Handlung. Alsdann, versicherte sie ihm, könn' er jeder Zeit auf des Rommodor's Freundschaft und

Grosmut rechnen. Zulezt gab sie ihm ihr Bildnis

in Gold gefasst und hundert Guineen aus ihrer eig­ nen Börse; daraus umarmte sie ihn zärtlich und wünschte ihm alle Arten des Glüks und Wohler­ gehns. Nach dieser freundschaftlichen Entlassung von sei­

ner Base schlos er sich mit seiner Schwester Julie ein. Er ermahnte sie, die Gewogenheit ihrer Base

sich durch die ehrfurchtsvollste Aufmerksamkeit und

durch die geflissentlichsten Gefälligkeiten zu erwer­ ben/ doch sich nie auch nnr ju der kleinsten Unter­ würfigkeit zu verstehen, die sie ihrer unwürdig hielte.

Er betheuerte ihr, seine Hauptsorge solle darauf

gehn, sie für die Vorrechte zu entschädigen, die sie durch ihre Zuneigung zu ihm eingebüssr habe; er bat sie inständigst, sich ohne sein Wissen und ohne

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stine Genemigung in keine Verbindung einzulassen;

er brüste ihr den von seiner Base eben erhaltnen Geldbeutel in die Hand, um damit in seiner Abwesen-

heit ihre kleinen Ausgaben zu bestreiten und schied von ihr nicht ohne Thränen. Sie hatte einige Mi­ nuten an seinem Halse in dem rührendsten Still­ schweigen gehangen, ihn geküsst und geweint. Nachdem er diese Pflichten der Ehrerbietung

und der Blutsfreundschast erfüllt hatte, begab er

sich zur Ruhe. Seinem eignem Befel gemäs ward er des Morgens um vier Uhrgewekt. ErfandPostschäse , Kutsch' und Reitpferde in völliger Bereit­ schaft/ seine Freunde (Bauntlct und Hatchway gleichfalls/ den Rommodore selbst halb ungezogen, und alle Bedienten in der Garnison auf dem Hofe

versammlet, um ihm glükliche Reise zu wünschen. Unser Held schüttelte jedem dieser demütigen Freun­

de die Hand und gab ihnen thätige Aeusserungen feiner Gewogenheit.

Allein er war sehr erstaunt,

seinen alten Bedienten, den Pipes, unter ihnen

nicht anzulreffen. Als er über Tom s unehrerbietiges Wegbleiben

fein Befremden bezeigte, rannten Einige weg, ihn

zu rufen. Siefanden aber Hängbett'und Kammer leer, und kamen mit der Nachricht zurük: Pipes C 5

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)

fei davon gelaufen, peregcine'n beunruhigte diese Nachricht; er glaubte, der Kerl habe wegen der Entlassung aus seinem Dienste irgend einen ver-

zweifelten Entschlus auSgesührt, und fing an zu wünschen, daß er seiner Neigung gefolgt und ihn noch bei sich behalten hatte. Iezt, da kein andrcMittel war, empfal er ihn, falls er sich wieder ein­

stellen sollte, der vorzüglichen Gewogenheit und Aus­ zeichnung seines Oheims und Hatchway's auf's dringendste. Wie er aus dem Thore fuhr, grüsste

ihn die ganze Hausgenossenschaft mit einem drei­ maligen Freudengeschrei nach Seebrauch.

Der Rommodore, Gauntlet, der Lieutenant, peregrine und Joker sezten sich in die Kutsche,

um einander, noch so lang' als möglich, zu genies­

sen, und beschlossen, unterwegs in einem WirtShause zu srühstükken, woTrunnionundHatchway unserm Reisenden Lebewohl zu sagen Willens waren. Der Rammerdiener war in die Postschasegestiegen und der F r a n z v si sch e Bediente ritt, und

führte ein Pferd am Zügel; und einer der Be­ dienten aus der Garnison stieg hinten auf die Kut­

sche. verzp.

Auf die Art ging die Kavalkade nach D o -

(

75

>

Da der Lommodore das Rüttel« «kcht gut vettragen konnte, so legten sie die erste Station sehr

langsam rurük.

Mithin hatte der alte Herr be­

queme Gelegenheit, seinem Paten gute Lehren we­ gen seiner Aufführung in der Fremde zu geben. Er ermahnte ihn jezt, da er in fremde Lande gienge, sich »er dem schmukken Wind und W'etter der Fran­

zösischen Politesse in Acht zu turnen, denn der sek so wenig r» trauen • als! einem Wasserwirbel ;ur See. Er bemerkte, daß mancher junge Mann mit

einer guten Ladung Verstand nach Paris gegangen,

sei, aber mit sehr viel Segeltuch und gar keinem Ballast rurükgekehrt wäre.

Dadurch war' er dann

auf. all' sein Lebstage schwankend geworden, und

hätte sogar bisweilen seinen Kiel über Wasser ge­ kehrt.

Sodann bat er Iolter'n, seinen Zögling

Nicht in die Klauen der lärrendreierschen Pfaffen falle« ru lassen, die auf der Lauer liegen, alle jun­

ge Fremde zu Neubekehrten zu machen, und ihn hauptsächlich vor aller fleischlichen Gemeinschaft

mit den Pariser Damen zu bewahren, die, wie er ver­

nommen habe, nicht besser wären als prächtige mit Tod und Verwüstung über und über angefüllte Brander, peregrine

hörte

ehrerbietig

zu,

dankte

ihm für seine gütige Ermahnmngen, und versprach

(



)

sie treulich zu beobachten. Auf der ersten Station machten sie Halte und srühstükten; Iolter versah

sich mit einem Pferde, und der Rommodore sezte die Art des Briefwechsels mit seinem Reffen fest. Als die Minute des Abschieds gekommen war» drükte der alte Rommodore seinem Paten die

Hand und sagte: 'chwünscheDir 'neglüklicheFahrt

un ’n Leben voll Juchhe un Heisa lieber Junge. Meine Steven sind nu 'n bissel hinfällig, seht 'r, un Gott weeS, ob ’d) noch so lange h'rumtreibe, dis 'ch Dich wieder seh. Doch, sei dem wie ihm

wolle, Du sollst immer im Stande sin, mit 'n Be­ sten von Deinen Kameraden in eener Linie segeln

zu können. Hierauf erinnert' er (Bauntlet an sein Verspre­

chen, bei seiner Rükkunft von Dover in der Gar­ nison ein Stillager zu machen und raunte Iolter'n etwas zu. In d er Zeit schüttelte Jak Hatchway,

der nicht zu sprechen vermögend war, mit tief in

die Augen gerüktem Hute, Peregrins» die Hand, und gab ihm zum Andenken seiner Freundschaft ein eisernes Pistol von ganz besondrer Arbeit. Dies

Unterpfand der Liebe nam unser

an, der bei

dieser Gelegenheit nicht unerschüttert blieb, und schenkte ihm dafür eine silberne Tabaksdose, die

er ;u -em Ende gekauft hatte. Die beiden alten Rnaben aus dem Lastell stiegen sodann in die Kutsche und fuhren still und niedergeschlagen nach Hause. Geoffry und peregrine sezten sich in die Post-

schäse und Kolter, der Kammerdiener und der La kai stiegen auf ihre Pferde; und so reisten

sie nach dem Orte ihrer diesmaligen Bestimmung. Noch denselben Abend kamen sie daselbst wohl­ behalten an und bestellten ihre Plaze auf dem Pa­ ketboot, das den folgenden Tag abging.

Achtes Kapitel. peregrine rettet einen Italiener aus den Handen eines aufgebrachten Apothekers.

Hier verabredeten die beiden Freunde, wie sie'mit ihrem Briefwechsel halten wollten, peregrine schrieb an seine Geliebte einen Brief, worin er die

vorigen Gelübde ewiger Treue wiederholte, u'nb den er ihrem Bruder zustellte. Joker besorgte in­

des auf Verlangen seine- Münvels eine artige Abendmahlzeit und ganz herrlichen Burgunder, um

er ;u -em Ende gekauft hatte. Die beiden alten Rnaben aus dem Lastell stiegen sodann in die Kutsche und fuhren still und niedergeschlagen nach Hause. Geoffry und peregrine sezten sich in die Post-

schäse und Kolter, der Kammerdiener und der La kai stiegen auf ihre Pferde; und so reisten

sie nach dem Orte ihrer diesmaligen Bestimmung. Noch denselben Abend kamen sie daselbst wohl­ behalten an und bestellten ihre Plaze auf dem Pa­ ketboot, das den folgenden Tag abging.

Achtes Kapitel. peregrine rettet einen Italiener aus den Handen eines aufgebrachten Apothekers.

Hier verabredeten die beiden Freunde, wie sie'mit ihrem Briefwechsel halten wollten, peregrine schrieb an seine Geliebte einen Brief, worin er die

vorigen Gelübde ewiger Treue wiederholte, u'nb den er ihrem Bruder zustellte. Joker besorgte in­

des auf Verlangen seine- Münvels eine artige Abendmahlzeit und ganz herrlichen Burgunder, um

(

78

)

den Abend vor der Abreise desto fröhlicher ljinitfr bringen. Als diese Anstalten getroffen waren und eben ein Bedienter den Tisch beste, brach plözlich ein seltsames Getöse aus dem benachbarten Zimmer in ihre Ohren. Tisch' und Stühle wurden! über den Haufen gestürzt, und zerbrechende Gläser und selt­ same unverständliche Ausrufungen in gebrochnem Französisch und kauderwelsche Drohungen auf Wallisisch schallten dazwischen. Unsre jungen Herren rannten sogleich in das Zimmer, woraus dies Ge­ räusch herzukommen schien. Sie fanden hier ein magres schwarzbraunes Figürchen, das unter den Handen eines kurzstämmigen, dikken Mannes von strenger Gesichtsbildung in voller Todesangst nach Lust schnappte. Leztrer hatte jenen mit allen Aeus­ serungen eines heftigen Zorns an dem Halse ge­ fasst und sagte: Wart Ihr auhch aihn so mächti­ ger Schwarzkünstler als Owen Glendower oder die Hexe von Entor, seht Ihr, oder als Paul Owen Glcndowe r.

Wenigstens werden meine

Leser den berühmten Mann aus dem Shakespe a r kennen.

Ich seze dieselben insgesamt mit

diesem ersten Schauspicldichter aller Nationen be­

kannt voraus.

Deshalb halt' ich es für unrrbtiy

c

79

)

Best selbst, so will ich doch so trühst sainmit

KotteS Hilft, und in Sainer Mahjestät Namen Eich fest ru nemen, in Ferwahrung r» Prinzen iund zu conftontiren, pis Ihr fir Eire taifhelsche Kinste nach den Kesezen said pestrast worlen.

Maine Herren, feit* er hinzu, und wandte sich zu unsren Reisenden, ich neme Sie zu Zeigen, daß bißet Mensch ein so arger Zauberer ist, wie Sie nur zu sehen winfthen kennen, und ich pitte, ersu­

che und flehe Szie an, daß er vor die liebe Ober-

kait kebracht und ankehalten werde, von seinem Baktum und Gemainschaft mit den Leistern bet Finsternis Rechenschaft abzulegen. Ten» so wahr

idj ein rechtschafner Krist bin, und eine fröhliche Auferstehung hoffe, ich habe ihn am heiligen Abend solche Tinge verrichten sahn, die ohne Paistand,

Unterwaisung und Zulassung des Taifhels nicht vor sich kehn kennen. Gaumtet schien der Meinung dieses Wal­ li fischen Reformators beizutreten; er fasste den zu erwähnen, dasi Owen Glendower

iin

K b n i g H e i n r i ch d e m Vierten ( Band 6,

der Eschenbnrg i s ch e n Uebersezung) in Per­ son vorkommt.

Arrm. d, Uebers.

c

so

)

vermeinten Uebelthäter wirklich bei der Schulter, und rief: Ein verdammter Schurke: Ich will gleich

wetten, daß es ein Jesuit ist, denn keiner von den Kerls reist ohne Spiritus familiaris. Allein peregrlne, derdie Sache aus einem andern Gesichts­

punkt ansahe, legte sich in's Mittel, befreite den Fremden von seinen Angreifern, und erinnerte: es sei hier nicht nötig, Gewalt zu gebrauchen. Sodann wandt' er sich an seinen Schirwling, und

fragte ihn aus Französisch : wodurch er sich derglei­

chen Anschuldigungen zugezogen habe. Der arme Ausländer, der mehr todt als lebend war, antwortete: er sei ein empyrischer Arzt und aus Italien bärtig, habe in Padua mit vielem

Ruhm seine Kunst getrieben, endlich sei er so unglüklich gewesen, die Augen der Inquisition durch­ gewisse wunderbare Dinge auf sich zu ziehu, die er mittelst seiner Erfahrenheit in der Naturkunde be­ werkstelligt habe.

Der geistliche Richterstubl aber

habe dies für Zaubereien angesehn, und ihn des­

halb verfolgt.

Er hatte sich daher über Hals und

Kopf retten müssen und wäre nach Frankreich ge­

flohen.

Dort hab' er seine Rechnung nicht gefun­

den. Darauf wär er nach England hinübergegan-

gen und wolle jezt nach London, um da seine Ge-

(

8t

Seschiklichkelten vorzuzeigen.

) Wegen einer Probe,

die er davon unten der Gesellschaft hier im Haus«

gegeben habe, hätte jener hizige Herr ihn die Trep-

pen hinauf bis in sein eignes Zimmer verfolgt und da auf eine so ungastsreundschaftliche Art angegrif­

fen.

Er bäte daher unsre» Helden inständigst,

ihn unter seinen Schur r» nemeii, und wofern er ja den mindesten Verdacht hegte, daß er sich bei

seinen Kunststükken übernatürlicher Mittel bediene,

so woll' er ihm alle die Geheimnisse, die er besässe, »fsenherrig entdekken.

Der junge Man» bcnam ihm seine Furcht durch die Versicherung, daß er wegen seiner Kunstfähigkei-

len in England gar keine Gefahr liefe; und fiele ihm

ja der Eifer einiger abergläubischen Leute zur Last, so dürf' er sich nur an den nächsten Friedensrichter wenden, der würde ihn von dieser Beschuldigung so­ gleich lossprechen und seine Ankläger für ihre Unbe­

scheidenheit und Unvorsichtigkeit bestrafen.

Sodann sagt' er zu Gauntlet und dem Mann au» Wallis, der Fremde könne eine triftige Klag«

wider sie «»stellen.

Es sei ein Parlamentsspruch

vorhanden, mittelst dessen jeder, der den andern

der schwarze« Kunst und Heperei beschuldige, straf»

Peer,. Pickle II. B.

$

c

82

>

bar werde, indem jezt jeder vernünftige Mansch dies als sinnlose Begriffe verlache. Ioltev, der mittlerweile zur Gesellschaft gekom­ men war, konnte nicht umhin, zu erkennen zu ge­ ben , daß er der gegenseitigen Meinung sei. Er be­ mühte sich durch Zeugnisse aus der heiligen Schrift, durch Stellen aus den Kirchenvätern, durch Be­ kenntnisse von manchen Bösewichtern, die wegen ihres Verständnisses mit den Geistern der Finster­ nis wären! hingerichtet worden, «nd durch Cita­ tionen au- Satan's unsichtbarer Welt und Moreton's Geschichte der Zauberei seine Widersprüche zu befestigen. Der Volontär bekräftigte diese Zeugnisse durch Thatsachen, die er erlebt hatte und führte vorzüg­ lich den Fall mit einem alten Weibe aus dem Kirch­ spiele an, worin er geboren war, die sich in die Gestalt vcrschiedner Thiere verwandelt habe, und zulezt als Hase mit Schroot sei erschossen worden. Sv stark unterstüzt begann der Walliser seine Verwunderung zu bezeigen, daß er hören müsse, die Geseze hätten gegen so kohlpechrabenschwarze Verbrechen so viel Schonung. Er erbot sich, durch unwiderlegbare Beispiele darzuthun, daß es in gant Wallis keinen Berg gäbe, worauf nicht, so lang'

(

83

)

er denken könne, Hexerei und schwarze Kunst sek getrieben worden.

Daher, fuhr er fort, bin ich kanzibertieMaas­ sen petroffcn, erschtauntund fcrwundert, taß tas Parliament von Krvsprittannien bei seiner krossen Klukbeit, Mattheit und Ainsicht, die Merke der Finster­ nis und das Raich des Peelzebubs, sehn Sie, auf die Art bekinstigcn und unterstizen sollte. Ausser dem klaren Jeignis der hastigen Schrift und der Schriftschteller, welche diese krindliche und kelehrte Herren ankefihrt haben, sind wir ja noch durch die weltliche Keschichte von den Likken und Ränken ter alten Schlange in beit Munderzeichen und Orakeln des Alterthums unterrichtet. Wie Sie solches fin­ den können in dem vvrtreflichen Kefchichtsfchraiber PolypiusundLitusLifius, wie nicht min­ der in den Kommentarien des Iulius Zäsar' s, der, wie die ganze Welt wais, ain sehr berihmter, sehr tapfrer, sehr waiser, sehr vorsichtiger und sehr kläklicher Feldherr und ain sehr kapitaler Redner, ja sogar ain sehr netter Schriftschteller war. Peregrin« sand es nicht für gut, sich mit drei so hartnäkkigen Gegnern in eine Fehde einzulassen und begnügte sich ihnen zu sagen- er glaube, es solle r-

(

84

)

nicht schwer halten, ihre angeführten Gründe ins-

' gesamt ju widerlegen.

Doch sänd' er seiner Seils

sich nicht dar» gelaunt, diese Arbeit zu übernemcn,

weil sie das um den ganzen vergnügten Abend brin­ gen würde. Hierauf bat er den Italiener zum Abend­

essen und ersuchte seinen Ankläger, der ihm ctwa-

Ecltsames und ganz Eignes in seinem Neustem und in seinem Karakter zu haben schien, uni eben die Ge-

fülligkeit, denn er war entschlossen, ein Augenzeuge der erstaunlichen Thaten zu sein, wodurch jener den

zornmütigen Britten so aufgebracht hatte

Dieser

gewissenhafte Mann dankte unserm Melden für seine Höflichkeit, weigerte sich aber, mit dem Fremden

eher Gemeinschaft zu haben, als bis sein Karakter

völlig in's Klare gesezt sei. Nach einer Unterredung mit dem rmpyrischrn Ar;re versicherte ihm Pe­ regrin« ; er stünde ihm für die Unschuld von dessen

Künsten.

Dies vermochte denn den bissen Herrn,

ihn mit seiner Gesellschaft zu beehren. Während der Unterredung erfuhr Pickle, daß der

W a ü i se r ein Wundarzt auS Kanterbury war, de»

man zu'einer Beratschlagung nach Dover berufen

hatte. Da er hotte, daß er Morgan hies, sonam er sich die Freiheit ihn zu fragen: ob er der Mana

(

85

)

sei, dessen in den Abenteuer» Roderich Random's so ehrenvoll gedacht würde? Auf die Frage «am Mäster Morgan einen gravi­ tätischen und wichtigen Blik an, undverseztemitgefchrobnem Munde: Herr Rantum, lieber Herr,

klaub' ich ausKewissen und Seeligkeit, ist main sehr futter Freund, der's wohl mit mir maint. Wir sind Lammeraden und Schiss- und Unklikskenoffen ke« wesen.

Und toch hat er sich nicht so kefällig» artlich

und reschpektuehs gegen mich aufkeführt, als ich's et»

In den A b e n t e u e r n R o d c r i ch R a n d o m' s. Ein älterer Roman S m o U c t' s , den er durch die­

se Anspielung wieder in Andenken zu bringen sucht. Ein Schiksal, das er wohl verdient. Ich denke dem

Publikum nicht misfallig zu Werden, wenn ich ihm in sehr Kurze m dieses Buch von neuern vorlege,

in einer bessern Gestalt, als es jezt in unsrer Mut­ tersprache hat, und mit Abkürzungen, wodurch eS meines Bedünkens mehr gewinnen wird, als wenn ich dabei mit solcher Treue zu Werke ginge, wie

beim Peregrine. Wir haben la der echtkomischen

Lektüren so wenig,

daß es uns niemand verden­

ken kann, wenn wir alle Früchte d e r Gattung,

wo sie auch seit langen. Jahren aufgespeichert lie­ gen mögen, wieder hervorsuchrn.

A n m, d. U e b e r s.

(

86

)

«artet habe, sintemalen er unsre PriffatankelegenHeiken offenbaret, tiffvulgiret undpuvlizirethat, oh­ ne mein Wissen, Willen und Kenemigung. Doch so wahr Jesus mein Erlöser ist, ich denke, er hat dabei kaine böse Absicht kehabt. Es kiebt »war, wie ich verneine , einige Leite, sehn Sie, die über feine Beschreibungen von meinerPerschon, »»»mei­ nem Betragen und meinen Kespräche» lachen, 'al. llainl ich sage und behaupte, und seze mein Herz, mein Plut und meine Seele zu Pfande, daß all'diese Perschonen nicht pesser sind als unwissende Esel, und daß sie das wahre Lächerliche oder das, wa< AristvteleSl'oye^oiov nennt, so wenig ainzusehn, zu unterscheiden und zu beschtimmen wissen, olS aine Heerde Dergziegen. Denn ich will so traihst sain zu erwehnea und ich hoffe, daß diese kutteKesellschaft eben der Mainung sain wird, daß in die­ sem kanzen Werke von mir nichts kesa't ist, das einem Kristenmenschen und einem artlichen Manne unanständig wäre. Unser junge -Zerr und seine Freunde gaben die Richtigkeit dieser Bemerkung zu. Peregrin« beson­ ders versicherte, er habe bei Lesung dieses Buch» die grösste Achtung und Verehrung für seinen Karakter bekommen; und er schäre ßch ausnemend glüklich, daß

( 87 ) ihm die günstige Gelegenheit geworben sek, seineUmgangs ru geniessen. Morgan, der über diese Zu­ vorkommungen von einer Person, wie peregrine r« sein schien, nicht wenig stolr war, erwiderte sein Kompliment mit verschwendrischer Höflichkeit und in der Wärme der Dankbarkeit äufferf er ein Derlangeu, ihn und seine Gesellschaft in Kanterbury in seinem Hause tu sehn. Ich will nicht behanbten oder mir die krosse Änrke rauffernemen, r« sagen, main küttiger Harr, daß Ihr khvrschamer Diener, Sie nach Verdienst und Würden ausjunemen und r« empfangen im Schtande wäre; aber Sie sollen in mainer schlechten Hitte meinem Weibel und mainen Kinder« so willkommen fein, als der Print von Wallis selbst. Und es müsste viel sain, wenn ich nicht aus aine »der die andere Art Mittel und Wege sollte ausflntig machen. Sie tu dem Keständnis tu pringen, daß ein alter Pritte ein recht futter Companjon sain kann. Tenn vb ich gleich weiter nichts bin als ein plvsser Ap theker, so habe ich tennoch «in so kuttes Plut in meinen Adern als nur einer in der Krasschast; und ich kann meine Sippschaft t«t Befriedigung der kanten Welt herleiten, beschreiben und beweisen. Und durch Kot­ ter küttige Fürsehung und Beistand kann ich es a«S$♦

c 88 > fihrlich machen , mainen Freind mit einer kuttea Gchapskeile, und mit ainem Buddelchen vortrefljchea Wein zu bewirten, ohne daß irgend ain Koofmana mir aine Rechnung unter den Bart raiben soll.

Die Gesellschaft wünschte ihm zu seiner behäglichen Lage Glük, und prckle versprach ihm, bei seiner Rükkunft aus Frankreich ihn zu besuchen, wenn sein Weg über Kanterbury fiele; und als Leztrer einiges Verlangen bezeigte, seine häusliche Verfassung näher kennen zu lernen, so that Jener mit vieler Höf­ lichkeit seiner Neugier ein Gnüge. Er meldete ihm, seine Gattin zeuge nun keine Kinder mehr, nachdem fit ihn mit zweien Knaben und einem Mädchen beglükt habe, die noch alle wohl und am Leben waren. Er stände bei seinen Nachbaren in gutem Ansehn und in guter Kundschaft. Leztre habe sich gleich nach der Bekanntmachung des R o d e r i ch R a n d o m um eia Ansehnliches vermehret und er solchergestalt einige tausend Pfund erübrigt. Dadurch sei er auf die Ge­ danken gekommen, sich zu seinen Anverwandten nach Glamorganshire zu begeben. Allein seine Frau habe gegen diesen Vorsaz Einwürfe gemacht und sich dessen Ausführung so hartnäkkig widersezt, daß er unend? liche Mühe gehabt, fern Vorrecht ru behaupten,

(

89

)

indem er ihr durch Vernunft und Beispiele bewtefeil , daß er König und Priester in seiner Familie sei, und daß sie folglich seinem Witten Unterthan sein müsse. Auch benachrichtigte Morgan die Gesellschaft: er habe neulich seinen Freund Roderich gesehn, der von London in der Absicht gekommen sei, ihn zu besuchen, nachdem er seinen Prozes gegen Topehall'n gewonnen, der genötigt gewesen wäre, ihm Narcissen- Vermögen auszuzalen. Aller Wahrscheinlichkeit nach führe Random in der Ge­ sellschaft. seines Vaters und seiner Ehehälfte, die ihn mit einem Sohn und einer Tochter beschenkt habe, ein recht glukliches Leben. Er, Morgan, habe von ihm ein Stük recht feine Leiuewand, von dessen Frau selbst gemacht, einige Faschen Lach-, Schweinepekelsteisch, (über dessen Wohlgeschmak nichts ginge,) und ein Tönnchen treflicher Heeringe zu Salmigondi geschenkt bekommen, das, wie jener wüsste, sein Lieblingsessen sei. Nachdem diese Materie völlig abgewunden war, wünschte man eine Probe von der Kunst des Ita­ lieners zu sehn. In wenig Minuten fuhrt' er die Gesellschaft in das nächste Zimmer, wo sie ;u ihrem ur-sten Erstaunen und Schrek lang- der Dekke sich F r

(

9->

)

tausend Schlangen hinwinden sahen.

tttocgM,

der eine solche Erscheinung nie gesehn hatte, war

nicht wenig bestürzt und hub seine Beschwörungs­ formeln gar andächtiglich an. Joker rannte voll Schrek aus dem Zimmer.

Gauntler;»g seinen

Degen und selbst peregrkne geriet etwas ausser

Fassung. Als der Rünstler ihre Verwirrung bemerkte, bat

er sie, sich wegzubegeben; einen Augenblik darauf lief er sie wieder hinein und keine Schlange war

mehr zu sehn. Er erregte noch durch verschiedne an­ dere Knnststäkke ihre Bewunderung, und der Wal­ liser war schon im Begrif zu seiner alten Meinung und zu seinem vorigen Abscheu gegen den Man» zurükzukehren, als der Italiener in Betracht der Höf­ lichkeit, mit der man ihm begegnet war, die ganze Art und Weise entdekte, wie er jene Wunder be­

wirkt habe. Sie waren nichts ander» als Wirkun­ gen natürlicher auf besondere Art verknüpfter Ursa­ chen. Nunmehr war Morgan bekehrt, bat bett Aremden wegen des gepufferten Argwohns um Ver­

zeihung , und ersuchte ihn, einige Tage in Satt* terbury bei ihm zuzubringen.

Geoffcy's und

Islter's Bedenklichkeiten waren zu gleicher Zeit ge-

Lobrn, und Peregrin« bezeigte dem Lüostler für

(

91

)

Las ihnen gemachte Vergnügen durch eine artige Erkenntlichkeit, wie sehr er zufrieden war. Nachdem sie den Abend so gesellig hingebracht batten, begab sich jeder in seine Schlafkammer. Den Morgen darauf fruhstukten sie zusammen, und Morgan erklärte, er wolle solange bleiben, bis er unsern Helden glüklich eingeschist gesehn habe, damit er Gauntlet's Gesellschaft bis zu seiner Be­ hausung geniessen könnte. Mittlerweile ward den Bedienten befolen, auf Anraten des Schissers einen Vorrat von Wein und Eswaaren auf den Notfall an Bord zu schaffen, und da das Paketboot vor Ein Uhr Nachmittags nicht abgehn konnte, stieg die Gesellschaft den Hügel hinauf, um das Schlvs zu Lesehn. Sie sanden hier unter andern Cäsar'Schwert und der Königin Elisa bet Taschenpisto­ le *) wiederholten Shakspear'S Beschreibung, *) „Man zeigt hier (in Dover) eine metallne „Kanone, welche zwei und zwanzig Aus lang,

„ und vielleicht die längste' in der Melt ist;

sie

„ trägt eine Kugel von fünfzehn Pfund sieben Mei„len weit, und wird insgemeim

der Königin

„Elisabeth Taschenpistol genannt.

Die

„Staaten von Utrecht machten der Königin ein

„ Geschenk damit. Ferner ein Paar alte Schlüs-

(

yr

)

al# sie die kreidichten Felsen an jeder Seite beschau­ ten und blikten nach Calais hinüber, das eine dichte Wolke ihren Augen entzog. Der Anblik war eben nicht erfreulich, den» er schien Unwetter z« weissagen. Wie sie alles Merkwürdige an diesem Orte be­ fehl! hatten, kehrten sie zum Hasen zurük. Die beiden jungen Herren wechselten Abschiedskomplimente und umarmten sich auf's feurigste, sodann stiegen peregrine und sein Hofmeister an Bord. Die Segel wurden aufgezogen, und sie stachen mit gutem Winde in See. Geoffry, Morgan und der Zauberer begaben sich wieder nad) dem Wirts­ hause , machten sich aber noch vor dem Essen auf den Weg nach Kanterbury. „fei und ein metallnes Horn wie ein Wildhor«

„ gemacht.

(Vom Schwerte, das im Tert stellt,

ist hier kein Wort befindlich.

Hat Dr. Smvllet

oder Dr. Volkmann sich darin geirrt?) „Daß

„sie noch aus Cäsar's Zeiten herrühren soll„ten, ist wohl eine Fabel; wahrscheinlicher ist eS,

„daß sie Kennzeichen der Autorität des Konsta„ belS von dem Kastell gewesen ftitb."

( S. Volk-

mann'ö neuste Reisen durch England, LH. I. S. 333-)

Neuntes Kapitel,

peregrme samt den Uebrigen ist dem Ertrin,

ken nahe.

ter.

Pipes erscheint plözlich als Ret­

Pickle landet in Calais und hat Streit

mit den Akzisbedienten.

Kaum hatte da- Schis zwei Meilen zurükgelegt, s» schlug der Wind um und blie- ihnen gerade entge­ gen. Sie sahen sich daher genötigt, den Wind m

sangen und ihren Sauf zu ändern. Die See ging zu gleicher Zeit sehr hoch; deshalb ward unsern Melden unten in der Kaläte schon etwas übel. Auf

Anraten des Schiffer- ging er auf das Werdet um

frische Luft zu schöpfen und seinem Magen Erleich­ terung tu verschaffen. Iolter aber, der mit der­ gleichen Unfällen bekannt war, schlüpfte in's Bette, wo er gant bequem lag und sich die Zeit mit tlner Abhandlung über die Cykloide vettrieb, die mit al­

gebraischen Beweisen durchspikt war. Durch diese

Liebe-beschäftigung wurde denn seine Imagination natürlicherweise ganr angefüllt.

c

94

)

2» der Zeit nam der Wind sehrzu; des Schis schwankte ungemein heftig und die Wellen gingen über da- Verdek. Der Schiffer ward unruhig, das Schifsvolk voll Verwirrung, die Passagiere durch Krankheit und Furcht überwältigt, und Unordnung allgemein. Mitten in diesem Aufruhr, da peregri««'sich an einem der grossen Taue sesthielt und trau­ rig umblikte, fiel ihm zu seinem höchsten Erstau­ nen Pipes Gestalt in die Augen, die aus dem Kiel­ raume empor zu steigen schien.

Anfänglich bildete er sich ein, es sei ein Schat­ tenbild, da- seine Furcht ihm vvrgaukle; doch in dem Irrthum blieb er nicht lange; er sahe bald, ganz deutlich, daß e- Tom selbst war. Dieser sträng auf den Oberlof, nam sich des Steuerru­ ders an und befal den Dootsknechten mit solcher Autorität, als wenn er BefelShaber des Schiss wäre.

Der Schiffer sah ihn für einen zu seiner Ret­ tung herbeigesandte» Aengel an, und da» Schiss/ Volk, das seines Livereikittels ungeachtet ihn für ei­ nen gebornen Seemann erkannte, gehorchte seinen Befelen so pünktlich und schleunig, daß die Unord­ nung in Kuyem verschwand und alle nötige Anstal-

c 95 ) fett getroffen wurden, über den Wind Vortheile ru gewinnen. Unfrr junge ^rld sah gleich die Ursach ei», we-halb Pipe» sich am Bord sehen lies. Wie sich der Tumult etwa» gelegt hatte, ging er ru ihm Hera«, und ermahnte ihn, für die Erhaltung des Schiss ernstlich r» sorgen. Er versprach, ihn wie­ der in seine Dienste zu nemen und ihn ohne seinen Willen nie wieder daraus ru entlassen. Dies Versprechen wirke aus «Corn ganr unge­ mein. Ohne darauf Antwort ru geben, sties er dem Schiffer da- Steuermder in die Hand und sagte: Da ohle Nölfinke, da', pak's Steuer, un mach'so Junge, so! Darauf sprang er im Schiffe her­ um , dehnte die Segel niederwärts um den Wind zu fange«, und handhabte das Tauwerk so geschikt und künstlich, daß jederman auf dem Verdek über seine Gewandheit erstaunte. Joker war weit davon entfernt, bei der unge­ wöhnliche« Bewegung des Schiffes, bei dem Pfei­ fen des Windes und dem Gewühle, das er über sich Höne, in ruhiger Fassung ru sei». Voll der ängstlichsten Erwartung Mitte er starr nach der Ka« jütenthär, in der Hofnung, jemand gewahr ru wer­ de«, der ihm vom Wetter und von dem, was aus

(

96

)

dem Derdek vorging, Nachricht -eben könnte. Stte lein keine Seele lies sich sehn, und er kannte die Beschaffenheit seiner Eingeweide $n gut, um seine

Lage im mindesten r« verändern. Wie er eine ziemliche Weile in der Todesangst

der UngewiSheit gelegen hatte, taumelte der Schift junge mit solchei» Geprassel in sein Zimmer, daß

jener glaubte, der Mast sei über Bord gestürzt. Er fuhr auf seinem Bette in die Höhe und fragte mit

allen Merkmalen de- SchrekS: was der Lerm sagen

wolle? Der Junge, von seinem Fall halb betäubtversezte in einem jämmerlichen Tone: Sich: du mein Gott', ich bin des Todes! Dem armen ^of# meister, der in der Angst ihn nicht recht verstand­ erstarrte das Herz. Er geriet ganz ausser sich; der

Schauer der Verzweiflung ergrif ihn; er fiel in sei­ nem Bette auf die Kniee, heftete seine Augen fest auf da- Buch, das er in der Hand hatte, und be­

gann laut mit der grössten Inbrunst zu lesen: Di-

Zeit einer gänzlichen Oscillation in der Cycloide »erhält sich zu der Zeit, in welcher ein Körper durch die Are der Eycloide Dv fällt, wie die Peripherie

eine- Cirkels zu feinem Diameter. Aller Wahrscheinlichkeit nach würd' er zu dem

Beweise dieses Sazes fortgeschritten sein , wenn ihm nicht

( 97 ) nicht eine solche Uebelkeit angewanbelt wäre, daß er das Buch fallen zu lassen und eine seiner Unbasltchkeit gemässere Lage zu nemen genötigt war. Er sirekte sich der Lange nach aus , sandte Stosgebete gen Himmel und bereitete sich völlig zu seinem En­ de, als plözlich.daö Getöse oberwartö nachlies.

Da er die Ursach dieser furchtbaren Stille sich nicht erklären konnte, so bildete er sich ein: die Leu­ te wären entweder insgesamt über Vord gespült oder hätten aufgehört, sich dem Ungewitter zuwidersezen, weil sie an ihrer Rettung verzweifelten. In dieser höchst marternden Ungewisheit, die aber dennoch bisweilen durch einige zerstreute Strahlen Hofnung erhellet wurde, trat der Schiffer in die Kajüte. Wie steht's auf dem Verdek? rief der Hofmeister ihm mit einer vor Furcht halb erstikten Stimme ent­ gegen. Der Schiffer, der eine grosse Vrantweinsflasche vor dem Mund hatte, antwortete in einem holen Tone: Nrr is alles vorbei, Herr! Bei diesen Worten gab Ioltee sich für verloren und rief im äussersten Schrek: O du mein Gott, Herr', erbar­ me Dich unser: Christe, erbarme Dich unser! Die­ ses Gebet wiederholt' er ganz mechanisch, so lange, bis der Schiffer ihm seinen Irrthum benam, den Pereg. Pickle II. B.

G

(

Y8

)

wahren Sinn seiner Worte erklärte und ihm ver­ sicherte: der Sturm fei vorüber. Dieser plözliche Uebergang von Furcht zur Freu­

de verursachte so wohl in seiner Seele als in seinem Körper eine heftige Erschütterung. Es dauerte ei­ ne gute Viertelstunde, eh'er seiner Sinn" und Glredmaassen wieder mächtig ward. In der Zeit klärte sich das Wetter auf, der Wind begann wieder aus der rechten Ekke zu blasen und die Kirchthmmsiuzen von Calais zeigten sich bereits in einer Ent­ fernung von fünf Meilen. Frohe Erwartung hei-

terte jezt die Gesichter aller auf, die sich am Bord befanden; und peregcine wagt' es, in die Kajücs hinunterzugehn und seinen Hofmeister mit der Nach­ richt von der glüklichen Wendung zu erfreuen, die ihre Lage genommen hatte. Enlzükt durch die Vorstellung bald zu landen, begann Iolter in Lobeserhebungen des Landes aus-

-ubrechen, wohin sie segelten. Frankreich, sagte er, ist daS Land der Wohlgeschliffenheit und Gastfrei­ heit. Beides offenbart sich in dem Betragen jedes Standes, vom Pair an bis zum Bauer herab. Weit

entfernt, daß der rechtliche Mann und -er Fremde, wie in England, von der niedern Klasse des Volks sollte gröblich beleidigt oder betrogen werden, wird

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er hier mit her grössten Achtung, Redlichkeit und Ehrerbietung behandelt. Der dortige Himmelsstrich ist rein und gesund, die Felder sind fruchtbar, die Pächter reich und betriebsam und die Unterthanen

durchgängig die gläklichsten Leute. Er würde in dieser seiner Lieblingsmaterie wei­ ter sortgefahreu sein, wenn sein Zögling sich nicht genötigt gesehn hätte, auf's Verdek zu eilen, weil er von seinem Magen gewisse Warnungen erhielt. Wie ihn der Schiffer in diesem Zustand erblik-

Ur erinnert* er ihn gar dienstfertig an den kalten Schinken, an die Hüner und an den Korb Wen, den er an Bord geschikt hatte, und fragte ihn: ob er etwa unten solle dekken lassen. Er konnte keine scht'klichere Gelegenheit wählen, seine Uneigennäzigkeit an den Tag zu legen, peregrine verzog bei

Erwähnung des Essens mächtig das Gesicht, und

bat ihn um des Himmels willen davon nicht mehr zu sprechen. Der Schiffer stieg in.die Kajüte hinab und that die nämliche Frage an Ioltcr'n, der diesen Vor­ schlag, wie er wusste, eben so verabscheute. Er ward von dem eben so aufgenommen; deshalb mache er sich zwischen das Verdek und wiederholte seine

höfliche Anerbietung gegen den Dammerdtrner und ® 2

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|en Lakaien, die unter allen Martern doppelter Entlediguiigen ausgestrekt da lagen und seine Höf­ lichkeit mit dem eittsetlichsten Ekel ausschlugen. Da aus dieArt ihm all' seine gütige Bemüh»»gen fehl schlugen, so befal er seinem Jungen, nach Schifsbrauche, diesen Mundvorrat in eins seiner Behältnisse z» schaffen; und er würde eine gar statt­ liche Beute gemacht haben, wenn Pipes nicht kazwischen getreten. Dieser theilte all' jene Lebens­ rnittel unter die Bvotsknechte aus, die seines Be­ denkens einer solchen Erquikkung bedurften. Auf die Art hatte der Schiffen den Vcrdrus, durch sein eignes übereiltes Verfahren seine» Plan mislinge» iu sehn; denn härt' er seine Zunge iurükgehalten so würd' eS niemanden eingefallen sein, an den Pro­ viant zu denken, und er wär' im ruhigen Desir sei­ ner Beute geblieben. Als sie an die F r a n t v si sch e Küste kamen, war «s Ebbe, folglich konnte das Schif nicht in den Ha­ fen lausen. Sie sahen sich daher genötigt ein Boot kommen tu lassen. In weniger denn einer halben Stunde hatte es sich eingestellt. Jett ging 3o[ttc 4uf’< Derdek und zog mit allen Merkmalen unend­ licher Zufriedenheit die Fra»töfische Luft in sich. Er fragte die Leute im Boot unter der fteundschaft-

IOI ) llchen Anrede , Mes enfan*: was fle «erlangten, st« Beide, ihre Leute und Sachen an'S Land ru schaf­ fen. Wie sehr ward er aber nicht betreten, al< diese Höffichen, redlichen, vernünftigen Schiffer ei­ nen Louisdor dafür forderten. Mit einen» sarkastischen Lächeln versezte per«geint hierauf gegen Iolrer: er sahe bereits, wie gerecht seine Lobeserhebungen von den Franrvse» wären. Der getäuschte Hofmeister kennte zu sei­ ner Vertheidigung nichts weiter anführen, als daß sie durch die Geineinschast mit den Einwohner» von D o v e r wären verderbt worden. Diese Geld­ erpressung hatte indessen seinen Zögling so beleidigt, daß er die Leute schlechterdings nicht brauchen woll­ te , wenn sie auch die Hälfte ihrer Forderung nach­ liessen. Er wolle, schwur er, viel lieber so lang' In dem Paketbovt bleiben, bis er in den Hase» kommen könnte, als solche Prellereien begünstige». Der Schiffer, dem aller Wahrscheinlichkeit nach die Leute im Boot aus kvllegialischer Freundschaft nahe gingen, stellte vergebens vor: daß er an einer Käste unter dem Winde nicht sicher liegen oder an­ kern könne. Hierauf antwortete unser Held, nach­ dem er ruvvr den Pipe» ,u Rate gelogen hatte, t» -ab' ihn gedungen, ihn nach Calais tu schaffen ©g (

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und er würde ihn zu nötigen wissen, Wort tu W ren. Den Schiffer krankte diese entscheidende Ant­ wort mächtig, und Jokern war sie nicht allzuangenem. Das Boot ward, ungeachtet der dringen­ den Bitten und der jezigen Nachgiebigkeit seiner Eigner, wieder zuräkgeschikt. Der Schiffer lief die

Küste noch ein wenig weiter hinauf, warf seinen An­ ker aus, und wartete, bis Flut genug da war, über die Sandbänke zu kommen. Darauf befanden sie sich im Hafen. Unser Held ward mit seinen Leu­ ten und dem Gepak durch die Bootsleute an's Land geschast, denen er ihre Bemühung reichlich vergalt. Augenbliklich würd' er von einer grossen Menge Träger umringt, die wie hungrige Wölfe auf seine

Sachen losfielen und sie ohne sein Geheis und An­ weisung stükweise sortzutragen anfingen. Durch diese unverschämte Dienstfertigkeit ausgebracht, befal er ihnen mit manchem Fluch und mit mancher Schmä­ hung, die der Jörn ihm eingab, davon abzustehn. Wie er sahe, daß einer von ihnen sich an seine

Reden nicht im mindesten kehrte und mit seiner Bürde davon ging, ris er seinem Bedienten den

Prügel aus der Hand, holte, eh man sich's versähe,

den Kerl ein, und ftrekte ihn durch Einen Schlag

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zu Boden. Sogleich umzingelte ihn der ganze hel-

le Haufen dieser Canaille, um ihres Kameraden Beleidigung zu rachen.

Sie würden mehr denn

hinlängliche Genugthuung von dem angreisenden Theile genommen haben, wenn nicht Pipes, wie

er seinen'Zerrn so im Gedränge sahe, das ganze

Gchifsoolk zu seinem Beistand vermocht und sich so männlich bewiesen hatte, daß der Feind genötigt

ward, sich mit manchen Zeichen der Niederlage

und mit derDrohungzurukjuziehtt, seine Beschwer­ den bei dem Kommendanten anrubringen. Iolrer, der die Macht des Französischen Guver-

nörs kannte und furchte, bebte vor Angst, als er ih­

re wiederholten Drohungen hörte. Doch jenes Ge­

sindel durst' es nicht wagen, sich an diese Magistrats­ person zu wenden, denn sie würd' es, nach einem

wahrhaften Bericht des ganzen Verlauf's, für sein räubrisches und unverschämtes Betragen ernstlich be­

straft haben, peuegrme bediente sich nun, ohne

weitere Verhinderung, seiner eignen Leute. Sie lu­

den das Gepäk auf ihre Schultern und folgten ihm bis an's Thor, wo. die Schildwacht sie so lange an­ hielt, bis ihre Namen waren ausgeschrieben worden. Iolter, der schon einmal dies Examen ausgestan-.

den hatte, beschlos seine Erfahrungen zu nüzen, und ,

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gab seinen Mündel listigerweise für einen jungen

Englischen Lord aus.

Dieser Berichte der durch

seinen ansehnlichen Anzug, und sein Gefolge unterstüzt ward, war kaum zu den Ohren des Officiers gekommen, so lies er die Wache herauötreten und

so lange unter Gewehr stehn, bis Sr. Lordschaft

im grössten Prunk in den Lion (Pargent Ihren Ein­ zug gehalten hatten.

Hier nam peregrme sein

Nachtlager, in dem Entschlus, den folgenden Mor­

gen in einer Postschase nach Paris abzugehn. Der Hofmeister triumphirte höchlich über die Höflichkeit und Ehrerbietung, die man ihnen am Thore bewiesen hatte, und nam wieder seinen Lieb--

lingsdiskurs vor. Ergab der Französisch en Re-

gierungSart und der Subordination, die sie zu er­ halten wüsste, vollen Beifall. Keine Landesverfas­

sung auf Erden, behauptete er, sei besser eingerich­ tet, Ordnung zu erhalten und das Volk zu beschu­

len. Von ihrer vorzüglichen Aufmerksamkeit gegen Fremde, meinte er, sei kein andrer Beweis nötig,

als die ihnen eben wiederfahrne Ehrenbezeigung und die Nachsicht des Guvernörs, der den Vorrech­

ten der Einwohner zuwider gestattet habe, daß pe-

regrine sich zur Wegschaffung seines Tepäks seiner eignen Leute bedienen dürfen.

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Indem er sich hierüber mir vieler merklicheri Selbstgefälligkeit ganz weitläufig auslies, trat der Lammerdiener herein und unterbrach seine Lobrede durch die Nachricht: ihre Kisten und Mantelsakke

müssten nach der Oouane gebracht werden, damit sie dort durchsucht und plombirr würden.

Diese

Plombe, feit’ er hinzu, dürfte bis zu ihrer Ankunft in Paris nicht angerührt werden. Gegen diese Einrichtung, die an und für sich ganz vernünftig war, wandte prregrine nichts ein. Als er aber hörte, daß wieder eine Menge von Tragern die Thüre belagert hatten und auf ihrem Rechte bestände, die Güter hinzuschaffen und sich

die Bezahlung dafür selbst zu bestimmen, so wei­ gere er sich schlechterdings ihre Forderung zu be­

willigen.

Die ärgsten Schreihalse darunter züch­

tigt' er mit dem Fus und sagte ihnen: wenn die

Zollbedienten seine Sachen durchsuchen wollten, so möchten sie sich zu ihm in’s Wirtshaus bemühen» Der Rammerdiener schämte sich vor dem dreisten Betragen seines Herrn, und der Lakai zukte

die Achseln und konnte sich der Anmerkung nicht ent­ halten: Voila qui est bien Anglois! Umsonst stellte

-er Hofmeister dies seinem Mündel als eine Be­ schimpfung der ganzen Nation vor, und vergebens.

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bemüht' er sich, ihn tu bereden, sich in die Landesfikte z« fügen. Allein peregrinens angebomet Stolz hielt ihn ab, Joker'» heilsamen Rate Ge> hör zu geben. In weniger denn Einer Stunde rükte eia Kom­ mando Soldaten vor das Haus. Bei diesem Anblik bebte der'Hofmeister, der Rammerdiener ward blas und der Lakai schlug Kreuze. Unser Held aber, ohn' etwas anders als Unwillen zu äusser», ging ihnen bis an die Hausthür entgegen und frag­ te mit wilden Blikken: Was sie wollten ? Der Kor­ poral antwortete ganz kaltblütig: Sie hätten Be- ‘ fei, seine Bagage nach der Douane zu schaffen; und da er jezt die Kisten auf dem Flur erblikte, so -ostirt' er seine Leute zwischen dieselben und dem Eigenthümer. Die Träger, die ihnen folgten, ho­ ben sie auf und trugen sie ohne fernern Widerstand auf den Pakhof. Peregrin« war nicht so wahnsinnig, die Gültig­ keit dieser Botschaft streitig machen zu wollen; um deren Ueberbringer aber zu ärgern und ihnen seine Verachtung zu beweisen, rief er seinen Lämmer­ diener und befal ihm ganz laut auf Französisch: mitzugehn und Acht zu geben, daß die Leute, die die Sachen durchsuchten, nichts von seiner Wäsche

( io7 ) und übrigen Effekten stöhlen. Der Korporal, de« Lieser spöttische Befel verdros, warf aus dessen Ur» Heber einen zornigen Blik, gleich als wenn er die Ehre der Nation rachen wellte, und sagte: man sähe wohl, daß er noch sremd' in Frankreich wäre, sonst würd' er eine so unnötige Vorsicht erspart ha­ ben. In -er That war, unserm junge» Herrn bie» se Rede kaum entwischt, als er sich selbst seine» Mutwillens schämte; denn nicht- war seinen Grundsazen mehr entgegen als einen unedelmütige» Ver­ dacht im mindesten zu bestärken.

Zehntes Kapitel. Verliebtes Abenteuer auf der Reise, in Boulog ne lernt peregrme einige unglükliche Landsleute kennen. »/Nachdem er auf die Art der gewafneten Hand der Macht nachgegeben hatte, erkundigt' er sich: «b es weiter keine Engländer hier im Hause gäbe» «nd erfuhr, im nächsten Zimmer wohne ein Herr und eine Dame, die eine Postschäse nach Pari» bestellt hätten. Er besal daher seinem Pipes, ficht

( io7 ) und übrigen Effekten stöhlen. Der Korporal, de« Lieser spöttische Befel verdros, warf aus dessen Ur» Heber einen zornigen Blik, gleich als wenn er die Ehre der Nation rachen wellte, und sagte: man sähe wohl, daß er noch sremd' in Frankreich wäre, sonst würd' er eine so unnötige Vorsicht erspart ha­ ben. In -er That war, unserm junge» Herrn bie» se Rede kaum entwischt, als er sich selbst seine» Mutwillens schämte; denn nicht- war seinen Grundsazen mehr entgegen als einen unedelmütige» Ver­ dacht im mindesten zu bestärken.

Zehntes Kapitel. Verliebtes Abenteuer auf der Reise, in Boulog ne lernt peregrme einige unglükliche Landsleute kennen. »/Nachdem er auf die Art der gewafneten Hand der Macht nachgegeben hatte, erkundigt' er sich: «b es weiter keine Engländer hier im Hause gäbe» «nd erfuhr, im nächsten Zimmer wohne ein Herr und eine Dame, die eine Postschäse nach Pari» bestellt hätten. Er besal daher seinem Pipes, ficht

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8ei Krem Bedienten beliebt zu mache«/ und w» möglich, ihren Namen und ihren Stand zu ersah« ttn. Indes gingen er und Iolter, in Begleitung

de- Bedienten/ um die Wälle herum späteren «nd besahen das Merkwürdige der Festungswerke.

Tom war in seinem Nachsorschen so glüklich/ baß et/ wie sein Herr wieder nach Hause tarn.

ihm von seinen jezigen Hausgenossen die vollständigste Nachricht geben konnte. Eine Bouteille Wein/ die er seinem Kollegen vvrgesezt/ hatte sie ihm »erschast. Das Paar quaeitionis war Mann «nd Fra»/ kürzlich erst aus England angekommen und. im Begrif nach P a r i s zu gehn. Der Mann besaS ein artiges Vermögen/ hatte in seiner Jugend lokker gelebt, und eifrigst gegen den Ehestand dekla-

mitt. Es fehlte ihm weder an Verstand noch an Er­ fahrung und er that sich hauptsächlich auf die Kunst etwas zu gute/ alle weibliche Fallstrikke zu vermei­ den; eine Kunst/ die er aus dem Grunde verstehen

wollte. Aber dieser Vorsicht und Seschiklichkeit un­ geachtet war er vor Kurzem da- Opfer eine- Austern­ mädchen- geworden/ die da- Mittel ausgefunden halte / ihn in die Bande der Ehe zu lokken. Um den Komplimente« und Glükwünschungen seiner

-reuade «nd Bekannten zu entgehn, hatt'erden

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EntschluS gefasst, nach Paris zu reisen, wo er seine Gemalin in die schöne Welk zu initiiren geson­ nen war. Mittlerweile hatt' er bcschtoffen, eilige-

logen ju leben , weil ihre natürlichen Talente noch wenig Ausbildung hatten und weil er sich nicht sehr Auf ihre Tugend und Klugheit verlies, die, wie ei schien, beinahe den Bewerbungen eines Offieieriu Kanterbury unterlegen hatten, der Mittel

gefunden, sich in ihre Bekanntschaft und Gunst ein­ zuschleichen. Diese Nachricht entstammte peregrinrn» Neu­ gierde. Er ging lauernd auf dem Hefe umher, in der Hosnung, die Dulcin ee zu sehn, die den alten Hagestolzen gefesselt hatte.

er sie an einem Fenster.

Endlich erblikt'

Er nam sich die Freiheit,

ihr eine sehr ehrerbietige Verbeugung zu machen. Sie erwiderte sie, und ihr ganzes Betragen war so anständig als ihr Anzug. Hätt' er ihre erste Le­ bensart und Gesellschaft nicht zuvor gewusst, so würd' er flch'S nicht haben einfallen lassen, ihr eine andere Erziehung belzulegen als andern Frauen­

zimmern von guter Herkunft. So leicht ist es, das

äussere Betragen anzunemen, worauf Leute von Stande so grossen. Wert zu legen pflege».

Dem«

ungeachtet aber wollte Peregrin« in ihrem Gesicht

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HO

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eine gewisse pöbelhafte Dreistigkeit bemerken, tse bei einem Frauenzimmer von Geburt und Vermö­ gen ftfr eine angeneme Lebhaftigkeit würde gegolten Haben, die ihren Anblik beseelt und jedem ihrer Zü­ ge anziehende Kraft giebt. Inzwischen hatte dies Frauenzimmer ein Paar schöne Augen und eine zarte Gesichtsfarbe, woraus Gesundheit hervorglühte. Sv etwas empfielt feine -Beflzerin immer. Er konnte demnach nicht umhin, sie mit Begierde zu betrachten und den Plan zu entwerfen, ihr Herz zu erobern. In d e r Absicht lies er ihrem Gemal, der Hornbek hies,'seinen Empfel vermelden: er sei gesonnen, des folgenden Tages nach Pariü zu reisen , und da er vermlme, daß er dieselbe Reise vorhabe, so sollt'es ihm aus­ serordentlich lieb sein, unterwegs seiner Gesellschaft zu geniessen, falls er nicht bereits besser ver­ sagt sei. Hornbek, der höchst wahrscheinlich seiner Fra« feinen so furchtbaren Gesellschafter geben mochte, als unser Held schien, sandte ihm eine sehr höfli­ che Antwort zurük, worin er ungemein belauerte, daß er fein ihn so beehrendes gütiges Anerbieten wegen der Unböslichkeit seiner Frau nicht annemen sönne, die wohl noch in einigen Tagen, wie er b«

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HI

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sorge, die Beschwerlichkeiten der Reise nicht werde aushalten können. Dieser Korb, den Peregrin« auf Rechnung der Eifersucht des Mannes feste, ersiikte feine Projekte in der Geburt. Er befal demnach seinem Fran­ zösischen Bedienten, einen Plaz auf der Diligence

zu »einen, woraus auch alle seine Sachen gepakt wurden, ein schmales Kistchen mit einiger Wäsche und andern Notwendigkeiten ausgenommen, das

tr hinten auf die vom Wirt gemietete Postschäse

binden lies. Den folgenden Morgen reisten er und Ioltrr in aller Frühe von C a l a i S ab; Pipe» und der Lammerdiener begleiteten sie zu Pferde.

Sie kamen ohn' allen AnstoS bis nach Boulogne, wo sie srühstükten und einen Bekannten des Hofmeister», den Pater Graham, einen al­ ten Schottischen Gentleman besuchten.

Er hatte

hier sechzig Jahre als Kapuziner gelebt und sich

während der Zeit aller Strenge des Ordens mit der pünktlichste« Genauigkeit unterworfen.

Die Frei­

mütigkeit in seinem Umgänge, die Leutseligkeit sei­ ner Karakters und die edle Einfalt seiner Sitten

machten ihn gleich merkwürdig. «erliessen sie B o u l o g n e.

Gegen Mittag

Sie befalen dem Po­

stillion, ausserordentlich rasch zu fahren, weil sie

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)

-le Nacht in Abbeville bleiben wollten. Vielleicht brach zum Glük für seine Pferde die Achse, und die Schäse fiel um, ehe sie den dritten Theil der Sta­ tion zurükgelegt hatten. Dieser Zufall nötigte sie dahin zuräkzukehren, von woher sie gekommen waren, und da sie keine ande­ re Gelegenheit bekommen konnten, sahen sie sich genötigt zu warten, bis sich die Schäse wieder ausgebessert befand. Als sie hörten, daß diese Arbeit sie einen ganzen Lag aufhalten würde, nam unser junge Herr seine Zuflucht zur Geduld , und frag­ te : was sie zu Mittag haben könnten? Auf diese Frage verschwand der Aufwärter in einem Nu. Un­ mittelbar darauf sezte die Erscheinung einer seltsa­ me» Gestalt sie in Erstaunen, peregcine hielt sie aus sehr verzeihlichem Irrthume wegen seines iwunderbaren Anzuges und seiner possierlichen Gebär­ den für einen Wahnsinnige» von Französischem Geblüte. Dies Phantom (im Vorbeigehn gesagt, kein« andre Person als der Koch, wie sich nachher auswies) war ein langer, spillbeiniger, hagerer, mächtig krumm gebükter, schwarzbrauner Bursche. Seine Bakkenknochen ragten merklich hervor, seine Rase Map wie ein Pulverhorn gebogen und seine Auge» um

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um ihre Ränder herum so rot, als wen» die Hallt abgeschält wäre. Um seinen Kopftrug er ein Schnupf­ tuch, das weiland weis gewesen war und nunmehr dazu diente, den obern Theil einer schwarten Verüke tu bedekken, an der ein Haarbeutel hing, der wenigstens einen Schuh in'S Gevierte betrug. Er war mit einer Solitaire und einer Rose geschmükt, die an jeder Seite bis tu seinem Ohr hinaufreichte, so daß. er einem Missethäter am Halseisen nicht un­ ähnlich sahe. Sein Leichnam war mit einer leine­ nen Weste angethan, seine Hände mit langen Man­ schetten von eben dem Zeuge geziert, und sein Un­ terleib mit einer Schürze umgürtet, die er aufge« stekt hatte, damit seine weisseidene Wikkelstrümpse möchten |tt sehn sein. Beim Eintrit schwenkt' er ei» blutiges Gewehr, das völlig drei Für lang war. prregrine, der ihn tuerst in dieser drohenden Stellung sich nahen sahe, stand auf seiner Hut. Als « aber seinen Stand wusste, sah' er den Küchenzettel durch, und bestellte twei oder drei Gerichte davon D ihrem Mittagseffen. Sodann ging er mit Iolter'» aus, um die beiden Städte tu beseh», die sie vor­ her genau t» betrachten nicht Musse gehabt hatten. Auf ihrem Rükwege vom Hasen begegneten ihnen vier bis fünf Herren, die insgesamt sehr niedergoperrg. Pickle II. B. H

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schlagen schienen. Da sie an der Kleidung merkten

daß unser

und sein Hofmeister Engländer

wären, so bükten sie sich'im Vorbeigehn sehr ehrer­

bietig gegen sie. Pickle, der von Natur mitleidig war, suhlte eine sympathetische Regung; und da er

einen Menschen erblikte, den er der Kleidung nach für einen ihrer Bedienten hielt, so fragt' er ihn auf Englandisch: wer sind diese Herren? Der Bediente gab ib,m zu verstehn: es waren Landesleute von ihm,

die aus ihrem Vaterlande wären vertrieben wor­ den, weil sie einer unglüklichen, zu Grunde gerich-

Uten Partei angehangen hätten.

Sie pflegten täg­

lich nach der Seeseite zu gehn, um ihre sehnsuchts­ volle Augen durch die Aussicht nach den weissen

Klippen Albion's zu ergezen, denen sie sich nie

wieder nähern dürften.

Wiewohl uns«: jjunge Herr in politischen Din­ gen weit von ihren Grundsäzen entfernt war, so

gehörte er doch nicht zu jenen Enthusiasten, die je­ des Schisma von den einmal angenvmmnen Glau­

bensartikeln für verdammlich ansehn und den Zweif­

ler von allen Wohlthaten der Menschheit und der .christlichen Vergebung aueschliessen. Er könnte sich leicht vorstellen, • wie jemand von den

unsträf­

lichsten Sitten durch Erziehungsvorurtheile oder un-

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auflvsliche Verbindungen in ein so tadelnswürdiges und verderbliches Unternemen kann vermittelt wer­ den; und er glaubte, sie hatten für ihre Unbeson­

nenheit schon hart genug gelitten. Die Erzählung ihrer täglichen Wallfahrt nach der Seeseite, die er

für einen untrüglichen Beweis ihres Kummers hielt, rührte ihn. Er trug daher Inter n das angeneme Geschäft auf, zu ihnen zu gehn und sie in seinem Namen auf ein Glas Wein noch denselben Abend bei sich einzuladen. Dieser Antrag ward mit grossem Vergnügen und mit ehrfurchtsvollem Dank angenommen. Sie be­ suchten Nachmittags den Mann, der sie so gütig

eingeladen hatte. Er bewirtete sie mit Kaffee und

würde, sie auch zum Abendessen behalten haben, wenn sie ihn nicht angelegentlichst gebeten hätten, sie mit seiner Gesellschaft in dem Hause zu beehren, das sie gemeiniglich zu besuchen pflegten. Er gab

ihren dringenden Bitten nach, und sie führten ihn und seinen Hosmerster nach ihrem Spcisehause, wo

sie ihm eine artige Mahlzeit und den besten-Clairet in Frankreich gaben.

Sie konnten gar leicht bemerken, daß ihr Haupt­ gast kein Freund ihrer Staatsmaximen sei; daher

. vermieden sie in ihren Gesprächen geflissentlichst al-

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W, was ihn nur im mindesten zu beleidigen ver­ mögend war. Doch konnten sie sich nicht enthalten. Aber ihre Lage zu jammern, wodurch sie von ihren

theuersten Verbindungen losgerissen und zu einer

ewigen Verbannung von ihren Familien und Freun­ den verdammt wurden. Demungeachtet aber liessen sie nicht den entferntesten Wink fallen, das sie ver­ dammende Urthel als ungerecht bestreiten zu wol­ len, wiewohl einer von ihnen, der ein Dreissiger zu sein schien, bitterlich über sein Unglük klagte, daß

er eine geliebte Gattin und drei Kinder in Not und Elendverwikkelt habe; und in der Heftigkeit seines Schmerzens in wahnsinnige Verwünschungen über

fein Schiksal ausbrach. Um seinen Mismut zu vertreiben und zugleich ihre Gastfreiheit an den Tag zu legen, fingen seine Gefährten ein andres Gespräch an, und liessen die

vollen Glaser fleißig rund gehn.

So wurden alle

ihre Sorgen hinweg gespült. Man sang verschiedue Französische Rundgesange, und frohe Laune und Traulichkeit gewann die Oberhand.

Mitten in dieser Geisteserhebung, die gemeinig­ lich die verborgensten Gesinnungen aufschliesst und

jede Veranlassung zur Vorsicht und zur Zuräkhaltung hinwegräumt, brachte einer von den Wirten,

der berauschter war wie die übrigen, eine Gesund­ heit aus, wogegen peregrine als gegeneineunma­ nierliche Beleidigung mit einiger Wärme Einwen­ dungen machte. Der Andere behauptete seinen An­ trag mit unanständiger Hize. Der Streit begann sehr ernsthaft zu werden, als die Gesellschaft sichin's Mittel legte und gegen ihren Freund den Ausspruch that. Der Herr, von dessen Fühlbarkeit wir vorhin gesprochen haben, machte je­ nem so heftige Vorwürfe und las ihm den Text so scharf, daß er in voller Entrüstung mit der Drohung wegging, ihre Gesellschaft zu verlassen und sie mit der Benennung: Apostaten, brandmarkte, die ihre gemeinschaftliche Sache aufgegeben hätten. Die Andern, die da blieben und durch dies Berremen von ihrem Gefährten sehr gekränkt waren, entschuldigten sich auf's lebhafteste gegen ihre Gäste und baten sie wegen der Ausschweifung dieses Manues um Verzeihung. Sobald er nur seine Besin­ nung wieder hätte, versicherten sie aus's zuversicht­ lichste, würd' er sich von selbst bei ihnen einstellen und ihnen sein unziemliches Betragen abbitten, pevegrine lies sich dadurch beruhigen und nam wie* der seine gute Laune mu Da es aber bereits sehr tief in der Nacht war, so, widerstand er ajlen chxew

( US ) Zunötigunyen, noch Eine Flasche rund gehn zu lassen, und ward von ihnen mehr als halb bene­ belt nach Hause gebracht. Den folgenden Morgen um acht Uhr wekte ihn sein Rammerdiener auf und meldete ihm: es wa­ ren zwei von denen Herren, mit denen er den gestri­ gen Abend zugebracht, unten im Hause und baten vorgelassen zu werden. Wiewohl er nicht wusste, was dieser ausserordentliche Besuch sagen wollte, so besal er dennoch, sie in sein Zimmer zu führen. Es war der, welcher ihn beleidigt, und der Herr, der dem Lezterrr über sein unartiges Betragen ei­ nen Verweis gegeben hatte. Der Beleidiger entschuldigte sich zuerst gegen Pickle», daß er ihn störe und erzalte ihm: sein hier gegenwärtiger Freund sei heute früh zu ihm gekom­ men und habe ihm den Vorschlag gethan, zwischen zweierlei zu wählen, entweder sich unverzüglich mit ihm zu schlagen oder wegen seines gestrigen ungesit­ teten Betragens um Verzeihung zu bitten. Nun hätt' er zwar Mut genug, sich wegen einer jeden rechtmässigen Sache zu stellen; doch sei er nicht so unvernünftig, den Vorschriften seiner Pflicht und seiner Ueberlegung nicht zu gehorchen. Nur in Rükficht auf diese, nicht auf jene Drohungen, (denn

die verachte er,) hab' er sich die Freiheit genom­

men , seine Ruhe zu stören, um, wo möglich, die

ihm zugefugte Beleidigung wieder gut zu machen. Sie sei, betheuerte er, einzig und allein die Wir­ kung des Rausches gewesen, und er bäte ihn dem­

nach um Verzeihung. Unser Held nam dies Geständnis mit vieler Feinheit ans, und dankte dem andern Herrn, daß

er sich so grvsmülig für ihn verwendet habe.

Da

er wahrnam, daß dessen Freund über seine dienst­

fertige Vermittlung etwas erbittert war, so bewirkt er dadurch eine Aussöhnung, daß er ihn überzeug­

te: alles , was jener gethan habe, sei zur Ausrecht­ haltung der Ehre der Gesellschaft geschehn-

Sie

mussten darauf bei ihm frühstükken, und er äusserte

gegen sie den lebhaftesten Wunsch, daß sich ihre

Lage verbessern möchte.

Die Schäse war indessen

fertig geworden; er nam von allen den Herren,

die ihn bewirtet hatten, und die gekommen waren,

ihm eine glükliche Reise zu wünschen, Abschiede

und verlies mit seinem Gefolge Bvu log ne zum zweitenmale.

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Elftes Kapitel. Peregrins bleibt Die Nackt über zu Vcrnay. Hornbek holt ihn hier ein.

Jener hat Lust,

des Lezlern Haupt mir einem Hornwerke zu befestigen.

Ä6a'rend ihrer Reise nam Iolter Gelegenheit, sei­

nem Mündel die Beobachtungen mitzutheilen, die er über die Betriebsamkeit der Franzosen angestellt hatte. Um ihm hiervon einen unwiderlegbaren Be­ weis zu geben, bat er ihn, rings um zublikkenuud z« bemerken, wie jeder Fiek auf's sorgfältigste angebaut sei; und aus der Fruchtbarkeit dieser Pro­ vinz, die für die ärmste in Frankreich gehalten wird, auf die Wohlhabenheit und den Ueberstus der gan­ zen Nation zu schliessen. peregrrne wunderte sich über diese Bethörung eben so sehr, als sie ihn verdros, und er versezte: Was er für Betriebsamkeit ausgäbe, wäre eine blosse Frucht des Elends. Die armen Bauern sähen sich ge­ nötigt, jeden Zollbreit Landes zu bepflügen, um die Unterdrükker, ihre Herren, zu befriedigen. Sie selbst und ihr Meh wären die lebendigen Ebenbilder

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de» Hunger». Der Anblik de» Lande» offenbarte schon deutlich die äusserste Armut. Nirgend» wär» ein Kamp oder irgend ein andrer Gegenstand zu er« Mitten, als einige wenige und schlechte Gersten - und Haberseider, die nie die saure Mähe de» Landnianns belohnten. Ihre Wohnungen wären die armseligsten Hätten. Auf einem Raume von zwan­ zig Meilen fände man nicht Einen Edclflz. Nicht» wäre kläglicher und trübseliger, al» die Tracht der hiesigen Landleute. Da» Geschirr ihrer Reiseschckse wäre hier unendlich schlechter, als bei einem Mistkarrn in England; und der Postillon, berste fahre, habe weder Sttümpfe auf den Beinen, noch ei» Hemd' auf dem Rükken.

Da der Hofmeister seinen pflegbefolne» sounMezsam fand, so beschlo» er, ihn in seiner Unwis­ senheit und in seinen Vvrurtheilen stekken zu lasse» und seine Bemerkungen für Leute aufzuheben, die fich gegen seine Meinungen gefälliger bezeigten. Ei» Vvrsaz, den er freilich schon oft gefasst, in derHize seine» Eifers aber eben so oft gebrochen hatte; den» nicht feite« ris ihn der über den Plan de» Betra­ gen» hinaus, den er flch in kühlern Augenbltkke« ge^ «acht hatte. H $

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)

In Montreuil hielten sie an, um Erfrischun­ gen $u nemeir und des Abends um sieben Uhr ka­ men sie in einem Dorfe an, das Bernay heisst. Indes , daß sie hier auf frische Pferde warteten, erfuhren sie vom Wirte, baß die Thore von Abbevtlle mit dem Schlag Neune geschloffen wür­ de» und sie also unmöglich hineinkommen könnten. Unterwegs, sezt' er hinzu, wäre kein andres Wirts­ haus, wo sie die Nacht über unterkommen könn­ ten. D cher riet’ er ihnen als ein guter Freund, in seinem Hause zu bleiben, wo sie die beste Be­ quemlichkeit und Aufwartung finden würden und morgen bei Zeiten weiter reisen könnten. Wiewohl Joker schon dieses Weges gekommen war, so konnt' er sich dennoch nicht besinnen, ob der Wirt die Wahrheit sagte «der nicht. Da aber dies Vorgeben sehr wahrscheinlich klang, so beschlos unser Held dem Rate zu folgen. Er lies sich ein Zimmer geben und fragte, was zu essen vorhanden sei. Der Wirt nannte ihm alles, was nur esbares im Hause war, und Pickle legte auf dies Alles für sich und seine Leute Beschlag. Mittlerweile, daß es zubereitet wurde, vertrieb er sich theils die Zeit durch Gespräche mit der Wirtstvchter, einem muntern Mädchen von siebzehn Jahren, theils dmch«

( 123 ) strich er die Gegend um da- Haus, da- eine sehr ländliche Läge hatte. Indes daß er f» die Zeil verschleuderte, die ihm lang ward, kam eine zweite Schafe vor das WirtShau- angefahrcn. Wie er sich nach den Neuangekonimenen erkundigte, erfuhr er, daß dies Horn­ bek und seine Gemaltn sei. Der Wirt, der zu gut wusste, daß er diese zweite Gesellschaft nicht zu be­ dienen int Stande war, kam zu pecegrine’n und bat ihn gar demütig, ihm einen Theil der bestell­ ten Lebensmittel abzulassen. Allein dieser weigerte sich, auch nur den Flügel eines Rebhuns abzugeben; doch lies er zu gleicher Zeit den Fremden seine» Empfel vermelden, ihnen sagen, wie schlecht es mit ihrer Bewirtung aussähe, und sie einladeo, an seinem Abendbrode Theil zu nemen. Hornbek, dem es an Höflichkeit nicht fehlte, und der ausserordentliche Lust hatte eine wohlschmekkende Mahlzeit zu halten, welche der liebliche Ge­ ruch aus der Küche ihm versprach, konnte diesem zweiten Beweise von der Lebensart unsers selben nicht widerstehn. Er nam die Botschaft mit Dank an und lies zurüksagen: er und seine Frau würden daS Vergnügen haben, sich fein höfliches Anerbie­ ten zu Nuze zu machen, peregrinens Wange«

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glühten vor Vergnügen, daß er mit Mistriß Horn­ bek bald in Bekanntschaft kommen sollte. Ihr Hert hatt' er in Gedanke» schon erobert und er spannte jezt seine Einbildungskraft an, auf Mittel zu sin­ nen , ihres Manne« Wachsamkeit r« täusche». AIs daS Abendbrod fertig war, gab er in eigner Person seine» Gästen davon Nachricht. Er führte die Frau in da- Zimmer, feste sie in einen Lehn­ stuhl oben am Tisch, drükte ihr die Hand und warf ihr zugleich sehr verführerische Dlikke zu. Dies uneeremoniöse Betragen nam er deshalb an, weil er vorausserte r ein Frauenzimmer von ihrer Herkunft fei an alle die ekelhaften Formalitätennichtgewöhnt, die mau in gleichen Fällen bei einem Frauenzim«ner von Geburt und seiner Erziehung beobachten muS. Aller Wahrscheinlichkeit nach hatte er richtig ge­ rechnet. Mistriß Hornbek äusserte über diese Be­ handlung kein Misvergnügen, vielmehr schien sie dieselbe als einen Beweis seiner Achtung anzusehu; und wiewohl siedle ganze Mahlzeit über ihren Mund nicht dreimal aufzuthun wagte, so schien sie doch »n ihrem wirt vorzügliches Behagen zu finde». Dies gaben verschleime schlaue und bedeutende Blik« it tu erkennen, die sie ihm zuwarf, wenn ihres

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r-5

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Mannes Augen ander- wohin gerichtet waren, und die laute, gellende Lache, wodurch sie verschied»«, male ihre Zufriedenheit über die Einfälle äusserte, die Pickle während ihrer Unterredung «»brachte. Ihr Gemahl schien über ihr freies Betragen sehr verdrüslich zu werden, und nam, um ihrer Lebhaftigkeit Einhalt tu thm, eine ernsthafte Mine an. Allein sie folgte entweder ihrer angebvrnen Neigung, die vielleicht fröhlich und ohne all« Zu« rükhaltung wat, oder sie wollte Hornbek für seine eifersüchtige Gemüt-art bestrafe«. Soviel ist gewiS: ihre Munterkeit erreichte einen so hohe» Grad, daß der Mann durch ihr Betragen höchlich beunru­ higt und sehr entrüstet ward. Er nam sich vor. ihr sein Misvergnügen durch einen unvermerkten Tritt auf ihren Fus tu erkennen tu gebe». Allein sein Unwille hatte, ihn so verwirrt gemacht, daß er seine- Ziels verfehlte und sich nach Ioltrr'r Seite wandte. Er fette den scharfen Absat von sei­ nem Schuh auf dessen kleinen Zeh, der mit einem Aelsterauge bedekt war. Der plözliche Angrif auf dasselbe war so heftig, -aß Ioltrr die Marter nicht stillschweigend au-halten konnte. Er sprang auf, tantte in der Stube herum, und schrie und brüllte fürchterlich tum unaussprechlichen Vergnügen für

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peregrinr'n und die Dame, die vor Lachen fast stikten.

^ornbe?, ganz beschämt über sein Versehn, bat sehr reuig den beleidigten Hofmeister: um Verzei­ hung. Der Stos, -en er so «nglüklicherweise be­ kommen hab«, betheuerte er, hätte einem unbe­

scheidnen Köter gegolten, den er unter dem Tische zu bemerken geglaubt habe« Zum Glük für ihn be­ fand sich wirklich ein Hund im Zimmer, diese Ent­ schuldigung. zu rechtfertigen. Joker nam sie ge­ fälligst an, indeyi die Thränen ihm über die Bak­ ken stürzte». Auf d i e Art ward die Ruhe bei Ti­

sche wieder herzestellk. Doch sobald nur die Fremden mit einiger Schik-

lichke.it aufbrechen konnten, nam der argwöhnische Ehemann, unter dem Vorwande: er sei müde von der

Reise, von Pickle'»Abschied, nachdem er ihm Höf­ lichkeitshalber den Vorschlag gethan hatte: sie woll­ ten morgen zusammen reisen. Der junge Here führte die Dame auf ihr Zim­

mer und wünschte ihr gute Nacht. Dabei gab er ihr «inen feurigen Häudedruk, den sie erwiderte. Die­

ser günstige Wink fegte sein Herz in die freudigste Wallung. Er lauerte auf eine Gelegenheit, sich

shr näher zu erklären. Der Man» ging mit einem

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Lichte iir den Hof hinunter. Er, der biet gesehn

hatte, huschte in ihr Ziatmer. Sie war fast ganr ausgeklcidet. Durch den Ungestüm seiner Leiden­ schaft angetrieben, die durch den jezigen wollüstigen Anblik noch niehr entflammt wurde, und durch ih­

re kurz zuvor geausserte Genemigung noch kühner gemacht, eilt' er mit »oller Heftigkeit aus sie z«

und rief! Warlich, Madam, Ihre Reize sind un­

widerstehlich: Er würde sie ohne wettere Umstände in seine Ar­ me geschlossen haben, wenn sie ibn nicht um Got­ tes willen gebeten hätte, sich wegzubegeben; weil sie auf immer unglüklich wäre, wenn Hornbek zu-

rükkäme und ihn hier fände. So verblendet hatte

ihn seine Leidenschaft nicht, daß er nicht hätte ein­ sehn sollen, ihre Furcht sei gegründet; und da er

nicht »erlangen konnte, bei dieser Zusammenkunft seine Wünsche zu krönen, so begnügt' er sich damit,

sich für ihren Liebhaber zu erklären und ihr zu versichem: et wolle seine ganze Erfindungskraft er­

schöpfen , nm eine bequeme Gelegenheit anszumitteln, sich ihr zu Füssen zu werfen. In der Zeit raubt' er ihr einige kleine Gunstbezeigungen, die sie in der Furcht und Verwirrung, worin sie war, sei­

ner Zudringlichkeit nicht entlieh» konnte. Nachdem

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er auf die Art die Präliminarien aluklich zu Stan­

de gebracht hatte, begab er sich auf sein Zimmer, und dachte die ganze Nacht über aufRänke, die eifersächrige Wachsamkeit seines Reisegefährten unkrästig zu machen.

Zwölftes Kapitel, perrgrine führt zu Chantilly einen Plan aus, den er gegen Hornbek entworfen hatten

ganze Gesellschaft stand der Abrede gemäs auf, und reiste noch vor Tage ab. Zu A b b e v i ll e srühstükten sie und dort kamen sie hinter die List ihres Wirts zu Bernay, und erfuhren: er habe ihnen blos ausgehefret, daß sie nach Thoresschlus nicht eingelassen würden. Von da gingen sie wei­ ter nach Amiens, wo sie zu Mittag aassen und durch Vettelmonche geplakt wurden. Weil die We­ ge tief waren, so trafen sie nicht vor elf Uhr in Chantilly ein, wo sie ihre Abendmalzeit schon fertig fanden, indem sie den Lammerdiener zu Pferde vvrangeschikt hatten.

Horn-

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er auf die Art die Präliminarien aluklich zu Stan­

de gebracht hatte, begab er sich auf sein Zimmer, und dachte die ganze Nacht über aufRänke, die eifersächrige Wachsamkeit seines Reisegefährten unkrästig zu machen.

Zwölftes Kapitel, perrgrine führt zu Chantilly einen Plan aus, den er gegen Hornbek entworfen hatten

ganze Gesellschaft stand der Abrede gemäs auf, und reiste noch vor Tage ab. Zu A b b e v i ll e srühstükten sie und dort kamen sie hinter die List ihres Wirts zu Bernay, und erfuhren: er habe ihnen blos ausgehefret, daß sie nach Thoresschlus nicht eingelassen würden. Von da gingen sie wei­ ter nach Amiens, wo sie zu Mittag aassen und durch Vettelmonche geplakt wurden. Weil die We­ ge tief waren, so trafen sie nicht vor elf Uhr in Chantilly ein, wo sie ihre Abendmalzeit schon fertig fanden, indem sie den Lammerdiener zu Pferde vvrangeschikt hatten.

Horn-

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Hornbek's Körper war durch seine unordentli­ che Lebensart so geschwächt, daß er von der Reise, die sie den Tag gemacht hatten und die hundert Meilen betrug, dermaassen ermüdet war, daher sich, wie sie sich zu Tische sezten, kaum aufrecht halten konnte und in weniger denn drei Minuten auf seinem Stuhl zu nikken anfing. peregrjne, der dies vorbergesehn und für d e n Fall schon gesorgt hatte, riet ihm, durch ein GlaS Wein seine Lebensgeister zu erquikken, und gab, wie der Vorschlag war angenommen worden, -em Rammerdiener einen Wink, der seiner erhaltnen Instruktion gemas in den Burgunder dreiffig Tro­ pfen Laudanum schüttete, die der unglükliche Ehe­ mann in einem Glase niederschlukte. Da diese DoHundert Meilen. Englische versteht sich, von denen fünfte halb auf Eine Teutsche gehn. Meine Leser müssen im Laufe dieses Werks schon öfter bemerkt haben, daß die Englischen Meilenmaasse durchgängig sind beibehalten worden, und sie werden dieselben wohl in Gedanken auf die Maasse ihres Vaterlandes reducirt haben. Wem es ja entgangen sein sollte, für den hab» ich's bet dieser auffallenden Gelegenheit ein für allemal bemerken wollen.

D. Uebers.

Perez. Pickle II. 2J.

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( 130 ) sis zu seiner »orige« Schläfrigkeit Mi'twikkte, so senk' er fast in dem Augenbllk in einen so tiefe« Schlaf, daß man sich genötigt fand, ihn auf seine Stube r» schaffen, wo ihn sein Bedienter entkleide­ te und in’# Bette brachte.

Auch Iolter, der von Natur sehr schläfrig war, konnte seiner Begierde zu schlafen nicht ohne öfter wiederholtes fürchterliches Gähnen widerstehn. Diebewog seinen Mündel, ihm eben die Dosis zukom« men zu lassen, die bei dem andern A r g u $so gut angeschlagen hatte. Doch diese Herrstärkung wirkte auf Iolter'» zähe Fibern nicht so wohlthätig als auf Hornbek'» zärtere. Bei jenem offenbarte sie sich dutch unwillkührliches Jusammenfahren und durch verschiedne konvulsivische Bewegungen seiner Gesichtsmuskeln; und als endlich seine Natur der stärker» Arznei unterlag, trompetete er durch seine Nase so laut, daß unser Ritter befürchtete, die# Geräusch möchte den andern Patienten auswekken Und folglich seine Absicht hintertreiben. Deshalb ward der Hofmeister dem Pipe» überantwortet, der ihn in's nächste Zimmer schleppte, die Kleider auszog und ihn in sein Nest wälzte. Auf die Art bliebe« die beiden verliebten allein und in völli-

( i?i ) -er Freiheit, ihrer gegenseitigen Leidenschaft nachzuhängen. Peregrin« würde in seiner feurigen Ungeduld Hornbeks Schiksal unmittelbar entschieden haben, hätte seine Inamorata diese Absicht nicht gemisbilligt und ihm vorgestellt, daß, wenn sie einige Zeit allein beisammen blieben, dies ihr Bedienter benmfeil würde, der rum Kundschafter aller ihrer Hand­ lungen bestellt sei. Sonach mussten sie auf einen andren Plan denken, und den führten sie so au-: Er begleitete sie in Beisein ihre- Bediente«, der ihnen leuchtete, nach ihrem Zimmer, wünschte iir

wohl zu schlafen und ging wieder nach seiner Stube turük. Hier wartete er, bis im Hause alle- ruhig warr dann schlich er ganz leise nach ihrer Thür, die sie, da es finster war, für ihn offen gelassen hatte. Er sand den Man« ganz wohlbehalten in den Arme« des Schlafs und die Frau in einem flüchtigen Nacht­ fleide , bereit, seine Glükseeligkcit ju besiegeln. Die­ se Gelegenheit nult’ er unverzüglich. Er trug seine «vrliebre nach dem Orte hin, von wannen er gefommen war. Sie ward an dem Hahnrei für das misvergnügte Leben gerächt, das er sie tu führe« Zwang, und unser Held gen»- di« lieblichen Früch« 3»

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te seines Sieges. Doch ihre sträfliche Entzüttungen wurden, eben wie sie aufs höchste stiegen, unter­ brechen.

Das Opium und der Wein zusammen hatten in

golttc’e Phantasie eine solche Zerrüttung verur­ sacht , daß ihn die fürchterlichsten Traume heimsuch«

te». Unter andern Jammerscenen dauchte ihm: er schwebe in Gefahr, in Flammen umzukommen, die seiner Meinung nach sein Zimmer ergriffen hatten. Dieser Traum machte solchen Eindruk auf ihn , daß

er das ganze Haus durch das wiederholte Geschrei: FeuerlFeuer: in Unordnung brachte: zugleich sträng er an- dem Bette, blieb aber noch immer in festem Schlaf. Dies fürchterliche Rufen stötte unsre Verliebte» auf eine höchst unangeneme Art. Mi­ striß Hornbek eilte in voller Verwirrung stach der Thür, und hatte das Misvergiiügen, den Bedien­

ten in ihres Manne» Zimmer gehn zu sehn, um ihm diesen Vorfall zu melden. Sie wusste, daß

man sie sogleich vermissen würde und konnte die

Folgen leicht erraten, wofern ihre Erfindungskraft nicht unverzüglich eine scheinbare Entschuldigung Ihrer Abwesenheit auftriebe. Frauenzimmer sind von Natur fruchtbar an Hülfs­

mitteln in solchen Notfällen. Sie brauchte nur««-

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I??

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ritze Sekunden sich zu besinnen, unbrannte Qtabeti Weges nach dem Zimmer des Hofmeisters, wo sie

in kreischendem Tone rief: Gott steh' uns bei! Wo denn? Wo denn? In der Zeit hatten sich alle Dienstboten im Haufe in seltsamer Tracht versamm­

let. peregrine fuhr schnell in seine Beinkleider und

sturste in Iolrer's Zimmer. Da er ihn im Hem­

de mit verschlossenen Augen herumwandern sahe, gab er ihm einen solchen Schlag auf die Lenden, daß sein Traum augenbliklich verstob uud er seiner

Sinne wieder mächtig ward. Erstaunt und beschämt sich in einem so unschiklichen Aufzuge zu erblikken,.

barg sich der arme Hofmeister unter die Bettücher. Er bat alle Gegenwärtige um Verzeihung, daß er sie beunruhigt habe, und flehte in tiefer Demut

Vergebung von der Dame, die ganz zum Bewun­ dern schön die Rolle der äussersten Furcht unp des

höchsten Erstaunens machte. Mittlerweile war Hornbek durch die wiederhol­

ten Bemühungen seines Kerls aufgewekt worden.

Kaum hatt' er vernommen, daß seine Frau ver­ misst würde, so bemeisterten sich alle Hirngespinste -er Eifersucht seiner Einbildungskraft. Cr sprang

5 r

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in einer Art von Wahnsinn auf, ergrif seinen De« gen und flog grade nach peregrinens Stube.

Hier sand er zwar nicht, was er suchte; allein tum Unglük bemerkt' er einen Unterrok seiner Frau,

den sie bei ihrer übereilten Rekirade vergesse» hat­ te. Diese Entdekkung gab der Flamme seines IvrnS frifche Nahrung.

Er »am den unglüklichen Be­

weis seiner Schande mit sich, hielt ihn seiner Gat­

tin, die ihm auf dem Rükweae »ach ihrem Bette begegnete vor's Gesicht und sagte mit bedeutendem Dlik: Madam, Sie haben im nächsten Zimmer Ih­

ren Unterrok verloren. Mistriß Hornbek, welche die Natur mit bet

wundernswürdiger Besonnenheit ausgesteuert hatte, sth diesen Gegenstand ernstlich an und erwiderte

mit unglaublicher Kaltblütigkeit: Der Unterrok müs­

se jemand im Hause gehören j denn einen solche» hätte sie gar nicht. Sobald pereguine, der hin­

ter ihnen ging, diese Behauptung hörte, mischt'

er sich unmittelbar in'S Spiel, zog Mäster Horn­ bek bei demAermel in seine Stube und sagt«; Was

Kukuk: haben Sie denn mit dem Unterrok vork Können Sie denn nicht einem jungen Kerl eine kleine Liebschaft mit einer WirtStochter gönnen,

»hne seine Schwachheiten Ihm Frau >u vffenba-

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ren? Pfui, das ist boshaft, andern den Spas zu verderben, weil Sie Selbst nicht mehr auf solche Abenteuer ausgehn'. Die Unverschämtheit seines Weibes und die kavalierische Erklärung des jungen Heren machten den armen Mann so verwirrt, daß sein Glaube zu wanken begann. Er traute seiner eignen argwöh­ nischen Gemütsart nicht, die er zu gut kannte; und um sich keinem Despotie auszusezen, äusserte er wegLN peregrinens Wahrheitsliebe keinen weitern Zweifel. Er bat ihn um Verzeihung wegen deS vorgefallnen Versehens, und begab sich fort. Inzwischen war er mit dem Betragen seiner er­ findungsreichen Gattin gar nicht zufrieden. Er be­ schlos A sich nach dieser Begebenheit ganz umständ­ lich zu erkundigen. Diese Untersuchung fiel so we­ nig befriedigend für ihn aus, daß er seinem Be­ dienten befal: mit Anbruch des Tages alles zu ih­ rer Abreise in Bereitschaft zu halten. Als unser Held ausstand, sand er, daß seine Reisegesellschaft schon vor drei Stunden abgegangen war, wiewohl sie die Abrede genommen hatten, den ganzen Vor­ mittag dazuhleiben, um Prinz Conde'S Pallast zu besehn und erst den Nachmittag mit einander nach Paris zu fahren. 34

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prregrme war etwas ärgerlich, daß er sich die­

ses lekkern und unberührten Bissens so plözlich be­ raubt sahe, und Isltcr konnte nicht begreifen,

waS dies schnelle und unhöfliche Verschwinden sa­ gen wolle. Nach langem tiefen Nachgräbeln er­ klärt' er sich's auf die Akt: Hornbek müsse ein Glüksjäger sein, der eine reiche Erbin entführt ha­

be und für nötig finde, sie den Nachforschungen ih­ rer Freunde zu entzieh».

Sein Untergebner, der den wahren Beweg­

grund genau wusste, lies den Hofmeister unoerkämmert den Triumph über seine Einsicht genies­ sen , und tröstete sich selbst mit der Hvfnnng, sei­ ne Dulcinea auf einem der öffentlichen Pläze »der an einem der Vergnägungsörter in pari» wie-

derzufinden, die er fleissig zu besuchen sich vornam. Auf die Art beruhigt, besucht' er die prächtigen Gärten, de» Pallast von Chantilly unddaS sehr kostbare Naturalienkabinet. Unmittelbar nach dem Essen fuhren sie nach Paris ab. Sie kamen noch denselben Abend daselbst an, und mieteten sich in

der Dorstadt Saint Gekmain,

Schausptelhause, in einem Hotel ein.

nnfern dem

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rz?

y

Dreizehntes Kapitel. Peregrins wird zu Paris in ein Abenteuer ver« wikkelt unv von der Sradtwache in Haft gencnmicn. Er bekommt Bekanntschaft mit einem vornemen Französischen Kavalier, der ihn in die feine Welt einfährt. ^auitt waren sie wegen ihre» Logis iii Richtigkeit so ineldete unser Held seinem Oheim ihre glükliche Ankunft. Ec schrieb auch an seinen Freund Gauntlet, und sch los ein sehr zärtliches Brieschc« an sei­ ne theure Emilie mit ein, worin er alle die vori­ gen Gelübde der Treu' und Beständigkeit wieder­ holte. Sein nächstes Geschäft war jqt, sich Kleid« nach der neusten Französischen Mode ru bestellen. Unter der Zeit ging er nirgends hin, als auf das Englische Kaffeehaus, wo er bald mit eini­ gen seiner Landsleute bekannt wurde, die aus ei­ nerlei Ursach mit ihm ju Paris waren. Den drit­ ten Abend nach seiner Ankunft macht' er mit eini­ gen jungen Sturern eine Partie bei einem bekann­ ten Speisewirt, dessen Frau recht hübsch und aus3 5

c 13» ) frrbem ungemein geschikt war, Kunde« in- Haus zu losten. Diesem Weibchen ward unser jung« Herr als ein eben aus England «»gekommener Fremder vorgestcllt. Er fand ihre persönliche Vollkommenheiten sowohl als ihre ungezwungne und muntere Unterhaltung sehr nach seinem Geschmak. Nachdem , sie wohl eine Stunde bei ihnen gesessen hatte, stand sie auf, um wegzugehn. Alle die jun­ gen Herren baten ste dringend, ihnen ihre Gesell­ schaft beim Abendessen zu gönnen. Sie versprach, ih­ rem Verlangen ein Gnüge zu leisten, und sagte ihnen ohn' alle Umstände ober verblümte Wendung: sie «olle nur in das nächste Zimmer gehn, ihr Wasser ■$u lassen und gleich wieder da sein. Diese freimü­ tige Erklärung klang petegrine’n so seltsam, daß er glaubte, bei einem Frauenzimmer, die sich so wenig um Wohlstand und Dekorum kümmerte, sich alle mögliche Freiheit nemen zu können. In der Doraussezung folgt' er ihr ganz kavalierisch in's Ka­ binett Hier wandt' er sich mit so handgreiflichen Aeusserungen an sie, als er mittelst ihres Karakters ;u brauchen sich berechtigt hielt. Sie erstaunte über seine Kühnheit, und begann darüber als über einen Beweis Englischer Treuherzigkeit zu spötteln. In­ zwischen verrichtete sie ganz kaltblütig in seiner Ge-

f 139 ) genwatt das, weshalb sie herausgegangen war. Ihr Betragen ermunterte pidlc’it nur immer mehr. Er verfolgte sein Vorhaben mit solchem Ungestümdapie schöne philrsterin sich genötigt sahe, zur Ver­ theidigung ihrer Tugend überlaut zu schreien. Ihr Mann eilte unverzüglich zu ihrer Hülfe Her­ der; und da er sie in einer nicht wenig kritischen La­ ge fand, fltot) er auf den verliebten Frerbeurec mit solcher Wut los, daß dieser sich genötigt.sahe, sei­ nen Raub fahren zu lassen. Er wandte sich jezt gegen den Wirt, und bestrafte ihn ohne Barmherzigkeit für sein unverschämtes Zudringen. Da die Frau ihren Bettgenossen so unehrerbietig behandeln sahe, nam sie sich seiner an, grub , ihre Nagel in das Gesicht seines Gegners, und schröpfte die ganze eine Seite seiner Nase. Das Getöse dieses Kampfs zog alle Bediente aus dem Hause zur Rettung ihres Herrn herbei, peregrinens Gesellschaft erschien |u gleicher Zeit und widersezte sich jenen. Es er­ folgte ein allgemeines Treffen, worin die Franzosen -cknzlich geschlagen, die Frau gröblich beleidigt und der Mann die Treppe hinunter geworfen ward. Rasend über den ihm und seinem Hause wiederFahrnen Schimpf rannte der Gastwirt aus die

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T483

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beschrieb ihm sodann auf eine humoristische Akt die Geistesjerrättlmg des atmen Hahnreis, von dem er eingestand, daß er .für sein albernes Betragen mit Recht sei bestraft worden. Zuleit äusserte er die Vermutung: es würde wohl peregrine'n nicht sehr sauer werden, eine solche Eroberung fahren r» lassen, tumal da er bereits eine Zeitlang in deren Desir gewesen sei. Darauf stellt' er ihm vor, daß ihre Wiederrurükgabe sehr notwendig und ratsam sek, nicht allein in Bettacht seines KarakterS, und um der Ehre der Nation willen, sondern auch sei­ ner eignen Ruhe wegen, welche in Kurrem durch eine solche Last, die ihn iN, tausenderlei Schwierig­ keiten und Verdrüslichkeiten verwikkeln würde, aus­ serordentlich müsste gcstoret werben. Ausserdem ver« Hcherte er ihm: er sei bereits auf Befel des Polireilieuteuants ringsum mit Kundschaftern umge­ ben , die alle seine Bewegungen beobachteten, und den Schlupfwinkel unmittelbar entdekken würden, «»hin er seinen Raub gebracht habe. Diese Gründe, und der vfne, vertraute Ton, «orin sie vorgetragen wurden, iumal die leite Vor­ stellung , bewogen den jungen Mann, sein ganzes Verfahren dem Gesandten zu entdekken, und ihm

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tu «»sprechen, sich durch ihn völlig leiten |tt las« sen, wofern nur die Frau wegen des gethanen Schritts keine VerdrüSIichkeiten hätte, und von dem Manne mit gebührender Achtung und Ehrer­ bietung ausgenommen würde.

Nachdem diese Artikel festgesezt waren, versprach er, sie in acht und vierzig Stunden herbei zu schaf­ fen. Er nam sogleich eine Kutsche, und fuhr nach dem Orte ihres Aufenthalts. Er brachte einen gan­ ten Tag und eine ganze Nacht zu., sie von der Un­ möglichkeit zu überzeugen, auf den FuS länger mit einander leben zu können. Sodann kehrt' er nach Paris mit ihr zurük, und überlieferte sie dem Gesandten, der ihr versicherte: sie könne auf seine Freundschaft und seinen Beistand rählen, wenn ihr Hornbek wieder etwa mit seinen eifersüchtige« Lan­ nen lästig fallen sollte. Hierauf stelle er sie ihrem rechtmässigen Eigner wieder zu, dem er anriet, sie alles Zwanges zu entledigen, der höchst wahrschein­ lich an ihrem Entlaufe» Schuld gewesen sei, und sich zu bemühen, ihre Zuneigung durch ein zärtliches und ehrerbietiges Betragen zu gewinnen.

Der Mann bezeigte sich sehr demütig und ge­ schmeidig; betheuerte, es würde hinfort sein Haupt« M4

( 184 ) geschckft seitt, Lustbarkeiten für sie zu erdenken» Kaum aber hatt' er sein verirrtes Schaflein wieder in seinen vier Pfahlen, als er es enger denn je ein­ sperrte. Er entwarf verschiedne Projekte, wie er sie bessern wolle; endlich beschlos er, sie als Kostgän­ gerin in ein Kloster zu geben. Eine kluge Aebtissin sollte die Aufsicht über sie führen, und auf ihre Sitten Acht geben, um sie aus den Pfad der Tu­ gend wieder zurükzubringen, den sie verlassen hatte. Zu dem Ende wandt" er sich an einen seiner Be­ kannten , einen E n g l i sch e n Priester. Dieser er­ theilte ihm den Rat, sie in ein Kloster zuRyssel zu bringen, damit sie so weit als möglich von allen Maschinerieen ihres Liebhabers entfernt sei; zu gleicher Zeit gab er ihm ein Empfelsschreiben an die Guperiorin eines dortigen Klosters mit. In we­ nig Tagen machte Hornbek sich hiermit nebst seiner lästigen Bürde auf den Weg.

Sechzehntes Kapitel. Peregrins beschlicssr nach England zurük zu

gehn. Im Palais royal errichtet er mit zwei

Landsleuten Bekanntschaft. Ihr sonderbarer Karakter macht ihm viel Belustigung.

A^ittlerweile erhielt unser *5dis einen Brief von seiner Base, worin sie ihm meldete, der Komme« dore würde sehr hinfällig, und trüge grosses Ver­ lange», ihn in der Garnison zu sehe». Auch erhielt er ru gleicher Zeit ein Schreiben von seiner Schwe­ rer, die ihm ru verstehn gab: der junge Herr, der sich bisher um sie beworben hätte, würde jcjt Mit sseinem Anliegen sehr dringend, so daß sie nicht wüsste, wie sie sein wiederholtes Ansuchen beant­ worten sollte. Diese beiden Ursachen bewogen unfern junge« Steven zu dem Entschlus, in sein Vaterland rurük»ukehren; ei» Entschlus; der göltet’« gar nicht unlieb war, weil er wusste, daß der jerige Bess­ rer der Pfründe, die Trunmon ru vergeben hatte, sehr betagt war, und daß es ihm rurräglich sein würde, bei dessen Ableben an Ort und Steller« sei». Mi

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ptetgtine, der nun funftehn Monate tti Frank­ reich gewesen war, hielt sich jcjt für hinlänglich int Stande, die meisten jungen Leute seines Alters in England tu verdunkeln, und machte daher mit unendlicher Hurtigkeit Anstalten in seiner Abreise. Ueberdies stammte eine lebhafte Begierde in ihm, seine Freunde wieder iu sehn, und die alten Be­ kanntschaften wieder zu erneuern, vornamlich die Mit Emilie'n, deren Herr er je-t unter jeder ihm beliebigen Bedingung $u überwältigen sich geschikt glaubte. Da er Willens war, aus seiner Rükreise nach England über Flandern und Holl and ru gehn, so beschlos er, nachdem er alle seine Ange-legenheiteii in Ordnung gebracht hatte, noch ein oder ein Paar Wochen in Paris ru bleiben, in der Hofnung, tu dieser Reise einen anständigen Gefährten tu finden. Um sein Gedächtnis austusrischen, macht' er ei­ ne zweite Runde auf allen den Plärrn dieser Haupte Kadt, we irgend vorzügliche Werke der Kunst tu sehen waren. Bei diesen Besichtigungsfahrten trat er von un­ gefähr in das Königliche Schlvs eben, wie zwei Herren vor dem Thore aus einem Fiacre stiegen.

c 187 ) Da fle alle D5et zugleich hereingelassen wurde», sonnt’ er leicht wahrnehmen, daß diese Fremde« ftine Landsleute waren. Der eine da»»» war ei» junger Mann, aus dessen Gesicht und ganzem We­ sen alle die possierliche Gravität, und die hochtra­ bende Selbstgenügsamkeit eines Mcdiciners hervor leuchtete, der noch ganz warm au-den Hörsäle» kommt. Der Andre, den sein Gefährte Master pallrt nannte, legte beim ersten Anblik ein seltsa­ mes Gemisch vor» Leichtsinn und Zuversichtlichkett vor Augen. In der That stachen ihre Karaktere, ihr Anzug und ihr Betragen gar sonderbar mit ein­ ander ab. Der Doktor trug ein schwarzes Kleid, und eine uogcheure Alongeperuke, die weder zu sei­ nem Alter, noch zu der Sitte des Landes passte, wo er jezt lebte. Der Andre hingegen,. der über die Fünfzig hinaus zu sein schien , strvzte in einer muntern Svmmertracht nach Parisischem Schnitte, in einem. Haarbeutel bei seinem grauen Kopfe, und einem Hute mit einer roten Feder unter dem Arme daher. Diese Figuren schienen eine ganz behägliche Un­ terhaltung zu gewähre»; deshalb lies sich Pickle unverzüglich Mit ihnen in's Gespräch ein. Er hatte Halb herausgebracht, daß der alte Herr ein Lond-

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«er Maler war, der viertehn Lage seine« Ge­ schäften abgestvlen hatte, um die merkwürdigsten Gemälde in Frankreich «nd Flandern tu be­ seh», und daß der Arzt die Gelegenheit, diese Reise mit tu machen, genuzt habe. Da der Maler ausnemend geschwckzig war, s» theilt' er unserm Helden i» wenigen Minuten ihres Beisammensein-nicht nur diese Nachrichte» mit, sondern nam auch Gelegen­ heit, ihm zuzuwispern: sein Reisegefährte sei ei« Man» von ungeheurer Gelehrsamkeit, und wohl ohn' alle» Zweifel der größte Dichter unser- Zeit­ alter-. Was ihn selbst anlangte, so halt' er nicht nöthig sich herauszupreisen, denn ergab in Kurzem solche Beweise von seinem Geschmak und Einsichten, daß Pickle'» an seiner Geschicklichkeit kein Zweifel übrig blieb. Wie sie in einem der ersten Gemächer Gemälde besahen, die nicht- weniger denn Meisterwerke find, sagte der Schweizer, der sich zum Kenner aufwarf, bei einem gewissen Stük, da- sie betrachteten, mit dem Zeichen der Bewunderung; Magnifique j pal­ tet , der da- Französische nicht- weniger als kritisch verstand, versezte mit grosser Lebhaftigkeit: Manu, fac, meint Ihr? Ja wohl ist e- ein hertlich mtttelmässiges Stück Manufakturwaare. Attenbiren Sie

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nur meine Herren/ auf. die Haltung ter Köpfe im Hintergründe; auch die Hauptfigur hebt stch gar nicht hervor. Bemerken Sie ferner/ wie äusserst hart der Schatte» ist. Kommen Sie doch einmal etwas näher heran l----- Sehn Sie nur/ wie un­ natürlich und ungeheuer die vordre Verkürrung die­ ses Armes ist. —• Wahrhaftig , da- Glied ist völlig gebrochen. — Sie »erstehn die Anatomie/ lieber Doktor, glaube» Sie nicht/ daß der Mustek vffen« bar unrecht liegt? Hört doch, guter Freund, fuhr er fort, und wandte sich an den Führer: Wie nennt sich denn der Sudler, der das jämmerliche Mach­ werk rusammengepsuscht hat? Der Schweizer bildete sich ein: er habe die ganze Zeit über seine Zufriedenheit bezeigt, daher sanktionirt' er den vermeintlichen Lobspruch dmch den Ausruf: Sans Prix! Richtig? schrie palket. Ich konnte mich nur nicht auf den NaMen besin­ nen, ob mir gleich seine Manier sehr bekannt ist. Wir haben von eben dem Sangptie einige wenige Stükke in E n g l a n d; -och stehn sie eben nicht in Achtung. Bel «ns herrscht mehr Geschmak, al« da- wir an Produkten.' in so elendem Gusto Behgge» finden sollten. Ist es nicht ein unwissende« Hasensus, Herr Doktor?

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)

Der 2trzt, der sich des groben Schnizers seineGefährten schämte, hielt es zur Rettung seiner eignen Ehre für nötig, es gegen den Fremden merken zu lassen, und antwortete daher mit folgen­ der Zeile aus dem Horaz: ----------- Mutato nomine, de te

Fabula narratur.

Z. T.

Verändre den Namen,

Dann trift D i ch die Rede.

Der Maler, der im Lateinischen noch unwissen­ der war, wie im Französischen, hielt es für aus­ gemacht, daß die von seinem Freunde angeführte Stelle einen Affent zu seiner Meinung enthielte ; daher sagte er: Ganz richtig 1 Eine vernünftige An­ merkung ! ES ist in der That ein sprachloses Stük, das einen eiskalt macht, und die Fabel zeigt, daß der Maler von der Gottheit wenig ist geehrt worden. *) *) Um die seltsame Auslegung des Malers von der

oben angeführten Zeile Horazens zu verstehn, belieben die Leser sich zu erinnern, daß die Eng­ länder Lateinisch sowohl als Griechisch völlig wie

ihre Muttersprache ausfprechcn.

Durch die Slehn-

lichkcit des Klanges getäuscht, nimmt Pallet

diesen Vers entweder für Englandisch, das der Doktor in der Begeisterung stark geradebrecht

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igt

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prregrtne erstaunte über die seltsame Derkeh» rung der Worte und des Sinnes dieser Laieinischett Zeile. Anfänglich hielt er es schlechterdings für Scher;, bei reiferer Ueberlegung fand er aber keine Ursach zu Zweifel»/ daß dies von seiner grossen Geschwazigkeit, Vorschnelligkeit und mächtigen Un­ wissenheit herrühre. Er brach daher in ein unmäs­ siges Gelachter aus. paller glaubte', seine schalk­ hafte Anmerkung über Sangprie's Werk habe diese Lustigkeit erzeugt; deshalb schlug er eine noch weit lautere Lache auf, und bemühte sich durch noch mehrere Anmerkungen eben des Schlages den Spas ;u vermehren. Der Arzt, den seine Unverhat, oder aber auch, was wohl noch wahrschein­ licher ist, für Latein, das er in seiner Unwissen­ heit für eine Sprache hält, die aus dem Engelläna dischcn zusammengepfuscht sei; und wiederholt die Stelle daher folgendermaassen: Mute aye tot numbing he. Da dies keinen Sinn giebt, wird er etwas stuzig, und fügt hinzu: whatis’t? So­ dann fahrt er weiter fort : Deity fable honour hate her. Dieö Ganze erklärt er sich nun so: It ir indeed a mott mute benumbing pice; and the fable fhews that the painter was very little honoured by the deity. Anmerk. d. Uebers.

( 192 ) schämtheit und Unwissenheit ganz betroffen «achte, gab ihm durch folgende Worte Homer'- einen Verweis: Llyoo, pif T/c otXxct Kyjoutov CCKSCH] pt&JV '')

Dieser Verweis war, wie der Leser leicht ein­ sehen wird, nicht für den Horizont seines Freunde­ eingerichtet, sondern nur in der Absicht hervorge­ bracht, um Pickle'n eine höhere Meinung von sich beizubringen. Dieser erwiderte die gelehrte Prahle­ rei mit drei Versen aus eben dem Dichter, die einen Theil der Rede des Polydamas an den Hektor ausmachen, und des Inhalts sind: daß es für einen Menschen unmöglich ist, in allen Stükken vortreflich zu sein. Der selbstgenügsame Arzt, der von einem jungen Mann von prckle's Ansehn eine solche Antwort nicht erwartet hatte, sahe dies für eine förmliche Her­ ausforderung an, und sagte unverzüglich vierzig bifunfzig Zeilen auS der Jlrad e in Einem Odem her. Da er sahe, daß der Fremde sich nicht die Mühe gab, diesen Ergus von Gelehrsamkeit zu er­ widern, •) Z. T. Schweig, daß nicht ein andrer Achäer hbs re die Rede l

( *93 ) ttibertt, so legt' er die- Stillschweigen für Untefc werfung aus. Um sich nun seines Siege- zu »«* gewissem, trogt’ er seinem vermeinten Nebenbuh« ler mit verschiednen Fragmenten von Schriftstel­ lern, die dieser nicht einmal dem Name» nach kannte. pallet stand ganz starr vor Verwunderung über hie tiefe Gelehrsamkeit seines Reisegefährten. Un­ ser junge Herr aber war weit davon entfernt, we­ gen der Ueberlegenheit des Lrztern unwillig zu «erden; vielmehr lacht' er innerlich über den lä­ cherlichen Ehrgeiz des pedantischen Arzte», deut es unendliche Mühe musste gekostet haben, diese Bruchstükke auswendig zu lernen, um sie als Be­ läge seiner Talente und Kenntnisse in Gesellschaf­ ten wieder auSzukcamcn. Er rechnete ihn unter die blossen Registerjäger, die den Aal der Wissen­ schaften bei dem Schwänze halten, und sah einen reichhaltigen Quell der Belustigung in seinem feier­ lichen Wesen und in seinem Stolze voraus, wenn Beide durch die Eitelkeit und das Seblstvertrauen seine- Reisegefährten gehörig in Gang gesezt wütden. Die- bewog ihn, sich sorgfältig um ihre Be­ kanntschaft zu bemühen, um sich, wo möglich, bet Pereg. pjcklg U. 2>. ft

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seiner Reise durch Flandern aus ihr« Koste« zu belustigen. In der Absicht behandelt' er sie mit ausserordentlicher Aufmerksamkeit, und schien vor -en Bemerkungen des Malers eine ganze besondere Ehrerbietung zu haben. Dieser fällte mit grosser Dreistigkeit über jedes Gemälde im Paliaste sein Ur­ theil , oder, mit ander» Worten, zeigte sich bei jodem Ausspruch, der aus seinem Munde kam, in seiner ganzen Blösse. Al« sie den Mord der unschuldigen Kindlein von le Betin betrachteten, rief der Schweizer: beau morceau; Ja, ja, versezte p aller, daß dies Pro­ dukt von keinem andern ist, sieht man mit halbem Auge. Bomvrsv hat seinen ganz eignen Styl, in Kolorirung sowohl als in der Drapperi«; sei« Dessein ist matt, und sei» vusdruk altväter'sch und unnatürlich. Doktor, Sie haben mein Urtheil Salomo's gesehn? Ich denke, daß, ohne Ruhmre­ digkeit gesprochen---------- Doch ich stelle nicht gern Vergleichungen an. Dies verhasste Stük Ar­ beit überlass' ich andern Leuten. Meine Werke mögen für sich selbst sprechen. Frankreich ist unstreitig reich an Kunstwerken. Aber was ist die Ursach? Der König muntert Männer von Genie durch Ehrenbezeigungen und Belohnungen aus.

Wir in England hingegen müssen «ns selbst ans die Beine helfen, und den Neid und die Bosheit unsrer Brüder bekämpfen. Warlich ich bin nicht abgeneigt, mich hier in Paris niederzulaffen. Ich würde in Kurzem ein Zimmer im Louvre, und ei­ ne artige Pension von vier bis fünftausend Livres erhalten. Auf die Art war pallet'» Junge in ewigem Gange, und er fiel von einem Irrthum in den an­ der». Jezt kamen sie an Poufftn's siebe» Sa­ kramente. Au« überflüssigem Diensteifer äusserte hier der Schweizer wieder seine Bewunderung, und sagte: impayable 1 Um Verzeihung, Freund, sagte der Maler, indem er sich mit einem frohlokkenden Wesen gegen ihn wandte, da habt Ihr Euch nun mal geirrt. Sie sind nicht von I m p a y a b l e, sondern von Nikolas Pousehn. Ich habe Kupferstiche davon in England gesehn. Das ist so einer vo» Euren leichtfertigen Streichen gegen die Reisenden, Mäster Swizer oder Schwazer, »der wie Ihr heisst. Durch diesen eingebildeten Triumph ftiaer Kenntnisse ward er aufgeblasen und angefeuert, seine sonderbar« Bemerkungen über alle die andern Stükke dieser berühmten Sammlung sortzusezon.

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Da er aber wahrnam, daß der Doktor keine Jett

chen des Vergnügens oder der Zufriedenheit hielt über an den Tag legte, sondern ihn vielmehr still­

schweigend mit verächtlichem Auge ansah, so konnt' er feine Gleichgültigkeit nicht verdauen, und ant­ wortete mit einem schalkhaften Lächeln: ob er je

iuvvr eine solche Anzahl von Meisterstükken gesehn

habe? Der Av;t betrachtete ihn mit einem Dlik, der

aus Mitleid und Verachtung zusammengesezt war,

und gab ihm r»r Antwort: Nichts von alle dem hier ist würdig, die Aufmerksamkeit von Personen auf sich ju ziehn, die mit den Idealen der Alten

bekannt sind. Der Meister des auserlesensten Stüks heut zu Tage ist nicht würdig den Pinsel der gros­

sen Künstler auszuwaschen, die von den Griechische« und Römischen Schriftstellern gepriesen werden.

O Himmel! rief der Malec mit lautem Ge­

lächter aus, nun theurer Doktor, sind Sie endlich ln eine gar arge Klemme gekommen! Es ist mehr denn zu bekannt, daß Ihre alten Griechischen und

Römischen Künstler, gegen die neuern Meister ge­ halten, nur schwache Lichter sind, und zwar aus

der gegründeten Ursach, weil sie nur drei bis vier Karbe» hatte» , und nichts »0» Oelmalerei verstau-

( 197 ) den. Ueberdem, wen von allen Ihren alte« ver­ schimmelten Griechen könne» Sie wohl dem göttli­ chen Raphael, dem unübertreflichen MichaelAngelo Buonarotti, dem grazievollen Gui­ do, dem Zaubrer Titian, dem erhabnen Ru­ de n s entgegen seren? Wen könne» Sie wohl mit dem-------Er würde da- |u dem Ende erlernte Namen­ register von Malern, von deren verschiednen Eigen­ schaften er nicht den mindesten Begrif hatte, noch eine ganre Zeitlang hergebetet haben, wenn ihn sein Freund nicht unterbrochen hätte. Die wenige Ehrerbietung, womit er der Griechen gedachte, hat­ te des Lezter» ganjen Unwillen rege gemacht. Er nannte ihn einen Blasphemator, einen Gothen, «inen Bäotier, und fragte ihn mit grosser Heftig­ keit : Wen von den elenden Wichten, den Neuern, er einem Panänu- von Athen, und seine« Bruder Phidias, dem PolykletuS von Sicyon, dem Polygnotus von Thraciers, dem Parrhasius von Ephesus, mit dem In­ namen afycdictiToi:» »der der Schöne, und dem Fürsten der Maler A p e l l e -, entgegen stelle» könne? Er federte ihn heraus, ihm ein neuerBildnis tu reizen, bas mit der Helena drrr r

( m ) Lkeuris von Heraklea um den Dorrug stritte; »der ein Gemälde, das Iphigenien'- Opfer von Thim ante- aus Sicyon gleich käme. Der zehn Götter de- Asklepiadon au- Athen, nicht iu gedenke», wofür Mnason, der Lyra» von Elatea, ihm da- Stük mit dreihundert Pfund veralte; oder Homer'- Hölle vom Ni e i a- nicht zu erwähnen, wofür diefer sechzig Talente ausschlug, -ie sich auf elftausend Pfund belaufen, und edelNtätigerweise seinen Landsleuten damit ein Geschenk »nachte. Er verlangte, daß pallet ihm eine Samm­ lung vorreigte, die der in dem Tempel zu Delphvgleich käme, deren in der Jo des Euripides erwähnt wird; wo Herkules und sein Gefährte 2 »l a u - abgebildet waren, wie sie die Lernäische Schlange mit gvldnen Sicheln, etgnctis lödten; wo Bellerophon auf seinem Flügelroerscheint und die feuerströmende Chimära, rav Wfttfvegssav überwindet und der Kampf mit den Giganten abgebildet wird. Hier stehet Jupiter «nd schleudert die glühendroten Donnerkeilen, «egotviov betrafen. So­ dann macht' er einen Uebergang zu dem Sinn für das Sittlichschöne des Shaftsbury, und be­

schlos seine Rede mit einem grossen Theil der Rhap­ sodie dieses schaumvollen Schriftstellers. S.in Ver­ trag war dabei so enthusiastisch, daß sein Wirt un­ aussprechliches Vergnügen daran fand und pallet

in eine unbeschreiblrche Verwunderung geriet. Lezirer sah diese Begeisterung für etwas übernatürli­ ches und Göttliches an. Der eitle junge Mann aber

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war von Pickle's ironischen Lobeserhebungen so sehr berauscht, daß er nun alle Zmükhaltung ab­ legte , und nachdem er seine Freundschaft für un­ sern selben bekannt hatte, dessen Geschmak und Gelehrsamkeit er m erheben nicht unterlies, gab er mit dürren Worten zu verstehn: er sei in diesen lezten Zeiten der Einzige, der jenen erhabnen Genius, jenen Theil der Gottheit, ro SsTov, besässe, der die Dichter Griechenlands unsterblich machte. Wie Pythagoras behauptete, sezt' er hinzu, daß der Geist des E u p h o r b u S in seinen Körper hinüber­ gewandert sei: so wär" er fest von der Meinung ein­ genommen- daß Pindar"s Geist -ihn beseele. Denn, wenn man der Verschiedenheit der Spra­ chen , worin sie geschrieben hatten, etwas zu gute hielte, so wäre eine erstaunliche Aehnlichkeit zwi­ schen seinen und jenes berühmten Thebaners Werken. Um die Wahrheit seiner Behauptung zu bestäti­ gen, gab er sogleich von Beiden Proben. Wiewohl sie nun an Geist und Versifikation von Pin dar's Meisterstükken so weit entfernt waren, als die Pro­ dukte unsres jezigen gekrönten Poeren von Hors­ tens Oden, so trüg dennoch perrgrme kein Be­ denken > sie für genau mir einander verwandt zu evklärkrr, so strukr dies auch seinem Gewissen urrkM O2

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2i2

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und obgleich sein Stolz sich etwas zu regen ansing, da er schwach genug war, sich durch die lächerliche

Eitelkeit und Ruhmredigkeit des 2lrzres beunruhi­

gen zu lassem Dieser begnügte sich nicht- damit, daß er gezeigt hatte, wie viel er im Gebiete des

Geschmaks und der galanten Litteratur vermöchte,

sondern er maasste sid) selbst — so weit ris ihn der Stolz fort — verschiedne wichtige Entdekkungen

im Reiche der Arzeneikunde an. Diese, äusserte er, verbunden mit allen den andern Talenten, die ihn

auszeichneten und dem ansehnlichen Vermögen, das er von seinem Vater erbte, würden ihn unfehlbar auf den höchsten Gipfel seiner Kunst erheben.

Achtzehntes Kapitel.

Der Arzt richtet ein Gastmal nach Art der Alten zu.

2i)ut Einem Worte, unser junge Herr erwarb

sich durch sein einschmeichelndes Betragen das volle Vertrauen des Arztes, der ihn ju einem Gastmal

eiiilud, das er ganz nach Art und Weise der Alten anstelle» wollte.

Der Gedanke fiel peregrme ir

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und obgleich sein Stolz sich etwas zu regen ansing, da er schwach genug war, sich durch die lächerliche

Eitelkeit und Ruhmredigkeit des 2lrzres beunruhi­

gen zu lassem Dieser begnügte sich nicht- damit, daß er gezeigt hatte, wie viel er im Gebiete des

Geschmaks und der galanten Litteratur vermöchte,

sondern er maasste sid) selbst — so weit ris ihn der Stolz fort — verschiedne wichtige Entdekkungen

im Reiche der Arzeneikunde an. Diese, äusserte er, verbunden mit allen den andern Talenten, die ihn

auszeichneten und dem ansehnlichen Vermögen, das er von seinem Vater erbte, würden ihn unfehlbar auf den höchsten Gipfel seiner Kunst erheben.

Achtzehntes Kapitel.

Der Arzt richtet ein Gastmal nach Art der Alten zu.

2i)ut Einem Worte, unser junge Herr erwarb

sich durch sein einschmeichelndes Betragen das volle Vertrauen des Arztes, der ihn ju einem Gastmal

eiiilud, das er ganz nach Art und Weise der Alten anstelle» wollte.

Der Gedanke fiel peregrme ir

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2kZ

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itH&t wenig auf; er nam den Antrag mit grosser Begierde an, beehrte diesen Plan mit manchen Lobftnüchen und versicherte: er sei in jedem Betracht seines Genies und seiner Einbildungskraft würdig. Der Tag zu diesem festlichen Mahle ward etwas weil hinaus gesezt, damit der Wirt Zeit genug ge­ wönne, gewisse Salzbrühen und Lattwergen zuzubereiten, die man unter den Küchenvorraten unsrer entarteten Zeit nicht mehr antrift. Um den Geschmak des Arztes in ein noch helleres Licht zu sezen, und um sich noch mehr Lust zu verschaffen, that peregrirre den Vorschlag, einige Fremde an dem Banket Theil nemen zu lassen. Da das Geschäft der Auswahl und des Einladens ihm überlassen war, so bat er einen Marquis, einen Italienischen Grafen, und einen Teutschen Baron, die, wie er wusste, ausgemachte Hasenfüsse, und also um so geschikter waren, die Freude beim Gast­ mal zu erhöben.

Als nun die Stunde der Einladung gekommen war, führte sie Pickle in das Hauö, wo der Arzt logirte, nachdem er zuvor ihre Erwartung mit ei­ nen! köstlichen Mahle nach echtem alt Römischen Geschmak geweidet hatte, pallet empfing sie. €r O 3

( 214 ) muffte Wirts Stelle vertreten, weil sein Freund das Oberküchenmeisteramt versähe.

Der gesprächige Maler erzalte den Gasten, daß -er Doktor bei Ausführung seines Vorhabens untckhliche Schwierigkeiten vorgesunden habe. Er hät­ te nicht weniger denn fünf Köche wieder entlassen müssen, weil sie e- nicht über ihr Gewissen brin­ gen wollen, seinen Anweisungen in Dingen zu fel­ gen, die der heutigen Kuchenpraxis ganz zuwider liefen. Endlich habe er durch eine ausserordentliche Belohnung einen Menschen dahin vermocht, sich nach allen seinen Befelen zu richten. Allein durch -Le erhaltnen Anweisungen wäre der arme Bursche so in Verwunderung gesezt, und zugleich so gekränkt und aufgebracht worden, daß ihm die Haare auf dem Kopfe zu Berge gestanden hätten, und daß er den Doktor gebeten habe, ihn seiner eingegang«en Verbindlichkeit zu entledigen. Da er aber ge­ sunden, daß jener auf der Vollziehung seines Kon­ trakts bestanden, und ihn bedrohet habe, ihn im Weigemngsfall beim Cornmiffrire zu verklagen: so hätt' er während des Kochen- zwei ganze Stunden ohn'Unterlas geweint, gesungen, geflucht undLuftk-rünge gemacht. Sein Gehirn schiene einen har-

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ten GtoS erlitten zu haben, und würde, aller Wahr­ scheinlichkeit nach, nicht wieder hergestellt werden. Wie die Gesellschaft diese sonderbare Nachricht aufmerksam anhörte, die sie mit seltsamen Begrif­ fen von der Mittagsmahlzeit erfüllen musste, so fiel ihnen eine klägliche Stimme in die Ohren, die aus Französisch rief: Ihn Gottes willen, theurer Herr, und um der Leiden Jesu Christi, ersparen Sie mir die Kränkung mit dem Honig und dem OelAllein diese Bitte, so rührend und demütig sie auch vorgerragen wurde, machte auf den Arzt keinen Eindruk. Er schüttete aller Wahrscheinlich­ keit nach eben die Brühe hinein, wogegen der Koch Einwendungen gemacht hatte. Denn man hörte die nämliche Stimme, ein mächtiges Gekreisch, und darauf ein Rudel Verwünschungen in Franzi sischer Sprache ausstvssen, die allmälig erstarken, als wenn der Flucher mit Gewalt in ein entfernte res Zimmer wäre geführt worden. Noch zitterte der Schall in ihren Ohren, alt der Doktor hereinrrat. pexegrine stellte ihm die Fremden vor. In der ersten Hize, worin er noch war, sonnt1 er sich nicht enthalten, sich gegen sie über die Ungefälligkeit zu beklagen, die er beim Pariser Pobel gefunden habe- und die bei Einem O 4

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Haar Ursach gewesen sei, daß er sei» Vorhaben gant aufgeben müssen- Der Marquis, der sich einbildete, der Ehre seiner Nation geschähe bei die­ ser Erklärung Abbruch, bereigte sein Leidwesen über dar, was voraefallen sei und dem bekannten Karak1er seines Volks ganz zuwider wäre. Er nam es über sich, für die emstliche Bestrafung der Verbre­ cher tu sorgen, wofern er nur ihre Namen und Wohnung wüsste. Kaum waren die in dergleichen Fällen gewöhn­ lichen gegenseitigen Komplimente vorbei, so trat ein Bedienter herein und meldet«: das Essen sei fertig. Der Wirt führte sie sonach in ein andres Zimmer, wo sie eine lange Tafel, oder vielmehr zwei an einander geschobne Tische fanden, die mit mancherlei Schüsseln befett waren. Der ihnen ent­ steigende Dampf verursachte auf die Nerven der Gesellschaft eine so ersichtliche Wirkung, daß der Marquis, unter dem Vorwande Tabak zu nemen, fürchterliche Grimassen machte, daß dem Italiener die Augen wässerten, «nd der Teutsche ganz grcks« liche Gesichter schnitt. Unser Held fand Mittel, den Geruch dadurch von seiner Nase abzuhalten, da- er blos durch den Mund Athem holte. Der ar-

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217

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Ate Mal«: lief tu ein andres Zimmer, und verstopf« te feine Nasenlöcher mit Schnupfrobak. Der Dokror, welcher der Einzige unter der Gesellschaft war, dessen GeruchsWerkzeuge nicht belei» -igt wurden, zeigte auf ein Paar Ruhebetten, die an jeder Seite der Tafel standen, und sagte zu sei­ nen Gasten: es thäte ihm leid, daß er ihnen nicht genau die Tridinia der Alten habe verschaffen kön­ nen , die von diesen Lagerstckten etwas verschiede» wären. Inzwischen bat, er sie, daß jeder ohne Um­ stände die Güte haben möchte, sich hier hinzulq« gern. Er und sei» Freund paller, wollten sich in­ des an beiden Enden des Tisches aufrechts hinsezen, um das Vergnügen zu haben, diejenigen zu bedie­ nen, die sich gelagert hätten. Da die Fremden von dieser Einrichtung keine» Wink bekommen halten, so gerieten sie ausser Fas­ sung und in die allerlächerlichste Verlegenheit. Der Marqui» und der Baron standen und büßen sich gegen einander, als wenn sie um die niedrigste Stelle stritten, ihre eigentliche Absicht war aber, daBeispiel des ander» zu nüzen, «eit keiner wusste, wie er sich legen sollte, peregrtne, den diese Ver­ wirrung freute, führte den Grafen an die andere O$

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2iz

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Seite, und bestand mit der boshaftesten Höflichkeit darauf, daß er die Oberstelle einnemen müsse. In dieser peinlichen und possierlichen Ungewisheit spielten sie ihre Pantomime immer fort, bis der Doktor sie inständigst bat, alle Komplimente und Umstände bei Seite zu sezen, weil sonst das Essen verdorben sein möchte, ehe ihr Rangstreit beigelegt wäre. Auf diese feierliche Beschwörung nam peregrine die untere Lagerstate linker Hand ein. Er legte sich sanft nieder, das Gesicht gegen den Tisch gewandt. Der Marquis richtete sich nach diesem Muster, und strekte sich auf dem Plaz gegenüber hin, wiewohl er lieber drei Tage gefastet, als sich der Gefahr ausgesezt hätte, durch eine solche Stel­ lung seinen Anzug in Unordnung zu bringen. Sei­ ne Lage war sehr peinlich und linkisch; er hatte den Kopf am Ende des Lagers empor geßrekt, damit der künstliche Bau seiner Haare durch das Nieder­ werfen seines Körpers nicht leiden möchte, und stüzte sich auf seinem Ellenbogen. Der Italiener, ein hageres geschmeidiges Geschöpf, pflanzte sich neben pickten hin, und hatte kein weitreS Urrge, mach, als daß er seine Strümpfe an einem hervor­ stehenden Nagel des Ruhebettes zerris, wie er seine Füsse den übrigen Gliedern gleich bringen wolltet

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Der Baron ater, der -elfer uiib schwerfälliger

war, wie seine Gefährte», plumpte auf seinen Stz so gähling uivter, daß seine Füsse plozlich in die Höhe schnellte», und des Marqui» Kops so heftig

berührten, das' in einem Hui dessen Lokke» zu Grunde gerichtet waren.

In eben dem Augenblik

schlug sein Kopf neben seinem Lager mit so grosser

Gewalt gegen die Trde, daß die Perrüke abfiog und das ganze Zimmer mit Puder angcsüllt ward.

Die possierliche Verwirrung, die dieser Unfall erzeugte, besiegte die verstellte Ernsthaftigkeit uns­

re» jungen Herrn gänzlich. Er stopfte den Schnupf­ tuch in den Mund, um nicht laut aufzulachen. Wat

den baarhckuptigen Teutschen anlangte, so bat der in so lächerlicher Bestürzung um Verzeihung, und der Marquis nam diese Entschuldigung mit einer so wehmütig - gefälligen Mine an, daß sogar ein

Quietist, der nicht ganz allen Empfindungen ab­

gestorben war, zur lauten Lache gereizt werden

musste. Nachdem nun Alles, so gut es sich unter den

Umständen thun lies, wieder hergestellt war, und

jeder vvrbeschriebncrmaassen feinen Piaz eingenommen

hatte, überuam der Doktor gefälligst das Geschäft, »vn allen den vvrhandne» Schüsseln Auskunft zu

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geben, damit die Gesellschaft sich sodann wählen könnte. Dies hier, meine Herren, begann er mit un­ endlich zufriedner Mine, ist eine gesottene Gans, in einer Bruhe von Pfeffer, Liebstökkel, Koriander, Münz, Staute, Anschoven und Oel. Ich wünschte Ihretwegen, meine Herren, daß eS eine von den Ferrarischen Gänse» wäre, die bei den Alten we­ gen der Grösse ihrer Lebern berühmt waren, wo­ von eine zwei Pfund soll gewogen haben. So köstlich diese Speise auch war, so fütterte dennoch der Tyrann HeliogabaluS seine Hunde damit. Doch ich bitte um Vergebung, ich hätte beinahe die Suppe vergessen, die, wie ich höre, bei allen Tafel» in Frankreich ein so notwendiger Artikel ist. An jedem Ende stehn Schüsseln mit der Salaeacabia der Römer. Die eine ist von Petersilie, Polei' Tannenzapfen, Käse, Honig, Weinessig, Salz­ wasser, Eier, Gurken, Zwiebeln und Hünerlebern gemacht, die andere ist beinahe mit den Fasttags­ suppen hier zu Lande einerlei. Daneben steht ein mit Fenchel und Kümmelsaamen gekochter Kälber­ schlägel, in einer Potage von Salz und Essig, Oel, Honig und Semmelmehl. Ferner ein herrliches Hachis von Lunge, Leber und Blut eines Hasen, nebst

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einer Schüssel mit gebratnen Tauben. Herr Dars« kann ich Ihnen mit einem Teller voll dieser Suppe aufivarten? Der Teutsche, dem alle die Ingredienzien daru gar nicht misbehagten, gab feinen Assent zu dem Vorschläge, und schien an dem Gemengsel Beha­ gen in finden. Der Maler fragte den Marquis, von welcher Silleikikabei er haben wolle, und be­ diente ihn auf sein Verlangen mit einer Portion von der Festtagssuppe. Der Graf versorgte sich, statt der Lvffelkost, wovon er seinem Vergeben nach kein grosser Liebhaber war, mit einer Taube. Er. richtete sich in dieser Wahl nach unserm jungen Herrn, dessen Beispiele er bei dem ganzen Gast­ male $u folgen fest entschlossen war. Wie der Franzmann einen Löffel voll verschlukt hatte, macht' er eine starke Pause. Die Kehle schwoll ihm auf, als war* ihm ein Ei darin stekke» geblieben, feine Augen rollten wild umher, und fein Mupd vfuete sich bald unwillkührlicher weise, bald zog er sich zusammen; und dies dauerte eine geraume Zeit, pallet sah diesen Kenner stier an, um seinen Geschmak tu Rate zu ziehn, bevor er sich an die Suppe wagen wollte. . Jene Bewegun­ gen beunruhigten ihn, und er machte mit einiger

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Besorgtheit die Anmerkung: dem Herrn schiene ei­ ne Unbaslichkeit anzuwandlen. perearine versi­ cherte ihm aber: es wären dies Merkmale seines Entzükkens f und zu fernerer Bestätigung fragte er den Marquis: wie er die Suppe sande? Es hielt unendlich schwer, daß die Höflichkeit dieses Ravalrers seinen Ekel ss weit übermeisterte, daß er die Antwort hervorzubringen vermochte: Ganz vortreflich auf meine Ehre! Den Maler betuhigte dieser Beifall völlig, und er brachte ohne Bedenken den Löffel an den Mund. Allein er war weit entfernt das Lob seines Vorkosters zu bestätigen, wie jene kostbare Komposition sich über seinen Gaum ergossen hatte. Er schien aller Sinne und Bewegung beraubt zu sein, und sas da wie die bleierne Statue eines Flusgottes, dem auf beiden Seiten das Wasser aus dem Munde lauft. Der Dekror, beunruhigt durch dies unanstän­ dige Phänomen, forschte ernstlich nach dessen Ver­ anlassung. Als pallet seine Sinne wieder gesammlet hatte, schwur er: er wolle lieber eine Suppe von brennendem Schwefel essen, als das höllische Gericht, das er eben gekostet habe. Der Arzr ver­ sicherte darauf der Gesellschaft zu seiner RechtferUgung: ausser den gervöhu liehen Ingredienzien W

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er nichts andres in die Suppe gethan, als Salmiak statt des Nittums der Alten, das man jezt nicht bekommen könne. Nicht wahr Herr Marquis, wandt' er sich an den Franzosen, dies Susceda-

neum gereicht zur Verbesserung des Ganzen? Der

unglükliche Petitmärer, dessen Gefälligkeit aus'Aeusserste getrieben ward, gestand: es wäre ein mefr flerl)afh?s Raffinement; und da er sich ehrenhalber

verbunden Kielt, seinen Ausspruch durch die That zu beweisen, zwang er noch einige Toffel voll dieses abscheulichen Gebräues hinunter. Dadurch ward endlich sein Magen so beleidigt, daß er sich genö­ tigt sahe, plözlich aufzusprinqen. Bei diesem gahlingen Auffahren schüttete er seinen Teller dem Ba­

ron in den Busen. Seine dringende Bedürfnisse

erlaubten ihm nicht, sich aufzuhalten und sein brüs­

kes Betragen zu entschuldigen. Er flog in ein an­ dres Zimmer, wo peregnne ihn fernen Magen er* leichternd und gar andachtiglich Kreuze schlagend fand.

Nachdem auf des Marquis Verlangen eine Sanfte war gebracht worden, schlüpft' er mehr todt als lebend in dieselbe hinein, und beschwok seinen Freund Pickle, ihn mit der Gesellschaft wie­

der arrszusöhnen, und ihn hauptsächlich bei dem

Baron wegen der Uebelkeit r« entschuldigen» die

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)

ihn so plözlich angewandelt habe. Er hatte wohl Ursach, sich nach einem Frieden-vermittler umzu« sehn r den» wie unser Held wieder tn das Speisezimmer trat, fand er den Teutschen ausgestanden unter den Händen seine- Bediente», der ihm von einer reichgestikten Weste da- Fett abwischte. Er -var über diese»widrigen Vorfall halb rasend, stampf­ te auf den Boden, und fluchte auf Teutsch über das unglükliche Gastmal und den albernen Wirt. Dieser tröstete ihn indes ganz kaltblütig über sei» Ungiük, und versicherte ihm: mit einem wenig Terpentinvl und einem heissen Eisen liesse sich der gan­ ze Schade wieder -ut machen. Peregrin«, der sich kaum enthalten konnte, dem Baron in'- Gesicht zu lachen, besänftigte seinen Unwillen durch die Vorstellung: daß die ganze Gesellschaft und haupt­ sächlich der Marquis durch diesen Zufall höchsich gekränkt sei. Nachdem die unglükliche Salacacabia abgetra­ gen, war, kamen an ihre Stelle zwei Pasteten. Die eine war von Haselmäusen in einer Brühe von weissem Mohnsyrup. Diesen hatte der Arzt statt de- gerösteten Magsaamens untergeschoben, den man ehemals zum Nachtisch mit Honig aa-. Die andre bestand au- einem in Honig gebaknen Schinken. Al-

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)

Als pallet die erste Pastete beschreibe» hörte, hub er Hcknd' und Auge» gen Himmel, und sagte mit allen Merkmalen des Ekel- und Erstaunens: Eine Haselmauspastete mit weissem Mvhnsyrup: O Du lieber Herr Gott droben! was für bestialische Geschöpfe find diese Römer gewesen! Set« Freund verwies ihm durch einen ernsthaften Blik diese un­ ehrerbietige Ausrufung, und pries da- Kalbfleisch an, von dem er selbst so munter und mit so manchen Lobeserhebungen gegen die Gesellschaft aas, daß der Baron sich «ntschlvs, seinem Beispiele tu folgen. Zuvor aber lies er sich ein Glas Burgunder geben, wobei der Arzt wünschte: ihm echten Falerner »orsezen ru können. Da der Maler auf dem gan­ gen Tische nichts erblikte, was er anjvrühren wa­ ge» «wüte, macht' er aus der Not eine Tugend, und nam gleichfalls tum Kalbfleische feine Zuflucht. Doch konnt' er sich nicht entbrechen zu sagen: für eine» Schnitt Rostbeef von Alt- England wollte er gern all« Lekkerbiffenvvn der Tafel eine- Römischen Kaisers hingebe». Mit allen seinen Versicherungen und Einladun­ gen konnte aber der Doktor seine Gäste nicht da­ hin bringen, von dem Hachis und der GanS zu eslen. Sonach folgte diesem Aufsaz ein andrer, wor« Pcreg. Pickle ll.B.

P

(

226

)

unter sich, wie ihnen der Wirt meldete, verschiedne von denen Schüsseln befänden, welche von den Alten den Beinamen «roAirrsAff, oder die Prachtspeisen, bekommen hätten. Das, was da in der Mitte dampft, sagte er, ist der Magen einer Sa«, mit kleingehaktem Schwei­ nefleisch , Schweinegehirn, Eiern, Pfeffer, Gewürtnelken, Knoblauch, Anissaame», Raute, Ingwer, Oel, Wein und Lake gefüllt. Jur Rechten steh» die Jizen und der Bauch einer Sau, die eben ge­ worfen hat, mit süssem Wein, Oel, Semmelmehl, riebstokkel und Pfeffer gebakke«. Jur Linke« befin­ det sich ein Frikassee von Schnekken, die mit Milch gefüttert oder vielmehr gereinigt sind. Am Ende bei Mästerpallet stehn Kuchen von Kürbissen, Liebstokkel, Wohlgemut und Oel. Hier sind ein Paar junge Hüner nach der Manier des Apieins ge­ braten und gefüllt. Der Maler, der ftinen Abscheu gegen de» Saumagen, den er mit einer Sakpfeife verglich, und gegen die Schnekken, welche eine Reinigung ausgestanden hatten, durch verschiedne verrerrte Ge­ sichter ru erkennen gegeben hatte, horte kaum der gebratnen Hüner erwähnen, als er begierig um ei­ nen Flügel davon bat. Der Doktor ersuchte ihn

( 22? ) darauf, sie vorzulegen, und schikte sie ihm tu. pal­ tet stekte indes einen Zipfel des Tischtuchs unter das Kinn»), und schwenkte Messer und Gabel mit besondrer Geschiklichkeit. Kaum aber waren sie vor ihm hingesezt worden, als ihm die Thränen die Wange» herabstürtten, und er in augenscheinlicher Verwirrung überlaut ausrief: Pozhunderttausend: da stekt ja die Effenr von einem ganzen Beete Knoblauch drinne i Um aber den.Wirt nicht ärgerlich t« machen, feit* er seine Werkzeuge an eins von den Geflügeln an. Al« lein so wie er es aufschnitt, brachen so unerträgliche Gerüche auf ihn l»S, daß er ohne weiters und ohn« sich von dem Tischtuche loszumachen, mit dem Aus­ ruf aufsprang: Ach: Herr Je: Und die ganze Pa ») Dies ist alte Englische Sitte. Allein, «ach Herrn Archenholz, fängt man jezt an, die Serviette» vei Tische einzufähren, die vor zwanzig Jahren in England noch gar nicht gebräuchlich waren, und immer noch den unmodischen Engländern zum Gespbttc dienen. Sie sagen: es sei eine gu­ te Vorsicht für Kinder, aber für Erwachsne ent­ behrlich, weil ihre Tischtücher von ausserordent­ licher Grdsse sind, die man vor sich n.men sann. lS. England und Italien. Th.z.S.iz.)

( 228 ) Lasel stürzte in einen wilden wüsten Klumpen zu« sammelt. Eh Pickle entwischen konnte, würd' er mit der Syrupstunke der Haselmauspastete beschüttet, die bei der allgemeinen Zertrümmerung in Stükke« ging. Der Italienische Graf ward von dem Sau­ magen überschwemmt, der im Fallen geborsten war. (Der Inhalt davon ergvs sich über seinen Schenkel und Fus, und verbrühte ihn so jämmerlich, daß er vor Angst brüllte und scheusliche Gesichter schnitt.) Dem Baron, der ausserhalb dem Wirbel der Verwüstung in voller Sicherheit sas, war es nicht unlieb zu sehen, daß seine Gefährten auch durch das Feuer der Trübsal gehn mussten, das er bereits -affirt hatte. Allein der Doktor war vor Schaam und Kummer ausser sich. Er verordnete sogleich ei­ nen Umschlag für des Grasen Bein, und bezeugt« ihm sodann sein Beileid über diese» Unfall, den er mit dürren Worten dem schlechten Geschmak und der Unvorsichtigkeit des Maler» -»schrieb. Dieser nun fand es nicht für ratsam, wieder zu kommen und sich in Person zu rechtfertigen. In dem Flügelwerke, betheuerte der Ar;t, ha­ be sich nichts befunden, was eine empfindliche, Na­ se beleidigen konnte; das Fülsel wäre «ine Mixtur

229 ) von Pfeffer, Liebstökkel und Assa soetida, oder so genanntem Teufelsdrek gewesen, und die Soffo Wein und Heringslake, die er Katt de- berühmten Garum, oder der Marinade der Römer gebraucht habe. Diese berühmte Tunke, sagte er, wäre bis­ weilen von den Scombris, einer Art von Thunfi' scheu, bisweilen auch von dem Silurus, oder dem grossen Alse, zubereitet worden; ja er gedachte so­ gar noch einer dritten Gattung, garum Kremation genannt , die von den Ohren, den Gedärme» und dem Blute de- Thunfisches zubereitet worden sei. Da der Arzt selbst sand, daß es unmöglich roar( die Ordnung des Banket- wieder hermstellen, und die Schüsseln in dem Zustande, worin sie waren, wieder austuseren, so befal er: alle- wegzunemen, ein reines Tischtuch aukulegen, und den Nachtisch zu bringen. Mittlerweile betauerte er, daß «nicht im Stan­ de sei, ihnen eine Probe von de« Alieus, oder den Fischspeisen der Alten zu geben; daß er ihnen nicht die Jus diabaton vorseren könne, den Meer­ aal, der nach Galenus Meinung hart ver­ dauen ist; die Comuta, oder den Knorrhan, den Pliniu - in seiner Naturgeschichte beschreibt, und von dem er sagt, daß bei manchen die Horner anP; (

) derthalb FnS lang gewesen wären; die Meeräsche und die Lamprete, die bei den Alte» sehr geschärt wurden, und von welchen lcrtern JuliusCäsar ,u einer triumphalischen Abeudmahlzeit sechstausend zusammen borgte. c

2zo

Hierbei macht' er die Anmerkung, daß die Art sie mubereiten, vom Horaz In seiner Beschrei­ bung des Gastmals gedacht würde, wozu Mären von dem Epikuräer Nasidien eingeladen war: Affertur fquillas inter muracna natantes etc. *)

Er belehrte sie, daß sie gemeiniglich mit Thus Syriacum, einem gewissen lindernden und adstritt« girenden Gaamen, der die purgative Natur des Fisches verbessert hätte, wären gegessen worden. Endlich gab ihnen der gelehrte Arzt zu verstehen, daß, obgleich dies unter die schwelgerischen Gerich­ te der Römer gehört habe, es doch keinesweges in Ansehung der Kosten mit einigen andern Speisen zu vergleichen wäre, die zu den Zeiten des ausschwei­ sendwollüstigen Helivgabalus in Gang gewesen wären. Dieser hätte zum Beispiel sechshundert Straussengehirne zu Einem Gerichte nemen lassen. * ) Z. T. Unter schwimmenden Hummern bringt man

eine Muräne.

Jett erschien der Nachtisch, und die Gesellschaft freute sich nicht wenig, blosse Oliven in Wasser und Salz tu erblikken; was aber der Geber de- Gastmals am meisten xries, war eine Art Gelee, die, wie er behauptete, der Hypotrimwa des H esychius weit vvrzuziehen sey, und die aus einer zu einer dichten Substan; gekochten Mixtur von Essig, ,Oel und Heeringslake bestand; und einem Schüsselchen mit kandirter Afla foetida, die er tret dem Widerspruch von Hummelberg und Lister, für nichts anders als für das lafer fyriacum erklär­ te, das bei den Alten so kostbar war, daß sie es nach dem Gewicht eines SilberpfennigS verkauften. Seine Gäste glaubten die Vortreflichkeit dieses Gummis auf sein Wort, begnügten sich aber an den Oliven« die dem Weine einen so angenemen Geschmak gaben, daß sie sehr geneigt schienen, sich an dieser Frucht für die bisher erlittenen Unglüksfälle zu erholen. nicht gern den mindeste« Umstand vorbei lies, der tut Frölichkeit der Gesell­ schaftbeitragenkonnte, ging hinaus, um den Maler tu holen. Er fand ihn noch in Busgedanken, und konnte ihn nicht eher dahinbringen, wieder in'S Eszimmer zu kommen, als bis er es über sich tu nemen ver-

(

2Z2

)

sprechen hatte, ihm von denen Verzeihung auszu­ wirken , die von ihm beleidigt waren. Rach dieser Versicherung führte ihn unser junge Herr wie ei­ nen Missethäter in den Saal. Er bükle sich gegen alle sehr de- und wehmütig, zumal gegen den Grafen. Er schwor diesem auf Englisch zu: es sei gar nicht seine Absicht gewesen/ weder Mann noch Weib, weder Kind noch Kegel zu beleidigen. Er habe sich blos darum, so gut als möglich, sortgemacht, um die hvchachtungswärdige Gesellschaft nicht zu belei­ digen , wenn er in ihrer Gegenwart den Gebote» der Natur gehorcht hätte. Nachdem Pickle diese Entschuldigung dem Italiener verdolmetscht hatte, lies dieser dem pallet in sehr höflichen AuSdrükken Vergebung angedei­ hen ; auch sein Freund, der Doktor, nam ihn durch unser» Helden Vermittlung wieder zu Gna­ den an. Auf die Art vergassen die Gäste insge­ samt ihres Kummer-, und bezeigten der Flasche so stark ihre andachtsvollen Verehrungen, daß der Champagner in Kurzem auf da» Betragen Aller sehr sichtliche Wirkungen hatte.

Der Italiener und der Teutsche werden mit Schimpf und Schande aus dem Hause gewiesen,

paller und Pickle gehn auf die

Maskerade.

Unglükliche Folgen hiervon.

ArLle, der gegen die Gehörswerkzeuge deö Gra­

fen eine Absicht hatte, ersuchte den Maler, die

Gesellschaft mit dem Liede: Ein Volles, lie­ ber Squire Ionesl zu beehren. Dieser that eS zum unendlichen Vergnügen des Baron's. Die zarten Ohren des Grafen aber wurden dadurch so angegriffen, daß sich Erstaunen und Aengstlichkeit

in-seinem Gesicht malten, und sein plözlicheS und öfters Wallfahrten aus der Thur bewies offenbar,

daß er mit denen in Eine Klasse gehörte, welche aus einer besondren Antipathie ihr Wasser nicht hal­ ten können, wenn ein Dudelsak durch die Nase schnarrt. *) P 5 *) S. Den Kaufmann von Venedig Akt. 4.

Sc. i. S. 244. im zweiten V. von Eschen-

(

234

)

Kaum hatte pallet seine Arbeit zu Ende gedracht, so beehrte der Graf, um die Musik für

einen so barbarischen Geschmak zu rachen, die Ge­ sellschaft mit einigen Lieblingsarien aus seinem Va­ terlande, die er mit ungemeiner Grazie und Aus-

druk hervorwirbelte. Sein Vortrag aber war den­

noch nicht kräftig genug, die Aufmerksamkeit des Teutschen zu fesseln, der auf seinem Lager in einen festen Schlaf fiel, und so laut schnarchte, daß er

diese entzükkende Unterhaltung nicht nur unterbrach, sondern ganz zernichtete. Sie sahen sich daher wieder genötigt, ihre Zu­ flucht zu einem Glase Wein zu nemen. Das Ge­

hirn des Arztes empfing dadurch einen solchen Eindruk, daß er verschiedne Oden aus dem Anakreon nach eigner Melodie sang, und eine weitläufige Re­ de über die Musik und Recitation der Alten mit

grosser Gelehrsamkeit hielt, pallet hatte indes Mit­ tel ausgefunden, den Italiener mit dem Gegen­

stände seines Metjes bekannt zu machen, und Haranguirte mit bewundernswürdiger Schneürüngig-

keit über die Malerei, in einer Sprache, die (zu seinem Vortheil) der Fremde nicht verstand. Endlich befiel den Doktor eine solche Uebelkekt,

daß er peregrme'n bitten musste, ihn, auf sein

(

235

)

Zimmer zu bringen. Der Graf, des ewigen @cj schwäzes vom Maler überdrüssig, taumelte gegen den schlafenden Baron, sah ihn mit Entzükken an, und deklamirte folgende Stelle aus dem Paltor fido des Guarini: Come assetato infermo, Che braind lungamente 11 vietato licor---------—

— Tal Jo I gran tempo infermo E d’ainorosa fete arso e consunto. *)

Darauf raubt' er kühnlich dem Schläfer einen Kus, und begann solche Aeusserungen von Zärt­ lichkeit gegen ihn, daß d.r tugendhafte Maler daran ein grosses Aergernis nam. Sich seiner Rei­ ze bewusst, geriet er wegen seiner Person in Unru­ he, und schwankte in grosser Eil und ganz ausser Fassung, in das nächste Zimmer. Hier übergab

*) Z. T. Wie nach einem kühlen Tranke, Den der Arzr verbeut, der Kranke

Trüb' und heis sich sehnt — So auch ich — mein Aug' ist trübe; Heis entflammt mich Dm-st der Liebe, Und verzehret midsn

(

-Z6

)

er sich dem Schuze unsres Melden, dem er seinen

Argwohn gegen des Grafen Sittlichkeit eröfnete, und dessen unanständiges Betragen er ihm beschrieb,

peregrine'n, der gegen so abscheuliche Hand­ lungen einen gerechten Widerwillen hegte, sezte die­ se Nachricht in Feuer und Flammen.

Er eilte nach

dem Essaal, wo man die beiden Fremden beisam­ men gelassen hatte, und sah an der Thür mit eig­ nen Augen genug, um sich zu überzeugen, daß pallet's Anklage nicht ohne Grund wäre, und daß

der Baron nicht abgeneigt sei, den Grafen zu er­

hören.

Fast hatte der Unwille hierüber unsren

jungen 'Zerrn vermocht, hinein zu stürzen, und

an den Beleidigern unmittelbare Rache zu nemev; da er aber erwog, daß ein so übereilter Schritt von

unangenemen Folgen für ihn sein könnte, so wi­ derstand er dem Antriebe seines Zorns, und soder-

te seine Einbildungskraft auf, ihm ein Mittel an die Hand zu geben, wie die Leute auf eine Art

könnten bestraft werden, die ihren rohen Empfin­

dungen angemessen wäre. Er walzte verschiedne Plane, sie zu züchtigen,

in seinem Kopfe umher, ja er fragte sogar den Pi­

pes um Rat, der bei dieser Entdekkung gegenwär­ tig war.

Lezirrev nam es über sich, sie mit einer

(

237

)

gehörigen Quantität Ballast in Säkke zu nahen, und über die Pontneuf in denFluszu werfen. Diewar so wenig nach pickle's Behagen, wie alle die Mittel, die seine Einbildungskraft ausgebrütet hatte. Er wusste mithin nicht, wie er sich dabei benemen sollte, als das Ungefähr die Hauswittin vorbei führte. Er kannte sie als eine Frau von ausserordentlicher Lebhaftigkeit, und dies brachte ihn auf einen Einfall, den er sofort benuzte. Er bat sie nämlich: sie möchte die Güte haben, in das nächste Zimmer zu gehn, und den Herren sa­ gen: er würde wieder bei ihnen sein, sobald er nur im Stande wäre, den Doktor in das Bette zu schaffen. Die Frau überrkam dies Geschäft mit vieler Ge­ fälligkeit; sie ward aber, wie sie in den Saal trat, durch die Umarmungen des verliebten Paars so be­ leidigt und wütend gemacht, daß sie, anstatt ihren Auftrag auszurichten, in laute Vorwürfe und Schmä­ hungen gegen sie ausbrach, das Rohr des Baron s, das sie auf einem Seitentisch erblikte, ergrif, und Beide mit solchem Eifer und Erbitterung bearbeite­ te, daß sie sich genötigt sahen, in grosser Unord­ nung ihren Rükzug anzutreten. Die höchst entrüste­ te Amazone trieb sie sogar in ihrem äusserst schmä-

c 238 ) ligen Zustande die Treppen hinunter. Den ganzen Weg über belud sie sie, wie sie's verdienten, mit den stärksten Anzüglichkeiten, so daß die Schande der beiden Fremden nicht nur dem ganzen Hause der Wirtin, sondern auch dem Pöbel bekannt wur­ de, der sich schaarenweise um die Thüre zu versammlen begann, und aller Wahrscheinlichkeit nach die Rache der Zimmerverleiherin würde aus's wärm­ ste getheilt haben, hätten die Bedienten, die auf sie warteten, die Verbrecher nicht in die Miets­ kutsche gebracht und auf das schnellste fortgeschaft. peregrtne hatte über die Art der ihnen widere fahrnen Züchtigung solche Freude, daß er die Besizerin des Hotels, wegen ihres bewiesnen Muts, voller Eotzükken umarmte; und da er durch den reichlich genossenen Wein lustig geworden war, bracht' er de» Vorschlag auf das Tapet, daß er und pallet ;fluf die Maskerade gehn wollten, die, wie er sich erinnerte, diese Nacht gegeben wurde. Dem Maler fehlt es weder an Neugier noch an Lust, ihn zu begleiten, er äusserte aber: er sei be­ sorgt, ihn auf dem Ball zu verliere»; ein Umstand, der ihm notwendig höchst unangenem sein mässe, da er in der Sprache sowohl als in der Stadt gänzlich Fremdling sei.

( 239 ) Um diesen Einwurf aus dem Wege zu räumen, schlug die Hauswirtin, die bei dieser Beratschla­ gung gegenwärtig war, ihm vor, in Weiberklei­ dern zu erscheinen. Dies würde seinem Begleiter die Verbindlichkeit auflegen, sich sorgfältiger zu ihm zu halten. Von einer Dame, die er auf die Assem­ blee geführt, würd' er sich schiklicherweise nicht tren­ nen können; überdies würde dieses vermeintliche Engagement alle Mädchen der Freirdüabhalten, sich an eine schon versagte Person t» mache« und ihre verführerische» Künste gegen ihn ru gebrauchen. Unser junge »Zerr, der in der Ausführung die­ ses Projekts, eine reichhaltige Quelle von Zeitver­ treib voraus sahe, wusste diesen Vorschlag so drin­ gend und so geschikt ru unterstüren, daß der Maler es zufrieden war, ein Kleid -er Wirtin anjuzieh«, die ihm auch Mask und Domino verschafte. per«« grine versorgte sich indes mit einer Spanische« Tracht. In dieser Verkleidung, die sie ungefähr um elf Uhr anlegten, fuhren sie in einem Fiacre, unter Pipe» Begleitung, nach dem Tanzsaal. AlPickle mit seinem vorgeblichen Frauenrimmer in denselben trat, geriet die ganze Versammlung in Erstaunen, weil ihr noch nie eine so unbehülfliche Figur in Weiberkleidem ru Gesicht gekommen war.


) Untergang eines armen Sklavenvolks befördern, wenn wir uns Mühe geben, die Befreiung unsrer unglüklichen Landesleute durch unser Ansuchen oder Flehen zu bewirken. Denn wir können dadurch ein offenbares Verbrechen verhindern, welches das Maas der Rache des Himmels gegen die Thäter voll machen, und vielleicht das Mittel sein könnte, der ganzen Nation wieder zu dem unaussprechlichen Genus der Freiheit zu verhelfen. Ich meines OrtS könnte mit Vergnügen das Blut meines Vaters in einer so rühmlichen Sache vergiessen sehn, wofern nur dies Opfer mir die Gelegenheit bahnte, die Ketten der Sklaverei zu zerbrechen, und die Frei­ heit, dies angeborne Recht des Menschen, zu ver­ theidigen. Alsdann würde mein Name unter den patriotischen Helden des Alterthums unsterblich glanzen, und mein Gedächtnis wie das Andenken des Harm odius und Aristogi ton durch Bild­ säulen, auf öffentliche Kosten errichtet, geehret werden. Diese Rhapsodie, die mit grossem Nachdruk und Affekt vvrgetragen ward, beleidigte Iolter'n so sehr, daß er sich, ohn' ein Wort zu sprechen, äus­ serst entrüstet auf sein Zimmer begab, mid der Repudlikaner ging Mit der vollen Hofnung heim, sei-

(

252

)

ne Weissagung durch Pickle'» und Pallet's Lod und Untergang erfüllt $u sehn. Dies, glaubte er,

sollte r» einer mächtigen Revolution Anlas geben, worin er eine Hauptrolle spielen wollte. Allein der Hofmeister, dessen Einbildungskraft nicht so feu­

rig und fruchtbar war, ging grade zum Engli­ schen Gesandten, entdekte ihm die Lage sei­ nes Untergebnen, und ersuchte ihn, es durch sein Ansehn bei dem Französischen Ministerium dahin zu vermitteln, daß er n»d der andre Grosbrittannische Unterthan ihre Freiheit wieder erlangten. Se. Exzellenz erkundigte sich bei Joker'», ob er di« Ursach dieser Gefangennemung etwa mutmaassre, um desto besser gefasst zu sein, Pickle'»

Betragen entweder zu rechtfertigen »der zu entschul­ digen. Allein weder der Hofmeister noch Pipe» konnte ihm hierüber die mindeste Auskunft geben.' Inzwischen muffte ihm Leztrer die Gefangennemung seines Herrn sowohl als sein Verhalten dabei, und den ihm bei der Gelegenheit zugestossenen Unfall

umständlich erzählen. Se. Lordschast zweifelten nicht, daß Peregrin« sich diese Unannemlichkeit durch irgend einen mutwilligen Streich zugezogen

habe, den er auf der Maskerade gespielt; zumal, da er vernam, daß der junge Herr den Nachmit-

(

-5Z

)

lag reichlich gerecht, und den tollen Einfall gehabt hatte, eine Mannsperson in Weibskleidern mit auf -en Ball ru ncmen. Noch denselben Lag macht' er dem Französischen Minister seine Aufwartung, in der festen Zuversicht, peregrinrn» Befreiung zu bewirken. Allein er fand mehr Schwierigkeiten als er erwartete. Der Franrösische Hof nimmt es in allen Sachen, welch« Prinren von Geblüt betreffen, ausserordentlich ge­ nau. Daher war der Gesandte genötigt, aus sehr

hohen« Ton ru sprechen, und ob es gleich damals Frankreich's Politik gemäs war, wegen Kleinigkei­ ten mit den Engländern nicht zu zerfallen, so konnt'

er dennoch von jenem Herrn keine andre Begünsti­ gung erhalten, al« das Versprechen: Pickle solle aus freien Fns gesezt werden, sobald er sich daru verstände, den beleidigten Prinzen um Verzeihung zu bitten. Se. Exzellen;, die voraussejten, unser

Held habe Unrecht, fand diese Demütigung billig. Ioltrr ward daher zu ihm gesandt, ihm den Rat

Sr. Lordschaft, die vorgeschlagnen Bedingungen

anrunemen, ru eröfnen, und denselben zu verstärken. Der Hofmeister, der nicht ohne Furcht und

Beben in dies düstere Schlos ging, fand seinen Untergebnen in einem traurigen geratlosen Gema-

(

2)4

)

Kieler, der, meiner Einsicht nach, den Dichter ganz ausserordentlich falsch verstanden haben muö.

In einem andern Stuk, wo in einer Scene Schrek und Erstaunen seine ganze Seele mussten

ergriffen haben und wo seine ganze Au merksamkeit

aus den furchtbaren Gegenstand hatte sollen gehef­ tet sein, den er vor sich hatte, ich meine den Freund,

den er ermordet, lies er keine aridre Leidenschaft

dlikken, als Unwillen gegen ein Glas, das er mit grosser Heftigkeit gegen den Boden und in Stärken wirft, als wenn er eine Spinne in seinem Werne

gesunden hatte.*) Ein andersmal, indem er den

FuSboden fest anstarrt, fahrt er über tue Erblikkung eines Dolchs zusammen, den er über seinem Haup­

te zu sehen vorgiebt, gleich als wenn der Boden ein Spiegel wäre, der das Bild des Dolches zu-

rükwürse.**) Einmal sah' ich ihn queer über daö * ) Ich mutmaasse, es könnte hierunter Macbeth

nach der Ermordung seines Freundes Van ko gemeint sein.

D. Uebers. S. Macbeth Akt 2. S'c. 5. S. 34. nach dev ersten Ausgabe der B ü r g e r sch c n Bearbeitung,

die zu meisterhaft ist, als daß das Publikum den Wrmsch unterdrükken könnte: sein Liebling mbch-

c

3'6

>

Theater gehtt, und einem Menschen, der eine un­ tergeordnete Rolle hatte, eine Ohrfeige geben und am andren Ende der Bühne die Worte: Das ist sür Dich: oder so etwas dergleichen mit grossem Zorn aussprechen» Er drütt die Betrübnis eines Helden durch die Thränen und das Geheul eines Schulknaben aus, und verkehrt das gesittete Betragen eines seinen Mannes in die unbedeutenden und possierlichen Ma­ nieren eines eienden Tabakskrämers. Seine gan­ te Kunst besteht in einem wahnsinnigen Schreien, wie ich es in den Zellen von Bedlam gehört ha­ be, in einer schleppenden, Aokkenden und erstikten te

jezt in seiner glükiichen Musse Shakspea-

re's Sturm behandlcn,

worin er so vielen

Spielraum für seine grossen lyrischen Talente fin­ det ; den S t u r m,

„ dies Werk der Vollendung

„ unter allen Singspielenwie sich einer unsrer vorzüglichern jünger« theatralischen Dichter ausdrükt, „ worin

Sprach' und Gesang mit einan-

„ der verwebt find, wie Gold und Seidenfaden in „ einem Teppich;

worin fie fo innig mit einander

„ verbunden find,

daß keins ohne das andre des

„ stehn, keins die Lükke ersezen kann, die die Hin-

„wegname des andern verursachen würdet D. Nebers.

( 317 ) Sprache, als wenn er mit Engbrüstigkeit behaftet wäre, in konvulsivischem Zusammenfahren, io bieg­ samen Gesichtsmuskeln und in den ausschweifend­ sten Uebergängen. Mit Einem Worte, er ist mit gwrtheilhaften Sprachorganen und vieler Lebhaftig­ keit begabt, aber an Gefühl, Urlbeilskrast «nd Grazie fehlt es ihm völlig. Nicht iu gedenken, daß er sich nie schicklich zu kleiden weis. Das geht so weit, daß er einen jungen Prinzen im Kleide eines Leichenbesorgers und den schimmernden, mo­ dischen Loth ar io in Marktschreiertracht spielt. Im Kleide eines L e i ch e n b e s o r g e r s. Im Eng­ lischen Undertaker. „Undertakers sind Leute, „ die alle zum Begräbnis erforderliche Anstalten „ übernemen, als womit sich in England niemand „ selbst abgiebt. Bei einem Sterbefaü schikken die „ Verwandten oder Freunde zn einem solchen Un* „dertaker und bestimmen die Summe, welche sie „ an das Begräbnis zu wenden gedenken; darnach „ richtet denn der Undertaker, ohne daß sie weis „ter die geringste Mühe davon haben, das Leis „chenbcgäugms, entweder gros oder klein, ein. Er „nimmt auch wohl, wenn es verlangt wird, die „ Leiche sogleich zu sich in seine Wohnung, bestellt „die Trauerkleider, und mietet oftmals gar ein h ganzes Gefolge fremder Personen,. die, in Man» h tel und Flor gehüllt, nachtreten und mit weiss

(

318

)

Ich bitte um Verzeihung, daß ich diesen theuer» Liebling der Englischen Nation mit so weniger Schonung behandelt habe. Um Sie aber zu über­ zeugen , daß ich ein redlicher Mann bin» gekeh' ich Ihnen ganz offenherzig, daß er, ungeachtet alles deffen, was ich gesagt habe, Eigenschaften genug besizt, eine ansehnliche Figur in den niedern, hu­ moristischen Karakteren zu machen, an welchen ein Loudner Auditorium so vieles Behagen findet, wenn man ihn nur dahin vermögen konnte, sich das über­ triebne Bürleske abzugewöhnen, da- gegen die Na­ tur und gegen allen schlichten Verstand streitet. Was seinen Nebenbuhler im Ruhm anlangt, so steht er ihm, bei einer gleichen Dosis Fähigkeiten, „ fett Schnupftüchern in der

Hand,

für Geld,

„ weinen ( oder wenigstens so thun) indes die ei„gentlichen Anverwandten, waren es auch nur „ lachende

Erben,

-u Hause sizen und des bes

„ schwerlichen Gepränges gänzlich überhoben sind.

„ Von Trauermahlen weis man in England nichts.,,

(S. Dodd's Leben S. 132.)

Daß der M a l t h es e rri t ter unter dem jun­ gen Prinzen in Leichen besorg er tracht den

Hamlet verstehe,

denk' ich höchstens nur für

zwei oder drei meiner Leser bemerken zu dürfen. D. Ueb.

(

3T9

)

Olt persönlicher Behendigkeit, Lebhaftigkeit und Sprachwerkzeugen nach. Seine Sprache ist bestän­ diger vespormässtger Sinasang, und seine Aktion gleicht dem Hereinheben des Ballastes in den Schüsboden. In seinem Aeussern scheint er Würde mit Uebermut zu verwechseln. Den arglistigen, bedächtlichen, rcknkevollen Richard spielt er wie einen schreihalsigen, unverständigen, brausenden Hek­ tor.*) Den milden Patrioten Brutus giebt er ihn' alle MWgung und Anstand. Ja er und Casssi us benemen sich bei ihrer Zusammenkunft so lä­ cherlich, daß sie Fus an Fus sezen, einander Ge­ sichter zuschneiden, wie ein Paar erbitterte Schuhflikker, sich wiederholte Stoffe mit ihren linken Sei­ ten geben, damit ihre Degengefässe zur Belustigung Richard. Im Englischen sieht Crookback. DaS Leibesgebrechen jenes Königs, die Beiwörter, die so sehr auf dessen Karakter paffen, und das Uns glük, das diese Rolle hat, von den meisten Schau­ spielern als Bramarbas vorgestellt zu wer­ den — unter den Teutschen nam sie zuerst gewis nur Eck h o f der Ewigunerreichte aus dem wahren Gesichtspunkte — sezen es wohl ausser allen Zwei­ fel , daß von R i ch a r d d e m D r i t t e n die Re­ de ist. D. Uebers.

(

320

)

der Zuhörer klappern; völlig wie ein Paar Pikkelheringe, die auf einem Brettgerüste beim Bartholomäusmarkte den Pöbel rum Lachen zu bewegen suchen. Die Verzweiflung eine- grossen Mannes , de« den höllischen Ranken eines verschlagnen Verräters, der zugleich fein Vertrauter ist, zum Opfer fallt,*) drukt dieser Englische Aesop**) durch Gtirnpauken'und stiermasstges Gebrüll auS. Fast in jeder in­ teressanten Scene bat er die Gewohnheit, den Kopf so seltsam zu schütteln und andre altväterische Gebär*) Sehr wahrscheinlich Othello. D. Nebers.

**) Aesop war zu Cä sar' s und Augusts Zeit ein grosser tragischer Schauspieler in Rom, des­ sen Pathos in Deklimation und Gesten Cicero studierte, so Wie er im Komischen den R o sc i u s zum Muster nam. Ich würde dres als zu be­ kannt nicht angemerkt haben, wenn ich nicht er­ fahren, daß einige Lestr den Tragiker Aesop mit dem Fabulisten, der ihnen viel bekannter war, verwechselt hätten und so

r

( Z42 ) Sie kehrten insgesamt »um Wirtshause zurük, und speisten zusammen. Die Dame» liessen sich bere­ den, Gäste bei unserm Helden zu sein. Da ldie Materien, womit man sich vor Tische unterhalten lhatte, noch nicht erschöpft waren, so «am man sie von neuem vor, als man in die Dili­ gence eingesttege« war. Pallete Geliebte vollen­ dete ihre Eroberung, indem sie ihre Kunst zu lieb­ äugeln und einige bezaubernde Seufzer und einige zärtliche Französische Liederchen in den Gang brach­ te. Sie sang dieselben mit so rührendem AuSdruk, daß des Malers Entschlus schmolz und seine NeiSung. völlig unterjocht ward. Um sie von der gan­ ze» Wichtigkeit ihres Sieges zu überzeugen, gab er einen Beweis von seinen Talenten, indem er sie mit dem berühmten Englischen Liede unterhielt, worin immer der Refrän ist: Vie Ferkel — sie liege» mit naktem Steis.

Sieben und zwanzigstes Kapitel.

Peregrins wird durch den Streit Iolter's und

eines Juden unterbrochen, wie er einige

Fortschritte in der Zuneigung der Aamländerin macht.

Er besänftigt den aufgebrach­

ten Rapuriner,

der ihm eine Zusammen­

kunft mit seiner schone« Beherrscherin ver-

schaft.

Die Erwartungen, die er fich hier­

von gemacht hat, schlagen fehl.

S9?ittten»eite wandte Peregrin« all' seine Ein«

schmeichelungSgaben und seine Geschiklichkeit geaen das Herr der schönen pflegbefolnen d«S LapuAnrr's an. Er hatte ihr schon längst seine Liebe er­ klärt, nicht etwa so schmetterlingisch, wie ein Franrösischer Liebhaber, sondern mit dem Jener «ine» Enthusiasten. Er hatte sich der Schmeicheleien «nd feierlichen Bethenrungen bedient, hatte geschmachtet, Ihr verstolen die Hand geküffr und keine Ursach ge­ funden, sich über ihre Aufaame ru beschweren. Wiewohl einem Manne von minder sangninische« Temperamente ihre besondre Gefälligkeit würde ne* $ 4

< 344 ) deutig geschienen «nd er fie vielleicht fttr nichts an­ ders, al« für die Wirkung der FranMschen Erjiebung und der dieser Nation natürlichen Ledhastigkcit gehalten, haben; so feste Pickle die« alles auf die Rechnung seiner vorzüglichen Eigenschaften. I» der Meinung schritt er in seinem Angriffe mit so unablaffeuder Hartnäkkigkeit fort, daß er sie end­ lich so weit brachte, einen Ning als Zeichen seiner Achtung anjunemen. Es ging alles den besten Gang, als sie von dem Hofmeister und dem Israeliten unterbrochen wur­ den. Diese erhuben in der Hize des Streits Ihre Stimme und stiessen eine solche Flut von Kehlbuchstaden aas, daß unsere Liebhaber» Zähne davon stumpf wurden. Da sie eine Sprache mit einander redeten, die jebero im Fuhrwerke, sie ausgeschlos­ sen , unbekannt war und einander so heftige Blikk« der Feindseligkeit und des Grolls ruwarfen, so wünschte Peregrin«, die Entstehung ihres Zwistes tu erfahren. Hierauf rief I»lt«r in einem wütenden Ton; Dieser gelehrte Levit hat warlich die Unverschämtheit, mir zu sagen: ich verstände kein Hebräisch, und be­ hauptet: das Wort Benoni bedeute ein Kind der Freude, da ich doch beweisen kann und in der

( ?45 ) That schon hinlängliche Gründe angeführt habe, jeden vernünftigen Mann ;« überzeugen, -aß di« ftebenzig Dolmetscher mit Recht diesen Ausdrnk durch Sohn meines Schmerzen- übersezt haben. Nachdem er sich solchergestalt gegen seinen Zög­ ling etfldrt hatte, wandt' er sich an den Priester in der Absicht, sich auf seine Entscheidung zu be­ rufen. Allein der Jude zupfte ihn gar eifrig am Aermel und sagte zu ihm: Um Gottes willen, Herr, sein Sie ruhig, derLapurinec entdekt sonst, wer wir sind. Iolter, den diese Zusammenpaarung beleidigte, tief wie ein Echo mit vielem Nachdrnk zurük: W c r wir sind! fezte wiederholt hi»ru r nos poma natatnus, und fragte den Inden Hönisch: ru welchem Stamme er denn glaubte, daß er, Iolter/sehör» te? Der Levit, den der Vergleich mit einem Ros­ apfel »erdros, antwortete mit einem bedeutende» Lächeln: Zum Stamme Isa sch ar. V $ Zum StammeJsaschar. Unstreitig, sagtHerr Toussaint, der Französische Uedersezer des Pe» regrine Pickle, spielt hier der Jude auf dir Stelle von Iakob > s Testament an, worin I fa­ sch ar ein beinerner Esel ( afinus sortis) genannt wird.

< 346 ) Sein Gegner, den die Freiheit, die der Jude sich gegen ihn genommen, zur Rache trieb, nuzte dessen Widerwillen, dem Lapuzmec bekannt $u werden und antwortete auf Franrösisch: daß das Gericht Gottes sich ganz offenbar an der ganze« Nation zeige, indem sie nicht Htir fern een ihrem Waterlande in der Verbannung schmachtete, son­ dern auch immerwährende Läkke in ihrem Herze« träge und verkehrte Gemätsneigungen hätte; ei« sattsamer Beweis, daß sie von denen abstamme, die den Heiland der Welt kreuzigten.

Allein de» Hofmeisters Erwartung schlug fehl. Der Priester war selbst zu tief im Streit verwikkelt, um auf die Fehden Anderer Acht geben zu können. Der Arzr hatte aus Stolz und Uebermut auf seine Gelehrsamkeit es über sich genommen, ihm die Ungereimtheit des christliche« Glaubens zu er­ weisen. Er hatte bereit- (wie er vermeinte) dem Aapu;iner in Betraf der Glaubensartikel widerlegt. In welchen die Römischkatholische« von der ganze« übrigen Welt verschieden denken. Doch mit dem Siege nicht zufrieden, den er, seiner Einbildung nach, davon getragen hatte, sing er an, die Grund­ pfeiler der Christlichen Religion z« erschüttern«

( 347 ) Der Pate« ertrug es mit unglaublicher Langmut, -aß er mit der Lehre von der Dreieinigkeit sehr frei umsprang. Als er aber die Pfeile seines Spotts ge< gen die unbefiekte Empfängnis der Jungfrau Maria richtete, brach dem guten Manne die Geduld. Seine Augen schienen »or Unwillen iu funkeln, je­ de- Glied an ihm ritterte, und er rief mit lauter Stimme: O Ihr seid ein abscheulicher — Kerer mag ich Dich nicht nennen; denn Du bist, wo mög­ lich, ärger wie ein Jude. Ihr verdientet in einen gläenden Feuerofen eingesperrt zu werden, und ich bin gar nicht abgeneigt, Euch bei dem Gonvernör von Gent anzugeben, damit Ihr als ein verruch­ ter Gotteslästerer ergriffen und bestraft werden möget. Diese Drohung wirkte aus aste Gegenwärtige wie ein Zauber. Der Doktor geriet gant ausser Fas­ sung , dem Hofmeister ward angst und bange, dem Levitten klapperten die Zähne, und der Maler «ar höchlich bestürzt über die allgemeine Verwir­ rung, deren Deraylaffung er nicht begreifen konnte. Pickle selbst war nicht wenig beumuhigt, und er mufft« allen feinen Eiastus und seine Beharrlichkeit anwenden, den Sohn der Lirche wieder ru be­ sänftige». Blos au- Freundschaft gegen den jun­ gen Herrn, erklärt' er endlich,, well' er alles verzest

( 348 ) tzen. Er weigerte sich aber schlechterdings, neben einem so eingefleischten Weltkinde ru sizen, wie der Doktor sei. Er sah' ihn als einen Genossen der Finsternis an, den der Widersacher aller Menschen ans die Welt gesandt habe, die Seelender Schwa­ chen zu vergiften. Aus d e r Ursach bestand er dar­ auf , nachdem er sich gekreuzt und gewisse Beschwö­ rungsformeln hergemurnielt hatte, daß der Doktor seinen Plaz mit dem Juden vertauschen musste. Leztrer nahte sich dem beleidigten Geistlichen mit der Todesangst der Furcht. Nachdem auf die Art alles beigelegt war, ging das Gespräch wieder das allgemeine Gleis, und un­ sre Passagiere langten, ohne irgend einen ander» Zufall oder Streit, um sieben Uhr Abends in Gent an. Es würd' ein Abendbrod für die ganze Gesell­ schaft bestellt und unser ^elb ging nebst seinen Freunden aus, die Stadt flüchtig zu besehn. Er überlies indes seine neue (Beliebte den gottseligen Ermahnungen ihres Beichtvaters, den er (wie schon oben bemerkt worden) ganz in sein Interesse gezogen hatte. Dieser inbrunstvolle Mittler sprach gegen seine pflegbefolne so warm zu pickle's Empfelung, und wusste ihr Gewissen so geschikt in die­ se. Sache einzuflechten, daß sie sich nicht weigern

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konnte, an das grosse Werk seiner Bekehrung mit hälfreiche Hand zu legen, und daß sie das Verbre­ chen gab, die gewünschte Jusammenkunst ju be­ willigen« Diese frohe Mähr, die der Lapuziner peregcine’n bei seiner Aurükkunft mittheilte, erhöhte dessen Lebensgeister so sehr, daß er beim Abendes­ sen sich durch tausenderlei wijige Einfälle und Scher­ te zur Bewunderung und rum Vergnügen aller Ge­ genwärtigen in ungewöhnlichem Glanze reizte. Die schöne Flamländer,» fand rumal das grösste Be­ hagen daran und schien durch seine Person und sein Betragen ganr gefesselt ru sein. Nachdem auf die Art der Abend zur Zufriedenheit aller Personen htngebracht war, erhob sich die Gesellschaft und ,eder ging auf seine Muhe. Unser Liebhaber erfuhr ,ezt ru seiner unaussprechlichen Kränkung, daß die beiden Frauenrimmer sich genö­ tigt sähen, in Einer Kammer ru schlafe», indem alle die andern Stuben im Wirtshause bereits vor­ her bese$t waren. Als er diese Schwierigkeit dem Priester eröfnete, versicherte ihn dieser an Hülfs­ mitteln fruchtbare Mann: seine geistlichen Angele­ genheiten sollten durch ein so leichtes Hindernis nicht gestört werden. Dem zu folge bedienf er sich

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feine- Vorrecht-, ging in die Grube feiner Beicht­ tochter, die bereit- halb au-gezogen war, und führ­ te sie auf fein Zimmer, unter dem Vorwande: ih­ rer Seele noch eine heilsame Nahrung $u gebe«. Nachdem er die beiden andächtigen Seelen zusammengebracht hatte, that er ei» Gebet für die g«segneten Wirkungen der Gnade und überlie- sie ihre« bridersettigeu Betrachtungen. Zuvor hatte er sie «uf- feierlichste beschworen, nicht zu verstatten , daß unreine Gesinnungen oder Versuchungen des Flei­ sches sich in die heilige Absicht ihrer Zusammenkunft mischte». Sobald der ehrwürdige Gelegenheit-macher sott und die Thür' inwendig verriegelt «ar, warf der Falschbrkehrte, durch seine Leidenschaft hinge­ rissen, sich $« den Füssen seiner Geliebten hin, bat sie, ihm die ekelhaften Formalitäten zu erspä­ he», die sich unter diesen Umständen garnicht beob­ achten liesse«, und begann mit allem Ungestüm der Liebe die Gelegenheit zu »uzen. Allein, es sei nun, daß sein entschlossene-, zuversichtliches Wesen ihr misfiel, und daß sie auf mehr Höflichkeit und Ehrer­ bietung Anspruch machen zu können glaubte, »der daß ihre Keuschheit wirklich besser befestigt war, als prregrtne und seinUnterhändl«: vermutet hatten;

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genug , so viel ist gewis, daß sie Unwillen und Bo* Kürzung über seine Dreistigkeit und Vermessenheit äusserte und ihn ausschmcklte, die Gutmütigkeit des geistlichen Herrn hintergangen zu haben. Der junge Herr war in der Thar über diesen Korb so bestürzt, als sie über seine Erklärung zu sein vorgab. Er bat sie inständigst zu erwägen, wie kostbar die Augenblikke wären und einmal alle über-üffige Ceremonien der Gläkseeligkeit eines Men­ schen ausruopfern, der sie mit solchem Feuer anbe­ tete, das notwendig all* seine Lebensgeister davon müssten verzehret werden, wofern sie ihn nicht mit ihrer Gunst beseeligte. Aber ungeachtet aller seiner Thränen, Gelübde und inständigen Bitten, unge­ achtet aller seiner persönlichen Vorzüge und der ver­ führerischen Gelegenheit, könne er dennoch nicht­ weiter von ihr erlangen, als das Geständnis: er habe Eindruk aus ihr Herz gemacht; sie hoffe ihn aber durch reife Erwägung dessen, was ihre Pflich­ ten ihr geböten, gänzlich zu vertilgen. Dies Geständnis nam Pickle für eine seine Ein­ willigung an. Er folgte daher dem Antriebe seiner Liebe, und schlos sie in seine Arme, in der Absicht das zu nemeq, was sie zu geben auswich. Doch diese Französische Lukretia , die keinen andern Weg

zur Vertheidigung ihrer Lugend sahe/ machte ein lautes Geschrei. Der Lapuzinev sprengte die Thür mit der Schulter auf und trat / wie es schien, mit dem grössten Erstaunen hinein. Er hob Hand' und

Augen empor, und war/ so lies es wenigstens/

durch die Entdekkung/ die er gemacht hatte, wie vom Donner gerührt» Sodann brach er in Cxkla« makionen au», bezeugte seinen Abscheu gegen das

ruchlose Vorhaben unsers Helden, der einen so höl­ lischen Plan mit dem Mantel der Religion bedekt

habe. Kur;, er spielt« seine Rolle so geschikt, daß die Dame es für Ernst nam und ihn bat, dem Fremden in Betracht seiner Jugend und Erziehung

1« verzeihen, durch welche Leztere er mit den Irr­ thümern der Kezerci sei testest worden. In der

Rüksicht allein nam denn der pater die demütige Abbitte unsers Helden an. Dieser war, troz der kränkenden Zurükweisung; weit entfernt seinen Er­

wartungen zu einstigen, er baute zu sehr auf die

Talente seines Körpers und Geistes und auf daGeständnis, da- seine Geliebte ihm eben gethait hakte.

Daher beschlo» er noch einen Versuch zu

wagen.

Nur der äusserste Drang seiner rastlosen

Begierden konnte ihn dazu antreiben.

Acht

(

Acht

3S3

)

und zwanzigstes Kapitel.

Pickle macht zur Erreichung seiner Wünsche noch einen Versuch, der aber durch eine«

sonderbaren Zufall mislingt.