Liquidationsbesteuerung von Kapitalgesellschaften 9783504380496

Die Liquidation ist die letzte Phase im Dasein einer Kapitalgesellschaft. An ihrem Ende steht die Vollbeendigung, mit de

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Liquidationsbesteuerung von Kapitalgesellschaften
 9783504380496

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Bergmann Liquidationsbesteuerung von Kapitalgesellschaften

Rechtsordnung und Steuerwesen Band 46 Schriftenreihe begründet von Brigitte Knobbe-Keuk herausgegeben von Wolfgang Schön und Ralner Hüttemann

Liquidationsbesteuerung von Kapitalgesellschaften

von

Dr. iur. Malte Bergmann

2012

Verl~

Dr.OftoSchmidt Köln

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

VerlagDr. Otto SchmidtKG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 0221/93738-01, Fax 0221/93738-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-64245-7 ©2012 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfiiltigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung nach einem Entwurf von: Jan P. Lichtenford Druckund Verarbeitung: Betz, Darmstadt Printed in Germany

Meinen Ettern

Geleitwort Zu dieser Schriftenreihe Seit Brigitte Knobbe-Keuk im Jahre 1986 diese Schriftenreihe in der Nachfolge von Werner Flume begründet hat, sind mehr als 40 Bände erschienen, in deren thematischen Mittelpunkt die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Steuerrecht und der allgemeinen Rechtsordnung gestellt ist. Die Entwicklung der Reihe hat gezeigt, dass die vielfältigen Verflechtungen des Steuerrechts mit anderen Rechtsgebieten den gewählten Zuschnitt eindrucksvoll gerechtfertigt haben. Die publizierten Arbeiten nehmen Bezüge zum allgemeinen Zivilrecht, zum Gesellschaftsrecht, zum Bilanzrecht und zu den Wirtschaftswissenschaften ebenso in den Blick wie die Rahmenbedingungen des Verfassungsrechts, des Europarechts und des Internationalen Rechts. Strafrechtliche Zusammenhänge unserer Steuerrechtsordnung werden ebenso beleuchtet wie verfahrensrechtliche Implikationen der Besteuerungspraxis. Der Erkenntnis der Begründerin der Schriftenreihe, dass in den juristischen Fragestellungen aus dem Bereich des Steuerwesens Fragestellungen aus den Teilgebieten der allgemeinen Rechtsordnung zusammentreffen, muss besonders Nachdruck in einer Zeit verliehen werden, in der die innere Stabilität unserer Besteuerungsordnung in hohem Maße gefährdet ist und der Wunsch, aus der eigenen Systematik des Steuerrechts heraus feste Leitlinien für Rechtspolitik und Rechtsanwendung zu gewinnen, hinter den fiskalischen Zwängen der öffentlichen Hand und dem Gestaltungswillen der Steuerpolitik immer weiter zurücktritt. Die Verankerung des Steuerrechts in der allgemeinen Rechtsordnung dient daher auch den Anliegen der Rechtssicherheit und Rationalität unseres Steuerrechts. Darüber hinaus kann durch die Anlehnung an die der Privatautonomie verpflichtete Zivilrechtsordnung sowie durch die Verwirklichung verfassungsrechtlicher und europarechtlicher Freiheitsgewährungen dem Steuerwesen ein Stück rechtsstaatlicher Liberalität zurückgegeben werden. Die Herausgeber wünschen daher, dass die Schriftenreihe in ihrer Gesamtheit einen Beitrag zur Kultur unserer Steuerrechtsordnung zu leisten vermag. München und Bonn, im Oktober 2011 Wolfgang Schön

Rainer Hüttemann

VII

Geleitwort Zu

dieser Schrift

Die Besteuerung von Kapitalgesellschaften in der Liquidation nach

§ 11

KStG unterscheidet

sich vor allem in zwei Punkten wesentlich von der laufenden Besteuerung: Zum einen "ist der im Zeitraum der Abwicklung erzielte Gewinn der Besteuerung zugrunde zu legen" Abs.

1

Satz

1

(§ 11

KStG), der gesamte Liquidationszeitraum bildet also einen einzigen Besteue­

rungszeitraum. Zum anderen findet ein besonderer Vermögensvergleich Anwendung, denn es ist "das Abwicklungs-Endvermögen dem Abwicklungs-Anfangsvermögen gegenüberzu­ stellen"

(§ 11

Abs.

2

KStG). Obwohl die zentralen Aussagen des heutigen

tisch unverändert seit

1934

§ 11

KStG prak­

gelten, sind Grundfragen der Liquidationsbesteuerung bis heute

unzureichend geklärt. Dies gilt nicht nur für die ratio legis des einheitlichen Besteue­ rungszeitraums, sondern auch für die verfahrensrechtliche Einordnung der Veranlagungen nach

§ 11

Abs.

1

2 KStG sowie Bewertung der Wirtschaftsgüter im besonderenVermö­ § 11 Abs. 2 KStG. Übergreifende Ansätze zum Verständnis der Liquida­

Satz

gensvergleich nach

tionsbesteuerung sucht man in der Judikatur und dem überschaubaren Schrifttum vergebens. Die Untersuchung von Malte Bergmann unterzieht die Abwicklungsbesteuerung nach

§ 11

KStG erstmals einer eingehenden dogmatischen Analyse. Ausgehend von den gesellschafts­ rechtlichen Grundlagen und unter Einbeziehung der Entstehungsgeschichte wird zunächst der Regelungszweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums herausgearbeitet. Dieser ist ausgehend vom LeistungsHihigkeitsprinzip und vor dem Hintergrund des Untergangs des Steuersubjekts am Ende der Liquidation vor allem in einer verbesserten Verlustverrechnung zu sehen. Auf dieser (bisher zu wenig beachteten) Grundlage setzt sich Bergmann eingehend mit der Veranlagungsbefugnis der Finanzverwaltung nach Ablauf des Dreijahreszeitraums auseinander und bestätigt die Ansicht, dass diese "Zwischenveranlagungen" stets nur vorläu­ figen Charakter haben können. Einen weiteren Schwerpunkt der Untersuchung bildet die be­ sondere Gewinnermittlung nach

§ 11

Abs.

2 KStG.

Ausgehend von dem Zweck des besonde­

ren Vermögensvergleichs - die Aufdeckung der stillen Reserven - wird herausgearbeitet, dass die Wirtschaftsgüter im Abwicklungsendvermögen mit dem gemeinen Wert im Sinne des Bewertungsgesetzes anzusetzen sind. Weitere Detailanalysen - z.B. zu den steuerlichen Folgen einer Nachtragsliquidation, Insolvenz und Organschaft - runden die Überlegungen

de lege lata ab. Am Ende der Arbeit stehen Überlegungen dazu, wie eine Reform der Liqui­ dationsbesteuerung aussehen könnte, die einerseits dem Zweck der erweiterten Verlustver­ rechnung vor dem Untergang des Steuersubjekts angemessen Rechnung trägt und anderer­ seits Anwendungsprobleme der geltenden Regelung vermeiden würde. Bergmann plädiert dabei für eine Abkehr vom einheitlichen Besteuerungszeitraum zugunsten eines unbegrenz­ tenVerlustabzugs innerhalb der letzten fünfVeranlagungszeiträume. Die konzis verfasste Schrift von Bergmann schließt eine Lücke in der vorhandenen Steuer­ rechtsliteratur und verbindet in besonders gelungener Weise eine überzeugende dogmatische Aufarbeitung des geltenden Rechts mit weiterführenden Reformvorschlägen.

München und Bonn, im August Wolfgang Schön

VIII

2012 Rainer Hüttemann

Vorwort Die Liquidation ist die letzte Phase im Dasein einer Kapitalgesellschaft, mit ihrem Abschluss beendet die juristische Person ihre Existenz. Im Körper­ schaftsteuerrecht trifft § 1 1 KStG eine Reihe von Sonderregelungen, von de­ nen die besondere Steuerperiode des § 1 1 Abs. 1 KStG die weitestgehende ist: Während der Abwicklung wird nicht mehr im Jahresrhythmus besteuert, son­ dern grundsätzlich nur einmal fiir den gesamten, womöglich vielj ährigen Zeit­ raum der Liquidation. Die Untersuchung behandelt die - teils sehr praxisrele­ vanten - Fragen, die sich im Lauf der Liquidation aus Sicht des Körperschaft­ steuerrechts stellen. Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 20 1 1 /20 1 2 von der Rechts­ und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms­ Universität Bonn als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur konnten eingearbeitet werden, soweit sie bis Juni 20 1 2 erschienen sind. Besonderer Dank gebührt an erster Stelle meinem hochverehrten Doktorvater, Herrn Professor Dr. Rainer Hüttemann. Er hat nicht nur das Thema angeregt und mir die nötige Freiheit bei der Bearbeitung gelassen, sondern mir auch sonst j ede wünschenswerte Unterstützung zukommen lassen. Auf die Zeit an seinem Institut blicke ich - wissenschaftlich wie menschlich - mit Freude zu­ rück. Ihm und Herrn Professor Dr. Dr. h.c. Wolfgang Schön danke ich fiir die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe "Rechtsordnung und Steuerwesen". Herrn Professor Dr. Christian Waldhoff schulde ich Dank fiir die äußerst zügi­ ge Erstellung des Zweitgutachtens ebenso wie fiir die sonstige Unterstützung, die er mir während der Promotionszeit gewährt hat. Herrn Akademischen Rat Dr. Andre Meyer, LL.M. und Herrn Richter Dr. Carsten Meinert sei fiir ihre stete und geduldige Diskussionsbereitschaft und ihre wertvollen Anregungen herzlich gedankt. Der Studienstiftung des deutschen Volkes danke ich fiir großzügige ideelle und finanzielle Unterstützung. Die Arbeit ist mit dem Gerhard-Thoma-Ehrenpreis 20 1 2 und dem Albert-Hensel-Preis 20 1 2 ausgezeichnet worden. Dafiir bin ich dem Fachinstitut der Steuerberater und der Deutschen Steuerjuristischen Ge­ sellschaft zu großem Dank verpflichtet. Osnabrück, im August 20 1 2

Malte Bergmann

IX

Inhaltsübersicht Seite Geleitwort der Herausgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Vorwort

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

IX

Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII AbkÜTzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXI Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXV § 1 Einleitung

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

A.

Einführung in die Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

B.

Bestimmung des Untersuchungsgegenstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

§ 2 Gesellschaftsrechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 A.

Überblick und gesetzliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

B.

Die Auflösungstatbestände im Einzelnen

C.

Liquidationszweck und Gesellschaftszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

D.

Rechtliche Wirkungen der Liquidation im Außen- und Innenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 0

E.

Der Zeitpunkt der Vollbeendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5

§ 3 Grundlagen der Liquidationsbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 A.

Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

B.

Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

C.

Das steuerliche Ende der Kapitalgesellschaft i.L. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3

D.

Gesetzgebungshistorie

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

§ 4 Der einheitliche Besteuerungszeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 9 A.

Grundsätzliches zum einheitlichen Besteuerungszeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 9

B.

Der Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums

C.

Die Dreijahresregelung des § 1 1 Abs . 1 S . 2 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

. . . . . . . . . . .

.

. . . . . . . . . . . . . . . .

52

XI

Inhaltsübersicht

§ 5 Gewinnermittlung

...............................

.

..................

.

...............................

99

A.

Handelsrecht.

B.

Steuerrecht - Grundlagen und Problemstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 0 6

c.

Abwicklungs-Anfangsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 09

D.

Abwicklungs-Endvermögen

E.

Offene und verdeckte Liquidationsraten während der Abwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ... ... .

..........................................................................................

...

.

... .

..

..

........................................................... . . ....

.....

. . ..

.

.

. . ........ .

.

.... . ..

.... . . . . .

..

.

.

.....

99

1 20

. 132 .

F.

Gewinnermittlung bei Zwischenveranlagungen

G.

Einzelne Probleme

H.

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 53

..................................

...............................................................................

134 1 40

§ 6 Besondere Problemlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 5 5 A.

Nachtragsliquidation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 5 5

B.

Abgebrochene Liquidation

c.

Insolvenz

D.

Organschaft

...................................................................

..............................................................................................

...................

.

..................

.

...................

.

..............

.

................

1 59 1 62 1 67

§ 7 Rechtspolitische Kritik und Reformvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 8 1 A.

Kritik am geltenden Recht

B.

Reformvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ; . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 86

...................................................................

181

§ 8 Zusammenfassung in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 95 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 99

XII

Inhaltsverzeichnis Seite Geleitwort der Herausgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Vorwort

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

IX

Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXI Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXV § 1 Einleitung

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

A.

EinfUhrung in die Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

B.

Bestimmung des Untersuchungs gegenstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

§ 2 Gesellschaftsrechtliche Grundlagen

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5

A.

Überblick und gesetzliche Grundlagen

B. I. II.

Die Auflösungstatbestände im Einzelnen Auflösung aufgrund Gesellschafterwillens Auflösung ohne Willensbildung durch Gesellschafter

C. I. 11. III.

Liquidationszweck und Gesellschaftszweck 7 Inhalt des Liquidationszwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . , . . . . 7 Der Gesellschaftszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Das Verhältnis von Gesellschafts- und Liquidationszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

D.

Rechtliche Wirkungen der Liquidation im Außen- und Innenverhältnis 10 Innenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 0 Außenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 Ergebnis . 12

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5 5 6 6

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

I. II. 111. E.

I. II. III. IV.

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . .

Der Zeitpunkt der Vollbeendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . 1 2 Vermögenslosigkeit . 12 Löschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Lehre vom Doppeltatbestand . 13 Eigene Auffassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 4 1 . Erforderlichkeit der Löschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 4 2 . Erforderlichkeit der Vermögenslosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 5 3 . Einwirkung von sonstigen Abwicklungsmaßnahmen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 7 a) Problem und vertretene Auffassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XIII

Inhaltsverzeichnis

V.

b) Kritik und Stellungnahme Ergebnis . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§ 3 Grundlagen der Liquidationsbesteuerung

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19 22 23

A.

Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

B. I. 11. 111.

Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Persönlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Zeitlich 27 Sachlich 27 1 . Auflösung und stille Liquidation 27 2. Abwicklung und Scheinliquidation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 8 a) Missbrauchstatbestand oder obj ektives Tatbestandsmerkmal? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 8 b) Beweislast und widerlegliche Vermutung für die Abwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 0 3 . Zusammenfassung 33 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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C.

Das steuerliche Ende der Kapitalgesellschaft i . L . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3

D. I.

Gesetzgebungshistorie 35 Hamburgisches Einkommensteuergesetz von 1 9 1 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 5 Körperschaftsteuergesetz zwischen 1 920 und 1 93 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 6 Körperschaftsteuergesetz seit 1 93 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 6

H.

IH.

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§ 4 Der einheitliche Besteuerungszeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 9 A. I. H. III. IV.

Grundsätzliches zum einheitlichen Besteuerungszeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 9 Einführung in die Problematik . .39 Der Begriff des einheitlichen Besteuerungszeitraums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 9 Die Änderung von Steuergesetzen während der Liquidation . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Einwirkungen des einheitlichen Besteuerungszeitraums auf Ermittlungs-, Bemessungs- und Veranlagungszeitraum und Wirtschaftsj ahr 41 1 . Einkünfteermittlungszeitraum und Gewinnermittlungszeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 2. Wirtschaftsj ahr(e) in der Liquidation 42 3 . Der Bemessungszeitraum in der Liquidation 43 a) Problematik . . 43 b) Vertretene Auffassungen und denkbare Lösungsansätze für eine zeitliche Zuordnung 44 c) Eigene Auffassung 45 aa) Wortlaut . 45 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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XIV

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Inhaltsverzeichnis

bb) Telos 46 cc) Systematik 46 ( 1 ) Kalenderj ährliche Bemessungszeiträume . 46 (2) Einheitlicher Bemessungszeitraum .48 (3) Zwischenergebnis . .48 d) Entscheidung 48 4. Veranlagungszeitraum .49 a) Einfiihrung 49 b) Verhältnis von Bemessungs- und Veranlagungszeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 c) Steuerrechtliche Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 d) Mögliches Gegenargument: § I Od EStG 50 e ) Entscheidung 50 1) Verkürzter Veranlagungszeitraum im Jahr der Vollbeendigung? . 51 5 . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1 Steuervorauszahlungen 52 ................................................................................

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V. B. I.

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Der Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 Auswirkungen der einheitlichen Gewinnermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 3 1 . Verlustverrechnungs möglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 3 a) Verlustverrechnung innerhalb des Abwicklungszeitraums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 3 b ) Verlustverrechnung zwischen Abwicklungszeitraum und vorangegangenem Veranlagungszeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 3 aa) Grundlegende Wirkungsweise des § I Od EStG in der Liquidation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 3 bb) Korrektur des § I Od EStG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 5 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 7 2 . Zinsschranke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 7 3 . Änderung von Steuergesetzen 58 4 . Vereinfachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 9 Auswertung der Gesetzgebungsmaterialien 59 1 . KStG 1 920 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 9 2 . Weitere Entwicklung bis zum KStG 1 977 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 0 3 . Fazit 61 Begründungsansätze in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 1 1 . Die Leitentscheidung des Reichsfinanzhofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 2. Einheitliche Ermittlung ; . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 3 . Folge des Handelsbilanzrechts 63 4. Vereinfachung 63 5 . Verlustverrechnung . . . . . . ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ; . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Bewertung der vertretenen Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 .........................................................

II.

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III.

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IV.

xv

Inhaltsverzeichnis

1 . Einheitliche Ermittlung 64 2. Vereinfachung 65 3 . Folge des Handelsbilanzrechts . . 66 4. Verlustverrechnung 66 Eigene Auffassung . . 67 1 . Ausgangspunkt und Präzisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 2 . Besondere Situation: Bevorstehende Vollbeendigung 68 3 . Hohe Vermögensschwankungen gerade während der Liquidation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 a) Vermögensschwankungen während des Liquidationsverfahrens 68 b) Vermögensschwankungen vor dem Ende der Liquidation . . 69 c) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 4 . Leistungsfähigkeitsprinzip, Totalgewinn und Jahresbesteuerung . . 70 a) Leistungsfähigkeitsprinzip 70 aa) Einführung . . . 70 bb) Herleitung und Inhalt des Leistungsfähigkeitsprinzips . . .. . .. . 71 cc) Spannungsverhältnis von Periodizitätsprinzip und Leistungsfähigkeitsgrundsatz 72 dd) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 b) Totalgewinnprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . 74 c) Zwischenergebnis 75 5. Gesetzgebungshistorie 75 6. Mögliches Gegenargument: Mangelnde Zielgenauigkeit der Regelung . 76 7. Mögliche Erweiterung: Zins schranke 77 8 . Fazit 78 ...................................................................

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V.

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c.

I. 11.

111. IV.

XVI

Die Dreij ahresregelung des § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG . 78 Die Problematik im Überblick . 78 § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG: Gesicherte Erkenntnisse . . 78 1 . Drei Zeitj ahre, nicht Wirtschaftsj ahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 2 . Veranlagungsbefugnis nach (frühestens) drei Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 3 . Ermessensentscheidung . . . . . . . . . . . . . , . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 Der Zweck des § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG . . 80 1 . Gesetzgebungsmaterialien und vertretene Auffassungen . . . . . . . . . . . . . . . 80 2. Eigene Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ... . . . 8 1 Bedeutung der Veranlagung gern. § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 1 . Vertretene Auffassungen zur Veranlagung gern. § 1 1 Abs . 1 S . 2 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 .

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Inhaltsverzeichnis

a) Endgültige Veranlagung 83 b) Vorläufige Veranlagung 83 2. Eigene Ansicht 84 a) Wortlaut und einheitliche Gewinnermittlung 84 b) Einfluss der Übergangsregelungen zum HalbeinkÜll fteverfahren 86 c) Periodizitätsprinzip 87 d) Ermessensentscheidung . . 88 89 e) Einfluss der Zweckrichtungen des § 1 1 KStG 3 . Zwischenergebnis 90 Folgefragen . 90 1 . Bezugszeitraum bei mehreren Zwischenveranlagungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 2 . Verfahrensrechtliche Fragen . . . . . 92 a) Aufhebung vorläufiger Zwischenveranlagungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 b) Verfahrensrechtliche Einordnung der Ermessensentscheidung über Zwischenveranlagungen 94 3 . Ermessensausübung und Ermessenserwägungen 95 a) Sollvorschrift 95 b) Ermessenserwägungen 96 4 . Länge der folgenden Besteuerungszeiträume . 97 Zusammenfassung 98 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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V.

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VI.

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§ 5 Gewinnermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 A. I. II.

111.

Handelsrecht. 99 Grundlagen 99 Rumpfgeschäftsj ahr vor Auflösung 1 00 1 . Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 0 1 2. Eigene Auffassung ........................................................................ l 0 1 Liquidations-Schlussbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 03 1. Notwendigkeit der Liquidations-Schlussbilanz 1 03 2 . Aufstellungszeitpunkt der Liquidations-Schlussbilanz 1 04 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B. I. 11. 111. C.

I. 11.

III.

Steuerrecht - Grundlagen und Problemstellungen Überblick und Problemfelder Wirtschaftlicher Überblick Grundsätzliche Anwendbarkeit des Maßgeblichkeitsgrundsatzes

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1 06 1 06 1 07 1 08

Abwicklungs-Anfangsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 09 Überblick und Ermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 09 Rumpfwirtschaftsj ahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 1 Sonderfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 5 1 . § 1 1 Abs. 4 S . 2 KStG: Keine Veranlagung im Zeitraum vor der Auflösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 5 XVII

Inhaltsverzeichnis

2 . § 1 1 Abs. 5 KStG: Fehlendes Betriebsvermögen 1 17 Fehler in der Schlussbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 8 ..........................

IV. D. I. 11. 111. IV. V.

Abwicklungs-Endvermögen . . 1 20 Grundlagen, Lösungsansätze und ihre Konsequenzen . . 1 20 Vertretene Auffassungen . 1 22 Wortlautauslegung . 1 23 Gesetzgebungshistorie . 1 23 Systematische Auslegung . . 1 25 1 . Maßgeblichkeit und mehrj ähriger Gewinnermittlungszeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2 5 2. Das systematische Verhältnis von § 1 1 Abs. 6 KStG und § § 5 ff. EStG . . . . 1 26 3 . Das systematische Verhältnis zwischen § 1 1 und § 1 2 KStG 1 27 4. Vergleich mit der steuerlichen Behandlung von Sachdividenden . 1 28 Teleologie . 1 29 Entscheidung . 13 1 ..............................................

.

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VI. VII. E.

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F. I. 11.

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.....................................................

Offene und verdeckte Liquidationsraten während der Abwicklung . Problem und Lösungsmöglichkeiten. .. Eigene Auffassung .................

I. 11.

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132 1 32 133

Gewinnermittlung bei Zwischenveranlagungen . 1 34 Überblick und Problemfelder . . 1 34 Ermittlung des Abwicklungs-Zwischenvermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 3 5 1 . Auslegungsmöglichkeiten aufgrund von Wortlaut, Historie und Systematik . . . . . 136 2. Behandlung der stillen Reserven 138 Zusammenfassung . . 1 40 . .................................

..............................

..............

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111. G.

I.

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Einzelne Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 40 Aufstellungs- und Bewertungsstichtag; wertaufhellende Umstände 1 40 1 . Aufstellungsstichtag des Abwicklungs-Endvermögens . . . 1 40 2 . Bewertungsstichtag und Wertaufhellungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 43 Gesellschafter- und Sanierungsdarlehen, Rangrücktrittsvereinbarungen . . 1 44 Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Endvermögen ? . . 145 1 . Überblick .. . .. . . 145 2. Zivilrechtliches Schicksal unerfiil lt bleibender Verbindlichkeiten . . . 1 46 3. Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Endvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 47 ..............................................................................................

..

11.

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111.

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XVIII

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Inhaltsverzeichnis

IV v.

Immaterielle Wirtschafts güter Eigene Anteile

H.

Zusammenfassung

................................................................................

§ 6 Besondere Problemlagen A. I.

..............................................................

............................................................... .......................

....................................................................

1 50 1 52 1 53 1 55

III.

Nachtragsliquidation 155 Nachträglich auftauchendes Vermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 5 5 Nichtvermögensrechtlicher Abwicklungsbedarf 1 58 Ergebnis 158

B.

Abgebrochene Liquidation

C. I.

Insolvenz Sachlicher Anwendungsbereich des § 1 1 KStG im Insolvenzverfahren Ende. des einheitlichen Besteuerungszeitraums

H.

............................................................................

..................................

................................................................................................

...................................................................

..... ............. .......................... . .................................................

...............................................................................

H.

D. I.

...................................

1 59 1 62 1 63 1 66

Organschaft 1 67 Auflösung des Organträgers 1 68 1 . Organträger als gewerbliches Unternehmen 1 68 2 . Schicksal des Gewinnabfiihrungsvertrags 1 69 a) Meinungsstand 1 69 b) Eigene Auffassung 1 70 aa) Wirkung der Auflösung 1 70 1 72 bb) Die einzelnen Auflösungsgründe c) Isolierter Gewinnabfiihrungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 75 3 . Zwischenergebnis 1 75 Auflösung der Organgesellschaft 1 75 1 . Abwicklungsgewinn als Gewinn im Sinne des § 29 1 AktG? 1 75 2 . Schicksal des Gewinnabflihrungsvertrags 1 78 Ergebnis 1 79 ..........................................................................................

.................................................................

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H.

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....................................

III.

................................................................................... .............

§ 7 Rechtspolitische Kritik und Reformvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 8 1

III .

Kritik am geltenden Recht Regelungszwecke Grundlegende Kritik an der Ausgestaltung der Norm 1 . Einheitlicher Besteuerungszeitraum und Jahresbesteuerung 2 . Zielgenauigkeit der Regelung 3 . Gewinnermittlung Detailkritik

B.

Reformvorschlag

A. I. H.

........... . ...................................................... .

.................................................................................

.........................

........

.......................................................

............................................................ .............

................................... . .......................................................

...................

181 181 1 83 1 83 1 84 1 85 1 85

, . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 86 XIX

Inhaltsverzeichnis

1.

II. III. IV.

Zielsetzung einer reformierten Liquidationsbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 86 Denkbare Reformansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 87 Vorschlag für einen neuen § 1 1 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 8 8 Folgeänderung des § 1 2 Abs. 3 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 92

§ 8 Zusammenfassung in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 95 Stichwortverzeichnis

xx

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 99

Abkürzungsverzeichnis a.A a.E. Abs. AcP AG AktG allg.M. Anm. AO Art. Aufl.

andere Ansicht am Ende Absatz Archiv fiir die civilistische Praxis Aktiengesellschaft; Die Aktiengesellschaft (Zeit­ schrift) Aktiengesetz allgemeine Meinung Anmerkung Abgabenordnung Artikel Auflage

BMF B StBl. BT-Drs. BVerfG BVerfGE bzw.

Bundesarbeitsgericht Bayerisches Oberstes Landesgericht Entscheidungen des Bayerischen Obersten Lan­ desgerichts in Zivilsachen Betriebsberater (Zeitschrift) Be gründung Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanz­ hofs Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivil­ sachen Gesetz zur Modemisierung des Bilanzrechts (Bi­ lanzrechtsmodemisierungs gesetz) Gesetz zur Durchfiihrung der Vierten, Siebenten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesell­ schaftsrechts (Bilanzrichtliniengesetz) Bundesministerium der Finanzen Bundessteuerblatt Bundestagsdrucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise

DB

Der Betrieb (Zeitschrift)

BAG BayObLG BayObLGZ BB Begr. BFH BFHE BGB BGBl. BGH BGHZ BilMoG BiRiLiG

XXI

Abkürzungsverzeichnis

Diss. d.h. DNotZ Drs. DStJG DStR ebd. EBITDA EFG EGInsOÄndG EStDV EStG EStR EuGH f., ff. FA FamFG FG Fin.Verw. FR FS G. GbR gern. GenG GewStDV GewStG GG GmbH GmbHG

Dissertation das heißt Deutsche Notar-Zeitschrift (Zeitschrift) Drucksache Veröffentlichungen der Deutschen Steuerjuristi­ schen Gesellschaft Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) ebenda Eamings before Interest, Tax, Depreciation and Amortization Entscheidungen der Finanzgerichte (Zeitschrift) Gesetz zur Änderung des Einruhrungsgesetzes zur Insolvenzordnung und anderer Gesetze Einkommensteuer-Durchflihrungsverordnung Einkommensteuergesetz Einkommensteuerrichtlinien Europäischer Gerichtshof folgende Finanzarchiv (Zeitschrift) Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Finanzgericht Finanzverwaltung Finanzrundschau (Zeitschrift) Festschrift

GmbHR GS

Gesetz Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß Genossenschaftsgesetz Gewerbesteuer-Durchfiihrun gsverordnung Gewerbesteuergesetz Grundgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit be­ schränkter Haftung GmbH-Rundschau (Zeitschrift) Gedenkschrift

h.M . HGB

herrschende Meinung Handelsgesetzbuch

XXII

Abkürzungsverzeichnis

Hrsg.

Herausgeber

i.d.F. i.L. i.Ü. i.V.m. IFRS InsO

in der Fassung in Liquidation im Übrigen in Verbindung mit International Financial Reporting Standards Insolvenzordnung

JStG JZ

Jahressteuergesetz JuristenZeitung (Zeitschrift)

KG KGaA KO KStG KStR

Kommanditgesellschaft Kommanditgesellschaft auf Aktien Konkursordnung Körperschaftsteuergesetz Körperschaftsteuerrichtliniens

LG

Landgericht

m.E. m.w.N. m.b.H. MoMiG

meines Erachtens mit weiteren Nachweisen mit beschränkter Haftung Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen

Nr. NZG

Nummer Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (Zeit­ schrift)

OHG OLG

offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht

ProtErklG

Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz

RegBegr. RFH RFHE

Regierungsbegründung Reichsfinanzhof Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Reichsfinanzhofs Reichsgesetzblatt Reichssteuerblatt

RGBl. RStBl.

XXIII

Abkürzungsverzeichnis

RT-Drs.

Reichstagsdrucksache

S. s .a. SE SEStEG

StuW

Satz, Seite siehe auch Societas Europaea, Europäische Aktiengesellschaft Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts erster Instanz Steuerberater-Jahrbuch Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Re­ form der Unternehmensbesteuerung (Steuersen­ kungsgesetz) Steuern und Wirtschaft (Zeitschrift)

u.a. UmwStG

unter anderem; und andere Umwandlungssteuergesetz

v. vGA vgl.

von, vom verdeckte Gewinnausschüttung vergleiche

WM

Wertpapier-Mitteilungen (Zeitschrift) Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift) Weimarer Reichsverfassung

Slg. StbJB StSenkG

Wpg WRV z.B . ZGR ZHR ZIP

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zum Beispiel Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschafts­ recht (Zeitschrift) Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirt­ schaftsrecht (Zeitschrift) Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Zeitschrift)

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XXXIII

§ 1 Einleitung A.

Einführung in die Fragestellung

Die Liquidation ist die letzte Phase im Leben einer Kapitalgesellschaft. Am Ende der Liquidation steht auch das Ende der Kapitalgesellschaft als juristi­ scher Person. Sie geht als Rechtsträger unter, und zwar - anders als beim Tod eines Menschen - ohne einen universellen Rechtsnachfolger. Auch deshalb muss die Gesellschaft einem gesetzlich geregelten Abwicklungsverfahren un­ terzogen werden, da anders kein Ausgleich der verschiedenen Interessen - da­ zu zählen diej enigen der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter, aber auch die der Gesellschaftsgläubiger - erzielt werden kann. Aus Sicht des Steuerrechts ergeben sich zwei Problemkreise, die ihre Ursache darin haben, dass das Ende des Rechtsträgers und damit des Steuersubj ekts ab­ sehbar ist. Erstens stellt sich die Frage, wie sichergestellt werden kann, dass Härten der Jahresbesteuerung, die deshalb vor dem Hintergrund des Leistungs­ fähigkeitsprinzips gerechtfertigt werden können, weil sie sich über die Jahre ausgleichen sollen, auch tatsächlich vor dem Ende des Steuersubj ekts ausge­ glichen werden. Hier ist vor allem an den Verlustabzug gern. § I Od EStG zu denken, dessen Restriktionen mit dem Argument fUr möglich gehalten werden, dass sie nur eine Streckung der Verlustnutzung bewirken sollen, nicht aber de­ ren Ausschluss . Das zweite Kernproblem betrifft die Gewinnermittlung, ge­ nauer: die Realisierung der stillen Reserven. Werden sie nämlich bis zum Ende des Steuersubj ekts nicht gehoben, gehen sie mit ihm unter und sind damit der Besteuerung endgültig entzogen. Da die Bildung stiller Reserven aber auch deshalb zulässig ist, weil ihre spätere Besteuerung sichergestellt ist, müssen sie vor dem Erlöschen der Kapitalgesellschaft steuerwirksam aufgelöst wer­ den. Auf diese Weise wird dem Prinzip der gleichmäßigen Besteuerung ge­ nügt. Das geltende Recht nimmt sich der Liquidationsbesteuerung in § 1 1 KStG an, der seit 1 934 inhaltlich nicht verändert wurde. Zur Veranschaulichung dieser Vorschrift sei zunächst folgender - fiktiver - Fall geschildert: Die Bonae Artes GmbH, ein Unternehmen, das Auftragsforschung betreibt, wird im August 2 003 durch Gesellschafterbeschluss aufgelöst, anschließend abgewickelt und schließlich, nachdem das verbleibende Vermögen an die Gesellschafter verteilt worden ist, im September 2006 aus dem Handelsregister gelöscht. Bereits En­ de 2003 wurde das Firmengebäude an den Mehrheitsgesellschafter verkauft, und zwar unter seinem Marktwert, aber über seinem Buchwert. Da die B onae Artes GmbH außer dem Gebäude über keine nennenswerten stillen Reserven verfUgte und auch operativ keine Gewinne mehr erzielen konnte, erlitt sie 2004 und 2005 Verluste. Nach dem Ende der Abwicklung wurde 2006 eine letzte Steuerveranlagung vorgenommen, wobei die Gesellschaft insgesamt ei1

Einleitung

nen Verlust erzielte. - Mitte 2009 stellt die OAW AG (Osnabrücker Automo­ bilwerk AG) fest, dass ein Patent, das sie nutzen möchte, auf die Bonae Artes GmbH eingetragen ist. Weitere Nachforschungen ergeben, dass das Patent, das von der Bonae Artes GmbH selbst entwickelt wurde, von den Liquidatoren übersehen wurde und weder veräußert noch an einen Gesellschafter übertragen wurde. Die OAW AG, die bereit ist, für die Nutzung des Patents einen erhebli­ chen Betrag zu zahlen, fragt sich, mit wem sie in Verhandlungen treten soll. Vor allem aber überlegt das zuständige Finanzamt, das durch verschiedene Zu­ fälle von dem Vorgang erfahren hat, wie es - im wahrsten Sinne des Wortes Kapital aus der Sache schlagen kann. § 1 1 KStG trifft für die Liquidationsbesteuerung eine im Steuerrecht einzigar­ tige Regelung: Er normiert einen einheitlichen Besteuerungszeitraum für · die gesamte Phase der Liquidation, die aus gesellschaftsrechtlichen Gründen im­ mer länger als ein Jahr dauert. Damit gilt während der Abwicklung nicht mehr das · Prinzip der Jahresbesteuerung. Das hat für den geschilderten Fall zunächst die Konsequenz, dass die Veranlagung, die zum Abschluss der Abwicklung durchgeführt wurde, den Zeitraum von der Auflösung im August 2003 bis zum Ende der Liquidation im September 2005 umfasst. Weiter führt dies dazu, dass innerhalb des Abwicklungszeitraums eine unlimitierte Verlustverrechnung möglich ist, weil der Gewinn einheitlich ermittelt wird. Das hat im geschilder­ ten Fall die Folge, dass die Verluste aus den Jahren 2004 und 2005 unbegrenzt mit dem Gewinn verrechnet werden können, der durch die Veräußerung der Firmenimmobilie zu Beginn der Abwicklung entstanden ist. Ohne die Rege­ lung des § 1 1 KStG wäre dies nur im Rahmen des Verlustrücktrags gern. § I Od EStG möglich und damit auf 5 1 1 .000 Euro begrenzt gewesen, sodass die Ge­ sellschaft vom einheitlichen Besteuerungszeitraum profitierte. Damit trägt § 1 1 KStG dem oben aufgeworfenen grundsätzlichen Umstand Rechnung, dass Verluste mit dem Ende des Steuersubj ekts untergehen und schafft so eine Ab­ milderung dieser Folge, die durch das Leistungsfähigkeitsprinzip geboten ist. Allerdings zeigt der Fall auch, dass es sich nur um eine Abmilderung und kei­ nen vollständigen Ausgleich handelt: Es bleiben Verluste, die G edenfalls zu­ nächst) ungenutzt untergehen. Die zweite Grundfrage der Liquidationsbesteuerung, nämlich die Besteuerung der stillen Reserven, bewältigt § 1 1 KStG durch einen speziellen Vermögens­ vergleich, in dessen Rahmen das sog. Abwicklungs-Endvermögen mit dem gemeinen Wert angesetzt wird, sodass die Besteuerung aller stillen Reserven sichergestellt ist. Im geschilderten Fall spielen stille Reserven an zwei Stellen eine Rolle, nämlich einmal bei der Betriebsimmobilie und zweitens beim über­ sehenen Patent. Die mit dem Firmengebäude verbundenen stillen Reserven lassen sich realisieren, indem man entweder das Firmengebäude mit dem ge­ meinen Wert in das Abwicklungs-Endvermögen einstellt oder indem man § 8 Abs. 3 KStG anwendet, also durch eine Behandlung entsprechend der ver-

2

Einführung in die Fragestellung

deckten Gewinnausschüttung. Beim Patent liegen die Dinge etwas schwieri­ ger. Zunächst stellt sich die zivilrechtliche Frage, wer denn überhaupt Inhaber des Patents ist - die Bonae Artes GmbH ist immerhin aus dem Handelsregister gelöscht worden. Wie die Arbeit zeigen wird, ist sie allerdings wegen des noch bestehenden Patents nie erloschen, sondern hat in Wirklichkeit fortexistiert. Das Patent müsste also entweder veräußert oder auf einen Gesellschafter über­ tragen werden, der es dann nutzen könnte. Beide Möglichkeiten führen zu ei­ ner Realisierung der stillen Reserven, die wegen des sonst geltenden Aktivie­ rungsverbots für selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlage­ vermögens gern. § 5 Abs . 2 EStG dem Marktwert des Patents entsprechen werden. Denn § 1 1 KStG ist weiterhin anwendbar und erzwingt die Aufde­ ckung der stillen Reserven. Die Untersuchung wird zeigen, dass für den ge­ samten Zeitraum, also von August 2003 bis zur noch zu erfolgenden Veräuße­ rung bzw. Übertragung des Patents im Jahr 2009 ein einheitlicher Besteue­ rungszeitraum zu bilden ist. Soweit der Verlust, der beim vermeintlichen Ende der Liquidation noch ungenutzt verblieben war, den Wert des Patents abdeckt, entsteht aus der Realisierung des Patents kein steuerpflichtiger Gewinn, mithin geht der Fiskus insoweit leer aus. Übrigens hätte der einheitliche Besteue­ rungszeitraum bei einer anderen Fallkonstellation sogar dazu führen können, dass der Steuerpflichtige eine Steuererstattung erhält: Nämlich dann, wenn schon ohne das Patent ein Gewinn entstanden und das Patent diesen nur unwe­ sentlich erhöht hätte. Denn dann wäre der gesamte Abwicklungsgewinn mit dem 2009 geltenden Körperschaftsteuersatz von 1 5% zu versteuern gewesen, was hinsichtlich des 2006 schon besteuerten Gewinns dazu geführt hätte, dass insoweit die Besteuerung von 25% auf 1 5% zu reduzieren gewesen wäre. Denn für die Besteuerung sind immer die Steuergesetze maßgeblich, die am Ende der Abwicklung in Kraft sind, sodass der Steuerpflichtige durch das übersehene Patent gewissermaßen seine Gewinne in einen Zeitraum transpor­ tiert hätte, in dem nur noch 1 5% Körperschaftsteuer gelten. Übrigens lässt sich an dem fiktiven Fall ein weiteres Problem des § 1 1 KStG veranschaulichen: Gern. § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG "soll" die Abwicklung nämlich nicht länger als drei Jahre dauern. Daraus ergibt sich nach Ablauf dieser drei Jahre eine Veranlagungsbefugnis der Finanzverwaltung. Umstritten ist dabei, ob diese Veranlagung später wieder aufzuheben ist, um für den gesamten Ab­ wicklungszeitraum eine einheitliche Besteuerung durchzuführen, oder ob es bei besonders langer Liquidation bei mehreren Besteuerungszeiträumen bleibt. Die Entscheidung der Frage kann erhebliche Bedeutung haben, insbesondere bei Änderungen des Steuersatzes. Der geschilderte Fall enthält dieses Problem an versteckter Stelle: Würde man nämlich Zwischenveranlagungen nach drei Jahren für endgültig halten, könnte man zu dem Schluss kommen, dass es sich bei der Veranlagung im Jahr 2006, also zum vermeintlichen Ende der Abwick­ lung, um eine solche endgültige Zwischenveranlagung handelt, mithin also für die Übertragung des Patents ein eigener Besteuerungszeitraum zu bilden wäre. 3

Einleitung

Die Untersuchung wird allerdings zeigen, dass Veranlagungen aufgrund der Dreij ahresregel des § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG nur vorläufigen Charakter haben; danach spielt die Vorschrift in dem geschilderten Fall letztlich keine Rolle.

B.

Bestimmung des Untersuchungsgegenstands

Die einführende Darstellung hat den Untersuchungsgegenstand bereits im We­ sentlichen umrissen: Es sollen die aufgeworfenen grundlegenden Fragen zur Liquidationsbesteuerung gern. § 1 1 KStG untersucht werden, wobei sich die Arbeit auf Kapitalgesellschaften 1 als bei weitem wichtigste Rechtsformen, die von § 1 1 KStG erfasst werden, konzentriert. Daneben sollen aber auch die ein­ zelnen Probleme, die § 1 1 KStG in der Rechtsanwendung aufwirft, einer Lö­ sung zugeführt werden. Eingegrenzt wird die Untersuchung dadurch, dass nur solche Fragen erörtert werden, die sich speziell im Rahmen der Liquidations­ besteuerung stellen. Nicht Gegenstand der Arbeit wird die Lösung von Schwierigkeiten sein, die sich in gleicher Weise auch außerhalb der Abwick­ lung stellen. Für eine fundierte Bearbeitung wird es teils auch notwendig wer­ den, einzelne gesellschaftsrechtliche Fragen zur Liquidation zu erörtern, näm­ lich soweit das Steuerrecht an das Gesellschaftsrecht anknüpft. Nach Ab­ schluss der Untersuchung zum geltenden Recht soll ein rechtspolitischer Teil folgen. Dort soll in einem ersten Schritt festgestellt werden, inwieweit der gel­ tende § 1 1 KStG reformbedürftig ist; der zweite Schritt besteht dann darin, ei­ nen Vorschlag für eine Neuregelung der Liquidationsbesteuerung zu entwi­ ckeln.

1

Dabei werden j eweils die Normen des Aktiengesetzes und des GmbH-Gesetzes angege­ ben. Im Text wird aber grundsätzlich nicht zwischen beiden Gesellschaftsformen unter­ schieden. Deshalb werden etwa die Begriffe "Gesellschafter" und "Aktionär" synonym und nicht rechtsformspezifisch verwendet, soweit sich aus dem Kontext nichts Gegentei­ liges ergibt.

§ 2 Gesellschaftsrechtliche Grundlagen A.

Ü berblick und gesetzliche Grundlagen

Bevor die Liquidationsbesteuerung gern. § 1 1 KStG untersucht werden kann, sind einige gesellschaftsrechtliche Grundlagen zu klären, da das Steuerrecht insoweit teilweise an gesellschaftsrechtliche Wertungen und Tatbestände an­ knüpft, wie z.B . an das Vorliegen von Auflösung und Abwicklung. Die hierfür maßgeblichen gesellschaftsrechtlichen Vorschriften finden sich fiir die Aktien­ gesellschaft in den § § 262 ff. AktG und fiir die Gesellschaft m.b.H. in den § § 60 ff. GmbHG. Das Aktiengesetz spricht von Abwicklung, im Recht der Gesellschaft m.b.H. wird der Begriff der Liquidation verwendet. ! Die in bei­ den Gesetzen sehr ähnliche Regelung zeigt, dass Abwicklung und Liquidation Synonyme sind. Der Ausgangspunkt ist die Auflösung der Gesellschaft; die verschiedenen Auflösungsgründe - insbesondere der Auflösungsbeschluss sind in § 260 AktG bzw. § § 60-62 GmbHG geregelt. Mit der Auflösung be­ ginnt die Phase der Liquidation, sie endet mit der Beendigung der Gesell­ schaft. Zwischen Auflösung und Beendigung steht das in den § 268 AktG2 bzw. § 70 GmbHG umrissene Verfahren: Die laufenden Geschäfte sind zu be­ enden, Verbindlichkeiten zu berichtigen, Forderungen einzuziehen und das Vermögen der Gesellschaft in Geld umzuwandeln. Nachdem das Gesell­ schaftsvermögen in Geld umgesetzt ist, wird es - nach Ablauf des gläubiger­ schützenden Sperrj ahres (§ 272 AktG bzw. § 73 GmbHG) - an die Anteilseig­ ner ausgekehrt. Schließlich wird die Gesellschaft aus dem Handelsregister ge­ löscht. Damit tritt grundsätzlich ihre Beendigung3 ein, die Gesellschaft ist dann nicht mehr existent. 4

B.

Die Auflösungstatbestände im Einzelnen

Die Auflösungstatbestände der Kapitalgesellschaften finden sich in § 262 AktG bzw. in § 60 GmbHG. Beide Regelungen sind weitgehend kongruent, Unterschiede bestehen nur im Detail. Eine Auflösung hat zwar nicht zwin1

2 3

4

Im Schrifttum liest man statt Liquidation auch Liquidationsverfahren. Da nicht ersicht­ lich ist, dass beide Begriffe unterschiedliche Bedeutungen haben, werden sie hier syn­ onym verwendet. Entsprechendes gilt für die Termini Abwicklung und Abwicklungsver­ fahren. Im Aktiengesetz heißen die Liquidatoren entsprechend der dort verwendeten Terminolo­ gie Abwickler. Beide Begriffe werden in dieser Arbeit synonym verwendet. Die Begriffe Beendigung und Vollbeendigung werden synonym verwendet, weil sie den­ selben Sachverhalt bezeichnen, nämlich den Untergang der Kapitalgesellschaft als j uris­ tischer Person. Die Voraussetzungen für das Erlöschen von Kapitalgesellschaften sind umstritten, dazu im Einzelnen unten S . 1 2 ff.

5

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen

gend, aber doch grundsätzlich eine Liquidation zur Folge, § 264 Abs. 1 AktG bzw. § 66 Abs. 1 GmbHG. Nachfolgend werden die verschiedenen Auflö� sungsgründe kategorisiert und in den wesentlichen Details dargestellt:

I.

Auflösung aufgrund Gesellschafterwillens

Hierzu zählt zunächst die Auflösung durch Gesellschafter- bzw. Hauptver­ s ammlungsbeschluss, § 262 Abs . 1 Nr. 2 AktG bzw. § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG. Auch die Auflösung durch Ablauf der in der Satzung bestimmten Zeit (§ 262 Abs. 1 Nr. 1 AktG; § 60 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG) beruht auf dem (antizipierten) Willen der Gesellschafter bzw. Aktionäre. Schließlich kann der Gesellschafts­ vertrag einer Gesellschaft m.b.H. weitere Auflösungsgründe vorsehen, § 60 Abs. 2 GmbHG. Dass dies für die Aktiengesellschaft aufgrund der Satzungs­ strenge gern. § 23 Abs. 5 AktG zu verneinen ist, wird inzwischen wohl nicht mehr bestritten. 5 In allen genannten Fällen schließt sich der Auflösung die Li­ quidation an. 11.

Auflösung ohne Willensbildung durch Gesellschafter

In diese Kategorie gehört die Auflösung durch gerichtliches Urteil (§ 6 1 GmbHG) bzw. Verwaltungsentscheidung ( § 62 GmbHG) gern. § 60 Abs . 1 Nr. 3 GmbHG. Ebenso ohne (bzw. gegen) den Willen der Anteilseigner erfolgt die Auflösung, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird, § 262 Abs. 1 Nr. 4 AktG bzw. § 60 Abs . 1 Nr. 5 GmbHG. Schließlich ist eine Auflösung auch durch Beschluss des Registergerichts auf­ grund eines Satzungsmangels möglich, § 262 Abs . 1 Nr. 5 AktG bzw. § 60 Abs . 1 Nr. 6 GmbHG, j eweils LV.m. § 3 99 FamFG. In allen diesen Fällen schließt sich der Auflösung das gesellschaftsrechtliche Liquidationsverfahren an. Die Folge einer Auflösung durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 262 Abs . 1 Nr. 3 AktG; § 60 Abs . 1 Nr. 4 GmbHG) ist zwar nicht das gesell­ schaftsrechtliche Liquidationsverfahren, aber immerhin ist das Insolvenzver­ fahren überhaupt ein Verfahren nach der Auflösung, sodass auch dieser Auflö­ sungstatbestand hier eingeordnet werden kann. Schließlich ist eine Auflösung auch ohne Liquidation möglich, nämlich dann, wenn kein Vermögen vorhan­ den ist. Dies ist grundsätzlich dann der Fall, wenn die Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit gern. § 3 94 FamFG gelöscht wird, § 262 Abs. 1 Nr. 6 LV.m § 264 Abs. 2 AktG bzw. § 60 Abs. 1 Nr. 7 LV.m. § 66 Abs . 5 GmbHG.

5

6

Hüf!er, AktG I O , § 262 Rn. 7, 24; Riesenhuber in K. SchmidtiLutter, AktG2 , § 262 Rn. 1 2 ; a.M. Wiedemann i n GroßKomm, AktG3 , § 262 Rn. 3 9 .

Liquidationszweck und Gesellschaftszweck

c.

Liquidationszweck und Gesellschaftszweck

In der Literatur findet sich häufig der Hinweis, dass sich mit dem Eintritt in die Liquidation der Gesellschaftszweck ändere und nunmehr auf die Abwick­ lung gerichtet sei.6 Bisweilen wird aus dieser Feststellung ein Argument gebil­ det. 7 Indes ist, wie im Folgenden darzulegen ist, der Ausgangspunkt dieses Ar­ guments, der in der Änderung des Gesellschaftszwecks liegt, abzulehnen.

I.

Inhalt des Liquidationszwecks

In einem ersten Schritt ist herauszuarbeiten, was der Zweck der Liquidation ist. Dabei muss man sich zunächst darüber klar werden, was liquidiert wird 8 das Unternehmen (also das wirtschaftliche Gebilde, das den Gewinn produ­ ziert) oder der Unternehmensträger (die Gesellschaft im rechtlichen Sinne). Wenn man berücksichtigt, dass am Ende der Liquidation der Untergang der Gesellschaft steht, liegt ein Teil der Antwort auf der Hand: Der Unternehmens­ träger wird liquidiert. 9 Damit steht fest, dass die Beendigung der Gesellschaft j edenfalls vom Liquidationszweck umfasst ist. Die Liquidation des Unterneh­ mens selbst ist hingegen nicht im Liquidationszweck enthalten. Der Grund da­ für ist, dass eine Liquidation des Unternehmens von der Liquidation im Sinne des Kapitalgesellschaftsrechts nicht vorausgesetzt wird - die Umwandlung in Geldvermögen kann z.B . auch dadurch erfolgen, dass das Unternehmen als Ganzes verkauft wird. Zwingend ist rur die bezweckte Beendigung des Rechtsträgers nur, dass ihm sämtliches Vermögen entzogen wird, weil die Lö­ schung der Gesellschaft aus dem Handelsregister die Vermögenslosigkeit vor­ aus setzt1 0 Denkbar ist es, auch die Vermögensverteilung in den Liquidations­ zweck einzubeziehen. 1 1 Allerdings ist die Auskehrung der Liquidationsraten ebenso wie die Umwandlung des Sachvermögens in Geldvermögen nur ein notwendiges Zwischenziel auf dem Weg zur Vollbeendigung der Gesellschaft. Deshalb liegt es näher, die Vermögensverteilung nicht in den Gesellschafts­ zweck einzubeziehen. Anders ausgedrückt: Dass die Gesellschafter das Ver­ mögen erhalten, mag sie zwar (möglicherweise) zum Auflösungsbeschluss •

6 Nachweise unten Fußnote 23 . 7 Z.B. im Zusammenhang mit Beherrschungs- und Gewinnabruhrungsverträgen, dort sol­ len sich der werbende Zweck der Untergesellschaft und der auf die Abwicklung gerichte­ te Gesellschaftszweck der Obergesellschaft i.L. widersprechen, vgl. im Einzelnen unten S. 1 72 ff. 8 K. Schmidt, ZHR 1 53 ( 1 989), S . 270 ff. (S. 275 f.). 9 K. Schmidt, ZHR 1 53 ( 1 989), S . 270 ff. ( S . 275 f.). 10 Und zwar unabhängig davon, ob man die Löschung rur die Beendigung der Gesellschaft für ausreichend hält, vgl. etwa § 74 Abs. 1 GmbRG, wonach die Löschung das Ende der Liquidation, mithin die Vermögenslosigkeit voraussetzt; zur davon zu unterscheidenden Frage, wann die Gesellschaft beendet ist, unten S. 1 2 ff. 1 1 So wohl K. Schmidt, Gesellschaftsrecht\ S . 1 202 .

7

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen

motiviert haben, der Zweck der Liquidation ist es aber nicht. Diese Sicht lässt sich auch dadurch stützen, dass nach der Abwicklung häufig gar kein Vermö­ gen mehr vorhanden sein wird, die Vermögensverteilung im Gegensatz zur Beendigung also nicht zwingend stattfindet. Insbesondere in den zahlreichen Fällen der Ablehnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse kommt es zu keiner Verteilung. Danach lässt sich sagen: Zweck der Liquidation ist die Beendigung des Unter­ nehmensträgers (also der Gesellschaft). Hierzu ist erforderlich, die Vermö­ genslosigkeit der Gesellschaft herbeizuführen. Auf welchem Wege dies er­ folgt, ist vom Gesetz nicht vorgegeben. 11.

Der Gesellschaftszweck

Zweitens muss man sich über den Gesellschaftszweck klar werden. Zu dessen Natur gibt es verschiedene Auffassungen. 12 Die Problematik, die ihre Ursache im wenig aussagekräftigen Gesetz hat, 1 3 liegt vor allem im Verhältnis des Ge­ sellschaftszwecks zum Unternehmensgegenstand. Fast einhellige Auffassung ist nur, dass beide Begriffe keine Synonyme sind. 14 Für diese Untersuchung mag Folgendes genügen: Der Unternehmensgegen­ stand ist eine verhältnismäßig konkrete Umschreibung der Tätigkeit der GmbH, während der Gesellschaftszweck allgemeiner ist1 5 • 1 6 Der Gesell­ schaftszweck ist konstitutiv für die Errichtung der Gesellschaft. 17 Er kann etwa beinhalten, dass die Gesellschaft eine Erwerbsgesellschaft18 ist oder eine ge­ meinnützige Gesellschaft19• Daraus ergeben sich die verschiedenen Richtun­ gen, in die eine Deutung des Verhältnisses zwischen Unternehmens gegenstand und Gesellschaftszweck gehen kann: Teilweise wird der Unternehmensgegens­ tand als Mittel zur Verwirklichung des Gesellschaftszwecks gesehen2o, manche begreifen ihn ergänzend als Konkretisierung des Gesellschaftszwecks21 • Nach einer neueren Ansicht unterscheiden sich beide Begriffe in funktioneller Hin12 13 14 15

16 17 18 19 20 21

8

Vgl. zum Meinungsstand Ulmer in UlmerlHabersacklWinter, GmbHG, § 1 Rn. 5 ff. Instruktiv Fleischer in MünchKomm, GmbHG, § 1 Rn. 9. Ulmer i n Ulmer/HabersacklWinter, GmbHG, § 1 Rn. 5. Letzteres ist nicht völlig unbestritten, a.A. z . B . Pentz i n MünchKomm, AktG3 , § 2 3 Rn. 76, der Gesellschaftsziel, Untemehmensgegenstand und Gesellschaftszweck unterscheidet. Z.B. Lutter in K. SchmidtILutter, AktG2 , § 3 Rn. 3 . Ulmer in UlmerlHabersacklWinter, GmbHG, § 1 Rn. 8 ; K Schmidt, Gesellschaftsrecht4 , S . 6 1 ff. Ulmer in UlmerlHabersacklWinter, GmbHG, § 1 Rn. 1 2 . Ulmer i n UlmerlHabersacklWinter, GmbHG, § 1 Rn . 3 3 . OLG Hamburg v. 1 8 .09 . 1 967, 2 W 1 25/67, B B 1 968, S . 267; Roth i n Roth/Altmeppen, GmbHG7 , § 1 Rn. 4; Lutter in K. SchmidtILutter, AktG2 , § 3 Rn. 3 . Bayer in LutterlHommelhoff, GmbHG 17 , § 1 Rn . 3 ; K Schmidt, Gesellschaftsrecht\ S . 65 f.

Liquidationszweck und Gesellschaftszweck

sicht, der Unternehmensgegenstand betrifft danach vorrangig das Außenver­ hältnis, der Gesellschaftszweck in erster Linie das Innenverhältnis.22 Wie man den Gesellschaftszweck im Detail versteht, ist für die hier zu beurteilende Fra­ ge letztlich nicht entscheidend. Wichtig ist nur, dass sein Inhalt, wie bereits gesagt wurde, recht allgemein gefasst ist. 111.

Das Verhältnis von Gesellschafts- und Liquidationszweck

Nach herkömmlicher Ansicht wird durch die Liquidation der Gesellschafts­ zweck verändert, er ist nicht mehr auf Gewinnerzielung, sondern auf Abwick­ lung und Beendigung gerichtet.23 Nach einer von Karsten Schmidt begründe­ ten neueren Auffassung ändert die Liquidation hingegen nichts am Gesell­ schaftszweck, sondern tritt neben ihn. Der Zweck der Liquidation überlagert danach den Gesellschaftszweck (und den Unternehmensgegenstand) nur da­ durch, dass er die Rechte und Pflichten der Mitglieder und Organe ändert.24 Daraus ergibt sich die Vorstellung, dass die Gesellschaft Gegenstand der Li­ quidation ist, nicht aber mit ihr gleichgesetzt werden darf.25 Der Gesellschafts­ zweck ändert sich mithin nach dieser Auffassung grundsätzlich nicht, es be­ steht vollständige Kontinuität vom Gründungsstadium bis zur Vollbeendigung der Gesellschaft. Zustimmung verdient grundsätzlich die Auffassung von Karsten Schmidt, wo­ nach der Liquidationszweck neben den Gesellschaftszweck tritt und ihn nicht ersetzt. Der Grundgedanke der Kontinuität des Gesellschaftszwecks vom Gründungsstadium bis zur Vollbeendigung der Gesellschaft überzeugt - in tat­ sächlicher Hinsicht vor allem deshalb, weil nicht ersichtlich ist, warum mit der Auflösung das regelmäßig den Gesellschaftszweck ausmachende Merkmal der Gewinnerzielung wegfallen soll, denn auch die Abwicklung wird nach Mög­ lichkeit gewinnbringend gestaltet werden.26 Hieran sieht man, dass Gewinner­ zielung und Liquidation gerade keine Gegensätze bilden, sondern miteinander vereinbar sind.27 Daran vermag auch das mit dem Eintritt in die Liquidation absehbare Ende der Gewinnerzielung nichts ändern. Man muss sich nur vor 22 Ulmer in Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG, § 1 Rn. 8; HueckiFastrich in Baum­ bachlHueck, GmbHG 19 , § 1 Rn. 5 ; Lutter in K. SchrnidtlLutter, AktG2 , § 3 Rn. 3 . 23 Casper in UlmerlHabersack/Winter, GmbHG, § 60 Rn . 1 2 1 ; Hüffer in MünchKomm, AktG3 , § 262 Rn. 1 2; Hüffer in GS Schultz, S. 99 ff. (S. 99, Fußnote 3 ); Grunewald, Ge­ sellschaftsrecht8 , S. 4 1 7; Riesenhuber in K. SchmidtlLutter, AktG2 , § 262 Rn. 1 ; ebenso auch die steuerrechtliche Literatur, vgl. nur Lenz in Erle/Sauter3 , KStG, § 1 1 Rn. 1 0; Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 26. 24 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht4 , S . 313 ; K. Schmidt, Liquidationsbilanzen und Konkurs­ bilanzen, S. 20 ff. (S. 28 f.); Paura, Liquidation und Liquidationspflichten, S. 2 3 f.; Ber­ ner in MünchKornrn, GmbHG, § 60 Rn. 1 7. 25 K. Schmidt, Liquidationsbilanzen und Konkursbilanzen, S . 29. 26 Ebenso Paura, Liquidation und Liquidationspflichten, S . 23 f. 27 Ebenso ausdrücklich Paura, Liquidation und Liquidationspflichten, S . 23 f.

9

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen

Augen führen, dass die begrenzte Dauer der Gewinnerzielung am Gesell­ schaftszweck nichts ändert, wie insbesondere die Möglichkeit deutlich macht, eine Gesellschaft nur für eine bestimmte Zeit zu gründen. Nach Auffassung von Karsten Schmidf8 "überlagert" der Liquidationszweck den Gesellschaftszweck, indem er die Rechte und Pflichten der Organe29 ver­ ändert. Es bleibt allerdings offen, was genau unter dieser "Überlagerung" zu verstehen ist. Zwar werden durch den Eintritt in die Liquidation und damit aufgrund des zu erreichenden Liquidationszwecks Rechte und Pflichten der Organe modifiziert. Allerdings wird durch den veränderten Tätigkeitskreis der Organe der Gesellschaftszweck nicht berührt, denn der Gesellschaftszweck ei­ nerseits und die Organisationsverfassung andererseits sind grundsätzlich von­ einander unabhängig. Zwar ist · zuzugeben, dass die Art und Weise der Verwirklichung des Gesellschaftszwecks auch durch die Tätigkeit der Organe beeinflusst wird und insofern durch die Liquidation Änderungen eintreten können. Damit ist j edoch nichts anderes beschrieben als das Phänomen, dass die Tätigkeit einer Gesellschaft und damit auch, wie sie ihren Gesellschafts­ zweck erfüllt, auch davon abhängig ist, wie sie organisatorisch verfasst ist. Dies ist aber kein Spezifikum der Liquidation, sondern gilt immer. Das zeigt, dass eine "Überlagerung" des Gesellschaftszwecks speziell durch die Liquida­ tion nich� erfolgt. Danach lässt sich Folgendes festhalten: Der Gesellschaftszweck bleibt durch den Eintritt in die Liquidation unverändert und besteht weiterhin z.B . darin, erwerbswirtschaftlich tätig zu sein. Daneben tritt der Liquidationszweck, der auf die Vollbeendigung des Rechtsträgers - der Gesellschaft - gerichtet ist.

D.

Rechtliche Wirkungen der Liquidation im Außen- und Innenverhältnis

I.

Innenverhältnis

Klar ist, dass die Liquidation im Innenverhältnis der Gesellschaft erhebliche Wirkungen zeitigt: Der Vorstand30 bzw. die Geschäftsführer werden durch die Liquidatoren ersetzt, wobei grundsätzlich die bisherigen Geschäftsführer bzw. Vorstände diese Aufgabe übernehmen, § 265 Abs. 1 , 2 AktG, § 66 Abs. 1 GmbHG. Ihre Aufgaben bestimmen sich nunmehr vorrangig nach den Sonder­ vorschriften des § 268 AktG bzw. des § 69 GmbHG. Dort ist ihnen insbeson­ dere die Abwicklung der Gesellschaft durch Verwertung des Vermögens über-

28 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht4 , S . 3 1 3 ; ders. in Scholz, GmbHG l O , § 69 Rn. 3 . 2 9 Dazu sogleich im folgenden Abschnitt. 3 0 Wobei der Vorstand der AG (anders als bei der GmbH) regelmäßig das Amt des Abwick­ lers übernimmt, § 265 Abs. 1 AktG.

10

Rechtliche Wirkungen der Liquidation im Außen- und Innenverhältnis

tragen3 l . Die durch das Gesetz den Liquidatoren übertragene Aufgabe be­ schränkt ihr rechtliches Dürfen; sie sind im Innenverhältnis daran gebunden, die Abwicklung zu betreiben.32 11.

Außenverhältnis

Fraglich ist aber, ob sich im Außenverhältnis der Gesellschaft durch die Liqui­ dation etwas ändert. Damit ist vor allem die Frage nach Existenz und Rechts­ fähigkeit der Gesellschaft in Liquidation sowie diej enige nach der Vertre­ tungsmacht der Liquidatoren aufgeworfen. Nach heute gesicherter Erkenntnis werden weder die Existenz33 noch die Rechtsfähigkeit34 der Gesellschaft durch die Auflösung beeinträchtigt. Zwar wird von einigen älteren Autoren vertreten, die Rechtsfähigkeit der Liquidationsgesellschaft sei nur eine relative, also durch den Liquidationszweck begrenzt.35 Allerdings ist eine solche Beschrän­ kung der Rechtsfähigkeit weder durch den Gesetzeswortlaut veranlasst noch entspricht sie den Erfordernissen der Rechtspraxis : Woher soll ein Dritter wis­ sen, ob ein bestimmtes Geschäft noch vom Liquidationszweck gedeckt ist? Man sieht, dass bereits aus Gründen des Verkehrsschutzes die Liquidationsge­ sellschaft unbeschränkt rechtsfähig sein muss . Hierfiir spricht im Übrigen auch der gesetzliche Befund, z.B . § 69 Abs. 1 GmbHG. Die Vertretungsmacht der Abwickler einer Aktiengesellschaft ist gern. § 269 Abs. 5 AktG nicht beschränkbar. Nicht so eindeutig stellt sich die Lage bei der Gesellschaft m.b.H. dar. Denn der Gesetzeswortlaut deutet bisweilen eine durch den Liquidationszweck begrenzte Vertretungsmacht an, etwa in § 70 S . 2 GmbHG, der davon spricht, dass die Liquidatoren zur Beendigung auch neue Geschäfte eingehen können. Und in der Tat wurde früher vertreten, dass die Vertretungsmacht der Abwickler durch den Liquidationszweck begrenzt sei.36 Allerdings liegt auch hier auf der Hand, dass dies fiir den Rechtsverkehr kaum tragbar ist: Wie soll sich ein Dritter sicher sein, dass das abgeschlossene Geschäft vom Liquidationszweck gedeckt ist? Deshalb sind die einschränken­ den Normen richtigerweise (nur) als Befugnisse im Innenverhältnis zu verste­ hen, sie betreffen also allein das rechtliche Dürfen, aber nicht das Können.37 Die Liquidatoren mögen im Innenverhältnis eine Pflichtverletzung begehen, 3 1 Hüffer in MünchKomm, AktG3 , § 268 Rn. 4; K Schmidt in Scholz, GmbHG IO , § 70 Rn. 7, 1 3 ; Haas in BaumbachlHueck, GmbHG 19 , § 70 Rn. 3, 8 . 32 Kleindiek i n LutterlHommelhoff, GmbHG 17 , § 70 Rn. 3 . 3 3 K Schmidt, Gesellschaftsrecht4 , S . 3 1 2 f. 34 K Schmidt, Gesellschaftsrecht4 , S . 3 1 2 f. 3 5 Z.B. Fabricius, Relativität der Rechtsfahigkeit, S . 1 04 f. 3 6 Vgl. die Nachweise bei K Schmidt, AcP 1 74 ( 1 974), S . 5 5 ff. ( S . 68 f.). 3 7 So auch die heute nicht mehr bestrittene h.M. : OLG Stuttgart v. 2 8 .02 . 1 986, 2 U 1 48/85 , ZIP 1 986, S . 647 ff. (S. 648); K Schmidt, Gesellschaftsrecht4 , S . 3 1 3 f. ; Kleindiek i n Lut­ ter/Hommelhoff, GmbHG 17 , § 70 Rn. 2 .

11

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen

ihre Vertretungsmacht wird dadurch nicht beeinträchtigt.38 Nach außen sicht­ bar werden letztlich nur die Bekanntmachung der Liquidation im Handelsre­ gister (§ 263 AktG bzw. § 65 Abs. 1 GmbHG) und ein die Liquidation deutlich machender Zusatz (z.B . "LL ."), der der Firma anzufügen ist (§ 268 Abs . 4 S . 1 AktG bzw. § 68 Abs. 2 GmbHG). Der Zusatz "i.L." hat keine rechtliche Wir­ kung, sondern dient nur dem Verkehrsschutz. Dass die Abwickler gern. § 266 AktQ § 67 GmbHG in das Handelsregister einzutragen sind, ist kein Spezifi­ kum der Liquidation, da sie an die Stelle der Vorstände bzw. Geschäftsführer treten, die ebenfalls in das Handelsregister einzutragen sind; die einzige Ab­ weichung liegt in der Bezeichnung als Abwickler bzw. Liquidatoren. 111.

Ergebnis

Danach ist festzuhalten, dass die Liquidation Wirkungen zunächst nur im In­ nenverhältnis hat. Das Außenverhältnis der Gesellschaft wird durch das Liqui­ dationsverfahren hingegen nicht berührt.39 Einzig die Vollbeendigung als Ab­ schluss der Liquidation wirkt im Außenverhältnis dadurch, dass die Gesell­ schaft aufhört zu existieren.

E.

Der Zeitpunkt der Vollbeendigung

Die Vollbeendigung40 bezeichnet den Zeitpunkt, in dem die Gesellschaft zu existieren aufhört. Nach zutreffender allgemeiner Ansicht ist dieser Zeitpunkt für die Aktiengesellschaft und die Gesellschaft m.b.H. einheitlich zu bestim­ men.41 Zwei Anknüpfungspunkte sind grundsätzlich denkbar: Einmal die Lö­ schung aus dem Handelsregister und zweitens der Zeitpunkt, in dem die Ge­ sellschaft vermögenslos wird. Die sich daraus ergebenden Auffassungen lassen sich im Wesentlichen auf drei Grundrichtungen reduzieren:

I.

Vermögenslosigkeit

Nach einer vor allem früher vertretenen Ansicht ist die Vermögenslosigkeit der Gesellschaft notwendig und ausreichend für die Vollbeendigung.42 Diese An3 8 Es sei denn, die Pflichtwidrigkeit schlägt nach den allgemeinen Grundsätzen des Miss­ brauchs der Vertretungsmacht nach außen durch. Diese Rechtsfigur ist allerdings von der Liquidation unabhängig. 3 9 Haas in BaumbachlHueck, GmbHG 1 9 , § 60 Rn. 1 1 . 40 Bzw. Beendigung, es handelt sich um Synonyme. 41 So auch Hüffer in GS Schultz, 1 987, S . 99 ff. (S. 1 03 ) . 4 2 BGH v . 1 0 .02 . 1 977, I I Z R 2 1 3/74, WM 1 977, S . 5 8 1 f. ( S . 5 8 1 ); BGH v . 23 .02 . 1 970, II ZB 5/69, BGHZ 53, S . 264 ff. (S. 266); OLG Hamm v. 06. 1 0 . 1 989, 1 1 U 1 02/89, NJW-RR 1 990, S. 477 ff. (S. 478); BayObLG v. 02 .02 . 1 984, BReg 3 Z 1 92/83, ZIP 1 9 84, S. 450 f. (S. 45 1 ); OLG Düsseldorf v. 1 3 .07. 1 979, 3 W 1 3 9/79, GmbHR 1 979, S. 227 ff. (S. 228); Hofmann, GmbHR 1 976, S. 258 ff. (S. 267); in diese Richtung wohl auch BGH v. 20.03 . 1 985, VIII ZR 3 42/83, BGHZ 94, S. 1 05 ff. (S. 1 08); OLG Naum-

12

Zeitpunkt der Vollbeendigung

sicht hat den Vorteil, dass sie im Fall der Nachtragsliquidation keine Probleme im Hinblick auf die Vermögenszuordnung aufwirft. Von einer Nachtragsab­ wicklung spricht man, wenn nach der (vermeintlichen) Vermögenslosigkeit und insbesondere nach der Löschung doch noch verwertbares Vermögen auf­ tritt.43 Dieses Vermögen lässt sich der Gesellschaft zuordnen, da die Vermö­ genslosigkeit in Wirklichkeit noch nicht eingetreten war, die Gesellschaft also noch existiert. 11.

Löschung

Vertreten wird auch, dass die Löschung aus dem Handelsregister allein konsti­ tutiv :für die Beendigung der Gesellschaft ist.44 Diese Auffassung hat den Vor­ teil, dass der Zeitpunkt der Löschung eindeutig und einfach feststellbar ist, und zwar insbesondere auch von Dritten - es kommt eben allein auf die Regis­ tereintragung an und nicht auf die nicht immer leicht feststellbare Vermögens­ losigkeit qer Gesellschaft. Der Nachteil dieser Ansicht besteht darin, dass das Problem der Nachtragsliquidation nicht einfach zu lösen ist: Denn wenn nach der Löschung doch noch Vermögen auftritt, fehlt das (eigentliche) Zuord­ nungssubj ekt, da die Gesellschaft nicht mehr existiert. 111.

Lehre vom Doppeltatbestand

Nach einer von Karsten Schmidt begründeten Lehre ist ftir die Beendigung der Gesellschaft beides notwendig, Vermögenslosigkeit und Löschung.45 Wie auch die traditionelle Auffassung kann sie das Problem der Nachtragsliquidation einfach lösen: Ist noch Vermögen vorhanden, besteht die Gesellschaft noch und ist mithin Zuordnungssubj ekt des Vermögens . Hinzu kommt, dass sie durch die konstitutive Eintragung mehr Rechtssicherheit bietet als die traditio­ nelle Ansicht, die die Vermögenslosigkeit allein für entscheidend hält.

burg v. 27.05 .2002, 7 Wx 1 /02, ZIP 2002, S . 1 529 f. ( S . 1 529); für den Verein: BGH v. 05 .04. 1 979, II ZR 73/78, BGHZ 74, S. 2 1 2 ff. (S. 2 1 3 ). 43 Haas i n BaumbachlHueck, GmbHG 1 9 , § 60 Rn. 1 04 . 4 4 HüjJer, AktG lO , § 2 7 3 Rn. 7, 1 3 ; Hüffer i n MünchKomm, AktG3 , § 2 7 3 Rn. 1 6; Hönn, ZHR 1 3 8 ( 1 974), S. 50 ff. (S. 79); Fandrich, Das steuerliche Ende von Kapitalgesell­ schaften, S. 66 ff. 45 BAG v. 04.06.2003 , 1 0 AZR 448/02, GmbHR 2003 , S . 1 009 ff. (S. 1 0 1 0); OLG Koblenz v. 0 1 .04. 1 998, 1 U 463/97, NZG 1 998, S. 637; OLG Stuttgart v. 2 8 . 02 . 1 986, 2 U 1 4 8/85 , ZIP 1 986, S . 647 ff. (S. 648); Kleindiek i n LutterlHommelhoff, GmbHG 17 , § 7 4 Rn. 7; Nerlich in Michalski, GmbHG2 , § 74 Rn. 34; Riesenhuber in K. SchmidtILutter, AktG2 , § 273 Rn. 2; Haas in BaumbachIHueck, GmbHG 19 , § 60 Rn. 6; ähnlich Rasner in Ro­ wedderISchmidt-Leithoff, GmbHG4 , § 74 Rn. 1 2 ; Bark, JZ 1 99 1 , S . 84 1 ff. ( S . 844 f.); wohl sympathisierend BAG v . 22.03 . 1 988, 3 AZR 3 5 0/86, NJW 1 988, S . 263 7 f. (S. 2637).

13

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen

IV.

Eigene Auffassung

Vorab ist festzuhalten: Im Regelfall - d.h. die Löschung folgt der Vermögens­ losigkeit zeitlich nach und es ist keine Nachtragsliquidation erforderlich - un­ terscheidet sich die Lehre vom Doppeltatbestand in ihrer Rechtswirkung nicht von der Ansicht, die die Eintragung rur allein konstitutiv hält. In beiden Fällen geht die Gesellschaft mit der Löschung unter. Nur die Lehre von der deklara­ torischen Eintragung kommt zu einem anderen Ergebnis : Danach ist die Ge­ sellschaft schon früher, eben im Zeitpunkt ihrer Vermögenslosigkeit, erlo­ schen. Im Folgenden werden die Löschung einerseits und die Vermögenslosig­ keit andererseits als notwendige Voraussetzungen rur den Eintritt der Vollbeen­ digung getrennt voneinander untersucht. 1.

Erforderlichkeit der Löschung

Ausgangspunkt einer Entscheidung muss der Wortlaut sein. Im Gesetz heißt es in den wortgleichen § 273 Abs. 1 S. 2 AktG und § 74 Abs . 1 S. 2 GmbHG, dass "die Gesellschaft [ . . . ] zu löschen [ist]". Dies spricht fiir den konstitutiven Charakter der Löschung, es wird nicht etwa gesagt, dass die (bereits erfolgte) Löschung einzutragen ist.46 Der Wortlaut gibt damit zumindest einen Hinweis darauf, dass die Vermögenslosigkeit allein nicht hinreichend ist und spricht mithin gegen die traditionelle Auffassung. Zu berücksichtigen ist auch Folgendes : Die Entstehung einer Kapitalgesell­ schaft setzt die Eintragung in das Handelsregister voraus, § 4 1 Abs . 1 S. 1 AktG bzw. § 1 1 Abs . 1 GmbHG. Wenn aber die Eintragung rur das Entstehen der Gesellschaft konstitutiv ist, dann spricht bereits der Gedanke der F olge­ richtigkeit dafiir, dass dies auch rur die Beendigung der Gesellschaft gelten muss. Denn wenn der Staat durch einen besonderen Akt die Gesellschaft - mithin: eine Rechtspersönlichkeit - entstehen lässt, so wird man davon aus­ gehen dürfen, dass auch die Aufhebung der Gesellschaft eines entsprechenden Aktes bedarf und nicht (allein) durch das rein tatsächliche Merkmal der Ver­ mögenslosigkeit erfolgen kann.47 Ein schlagendes Argument rur den konstitutiven Charakter der Handelsregis­ tereintragung ergibt sich, wenn man einen Blick auf das mit den Auffassungen einhergehende Maß an Rechtssicherheit wirft. Lässt man die Vermögenslosig­ keit der Gesellschaft ausreichen, so ist rur einen Dritten kaum feststellbar, ob die Gesellschaft noch existiert. Weil nämlich die Löschung regelmäßig der Vermögenslosigkeit zeitlich nachfolgt, ist danach die Gesellschaft im Zeitraum zwischen Vermögenslosigkeit und Löschung bereits erloschen, ohne dass sich

46 Ebenso Hüffer in GS Schultz, 1 987, S. 99 ff. ( S . 1 03 0 . 47 So auch Hüffer i n GS Schultz, 1 987, S . 99 ff. (S. 1 04 0; Bork, J Z 1 99 1 , S . 84 1 ff. (S. 842).

14

Zeitpunkt der Vollbeendigung

aus dem Handelsregister dafUr ein Anhaltspunkt ergibt. 48 Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass die Auflösung einzutragen ist, weil erstens Vermö­ genslosigkeit auch ohne Auflösung eintreten kann und im Übrigen dem Rechtsverkehr nicht zugemutet werden kann, ab dem Auflösungszeitpunkt be­ fUrchten zu müssen, dass die Gesellschaft möglicherweise schon erloschen ist. Nach dem Gesagten ist die traditionelle Auffassung, wonach die Eintragung nur deklaratorischer Natur ist, abzulehnen. Sie entspricht weder dem Wortlaut des Gesetzes noch der Systematik der Handelsregistereintragung und fUhrt ü­ berdies geradewegs in die Rechtsunsicherheit. Somit ist (mindestens) die Lö­ schung zur Beendigung der Gesellschaft erforderlich. 2.

Erforderlichkeit der Vermögenslosigkeit

Fraglich ist, ob zur Löschung noch die Vermögenslosigkeit hinzutreten muss, wie es die Lehre vom Doppeltatbestand49 verlangt, oder ob die Löschung al­ lein50 ausreicht. Nach Auffassung von Uwe Hüffer5 1 zeigt die Vorschrift des § 273 Abs. 4 AktG, dass die Löschung allein ausreicht. Denn wenn die Gesell­ schaft, die nach der Löschung noch Vermögen hat, fortbestehen würde, dann dürfte nicht das Gericht, sondern es müsste ein Organ der Gesellschaft fiir die Bestellung der (Nachtrags-)Abwickler zuständig sein. In entgegengesetzter Richtung interpretiert Karsten Schmidt diese Norm, der sie als Beleg fUr die Lehre vom Doppeltatbestand ansieht52 und wohl davon ausgeht, dass die vom Gesetz vorgesehene Nachtragsliquidation das Fortbestehen der Gesellschaft voraussetzt. Beide Argumente überzeugen nicht. Weder ist für eine Nachtrags­ liquidation zwingend das Fortbestehen der Gesellschaft notwendig, noch zwingt die Bestellung der Nachtragsliquidatoren durch das Gericht zu der An­ nahme, die Gesellschaft sei untergegangen. Einerseits kann man sich etwa mit der Vorstellung eines Gesamthandsvermögens helfen, andererseits kann man die Bestellung der Liquidatoren durch das Gericht auch als bloße Zweckmä­ ßigkeitsvorschrift verstehen. Unbestreitbar hat die Lehre vom Doppeltatbestand den Vorteil, die Zuord­ nungsprobleme der Nachtragsliquidation überzeugend zu lösen: Die Gesell­ schaft ist trotz Löschung noch nicht untergegangen, solange noch Vermögen vorhanden ist; dieses Vermögen lässt sich zwanglos der Gesellschaft zuordnen. Die Gegenauffassung muss hingegen mit Hilfskonstruktionen arbeiten, da die Gesellschaft nach der Löschung nicht mehr existiert und somit als Zuord­ nungssubjekt nicht in Frage kommt. Sie behilft sich entweder mit einer Fiktion

48 49 50 51 52

Ebenso Nerlich in Michalski, GmbHG2 , § 74 Rn. 3 2 . Nachweise oben Fußnote 45 . Nachweise oben Fußnote 44 . Hüffer in GS Schultz, 1 987, S . 99 ff. (S. 1 05 f.). K. Schmidt in Scholz, GmbHG lO , § 74 Rn. 1 4 .

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Gesellschaftsrechtliche Grundlagen

der Gesellschaft für die Nachtragsliquidation53 oder damit, dass sie das Ver­ mögen als Gesamthandsvermögen der ehemaligen Aktionäre bzw. Gesell­ schafter ansieht54. Die Lehre vom Doppeltatbestand sieht sich dem Einwand ausgesetzt, dass sie ein geringeres Maß an Rechtssicherheit bietet, da nach der Löschung ungewiss ist, ob die Gesellschaft wirklich untergegangen ist. 55 Gegen diese Kritik wen­ det sich Karsten Schmidt, der das für in der Praxis unbeachtlich hält, da nach der Gesellschaft nur gefragt werde, wenn man sie für die Nachtragsliquidation benötige. 56 Nach dieser Argumentation ist Rechtssicherheit nach der Löschung gar nicht erforderlich, weil der Rechtsverkehr sie nicht braucht. 57 Zwar ist richtig und auch unbestritten, dass der Rechtsverkehr sich über den Untergang einer gelöschten Gesellschaft nicht sicher sein kann und somit ein gewisses Maß an Rechtsunsicherheit besteht. Allerdings ist zutreffend, was Reinhard BorP 8 prägnant formuliert hat, nämlich dass "kaum j emand Schaden dadurch erleiden wird, dass er auf den Untergang einer GmbH vertraut". Somit ergibt sich aus den Erfordernissen der Rechtssicherheit kein zwingendes Argument gegen die Erforderlichkeit der Vermögenslosigkeit. Es ist bereits gesagt worden, dass die Löschung aus dem Register der actus contrarius zur erstmaligen Eintragung der Gesellschaft ist. Teilweise wird dar­ aus die Folgerung gezogen, dass deshalb auch allein die Löschung zur Been­ digung der Gesellschaft führen müsse. Die Lehre vom Doppeltatbestand dage­ gen verletze das "System der Normativbedingungen"59, insbesondere deshalb, weil sie das Bestehen von Kapitalgesellschaften außerhalb des Handelsregis­ ters ermögliche. Dem wird mit dem Argument begegnet, dass die Löschung materiell unberechtigt war, da noch Vermögen vorhanden war.60 Es ist hinzu­ zufügen: Es mag zwar dem juristischen Ordnungssinn in höherem Maße ent­ sprechen, die Löschung allein für konstitutiv zu halten. Über dieses recht for­ male Argument hinaus spricht aber nichts dagegen, ein weiteres Tatbestands­ merkmal - die Vermögenslosigkeit - zu fordern. Somit ergibt sich auch aus dem für den Bestand einer Kapitalgesellschaft grundsätzlich konstitutiven Charakter der Eintragung kein entscheidendes Argument gegen die Lehre vom Doppeltatbestand.

In diese Richtung Hönn, ZHR 1 3 8 ( 1 974), S . 5 0 ff. (S. 74 ff.). Hüffer in GS Schultz, 1 987, S . 99 ff. (S. 1 07 ff.). Buchner, Amtslöschung, S . 91 ff. IO K Schmidt in Scholz, GmbHG , § 74 Rn. 1 4 . In diese Richtung auch Rasner i n RowedderISchmidt-Leithoff, GmbHG4 , § 7 4 Rn. 1 2 a.E.; Bark, JZ 1 99 1 , S . 84 1 ff. ( S . 844). 58 Bark, JZ 1 99 1 , S. 84 1 ff. (S. 844, dort 3 .a) a.E.). 59 Buchner, Amtslöschung, S . 98; Hüffer in GS Schultz, S . 99 ff. (S. 1 06). 60 Bark, JZ 1 99 1 , S . 84 1 ff. (S. 844).

53 54 55 56 57

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Zeitpunkt der Vollbeendigung

Die Lehre vom Doppeltatbestand verdient deshalb Gefolgschaft. Sie hat den Vorzug, dass sie das Problem der Nachtragsliquidation dogmatisch sauber und praxisnah löst. Die Gegenauffassung kommt zwar zu demselben rechtsprakti­ schen Ergebnis, allerdings mit dogmatischen Hilfskonstruktionen, die nicht überzeugen können.61 Außerdem kann sie der Lehre vom Doppeltatbestand letztlich nur recht formale Argumente entgegensetzen. Insbesondere verblasst das Argument, dass außerhalb des Handelsregisters keine Gesellschaft existie­ ren dürfe, wenn man sich klar macht, dass in rechtspraktischer Hinsicht ein Unterschied zwischen der fortexistierenden Gesellschaft einerseits und dem in - welcher Form auch immer - abgetrennten Vermögen andererseits kaum zu erkennen ist.

3.

Einwirkung von sonstigen Abwicklungsmaßnahmen?

a)

Problem und vertretene Auffassungen

Es ist noch die Frage aufzuwerfen, ob die gefundene Lösung auch dann gilt, wenn zwar kein Vermögen mehr vorhanden ist, aber noch andere Abwick­ lungsmaßnahmen nötig sind, etwa wenn - in der Literatur62 ausfiihrlich disku­ tiert - noch Prozesse zu fiihren sind oder wenn noch bestimmte Erklärungen abzugeben oder entgegenzunehmen sind. Aus den unter diesen Schlagworten diskutierten Fällen sind zunächst diej enigen auszuscheiden, die sich unmittel­ bar mit der Lehre vom Doppeltatbestand lösen lassen oder sonst letztlich un­ problematisch sind. In die letzte Kategorie fällt vor allem die Konstellation, in der eine Gesellschaft zwar bereits vermögenslos, aber noch nicht gelöscht ist. Solange dann noch Abwicklungsmaßnahmen erfolgen müssen, ist nach zutref­ fender allgemeiner Auffassung die Löschung nicht zu beantragen.63 Problema­ tisch ist deshalb allein die Konstellation, dass nach Löschung und Vermögens­ losigkeit noch Abwicklungsmaßnahmen erforderlich sind. Damit lassen sich die Fälle ausscheiden, in denen zwar die Löschung erfolgt ist, aber noch keine Vermögenslosigkeit eingetreten ist. Das gilt insbesondere fiir Aktivprozesse, die nach der Löschung nicht nur fortgefiihrt, sondern auch neu aufgenommen werden können, da dadurch die Vermögenslosigkeit64 entfällt, die Gesellschaft somit noch existiert und folglich parteifähig ist. Auch Passivprozesse können fortgefiihrt und neu aufgenommen werden, wenn der Kläger behauptet, dass noch Vermögen vorhanden ist. 65 Wird die Gesellschaft während eines laufen­ den Passivprozesses (unzulässigerweise) gelöscht, stellt sich die Frage, ob der 6 1 Statt aller Bork, JZ 1 99 1 , S. 84 1 ff. (S. 843 f.). 62 Z.B. Bork, JZ 1 99 1 , S . 84 1 ff. 63 Z.B. Kleindiek in LutterlHommelhoff, GmbHG 1 7 , § 74 Rn. 5 ; K. Schmidt in Scholz, GmbHG IO , § 74 Rn. 1 . 64 Erforderlich ist allerdings eine durch Tatsachenvortrag belegte Behauptung, dass vermö­ gensrechtliche Ansprüche bestehen, K. Schmidt in Scholz, GmbHG IO , § 74 Rn. 1 7; LG Mainz v. 22.04. 1 999, 1 2 HK.O 1 5 0/97, NJW-RR 1 999, S . 1 7 1 6 . 65 K. Schmidt in Scholz, GmbHG I O , § 74 Rn. 1 7 .

17

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen

Prozess fortgesetzt werden kann. Das ist umstritten.66 Argumente für eine Fortsetzung sind u.a., dass dem Kläger der Prozessgegner nicht ohne gesetzli­ chen Grund entzogen werden dürfe,67 dass die Fortsetzung eine Abwicklungs­ maßnahme sei, die eine Nachtragsliquidation erfordere,68 und schließlich, dass der (mögliche) Kostenerstattungsanspruch der gelöschten Gesellschaft eine Vermögensposition sei, die den Eintritt der Vermögenslosigkeit hindere69. Vor­ zuziehen ist die letzte Ansicht, da sie die Fortsetzung am besten erklären kann und zudem einer konsequenten Anwendung der Lehre vom Doppeltatbestand entspricht. Auch Passivprozesse sind somit nach der Löschung der Gesell­ schaft aus dem Handelsregister fortzusetzen. 70 Ungeklärt sind damit nur noch die Fälle von Abwicklungsmaßnahmen ohne j eden vermögensrechtlichen Charakter, also insbesondere die Abgabe von Er­ klärungen wie etwa in Situationen, in denen die Gesellschaft an der Löschung eines Grundpfandrechts mitwirken muss .71 Andere Beispiele sind die Zustel­ lung einer Steuererklärung oder arbeitsrechtliche Abwicklungsmaßnahmen wie eine Zeugniserteilung.72 Dass die Vornahme solcher Maßnahmen nicht un­ terbleiben darf, weil die Gesellschaft - legt man die oben skizzierten Auffas­ sungen unverändert zugrunde - bereits erloschen ist, entspricht allgemeiner Auffassung und ist auch richtig, da sonst kaum lösbare Folgeprobleme auftre­ ten. Umstritten ist allerdings, aufgrund welcher Rechtsgrundlage solche Maß­ nahmen erfolgen. Nach herrschender Auffassung in Rechsprechung73 und Lite­ ratur74 ist auch in diesen Fällen eine Nachtragsliquidation - analog § 273 Abs . 4 AktG - erforderlich. Hierfür wird teilweise ein Fortbestehen der Ge­ sellschaft für notwendig gehalten, da sich sonst nicht erklären lasse, wer Schuldner der noch zu erbringenden Handlungen sei.75 Nach anderer Auffas­ sung, die insbesondere von denj enigen vertreten wird, die die Löschung allein 66 67 68 69 70

V gl. zu den vertretenen Auffassungen K. Schmidt in Scholz, GmbHG IO , § 74 Rn. 1 7a. BaumbachILauterbachiAlberslHartmann, ZP0 70 , § 50 Rn. 22. Haas in BaumbachlHueck, GmbHG 19 , § 74 Rn. 1 9. K. Schmidt in Scholz, GmbHG IO , § 74 Rn. 1 7b. Die hiervon zu unterscheidende Frage nach der Prozessfahigkeit der gelöschten Gesell­ schaft ist hier nicht zu behandeln; dazu z.B . K. Schmidt in Scholz, GmbHG IO , § 74

Rn. 1 7b. 71 Das war die Konstellation in BayObLG v. 04. 1 0 . 1 95 5 , BReg. 2 Z 1 04/5 5, BayObLGZ 1 95 5 , S. 288 ff. 72 Vgl. die Übersicht mit Rechtsprechungsnachweisen bei K. Schmidt in Scholz, GmbHG IO , § 74 Rn. 20. 73 Z.B. BayObLG v. 3 1 .05 . 1 983 , BReg 3 Z 1 3/83 , BayObLGZ 1 983, S . 1 3 0 ff. (S. 1 3 6 f.); OLG Köln v. 3 1 .08. 1 992, 2 Wx 24-25/92, GmbHR 1 993 , S . 823 f. ; KG v. 09 . 0 1 .200 1 , 1 W 2002/00, GmbHR 200 1 S . 252 ff. (S. 252) mit insoweit ablehnender Anm. Hohlfeld; OLG Düsseldorf v. 1 4 .07.20 1 0, 3 Wx 1 23/1 0, NotBZ 20 1 0, S . 4 1 1 ff. (S. 4 1 3 ). 74 Z.B . Haas in BaumbachIHueck, GmbHG 1 9 , § 60 Rn. 1 05 ; Bork, J Z 1 99 1 , S . 84 1 ff. (S. 845). 75 Ausdrücklich Bork, JZ 1 99 1 , S . 84 1 ff. (S. 845).

18

Zeitpunkt der Vollbeendigung

für konstitutiv halten, ist von der Existenz einer Nachgesellschaft auszugehen, die Schuldner der noch erforderlichen Abwicklungsmaßnahmen ist; um Rechtsnatur und Bezeichnung dieser Nachwirkungsgesellschaft wird im Ein­ zelnen gestritten.76 Schließlich wird vertreten, dass ein Zuordnungssubjekt für Abwicklungsmaßnahmen ohne Vermögenscharakter nicht erforderlich ist: Nach Ulmer77 ist in solchen Fällen ein Pfleger analog § 1 9 1 3 BGB zu bestel­ len, während Karsten Schmidt78 sie in Analogie zu § 74 Abs . 2 GmbHG lösen will. Damit wären die Maßnahmen also entweder durch einen bereits durch Satzung oder Gesellschafterversammlung bestimmten Gesellschafter oder Dritten oder - in Ermangelung eines solchen - hilfsweise durch eine durch das Gericht eingesetzte Person zu erledigen. Nach Ansicht von Karsten Schmidt handelt es sich bei den fraglichen Abwicklungsmaßnahmen nämlich lediglich um nachwirkende Handlungspflichten, die keine Nachtragsliquidation recht­ fertigen.79 b)

Kritik und Stellungnahme

Die herrschende Auffassung, die eine Nachtragsliquidation für erforderlich hält, sieht sich dem Problem ausgesetzt, dass sie ein Rechtssubj ekt benötigt, für das der Nachtragsliquidator handelt.80 Aus diesem Grund wird teilweise der Doppeltatbestand von Vermögenslosigkeit und Löschung nicht für ausrei­ chend gehalten, sondern zusätzlich gefordert, dass auch keine Abwicklungs­ maßnahmen nicht-vermögensrechtlicher Art mehr notwendig sind.8I Nach an­ derer Ansicht ist eine - von der liquidierten Gesellschaft zu unterscheidende Nachwirkungsgesellschaft erforderlich, die Schuldnerin der noch erforderli­ chen Abwicklungsmaßnahmen ist. 82 Die erste Ansicht bedeutet eine Verkom­ plizierung des Erlöschenstatbestandes, 83 die zweite Auffassung führt dazu, dass auch unter Zugrundelegung des Doppeltatbestandes eine dogmatisch nicht leicht zu erklärende Nachgesellschaft entsteht.84 Die Ansicht von Ulmer, 76 Vgl. z.B . Hüffer in GS Schultz, S. 99 ff. ( S . 1 1 0); Fandrich, Das steuerliche Ende der Kapitalgesellschaften, S. 87 ff. 77 Ulmer in Hachenburg, GmbHG8 , Anh. § 60, Rn. 40. 78 K Schmidt, GmbHR 1 988, S . 209 ff. (S. 2 1 2 0; dem folgend Hohlfeld, GmbHR 200 1 , S . 255 f. 79 K Schmidt, GmbHR 1 988, S. 209 ff. (S 2 1 2). 80 Deshalb kritisch K Schmidt, GmbHR 1 988, S . 209 ff. (S. 2 1 2). 81 So insbesondere Bork, JZ 1 99 1 , S . 84 1 ff. ( S . 845). 82 So insbesondere die Vertreter der Lehre von der allein konstitutiven Löschung: Hüffer in GS Schultz, S. 99 ff. (S. 1 07 ff.); Fandrich, Das steuerliche Ende der Kapitalgesellschaf­ ten, S . 87 ff. 83 Deshalb kritisch Hohlfeld, GmbHR 200 1 , S . 255 f. (S. 255). 84 So z.B. das Problem, dass dann, wenn man die Nachgesellschaft als Gesamthandsvermö­ gen versteht, die Schwierigkeit eines Gesamthandsvermögens ohne Vermögen entsteht. Insoweit kritisch - wenn auch mit anderen Schlüssen - Fandrich, Das steuerliche Ende der Kapitalgesellschaften, S. 77.

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Gesellschaftsrechtliche Grundlagen

nach der analog § 1 9 1 3 BGB ein Pfleger zu bestellen ist, ist deshalb fragwür­ dig, weil die Analogie nicht recht passt: Denn § 1 9 1 3 BGB betrifft den Fall, dass ein Pfleger zur Vertretung eines Unbekannten bestellt wird, der existiert. Im Fall der erloschenen Kapitalgesellschaft existiert aber niemand mehr, der vertreten werden könnte, so dass die Analogie dogmatische Schwierigkeiten aufwirft.85 Die Auffassung von Karsten Schmidt schließlich, der eine analoge Anwendung des § 74 Abs . 2 GmbHG vorschlägt, ist ebenfalls Kritik ausge­ setzt, und zwar aus zwei Richtungen: Zum einen wird eingewendet, dass die Analogie dogmatische Schwierigkeiten aufwirft, nämlich die Frage, wie die Verpflichtung der Gesellschaft - etwa auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses auf den nach § 74 Abs. 2 GmbHG Verpflichteten übergeht.86 Im dort geregel­ ten Fall der Verwahrung der Bücher entsteht die Verpflichtung originär in der Person des Verpflichteten, während die von Karsten Schmidt als nachwirkende Handlungspflichten bezeichneten Verpflichtungen originär von der Gesell­ schaft geschuldet werden, mithin also auf die nach § 74 Abs . 2 GmbHG ver­ pflichtete Person im Wege der Rechtsnachfolge übergehen müssten. Darur wä­ re allerdings ein gesetzlicher Übergangstatbestand erforderlich, den § 74 Abs. 2 GmbHG wegen des herausgearbeiteten strukturellen Unterschieds auch im Wege einer Analogie nicht bieten kann.87 Selbst wenn man über diese Schwierigkeit hinweg kommt, bleibt aber noch ein zweiter Ansatzpunkt für Kritik, der das Verhältnis von § 273 Abs. 4 AktG und § 74 GmbHG betrifft. Allgemein anerkannt ist, dass § 273 Abs . 4 AktG, der die Nachtragsliquidation regelt, grundsätzlich analog auf Gesellschaften m.b.H. anzuwenden ist. 88 Al­ lerdings ist in § 273 Abs. 4 AktG unspezifisch von Abwicklungsmaßnahmen die Rede, sodass sich hierunter auch Abwicklungsmaßnahmen ohne vermö­ gensrechtlichen Charakter fassen lassen. Hierrur spricht insbesondere auch die Gesetzgebungshistorie, denn in der Vorgängervorschrift des § 3 02 Abs . 4 HGB89 war noch das Erfordernis enthalten, dass nachträglich verteilungsfähi­ ges Vermögen auftauchte. Dass diese Voraussetzung gerade in einer Zeit auf­ gehoben wurde, in der die gelöschte Gesellschaft Schrifttum und Rechtspre­ chung beschäftigte,90 spricht entscheidend dafiir, die Vorschrift auch weit zu verstehen.91 Damit ist klar, dass § 74 Abs . 2 GmbHG mangels Regelungslücke 85 Ebenso K Schmidt, GmbHR 1 988, S. 209 ff. (S. 2 1 2 f.); Bork, JZ 1 99 1 , S. 84 1 ff. (S. 845). 86 Kritik mit im Einzelnen unterschiedlichen Akzentuierungen z.B . bei Bork, JZ 1 99 1 , S . 84 1 ff. (S. 845); H Schmidt, Vollbeendigung juristischer Personen, S . 1 44 f. 87 So insbesondere H Schmidt, Vollbeendigung juristischer Personen, S . 1 44 f. 88 Z.B. Paura in UlmerlHabersack/Winter, GmbHG, § 74 Rn. 4 5 ; K. Schmidt in Scholz, GmbHG IO , § 74 Rn. 22. 89 G. v . 1 0.05 . 1 897, RGB!. 1 897, S . 2 1 9 ff. (S. 293 ). 90 Z.B . KG v . 06.06. 1 93 5 , 1 W X 2 80/3 5 , DNotZ 1 93 5 , S . 759 f. mit Anm. Nebelung; Nebe­ lung, DNotZ 1 93 5 , S. 45 1 ff. 9 1 Ebenso Hüffer in MünchKomm, AktG3 , § 273 Rn. 3 5 ; BayObLG v. 04. 1 0 . 1 95 5 , BReg. 2 Z 1 04/5 5 , BayObLGZ 1 95 5 , S. 2 8 8 ff. (S. 29 1 ) .

20

Zeitpunkt der Vollbeendigung

j edenfalls nicht auf Aktiengesellschaften im Wege der Analogie anwendbar ist. Aber auch für die GmbH erscheint die Annahme einer Regelungslücke zwei­ felhaft. Denn eine analoge Anwendung des § 273 Abs . 4 AktG ist j edenfalls dann notwendig, wenn noch Vermögen zu verteilen ist. Es ist dann aber kon­ struktiv zweifelhaft, die Analogie auf diese Fälle zu beschränken, und in den Fällen der Abwicklungsmaßnahmen ohne Vermögens charakter stattdessen § 74 Abs. 2 GmbHG analog anzuwenden. Davon abgesehen wäre es kaum als Fortschritt zu bezeichnen, insoweit Aktiengesellschaft und Gesellschaft m.b .H. unterschiedlich zu behandeln, obwohl dafür weder ein inhaltlicher Grund noch eine gesetzliche Notwendigkeit angefiihrt werden können. Nach alledem ist deshalb der h.M. der Vorzug zu geben, mithin also eine Nachtragsliquidation auch dann vorzunehmen, wenn nur noch Abwicklungs­ bedarf ohne vorhandenes Vermögen besteht. Es lässt sich schließlich auch das Argument entkräften, dass eine Nachtragsliquidation unverhältnismäßig sei, wenn nur noch geringfiigiger Abwicklungsbedarf besteht.92 Denn nach herr­ schender Auffassung ist in solchen Fällen die Nachtragsabwicklung darauf be­ schränkt, dass ein Abwickler berufen wird, dessen Aufgabenkreis auf die kon­ kreten, noch geschuldeten Maßnahmen beschränkt ist und der nicht in das Handelsregister eingetragen wird, sondern sich durch die Bestellungsurkunde ausweist.93 Von der Eintragungspflicht des § 266 Abs . 4 AktG abzusehen, ist deshalb vertretbar, weil nur ein beschränkter Geschäftskreis vorliegt und damit eine Stellung, die mit der eines regulären Liquidators und dessen umfassender Vertretungsmacht nicht vergleichbar ist.94 Schließlich stellt sich die Frage, ob hierfiir eine Korrektur des Erlöschenstat­ bestandes notwendig ist, wie insbesondere von Bark gefordert, nämlich in der Form, dass eine dritte Erlöschensvoraussetzung - das Fehlen sonstigen Ab­ wicklungsbedarfs - eingefiihrt wird.95 Auch wenn durch diese Lösung der Er­ löschenstatbestand etwas komplexer wird, ist ihr zuzustimmen. Sie erklärt am besten, worin das Zuordnungssubj ekt fiir die nachträglichen Abwicklungs­ maßnahmen zu sehen ist; es handelt sich insoweit um ein Parallelproblem zu der Frage, wie nachträglich auftauchendes Vermögen zugeordnet werden kann. Insoweit können hier die Argumente, die bereits fiir die Lehre vom Doppeltat­ bestand angefiihrt wurden, übertragen werden.96 Insbesondere wird man gegen die hier gefundene Lösung auch nicht einwenden können, dass sie die Rechts-

92 Insoweit deutlich Müller: "Hier j eweils einen Nachtragsliquidator nach § 274 Abs. 4 AktG zu bestellen, erscheint ganz und gar unverhältnismäßig und unnütz.", in Münch­ Komm, GmbHG, § 74 Rn. 47. 93 Hüffer in MÜll chKomm, AktG\ § 273 Rn. 40; Kraft in KölnKomm, AktG2 , § 273 Rn. 3 3 . 9 4 Hüffer in MünchKomm, AktG3 , § 273 Rn . 40. 95 Bork, JZ 1 99 1 , S . 84 1 ff. (S. 845); kritisch dazu insbesondere Hohlfeld, GmbHR 200 1 , S . 255 f. 96 Oben S . 1 5 .

21

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen

sicherheit wesentlich beeinträchtigt. Denn es gilt, was bereits oben im Hin­ blick auf eine gelöschte Gesellschaft gesagt wurde, die noch Vermögen besitzt: Es ist kaum denkbar, dass j emand dadurch Schaden erleidet, dass er auf die Nichtexistenz einer Gesellschaft vertraut.97

V.

Ergebnis

Es lassen sich somit fiir den Zeitpunkt der Vollbeendigung die folgenden Er­ kenntnisse zus ammentragen: Grundsätzlich ist der Lehre vom Doppeltatbe­ stand zu folgen, eine Gesellschaft geht somit dann unter, wenn sie aus dem Handelsregister gelöscht und vermögenslos ist. Zusätzlich ist aber noch erfor­ derlich, dass von der Gesellschaft auch keine sonstigen Abwicklungsmaßnah­ men mehr geschuldet werden.

97 Vgl. - auch zu Nachweisen - oben S . 1 5 ff. mit Fußnoten 56, 5 8 .

22

§ 3 Grundlagen der Liquidationsbesteuerung Die Besteuerung von Kapitalgesellschaften und bestimmten anderen unbe­ schränkt steuerpflichtigen Körperschaftsteuersubj ekten erfolgt während der Liquidation gern. § 1 1 KStG. In zwei Punkten unterscheidet sich die Abwick­ lungsbesteuerung grundlegend von der laufenden Besteuerung : Zum einen bil­ det gern. § 1 1 Abs . 1 S. 1 KStG grundsätzlich der gesamte Liquidationszeit­ raum eine einzige Steuerperiode. Zum anderen ist die Gewinnermittlung modi­ fiziert und gern. § 1 1 Abs. 2-6 KStG durch Gegenüberstellung von Ab­ wicklungs-Anfangsvermögen und Abwicklungs-Endvermögen vorzunehmen. Bevor diese beiden grundlegenden Regelungskomplexe des § 1 1 KStG unter­ sucht werden können, sind zunächst Fragen insbesondere des Anwendungsbe­ reichs zu erörtern.

A.

Verhältnis

zu

anderen Vorschriften

Gern. § 1 1 Abs. 6 KStG sind im Übrigen - also soweit § 1 1 KStG keine spe­ zielle Regelung trifft - die allgemeinen Vorschriften auf die Gewinnermittlung anzuwenden. Da nach allgemeinen Grundsätzen ohnehin gilt, dass speziellere Vorschriften nur insoweit vorrangig sind, als sie überhaupt eine Regelung tref­ fen, kommt § 1 1 Abs. 6 KStG lediglich klarstellende Bedeutung zu. l § 1 1 Abs. 6 KStG nimmt die Vorschriften zur Gewinnermittlung sowohl des Kör­ perschaftsteuergesetzes als auch - über § 8 Abs. 1 S . 1 KStG - des Einkom­ mensteuergesetzes in Bezug, soweit j eweils nicht § 1 1 KStG einer Anwendung der einzelnen Norm entgegensteht. Für den Fall, dass man einzelne Regelun­ gen des § 1 1 KStG nicht als Gewinnermittlungsregelungen ansieht, ist klar, dass auch insoweit allgemeine Vorschriften des Körperschaftsteuergesetzes nur verdrängt werden, soweit § 1 1 KStG eine eigene Regelung trifft? Welche Vorschriften durch § 1 1 KStG verdrängt werden, wird im Detail j e­ weils im Zusammenhang mit den entsprechenden Sachfragen erörtert. Inner­ halb des Körperschaftsteuergesetzes ergeben sich Spezialitätsfragen insbeson­ dere im Hinblick auf § 7 KSt03 und auf § 8 KStG LY.m. den Gewinnermitt­ lungsvorschriften des Einkommensteuergesetzes4 • Daneben ist der Vollstän­ digkeit halber darauf hinzuweisen, dass § 1 2 Abs. 3 S . 1 KStG die analoge Anwendung des § 1 1 KStG im (in dieser Untersuchung nicht behandelten) Fall der Sitzverlegung ins außereuropäische Ausland anordnet. Schließlich besteht 1 2 3 4

Ebenso Micker in Herrrn anniHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 5 5 . Dies ist z.B. denkbar, wenn man (anders als hier vertreten) der Auffassung folgt, dass § 1 1 KStG den Veranlagungszeitraum modifiziert, dazu unten S. 49 ff. Dazu unten S . 4 1 ff. Insbesondere relevant für die Ermittlung des Abwicklungs-Endvermögens, dazu unten S . 1 20 ff.

23

Grundlagen der Liquidationsbesteuerung

ein Konkurrenzverhältnis zu § 1 3 KStG insofern, als sich beide Vorschriften gegenseitig ausschließen, da im Fall des § 1 3 KStG die Steuerpflicht ohne Li­ quidation aufgrund des Eintritts einer Steuerbefreiung endet. Ein Berührungs­ punkt ergibt sich auch deshalb, weil beide5 Vorschriften darauf abzielen, die Besteuerung stiller Reserven sicherzustellen.6 Vorab zu klären ist allerdings das Verhältnis zu § 16 EStG, der die Besteuerung bei Betriebsveräußerung und Betriebsaufgabe regelt. Nach inzwischen nicht mehr bestrittener Auffassung gilt, dass der Aufgabegewinn gern. § 1 6 EStG und der Abwicklungsgewinn gern. § 1 1 KStG gleichzusetzen sind.7 Daraus folgt, dass die Anwendung des § 1 6 EStG auf Fälle des § 1 1 KStG nicht von vornherein ausgeschlossen ist, sondern nur soweit entweder § 1 1 KStG eine vorrangige Regelung trifft oder soweit Normen des § 1 6 EStG aufgrund ihres Regelungsinhalts nur auf natürliche Personen Anwendung finden können. Letzteres gilt insbesondere für die Begünstigung des § 1 6 Abs . 4 EStG, die vom Alter des Steuerpflichtigen abhängt. Im heutigen § 1 6 EStG ist keine Re­ gelung enthalten, die sich auf Fälle des § 1 1 KStG anwenden ließe, allerdings galt dies nicht für die bis zum Veranlagungszeitraum 1 995 geltende Fassung des § 1 6 Abs. 4 KStG, der einen Freibetrag von 3 0 .000 DM enthielt und eine sachliche Steuerbefreiung darstellte, mithin also auch im Rahmen des § 1 1 KStG anwendbar war.8 Zu prüfen ist, ob der Kernpunkt dieser Auffassung die Gleichsetzung von Betriebsaufgabe bzw. Betriebsveräußerung im Ein­ kommensteuerrecht einerseits und der Liquidation im Körperschaftsteuerrecht andererseits - zutreffend ist. Hierfür spricht insbesondere das folgende Argu­ ment: Aus dem Blickwinkel der Personen, die hinter dem Betrieb stehen - also dem Einzelunternehmer, den Personengesellschaftern oder den GmbH­ Gesellschaftern bzw. Aktionären - ist der Vorgang vergleichbar, da darin eine vergleichbare Beendigung unternehmerischer Tätigkeit liegt. Die Unterschiede zwischen einer Betriebsaufgabe gern. § 1 6 EStG und einer Liquidation im Sinne des § 1 1 KStG ergeben sich allein aus der unterschiedlichen Rechts­ form. Deshalb werden auch in beiden Fällen die stillen Reserven der Besteue­ rung zugeführt, und deshalb ist auch die Anwendung des § 1 6 EStG auf die Liquidation gern. § 1 1 KStG richtig, soweit im Körperschaftsteuerrecht keine speziellere Regelung getroffen ist und soweit es sich um Normen handelt, die nicht auf die Rechtsform abstellen, insbesondere nicht natürliche Personen als Steuersubj ekt voraussetzen. Festzuhalten bleibt aber auch, dass wegen dieser Voraussetzungen zur Zeit keine Regelung des § 1 6 EStG auf die Liquidations­ besteuerung von Kapitalgesellschaften anwendbar ist. 5

6 7 8

24

Dass § 1 1 KStG die Besteuerung der stillen Reserven bezweckt, ist nicht so eindeutig wie allgemein angenommen, im Ergebnis aber zu bej ahen, unten S. 1 29 ff. Micker in HerrmannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 9 . Z.B. Micker in Herrmann/Heuer/Raupach, KStG, § 1 1 Rn. 1 0; Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 1 1 . BFH v. 08.05 . 1 99 1 , I R 33/90, B StBl. 11 1 992, S . 437 ff.

Anwendungsbereich

Im Verhältnis zum Umwandlungssteuergesetz bestehen im Grundsatz keine Abgrenzungsprobleme. Wenn ein Tatbestand des Umwandlungssteuergesetzes erfiil lt ist, ist § 1 1 KStG nicht anwendbar, da die Vorschriften des Umwand­ lungssteuergesetzes vorrangig sind.9 Einzugehen ist schließlich noch auf das Verhältnis zum Gewerbesteuergesetz. Dessen Vorschriften stehen zu § 1 1 KStG nicht eigentlich in einem Konkur­ renzverhältnis, da sie unterschiedliche Steuerarten betreffen. l o Ebenso wie die Körperschaftsteuerpflicht endet auch die Gewerbesteuerpflicht erst mit Ab­ schluss der Liquidation. Dies folgt aus § 2 Abs . 2 S . 2 GewStG, wonach die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft gewerbesteuerpflichtig ist. Danach genügt irgendeine, nicht notwendig gewerbliche, Tätigkeit dafiir, dass eine Kapitalge­ sellschaft der Gewerbesteuerpflicht unterliegt. l l Daraus folgt, dass Kapitalge­ sellschaften während der Abwicklung gewerbesteuerpflichtig bleiben, was auch der allgemeinen Auffassung entspricht und seinen Niederschlag in § 4 Abs. 1 GewStDV gefunden hat. 12

B.

Anwendungsbereich

I.

Persönlich

Der persönliche Anwendungsbereich wirft keine Probleme auf. Er ergibt sich aus § 1 1 Abs. 1 S . 1 KStG und umfasst unbeschränkt steuerpflichtige Körper­ schaftsteuersubj ekte im Sinne des § 1 Abs . 1 Nr. 1 -3 KStG. Damit ist § 1 1 KStG anwendbar auf Kapitalgesellschaften, Genossenschaften sowie Versiche­ rungs- und Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit, j eweils einschließlich der europäischen Gesellschaftsformen. Daneben fallen entsprechende Gesell­ schaften ausländischen Rechts, die Geschäftsleitung oder Sitz in Deutschland haben, in den persönlichen Anwendungsbereich des § 1 1 KStG, in der Praxis insbesondere die Private Limited Company des englischen Rechts . 1 3 Fraglich ist, wie mit Steuersubj ekten zu verfahren ist, die nie zur Eintragung gelangt sind, also insbesondere der Vor-GmbH und der Vor-AG. 14 Unabhängig 9 Ebenso Micker in HerrmannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 1 1 . Zumindest missver­ ständlich Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 1 2, der § 1 1 KStG möglicherweise für anwendbar hält, soweit in Umwandlungsfällen das Umwandlungssteuerrecht die Besteu­ erung stiller Reserven nicht sicherstellt. Eine solche Auslegung des § 1 1 KStG wäre al­ lerdings angesichts der eindeutigen Voraussetzungen - Auflösung und Abwicklung kaum vertretbar. 1 0 Micker in HerrmannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 1 2 . 1 1 Sarrazin i n Lenski/Steinberg, GewStG, § 2 Rn . 25 1 6 . 1 2 Sarrazin i n Lenski/Steinberg, GewStG, § 2 Rn . 25 1 6, 2525 ff. 1 3 Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 Rn. 72, 1 07 ff. 1 4 Allgemein zu den Gründungsphasen von Kapitalgesellschaften z.B . K Schmidt, Gesell­ schaftsrecht4 , S. 783 ff., S. 997 ff.

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Grundlagen der Liquidationsbesteuerung

von der Frage, ob in diesen Fällen Auflösung und Abwicklung im Sinne des § 1 1 Abs. 1 S. 1 KStG stattfinden, ist vorrangig zu klären, ob Kapitalgesell­ schaften, die nie zur Eintragung gelangen, überhaupt der Körperschaftsteuer­ pflicht unterliegen. 1 5 Maßgebliche Vorschrift ist insoweit § 1 Abs . 1 Nr. 1 KStG, wonach Kapitalgesellschaften unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind. In Rechtsprechung und Literatur besteht Einigkeit, dass bei bereits an­ fänglich fehlender Eintragungsabsicht der Gründer grundsätzlich eine GbR bzw. OHG gegeben ist, sodass keine Körperschaftsteuerpflicht entstehen kann. 1 6 In diesen Fällen ist somit auch eine Anwendbarkeit des § 1 1 KStG ausgeschlossen. Umstritten ist hingegen, ob in Situationen, in denen die Grün­ dung nicht an der anfänglich fehlenden Eintragungsabsicht der Gründer, son­ dern aus anderen Gründen scheitert (etwa wegen später wegfallender Eintra­ gungsabsicht oder wegen einer Insolvenz vor der Eintragung), die Vorausset­ zungen der Körperschaftsteuerpflicht vorliegen. Teilweise wird dieser Fall ge­ nauso behandelt wie der Fall, in dem von Anfang an die Eintragung nicht ge­ wollt ist, 1 7 nach anderer Auffassung ist in solchen Sachverhalten - mit Unter­ schieden im Detail - in dem Zeitpunkt vom Ende der Körperschaftsteuer­ pflicht auszugehen, ab dem eine Eintragung nicht mehr in Betracht kommt. 1 8 Gegen eine Steuerpflicht der nicht zur Eintragung gelangten Vorgesellschaft wird eingewendet, dass kein zivilrechtlicher Anknüpfungspunkt bestehe, 19 während die Gegenauffassung argumentiert, dass sich die Steuerpflicht nicht rückwirkend ändern könne20. Vorzuziehen ist die Ansicht, wonach die nicht eingetragene Vorgesellschaft in keinem Fall der Körperschaftsteuerpflicht un­ terliegt.21 Hierfür sprechen zwei Argumente. Zum einen ist die Gegenauffas­ sung dann kaum praktikabel, wenn die Gründer im Laufe der Gründungsphase die Eintragungsabsicht aufgeben, da dieser Zeitpunkt kaum feststellbar ist, was aber notwendig wäre, um den Übergang von der Körperschaftsteuerpflicht

1 5 Dazu eingehend Hüttemann in FS Wassermeyer, S . 27 ff. 1 6 BFH v. 06.05 . 1 952, I 8/52 U, B StBl. III 1 952, S . 1 72 f. (S. 1 73); BFH v. 0 1 . 1 2 . 1 987, VII R 206/85 , BFHlNV 1 988, S. 477 ff. (S. 478); Crezelius in FS Wassermeyer, S. 1 5 ff. (S. 23); Graffe in Dötsch/JostIPung/Witt, KStG, § 1 Rn. 1 1 0 . 1 7 Graffe i n Dötsch/JostIPung/Witt, KStG, § 1 Rn. 1 1 0 . 1 8 Crezelius i n FS Wassermeyer, S . 1 5 ff. ( S . 2 4 f.); Peetz, GmbHR 2000, S . 1 083 ff. (S. 1 084 f.); W Wassermeyer, DStR 1 99 1 , S . 734 ff. (S. 73 6 f.); Knobbe-Keuk, B ilanz­ und Untemehmenssteuerrecht9 , S. 5 73 . 1 9 Graffe in Dötsch/JostIPung/Witt, KStG, § 1 Rn . 1 1 0 . 20 Knobbe-Keuk, B ilanz- und Untemehmenssteuerrecht9 , S . 5 73 ; Crezelius i n F S Wasser­ meyer, S. 1 5 ff. (S. 24 0; ausführlich gegen dieses Argument Hüttemann in FS Wasser­ meyer, S. 27 ff. (S. 3 7 ff.). 21 Ebenso mit ausführlicher Begründung Hüttemann in F S Wassermeyer, S . 27 ff. (S. 3 1 ff.).

26

Anwendungsbereich

zur Einkommensteuerpflicht festzustellen.22 Zweitens entfällt auch der wesent­ liche zivilrechtliche Anknüpfungspunkt, der eine Körperschaftsteuerpflicht der Vorgesellschaft rechtfertigt und in der Identität von Vorgesellschaft und einge­ tragener Gesellschaft zu sehen ist, wenn die Gesellschaft nicht eingetragen wird. An dieser Beurteilung ändert sich auch dadurch nichts, dass die echte Vorgesellschaft im Gegensatz zur unechten Vorgesellschaft dem Kapitalgesell­ schaftsrecht unterliegt, soweit dies auch sonst bei der Vorgesellschaft der Fall ist, denn der fehlende Anknüpfungspunkt lässt sich dadurch nicht begründen. 11.

Zeitlich

Der zeitliche Anwendungsbereich wirft grundsätzlich keine Probleme auf, § 1 1 KStG ist in der j etzigen Fassung seit dem 1 . 1 . 1 977 anzuwenden, § 54 Abs. 1 KStG 1 977 . Im Gebiet der früheren DDR gilt § 1 1 KStG seit dem 1 . 1 . 1 99 1 .23 Für den Übergang vom Vollanrechnungs- zum Halbeinkünftever­ fahren trifft § 34 Abs. 1 4 KStG eine Sonderregelung.24 111.

Sachlich

Der sachliche Anwendungsbereich ergibt sich im Grundsatz aus § 1 1 Abs . 1 S . 1 KStG : "Wird ein unbeschränkt Steuerpflichtiger im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 nach der Auflösung abgewickelt, [ . . . ]". Danach ist klar, dass sowohl Auflösung also auch Abwicklung des Steuerpflichtigen erforderlich sind, da­ mit § 1 1 KStG anwendbar ist. Es genügen deshalb weder allein die Abwick­ lung (stille Liquidation) noch allein die Auflösung (Scheinliquidation). Mithin hat § 1 1 KStG zwei Tatbestandsvoraussetzungen, nämlich das Vorliegen einer Auflösung einerseits und das Vorliegen der Abwicklung andererseits, die j e­ weils maßgeblich sind für die Entscheidung darüber, ob ein Fall des § 1 1 KStG, eine stille Liquidation oder eine Scheinliquidation vorliegt. 1.

Auflösung und stille Liquidation

Nach allgemeiner und richtiger Auffassung knüpft der Begriff der Auflösung mangels eigenständiger Definition an das Gesellschaftsrecht an, sein Vorliegen ist mithin allein nach dessen Maßstäben zu bestimmen.25 Die Abgrenzungs­ problematik zur stillen Liquidation kann sich allerdings nur dann stellen, wenn die Gesellschaft ohne Auflösungsbeschluss abgewickelt werden soll, da eine stille Liquidation gedanklich den Willen der handelnden Personen zur Abwicklung voraussetzt und somit nicht im Zusammenhang mit den anderen 22 Insoweit kritisch auch K. Schmidt in Scholz, GmbHG lO , § 1 1 Rn. 1 76 ; Hüftemann in F S Wassermeyer, S . 27 ff. (S. 3 4 ) ; Crezelius (in FS Wassermeyer, S . 1 5 ff., S . 25 f.) will die­ ses Problem mit einer obj ektiv geprägten Betrachtungsweise lösen. 23 Lenz in Erle/Sauter, KStG3 , § 1 1 Rn. 9 . 2 4 Dazu im Detail z.B . Frotscher i n Frotscher/Maas, KStG, § 1 1 Rn. 47 ff. 25 Z.B. Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 26.

27

Grundlagen der Liquidationsbesteuerung

möglichen Auflösungsgründen stehen kann?6 Wird eine Gesellschaft abgewi­ ckelt, ohne dass ein entsprechender ausdrücklicher Beschluss vorliegt, stellt sich die Frage, ob konkludent ein Auflösungsbeschluss gefasst wurde. Die Antwort hängt von der Lage im Gesellschaftsrecht ab und ist je nach Rechts­ form unterschiedlich zu beantworten. Bei der Aktiengesellschaft ist dies nicht möglich, da dort ein notariell beurkundeter Hauptversammlungsbeschluss notwendig ist, bei der Gesellschaft m.b.H. hingegen im Grundsatz schon, al­ lerdings muss der Wille zur Auflösung - und nicht nur zur Abwicklung - klar erkennbar sein?7 Allein mit der Abwicklung lässt sich eine konkludente Auflö­ sung nicht begründen, da eine Versilberung z.B . auch durch eine Änderung des Untemehmensgegenstands bedingt sein kann?S Im Ergebnis besteht somit für den Steuerpflichtigen j edenfalls in begrenztem Umfang29 ein Wahlrecht, ob er § 1 1 KStG zur Anwendung bringen will.30 2.

Abwicklung und Scheinliquidation

a)

Missbrauchstatbestand oder obj ektives Tatbestandsmerkmal?

Der Auflösung folgt regelmäßig die Abwicklung, die nach dem Wortlaut des § 1 1 Abs. 1 S. 1 KStG ebenfalls Voraussetzung für dessen Anwendbarkeit ist.3 1 Ausgeschlossen ist die Abwicklung dann, wenn der Auflösungsgrund die Ver­ mögenslosigkeit der Gesellschaft ist, § 3 94 FamFG i.V.m. § 262 Abs . 1 Nr. 6 AktG bzw. i.v.m. § 60 Abs. 1 Nr. 7 GmbHG. Denn in diesen Fällen ist das Ziel der Abwicklung - die Herbeifiihrung der Vermögenslosigkeit - bereits erreicht und eine Abwicklung folglich nicht mehr möglich.32 Dann ist auch § 1 1 KStG nicht anwendbar; alles andere wäre auch nicht sinnvoll, weil in Fällen der Vermögenslosigkeit die Gesellschaft sofort gelöscht wird und damit auch kein Bedarf für eine besondere Besteuerung der Abwicklung bestehe3 • Im Regelfall muss die Vermögenslosigkeit aber erst herbeigefiihrt werden, wofür die Ab26 V gl. zu den möglichen Auflösungsgründen bei AG und GmbH oben S. 5 f. 27 BFH v. 1 7.07 . 1 962, 1 254/60, FR 1 963 , S . 1 6; BFH v. 27.02 . 1 98 5 , I R 29 1 /83, BFHlNV 1 985, S . 63 ff. (S. 63 0; Haas in BaumbachlHueck, GmbHG 19 , § 60 Rn. 1 9 . 2 8 Vgl. BFH v. 27.02 . 1 985, I R 29 1 183, BFHINV 1 985, S . 6 3 ff. ( S . 6 3 f.). 29 Inwieweit ein solches Wahlrecht tatsächlich besteht, ist in erster Linie davon abhängig, in welchem Umfang eine stille Abwicklung gese l lschaftsrechtlich und vor allem faktisch durchführbar ist. 30 Zur rechtspolitischen Kritik unten S. 1 84 f. 3 1 Allg. Meinung, z.B . RFH v. 25 . 1 0 . 1 93 8 , I 1 3 8/3 8, RStBl. 1 93 9, S . 3 5 5 ; RFH v. 0 5 . 03 . 1 940, I 44/40, RStBl. 1 940, S . 7 1 5 f. (S. 7 1 6); Micker in Herr­ mannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 20; Holland in Ernst & Young, KStG, § 1 1 Rn. 2 8 ; Graffe i n Dötsch/JostlPung/Witt, KStG, § 1 1 Rn. 1 4 ; Frotscher i n FrotscherlMaas, KStG, § 1 1 Rn. 1 8; K. Schmidt in FS L. Schmidt, S . 227 ff. (S. 244 f.). 3 2 Micker in Herrmann/Heuer/Raupach, KStG, § 1 1 Rn. 20. 33 Jedenfalls nicht, wenn man den geltenden § 1 1 KStG zugrunde legt, der auf die Abwick­ lung zugeschnitten ist. Die Untersuchung wird zeigen, dass de lege ferenda das Erlö­ schen maßgeblicher Anknüpfungspunkt sein sollte, dazu unten S. 1 8 1 ff.

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Anwendungsbereich

wicklung als tatsächlicher Vorgang34 notwendig ist. 35 Dies kann durch Zer­ schlagung des Unternehmens, aber auch durch dessen Verkauf erfolgen; eben­ so möglich ist es, den Betrieb (oder Teilbetriebe) im Wege der Sachauskeh­ rung an Gesellschafter zu übertragen.36 Ob eine Abwicklung vorliegt, ist nach einhelliger Auffassung Tatfrage, 37 was richtig ist, weil die Abwicklung ein tat­ sächlicher Vorgang ist. Deshalb kann die Frage, ob eine Gesellschaft auch tat­ sächlich abgewickelt wird, nur anhand der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Gleichwohl stellt sich die Frage, auf welcher Grundlage diese Würdi­ gung des Einzelfalls erfolgen muss. Die Situation, dass die Abwicklung infol­ ge eines Auflösungsbeschlusses unterbleibt, obwohl sie gesellschaftsrechtlich vorgesehen ist, wird allgemein als Scheinliquidation bezeichnet.38 Auch wenn der Begriff der Scheinliquidation nahelegt, dass es sich um einen Missbrauchs­ tatbestand handelt, wird die Abwicklung allgemein als allein obj ektiv zu be­ stimmende Anwendungsvoraussetzung begriffen.39 Dies zeigt sich auch daran, dass für den Fall des Insolvenzverfahrens die Anwendbarkeit des § 1 1 KStG daran gemessen wird, ob die insolvente Gesellschaft zerschlagen oder fortge­ führt wird - da beide Möglichkeiten vorn Gesetz vorgesehen sind, kann es sich insofern schwerlich um einen Missbrauch handeln.40 Zu Recht hat Karsten Schmidt allerdings festgestellt, dass in frühen Entscheidungen des Reichsfi­ nanzhofs eher der Gedanke eines subj ektiv geprägten Missbrauchstatbestands eine Rolle spielte.41 So formulierte der Reichsfinanzhof2 in einer Entschei­ dung aus dem Jahr 1 92 8 wie folgt: [ . . . ] Denn dann ist aus dem tatsächlichen Verhalten der Gesell­ schaft zu schließen, daß sie in Wirklichkeit nicht ihre Existenz als Wirtschaftssubj ekt als beendet ansieht und nur noch mit der Nach­ laßregulierung beschäftigt ist, sondern daß sie, wenn auch in verän­ derter Form, fortleben will. Es handelt sich also um einen Schluss aus dem tatsächlichen Verhalten der Gesellschaft auf ihre wahren Absichten. [ . . . ] " ,,

3 4 Frotscher i n FrotscherlMaas, KStG, § 1 1 Rn. 1 7; Lambrecht i n Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 29. 35 Dazu oben S. 7 f. 3 6 Holland in Ernst & Young, KStG, § 1 1 Rn. 3 1 ; eine weite Auslegung des Begriffs der Abwicklung ist dafür entgegen Micker (in Herrmann/Heuer/Raupach, KStG, § 1 1 Rn. 20) nicht erforderlich. 3 7 RFH v. 20.09. 1 932, I A 509/3 1 , StuW 1 93 2 Nr. 1 1 90; RFH v. 07.05 . 1 929, I A a 8 1 8/28, RStBl. 1 929, S . 5 1 2 f. (S. 5 1 3 ). 3 8 Dazu ausführlich K. Schmidt in FS L. Schmidt, S . 227 ff. ( S . 2 3 6 ff.). 3 9 Z.B. Hofmeister in Blümich, KStG, § 1 1 Rn. 3 0 ; Micker in HerrmannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 20. 40 Zur Anwendbarkeit des § 1 1 KStG im Insolvenzverfahren unten S . 1 63 ff. 4 1 K. Schmidt in FS L. Schmidt, S . 227 ff. (S. 23 6 ff.). 42 RFH v. 2 8 .09. 1 928, I A 1 43/28, RStBl. 1 928, S . 3 66 f. (S. 3 66).

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Grundlagen der Liquidationsbesteuerung

Diese Sichtweise des Reichsfinanzhofs mag, wie K. Schmidt meint, damit zu­ s ammenhängen, dass die Entscheidungen Fälle betrafen, in denen ein Auflö­ sungsbeschluss gefasst w:orden war und die Auflösung nicht qua Gesetz erfolgt war.43 In erster Linie dürfte aber entscheidend gewesen sein, dass die Voraus­ setzung der Abwicklung explizit erst mit dem KStG 1 934 normiert wurde und es vorher vom Wortlaut her noch möglich war, die Abwicklung nicht als ob­ j ektive Anwendungsvoraussetzung zu begreifen.44 Die später erfolgte Ände­ rung in der Rechtspr:echung des Reichsfinanzhofs45 setzte dann auch tatsäch­ lich mit einem (Konkurs-)Fall ein, auf den § 1 4 KStG 1 934 anwendbar war, der weitestgehend dem heutigen § 1 1 KStG entsprach und insbesondere erst­ mals die Abwicklung als Tatbestandsvoraussetzung normierte. Auch wenn ü­ ber dieses obj ektive Verständnis heute grundsätzlich Einigkeit besteht, klingt in den Kommentierungen zum Teil im Zus amm enhang mit der Scheinliquida­ tion noch ein subj ektiver Einschlag an, indem beispielsweise von einem nicht . ernstlich gemeinten Auflösungsbeschluss die Rede ist.46 Das ist dann unschäd­ lich, wenn man die Scheinliquidation als Unterfall der fehlenden Abwicklung begreift; nicht mehr von § 1 1 KStG gedeckt wäre es allerdings, ein subj ektives Element zu fordern. Dies wäre eher in den Bereich der § § 4 1 , 42 AO einzu­ ordnen, an die man in der Tat bei einer Scheinliquidation zusätzlich denken kann. Allerdings sind kaum Fälle denkbar; in denen man auf die § § 4 1 , 42 AO zurückgreifen müsste; durch das Merkmal der Abwicklung lassen sie sich un­ mittelbar mit § 1 1 KStG selbst bewältigen. Festzuhalten ist j edenfalls, dass nach richtiger Auffassung die Abwicklung ei­ ne obj ektive Tatbestandsvoraussetzung des § 1 1 KStG ist. Ein subj ektives Ver­ ständnis würde sich mit dem Wortlaut kaum in Übereinstimmung bringen las­ sen und im Übrigen auch in Fällen, in denen die Auflösung nicht durch Be­ schluss erfolgt, nicht recht passen. Die Scheinliquidation schließlich ist als Unterfall der fehlenden Abwicklung einzuordnen, hat aber rechtlich keine ei­ genständige Bedeutung. b)

Beweislast und widerlegliche Vermutung für die Abwicklung

Wenn klar ist, dass die Abwicklung Voraussetzung fiir die Anwendung des § 1 1 KStG ist, stellt sich die Frage, wie dieses Tatbestandsmerkmal festzustel­ len ist. Dabei ist zunächst im Auge zu behalten, dass die Abwicklung darauf abzielt, die Vermögenslosigkeit der Gesellschaft herbeizufiihren, damit sie ge­ löscht werden kann.47 Deshalb erfasst die Abwicklung alles, was darauf ge43 K. Schmidt in FS L. Schmidt, S. 227 ff. (S. 23 6 f.). 44 So war fur die zitierte Entscheidung § 1 8 KStG 1 925 maßgeblich (RGBl. 1 92 5 , S . 208 ff. (S. 2 1 2)). 45 RFH v. 25 . 1 0 . 1 93 8, 1 1 3 8/3 8, RStBl. 1 939, S . 3 5 5 . 4 6 Z.B. Micker i n HerrmannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn . 1 8 ( Stichwort: Scheinliquida­ tion). 47 Dazu oben S . 7 f.

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Anwendungsbereich

richtet ist, dieses Ziel zu erreichen. Der Gesetzgeber hat sich dabei ausweislich der § 268 Abs. 1 AktG, § 70 GmbHG vorgestellt, dass das Vermögen der Ge­ sellschaft nach und nach versilbert wird und dann am Ende als Geldvermögen an die Anteilseigner ausgekehrt wird. Genauso denkbar ist es aber auch, das Unternehmen - oder Unternehmensteile - an einen Gesellschafter als Sach­ liquidationsrate zu übertragen oder es im Wege eines asset-deals zu verkaufen. In all diesen Fällen liegt eine Abwicklung vor, die fiir § 1 1 Abs . 1 S. 1 KStG genügt; eine weite Auslegung des Begriffs der Abwicklung ist dafiir nicht nö­ tig48• Wenn unmittelbar nach der Auflösung mit Abwicklungsmaßnahmen begonnen wird, bereitet die Feststellung der Abwicklung keine Probleme. Anders kann es z.B . sein, wenn nach der Auflösung zunächst nach einem Käufer gesucht wird und deshalb anfangs keine Abwicklungsmaßnahmen erkennbar sind. Ne­ ben der Schwierigkeit, in solchen Fällen die Abwicklung tatsächlich festzustel­ len, stellt sich allerdings eine weitere Frage, die - soweit ersichtlich - bisher nur von Karsten Schmidt4 9 aufgeworfen worden ist: Es ist nämlich fraglich, ob § 1 1 KStG in solchen Fällen sofort nach der Auflösung anzuwenden ist, oder erst dann, wenn tatsächlich Vermögensübertragungen erfolgen. Mit anderen Worten: Zählt die Phase, in der die Liquidatoren nach Käufern suchen, das Unternehmen aber noch fortführen, schon zur Abwicklung im Sinne des § 1 1 KStG? Karsten Schmidt ist wohl der Auffassung, dass nur ab dem Zeitpunkt, in dem tatsächlich Abwicklungsmaßnahmen im engeren Sinn ergriffen wer­ den, § 1 1 KStG anwendbar ist. Dies entspreche dem Normzweck des § 1 1 KStG, der die "Sonderbehandlung von Liquidationserträgen" nur dann ermög­ liche, wenn tatsächlich abgewickelt werde. 50 Eine solche Auslegung ist aller­ dings abzulehnen. Erstens ist nämlich der Normzweck des § 1 1 KStG nicht so eindeutig wie von Schmidt postuliert.5 1 Zweitens spricht auch der Wortlaut nicht unbedingt fiir diese Auffassung. Denn angesichts des Zusammenhangs zwischen Auflösung und Abwicklung in § 1 1 Abs. 1 S . 1 KStG liegt es nahe, beide Begriffe entsprechend ihrem gesellschaftsrechtlichen Verständnis auszu­ legen; fiir die Auflösung ist das auch unbestritten. Für ein enges Verständnis des Abwicklungsbegriffs führt K. Schmidt an, dass der Gesetzgeber der 1 920er und 1 93 0er Jahre, der die Vorschrift zur Liquidationsbesteuerung normiert hat, von dieser engen Auslegung ausgegangen sei. Allerdings war damals auch das gesellschaftsrechtliche Verständnis der Abwicklung enger als heute, sodass der Befund von K. Schmidt nicht gegen eine gesellschaftsrechtliche Interpretation spricht: Wenn der (Steuer)Gesetzgeber an einen gesellschaftsrechtlichen

48 49 50 51

In diese Richtung aber Frotscher in FrotscherlMaas, KStG, § 1 1 Rn. 20. Wenn auch nur am Rande: K. Schmidt in F S L. Schmidt, S . 227 ff. ( S . 244 0. K. Schmidt in FS L. Schmidt, S . 227 ff. (S. 245). Zum Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums, der von K. Schmidt wohl gemeint ist, im Einzelnen unten S . 52 ff.

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Grundlagen der Liquidationsbesteuerung

Begriff anknüpft, eröffnet er damit eben auch die Möglichkeit, dass ein verändertes gesellschaftsrechtliches Verständnis Einzug in das Steuerrecht erhält. Da nach gesellschaftsrechtlichem Verständnis auch eine einstweilige Fortführung der Gesellschaft i.L. möglich ist und zur Abwicklung zählt, wird man auch steuerrechtlich hiervon ausgehen können. Hinzu kommt, dass eine enge Auslegung auch unpraktikabel wäre, weil dann oftmals die Auflösung und der Beginn der Anwendbarkeit des § 1 1 KStG auseinanderfallen würden. Schließlich besteht auch nicht die Gefahr, dass durch die Übernahme des gesellschaftsrechtlichen Verständnisses Gesellschaften LL., die ihre tatsächliche Abwicklung lange hinauszögern, ein unberechtigter Vorteil entsteht. Denn zum einen erfordert auch das Gesellschaftsrecht, dass tatsächlich die Abwicklung verfolgt wird; das rechtliche Dürfen der Liquidatoren ist insoweit eingeschränkt. 52 Wird diese Grenze überschritten, kann man hinsichtlich des § 1 1 KStG davon ausgehen, dass es an einer Abwicklung fehlt. Im Übrigen besteht daneben immer noch die Möglichkeit, § 4 1 Abs. 2 AO oder § 42 AO zur Anwendung zu bringen. Als Zwischenergebnis ist deshalb festzuhalten, dass der Begriff der Abwicklung in § 1 1 Abs. 1 S . 1 KStG entsprechend seiner gesellschaftsrechtlichen Bedeutung auszulegen ist und deshalb eine (kurzzeitige) Unternehmensfortftihrung nach der Auflösung der Anwendbarkeit des § 1 1 KStG nicht ohne Weiteres entgegensteht. Nachdem damit im Grundsatz geklärt ist, wann eine Abwicklung im Sinne des § 1 1 KStG vorliegt, ist noch die Frage der Beweislast zu klären. Nach einhel­ liger Auffassung, die auf die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs53 zurück­ geht, trifft die Finanzverwaltung die (objektive) Beweislast54 hinsichtlich der Scheinliquidation.55 Ob dies auch allgemein für das Fehlen der Abwicklung gelten soll, geht aus den Kommentierungen nicht hervor. 56 Berücksichtigt man das eben herausgearbeitete Verständnis der Scheinliquidation als Unterfall der fehlenden Abwicklung und damit als obj ektives Tatbestandsmerkmal, erstaunt es zunächst, dass die Finanzverwaltung die Scheinliquidation nachweisen muss. Denn nach dem allgemeinen, auch im Steuerrecht geltenden Grundsatz, dass die materielle Beweislast grundsätzlich denj enigen trifft, der durch die fragliche Tatsache eine für ihn günstige Rechtsfolge begründen will, müsste

52 Zum Geschäftskreis der Abwickler z.B. Hüffer in MünchKomm, AktG3 , § 268, Rn. 3 ff. ; HF. Müller in MünchKomm, GmbHG ! , § 70 Rn. 5 ff. 53 RFH v. 28.09 . 1 928, I A 1 43/28, RStBl. 1 928, S . 366 f. (S. 3 66), allerdings noch zu § 1 8 KStG 1 925, der die Abwicklung noch nicht als Tatbestandsvoraussetzung normierte. 54 Zum Begriff der obj ektiven Beweislast Söhn in HübschmannlHepp/Spitaler, AO, § 8 8 Rn. 3 5 7 . 5 5 Jedenfalls soweit zur Beweislast überhaupt Stellung genommen wird. Z.B . Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 3 0 ; Micker in HerrmannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 1 8 . 5 6 Z.B. Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 3 0 ; Micker in HerrmannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 1 8 (Stichwort: Scheinliquidation).

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Das steuerliche Ende der Kapitalgesellschaft i.L.

eigentlich regelmäßig57 der Steuerpflichtige beweisen, dass auch tatsächlich abgewickelt wird. 58 Dass dies bei der Scheinliquidation anders sein soll, lässt sich - insbesondere mit Hinblick auf die Rechtsprechung des Reichsfinanz­ hofs, die dieser Ansicht zugrunde liegt - damit erklären, dass die Scheinliqui­ dation eben doch in Richtung eines Missbrauchstatbestands gedeutet wird, und zwar wohl, wenn dies auch nicht ausdrücklich gesagt wird, aufgrund der § § 4 1 , 42 AO . Bliebe man dabei, müsste tatsächlich der Steuerpflichtige grundsätzlich beweisen, dass eine Abwicklung durchgeführt wird. Eine solche Sichtweise würde allerdings verkennen, dass in aller Regel der Auflösung tat­ sächlich die Abwicklung folgt, weil dies vom Gesetz so vorgesehen ist. In Letzterem liegt der Anknüpfungspunkt rur eine praxisgerechte Lösung: Denn durch die gesetzlich vorgesehene Abfolge lässt sich begründen, dass mit dem Nachweis der Auflösung zugleich eine widerlegliche Vermutung darur aufge­ stellt ist, dass auch tatsächlich abgewickelt wird. Diese Vermutung kann natür­ lich nur dann gelten, wenn das Gesetz auch vorsieht, dass der Auflösung die Abwicklung nachfolgt. Ist dies nicht der Fall, was insbesondere rur das Insol­ venzverfahren59 gilt, muss der Steuerpflichtige den Beginn der Abwicklung nachweisen, sonst die Finanzverwaltung deren Fehlen.

3.

Zusammenfassung

§ 1 1 KStG ist nur dann anwendbar, wenn Auflösung und Abwicklung kumula­ tiv gegeben sind. Die Auflösung ist ein Rechtsakt, während die Abwicklung ein tatsächlicher Vorgang ist. Immer dann, wenn fiir den j eweiligen Auflö­ sungsgrund vom Gesetzgeber eine direkt anschließende Abwicklung vorgese­ hen ist, gilt im Hinblick auf § 1 1 KStG eine widerlegliche Vermutung, dass ei­ ne Abwicklung auch tatsächlich stattfindet. Eine solche Vermutung gilt des­ halb insbesondere nicht im Fall der Insolvenz.6o

c.

Das steuerliche Ende der Kapitalgesellschaft i.L.

Umstritten ist, wann die Gesellschaft aus steuerrechtlicher Sicht erlischt bzw. wann ihre Körperschaftsteuerpflicht endet. 6 1 Beide Fragen hängen eng zu­ sammen und werden üblicherweise nicht trennscharf auseinandergehalten. Maßgebliche Norm rur die unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht von Kapi­ talgesellschaften ist § 1 Abs . 1 Nr. 1 KStG. Die Vorschrift stellt dabei allein auf 57 Denn (nur) im Regelfall wird die Anwendung des § 1 1 KStG wegen der erweiterten Möglichkeiten der Verlustverrechnung günstig für den Steuerpflichtigen sein; dazu unten S . 53 ff. 5 8 Zu dieser allgemeinen Beweislastregel z.B . Söhn in HübschmannlHepp/Spitaler, AO, § 88 Rn. 3 5 7 . 59 Dazu i m Einzelnen unten S . 1 62 ff. 60 Im Einzelnen zur Insolvenz unten S . 1 62 ff. 6 1 Grundlegend dazu Fandrich, Das steuerliche Ende der Kapitalgesellschaften, insbeson­ dere S. 1 4 1 ff.

33

Grundlagen der Liquidationsbesteuerung

den Begriff der Kapitalgesellschaft ab. Mithin endet die Körperschaftsteuer­ pflicht mit Erlöschen der Kapitalgesellschaft.62 Umstritten ist die sich daraus ergebene Folgefrage, ob rur das Erlöschen der Kapitalgesellschaft aus Sicht des Körperschaftsteuerrechts ein eigener Maßstab gilt. 63 Von den Befürwortem eines eigenen Maßstabes wird meist gesagt, dass die Gesellschaft aus steuer­ rechtlicher Sicht erst dann erlösche, wenn keine steuerlichen Pflichten mehr zu erbringen seien, teils wird sogar von einer Fortexistenz ausgegangen, wenn ein (wohl Steuer-)Anspruch gegen die Gesellschaft übergangen worden ist.64 Folgt man der hier vertretenen Lösung zum Zeitpunkt der Vollbeendigung aus Sicht des Gesellschaftsrechts, ergeben sich indes kaum Unterschiede zwischen bei­ den Auffassungen: Denn danach existiert die Gesellschaft auch aus Sicht des Gesellschaftsrecht fort, solange noch Abwicklungsmaßnahmen - einschließ­ lich etwaiger steuerlicher Pflichten - zu erbringen sind.65 Nur wenn man auch einen übergangenen Steueranspruch für ausreichend hält, die steuerliche F ort­ existenz zu begründen, ergibt sich ein Unterschied, denn nach einhelliger Auf­ fassung im Gesellschaftsrecht kann das Fortbestehen einer Gesellschaft durch Verbindlichkeiten, die erst nach ihrem Erlöschen geltend gemacht werden, grundsätzlich nicht begründet werden.66 Überzeugen kann allein folgender Ansatz: Der Gesetzgeber knüpft mit dem Begriff der Kapitalgesellschaft an das Zivilrecht an, mithin ist grundsätzlich vom Zivilrecht auszugehen und damit auch im Hinblick auf Beginn und Ende der Steuerpflicht. Eine gewisse Einschränkung erfährt dieser Grundsatz mit Blick auf die Vorgesellschaften. Diese sind nach allgemeiner Auffassung kör­ perschaftsteuerpflichtig, wenn sie später zur Eintragung · gelangen, sie fallen mithin unter § 1 Abs . 1 Nr. 1 KStG. 67 Dies ist deshalb gerechtfertigt, weil auf die Vorgesellschaft größtenteils das Recht der späteren Kapitalgesellschaft an­ gewandt wird und die Vorgesellschaft ipso iure in der späteren Kapitalgesell­ schaft aufgeht. 68 Mit ähnlicher Argumentation könnte man, wenn man der An­ sicht von der allein deklaratorischen Eintragung folgt, eine - wie auch immer bezeichnete - Nachgesellschaft unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG fassen. Was aller­ dings abzulehnen ist, ist eine eigenständige steuerrechtliche Interpretation dar-

62 Altendorfin HerrmannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 Rn. 72. 63 Darur z.B . Fandrich, Das steuerliche Ende der Kapitalgesellschaften, S . 1 06 f. ; dagegen etwa FG Berlin v. 22.09. 1 986, VIII 496/84, EFG 1 987, S. 3 1 3 ff. ( S . 3 1 4 f.); Holland in Ernst & Young, KStG, § 1 1 Rn. 29. 64 Z.B . Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 29 a.E. 65 Ausführlich oben S. 12 ff. 66 Dies ist nur dann möglich, wenn noch Vermögen der Gesellschaft auftaucht. Dann aller­ dings ist die Gesellschaft nach der Lehre vom Doppeltatbestand ohnehin noch nicht erlo­ schen. 67 Altendorfin HerrmannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 Rn. 69. 68 Z.B. HueckiFastrich in BaumbachIHueck, GmbHG 19 , § 1 1 Rn. 5 5 ff.

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Gesetzgebungshistorie

über, wann die Kapitalgesellschaft als juristische Person erlischt. 69 Dies würde bedeuten, dass die Existenz der Gesellschaft davon abhängig ist, welches Rechtsgebiet einschlägig ist - eine schon logisch bedenkliche Annahme, die unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung70 auch deshalb kaum zu rechtfertigen ist, weil kein Grund fiir eine solche Konstruktion ersichtlich ist. Auf Grundlage der hier vertretenen Ansicht zum Erlöschenszeitpunkt der Kapitalgesellschaft besteht kein Bedürfnis, eine erweiterte Körperschaftsteu­ erpflicht zu begründen, weil eine von der Kapitalgesellschaft zu unterschei­ dende Nachgesellschaft nicht entsteht. Somit ergibt sich folgendes Bild: Der Zeitpunkt der Vollbeendigung einer Ka­ pitalgesellschaft ist auch aus steuerrechtlicher Sicht allein durch das Zivilrecht bestimmt. Eine erweiternde Auslegung des Kapitalgesellschaftsbegriffs ist - anders als für die Vorgesellschaft - auf Grundlage der hier vertretenen Auf­ fassung zu den Voraussetzungen der Vollbeendigung nicht erforderlich. Die Körperschaftsteuerpflicht erlischt somit in dem Zeitpunkt, in dem die Vollbe­ endigung der Gesellschaft eintritt.

D.

Gesetzgebungshistorie

Die Gesetzgebungsgeschichte des heutigen § 1 1 KStG wird hier nur im Über­ blick dargestellt, auf die Details - vor allem zu den Gesetzesbegründungen wird später im Zusammenhang mit den Sachfragen eingegangen.

I.

Hamburgisches Einkommensteuergesetz von 1 9 1 4

Bereits das Hamburgische Einkommensteuergesetz7 1 von 1 9 1 4 enthielt in § 1 2 Abs. 2 eine Regelung zur Liquidationsbesteuerung von juristischen Personen. Damals gab es noch keine reichseinheitliche Körperschaftsteuer; in Hamburg - wie auch in anderen Staaten des Deutschen Reichs - waren die Körperschaf­ ten einkommensteuerpflichtig.72 Im Einzelnen sah § 1 2 Abs . 2 Hamburgisches EStG 1 9 1 4 vor, dass im Fall der Auflösung einer juristischen Person dem Ein­ kommen des letzten Liquidationsj ahres die Summe des zur Verteilung gelang­ ten Vermögens hinzuzurechnen war, soweit es die Gesamtsumme der Einlagen überstieg. Bereits diese Vorschrift modifizierte damit die reguläre Gewinner69 BFH v. 02.07 . 1 969, I R 1 90/67, B StBl. II 1 969, s. 656 f. ( S . 6 5 6); wohl auch BFH v. 27.04.2000, I R 65/98, B StBl. II 2000, S. 500 f. Ob dies in dieser Konsequenz auch in der Literatur vertreten wird, bleibt letztlich unklar, der Eindruck drängt sich aber auf. V gl. insbesondere Graffe in Dötsch/JostiPung/Witt, KStG, § 1 1 Rn. 1 5 . 70 S o auch Holland in Ernst & Young, KStG, § 1 1 Rn . 29. 71 Abgedruckt in FA 1 9 1 5 , S . 3 5 6 . 7 2 Zur geschichtlichen Entwicklung der Körperschaftsteuer z.B . Heurung in Erle/Sauter, KStG3 , Einführung Rn. 79 ff. ; Knobbe-Keuk, B ilanz- und Unternehmenssteuerrecht9 , S . 5 5 8 ff.

35

Grundlagen der Liquidationsbesteuerung

mittlung auf ähnliche Weise, wie dies heute in § 1 1 KStG der Fall ist. Der ein� heitliche Besteuerungszeitraum hingegen war damals noch nicht im Gesetz enthalten. 11.

Körperschaftsteuergesetz zwischen 1 920 und 1 934

Das Körperschaftsteuergesetz 1 920 regelte die Liquidationsbesteuerung in § 1 7 KStG 1 92073, ausweis lieh der Gesetzesbegründung74 wurde diese Vor� schrift der Norm des § 1 2 Abs. 2 Hamburgisches EStG 1 9 1 4 nachgebildet. AI� lerdings war nicht mehr vom Einkommen des letzten Liquidationsj ahres die Rede, sondern vom letzten Betriebsergebnis. Auf diese Weise entstand bereits der einheitliche Besteuerungszeitraum, da die Vorschrift so verstanden wurde, dass das letzte Betriebsergebnis dem letzten vor der Auflösung erzielten Ge� winn entsprach75 • Weitere wesentliche Neuerung war § 1 7 Abs. 2 KStG 1 920, der aufgrund des damals geltenden, zum Teil progressiven Steuertarifs eine Besteuerung nach einem Durchschnittssteuersatz vorsah. Bereits 1 922 wurde das Körperschaftsteuergesetz grundlegend umgestaltet, dabei wurde auch der progressive Tarif abgeschafft. Die Liquidationsbesteuerung war nunmehr in § 1 4 KStG 1 92276 geregelt, blieb aber - bis auf die Abschaffung des durch­ schnittlichen Steuersatzes - im Wesentlichen unverändert. Die nächste Reform des Körperschaftsteuerrechts kam 1 92 5 77, Regelungsstandort der Liquidati­ onsbesteuerung war nunmehr § 1 8 Abs . 1 KStG 1 92 5 . Auch diese Vorschrift enthielt keine wesentliche Änderung der Rechtslage, sondern nur Klarstellun­ gen gegenüber der Vorgängervorschrift. 78 111.

Körperschaftsteuergesetz seit 1 934

Die Reform von 1 93 4 brachte schließlich in § 14 KStG 1 93 479 eine völlige Neuformulierung der Liquidationsbesteuerung mit sich, die im Wesentlichen bereits der heutigen Fassung entsprach. Damals wurde die Dreij ahresregelung des § 1 4 Abs. 1 KStG 1 920 eingefiihrt, die bis heute unverändert ist. Beweg­ grund dafür war ausweislieh der Gesetzesbegründung, der Finanzverwaltung den Nachweis der Scheinliquidation zu ersparen.80 Die Körperschaftsteuerre­ form 1 97781 brachte fiir die Liquidationsbesteuerung keine wesentlichen Neue­ rungen. Klargestellt wurde, dass auch Versicherungsvereine auf Gegenseitig-

73 74 75 76 77 78 79 80 81

36

G. v. 3 0.03 . 1 920, RGBL 1 920, s. 3 93 ff. (S. 3 99). Drs. der dt. Nationalversammlung 1 920, Nr. 1 976 (S. 2 8 f., Begr. zu § 1 3 ). RFH v. 0 1 .07. 1 922, I A 3 7/22, RFHE 1 0, S . 23 ff. (S. 26 f.). G. v. 02 .05 . 1 922, RGBL 1 1 922, S . 472 ff. ( S . 475). G. v. 1 0 .08. 1 925, RGBL I 1 925, S . 208 ff. So die RegBegr., RT-Drs. III (Band 400), Nr. 796 ( S . 1 8). G. v. 1 6. 1 0. 1 934, RGBL 1 1 934, S . 1 03 1 ff. (S. 1 03 3 ) . RegBegr. RStBl. 1 93 5 , S . 8 1 ff. (S. 8 5 ) . G. v. 3 1 .08. 1 976, BGBL 1 1 976, S . 2 5 9 7 ff. (S. 2603 f.).

Gesetzgebungshistorie

keit und Genossenschaften unter die Regelung fallen, die nunmehr in § 1 1 KStG 1 977 angesiedelt wurde.82 Zudem wurde kein Auflösungsbeschluss mehr vorausgesetzt, sondern eine Auflösung egal welcher Art, was vorher be­ reits Verwaltungspraxis war.83 Die Formulierung der Vorschriften zur Gewinn­ ermittlung wurde zum besseren Verständnis teilweise überarbeitet. In § 1 1 Abs. 7 KStG 1 977 findet sich schließlich die neue Vorschrift, dass die Norm auf Körperschaften im Konkursverfahren entsprechende Anwendung findet; auch dies war lediglich eine Festschreibung der Rechtsprechung84• Seit der Re­ form von 1 977 gab es nur noch zwei redaktionelle Folgeänderungen: Der durch das SEStEG85 geänderte Kreis der unbeschränkt Steuerpflichtigen in § 1 Abs . 1 KStG wurde konsequenterweise auch mr § 1 1 Abs . 1 S . 1 und Abs . 7 KStG übernommen. Außerdem musste mit Ersetzung der Konkursordnung durch die Insolvenzordnung § 1 1 Ab's . 7 KStG entsprechend umformuliert werden.86

82 RegBegr. BT-Drs. 7/1 470 (S. 344). 83 RegBegr. BT-Drs. 7/ 1 470 (S. 345). 84 RegBegr. BT-Drs. 7/ 1 470 (S. 345); RFH v . 0 5 . 03 . 1 940, 1 44/40, RStBl. 1 940, S. 7 1 5 f. (S. 7 1 6). 85 SEStEG v . 07. 1 2 .2006, BGBL I 2006, S . 2782 ff. ( S . 2787). 86 Erfolgt durch das EGlnsOÄndG v . 1 9 . 1 2 . 1 998, BGBL 1 1 998, S . 3 83 6 ff. ( S . 3 84 1 ).

37

§ 4 Der einheitliche Besteuerungszeitraum A.

Grundsätzliches zum einheitlichen Besteuerun g szeit­ raum

I.

Einführung in die Problematik

§ 1 1 Abs . 1 S. 1 und Abs. 2 KStG statuieren für Kapitalgesellschaften in Li­ quidation einen besonderen Besteuerungszeitraum. Anders als sonst findet die Veranlagung zur Körperschaftsteuer nicht mehr j ährlich statt, sondern grund­ sätzlich nur einmal fiir den gesamten Zeitraum der Liquidation. Da die Ab­ wicklung einer Kapitalgesellschaft aufgrund des gesellschaftsrechtlich vorge­ schriebenen Sperrj ahres immer mindestens ein Jahr, regelmäßig aber länger dauert, ist der Besteuerungszeitraum in der Liquidation länger als im Rahmen der laufenden Besteuerung. Diese Regelung wird durch § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG wieder eingeschränkt: Da­ nach "soll" der Besteuerungszeitraum drei Jahre nicht überschreiten. Was ge­ nau unter dieser Vorschrift zu verstehen ist, wird unterschiedlich beurteilt. Ge­ stritten wird darüber, ob eine nach drei Jahren, aber vor Abschluss der Liqui­ dation vorgenommene Veranlagung (die nach allgemeiner Auffassung möglich ist) endgültig oder nur vorläufig ist - j e nach Auffassung entstehen dann meh­ rere selbständige Besteuerungszeiträume oder nur ein einheitlicher Besteue­ rungszeitraum. Hinter diesem Meinungsstreit verbergen sich grundlegende Probleme. So stellt sich insbesondere die Frage, warum sich der Gesetzgeber fiir den einheitlichen Besteuerungszeitraum - ein Unikat im Steuerrecht - ent­ schieden hat, der sich in die Steuersystematik nicht leicht einfiig en lässt und eben deshalb an verschiedenen Stellen zu Friktionen führt. Mit anderen Wor­ ten: Welchen Zweck verfolgt § 1 1 Abs . 1 KStG? Dabei wird auch zu fragen sein, ob die Verwirklichung dieses Zwecks zulässig oder vielleicht sogar gebo­ ten ist. Damit ist die Aufgabe der folgenden Abschnitte eine doppelte : Einerseits müs­ sen Fragen beantwortet werden, die sich im Zus amm enhang mit dem einheitli­ chen Besteuerungszeitraum stellen, andererseits soll aber auch untersucht werden, ob und wie sich die Regelung steuerdogmatisch fundieren lässt. 11.

Der Begriff des einheitlichen Besteuerungszeitraums

In Rechtsprechung und Literatur wird der Begriff des (einheitlichen) Besteue­ rungszeitraums verwendet, um insbesondere die einheitliche Gewinnermitt­ lung zu beschreiben - gewissermaßen definiert durch § 1 1 Abs . 1 S . 1 und Abs. 2 KStG, also ohne die Dreij ahresregel. Eine genaue Definition findet sich allerdings nicht. Auch in dieser Arbeit wird der Terminus "Besteuerungszeit­ raum" in dieser Weise benutzt. Ob dieser B egriff im Rahmen des § 1 1 Abs . 1 39

Der einheitliche Besteuerungszeitraum

S . 2 KStG in identischer Weise zu verstehen ist, ist damit aber nicht entschie­ den, mit anderen Worten: Es ist denkbar, dass der Begriff "Besteuerungszeit­ raum" im Zusammenhang mit der Liquidation zwei Bedeutungen hat: eine eher allgemeine, durch den allgemeinen (steuerlichen) Sprachgebrauch ge­ prägte Bedeutung, und eine speziellere, die durch die Auslegung des § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG bestimmt wird.

III.

Die Ä nderung von Steuergesetzen während der Liquidation

Durch den einheitlichen Besteuerungszeitraum gern. § 1 1 Abs . 1 S. 1 und Abs . 2 KStG wird es - bedenkt man die hektische Betriebsamkeit, die dem Steuergesetzgeber zu eigen ist - regelmäßig vorkommen, dass sich während dieser Steuerperiode die Steuergesetze ändern; dann ist problematisch, welche Fassung der Steuergesetze anzuwenden ist. Nach allgemeiner Auffassung ist die Gesetzesfassung maßgeblich, die im Zeitpunkt des Ablaufs des Besteue­ rungszeitraums gilt, mithin grundsätzlich am Ende der Liquidation. ! Fraglich ist allerdings, wie sich dieses Ergebnis - das oft einfach festgestellt wird2 begründen lässt. Lambrecht argumentiert, dass als maßgeblicher Festsetzungs­ zeitraum im Sinne des § 7 Abs. 3 S. 2 KStG das Kalenderj ahr anzusehen sei, in dem der Abwicklungszeitraum endet. 3 Hofmeister führt als Begründung an, dass erst in diesem Zeitpunkt die Körperschaftsteuer entstehe, § 3 0 Nr. 3 KStG. 4 Der Bundesfinanzhof hat jüngst festgestellt, dass es sich um einen "all­ gemeine[n] Grundsatz" handele.5 Der Ansatz von Hofmeister vermag letztlich nicht zu überzeugen. Gegen die Herleitung aus § 30 Nr. 3 KStG ist einzuwenden, dass sie nicht der sonst ver­ wendeten Regelungstechnik entspricht und deshalb zu Friktionen führen kann: Der Übergang von einer Gesetzesfassung zur nachfolgenden wird nicht gere­ gelt, indem auf das Entstehen des Steueranspruchs abgestellt wird, sondern durch Bezugnahme auf einen durch eine Jahresangabe bestimmten Veranla-

2

3 4 5

40

BFH v. 27.03 .2007, VIII R 25/05, B StBl. II 2008, S. 298 ff. ( S . 3 00); RFH v. 1 7.0 1 . 1 939, 1 4 1 8/3 8, RStBl. 1 93 9, S . 598 ff. ( S . 599); Hofmeister in B lümich, KStG, § 1 1 Rn. 80; Lambreeht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 34; Mieker in Herrmann/HeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 2 8 ; Graffe in Dötsch/JostIPung/Witt, KStG, § 1 1 Rn. 2 1 ; Frotseher in Frot­ scher/Maas, KStG, § 1 1 Rn. 26; Thiel, AG 1 960, S . 270 ff. ( S . 274). RFH v. 1 0 .05 . l 93 8, 1 266/3 7, RStBl. 1 93 8, S . 63 0 f. ( S . 63 1 ); Thiel, AG 1 960, S . 270 ff. (S. 274); Mieker in HerrmannIHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 2 8 ; Graffe in Dötsch/JostIPung/Witt, KStG, § 1 1 Rn. 2 1 ; Frotseher in FrotscherlMaas, KStG, § 1 1 Rn. 26. Lambreeht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 34 Hofmeister in Blümich, KStG, § 1 1 Rn. 80. BFH v. 27.03 .2007, VIII R 25/05, B StBl. II 2008, S . 298 ff. ( S . 3 00); BFH v. 27.03 .2007, VIII R 60/05, B StBl. II 2008, S. 3 03 ff. (S. 3 05).

Grundsätzliches zum einheitlichen Besteuerungszeitraum

gungszeitraum.6 Aus diesem Grund gibt es keine Rechtslage, die für ein be­ stimmtes Jahr gilt, sondern nur eine solche für einen bestimmten Veranla­ gungszeitraum. Insbesondere kann es dann zu Problemen kommen, wenn ein Gesetz im Laufe eines Jahres beschlossen wird und bereits für den Veranla­ gungszeitraum in diesem Jahr gelten soll, die Liquidation aber vor der Geset­ zesänderung beendet ist. Gilt die Änderung dann bereits für die Liquidation? Diese Frage lässt sich anhand von § 30 Nr. 3 KStG nicht beantworten, da diese Vorschrift den entscheidenden Punkt nicht regelt, nämlich welchem Veranla­ gung szeitraum welche Gewinne zuzurechnen sind. Auch die Argumentation von Lambrecht ist zweifelhaft. Zum einen scheint er der Auffassung zu sein, dass Bemessungszeitraum das Kalenderj ahr ist, in dem die Liquidation endet; andererseits diene "nicht das Kalenderj ahr als Gewinnermittlungszeitraum und VZ. ,,7 also entspricht seiner Ansicht nach wohl der Abwicklungszeitraum dem Veranlagungszeitraum. Dann besteht aber auch hier die bereits beschrie­ bene Friktion mit den Anwendungsvorschriften, die auf den Veranlagungszeit­ raum als Kalenderj ahr abstellen. Im Übrigen bleibt letztlich auch die Herlei­ tung des Ergebnisses offen. -

Soweit ersichtlich, werden keine weiteren Begründungsansätze vertreten. Es ist aber klar geworden: Um zu einer überzeugenden Lösung zu gelangen, die sich möglichst ohne Reibungen in die Übergangsregelungen einfügt, kommt es darauf an, was der Veranlagungszeitraum im Rahmen des § 1 1 KStG ist. Der folgende Abschnitt befasst sich unter anderem mit dieser Frage.

IV.

Einwirkungen des einheitlichen Besteuerungszeitraums auf Ermittlungs-, Bemessungs- und Veranlagungszeitraum und Wirtschaftsj ahr

Aus § 1 1 Abs . 1 S. 1 und Abs. 2 KStG ergibt sich, dass während der Liquidati­ on grundsätzlich nur eine Veranlagung für den gesamten Abwicklungszeitraum stattfindet, da der Abwicklungs g ewinn durch Gegenüberstellung von Anfangs­ und Endvermögen ermittelt wird. Fraglich ist, wie sich diese einheitliche Ge­ winnermittlung auf Veranlagungs-, Bemessungs- und Gewinnermittlungszeit­ raum auswirkt. Zu erörtern ist auch, ob und inwiefern im Liquidationszeitraum ein Wirtschaftsjahr besteht. Es wird dabei davon ausgegang en, dass der S on­ derfall des § 1 1 Abs. 1 S. 2 KStG nicht auftritt, da er für die folgenden Fragen unbeachtlich ist. Diese stellen sich unabhängig davon, ob eine Zwischenveran­ lagung vorgenommen wird und welcher Art sie ist.

6

7

Z.B. § 34 Abs. 1 KStG: "Diese Fassung des Gesetzes gilt, soweit in den folgenden Ab­ sätzen nichts anderes bestimmt ist, erstmals für den Veranlagungszeitraum 2008." (i.d.F. des Art. 3 Nr. 4 JStG 2008 v. 20. 1 2 .2007, BGBl. 1 2007, S. 3 1 5 0 ff.). Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 3 3 .

41

Der einheitliche Besteuerungszeitraum

1.

Einkünfteermittlungszeitraum und Gewinnermittlungszeitraum

Einkünfteermittlungszeitraum ist der Zeitraum, für den die steuerpflichtigen Einkünfte ermittelt werden; er ist in § 7 Abs. 4 KStG geregelt. 8 Da die von § 1 1 KStG erfassten Steuersubj ekte denen entsprechen, auf die auch die Ge­ werblichkeitsfiktion des § 8 Abs. 2 KStG anwendbar ist, erzielen sie gern. § 2 Abs. 2 S . 2 Nr. 1 EStG Gewinneinkünfte, sodass auch spezieller von Gewinn­ ermittlungszeitraum gesprochen werden kann. Er entspricht grundsätzlich dem Wirtschaftsj ahr, kann mithin vom Kalenderj ahr abweichen. 9 Während der Li­ quidation ermittelt die Kapitalgesellschaft ihren Gewinn gern. § 1 1 Abs . 1 S. 1 und § 1 1 Abs. 2 KStG einheitlich für den gesamten Abwicklungszeitraum. Damit entspricht der Gewinnermittlungszeitraum in der Liquidation dem Ab­ wicklungszeitraum. 1 0 2.

Wirtschaftsj ahr(e) in der Liquidation

Ob während der Liquidation überhaupt ein Wirtschaftsj ahr besteht, ist umstrit­ ten. Teilweise wird die Auffassung vertreten, der Besteuerungszeitraum des § 1 1 Abs. 1 KStG trete an die Stelle des Wirtschaftsj ahres, es gebe mithin wäh­ rend der Abwicklung kein Wirtschaftsj ahrY Nach der Gegenansicht besteht ein Wirtschaftsj ahr, das grundsätzlich dem Abwicklungszeitraum entspricht. 1 2 Es wird schließlich auch vertreten, dass zu differenzieren sei : Soweit es allein um die einheitliche Gewinnermittlung gehe, ersetze der Besteuerungszeitraum das Wirtschaftsj ahr, für andere Belange dagegen gebe es ein Wirtschaftsj ahr, etwa hinsichtlich der Übergangsvorschriften. 1 3 Das Problem, ob während der Abwicklung ein Wirtschaftsj ahr besteht, ist im Rahmen des Übergangs vom Anrechungs- zum Halbeinkünfteverfahren virulent geworden; es hatte Bedeu­ tung für die Frage, ab welchem Veranlagungszeitraum für die Besteuerung von Liquidationsgewinnen beim Anteilseigner gern. § 1 7 Abs . 4 EStG das Halb­ einkünfteverfahren galt. 1 4

8 Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 7 Rn. 24. 9 Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 7 Rn. 3 8 . 1 0 Ebenso die wohl allg.M. : Suchanek i n Herrmann/HeuerlRaupach, KStG, § 7 Rn. 7 , 2 1 ; Micker in Herrmann/HeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 24; B. Lang in Ernst & Young, KStG, § 7 Rn. 1 9 ; Pung in Dötsch/JostiPung/Witt, KStG, § 7 Rn. 23 ; Frotscher in Frot­ scherlMaas, KStG, § 7 Rn. 29; Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 34. 1 1 Jünger, BB 200 1 , S . 69 ff. (S. 72); DötscWPung, DB 2002, S . 1 1 73 ff. (S. 1 1 76 f.); DötscWPung, DB 2003 , S . 1 922 ff. (S. 1 923); BMF v . 26.08 .2003 , IV A 2 - S 2760 4/03, B StBl. 1 2003 , S . 434 f. (S. 434); Olgemöller in Streck, KStG7 , § 1 1 Rn. 8 . 1 2 BFH v. 27 .03 .2007, VIII R 25/05, B StBl. 1 1 2008, S . 2 9 8 ff. (S. 3 0 1 ); F G Düsse1dorf v. 1 3 .09.2005, 9 K 745/04 E, j uris; FG Rhein1and-Pfa1z v. 1 5 .03 .2005, 2 K 1 43 7/03 , EFG 2005, S. 1 347 ff. (S. 1 349 f.); Oltmanns, DB 2005, S . 27 1 3 ff. ( S . 27 1 4 f.). 13 Micker in HerrmannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 34. 14 V gl. insoweit etwa BFH v . 27.03 .2007, VIII R 25/05, B StBl. Il 2008, S . 298 ff. ( S . 3 0 1 ); DötscWPung, DB 2003 , S . 1 922 ff. (S. 1 923); Oltmanns, DB 2005, S . 27 1 3 ff.

42

Grundsätzliches zum einheitlichen Besteuerungszeitraum

Ausgangspunkt für die Beantwortung dieser Frage muss der Begriff des Wirt­ schaftsj ahres sein. Das Wirtschaftsj ahr ist ein steuerrechtlicher Begriff, er ist in § 4a Abs. 1 EStG geregelt und gilt gern. § 8 Abs. 1 KStG auch im Körper­ schaftsteuerrecht. 1 5 Danach ist gern. § 4a Abs . 1 Nr. 2 EstG das Wirtschaftsj ahr der Zeitraum, rur den Gewerbetreibende regelmäßig Abschlüsse machen, mithin also gewissermaßen ein besonderer Gewinnermittlungszeitraum rur Ge­ werbetreibende 1 6• Dass der Einkünfteermittlungszeitraum in der Liquidation grundsätzlich dem Abwicklungszeitraum entspricht, spricht darur, dass auch das Wirtschaftsj ahr grundsätzlich dem Abwicklungszeitraum entspricht. Folgt man dem, modifiziert § 1 1 Abs. 1 KStG das Wirtschaftsj ahr. Darur, dass wäh­ rend der Liquidation kein Wirtschaftsj ahr besteht, ist letztlich kein Grund er­ sichtlich, insbesondere bleibt unklar, warum dies dem (angeblichen) Zweck des § 1 1 KStG widersprechen sollte, den Abwicklungsgewinn "einfach und möglichst zusammengefasst zu besteuem"Y Es sprechen weder der Wortlaut des § 1 1 KStG noch die steuerrechtliehe Systematik rur diese Auffassung. 1 8 Gegen die Auffassung eines verlängerten Wirtschaftsj ahres spricht auch nicht, dass während der Liquidation handelsrechtliche Abschlüsse 1 9 aufzustellen sind. Denn das Wirtschaftsj ahr ist ein steuerrechtlicher Begriff und beschreibt den Zeitabschnitt, rur den der steuerpflichtige Gewinn ermittelt wird; wird dieser Gewinn nicht rur ein Geschäftsj ahr ermittelt, wäre es sinnlos, dennoch an eben dieses handelsrechtliche Geschäftsjahr anzuknüpfen. Indem § 1 1 KStG den Zeitraum der Gewinnermittlung modifiziert, verändert er somit in entsprechender Weise auch die Länge des Wirtschaftsj ahres .

3.

Der Bemessungszeitraum 20 in der Liquidation

a)

Problematik

Bemessungszeitraum ist der Zeitraum, rur den die B esteuerungsgrundlagen ermittelt werden. Er ist in § 7 Abs . 3 KStG geregelt und entspricht grundsätz­ lich dem Kalenderj ahr. 2 1 Damit normiert § 7 Abs . 3 KStG das Jahressteuer­ prinzip fiir das Körperschaftsteuerrecht.22 Umstritten ist, ob durch den grund­ sätzlich einheitlichen Besteuerungszeitraum des § 1 1 Abs . 1 KStG auch der Bemessungszeitraum modifiziert (mithin: verlängert) wird23 oder ob es beim Oltmanns, DB 2005, S. 27 1 3 ff. (S. 27 1 4). Ähnlich Heinicke in Schmidt, EStG3 \ § 4a Rn. 1 . So aber Micker in HerrmannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 3 4 . Ähnlich Oltmanns, D B 2005, S . 27 1 3 ff. (S. 27 1 4). Zur handelsrechtlichen Gewinnermittlung in der Liquidation unten S . 99 ff. Bzw. Festsetzungszeitraum, es handelt sich um Synonyme: Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 7 Rn. 29. 21 Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 7 Rn. 24, 29; B. Lang in Ernst & Young, KStG, § 7 Rn. 9; Rengers i n B1ümich, KStG, § 7 Rn. 1 8 . 22 Suchanek in HerrmannIHeuer/Raupach, KStG, § 7 Rn. 20. 23 Frotscher in FrotscherlMaas, KStG, § 7 Rn. 1 3 .

15 16 17 18 19 20

43

Der einheitliche Besteuerungszeitraum

Kalenderj ahr als Bemessungszeitraum bleibt24 • In den Kommentierungen wird dieser Frage, soweit sie überhaupt angesprochen wird, regelmäßig keine große Bedeutung zugemessen; flir die vertretenen Auffassungen finden sich daher al­ lenfalls kurze Begründungen,zs Hinter diesem Problem verbirgt sich allerdings eine grundlegende systematische Frage: Der Liquidationsgewinn wird einheit­ lich ermittelt, § 1 1 Abs. 1 und Abs. 2 KStG, es existiert somit für mehrere Jah­ re nur ein steuerpflichtiger Gewinn. Damit dieser besteuert werden kann, muss er einem bestimmten Kalenderj ahr zugeordnet werden. Für den Bemessungs­ zeitraum bedeutet dies : Folgt man der Auffassung, nach der der Bemessungs­ zeitraum dem Abwicklungszeitraum entspricht, stellt sich das Problem der zeitlichen Zuordnung fiir den Bemessungszeitraum nicht - da nur ein (mehr­ j ähriger) Bemessungszeitraum besteht, kann der Abwicklungsgewinn auch nur diesem zugerechnet werden. Vertritt man hingegen die Gegenauffassung, ist eine Zuordnung zu einem bestimmten Bemessungszeitraum erforderlich, da während der Liquidation mehrere Bemessungszeiträume bestehen, die (abge­ sehen von einem möglicherweise kürzeren Bemessungszeitraum im letzten Jahr der Abwicklung) j eweils einem Kalenderj ahr entsprechen. Die Vertreter der letzteren Auffassung nehmen eine Zuordnung zum zeitlich letzten Bemes­ sungszeitraum vor. 26 b)

Vertretene Auffassungen und denkbare Lösungsansätze für eine zeitliche Zuordnung

Nach einer Auffassung2 7 ist davon auszugehen, dass während der Liquidation ein einheitlicher Bemessungszeitraum besteht. Dies hat zum einen zur Folge, dass sich Gewinnermittlungszeitraum und Bemessungszeitraum entsprechen; gleichzeitig weicht damit der Bemessungszeitraum vom Jahressteuerprinzip des § 7 Abs. 3 KStG ab. Zweitens ist damit die Frage nach der zeitlichen Zu­ ordnung des steuerpflichtigen Gewinns zu einem bestimmten Kalenderj ahr nicht mittels des Bemessungszeitraums lösbar, da dieser dann eben mehrere Kalenderj ahre umfasst. Die Zurechnung zu einem bestimmten Kalenderj ahr müssen die Vertreter dieser Auffassung deshalb auf anderem Weg lösen. Nach der wohl überwiegenden Gegenauffassung2 8 wirkt der einheitliche Besteue­ rungszeitraum gern. § 1 1 Abs . 1 KStG auf den Bemessungszeitraum nicht ein und es bleibt mithin bei den allgemeinen Regeln des § 7 Abs . 3 KStG, also grundsätzlich beim Kalenderj ahr als Bemessungszeitraum. Folgt man dieser Auffassung, fallen Gewinnermittlungszeitraum und Bemessungszeitraum aus24 Suchanek in Herrmann/HeuerlRaupach, KStG, § 7 Rn. 20; B. Lang in Ernst & Young, KStG, § 7 Rn. 1 9 ; Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 7 Rn. 29. 25 Verhältnismäßig ausführlich allein B. Lang in Ernst & Young, KStG, § 7 Rn. 19 ff. 26 Suchanek in Herrmann/HeuerlRaupach, KStG, § 7 Rn. 2 1 ; B. Lang in Ernst & Young, KStG, § 7 Rn. 1 9 . 2 7 Nachweis oben Fußnote 23 . 2 8 Nachweise oben Fußnote 24.

44

Grundsätzliches zum einheitlichen Besteuerungszeitraum

einander. Deshalb ist die Frage zu lösen, welchem Bemessungszeitraum der Abwicklungsgewinn zuzurechnen ist. Die Vertreter dieser Auffassung nehmen eine Zuordnung zum letzten Bemessungszeitraum vor, begründen dies aber nur knapp. Insbesondere wird gesagt, der Liquidationsgewinn werde "fiktiv" dem letzten Bemessungszeitraum zugeordnet. 29 Nimmt man einen einheitlichen Bemessungszeitraum an, ist das Problem der zeitlichen Zurechnung des Gewinns zu einem bestimmten Kalenderj ahr auf anderer Ebene als derj enigen des Bemessungszeitraums zu lösen. In Betracht kommt die Zuordnung zu einem bestimmten kalenderj ährlichen Veranlagungs­ zeitraum oder, sofern man auch einen einheitlichen Veranlagungszeitraum an­ nimmt, eine Zuordnung außerhalb der sonst geltenden Systematik der ver­ schiedenen "Zeiträume". 30 Jedenfalls ist nach allgemeiner Auffassung eine Zuordnung zu dem Kalenderj ahr vorzunehmen, in das die Vollbeendigung fällt. Zu denken ist dabei insbesondere an die Auffassung von Hofmeister3 ! , der die allgemeine Auffassung damit begründet, dass gern. § 3 0 Abs . 1 Nr. 3 KStG die Steuer erst am Ende des Veranlagungszeitraums entstehe, mithin am Ende der Liquidation. Im Fall von kalenderj ährlichen Bemessungszeiträumen muss eine Zuordnung des Abwicklungsgewinns zu einem bestimmten Bemes­ sungszeitraum erfolgen. Infrage kommt insofern die Vorschrift des § 7 Abs . 4 S . 2 KStG, die für den Fall eines abweichenden Wirtschaftsj ahres die Zuord­ nung zu dem Kalenderj ahr statuiert, in dem das Wirtschaftsj ahr endet; weitere Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige für das abweichende Wirtschafts­ j ahr regelmäßig Abschlüsse macht. Soweit an eine Anwendung dieser Vor­ schrift gedacht wird, wird sie unter Verweis auf die fehlende Regelmäßigkeit der Liquidationsrechnungslegung, mithin des abweichenden Wirtschaftsj ahres, abgelehnt. 32 Dieser Einwand gilt allerdings nur für eine direkte, nicht für eine entsprechende Anwendung des § 7 Abs . 4 S. 2 KStG, die grundsätzlich in Be­ tracht zu ziehen ist. c)

Eigene Auffassung

aa)

Wortlaut

Gern. § 1 1 Abs . 1 KStG ist der im Zeitraum der Abwicklung erzielte Gewinn der Besteuerung zugrunde zu legen; dabei soll der Besteuerungszeitraum drei Jahre nicht übersteigen. Der Wortlaut ist offen, da § 1 1 Abs. 1 KStG seine ei­ gene Terminologie verwendet; insbesondere der Begriff des Besteuerungszeit-

29 30 31 32

So insbesondere B. Lang in Ernst & Young, KStG, § 7 Rn. 2 . Z . B . Lenz i n Erle/Sauter, KStG3 , § 1 1 Rn. 3 9 ; i m Einzelnen unten S . 4 9 ff. Hofmeister in B lümich, KStG, § 1 1 Rn. 80. Suchanek in HerrmannlHeuerlRaupach, KStG, § 7 Rn. 28 a.E.

45

Der einheitliche Besteuerungszeitraum

raums wird außerhalb der Liquidation im Ertragsteuerrecht3 3 nicht verwendet. Ein eindeutiges Ergebnis lässt sich deshalb aus dem Wortlaut nicht herleiten. bb)

Telos

Der Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums soll hier zwar noch nicht untersucht werden, es ist aber dennoch folgende Eingrenzung möglich: Aus einer Zusammenschau von § 1 1 Abs . 1 und 2 KStG ergibt sich, dass der ein­ heitliche Besteuerungszeitraum j edenfalls der einheitlichen Gewinnermittlung dient. Es findet sich aber kein Anhalt dafür, dass auch ein einheitlicher Bemes­ sungszeitraum bezweckt ist, namentlich ist dafür kein Sinn erkennbar, da an einer zeitlichen Zuordnung des Abwicklungsgewinns zu einem bestimmten Kalenderj ahr - auf welcher Ebene sie auch erfolgen mag - nicht vorbeizu­ kommen ist. Mithin ist kein Zweck ersichtlich, den der Gesetzgeber mit einem einheitlichen Bemessungszeitraum verfolgt haben könnte. Dies weist eher in Richtung eines von § 1 1 KStG nicht modifizierten Bemessungszeitraums . ce)

Systematik

Das Jahressteuerprinzip ist für das Körperschaftsteuerrecht wesentlich. Aus diesem Grund ist auch § 7 Abs. 3 KStG, der den kalenderj ährlichen Bemes­ sungszeitraum und damit das Jahressteuerprinzip statuiert, eine grundlegende Regelung des Körperschaftsteuergesetzes . Deshalb gilt, dass eine Abweichung von diesem Grundsatz einer trag fähigen Begründung bedarf. Da der Wortlaut des § 1 1 Abs. 1 KStG recht offen ist und sich aus dem Zweck der Vorschrift auch keine eindeutige Tendenz ableiten lässt, sind die Ergebnisse dieser beiden Auslegungen eher in Richtung der kalenderj ährlichen Bemessungszeiträume zu verstehen, eben weil die Abweichung vom Grundprinzip eine Begründung erfordert und nicht das Festhalten daran. Die Ausgestaltung der Körperschaftsteuer als Jahressteuer erfordert die Zu­ ordnung des steuerpflichtigen Gewinns zu einem bestimmten Kalenderj ahr. Es ist deshalb im Folgenden zu erörtern, wie eine solche Zurechnung im Rahmen der Liquidation möglich ist, wobei auf beide Auffassungen zum Bemessungs­ zeitraum in der Liquidation einzugehen ist. (1)

Kalenderj ährliche Bemessungszeiträume

Fol gt man der Auffassung, die auch während der Liquidation j ährliche Bemes­ sungszeiträume annimmt, stellt sich die Frage, welchem Bemessungszeitraum der Gewinn zuzurechnen ist. Neben dem wenig überzeugenden Rekurs auf ei­ ne "fiktiv" erfolgende Zuordnung zum letzten Bemessungszeitraum34 liegt vor allem eine analoge Anwendung des § 7 Abs. 4 S . 2 KStG nahe. Vorab ist al­ lerdings zu prüfen, ob § 7 Abs. 4 S. 2 KStG überhaupt eine Zuordnung zum 33 Außerhalb des § 1 1 KStG findet er sich noch in den Übergangsvorschriften zum Halb­ einkünfteverfahren, § § 34 Abs. 1 4, 40 Abs. 4 KStG. 34 B. Lang in Ernst & Young, KStG; § 7 Rn. 2; Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 7 Rn. 29.

46

Grundsätzliches zum einheitlichen Besteuerungszeitraum

Bemessungszeitraum vornimmt; der Wortlaut spricht nur vom Kalenderj ahr. Indes ergibt sich aus der Systematik des § 7 KStG, dass es sich um eine Zu­ rechnung zum Bemessungszeitraum handeln muss und nicht etwa zum Ver­ anlagungszeitraum. Wäre dies nämlich nicht der Fall, wäre der Bemessungs­ zeitraum im Fall eines abweichenden Wirtschaftsj ahres funktionslos, da die Gewinne direkt einem Kalenderj ahr zugerechnet würden. Das hieße, dass die Existenz des Bemessungszeitraums davon abhängig wäre, ob der Steuerpflich­ tige seine Gewinne rur ein abweichendes oder für ein kalenderj ährliches Wirt­ schaftsj ahr ermittelt. Für eine solche Sichtweise ist kein Grund ersichtlich; sie würde darauf hinauslaufen, dass der Bemessungszeitraum ein überflüssiger Bestandteil der Systematik des Körperschaftsteuergesetzes ist. Somit ist davon auszugehen, dass § 7 Abs. 4 S . 2 KStG eine Zuordnung zum Bemessungszeit­ raum vornimmt. Es sind deshalb die Voraussetzungen fiir eine analoge An­ wendung auf den Fall der Liquidation zu prüfen, also das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke und die Vergleichbarkeit der Sachverhalte3 5 • Setzt man voraus, dass der Bemessungszeitraum durch den einheitlichen Be­ steuerungszeitraum nicht modifiziert wird, liegt eine Regelungslücke vor. Denn es ist keine Norm ersichtlich, die eine Zuordnung des steuerpflichtigen Gewinns zu einem bestimmten Bemessungszeitraum regelt. Dafür, dass der Gesetzgeber diese Lücke absichtlich gelassen hat, ist kein Anhaltspunkt er­ sichtlich, im Gegenteil: Die Zuordnung des Gewinns zu einem bestimmten Bemessungszeitraum ist nach der Systematik des Körperschaftsteuergesetzes zwingend erforderlich. Somit liegt unter der Prämisse eines nicht modifizier­ ten Bemessungszeitraums eine planwidrige Regelungslücke vor. Zudem ist fiir eine Analogie erforderlich, dass der direkt geregelte und der fragliche Sachverhalt vergleichbar sind. Direkt geregelt ist durch § 7 Abs . 4 S . 2 KStG der Fall, dass regelmäßig ein vom Kalenderj ahr abweichendes Wirt­ schaftsj ahr gegeben ist; der zu vergleichende Sachverhalt betrifft den Fall der Liquidation, in dem grundsätzlich nur einmal ein vom Kalenderjahr abwei­ chendes Wirtschaftsj ahr vorliegt. Die Vergleichbarkeit beider Sachverhalte ist zu bej ahen. Entscheidend ist, dass in beiden Fällen eine Abweichung vom Ka­ lenderj ahr vorliegt, die eine zeitliche Zuordnung zu einem bestimmten kalen­ derj ährlichen Bemessungszeitraum erforderlich macht. Es ist kein Grund er­ sichtlich, warum die Liquidation eine andere Zurechnung verlangen sollte. Vielmehr ist naheliegend, dass der Gesetzgeber diesen Fall genauso behandelt hätte, wenn er ihn bedacht hätte. Unter der Voraussetzung, dass während der Liquidation j ährliche Bemes­ sungszeiträume bestehen, liegen die Voraussetzungen für eine Analogie somit

4 3 5 Zur Analogie z.B . Larenz/Canaris, Methodenlehre3 , S. 202 ff.; Rüther, Rechtstheorie , Rn . 889 ff.

47

Der einheitliche Besteuerungszeitraum

vor. Mithin erfolgt unter dieser Prämisse die Zurechnung des Abwicklungsge­ winns zum zeitlich letzten Bemessungszeitraum analog § 7 Abs. 4 S . 2 KStG. (2)

Einheitlicher Bemessungszeitraum

Fraglich ist, wie im Fall eines einheitlichen Bemessungszeitraums die Zurech­ nung des Abwicklungsgewinns zu einem bestimmten Kalenderj ahr erfolgen kann, sei es in Form eines Veranlagungszdtraums oder auf andere Weise. Die­ se Frage wird regelmäßig nur knapp abgehandelt. 36 Nach der jüngeren Recht­ sprechung des Bundesfinanzhofs gibt es einen allgemeinen Grundsatz, dass die Steuergesetze maßgeblich sind, die im Zeitpunkt der Vollbeendigung gel­ ten. Daraus lässt sich wohl folgern, dass der Bundesfinanzhof davon ausgeht, dass der Gewinn im letzten Kalenderj ahr der Abwicklung bezogen wird; die Begründung dafiir mittels eines "allgemeinen Grundsatzes" ist allerdings kaum zufriedenstellend. Hofmeister3 7 stützt diese Auffassung darauf, dass gern. § 30 Nr. 3 KStG die Steuer erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums entstehe. Allerdings setzt diese Argumentation voraus, dass nur ein Veranla­ gungszeitraum besteht. Vor allem aber entspricht sie nicht der Systematik des Körperschaftsteuerrechts, da es fiir die anwendbaren Steuergesetze nicht dar­ auf ankommt, wann ein Veranlagungszeitraum endet, sondern welchem (ka­ lenderj ährlichen) Veranlagungszeitraum die Einkünfte zugeordnet werden. Denn darauf - und nicht auf den Entstehungszeitpunkt - stellen die Anwen­ dungsvorschriften des § 34 KStG ab. Weitere Begründungsansätze sind nicht ersichtlich. Es bleibt damit fiir den Fall des einheitlichen Bemessungszeitraums wohl tatsächlich dabei, dass man die Zuordnung des Gewinns zu einem bestimmten Kalenderj ahr nur mittels der dargestellten, wenig überzeugenden Ansätze begründen kann.

(3)

Zwischenerg ebnis

Folgt man der Ansicht, dass während der Liquidation die Bemessungszeiträu­ me weiterhin grundsätzlich dem Kalenderj ahr entsprechen, lässt sich eine Zu­ ordnung zum letzten Bemessungszeitraum der Liquidation über eine entspre­ chende Anwendung des § 7 Abs. 4 S . 2 KStG begründen. Vertritt man die Ge­ genauffassung vom einheitlichen Bemessungszeitraum, ist eine Zuordnung auf Ebene des Bemessungszeitraums weder erforderlich noch möglich; es sind al­ lerdings auch keine überzeug enden Ansätze ersichtlich, wie eine Zuordnung zu einem bestimmten Kalenderj ahr, die - auf welche Weise auch immer - er­ forderlich ist, erfolgen kann. d)

Entscheidung

Nach alledem sprechen die deutlich besseren Argumente fiir die Auffassung , nach der § 1 1 KStG keinen Einfluss auf die Bemessungszeiträume hat. Dafiir 3 6 Z.B. Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 3 4 . 3 7 Hofmeister i n Blümich, KStG, § 1 1 Rn. 8 0 .

48

Grundsätzliches zum einheitlichen Besteuerungszeitraum

ist zum einen anzuführen, dass die Zuordnung des Abwicklungsgewinns zu ei­ nem bestimmten Kalenderj ahr nur nach dieser Ansicht überzeugend möglich ist. Andererseits ist gegen die Auffassung des einheitlichen Bemessungszeit­ raums insbesondere auch der Mangel an Argumenten für eine solche Sichtwei­ se einzuwenden. Diese wären aber erforderlich, da es sich um eine Ausnahme vom Grundsatz handelt. 4.

Veranlagungszeitraum

a)

Einführung

Veranlagungszeitraum ist der Zeitraum, für den die Finanzverwaltung die Ver­ anlagung gern. § 3 1 Abs. 1 KStG i.Vm. § 25 Abs. 1 EStG durchführt. 38 Er ent­ spricht gern. § 25 Abs. 1 EStG dem Kalenderj ahr. Der Ver.anlagungszeitraum ist gewissermaßen das verfahrensrechtliche Pendant des Bemessungszeit­ raums. Umstritten ist, ob durch die grundsätzlich einheitliche Gewinnermitt­ lung des § 1 1 Abs . 1 KStG auch der Veranlagungszeitraum modifiziert wird39 oder ob es beim Kalenderj ahr als Veranlagungszeitraum verbleibt40 • b)

Verhältnis von Bemessungs- und Veranlagungszeitraum

Nach der hier vertretenen Auffassung wird der Bemessungszeitraum durch den einheitlichen Besteuerungszeitraum gern. § 1 1 Abs. 1 KStG nicht modifiziert. Es stellt sich die Frage, ob zwischen Bemessungszeitraum und Veranlagungs­ zeitraum ein logisches Verhältnis dergestalt besteht, dass damit auch der Streit um den Veranlagungszeitraum entschieden ist. Dies mag zwar nicht zwin­ gend4 1 sein, aber es spricht doch einiges dafür, beide Fragen gleich zu beant­ worten. Zunächst lassen sich die Argumente für den unveränderten Bemes­ sungszeitraum auch auf den Veranlagungszeitraum übertragen; insbesondere ist kein Zweck ersichtlich, der mit einem einheitlichen Veranlagungszeitraum verfolgt werden könnte42 • Zudem würde auch folgender logischer Bruch ent­ stehen: Durch den kalenderj ährlichen Bemessungszeitraum werden die Ein­ künfte einem bestimmten Kalenderj ahr zugeordnet; durch einen einheitlichen, sich re gelmäßig über mehrere Kalenderj ahre erstreckenden Veranlagungszeit3 8 Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 7 Rn. 24. 3 9 Micker in HerrmannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 24; Pung in Dötsch/JostIPung/Witt, KStG, § 7 Rn. 1 9 ; Lenz in Erle/Sauter, KStG3 , § 1 1 Rn. 3 9 ; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, § 7 Rn. 1 0; Streck in Streck, KStG7 , § 3 1 Rn. 3 ; Olgemöller in Streck, KStG7 , § 1 1 Rn. 8 ; Jünger, BB 200 1 , S . 69 ff. ( S . 70); Boochs in Lademann, KStG, § 1 1 Rn. 3 7 ; Schulte i n Erle/Sauter, KStG3 , § 7 Rn. 32; wohl auch BFH v . 27.03 .2007, VIII R 25/05, BFH/NV 2007, S . 1 5 62 ff. ( S . 1 5 64). 40 B. Lang in Ernst & Young, KStG, § 7 Rn. 1 9 . 4 1 Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 3 3 i .Y.m. § 7 Rn. 29 scheint der Auffassung zu sein, dass nur der Veranlagungszeitraum, nicht aber der Bemessungszeitraum durch § 1 1 KStG modifiziert wird. 42 So früher auch Schulte (in Erle/Sauter, KStG2 , § 7 Rn. 3 2), der inzwischen die Gegenauf­ fassung vertritt (in Erle/Sauter, KStG3 , § 7 Rn. 32).

49

Der einheitliche Besteuerungszeitraum

raum, würde diese Zuordnung wieder aufgehoben, obwohl sie notwendig ist. Es ist schwerlich vorstellbar, dass der Gesetzgeber dies beabsichtigt hat. c)

Steuerrechtliehe Systematik

Das Körperschaftsteuerrecht basiert unter anderem auf dem Grundsatz, dass der Veranlagungszeitraum dem Kalenderj ahr entspricht; dieser Grundsatz ist in § 25 Abs . 1 EStG geregelt, der gern. § 3 1 Abs. 1 S . 1 KStG auch für das Kör­ perschaftsteuerrecht gilt. Dass dieses Prinzip grundlegende systematische Be­ deutung hat, lässt sich leicht an den Anwendungsvorschriften des § 34 KStG erkennen: Dort wird nämlich für die Frage, ab welchem Zeitpunkt eine Geset­ zesänderung anzuwenden ist, auf einen bestimmten Veranlagungszeitraum ab­ gestellt, der einem Kalenderj ahr entspricht. 43 Wollte man von diesem Grund­ satz der kalenderj ährlichen Veranlagungszeiträume eine Ausnahme zulassen, müssten dafür angesichts des offenen Wortlauts des § 1 1 Abs. 1 KStG schon überzeugende Argumente vorliegen, die hier nicht ersichtlich sind. d)

Mögliches Gegenargument: § IOd EStG

Der Verlustrücktrag ist in § I Od Abs . 1 EStG geregelt. Danach ist ein Rücktrag nur in den unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum möglich. So­ fern man auch während der Liquidation an j ährlichen Veranlagungszeiträumen festhält, ergibt sich das Problem, dass der unmittelbar vorange g angene Veran­ lagungszeitraum in der Regel in die Liquidation fallen wird und deshalb der Verlustrücktrag leer liefe. Dem lässt sich dadurch begegnen, dass man für den Sonderfall der Liquidation annimmt, dass der unmittelbar vorangegangene Veranlagungszeitraum der letzte ist, für den eine Veranlagung im Rahmen der laufenden Besteuerung vorgenommen worden ist, mithin also der Veranla­ gungszeitraum, in den die Auflösung fällt. Von einer solchen Sichtweise wird wohl auch stillschweigend bei denj enigen ausgegangen, die an j ährlichen Ver­ anlagungszeiträumen festhalten. e)

Entscheidung

Gegen einen einheitlichen Veranlagungszeitraum sprechen dieselben Argu­ mente, die bereits gegen einen einheitlichen Bemessungszeitraum in Anschlag gebracht wurden. Zudem spricht auch nichts dafür, trotz eines kalenderj ährli­ chen Bemessungszeitraums einen einheitlichen Veranlagungszeitraum anzu­ nehmen. Mithin entspricht auch während der Liquidation der Veranlagungs­ zeitraum dem Kalenderj ahr.

43 Vgl. etwa § 34 Abs. 1 KStG: "Diese Fassung des Gesetzes gilt, soweit in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, erstmals für den Veranlagungszeitraum 2008." (i.d.F. des Art. 3 Nr. 4 JStG 2008 v . 20. 1 2 .2007, BGBl. 1 2007, S . 3 1 5 0 ff.).

50

Grundsätzliches zum einheitlichen Besteuerungszeitraum

1)

Verkürzter Veranlagungszeitraum im Jahr der Vollbeendigung?

Schließlich ist noch zu klären, ob sich der letzte Veranlagungszeitraum - also im Jahr der Beendigung der Liquidation - bis zum Ende der Abwicklung oder dem des . Kalenderj ahres erstreckt, anders formuliert: Ob der letzte Veranla­ gungszeitraum durch ein früheres Ende der Abwicklung verkürzt wird. Die Problematik entspricht dem Meinungsstreit im Hinblick auf den Veranlagungszeitraum im Fall des § 7 Abs. 3 S . 3 KStG, der den Fall des verkürzten Bemessungszeitraums regelt. Teilweise wird eine Verkürzung auch des Veranlagungszeitraums vertreten44 , während nach anderer Auffassung der Veranlagungszeitraum auch bei kürzerem Bemessungszeitraum weiterhin dem Kalenderj ahr entspricht4 5 • Für eine Verkürzung des Veranlagungszeitraums sprechen weder der Wortlaut des § 7 Abs. 3 KStG noch die Systematik; es ist auch kein Zweck ersichtlich, der mit einem verkürzten Veranlagungszeitraum verfolgt werden könnte. 46 Somit entspricht auch in dem Jahr, in das die Vollbeendigung fällt, der Veranlagungszeitraum dem Kalenderj ahr. 5.

Zusammenfassung

Während der Liquidation besteht ein grundsätzlich einheitlicher Besteue­ rungszeitraum, § 1 1 Abs. 1 KStG. Durch diese Vorschrift werden der Gewinn­ ermittlungszeitraum und das Wirtschaftsj ahr entsprechend modifiziert. Unver­ ändert bleiben dagegen der Bemessungszeitraum und der Veranlagungszeit­ raum, die auch während der Abwicklung dem Kalenderj ahr entsprechen. Fällt die Vollbeendigung nicht mit dem Ende eines Kalenderj ahres zusammen, greift für den letzten Bemessungszeitraum § 7 Abs. 3 S . 3 KStG ein und ver­ kürzt den Bemessungszeitraum entsprechend; der Veranlagungszeitraum ent­ spricht hingegen auch in diesem Fall dem Kalenderj ahr. Der Liquidationsge­ winn wird dem letzten Bemessungszeitraum in entsprechender Anwendung des § 7 Abs. 4 S . 2 KStG zugeordnet. Damit können auch nur in dem Veranla­ gungszeitraum Einkünfte anfallen, der diesem letzten Bemessungszeitraum entspricht. Somit sind für die Besteuerung die Steuergesetze in der Fassung maßgeblich, die für diesen Veranlagungszeitraum gilt.

44 Lornsen- Veit in Erle/Sauter, KStG3 , § 3 0 Rn. 20. 45 Schulte in Erle/Sauter, KStG3 , § 7 Rn. 26; Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 7 Rn. 24. 46 Ebenso Schulte in Erle/Sauter, KStG3 , § 7 Rn. 26.

51

Der einheitliche Besteuerungszeitraum

V.

Steuervorauszahlungen

Nach einhelliger Auffassung gilt § 37 Abs. 1 EStG LV.m. § 3 1 Abs . 1 KStG auch während der (gesamten) Abwicklung. 4 7 In der Tat ist kein Grund ersicht­ lich, warum während der Liquidation keine Vorauszahlungen möglich sein sollten. Im Gegenteil : Aufgrund des verlängerten Besteuerungszeitraums be­ steht gerade während der Abwicklung ein besonderes Bedürfnis für die Erhe­ bung von Steuervorauszahlungen. Nach dem Gesetzeswortlaut sind derartige Vorauszahlungen zwingend48 , die Finanzverwaltung hat insoweit kein Ermes­ sen. Vorauszahlungen sind allerdings unzulässig, wenn im Rahmen der Ab­ wicklung kein Gewinn mehr zu erwarten ist. 49 B.

Der Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums

Berücksichtigt man, dass der einheitliche Besteuerungszeitraum in der Liqui­ dation nicht nur ein Unikum im Ertragsteuerrecht darstellt, sondern bereits seit mehr als 80 Jahren existiert, erstaunt es, dass die Frage nach dem Zweck die­ ser Sonderregelung bislang eher rudimentär behandelt wurde. In diesem Ab­ schnitt soll deshalb untersucht werden, welche Ratio der einheitliche Besteue­ rungszeitraum verfolgt. Klarheit über die Zweckrichtung dessen wird später auch bei der Auslegung der Drei-Jahres-Regelung des § 1 1 Abs . 1 S . 2 KStG vonnöten sein.5 0 Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass nach der Ge­ setzesfassung der einheitliche Besteuerungszeitraum von der einheitlichen Gewinnermittlung nicht zu trennen ist. Deshalb lässt sich die einheitliche Ge­ winnermittlung auch weder als Folge noch als Zweck des einheitlichen Be­ steuerungszeitraums begreifen. Hinsichtlich der denkbaren Zweckrichtungen sind zwei Ebenen zu unterscheiden: Einmal kann die einheitliche Gewinner­ mittlung unmittelbar einen gesetzgeberischen Zweck verwirklichen, zweitens kann sie aber auch so zu verstehen sein, dass erst die dadurch herbeigeführten Folgen einem Zweck dienen. Im ersten Fall wären die Folgen der einheitlichen Gewinnermittlung gewissermaßen nur Nebenfolgen, im anderen Fall wären gerade die Folgen beabsichtigt und die einheitliche Gewinnermittlung nur das gesetzgeberische Gestaltungsmittel. Auf diese Folgen des einheitlichen Be-

47 FG Brandenburg v. 23 .0 1 .2002, 2 K 2272/98 K, U, F, EFG 2002, S . 432 ff. ( S . 432 f.); Lenz in Erle/Sauter, KStG3 , § 1 1 Rn. 39; Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 1 0; Hof­ meister in Blümich, KStG, § 1 1 Rn. 82; Micker in HerrmannlHeuer/Raupach, KStG, § 1 1 Rn. 28; Graffe in Dötsch/JostlPung/Witt, KStG, § 1 1 Rn. 2 1 a. 48 Für zwingende Vorauszahlungen auch Hofmeister in Blümich, KStG, § 1 1 Rn. 82. 49 Wohl deshalb wird in den Kommentierungen von Vorauszahlungen teilweise nur im Sin­ ne einer Möglichkeit, nicht im Sinne einer Verpflichtung gesprochen, vgl. etwa Lam­ brecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 1 0; Graffe in Dötsch/JostlPung/Witt, KStG, § 1 1 Rn. 2 1 a; anders Hofmeister in Blümich, KStG, § 1 1 Rn. 82. 5 0 Dazu unten S . 78 ff.

52

Der Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums

steuerungszeitraums ist zunächst einzugehen, bevor dann der Zweck heraus­ gearbeitet wird, da rur dessen Bestimmung die Kenntnis der Wirkungen erfor­ derlich ist.

I.

Auswirkungen der einheitlichen Gewinnermittlung

1.

Verlustverrechnungsmöglichkeiten

Es liegt auf der Hand, dass der einheitliche Besteuerungszeitraum sich auf die Möglichkeiten der Verlustverrechnung auswirkt. In welcher Weise dies im De­ tail passiert, ist nachfolgend darzustellen. Dabei ist eine erweiterte Verlustver­ rechnung grundsätzlich in zwei Dimensionen denkbar: Erstens kann die Ver­ lustverrechnung innerhalb der Liquidation erleichtert werden, zweitens können auch die Verlustverrechnungsmöglichkeiten zwischen dem Besteuerungszeit­ raum während der Abwicklung einerseits und den Wirtschaftsj ahren vor Auf­ lösung andererseits verbessert sein. a)

Verlustverrechnung innerhalb des Abwicklungszeitraums

Der einheitliche Besteuerungszeitraum ermöglicht während der Abwicklung grundsätzlich die unbeschränkte Saldierung von Gewinnen und Verlusten; im Gegensatz zur sonst geltenden j ährlichen Besteuerung gelten innerhalb der Abwicklung nicht die Einschränkungen des § I Od EStG. Der Vorteil, der sich daraus rur die Kapitalgesellschaft LL. ergibt, ist davon abhängig, in welchem Maße die Restriktionen des § I Od EStG sonst eingreifen würden. Da insbe­ sondere der Verlustrücktrag nur sehr begrenzt möglich ist, ist der einheitliche Besteuerungszeitraum dann von besonderem Nutzen, wenn zu Beginn der Abwicklung Gewinne und später Verluste erzielt werden, die dann ohne Ein­ schränkung miteinander verrechnet werden können, während im Regelfall nur ein Verlustrücktrag in Höhe von 5 1 1 .500 Euro möglich ist. b)

Verlustverrechnung zwischen Abwicklungszeitraum und vorangegangenem Veranlagungszeitraum

aa)

Grundlegende Wirkungsweise des § IOd EStG in der Liquidation

Zu untersuchen ist, ob der einheitliche Besteuerungszeitraum daneben eine erweiterte Verlustverrechnung mit vorangegangenen Wirtschaftsj ahren ermög­ licht. Dazu ist zunächst die Wirkungsweise des § I Od EStG in Erinnerung zu rufen: Vorrangig - soweit der Steuerpflichtige keinen entgegenstehenden An­ trag stellt - wird gern. § I Od Abs. 1 EStG ein Verlustrücktrag S l durchge:llihrt, der betragsmäßig auf 5 1 1 . 500 Euro beschränkt ist. Danach noch bestehende Verluste können gern. § I Od Abs. 2 EStG zeitlich unbegrenzt vorgetragen S2 5 1 Dazu etwa Lambrecht in Kirchhof, EStG l l , § I Od Rn. 6 ff. ; Heinicke in Schmidt, EStG3 1 , § I Od Rn. 20 ff. 52 Dazu etwa Lambrecht in Kirchhof, EStG l l , § I Od Rn. 1 5 ff. ; Heinicke in Schmidt, EStG3 1 , § I Od Rn. 3 0 ff.

53

Der einheitliche Besteuerungszeitraum

werden. Allerdings ist der Verlustausgleich pro Veranlagung szeitraum in der Höhe beschränkt: Bis zu 1 Million Euro können ohne Beschränkung abgezo­ gen werden, darüber hinaus sind Verluste nur bis zu 60% des 1 Million Euro übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte abziehbar. Soweit ein Verlust nach § I Od Abs. 2 EStG nicht abgezogen werden kann, ist er weiter vortrags­ fähi g - nach der Konzeption des Gesetzgebers sind Verluste also je nach ihrer Höhe und der Summe der Einkünfte nicht sofort voll nutzbar. Es wurde bereits begründet, dass während der Liquidation die Vorschrift des § I Od EStG bezüg­ lich der relevanten Veranlagung szeiträume dergestalt auszulegen ist, dass als vorangegangener Veranlagungszeitraum derj enige gilt, in dem die letzte regu­ läre Veranlagung stattgefunden hat. 5 3 Diese Auslegung hat ihren Grund darin, dass während der Liquidation wegen des einheitlichen Besteuerungszeitraums Veranlagungszeiträume bestehen, in denen keine Veranlagung stattfindet. Prüft man die verschiedenen denkbaren Fälle auf Verlustverrechnungsmög­ lichkeiten, stellt sich heraus, dass in bestimmten Konstellationen der einheitli­ che Besteuerungszeitraum nachteilig sein kann: Dieser Fall kann aufgrund der Beschränkungen des Verlustvortrags dann eintreten, wenn im Zeitpunkt der Auflösung ein vortragsfähiger Verlust besteht, der mit Gewinnen aus dem Ab­ wicklungszeitraum ausgeglichen werden soll : Aufgrund des einheitlichen Be­ steuerungszeitraums besteht nur einmalig die Möglichkeit, Verluste abzuzie­ hen, was dazu führt, dass auch nur einmal der Sockelbetrag von 1 Million Eu­ ro genutzt werden kann.5 4 Würde dagegen wie sonst auch j ährlich veranlagt, könnte die Gesellschaft den Sockelbetrag von 1 Million Euro mehrfach nut­ zen. Es zeigt sich: Für den Fall, dass während der Liquidation nur Gewinne erzielt werden, kann der einheitliche Besteuerungszeitraum im Zus amm e nspiel mit der zeitlichen Streckung des Verlustvortrags zu einem Steuemachteil füh­ ren. Vorteilhaft ist der einheitliche Besteuerungszeitraum dagegen z.B . in folgender Konstellation: Im Wirtschaftsj ahr, das der Auflösung unmittelbar voran geht, wird ein Gewinn erzielt, ebenso im darauf folgenden ersten Zeitj ahr der Ab­ wicklung. Im zweiten und letzten Jahr der Abwicklung wird hingegen ein Ver­ lust erzielt, der den während der Abwicklung erzielten Gewinn übersteigt. Dann ist durch den einheitlichen Besteuerungszeitraum sichergestellt, dass der Verlust in voller Höhe mit dem zu Beginn der Abwicklung erzielten Gewinn verrechnet werden kann - dies betrifft die Verrechnung innerhalb der Abwick53 Oben S . 50. 54 A.A. allerdings - unzutreffend - j üngst das FG Düsseldorf (v. 1 2 .03 .20 1 2 , 6 K 2 1 99/09 K, j uris, Revision eingelegt - I R 3 5 / 1 2), das den Freibetrag sooft gewährt, wie er bei j ährlicher Veranlagung zur Anwendung gekommen wäre. Diese Auffassung ist allerdings schon deshalb abzulehnen, weil es sich um eine Rechtsfortbildung handelt, die metho­ disch kaum begründbar ist. Anders als das Gericht meint, handelt es sich insbesondere nicht mehr um eine Auslegung des § I Od Abs. 2 Satz 1 EStG.

54

Der Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums

lung. Gleichzeitig wird es durch diese Verrechnung aber auch möglich, in den vorangegangen Veranlagungszeitraum einen Verlust im Rahmen des § I Od EStG zurückzutragen. Dies wäre nicht möglich, wenn während der Abwick­ lung j ährlich veranlagt werden würde, da dann ein Verlustrücktrag nur in das erste Jahr der Abwicklung möglich gewesen wäre, nicht aber in das Wirt­ schaftsj ahr vor der Auflösung. Liegt der Fall dagegen so, dass im Zeitpunkt der Auflösung keine vortragsfä­ higen Verluste bestehen und während der Abwicklung nur Verluste erzielt werden, ist der einheitliche Besteuerungszeitraum nur dann vorteilhaft, wenn die Verluste im (fiktiven) ersten Jahr der Abwicklung unter der Schwelle des § I Od Abs. 1 EStG in Höhe von 5 1 1 . 5 00 Euro bleiben. Nur in diesem Fall können nämlich auch spätere Verluste steuerlich genutzt werden, wobei aller­ dings insgesamt die Beschränkung von 5 1 1 . 500 Euro gilt. Wird dieser Wert dagegen bereits im ersten Jahr der Liquidation erreicht, so ist der einheitliche Besteuerungszeitraum weder ein Vorteil noch ein Nachteil: In diesem Fall ist ein Verlustrücktrag in Höhe von 5 1 1 . 500 Euro in das letzte vorangegangene Wirtschaftsjahr möglich, unabhängig davon, ob die Liquidation aus einem oder mehreren Besteuerungszeiträumen besteht. bb)

Korrektur des § IOd EStG?

Die Mindestbesteuerung gern. § I Od Abs . 2 EStG kann dazu führen, dass Ver­ luste wegen des bevorstehenden Untergangs des Steuersubj ekts nicht mehr voll genutzt werden können. In der Literatur wird deshalb vorgeschlagen, während der Abwicklung den unbegrenzten Abzug eines Verlustvortrags zuzu­ lassen - entweder im Wege eines Billigkeitserlasses55 oder durch entsprechen­ de Auslegung56 des § I Od Abs. 2 EStG. 57 Jüngst hat auch der Bundesfinanzhof eine solche einschränkende Auslegung des § I Od Abs . 2 EStG für möglich gehalten, und zwar im Rahmen eines Antrags zur Aussetzung der Vollziehung; der zugrunde liegende Fall betraf den endgültigen Untergang von Verlustvor­ trägen wegen § 8c KStG. 5 8 Begründet wird die Einschränkung der Mindestbe­ steuerung in erster Linie folgendermaßen: Der Gesetzgeber habe beabsichtigt, die Verlustvorträge zeitlich zu strecken. Dagegen habe er nicht bedacht, dass dies in bestimmten Fällen dazu führen kann, dass Verluste endgültig ungenutzt bleiben. Deshalb solle während der Abwicklung die Mindestbesteuerung nicht angewendet werden. Nicht angeführt wird dagegen, dass durch den einheitli5 5 Gilz/Kluth, DStR 2005, S. 1 84 f. (S. 1 85); j üngst für möglich gehalten von FG Nieder­ sachsen v. 02.0 1 .20 1 2, 6 K 63/1 1 , juris. 5 6 Geist, GmbHR 2008, S . 969 ff. ( S . 975); in verfassungsrechtlich problematischen Fällen hält eine solche Auslegung auch für möglich Wendt, DStJG 2 8 (2005), S . 4 1 ff. ( S . 78). 5 7 Wobei darauf hinzuweisen ist, dass man dann konsequenterweise darüber nachdenken müsste, soweit erforderlich auch vor der Auflösung einen entsprechenden Ausgleich zu schaffen, etwa durch rückwirkende Nichtanwendung der Mindestbesteuerung. 58 BFH v. 26.08 .20 1 0, I B 49/ 1 0, DStR 20 1 0, S. 2 1 79 ff.

55

Der einheitliche Besteuerungszeitraum

chen Besteuerungszeitraum Nachteile entstehen können, weil der Sockelbetrag nur einmal genutzt werden kann. Eine' Nichtanwendung der Mindestbesteuerung im Wege einer einschränken­ den Auslegung des § I Od Abs. 2 EStG kann nicht überzeugen. 5 9 Es handelt sich dabei um eine Auslegung gegen den eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, die deshalb dogmatisch nur als teleologische Reduktion denkbar ist. Daran än­ dert auch eine verfassungskonforme Auslegung nichts, die immer nur dann möglich ist, wenn mittels herkömmlicher Auslegungsmethoden, Analogie oder teleologischer Reduktion mehrere denkbare Auslegungen bestehen, die nur teilweise verfassungsmäßig sind.6 0 Eine alleinige Berufung auf eine verfas­ sungskonforme Auslegung hilft deshalb nicht weiter.6 1 Deshalb kann es hin­ sichtlich der Mindestbesteuerung des § I Od Abs . 2 EStG zunächst nur darauf ankommen, ob eine zweckentsprechende einschränkende Auslegung im Sinne einer Nichtanwendung der Mindestbesteuerung in bestimmten Fällen möglich ist. Dies ist zu verneinen. Eine teleologische Reduktion setzt zunächst voraus, dass der Wortlaut der zu beurteilenden Vorschrift dem Normzweck wider­ spricht, weil dieser zu weit gefasst wurde.62 Wendet man diese Grundsätze auf § I Od Abs. 2 EStG an, ist bereits fraglich, ob die Ausgestaltung der Mindest­ besteuerung gegen den Regelungszweck verstößt. Zwar ist nach der Gesetzes­ begründung nur eine zeitliche Streckung der Verlustvorträge bezweckt, um ei­ ne Verstetigung der Einnahmen des Fiskus zu erreichen, und nicht ihr endgül­ tiger Untergang.6 3 Angesichts der Vielzahl von Fällen, in denen die Ausgestal­ tung der Norm gerade zu dem Ergebnis führt, das laut Begründung nicht beab­ sichtigt ist, stellen sich aber schon Zweifel ein, ob der Zweck der Mindestbe­ steuerung einem Untergang von Verlustvorträgen widerspricht; das Telos einer Vorschrift lässt sich schließlich nicht allein aus der Gesetzesbegründung her­ leiten. Jedenfalls aber scheitert eine teleologische Reduktion daran, dass die überschießende Tendenz der Regelung im Gesetzgebungsverfahren bekannt war. Es ist nämlich z.B . im Rahmen der Gesetzgebungsberatungen darauf hin­ gewiesen worden, dass die Mindestbesteuerung in bestimmten Konstellationen zum endgültigen Ausschluss von Verlustnutzungsmöglichkeiten führt.6 4 Au­ ßerdem spricht die Vielzahl von betroffenen Fallkonstellationen, die im Übri­ gen auch leicht erkennbar sind, dagegen, dass der Gesetzgeber die Problematik

59 Allerdings ist damit die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Mindestbesteuerung im Fall von definitiv werdenden Verlustvorträgen nicht entschieden. 60 Zur verfassungskonformen Auslegung etwa Drüen in TipkelKruse, AO, § 4 Rn. 23 8 ff. ; Larenz/Canaris, Methodenlehre 3 , S . 1 59 ff. ; Rüthers, Rechtstheorie4 , Rn . 764 ff. 6 1 So aber Wendt, DStJG 28 (2005), S . 4 1 ff. ( S . 78). 62 Larenz/Canaris, Methodenlehre3 , S . 2 1 0 ff.. ; Rüthers, Rechtstheorie4 , Rn. 902 f. 63 RegBgr. BT-Drs. 1 5/ 1 5 1 8, S . 1 3 . 64 Ö ffentliche Anhörung des Finanzausschusses zum ProtErklG am 26.09 .2003 , Protokoll Nr. 1 5/3 0, S. 41 (Ä ußerung des Sachverständigen Treptow).

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Der Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums

nicht gekannt hat. 65 Aus diesen Gründen scheidet eine teleologische Reduktion des § I Od Abs. 2 EStG im Hinblick auf die Mindestbesteuerung aus . Voraussetzung eines entsprechenden Billigkeitserlasses wäre die Annahme ei­ ner Zweckverfehlung der Mindestbesteuerung.66 Davon kann j edenfalls in ge­ nereller Weise im Hinblick auf die Mindestbesteuerung in der Liquidation nicht die Rede sein. Insofern greifen dieselben Überlegungen, die soeben ge­ gen eine teleologische Reduktion angeführt wurden. Insbesondere handelt es sich eben nicht um Einzelfälle, die vom Gesetzgeber nicht bedacht wurden, sondern um eine in dieser Form beabsichtigte Besteuerung. Deshalb kommt ein Billigkeitserlass hinsichtlich der Mindestbesteuerung nur in atypischen Einzelfällen in Betracht. c)

Zwischenergebnis

Es wurde vorstehend gezeigt, dass durch den einheitlichen Besteuerungszeit­ raum die Verlustverrechnung innerhalb des Abwicklungszeitraums verbessert wird. Im Hinblick auf den Verlustabzug zwischen Abwicklungszeitraum und vorangegangenen Wirtschaftsj ahren ergibt sich ein differenziertes Bild: Je nach Fallkonstellation kann der einheitliche Besteuerungszeitraum vorteilhaft oder nachteilig, aber auch wirkungslos sein. 2.

Zinsschranke

Die Regelung der Zinsschranke gern. § 8a KStG i.Y.m. § 4h EStG ist auch während der Liquidation anwendbar.67 Da sich die Vorschrift auf das Wirt­ schaftsj ahr bezieht, wird sie auf den gesamten Abwicklungszeitraum ange­ wendet. Dies hat die folgenden Konsequenzen: Nachteilig kann sich die einheitliche Besteuerung dann auswirken, wenn die den Zins ertrag übersteigenden Zinsaufwendungen für ein Jahr betrachtet unter der Freigrenze von 3 Mio. Euro bleiben, durch den einheitlichen und damit verlängerten Besteuerungszeitraum aber die Freigrenze überschreiten. Da die Freigrenze sich auf das Wirtschaftsj ahr bezieht, das während der Abwicklung dem Liquidationszeitraum entspricht, gilt dann nämlich, wenn keine der weite­ ren Ausnahmen eingreift, die allgemeine Regelung, die einen Abzug nur in Höhe von 3 0% des EBITDA zulässt. Davon abgesehen wird sich der einheitliche Besteuerungszeitraum nur in Ein­ zelfällen auf die Abzugsmöglichkeiten des Zinsaufwands auswirken. Denn 65 Anders der BFH (v. 26.08 .20 1 0, I B 491 1 0, DStR 20 1 0, S . 2 1 79 ff. (S. 2 1 82)), der gerade wegen der Vielzahl von betroffenen Fällen davon ausgeht, dass diese dem Gesetzgeber nicht bewusst waren. 66 Dies ist die einzige Fallgruppe, die hier in Betracht kommt. V gl. zu den Voraussetzungen des Billigkeitserlasses gern. § 1 63 bzw. § 227 AO etwa v. Groll in Hübsch­ mann/Hepp/Spitaler, AO, § 227 Rn. 1 26 ff. ; Loose in TipkelKruse, AO, § 227 Rn. 40 ff. 67 Micker in Herrmann/HeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 60.

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Der einheitliche Besteuerungszeitraum

durch die Einführung des EBITDA-Vortrags ist das Problem wesentlich ent­ schärft worden, dass es keinen Zinsrücktrag gibt, weil der EBITDA-Vortrag ähnlich wie ein Zinsrücktrag wirkt. Der EBITDA-Vortrag ermöglicht es näm­ lich, nicht genutztes Verrechnungspotential vorzutragen, sodass es in den Fol­ gej ahren mit dann entstehendem Zinsaufwand verrechnet werden kann, der sonst vorgetragen werden müsste. Ob aber der Zinsaufwand zurück- oder das EBIDTA vorgetragen wird, ist im Grundsatz unbeachtlich. Nur ausnahmswei­ se kann sich durch den einheitlichen Besteuerungszeitraum ein Vorteil erge­ ben. Dies ist dann der Fall, wenn zu Beginn der Abwicklung ein so hohes Ver­ rechnungspotential entsteht, dass es bei j ährlicher Besteuerung nicht in voller Höhe vorgetragen werden könnte6 8 , während am Ende der Liquidation ein ho­ her Zinsaufwand entsteht, für dessen Ausgleich das anfängliche Potential ins­ gesamt genutzt werden könnte. Dann nämlich ermöglicht der einheitliche Be­ steuerungszeitraum eine unbeschränkte Verrechnung. Allerdings wird dieser Fall wohl aus zwei Gründen recht selten auftreten: Erstens wird nämlich ein Zinsertragsüberhang ohnehin nur in wenigen Fällen vorkommen. Dies gilt um­ so mehr für den Fall der Abwicklung, denn in der Regel wird es sich um wirt­ schaftlich angeschlagene Unternehmen handeln, die eine hohe Zinslast zu tra­ gen haben. Vor allem aber wird die zeitliche Abfolge in der Regel anders sein: Der Zinsaufwand wird sich über den Zeitraum der Abwicklung eher verringern als erhöhen. Denn die Abwicklung beinhaltet gerade, Verbindlichkeiten zu be­ gleichen, sodass die Zinslast zurückgehen wird. Selbst wenn mit der Rückzah­ lung der Verbindlichkeiten, insbesondere solchen gegenüber Banken, bis zum Ende der Abwicklung gewartet wird, erhöht sich die Zinslast während der Abwicklung j edenfalls nicht wesentlich, denn mit einer nennenswerten Auf­ nahme neuen Fremdkapitals ist kaum zu rechnen. Insgesamt kann deshalb festgehalten werden, dass der einheitliche Besteue­ rungszeitraum - mit Ausnahme der möglicherweise dadurch nicht mehr grei­ fenden Freigrenze - keine nennenswerten Auswirkungen auf die Regelung der Zins schranke hat.

3.

Änderung von Steuergesetzen

Wie oben bereits eingehend begründet wurde, gilt für den Fall, dass sich Steu­ ergesetze während der Abwicklung ändern, der Gesetzesstand im Jahr der Be­ endigung der Abwicklung der Gesellschaft.6 9 Dadurch, dass für den gesamten Abwicklungszeitraum dieselben Steuergesetze gelten, kann es bei Rechtsände68 Wann dies der Fall ist, ist umstritten. Zum einen wird vertreten, dass ein EBITDA­ Vortrag dann nicht entsteht, wenn ein Überhang des Zinsertrags über den Zinsaufwand besteht (Heuermann in Blümich, EStG, § 4h Rn. 47). Andererseits wird - wohl vorzugs­ würdig - vertreten, dass ein solcher Überhang einem EBITDA-Vortrag nicht entgegen­ stehe, dass aber der Überhang selbst nicht vorgetragen werden könne (Rödder, DStR 20 1 0, S . 529 f. (S. 53 0)). 69 Oben S . 40, S . 5 1 .

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Der Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums

rungen dazu kommen, dass rur einen Teil des Liquidationszeitraums eine an­ dere Rechtslage gilt als rur Gesellschaften im laufenden Betrieb. 4.

Vereinfachung

Zudem fUhrt der einheitliche Besteuerungszeitraum j edenfalls in gewissem Umfang zur Vereinfachung, da für den gesamten Abwicklungszeitraum grund­ sätzlich nur eine Steuerveranlagung stattfindet. Allerdings wird die Vereinfa­ chung - j edenfalls rur den Steuerpflichtigen - häufig nicht so erheblich sein: Schließlich ist er handelsrechtlich weiterhin dazu verpflichtet, J ahresabschlüs­ se aufzustellen (§ 270 Abs. I AktG bzw. § 7 1 Abs. 1 GmbHG), kann also wäh­ rend der Liquidation nicht auf die Bilanzierung verzichten. Sofern er nicht (zwingend) nach IFRS-Grundsätzen bilanziert, müsste er nur die Handelsbi­ lanz steuerbilanziell anpassen, was aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips grundsätzlich einen überschaubaren Aufwand darstellen wird. Der Vereinfa­ chungseffekt liegt damit eher auf Seiten der Finanzverwaltung, die nur hin­ sichtlich der Steuerbilanz, nicht aber hinsichtlich der Handelsbilanz tätig wer­ den muss. Somit ist festzuhalten: Der einheitliche Besteuerungszeitraum be­ wirkt eine (begrenzte) Vereinfachung, von der eher die Finanzverwaltung denn der Steuerpflichtige profitiert. 11.

Auswertung der Gesetzgebungsmaterialien 70

Nachfolgend werden die Gesetzgebungsmaterialien daraufhin untersucht, ob sich aus ihnen etwas zum Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums er­ gibt. 1.

KStG 1920

Bereits im Körperschaftsteuergesetz von 1 9207 1 fand sich in § 1 7 eine Sonder­ vorschrift zur Liquidationsbesteuerung, die ausweislich der Gesetzesbegrün­ dung7 2 einer vergleichbaren Norm des Hamburgischen Einkommensteuerge­ setzes von 1 9 1 4 nachgebildet war. Nach § 1 7 KStG 1 920 war dem letzten Be­ triebsergebnis der Betrag hinzuzurechnen, der sich aus der Differenz zwischen dem zur Verteilung kommenden Vermögen und dem Stammkapital bzw. der Summe der Einlagen ergab, soweit dieser Betrag nicht bereits besteuert wor­ den war oder aus steuerfreien Vermögenszugängen bestand. Durch Hinzurech­ nung des - wenn auch noch nicht so bezeichneten - Abwicklungsgewinns zum letzten regulären steuerpflichtigen Gewinn wurde bereits eine Art einheitlicher Besteuerungszeitraum eingeruhrt, auch wenn die Vorschrift ihn noch nicht ausdrücklich erwähnte. Ebenso wurde der Abwicklungsgewinn der Sache nach durch Gegenüberstellung von Abwicklungs-Endvermögen und Abwicklungs-

70 Allgemein zur Gesetzgebungsgeschichte oben S. 35 f. 7 1 G. v. 3 0 . 03 . 1 920, RGBl. 1 920, S . 3 93 ff. (S. 3 99). 72 Drs. der dt. Nationalversammlung, 1 920, Nr. 1 976 (S. 2 8 f., Begründung zu § 1 3 ) .

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Der einheitliche Besteuerungszeitraum

Anfangsvermö gen ermittelt. Dass während der Liquidation keine Veranlagung zur Körperschaftsteuer erfolgen durfte, stellte 1 922 der Reichsfinanzhof in ei­ nem Grundsatzurtei1 7 3 klar; insofern hatte vorher Unsicherheit geherrscht. Die Gesetzesbegründung schweigt leider über den einheitlichen Besteuerungs­ zeitraum; es wird letztlich nur g esagt, dass die noch nicht versteuerten Gewin­ ne der Gesellschaft i.L . der Besteuerung unterworfen werden sollen. Zweck der Vorschrift ist es nach den Materialien vor allem, Erörterungen darüber ab­ zuschneiden, "ob die ordentliche Steuernachholung verj ährt ist oder ob Steu­ erhinterziehung vorliegt". 74 Das Zitat zeigt, wie unsicher die Vorstellungen des Gesetzgebers über den Grund für die Besteuerung in der Liquidation waren, was - so lässt es die Begründung vermuten - auf Unklarheiten über das (zeit­ liche) Verhältnis von steuerlichem Realisationszeitpunkt und tatsächlichem Wertzuwachs zurückzuführen ist. Immerhin lässt sich der B egründung wohl das g esetzgeberische Motiv entnehmen, die Besteuerung der stillen Reserven sicherzustellen, was allerdings mit dem einheitlichen Besteuerungszeitraum in keinem Zusammenhang steht. 2.

Weitere Entwicklung bis zum KStG 1 977

Die Reform der Körperschaftsteuer von 1 92275 brachte für die Liquidationsbe­ steuerung keine wesentlichen Änderungen, dementsprechend ist auch in den Gesetzgebungsmaterialien7 6 zur einheitlichen Veranlagung nichts zu finden. Mit der Reform von 1 925 wurde § 1 8 KStG 1 92577 Regelungsstandort, der ei­ ne Neufassung der Vorgängervorschrift darstellte. Ziel der Neuregelung war es ausweislich der Gesetzesbegründung 7 8 , Zweifel in der Rechtsanwendung aus­ zuräumen; eine Veränderung der Rechtslage hingegen war nicht beabsichtigt. In § 1 8 KStG 1 925 fand sich der einheitliche Besteuerungszeitraum zwar nicht explizit, war aber inhaltlich durch Ermittlung des Abwicklungsgewinns im Wege der Ge g enüberstellung von Abwicklungs-Anfangsvermögen und Ab­ wicklungs-Endvermögen geregelt. Auch hier findet sich in den Materialien keine Begründung des einheitlichen Besteuerungszeitraums. Durch die Körperschaftsteuerreform von 1 93479 erhielt die Regelung im We­ sentlichen ihre noch heute geltende Gestalt. Neu eingeführt wurde die Vor­ schrift des § 1 4 Abs. 1 S . 2 KStG 1 934, wonach der einheitliche B esteue­ rungszeitraum nicht länger als drei Jahre dauern soll. In der Gesetzesbegrün73 RFH v. 0 1 .07. 1 922, I A 3 7/22, RFHE 1 0, S . 23 ff. ; im Einzelnen zu dieser Entscheidung unten S. 62 f. 74 Drs. der dt. Nationalversammlung, 1 920, Nr. 1 976 ( S . 2 8 f., Begründung zu § 1 3 ). 75 G. v. 02. 05 . 1 922, RGBl. 1 1 922, S . 472 ff. ( S . 475). 76 Vgl. RT-Drs. I Nr. 2867 (Bd. 3 69), S . 6 (zu Artikel 1 Nr. 4-6). 77 G. v. 1 0. 08 . 1 925, RGBl. I 1 925, S. 208 ff. (S. 2 1 2). 78 RT-Drs. III Nr. 794 (Bd. 400), S . 1 8 f. (zu § 1 8). 79 G. v. 1 6 . 1 0 . 1 934, RGBl. 1 1 934, S . 1 03 1 ff. ( S . 1 03 3 ) .

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Der Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums

dung80 findet sich auch hier nichts zur Zweckrichtung des einheitlichen Be­ steuerungszeitraums. Ledi g lich die Dreij ahresregel wird erörtert, ohne aller­ dings Schlüsse auf die Zweckrichtung des einheitlichen Besteuerungszeit­ raums zu ermöglichen. Die letzte inhaltliche Änderung 8 l der Abwicklungsbesteuerung wurde im Zuge der Körperschaftsteuerreform 1 977 vorgenommen. 82 Allerdings wurden in ers­ ter Linie bereits in Rechtsprechung und Finanzverwaltung vertretene Auffas­ sungen in das Gesetz aufgenommen; neuer Regelungsstandort ist seitdem § 1 1 KStG. Auch hier schweigt die Gesetzesbe gründung zum einheitlichen Be­ steuerungszeitraum. 83

3.

Fazit

Die Durchsicht der Materialien hat gezei gt, dass die Gesetzesbegründungen zum Zweck des einheitlichen Besteuerung szeitraums keine ausdrückliche Aussage treffen. Es drängt sich vielmehr die Vermutung auf, dass die Rege­ lung durch das KStG 1 920 ohne vertieftes Nachdenken eingefiihrt wurde wofiir sich sowohl die Übernahme aus dem Hamburg ischen Einkommensteu­ erg esetz von 1 9 1 4 wie auch die äußerst knappe Gesetzesbegründung anfUhren lassen. Nachdem der Reichsfinanzhof!4 den Regelungsinhalt konkretisiert hat­ te, wurde die Vorschrift inhaltlich beibehalten. Re g elmäßig ist in den Geset­ zesbegründungen davon die Rede, dass die geltende Rechtslage - die vor al­ lem vom Reichsfinanzhof mitg eprägt wurde - nicht geändert werden sollte; vielmehr sollten lediglich Unklarheiten beseitigt werden. Man wird deshalb vermuten dürfen, dass sich der Gesetzgeber des KStG 1 925 die wesentlichen Urteilserwägungen der Leitentscheidung des Reichsfinanzhofs zu eigen ge­ macht hat. Das wird unten näher untersucht. 8 5

111.

Begründungsansätze in Rechtsprechung und Literatur

Auch in Rechtsprechung und Literatur findet sich zum Zweck des einheitli­ chen Besteuerungszeitraums nur wenig. Im Folgenden werden die einzelnen Begründungsansätze systematisiert dargestellt, wobei aufgrund ihrer prägen­ den Bedeutun g zunächst die Leitentscheidung des Reichsfinanzhofs referiert wird.

80 81 82 83 84 85

RStBl. 1 93 5 , S . 8 1 ff. ( S . 85). Zu späteren - redaktionellen - Änderungen oben S . 36. G. v . 3 1 .0 8 . 1 976, BOBl. I 1 977, S . 2599 ff. ( S . 2603 ). BT-Drs. 71 1 470, S . 3 44 f. RFH v. 0 1 .07. 1 922, I A 3 7/22, RFHE 1 0, S . 23 ff. (S. 25 f.). Unten S . 75 f.

61

Der einheitliche Besteuerungszeitraum

1.

Die Leitentscheidung des Reichsfinanzhofs

Der Reichsfinanzhof hat mit seiner Leitentscheidung 86 zur Liquidationsbesteu­ erung aus dem Jahr 1 922 die Liquidationsbesteuerung und insbesondere das Verständnis vom einheitlichen Besteuerungszeitraum geprägt. Die grundle­ genden Entscheidungserwägungen sind deshalb hier darzustellen. Gestritten wurde darüber, ob unter Geltung des KStG 1 920 während der Li­ quidation Körperschaftsteuererklärungen abzugeben waren. Der Reichsfinanz­ hof verneinte dies aufgrund des einheitlichen Besteuerungszeitraums, den er in zwei Schritten herleitete : Im ersten Schritt stellt die Entscheidung8 7 darauf ab, dass die Besteuerung der Liquidation ihrem Inhalt nach keine Körperschaftsteuer, sondern eine Vermö­ gensteuer sei, da durch die Liquidation kein neues Einkommen erworben, son­ dern nur bereits vorhandenes Vermögen verteilt werde, das während der Li­ quidation grundsätzlich unverändert bleibe. Der entscheidende Unterschied liegt für den Reichsfinanzhof also darin, dass keine während der Liquidation erzielten Gewinne versteuert werden, sondern nur solche, die bereits vorher erzielt worden sind. Daraus schließt er, dass eine Besteuerung während der Li­ quidation nur soweit möglich ist, wie § 1 7 KStG 1 920 reicht - nicht aufgrund einer Spezialität der Liquidationsbesteuerung, sondern weil es sich nach seiner Ansicht eben gerade nicht um gewöhnliche körperschaftsteuerpflichtige Erträ­ ge handelt. Anschließend folgert der Reichsfinanzhof dann im zweiten Schritt, dass § 1 7 KStG 1 920 das zur Verteilung kommende Vermögen abzüglich Einlagen und bereits versteuerter Gewinne besteuern wolle. Dieses "Einkommen im Sinne des § 1 7 [KStG 1 920]" 88 sei aber erst am Ende der Liquidation feststellbar, weil sonst möglicherweise Verluste nicht gegen Gewinne aufgerechnet werden könnten. Würde eine solche Verrechnung nicht ermöglicht, würden mögli­ cherweise Buchgewinne und -verluste entstehen, deren B esteuerung durch § 1 7 KStG 1 920 aber nicht bezweckt sei. Der Reichsfinanzhof leitet den einheitlichen Besteuerungszeitraum also letzt­ lich aus der besonderen Weise der Ermittlung des Liquidationsgewinns im Sinne des § 1 7 KStG 1 920 ab, die nur im Verbund mit einem einheitlichen Be­ steuerungszeitraum verwirklicht werden kann. Dagegen ist aus der Entschei­ dung nicht abzuleiten, dass eine wie auch immer g eartete sachliche oder - über § 1 7 KStG 1 920 hinausgehende - rechtliche Notwendigkeit für die ein­ heitliche Gewinnermittlung besteht.

86 RFH v. 0 1 .07. 1 922, I A 3 7/22, RFHE 1 0, S . 23 ff. 87 Hier und im Folgenden: RFH v. 0 1. 07. 1 922, I A 3 7/22, RFHE 1 0, S . 23 ff. ( S . 25 f.). 8 8 RFH v. 0 1 .07. 1 922, I A 3 7/22, RFHE 1 0, S . 23 ff. ( S . 26).

62

Der Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums

2.

Einheitliche Ermittlung

Vor allem Helpenstein89 und Gehre 9 0 haben recht entschieden vertreten, dass die Ermittlung des Liquidationserlöses nur einheitlich nach Abschluss der Li­ quidation möglich sei. 9 1 Dahinter steht wohl im Wesentlichen der Gedanke, dass eine Verlustverrechnung ermöglicht werden müsse und deshalb ein ein­ heitlicher Besteuerungszeitraum zwingend sei. Soweit sonst auf die einheitli­ che Besteuerung abgestellt wird, werden wesentliche, über den Gesetzeswort­ laut hinausgehende Erkenntnisse nicht mitgeteilt. So sieht etwa das Finanzge­ richt Hamburg92 den Zweck dieser Regelung darin, dass einerseits die Abwick­ lung möglichst zus amm engefasst besteuert, andererseits aber auch eine zeitge­ rechte Gewinnerfassung (durch die Drei-Jahres-Regel) sichergestellt werden soll. Teils wird auch lediglich festgestellt, dass der einheitliche Besteuerungs­ zeitraum auf der Vorstellung beruhe, dass die Ermittlung des Abwicklungsge­ winns nur einheitlich und am Ende der Liquidation möglich sei. 93 Inhaltlich handelt es sich letztlich nur um Umschreibungen des Gesetzeswortlauts, nicht aber um eine Begründung der Regelung etwa aus steuerdogmatischer Sicht.

3.

Folge des Handelsbilanzrechts

Jünger94 ist der Auffassung, der einheitliche Besteuerungszeitraum sei Folge der handelsrechtlichen Vorschriften: Die Bilanzen während der Abwicklung seien nämlich keine Gewinnermittlungsbilanzen, sondern hätten den Charakter von Vermögensbilanzen; sie dienten der Schlussrechnung. Der so ermittelte Abwicklungsgewinn ginge dann im verteilbaren Vermögen auf. Deshalb müs­ se der Abwicklungsgewinn im Steuerrecht einheitlich ermittelt werden. 4.

Vereinfachung

Schließlich wird auch eine Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens als Ar­ gument für den einheitlichen Besteuerungszeitraum angeführt. 9 5 Inwieweit ei­ ne solche Vereinfachung durch § 1 1 KStG tatsächlich bewirkt wird, wird aller-

89 Helpenstein, Erfolgsbilanz, S. 44 . 90 Gehre, Liquidationsgewinn, S . 4 9 (zwar für das Einkommensteuerrecht, aber wohl all­ gemein gemeint, vgl. auch ebd. S. 1 20). 91 In diese Richtung aber auch j üngst zur vergleichbaren Regelung in § 19 des österreichi­ schen Körperschaftsteuergesetzes Hristov, Liquidation im Ertragsteuerrecht, S. 1 09 f. 92 FG Harnburg v. 29.05 .2006, 5 K 1 3 6/03 , EFG 2006, S . 1 85 7 ff. ( S . 1 85 8). 93 Herzig, FR 1 979, S . 289 ff. (S. 289 f.); Klein in Herrrn annlHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 4 1 a.E. (Stand: Oktober 2000). 94 Jünger, BB 200 1 , S . 69 ff. (S. 70); dem folgt Boochs in Lademann, KStG, § 1 1 Rn. 3 7 . 95 BFH v. 27.03 .2007, VIII R 25/05, B StBl. 11 2008, S . 2 9 8 ff. (S. 3 0 1 ); Hofmeister i n Blü­ mich, KStG, § 1 1 Rn. 3 5 ; Micker in Herrrnann/HeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 3 ; in die­ se Richtung auch FG Harnburg v. 29.05 .2006, 5 K 1 3 6/03 , EFG 2006, S. 1 85 7 ff. (S. 1 85 8).

63

Der einheitliche Besteuerungszeitraum

dings nicht erörtert. 9 6 Ebenso bleibt die Frage offen, warum gerade in Liquida­ tionsfällen ein Bedürfnis fiir eine derartige Vereinfachung bestehen soll. 5.

Verlustverrechnung

Häufig wird als Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums die dadurch ermöglichte erweiterte Verlustverrechnung angefiihrt. Dieses Argument wird bereits in der oben dargestellten Entscheidung des Reichsfinanzhofs 9 7 ange­ deutet und auch in der Literatur98 aufgegriffen und verstärkt Helpenstein 99 und Gehre l OO halten wohl vor allem aus diesem Grund eine einheitliche Ermitt­ lung des Liquidationsgewinns fiir zwingend. Dabei wird, soweit ersichtlich, vor allem auf die Verlustverrechnung innerhalb der Abwicklung abgestellt. 1 0 1 Ein verbesserter Verlustabzug mit den vorangegangenen Wirtschaftsj ahren wird hingegen nicht erörtert. -

IV.

Bewertung der vertretenen Ansätze

Wie eben dargestellt wurde, hat die Analyse von Gesetzgebungsmaterialien, Rechtsprechung und Literatur verschiedene mögliche Zweckrichtungen des einheitlichen Besteuerungszeitraums ergeben: Wohl am häufigsten findet sich als Telos die erweiterte Ermö glichung der Verlustverrechnung. Daneben wird vereinzelt die Vereinfachung der Besteuerung als wesentlicher Zweck gese­ hen; nach anderer Auffassung ist der einheitliche Besteuerungszeitraum Folge des Handelsbilanzrechts. Schließlich ist vielfach von der Vorstellung die Rede, der Liquidationsgewinn könne nur einheitlich ermittelt werden. Im Folgenden sollen diese unterschiedlichen Ansätze bewertet werden. 1.

Einheitliche Ermittlung

Aus heutiger Perspektive schwerlich überzeugend ist die oft zitierte Vorstel­ lung 102 , der Liquidationsgewinn könne nur einheitlich ermittelt werden. Einer solchen Sichtweise steht in erster Linie die auch in der Liquidation bestehende j ährliche Bilanzierungspflicht des Handelsrechts entgegen. 1 03 Wenn der Ab­ wicklungsgewinn nur einheitlich ermittelt werden könnte, müsste dies nämlich auch fiir das Handelsbilanzrecht gelten. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, w arum fiir den Abwicklungszeitraum etwas anderes gelten sollte als fiir die 96 Dazu oben S. 5 9 . 97 RFH v . 0 1 .07. 1 922, I A 3 7/22, RFHE 1 0, S . 23 ff. ; dazu aber unten S . 75 f. 98 Thiel, AG 1 960, S . 270 ff. ( S . 273); Schlüter, DB 1 96 1 , S . 3 5 0 ff. ( S . 3 5 0); Keß, Er­ tragsbesteuerung bei Liquidationen S. 1 1 9 f., S . 1 25 ; in diese Richtung auch Sunder­ mann, Besteuerung des Liquidationsgewinns, S . 27; unklar Küster, DStR 2006, S . 209 ff. ( S . 2 1 0) . 9 9 Helpenstein, Erfolgsbilanz, S . 44. 1 00 Gehre, Liquidationsgewinn, S . 49. 1 0 1 So z.B. Thiel, AG 1 960, S . 270 ff. (S. 273 ); Schlüter, DB 1 96 1 , S . 350 ff. (S. 3 5 0) . 1 02 Oben S . 63 . 1 03 Dazu unten S . 99 ff.

64

Der Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums

Bilanzierung während des laufenden Betriebs - in bei den Fällen ist eine j ährli­ che Gewinnermittlung möglich, weil sich der Abwicklungsgewinn inhaltlich nicht vom laufenden Gewinn unterscheidet. 1 04 Soweit dies anders gesehen wird, insbesondere weil die handelsrechtlichen Bilanzen während der Liquida­ tion keine Gewinnermittlungs-, sondern Vermögensbilanzen seien, beruht dies auf antiquierten handelsrechtlichen Vorstellungen, die mit der heutigen Geset­ zesfassung nicht mehr vereinbar sind. 1 0 5 Schließlich lässt sich gegen die Not­ wendigkeit einer einheitlichen Gewinnermittlung auch anfUhren, dass der ein­ heitliche Besteuerungszeitraum durch die Dreij ahresregel des § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG j edenfalls vorläufig 1 0 6 durchbrochen wird. Auch dies spricht eher gegen die Annahme, dass eine einheitliche Ermittlung des Abwicklungsgewinns zwingend sei. Dass die Vorstellung einer notwendigerweise einheitlichen Ge­ winnermittlung immer wieder aufgegriffen wird, ist auch auf die Leitentschei­ dung des Reichsfinanzhofs 1 0 7 aus dem Jahr 1 922 zurückzufUhren, die wohl vielfach so verstanden wurde, dass der Abwicklungsgewinn nur einheitlich ermittelt werden könne. Dazu ist j edoch zu sagen, dass in der Entscheidung eine einheitliche Ermittlung aus dem Wortlaut der Norm gefolgert wird, nicht aber aus einer wie auch immer gearteten dahinter stehenden praktischen oder - über § 1 1 KStG hinausgehenden - rechtlichen Notwendigkeit. 1 08 2.

Vereinfachung

Die teils vertretene Auffassung, der einheitliche B esteuerungszeitraum diene vor allem der Vereinfachung der Besteuerung, kann ebenfalls nicht überzeu­ gen. In den Gesetzgebungsmaterialien ist dafür kein Anhaltspunkt zu finden, und ein Weiteres spricht wesentlich gegen diese Deutung: Die Modifizierung des Besteuerungszeitraums ist eine erhebliche Abweichung vom sonst gelten­ den Jahressteuerprinzip, die beträchtliche Auswirkungen haben kann. So ist nicht nur eine erweiterte Verlustverrechnung möglich, vielmehr hat der ein­ heitliche Besteuerungszeitraum auch Einfluss auf das anzuwendende Recht: Nach allgemeiner Auffassung 1 09 sind die Steuergesetze in der Fassung anzu­ wenden, die am Ende der Liquidation gelten. Ändern sich etwa der Steuertarif oder die Bemessungsgrundlage, so gilt diese Änderung im Ergebnis fUr den gesamten Liquidationszeitraum und nicht - wie im Regelfall - nur für das Jahr, ab dem das neue Gesetz gilt. Dass die Vereinfachung wesentlicher Zweck einer solch fundamentalen Modifizierung der allgemeinen Grundsätze sein 1 04 Dazu auch unten S . 1 07 f. 1 05 Dazu unten S . 99 ff. 1 06 Je nach Verständnis des § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG handelt es sich eine vorläufige oder end­ gültige Durchbrechung des einheitlichen B esteuerungszeitraums, dazu ausführlich un­ ten S . 78 ff. 1 07 Darstellung der Entscheidung oben S . 62 f. 1 08 Dazu oben S . 62 f. 1 09 Hofmeister in B lürnich, KStG, § 1 1 Rn. 80; Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 34; Thiel, AG 1 960, S . 270 ff. (S . 274); dazu oben S . 40, S . 5 1 .

65

Der einheitliche Besteuerungszeitraum

soll, überzeugt daher nicht. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Vereinfa­ chung aufgrund des Maßgeblichkeitsgrundsatzes j edenfalls auf Seiten des Steuerpflichtigen regelmäßig nicht so erheblich sein wird. ! !D Noch problemati­ scher wird diese Ansicht, wenn man auf die Vereinfachung auf Seiten der Fi­ nanzverwaltung abstellt! ! ! . Die fehlende Tragfähigkeit einer solchen Begrün­ dung lässt sich vor dem Hintergrund, dass der einheitliche Besteuerungszeit­ raum wesentliche Wirkungen zeitigt, mit Händen greifen: Eine Verwaltungs­ vereinfachung kann kaum eine Ungleichbehandlung solchen Umfangs recht­ fertigen. Nach alledem ist die Auffassung, der wesentliche Zweck des § 1 1 Abs. 1 KStG sei die Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens, abzulehnen.

3.

Folge des Handelsbilanzrechfs

Ebenfalls nicht überzeugen kann die Auffassung von Jünger! ! 2 , der einheitli­ che Besteuerungszeitraum sei Folge des Handelsbilanzrechts : Entscheidend ist, dass der Ansatz, die Handelsbilanzen während der AbWicklung seien Ver­ mögensbilanzen, inzwischen nach weitaus herrschender und richtiger Auffas­ sung überholt ist. l l3 Es handelt sich richtigerweise um Gewinnermittlungsbi­ lanzen, die ohne Weiteres zur Grundlage der steuerrechtlichen Gewinnermitt­ lung in der Liquidation gemacht werden könnten. 1 1 4 Aus diesem Grund ist der Ansatz von Jünger abzulehnen. Zudem steht hinter dieser Auffassung wohl die Vorstellung, dass der Liquidationserlös im zu verteilenden Vermögen auf­ geht 1 1 5 und deshalb anderer Natur sei als ein laufender Gewinn, woraus dann der einheitliche Besteuerungszeitraum gefolgert wird. Es ist aber zwischen laufendem Gewinn und Liquidationserlös kein inhaltlicher Unterschied vor­ handen 1 1 6, sodass die Folgerung von Jünger nicht zu überzeugen vermag. Im Übrigen ist auch hier anzufiihren, dass die Dreij ahresregel des § 1 1 Abs . 1 S . 2 KStG j edenfalls nicht für die Ansicht von Jünger spricht. Insgesamt ist des­ halb die Folgerung, der einheitliche Besteuerungszeitraum sei Folge des Han­ delsrechts, abzulehnen. 4.

Verlustverrechnung

Somit bleibt noch die Erweiterung der Verlustverrechnungsmöglichkeiten als denkbare Zweckrichtung des einheitlichen Besteuerungszeitraums . Dieser An­ satz erscheint auf den ersten Blick vor allem deshalb naheliegend zu sein, weil fiir den Steuerpflichtigen diese Auswirkung des einheitlichen Besteuerungs­ zeitraums insofern am wesentlichsten ist, als sie eine erhebliche Verringerung

1 10 111 1 12 1 13 1 14 1 15 1 16

66

Dazu oben S . 59. So aber BFH v . 27 .03 .2007, VIII R 25/05, B StB l . II 2008, S . 298 ff. ( S . 3 0 1 ) . Dazu oben S 63 . Dazu unten S . 99 f. Dazu aus rechtspolitischer S icht unten S . 1 85 . S o Boochs in Lademann, KStG, § 1 1 Rn . 3 7 . Dazu unten S . 1 07 f.

Der Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums

der Steuerschuld bedeuten kann. Hinzu kommt, dass außerhalb der Verlustver­ rechnung kein Zweck erkennbar ist, der durch § 1 1 Abs . 1 S . 1 KStG verfolgt werden könnte, wie die vorangegangenen Aus:fiihrungen gezeigt haben; dass aber eine so weitreichende Regelung überhaupt keinen Zweck verfolgen sollte, ist schwer vorstellbar und wäre zudem im Hinblick auf Art. 3 Abs . 1 GG unter dem Gesichtspunkt der Folgerichtigkeit l l 7 problematisch. Deshalb ist im Fol­ genden die Erweiterung der Verlustverrechnungsmöglichkeiten der Ausgangs­ punkt für die Bildung einer eigenen Auffassung.

V.

Eigene Auffassung

1.

Ausgangspunkt und Präzisierung

Es wurde eben begründet, warum der Zweck des einheitlichen Besteuerungs­ zeitraums in der erweiterten Verlustverrechnung zu suchen ist. Allerdings ist dies :fiir die folgende Untersuchung noch zu präzisieren: Wie bereits dargestellt wurde, wird die erweiterte Verlustverrechnung durch den einheitlichen Be­ steuerungszeitraum bewirkt. Nimmt man an, dass das der (unmittelbare) Rege­ lungszweck des § 1 1 Abs. 1 S . 1 KStG ist, erklärt dies aber noch nicht den Grund da:fiir, warum der Gesetzgeber die erweiterten Verrechnungsmöglich­ keiten geschaffen hat. Es ist daher davon auszugehen, dass der Zweck der Re­ gelung in einer Begründung :fiir die erweiterten Verlustnutzungsmöglichkeiten zu suchen ist. Danach sind zwei Regelungszwecke denkbar: Erstens kann man den Zweck der Regelung darin sehen, dass gerade während des Abwicklungsverfahrens eine erweiterte Verlustverrechnung sinnvoll ist gewissermaßen aufgrund von Besonderheiten des Liquidationsverfahrens. In diese Richtung weist etwa die teils geäußerte Vorstellung, Vermögensschwan­ kungen seien während der Abwicklung besonders hoch. Die Regelung des einheitlichen Besteuerungszeitraums wäre dann sehr zielgenau, da sie gerade an das Liquidationsverfahren anknüpft. Eine zweite mögliche Deutung liegt darin, dass aufgrund der nahenden Voll­ beendigung, die den Untergang der bis dahin nicht genutzten Verluste bewirkt, ein besonderes Bedürfnis für verbesserte Saldierungsmöglichkeiten besteht. Folgt man dem, wäre § 1 1 Abs. 1 S . 1 KStG wohl als typisierende Regelung zu verstehen, die eine Abmilderung dieser Fol g e der Vollbeendigung bezweckt. l 1 8 Dass es sich bei diesem Verständnis nur um eine typisierende Regelung han­ deln kann, ergibt sich aus zwei Gesichtspunkten: Zum einen hilft sie nur in be­ stimmten Situationen, nämlich insbesondere dann, wenn sich während der Abwicklung Gewinne und Verluste abwechseln. Zweitens wirkt die Auflösung als Anknüpfungspunkt typisierend: Es ist nämlich nicht zwingend, dass die wirtschaftlichen Vorgänge der Abwicklung wirklich erst nach der Auflösung 1 1 7 Zur Folgerichtigkeit etwa Lang in TipkelLang20 , S. 85 f. m.w.N. 1 1 8 Ähnlich Keß, Ertragsbesteuerung bei Liquidationen, S. 1 2 5 .

67

Der einheitliche Besteuerungszeitraum

stattfinden, sie können auch (teilweise) bereits vor der Auflösung liegen. l 1 9 Ist dies der Fall, wird der Effekt des einheitlichen Besteuerungszeitraums oftmals geringer ausfallen als im gesetzlichen Regelfall. 2.

Besondere Situation : Bevorstehende Vollbeendigung

Mit der Vollbeendigung einer Gesellschaft geht auch das Steuersubj ekt unter und mit ihm sämtliche bis dahin noch nicht genutzten Verluste. Angesichts der deutlichen Akzentuierung des Verlustabzugs auf den Verlustvortrag durch den geltenden § I Od EStG kann dies für eine Kapitalgesellschaft eine erhebliche Härte bedeuten. Deshalb besteht für den Steuerpflichtigen mit Blick auf die bevorstehende Vollbeendigung ein besonderes Bedürfnis, Verluste bis dahin möglichst umfassend nutzen zu können. Dieser Zusammenhang wird in der Literatur nur selten diskutiert. 1 2O Es ist allerdings fraglich, ob der einheitliche Besteuerungszeitraum bezweckt, dieses besondere Bedürfnis an Verlustnut­ zungsmöglichkeiten vor der Vollbeendigung zu befriedigen. 1 2 1 Problematisch ist insofern, dass sich aus der Entstehungsgeschichte des § 1 1 KStG kein An­ haltspunkt für eine solche Sichtweise ergibt. 1 22 Es lässt sich aber gleichwohl festhalten, dass die Situation der bevorstehenden Vollbeendigung immerhin in diese Richtung weist.

3.

Hohe Vermögensschwankungen gerade während der Liquidation

a)

Vermögensschwankungen während des Liquidationsverfahrens

Dafür, dass in der Liquidationsphase eine erweiterte Verlustverrechung sinn­ voll sei, wird angeführt, dass in diesem Zeitraum die Vermögensschwankun­ gen (typischerweise) besonders hoch seien und deshalb ein Bedürfnis für die erweiterte Verlustverrechnung bestehe. 1 23 In der Tat sind Konstellationen denkbar, in denen sich hohe Verluste und hohe Gewinne abwechseln. Es ist etwa an den Fall zu denken, dass im Rahmen der Abwicklung zunächst die be­ reits produzierten Güter deutlich unter Preis verkauft werden (müssen) und er­ heblich später - etwa weil sich die Verhandlungen lange hinziehen - beim Verkauf des Betriebsgeländes in erheblichem Maße stille Reserven realisiert werden; ebenso gut ist der umgekehrte Fall denkbar. Man sieht daran, dass es recht zufälli g sein kann, in welchem Zeitpunkt Gewinne und Verluste eintre1 1 9 Dazu z.B. FärschlelDeubert in Sonderbilanzen4 , Rn. T 52; dies entspräche i . Ü . einer (tei lweisen) stillen Liquidation. 1 20 Z.B. Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 ; Frotscher in FrotscheriMaas, KStG, § 1 1 ; Hof­ meister in Blümich, KStG, § 1 1 G eweils ohne Bemerkung zur Verlustnutzung); verhält­ nismäßig ausführlich GilzlKluth, DStR 2005, S . 1 84 f.; Keß, Ertragsbesteuerung bei Li­ quidationen, S. 1 2 5 ; vgl. auch Micker in Herrmann/HeueriRaupach, KStG, § 11 Rn. 3 7 (Stellungnahme zur Bedeutung der Zwischenveranlagung). 1 2 1 So vertreten von Keß, Ertragsbesteuerung bei Liquidationen, S. 1 2 5 . 1 22 Oben S . 59 f., vgl. auch sogleich S . 7 5 f. 1 23 Thiel, AG 1 960, S . 270 ff. ( S . 273); Keß, Ertragsbesteuerung bei Liquidationen, S . 1 2 5 ; i n diese Richtung auch Sundermann, Besteuerung des Liquidationsgewinns, S . 2 4 ff.

68

Der Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums

ten. 1 24 Folgt man dem, wird man hohe Vermögensschwankungen gerade als Spezifikum der Liquidation ansehen. Dies würde dafür sprechen, dass die er­ weiterte Verlustverrechnung während der Liquidation bezweckt, diese Beson­ derheit auszugleichen. Allerdings ist zweifelhaft, ob hohe Vermögensschwan­ kung en eine Besonderheit gerade der Liquidation sind. Immerhin entstehen auch sonst Wechsel von Gewinnen zu Verlusten, etwa aufgrund konjunkturel­ ler Schwankungen. Dass hohe Schwankungen im Betriebsvermögen gerade während der Liquidation in verstärktem Maße auftauchen, ist deshalb nur eine Vermutung, die, soweit sie aufgestellt wird, weder empirisch bewiesen noch argumentativ belegt wird. Es erscheint auch kaum mög lich, diese Vermutung zu fundieren. Jedenfalls ist bisher kein Argument dafür vorgebracht worden, dass Vermögens schwankungen gerade während des Liquidationsverfahrens in besonderem Maße auftreten. b)

Vermögensschwankungen vor dem Ende der Liquidation

Selbst wenn richtig ist, dass im Rahmen der Abwicklung in besonderem Maße Vermögensschwankungen auftreten, so zei gt eine einfache Überlegung, dass dieses Phänomen nicht notwendigerweise während des gesellschaftsrechtli­ chen Liquidationsverfahrens gern. § § 262 ff. AktG bzw. § § 60 ff. GmbHG auf­ treten muss, an das § 1 1 Abs. 1 KStG anknüpft: Es ist nämlich nicht zwingend, dass die Versilberung des Vermögens während des Liquidationsverfahrens stattfindet. Denkbar ist auch, dass die Abwicklung ohne Auflösung sbeschluss betrieben wird oder dass die Versilberung der Vermögenswerte teils vor, teils nach der Auflösung vorgenommen wird. 1 2 5 Dies zeigt, dass hohe Vermögens­ schwankungen, wenn sie denn überhaupt vorkommen, ihren Grund nicht im gesellschaftsrechtlichen Liquidationsverfahren haben (auf das § 1 1 KStG Be­ zug nimmt l 26 ), sondern in den wirtschaftlichen Vorgängen, die durch die be­ vorstehende Vollbeendigung bedingt sind. Diese wirtschaftlichen Ereignisse, zu denen regelmäßig insbesondere die Vermögensverwertung zählt, können im Rahmen des g esellschaftsrechtlich vorgesehenen Verfahrens stattfinden; sie müssen es aber nicht. c)

Schlussfolgerung

Es ist somit festzuhalten: Selbst wenn während der Liquidation besonders ho­ he Vermögensschwankungen auftreten, so sind sie kein Spezifikum gerade des gesellschaftsrechtlichen Abwicklungsverfahrens, sondern haben ihren Grund allenfalls in den durch die bevorstehende Vollbeendigung bedingten wirt­ schaftlichen Vorgängen. Hohe Vermögensschwankungen werden aus steuerli1 24 So etwa Thiel, AG 1 960, S. 270 ff. (S. 273 ). 1 2 5 Aus gesellschaftsrechtlicher Sicht ist dies insbesondere dann möglich, wenn die Gesell­ schaft gar nicht beendet werden soll, sondern etwa Vermögensumschichtungen stattfin­ den. 1 26 Zum sachlichen Anwendungsbereich des § 1 1 KStG oben S. 27 ff.

69

Der einheitliche Besteuerungszeitraum

cher Sicht durch den einheitlichen Besteuerungszeitraum abgemildert; wäre dies nicht der Fall, wären sie aufgrund des bevorstehenden Untergangs des Verlustvortrags durch die Vollbeendigung eine besondere Härte für den Steu­ erpflichtigen. Dies zeigt, dass hohe Vermögensschwankungen nicht allein aus sich selbst heraus problematisch sind, sondern vor allem aufgrund eines mög­ lichen Untergangs nicht genutzter Verluste. Das weist in Richtung des typisie­ renden Verständnisses der Norm, nach dem die Härten der bevorstehenden Vollbeendigung g emildert werden sollen. 4.

Leistungsfähigkeitsprinzip, Totalgewinn und Jahresbesteuerung

Es ist eben herausgearbeitet worden, dass der Steuerpflichtige vor der Vollbe­ endigung aufgrund des damit einhergehenden Untergangs eines etwaigen Ver­ lustvortrags ein besonderes Bedürfnis nach erweiterten Verlustverrechnungs­ möglichkeiten haben kann, das durch den einheitlichen Besteuerungszeitraum - j e nach Fallkonstellation in unterschiedlichem Umfang - befriedigt wird. Im Folgenden soll untersucht werden, ob es sich dabei nur um ein Entgegenkom­ men (also : eine Steuersubvention) gegenüber dem Steuerpflichtigen handelt oder ob sich auch Argumente dafür finden lassen, dass sich die durch § 1 1 Abs. 1 KStG bewirkten erweiterten Verlustverrechnungsmöglichkeiten steuer­ dogmatisch fundieren lassen. a)

Leistungsfähigkeitsprinzip

aa)

Einführung

Als Argument dafür, dass erweiterte Verlustnutzungsmöglichkeiten mit Blick auf die Vollbeendigung auch aus steuerdogmatischer Sicht begründbar sind, kommt insbesondere der Leistungsfähigkeitsgrundsatz als das nach weitaus h.M. 1 2 7 grundlegende Prinzip des Steuerrechts in Betracht. Mit folgender Ar­ gumentation ließe sich begründen, warum das Leistungsfähigkeitsprinzip dem Zweck entspricht, den bevorstehenden Untergang von Verlustvorträgen abzu­ mildern: Gedanklicher Ausgangspunkt ist, dass das besondere Bedürfnis nach erweiter­ ten Verlustverrechnungsmöglichkeiten in der Abwicklungssituation seinen Grund letztlich im Prinzip der Abschnittsbesteuerung hat. Dies ist deshalb der Fall, weil die Einteilung in j ährliche Steuerabschnitte dazu führen kann, dass sich Gewinne und Verluste ungleichmäßig zeitlich verteilen. Dieser Effekt wird für die laufende Besteuerung durch den interperiodischen Verlustabzug

1 27 BYerfG v. 03 . 1 1 . 1 982, 1 BvR 620/78, BYerfGE 6 1 , S . 3 1 9 ff. (S. 343 f.); BYerfG v. 26.0 1 . 1 994, 1 BvL 1 2/86, BYerfGE 89, S . 346 ff. (S. 3 52 0; BFH v. 0 1 .07 .2009, I R 76/08, B StBl. II 20 1 0, S . 1 06 1 ff; Tipke, StRO f, S. 479 ff. ; Lang in Tipke/Lang20 , S . 88 ff. ; P. Kirchhof, HdBStR y3, § 1 1 8 Rn. 1 68 ff. ; a.A. Arndt in FS Mühl, S . 1 7 ff. ; kritisch Kruse in F S Friauf, S . 793 ff.

70

Der Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums

gern. § I Od EStG abgemildert. 128 Da dieser j edoch deutlich in Richtung eines Verlustvortrags ausgestaltet ist, hilft er im Fall der Liquidation nur sehr be­ grenzt, weil ein etwaiger Verlustvortrag mit dem Ende der Gesellschaft unter­ geht. Anders formuliert: Gäbe es keine prinzipiell isolierten Steuerabschnitte, sondern nur eine einheitliche Veranlagung für die gesamte Dauer unternehme­ rischer Tätigkeit einer Gesellschaft, würde das Problem des Verlustabzugs nicht existieren und damit auch nicht das des drohenden Untergangs eines Ver­ lustvortrags durch die Vollbeendigung. Folgt man der h.M., nach der das Prinzip der Abschnittsbesteuerung mit dem Leistungsfähigkeitsgrundsatz in Konflikt geraten kann, weil dem Periodizi­ tätsprinzip immer etwas Willkürliches 129 immanent ist, kommt man dazu, dass eine Abmilderung der periodischen Besteuerung aufgrund des Leistungsfähig­ keitsprinzips geboten ist. Da aber der Verlustabzug gern. § I Od EStG in Rich­ tung auf die Vollbeendigung nicht so wirkungsvoll ist wie im Rahmen der lau­ fenden Besteuerung, besteht somit ein Bedürfuis, dem Leistungsfähigkeits­ prinzip auch insoweit in einem etwa entsprechenden Umfang Geltung zu ver­ schaffen. Folgt man dem, würde dies durch den einheitlichen Besteuerungs­ zeitraum bezweckt. Zunächst ist daher zu untersuchen, ob das Leistungsfähigkeitsprinzip grund­ sätzlich anzuerkennen ist. Zweitens stellt sich die Frage, ob es mit dem Grund­ satz der Abschnittsbesteuerung in einem Spannungsverhältnis steht und des­ halb eine Abmilderung der strengen Jahresbesteuerung geboten ist. bb)

Herleitung und Inhalt des Leistungsfähigkeitsprinzips

Ausgangspunkt ist, dass Art. 3 Abs . 1 GG eine gleichheits gerechte Besteue­ rung gebietet und deshalb - da der Gleichheitssatz ihn nicht selbst liefert nach einem Vergleichsmaßstab verlangt. l30 Mit anderen Worten: Art. 3 Abs. 1 GG verlangt nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsge­ richts l 3 l , dass wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich behandelt wird; was wesentlich gleich oder ungleich ist, ist dem allgemeinen Gleichheitssatz aber nicht zu entnehmen. Der Vergleichsmaßstab im geltenden Steuerrecht ist der Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leis1 28 Zum Zweck des § I Od EStG etwa Heinicke in Schmidt, EStG3 1 , § I Od Rn . 1 ; Lambrecht in Kirchhof, EStG l l , § I Od Rn. 1 ; Hallerbach in HerrmannlHeuerlRaupach, EStG, § I Od Rn. 5 , 1 0 . 1 29 Selbstverständlich ist damit keine Willkür im streng j uristischen S inne gemeint, die zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG bzw. Art. 20 Abs . 3 GG (str.) fUhren würde; kri­ tisch zum Begriff der Willkürlichkeit in diesem Zusammenhang wohl Schick, Ver­ lustrücktrag, S . 1 6. 1 3 0 Tipke, StRO 12 , S . 3 2 1 ff. ; Osterloh in Sachs, GG6 , Art. 3 Rn. 4 ff, 1 3 4. 1 3 1 Erstmals BVerfG v. 07. 1 0 . 1 980, 1 BvL 50, 89179, 1 BvR 240179, BVerfGE 5 5 , S . 72 ff. (S. 88); seitdem im Grundsatz ständige Rechtsprechung, zu Einzelheiten etwa Osterloh in Sachs, GG6 , Art. 3 Rn. 1 3 ff.

71

Der einheitliche Besteuerungszeitraum

tungsfähigkeit; 132 ob dies der einzig mögliche Maßstab ist, mag hier dahinste­ hen, auch wenn einiges darur spricht 133 . Entscheidend ist, dass dem geltenden (Ertrag-) Steuerrecht das Leistungsfähigkeitsprinzip zugrunde liegt und deshalb als Vergleichsmaßstab über Art. 3 Abs . 1 GG im Grundsatz Verfassungsrang genießt. 134 Letzteres gilt insbesondere deshalb, weil der allgemeine Gleich­ heitsgrundsatz Systemgerechtigkeit und Folgerichtigkeit erfordert: Ein einmal gewählter Vergleichsmaßstab - hier also das Leistungsfähigkeitsprinzip muss folgerichtig umgesetzt werden. 135 Jedenfalls seit Einfiihrung des Halbeinkünfteverfahrens dürfte klar sein, dass auch im Körperschaftsteuerrecht das Leistungsfähigkeitsprinzip gilt. 136 Konnte man daran angesichts der nur vorläufigen steuerlichen Belastung im Anrech­ nungsverfahren vielleicht noch zweifeln, fiihrt die definitive Besteuerung seit 200 1 dazu, dass auch im Bereich der Körperschaftsteuer der Leistungsfähig­ keitsgrundsatz gelten muss . Denn selbst wenn man einer Körperschaft im Prinzip keine eigene Leistungsfähigkeit zumessen Will137, weil man diese auf natürliche Personen beschränkt, so ruhrt die Definitivbesteuerung dazu, dass von der Körperschaftsteuer letztlich natürliche Personen betroffen sind, rur die das Leistungsfähigkeitsprinzip gilt. ce)

Spannungsverhältnis von Periodizitätsprinzip und Leistungsfähigkeitsgrundsatz

Es ist weithin anerkannt, dass das Periodizitätsprinzip zu Härten führen kann,

die den Grundsatz der B esteuerung nach der Leistungsfähigkeit verletzen kön­ nen. 138 Dies wird damit begründet, dass die Einteilung in j ährliche Steuerperi­ oden ungerecht sein kann, weil es sich letztlich um willkürliche Abschnitte 1 3 2 Tipke, StRO f, S. 3 2 1 ff. 1 3 3 Vgl. etwa Tipke, StRO 12 , S . 484; deutlich a.a.O., S . 490 (einziger Vergleichsmaßstab, der allen Grundrechten gerecht wird). 1 3 4 Ähnlich etwa Kannengießer in Schmidt-BleibtreulHofmannIHopfauf, GG 12 , Art. 3 Rn. 32; Friauj, DStJG 1 2 ( 1 989), S . 3 ff. (S. 27 ff.); a.A. z.B . VogellWaldhoff, Finanz­ verfassungsrecht, S . 342 ff. (Herleitung aus Art. 3 Abs. 1 Go, dem Sozial- und Rechts­ staatsprinzip und Art. 1 06 GG). 1 3 5 Vgl. nur Osterloh in Sachs, GG6 , Art. 3 Rn. 98 ff. 1 3 6 Richtigerweise galt es auch schon unter Geltung des Anrechnungssystems, weil einer Körperschaft selbst eine Leistungsfähigkeit zueignet, auf die die Körperschaftsteuer ausgerichtet ist, und zwar unabhängig davon, ob sie später angerechnet wird oder eine Definitivbelastung ist. Hinzu kommt, dass auch im Anrechnungssystem die Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinns der Körperschaft maßgeblich dafür ist, wie hoch die Steuerlast des einkommensteuerpflichtigen Anteilseigners ausfällt. Anders formuliert: Eine Gewinnermittlung, die nicht leistungsgerecht erfolgt, wird auch durch das Anrech­ nungssystem nicht geheilt. 1 3 7 Dazu ausführlich Tipke, StRO rr2 , S. 1 1 69 ff. 1 3 8 Z.B. Tipke, StRO rr2 , S . 754 ff. ; Lang in Tipke/Lang20 , S . 243 f. ; Drüen, Periodenge­ winn und Totalgewinn, S. 89 ff.

72

Der Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums

handelt. Dass diese Argumentation richtig ist, zeigt folgendes Beispiel : Ange­ nommen, ein Steuerpflichtiger erzielt in Jahr 1 einen Ertrag von 1 00 und erlei­ det in Jahr 2 einen Verlust von 1 00 . Zusätzlich erzielt er um den Jahreswechsel herum einen Ertrag von 5 0 . Fällt dieser in Jahr 1 , ist der gesamte steuerpflich­ tige Ertrag der beiden Jahre 1 50 ; fällt er in Jahr 2, beträgt er 1 00 . Bliebe es bei diesem Ergebnis, hinge seine Steuerlast davon ab, ob der zusätzliche Ertrag in Jahr 1 oder Jahr 2 fällt. Dass der Steuerpflichtige j eweils unterschiedlich leis­ tungsfähig ist, ist aber nicht ersichtlich. Die Härten der periodischen B esteue­ rung werden im geltenden Recht vor allem durch den Verlustabzug gern. § I Od EStG abgemildert. Es ist der h.M. zuzustimmen, die einen Verlustabzug für nötig hält, um einen Verstoß gegen den Leistungsfähigkeitsgrundsatz zu ver­ meiden. 139 Für diese Erkenntnis ist übrigens nicht zwingend, dass man der Auffassung folgt, dass sich steuerliche Leistungsfähigkeit idealiter nach dem Lebensein­ kommen bzw. Totalgewinn bemessen sollte. 140 Auch wenn man etwa mit Schick eine Vergleichbarkeit in der Zeit fordertl41 , wird man dennoch anerken­ nen müssen, dass die Jahresbesteuerung zu besonderen Härten führen kann, die wenigstens abzumildern sind. Ebenso lässt auch Paul Kirchhofs Auffas­ sung von der Gleichheit in der Zeitl42 Raum für den Ausgleich von Härten. 143 dd)

Schlussfolgerung

Der Leistungsfähigkeitsgrundsatz gebietet somit zumindest eine Milderung der Härten des Abschnittssteuerprinzips . Da solche Härten in der besonderen Situation einer bevorstehenden Vollbeendigung nicht durch den allgemeinen Verlustabzug des § I Od EStG berücksichtigt werden, spricht dies dafür, dass der einheitliche Besteuerungszeitraum bezweckt, in typisierender Weise die Folgen der bevorstehenden Vollbeendigung abzumildern, und auf diese Weise dem Leistungsfähigkeitsprinzip auch insoweit zur Geltung verhilft. 144

1 3 9 Z.B. Lehner in Verluste im nationalen und Internationalen Steuerrecht, S . 1 ff. (S. 1 6); Drüen, Periodengewinn und Totalgewinn, S . 1 0 1 f. ' 1 40 Dies zeigen auch die in Fußnote 1 3 9 angegebenen Autoren, die dem Lebenseinkom­ mensprinzip kritisch gegenüberstehen; für das Lebenseinkommen als richtigen Indika­ tor z.B . Tipke, StRO n2 , S. 756 m.w.N.; Lang in FS Kruse, S. 3 1 3 ff. ( S . 3 3 0 f.). 1 4 1 Schick, Verlustrücktrag, S . 12 ff. 1 42 P. Kirchhofin HStR V3 , § 1 1 8 Rn. 2 1 1 ff. ; ders. , StuW 1 985, S . 3 1 9 ff. (S. 3 22); kritisch dazu insbesondere Tipke, StRO n2 , S. 757 f. 1 43 Dass auch P. Kirchhof dies so sieht, zeigt § 9 seines Entwurfes eines Einkommensteuer­ gesetzbuches (P. Kirchhof, Einkommensteuergesetzbuch, S . 1 76 ff.), der einen zeitlich begrenzten Verlustvortrag vorsieht. 1 44 Inwieweit mit B lick auf die Liquidation besondere Möglichkeiten der Verlustverrech­ nung durch das Leistungsfähigkeitsprinzip geboten sind, mithin: ob etwa eine völlige Abschaffung der Wirkungen des einheitlichen Besteuerungszeitraums mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar wäre, ist hier nicht von Bedeutung, da es nicht um die Verfassungsmä-

73

Der einheitliche Besteuerungszeitraum

b)

Totalgewinnprinzip

Man könnte daran denken, das eben gefundene Argument noch durch das To­ talgewinnprinzip zu verstärken. Dieses besagt im Kern, dass der Gewinn eines Betriebs immer gleich sein muss, unabhängig davon, wie er sich zeitlich ver­ teilt. 145 Mit Blick auf die j ährliche Besteuerung heißt dies : Die Summe der einzelnen (versteuerten) Periodengewinne muss identisch sein mit dem Ge­ samtergebnis, das ein Betrieb über seine gesamte Tätigkeitsdauer hinweg er­ zielt. Deshalb setzt das Totalgewinnprinzip, wenn es in Reinform verwirklicht werden soll, j edenfalls 146 einen unbeschränkten interperiodischen Verlustabzug voraus. 147 Da dieser im geltenden Körperschaftsteuerrecht nicht gegeben ist, ist klar, dass das Totalgewinnprinzip, falls man es überhaupt anerkennt148, nur teilweise verwirklicht ist. Ihm entspricht im Körperschaftsteuerrecht insbeson­ dere der Verlustabzug gern. § I Od EStG. 149 Deshalb könnte man argumentier­ ten - die Anerkennung des Totalgewinnprinzips vorausgesetzt -, dass der ein­ heitliche Besteuerungszeitraum dem Totalgewinnprinzip für die Liquidation in etwa die Durchschlagskraft verschaffen soll, die ihm auch in der laufenden Besteuerung zukommt. Ob dem geltenden Körperschaftsteuerrecht der Totalgewinngedanke zugrunde liegt, kann hier aber offen bleiben. Im Vergleich zur Begründung direkt aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip heraus ist nämlich nicht ersichtlich, dass er ein stärkeres Argument für das Verständnis des einheitlichen B esteuerungszeit­ raums liefern kann. Denn es entspricht der weitaus herrschenden und auch hier vertretenen Auffassung, dass das Leistungsfähigkeitsprinzip j edenfalls in dem - verhältnismäßig geringen - Umfang, in dem es oben in Anschlag gebracht wurde, aus Art. 3 Abs . 1 GG folgt und damit Verfassungsrang hat. Sofern man auf das Totalgewinnprinzip abstellt, ist zunächst umstritten, ob es Verfassungs­ rang hat150; selbst wenn man dies annimmt, kann es aber nicht schlagkräftiger als das Leistungsfähigkeitsprinzip sein, das eben auch Verfassungsrang ge­ nießt. Deshalb kann sich aus dem Totalgewinnprinzip im Hinblick auf den Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums nicht mehr ergeben als aus dem Leistungsfähigkeitsgrundsatz.

1 45 1 46 1 47 1 48 1 49 1 50

74

ßigkeit der Liquidationsbesteuerung geht, sondern darum, den Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums herauszuarbeiten. Knobbe-Keuk, B ilanz- und Unternehmenssteuerreche , S . 3 03 f. Zu weiteren Prämissen des Totalgewinnprinzips Drüen, Periodengewinn und Totalge­ winn, S. 78 f. Drüen, Periodengewinn und Totalgewinn, S . 75 f. Dagegen mit bedenkenswerten Gründen insbesondere Drüen, Periodengewinn und To­ talgewinn, S . 85 ff. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht9 , S . 3 03 f. Zum Teil wird es auch aus dem inneren System der Steuergesetze abgeleitet, vgl. Drü­ en, Periodengewinn und Totalgewinn, S . 1 25 ff. m.w.N.

Der Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums

c)

Zwischenergebnis

Als Zwischenergebnis ist deshalb Folgendes festzuhalten: Das Leistungsfahig­ keitsprinzip spricht dafür, dass der einheitliche Besteuerungszeitraum be­ zweckt, den durch die bevorstehende Vollbeendigung drohenden Untergang eines etwaigen Verlustvortrags in typisierender Weise abzumildern, indem er für den Abwicklungszeitraum die Verlustverrechnungsmöglichkeiten erweitert. Dafür genügt es, anzuerkennen, dass die Abschnittsbesteuerung letztlich will­ kürlich ist und es deshalb dem Leistungsfahigkeitsprinzip entspricht, das starre Periodizitätsprinzip abzumildern. Sofern man weitergehend den Totalgewinn­ gedanken anerkennt, ergibt sich kein anderes Bild; es war deshalb im Rahmen dieser Untersuchung hinreichend, sich auf das Leistungsfähigkeitsprinzip in der dargestellten - verhältnismäßig zurückhaltenden - Ausprägung zu be­ schränken. 5.

Gesetzgebungshistorie

Es hat sich bereits oben bei der Darstellung der Gesetzgebungsmaterialien ge­ zeigt, dass sich ausdrückliche Äußerungen zum Zweck des einheitlichen Be­ steuerungszeitraums nicht finden lassen. Man wird aber davon ausgehen dür­ fen, dass sich der Gesetzgeber des KStG 1 925 die wesentlichen Erwägungen, die der Reichsfinanzhof seiner Leitentscheidung1 5 1 zugrunde gelegt hat, zu ei­ gen gemacht hat. Dies lässt sich damit begründen, dass vor der Entscheidung Unsicherheit über den einheitlichen Besteuerungszeitraum geherrscht hat, die durch den Reichsfinanzhof j edenfalls im Grundsatz geklärt wurde. Der Ge­ setzgeber betont in den Materialien regelmäßig, die geltende (mithin: durch den Reichsfinanzhof geprägte) Rechtslage nicht ändern zu wollen. Deshalb wird man sagen dürfen, dass der Gesetzgeber sich die Entscheidungserwägun­ gen im Wesentlichen zu eigen gemacht hat. Indes ist genau zu prüfen, was sich daraus für die Interpretation des einheitli­ chen Besteuerungszeitraums ergibt. Insbesondere stellt sich die Frage, ob der Reichsfinanzhof sich überhaupt zur Zweckrichtung geäußert hat. Dies ist im Ergebnis wohl zu verneinen. Denn der Reichsfinanzhof hat zwar gesagt, dass der Gewinn im Sinne des § 1 7 KStG 1 920 (der Vorgängervorschrift des § 1 1 KStG) nur einheitlich ermittelt werden könne, damit keine Buchgewinne be­ steuert werden. Allerdings hat er dies letztlich auf die Vorschrift selbst ge­ stützt, nicht etwa auf das Leistungsfahigkeitsprinzip 1 52 oder die bevorstehende Vollbeendigung. Das entscheidende Argument war, dass § 1 7 KStG 1 920 eben den Liquidationsgewinn besteuern wolle, der sich seiner Natur nach vom lau1 5 1 RFH v. 0 1 .07. 1 922, I A 3 7/22, RFHE 1 0, S. 23 ff., dazu oben S. 62. 1 52 Wobei zu berücksichtigen ist, dass das Leistungsfahigkeitsprinzip, auch wenn es in Art. 134 WRV ausdrücklich normiert war, damals bei weitem noch nicht so weit entwi­ ckelt war wie es heute der Fall ist. V gl. zur geschichtlichen Entwicklung des Leistungs­ fahigkeitsprinzips z.B. Lang in TipkelLang20 , S. 88 ff.

75

Der einheitliche Besteuerungszeitraum

fenden Gewinn unterscheide. Deshalb bedürfe es einer Sondervorschrift, um den Abwicklungsgewinn steuerpflichtig zu machen, was zur Folge habe, dass der Gewinn nur so erfasst werden könne, wie es durch eben diese Sondervor­ schrift - § 1 7 KStG 1 920 - bezweckt werde. Diese Vorschrift bezwecke aber die Besteuerung des Liquidationsgewinns, der eben als solcher nur einheitlich ermittelt werden könne. Man kann also sagen, dass der Reichsfinanzhof die einheitliche Ermittlung des Liquidationsgewinns letztlich aus dem Wortlaut des § 1 7 KStG 1 920 herleitet. Insbesondere ist die Erwähnung der Verlustver­ rechnung auf das Verständnis des Reichsfinanzhofs von dem durch § 1 7 KStG definierten Liquidationsgewinn zurückzuführen. Der Reichsfinanzhof vertritt auch nicht die Auffassung, dass Besonderheiten der Liquidation der Grund für die einheitliche Ermittlung seien - letztlich nimmt er einfach an, dass der Gesetzgeber sich eben für diese Ausgestaltung entschieden hat. Insgesamt lässt sich deshalb aus der Gesetzgebungsgeschichte wohl kein Ar­ gument ableiten. Im Übrigen ist auch zu berücksichtigen, dass selbst dann, wenn der Gesetzgeber der 20er Jahre eine abweichende Vorstellung gehabt haben sollte, diese wohl nicht entscheidend gegen die These von der typisie­ renden Abmilderung sprechen würde, da sich das Umfeld der steuerrechtlichen Vorschriften erheblich gewandelt hat. Insbesondere ist der interperiodische Verlustabzug erstmals 1 929153 eingeführt worden - der Gesetzgeber konnte deshalb die These der typisierenden Abmilderung überhaupt nicht vertreten, weil der drohende Untergang ungenutzter Verluste kein Spezifikum der Voll­ beendigung war, sondern am Ende j eder Steuerperiode eintrat. 6.

Mögliches Gegenargument: Mangelnde Zielgenauigkeit der Regelung

Nach dem Gesagten spricht viel dafür, der These zu folgen, die die einheitliche Gewinnermittlung als typisierende Abmilderung des drohenden Verlustunter­ gangs durch die bevorstehende Vollbeendigung ansieht. Allerdings könnte man dagegen einwenden, dass die Ausgestaltung durch den einheitlichen Besteue­ rungszeitraum zu ungenau ist. Zum einen zeitigt der einheitliche Besteue­ rungszeitraum Wirkungen - insbesondere im Hinblick auf sich ändernde Steu­ ergesetze1 54 -, die diesem Zweck in keiner Weise dienen. Zum anderen können die Effekte im Hinblick auf die Verlustnutzung wesentlich vom Zeitpunkt der Auflösung und der Dauer der Abwicklung abhängen. Im Hinblick auf sich ändernde Steuergesetze stellt sich die Frage, warum der Gesetzgeber sich nicht entschieden hat, eine dem § I Od EStG vergleichbare Regelung zu treffen. Aus heutiger Sicht würde eine solche Vorgehensweise 1 53 G. v. 29.6. 1 929, RGBl. 1 1 929, S. 1 23 f. 1 54 Dazu oben S . 40, S . 5 1 .

76

Der Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums

wohl tatsächlich näher liegen. Indes ist zum einen zu berücksichtigen, dass der einheitliche Besteuerungszeitraum eingeführt wurde, bevor es einen interperi­ odischen Verlustabzug gab. Insbesondere aber kommt dem Gesetzgeber ein erheblicher Gestaltungsspielraum zu, er kann zwischen verschiedenen gesetz­ geberischen Möglichkeiten wählen und muss nicht unbedingt die am besten geeignete Lösung wählen - welches das optimale Gesetz ist, ist außerdem auch kaum obj ektiv feststellbar, sondern eine Wertungsfrage. Dass der mögli­ che Effekt des einheitlichen Besteuerungszeitraums vom Zeitpunkt der Auflö­ sung und von der Länge der Abwicklung abhängig sein kann, mag ebenfalls vielleicht nicht optimal sein. Es ist aber zu bedenken, dass irgendein Tatbe­ standsmerkmal immer erforderlich ist, wenn man eine solche typisierende Re­ gelung treffen will. Die Anknüpfung an den Abwicklungszeitraum scheint da­ bei durchaus vertretbar zu sein, zumal, wenn man berücksichtigt, dass ein künstliches Verlängern des Abwicklungszeitraums grundsätzlich auch keinen Steuervorteil bringt, da durch eine zeitliche Streckung die Summe von Gewin­ nen und Verlusten nicht tangiert wird. I55 Dass der herausgearbeitete Zweck nicht bestmöglich verwirklicht wird, spricht mithin nicht dagegen, ihn als Regelungszweck anzusehen. Allerdings wird de lege ferenda über eine Regelung nachzudenken sein, die die Ratio des einheit­ lichen Besteuerungszeitraums besser erfüllt. 156 7.

Mögliche Erweiterung: Zinsschranke

Man könnte daran denken, auch die Regelung der Zinsschranke in den Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums einzubeziehen. Immerhin geht auch ein noch bestehender Zinsvortrag genau wie ein Verlustvortrag mit der Vollbe­ endigung unter. Allerdings spricht dagegen schon, dass der einheitliche Be­ steuerungszeitraum außer in absoluten Ausnahmefällen nicht zu einer verbes­ serten Nutzung des Zinsvortrags führt. Das Gegenteil ist der Fall : Durch den einheitlichen Besteuerungszeitraum kann es passieren, dass die Freigrenze nicht mehr greift. 157 Der Zweck des § 1 1 KStG kann aber nicht in etwas liegen, was er überhaupt nicht bewirkt. Ob bei einer Reform des § 1 1 KStG auch die

1 5 5 Abgesehen von Zinseffekten, die insofern aber wegen der Möglichkeit der Erhebung von Steuervorauszahlungen regelmäßig kaum ins Gewicht fallen werden. Etwas ande­ res gilt nur dann, wenn das Ende der Abwicklung in den folgenden Veranlagungszeit­ raum hinausgezögert wird, um von günstigeren Steuergesetzen profitieren zu können. Wesentliche Änderungen - insbesondere des Steuersatzes - sind allerdings nicht eben häufig, sodass schon deshalb dieser Umstand der herausgebildeten Auffassung nicht entscheidend entgegensteht. 1 5 6 Dazu unten S. 1 84 ff 1 5 7 Zu den Auswirkungen des einheitlichen Besteuerungszeitraums auf die Zinsschranke oben S . 57 f.

77

Der einheitliche Besteuerungszeitraum

Zins schranke zu berücksichtigen wäre, wird später erörtert. I58 Im Rahmen der geltenden Liquidationsbesteuerung spielt sie j edenfalls keine Rolle. 8.

Fazit

Nach allem ist es überzeugend, den Zweck des § 1 1 Abs. 1 S . 1 KStG wie folgt zu formulieren: Durch den einheitlichen Besteuerungszeitraum wird be­ wirkt, dass die Verlustnutzungsmöglichkeiten während der Liquidation gegen­ über der laufenden Besteuerung erweitert sind. Dahinter steht der Regelungs­ zweck, den durch die bevorstehende Vollbeendigung drohenden Untergang von ungenutzten Verlusten in typisierender Weise abzumildern.

c.

Die Dreij ahresregelung des § 1 1 Abs. 1 S. 2 KStG

J.

Die Problematik im Ü berblick

Gern. § 1 1 Abs. 1 S. 2 KStG "soll" der Besteuerungszeitraum drei Jahre nicht übersteigen. Unklar und umstritten ist, was im Fall einer länger dauernden Abwicklung gilt: Ist dann eine Veranlagung nach drei Jahren endgültig oder nur vorläufig, so dass nach Abschluss der Liquidation eine Veranlagung für den gesamten Abwicklungszeitraum vorgenommen werden muss? Anders aus­ gedrückt: Entstehen in diesen Fällen mehrere selbständige Besteuerungszeit­ räume oder doch nur ein einzelner Besteuerungszeitraum, der durch vorläufige Veranlagungen unterbrochen wird? Die Beantwortung dieser Frage kann ins­ besondere in zwei Punkten erhebliche praktische Auswirkungen haben: einmal bezüglich der Verlustverrechnungsmöglichkeiten und zweitens im Hinblick auf die anzuwendenden Steuergesetze. Bevor dieses Problem entschieden werden kann, ist der Zweck der Dreij ahresregelung herauszuarbeiten. Schließ­ lich sind noch einige Fragen zu beantworten, die sich ebenfalls im Zusam­ menhang mit dieser Vorschrift stellen, wie etwa diej enige nach den tauglichen Ermessenserwägungen im Rahmen des § 1 1 Abs . 1 S . 2 KStG. Vorab wird dar­ gestellt, was unumstritten und eindeutig ist.

11.

§ 11 Abs. 1 S. 2 KStG: Gesicherte Erkenntnisse

1.

Drei Zeitj ahre, nicht Wirtschaftsjahre

Nach allgemeiner Auffassung meint § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG Zeitj ahre und keine Wirtschaftsj ahre, auch wenn dies regelmäßig nicht begründet wird. 1 59 Dennoch ist diese Ansicht richtig: Zunächst streitet bereits der Wortlaut der Vorschrift für dieses Verständnis. Hätte der Gesetzgeber Wirtschaftsj ahre gemeint, hätte 1 5 8 Dazu unten S . 1 8 1 , S . 1 86 f. 1 59 RFH v. 0 1 .06. 1 93 7, I A 5 0/3 7 , RStBl. 1 93 7, S . 967; Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 4 1 ; Graffe in Dötsch/JostlPunglWitt, KStG, § 1 1 Rn. 1 6 ; Hofmeister in B lümich, KStG, § 1 1 Rn. 3 9 .

78

Die Dreij ahresregelung des § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG

er kaum schlicht von "Jahren" gesprochen. Jedenfalls hätte man es aber wohl der Gesetzesbegründung entnehmen können, wenn Wirtschaftsj ahre gemeint gewesen wären. Daneben spricht auch folgende Überlegung für die allgemeine Meinung: Nach der Gesetzesbegründung dient die Dreij ahresregelung der Vermeidung von Beweisschwierigkeiten auf Seiten der Finanzverwaltung und der Sicherung des Steueranspruchs . 1 60 Dabei handelt es sich aber um tatsächli­ che und nicht um rechtliche Gesichtspunkte, was deutlich dafür spricht, dass es sich um Zeitj ahre handelt, also einen tatsächlichen Bezugspunkt, und nicht um Wirtschaftsj ahre, die eher als rechtlicher Anknüpfungspunkt zu qualifizie­ ren wären. Für die allgemeine Auffassung spricht außerdem: Im Rahmen des § 1 1 Abs. 1 KStG gibt es, j edenfalls bis die Dreij ahresregel eingreiftl61 , auf­ grund des einheitlichen Besteuerungszeitraums nur ein einziges Wirtschafts­ j ahr162• Es kann deshalb gar nicht dazu kommen, dass drei Wirtschaftsj ahre vor Eingreifen des § 1 1 Abs . 1 S. 2 KStG entstehen. Eine - grundsätzlich denkbare - Anknüpfung an handelsrechtliche Geschäftsjahre scheitert j edenfalls daran, dass eine solche Regelung einer ausdrücklichen Normierung bedurft hätte. Deshalb ist der allgemeinen Auffassung zuzustimmen, dass Zeitj ahre und kei­ ne Wirtschaftsjahre gemeint sind. 2.

Veranlagungsbefugnis nach (frühestens) drei Jahren

Nach allgemeiner Auffassung befugt § 1 1 Abs . 1 S. 2 KStG die Finanzverwal­ tung, nach drei Jahren grundsätzlich eine Veranlagung vorzunehmen. 163 Dies lässt sich leicht begründen: Zwar sagt der Wortlaut das nicht ausdrücklich, in­ des würde man bei gegenteiliger Auffassung der Vorschrift j eglichen Rege­ lungsgehalt absprechen. 1 64 Zudem ergibt sich dies auch aus der Gesetzesbe­ gründung zum KStG 1 934, die eine Veranlagungsbefugnis aufgrund der Drei­ j ahresregelung voraussetzt. 1 65 Falls die Liquidation länger als drei Jahre dauert, ist eine Veranlagung frühes­ tens nach Ablauf von drei Jahren möglich. Das ist allgemein anerkanntl 66 und ergibt sich direkt aus dem Gesetz: Nach § 1 1 Abs. 1 S . 1 KStG ist der während der Abwicklung erzielte Gewinn zu besteuern; insbesondere § 1 1 Abs . 2 KStG 1 60 RStBl. 1 93 5 , S. 8 1 ff. (S. 85); zum Zweck der Dreij ahresregelung ausfiih rlich unten S. 80 ff. 1 6 1 Greift die Dreij ahresregel ein, hängt die Existenz weiterer Wirtschaftsj ahre davon ab, ob man die Veranlagung fiir vorläufig oder endgültig hält. 1 62 Das ist umstritten, dazu oben S. 42 f. 1 63 BFH v. 1 8 .09.2007, I R 44/06, B StBl. 11 2008, S . 3 1 9 ff. (S. 320 f.); Lambreeht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 4 1 ; Graffe in Dötsch/Jost/Pung/Witt, KStG, § 1 1 Rn. 1 7; Lenz in Erle/Sauter, KStG3 , § 1 1 Rn. 3 2 . 1 64 Ebenso BFH v. 22 .02 .2006, I R 67/05, B StBl. 11 2008, S . 3 1 2 ff. (S. 3 1 2). 1 65 RStBl. 1 934, S . 81 ff. (S . 85). 1 66 FG Hamburg v. 29.05 .2006, 5 K 1 3 6/03 , RStBl. 1 93 7 , S . 967; Mieker i n Herr­ mannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 3 5 ; Graffe in DötschiJostiPungiWitt, KStG, § 1 1 Rn. 1 7.

79

Der einheitliche Besteuerungszeitraum

stellt klar, dass der Gewinn einheitlich zu ermitteln ist. Für eine Veranlagung vor der Vollbeendigung ist deshalb eine gesetzliche Grundlage erforderlich. Eine solche ist allein § 1 1 Abs. I S. 2 KStG, der aber eine Zwischenveranla­ gung vor Ablauf von drei Jahren nicht zulässt.

3.

Ermessensentscheidung

Die Entscheidung, ob nach drei Jahren eine Veranlagung vorgenommen wer­ den soll, ist eine Ermessensentscheidung. Dies entspricht dem eindeutigen Wortlaut - "soll" - und der einhelligen Auffassung167• Nicht ganz klar ist in­ des, welche Erwägungen fUr die Ermessensentscheidung maßgeblich sind. Diese Frage kann aber erst beantwortet werden, wenn geklärt ist, welchen In­ halt die Ermessensentscheidung hat. 168

III.

Der Zweck des § 11 Abs. 1 S. 2 KStG

1.

Gesetzgebungsmaterialien und vertretene Auffassungen

Die Dreij ahresregel des § 1 1 Abs. 1 S. 2 KStG besteht seit der Körperschaft­ steuerreform von 1 93 4 . In den Materialien169 wurde die EinfUhrung der Norm (damals in § 1 4) folgendermaßen begründet: "Im § 1 4 Abs. 1 Satz 2 ist die Vorschrift neu, daß der Besteuerungs­ zeitraum drei Jahre nicht übersteigen soll. Diese Vorschrift ist nötig, weil zahlreiche Gesellschaften formell ihre Auflösung beschlossen, aber weiterhin viele Jahre hindurch ihre Geschäfte in der bisherigen Weise weiterfUhrten. Bisher mußte das Finanzamt entweder den Nachweis fUhren, daß es sich um eine Scheinliquidation handelte, oder mit der Veranlagung bis zur endgültigen Abwicklung warten. Auf diese Weise zögerte sich die Veranlagung mehrere Jahre hin­ aus, die vorhandenen Werte wurden aufgezehrt, die Steuer aber nicht bezahlt. Die neue Vorschrift ist eine Sollvorschrift, um dem Finanzamt das Recht zu geben, die Gesellschaft spätestens nach Ablauf von drei Jahren zur Steuer heranzuziehen, andererseits aber die Möglichkeit zu schaffen, den besonderen Verhältnissen des ein­ zelnen Falls auch durch eine weitere Ausdehnung des Besteue­ rungszeitraums Rechnung zu tragen." Rechtsprechung und Literatur leiten ihre Auffassungen zum Zweck des § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG überwiegend aus dieser Begründung zum KStG 1 934 ab. Es 1 67 BFH v. 1 8 .09 .2007, I R 44/06, B StB l . II 2008, S. 3 1 9 ff. (S. 320); FG Brandenburg v. 23 . 0 1 .2002, 2 K 2272/98 K, U, F, EFG 2002, S. 432 ff. ( S . 433); Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 4 1 ; Graffe in Dötsch/JostIPunglWitt, KStG, § 1 1 Rn. 1 7; Mi­ cker in HerrmannIHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 3 5 . 1 68 Vgl. zu den Ermessenserwägungen unten S . 9 6 f. 1 69 RStBl. 1 93 5 , S . 8 1 ff. (S. 85).

80

Die Dreij ahresregelung des § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG

lassen sich dabei im Wesentlichen folgende Grundrichtungen ausmachen: Zum einen wird vertreten, dass die Norm der Finanzverwaltung Beweisschwierig­ keiten, insbesondere im Hinblick auf eine Scheinliquidation, ersparen wolle. 1 70 Nach anderer Auffassung soll die Vorschrift der Sicherung des Steueran­ spruchs dienen. l 7 l Teilweise wird auch auf beide Zweckrichtungen abge­ stellt. 1 72 Für alle Auffassungen wird letztlich allein die GesetzesbegrÜll dung als Argument angefiihrt , wobei die Folgerungen daraus unterschiedlich weit­ gehend sind. So formuliert der Bundesfinanzhof1 73 recht allgemein, die "Rege­ lung [solle] nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers dazu dienen, den Fi­ nanzbehörden einzelfallbezogene Beweisschwierigkeiten zu ersparen". Weiter geht namentlich Klein1 74, der die Norm als Beweislastregelung interpretiert. Innerhalb der Auffassungen, die die Sicherung des Steueranspruchs als Ratio ansehen, sind keine Unterschiede auszumachen. 2.

Eigene Ansicht

Abzulehnen ist die Auffassung von Klein 1 75 , wonach die Norm eine Beweis­ lastregelung sei. Dagegen spricht schon, dass die Dreij ahresregelung eben nicht nur auf die Fälle bezogen ist, in denen eine Scheinliquidation vorliegt, sondern ausschließlich auf die Länge der Liquidation abstellt - unabhängig davon, warum die Abwicklung länger als drei Jahre dauert. Entscheidend spricht aber gegen die Deutung als Beweislastregelung, dass dann auch eine Entlastung des Steuerpflichtigen vorgesehen sein müsste, was aber nicht der Fall ist. Man wird eine solche Entlastungsmöglichkeit wohl nicht darin erbli­ cken können, dass der Verwaltung Ermessen eingeräumt ist und sie mithin von der Veranlagung absehen kann. Denn wenn es sich um eine Beweislastrege­ lung handeln sollte, müsste der Steuerpflichtige, wenn es sich nicht um eine Scheinliquidation handelt, auch einen Anspruch darauf haben, nicht veranlagt zu werden. Dies aber ist bei einer Ermessensvorschrift nicht der Fall. Schließ­ lich spricht gegen das Verständnis als Beweislastregelung auch, dass der Ge­ setzgeber sie nicht als eine solche formuliert hat. Aus historischer Sicht ist Folgendes zu sagen: Anders als teilweise angenom­ men 1 76 wird, zielt die Vorschrift nach der Gesetzesbegründung letztlich auf die 1 70 Klein in Herrmann/HeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 56 a.E. (Stand: Oktober 2000); Graffe in Dötsch/JostIPunglWitt, KStG, § 1 1 Rn. 1 8 . 1 7 1 Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 4 1 ; Boochs in Lademann, KStG, § 11 Rn. 4 5 . 1 72 BFH v. 1 8 .09.2007, I R 44/06, B StBl. I I 2008, S . 3 1 9 ff. (S. 3 20); BFH v. 22.02.2006, I R 67/05, B StBI. II 2008, S . 3 1 2 ff. (S. 3 1 2). 1 73 BFH v . 1 8 .09 .2007, I R 44/06, B StBl. II 2008, S . 3 1 9 ff. ( S . 320). 1 74 Klein in Herrmann/HeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 5 6 a.E. (Stand: Oktober 2000). 1 75 Klein in HerrmannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn . 5 6 a.E. (Stand: Oktober 2000). 1 76 Klein in Herrmann/HeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn . 5 6 a.E. (Stand: Oktober 2000); wohl auch Jünger, BB 200 1 , S . 69 ff. (S. 7 1 ); in diese Richtung auch Lenz in Er­ leiSauter, KStG3 , § 1 1 Rn. 32.

81

Der einheitliche Besteuerungszeitraum

Sicherung des Steueranspruchs ab . 1 77 Es wird lediglich die Situation genannt, dass eine Liquidation besonders lange dauert und eine Scheinliquidation nicht nachgewiesen werden kann. Dafür ist die Veranlagungsbefugnis gedacht, weil dann nach der Begründung die Sicherung des Steueranspruchs erforderlich ist. Dagegen gibt die Begründung es nicht her, § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG so zu ver­ stehen, dass damit auf nicht bewiesene, aber tatsächlich vorhandene Scheinli­ quidationen abgezielt würde. Dafür, dass von der Dreij ahresregelung die Sicherung der Steuerdurchsetzung bezweckt wird, ist zudem anzuführen, dass hierfür tatsächlich ein B edürfnis besteht: Zwar sind während der Liquidation Steuervorauszahlungen zu erhe­ ben, 1 78 allerdings erfolgen diese nur auf geschätzter Tatsachengrundlage, die insbesondere während der Liquidation aufgrund der sich ändernden Tätigkeit unsicher sein wird. Deshalb besteht durchaus ein Bedürfnis, die Steuervoraus­ zahlungen durch eine Veranlagung zu ersetzen, die auf einem vollständig er­ mittelten Sachverhalt beruht. Daher lässt sich gegen die Auffassung, dass § 1 1 Abs . 1 S . 2 KStG die Sicherung des Steueranspruchs bezwecke, nicht einwen­ den, dass die Regelung wegen der Möglichkeit, Steuervorauszahlungen festzu­ setzen, überflüssig sei. Damit allein ist dem fiskalischen Interesse nämlich vor allem bei lang anhaltenden Liquidationen nicht unbedingt Genüge getan. 1 79 Deshalb sprechen die besten Argumente dafür, als Zweck des § 1 1 Abs . 1 S . 2 KStG die Sicherung des Steueranspruchs gegen die Kapitalgesellschaft i.L. anzusehen. Der Gesetzgeber geht dabei in typisierender Weise davon aus, dass nach drei Jahren die Durchsetzung des Steueranspruchs gefährdet ist. Der typi­ sierende Charakter ergibt sich daraus, dass der konkrete Nachweis einer ge­ fährdeten Steuerdurchsetzung nicht erforderlich ist.

IV.

Bedeutung der Veranlagung gern. § 11 Abs. 1 S. 2 KStG

1.

Vertretene Auffassungen zur Veranlagung gern. § 1 1 Abs. 1 S. 2 KStG

Grundsätzlich bestehen zwei Möglichkeiten, wie die Veranlagung nach drei Jahren zu verstehen ist: Entweder man hält sie für eine nur vorläufige Zwi­ schenveranlagung mit der Folge, dass sie später wieder aufgehoben wird und letztlich in einer Veranlagung für den gesamten Abwicklungszeitraum aufgeht. Oder aber man misst ihr endgültigen Charakter zu, was dazu führt, dass auch während der Liquidation mehrere selbständige Besteuerungszeiträume entste­ hen können. 1 77 Ebenso wohl Hofmeister in B lümich, KStG, § 1 1 Rn. 3 9 . 1 78 Oben S . 52. 1 79 Ä hnlich FG Brandenburg v . 23 . 0 1 .2002, 2 K 2272/98 K, U, F, EFG 2002, S . 432 ff. (S. 43 3); a.A. Holland in Ernst & Young, KStG, § 1 1 Rn. 40 a.E . ; Boochs in Lademann, KStG, § 1 1 Rn. 45 .

82

Die Dreij ahresregelung des § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG

a)

Endgültige Veranlagung

Die Finanzverwaltung1 80 und Teile der Literatur1 8 1 halten Veranlagungen wäh­ rend der Liquidation für endgültig und befürworten mithin die Möglichkeit mehrerer selbständiger Besteuerungszeiträume. Als Argument für diese An­ sicht wird der Wortlaut des § 1 1 Abs . 1 S . 2 KStG ins Feld geftihrt. 1 82 Aus der Formulierung, dass der Besteuerungszeitraum drei Jahre nicht übersteigen soll, folgert Frotscherl 8 3 , dass es mehrere (eigenständige) Besteuerungszeiträume in der Abwicklung geben könne. Klein 1 84 hält § 1 1 Abs. 1 S. 2 KStG für eine Be­ weislastregelung zugunsten der Finanzverwaltung und folgert daraus, dass die Veranlagungen während der Liquidation endgültig sein müssen. Argumentiert wird auch, dass nur die Annahme endgültiger Veranlagungen nicht gegen das Prinzip der Abschnittsbesteuerung verstoße. 1 8S Zwar habe der Gesetzgeber durch den grundsätzlich einheitlichen Besteuerungszeitraum eine Abweichung von diesem Grundsatz zugelassen, die Regelung des § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG zeige j edoch, dass dies nicht unbeschränkt gelte. Schließlich werden noch die Übergangsregeln vom Anrechungs- zum Halbeinkünfteverfahren angeführt. 1 86 Dort sind für bestimmte Fälle endgültige Zwischenveranlagungen geregelt (§ 34 Abs. 1 4 S . 2 KStG), zudem wird auf das Ende der Besteuerungszeiträu­ me in Liquidation abgestellt (§ 40 Abs. IV S . 4 KStGI 87). Daraus folgern SemmleriZimmermann, dass Zwischenveranlagungen aufgrund von § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG endgültiger Natur sein müssen. 1 88 b)

Vorläufige Veranlagung

Nach der Gegenauffassung, die von Teilen der Literatur1 89 und der unterge­ richtlichen Rechtsprechung190 vertreten wird, sind Veranlagungen aufgrund 1 80 Fin.Verw., R 5 1 Abs. 4 KStR 2004 . 1 8 1 Graffe in Dötsch/JostlPung/Witt, KStG, § 1 1 Rn. 1 9; Hofmeister in B 1ümich, KStG, § 1 1 Rn. 40; Frotscher in FrotscherlMaas, KStG, § 1 1 Rn. 1 9; Semmler/Zimmermann, DB 2006, S. 1 804 ff. ( S . 1 804 f.); Thiel, AG 1 960, S. 270 ff. ( S . 273 0; offenbar auch Jün­ ger, BB 200 1 , S. 69 ff. (S. 7 1 ). 1 82 Graffe in Dötsch/JostIPung/Witt, KStG, § 1 1 Rn. 1 9; Frotscher in FrotscherlMaas, KStG, § 1 1 Rn. 1 9 . 1 83 Frotscher in FrotscherlMaas, KStG, § 1 1 Rn. 1 9 . 1 84 Klein i n HerrmannIHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn . 5 6 (Stand: Oktober 2000). 1 85 Graffe in Dötsch/JostIPung/Witt, KStG, § 1 1 Rn. 1 9. 1 86 Semmler/Zimmermann, DB 2006, S . 1 804 ff. (S. 1 804 f.). 1 87 § 40 KStG aufgehoben durch Art. 3 Nr. 7 JStG 2008 v . 20. 1 2 .2007, BGBl. I, S . 3 1 5 0 ff. 1 8 8 Semmler/Zimmermann, DB 2006, S . 1 804 ff. ( S . 1 804 f.); a.A. Bott in Ernst & Young, KStG, § 34 Rn. 1 94. 1 89 Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 42; Lenz in Erle/Sauter, KStG3 , § 1 1 Rn. 3 9 ; 01gemäller in Streck, KStG7 , § 1 1 Rn. 8 ; Holland in Ernst & Young, KStG, § 1 1 Rn. 4 1 ; Stein in MössnerlSeeger, KStG, § 1 1 Rn. 3 7; Boochs in Lademann, KStG, § 1 1 Rn . 45 ; Küster, DStR 2006, S . 209 ff. (S. 2 1 0 f.); Schlüter, DB 1 96 1 , S . 3 5 0 ff. ( S . 3 5 0); Bott in Ernst & Young, KStG, § 3 4 Rn. 1 94; wohl auch Lohmann/Bascope, GmbHR 2006, S . 1 3 1 3 ff. (S. 1 3 1 3 f.).

83

Der einheitliche Besteuerungszeitraum

des § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG bloß vorläufig und werden später wieder aufgeho­ ben. Damit gibt es nach dieser Ansicht nach Abschluss des Liquid�tionsver­ fahrens letztlich immer nur eine Veranlagung für den gesamten Zeitraum. Für diese Ansicht wird zunächst der Wortlautl91 des § 1 1 Abs . 1 KStG angeführt. Nach § 1 1 Abs. 1 S. 1 KStG sei der gesamte während der Abwicklung erzielte Gewinn zu besteuern; dies sei aber nur möglich, wenn die Zwischenveranla­ gungen vorläufig sind.192 Ähnlich lautet das Argument von Lenz, dass die Ge­ winnermittlung gern. § 1 1 Abs . 2 KStG durch Gegenüberstellung von Ab­ wicklungs-Anfangs- und -Endvermögen erfolgt, was nur bei vorläufigen Ver­ anlagungen möglich sei . 1 93 Lambrecht 1 94 führt auch die Systematik des § 1 1 KStG an: § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG sei eine eher verfahrensrechtliche Regelung, die der Erleichterung der Steuererhebung diene, während § 1 1 Abs . 1 S . 1 KStG materiellrechtliche Entscheidungen über die Liquidationsbesteuerung treffe und deshalb Vorrang vor der Dreij ahresregel genieße. Lenz 1 9 5 stellt zu­ dem darauf ab, dass der Finanzverwaltung bezüglich der Zwischenveranla­ gungen Ermessen eingeräumt wird. Dies dürfe aber nicht dazu führen, dass die Finanzverwaltung durch ihre Ermessensausübung etwa die anzuwendenden Steuergesetze oder die Möglichkeiten des Verlustrücktrags beeinflussen könne, was nur bei einer vorläufigen Veranlagung möglich sei. 2.

Eigene Ansicht

a)

Wortlaut und einheitliche Gewinnermittlung

§ 1 1 Abs. 2 KStG normiert die einheitliche Gewinnermittlung in der Liquida­ tion. Daraus folgt der einheitliche Besteuerungszeitraum, der sich allein aus § 1 1 Abs. 1 S . 1 KStG nicht in dieser Eindeutigkeit ergibt. Die besondere Me­ thode der Gewinnermittlung, die durch Vergleich von Abwicklungs-Anfangs­ und -Endvermögen erfolgt, wird durch die Dreij ahresregel des § 1 1 Abs . 1 S . 2 KStG j edenfalls nicht ausdrücklich modifiziert. Bei Annahme einer endgülti­ gen Zwischenveranlagung ist die Gewinnermittlung problematisch, da sie dann gerade nicht durch Gegenüberstellung von Abwicklungs-Anfangs- und Endvermögen erfolgt, sondern durch Vergleich dieser Vermögen j eweils mit einem "Zwischenvermögen". Eine solche Gewinnermittlung widerspräche dem an sich eindeutigen Wortlaut des § 1 1 Abs. 2 KStG. Nimmt man hingegen 1 90 FG Brandenburg v. 23 . 0 1 .2002, 2 K 2272/98 K, V, F, EFG 2002, S. 432 ff. (S. 43 3); mit kritischer Anmerkung Neu, EFG 2002, S . 434 f. (S. 43 5). 1 9 1 FG Brandenburg v . 23 . 0 1 .2002, 2 K 2272/98 K, V, F, EFG 2002, S . 432 ff. (S. 433); Lenz in Erle/Sauter, KStG3 , § 1 1 Rn. 39; Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 42; Hol­ land in Ernst & Young, KStG, § 1 1 Rn. 4 1 ; Boaehs in Lademann, KStG, § 1 1 Rn. 45 . 1 92 FG Brandenburg v. 23 .0 1 .2002, 2 K 2272/98 K, V, F, EFG 2002, S . 43 2 ff. (S. 433). 1 93 Lenz in Erle/Sauter, KStG3 , § 1 1 Rn. 39; ähnlich auch Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 42 a.E. 1 94 Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 42 a.E. 1 95 Lenz in Erle/Sauter, KStG3 , § 1 1 Rn. 3 9 .

84

Die Dreij ahresregelung des § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG

an, dass die Zwischenveranlagungen nur vorläufig sind, so wird der letztlich maßgebliche Abwicklungsgewinn entsprechend der Norm des § 1 1 Abs . 2 KStG ermittelt. Die Gewinnermittlung fiir die Zwischenveranlagungen würde in modifizierter Anwendung196 des § 1 1 Abs. 2 KStG erfolgen, wobei eben ein modifiziertes Abwicklungs-Endvermögen zugrunde gelegt werden würde. Auch wenn dies in § 1 1 Abs. 2 und Abs . 3 KStG an sich nicht vorgesehen ist, entspricht es doch eher dem Wortlaut als eine endgültige Zwischenveranla­ gung, insbesondere, weil eben der letztlich maßgebliche Gewinn allein anhand des von § 1 1 Abs. 2 KStG unmittelbar vorgegebenen Vermögensvergleichs ermittelt würde. Es ist deshalb festzuhalten, dass vorläufige Zwischenveranla­ gungen dem speziellen Gewinnermittlungsregime des § 1 1 KStG eher entspre­ chen als endgültige. Fraglich ist, wie die Vorschrift des § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG damit in Einklang gebracht werden kann. Maßgeblich ist insofern die Auslegung des B egriffs des "Besteuerungszeitraums", der im Ertragsteuerrecht nur im Zusammenhang mit der Liquidation verwendet wird 197 und keine gesetzlich definierte Bedeutung hat. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass dieser Terminus im Schrifttum im Allgemeinen ebenfalls nicht definiert wird; auch in dieser Arbeit ist er bis­ her einfach in seinem gebräuchlichen Wortsinn verstanden worden. Dennoch ist er auslegungsbedürftig, wobei zwei Interpretationsansätze in Betracht kommen: Einerseits kann man ihn als Synonym fiir Steuerabschnitt verstehen, mithin also so, wie er im Allgemeinen verwendet wird. Andererseits ist aber auch ein Verständnis denkbar, das den B esteuerungszeitraum schlicht als Zeit­ raum ansieht, nach dessen Ablauf eine Steuerveranlagung vorgenommen wer­ den soll. Das erste Verständnis spricht fiir eine endgültige Veranlagung, da ein Steuerabschnitt eben der Zeitraum ist, fiir den besteuert wird, was regelmäßig endgültig ist. Die zweite Interpretation ist hingegen offen: Ob eine Veranla­ gung nach diesem Zeitraum vorläufig oder endgültig ist, wäre dann keine Fra­ ge des § 1 1 Abs. 1 S. 2 KStG. Zuzugeben ist, dass letztere Auslegung vom Wortsinn her zunächst nicht besonders nahezuliegen scheint; ausgeschlossen ist sie aber nicht. Es hat sich bereits gezeigt, dass die einheitliche Gewinnermittlung mit einer endgültigen Zwischenveranlagung nicht leicht vereinbar ist. Dies spricht da­ fiir, den "Besteuerungszeitraum" als Zeitraum zu verstehen, nach dessen Ab­ lauf der Steuerpflichtige zur Steuer heranzuziehen ist. Anders ausgedrückt: Würde man den Besteuerungszeitraum in der Weise verstehen, dass er eine endgültige Veranlagung erfordert, wäre der Widerspruch zur einheitlichen Gewinnermittlung nur schwer aufzulösen. Insgesamt spricht also die einheitli1 96 Dazu im Einzelnen unten S. 1 3 4 ff. 1 97 Außerhalb des § 1 1 KStG wurde der Terminus noch in den inzwischen aufgehobenen Übergangsvorschriften zum Halbeinkünfteverfahren verwendet, soweit sie die Liquida­ tion betreffen, § § 34 Abs. 1 4, 40 Abs. 4 KStG.

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Der einheitliche Besteuerungszeitraum

che Gewinnermittlung deutlich für die Annahme vorläufiger Zwischenveran­ lagungen. Dies ist auch mit dem Wortlaut der Dreij ahresregelung vereinbar. b)

Einfluss der Ü bergangsregelungen zum Halbeinkünffeverfahren

Zu prüfen ist, ob die Übergangsregelungen vom Anrechnungs- zum Halbein­ künfteverfahren ein Argument für die endgültige Veranlagung bilden. Zum ei­ nen wird von Semmler/Zimmermann die Vorschrift des - inzwischen aufgeho­ benen - § 34 Abs. 1 4 S . 1 KStG198 angeführt, wonach das Halbeinkünftever­ fahren erstmals auf Besteuerungszeiträume anwendbar ist, die 200 1 enden. Dass der Gesetzgeber an den Besteuerungszeitraum und nicht an den Liquida­ tionszeitraum anknüpfe, spreche für endgültige Zwischenveranlagungen. 199 Zudem argumentieren SemmleriZimmermann mit dem inzwischen ebenfalls aufgehobenen § 40 Abs . 4 KStG200, wonach Minderungen bzw. Erhöhungen der Körperschaftsteuer für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen sind, in dem der Besteuerungszeitraum bzw. die Liquidation endet.20 1 Schließlich wird wohl auch ins Feld geführt, dass die von § 34 Abs. 1 4 KStG ermöglichte und von § 40 Abs. 4 KStG vorgeschriebene Zwischenveranlagung während der Li-

1 98 § 34 Abs. 14 KStG lautete bis zum 1 4 . 1 2 .20 1 0 : l Auf Liquidationen, deren Besteue­ rungszeitraum im Jahr 200 1 endet, ist erstmals das Körperschaftsteuergesetz in der Fas­ sung des Artikels 3 des Gesetzes vom 23 . Oktober 2000 (BGBl. I S. 1 43 3 ) anzuwenden. 2 Bei Liquidationen, die über den 3 1 . Dezember 2000 hinaus fortdauern, endet der Be­ steuerungszeitraum nach § 1 1 auf Antrag der Körperschaft oder Personenvereinigung, der bis zum 3 0 . Juni 2002 zu stellen ist, mit Ablauf des 3 1 . Dezember 2000. 3 Auf diesen Zeitpunkt ist ein steuerlicher Zwischenabschluss zu fertigen. 4 Für den danach begin­ nenden Besteuerungszeitraum ist Satz 1 anzuwenden. 5 In den Fällen des Satzes 2 gelten Liquidationsraten, andere Ausschüttungen und sonstige Leistungen, die in dem am 3 1 . Dezember 2000 en denden Besteuerungszeitraum gezahlt worden sind, als sonstige Leistungen im Sinne des Absatzes 1 2 Satz 1 Nr. 2 und des § 36 Abs. 2 Satz 1 . 6 § 40 Abs. 3 in der Fassung der Bekanntmachung vom 1 5 . Oktober 2002 (BGBl. I S. 4 1 44) ist letztmals für Liquidationen anzuwenden, die vor dem 1 3 . Dezember 2006 abge­ schlossen worden sind. 1 99 Semmler/Zimmermann, DB 2006, S. 1 804 ff. (S. 1 805). 200 § 40 Abs. 4 KStG lautete bis zum 2 8 . 1 2 .2007 : l Wird das Vermögen einer Körperschaft oder Personenvereinigung im Rahmen einer Liquidation im Sinne des § 1 1 verteilt, er­ höht sich die Körperschaftsteuer um den Betrag, der sich nach § 3 8 ergeben würde, wenn das verteilte Vermögen als im Zeitpunkt der Verteilung für eine Ausschüttung verwendet gelten würde. 2 Das gilt auch insoweit, als das Vermögen bereits vor Schluss der Liquidation verteilt wird. 3 Die Erhöhung der Körperschaftsteuer ist für den Veranla­ gungszeitraum vorzunehmen, in dem die Liquidation bzw. der j eweilige Besteuerungs­ zeitraum endet. 4 Eine Erhöhung ist letztmals für den Veranlagungszeitraum 2020 vor­ zunehmen. 5 Bei Liquidationen, die über den 3 1 . Dezember 2020 hinaus fortdauern, en­ det der Besteuerungszeitraum nach § 1 1 mit Ablauf des 3 1 . Dezember 2020. 6Auf die­ 7 sen Zeitpunkt ist ein steuerlicher Zwischenabschluss zu fertigen. Die Körperschaft­ steuer erhöht sich nicht in den Fällen des § 3 8 Abs. 3 . 20 1 Semmler/Zimmermann, DB 2006, S . 1 804 ff. (S. 1 805).

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Die Dreij ahresregelung des § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG

quidation endgültig ist;202 diese Veranlagungen dienen der Abgrenzung zwi­ schen Anrechnungs- und Halbeinkünfteverfahren. Indes können diese Argumente nicht überzeugen. Die Vorschriften sind näm­ lich nicht so eindeutig, wie dies von Semmler/Zimmermann angenommen wird. Denn auch bei einer nur vorläufigen Zwischenveranlagung muss gere­ gelt sein, welche Steuergesetze anwendbar sind. Dies gilt auch dann, wenn sich durch eine Gesamtveranlagung die anzuwendenden Steuergesetze noch ändern können. Aus der Regelung des § 34 Abs. 1 4 S . 1 KStG lässt sich des­ halb nichts zur Frage der Veranlagung ableiten. Gleiches gilt fiir § 40 Abs . 4 KStG: Selbstverständlich müssen die Minderungen bzw. Erhöhungen einem bestimmten Veranlagungszeitraum zugeordnet werden. Genauso wie sich die Zuordnung der Erträge bei einer nur vorläufigen Veranlagung ändern kann, kann sich auch die Zuordnung der Körperschaftsteuerminderungen bzw. -erhöhungen ändern. Auch hier zeigt sich deshalb, dass die Vorschrift zur Fra­ ge der Veranlagung nichts aussagt. Aus den Vorschriften zur endgültigen Zwi­ schenveranlagung lässt sich ebenfalls nichts ableiten: Die Regelung, dass bei einer Veranlagung aufgrund dieser Vorschriften ein steuerlicher Zwischenab­ schluss zu fertigen ist (§ 34 Abs. 1 4 S . 3 KStG bzw. § 40 Abs . 4 S . 6 KStG), spricht dafür, dass der Gesetzgeber diese Art der Zwischenveranlagung losge­ löst VQn § 1 1 Abs. 1 S. 2 KStG normiert hat, da sich die Notwendigkeit eines Zwischenabschlusses sonst aus § 1 1 Abs . 1 S. 2 KStG ergeben würde. Schließ­ lich ist zu berücksichtigen, dass aus den Gesetzgebungsmaterialien nichts da­ für ersichtlich ist, dass der Gesetzgeber mit Hilfe der Übergangsregelungen die bekanntermaßen umstrittene Frage entscheiden wollte, ob eine Veranlagung während der Liquidation vorläufig oder endgültig ist. Näher liegt die Annah­ me, dass der Gesetzgeber die Formulierung der Übergangsregelungen so ge­ wählt hat, dass mit ihnen keine Entscheidung des Problems verbunden ist. Da­ nach ist deshalb festzuhalten, dass sich aus den Übergangsregelungen vom An­ rechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren zur Frage der Veranlagung während der Liquidation kein Argument ergibt. c)

Periodizitätsprinzip

Laut Graffe widerspricht die Auffassung, die vorläufige Veranlagungen an­ nimmt, dem Periodizitätsprinzip .203 Zwar habe der Gesetzgeber durch den ein­ heitlichen Besteuerungszeitraum während der Liquidation eine Durchbrechung des Prinzips der Abschnittsbesteuerung zugelassen, mittels der Dreij ahresregel aber deutlich gemacht, dass das Periodizitätsprinzip nicht uneingeschränkt durchbrochen werden dürfe. Allerdings handelt es sich letztlich nur um ein Scheinargument: Die Frage, ob die Dreij ahresregel die Durchbrechung des Prinzips der Abschnittsbesteuerung begrenzt, ist nämlich gerade Gegenstand 202 Semmler/Zimmermann, DB 2006, S . 1 804 ff. (S. 1 805). 203 Graffe in Dötsch/JostIPung/Witt, KStG, § 1 1 Rn. 1 9 .

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Der einheitliche Besteuerungszeitraum

des Meinungsstreits - ist die Veranlagung endgültig, handelt es sich um eine Begrenzung, ist sie dagegen nur vorläufig, gilt die Durchbrechung unbe­ schränkt. Die Frage, ob der Gesetzgeber mit § 1 1 Abs . 1 S. 2 KStG dem Perio­ dizitätsprinzip auch während der Liquidation Geltung verschaffen wollte, ist deshalb nur eine Umschreibung des Problems, ob die Veranlagung vorläufig oder endgültig ist. Ihre Entscheidung kann nur Ergebnis des Meinungsstreits sein, nicht aber Argument fUr eine Auffassung. Das Argument von Graffe ist deshalb nicht überzeugend. d)

Ermessensentscheidung

Das entscheidende Argument gegen die Auffassung, dass es sich um eine end­ gültige Veranlagung handelt, ist darin zu sehen, dass § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG ei­ ne Ermessensvorschrift ist.204 Nimmt man nämlich eine endgültige Veranla­ gung an, fUhrt dies dazu, dass die Finanzverwaltung im Wege der Ermes­ sensausübung - die gern. § 1 02 S. 1 FGO gerichtlich nur eingeschränkt über­ prüfbar ist205 - über die Länge des Besteuerungszeitraums entscheiden kann. Die Folge wäre, dass die Finanzverwaltung dadurch insbesondere darüber be­ finden könnte, welche Steuergesetze anwendbar sind. Dies wird an folgendem Beispiel deutlich: Die Gesellschafter der A-GmbH beschließen die Auflösung zum 1 . 1 .20 1 0; abgeschlossen ist die Abwicklung am 3 1 . 1 2 .20 1 3 . Zum 1 . 1 .20 1 3 wird der Körperschaftsteuersatz geändert. Hält man die Veranlagung nach § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG fiir endgültig, ergeben sich folgende Konsequen­ zen206 : Wenn der Steuersatz gesenkt wird, wäre es für den Steuerpflichtigen günstig, wenn keine Zwischenveranlagung zum 3 1 . 1 2 .20 1 2 - dann sind drei Jahre seit Auflösung vergangen - vorgenommen wird, da immer die Gesetzes­ fassung entscheidend ist, die zum Ende des Besteuerungszeitraums gilt207 Wird der Steuers atz hingegen erhöht, wäre eine Zwischenveranlagung günstig, da die Gesellschaft dann noch fiir drei der vier Jahre dauernden Liquidation von dem günstigeren Steuersatz profitieren kann. Wenn beide Entscheidungen ermessensfehlerfrei sind, könnte die Finanzverwaltung die fUr den Fiskus bes­ sere Variante wählen. Grundsätzlich kann nach h.M. zwar auch im Steuerrecht zulässigerweise Er­ messen eingeräumt werden.208 Allerdings gilt, wie sonst auch, der Vorbehalt des Gesetzes in seiner materiellen Dimension209 : Die wesentlichen Entschei­ dungen müssen durch den Gesetzgeber getroffen werden. Daraus folgt: Nur soweit der Vorbehalt des Gesetzes in materieller Hinsicht nicht betroffen ist, 204 Ebenso Lenz in Erle/Sauter, KStG3 , § 1 1 Rn. 3 9 . 2 0 5 Zur finanzgerichtlichen Überprüfung von Ermessensentscheidungen vgl. etwa Kruse in TipkelKruse, FGO, § 1 02 Rn. 4 ff. 206 Unter der Voraussetzung fehlender sonstiger Einflüsse, insbesondere des § I Od EStG. 207 Oben S . 40, S . 5 1 . 208 So etwa Wernsmann in HübschmannlHepp/Spitaler, AO, § 5 Rn. 3 3 ff. 209 Lang in TipkelLani o , S . 1 09 f., spricht vom Legalitätsprinzip.

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Die Dreij ahresregelung des § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG

kann der Gesetzgeber der Finanzverwaltung zulässigerweise Ermessen ein­ räumen?lO Die Herleitung des Gesetzesvorbehalts ist im Einzelnen umstritten, in Betracht kommen insbesondere das Demokratieprinzip2 1 1 und das Rechts­ staatsprinzip212. Aus dem Gesetzesvorbehalt folgt j edenfalls, dass die materiel­ len Besteuerungstatbestände kein Ermessen beinhalten dürfen.213 Die Dauer der Steuerperiode ist aber wesentlicher Teil des materiellen Besteuerungstatbe­ standes und darf mithin nicht im Ermessen der Verwaltung stehen.214 Dieses Argument lässt sich auch nicht dadurch entkräften, dass man das Ermessen des § 1 1 Abs. 1 S. 2 KStG eng versteht.2 1 S Denn wenn - wie hier - der Verwaltung Ermessen eingeräumt ist, dann kann es auch Fälle geben, in denen sie zwi­ schen mehreren Möglichkeiten entscheiden kann - alles andere wäre eine Aus­ legung contra legern. Somit spricht die Einräumung des Ermessens deutlich dafür, dass die Veranlagung nur vorläufig ist. Dann nämlich wird die Länge des Besteuerungszeitraums letztlich durch Auflösung und Vollbeendigung und nicht durch eine Ermessensentscheidung bestimmt. e)

Einfluss der Zweckrichtungen des § 11 KStG

Wie oben herausgearbeitet wurde, liegt der Zweck der Dreij ahresregelung dar­ in, den Steueranspruch zu sichern.216 Dieser Zweck wird sowohl durch eine vorläufige wie auch durch eine endgültige Veranlagung in gleichem Maße verwirklicht. Bei isolierter Betrachtung lässt sich aus dem Zweck der Dreij ah­ resregel daher kein Argument für die Natur der Veranlagung gern. § 1 1 Abs . 1 S . 2 KStG ableiten. Dies ändert sich aber, wenn man daneben auch den Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums berücksichtigt, der darin besteht, den mit der bevorstehenden Vollbeendigung einhergehenden Untergang eines et­ waigen Verlustvortrags abzumildern. Dieser Zweck wird durch eine vorläufige Zwischenveranlagung weitgehender verwirklicht als durch eine endgültige. Da aber der Zweck der Dreij ahresregel diese Zielsetzung nicht berührt - ob die Veranlagung vorläufig oder endgültig ist, macht für die Sicherung des Steueranspruchs keinen Unterschied -, spricht die Zusammenschau beider Zwecke eher für eine vorläufige Veranlagung. Das Telos des einheitlichen Besteuerungszeitraums spricht noch aus einem an­ deren Grund für die vorläufige Veranlagung. Folgt auf den dreij ährigen Be­ steuerungszeitraum bis zur Abwicklung ein einj ähriger Besteuerungszeitraum, so könnten bei endgültiger Veranlagung Verluste, die im letzten Jahr der Ab2 1 0 Wernsmann in HübschmannJHepp/Spitaler, AO, § 5 Rn. 3 2 . 2 1 1 Z.B . BVerfG v. 2 5 . 03 . 1 992, 1 BvR 1 43 0/8 8, BVerfGE 85, S . 3 86 ff. (S. 4 0 3 f.); BVerfG v. 08.08 . 1 978, 2 BvL 8/77, BVerfGE 49, S . 89 ff. ( S . 1 26). 2 1 2 So z.B. Maurer, Staatsrecht 16, § 8 Rn. 20 ( S . 2 1 2). 2 1 3 Z.B. Wernsmann in HübschmannlHepp/Spitaler, AO, § 5 Rn. 4 1 . 2 1 4 Ebenso Lenz in Erle/Sauter, KStG3 , § 1 1 Rn . 3 9 . 2 1 5 I n diese Richtung aber Neu, EFG 2002, S . 4 3 2 ff. (S. 43 5). 2 1 6 Oben S . 80 ff.

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Der einheitliche Besteuerungszeitraum

wicklung entstehen, nur in den Grenzen des § I Od EStG zurückgetragen wer­ den; insoweit würden die Härten des bevorstehenden Verlustuntergangs nicht gemildert. Je nach Fallkonstellation ist die Annahme einer endgültigen Veran­ lagung nicht immer nachteilig für die Kapitalgesellschaft.21 7 Allerdings : Wenn der Gesetzgeber die Härten des bevorstehenden Verlustuntergangs durch einen einheitlichen Besteuerungszeitraum mildert, dann spricht dies dafiir, dass eine Veranlagung gern. § 1 1 Abs. 1 S. 2 KStG vorläufig und nicht endgültig ist, da letzteres dem Instrumentarium zuwider laufen würde, das der Gesetzgeber zur Verwirklichung dieses Zwecks gewählt hat.

3.

Zwischenergebnis

Als Ergebnis ist festzuhalten: Eine Veranlagung, die aufgrund des § 1 1 Abs . 1 S . 2 KStG vorgenommen wird, ist nur vorläufig und wird später wieder aufge­ hoben.218 Als Besteuerungszeitraum im Sinne des § 1 1 Abs. 1 S. 2 KStG ist der Zeitraum zu verstehen, nach dessen Ablauf eine Veranlagung vorgenommen werden soll. Zur Länge des materiellen Steuerabschnitts trifft er dagegen keine Aussage.

V.

Folgefragen

1.

Bezugszeitraum bei mehreren Zwischenveranlagungen

Wenn die Finanzverwaltung mehrere Veranlagungen aufgrund des § 1 1 Abs . 1 S . 2 KStG vornimmt, stellt sich die Frage, auf welchen Zeitraum sich die zweite und weitere Veranlagungen beziehen: auf den Zeitraum seit der letzten Veranlagung oder aber auf denj enigen seit der Auflösung? Letzteres würde be­ deuten, dass bei j eder Zwischenveranlagung die vorangegangene Veranlagung aufgehoben werden müsste und in der "neuen" Zwischenveranlagung aufgin­ ge. Folgt man der ersten Möglichkeit, können mehrere Zwischenveranlagun­ gen gleichzeitig bestehen, die erst am Ende der Abwicklung durch eine end­ gültige Veranlagung ersetzt würden. Soweit ersichtlich, ist dieses Problem bis­ lang nicht erörtert worden, es wird aber wohl (meist stillschweigend) davon ausgegangen, dass die Zwischenveranlagungen nebeneinander bestehen.219 Die Entscheidung der Frage hat keinen Einfluss darauf, wie hoch die endgültige Steuerschuld nach Abschluss der Liquidation ist. Allerdings kann sie während der Abwicklung erhebliche Auswirkungen haben: Erzielt eine Kapitalgesell­ schaft LL. bis zur ersten Zwischenveranlagung einen Gewinn und in der Folge bis zur nächsten Zwischenveranlagung einen Verlust, hat dies unterschiedliche (vorläufige) Steuerfolgen. Wenn sich die zweite Veranlagung nur auf den Zeit2 1 7 Vgl. dazu auch oben S. 53 ff. 2 1 8 Zur Frage, wann und wie die Aufhebung erfolgt, sogleich im Text. 2 1 9 Vgl. Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 42; Lenz in Erle/Sauter, KStG3 , § 1 1 Rn. 3 9 ; Holland i n Ernst & Young, KStG, § 1 1 Rn. 4 1 ; recht deutlich i n diese Richtung BFH v. 1 8 .09 .2007, I R 44/06, B StBl. II 2008, S . 3 1 9 ff. (S. 3 2 1 ).

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Die Dreij ahresregelung des § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG

raum seit der ersten Veranlagung bezieht, können Verluste nur im Rahmen des § I Od EStG zurückgetragen werden, da die j eweils entstehenden Gewinne un­ terschiedlichen Bemessungs- und damit Veranlagungszeiträumen zugeordnet werden220. Nimmt man dagegen an, dass sich die zweite Zwischenveranlagung auf den Zeitraum seit der Auflösung bezieht und daher die erste Zwischenver­ anlagung ersetzt, können Verluste unbegrenzt verrechnet werden. Zudem sind dann fiir den gesamten bisherigen Abwicklungszeitraum die aktuellen Steuer­ gesetze anwendbar. Dafiir, dass sich j ede Zwischenveranlagung auf den gesamten Zeitraum seit der Auflösung bezieht und damit die vorangegangene Zwischenveranlagung ersetzt, lässt sich zunächst der Wortlaut des § 1 1 Abs . 1 und 2 KStG anführen: Denn danach ist der Abwicklungsgewinn durch Gegenüberstellung von Ab­ wicklungs-Endvermögen und -Anfangsvermögen zu ermitteln. Dies gilt in modifizierter Form auch fiir die Zwischenveranlagung gern. § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG.221 Das Anfangsvermögen kann aber nur dann tauglicher Anknüpfungs­ punkt fiir die Ermittlung des Liquidationsgewinns sein, wenn man den Zwi­ schenveranlagungen j eweils den gesamten Abwicklungszeitraum zugrunde legt. Dagegen spricht auch nicht der Wortlaut des § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG: Ver­ steht man als Besteuerungszeitraum im Sinne der Vorschrift keinen abge­ schlossenen Steuerabschnitt, sondern den Zeitraum, bei dessen Überschreiten eine Steuerveranlagung stattfinden so1l222, steht dies einer Zwischenveranla­ gung, die sich auf einen Zeitraum von mehr als drei Jahren bezieht, nicht ent­ gegen, weil ihr durch die vorangegangene Zwischenveranlagung bereits Ge­ nüge getan worden ist. Es soll eben nur - entsprechend des Zwecks, die Durchsetzung des Steueranspruchs sicherzustellen - verhindert werden, dass über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren überhaupt nicht veranlagt wer­ den kann. Neben diesem eher formalen Argument spricht Folgendes entscheidend fiir diese Lösung: Wie das oben angegebene Beispiel gezeigt hat, kann es fiir den Steuerpflichtigen nachteilig sein, wenn sich Zwischenveranlagungen nur auf den seit der vorangegangenen Zwischenveranlagung vergangenen Zeitraum beziehen. Da der durch § I Od EStG beschränkte Verlustabzug aber nur fiir die Zwischenveranlagung wirksam ist, nicht j edoch für die endgültige Veranla­ gung nach Abschluss der Liquidation, handelt es sich in Bezug auf die nicht ausgeglichenen Verluste um eine überhöhte Steuererhebung. Das spricht dafiir, diese so früh wie möglich auszugleichen, also mittels der folgenden Veranla­ gung. Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum eine solche Übererhebung länger als notwendig bestehen bleiben sollte. In diesem Zus amm enhang ist schließlich auch zu berücksichtigen, dass eine Veranlagung, die j eweils den 220 Zur Zurechnung zum Bemessungs- und Veranlagungszeitraum oben S. 43 ff. 22 1 Zur Bilanzierung bei Zwischenveranlagung unten S . 1 34 ff. 222 Dazu oben S . 84 ff.

91

Der einheitliche Besteuerungszeitraum

gesamten bis dahin vergangenen Abwicklungszeitraum einbezieht, dazu führt, dass für die Besteuerung des bis dahin erzielten Abwicklungsgewinns j eweils die aktuellen Steuergesetze maßgeblich sind. Wird die Steuerschuld aufgrund der Gesetzesänderung größer, dient es der Sicherung des Steueranspruchs, mithin: der Verwirklichung des Zwecks der Dreij ahresregelung, j eweils den gesamten Zeitraum seit der Auflösung in die Veranlagung einzubeziehen. Im entgegengesetzten Fall gilt dasselbe wie hinsichtlich der Verlustverrechnung : Es besteht kein Grund, eine Steuerhebung, die sich später als zu hoch erweist, länger als nötig bestehen zu lassen. Schließlich verineidet diese Lösung Probleme, die sich aus der F estsetzungs­ verj ährung ergeben könnten. Würde man nämlich mehrere Zwischenveranla­ gungen, die verfahrensrechtlich j eweils eine vollwertige Veranlagung darstel­ len,223 nebeneinander bestehen lassen, könnte es bei sehr lange dauernden Li­ quidationen passieren, dass die erste Zwischenveranlagung im Zeitpunkt des Abschlusses der Liquidation bereits wegen Eintritts der Festsetzungsverj äh­ rung nicht mehr änderbar ist.224 Dies kann dagegen nicht passieren, wenn j e­ weils die vorangegangene Zwischenveranlagung aufgehoben wird. Insgesamt ist deshalb davon auszugehen, dass j ede Zwischenveranlagung im­ mer den gesamten Zeitraum seit der Auflösung umfasst, mithin also immer nur eine Zwischenveranlagung gleichzeitig Bestand haben kann. 2.

Verfahrensrechtliche Fragen

a)

Aufhebung vorläufiger Zwischenveranlagungen

Werden Zwischenveranlagungen aufgrund des § 1 1 Abs . I S. 2 KStG vorge­ nommen, müssen sie, da sie nur vorläufiger Natur sind, aufgehoben werden?25 Es handelt sich allerdings j eweils um eine verfahrensrechtlich vollwertige Ver­ anlagung durch einen Steuerbescheid im Sinne des § 1 5 5 Abs . 1 S . 2 A0226, der in aller Regel schon bestandskräftig geworden sein wird. Daher ist eine Korrektur nur nach den Vorschriften der § § 1 72 ff. AO möglich. Es kommt in­ soweit § 1 72 Abs. 1 Nr. 2 lit. d AO in Betracht, der eine gesetzliche Ermächti­ gung voraussetzt. Die könnte hier in § 1 75 Abs. 1 S . I Nr. 2 AO zu sehen sein, der erfordert, dass ein Ereignis mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit eintritt, das wiederum im Erlass des neuen Veranlagungsbescheids zu erbli­ cken wäre. Zweitens ist § 1 1 KStG als Ermächtigungsnorm denkbar, weil der Mechanismus der Vorschrift voraussetzt, dass Zwischenveranlagungen aufge223 Dazu sogleich. 224 Auch wenn dieser Fall in der Praxis nur selten vorkommen dürfte, ist er ftir eine über­ zeugende Lösung zu bedenken. 225 An der Möglichkeit der Aufhebung bei eingetretener Bestandskraft der Zwischenveran­ lagung zweifelt allerdings Neu, EFG 2002, S . 434 f. ( S . 43 5). 226 FG Brandenburg v. 23 .0 1 .2002, 2 K 2272/98 K, U, F, EFG 2002, S . 432 ff. (S. 433); Lambrecht in Gosch, KStG2 ; § 1 1 Rn . 42 .

92

Die Dreij ahresregelung des § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG

hoben werden können. Zum Verhältnis beider Ermächtigungsnormen: Auch im Rahmen des § 1 72 Abs. 1 Nr. 2 lit. d AO gilt der Grundsatz, dass die spezielle­ re Ermächtigungsvorschrift der allgemeineren vorgeht.227 Erkennt man an, dass § 1 1 KStG selbst eine Ermächtigung zur Aufhebung enthält, schließt dies die Anwendung des § 1 75 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO aus, sodass beide Änderungs­ möglichkeiten - so sie denn einschlägig sein sollten - im Exklusivitätsverhält­ nis zueinander stehen. Der wesentliche Unterschied der bei den Ansätze liegt in der Festsetzungsfrist, da diese im Fall des § 1 1 KStG nicht verändert wird, während § 1 75 Abs. 1 S . 2 AO anordnet, dass der Ablauf der Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderj ahres beginnt, in dem das rückwirkende Ereignis eintritt. Hält man die neue Veranlagung für dieses Ereignis, würde dies zu ei­ ner zeitlich unbegrenzten Korrekturmöglichkeit führen. In der Literatur wird die Frage der Korrekturnorm allenfalls erwähnt, wobei dann - ohne Begrün­ dung - vertreten wird, dass § 1 75 Abs. 1 S . 1 Nr. 2 AO anzuwenden ist.228 Zu prüfen ist somit, ob § 1 1 KStG eine Ermächtigung im Sinne des § 1 72 Abs . 1 Nr. 2 lit. d AO enthält. Ausdrücklich sagt § 1 1 KStG dazu nichts, ohne­ hin findet sich in der Vorschrift nichts zum Verfahren. Ob nur eine ausdrückli­ che Ermächtigung ausreichend sein kann, ist durch die Rechtsprechung noch nicht geklärt worden?29 Allgemeine Auffassung ist aber wohl, dass es j eden­ falls einer eindeutigen gesetzgeberischen Wertentscheidung bedarf, um die Bestandskraft durchbrechen zu können.23o Liegt eine solche vor, wird man sie auch für ausreichend halten müssen. Denn es ist gerade wesentlicher Teil der Auslegung von Vorschriften, dass sich Folgerungen auch dann aus Normen er­ geben können, wenn diese nicht ausdrücklich genannt sind. Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum dies im Rahmen des § 1 72 Abs. 1 Nr. 2 lit. d AO an­ ders sein sollte, im Gegenteil : Wenn sich aus dem materiellen Recht ergibt, dass eine Durchbrechung der Bestandskraft notwendig ist, um die gesetzgebe­ rische Zielsetzung zu erreichen, dann würde es eine Missachtung des gesetz­ geberischen Willens bedeuten, auf einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermäch­ tigung zu bestehen. § 1 1 KStG gibt eine solche eindeutige gesetzgeberische Wertung her: Es wurde ausführlich begründet, dass Zwischenveranlagungen materiell-rechtlich nur vorläufiger Natur sind.23 1 Allein damit ist aber der ge­ setzgeberischen Vorstellung nicht vollständig Geltung verschafft, es bedarf der verfahrensrechtlichen Ergänzung, denn bei Vornahme einer zweiten Veranla­ gung wird die erste in der Regel schon bestandskräftig sein. Durch Offenhal227 Loose in TipkelKruse, AO, § 1 75 Rn. 5 7 . 2 2 8 Lambrecht i n Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 4 2 ; Olgemöller i n Streck, KStG7 , § 1 1 Rn. 8 ; Lenz i n Erle/Sauter, KStG3 , § 1 1 Rn. 3 5 mit Rn. 3 9 . 229 Dass eine ausdrückliche Ermächtigung erforderlich ist, gibt BFH v . 09.08 . 1 990, X R 5/88, B StBl. II 1 99 1 , S . 5 5 ff. (S. 5 6) entgegen Koenig (in PahlkelKoenig, A02 , § 1 72 Rn. 52) nicht her. 230 BFH v. 09.08 . 1 990, X R 5/8 8, B StBl. II 1 99 1 , S . 5 5 ff. (S. 56). 23 1 Oben S . 78 ff.

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Der einheitliche Besteuerungszeitraum

tung der Zwischenveranlagung ließe sich dies zwar vermeiden, allerdings ist es nicht hinnehmbar, davon die Durchsetzung des einheitlichen Besteuerungs­ zeitraums abhängig zu machen. Dies würde nämlich bedeuten, der Finanzver­ waltung und dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit zu eröffnen, darüber zu entscheiden, ob ein oder mehrere Besteuerungszeiträume zu bilden sind, was wiederum mit dem Vorbehalt des Gesetzes kollidieren würde.232 Deshalb er­ fordert § 1 1 KStG eine von dem Verhalten der Beteiligten unabhängige Mög­ lichkeit, Zwischenveranlagungen aufzuheben. Darin liegt die für § 1 72 Abs . 1 Nr. 2 lit. d AO notwendige eindeutige gesetzgeberische Entscheidung zuguns­ ten einer Durchbrechung der Bestandskraft. Folglich sind Zwischenveranla­ gungen gern. § 1 72 Abs. 1 Nr. 2 lit. d AO i.Y.m. § 1 1 KStG auch nach Be­ standskraft änderbar. Das durch § 1 72 Abs. 1 Nr. 2 lit. d AO grundsätzlich ein­ geräumte Ermessen wird dabei durch § 1 1 KStG zu einer Aufhebungspflicht, da ein Ermessensspielraum nicht mit dem System der Zwischenveranlagungen kompatibel wäre. Auch hier ist letztlich wieder der Vorbehalt des Gesetzes ausschlaggebend. Dies ist auch keineswegs ungewöhnlich, wie z.B . die Er­ mächtigungsnorm des § 1 75 AO zeigt, die ebenfalls eine zwingende Rechts­ folge anordnet und eine Vorschrift im Sinne des § 1 72 Abs. 1 Nr. 2 lit. d AO ist. Für eine Aufhebung der Zwischenveranlagungen aufgrund von § 1 75 Abs. 1 S . 1 Nr. 2 AO ist damit kein Platz mehr, da die Ermächtigung des § 1 1 KStG als lex specialis den § 1 75 AO verdrängt. Es wäre im Übrigen auch äu­ ßerst fraglich, ob die Voraussetzungen des § 1 75 Abs. 1 S . 1 Nr. 2 AO über­ haupt erfüllt wären, da Steuerbescheide grundsätzlich kein Ereignis im Sinne der Vorschrift sein können.233 Schließlich sei ergänzend darauf hingewiesen, dass die durch § 1 75 Abs . 1 S. 2 AO eingeräumte zeitlich unbeschränkte Än­ derungsmöglichkeit im Fall einer Nachtragsliquidation zu problematischen Ergebnissen führen würde.234 b)

Verfahrensrechtliche Einordnung der Ermessensentscheidung über Zwischenveranlagungen

Nach der in Rechtsprechung und Teilen der Literatur vertretenen Auffassung bildet die Entscheidung darüber, ob eine Veranlagung aufgrund des § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG vorgenommen wird, einen eigenständigen, von der eigentli­ chen Veranlagung unabhängigen Verwaltungsakt.235 Nach anderer Ansicht ist diese Entscheidung kein eigenständiger Verwaltungsakt, sondern im Steuerbe-

23 2 Ein ähnliches Argument war bereits relevant bei der Frage, ob Zwischenveranlagungen vorläufig oder endgültig sind, oben s. 88 f. 233 V gl. nur v. Groll in HübschmannlHepp/Spitaler, AO, § 1 75 Rn. 253 . 234 Dazu unten S . 1 5 5 ff. 235 BFH v. 22.02 .2006, I R 67/05, B StBl. 2008, S . 3 1 2 ff. ( S . 3 1 3); FO Brandenburg v. 23 .0 1 .2002, 2 K 2272/98 K, U, F, EFO EFO 2002, S. 432 ff. (S. 432); FO Baden­ Württemberg v. 24.04. 1 997, 3 K 46/94, EFO 1 997, S. 1 1 73 ff. ( S . 1 1 73 0; Lambrecht in Oosch, KSt02 , § 1 1 Rn. 4 1 .

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Die Dreij ahresregelung des § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG

scheid inzidenter enthalten; sie erwächst danach mit dem Steuerbescheid in Bestandskraft.236 Während letztere Auffassung nicht begründet wird, spricht für die erstgenannte Ansicht insbesondere das Argument des FG Baden-Würt­ temberg237 : Die Entscheidung darüber, ob eine Zwischenveranlagung statt­ finden soll, muss zeitlich zwingend vor der Steuerveranlagung liegen, da die Kapitalgesellschaft i.L. sonst nicht wissen kann, auf welchen Stichtag sie den (vorläufigen) Abwicklungsgewinn feststellen muss. Da auch die Vorausset­ zungen für einen Verwaltungsakt im Sinne des § 1 1 8 S . 1 AO vorliegen - es handelt sich um eine Einzelfallregelung mit Außenwirkuni38 -, spricht alles dafür, in der Entscheidung über die Zwischenveranlagung einen eigenständi­ gen Verwaltungsakt zu sehen. Folge ist, dass die Kapitalgesellschaft i.L. die­ sen Verwaltungsakt eigenständig anfechten muss, wenn sie die Entscheidung über die Zwischenveranlagung für rechtswidrig hält.239

3.

Ermessensausübung und Ermessenserwägungen

a)

Sollvorschrift

Die Norm des § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG ist nach ihrem Wortlaut eine Sollvor­ schrift240• Daraus folgt, dass grundsätzlich die kodifizierte Rechtsfolge ermes­ sensgerecht ist und es der Finanzverwaltung nur in atypischen Fällen möglich ist, nach drei Jahren keine Veranlagung vorzunehmen.24 1 Anders als vereinzelt wohl angenommen wird242, ist es angesichts des klaren Wortlauts kaum zu be­ gründen, die Norm in eine Kann-Vorschrift umzudeuten. Da es sich nach hier vertretener Auffassung bei den Zwischenveranlagungen um nur vorläufige Veranlagungen handelt, besteht dafür auch kein Bedürfnis, weil durch die Zwischenveranlagung im Ergebnis die Steuerschuld nicht verändert wird.243

236 Frotscher in FrotscherlMaas, KStQ § 1 1 Rn. 27. 23 7 FG Baden-Württemberg v. 24.04 . 1 997, 3 K 46/94, EFG 1 997, S . 1 1 73 ff. ( S . 1 1 74). 23 8 Ebenso FG Brandenburg v. 23 . 0 1 .2002, 2 K 2272/98 K, U, F, EFG 2002, S . 43 2 ff. (S. 432). 239 Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 4 1 . 240 V gl. zu Sollvorschriften im Allgemeinen etwa Kruse in Tipke/Kruse, AO, § 5 Rn. 1 1 ; Lang in TipkelLang20 , S . 1 70 . 24 1 So wohl auch (teilweise implizit) die h.M. : BFH v. 1 8 .09 .2007, I R 44/06, B StBl. II 2008, S. 3 1 9 ff. (S. 320 f.); FG Hamburg v. 29.05 .2006, 5 K 1 3 6/03 , EFG 2006, S. 1 85 7 ff. (S . 1 85 8 f.); Lambrecht i n Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 4 1 ; Lenz i n Erle/Sauter, KStG3 , § 1 1 Rn. 32; Graffe in Dötsch/JostiPung/Witt, KStQ § 1 1 Rn. 1 7; Frotscher in Frot­ scher/Maas, KStQ § 1 1 Rn. 24; Olgemöller in Streck, KStG7 , § 1 1 Rn. 8 . 242 S o wohl Thiel, A G 1 960, S . 269 ff. ( S . 27 3 f.), allerdings mit B lick auf von ihm ru r end­ gültig gehaltene Zwischenveranlagungen. 243 Vgl. zur Lage bei endgültiger Veranlagung einerseits Thiel, AG 1 960, S. 269 ff. (S. 273 f.), der eine zurückhaltende Anwendung der Vorschrift vertritt, und andererseits Neu, EFG 2002, S . 432 f. (S. 433), der der Finanzverwaltung das Ermessen im Prinzip aberkennen will.

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Der einheitliche Besteuerungszeitraum

b)

Ermessenserwä g ungen

In Rechtsprechung und Literatur werden regelmäßig zwei Erwägungen fiir entscheidend gehalten: einmal die Frage, wie lange die Vollbeendigung nach drei Jahren noch entfernt ist, und zweitens, ob die Gesellschaft die Länge des Liquidationsverfahrens zu vertreten hat.244 Entscheidend dafiir, welche Ermes­ senserwägungen tauglich sein können, ist gern. § 5 AO der Zweck der Er­ mächtigung245, somit also der Zweck des § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG. Nach hier ver­ tretener Auffassung liegt dieser in der Sicherung des Steueranspruchs :246 Da­ durch, dass der Gesetzgeber eine Sollvorschrift geschaffen hat, hat er deutlich gemacht, dass er in typisierender Weise grundsätzlich davon ausgeht, dass bei Liquidationen, die länger als drei Jahre dauern, die Durchsetzbarkeit der Steu­ erschuld gefährdet ist. Danach ist die Frage nach der Verantwortlichkeit fiir die Länge der Abwick­ lung keine taugliche Ermessenserwägung.247 Denn ein Zusammenhang zwi­ schen der Gefährdung der Durchsetzung des Steueranspruchs einerseits und der Frage, ob die Länge der Liquidation durch die Gesellschaftsorgane ver­ schuldet ist oder aber in Schwierigkeiten der Verhältnisse ihren Grund hat, ist nicht ersichtlich. Vielmehr ist eine Sicherung des Steueranspruchs unabhängig davon sinnvoll, warum die Liquidation besonders lange dauert. Deshalb ist entgegen der weit überwiegenden Auffassung die Frage nach der Verantwort­ lichkeit keine taugliche Ermessenserwägung im Rahmen des § 1 1 Abs . 1 S . 2 KStG. Allerdings hat die Finanzverwaltung in ihren Ermessensabwägungen die noch verbleibende voraussichtliche Länge der Liquidation zu berücksichtigen. Denn wenn es sich nur noch um einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum handelt, wird eine Veranlagung gern. § 1 1 Abs . 1 S . 2 KStG häufig keine deutlich ver­ besserte Durchsetzbarkeit der Steuerschuld bieten. Wo hier die Grenze liegt, ist im Einzelfall zu beurteilen. Da die Veranlagung der Sicherung des Steuer­ anspruchs dient, wird die Finanzverwaltung in Fällen, in denen absehbar ist, dass kein Abwicklungsgewinn erzielt werden wird, von einer Veranlagung ab­ sehen können.248 Allerdings wird aufgrund des typisierenden Charakters der Vorschrift249 eine Veranlagung nach drei Jahren regelmäßig auch dann ermes244 FG Hamburg v. 29.05 .2006, 5 K 1 3 6/03 , EFG 2006 S . 1 85 7 ff. (S. 1 85 8); Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 4 1 ; Lenz in Erle/Sauter, KStG3 , § 1 1 Rn. 32; Graffe in Dötsch/JostIPung/Witt, KStG, § 1 1 Rn. 1 7; verhältnismäßig ausführlich Hofmeister in Blümich, KStG, § 1 1 Rn. 3 9 . 2 4 5 Kruse i n TipkelKruse, AO, § 5 Rn. 47; Lang i n Tipke/Lang20 , S . 1 7 1 . 246 Oben S . 8 0 ff. 247 Ebenso, aber mit anderer Begründung (Zwischenveranlagung sei keine Sanktion für schuldhaftes Verhalten), Frotscher in FrotscheriMaas, KStG, § 1 1 Rn. 3 3 . 248 Ebenso F G Hamburg v. 29.05 .2006, 5 K 1 3 6/03 , EFG 2006, S . 1 85 7 ff. ( S . 1 859). 249 Oben S . 81 f.

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Die Dreij ahresregelung des § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG

sensfehlerfrei sein, wenn unklar ist, ob bereits ein steuerpflichtiger Gewinn er­ zielt worden ist.250 Zu berücksichtigen hat die Finanzverwaltung aber auch den durch die Steuerveranlagung hervorgerufenen Erklärungsaufwand beim Steu­ erpflichtigen.25 1 Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Zweck des § 1 1 Abs . 1 S . 2 KStG, lässt sich aber aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz252 ableiten. Insofern sind insbesondere zwei Aspekte in Betracht zu ziehen: Einerseits ist zu prüfen, ob die Sicherung der Steuerdurchsetzung nicht ebenso gut durch Steuervorauszahlungen möglich ist, was insbesondere bei leicht überschauba­ ren Liquidationen denkbar ist. Zweitens muss die Finanzverwaltung berück­ sichtigen, dass für den Steuerpflichtigen eine Veranlagung auf den Stichtag, auf den er auch seine handelsrechtlichen Abschlüsse aufstellt, regelmäßig eine erhebliche Vereinfachung bedeuten wird.253 Grundsätzlich wird deshalb nur ein solcher Stichtag ermessensgerecht sein. Schließlich kann in seltenen Fällen die Festsetzungsverj ährung eine Rolle spielen: Wenn nämlich die vorangegangene Veranlagung so lange zurückliegt, dass insofern der Eintritt der Festsetzungsverj ährung droht, ist in aller Regel davon auszugehen, dass das Ermessen so ausgeübt werden muss, dass die Festsetzungsverj ährung vermieden wird. Sonst könnte nämlich der einheitliche Besteuerungszeitraum nicht mehr vollständig verwirklicht werden. 4.

Länge der folgenden �esteuerungszeiträume

Umstritten ist die Länge des Besteuerungszeitraums, der sich an die Veranla­ gung nach drei Jahren anschließt. Teils wird vertreten, dass grundsätzlich zwingend zur j ährlichen Veranlagung zurückzukehren sei.254 Nach der Gegen­ auffassung steht es im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzverwaltung, ob ein weiterer Dreij ahreszeitraum angeschlossen oder wieder j ährlich veranlagt wird.255 Allerdings sind auch nach der ersten Auffassung Fälle denkbar, in de­ nen ein weiterer dreij ähriger Besteuerungszeitraum angeschlossen werden kann.256 Mithin liegt der Unterschied der Auffassungen in der Art des Ermes­ sens : Die erste Ansicht gibt der Finanzverwaltung ein Sollermessen, während es sich nach der letzteren Auffassung um pflichtgemäßes Ermessen ohne eine derartige Einschränkung handelt. Ebenso BFH v. 1 8 .09 .2007, I R 44/06, BStBl. II 2008, S. 3 1 9 ff. (S. 320 0. Ebenso Hofmeister in B lümich, KStG, § 1 1 Rn. 3 9 . Zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz etwa Lang i n Tipke/Lang20 , S . 1 27 f. In diese Richtung auch Hofmeister in Blümich, KStG, § 1 1 Rn. 40 a.E. Fin.Verw. R 5 1 Abs. 1 S . 6 KStR 2004; Graffe in DötschlJost/Pung/Witt, KStG, § 1 1 Rn. 1 8 . 255 Mit Unterschieden im Detail : FG Brandenburg v. 23 .0 1 .2002, 2 K 2272/98 K, U, F, EFG 2002, S . 432 ff. (S. 432 f.); Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 42; Boaehs in Lademann, KStG, § 1 1 Rn. 46; Frotscher in FrotscherlMaas, KStG, § 1 1 Rn. 25 . 256 Graffe in DötschlJost/Pung/Witt, KStG, § 1 1 Rn. 1 8; wohl auch Fin.Verw. R 5 1 Abs. 1 S . 6 KStR 2004 ("grundsätzlich [ . . . ] auf ein Jahr begrenzt").

250 25 1 252 253 254

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Der einheitliche Besteuerungszeitraum

Der Wortlaut des § 1 1 Abs. 1 KStG sagt zu dieser Frage nichts. Da es sich al­ lerdings immer nur um eine vorläufige Veranlagung handelt, besteht kein Be­ dürfnis dafur, zwingend wieder zur j ährlichen Veranlagung zurückzukehren. Die Konzeption des Gesetzgebers, grundsätzlich nur eine Veranlagung vorzu­ nehmen, spricht vielmehr eher dafur, weitere Dreij ahreszeiträume anzuschlie­ ßen. Folgende Überlegung spricht dafur, auch kürzere Zeiträume zuzulassen, insbesondere j ährliche Veranlagungen: Für den Steuerpflichtigen kann nach der ersten Zwischenveranlagung eine weitere Veranlagung günstig sein, näm­ lich insbesondere dann, wenn zunächst Gewinne erzielt werden, nach der ers­ ten Zwischenveranlagung aber Verluste. Dann fuhrt eine frühere zweite Zwi­ schenveranlagung dazu, dass er die bereits versteuerten Gewinne auch früher gegen Verluste saldieren kann und somit auch früher einen Rückerstattungsan­ spruch wegen zuviel gezahlter Steuern gegen den Fiskus erhält. Insgesamt sprechen deshalb die besseren Argumente dafur, die Vorgehensweise nach der ersten Zwischenveranlagung in das pflichtgemäße Ermessen der Finanzver­ waltung zu stellen, ohne ihr eine im Regelfall anzuordnende Rechtsfolge vor­ zugeben. Allerdings ist die Wertung des § 1 1 Abs . 1 S . 2 KStG auch hier zu berücksichtigen: Spätestens nach drei Jahren muss regelmäßig eine Veranla­ gung vorgenommen werden, wenn kein atypischer Fall vorliegt. Taugliche Ermessenserwägungen sind dieselben wie bei der Entscheidung darüber, ob nach drei Jahren erstmals eine Zwischenveranlagung vorgenom­ men wird25 7, also insbesondere die Frage, ob eine Sicherung des Steueran­ spruchs erforderlich erscheint. Daneben ist aber auch zugunsten des Steuer­ pflichtigen zu berücksichtigen, ob fur ihn eine möglichst frühe Veranlagung von Vorteil ist.

VI.

Zusammenfassung

Die Veranlagungs ermächtigung des § 1 1 Abs . 1 S . 2 KStG verfolgt den Zweck, bei lang andauernden Liquidationen die Durchsetzung des Steueranspruchs zu sichern. Steuerveranlagungen, die aufgrund dieser Norm vorgenommen wer­ den, sind nur vorläufig und mit der nächsten Veranlagung gern. § 1 72 Abs . 1 Nr. 2 lit. d AO i.Vm. § 1 1 KStG aufzuheben, sodass sich j ede Veranlagung während der Liquidation auf den Zeitraum seit der Auflösung bezieht. Wie die Finanzverwaltung nach der ersten Zwischenveranlagung verfährt, steht in ih­ rem pflichtgemäßen Ermessen.

257 Dazu oben S. 96 f.

98

§ 5 Gewinnermittlung A.

Handelsrecht

I.

Grundlagen

Die gesetzlichen Grundlagen für die handelsrechtliche Rechnungsregelung während der Liquidation finden sich in den - abgesehen von rechtsformspezi­ fischen Unterschieden - gleichlautenden § 270 Abs. 1 -3 AktG und § 7 1 Abs. 1 -3 GmbHG. Danach gilt Folgendes: zu Beginn der Liquidation ist eine Eröffnungsbilanz mit erläuterndem Bericht zu erstellen (§ 270 Abs. 1 AktG; § 7 1 Abs . 1 GmbHG); fiir j edes Geschäftsj ahr ist ein Jahresabschluss samt Lagebericht aufzu­ stellen (§ 270 Abs. 1 AktG; § 7 1 Abs . 1 GmbHG); auf Eröffnungsbilanz und erläuternden Bericht sind die Vorschriften über den Jahresabschluss entsprechend anwendbar ( § 270 Abs . 2 S . 2 AktG; § 7 1 Abs . 2 S . 2 GmbHG); Vermögensgegenstände des Anlagevermögens sind in der Eröffnungsbi­ lanz und im Jahresabschluss wie Umlaufvermögen zu bewerten, soweit ihre baldige Veräußerung geplant ist oder sie dem Geschäftsbetrieb nicht mehr dienen (§ 270 Abs. 2 S . 3 AktG; § 7 1 Abs. 2 S . 3 GmbHG); das Gericht kann von der Prüfung des Jahresabschlusses samt Lagebe­ richt absehen, wenn eine Prüfung wegen überschaubarer Verhältnisse nicht erforderlich erscheint (§ 270 Abs. 3 AktG; § 7 1 Abs. 3 GmbHG). Es ist leicht zu erkennen, dass die Vorschriften von der regulären Bilanzierung kaum abweichen: Allein die Aufstellung der Liquidationseröffnungsbilanz und die ggf. erforderliche Bewertung als Umlaufvermögen sind Modifikationen der allgemeinen Grundsätze; im Übrigen gilt das allgemeine Handelsbilanz­ recht. Inzwischen wird wohl auch nicht mehr bestritten, dass im Liquidationsrecht (zumindest gedanklich) zwischen interner und externer Rechnungslegung zu unterscheiden ist. 1 Als interne Rechnungslegung wird dabei die Rechen­ schaftslegung der Liquidatoren gegenüber der Gesellschaft bzw. den Gesell­ schaftern verstanden. Die externe Rechnungslegung ist dagegen diej enige der Gesellschaft. Für das Kapitalgesellschaftsrecht finden sich keine ausfiihrlichen gesetzlichen Regelungen zur Rechenschaftslegung der Liquidatoren; lediglich die Schlussrechnung, die in § 273 Abs . 1 AktG, § 74 Abs . 1 GmbHG ange1

Grundlegend K Schmidt, Liquidationsbilanzen und Konkursbilanzen, S . 20 ff. Ebenso z.B . Paura in UlmeriHabersacklWinter, GmbHG, § 7 1 Rn. 6; ScherrerlHeni, Liquidati­ ons-Rechnungslegung3 , S. 4 ff. ; FörsterlDöring, Liquidationsbilanz4 , S . 3 0 f.

99

Gewinnermittlung

sprochen wird, ist diesem Bereich zuzurechnen. Die § 270 AktG, § 7 1 GmbHG regeln hingegen ausschließlich die externe Rechnungslegung der Gesellschaft. Dies ergibt sich bereits daraus, dass sie die entsprechende Anwendung des Handelsbilanzrechts statuieren, das ebenfalls nur die externe Rechnungslegung der Handelsgesellschaften regelt. 2 Da für die Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinns allein die Rechnungslegung der Gesellschaft von Bedeutung sein kann, wird die interne Rechnungslegung im Weiteren nicht mehr behandelt. Anders als vor dem Bilanzrichtliniengesetz3 stellen die Regelungen der § 270 AktG, 71 GmbHG klar, dass die dort geregelten Bilanzen, die nach HGB­ Grundsätzen aufzustellen sind, (modifizierte) Erfolgsbilanzen sind. Es handelt sich nicht um reine Vermögensbilanzen4 , wie dies für die Zeit vor dem Bilanz­ richtliniengesetz von der überaus h.M. 5 vertreten wurde. Die grundsätzliche Fortgeltung des allgemeinen Handelsbilanzrechts nach der Auflösung ent­ spricht im Übrigen auch der Wirklichkeit, da die aufgelöste Gesellschaft wei­ ter existiert. 11.

Rumpfgeschäftsjahr vor Auflösung

Fraglich und umstritten ist, ob eine Auflösung, die nicht mit dem regulären Bi­ lanzstichtag zus amm enfällt, zur Bildung eines Rumpfgeschäftsj ahres führt.6 Davon hängt auch ab, ob der reguläre B ilanzstichtag in der Liquidation beibe­ halten wird. Daneben stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob außer der ausdrücklich vorgeschriebenen Liquidations-Eröffnungsbilanz auch eine Schlussbilanz der werbenden Gesellschaft erforderlich ist. Die Frage, ob ein Rumpfgeschäftsjahr zu bilden ist, hat nicht nur handelsrechtliche B edeutung, sondern ist nach h.M. auch maßgeblich dafür, ob dieser Zeitraum in den ein­ heitlichen Besteuerungszeitraum gern. § 1 1 KStG einzubeziehen ist. 7

2 3

4

Selbstverstän d lich existiert diese (zumindest gedankliche) Unterscheidung auch im Be­ reich der werbenden Gesellschaft, ScherrerlHeni, Liquidations-Rechnungslegung3 , S. 5 . Bilanzrichtliniengesetz vorn 1 9. 1 2 . 1 985, BGBl. I 1 985, S . 23 5 5 ff. In diese Richtung aber FörsterlDöring, Liquidationsbilanz4 , S . 63 ; Jurowsky, DStR 1 997, S . 1 782 ff. (S. 1 786 ff.), der unter erstaunlicher Hintanstellung des Gesetzeswortlauts insbesondere das Vorsichts- und Anschaffungskostenprinzip während der Abwicklung für nicht anwendbar hält. Auch der Bundesfinanzhof war 2007 unter Bezugnahme auf eine Entscheidung von 1 974 offenbar noch der Auffassung, dass § 7 1 GmbHG reine Ver­ mögensbilanzen als Liquidationsbilanzen vorschreibe, die nicht der Gewinnermittlung dienten, BFH v. 27.03 .2007, VIII R 25/05, BFHlNV 2007, S . 1 562 ff. ( S . 1 5 64). Z.B . Hohner in Hachenburg, GmbHG7 , § 71 Rn . 8 ff. ; Wiedemann in GroßKomm, AktG3 , § 270 Rn. 5; vgl. auch den geschichtlichen Abriss bei K. Schmidt, Liquid,ationsbi­ lanzen und Konkursbilanzen, S. 39 ff. Vgl. sogleich die Nachweise in Fußnoten 8, 1 1 , 1 2 . Zur steuerlichen Beurteilung unten S . 1 1 1 ff. -

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5

6 7

1 00

Handelsrecht

1.

Meinungsstand

Nach weit überwiegender Meinung ist auf den Tag vor der Auflösung zwin­ gend eine Schlussbilanz der Gesellschaft aufzustellen. 8 Dies wird vor allem damit begründet, dass durch die Auflösung Umbewertungen erforderlich wer­ den könnten, mithin also zwischen der Schlussbilanz und der Liquidations­ Eröffnungsbilanz keine Bilanzidentität bestehen muss. 9 Diese Bewertungsän­ derungen müssten aber bilanziell abgebildet werden, was nur dann möglich sei, wenn neben der Liquidations-Eröffnungsbilanz auch eine Schlussbilanz auf den Tag vor der Auflösung aufgestellt werde. Schließlich wird angefiihrt, dass mit der Auflösung ein neues Geschäftsj ahr beginne, weshalb das voran­ gegangene (Rumpf-)Geschäftsjahr bilanziell abgeschlossen werden müsse ohne eine Schlussbilanz bleibe es ohne Bilanz. l O Nach der Gegenauffassung ist eine Schlussbilanz der werbenden Gesellschaft nicht notwendig. Einem Begründungsansatz zufolge erfii l lt die Liquidations­ Eröffnungsbilanz diese Funktion, da sie nach den Regeln des Handelsbilanz­ rechts aufzustellen ist. 1 1 Teilweise wird auch argumentiert, dass eine Schluss­ bilanz deshalb nicht erforderlich sei, weil dafür keine Rechtsgrundlage beste­ he; zudem bleibe vorbehaltlich einer Satzungsänderung das bisherige Ge­ schäftsj ahr auch dann bestehen, wenn die Auflösung in ein laufendes Ge­ schäftsjahr fällt. 1 2 Angefiihrt wird hierfiir auch, dass eine Schlussbilanz mit der Liquidations-Eröffnungsbilanz wegen des Grundsatzes der Bilanzidentität gern. § 252 Abs. I Nr. 1 HGB, der wegen § 270 AktG, § 7 1 GmbHG auch für die Rechnungslegung während der Liquidation gelte, zwingend identisch sei. 1 3 2.

Eigene Auffassung

Der h.M., die die Aufstellung einer Schlussbilanz auf den Tag vor der Auflö­ sung verlangt, ist zuzustimmen. Dies lässt sich in zwei Schritten begründen. Zunächst ist entgegen der Auffassung von Förschle/Deubert/Kropp davon auszugehen, dass mit der Liquidations-Eröffnungsbilanz ein neues Geschäfts8 K. Schmidt, Liquidationsbilanzen und Konkursbilanzen, S. 4 1 f.; FörsterlDöring, Liqui­ dationsbilanz4 , S. 1 1 ff. ; Olbrich, DStR 200 1 , S. 1 090 ff. (S. 1 09 1 f.); Hüffer in Münch­ Komm, AktG3 , § 270 Rn. 9; Haas in Baumbach/Hueck, GmbHG 19 , § 7 1 Rn. 2; Paura in UlmerlHabersack/Winter, GmbHG, § 7 1 Rn. 9. 9 K. Schmidt, Liquidationsbilanzen und Konkursbilanzen, S . 41 ff. ; Hüffer i n Münch­ Komm, AktG3 , § 270 Rn. 9. 10 Haas i n BaumbachIHueck, GmbHG 19 , § 7 1 Rn. 28; ähnlich AdlerlDüringlSchmaltz, § 270 AktG, Rn. 1 2 . 1 1 Hoffmann-Becking i n Münch. Hdb . AG3 , § 66 Rn. 1 2 . 1 2 FörschlelDeubert i n Sonderbilanzen4 , Rn . T 4 5 ff. ; FörschlelKropplDeubert, DB 1 994, S . 998 ff. (S. 999); FörschlelKropplDeubert, DStR 1 992, S. 1 523 ff. (S. 1 523 f.); Lütt in KütingIPfitzer/Weber, HdR-E, AktG, § 270 Rn. 6 ff. 1 3 FörschlelKropplDeubert, DStR 1 992, S . 1 523 ff. (S. 1 523); dem folgend wohl Lütt in KütingiPfitzer/Weber, HdR-E, AktG, § 270 Rn. 9.

101

Gewinnermittlung

j ahr beginnt. Andernfalls wäre nämlich kaum einzusehen, warum der Gesetz­ geber deren Aufstellung vorgeschrieben haben sollte - ein Zweck fiir eine sol­ che Zwischenbilanz nach handelsrechtlichen Grundsätzen während eines lau­ fenden Geschäftsj ahres ist nämlich nicht ersichtlich. 1 4 Nicht überzeugend ist auch das Argument, für eine Änderung des Geschäftsj ahres bedürfe es einer Satzungsänderung. 1 5 Dem lässt sich nämlich entgegenhalten, dass § 270 Abs. 1 AktG, § 7 1 Abs. 1 GmbHG die Änderung des Geschäftsj ahres (implizit) vor­ schreiben, eben weil die zwingende Aufstellung einer Liquidations­ Eröffnungsbilanz sonst sinnlos wäre. Folgt man dem, ist auch die Aufstellung einer Schlussbilanz erforderlich. Ent­ scheidend ist, dass sich beide Bilanzen unterscheiden können, wenn dies auch nicht immer der Fall sein muss. 1 6 Anders als zum Teil angenommen wird, han­ delt es sich bei der Auflösung nämlich um ein wertbegründendes 1 7 und nicht um ein wertaufhellendes Ereignis 1 8 • 1 9 Die Gegenauffassung stellt darauf ab, dass sich die Notwendigkeit einer Liquidation vor der Auflösung bereits länger abzeichne?O Dies mag zwar oftmals zutreffen, ist aber weder zwingend - es sind auch andere Auflösungsgründe möglich als ein Auflösungsbeschluss, der durch eine kritische wirtschaftliche Situation motiviert ist - noch führt eine solche Situation dazu, dass es sich um ein wertaufhellendes Ereignis handelt: Denn erst mit der Wirksamkeit des Auflösungsbeschlusses ist klar, dass die Gesellschaft liquidiert wird; vorher ist dies eben nicht eindeutig, da eine ent­ sprechende Beschlussfassung noch fehlt. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn sich die Liquidation bereits vorher abzeichnet. Unterschiedliche Bewer­ tungen in den beiden Bilanzen können sich insbesondere aus § 270 Abs . 2 S . 3 AktG, § 7 1 Abs. 2 S . 3 GmbHG ergeben, wonach Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, wenn ihre baldige Veräußerung beabsichtigt ist, wie Um­ laufvermögen zu bewerten sind. Da diese Vorschriften erstmals in der Liquida­ tions-Eröffnungsbilanz gelten, widerspricht die Ansicht, nach der Bewertungs­ unterschiede in der Schlussbilanz und der Liquidations-Eröffnungsbilanz nicht denkbar seien, dem Gesetzeswortlaut; deshalb muss auch das Prinzip der Bi­ lanzidentität insoweit zurücktreten. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn man die § 270 Abs. 2 S . 3 AktG, § 7 1 Abs. 2 S . 3 GmbHG als Konkretisierung von § 253 Abs. 2 S . 3 HGB versteht: Denn die Geltung des strengen Nie­ derstwertprinzips in den Fällen, in denen die Veräußerung beabsichtigt ist, 14 Etwas anderes wäre nur im Hinblick auf die - hier nicht betroffene - interne Rechnungslegung denkbar, die auch außerhalb von Bilanzstichtagen sinnvoll sein kann. 1 5 So aber FörschlelKropplDeubert, DB 1 994, S . 998 ff. (S. 1 000). 16 Ebenso statt vieler K. Schmidt, Liquidationsbilanzen und Konkursbilanzen, S. 41 f. 1 7 Wohl auch ScherrerlHeni, Liquidations-Rechnungslegung3 , S . 83 . 1 8 So aber FörschlelDeubert in Sonderbilanzen4 , Rn. T 52. 19 Allgemein zu wertbegründenden und werterhellenden Ereignissen Hüttemann in F S Priester, S . 3 0 1 ff. 20 FörschlelDeubert in Sonderbilanzen4 , Rn. T 52.

1 02

Handelsrecht

lässt sich ohne § 270 Abs. 2 S . 3 AktG bzw. § 7 1 Abs. 2 S . 3 GmbHG nicht begründen, weil sie sich aus den allgemeinen Grundsätzen gerade nicht ergibt, die nur das gemilderte, nicht aber das strenge Niederstwertprinzip beinhal­ ten?! Schließlich ist noch anzumerken, dass die Durchbrechung des Prinzips der B i­ lanzidentität auf das Steuerrecht nicht durchschlägt, weil die Liquidations­ Eröffnungsbilanz rur die Ermittlung des steuerpflichtigen Liquidationsgewinns keine Rolle spielt. Dort wird das Abwicklungs-Anfangsvermögen unter Be­ zugnahme auf das letzte veranlagte Betriebsvermögen vor Auflösung definiert und auf diese Weise sichergestellt, dass keine Besteuerungslücke entsteht, § 1 1 Abs . 4 S . 1 KStG. 22 Einem Argument in der Richtung, dass die steuerliche Gewinnermittlung die Einhaltung der Bilanzidentität zwischen letzter Schlussbilanz vor Auflösung und Liquidations-Eröffuungsbilanz erfordere, ist damit von vornherein die Grundlage entzogen, ganz abgesehen davon, dass ei­ ne solches Hineinwirken des Steuerrechts in das Handelsrecht ohnehin sehr zweifelhaft wäre. Als Ergebnis ist somit festzuhalten: Auf den Tag vor der Auflösung ist eine Schlussbilanz nach allgemeinen Grundsätzen aufzustellen. Daneben ist auf den Auflösungstag eine Liquidations-Eröffnungsbilanz aufzustellen, die sich von der Schlussbilanz unterscheiden kann, aber nicht muss . Mit der Liquidati­ ons-Eröffuungsbilanz beginnt ein neues Geschäftsj ahr. Der B ilanzstichtag in der Liquidation ist deshalb j eweils der Tag der Auflösung. 111.

Liquidations-Schlussbilanz

1.

Notwendigkeit der Liquidations-Schlussbilanz

Unter der Liquidations-Schlussbilanz versteht man den letzten handelsrechtli­ chen Jahresabschluss der Kapitalgesellschaft i.L. Sie ist zu unterscheiden von der Schlussrechnung gern. § 273 Abs . 1 S. 1 AktG, § 74 Abs . 1 S. 1 GmbHG, die zum Bereich der Rechenschaftslegung der Liquidatoren zählt. 23 Nach h.M. ist die Aufstellung einer Liquidations- Schlussbilanz zwingend?4 Die Aufstel2 1 ScherrerlHeni, Liquidations-Rechnungslegung3 , S. 98; Hohner in Hachenburg, GmbHG8 , § 7 1 Rn. 2 5 ; a.A. Winnefeld, Bilanzhandbuch4 , Rn. N 73 1 ; FörschlelDeubert in Sonderbilanzen3 , Rn. T 1 5 5 . 2 2 Ausführlich zum Abwicklungs-Anfangsvermögen unten S . 1 09 ff. 23 Hüffer in MünchKomm, AktG3 , § 273 Rn . 6; Paura in UlmerlHabersacklWinter, GmbHG, § 74 Rn. 7 ff. ; trotz gedanklicher Unterscheidung hält Haas (in Baum­ bach/Hueck, GmbHG 19 , § 7 1 Rn. 29) die Schlussrechnung grundsätzlich für identisch mit der Schlussbilanz. 24 Z.B. K Schmidt, Liquidationsbilanzen und Konkursbilanzen, S. 46; FörschlelDeubert in Sonderbilanzen\ Rn. T 265 ; Winnefeld, B ilanzhandbuch4 , Rn . N 786; a.M. Hohner in Hachenburg, GmbHG 8 , § 7 1 Rn. 20; offenbar auch Hüffer in MünchKomm, AktG3 , § 270 Rn. 7.

1 03

Gewinnermittlung

lungspflicht wird in der Regel entweder aus § 270 Abs. 1 AktG, § 7 1 Abs. 1 GmbHG hergeleitef S , wonach rur den Schluss j edes Jahres während der Li­ quidation ein Jahresabschluss anzufertigen ist, mithin auch rur den Schluss des letzten (Rumpf-)Geschäftsj ahres, oder sie wird mit § § 23 8, 242, 264 HGB be­ gründef6, wonach keine Periode ohne handelsrechtliche Rechnungslegung bleiben darf. 2 7 Schließlich wird auch vertreten, dass die Aufstellung einer Li­ quidations-Schlussbilanz nicht zwingend, sondern nur bei komplexen Sach­ verhalten geboten sei, weil keine gesetzliche Verpflichtung zur Aufstellung be­ stehe.2 8 Richtigerweise wird man von einer Pflicht zur Aufstellung einer Liquidations­ Schlussbilanz ausgehen müssen. Ob man dies auf § 270 Abs. 1 AktG, § 7 1 Abs . 1 GmbHG stützt oder (auch) auf § § 23 8, 242, 264 HGB ist davon abhän­ gig, ob man die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften fiir konstitutiv hält oder lediglich als Wiederholung der allgemeinen Rechungslegungspflichten an­ sieht; praktische Auswirkungen hat die Entscheidung über diese Frage aller­ dings nicht. Es ist j edoch vorzugswürdig, die Anordnung der § 270 Abs. 1 AktG, § 7 1 Abs. 1 GmbHG als Klarstellung zu begreifen, weil auch während der Liquidation das Handelsbilanzrecht unmittelbar anwendbar ist. Man kann deshalb die Verpflichtung zur Aufstellung einer Liquidations-Schlussbilanz auf beide Begründungen stützen. 2.

Aufstellungszeitpunkt der Liquidations-Schlussbilanz

Fraglich ist aber, auf welchen Stichtag die Liquidations-Schlussbilanz aufzu­ stellen ist. Zum einen wird vertreten, dass die Bilanz dann aufzustellen ist, wenn die Voraussetzungen rur die Auskehrung des Vermögens an die Gesell­ schafter vorliegen, also insbesondere das Sperrj ahr abgelaufen ist.29 Nach an­ derer Auffassung ist die Schlussbilanz mit dem B eginn des Sperrj ahres aufzu­ stellen, da danach eine unternehmerische Rechnungslegung "ohne rechten Sinn" sei. 30 Schließlich wäre noch denkbar, die Schlussbilanz auf den Tag der Vollbeendigung aufzustellen, was nach hier vertretener Auffassung zwingend3 ! die Vermögenslosigkeit der Gesellschaft voraussetzen würde, mithin also die 25 FärschlelDeubert in Sonderbilanzen4 , Rn. T 265 . 26 Haas in BaumbachlHueck, GmbHG 19 , § 7 1 Rn. 2 8 . 27 Ohne klare Entscheidung zwischen beiden Begründungsansätzen ScherrerlHeni, Liqui­ dations-Rechnungslegung3 , S. 3 9 . 2 8 Hohner i n Hachenburg, GmbHG8 , § 7 1 Rn. 20; wohl auch Rasner i n RowedderlSchmidt­ Leithoff, GmbHG4 , § 7 1 Rn. 2 5 . 29 Haas i n Baumbach/Hueck, GmbHG 19 , § 7 1 Rn. 2 8 ; Lütt i n KütingIPfitzerlWeber, HdR-E, AktG, § 270 Rn. 7 1 . 3 0 K. Schmidt, Liquidationsbilanzen und Konkursbilanzen, S . 46; für Aufstellung vor Ver­ mögensverteilung aber wohl ders. in Scholz, GmbHG IO , § 7 1 Rn. 3 0 . 3 1 Ausführlich oben S . 1 2 ff. ; folgt man der Auffassung von der allein konstitutiven Wir­ kung der Löschung, gilt das nur im Regelfall: § 273 Abs. 1 S . 1 AktG, § 74 Abs. 1 S . 1 GmbHG.

1 04

Handelsrecht

erfolgte Vermögensverteilung. Auch wenn man hierfUr immerhin die Kauf­ mannseigenschaft anfUhren könnte, die bis zur Vollbeendigung besteht und auf die die § § 23 8, 242, 264 HGB abstellen, so fUhrt eine solche Vorgehensweise dazu, dass die Schlussbilanz ohne Aussage ist, weil alle Aktiva und Passiva mit null angesetzt werden müssten, denn sonst wäre die Gesellschaft nicht vermögenslos, mithin noch nicht vollbeendigt. Für die Ansicht, die den Beginn des Sperrj ahres als Aufstellungszeitpunkt für die Liquidations-Schlussbilanz annimmt, wird ange:fiihrt, dass während des Sperrj ahres kein Bedürfnis :fiir ei­ ne untemehmerische Rechnungslegung mehr bestehe. 32 Es ist allerdings nicht ersichtlich, worauf diese Annahme gestützt werden kann. Denn das Sperrj ahr gern. § 272 AktG, § 73 GmbHG ist nicht etwa so zu verstehen, dass in diesem Zeitraum keine Verbindlichkeiten mehr eingegangen werden können. Im Übri­ gen können auch während des Sperrj ahres noch Sachwerte versilbert und Ver­ bindlichkeiten beglichen werden, genauso wie im Sachvermögen noch Wert­ änderungen möglich sind. Insgesamt ist daher die Auffassung vorzuziehen, die die Liquidations-Schlussbilanz aufstellen will, sobald die Voraussetzungen für die Vermögensverteilung33 vorliegen. Hier:fiir und gegen die anderen Ansichten spricht zudem, dass als Grundlage fUr die Vermögensverteilung im Sinne der § 27 1 AktG, § 72 GmbHG eine Vermögensaufstellung erforderlich ist; das Ge­ setz trifft hierzu keine Aussage. Es liegt allerdings nahe, hierfür die Schlussbi­ lanz34 , die im Grundsatz eine Handelsbilanz ist, nutzbar zu machen, da auch sonst fUr die Gewinnverteilung die Handelsbilanz maßgeblich ist, § 1 74 AktG, § 29 GmbHG. 35

3 2 K. Schmidt, Liquidationsbilanzen und Konkursbilanzen, S . 46. 3 3 Hinsichtlich der zu erwartenden Steuerschuld ist gern. § 272 Abs. 3 AktG, § 73 Abs. 3 GmbHG ausreichend Sicherheit zu leisten, da die Begleichung sämtlicher Verbindlich­ keiten für die Vermögensverteilung erforderlich ist, die wiederum Voraussetzung für die Steuerveranlagung ist. Entgegen der von Förschle/Deubert (in Sonderbilanzen4 , Rn. T 267) vertretenen Auffassung ist es nicht möglich, die Liquidationsbesteuerung "vorzu­ verlegen", da der für die Besteuerung maßgebliche Zeitpunkt nicht durch Absprache mit dem Finanzamt verändert werden kann. Zum Ganzen unten S . 1 40 ff. 34 Dafür Scherrer/Heni, Liquidations-Rechnungslegung3 , S . 40. Gegen die Schlussbilanz und für die Schlussrechnung als Grundlage der Vermögensverteilung aber Rodewald, GmbHR 1 994, S . 454 f. (S. 455). 3 5 Allerdings ist zu berücksichtigen, dass im Fall von Auskehrungen in Sachwerten nur der Verkehrswert, nicht der Buchwert maßgeblich sein kann. Da eine Verteilung von Sach­ werten der Zustimmung aller Gesellschafter bedarf, ist allerdings die Gefahr gering, dass durch Falschbewertungen Ungerechtigkeiten bei der Verteilung entstehen. Vielleicht des­ halb wird in den Kommentierungen auch kaum die Frage aufgeworfen, ob in der Schlussbilanz das Anschaffungskostenprinzip noch gilt oder ob stattdessen Verkehrswer­ te anzusetzen sind. Aus praktischer Sicht ausreichend wäre es wohl auch, die Verteilung nur aufgrund eines allgemein für erforderlich gehaltenen (z.B . H. F. Müller in Münch­ Komm, GmbHG, § 7 1 Rn. 49), entsprechenden Vorschlags in Form eines Anhangs zur Schlussbilanz vorzunehmen. Für eine Bewertung mit Verkehrswerten aber Scher-

1 05

Gewinnermittlung

B.

Steuerrecht - Grundlagen und Problemstellungen

I.

Ü berblick und Problemfelder

Steuerrechtlich wird gern. § 1 1 Abs. 1 S. 1 KStG der "im Zeitraum der Ab­ wicklung erzielte Gewinn" der Besteuerung unterworfen. Dieser meist als Abwicklungsgewinn bezeichnete Gewinn wird durch § 1 1 Abs. 2 KStG als Unterschieds betrag von Abwicklungs-Anfangsvermögen und Abwicklungs­ Endvermögen definiert. Damit ist ein von § 4 Abs. 1 S. 1 EStG abweichender, besonderer Vermögensvergleich rur die Liquidation normiert, der der Gewinn­ ermittlung zugrunde liegt und entsprechend des mehrj ährigen Besteuerungs­ zeitraums einen grundsätzlich die gesamte Liquidation übergreifenden Vermö­ gensvergleich beinhaltet. In § 1 1 Abs. 3, 4 KStG werden dann die beiden Ver­ gleichsgrößen definiert: In § 1 1 Abs . 4 KStG wird das Abwicklungs­ Anfangsvermögen normiert, das auf dem letzten, vor der Auflösung veranlag­ ten Betriebsvermögen basiert. Das Abwicklungs-Endvermögen wird von § 1 1 Abs. 3 KStG als "zur Verteilung kommendes Vermögen" festgelegt. Zudem findet sich in § 1 1 Abs. 5 KStG noch eine Sonderregelung rur das Ab­ wicklungs-Anfangsvermögen. § 1 1 Abs . 6 KStG schließlich verweist subsidiär auf die allgemeinen Vorschriften zur Gewinnermittlung. Unterzieht man diese Regelungen einem genaueren Blick, kristallisieren sich drei Kernfragen heraus : Erstens ist zu überlegen, wie das Abwicklungs­ Endvermögen zu ermitteln ist, also welche Ansatz- und Bewertungsvorschrif­ ten gelten. Zweitens stellt sich die Frage, nach welchen Grundsätzen etwaige Zwischenveranlagungen vorzunehmen sind, die bei Überschreiten des Dreij ah­ reszeitraums erforderlich werden können. Drittens ist problematisch, wie offe­ ne und verdeckte Liquidationsraten zu behandeln sind, die vor Abschluss der Liquidation ausgekehrt werden. Die erste Frage wird von der allgemeinen Auf­ fassung in dem Sinne beantwortet, dass das Abwicklungs-Endvermögen auf Grundlage des Bewertungsgesetzes zu ermitteln sei; damit ist dann der gemei­ ne Wert grundlegender Bewertungsmaßstab. Umstritten ist die Frage, wie Zwischenveranlagungen vorzunehmen sind. Während eine Ansicht auch hier mit dem gemeinen Wert operiert, sind nach der Gegenauffassung dieselben Grundsätze anzuwenden, die rur laufende Jahresabschlüsse gelten, mithin also die § § 5 ff. EStG. 36 Ebenfalls nicht einhellig wird das dritte Problem gelöst: Nach weit überwiegender Ansicht werden Zuwendungen an Gesellschafter, seien sie offen oder verdeckt, dem Abwicklungs-Endvermögen unmittelbar zugerechnet. Nach anderer Ansicht ist nach allgemeinen Grundsätzen eine au­ ßerbilanzielle Hinzurechnung gern. § 8 Abs. 3 S . 1 , 2 LY.m. § 1 1 Abs. 6 KStG vorzunehmen. Allen drei Fragen ist gemein, dass sie, auch soweit sie von rerlHeni, Liquidations-Rechnungslegung3 , S. 40; FörschlelDeubert in Sonderbilanzen4 , Rn. R 269. 36 Zur grundsätzlichen Anwendbarkeit des Maßgeblichkeitsgrundsatzes sogleich S . 1 08 f.

1 06

Steuerrecht - Grundlagen und Problemstellungen

Rechtsprechung, Literatur und Finanzverwaltung einhellig gelöst werden, kaum argumentativ abgestützt werden. Dem soll im Folgenden abgeholfen werden. Neben diesen grundsätzlichen Fragen besteht eine Reihe von Detail­ problemen, die j eweils an geeigneter Stelle abgehandelt werden. 11.

Wirtschaftlicher Ü berblick

Es lohnt sich, vorab einen Blick auf Abwicklungs-Endvermögen, Abwick­ lungsgewinn und Liquidationsraten zu werfen, um zu klären, was sich hinter diesen Begrifflichkeiten verbirgt. Das Abwicklungs-Endvermögen ist das zu verteilende Vermögen, mithin grundsätzlich all das, was am Ende der Abwick­ lung noch an Vermögen bei der Gesellschaft i.L. vorhanden ist. Die Differenz zum Abwicklungs-Anfangsvermögen ergibt den Abwicklungsgewinn (oder Abwicklungsverlust). Bis hierher ergeben sich bei wirtschaftlicher Betrach­ tungsweise keine grundlegenden Unterschiede zum laufenden Gewinn. Frag­ lich ist aber, ob auch Liquidationsraten und laufende Gewinnausschüttungen vergleichbare Vorgänge betreffen. Für den Teil der Liquidationsraten, der aus durch die Gesellschaft erzielten Gewinnen besteht, ist unmittelbar einleuch­ tend, dass es sich um identische wirtschaftliche Vorgänge handelt. Soweit Li­ quidationsraten hingegen in der Rückgewähr von Einlagen bzw. Nennkapital bestehen, ist darin ein Unterschied zur (handelsrechtlichen3 7) Gewinnausschüt­ tung im laufenden Betrieb zu sehen - dann handelt es sich nicht um erwirt­ schaftete Gewinne, sondern um das Kapital, das die Gesellschafter zur Verfü­ gung gestellt haben, damit überhaupt Gewinne erzielt werden können. Gleichwohl ist aus ertrag steuerlicher Sicht auf Ebene der Gesellschaft eine un­ terschiedliche Behandlung beider Vorgänge nicht erforderlich: Denn insofern verläuft die Grenze nicht zwischen Gewinnauskehr und Einlagenrückgewähr bzw. Kapitalrückzahlungen, sondern zwischen betrieblich und gesellschaftlich veranlassten Vermögensminderungen. Beide in Rede stehenden Arten der Ver­ mögensminderung gehören zur letzteren Kategorie, sie sind durch das Gesell­ schaftsverhältnis veranlasst. Deshalb ist es für die Besteuerung der Gesell­ schaft im laufenden Betrieb auch unbeachtlich, ob es sich um eine Rückzah­ lung von Kapital oder um eine Gewinnausschüttung handelt - beide Vorgänge sind steuerneutra1. 38 Für die folgende Untersuchung ist deshalb festzuhalten, dass Gewinnausschüttungen und Liquidationsraten vergleichbare Vorgänge betreffen, hinsichtlich derer auf Ebene der Gesellschaft39 für eine unterschied­ liche steuerliche Behandlung keine zwingenden Gründe bestehen. Dies gilt für

37 Steuerrechtlieh wird auf Ebene der Gesellschaft zwischen Einlagenrückgewähr und Ge­ winnausschüttung nicht unterschieden, siehe auch sogleich im Text. 3 8 Vgl. z.B. Roser in Gosch, KStG2 , § 8 Rn. 1 7; Hey in Tipke/Lang20 , S . 443 f. 3 9 Etwas anderes gilt für die Ebene der Gesellschafter, insofern stellen § § 27 ff. KStG si­ cher, dass zwischen Einlagenrückgewähr und Kapitalrückzahlungen einerseits und Ge­ winnausschüttungen andererseits unterschieden werden kann.

1 07

Gewinnermittlung

alle Formen der Gewinnausschüttungen und Liquidationsauskehrungen, unab­ hängig davon, ob sie offen oder verdeckt erfolgen, ob sie als Vor­ abauskehrungen40 oder am Ende des Besteuerungszeitraums erfolgen. Die Er­ kenntnis, dass Liquidationsraten und Gewinnausschüttungen nicht notwendi­ gerweise einer unterschiedlichen steuerrechtlichen Behandlung bedürfen, wird sich noch als nützlich erweisen. Außerdem ist es sinnvoll, sich zu verdeutlichen, dass der Kern der Fragestel­ lungen in der Bewertung und nicht im Bilanzansatz liegt. Fraglich ist, wie das Abwicklungs-Endvermögen zu bewerten ist, fraglich ist, wie Liquidationsaus­ kehrungen zu behandeln, also: zu bewerten sind, und fraglich ist schließlich, wie Zwischenveranlagungen zu erfolgen haben, mithin: nach welchen Grundsätzen das insofern maßgebliche Vermögen zu bewerten ist. 111.

Grundsätzliche Anwendbarkeit des Maßgeblichkeitsgrundsat­ zes

Es wurde bereits gesagt4 1 , dass wegen der Gewerblichkeitsfiktion des § 8 Abs. 1 KStG alle Körperschaftsteuersubj ekte, die in den Anwendungsbereich des § 1 1 KStG fallen, Gewinneinkünfte gern. § 2 Abs . 2 S . 1 Nr. 1 EStG erzie­ len. Jedenfalls für den Bereich der laufenden steuerlichen Gewinnermittlung gilt für alle inländischen Gesellschaftsformen auch der Maßgeblichkeitsgrund­ satz: Für die Kapitalgesellschaften und Genossenschaften folgt das daraus, dass sie Formkaufleute sind (§ 3 Abs. 1 AktG, für die KGaA i.V.m. § 278 Abs . 3 AktG; § 1 3 Abs. 3 GmbHG; § 1 7 Abs. 2 GenG) und deshalb wegen § 23 8 HGB buchführungspflichtig im Sinne des § 5 Abs. 1 EStG sind. Für Versiche­ rungs- und Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit gilt dies im Ergebnis e­ benfalls, weil sie über den Verweis in § 1 6 VAG, im Fall von Pensionsfonds­ vereinen i.v.m. § 1 1 3 VAG, zur Aufstellung von Jahresabschlüssen nach HGB­ Grundsätzen verpflichtet sind, wobei § § 34 1 ff. HGB bestimmte Sonderregeln trifft. Die SE ist schließlich j edenfalls dann Formkaufmann, wenn sie in Deutschland gegründet worden ist, weil gern. Art. 6 1 SE-Va insoweit das Ak­ tienrecht gilt. Im Fall einer nicht in Deutschland gegründeten SE, die aber durch Sitzverlegung in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig geworden ist, gilt das, �as im Folgenden für Gesellschaften mit ausländischer Rechtsform erörtert wird, die ebenfalls von § 1 1 KStG erfasst werden. 42 Sind solche Gesellschaften in Deutschland unbeschränkt körperschaftsteuer­ pflichtig, liegen die Dinge nämlich nicht ganz so einfach. Auch sie erzielen

40 Dass während der Liquidation Vorabausschüttungen in der Regel gesellschaftsrechtlich unzulässig sein werden, ändert wegen § 40 AO an ihrer steuerrechtlichen Einordnung und Behandlung nichts. 41 Oben S. 42. 42 Zum persönlichen Anwendungsbereich oben S. 25 ff.

1 08

Abwicklungs-Anfangsvermögen

zwar gern. § 8 Abs. 2 KStG gewerbliche Einkünfte, es ist aber fraglich, ob sie einer Buchflihrungspflicht im Sinne von § 5 Abs. 1 EStG unterliegen. Nach h.M. sind ausländische Gesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im In­ land nämlich nicht von der (inländischen) handelsrechtlichen Buchfiihrungs­ pflicht erfasst. 43 Folgt man dem, bleiben noch die § § 1 40, 1 4 1 AO. § 1 4 1 AO hilft allerdings nur in den Fällen, in denen mehr als 500.000 Euro Umsatz oder 50 .000 Euro Gewinn erzielt werden. § 1 40 AO hingegen setzt seinerseits eine Buchführungspflicht voraus und macht dadurch außersteuerliche Buchfiih­ rungspflichten steuerlich nutzbar. Fraglich und umstritten ist allerdings, ob § 1 40 AO sich auch auf ausländische Buchflihrungspflichten bezieht. 44 Dafiir wird angeführt, dass der Wortlaut des § 1 40 AO insofern nicht beschränkt sei und dies dem Zweck der Vorschrift entspreche, möglichst zahlreiche außer­ steuerliche Buchführungspflichten im Steuerrecht nutzbar zu machen. 45 Letzt­ lich wiegt aber das wesentliche Gegenargument schwerer, dass es nämlich dem deutschen Gesetzgeber kaum unterstellt werden kann, undifferenziert und ohne weitere Voraussetzungen ausländische Buchfiihrungspflichten zu übernehmen, bei denen zweifelhaft sein kann, ob sie deutschen Anforderungen an das Gesetz - Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip - in formeller und in­ haltlicher Hinsicht genügen. 46 Für ausländische Gesellschaften, die in Deutschland der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen, gilt damit, wenn sie die Grenzen des § 1 4 1 AO nicht erreichen und auch nicht freiwillig Bücher fiihren, dass sie ihre Einkünfte nicht nach § 5 EStG ermitteln müssen. Viel­ mehr ermitteln sie ihren Gewinn entweder durch einfachen Betriebsvermö­ gensvergleich gern. § 4 Abs. 1 EStG oder durch Einnahmenüberschussrech­ nung gern. § 4 Abs. 3 EStG. Im Folgenden wird der Einfachheit halber davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 5 Abs . 1 EStG erfii l lt sind, der Maßgeblichkeitsgrundsatz also anzuwenden ist. 4 7

c.

Abwicklungs-Anfangsvermögen

I.

Ü berblick und Ermittlung

Das Abwicklungs-Anfangsvermögen ist definiert als das Betriebsvermögen, das am Schluss des Wirtschaftsj ahres, das der Auflösung vorangegangen ist, der Besteuerung zugrunde gelegen hat, § 1 1 Abs. 4 S . 1 KStG. Durch die An­ knüpfung an das letzte steuerlich relevante Betriebsvermögen vor der Auflö43 Westhoff in HirtelBücker, Grenzüberschreitende Gesellschaften2 , S. 6 1 6 ff. ; Wachter, FR 2006, S . 393 ff. (S. 3 94 f.). 44 Dafür z.B . Drüen in TipkelKruse, AO, § 1 40 Rn. 7 ; dagegen z.B . Görke in HübschmannlHepp/Spitaler, AO, § 1 40 Rn. 1 1 . 45 Drüen in TipkelKruse, AO, § 1 40 Rn. 7. 46 Görke in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 1 40 Rn. 1 1 . 47 Siehe aber zur Problemlage bei Einnahmenüberschussrechnung und deshalb "fehlen­ dem" Abwicklungs-Anfangsvermögen unten S. 1 1 5 ff.

1 09

Gewinnermittlung

sung ist die Verbindung zwischen der laufenden Besteuerung und der Abwick­ lungsbesteuerung gewährleistet; insbesondere können durch den Übergang in die Liquidationsphase keine stillen Reserven der Besteuerung entgehen. Folgende Korrekturen sind noch vorzunehmen: Gern. § 1 1 Abs. 4 S . 3 KStG ist das Abwicklungs-Anfangsvermögen um den Gewinn zu kürzen, der im Abwicklungszeitraum ausgeschüttet wird, aber aus einem Wirtschaftsj ahr vor der Auflösung stammt; selbstverständlich kann sich dadurch ein positives Ab­ wicklungs-Anfangsvermögen auch in ein negatives Vermögen wandeln48 Würden diese Gewinne nicht abgezogen ( oder dem Abwicklungs­ Endvermögen hinzugerechnet), minderten sie den Abwicklungsgewinn. Da sie aber nicht betrieblich, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind, würden sie dann den Abwicklungsgewinn verfälschen. Das durch § 1 1 Abs. 4 S . 3 KStG herbeigefiihrte Ergebnis würde ohne diese Vorschrift aller­ dings bereits aufgrund der allgemeinen Regeln gelten, nämlich wegen § 8 Abs. 3 S . 1 KStG, der eine Hinzurechnung solcher offenen Gewinnausschüt­ tungen zum Einkommen der Kapitalgesellschaft herbeiführen würde. 49 Der Regelung sgehalt des § 1 1 Abs. 4 S. 3 KStG beschränkt sich mithin darauf, ei­ nen Abzug vom Abwicklungs-Anfangsvermögen vorzunehmen und keine Hinzurechnung zum steuerpflichtigen Einkommen während der Liquidation. 50 Im Übrigen ist noch darauf hinzuweisen, dass diese Regelung nur gilt, wenn die Ansprüche der Gesellschafter gegen die Gesellschaft auf Gewinnauszah­ lung sich noch nicht zu Gesellschaftsverbindlichkeiten verselbständigt haben, was allein dann möglich ist, wenn die Beschlussfassung nach der Auflösung erfolgt. 5 1 Anderenfalls ist aufgrund von § 8 Abs . 3 S . 1 KStG bereits eine ent­ sprechende Korrektur im Wirtschaftsj ahr des Auflösungsbeschlusses vorge­ nommen worden. Es stellt sich daher die Frage, ob es angesichts des Vermö­ gensverteilungsverbots gern. § 272 Abs . 1 AktG, § 73 Abs. 1 GmbHG für die Vorschrift des § 1 1 Abs. 4 S . 3 KStG überhaupt Anwendungsfälle gibt. Zwar ist ein Gewinnverteilungsbeschluss auch noch nach Auflösung fiir ein Ge­ schäftsj ahr vor Auflösung möglich. 52 Allerdings ist nach inzwischen wohl weit überwiegender Auffassung53 eine Auszahlung nur unter Beachtung der liquida­ sodass möglich, tionsspezifischen Gläubigerschutzvorschriften Gewinnauszahlungen während der Abwicklung, wie von § 1 1 Abs. 4 S . 3 48 Thiel, AG 1 960, S . 270 ff. (S. 27 1 f.). 49 Mieker in Hemnann/HeuerlRaupach, KStG; § 1 1 Rn. 52; Thiel, AG 1 960, S . 270 ff. (S . 272). 5 0 Ebenso Lenz in Erle/Sauter, KStG3 , § 1 1 Rn. 5 5 ; Mieker in Hemnann/HeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 52, der die Vorschrift als Vereinfachungsvorschrift ansieht. Zur rechtspo­ litischen Kritik an dieser Regelung unten S. 1 85 f. 5 1 Dies wird vorausgesetzt von Lambreeht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 66. 52 Paura in Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG, § 69 Rn. 3 3 . 53 Z.B. K Schmidt i n Scholz, GmbHG IO , § 6 9 Rn . 2 8 ; GoerdelerlMüller in Hachenburg, GmbHG8 , § 29 Rn 99; a.M. noch GoerdelerlMüller in Hachenburg, GmbHG7 , § 29 Rn. 93 .

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Abwicklungs-Anfangsvermögen

zahlungen während der Abwicklung, wie von § 1 1 Abs. 4 S . 3 KStG gefordert, regelmäßig 54 nicht ordnungsgemäß erfolgen können. Allerdings fallen Ge­ winnausschüttungen unabhängig davon in den Anwendungsbereich des § 1 1 Abs. 4 S . 3 KStG, ob sie ordnungsgemäß erfolgt sind. 55 Schließlich werden Gewinnausschüttungen auch dann von dieser Vorschrift erfasst, wenn sie erst im Rahmen der Vermögensverteilung übertragen werden. Zwar ist der Wort­ laut insoweit nicht eindeutig, weil zweifelhaft ist, ob die Vermögensverteilung noch in den Abwicklungszeitraum einzubeziehen ist. 56 Ungeachtet dessen spricht aber die Zielrichtung der Regelung dafür, auch insoweit eine Berück­ sichtigung im Abwicklungs-Anfangsvermögen vorzunehmen. Es ist auch nicht ersichtlich, warum man die Anwendung des § 1 1 Abs. 4 S . 3 KStG dadurch verkomplizieren sollte, dass man eine Aufteilung der Berücksichtung zwi­ schen Abwicklungs-Anfangsvermögen und -Endvermögen vornimmt. Damit gilt also, dass § 1 1 Abs. 4 S . 3 KStG unabhängig davon anzuwenden ist, ob entsprechende Gewinnausschüttungen gesellschaftsrechtlich ordnungsgemäß sind und wann sie erfolgen. 11.

Rumpfwirtschaftsj ahr

Umstritten ist, ob für den Zeitraum zwischen der Auflösung und dem vorange­ gangenen Stichtag ein Rumpfvvirtschaftsj ahr zu bilden ist, wenn, wie es meist der Fall sein wird, die Gesellschaft während eines Wirtschaftsj ahres aufgelöst wird. Die Parallelfrage im Handelsbilanzrecht ist oben bereits in dem Sinne beantwortet worden, dass ein Rumpfgeschäftsj ahr zwingend zu bilden ist. 5 7 Nach ständiger Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs 58 und anfangs auch des Bundesfinanzhofs 59 war der Zeitraum vor der Auflösung in den Abwicklungs­ zeitraum einzubeziehen. Der Reichsfinanzhof folgerte dies aus dem Wortlaut des § 1 1 Abs. 4 S . 1 KStG, indem er das letzte Betriebsvermögen, das vor Auf54 Es sei denn, das Sperrj ahr ist bereits abgelaufen. Da dann aber ohnehin mit der Vermö­ gensverteilung begonnen werden kann, bringt eine Gewinnausschüttung neben der Auskehr des Liquidationsüberschusses regelmäßig keinen Vorteil gegenüber einer aus­ schließlichen Übertragung im Rahmen der Vermögensverteilung. Unterschiede sind wohl nur dann denkbar, wenn - was kaum einmal der Fall sein dürfte - unterschiedliche Quo­ ten für Gewinnausschüttungen und Liquidationsraten im Gesellschaftsvertrag vereinbart sind; ähnlich Paura in UlmerlHabersack/Winter, GmbHG, § 69 Rn. 3 3 . 5 5 Dass trotz gesellschaftsrechtlicher Unzulässigkeit der Gewinnausschüttung § 1 1 Abs. 4 S . 3 KStG einschlägig ist, ergibt sich aus § 40 AO, siehe nur BFH B StBl. II 1 974, S . 1 4 f. (S. 1 5); Micker in Herrmann/HeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 52. 5 6 Dazu im Zusammenhang mit dem Aufstellungszeitpunkt des Abwicklungs­ Endvermögens unten S . 1 40 ff. 57 Oben S . 1 00 ff. 5 8 RFH v. 26.09 . 1 939, I 422/3 8, RStBl. 1 940, S . 34 f. ; RFH v. 24 . 1 1 . 1 944, I 4/44, RStBl . 1 944, S . 7 0 0 f. 59 Implizit vorausgesetzt in BFH v. 28.06 . 1 960, I 223/59 U, B StBl. III 1 960, S . 3 9 1 f.

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Gewinnermittlung

lösung der Besteuerung zugrunde gelegen hat, als dasj enige ansah, das am Schluss des letzten vollen Wirtschaftsj ahres veranlagt wurde.60 In der Folge­ entscheidung bestätigte der Reichsfinanzhof6 1 diese Auffassung unter Hinweis auf § 1 EStDV 1 93 5 und § 1 EStDV 1 94 1 , die rur bestimmte Fälle die Bildung eines Rumpfwirtschaftsj ahres regelten. Der Reichsfinanzhof sah diese Vor­ schrift insoweit als abschließend an, sodass - da die Liquidation in dieser Auf­ zählung nicht enthalten war - aus Anlass der Auflösung kein Rumpfwirt­ schaftsj ahr gebildet werden konnte. Der Bundesfinanzhof folgte zunächst die­ ser Auffassung, indem er sie einer Entscheidung aus dem Jahr 1 960 implizit zugrunde legte. 62 In der Folge hat der Bundesfinanzhof diese Rechtsprechung allerdings aufge­ geben und verlangt nunmehr zwingend die Bildung eines Rumpfwirtschafts­ j ahres.63 Dabei stellte der Bundesfinanzhof zunächst klar, dass der Wortlaut des § 1 1 Abs. 4 S . 1 KStG nicht auf ein abgeschlossenes Wirtschaftsj ahr ab­ stellt und somit der Bildung eines Rumpfwirtschaftsj ahres nicht entgegensteht. Sodann wich der Bundesfinanzhof von der Begründung des Reichsfinanzhofs insoweit ab, als er die Auflistung in § 1 EStDV rur nicht abschließend hielt. Er folgerte dann die Notwendigkeit eines Rumpfwirtschaftsj ahres aus der Ver­ pflichtung im Handelsbilanzrecht, ein Rumpfgeschäftsj ahr zu bilden; dieses sei steuerrechtlich verbindlich, sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Die Finanzverwaltung gewährt rur das Steuerbilanzrecht ein Wahlrecht, R 5 1 Abs. 1 S . 2 KStR 2004 . Folgt man dem, obliegt dem Steuerpflichti g en die Ent­ scheidung darüber, ob der Zeitraum des laufenden Wirtschaftsj ahres, soweit er zeitlich vor dem Auflösungsbeschluss liegt, in den Abwicklungszeitraum des § 1 1 KStG einbezogen werden soll. Damit entstehen dem Steuerpflichtigen gewisse Gestaltungsmöglichkeiten, etwa im Hinblick auf Verlustverrech­ nungsmöglichkeiten. In der Literatur wird zumeist darauf hingewiesen, dass es rur das von der Finanzverwaltung gewährte Wahlrecht keine Rechtsgrundlage g ebe.64 Dennoch wird es von einigen aus Zweckmäßigkeitserwägungen be­ grüßt6 5 , während es von anderen abgelehnt wird66• Teilweise wird es auch als sachliche Billigkeitsregelung und damit als Selbstbindung der Finanzverwal-

RFH v. 26.09 . 1 93 9, 1 422/3 8, RStBl. 1 940, S. 34 f. ( S . 3 4). RFH v. 24. 1 1 . 1 944, 1 4/44, RStBl. 1 944, S . 700 f. BFH v. 2 8 .06 . 1 960, I 223/59 U, B StBl. III, S . 3 9 1 f. B FH v. 1 7.07 . 1 974, I R 23317 1 , B StBl. II 1 974, S . 692 ff. (insbesondere S . 693 ). Hofmeister in B lümich, KStG, § 1 1 Rn. 38; Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 3 3 ; Lenz i n Erle/Sauter, KStG3 , § 1 1 Rn . 29; Holland i n Ernst & Young, KStG, § 1 1 Rn. 34; Frotscher in FrotscherlMaas, KStG, § 1 1 Rn. 28. 65 Hofmeister in Blümich, KStG, § 1 1 Rn. 38; Holland in Ernst & Young, KStG, § 1 1 Rn. 34. 66 Graffe in Dötsch/JostIPung/Witt, KStG, § 1 1 Rn. 20; wohl auch Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 33 ("fragwürdig").

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Abwicklungs-Anfangsvermögen

tung angesehen.67 Vertreten wird auch, dass das Wahlrecht vom Steuerpflichti­ gen nicht ausgeübt werden könne, da das handelsrechtlich zwingend zu bil­ dende Rumpfgeschäftsj ahr steuerlich zu berücksichtigen sei.6 8 M.E. ist die Frage folgendermaßen zu beantworten: Zunächst ist festzustellen, dass der Wortlaut des § 1 1 Abs . 4 S. 1 KStG insofern offen ist, als dort nur von dem Betriebsvermögen gesprochen wird, das in dem der Auflösung vorange­ gangenen Wirtschaftsj ahr der Veranlagung zugrunde gelegt wurde.69 Mithin regelt § 1 1 KStG nicht, ob ein Rumpfwirtschaftsj ahr zu bilden ist. Vielmehr folgt aus der Vorschrift nur, dass für den Fall, dass ein solches Rumpfwirt­ schaftsj ahr gebildet wird, das entsprechende Betriebsvermögen anzusetzen ist. Falls hingegen kein Rumpfwirtschaftsj ahr gebildet wird, ist das Betriebsver­ mögen des letzten vollen Wirtschaftsj ahres anzusetzen. Die Frage nach dem Rumpfwirtschaftsj ahr ist deshalb nach allgemeinen Grundsätzen zu entschei­ den, maßgebliche Vorschrift ist § 7 KStG. Herauszuarbeiten ist somit die all­ gemeine Be gründung dafür, dass Rumpfgeschäftsj ahre steuerrechtlich - als Rumpfwirtschaftsj ahre - anzuerkennen sind. Problematisch ist insofern, dass § 7 Abs. 4 S. 1 KStG auf das Wirtschaftsj ahr abstellt, für das regelmäßig Ab­ schlüsse gemacht werden. Das Rumpfgeschäftsj ahr ist allerdings nicht der re­ guläre Zeitraum, für den der Gewinn ermittelt wird, sondern nur der Ausnah­ mefall. Erstaunlicherweise wird in der Literatur kaum begründet, warum ein Rumpfgeschäftsjahr auch steuerrechtlich beachtlich ist. Das dürfte seine Ursa­ che darin haben, dass das Ergebnis unmittelbar einleuchtet. Zwei Begründungen lassen sich dafür anfuhren, dass das Rumpfgeschäftsj ahr auch steuerlich bedeutsam ist: Einmal lässt sich argumentieren, dass bei einer Umstellung des Bilanzstichtags, deren Möglichkeit § 7 Abs. 4 S . 3 KStG ex­ plizit erwähnt und die der weitaus wichtigste Fall des Rumpfgeschäftsj ahres sein dürfte, zwingend ein Rumpfgeschäftsj ahr gebildet werden muss . Denn die Umstellung erfordert eben ein Wirtschaftsj ahr, das nicht der regulären Dauer von zwölf Monaten entspricht, sodass seine steuerliche Wirksamkeit von § 7 KStG vorausgesetzt wird. Das Rumpfwirtschaftsj ahr wäre dann als Zwischen­ schritt zur Erfüllung des § 7 Abs. 4 S . 1 KStG anzusehen, weil es erst ermög­ licht, die nunmehr regelmäßigen handelsrechtlichen Abschlüsse auf den neuen Bilanzstichtag steuerlich zu berücksichtigen.7 0 Folgt man dem, wäre die steu­ erliche Berücksichtigung von Rumpfgeschäftsjahren durch die Systematik des § 7 Abs. 4 KStG (nur) dann bedingt, wenn nach dem Rumpfwirtschaftsj ahr der Stichtag der nunmehr regelmäßigen handelsrechtlichen Abschlüsse gern. § 7 67 Lenz in Erle/Sauter, KStG3 , § 1 1 Rn. 29; Graffe in Dötsch/JostiPungiWitt, KStG, § 1 1 Rn. 20; Jünger, BB 200 1 , S . 69 ff. (S. 69). 68 Olbrich, DStR 200 1 , S. 1 090 ff. (S. 1 09 1 f.). 69 Ä hnlich BFH v. 1 7.07. 1 974, I R 223/7 1 , B StBl. II 1 974, S . 692 ff. (S . 603 ) . 70 I n diese Richtung Suchanek i n Herrmann/Heuer/Raupach, KStG, § 7 Rn. 28 (Stichwort: "Regelmäßige Abschlüsse").

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Gewinnermittlung

Abs . 4 S . 1 KStG der steuerlichen Gewinnermittlung zugrunde gelegt wird. Zweitens kann man auch darauf abstellen, dass der Begriff des Abschlusses in § 7 Abs. 4 S . 1 KStG nicht zeitraumbezogen zu verstehen ist, sondern stich­ tagsbezogen. Dann wäre der Abschluss am Ende des Rumpfgeschäftsj ahres der erste regelmäßige Abschluss im Sinne des § 7 Abs . 4 S . 1 KStG, sodass die Bildung eines Rumpfwirtschaftsj ahres schon aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 4 S . 1 KStG folgen würde. Gegen die erste Ansicht lässt sich anführen, dass sie nur für den Fall der steu­ erlich wirksamen Umstellung des Bilanzstichtags hilft, nicht j edoch im hier vorliegenden Fall. Gegen den zweiten Begründungsansatz lässt sich einwen­ den, dass er möglicherweise die Grenze des Wortlauts überschreitet, weil die Formulierung des Wirtschaftsj ahres, für das regelmäßig Abschlüsse aufgestellt werden, eher für ein zeitraumbezogenes Verständnis des Abschlusses spricht. Für diese Ansicht spricht j edoch, dass sie die steuerliche Berücksichtigung von Rumpfgeschäftsj ahren direkt aus § 7 KStG ableiten kann und nicht - wie die Gegenansicht - nur mittelbar aufgrund des Arguments, dass Rumpfgeschäfts­ j ahre auch steuerlich berücksichtigt werden müssen, weil sonst Handels- und Steuerbilanz dauerhaft auseinanderfallen würden. Zudem lässt sich auch das Gegenargument entkräften, dass der Begriff des Abschlusses in § 7 Abs . 4 S . 1 KStG zeitraumbezogen verwendet wird. Denn auch wenn ein handelsrechtli­ cher Abschluss Elemente enthält, die sich auf das Geschäftsjahr beziehen (ins­ besondere die Gewinn- und Verlustrechnung), so ist die Handelsbilanz, die für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich ist, in erster Linie stichtagsbe­ zogen, sodass eine solche Deutung des § 7 Abs . 4 S . 1 KStG vom Wortlaut ge­ deckt ist. Für diesen Begründungsansatz lässt sich schließlich auch anführen, dass sich durch ihn das Rumpfwirtschaftsj ahr vor der Auflösung leicht erklä­ ren lässt, weil handelsrechtlich ein neuer regelmäßiger Bilanzstichtag entsteht, der steuerrechtlich solange Geltung hat, wie keine vorrangige Vorschrift, hier also § 1 1 KStG, eingreift. Dies ist auch kein Argument, dem entgegengehalten werden könnte, dass es eine bestimmte Auslegung mit dem Ergebnis begrün­ den würde : Denn das gefundene Ergebnis entspricht dem Grundgedanken des § 7 Abs. 4 KStG, handels- und steuerrechtliche Gewinnermittlung möglichst weitgehend parallel laufen zu lassen, indem in beiden Fällen derselbe Zeit­ raum den Gewinnermittlungszeitraum bildet. Es ist deshalb festzuhalten, dass bei steuerwirksamer Umstellung des Bilanzstichtags auch schon das Rumpfge­ schäftsj ahr in unmittelbarer Anwendung des § 7 Abs. 4 S . 1 KStG steuerlich anzuerkennen ist, weil der handelsrechtliche Abschluss auf das Ende des Rumpfj ahres der erste nunmehr regelmäßige Abschluss ist. Mithin gilt: Es ist zwingend ein Rumpfwirtschaftsj ahr zu bilden. Somit ist als Abwicklungs-Anfangsvermögen vom veranlagten B etriebsvermögen zum Schluss des Rumpfwirtschaftsj ahres auszugehen. Das Wahlrecht, das von der Finanzverwaltung gewährt wird, hat keine gesetzliche Grundlage und ist des-

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Abwicklungs-Anfangsvermögen

halb auch nicht aus Vereinfachungs- oder Steuerspargründen 7 1 zu begrüßen. Es ist vor dem Hintergrund des Grundsatzes gleichmäßiger Besteuerung nämlich äußerst fragwürdig, den Steuerpflichtigen ohne gesetzliche Grundlage vor die Wahl zu stellen, wann der Abwicklungszeitraum beginnt. Zudem ist auch für die Auffassung kein Raum, die in dem von der Finanzverwaltung gewährten Wahlrecht eine sachliche Billigkeitsregelung sieht, die eine Selbstbindung der Verwaltung zur Folge hat. 72 Denn eine derartige Regelung kommt nur auf­ grund von § 1 63 AO oder § 227 AO in Betracht. 7 3 Hierzu ist allerdings zu sa­ gen, dass eine allgemeine Billigkeitsregelung dem Grundgedanken der § § 1 63 , 227 AO widerspricht, die eine vom Gesetz abweichende Besteuerung dann vorsehen, wenn die Anwendung der Steuergesetze im Einzelfall zu Unbillig­ keiten fUhren würde. 74 Dies ist bei dem von der Finanzverwaltung gewährten Wahlrecht gerade nicht der Fall, da es in allen von § 1 1 KStG erfassten Fällen unabhängig vom Einzelfall gewährt wird. Im Übrigen ist auch kein Grund er­ sichtlich, warum die zwingende Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres gene­ rell unbillig sein sollte. Ein solcher ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass die Einbeziehung des Rumpfwirtschaftsj ahres in bestimmten Fällen zu einer verbesserten Verlustberücksichtigung fUhrt, weil der Gesetzgeber die Verlustverrechnung durch den einheitlichen Besteuerungszeitraum fUr himei­ chend erweitert ansieht. 7 5

III.

Sonderfalle

1.

§ 11 Abs. 4 S. 2 KStG: Keine Veranlagung im Zeitraum vor der Auflösung

Für den Fall, dass eine Veranlagung fUr den der Auflösung vorangegangenen Veranlagungszeitraum nicht stattgefunden hat, ist als Abwicklungs­ Anfangsvermögen das Vermögen anzusetzen, das sich nach den all g emeinen steuerrechtlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben hätte, § 1 1 Abs . 4 S . 2 KStG. Hierzu ist zunächst zu sagen, dass statt Veranlagungszeit­ raum wohl das Wirtschaftsj ahr gemeint ist. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass § 1 1 Abs. 4 S. 1 KStG, auf den sich § 1 1 Abs . 4 S. 2 KStG bezieht, vom Wirtschaftsj ahr spricht. Zudem kann auch inhaltlich der Veranlagungszeitraum nicht gemeint sein; vielmehr kann nur an den Fall gedacht sein, dass fUr den 7 1 So aber Holland in Ernst & Young, KStG, § 1 1 Rn. 34. 72 Lenz in Erle/Sauter, KStG3 , § 1 1 Rn. 29; Graffe in Dötsch/JostIPung/Witt, KStG, § 1 1 Rn. 20; Jünger, BB 200 1 , S . 69 ff. (S. 69). 73 Wobei es - abgesehen davon, dass die Voraussetzungen, wie gleich gezeigt wird, nicht vorliegen - Zumindest auch zweifelhaft erscheint, wie man angesichts des Wortlauts der § § 1 63 , 227 AO zu der Rechtsfolge kommt, das Rumpfwirtschaftsjahr in den Abwick­ lungszeitraum einzubeziehen. 74 Vgl. nur Loose in TipkelKruse, AO, § 227 Rn. 3 f. 75 A.A. Micker in Herrmann/HeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn . 25 a.E.

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Gewinnermittlung

unmittelbar vorangegangenen Abschlussstichtag keine Veranlagung stattge­ funden hat. Diese muss allerdings nicht zwingend in den vorangegangenen Veranlagungszeitraum fallen, sondern kann - wegen der Bildung eines Rumpfwirtschaftsj ahres aufgrund der Auflösung, aber genauso aufgrund ande­ rer Umstände - auch in denselben Veranlagungszeitraum fallen. Dies liegt dar­ an, dass der Veranlagungszeitraum sich auch im Fall eines vom Kalenderj ahr abweichenden Wirtschaftsj ahres oder eines Rumpfwirtschaftsj ahres auf das Kalenderj ahr bezieht. Deshalb ist davon auszugehen, dass bei fehlender Veran­ lagung fiir das der Auflösung vorangegangene Wirtschaftsj ahr als Ab­ wicklungs-Anfangsvermögen das Vermögen anzusetzen ist, das sich nach den allgemeinen Vorschriften über die Gewinnermittlung ergibt; mithin also das Vermögen, das bei einer Veranlagung dem Betriebsvermögensvergleich zugrunde gelegt worden wäre. Selbstverständlich ist auch hier noch die Kor­ rektur gern. § 1 1 Abs. 4 S . 3 KStG - Kürzung wegen Gewinnausschüttung vorzunehmen. 7 6 Auf den ersten Blick sind allerdings nur wenige Fälle denkbar, in denen die Vorschrift zur Anwendung kommen kann. Wegen § I Od EStG ist auch bei Erzielung von Verlusten in aller Regel eine Veranlagung notwendig. 77 Zwei Anwendungsfälle erscheinen denkbar: Zum einen kann gern. § 1 56 AO wegen Geringfiig igkeit oder offensichtlicher Uneinbringlichkeit von der Ver­ anlagung abgesehen worden sein. 7 8 Zum anderen ist - zumindest theoretisch denkbar, dass eine Veranlagung wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist nicht mehr erfolgen kann, gleichzeitig aber eine Veranlagung fiir den Liquidations­ zeitraum noch möglich ist. 7 9 Ein weiterer Anwendungsfall, der tatsächlich nicht selten vorkommen wird, ist allerdings dann gegeben, wenn die aufgelöste Kapitalgesellschaft ihren Ge­ winn mittels Einnahmenüberschussrechnung gern. § 4 Abs . 3 EStG ermittelt. Wie bereits gezeigt wurde, ist dies bei Gesellschaften ausländischer Rechts­ form denkbar, die in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sind und die Grenzen des § 1 4 1 AO (500.000 Euro Umsatz oder 5 0.000 Euro Gewinn) nicht überschreiten. § 1 1 KStG trifft zu diesem Problem - das sich daraus er­ gibt, dass § 1 1 KStG unmittelbar auf die Einnahmenüberschussrechnung nicht passt - schon deshalb keine ausdrückliche Regelung, weil es erst durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs 80 zur Niederlassung sfreiheit entstanden ist; vorher konnten Gesellschaften ausländischer Rechtsfoqn in Deutschland kaum unbeschränkt steuerpflichtig sein. Zur Bewältigung des Problems sind zwei Ansätze denkbar: Entweder man passt die Gewinnermitt76 Ebenso Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 60. 77 Ebenso Micker in HerrmannlHeuer/Raupach, KStG, § 1 1 Rn. 5 1 . 78 Dieser Fall wird in der Literatur häufig genannt, z.B . von Lenz in Erle/Sauter, KStG3 , § 1 1 Rn. 5 3 . 7 9 Wohl nur genannt von Micker i n HerrmannlHeuer/Raupach, KStG, § 1 1 Rn. 5 1 . 80 Insbesondere EuGH v. 09.03 . 1 999, C-2 1 2/97, S lg. 1 999, 1- 1 459 (Centros); zum Ganzen z.B. HennrichslPäschkelvon der LaagelKlavina, WM 2009, S. 2009 ff.

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Abwicklungs-Anfangsvermögen

lung des § 1 1 KStG so an, dass auch der Abwicklungsgewinn durch Einnah­ menüberschussrechung ermittelt wird, was allerdings eine erhebliche Abkehr von den Regelungen des § 1 1 Abs . 2 bis 5 KStG bedeuten würde, oder man geht davon aus, dass durch die Auflösung ein Wechsel der Gewinnermitt­ lungsart zwingend erforderlich wird. Beide Alternativen bringen Probleme mit sich. Im ersten Fall müsste man eine ziemlich umfangreiche Anpassung der Gewinnermittlung vornehmen, die zweite Alternative bedeutet fiir den Steuer­ pflichtigen einen verhältnismäßig hohen Aufwand. Dennoch ist letzterem An­ satz der Vorzug zu geben, und zwar aus folgenden Gründen: Zunächst ist fest­ zustellen, dass sich diese Lösung im Wortlaut des § 1 1 Abs . 4 S . 2 KStG ver­ ankern lässt und auch größtmögliche Konformität mit den Regelungen des § 1 1 KStG gewährleistet. Es kommt hinzu, dass sich der andere Ansatz kaum mit dem Gesetz begründen lässt: Wollte man nämlich die Ermittlung des Li­ quidationsgewinns durch Vermögensvergleich aushebeln, müsste man konse­ quenterweise - unter . Beibehaltung des einheitlichen B esteuerungszeitraums ergänzend auf § 1 6 EStG zurückgreifen. 8 1 Aber auch dann wäre ein Wechsel der Gewinnermittlungsart wegen § 1 6 Abs. 2 S. 2 EStG zwingend vorge­ schrieben. 82 Im Übrigen lässt sich aus der Rechtslage im Einkommensteuer­ recht immerhin ableiten, dass der Gesetzgeber es grundsätzlich für zumutbar hält, dass der Steuerpflichtige zur korrekten Ermittlung des Abwicklungs- bzw. Aufgabegewinns einen Wechsel der Gewinnermittlungsart durchfiihrt. Schließlich bietet dieser Ansatz auch den Vorteil, dass sich zwanglos die Grundsätze, die fiir den Wechsel der Gewinnermittlungsart8 3 gelten, überneh­ men lassen und auf diese Weise die Erfassung des richtigen Totalgewinns si­ chergestellt ist. Angesichts dieser Argumente und insbesondere aufgrund der Gesetzgebungsgeschichte ist deshalb § 1 1 Abs. 4 S . 2 KStG auf diesen Fall anzuwenden, auch wenn der Wortlaut dieser Vorschrift den Fall insoweit nicht trifft, als dort von einer nicht erfolgten Veranlagung insgesamt die Rede ist. Im Ergebnis ist deshalb fiir den hier erörterten Fall davon auszugehen, dass zwin­ gend ein Wechsel der Gewinnermittlungsart nach allgemeinen Grundsätzen vorzunehmen ist. 2.

§ 11 Abs. 5 KStG: Fehlendes Betriebsvermögen

§ 1 1 Abs. 5 KStG regelt den Fall, dass ein Betriebsvermögen am Schluss des vorang egangenen Veranlagungszeitraums nicht vorhanden war: Dann ist die Summe der später geleisteten Einlagen als Abwicklungs-Anfangsvermögen anzusetzen. Festzuhalten ist auch hier, dass der Wortlaut der Vorschrift inso8 1 Zur ergänzenden Anwendbarkeit des § 1 6 EStG in Fällen des § 1 1 KStG oben S . 23 ff. 82 Ständige Rechtsprechung, z.B. BFH v. 23 . 1 1 . 1 96 1 , IV 98/60 S, B StBl. III 1 962, S . 1 99 ff. (S. 200); BFH v. 1 3 . 1 2 . 1 979, IV R 69/74, B StBl. II 1 980, S . 239 ff. (S. 24 1 ); aus der Literatur z.B. Kobor in Herrrn annlHeuerlRaupach, EStG, § 1 6 Rn. 3 3 7 . 8 3 Zur Vorgehensweise bei Wechsel der Gewinnermittlungsart Fin.Verw. R 4 . 6 EStR mit Anhang; siehe dazu auch den Überblick von Wied in Blümich, EStG, § 4 Rn. 2 3 5 ff.

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Gewinnermittlung

weit missverständlich ist, als er vom Schluss des vorangegangenen Veranla­ gungszeitraums spricht; richtigerweise wäre auf das Wirtschaftsj ahr abzustel­ len. Im Fall eines vom Kalenderj ahr abweichenden Wirtschaftsj ahres kommt es nämlich auf den Schluss des Wirtschaftsj ahres an und nicht auf den Schluss des Veranlagungszeitraums, der auch bei vom Kalenderj ahr abweichendem Wirtschaftsjahr dem Kalenderj ahr entspricht, § 3 1 Abs. 1 S . 1 KStG i.Y.m. § 25 Abs. 1 EStG. 84 Nach vielen Stimmen in der Literatur ist § 1 1 Abs. 5 KStG dann anwendbar, wenn eine Kapitalgesellschaft im ersten Jahr ihres Bestehens aufgelöst wird. 85 Indes ist auch dann diese Vorschrift nicht einschlägig, da steuerrechtlich wie auch handelsrechtlich zwingend ein Rumpfwirtschaftsj ahr rur den Zeitraum zwischen Gründung und Auflösung zu bilden ist, das zu ei­ nem veranlagten Betriebsvermögen ruhrt. Nur wenn man es rur möglich hält, dass kein Rumpfwirtschaftsj ahr gebildet wird, ist insofern ein Anwendungsfall des § 1 1 Abs. 5 KStG denkbar. 86 Sofern man der zutreffenden Gegenauffas­ sung folgt, erweist sich § 1 1 Abs . 5 KStG deshalb als überflüssig.

IV.

Fehler in der Schlussbilanz

Fraglich ist, wie sich Fehler in der letzten Bilanz vor Auflösung der Kapitalge­ sellschaft auswirken. Für die Besteuerung des (Rumpf)Wirtschaftsj ahres vor Auflösung gelten die allgemeinen Regeln, also insbesondere § 4 Abs . 2 EStG. Stellt sich heraus, dass die Schlussbilanz fehlerhaft war, kommt es darauf an, ob diese noch geändert werden kann. Ist dies der Fall, ergeben sich keine wei­ teren Probleme: Die geänderte Bilanz wird sowohl der Besteuerung im letzten Wirtschaftsj ahr vor Auflösung also auch der Liquidationsbesteuerung zugrun­ de gelegt. Problematisch ist nur der Fall, dass eine Änderung der Besteuerung für das letzte Wirtschaftsj ahr vor Auflösung nicht mehr möglich ist, eine Än­ derung der Liquidationsbesteuerung aber schon. Dann stellt sich im Kern die­ selbe Frage, die rur die laufende Besteuerung unter den Begriffen des formel­ len und materiellen Bilanzzusammenhangs diskutiert wird, mithin im Grund­ satz, ob Bilanzierungsfehler, wenn sie im Jahr ihrer Entstehung nicht mehr korrigiert werden können, in der ersten offenen Bilanz korrigiert werden müs­ sen. 8 7 Zum einen wird vertreten, dass Schlussbilanz und Abwicklungs­ Anfangsvermögen immer identisch sein müssen, mithin also Fehler, die in der Schlussbilanz nicht mehr geändert werden können, auch im Abwicklungs-

84 Z.B . Werning in B lümich, KStG, § 3 1 Rn. 1 5 . 8 5 Micker in HerrmannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn . 54; Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 70; Frotscher in FrotscheriMaas, KStG, § 1 1 Rn. 6 5 . 86 Ebenso Micker i n HerrmannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 54; zum Streitstand oben S. 1 1 1 ff. 87 V gl. dazu den Überblick bei Knobbe-Keuk, Bilanz- und Untemehmenssteuerrecht9 , S . 5 7 ff.

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Abwicklungs-Anfangsvermögen

Anfangsvermögen enthalten sein müssen. 88 Diese Fehler gleichen sich durch die mit der Liquidation verbundene Versilberung oder Auskehrung zum ge­ meinen Wert aus. 89 Diese Auffassung entspricht der Auffassung vom formellen Bilanzzus ammenhang. 90 Nach der Gegenauffassung ist eine ergebniswirksame Berichtigung nicht mehr möglich, wenn eine Änderung nach § 4 Abs. 1 EStG nicht mehr möglich iSt. 9 1 Das ist so zu verstehen, dass das Abwicklungs­ Anfangsvermögen sich von der Schlussbilanz unterscheiden kann, wenn diese fehlerhaft war und insoweit die Festsetzungsverj ährung eingetreten ist. Dies entspricht der Ansicht vom materiellen Bilanzzusammenhang. 92 Auch wenn es im Kern um dieselbe Frage geht wie im Rahmen der laufenden Besteuerung, so wird man sie wegen des Wortlauts des § 1 1 Abs. 4 S . 1 KStG doch anders beantworten können. Denn auch wenn man für die laufende Be­ steuerung (richtigerweise ) der Auffassung des materiellen Bilanzzusammen­ hangs folgt, muss für das Abwicklungs-Anfangsvermögen etwas anderes gel­ ten. Durch die Definition des Abwicklungs-Anfangsvermögens als veranlagtes Betriebsvermögen, § 1 1 Abs. 4 S . 1 KStG; hat der Gesetzgeber nämlich eine strikte Bilanzidentität normiert. Da - im Gegensatz zu § 4 Abs. 1 S . 1 EStG ­ nicht auf das Betriebsvermögen an sich, sondern auf das veranlagte Betriebs­ vermögen Bezug genommen wird, lässt sich auch das von den Vertretern des materiellen Bilanzzus ammenhangs vorgebrachte Argument, dass die Vorschrif­ ten zu Verj ährung und Bestandskraft nicht ausgehöhlt werden dürften93 , nicht übertragen. Denn indem gerade auf das veranlagte Betriebsvermögen Bezug genommen wird, ist deutlich gemacht, dass die Verj ährungsvorschriften inso­ weit zurücktreten müssen. Somit gilt also, dass Fehler in der Schlussbilanz, soweit sie nicht mehr gern. § 4 Abs . 2 S . 1 EStG berichtigt werden können, im Abwicklungs-Anfangsvermögen fortzuführen sind.

88 Frotscher in FrotscherlMaas, KStG, § 1 1 Rn. 60; Graffe in Dötsch/JostIPung/Witt, KStG, § 1 1 Rn. 3 0 ; Olgemöller in Streck, KSt07 , Rn. 1 8 ; Holland in Ernst & Young, KStG, § 1 1 Rn. 44 . 89 Im Ergebnis offenbar ähnlich Lambrecht in Gosch, KSt02 , § 1 1 Rn. 6 1 . 90 Die Lehre vom formellen Bilanzzusammenhang wird vor allem von der Rechtsprechung , vertreten, z.B . BFH v. 1 0 . 1 2 . 1 992, IV R 1 1 8/90, B StBl. II 1 994, S . 3 8 1 ff. (S. 3 84); BFH v. 1 6.05 . 1 990, X R 72/87, B StBl. II 1 990, S. 1 044 ff. (S. 1 046); dem folgend z . B . Heini­ cke in Schmidt, EStG3 \ § 4 Rn. 703 . 9 1 Micker in HerrmannlHeuer/Raupach, KStG, § 1 1 Rn. 5 0 . 9 2 Knobbe-Keuk, Unternehmenssteuerrecht9 , S . 5 7 ff. (S. 59). 93 Wohl das zentrale Argument, z . B . Knobbe-Keuk, Unternehmenssteuerrecht9 , S . 5 7 ff.

1 19

Gewinnermittlung

D.

Abwicklun g s-Endvermö g en

I.

Grundlagen, Lösungsansätze und ihre Konsequenzen

Wie bereits gesagt wurde, bildet das Abwicklungs-Endvermögen den anderen Bestandteil des Vermögensvergleichs gern. § 1 1 Abs . 2 KStG. Seine Höhe ist deshalb maßgeblich für die Höhe des zu versteuernden Abwicklungsgewinns. Das Abwicklungs-Endvermögen wird in § 1 1 Abs. 3 KStG definiert als das zur Verteilung kommende Vermögen. Davon abzuziehen sind steuerfreie Vermö­ gensmehrungen, die dem Steuerpflichtigen während der Abwicklung zugeflos­ sen sind. Der Abzug von steuerfreien Vermögensmehrungen wirft dabei keine speziellen Probleme auf; abzuziehen ist alles, was auch sonst steuerfrei ist, z.B . aufgrund von DBA freigestellte ausländische Einkünfte, Einkünfte, die unter § 3 EStG oder § 8b KStG fallen, ebenso auch Vorgänge, die schon gar keine Einkünfte darstellen, wie insbesondere Einlagen. Dass derartige Vermö­ gensmehrungen steuerfrei bleiben müssen, ergibt sich bereits aus allgemeinen Regeln, auf die in § 1 1 Abs. 6 KStG verwiesen wird. Dieser Teil der Regelung des § 1 1 Abs. 3 KStG erweist sich deshalb als nicht notwendig. 94 Wie bereits ausgeführt wurde, besteht das Kernproblem darin, wie das Ab­ wicklungs-Endvermögen zu ermitteln ist. Die Legaldefinition des § 1 1 Abs. 3 KStG ist kaum aussagekräftig, da nichts dazu gesagt wird, wie "das zu Vertei­ lung kommende Vermögen", auf das Bezug genommen wird, zu ermitteln ist. Zwei grundsätzliche Lösungsansätze sind denkbar: Einmal kann man mit der allgemeinen Auffassung die Grundsätze des Bewertungsgesetzes anwenden. Andererseits ist bei unbefangener Betrachtung aber fraglich, warum man nicht auf die allgemeinen Vorschriften § § 5 ff. EStG samt Maßgeblichkeitsgrund­ satz - zurückgreifen kann. 95 Dies gilt umso mehr, als die Argumente, die für die allgemeine Meinung vorgebracht werden, recht dürftig sind und die Mög­ lichkeit einer Anwendung der Gewinnermittlungsvorschriften überhaupt nicht erörtert wird. Im Zusammenhang mit der Ermittlung des Abwicklungs­ Endvermögens steht auch die Behandlung von offenen und verdeckten Liqui­ dationsraten während der Abwicklung. Dieser Komplex wird allerdings zu­ nächst zurückgestellt und weiter unten in einem eigenen Abschnitt behandelt. 96 -

Zunächst ist darzustellen, wie sich die beiden Ansätze in ihrer Ausgestaltung und ihren Konsequenzen unterscheiden: Wendet man das Bewertungsgesetz an, wird das zum Abschluss der Liquidation vorhandene Vermögen mit dem gemeinen Wert angesetzt. Dies gilt auch insoweit, als isoliert funktionsfähige Teilbetriebe an Gesellschafter übertragen werden. Zwar ergibt sich der Ge94 Micker in HerrmannlHeuerlRaupach, KStG; § 1 1 Rn. 46. 95 Zweifelnd auch Bareis (in Brönner, Besteuerung von Gesellschaften 1 8 , S . 1 48 1 f.), der sich im Ergebnis aber der allgemeinen Auffassung anschließt. 96 Unten S. 1 32 ff.

1 20

Abwicklungs-Endvermögen

samtwert eines Teilbetriebs nicht zwingend aus der Summe der Einzelveräuße­ rungserlöse. Da aber gern. § 2 Abs. 2 BewG grundsätzlich Wirtschaftseinhei­ ten bewertet werden und ein Teilbetrieb wohl als eine solche Wirtschaftsein­ heit zu behandeln ist, kommt es auf den Wert der einzelnen Wirtschaftsgüter, die diesem Teilbetrieb dienen, gar nicht an. Wäre dies anders, wäre insoweit der Teilwert, § 1 0 BewG, anzusetzen. Dem widerspricht auch nicht, dass der Teilwert die Unternehmens fortführung verlangt, da insoweit gerade eine Fort­ führung vorliegt - die Liquidation verlangt eben nicht die Zerschlagung des gesamten Betriebs, sondern nur die Abwicklung des Rechtsträgers. Deshalb trägt das in der Literatur häufig vorgebrachte Argument nicht, eine Bewertung zum Teilwert scheide mangels Fortflihrungsprämisse aus. 9 7 Insgesamt wird deshalb das an Gesellschafter zu übertragende Sachvermögen mit dem gemei­ nen Wert bewertet; werden Teilbetriebe übertragen, ist insofern der gemeine Wert des gesamten Teilbetriebs anzusetzen. Die Auflösung etwaiger stiller Re­ serven ist somit sichergestellt. Hinzuweisen ist noch darauf, dass durch die Bewertung von Wirtschaftseinheiten der sonst geltende Grundsatz der Einzel­ bewertung stark eingeschränkt wird. Wendet man die allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften der § § 4 ff. EStG an, ergibt sich das folgende Bild: Es gelten dieselben Ansatzvorschriften wie sonst auch, also § 4 EStG i.Y.m. den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchflih­ rung. Für die Bewertung sind die § § 6 ff. EStG ausschlaggebend. Problema­ tisch ist allein die Bewertung; die Bilanzierung dem Grunde nach wirft keine liquidationsspezifischen Schwierigkeiten auf. Im Rahmen der Bewertung stellt sich die Frage, ob unter Anwendung der § § 6 ff. EStG stille Reserven aufzulö­ sen wären. Da bei Übertragung an Gesellschafter eine Realisation am Markt nicht stattfindet, ist ein entsprechender (Ersatz-)Realisationstatbestand erfor­ derlich. Deshalb ist insofern auch nicht relevant, ob in der handelsrechtlichen Liquidations-Schlussbilanz vom Anschafftmgskostenprinzip abzuweichen ist98 ; werden insoweit Verkehrswerte angesetzt, schlägt dies wegen der Vor­ rangigkeit der § § 6 ff. EStG nämlich nicht auf die Steuerbilanz durch. Eine steuerliche Realisation ist aufgrund derselben Tatbestände denkbar, die auch im Rahmen von Sachdividenden diskutiert werden: entweder über § 8 Abs . 3 S . 2 KStG, indem man die Differenz zwischen Buchwert und Verkehrswert als verdeckte Gewinnausschüttung bzw. Liquidationsrate ansieht, oder über die Vorschriften zur Entnahme, § 4 Abs . 1 S . 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Im ersten Fall würde eine Bewertung zu Verkehrswerten erfolgen, wobei allerdings im Einzelfall die Bewertung wegen der im Rahmen der verdeckten Gewinnaus-

97 So aber viele Stimmen in der Literatur, z.B . Graffe in Dötsch/JostIPunglWitt, KStG, § 1 1 Rn. 2 5 ; Holland in Ernst & Young, KStG, § 1 1 Rn. 5 0 ; Micker in Herr­ mannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 45 . 98 Das ist umstritten, siehe die Nachweise in Fußnote 3 5 .

121

Gewinnermittlung

schüttung gegebenenfalls anzustellenden Bandbreitenbetrachtung99 und der Nichtberücksichtigung persönlicher und ungewöhnlicher Umstände 1 00 (gering­ fügig) vom gemeinen Wert im Sinne des § 9 BewG abweichen kann. Im zwei­ ten Fall wäre der Teilwert anzusetzen, dessen Bewertungsuntergrenze der Ein­ zelveräußerungspreis ist, also ebenfalls ein Verkehrswertansatz. 1 0 1 Beide An­ sichten führen mithin zur steuerwirksamen Auflösung der stillen Reserven, die auch notwendig ist, weil sie sonst nicht mehr besteuert werden könnten, was aber insbesondere wegen des Grundsatzes der gleichmäßigen Besteuerung ge­ boten ist. Nimmt man mit der allgemeinen Meinung an, dass einer der beiden Ansätze im Fall von Sachdividenden anzuwenden ist, lässt sich die Anwen­ dung auch für Sachliquidationsraten begründen, da es sich zum einen um wirt­ schaftlich vergleichbare Vorgänge handelt und zum anderen die allgemeinen Vorschriften über § 1 1 Abs. 6 KStG Anwendung finden. Unter dieser Voraus­ setzung ist deshalb festzuhalten: Auch bei Anwendung der allgemeinen Vor­ schriften, also der § § 5 ff. EStG, ist die Besteuerung der stillen Reserven si­ chergestellt. 1 02 Anders als unter Anwendung des Bewertungsgesetzes findet die Auflösung allerdings außerhalb der Bilanz statt. Im Folgenden wird - nach Darstellung der für die allgemeine Auffassung vorgebrachten Argumente - an­ hand der klassischen Auslegungsmethodik untersucht, welcher Ansatz vor­ zugswürdig ist. 11.

Vertretene Auffassungen

Literatur lO3 , Rechtsprechung 104 und Finanzverwaltung lO S gehen einhellig davon aus, dass während der Abwicklung die Vorschriften der § § 4 ff. EStG, mithin auch der Maßgeblichkeitsgrundsatz, nicht mehr gelten und das Abwicklungs­ Endvermögen stattdessen auf Grundlage des Bewertungsgesetzes zu ermitteln iSt. 1 0 6 Begründet wird diese Sichtweise, wenn überhaupt, 1 0 7 nur sehr knapp. 99 Dazu z.B . BFH v. 1 7 .02.20 1 0, I R 79/08, BFHlNV 20 1 0, S . 1 3 07 ff. ( S . 1 3 08 f.); Ren­ gers in Blümich, KStG, § 8 Rn. 3 73 ; Gosch in Gosch, KStG2 , § 8 Rn. 3 1 2 ff. 1 00 BFH v. 27. 1 1 . 1 974, I R 25 0/72, B StBl. Ir 1 975, S . 3 06 f. ( S . 3 07); Rengers in B lümich, KStG, § 8 Rn. 405 . 1 0 1 Winkeljohann in HerrmannlHeuerlRaupach, EStG, § 6 Rn. 5 72 ff. 1 02 A.A. Bareis in Brönner, Besteuerung von Gesellschaften 1 8 , S . 1 48 1 f. 1 03 Hofmeister in B lümich, KStG, § 1 1 Rn. 5 1 ; Micker in HerrmannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 40; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, § 1 1 Rn. 54; Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 5 0 ; Holland in Ernst & Young, KStG, § 1 1 Rn. 50; Graffe in Dötsch/JostlPung/Witt, KStG, § 1 1 Rn. 2 5 . 1 04 BFH v. 0 1 . 1 0. 1 969, I R 1 20/67, B StBl. I r 1 969, S . 742 ff. ( S . 744); BFH v . 1 4 . 1 2 . 1 965, I 246/62 U, B StBl. III 1 966, S . 1 52 f. (S. 1 53 ) ; RFH v. 1 7 .0 1 . 1 939, I 4 1 8/3 8 , RStBl. 1 93 9, S . 598 ff. (S. 600); RFH v. 1 0.05 . 1 93 8, I 266/3 7, RStBl. 1 93 8, S . 63 0 f. (S. 63 1 ); RFH v. 1 2.03 . 1 929, I A a 845/28, RStBl. 1 929, S . 2 80 . 1 05 Ergibt sich implizit aus R 5 1 Abs. 3 S . 1 KStR 2004. 1 06 Zweifel werden allerdings geäußert von Bareis (in Brönner, Besteuerung von Gesell­ schaften 1 8 , S . 1 48 1 f.), der im Ergebnis aber der allgemeinen Auffassung folgt.

1 22

Abwicklungs-Endvermögen

Regelmäßi g findet sich dabei nur das Argument, dass der Ansatz des gemeinen Wertes notwendig sei, um die Auflösung und damit Besteuerung sämtlicher stiller Reserven sicherzustellen. 1 08 Graffe argumentiert etwas ausfiihrlicher, in­ dem er aus dem Begriff des "zu verteilenden Vermögens" folgert, dass sämtli­ che stillen Reserven aufzulösen seien, was den Ansatz des gemeinen Wertes zwingend erfordere. 1 09 Im Übrigen wird teilweise noch erwähnt, dass der Teilwert mangels Fortfiihrung des Unternehmens nicht in Betracht komme. 1 1 0 Insgesamt scheinen diese Argumente für sich genommen kaum tragfähig zu sein, vor allem, wenn man berücksichtigt, dass die Realisierung der stillen Re­ serven auch anders gewährleistet werden kann.

III.

Wortlautauslegung

Das Abwicklungs-Endvermögen wird durch § 1 1 Abs . 3 KStG definiert als das "zur Verteilung kommende Vermögen". Dabei sind steuerfreie Vermögens­ mehrungen abzuziehen. Auch wenn diese Definition zunächst einleuchtend er­ scheint, so wird bei näherem Hinsehen klar, dass sie nicht sonderlich aussage­ kräftig ist. Da das gesamte Vermögen, das am Ende der Liquidation noch vor­ handen ist, zur Verteilung kommen muss, entspricht dies zunächst einfach dem Vermögen der Gesellschaft zum Abschluss der Liquidation. Insbesondere zur Bewertung und damit zur Frage der Anwendbarkeit des Maß g eblichkeitsprin­ zips g ibt der Wortlaut nichts (Ausdrückliches) her. Ein Anhaltspunkt lässt sich aber daraus gewinnen, dass - im Gegensatz zur Definition des Abwicklungs­ Anfangsvermögens - gerade nicht mit dem Begriff des Betriebsvermögen ope­ riert wird. Da sich aber die Vorschriften der § 4 ff. EStG nur auf Betriebsver­ mögen beziehen, spricht dies gegen eine Anwendbarkeit der allgemeinen Ge­ winnermittlungsvorschriften. Allerdings ist die Überzeugungskraft dieses Ar­ guments angesichts des nicht allzu deutlichen Wortlauts begrenzt.

IV.

Gesetzgebungshistorie

Aus der Gesetzgebungsgeschichte 1 1 1 lässt sich insgesamt nur wenig ableiten. Wurde die Liquidationsbesteuerung nach den Körperschaftsteuergesetzen von 1 920 und 1 922 noch durch Hinzurechnung der Abwicklungserlöse zum letzten 1 07 Keine Begründung liefert z.B . Hofmeister in B lümich, KStG, § 1 1 Rn. 5 1 . 1 08 BFH v. 1 4 . 1 2 . 1 965, 1 246/62 V, B StBl. III 1 966, S . 1 52 f. (S. 1 53); RFH v. 04. 1 0. 1 93 8, I 3 74/3 7, RStBl. 1 93 8, S . 1 1 42 f. ; RFH v. 1 2 .03 . 1 929, I A a 845/28, RStBl. 1 929, S . 280; Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn . 50; Holland in Ernst & Young, KStG, § 1 1 Rn. 5 0 . 1 09 Graffe i n Dötsch/JostIPung/Witt, KStG, § 1 1 Rn . 25 . 1 1 0 Graffe in Dötsch/JostIPung/Witt, KStG, § 1 1 Rn. 2 5 ; Hofmeister in B lümich, KStG, § 1 1 Rn. 5 1 ; Holland in Ernst & Young, KStG, § 1 1 Rn. 50; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, § 1 1 Rn. 54. 1 1 1 Vgl. allgemein zur Gesetzgebungsgeschichte der Liquidationsbesteuerung den Über­ blick oben S . 3 5 f.

1 23

Gewinnermittlung

Betriebsvermögen erreicht, so wurde 1 925 im Grundsatz der heute gültige Vermögensvergleich normiert. In der Begründung zum KStG 1 920 klingt be­ reits an, dass bestehende stille Reserven besteuert werden müssen: Es wird ge­ sagt, dass durch die Norm zur Liquidationsbesteuerung Erörterungen darüber, "ob die ordentliche Steuernachholung schon verj ährt ist", vermieden werden sollten Y2 Nach der Gesetzesbegründung des KStG 1 925 wurde die Versteue­ rung der Liquidationsgewinne bezweckt; angedeutet wird auch hier die Not­ wendigkeit, stille Reserven aufzulösen und zu versteuern. l l3 Im Übrigen wird gesagt, dass der Abwicklungsgewinn gleichzeitig das letzte Betriebsergebnis beinhalte, mithin die allgemeinen Vorschriften ergänzend heranzuziehen sei­ en. l l4 Allerdings wurde insoweit in der Begründung nur auf bestimmte An­ rechnungsverbote Bezug genommen, etwa auf das Verbot, gezahlte Körper­ schaftsteuer als Betriebsausgabe abzuziehen. Die Begründungen zu den fol­ genden Novellen von 1 934 1 1 5 und 1 977 1 16 merkten zum Bereich der Gewinn­ ermittlung j eweils nur an, dass inhaltlich nichts geändert werden solle. Ange­ sichts der dünnen Quellenlage lassen sich schwerlich Folgerungen ziehen. Hinzu kommt, dass über einen derart langen Zeitraum - die spezielle Gewin­ nermittlung während der Liquidation ist im Grunde seit 1 92 5 , also seit mehr als 85 Jahren unverändert - das steuerrechtliche Verständnis Änderungen un­ terworfen ist. Dies gilt in gleicher Weise rur das Handelsrecht, rur das erst seit dem Bilanzrichtliniengesetz gefestigte Auffassung ist, dass auch nach der Auf­ lösung das Handelsbilanzrecht im Grundsatz unverändert weiter gilt. I 1 7 Insgesamt wird man daher aus der Historie nur eine leichte Tendenz in Rich­ tung Bewertungsgesetz ableiten können: Denn da bereits vor den Novellen von 1 934 und 1 977, mit denen der Gesetzgeber an der Gewinnermittlung wäh­ rend der Abwicklung nichts ändern wollte, nach allgemeiner Auffassung l 1 8 der gemeine Wert im Liquidations-Endvermögen anzusetzen war, lässt sich argu­ mentieren, dass dies dem Gesetzgeber bewusst war und er daran festhalten wollte. Da dies allerdings im Gesetz so nicht festgeschrieben wurde und sich in der Zwischenzeit auch manches verändert hat, wird man diesem Befund kein allzu großes Gewicht beilegen können, zumal in den Materialien zur Ge­ winnermittlung nichts Explizites gesagt wird.

1 1 2 Drs. der Dt. Nationalversammlung, 1 920, Nr. 1 976, S . 2 8 f. (Begründung zu § 1 3 , die Paragraphenzählung änderte sich im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens noch). 1 1 3 RT-Drs. III Nr. 796 (Bd. 400) S . 1 8 . 1 1 4 RT-Drs. III Nr. 796 (Bd. 400) S . 1 8 f. 1 1 5 RStBl. 1 93 5 , S . 8 1 ff. ( S . 85). 1 1 6 BT-Drs. 711 470, S . 344 f. 1 1 7 Dazu oben S . 99 ff. 1 1 8 RFH v. 1 2 .03 . 1 929, I A a 845/28, RStBl. 1 929, S . 280; RFH v. 1 0. 05 . 1 93 8, I 266/3 7, RStBl. 1 93 8, S . 63 0 f. (S. 63 1 ); RFH v. 1 7.0 1 . 1 93 9, I 4 1 8/3 8, RStBl. 1 939, S . 598 ff. (S. 600); Evers, KStG2 , § 1 8 Anm. 1 7 .

1 24

Abwicklungs-Endvermögen

V.

Systematische Auslegung

1.

Maßgeblichkeit und mehrjähriger Gewinnermittlungszeitraum

Aus systematischer Sicht ist zunächst zu fragen, ob die Vorschriften der § § 5 ff. EStG, unter diesen insbesondere das Maßgeblichkeitsprinzip, über­ haupt mit dem mehrj ährigen Besteuerungs- und Gewinnermittlungszeitraum des § 1 1 KStG kompatibel sind. Denn wenn man die allgemeinen Gewinner­ mittlungsvorschriften der § § 5 ff. EStG auch auf das Abwicklungs­ Endvermögen anwenden würde, hieße dies, dass eine oder mehrere Handelsbi­ lanzen gewissermaßen übersprungen werden müssten, um dann das Ab­ wicklungs-Endvermögen auf Grundlage der Liquidations-Schlussbilanz zu ermitteln. Freilich ist das aus mehreren Gründen unproblematisch. Denn daraus, dass steuerlich eine oder mehrere Handelsbilanzen ausgelassen werden, entsteht keine Lücke in der Besteuerung, anders ausgedrückt: Der ermittelte Gewinn ist unabhängig davon, ob im Verlauf der Liquidation eine oder mehrere Han­ delsbilanzen nicht berücksichtigt werden. Selbst wenn man mit einer (unzu­ treffenden 1 1 9 ) Minderauffassung 1 20 annimmt, dass auch nach dem Bilanz­ rechtsmodernisierungsgesetz 1 2 1 die formelle Maßgeblichkeit noch gilt, sich der Verweis in § 5 Abs . 1 S . 1 EStG also nicht nur abstrakt auf die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung als Normen (abstrakte Maßgeblichkeit), son­ dern auch auf die konkreten Ansätze bezieht, ändert dies nichts an der oben getroffenen Feststellung, dass das Überspringen einzelner Handelsbilanzen unproblematisch ist. Einzig folgenden Umstand könnte man - wenn man die formelle Maßgeblichkeit weiterhin anerkennt oder unter Geltung der inzwi­ schen aufgehobenen umgekehrten Maßgeblichkeit - als Problem anführen: Danach musste der Steuerpflichtige, wollte er Wahlrechte steuergÜll stig aus­ üben, dies in Steuer- und Handelsbilanz übereinstimmend tun. Deshalb wäre denkbar, dass ein Steuerpflichtiger, wenn während der Liquidation zunächst nur Handelsbilanzen aufzustellen sind, nicht berücksichtigt, dass er daran im Rahmen der Besteuerung nach Abschluss der Liquidation gebunden ist. Ent­ kräften lässt sich diese Überlegung aber, wenn man berücksichtigt, dass er deshalb nicht früher über die Ausübung der Wahlrechte entscheiden musste als sonst auch. Einzig die steuerliche Verbindlichkeit der Wahlrechtsausübung wä­ re erst später zum Tragen gekommen. Im Übrigen ist es noch aus anderem Grund unproblematisch: Da auch unter Ansatz des Maßgeblichkeitsgrundsat­ zes zum Ende der Liquidation die stillen Reserven aufzulösen sind, wenn auch durch einen anderen Mechanismus, ist ohnehin kaum denkbar, dass sich durch eine bestimmte Wahlrechts ausübung Steuervorteile ergeben. 1 1 9 Zum Ganzen z.B. Stobbe in HerrmannlHeuerlRaupach, EStG, § 5 Rn. 62 f. 1 20 BMF v. 1 2 .03 .20 1 0, IV C 6 S 2 1 3 3/091 1 000 1 , B StBl. 1 20 1 0, S . 239, Rn. 5-7. 1 2 1 B ilanzrechtsmodernisierungsgesetz vom 2 5 .05 .2009, BGBL 1 2009, S . 1 1 02 ff. -

1 25

Gewinnermittlung

Damit ist festzuhalten: Die allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften der § 5 ff. EStG samt Maßgeblichkeitsgrundsatz und der mehrj ährige Gewinnermittlungszeitraum des § 1 1 KStG können kombiniert werden. Dies galt auch schon vor der Aufhebung der formellen und umgekehrten Maßgeblichkeit durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz. 2.

Das systematische Verhältnis von § 11 Abs. 6 KStG und §§ 5 ff. EStG

Es wurde bereits ausgefiihrt, dass in § § 5 ff. EStG der Begriff des Betriebs­ vermögens verwendet wird, während das Abwicklungs-Endvermögen auf das "zu verteilende Vermögen abstellt". 1 22 Neben dem unterschiedlichen Wortlaut ergibt sich das folgende, damit zusammenhängende systematische Problem: Im Rahmen der laufenden Gewinnermittlung legt § 4 Abs . 1 S. I EStG fest, dass der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich zu bestimmen ist. Wie das Betriebsvermögen zu ermitteln ist, wird - bei Vorliegen der Maßgeblichkeits­ voraussetzungen - durch die § § 5 ff. EStG näher definiert. Die Funktion des § 4 Abs. 1 S. 1 EStG - die Definition des Gewinnbegriffs - wird während der Liquidation von § 1 1 Abs. 2 KStG übernommen. Allerdings verweisen § § 5 ff. EStG nur auf die Ermittlung des Betriebsvermögens gern. § 4 Abs . 1 S . 1 EStG und nicht auf die Ermittlung des Abwicklungs-Endvermögens gern. § 1 1 Abs. 3 KStG. Es ist daher zu fragen, wie der Generalverweis in § 1 1 Abs . 6 KStG auf die allgemeinen Vorschriften der Gewinnermittlung zu verstehen ist, anders formuliert: Verweist § 1 1 Abs. 6 KStG fiir die Ermittlung des Ab­ wicklungs-Endvermögens auf die § § 5 ff. EStG? Dagegen lassen sich zwei Argumente anfUhren: Zum einen ist das Abwicklungs-Endvermögen gerade nicht als Betriebsvermögen definiert, wie es dagegen fiir das Abwicklungs-An­ fangsvermögen der Fall ist. Deshalb kann man davon ausgehen, dass es kein gesetzgeberisches Versehen ist, dass das Abwicklungs-Endvermögen nicht un­ ter Rückgriff auf den Betriebsvermögensbegriff definiert ist. Das spricht dage­ gen, in § 1 1 Abs 6 KStG einen Verweis auf die § § 5 ff. EStG zu sehen. Zwei­ tens ist zu sagen, dass § 1 1 Abs . 6 KStG von seinem Wortlaut her keine ent­ sprechende, sondern eine direkte Anwendung der allgemeinen Vorschriften anordnet, obwohl aufgrund der unterschiedlichen Vermögensbegriffe eine ent­ sprechende Anwendung notwendig wäre. Auch wenn sich argumentieren ließe, dass dies eine ungenaue Formulierung des Gesetzgebers ist, der in Wirklich­ keit eine entsprechende Anwendung anordnen wollte, ist es doch zunächst ein Argument gegen eine Anwendung der § § 5 ff. EStG auf das Abwicklungs­ Endvermögen. Insgesamt ist deshalb festzuhalten, dass der systematische Zus ammenhang zwischen § 1 1 KStG, § § 5 ff. EStG und den Vorschriften des Bewertungsgeset-

1 22 Oben S. 1 23 .

1 26

Abwicklungs-Endvermögen

zes eher dafür spricht, auf das Abwicklungs-Endvennögen das Bewertungsge­ setz anzuwenden.

3.

Das systematische Verhältnis zwischen § 11 und § 12 KStG

§ 1 2 KStG regelt für den Fall, dass das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland beschränkt oder ausgeschlossen wird, bestimmte steuerliche Konsequenzen. Neben anderen, hier nicht interessierenden Folgen ist für den Fall der Sitzverlegung in einen Nicht-EU-Staat angeordnet, dass diese als Auf­ lösung gilt und § 1 1 KStG mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass an die Stelle des zur Verteilung kommenden Vennögens der gemeine Wert des vorhandenen Vennögens tritt, § 1 2 Abs . 3 KStG. Es ließe sich nun argumentieren, dass die Anordnung der Bewertung mit dem gemeinen Wert in § 1 2 Abs. 3 S. 3 KStG dafür spricht, dass § 1 1 Abs. 3 KStG nicht von einer solchen Bewertung aus­ geht, da anderenfalls § 12 Abs. 3 S. 3 KStG überflüssig wäre. Letztlich ist eine derartige Interpretation aber doch zu weitgehend. Denn es gibt im Fall der Sitzverlegung eben kein zu verteilendes Vennögen, sodass durch das Gesetz definiert werden muss, dass das (bei Sitzverlegung) vorhandene Vennögen an die Stelle des zur Verteilung kommenden Vennögens tritt. Dass fiir diesen Fall geregelt ist, dass "der g emeine Wert des vorhandenen Vennögens" an dessen Stelle tritt und nicht das vorhandene Vennögen, ist wohl kein hinreichender Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber beide Fälle unterschiedlich behan­ delt wissen wollte. Dies lässt sich auch anhand der Gesetzgebungshistorie 1 23 begründen: Die Wegzugsbesteuerung wurde erstmals in § 1 8 KStG 1 920 1 24 ge­ regelt und enthielt bereits damals den Verweis auf die Liquidationsbesteuerung unter der Maßgabe, dass der gemeine Wert des vorhandenen Vennögens an die Stelle des zur Verteilung kommenden Vennögens tritt. Warum auch ein Bewer­ tungsmaßstab aufgenommen wurde, ist den Gesetzgebungsmaterialien nicht zu entnehmen; da die Vorschrift aber erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens eingefiigt wurde 1 25 und sich daher keine ausfiihrliche schriftliche Begründung findet, ist davon auszugehen, dass darüber nicht vertieft nachgedacht wurde. Auch in den Gesetzgebungsmaterialien zur Körperschaftsteuerrefonn von 1 977 findet sich zu dieser Frage zum heutigen § 1 2 KStG nichts, vielmehr sollte die bestehende Regelung übernommen werden. 1 26 Ins g esamt ist deshalb davon auszugehen, dass sich aus § 1 2 KStG keine belastbaren Rückschlüsse

1 23 Zur Gesetzgebungsgeschichte des § 12 KStG vgl. z.B . Kolbe in HerrmannJHeuerlRau­ pach, KStG, § 1 2 Rn. 2 . 1 24 G. v . 3 0 .03 . 1 920, RGBl. 1 920, S . 3 93 ff. (S . 3 99). 1 25 Drs. der Verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung, Bd. 3 4 1 , S . 2549 ff. (S. 25 54, S . 2 5 5 8). 1 26 Dritter Bericht des Finanzausschusses, BT-Drs. 7/53 1 0, S . 12 (Die Wegzugsbesteuerung wurde erst aufgrund der Beratungen des Finanzausschusses in das KStG 1 977 (wieder) eingefiigt).

1 27

Gewinnennittlung

für die Ermittlung des Abwicklungs-Endvermögens im Sinne des § 1 1 KStG ziehen lassen. 4.

Vergleich mit der steuerlichen Behandlung von Sachdividenden

Es wurde bereits ausgeführt, dass offene Gewinnausschüttungen und offene Liquidationsraten aus wirtschaftlicher Sicht vergleichbar sind. 1 2 7 Deshalb ist es sinnvoll, die steuerliche Behandlung beider Vorgänge zu vergleichen. Dabei ist an dieser Stelle nur auf den Fall einzugehen, dass Liquidationsraten dem Ide­ albild der Liquidation entsprechend an deren Ende ausgekehrt werden, und zwar, da Auskehrungen in Geld unproblematisch sind, nur solche in Sachver­ mögen. 1 28 Die steuerliche Behandlung von Sachdividenden ist umstritten. Kernfrage ist dabei, ob und aufgrund welchen Tatbestands stille Reserven, die in dem auszu­ schüttenden Wirtschaftsgut inbegriffen sind, zu realisieren sind. Dass es zu ei­ ner Realisierung kommt, wird kaum bestritten. 1 29 Zum einschlägigen Realisa­ ' tionstatbestand werden zwei Auffassungen vertreten: Überwiegend wird die Differenz zwischen Buch- und Verkehrswert als verdeckte Gewinnausschüt­ tung verstanden, § 8 Abs . 3 S . 2 KStG. 1 30 Die Gegenauffassung sieht die Sach­ dividende als Entnahme an, § 4 Abs . 1 S. 2 EStG. l3 l Im ersten Fall erfolgt die Bewertung nach vGA-Grundsätzen, die Gegenansicht muss auf § 6 Abs . 1 Nr. 4 S . 1 EStG zurückgreifen und den Teilwert ansetzen. Die steuerliche Be­ handlung ist dabei unabhängig von der Frage, wie die Sachdividende in der Handelsbilanz anzusetzen ist 1 32 , da unabhängig davon, ob in der Handelsbilanz etwai ge stille Reserven aufgedeckt werden müssen, steuerlich ein Realisati­ onstatbestand notwendig ist. 1 33 Steuerlich erscheint die Auffassung, die vGA­ Grundsätze anwendet, vorzugswürdig. Die Gegenauffassung stützt sich vor al­ lem darauf, dass eine gesellschaftsrechtlich ordnungsgemäße Sachdividende, deren Ausschüttung insgesamt offen erfolgt, steuerrechtlich nicht als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt werden dürfe. 1 34 Dieses Argument kann aller­ dings nicht überzeugen. Denn nur weil ein Vorgang gesellschaftsrechtlich zu­ lässig ist, heißt dies nicht, dass es sich nicht um eine verdeckte Gewinnaus1 27 Oben S. 1 07 f. 1 2 8 Zur Behandlung von Liquidationsraten während der Abwicklung vgl. unten S . 1 3 2 ff. 1 29 Eine Realisierung wird aber wohl abgelehnt von Menner/Broer, DB 2003 , S . 1 075 ff. (S. 1 079). 1 3 0 LutterlLeinekugel/Rödder, ZGR 2002, S . 204 ff. (S. 229 f.). 1 3 1 Bareis/ S iegel , BB 2008, S . 479 ff. (S. 482). 132 Vgl. zu den verschiedenen Auffassungen zur handelsbilanziellen Behandlung von Sach­ dividenden instruktiv Siegel/Schulze-Osterloh/Bareis, Wpg 2008, S. 5 5 3 ff. ; daneben Crezelius in FS Kom, S. 273 ff. (S. 28 1 f.); Lutter/LeinekugellRödder, ZGR 2002, S . 204 ff (S . 2 1 5 ff.). 133 Dies wird z.B . deutlich bei Crezelius in FS Kom, S . 273 ff. (S. 2 82). 134 Bareis, Wpg 2008, S . 564 ff. (S. 564 f.).

128

Abwicklungs-Endvermögen

schüttung handeln kann. 1 35 Zwar ist zuzugeben, dass gesellschaftsrechtlich insgesamt eine zulässige offene Gewinnausschüttung vorliegt und eine An­ wendung des § 8 Abs. 3 S . 2 KStG deshalb paradox erscheinen mag 1 36 ; die steuerrechtliche Einordnung als verdeckte Gewinnausschüttung ist aber unab­ hängig von der gesellschaftsrechtlichen Qualifikation. 1 3 7 Im Übrigen sprechen die besseren Gründe für die Annahme einer teilweise verdeckten Gewinnaus­ schüttung. Insbesondere ist so gewährleistet, dass Sachdividenden und ver­ deckte Gewinnausschüttungen gleich behandelt werden, was sachgemäß ist, da bei verdeckten Gewinnausschüttungen ein vergleichbares Bewertungsproblem besteht. Da Sachdividenden und Sachliquidationsraten wirtschaftlich vergleichbare Vorgänge betreffen, wäre eine gleichlaufende Bewertung j edenfalls wün­ schenswert. Dies lässt sich nur dann vollständig erreichen, wenn man die Sachliquidationsraten ebenfalls dem vGA-Regime unterwirft, also dann, wenn man das Abwicklungs-Endvermögen nach allgemeinen Grundsätzen aufstellt. Zwar werden unter Anwendung des B ewertungsgesetzes ähnliche Ergebnisse erzielt, allerdings ist eine Behandlung auf Grundlage des vGA-Regimes ten­ denziell etwas günstiger für den Steuerpflichtigen. 1 38 Deshalb streitet der Ver­ gleich mit der Behandlung von Sachdividenden dafür, das Abwicklungs­ Endvermögen unter Anwendung der § § 5 ff. EStG aufzustellen.

VI.

Teleologie

Schließlich ist auf den Zweck der besonderen Gewinnermittlung des § 1 1 Abs. 2 KStG einzugehen. Hierbei müssen zwei Aspekte auseinander gehalten werden, in denen die Gewinnermittlung gern. § 1 1 KStG von den allgemeinen Grundsätzen abweicht: Einmal der Zweck der einheitlichen Gewinnermittlung über den gesamten Liquidationszeitraum und zweitens die Ermittlung des Ab­ wicklungsgewinns durch Gegenüberstellung von Abwicklungs-Anfangs- und Endvermögen. Der erste Punkt betrifft den Zweck des mehrj ährigen Besteue­ rungszeitraums, der bereits herausgearbeitet wurde. 1 39 Der zweite Aspekt ist hingegen der, der hier näher zu untersuchen ist. Es geht mithin um die Frage, welchen Zweck der spezielle Vermögensvergleich des § 1 1 Abs. 2 KStG ver­ folgt. Die Verlängerung der Steuerperiode auf den gesamten Abwicklungszeit­ raum wäre nämlich auch unter Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften der § § 4 ff. EStG möglich gewesen: Dazu müsste § 1 1 KStG einfach anordnen, dass für die Liquidation auf § 4 Abs. 1 S . 1 EStG mit der Maßgabe zurückzu1 3 5 Z.B. Rengers in Blümich, KStG, § 8 Rn. 226 . 1 3 6 Dies wird auch von LutterlLeinekugel/Rödder, ZGR 2002, S . 204 ff. (S. 229) anerkannt. 1 3 7 Siehe nur Wassermeyer in FS Raupach, S . 5 65 ff. ( S . 5 7 1 ) 13 8 Dazu oben S . 1 20 ff. 1 3 9 Oben S . 52 ff.

1 29

Gewinnermittlung

greifen ist, dass das Wirtschaftsj ahr dem Liquidationszeitraum entspricht. Fraglich ist deshalb, welchen Zweck die spezielle Gewinnermittlung des § 1 1 Abs. 2 KStG, insbesondere die autonome Definition des Abwicklungs-Endver­ mögens des § 1 1 Abs . 3 KStG, verfolgt. Eine Durchsicht von Rechtspre­ chung 14 0 und Literatur1 41 zeigt, dass der Zweck dieser besonderen Gewinner­ mittlung in der Realisierung etwaiger stiller Reserven gesehen wird, die vor Erlöschen des Steuersubj ekts und der damit einhergehenden steuerlichen Ent­ strickung im letzten möglichen Zeitpunkt besteuert werden. Näher eingegan­ gen wird hierauf allerdings nicht, ebenso wenig werden andere Zwecke ge­ nannt, die durch § 1 1 Abs. 2 KStG verfolgt werden könnten. In der Tat ist, abgesehen von der Hebung stiller Reserven, nicht ersichtlich, was durch die autonome Definition des Abwicklungsgewinns bezweckt sein könnte. Klar ist: Stille Reserven, die bis zum Abschluss der Liquidation noch vorhanden sind, müssen besteuert werden. Dies entspricht nicht nur der "Per­ fektion des Steuerrechts"1 42 , sondern ist vor allem auch durch das Prinzip der gleichmäßigen Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit geboten. 143 B ei strikt logischer Denkweise wird man sagen müssen, dass die Besteuerung stiller Re­ serven nur dann durch die besondere Gewinnermittlung des § 1 1 KStG be­ zweckt sein kann, wenn sie nicht auch ohne diese Vorschrift gesichert wäre, weil man sonst dem Gesetzgeber unterstellen würde, dass er insoweit eine überflüssige Norm geschaffen hat. Es wurde oben gezeigt, dass es zur Hebung der stillen Reserven der besonderen Gewinnermittlung des § 1 1 KStG nicht bedarf; die Regelung über die verdeckte Gewinnausschüttung ist dafür auch unter Rückgriff auf den Betriebsvermögensvergleich des § 4 Abs . 1 S . 1 EStG hinreichend. 144 Andererseits ist aber zu bedenken: Bei Einführung der Liquida­ tionsbesteuerung durch das KStG 1 920 waren die dogmatischen Grundlagen noch nicht so deutlich herausgearbeitet wie es heute der Fall ist. Dies zeigt sich z.B . an der Gesetzesbegründung1 45 zu § 1 7 des KStG 1 920, die als Grund für die speziellen Vorschrift zur Liquidationsbesteuerung ansah, dass dadurch Erörterungen darüber, "ob die ordentliche Steuernachholung schon verj ährt ist

1 40 BFH B StBl. II 1 972, S . 229 ff. (S. 23 1 ); BFH v. 1 4 . 1 2 . 1 965, I 246/62 V, B StBl. III 1 966, S. 1 52 f. (S. 1 53); RFH v. 04. 1 0 . 1 93 8, 1 3 74/3 7, RStB l . 1 93 8, S. 1 1 42 f. ; RFH v. 1 2 .03 . 1 929, I A a 845/28, RStBl. 1 929, S. 280; wohl auch RFH v. 0 1 .07. 1 922, I A 3 7/22, RFHE 1 0, S. 23 ff. (S . 25 f.). 1 4 1 Z.B. Thiel, AG 1 960, S . 270 ff. (S. 270); Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 45, 5 0 ; Graffe i n Dötsch/JostlPungiWitt, KStG, § 1 1 Rn. 24 f. ; Lenz i n Erle/Sauter, KStG3 , § 1 1 Rn. 45 f. 1 42 Thiel, AG 1 960, S . 270 ff. (S. 270). 1 43 Hey in Tipke/Lang20 , S . 806 f. 1 44 Oben S. 1 20 ff. 1 45 Drs. der Dt. Nationalversammlung, 1 920, Nr. 1 976, S . 2 8 f. (Begründung zu § 1 3 , die Paragraphenzählung änderte sich im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens noch).

130

Abwicklungs-Endvermägen

oder Steuerhinterziehung vorliegt", abgeschnitten werden sollten 1 4 6 - eine nach heutigen Maßstäben ziemlich abwegige Vorstellung. Die dogmatische Unsicherheit zeigt sich auch in einem frühen Urteil des Reichsfinanzhofs, der die Liquidationssteuer, soweit es sich um die Realisierung stiller Reserven handelte, seiner Natur nach als Vermögen- und nicht als Einkommensteuer an­ sah. 1 4 7 Auch auf einen solchen Gedanken würde heute wohl niemand mehr kommen. Aufgrund dieser Unsicherheiten lässt sich daraus, dass auch ohne die spezielle Vorschrift des heutigen § 1 1 KStG eine Besteuerung der stillen Re­ serven möglich ist, nicht folgern, dass dies nicht bezweckt wäre. Dafür, dass eine Realisierung der stillen Reserven durch § 1 1 KStG bezweckt ist, lässt sich folgende Überlegung anführen: Zunächst lässt die bereits zitierte Gesetzesbe­ gründung 1 48 zu § 1 7 KStG 1 920, wonach durch die Vorschrift Erörterungen über die Verj ährung der Steuerschuld abgeschnitten werden sollten, den Schluss zu, dass sie auf stille Reserven zielt, denn es ist nicht ersichtlich, wor­ auf sich eine Verjährung sonst beziehen sollte. In der Folge wurde bei j eder Änderung der Liquidationsbesteuerung in den j eweiligen Begründungen an­ gemerkt, dass die Rechtslage nicht verändert werden sollte. Nimmt man hinzu, dass in Rechtsprechung und Literatur einhellig davon ausgegangen wird, dass die Realisierung stiller Reserven Zweck der Liquidationsbesteuerung ist, 1 49 und der Gesetzgeber sich dieser einhelligen Auffassung bewusst war, spricht viel dafiir, dass in der steuerwirksamen Realisierung der stillen Reserven der Zweck der besonderen Gewinnermittlung in der Liquidationsbesteuerung liegt. Allerdings ergibt sich daraus kein Argument fiir die Anwendung des Bewer­ tungsgesetzes auf das Abwicklungs-Endvermögen. Denn wie bereits gezeigt wurde, werden die stillen Reserven auch bei Anwendung der allgemeinen Vor­ schriften zur Gewinnermittlung aufgelöst. 1 50 Dem Zweck der besonderen Ge­ winnermittlung ist unter Anwendung bei der Ansätze Genüge getan.

VII. Entscheidung Zuzugeben ist, dass die Ermittlung des Abwicklungs-Endvermögens aufgrund der allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften, also insbesondere der § § 5 ff. EStG, aus steuersystematischer Sicht gewisse Vorzüge bieten würde, da im Vergleich zur laufenden Besteuerung Sachdividenden und Sachliquidationsra­ ten identisch behandelt würden. Insgesamt sprechen aber die besseren Argu­ mente rur eine Anwendung des Bewertungsgesetzes . Insbesondere der Wort­ laut - das zu verteilende Vermögen im Gegensatz zum Betriebsvermögen und der systematische Zusammenhang mit § § 4, 5 EStG sind dabei entschei1 46 1 47 148 1 49 1 50

Drs. der Dt. Nationalversammlung, 1 920, Nr. 1 976, S. 28 f. RFH v. 0 1 .07. 1 922, I A 3 7/22, RFHE 1 0, S . 23 ff. ( S . 26). Drs. der Dt. Nationalversammlung, 1 920, Nr. 1 976, S . 2 8 f. Vgl. die Nachweise in Fußnoten 1 40, 1 4 1 . Oben S . 1 20 ff.

13 1

Gewinnennittlung

dend. Daneben weist auch die Gesetzgebungshistorie eher in diese Richtung. Ob es wünschenswert wäre, dass der Gesetzgeber aktiv wird und das Gesetz im Sinne der Anwendung der allgemeinen Grundsätze ändert, ist später zu dis­ kutieren. 1 5 1

E.

Offene und verdeckte Liquidationsraten während der Abwicklung

I.

Problem und Lösungsmöglichkeiten

Erst wenn sämtliche Gläubiger befriedigt worden sind und das Sperrj ahr abge­ laufen ist, darf verbliebenes Vermögen an die Gesellschafter ausgekehrt wer­ den, § 272 AktG, § 73 Abs . 1 GmbHG. Selbstverständlich gilt dies nicht, so­ weit Gesellschafter der Gesellschaft wie fremde Dritte gegenüberstehen. 1 52 Obwohl zumeist gesellschaftsrechtlich unzulässig l 53 , müssen während der Abwicklung tatsächlich erfolgte Zuwendungen an Gesellschafter steuerlich berücksichtigt werden. Hierbei ist insbesondere an verdeckte Liquidationsra­ ten zu denken, also Zuwendungen, die vor Auflösung als verdeckte Gewinn­ ausschüttungen qualifiziert werden. Fraglich ist, wie solche Liquidationsraten zu behandeln sind. Im Grundsatz ist klar, dass sie, ebenso wie Gewinnaus­ schüttungen, den steuerpflichtigen Ertrag nicht schmälern dürfen, weil sie nicht betrieblich, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind. Drei Auffassungen lassen sich hierzu aus Rechtsprechung und Literatur her­ ausarbeiten: Nach der weitaus überwiegenden Auffassung sind Zuwendungen, die während der Abwicklung offen oder verdeckt an Gesellschafter oder die­ sen nahestehende Personen erfolgen, mit ihrem gemeinen Wert in das Ab­ wicklungs-Endvermögen einzustellen. 1 54 In der Begründung dazu gibt es zwei unterschiedliche Ansätze: Überwiegend wird auf den Wortlaut des § 1 1 Abs . 3 KStG abgestellt, nämlich auf das zu verteilende Vermögen, das danach weit zu verstehen ist und deshalb auch Verteilungen vor Abschluss der Liquidation er­ fasst. 1 55 Die Gegenauffassung gelangt zu diesem Ergebnis über § 8 Abs. 3 1 5 1 Dazu unten S . 1 85 . 1 52 Hüffer in MünchKomm, Aktä , § 272 Rn . 7; Haas in BaumbachlHueck, GmbHG 19 , § 70 Rn. 6 . 1 53 Nämlich insbesondere dann, wenn sie vor Ablauf des Sperrj ahres erfolgen, z.B . Paura in UlmerlHabersacklWinter, GmbHG, § 69 Rn. 3 3 . 1 54 Grundlegend RFH v. 1 0 .05 . 1 93 8, 1 266/3 7, RStBl. 1 93 8, S . 63 0 f. ( S . 63 1 ); dem fol­ gend RFH v. 1 7.0 1 . 1 93 9, 1 4 1 8/3 8, RStBl. 1 939, S. 598 ff. (S. 600); BFH v. 1 4 . 1 2 . 1 965, 1 246/62 U, B StBl. III 1 966, S . 1 52 f. ( S . 1 53); Holland in Ernst & Young, KStG, § 1 1 Rn. 49; Hofmeister in B lümich, KStG, § 1 1 Rn. 50; Lenz in Erle/Sauter, KStG3 , § 1 1 Rn. 46; Graffe in Dötsch/JostlPung/Witt, KStG, § 1 1 Rn. 2 5 ; Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 5 1 . 1 5 5 Diese Begründung wird meist nur aus dem Zusammenhang deutlich. Vgl. z.B . Lam­ brecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 5 1 ; Lenz in Erle/Sauter, KStG3 , § 1 1 Rn. 46.

132

Offene und verdeckte Liquidationsraten während der Abwicklung

S . 1 , 2 KStG, der über § 1 1 Abs. 6 KStG in Bezug genommen wird. 1 56 Nach einem dritten Ansatz schließlich ist - wie während der laufenden Besteuerung auch - über § 8 Abs. 3 S . 1 , 2 KStG i.Y.m. § 1 1 Abs. 6 KStG eine außerbilan­ zielle Hinzurechnung vorzunehmen. 1 5 7 Auch wenn dies nicht ausdrücklich ge­ sagt wird, folgt daraus die Anwendung der vGA-Grundsätze auf vorzeitige Li­ quidationsauskehrungen. 1 58 11.

Eigene Auffassung

Das Abwicklungs-Endvermögen ist als "zu verteilendes Vermögen" definiert, § 1 1 Abs. 3 KStG. Es ist durchaus vom Wortlaut gedeckt, auch vorzeitige Li­ quidationsraten unter das "zu verteilende Vermögen" zu fassen, da § 1 1 Abs . 3 KStG keine zeitliche Einschränkung enthält. Allerdings zeigt der Begriff des Abwicklungs-Endvermögens, dass der Gesetzgeber dabei doch eher an das Vermögen gedacht hat, das am Ende der Liquidation verteilt wird. Insofern wird man den Wortlaut weder in der einen noch in der anderen Richtung für zwingend halten können, sondern vielmehr davon ausgehen müssen, dass alle vertretenen Ansichten vom Wortlaut gedeckt sind. Aus der Gesetzgebungsge­ schichte lässt sich zu dieser Frage kaum etwas gewinnen. Explizit erörtert wurde sie nie, allenfalls die in der Begründung zum KStG 1 977 1 59 auftretende Bemerkung, die Rechtslage solle nicht geändert werden, könnte man als Ar­ gument :für die Einbeziehung in das Abwicklungs-Endvermögen verstehen, da die Rechtsprechung seit 1 93 8 1 6 0 entsprechend entscheidet. Dabei kann es sich allerdings nicht um mehr als ein Indiz handeln. Aus steuersystematischer Sicht kann das Folgende gesagt werden: Es wurde bereits ausgeführt, dass Liquida­ tionsraten und Gewinnausschüttungen keiner unterschiedlichen steuerrechtli­ chen Behandlung bedürfen. 161 Insofern ist es prinzipiell wünschenswert, in beiden Situationen dieselben Regeln anzuwenden. Dies ist, wie oben gezeigt wurde, für das Abwicklungs-Endvermögen nicht möglich. 1 62 Eine vollständige Gleichbehandlung ist deshalb nicht zu erreichen. Dies hindert aber nicht daran, ein entsprechendes Argument :für vorzeitige Liquidationsraten anzuerkennen. Hinzu kommt, dass die herrschende Auffassung in bestimmten Fällen der ver-

1 5 6 Frotscher in FrotscherlMaas, KStG, § 1 1 Rn. 66 (im Widerspruch dazu allerdings das Ermittlungsschema in Rn. 53). 1 5 7 Micker in Herrmann/HeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 52, 5 9 (im Widerspruch dazu aber Rn. 44 : Hinzurechnung zum Abwicklungs-Endvermögen); ebenso das Ermittlungs­ schema von Frotscher in FrotscherlMaas, KStG, § 1 1 Rn. 53 (anders aber in Rn. 66). 1 5 8 Dies gilt auch im Fall von offenen Sachauskehrungen, da insofern nach herrschender und richtiger Ansicht ebenfalls vGA-Grundsätze anzuwenden sind, vgl. oben S. 1 2 8 f. 1 59 RegBegr. BT-Drs. 71 1 470 (S. 344). 1 60 RFH v. 1 0. 05 . 1 93 8, I 266/3 7, RStBl. 1 93 8, S . 630 f. 1 6 1 Oben S . l 07 f. 1 62 Oben S . 1 20 ff.

133

Gewinnermittlung

deckten Liquidationsrate nicht ohne Fiktionen auskommt. 163 Dies gilt etwa rur den Fall eines zinslosen Darlehens, das die Gesellschaft einem Gesellschafter gewährt: Eine verdeckte Liquidationsrate wäre hier in Höhe der ersparten Zin­ sen anzunehmen. Allerdings sind diese nicht an den Gesellschafter verteilt worden, sodass man insoweit fingieren müsste, dass der Gesellschafter Zinsen gezahlt hat und diese von der Gesellschaft dann wieder dem Gesellschafter zugewendet wurden. Eine solche Fiktion ohne gesetzliche Grundlage ist zu­ mindest nicht unproblematisch. 164 Angesichts der Regelung des § 8 Abs . 3 S . 1 , 2 KStG; die sich über § 1 1 Abs. 6 KStG zwanglos in Bezug nehmen lässt, besteht auch überhaupt kein Anlass, auf eine Fiktion zurückzugreifen, weil wegen der außerbilanziellen Hinzurechnung der verdeckten Gewinnausschüt­ tung eine solche nicht notwendig ist. Schließlich spricht fiir die Anwendung des § 8 Abs . 3 KStG auch, dass insbesondere im Hinblick auf verdeckte Liqui­ dationsraten neben den dogmatischen Grundlagen zur verdeckten Gewinnaus­ schüttung auf die insoweit sehr umfangreiche Kasuistik zurückgegriffen wer­ den kann, was den Vorteil vorhersehbarer Ergebnisse hat. Aus der Zweckrich­ tung der besonderen Gewinnermittlung des § 1 1 KStG - der Auflösung der stillen Reserven - sind keine Erkenntnisse zu gewinnen, da insoweit keine Un­ terschiede zwischen den Auffassungen bestehen. Nach dem Gesagten ist es überzeugender, eine außerbilanzielle Hinzurech­ nung auf Grundlage des § 8 Abs. 3 S . 1 , 2 KStG vorzunehmen. Dies gewähr­ leistet insbesondere im Bereich · der verdeckten Liquidationsraten einen Gleichlauf mit der Behandlung verdeckter Gewinnausschüttungen und lässt einen Verzicht auf gesetzlich nicht angeordnete Fiktionen zu.

F.

Gewinnermittlun g bei Zwischenveranla g ungen

I.

Ü berblick und Problemfelder

Dauert die Liquidation länger als drei Jahre, kann die Finanzverwaltung Zwi­ schenveranlagungen vornehmen, § 1 1 Abs . 1 S . 2 KStG. Nach hier vertretener Auffassung16 5 sind solche Zwischenveranlagungen nur vorläufiger Natur, sie werden spätestens166 zum Abschluss der Liquidation durch eine Veranlagung fiir den gesamten Abwicklungszeitraum ersetzt. Im Hinblick auf Zwischenver­ anlagungen sind zwei Fragen auseinanderzuhalten: Die Ermittlung des (Zwi­ schen)Gewinns auf der einen Seite und die Ermittlung eines Vermögensstan1 63 Für den Bereich der verdeckten Gewinnausschüttung ausfuhrlich Wassermeyer in FS Raupach, S . 565 ff. ( S . 5 6 8 ff.). 1 64 Nach h.M. sogar unzulässig, z.B . BFH v. 26. 1 0 . 1 986, GrS 2/86, B StBl. II 1 988, S . 348 ff. (S. 3 54) unter C .I.3 .c; Wassermeyer in FS Raupach, S . 565 ff. (S. 5 6 8 f.); Meßmer, StbJB 1 977/78, S . 65 ff. (S. 1 2 1 ff.). 1 65 Ausfuhrlich oben S . 82 ff. 1 66 Zur Aufhebung von Zwischenveranlagungen oben S . 92 ff.

1 34

Gewinnermittlung bei Zwischenveranlagungen

des im Zeitpunkt der Zwischenveranlagung andererseits. Dieser Vermögens­ stand soll hier in Fortführung des Gesetzeswortlauts als Abwicklungs­ Zwischenvermögen bezeichnet werden. 167 Zur Frage der Ermittlung des Zwi­ schengewinns ist festzuhalten, dass dieser durch Vermögensvergleich erfolgen muss, und zwar in modifizierter Form des § 1 1 Abs . 1 S . 1 , Abs . 2 KStG. Auch wenn § 1 1 KStG nicht ausdrücklich vorgibt, wie ein Zwischengewinn zu er­ mitteln ist, scheidet ein Rückgriff auf den sonst geltenden Betriebsvermögens­ vergleich gern. § 4 Abs. 1 S . 1 EStG schon deshalb aus, weil es sich um einen mindestens dreij ährigen Vergleichszeitraum handelt. Im Übrigen entspricht es allein der Systematik des § 1 1 KStG, die Gewinnermittlung gern. § 1 1 Abs . 2 KStG vorzunehmen, der allerdings für die Ermittlung des Zwischengewinns im Hinblick auf das Abwicklungs-Endvermögen angepasst werden muss: An dessen Stelle tritt das Abwicklungs-Zwischenvermögen. Dies gilt auch dann, wenn mehrere Zwischenveranlagungen stattfinden. In diesem Fall ist nämlich nach hier vertretener Auffassung die vorangegangene Zwischenveranlagung aufzuheben und dem Zwischengewinn wiederum der Zeitraum seit der Auflö­ sung zugrunde zu legen. 1 68 Unabhängig von den Zwischenveranlagungen er­ folgt am Ende der Abwicklung die Ermittlung des Abwicklungsgewinns gern. § 1 1 Abs . 2 KStG für den gesamten Liquidationszeitraum. 11.

Ermittlung des Abwicklungs-Zwischenvermögens

Problematisch und umstritten ist die Ermittlung des Abwicklungs-Zwischen­ vermögens. Hierzu werden drei Auffassungen vertreten. Die Finanzverwaltung ermittelt das Abwicklungs-Zwischenvermögen nach allgemeinen Grundsätzen, also insbesondere nach den § § 5 ff. EStG. 169 Nach der wohl überwiegenden Gegenauffassung ist das Bewertungsgesetz anwendbar mit der Konsequenz, dass sämtliche Wirtschaftsgüter mit dem gemeinen Wert anzusetzen sind. 1 7 0 Schließlich ist nach einer vermittelnden Ansicht zwar die besondere Gewinn­ ermittlung des § 1 1 KStG auch für etwaige Zwischenveranlagungen vorzu­ nehmen, allerdings ist danach der gemeine Wert nur insoweit anzusetzen, als eine Realisierung oder Ausschüttung bereits stattgefunden hat, im Übrigen sind fortgeführte Buchwerte anzusetzen. 1 7 1 Vergleicht man die erste und dritte

1 67 Oft auch als vorläufiges Abwicklungs-Endvermögen bezeichnet. 1 68 Zur Begründung oben S . 90 ff. 1 69 Fin. Verw. R 5 1 Abs. 3 KStR 2004; ebenso Frotscher in FrotscherlMaas, KStG, § 1 1 Rn. 42. 1 70 Lenz in Erle/Sauter, KStG3 , § 1 1 Rn. 47; Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 42; Graffe in Dötsch/JostlPung/Witt, KStG, § 1 1 Rn. 25; Micker in Herr­ mannIHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 45; in diese Richtung wohl auch BFH v. 1 4 . 1 2 . 1 965, I 246/62 V, B StBl. III 1 966, S. 1 52 f. (S. 1 53 ) . 1 7 1 Hofmeister i n B lümich, KStG, § 1 1 Rn. 7 7 ; Lohmann/Bascope, GmbHR 2006, S . 1 3 1 3 ff. (S. 1 3 1 5 f.).

135

Gewinnermittlung

Ansicht, zeigt sich, dass sie zu ähnlichen Ergebnissen 1 72 fUhren, da in beiden Fällen Buchwerte angesetzt werden, soweit noch keine Realisierung oder Aus­ schüttung stattgefunden hat. Die zweite Auffassung deckt hingegen in der Zwischenbilanz auch solche stillen Reserven auf, die noch gar nicht realisiert oder ausgeschüttet worden sind. 173 Die erste Ansicht dagegen unterscheidet sich von den beiden anderen Ansichten darin, wie offene und verdeckte Liqui­ dationsraten behandelt werden. Dies erfolgt nach der ersten Auffassung gern. § 8 Abs. 3 S . l , 2 KStG, also durch Hinzurechnung zum Zwischengewinn, wäh­ rend die zweite und dritte Ansicht durch Ansatz sämtlicher Liquidationsraten im Abwicklungs-Zwischenvermögen sicherstellen, dass diese durch das Ge­ seIlschaftsverhältnis veranlassten Vermögensminderungen steuerlich keine Auswirkung haben. Abgesehen von diesem technischen Unterschied werden alle drei Auffassungen im Hinblick auf die Bewertung der Liquidationsraten zu zumindest sehr ähnlichen Ergebnissen kommen. 1 74 1.

Auslegungsmöglichkeiten aufgrund von Wortlaut, Historie und Systematik

Es stellt sich somit die Frage nach der Ermittlung des Abwicklungs­ Zwischenvermögens. Hier liegt es auf den ersten Blick nahe, dieselben Grund­ sätze anzuwenden wie auf das Abwicklungs-Endvermögen, es also als vorläu­ figes Abwicklungs-Endvermögen zu verstehen. 1 7 5 DafUr wird vor allem vorge­ bracht, dass eine Zwischenveranlagung insgesamt nach denselben Grundsät­ zen erfolgen müsse wie auch sonst die Ermittlung des Abwicklungsgewinns. Der Wortlaut des § 1 1 KStG ist indes nicht so eindeutig. Denn zunächst einmal handelt es sich begrifflich nicht um ein Abwicklungs-Endvermögen, da es ge­ rade nicht am Ende der Liquidation steht. Dies gilt umso mehr, wenn man die Definition des Abwicklungs-Endvermögens als zu verteilendes Vermögen be­ rücksichtigt: Es handelt sich eben noch nicht um das zu verteilende Vermögen, sondern nur um ein Zwischenvermögen auf dem Weg zur Verteilung. Zwar kann man diesen Vorwurf dadurch mindern, dass man von einem "vorläufigen Abwicklungs-Endvermögen" spricht. Ein solches ist in § 1 1 KStG allerdings weder genannt noch definiert. Deshalb ist davon auszugehen, dass der Wort­ laut des § 1 1 KStG keine verlässliche Aussage darüber trifft, nach welchen 1 72 Die von Lohmann/Bascope, GmbHR 2006, S. 1 3 1 3 ff. (S. 1 3 1 4) befiirchtete Doppelbe­ steuerung von verdeckten Liquidationsraten, die ihrer Ansicht nach auf Grundlage der Verwaltungsauffassung dann entsteht, wenn verdeckte Liquidationsraten vor der letzten Zwischenveranlagung ausgekehrt werden, tritt nicht ein. Zur Begründung unten S . 1 3 9 f. 1 73 Problematisiert von Lohmann/Bascope, GmbHR 2006, S . 1 3 1 3 ff. ( S . 1 3 1 5) . 1 74 Geringfügige Abweichungen können sich bei verdeckten Liquidationsraten bzw. Sach­ ausschüttungen durch unterschiedliche Bewertung ergeben, vgl. zur gleichgelagerten Probl ematik bei Ermittlung des Abwicklungs-Endvermögens oben S . 1 20 ff. 1 75 In diese Richtung z.B . BFH v. 1 4 . 1 2 . 1 965, I 246/62 U, B StBl. III 1 966, S . 1 52 f. (S. 1 53).

136

Gewinnerrnittlung bei Zwischenveranlagungen

Grundsätzen ein Abwicklungs-Zwischenvermögen zu ermitteln ist. Diesen Be­ fund stützt auch die Gesetzgebungsgeschichte. Denn die spärliche Gesetzesbe­ gründung l 76 des KStG 1 934 deutet darauf hin, dass sich der Gesetzgeber dieser Problematik nicht bewusst war und sie deshalb nicht geregelt hat. Das wesentliche Argument der überwiegenden Auffassung besteht darin, dass die besondere Gewinnermittlung des § 1 1 Abs. 2-5 KStG insgesamt auch auf die Ermittlung eines Zwischengewinns übertragen werden müsse. HierfUr lässt sich immerhin anfUhren, dass, wenn man schon die Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich gern. § 1 1 Abs. 1 S . 1 KStG auch fUr die Zwischenveran­ lagung übernimmt, sich diese auch auf die Ermittlung des Zwischenvermögens erstrecken muss. Allerdings : Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Defini­ tion des Abwicklungs-Endvermögens in § 1 1 Abs. 3 KStG auch maßgeblich fUr die Ermittlung des Abwicklungs-Zwischenvermögens ist, folgt daraus nicht zwingend die Bewertung anhand des Bewertungsgesetzes. Dies ergibt sich aus der Begründung fUr die Ermittlungsgrundsätze zum Abwicklungs­ Endvermögen, die oben herausgearbeitet wurde. Diese fußt wesentlich auf dem Spannungsverhältnis zwischen dem Begriff des Betriebsvermögens einer­ seits und dem des zu verteilenden Vermögens andererseits. 1 77 Wie bereits ge­ sagt wurde, lässt sich beim Zwischenvermögen allerdings nur schwierig von einem zu verteilenden Vermögen sprechen, da sich dieses nicht nur in seinem Wert, sondern insbesondere auch in seiner Zusammensetzung bis zur Vertei­ lung in aller Regel noch (deutlich) ändern wird. Hinzu kommt, dass die Er­ mittlung des Zwischengewinns ohnehin auf einer Modifizierung des Vermö­ gensvergleichs gern. § 1 1 Abs . 2 KStG beruht, sodass sich aus dem unter­ schiedlichen Wortlaut von Betriebsvermögen und zu verteilendem Vermögen allein kein entscheidendes Argument ergibt. Aus den genannten Gründen lässt sich die Begründung fUr die Anwendung des Bewertungsgesetzes nicht ohne Weiteres auf die Ermittlung des Abwicklungs-Zwischenvermögens übertragen. Schließlich wird noch argumentiert, dass die Anwendung der allgemeinen Grundsätze auf das Zwischenvermögen nicht dem Gesetz entspreche, da von diesem gefordert werde, den gesamten Abwicklungszeitraum dem besonderen Gewinnermittlungsregime zu unterwerfen. 1 7 8 Indes trägt auch dieses Argument nicht, und zwar schon deshalb nicht, weil nach richtiger1 79 Ansicht Zwischen­ veranlagungen nur vorläufiger Natur sind und daher spätestens l 80 bei Ab­ schluss der Liquidation aufgehoben werden. Daraus ergibt sich, dass unabhän­ gig davon, wie das Abwicklungs-Zwischenvermögen ermittelt wird, immer der 1 76 RegBegr. RStBl. 1 93 5 , s. 8 1 ff. ( S . 85). 1 77 Oben S . 1 26 f. 1 78 Insbesondere Lohmann/Bascope, GrnbHR 2006, S . 1 3 1 3 ff., die die Auffassung der Fi­ nanzverwaltung wohl für eine Auslegung contra legern halten. 1 79 Siehe die ausführliche Begründung oben S. 82 ff. 1 80 V gl. zur Aufhebung der Zwischenveranlagungen oben S . 92 ff.

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Gewinnermittlung

gesamte Abwicklungsgewinn dem besonderen Gewinnermittlungsregime des § 1 1 Abs. 2 KStG unterworfen wird. Nach dem Gesagten ergibt sich folgendes Bild: Die Gewinnermittlung bei ei­ ner Zwischenveranlagung findet statt durch Gegenüberstellung von Ab­ wicklungs-Anfangsvermögen und Abwicklungs-Zwischenvermögen. Dies er­ gibt sich aus einer Modifikation des § 1 1 Abs. 1 S . 1 KStG durch die Dreij ah­ resregelung des § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG. Zur Ermittlung des Abwicklungs­ Zwischenvermögens ist damit nichts Eindeutiges gesagt. Hier sind folgende Möglichkeiten eröffnet: Einerseits kann man argumentieren, dass das Ab­ wicklungs-Zwischenvermögen auf Grundlage des § 1 1 Abs . 3 KStG zu bilden ist, wobei dann eigenständig herzuleiten wäre, welche Ermittlungsgrundsätze anzuwenden sind. Andererseits ließe sich argumentieren, dass § 1 1 KStG keine Definition des Abwicklungs-Zwischenvermögens enthält und deshalb über § 1 1 Abs. 6 KStG auf die allgemeinen Gewinnermittlungsgrundsätze zurück­ zugreifen ist. 2.

Behandlung der stillen Reserven

Von wesentlicher Bedeutung ist die Behandlung von stillen Reserven, die im Zeitpunkt der Zwischenveranlagung noch im Vermögen der Gesellschaft vor­ handen, also noch nicht am Markt realisiert oder an Gesellschafter ausgeschüt­ tet worden sind. Nach der überwiegenden Auffassung sind auch solche stillen Reserven durch die Zwischenveranlagung steuerwirksam aufzudecken. 1 8 1 Folgt man dem, gilt das Realisationsprinzip während der Abwicklung steuer­ rechtlich nicht mehr. Dies ist aus mehreren Gründen problematisch. 1 82 Zu­ nächst wird das Realisationsprinzip zwar rechtstechnisch über den Maßgeb­ lichkeitsgrundsatz aus dem Handelsbilanzrecht abgeleitet, allerdings wird es in der Literatur mit überzeugenden Argumenten auch fiir verfassungsrechtlich geboten gehalten. 1 8 3 Selbst wenn man dem nicht folgen will und das Realisati­ onsprinzip vollständig zur Disposition des Gesetzgebers stellen will, ist frag­ lich, wie sich vor dem Hintergrund des Gleichheitssatzes rechtfertigen lässt, das Realisationsprinzip nur während der Abwicklung nicht anzuwenden. Es ist nämlich kein sachlicher Grund ersichtlich, warum gerade während der Liqui­ dation das Realisationsprinzip nicht gelten sollte. Im Gegenteil: Ein wesentli­ cher Zweck 1 84 des Realisationsprinzips ist es, zu vermeiden, dass Gewinne steuerlich realisiert werden, ohne dass dadurch auch ein Liquiditätszufluss er­ folgt. Anders ausgedrückt: Das Realisationsprinzip dient auch dazu, dass Ge­ winne, denen kein Zugewinn an Liquidität gegenübersteht - also Buchgewin1 8 1 Nachweise oben Fußnote 1 70 . 1 82 Ebenfalls gegen eine Realisierung, wenn auch ohne Begründung, Lohmann/Bascope, GmbHR 2006, S. 1 3 1 3 ff. (S. 1 3 1 5). 1 83 Schlotter, FR 2007, S . 95 1 ff. (S. 956 f.); Schulze-Osterloh, DStJG 23 , S . 69 ff. (S. 7 1 f.); sympathisierend auch Vogel, StuW 1 974, S . 1 93 ff. (S. 1 99 f.). 1 84 Vgl. hierzu nur Schlotter, FR 2007, S . 95 1 ff. (S. 956).

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Gewinnermittlung bei Zwischenveranlagungen

ne - nicht versteuert werden müssen. Deren Besteuerung kann nämlich zu wirtschaftlichen Problemen führen, da ihnen oft keine entsprechend gesteiger­ te Leistungsfähigkeit gegenübersteht. Da aber während der Abwicklung eine Gesellschaft oftmals finanziell angeschlagen sein wird, ist es gerade in dieser Situation geboten, dem Realisationsprinzip Geltung zu verschaffen. Deshalb ist es vorzuziehen, stille Reserven im Rahmen von Zwischenveranla­ gungen nicht aufzudecken, soweit sie weder realisiert noch ausgeschüttet wor­ den sind. Dies lässt sich auf zwei Wegen erreichen: Entweder man wendet die allgemeinen Grundsätze an oder man nimmt zwar eine Bewertung aufgrund des Bewertungsgesetzes vor, lässt aber eine Buchwertfortführung zu. Wie oben gezeigt wurde, sind prinzipiell beide Auffassungen von Wortlaut und Systematik des § 1 1 KStG gedeckt. Allerdings spricht für die erste Lösung, dass die zweite Ansicht insofern problematisch ist, als sie ebenfalls teilweise auf allgemeine Grundsätze zurückgreifen muss, da eine Buchwertfortführung nur auf Grundlage der § § 5 ff. EStG möglich ist. Dies führt zu einer gemisch­ ten Anwendung des Bewertungsgesetzes und der § § 5 ff. EStG, was kaum überzeugend ist. Näherliegend ist es, allein die § § 5 ff. EStG anzuwenden und dies über den Verweis des § 1 1 Abs. 6 KStG zu begründen. Das oben ange­ führte Argument1 85 gegen eine Anwendung der § § 5 ff. EStG auf das Abwick­ lungs-Endvermögen (das darin lag, das letzteres im Unterschied zum Abwick­ lungs-Anfangsvermögen gerade nicht unter Rückgriff auf den Betriebsvermö­ gensbegriff definiert ist) verfängt hinsichtlich des Abwicklungs-Zwischenver­ mögens nicht: Denn die Definition des Abwicklungs-Endvermögens lässt sich nicht einfach auf das Abwicklungs-Zwischenvermögen übertragen, da es eben nicht das zu verteilende Vermögen darstellt. Deshalb ist es möglich, über § 1 1 Abs. 6 KStG zur Anwendung der § § 5 ff. EStG zu kommen. Diese Lösung führt auch nicht zu einer Doppelbesteuerung verdeckter Liqui­ dationsraten, wie dies von Lohmann/Bascope behauptet wird. 1 86 Diese soll sich daraus ergeben, dass bei Anwendung allgemeiner Grundsätze verdeckte Liqui­ dationsraten in Gestalt von Unterpreisveräußerungen an Gesellschafter, die vor einer Zwischenveranlagung erfolgen, in Höhe der Differenz zum Verkehrswert zu einer außerbilanziellen Hinzurechnung nach vGA-Grundsätzen führen. Diese würden dann im Abwicklungs-Endvermögen mit ihrem vollen gemeinen Wert angesetzt, was in Höhe der außerbilanziellen Hinzurechnung im Rahmen der Zwischenveranlagung zu einer Doppelbesteuerung führe. Diese Folge tritt allerdings nicht ein. Geht man von vorläufigen Zwischenveranlagungen aus, wird die Zwischenveranlagung samt Hinzurechnung wieder aufgehoben, so­ dass keine Doppelbesteuerung entstehen kann. Geht man hingegen von einer endgültigen Zwischenveranlagung aus, wird man folgerichtig auch davon aus­ gehen müssen, dass im Abwicklungs-Endvermögen nur diej enigen Wirt1 85 Oben S. 1 26 f. 1 86 Lohmann/Bascope, GmbHR 2006, S . 1 3 1 3 ff. (S. 1 3 1 4).

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Gewinnermittlung

schaftsgüter auftauchen, die auch zu Beginn des letzten Abwicklungszeitraums vorhanden waren, da der Zeitraum vor der vorangegangenen Zwischenveran­ lagung in keiner Weise in den letzten Abwicklungszeitraum einbezogen wer­ den kann. Auch auf Gesellschafterebene besteht die Gefahr einer Doppelbe­ steuerung nicht, da j eder Vermögenszufluss nur einmal besteuert wird. 111.

Zusammenfassung

Damit ergibt sich fiir die Gewinnermittlung im Rahmen von Zwischenveranla­ gungen gern. § 1 1 Abs . 1 S . 2 KStG folgendes Bild: Der Gewinn wird durch Gegenüberstellung von Abwicklungs-Anfangsvermögen und Abwicklungs­ Zwischenvermögen ermittelt. Grundlage hierfiir ist eine modifizierende Aus­ legung des § 1 1 Abs. 2 KStG, durch die das Abwicklungs-Endvermögen durch das Abwicklungs-Zwischenvermögen ersetzt wird. Im Übrigen gelten über § 1 1 Abs. 6 KStG die allgemeinen Grundsätze der Gewinnermittlung, insbe­ sondere die § § 5 ff. EStG. Das Abwicklungs-Zwischenvermögen wird entspre­ chend ermittelt und Liquidationsraten werden dem Zwischengewinn gern. § 8 Abs. 3 S . 1 KStG hinzugerechnet.

G

Einzelne Probleme

I.

Aufstellungs- und Bewertungsstichtag; wertaufhellende Um­ stände

1.

Aufstellungsstichtag des Abwicklungs-Endvermögens

Kaum erörtert wird in der Literatur die Frage, auf welchen Stichtag das Ab­ wicklungs-Endvermögen aufzustellen ist. 1 8 7 Lediglich der Bewertungsstichtag wird angegeben, nämlich nach allgemeiner und richtiger1 88 Auffassung mit dem Zeitpunkt der Übertragung des j eweiligen Wirtschaftsguts. 1 89 Die Frage des Aufstellungsstichtags ist allerdings, anders als man zunächst meinen könn­ te, keine rein technische Frage. Das liegt daran, dass dieser Zeitpunkt maßgeb­ lich dafiir ist, in welchen Bemessungs- und Veranlagungszeitraum der Liquidationsgewinn fällt, mithin: welche Steuergesetze anwendbar sind. 190 Grund dafiir ist, dass dem Bemessungszeitraum, in dem der Gewinnermittlungszeitraum und somit das Wirtschaftsj ahr im Sinne des § 1 1 KStG enden, der Liquidationsgewinn zugeordnet wird. Da aber, wie j eder andere Gewinnermittlungszeitraum, fiir den der Gewinn durch Vermögensvergleich ermittelt wird, auch der Gewinnermittlungszeitraum im 1 87 Implizit angesprochen im Zusammenhang mit dem Ende des Abwicklungszeitraums von Micker in Herrmann/HeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 2 1 , 26. 1 88 Zur Begründung sogleich S . 1 43 f. 1 89 Holland in Ernst & Young, KStG, § 1 1 Rn. 5 1 ; Lenz in Erle/Sauter, KStG3 , § 1 1 Rn. 46. 1 90 Zum Einfluss des § 1 1 KStG auf Wirtschaftsjahr und Gewinnermittlungs-, Bemessungssowie Veranlagungszeitraum ausführlich oben S. 4 1 ff.

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Einzelne Probleme

auch der Gewinnermittlungszeitraum im Sinne des § 1 1 KStG durch eine Bi­ lanz abgeschlossen werden muss, ist der Stichtag, auf den das Abwicklungs­ Endvermögen aufgestellt wird, der Zeitpunkt, in dem der Gewinnermittlungs­ zeitraum gern. § 1 1 KStG endet. Vorab ist festzuhalten, dass der Aufstellungsstichtag des Abwicklungs­ Endvermögens kein Stichtag im eigentlichen Sinn sein kann, weil das zu bi­ lanzierende Vermögen - das an die Gesellschafter zu verteilende Vermögen gern. § 1 1 Abs. 3 KStG - in seiner Zusammensetzung nicht unbedingt auf ei­ nen einzelnen Tag festgestellt werden kann. Es mag etwa so sein, dass zu­ nächst eine Liquidationsrate ausgekehrt wird und ein paar Tage später ein be­ stimmtes Wirtschafts gut veräußert wird, was zu einer erneuten Auskehrung führt. Das ist, wenn insbesondere das Sperrj ahr beachtet worden ist, gesell­ schaftsrechtlich unbedenklich. Es ist eben das Vermögen erfasst, was aufgrund der Schlussverteilung an die Gesellschafter übertragen wird. Im Abwicklungs­ Endvermögen wird also gewissermaßen nicht der Vermögens stand an einem bestimmten Tag, sondern der eines bestimmten Zeitraums - dem der Schluss­ verteilung - erfasst. Dem entspricht es, dass der Bewertungsstichtag ein ande­ rer sein kann als der Aufstellungsstichtag. Schließlich folgt daraus auch, dass es nicht zwingend ist, dass zum Aufstellungsstichtag des Abwicklungs­ Endvermögens noch Vermögen in Händen der Gesellschaft LL. vorhanden ist. Für die Festlegung des Aufstellungsstichtags des Abwicklungs-Endvermögens gibt der Wortlaut des § 1 1 KStG wenig, aber immerhin etwas her: Zwar ist den Definitionen des Abwicklungsgewinns und des Abwicklungs-Endvermögens in zeitlicher Hinsicht nichts zu entnehmen, allerdings ergibt sich aus § 1 1 Abs . 1 S . 1 KStG ein Anhaltspunkt. Danach ist der im Zeitraum der Abwick­ lung erzielte Gewinn maßgeblich, mithin muss das Ende der Abwicklung der Aufstellungsstichtag für das Abwicklungs-Endvermögen sein. Fraglich ist al­ lerdings, wie das Ende der Abwicklung in diesem Sinne zu verstehen ist. Da die Abwicklung ein gesellschaftsrechtliches Merkmal ist 191 , wird man auch das Ende der Abwicklung nach den entsprechenden Vorschriften im Gesellschafts­ recht bestimmen müssen, zumal sich im Steuerrecht hierzu nichts findet. Maß­ geblich sind somit die gleichlautenden § 273 Abs . 1 AktG, § 74 Abs. 1 GmbHG, wonach der Schluss der Liquidation zum Handelsregister anzumel­ den ist, sobald die Liquidation beendet und die Schlussrechnung gelegt wor­ den ist. In Betracht kommen mithin zwei Zeitpunkte, nämlich einmal der Zeit­ punkt, in dem die Liquidation beendet ist und zweitens, wenn die Beendigung zur Eintragung angemeldet wird, was zusätzlich die Schlussrechnung voraus­ setzt, also die Rechenschaftslegung der Liquidatoren. Obgleich man daraus folgern kann, dass die Schlussrechnung nicht zur Abwicklung gehört, und da­ mit strenggenommen das Ende der Abwicklung im Sinne des § 1 1 KStG auch

1 9 1 Dazu oben S. 28 ff.

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Gewinnermittlung

ohne Schlussrechnung und Eintragungsanmeldung gegeben wäre, ist es vor­ zugswürdig, stattdessen auf den Tag abzustellen, an dem das Ende der Ab­ wicklung zur Eintragung ins Handelsregister angemeldet wird: Erstens bedeu­ tet dies eine praktikable Lösung, weil dieser Zeitpunkt einfach feststellbar ist. Dagegen ist das Ende der Liquidation gern. § 273 Abs. 1 AktG, § 74 Abs . 1 GmbHG j edenfalls nicht ganz so leicht ermittelbar, da hierfür einige tatsächli­ che Voraussetzungen erfüllt sein müssen, nämlich insbesondere die fehlende Notwendigkeit weiterer Abwicklungsmaßnahmen und die abgeschlossene Ver­ mögensverteilung1 92 • Zweitens ist Folgendes zu berücksichtigen: Die Schluss­ rechnung muss nach einhelliger Auffassung nicht nur aufgestellt werden, son­ dern die Liquidatoren müssen durch die Haupt- bzw. Gesellschafterversamm­ lung entlastet werden. 193 Erst nach dieser Entlastung, die das Einverständnis mit der Schlussrechnung einschließt, wird man davon ausgehen können, dass sich am Abwicklungsergebnis nichts mehr ändert, zumal die Entlastung nach h.M. 194 einen Verzicht auf etwaige Schadensersatzansprüche gegen die Ab­ wickler bedeutet. Es erscheint deshalb sinnvoll, die Besteuerung erst zu die­ sem Zeitpunkt vorzunehmen, weil der steuerpflichtige Gewinn vorher nicht feststeht. Schließlich widerspricht dies auch nicht dem Wortlaut des § 1 1 Abs. 1 S . 1 KStG. Denn auch aus Sicht des Gesellschaftsrechts ist es zweifel­ haft, den Begriff der Abwicklung so eng zu sehen, wie dies der Wortlaut der § 273 Abs. 1 AktG, § 74 Abs . 1 GmbHG nahelegt. 195 Dagegen spricht der eben ausgeführte Zusammenhang mit der Schlussrechnung, da z.B . etwaige Ersatz­ ansprüche eine Fortsetzung der Abwicklung bedeuten würden; ebenso spricht dagegen, dass der Schluss der Abwicklung erst dann zur Eintragung anzumel­ den ist, wenn die Schlussrechnung gelegt ist. Insgesamt ist j edenfalls davon auszugehen, dass die hier gefundene Lösung - als Schluss der Abwicklung im Sinne des § 1 1 Abs. 1 S . 1 KStG den Zeitpunkt zu verstehen, in dem das Ende der Liquidation zum Handelsregister angemeldet wird - vom Wortlaut der § 273 Abs. 1 AktG, § 74 Abs. 1 GmbHG gedeckt ist. Eine Kontrollüberlegung zeigt, dass zwei weitere Anknüpfungspunkte, an die man bei unbefangener Betrachtung zunächst denken könnte, nicht in Betracht kommen, nämlich erstens der Zeitpunkt der Vollbeendigung1 9 6 und zweitens der Zeitpunkt der Löschung aus dem Handelsregister. Der Zeitpunkt der Voll­ beendigung ist zum einen deshalb problematisch, weil er in Ausnahmefällen schwierig feststellbar sein kann. Vor allem fUhrt er aus folgendem Grund zu 1 92 Z.B. Schulze-OsterlohiNoack in HueckIBaumbach, GmbHG2 , § 74 Rn. 2 . 1 93 Hüffer i n MünchKomm, AktG3 , § 2 7 3 Rn. 7; Paura i n UlmerlHabersack/Winter, GmbHG, § 74 Rn. 1 0 . 1 94 Hüffer in MünchKomm, AktG3 , § 273 Rn. 8 ; a.A. Kraft in KölnKomm, AktG2 , § 273 Rn. 9. 1 95 Hüffer (in MünchKomm, AktG3 , § 273 Rn. 5) hält die Schlussrechnung für "sachlich" zur Liquidation gehörig. 1 96 So vermutlich Micker in HerrmannlHeuer/Raupach, KStG, § 1 1 Rn. 2 1 , 26.

1 42

Einzelne Probleme

einem kaum lösbaren Problem: Der Zeitpunkt der Löschung, die regelmäßig die zeitlich zuletzt erfüllte Voraussetzung der Vollbeendigung ist, ist im Voraus nicht genau bestimmbar, weil er vom Registergericht abhängig ist. Das Ab­ wicklungs-Endvermögen muss allerdings zeitlich vor der Löschung aufgestellt werden und auch die Steuerschuld muss grundsätzlich vor der Löschung er­ füllt sein, da sonst die Abwicklung noch nicht beendet ist, mithin also die Lö­ schung noch nicht beantragt werden kann. Das hieße, dass das Abwicklungs­ Endvermögen auf einen unbestimmten Tag in der Zukunft aufgestellt werden müsste - ein unlösbares Problem, wenn man berücksichtigt, dass die Steuer­ schuld von diesem unbestimmten Tag abhängig sein kann. Dieselbe Schwie­ rigkeit ergäbe sich auch, wenn man die Eintragung der Löschung für maßgeb­ lich halten würde. Es bleibt deshalb bei dem oben gefundenen Ergebnis : Aufstellungsstichtag für das Abwicklungs-Endvermögen und folglich auch maßgeblich für die Be­ stimmung des Veranlagungszeitraums, für den die Liquidationsbesteuerung vorgenommen wird, ist der Tag, an dem die Liquidatoren den S chluss der Ab­ wicklung gern. § 273 Abs. 1 AktG, § 74 Abs. 1 GmbHG zur Eintragung ins Handelsregister anmelden. 2.

Bewertungsstichtag und Wertaufbellungstheorie

Vom Aufstellungsstichtag ist der Bewertungsstichtag des Abwicklungs­ Endvermögens zu unterscheiden. Soweit das Abwicklungs-Endvermögen in Geld besteht, ergibt sich kein Problem, weil insofern keine Wertschwankungen auftreten können, die berücksichtigt werden müssten. Wird allerdings Sach­ vermögen an die Gesellschafter ausgekehrt, erlangt der Zeitpunkt der Bewer­ tung Bedeutung. Nach herrschender Auffassung1 9 7 kommt es dafür auf den Zeitpunkt an, in dem das j eweilige Wirtschaftsgut von der Gesellschaft auf den Gesellschafter übertragen wird. 198 Dieses Ergebnis wird zwar nicht begründet, ist aber gleichwohl zutreffend, und zwar aus folgendem Grund: Wie die Er­ tragsbesteuerung im Allgemeinen zielt auch die Liquidationsbesteuerung gern. § 1 1 KStG darauf ab, den vom Steuerpflichtigen erzielten Gewinn zu besteu­ ern. Die Kapitalgesellschaft erzielt aber durch Wertänderungen eines Wirt1 97 Z.B. Holland in Ernst & Young, KStG, § 1 1 Rn. 5 1 ; Lenz in Erle/Sauter, KStG3 , § 1 1 Rn. 46; das in diesem Zusammenhang regelmäßig zitierte Urteil des BFH (v. 1 4 . 1 2 . 1 965, I 246/62 U, B StBl. III 1 966, S. 1 52 f.) bezieht sich unmittelbar nur auf vorzeitige Liquidationsraten, auch wenn eine Übertragung auf Auskehrungen im Rah­ men der Endverteilung naheliegt. 1 9 8 A.A. Frotscher in FrotscherlMaas, KStG, § 1 1 Rn. 5 5 , der den Stichtag der Schlussbi­ lanz für maßgeblich hält, soweit eine Verteilung noch nicht stattgefunden hat, ohne al­ lerdings darauf einzugehen, auf welchen Stichtag das Abwicklungs-Endvermögen auf­ zustellen ist. Da am Aufstellungsstichtag nach eben begründeter Auffassung die Vermö­ gensverteilung bereits abgeschlossen ist, braucht die Auffassung von Frotscher hier nicht weiter erörtert werden.

1 43

Gewinnermittlung

schaftsguts nur solange einen Gewinn oder Verlust, wie das Wirtschaftsgut der Gesellschaft gehört, sodass es für eine zutreffende Gewinnermittlung allein auf den Zeitpunkt ankommen kann, in dem das Wirtschaftsgut auf den Gesell­ schafter übertragen wird. Ebenso entspricht es allgemeiner Auffassung1 99 , dass alle wertaufhellenden Umstände zu berücksichtigen sind, die bis zur Veranlagung bekannt werden, während hinsichtlich der laufenden Besteuerung der Zeitpunkt der Bilanzauf­ stellung maßgeblich ist (sog. Wertaufhellungstheorie2 00 ) . Zwei Gründe werden für diese Abweichung angeführt: Erstens wird argumentiert, dass die gesetzli­ che Grundlage für die Wertaufhellungstheorie, § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB, für das Abwicklungs-Endvermögen nicht einschlägig ist, da das Maßgeblichkeits­ prinzip nicht gilt? Ol Zweitens soll dies der Zweck der Liquidationsbesteue­ rung, nämlich die steuerwirksame Auflösung sämtlicher stiller Reserven, ge­ bieten.2 02 Im Ergebnis ist dem zuzustimmen. Zwar gilt § 252 HGB für das Abwicklungs-Endvermögen nicht, weil der Maßgeblichkeitsgrundsatz nicht anwendbar ist, allerdings ergibt sich ohnehin erst aus einer Erweiterung des zweiten Aspekts - der Sicherung der stillen Reserven - das entscheidende ma­ terielle Argument dafür, dass bis zur Veranlagung bekannt werdende wertauf­ hellende Tatsachen zu berücksichtigen sind. Die Realisierung der stillen Re­ serven ist nämlich durch das Leistungsfähigkeitsprinzip geboten.2 03 Es sind deshalb alle wertaufhellenden Umstände zu berücksichtigen, die noch recht­ zeitig bekannt werden, um eine Besteuerung zu erreichen, die der wirtschaftli­ chen Leistungsfähigkeit möglichst genau entspricht. Dies gilt genauso in ent­ gegengesetzter Richtung, also für den Fall, dass durch wertaufhellende Um­ stände eine Übermaßbesteuerung vermieden wird. 11.

Gesellschafter- und Sanierungsdarlehen, Rangrücktrittsverein barungen

Gesellschafter gewähren ihrer Gesellschaft aus vielfältigen Gründen Darlehen statt Eigenkapital. Dabei unterscheidet sich die Gewinnermittlung während der Liquidation nicht von der laufenden Bilanzierung , weshalb der folgende Über­ blick genügen mag. Gerät die Gesellschaft in die Krise, wird oftmals zur Ver­ meidung des Insolvenzgrundes der Überschuldung für Gesellschafterdarlehen 1 99 Z.B. Micker in HerrmannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 4 5 ; Hofmeister in Blümich, KStG, § 1 1 Rn. 5 1 ; Graffe in Dötsch/JostlPung/Witt, KStG, § 1 1 Rn. 2 5 ; auch hier wird - wohl zu Recht - regelmäßig die sich auf vorzeitige Liquidationsraten beziehende Ent­ scheidung des BFH (v. 1 4 . 1 2 . 1 965, I 246/62 U, B StBl. 111 1 966, S. 1 52 f.) zitiert. 200 Dazu z.B . Ehmcke in B lümich, EStG, § 6 Rn. 44; aus handelsrechtlicher Sicht Winkeljo­ hann/Büssow in BeckBilKomm8 , § 252 Rn. 3 7 ff. 20 1 BFH v. 1 4. 1 2 . 1 965, 1 246/62 U, B StBl. 111 1 966, S . 1 52 f. 202 Z.B . Holland in Ernst & Young, KStG, § 1 1 Rn. 5 1 ; Frotscher in FrotscherlMaas, KStG, § 1 1 Rn. 5 5 . 203 Dazu oben S . 1 29 ff.

1 44

Einzelne Probleme

ein Rangrücktritt vereinbart, der gern. § 1 9 Abs. 2 S . 2 InsO dazu fUhrt, dass diese Verbindlichkeiten für die Prüfung der Überschuldung unbeachtlich sind. 204 Auch nach der Auflösung ist eine Rangrücktrittsvereinbarung unprob­ lematisch möglich2 05 und kann zwecks Insolvenzvermeidung sinnvoll sein. Darlehen der Gesellschafter sind in der Steuerbilanz in voller Höhe zu passi­ vieren, da sie in dieser Höhe eingefordert werden können, und zwar unabhän­ gig davon, ob die Gesellschaft in der Lage ist oder sein wird, diese Verbind­ lichkeiten zu erfUllen.2 06 Gleiches gilt im Fall des einfachen oder qualifizierten Rangrücktritts. 20 7 Anders ist es allein dann, wenn die Rückzahlung des Darle­ hens nur unter denselben Voraussetzungen wie die Rückzahlung von Eigenka­ pital verlangt werden kann, weil dann dauerhaft wirtschaftlich Eigenkapital entsteht. 2 08

III.

Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Endvermögen?

1.

Ü berblick

In verschiedenen Konstellationen ist es möglich, dass am Ende der Liquidati­ on kein Vermögen vorhanden ist, das ausgeschüttet werden könnte, sondern dass im Gegenteil noch Verbindlichkeiten bestehen, die nicht mehr bedient werden können. Dies ist insbesondere denkbar, wenn ein Insolvenzverfahren abgeschlossen wird. Aber auch das gesellschaftsrechtliche Abwicklungsver­ fahren kann mit nicht mehr erflillbaren Verbindlichkeiten enden, etwa im Fall von Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern, für die ein Rangrücktritt er­ klärt wurde, um die Insolvenz zu vermeiden. Solche Verbindlichkeiten sind gleichwohl steuerlich grundsätzlich in vollem Umfang zu passivieren. Es stellt sich aber die Frage, ob das Abwicklungs-Endvermögen in solchen Fällen ne­ gativ sein kann, ob also noch bestehende Verbindlichkeiten steuerlich zu be­ rücksichtigen sind. Das ist deshalb zweifelhaft, weil die Definition des Ab­ wicklungs-Endvermögens auf das zur Verteilung kommende Vermögen ab­ stellt, Verbindlichkeiten aber gerade nicht verteilt werden. Jedenfalls bei enger Auslegung des Wortlauts wäre deshalb ein Abwicklungs-Endvermögen von Null anzusetzen mit der Folge, dass in Höhe der nicht erfUllten Verbindlichkei­ ten ein steuerpflichtiger Gewinn anfallen bzw. der Verlust entsprechend ge­ mindert würde. Andererseits könnte man meinen, dass noch bestehende Ver­ bindlichkeiten vom Abwicklungs-Endvermögen abzuziehen sind, sodass auch ein negatives Abwicklungs-Endvermögen möglich wäre. Diese Frage wird in 204 Clemens, Gesellschafterfremdfinanzierung, S. 345 f. 205 Seppelt, BB 20 1 0, S . 1 3 95 ff. ( S . 1 3 97). 206 BFH v . 3 0 . 03 . 1 993, IV R 5 7/9 1 , BB 1 993, S. 1 1 77 f. ; Seppelt, BB 20 1 0, S . 1 3 95 ff. (S. 1 3 98); BMF v. 08.09.2006, IV B 2 S 2 1 3 3 - 1 0/06, B StBl. I 2006, S . 497 f. (S. 497). 207 Buciek in Blümich, EStG; § 5 Rn. 920 (Stichwort: Rangrücktritt). 208 Z.B . Buciek in Blümich, EStG; § 5 Rn. 1 1 22 . -

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Gewinnermittlung

der Literatur - soweit ersichtlich - allenfalls am Rande erörtert2 09 , sie ist aber jüngst Gegenstand einer Entscheiduni l O des Finanzgerichts Köln gewesen. Für eine Lösung dieser Frage sind zwei Probleme auseinanderzuhalten: Ers­ tens ist zu überlegen, ob unerfüllte Verbindlichkeiten im Aufstellungszeitpunkt des Abwicklungs-Endvermögens zivilrechtlich überhaupt noch bestehen. Wenn dies der Fall ist, stellt sich im Anschluss die Frage, ob § 1 1 Abs . 3 KStG auch Verbindlichkeiten in das Abwicklungs-Endvermögen einbezieht. 2.

Zivilrechtliches Schicksal unerfüllt bleibender Verbindlichkeiten

Die Frage, ob in dem Zeitpunkt, auf den das Abwicklungs-Endvermögen auf­ gestellt wird, unerfüllte Verbindlichkeiten der Gesellschaft zivilrechtlich noch bestehen, lässt sich ohne größere Schwierigkeiten positiv beantworten. Denn die Verbindlichkeiten erlöschen j edenfalls nicht, bevor nicht auch die Gesell­ schaft i.L. erlischt.2 1 1 Dies ist aber erst dann der Fall, wenn sie vermögens los und aus dem Register gelöscht ist und wenn auch kein weiterer Abwicklungs­ bedarf mehr besteht.212 Da die Aufstellung des Abwicklungs-Endvermögens auf einen Stichtag vor der Löschung aus dem Handelsregister erfolgt, bestehen die Verbindlichkeiten dann noch. 21 3 Selbst wenn man aber der Auffassung ist, dass das Abwicklungs-Endvermögen auf den Tag der Löschung aufzustellen ist, besteht wegen der dann j edenfalls noch nicht erfolgten Steuerveranlagung noch Abwicklungsbedarf, sodass die Gesellschaft und mithin auch die Ver­ bindlichkeiten im Aufstellungszeitpunkt noch nicht untergegangen sind.

209 Es finden sich folgende Stellungnahmen: Seppelt (BB 20 1 0, S . 1 3 95 ff. (S . 1 3 99)) geht davon aus, dass Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Endvermögen relevant sind, prob­ lematisiert insofern aber allein die Frage, ob durch den Untergang der Verbindlichkeiten noch ein steuerpflichtiger Gewinn entstehen kann; zum Wortlaut des § 1 1 Abs. 3 KStG nimmt er hingegen keine Stellung. Hristov (Liquidation im Ertragsteuerrecht, S . 1 3 1 f.) geht hinsichtlich des insoweit gleichlautenden österreichischen Körperschaftsteuer­ rechts davon aus, dass Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Endvermögen enthalten sein können, ohne (ausdrücklich) auf den Wortlaut einzugehen; Hristov thematisiert aller­ dings nicht den hier diskutierten Fall, sondern insbesondere den der abgebrochenen Li­ quidation. In der Tat muss die h.M. im deutschen Recht wohl im Fall der abgebroche­ nen Abwicklung, j edenfalls aber bei Vornahme einer Zwischenveranlagung, Verbind­ lichkeiten in das Abwicklungs-Endvermögen einbeziehen, weil sie sonst regelmäßig ei­ ne Übermaßbesteuerung vornehmen müsste. Soweit ersichtlich, wird hierauf in der Li­ teratur indes nicht eingegangen. 2 1 0 FG Köln v. 06.03 .20 1 2 , 1 3 K 3 0061 1 1 , j uris. 2 1 1 Ob sie danach wirklich erlöschen, ist umstritten, aber im Ergebnis wohl eher von dog­ matischer denn von praktischer Bedeutung. Für Erlöschen Z.B. H R Müller in Münch­ Komm, GmbRG, § 74 Rn. 34; dagegen z.B . Paura in UlmerlHabersacklWinter, GmbRG, § 74 Rn. 3 8 . 2 1 2 Zu den Voraussetzungen der Vollbeendigung oben S . 1 2 ff. 2 1 3 Zum Aufstellungszeitpunkt des Abwicklungs-Endvermögens oben S . 1 40 ff.

1 46

Einzelne Probleme

3.

Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Endvermögen

Da die Verbindlichkeiten im Aufstellungszeitpunkt des Abwicklungs-Endver­ mögens somit noch nicht erloschen sind, fragt sich, ob sie im Abwicklungs­ Endvermögen enthalten sein können oder nicht. Je nachdem, welcher Ansicht man zustimmt, erhöht sich der Abwicklungsgewinn in Höhe der offenen Ver­ bindlichkeiten. Für eine Entscheidung ist zunächst zu klären, ob der Wortlaut des § 1 1 Abs . 3 KStG überhaupt beide Lösungen deckt. Das ist deshalb zweifelhaft, weil dort das Abwicklungs-Endvermögen als das zur Verteilung kommende Vermögen definiert wird, die Verbindlichkeiten der Gesellschaft aber gerade nicht "ver­ teilt" werdenY 4 Auf den ersten Blick scheint deshalb die Lösung, Verbind­ lichkeiten ebenfalls in das Abwicklungs-Endvermögen aufzunehmen, den Wortlaut zu überschreiten. Andererseits kann man aber auch sagen, dass der Schwerpunkt der Definition auf dem Begriff des Vermögens liegt und deshalb Verbindlichkeiten durchaus darunter fallen können. Außerdem ist zu beden­ ken, dass Vermögensgrößen im Steuerrecht grundsätzlich negativ werden kön­ nen, das Gegenteil also eher die Ausnahme und somit begründungsbedfuftig ist. Auch die Gesetzgebungsgeschichte spricht dafiir, dass der Wortlaut weit verstanden werden kann. Denn seit der Einführung der Liquidationsbesteue­ rung durch § 1 7 KStG 1 920 findet sich weder in den Gesetzesbegründungen, noch in Rechtsprechung oder Literatur ein Hinweis darauf, dass über das Prob­ lem von nicht mehr erfüllbaren Verbindlichkeiten im Abwicklungs­ Endvermögen je nachgedacht wurde. Das hängt damit zusammen, dass § 1 1 KStG erkennbar auf die idealtypische Liquidation zugeschnitten ist, bei der am Ende Vermögen übrig bleibt und verteilt werden kann; auch für andere S on­ derkonstellationen wie etwa die abgebrochene Liquidation, die Nachtragsab­ wicklung oder auch die Gewinnermittlung bei Zwischenveranlagung sieht § 1 1 KStG keine ausdrückliche Lösung vor. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Wortlaut zwar eher dafür spricht, Verbindlichkeiten im Abwicklungs­ Endvermögen nicht zu berücksichtigen, er aber auch einer anderen Auslegung zugänglich ist. Es stellt sich letztlich die grundlegende Frage, ob die Gesellschaft dadurch, dass sie die noch bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen muss, ei­ nen Gewinn erzielt, der besteuert werden muss . Nicht überzeugend wäre es zu argumentieren, dass die Verbindlichkeiten im Aufstellungszeitpunkt des Ab­ wicklungs-Endvermögens noch bestehen und somit ein entsprechender Ge­ winn noch nicht entstanden iSt. 21S Dies ist nämlich eine rein formale Sichtwei­ se, der keine entscheidende Bedeutung zukommen kann, weil im Steuerrecht 2 1 4 Dieses Problem übersieht die Entscheidung des FG Köln j uris. 2 1 5 So aber Seppelt, BB 20 1 0, S . 1 3 95 ff. (S. 1 3 99).

v.

06 .03 .20 1 2, 1 3 K 3 006/ 1 1 ,

1 47

Gewinnermittlung

- wie es z.B . in § 3 9 AO zum Ausdruck kommf16 - die wirtschaftlichen Ver­ hältnisse maßgeblich sind. 21 7 Dem entspricht auch die vom Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung vertretene Auffassung zum Bilanzrecht, dass Ver­ bindlichkeiten, wenn sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr erfUllt werden müssen, auszubuchen sind. 218 Diese Rechtsprechung lässt sich allerdings nicht auf die hier zu beurteilende Situation übertragen. Denn die Voraussetzung, dass eine Inanspruchnahme mit an Sicherheit gren­ zender Wahrscheinlichkeit nicht mehr erfolgt, ist zwar angesichts der bevor­ stehenden Vollbeendigung wohl zu bej ahen, allerdings unterscheiden sich bei­ de Fälle an entscheidender Stelle: Während im einen Fall das Unternehmen nämlich tatsächlich auch den wirtschaftlichen Vorteil hat, die Verbindlichkeit nicht mehr begleichen zu müssen und deshalb seine Mittel anders verwenden kann, spielt diese Überlegung im Fall der Liquidation keine Rolle, weil die Gesellschaft i.L. keinerlei (wirtschaftliche) Betätigung mehr ausüben wird. Noch deutlicher zeigt sich der Unterschied beider Situationen daran, dass es aus Sicht der Gesellschaft i.L. im Gegensatz zum werbenden Unternehmen keine Rolle spielt, wie hoch die nicht mehr zu erfUllenden Verbindlichkeiten sind. Schon diese Überlegung spricht dafiir, dass der bevorstehende Untergang der Verbindlichkeiten zu keinem wirklichen Gewinn fUhrt.21 9 Es wird eben durch den Untergang der Verbindlichkeiten keine zusätzliche Leistungsfähig­ keit generiert. Hinzu kommt, dass Voraussetzung fUr den Untergang der Ver­ bindlichkeiten und damit den entsprechenden - echten oder vermeintlichen Gewinn der Untergang des Rechtsträgers ist, mithin des Steuersubj ekts und damit des Trägers wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit. Wollte man das Erlö­ schen der Verbindlichkeiten als Gewinn begreifen, würde dies dazu fUhren, dass der Gewinn entsteht, wenn und weil der Gewinnerzielende - steuerdog­ matisch: der Träger wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit - zu existieren aufhört. Diese Überlegungen zeigen, dass von einem wirklichen Gewinn aufgrund des bevorstehenden Untergangs des Rechtsträgers nicht die Rede sein kann; es ist deshalb auch nicht gerechtfertigt, einen solchen Gewinn, dem keine entspre­ chende Steigerung der Leistungsfähigkeit gegenübersteht, der Besteuerung zu unterwerfen. Deshalb ist der Auffassung der Vorzug zu geben, dass das Ab­ wicklungs-Endvermögen auch Verbindlichkeiten enthalten kann. Das gefundene Ergebnis wird außerdem durch eine insolvenzrechtliche Über­ legung gestützt: Findet ein Insolvenzverfahren statt, würde die Nichtberück2 1 6 Ebenso z.B . Kruse in Tipke/Kruse, AO, § 3 9 Rn. 1 ; Lang in TipkelLang20 , S. 1 67 ff. 2 1 7 Allgemein zur sog. wirtschaftlichen Betrachtungsweise z.B . Lang in Tipke/Lang20 , S . 1 57 ff. 2 1 8 Z.B. BFH v. 22. 1 1 . 1 988, VIII R 6/85 , B StBl. II 1 989, S . 3 5 9 ff. ( S . 3 60 f.); BFH v. 27.03 . 1 996, I R 3/95, B StBl. II 1 996, S. 470 ff. (S. 47 1 ); dem folgt auch die Kom­ mentarliteratur, z.B . Kiesel/Görner in HerrmannlHeuerlRaupach, EStG, § 6 Rn. 1 1 40; Buciek in B lümich, EStG, § 5 Rn. 759a. 2 1 9 Im Ergebnis ebenso FG Köln v. 06.03 .20 1 2, 13 K 3 0061 1 1 , j uris.

148

Einzelne Probleme

sichtigung offen bleibender Verbindlichkeiten dazu führen, dass für den Zeit­ raum der Insolvenz regelmäßig ein Gewinn ausgewiesen werden müsste. Dies wäre immer dann der Fall, wenn das Abwicklungs-Anfangsvermögen negativ ist (also insbesondere bei Insolvenzeröffnung durch Überschuldung), weil das Abwicklungs-Endvermögen immer mindestens Null wäre. 22 0 Dieser Gewinn wird auch bei hohen Verlustvorträgen tatsächlich zu einer Steuerbelastung füh­ ren, nämlich soweit der Freibetrag des § I Od EStG überschritten wird. Es wird sich insofern auch um eine Masseverbindlichkeit handeln, weil der "Gewinn" erst während des Insolvenzverfahrens entsteht; eine Argumentation vergleich­ bar derj enigen hinsichtlich stiller Reserven, bei denen die aus ihrer Realisie­ rung folgende Steuerschuld nach richtiger Ansichf21 nur insoweit Massever­ bindlichkeit ist, als die Wertsteigerung in den Zeitraum des Insolvenzverfah­ rens fällt, ist mit Blick auf Verbindlichkeiten wohl nicht möglich. Es würde im Übrigen auch nur zu einer Milderung, nicht zu einer vollständigen Entschär­ fung des im Folgenden geschilderten Phänomens führen: Die Gläubiger der Gesellschaft werden in Höhe der Insolvenzquote befriedigt. Diese sinkt (er­ heblich) dadurch, dass ihre Forderungen nur zum Teil befriedigt werden, weil die insoweit anfallende Steuerschuld in voller Höhe die Masse mindert. An­ ders formuliert: Je höher die Verluste der Gläubiger, desto höher der steuer­ pflichtige Gewinn und umso stärker die Minderung der Quote aufgrund der Steuerschuld. Es ist aber kaum zu rechtfertigen, dass die Gläubiger, deren For­ derungen zwangsweise untergehen, noch dadurch zusätzliche Verluste er­ leiden, dass der Fiskus diesen Untergang der Forderungen auch noch besteu­ ert. 222 Auch wenn diese Überlegung für sich genommen für die Frage, ob un­ tergehende Verbindlichkeiten zu einem Gewinn führen, nicht entscheidend ist, so zeigt sie gleichwohl einerseits die Tauglichkeit der gefundenen Lösung auch im Insolvenzrecht und gibt andererseits einen deutlichen Anhaltspunkt dafür, dass ein wirklicher Gewinn insoweit nicht entsteht. Somit ist festzuhalten: Verbindlichkeiten mindern das Abwicklungs-Endver­ mögen, weil ihr bevorstehender Untergang keinen wirklichen Gewinn, son220 Wobei die Möglichkeit steuerfreier Vermögensmehrungen, zu denen insbesondere Ein­ lagen zählen, hier außer Acht gelassen wird, weil sie im Rahmen einer Insolvenz kaum einmal eine wesentliche Rolle spielen wird. 22 1 Z.B . Ehricke in MünchKomm, Ins0 2 , § 3 8 Rn. 8 1 ; Uhlenbruck in Uhlenbruck, InsO l 3 , § 3 8 Rn. 73 ; a.A. die ständige Rechtsprechung, z.B . BFH v. 29.03 . 1 984, IV R 27 1 /83, B StBl. II 1 984, S . 602 ff. (S. 603 f.); BFH v. 1 1 . 1 1 . 1 993 , XI R 73/92, BFHlNV 1 994, S . 477 ff. (S. 478 f.). 222 In ähnlichem Zusammenhang - der steuerwirksamen Realisierung stiller Reserven in der Insolvenz - merkt Enno Becker (StuW 1 939, Sp. 1 03 5 ff. (Sp. 1 05 1 f.)) treffend an: ,,[ . . . ] daß irgendwie die Masse im Ergebnis auf Kosten der Gläubiger für solche Steuerschulden in Anspruch genommen werden könne, der Steuergläubiger also, besonders wenn eine Masseschuld in Frage kommen sollte, aber auch sonst, auf Kosten der Gläubiger unter dem völlig unhaltbaren Stichwort eines großen Gewinnes mit dem Raub davonziehen würde."

1 49

Gewinnermittlung

dem al1enfal1s einen Scheingewinn darstel1t. 223 Der Wortlaut des § 1 1 Abs. 3 KStG steht dem nicht entgegen, er lässt sich auch im Sinne der gefundenen Lösung auslegen.

IV.

Immaterielle Wirtschaftsgüter

Fraglich ist, inwieweit immateriel1e Wirtschaftsgüter im Abwicklungs­ Endvermögen anzusetzen sind, mithin also, wie sich immateriel1e Wirtschafts­ güter auf den Liquidationsgewinn auswirken. In der Literatur wird dabei ins­ besondere auf den Firmen- oder Geschäftswert Bezug genommen. Zumeist wird hierzu vertreten, dass selbst erworbene immateriel1e Wirtschaftsgüter (einschließlich eines originären Firmen- bzw. Geschäftswerts) - gestützt auf § 5 Abs. 2 EStG224 - nicht anzusetzen seien, während entgeltlich erworbene immateriel1e Wirtschaftsgüter mit dem gemeinen Wert in das Abwicklungs­ Endvermögen einzustel1en seien, und zwar einschließlich eines derivativ er­ worbenen Geschäftswerts. 225 In diesem Zusammenhang wird zum Teil Bezug genommen auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Behandlung ei­ nes originär erworbenen Firmen- bzw. Geschäftswerts im Fal1 einer Betriebs­ verpachtung und damit einhergehender, vom Steuerpflichtigen gewählter Be­ triebsaufgabe. 226 Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs ist ein originärer Fir­ menwert kein Wirtschafts gut, da er noch nicht hinreichend konkretisiert sei; dies sei nur über eine Veräußerung möglich. Zweifelhaft ist aber, ob sich die Entscheidung überhaupt auf die Besteuerung gern. § 1 1 KStG übertragen lässt, da anders als im Rahmen des § 1 1 KStG die Besteuerung eines originär er­ worbenen Geschäftswerts im Entscheidungsfal1 des Bundesfinanzhofs noch möglich gewesen ist, nämlich im Fall einer späteren Veräußerung. 22 7 Eine an­ dere Auffassung vertritt schließlich Frotscher, der al1e immateriellen Wirt­ schafts güter mit dem gemeinen Wert bewerten will, soweit ein solcher auf­ grund einer Veräußerungsmöglichkeit existiert. 228 Somit werden zwei unter­ schiedliche Differenzierungen vertreten: Zum einen wird von der weit über223 Im Ergebnis ebenso FG Köln v. 06.03 .20 1 2, 1 3 K 3 006/ 1 1 , j uris. 224 Wobei nicht darauf eingegangen wird, dass § 5 Abs. 2 EStG nur Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens betrifft. Immaterielle Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens sind dagegen zwingend zu aktivieren, dazu z.B . Anzinger in HemnannJHeuerlRaupach, EStG, § 5 Rn. 1 72 1 . 225 Mieker in HemnannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn . 44; Holland in Ernst & Young, KStG, § 1 1 Rn. 52; ähnlich, aber nur auf den Fall des Firmenwerts abhebend Grafie in Dötsch/JostlPung/Witt, KStG, § 1 1 Rn. 26. 226 BFH v. 1 4.02 . 1 978, VIII R 1 5 8/73 , B StBl. 11 1 979, S . 99 f. ; bestätigt von BFH v. 1 9 .0 1 . 1 982, VIII R 2 1 177, B StBl. 11 1 982, S. 456 ff. (S. 459). Dem folgt die Finanz­ verwaltung, BMF v. 1 5 .0 8 . 1 984, IV B w - S 2242 - 1 0/83 , B StBl. 1 1 984, S. 46 1 . 227 BFH v. 1 4 . 02 . 1 978, VIII R 1 5 8/73 , B StBl. 11 1 979, S . 99 f. 228 Frotseher in FrotscherlMaas, KStG, § 1 1 Rn . 5 6 ; in diese Richtung auch Hofmeister in Blümich, KStG, § 1 1 Rn. 52; ähnlich, aber nur auf den Fall des Firmenwerts abhebend Lambreeht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 52

1 50

Einzelne Probleme

wiegenden Meinung vor allem darauf abgestellt, ob ein Wirtschaftsgut entgelt­ lich erworben oder selbst geschaffen wurde. Nach der Gegenansicht hingegen verläuft die Trennung zwischen solchen Wirtschaftsgütern, die veräußerbar sind und deshalb einen gemeinen Wert haben, und solchen, die nicht veräußer­ bar sind und deshalb keinen gemeinen Wert (bzw. einen Wert von null Euro) haben. Vorzugswürdig ist die letztgenannte Differenzierung, die nach der Möglichkeit der Veräußerung fragt. Zunächst ist auf das Argument einzugehen, dass § 5 Abs. 2 EStG eine Bilanzierung selbst geschaffener immaterieller Wirtschafts­ güter verbiete. Da nach allgemeiner Auffassung das Abwicklungs-Endvermö­ gen auf Grundlage des Bewertungsgesetzes zu ermitteln ist, erscheint es in­ konsequent, auf immaterielle Wirtschaftsgüter dann doch § 5 Abs . 2 EStG an­ zuwenden, der auf den laufenden Betriebsvermögensvergleich zugeschnitten ist. Vor allem aber ist dies nicht sachgerecht. Wie herausgearbeitet wurde, be­ zweckt die besondere Gewinnermittlung des § 1 1 KStG die Besteuerung sämt­ licher stiller Reserven. Dies spricht dagegen, eine Differenzierung zwischen entgeltlich erworbenen und selbst geschaffenen immateriellen Wirtschaftsgü­ tern vorzunehmen, da diese Unterscheidung für die Frage der Besteuerung stil­ ler Reserven nicht relevant ist, vielmehr kommt es dafür auf den Verkehrswert an. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass das Telos des § 5 Abs. 2 EStG im Rahmen der Liquidation nicht passt: Nach h.M. handelt es sich nämlich um eine Ausprägung des Vorsichtsprinzips, da der Gesetzgeber davon ausgeht, dass immateriellen Wirtschaftsgütern in besonderem Maße Bewertungsunsi­ cherheiten innewohnen. 229 Das Vorsichtsprinzip gilt für die Ermittlung des Abwicklungs-Endvermögens aber nicht mehr, weil es der Realisierung der stillen Reserven entgegensteht. Zugespitzt formuliert: Das Vorsichtsprinzip führt maßgeblich dazu, dass überhaupt stille Reserven entstehen, die durch die Liquidationsbesteuerung aufgelöst werden müssen. Eine Anwendung des § 5 Abs. 2 EStG wäre daher sinnwidrig. Deshalb ist allein die Ansicht von Frotscher230 sachgerecht. Immaterielle Wirt­ schaftsgüter sind im Abwicklungs-Endvermögen grundsätzlich mit dem ge­ meinen Wert anzusetzen. Wirtschafts güter, die mit der B eendigung untergehen oder nicht veräußerbar sind, sind nicht anzusetzen. Wenn sie vorher aktiviert worden sind, mindern sie den Abwicklungsgewinn. Für den besonderen Fall des Firmen- bzw. Geschäftswerts gilt nichts anderes . Geht er - insbesondere, wenn sämtliche Wirtschaftsgüter einzeln veräußert werden - unter, ist er im Abwicklungs-Endvermögen nicht anzusetzen. Anzusetzen sein wird er aber

229 Vgl. nur Anzinger in Herrmann/HeueriRaupach, EStG, § 5 Rn. 1 653 m.w.N. 23 0 Frotscher in FrotscheriMaas, KStG, § 1 1 Rn. 5 6 .

151

Gewinnerrnittlung

vor allem dann, wenn ganze Betriebsteile an einzelne Gesellschafter im Rah­ men der Schlussverteilung ausgekehrt werden23 1 . 232

V.

Eigene Anteile

Durch das Bilanzrechtsmodemisierungsgesetz233 ist der Ausweis von eigenen Anteilen in der Handelsbilanz reformiert worden.23 4 Während nach alter Rechtslage eigene Anteile dann zu aktivieren waren, wenn sie nicht zur Ein­ ziehung erworben wurden, ist eine Aktivierung nach neuer Rechtslage in kei­ nem Fall mehr möglich, § 272 Abs . l a HGB .23 5 Eigene Anteile werden nach dieser Vorschrift in der Bilanz nunmehr auf der Passivseite dargestellt, indem sie in einer Vorspalte offen vom gezeichneten Kapital abgesetzt werden. 236 Wegen des Maßgeblichkeitsgrundsatzes schlägt das Aktivierungsverbot auch auf die Steuerbilanz durch?37 Dadurch ist das nach altem Recht bestehende Problem obsolet geworden, das darin lag, wie aktivierte eigene Anteile, die durch die Beendigung der Gesellschaft untergehen, zu behandeln waren. Nach allgemeiner, zutreffender Ansicht stand diesem Untergang eigener Anteile nämlich kein tatsächlicher Verlust gegenüber, weshalb der durch das Erlöschen eigener Anteile entstehende Verlust zu neutralisieren war?3 8 Nach neuem Recht entsteht mangels Aktivierung mit dem Untergang eigener Anteile kein Verlust mehr, der neutralisiert werden müsste. 239 Eigene Anteile bedürfen so­ mit seit dem Bilanzrechtsmodemisierungsgesetz im Rahmen der Ermittlung des Liquidationsgewinns keiner besonderen Behandlung mehr.

23 1 Es sei denn, es findet eine Bewertung des gesamten Betriebsteils als wirtschaftliche Einheit i . S .d. § 2 Abs. 1 BewG statt; dann ist der Geschäftswert bereits berücksichtigt. 232 Ähnlich Hofmeister in B lümich, KStG, § 1 1 Rn. 52. 233 Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz vom 2 5 .05 .2009, BGBl. 1 2009, S . 1 1 02 ff. 234 Zur historischen Entwicklung Hüttemann in F S Herzig, S . 595 ff. ( S . 5 9 8 ff.). 23 5 FärschlelHoffmann in BeckB ilKomm8 , § 272 Rn. 1 3 0 ff. 236 Insofern kritisch Hüttemann in FS Herzig, S . 595 ff. (S. 600 ff.) . 23 7 Z.B. BlumenberglRoßner, GmbHR 2008, S . 1 079 ff. (S. 1 082). 23 8 Wobei die Behandlung im Einzelnen umstritten war; einerseits wurde vertreten, eigene Anteile bereits aus dem Abwicklungs-Anfangsverrnögen auszuscheiden (z.B . Graffe in Dötsch/JostlPung/Witt, KStG, § 1 1 Rn. 3 5), nach anderer Auffassung waren sie dem Abwicklungs-Ergebnis hinzuzurechnen (z.B . Micker in Herrrn annlHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 45). Nach einem dritten - wohl zutreffenden - Ansatz war der entste­ hende Gewinn über § 8b Abs. 3 S . 3 KStG zu korrigieren (Frotscher in FrotscherlMaas, KStG, § 1 1 Rn. 5 8). 239 Ein entsprechender Verlust entsteht vielmehr bereits durch den Erwerb von eigenen An­ teilen, weil in Höhe der Anschaffungskosten eine Betriebsverrnögensminderung eintritt. Diese ist richtigerweise gern. § 8b Abs. 3 KStG zu korrigieren (Hüttemann in FS Her­ zig, S. 595 ff. (S. 606 f.); a.A. - Korrektur wohl über § 8 Abs. 3 KStG Blumen­ berglRoßner, GmbHR 2008, S. 1 079 ff. ( S . 1 082» . -

1 52

Zusammenfassung

H.

Zusammenfassung

Insgesamt ist hinsichtlich der Gewinnermittlung während der Liquidation im Wesentlichen das Folgende festzuhalten: Für den Zeitraum vor der Auflösung ist, wenn sie nicht auf den regulären Bilanzstichtag fällt, zwingend ein Rumpfwirtschaftsj ahr zu bilden. Das Abwicklungs-Endvermögen ist nach den Grundsätzen des Bewertungsgesetzes zu bestimmen, insbesondere ist bei der Vermögensverteilung noch vorhandenes Sachvermögen mit dem gemeinen Wert zu bewerten, dies gilt auch für immaterielle Wirtschafts güter. Soweit Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllt werden können, sind sie ebenfalls im Ab­ wicklungs-Endvermögen anzusetzen. Aufstellungsstichtag ist der Tag, an dem die Gesellschaft zur Löschung aus dem Handelsregister angemeldet wird, Be­ wertungsstichtag ist j eweils der Tag der Übertragung des Wirtschaftsguts. Li­ quidationsraten, die bereits während der Abwicklung erfolgen, seien sie zuläs­ sig oder nicht, seien sie offen oder verdeckt, sind wie verdeckte Gewinnaus­ schüttungen zu behandeln, somit nach allgemeinen Grundsätzen dem Abwick­ lungsgewinn außerbilanziell hinzuzurechnen. Die Ermittlung des Vermögens bei Zwischenveranlagungen erfolgt ebenfalls nach allgemeinen Grundsätzen, also auf Grundlage der § § 5 ff. EStG.

1 53

§ 6 Besondere Problemlagen A.

Nachtra g sliquidation

I.

Nachträglich auftauchendes Vermögen

Als Nachtragsliquidation wird folgende Situation bezeichnet: Die Gesellschaft ist vollständig abgewickelt und aus dem Handelsregister gelöscht worden. Nach der Löschung - womöglich Jahre später - stellt sich dann heraus, dass die Gesellschaft doch noch Aktivvermögen hat. l Nach der hier vertretenen Lehre vom (modifizierten2 ) Doppeltatbestand, wonach für das Erlöschen einer Kapitalgesellschaft sowohl deren Vermögenslosigkeit wie auch die Löschung im Handelsregister erforderlich ist, 3 ist die Gesellschaft in solchen Fällen mangels Vermögenslosigkeit noch nicht erloschen und die Abwicklung muss fortgesetzt werden. Fraglich ist dann, ob § 1 1 KStG anwendbar ist, und, falls das der Fall ist, wie sich der einheitliche Besteuerungszeitraum dazu verhält. Denkbar sind im Grundsatz folgende Lösungsansätze : Man kann auf der einen Seite davon ausgehen, dass auch die Nachtragsliquidation in den einheitlichen Besteuerungszeitraum einzubeziehen ist. 4 Dies kann man vor allem dann für problematisch halten, werin zwischen vermeintlichem Ende der Abwicklung und Beginn der Nachtragsliquidation viele Jahre liegen. 5 Eine andere Lösung wird von Frotscher6 vertreten: Auf der Grundlage der Auffassung, dass die Zwischenveranlagungen gern. § 1 1 Abs . 1 S. 2 KStG endgültig sind, schlägt er vor, den Zeitraum der Nachtragsliquidation in den Dreij ahreszeitraum einzu­ beziehen und, falls dadurch die Drei -Jahres-Grenze überschritten wird oder die Nachtragsliquidation nicht unmittelbar an die Abwicklung anschließt, einen selbständigen Besteuerungszeitraum auf Grundlage von § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG zu bilden. Drittens wäre denkbar, § 1 1 KStG gar nicht auf die Nachtragsliqui­ dation anzuwenden und stattdessen j ährliche Veranlagungen nach allgemeinen

1

2

3 4

5

6

Dabei ist nicht nur der Fall denkbar, dass Vermögen übersehen wurde, sondern auch, dass solches der Gesellschaft erst später wieder zusteht, so etwa bei Enteignungen auf dem Gebiet der früheren DDR, so geschehen z.B . in BFH v. 1 8 .09.2007, I R 44/06, B StBl. II 2008, S . 3 1 9 ff. Dazu, was bei nicht-vermögensrechtlichen Abwicklungsmaßnahmen gilt, sogleich unten S. 1 5 8 . Vgl. im Einzelnen oben S . 1 2 ff. So wohl Küster, DStR 2006, S . 209 ff. ; diese Möglichkeit wird auch angedeutet in BFH v. 1 8 .09.2007, I R 44/06, B StBl. II 2008, S. 3 1 9 ff. Das war der Fall in der Entscheidung BFH v. 1 8 .09.2007, I R 44/06, B StBl. II 2008, S . 3 1 9 ff., in der der Bundesfinanzhof allerdings zu dieser Frage nicht abschließend Stel­ lung nehmen musste. Frotscher in FrotscherlMaas, KStG, § 1 1 Rn. 3 6 .

155

Besondere Problemlagen

Grundsätzen durchzufiihren. Insgesamt ist aber festzustellen, dass der Bereich der Nachtragsliquidation in der Literatur kaum Beachtung findet.7 Dass § 1 1 KStG auch auf die Nachtragsliquidation anwendbar ist, wird man letztlich nicht bezweifeln können. Hierfiir spricht bereits der Wortlaut des § 1 1 Abs. 1 S . 1 KStG, der Auflösung und Abwicklung als Tatbestandsvorausset­ zungen statuiert. Zwar wird hier die Nachtragsliquidation nicht genannt, aller­ dings handelt es sich um eine ordnungsgemäße Fortsetzung der Abwicklung nach Auflösung. Eine möglicherweise mehrj ährige Unterbrechung der Ab­ wicklung steht dem nicht entgegen, da die Abwicklung nicht aufgegeben, son­ dern als abgeschlossen angesehen wurde. Für eine Anwendung des § 1 1 KStG auch auf die Nachtragsliquidation spricht zudem der Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums, der in der Abmilderung der Folgen der Abschnittsbe­ steuerung besteht. 8 Vor allem ist aber kein Grund ersichtlich, der einer An­ wendung des § 1 1 KStG auf die Fälle der Nachtragsabwicklung generell ent­ gegenstünde. Fraglich ist deshalb weiter, wie sich der einheitliche Besteuerungszeitraum des § 1 1 Abs . 1 S. 1 KStG hierzu verhält. Zu bedenken ist dabei, dass Zwischen­ veranlagungen aufgrund des § 1 1 Abs . 1 S . 2 KStG nach hier vertretener An­ sicht nur vorläufiger Natur sind. Konsequenterweise ist deshalb davon auszu­ gehen, dass im Fall einer Nachtragsliquidation der Besteuerungszeitraum des § 1 1 Abs . 1 S. 1 KStG fortzusetzen ist. 9 Begrenzt wird dies allerdings durch die Festsetzungsverj ährung, da nach hier vertretener Ansicht l ° eine Aufhebung der vorangegangenen Veranlagung auf Grundlage von § 1 72 Abs. 1 Nr. 2 lit. d AO i.Vm. § 1 1 KStG erfolgt, sodass die Festsetzungsfrist nach allgemeinen Grundsätzen gern. § 1 70 Abs . 2 Nr. 1 AO beginnt und gern. § 1 69 Abs . 2 Nr. 2 AO grundsätzlich vier Jahre beträgt. Damit entstehen auch keine größeren Probleme in Fällen wie dem, der einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs l l aus dem Jahr 2007 zugrunde lag und dadurch gekennzeichnet war, dass eine Aktiengesellschaft 1 970 abschließend besteuert wurde und nach der Wende wegen vermögensrechtlicher Ansprüche im Zus ammenhang mit Grundbesitz in Ostdeutschland in die Nachtragsliquidation eintrat. Pezzer 12 befiirchtete in­ soweit, dass womöglich eine Einbeziehung der eigentlichen Liquidation in die Nachtragsabwicklung vorzunehmen sei, was zu einem etwa vierzigj ährigen Besteuerungszeitraum gefiihrt hätte mit der Folge, dass der Liquidationsge7 Unter den Kommentierungen wohl noch am ausführlichsten Frotscher In Frot­ scherlMaas, KStG, § 1 1 Rn. 3 6 . 8 Dazu ausführlich oben S . 52 ff. 9 Ebenso Micker in Herrmann/HeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn . 3 7 a.E. 1 0 Oben S . 92 ff. 1 1 BFH v. 1 8 .09.2007, I R 44/06, B StBl. 11 2008, S . 3 1 9 ff. ; vgl. dazu auch die Anmerkung von Pezzer, FR 2008, S. 270. 12 Pezzer, FR 2008, S . 270.

1 56

Nachtragsliquidation

winn von 1 970 wohl mit dem am Ende der Liquidation maßgeblichen Steuer­ satz in Höhe von 25% zu besteuern gewesen wäre. 1 3 Es schließt sich die Frage an, wie zu verfahren ist, wenn hinsichtlich der Schlussveranlagung Festsetzungsverj ährung eingetreten iSt. 1 4 Die grundsätzli­ che Anwendbarkeit des § 1 1 KStG ist auch in diesem Fall wegen der bereits genannten Gründe gegeben. Da wegen der eingetretenen Festsetzungsverj äh­ rung die Zeiträume der eigentlichen Liquidation und der Nachtragsliquidation nicht mehr zusammengezogen werden können, ist ausnahmsweise ein zweiter einheitlicher Besteuerungszeitraum zu bilden. Hinsichtlich der Gewinnermitt­ lung ist allein die Ermittlung des Abwicklungs-Anfangsvermögens fraglich, weil es ein veranlagtes Betriebsvermögen im Sinne des § 1 1 Abs . 4 S . 1 KStG in diesem Fall nicht gibt. Das Abwicklungs-Endvermögen, das der Besteue­ rung zum vermeintlichen Ende der Liquidation zugrunde gelegen hat, ist näm­ lich gerade kein Betriebsvermögen in diesem Sinne. § 1 1 Abs. 4 S . 2 KStG hilft aus folgendem Grund nicht recht weiter: Danach wäre nämlich das Ver­ mögen, das die Nachtragsliquidation erforderlich macht, nach allgemeinen Regeln anzusetzen; richtigerweise muss aber in Höhe des neu aufgefundenen Vermögens ein steuerpflichtiger Gewinn entstehen, weil diese Wirtschaftsgüter vorher gewinnmindernd ausgebucht worden sind. Hinsichtlich § 1 1 Abs . 5 KStG ist schon fraglich, ob die Voraussetzung, dass am Schluss des vorange­ gangenen Wirtschaftsj ahres kein Betriebsvermögen vorhanden war, angesichts des neu aufgefundenen Vermögens überhaupt erfüllt ist. Jedenfalls würde sei­ ne Anwendung zu falschen Ergebnissen führen, soweit mit dem aufgetauchten Vermögen alte Verbindlichkeiten bedient werden, die am vermeintlichen Ende der Liquidation nicht mehr erfüllt wurden und im damaligen Abwicklungs­ Endvermögen enthalten waren. Denn bei Anwendung des § 1 1 Abs. 5 KStG würden diese alten Verbindlichkeiten - die mangels Vollbeendigung der Ge­ sellschaft nie erloschen sind - steuerlich nicht relevant werden, obwohl inso­ weit ein Gewinn entsteht. Mit anderen Worten: Die Erfüllung dieser alten Ver­ bindlichkeiten würde dazu führen, dass das neu aufgefundene Vermögen auf diese Weise wieder verschwindet, ohne j emals besteuert zu werden. Nach all­ dem bietet es sich an, § 1 1 Abs . 4 S . 1 KStG analog anzuwenden und als Ab­ wicklungs-Anfangsvermögen das Abwicklungs-Endvermögen der vorange­ gangenen "ersten" Liquidationsbesteuerung anzusetzen. In Höhe des durch die Schlussverteilung ausgekehrten Vermögens wäre ein Abzug analog § 1 1 Abs . 4 S . 3 KStG vorzunehmen, damit der Gewinn korrekt ermittelt werden kann. Möglich wäre auch eine außerbilanzielle Hinzurechnung aufgrund des § 8 1 3 Dem hätte nicht entgegen gestanden, dass es sich, wie von Pezzer (FR 2009, S . 270) zu bedenken gegeben, nicht um eine Abwicklung, sondern um das Erschließen neuen Ver­ mögens gehandelt hätte. Allein der zeitliche Verlauf ändert nämlich nichts daran, dass es sich um Abwicklungsmaßnahmen handelte. 1 4 In der Literatur wird dieses Problem völlig ausgeblendet, vgl. z.B . Micker in Herr­ mannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 3 7 a.E.

1 57

Besondere Problemlagen

Abs. 3 KStG; da allerdings § 1 1 KStG selbst eine entsprechende Vorschrift enthält, liegt deren analoge Anwendung näher. 11.

Nichtvermögensrechtlicher Abwicklungsbedarf

Eine Nachtragsliquidation kann nicht nur dann notwendig werden, wenn nach Abschluss des Liquidationsverfahrens noch Vermögen auftaucht, sondern auch dann, wenn noch nicht-vermögensrechtlicher Abwicklungsbedarf besteht. Die­ ser kann auf steuerrechtlichem Gebiet liegen, etwa wenn noch steuerrechtliche Erklärungen abzugeben sind, aber natürlich auch außerhalb dessen, etwa wenn noch arbeitsrechtliche Zeugnisse zu erteilen sind oder eine grundbuchrechtli­ che Erklärung abzugeben istY In solchen Fällen ist nach vorzugswürdiger Auffassung die Gesellschaft ebenfalls noch nicht erloschen, sodass sich auch hier die Frage stellt, wie hinsichtlich des § 1 1 KStG darauf zu reagieren ist. Problematisch ist hierbei, dass es kaum zu rechtfertigen ist, z.B . wegen eines auszustellenden Arbeitszeugnisses wieder in die Liquidationsbesteuerung ein­ zutreten mit der Folge, dass - wenn die Nachtragsabwicklung in einen neuen Veranlagungszeitraum reicht - die Steuerveranlagung wegen regelmäßig neuer Gesetze neu vorzunehmen ist, obwohl sich am Liquidationsergebnis nichts ge­ ändert hat. Richtig erscheint es deshalb, eine Nachtragsabwicklung, die aus­ schließlich nicht-vermögensrechtlichen Charakter hat, mit Blick auf § 1 1 KStG für unbeachtlich zu halten und den Besteuerungszeitraum nicht fortzu­ setzen. Dies lässt sich damit begründen, dass sich durch die Nachtragsabwick­ lung nichts daran geändert hat, dass die Liquidation aus steuerrechtlicher Sicht beendet ist und sich auch am Liquidationsergebnis nichts mehr ändern wird. Diese Sichtweise ist auch deshalb konsistent, weil für das Ende der Abwick­ lung im Sinne des § 1 1 KStG nach hier vertretener Ansicht der Zeitpunkt der Vollbeendigung nicht maßgeblich iSt. 1 6 Etwas anderes hat nur dann zu gelten, wenn sich durch eine noch erforderliche Abwicklungsmaßnahme das Liquida­ tionsergebnis noch ändert; allerdings würde dies wohl immer auch zu einer Nachtragsliquidation wegen nachträglich auftauchenden Vermögens führen, sodass solch ein Fall isoliert kaum eintreten kann. 111.

Ergebnis

Folgendes ist somit festzuhalten: Auch auf die Nachtragsliquidation findet § 1 1 KStG Anwendung. Der einheitliche Besteuerungszeitraum wird über den vermeintlichen Abschluss der Abwicklung hinaus fortgesetzt, sodass die ver­ meintlich letzte Veranlagung wieder aufzuheben ist. Soweit hinsichtlich dieser Veranlagung zwischenzeitlich Festsetzungsverj ährung eingetreten ist, ist mit dem Beginn der Nachtragsabwicklung ein neuer Besteuerungszeitraum im

1 5 Im Einzelnen dazu oben S. 1 7 ff. 1 6 Dazu oben S . 1 40 ff.

1 58

Abgebrochene Liquidation

Sinne des § 11 Abs . 1 S . 1 KStG zu bilden, das Abwicklungs-Anfangsver­ mögen ist analog § 1 1 Abs. 4 S . 1 , 3 KStG zu ermitteln.

B.

Abgebrochene Liquidation

Von einer abgebrochenen Liquidation wird gesprochen, wenn eine Gesell­ schaft nach Auflösung mit der Abwicklung beginnt, diese aber vor Abschluss abbricht und zur gewöhnlichen Unternehmenstätigkeit zurückkehrt. Gesell­ schaftsrechtlich ist dies j edenfalls dann unproblematisch, wenn noch nicht mit der Schlussverteilung begonnen wurde. 1 7 Es stellt sich aber die Frage, wie die­ se Situation steuerrechtlich zu behandeln ist. Zwei Lösungsmöglichkeiten sind hierfür denkbar: Einerseits kann man § 1 1 KStG auch auf die abgebrochene Liquidation anwenden und ab dem Zeitpunkt, ab dem die gewöhnliche Unter­ nehmenstätigkeit wieder aufgenommen wird, zur j ährlichen Besteuerung nach allgemeinen Grundsätzen zurückkehren. 1 8 Andererseits wäre es auch denkbar, für die gesamte Dauer der Abwicklung (rückwirkend) eine j ährliche Veranla­ gung durchzuführen, also § 1 1 KStG nicht anzuwenden. 1 9 Der Wortlaut des § 1 1 KStG spricht eher für eine Anwendung auch auf abge­ brochene Liquidationen. Denn als obj ektive Tatbestandsvoraussetzungen wer­ den explizit nur Auflösung und Abwicklung genannt, nicht aber, dass die Ab­ wicklung auch abgeschlossen wird. Allenfalls die Definition des Abwicklungs­ Endvermögens, das aus dem zu verteilenden Vermögen besteht, § 1 1 Abs. 3 KStG, ließe sich in diese Richtung interpretieren, da ein solches Vermögen nur denkbar ist, wenn die Abwicklung auch abgeschlossen wird. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass insoweit auf den Regelfall abgestellt wird und deshalb eine solche Folgerung wohl zu weitgehend wäre. Zudem lässt sich auch auf den Wortlaut des § 1 1 Abs. 1 S . 1 KStG als Grundaussage der Vorschrift ab­ stellen, wonach der im Zeitraum der Abwicklung erzielte Gewinn zu besteuern ist, was den Abschluss der Liquidation nicht unbedingt voraussetzt. Insgesamt lässt sich daher sagen, dass der Wortlaut des § 1 1 KStG zwar eher dafür spricht, auch die abgebrochene Abwicklung unter § 1 1 KStG zu fassen; gleichwohl sind beide Ansätze vom Wortlaut gedeckt. Die Gesetzesbegrün­ dungen nehmen zu dieser Frage - angesichts der dünnen Quellenlage kaum überraschend - keine Stellung. Allenfalls aus der Entscheidung des Reichsfi1 7 Zur Fortsetzungsfähigkeit sogleich im Text bei Fußnote 27. 18 Grundlegend RFH v. 07.05 . 1 929, I A a 8 1 8/28, RStBl. 1 929, S . 5 1 2 f. ( S . 5 1 3 ); Micker in HerrmannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 1 8; Lenz in Erle/Sauter, KStG3 , § 1 1 Rn. 8 ; Hofmeister i n B lümich, KStG, § 1 1 Rn . 20; Graffe i n DötschiJostiPung/Witt, KStG, § 1 1 Rn. 6; Frotscher in FrotscherlMaas, KStG, § 1 1 Rn . 1 2 ; Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 3 0 . 1 9 Inzwischen wohl nicht mehr vertreten, früher aber von Klein i n Herr­ mannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 32 (Stand: Oktober 2000); unklar bleibt, ob sich Holland (in Ernst & Young, KStG, § 1 1 Rn . 3 0) dieser Auffassung anschließt.

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Besondere Problemlagen

nanzhofs von 1 9292 0 im Zusammenspiel mit der regelmäßigen Aussage in den Gesetzesbegründungen, an der Rechtslage grundsätzlich nichts ändern zu wol­ len,2 1 wird man eine leichte Tendenz zugunsten einer Anwendbarkeit des § 1 1 KStG ableiten können. Diesen Zusammenhang sollte man aber nicht zu stark gewichten, da es sich um keine gefestigte Rechtsprechung, sondern nur um ei­ ne einzelne Entscheidung handelte. Gegen eine Anwendung des § 1 1 KStG spricht in erster Linie der Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums. Dieser soll die nachteiligen Folgen aus der Abschnittsbesteuerung, die sich insbesondere aus dem Zus amme nspiel von eingeschränktem Verlustrücktrag und dem Untergang des Steuersubj ekts erge­ ben, durch einheitliche Besteuerung abmildern. 22 Im Fall einer abgebrochenen Liquidation entfällt diese Zweckrichtung, da der Steuerpflichtige und folglich auch etwaige Verlustvorträge nicht erlöschen. Aus dieser Sicht besteht somit kein Erfordernis rur den einheitlichen Besteuerungszeitraum im Fall einer ab­ gebrochenen Liquidation. Ebenso besteht auch kein Bedürfnis, durch die be­ sondere Gewinnermittlung gern. § 1 1 KStG stille Reserven steuerlich zu reali­ sieren, da diese - soweit durch die abgebrochene Abwicklung noch nicht ver­ silbert und nach allgemeinen Regeln besteuert - mangels Erlöschen der Ge­ sellschaft nicht endgültig der Besteuerung entzogen werden. 23 Die von § 1 1 KStG verfolgten wesentlichen Zwecke machen eine Anwendung auf die abge­ brochene Liquidation daher nicht notwendig. Eher wird man sagen können, dass rur die Vorteile, die dem Steuerpflichtigen aus den erweiterten Möglich­ keiten der Verlustverrechnung durch den einheitlichen Besteuerungszeitraum erwachsen, im Vergleich zu Steuerpflichtigen, die der j ährlichen Besteuerung unterliegen, kein überzeugender sachlicher Grund besteht. Ein solcher lässt sich auch nicht aus dem steuerlichen Rückwirkungsverbot herleiten, wie dies vom Finanzgericht Köln24 vertreten wird: Nach dessen Auf­ fassung ist eine Anwendung des § 1 1 KStG auf abgebrochene Liquidationen zwingend, da sonst das vor der Auflösung gebildete Rumpfwirtschaftsj ahr hin­ fällig werde und neu besteuert werden müsse, indem es durch ein volles Wirt­ schaftsj ahr ersetzt werde, worin eine Rückbewirkung von Tatbestandsfolgen rur einen bereits abgeschlossenen Besteuerungssachverhalt zu sehen sei. Der Ansatzpunkt dieser Ansicht, nämlich dass dem bereits abgeschlossenen Rumpfwirtschaftsjahr im Zeitraum direkt vor der Auflösung die Grundlage entzogen würde, trifft allerdings nicht zu. Denn dadurch, dass die Liquidation abgebrochen und die Gesellschaft fortgesetzt wird, wird die Auflösung nicht rückwirkend aufg ehoben und insbesondere wird auch das Rumpfgeschäftsj ahr, 20 21 22 23 24

RFH v. 07.05 . 1 929, I A a 8 1 8/28, RStBl. 1 929, S . 5 1 2 f. Z.B . die Gesetzesbegründung zu § 1 4 KStG 1 934, RStBl. 1 93 5 , S . 8 1 ff. (S. 85). Ausführlich oben S . 67 ff. Hierzu ausführlich oben S . 1 29 ff. FG Köln v. 23 .07 .2008, 1 3 K 3 7 1 4/04, EFG 2008, S . 1 8 1 9 ff. (S. 1 820).

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Abgebrochene Liquidation

das nach überaus herrschender und richtiger Ansicht2 5 zwingend zu bilden ist, nicht gegenstandslos. Daraus folgt, dass sich auch an der Existenz des Rumpfwirtschaftsj ahres nichts ändert, denn dass dieses zu bilden ist, folgt nicht aus § 1 1 KStG, sondern aus allgemeinen Grundsätzen. 26 Deshalb kann aus der Frage der Anwendbarkeit des § 1 1 KStG auch nichts über das Rumpf­ wirtschaftsj ahr abgeleitet werden. Will man § 1 1 KStG auf die abgebrochene Liquidation nicht anwenden, muss deshalb auch nur die Besteuerung geändert werden, soweit sie nach der Auflösung erfolgt ist. Dabei können zwei Fälle unterschieden werden, nämlich einmal der, dass noch gar keine Besteuerung stattgefunden hat, und zweitens der, dass bereits eine oder mehrere Zwischen­ veranlagungen im Sinne des § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG erfolgt sind. Im ersten Fall muss lediglich die j ährliche Besteuerung nachgeholt werden, was auch deshalb keine größeren Probleme aufwerfen wird, weil auf die j ährlichen handelsrecht­ lichen Abschlüsse zurückgegriffen werden kann. Im zweiten Fall muss zu­ nächst die Zwischenveranlagung aufgehoben werden, um sodann die j ährliche Besteuerung nachholen zu können. Die verfahrensrechtliche Ermächtigung hierzu bietet § 1 75 Abs. 1 Nr. 2 AO, denn in der Fortsetzung der Gesellschaft ist ein rückwirkendes Ereignis zu sehen, dass der Anwendbarkeit des § 1 1 KStG die Grundlage entzieht. Die Rückwirkung dieses Ereignisses lässt sich mit folgender Erwägung begründen: Bereits bei Vornahme der Zwischenver­ anlagung ist klar, dass diese später wieder aufgehoben wird, weil sie nach dem Regelungskonzept des § 1 1 KStG nur vorläufigen Charakter hat. Dann aber besteht kein Grund, diesen Fall anders zu behandeln, als den, in dem noch kei­ ne Zwischenveranlagung stattgefunden hat und in dem § 1 1 KStG überhaupt nicht zur Anwendung kommt. Anders formuliert: Es wäre sinnwidrig, eine ei­ gentlich nur vorläufige Veranlagung für den Fall für endgültig zu erklären, dass eine Anwendungsvoraussetzung des § 1 1 KStG, der Grundlage dieser Veranlagung war, entfällt. Schon wegen des vorläufigen Charakters der Zwi­ schenveranlagung wäre es im Übrigen auch nicht tragfähig, eine Argumentati­ on auf Vertrauensschutzaspekten aufzubauen, zumal der Steuerpflichtige selbst die Nichtanwendung des § 1 1 KStG herbeiführt. Insgesamt sprechen deshalb die besseren Argumente dafür, § 1 1 KStG nicht auf abgebrochene Liquidationen anzuwenden. Angesichts des nicht eindeuti­ gen Wortlauts spricht entscheidend gegen eine Anwendung des § 1 1 KStG, dass die Norm nach ihrem Telos nicht auf solche Konstellationen passt. Frag­ lich ist noch, ob es aus steuerrechtlicher Sicht darauf ankommen kann, ob die Fortsetzung der Gesellschaft gesellschaftsrechtlich noch möglich ist. 2 7 Eine Fortsetzung ist dann gesellschaftsrechtlich unzulässig, wenn mit der Auskeh-

25 Oben S. 1 00 ff. 26 Siehe die ausführliche Begründung oben S . 1 1 1 ff. 27 So - ohne Begründung Micker in HerrmannlHeuer/Raupach, KStG, § 1 1 Rn. 1 8 . -

161

Besondere Problemlagen

rung des Vennögens begonnen wurde. 28 Grund ist, dass anderenfalls die Kapi­ talausstattung der Gesellschaft unzulässig verringert würde, was insbesondere deshalb problematisch ist, weil eine Fortsetzung keine Anforderungen an die Kapitalausstattung stellt. 29 Es ist allerdings weder notwendig noch geboten, an die gesellschaftsrechtliche Bewertung auch im Steuerrecht anzuknüpfen. Denn zum einen lässt sich das aus § 1 1 KStG nicht ableiten, der gerade auf das tat­ sächliche Merkmal der Abwicklung abstellt, und zum anderen ist auch die Wertung des § 4 1 AO zu berücksichtigen, wonach grundsätzlich die wirt­ schaftliche Wirklichkeit maßgeblich ist. Zudem ist auch kein Bedürfuis er­ kennbar, das hierfür sprechen würde, im Gegenteil : Wird eine Gesellschaft trotz Unzulässigkeit dauerhaft fortgeführt, besteht kein Anlass, dieser Gesell­ schaft die Vorteile, die sich aus der Besteuerung gern. § 1 1 KStG ergeben, zu gewähren. Dem Problem, dass eine Gesellschaft nach Umstellung auf die j ähr­ liche Besteuerung wegen Unzulässigkeit der Fortführung wieder in die Liqui­ dation eintritt und deshalb auch wieder nach § 1 1 KStG zu besteuern ist, wird man in der Praxis dadurch begegnen können, dass das Finanzamt die entspre­ chende Eintragung im Handelsregister abwartet. Somit gilt: Auf Fälle der abgebrochenen Liquidation findet § 1 1 KStG keine Anwendung, vielmehr ist für den gesamten Abwicklungszeitraum eine j ährli­ che Veranlagung durchzuführen. Etwaig erlassene Zwischenveranlagungen sind gern. § 1 75 Abs. 1 Nr. 2 AO aufzuheben. Dies gilt unabhängig davon, ob die Fortführung der Gesellschaft zulässig ist, es kommt allein auf die Aufgabe der Abwicklung an.

c.

Insolvenz

Gern. § 1 1 Abs. 7 KStG sind die Vorschriften der Liquidationsbesteuerung im Fall einer Insolvenz entsprechend anzuwenden. Die Notwendigkeit dieses Verweises in § 1 1 Abs. 7 KStG ist mit dem Argument bezweifelt worden, dass das Insolvenzverfahren ein spezieller Fall des gesellschaftsrechtlichen Liqui­ dationsverfahrens sei und deshalb direkt von § 1 1 Abs . 1 S . 1 KStG erfasst werde. 30 Am Ergebnis, also der Anwendbarkeit des § 1 1 KStG auf Gesell­ schaften im Insolvenzverfahren, ändert sich dadurch nichts. Die Frage braucht hier daher nicht entschieden werden, zumal es sich letztlich nicht um ein steu­ errechtliches Problem, sondern um eine Frage des Verhältnisses von Insol2 8 Für die AG ergibt sich dies aus § 274 Abs. 1 S. 1 AktG; für die GmbH ist es h.M., z.B . Casper in UlmerlHabersacklWinter, GmbHG, § 60 Rn. 1 3 2; a.M. z.B . Berner in MünchKomm, GmbHG, § 60 Rn . 244 (ausreichende Kapitalausstattung, die durch Ein­ haltung des § 30 GmbHG erfüllt ist). 29 Dazu z.B . Casper in UlmerlHabersacklWinter, GmbHG, § 60 Rn. 1 3 2 . 3 0 K. Schmidt i n F S L. Schmidt, S . 227 ff. ( S . 24 1 ); gegen die Gleichsetzung von gesell­ schaftsrechtlicher Abwicklung und Insolvenzverfahren z.B . Hüffer in MünchKomm, AktG3 , § 262 Rn. 8 1 .

1 62

Insolvenz

venzverfahren und gesellschaftsrechtlicher Abwicklung handelt. 3 1 Jedenfalls aber ergibt sich aus dem Wortlaut des § 1 1 Abs. 7 KStG, dass der Gesetzgeber des KStG 1 977 32 davon ausgegangen ist, dass eine solche Vorschrift notwen­ dig ist, da im Gesetz vom Unterbleiben der Abwicklung aufgrund einer Insol­ venz die Rede ist. 33 Im Übrigen hätte er § 1 1 Abs . 7 KStG kaum eingeführt, wenn er davon ausgegangen wäre, dass das Insolvenzverfahren unter den Be­ griff der Abwicklung im Sinne des § 1 1 Abs. 1 S. 1 KStG fällt. Die Erkenntnisse, die für die Besteuerung der Liquidation - also den direkten Anwendungsbereich des § 1 1 KStG - gewonnen wurden, lassen sich größten­ teils ohne Änderungen auf das Insolvenzverfahren übertragen. Insbesondere im Bereich der steuerlichen Gewinnermittlung sind keine Anpassungen not­ wendig. Zu erörtern sind allerdings zwei Aspekte, nämlich der sachliche An­ wendungsbereich des § 1 1 KStG und das Ende des Besteuerungszeitraums im Insolvenzverfahren. Der Klarheit halber ist schließlich noch festzustellen, dass von § 1 1 Abs. 7 KStG nur die Fälle erfasst sind, in denen das Insolvenzverfah­ ren eröffnet worden ist. Nicht unter § 1 1 Abs. 7 KStG fällt hingegen die Situa­ tion, in der die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen wird. Dann nämlich erfolgt das reguläre gesellschaftsrechtliche Abwicklungs­ verfahren, weil das Insolvenzverfahren eben nicht eröffnet worden ist. 34

I.

Sachlicher Anwendungsbereich des § 11 KStG im Insolvenz­ verfahren

Näherer Erörterung bedarf die Frage, ab welchem Zeitpunkt im Fall des Insol­ venzverfahrens § 1 1 KStG anwendbar ist, mithin: ab wann die Voraussetzun­ gen des § 1 1 Abs. 1 S . 1 KStG - Auflösung und Abwicklung - gegeben sind. Für die Auflösung ergeben sich keine Besonderheiten, da auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Auflösungsgrund normiert ist, § 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG bzw. § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG. Problematisch ist allerdings das Merk­ mal der Abwicklung, und zwar aus folgendem Grund: Ist über eine Gesell­ schaft das Insolvenzverfahren eröffnet worden, besteht neben der Zerschla­ gung die Möglichkeit, eine Sanierung des Unternehmens zu versuchen, mithin also das Unternehmen fortzuführen. Nur der erste Fall ist aber der Abwicklung vergleichbar, während im zweiten Fall gerade nicht auf die Beendigung des 3 1 Dazu insbesondere K. Schmidt, GmbHR 1 994, S. 829 ff. (S. 83 1 ); ders. , ZGR 1 998, S . 63 3 ff (S . 634 ff.). 32 Die Regelung wurde durch das KStG 1 977 eingeflihrt, vgl. zur Gesetzgebungsgeschichte oben S . 3 6 ff. 3 3 Von einem Unterbleiben der Abwicklung im Insolvenzfall wird zum Teil auch in der steuerrechtlichen Literatur ausgegangen, z.B . Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 82; Holland in Ernst & Young, KStG, § 1 1 Rn. 76. 3 4 Hüffer in MünchKomm, AktG3 , § 262 Rn. 54; Berner in MünchKomm, GmbHG, § 60 Rn. 1 22.

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Besondere Problemlagen

Rechtsträgers hingearbeitet wird, sondern auf dessen Erhaltung. Welcher Weg vom Insolvenzverwalter verfolgt werden soll, wird gern. § § 1 56, 1 57 InsO durch die Gläubigerversammlung (zumindest vorläufig) im Berichtstermin entschieden, der spätestens drei Monate nach Insolvenzeröffnung stattfinden muss, unabhängig davon, ob das Unternehmen (zunächst) fortgeführt oder zer­ schlagen wird; erst wenn ein Insolvenzplan zur Fortführung des Unternehmens beschlossen worden ist - mithin frühestens zum Zeitpunkt des Berichtster­ mins -, ist zur normalen Besteuerung zurückzukehren, ggf. verbunden mit ei­ nem (erneuten) Rumpfwirtschaftsj ahr. 35 Nach anderer Auffassung ist § 1 1 KStG erst dann anzuwenden, wenn tatsächlich eine Zerschlagung erfolgt, also solange nicht, wie die Gesellschaft zunächst noch fortgeführt wird. 36 Beide Ansätze sind nicht ohne Probleme. Gegen die erste Auffassung spricht zum ei­ nen, dass im Fall der Sanierung das Regime des § 1 1 KStG für den Zeitraum zwischen Auflösung und Fortführungsbeschluss greift, der in der Regel der Phase bis zum Berichtstermin entsprechen, also nicht länger als drei Monate dauern wird. Dann ist für diesen Zeitraum ein weiteres Rumpfwirtschaftsj ahr erforderlich, um die Vorschrift des § 1 1 KStG überhaupt zur Anwendung brin­ gen zu können. Eine solche Vorgehensweise erscheint zum einen unpraktika­ bel und zum anderen auch unnötig, da dies weder der Wortlaut des § 1 1 Abs. 1 S . 1 KStG erfordert noch durch die Zweckrichtungen der Liquidationsbesteue­ rung geboten ist. Denn zum einen ist das der Abwicklung vergleichbare Merkmal, nämlich die Zerschlagung der Gesellschaft, auch für diesen ersten Zeitraum in aller Regel nicht gegeben, und zum anderen passt die Zweckrich­ tung des § 1 1 KStG, die sich auf das bevorstehende Erlöschen der Kapitalge­ sellschaft bezieht, nicht mehr: Denn das Ende des Steuerpflichtigen wird gera­ de nicht mehr verfolgt. Die zweite Auffassung ist vor allem aus Praktikabili­ tätserwägungen zu kritisieren. Denn sie führt im Fall der Zerschlagung dazu, dass für den Zeitraum zwischen Insolvenzeröffnung und dem Beschluss über die Zerschlagung (regelmäßig3 7) ein Rumpfwirtschaftsj ahr zu bilden ist, da sonst für diesen Zeitraum nicht die geforderte normale Besteuerung durchge­ führt werden kann. Naheliegender ist folgender Ansatz: Es wurde oben begründet, dass § 1 1 Abs . 1 S . 1 KStG insbesondere für den Fall der Auflösung durch Gesellschaf­ terbeschluss eine widerlegliche Vermutung dahingehend enthält, dass die Ge­ sellschaft nach der Auflösung auch tatsächlich abgewickelt wird. 38 Eine solche Vermutung gibt es im Insolvenzfall nicht, da die Abwicklung eben nicht der gesetzlich vorgesehene Regelfall ist. Deshalb muss bei einer Insolvenz das 3 5 Graffe in DötschlJostlPung/Witt, KStG, § 1 1 Rn. 45 f. ; Holland in Ernst & Young, KStG, § 1 1 Rn. 77. 3 6 Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 Rn. 83 . 3 7 Nur dann nicht, wenn der Zeitraum mindestens ein Jahr beträgt. 3 8 Oben S. 28 ff.

1 64

Insolvenz

Vorliegen der Abwicklung bzw. Zerschlagung positiv festgestellt werden, wo­ zu - in Anlehnung an die Lage beim Auflösungsbeschluss - ein entsprechen­ der Beschluss durch die Gläubigervers ammlung grundsätzlich ausreichend ist. Ist ein solcher Beschluss gefasst worden, wirkt er grundsätzlich auf den Zeit­ punkt der Insolvenzeröffnung zurück, was immer dann unproblematisch ist, wenn er - wie im gesetzlichen Regelfall - im Berichtstermin gefasst und nicht mehr geändert wird. Dies erspart die (erneute) Bildung eines Rumpfwirt­ schaftsj ahres. Der Fall, dass zunächst die Zerschlagung beschlossen worden ist, die Gläubigervers ammlung später aber doch die Fortführung bzw. Sanie­ rung beschließt, lässt sich durch die Anwendung der Grundsätze zur abgebro­ chenen Liquidation lösen: Die Anwendbarkeit des § 1 1 KStG entfällt mithin rückwirkend. 39 Eine dem umgekehrten Fall - die Gesellschaft wird zunächst einem Sanierungsversuch unterzogen, dann aber doch zerschlagen - ver­ gleichbare Konstellation ist im direkten Anwendungsbereich des § 1 1 KStG nicht denkbar. Es stellt sich deshalb die Frage, wie insofern zu verfahren ist. Eine Möglichkeit wäre es, den gesamten Zeitraum seit Insolvenzeröffnung dem § 1 1 KStG zu unterwerfen. Zweitens könnte man auch den B eschluss ü­ ber die Zerschlagung zugrunde legen und erst ab diesem Zeitpunkt § 1 1 KStG anwenden. Vorzuziehen ist die erste Möglichkeit. Hierfiir spricht schon, dass das Abwicklungs-Anfangsvermögen gern. § 1 1 Abs . 4 KStG durch das letzte vor der Auflösung veranlagte Betriebsvermögen bestimmt ist. 40 Würde man § 1 1 KStG erst ab der Zerschlagung anwenden, müsste man diese Vorschrift gegen ihren Wortlaut so anwenden, dass das letzte veranlagte Betriebsvermö­ gen vor dem Beschluss über die Zerschlagung maßgeblich ist. Hinzu kommt, dass nach vorzugswürdiger Ansicht auch die gesellschaftsrechtliche Abwick­ lung nicht erfordert, unmittelbar nach Auflösung mit der Versilberung zu be­ ginnenY Zudem wird durch diese Vorgehensweise die Besteuerung verein­ facht, da die insolvente Gesellschaft so kein weiteres Rumpfwirtschaftsj ahr bilden muss. Vor allem aber ist kein überzeugendes Argument ersichtlich, dass fiir den anderen Ansatz sprechen würde. Vielmehr wird auch der Zweck42 des einheitlichen Besteuerungszeitraums besser verwirklicht, wenn die Anwend­ barkeit des § 1 1 KStG auf den gesamten Zeitraum seit der Eröffnung des In­ solvenzverfahrens erstreckt wird. Somit gilt für die Besteuerung im Insolvenzverfahren: § 1 1 KStG ist dann an­ wendbar, wenn die insolvente Gesellschaft zerschlagen wird, nicht aber, wenn sie saniert und fortgefiihrt wird. Wird während der Insolvenz die Vorgehens-

39 40 41 42

Zur abgebrochenen Liquidation im Detail oben S . 1 59 ff. Zu den Einzelheiten oben S . 1 09 ff., insbesondere S . 1 1 8 ff. Dazu oben S . 3 0 ff. Dieser liegt darin, in typisierender Weise den bevorstehenden Untergang ungenutzter Verluste abzumildern, vgl. oben S . 52 ff.

1 65

Besondere Problemlagen

weise geändert, ändert sich das steuerliche Regime immer rur den gesamten Zeitraum seit Insolvenzeröffnung. 11.

Ende des einheitlichen Besteuerungszeitraums

Fraglich ist, wann im Fall des Insolvenzverfahrens der einheitliche Besteue­ rungszeitraum im Sinne des § 1 1 Abs. 1 S . 1 KStG beendet ist. Nach einhelli­ ger Auffassung43 in der Literatur, die auf eine Entscheidung des Reichsfinanz­ hofs44 zurückgeht, ist darur der Abschluss des Insolvenzverfahrens maßgeb­ lich. Nach dieser Auffassung hat die Löschung nur deklaratorischen Charakter und das Insolvenzverfahren ist steuerlich (auch) dann be endet, wenn nur die Höhe der Steuerschuld noch nicht feststeht. Gründe werden rur diese Auffas­ sung nicht mitgeteilt; vor allem wird auch nicht angegeben, wann genau das Insolvenzverfahren als abgeschlossen anzusehen ist. Konsequenterweise ist diese Frage entsprechend zur Lage bei der Liquidation zu entscheiden. Es wurde bereits begründet, dass dort der Tag, an dem die Gesellschaft zur Lö­ schung im Handelsregister angemeldet wird, den einheitlichen Besteuerungs­ zeitraum beendet, weil an diesem Tag die Liquidation abgeschlossen iSt. 4 5 Deshalb ist an der allgemeinen Auffassung richtig, dass der Abschluss des In­ solvenzverfahrens maßgeblich ist. Es ist aber fraglich, auf welchen Zeitpunkt es insofern ankommt. Das Ende des Insolvenzverfahrens läuft nach folgendem Schema ab : Sobald die Insolvenzmasse verwertet worden ist, erfolgt - nach dem Schlusstermin gern. § 1 97 InsO, also der abschließenden Gläubigerver­ sammlung46 - die Schlussverteilung, die der Zustimmung des Insolvenzge­ richts bedarf, § 1 96 InsO. Ist die Schlussverteilung vollzogen, beschließt das Insolvenzgericht gern. § 200 InsO die Aufhebung des Insolvenzverfahrens, die öffentlich bekanntzumachen und dem Registergericht mitzuteilen ist. Auf die­ se Weise ist sichergestellt, dass das Registergericht vom Abschluss des Insol­ venzverfahrens Kenntnis erlangt. Das Registergericht hat dann gern. § 3 94 Abs. 1 S . 2 FamFG die nunmehr vermögenslose Gesellschaft zu löschen. Der Zeitpunkt, in dem das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren aufhebt, ent­ spricht dem Zeitpunkt, an dem im Fall der gesellschaftsrechtlichen Liquidation die Eintragung der Löschung zum Handelsregister angemeldet wird. Er ist deshalb als der Zeitpunkt anzusehen, in dem das Insolvenzverfahren j edenfalls im Sinne des Steuerrechts abgeschlossen ist und in dem auch der Besteue­ rungszeitraum des § 1 1 Abs. 1 S . 1 KStG endet.

43 Holland in Ernst & Young, KStG, § 1 1 Rn. 75 ff. ; Lambrecht in Gosch, KStG2 , § 1 1 3 Rn. 83 ; Lenz in Erle/Sauter, KStG , § 1 1 Rn. 65; Micker in HerrmannIHeuer/Raupach, KStG, § 1 1 Rn. 66; Graffe in Dötsch/JostIPung/Witt, KStG, § 1 1 Rn. 45 . 44 RFH v. 05.03 . 1 940, 1 44/40, RStBl. 1 940, S . 7 1 5 f. (S. 7 1 6). 45 Oben S . 1 40 ff. 46 Uhlenbruck in Uhlenbruck, Ins0 13 , § 1 97 Rn. 1 .

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Organschaft

D.

Organschaft

Wird eine Gesellschaft aufgelöst und abgewickelt, die Teil einer körper­ schaftsteuerlichen Organschaft ist, stellt sich die Frage, wie sich Auflösung und Abwicklung auf das Organschaftsverhältnis auswirken, und zwar in erster Linie, ob das Organschaftsverhältnis durch die Auflösung beendet wird. Da eine ausdrückliche gesetzliche Regelung hierzu fehlt, können Auflösung oder Abwicklung nur dann Einfluss auf das Bestehen des Organschaftsverhältnisses haben, wenn sie eine der Voraussetzungen der Organschaft entfallen lassen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der Auflösung des Organträgers einerseits und der Organgesellschaft andererseits, da für beide Teile der Organschaft un­ terschiedliche Voraussetzungen gelten. In den § § 1 4 Abs . I , 1 7, 1 8 KStG sind die Voraussetzungen für eine körperschaftsteuerliche Organschaft geregelt: Organgesellschaft kann dabei j ede Kapitalgesellschaft sein, die Sitz und Ge­ schäftsleitung im Inland hat, § 14 Abs . 1 S. 1 i.V.m. § 1 7 KStGY Der Kreis derj enigen, die Organträger sein können, ist demgegenüber gern. § 1 4 Abs . 1 S . 1 Nr. 2 KStG deutlich weiter und erfasst insbesondere auch Personengesell­ schaften, allerdings ist im Folgenden entsprechend des Anwendungsbereichs des § 1 1 KStG nur auf Kapitalgesellschaften als Organträger einzugehen. Wei­ tere Voraussetzung ist, dass der Organträger Träger eines einzigen gewerbli­ chen Unternehmens ist, § 14 Abs. 1 S. 1 KStG. 48 In sachlicher Hinsicht ist er­ forderlich, dass ein Gewinnabführungsvertrag mit einer Mindestlaufzeit von fünf Jahren zwischen Organträger und Organgesellschaft über den gesamten Gewinn besteht und dass die Organgesellschaft dem Organträger finanziell eingegliedert ist, § 14 Abs . 1 S. 1 i.V.m. Abs . 1 S. 1 Nr. 1 S . 1 KStG. Aus den dargestellten Organschaftsvoraussetzungen ergeben sich zwei Ansatzpunkte, die zu einer Beendigung der Organschaft aufgrund der Auflösung führen kön­ nen: Einmal kann man daran denken, dass der Organträger mit seiner Auflö­ sung kein gewerbliches Unternehmen mehr ist und zweitens ist fraglich, ob der Bestand des Gewinnabführungsvertrags durch die Auflösung des Organ­ trägers und/oder der Organgesellschaft berührt wird. Ein Ansatzpunkt dafür, dass die Abwicklung als tatsächlicher Vorgang Einfluss auf das Bestehen des Organschaftsverhältnisses haben kann, ist dagegen nicht ersichtlich. Eine an­ dere Ebene betrifft schließlich die Frage, ob eine Organgesellschaft nach ihrer Auflösung überhaupt noch Gewinne im Sinne eines Gewinnabführungsver­ trags abführen kann, was dann relevant wird, wenn man ein Fortbestehen des Organschaftsverhältnisses nach der Auflösung für möglich hält: Ist man dann der Auffassung, dass die Organgesellschaft keine Gewinne mehr erzielt, die unter den Gewinnabführung svertrag bzw. die Organschaft fallen, kommt man 47 Zur - eigenwilligen - Regelungstechnik, die rur Kapitalgesellschaften, die weder AG noch KGaA sind, über § 1 7 KStG die entsprechende Anwendbarkeit der § § 14 ff. KStG anordnet, vgl. z.B. Pache in Herrmann/Heuer/Raupach, KStG, § 1 7 Rn. 3 . 4 8 Neumann in Gosch, KStG2 , § 1 4 Rn . 1 03 .

1 67

Besondere Problemlagen

zu einer Organschaft, die während der Abwicklung zwar noch besteht, aber keine steuerliche Wirkung mehr entfaltet. 49

I.

Auflösung des Organträgers

Wird der Organträger aufgelöst, ist, wie eben gesehen, die Fortführung des Organschaftsverhältnisses unter zwei Gesichtspunkten fraglich, nämlich we­ gen des Erfordernisses des gewerblichen Unternehmens einerseits und wegen des Schicksals des Gewinnabführungsvertrags andererseits. 1.

Organträger als gewerbliches Unternehmen

Zunächst ist auf die Frage einzugehen, ob der Organträger nach seiner Auflö­ sung noch ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des § 14 Abs. 1 S. 1 KStG ist. Daran könnte man dann zweifeln, wenn man erstens davon ausgeht, dass mit der Auflösung eine Zweckänderung der Gesellschaft eintritt und der wer­ bende Zweck zum Abwicklungszweck wird, und wenn man zweitens der Auf­ fassung ist, dass ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des § 1 4 Abs. 1 S . 1 KStG voraussetzt, dass eine ihrer Natur nach gewerbliche Tätigkeit verfolgt wird. Dann nämlich könnte man argumentieren, dass die Zweckänderung dazu führt, dass keine gewerbliche Tätigkeit mehr vorliegt und damit der vormalige Organträger in Ermangelung dieser Eigenschaft nicht mehr Organträger sein kann. 50 Allerdings treffen beide Prämissen nicht zu. Es wurde bereits begrün­ det, dass durch die Auflösung keine Zweckänderung der Gesellschaft bewirkt wird, sondern dass vielmehr der Zweck der Abwicklung neben den Gesell­ schaftszweck tritt, diesen aber nicht ersetzt. 5 1 Zudem ist auch der Begriff des gewerblichen Unternehmens in § 14 Abs . 1 S . 1 KStG nicht so zu verstehen, dass eine originär gewerbliche Tätigkeit vorliegen muss . 52 Vielmehr genügt es mit der h.M., dass der Organträger gewerbesteuerpflichtig ist, was für eine Kapitalgesellschaft auch nach ihrer Auflösung der Fall ist, und zwar wegen § 2 Abs . 2 S . 1 GewStG bereits aufgrund der Rechtsform und unabhängig von der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit. 5 3 Durch diese Voraussetzung wird nämlich verhindert, dass durch die Bildung einer Organschaft die Gewerbesteuerpflicht der Organgesellschaft umgangen werden kann. 54 Zudem ist auch das Argu49 Es handelt sich dabei um keinen nur theoretischen Unterschied zur erloschenen Organ­ schaft, weil dann die Organschaft im Fall der Fortsetzung der Organgesellschaft ohne Weiteres wieder aufleben würde. 50 So Micker in HerrmannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 6 1 ; unklar Lenz in Erle/Sauter, KStG3 , § 1 1 Rn. 62. 5 1 Oben S. 7 ff. 52 So aber Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht9 , S . 699, allerdings noch zur alten Rechtslage. 53 BFH v. 26.04. 1 989, I R 1 52/84, B StBl. II 1 989, S . 668 ff. ( S . 669); Kolbe in Herr­ mannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 4 Rn. 5 8 ; dazu auch oben S . 23 ff. 54 Kolbe in HerrmannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 4 Rn. 5 8 .

1 68

Organschaft

ment der Gegenauffassung, dass eine wirtschaftliche Eingliederung der Or­ gangese1lschaft in den Organträger nur möglich sei, wenn der Organträger ori­ ginär gewerblich tätig sei, nicht mehr tragfähig, seit die Tatbestandsvorausset­ zung der wirtschaftlichen Eingliederung aufgegeben wurde. 55 2.

Schicksal des Gewinnabführungsvertrags

a)

Meinungsstand

Ob die Auflösung des Organträgers dazu fUhrt, dass der Gewinnabfiihrun gs­ vertrag beendet wird, ist lebhaft umstritten und wird vor allem im Hinblick auf die Auflösung durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens erörtert. 56 Bej aht man dies, ist damit zugleich entschieden, dass das Organschaftsverhältnis ebenfalls mit der Auflösung beendet ist. Der Streitstand ist insgesamt recht unübersicht­ lich. Es lassen sich aber doch einige Grundlinien herausarbeiten, wobei vorerst nur auf den kombinierten Beherrschungs- und GewinnabfUhrungsvertrag ein­ zugehen ist: Zu differenzieren ist zunächst zwischen der Wirkung auf den Ver­ trag, die der Auflösung beigelegt wird, und danach, ob diese Wirkung sich j e nach dem unterscheidet, welcher Tatbestand zur Auflösung gefiihrt hat. Hin­ sichtlich der Wirkung der Auflösung auf den Unternehmensvertrag wird einer­ seits vertreten, dass dieser durch die Auflösung automatisch beendet wird5 7 und andererseits, dass er fortbesteht, wobei aber von einer Suspendierung der Pflichten aus dem Vertrag58 und teilweise von einem Recht zur außerordentli­ chen KÜlldigung 59 ausgegangen wird. Soweit zwischen den unterschiedlichen Auflösungsgründen unterschieden wird, wird vor allem darauf abgestellt, ob die Obergesellschaft ihren Verpflichtungen aus dem Unternehmensvertrag insbesondere der Pflicht zum Verlustausgleich bei der beherrschten Gesell­ schaft - noch nachkommen kann.6 0 Nach einer anderen Argumentationslinie ist der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der Auflösung des­ halb beendet, weil sich der Zweck der Abwicklung der Obergesellschaft nicht

5 5 Durch das StSenkG v. 23 . 1 0 .2000, BGBl. I 2000, S . 3267 ff. ; vgl. zur Gesetzgebungsge­ schichte z.B . Kolbe in HemnannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 4 Rn. 4; speziell zum StSenkG und den Ä nderungen der Organschaft Herlinghaus, FR 2000, S. 1 1 05 ff. 5 6 Z.B. Krieger in FS Metzeler, S . 1 3 9 ff. ; noch zur KO erging die Leitentscheidung des BGH v. 1 4 . 1 2 . 1 987, 11 ZR 1 70/87, BGHZ 1 03 , S. 1 ff. (Familienheim). 5 7 Insbesondere für den Fall der Insolvenz vertreten, z.B . von Altmeppen in MünchKomm, Aktä , § 297 Rn. 1 06 . 5 8 K Schmidt, ZGR 1 983 , S . 5 1 3 ff. (S. 5 3 0 f.); ders., Wege zum Insolvenzrecht der Unter­ nehmen, S . 223 ff. ; Grüner, Beendigung von Gewinnabführungs- und Beherrschungsver­ trägen, S. 1 5 5 f. 59 Z.B. Hirte in Uhlenbruck, Ins0 1 3 , § 1 1 Rn. 407 mit Rn. 3 9 8 (wohl Kündigungsrecht für beide Teile bei Insolvenz); gegen ein KÜlld igungsrecht der herrschenden Gesellschaft Altmeppen in MünchKomm, AktG3 , § 297 Rn. 1 1 3 . 6 0 S o insbesondere Altmeppen in MünchKomm, AktG3 , § 297 Rn . 1 08.

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Besondere Problemlagen

damit vertrage, die Untergesellschaft gewinnbringend fortzuführen;6 1 dieses Argument taucht auch in etwas veränderter Weise auf, indem gesagt wird, dass die Obergesellschaft die Leitungsmacht aus dem Beherrschungsvertrag nicht mehr ausüben könne.62 Soweit vertreten wird, dass - vor allem im Insolvenz­ fall - nur eine Suspendierung der Pflichten aus dem Unternehmensvertrag er­ folgen soll, wird dies mit der möglichen Fortsetzung der aufgelösten Gesell­ schaft begründet; mit einem Fortbestand des Vertrags sollen Sanierungschan­ cen gewahrt bleiben.63 Für den Insolvenzfall wird schließlich vertreten, dass § 1 03 Abs. 1 InsO auf den Unternehmensvertrag anzuwenden sei, mithin also dem Insolvenzverwalter der Obergesellschaft die Entscheidung über die F ort­ fiihrung des Unternehmensvertrags zustehe.64 b)

Eigene Auffassung

Nimmt man die verschiedenen Argumentationslinien näher in den Blick, stellt sich heraus, dass im Wesentlichen darauf abgestellt wird, ob der Unterneh­ mensvertrag im Sinne des § 29 1 AktG noch erfüllt werden kann und, falls nicht, welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind. Dieser Herangehensweise ist angesichts des unergiebi g en Wortlauts zuzustimmen. Ist die Obergesell­ schaft aufgelöst, sind in erster Linie zwei Verpflichtungen aus dem Beherr­ schungs- und Gewinnabfiihrungsvertrag im Sinne des § 29 1 AktG zu nennen, deren Erfiil lung zumindest gefährdet sein kann, nämlich erstens die Ausübung der Konzernleitungsmacht und zweitens die finanziellen Pflichten der herr­ schenden Gesellschaft, wobei insofern in erster Linie die Verpflichtung zum Ausgleich von Verlusten der abhängigen Gesellschaft von Interesse ist. Da die einzelnen Auflösungsgründe unterschiedliche tatsächliche Situationen wider­ spiegeln, ist es angezeigt, nach ihnen zu differenzieren. aa) Wirkung der Auflösung

Welche Wirkung kann die Auflösung auf den Bestand des Unternehmensver­ trags haben? Die am weitesten gehende Konsequenz ist die Beendigung des Vertrags ipso iure aufgrund der Auflösung. Am anderen Ende der Skala steht die Fortführung des Vertrags, möglicherweise verbunden mit einem Recht zur außerordentlichen Kündigung, mithin also das Fehlen einer (unmittelbaren) Wirkung. Zwischen diesen beiden Möglichkeit ist schließlich die Suspendie­ rung der Pflichten aus dem Unternehmensvertrag anzusiedeln, die systema­ tisch einen Unterfall des Fortbestands des Vertrags darstellt und die bei einer etwaigen Fortfiihrung des Unternehmens dazu fiihrt, dass der Vertrag wieder auflebt. 6 1 Für den Konkurs : BayObLG v. 29.09 . 1 998, 3 Z BR 1 59/94, AG 1 999, S. 43 ff. (S. 43 ); Hengeler/Hoffmann-Becking in F S Hefermehl, S . 283 ff. (S. 3 02). 62 Für den Konkurs: Hengeler/Hoffmann-Becking in F S Hefermehl, S . 283 ff. (S. 3 02). 63 Zeidler, NZG 1 999, S . 692 ff. (S. 697). 64 Freudenberg, ZIP 2009, S . 203 7 ff. (S .203 9 ff.); Häsemeyer, Insolvenzrecht4 , Rn. 3 2 .09.

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Organschaft

Es wurde bereits gesagt, dass die Wirkung, die die Auflösung auf den Unter­ nehmensvertrag hat, j e nach Auflösungsgrund unterschiedlich sein kann. So­ mit müssen mindestens zwei verschiedene rechtliche Reaktionen möglich sein. Eine dieser Folgen muss darin bestehen, dass der Vertrag ohne Suspendierung fortgeführt wird. Für den Fall nämlich, dass die Verpflichtungen aus dem Un­ temehmensvertrag auch nach der Auflösung problemlos erfüllt werden kön­ nen, besteht kein Anlass, dessen Fortführung - auf welche Weise auch immer - zu beeinträchtigen. In diesen Fällen wird man der Untergesellschaft ein Recht zur außerordentlichen Kündigung gern. § 297 Abs . 1 AktG zubilligen müssen, da die strukturelle und wirtschaftliche Situation so stark verändert ist, dass der beherrschten Gesellschaft die Möglichkeit gegeben werden muss, aus dem Unternehmensvertrag auszusteigen.6 5 Dagegen ist der Obergesellschaft ein Kündigungsrecht allein aufgrund ihrer eigenen Auflösung nicht zuzugeste­ hen, da sie es sonst in der Hand hätte, sich nach eigenem Belieben vom Unter­ nehmensvertrag zu lösen.66 Es bleibt die Frage, welche Folge eine Auflösung hat, wenn die Erfüllung der vertraglichen Pflichten nicht mehr gewährleistet ist. Während die einen das au­ tomatische Ende des Vertrags annehmen, wird von anderen eine Suspendie­ rung der vertraglichen Pflichten für sachgerecht gehalten. Richtigerweise ist vom Ende des Unternehmensvertrags auszugehen, und zwar aus folgenden Gründen: Gegen eine Suspendierung spricht zunächst, dass dies eine Rechts­ folge ist, die dem Konzermecht ebenso unbekannt ist wie dem Liquidations­ und Insolvenzrecht, 67 und für die sich im Gesetz auch kein Anhaltspunkt fin­ det. Sie lässt sich auch nicht, wie von Karsten Schmidt6 8 vertreten, daraus ab­ leiten, dass man § 3 02 AktG für ein gesetzliches Schuldverhältnis hält und daraus folgert, dass die Verlustübemahmeverpflichtung an die Durchführung des Unternehmensvertrags anknüpft. Denn selbst wenn man das für richtig hält, setzt es voraus, dass die Pflichten des Unternehmensvertrags suspendiert sind. Das begründet Schmidt damit, dass die aufgelöste Gesellschaft fortset­ zungsfähig ist.6 9 Allerdings vermag die Fortsetzungsfähigkeit der aufgelösten Gesellschaft kaum eine gesetzlich nicht vorgesehene Rechtsfolge erklären. Dagegen ist die Beendigung des Unternehmensvertrags gewissermaßen als re­ guläres Ende eines Vertrags naheliegender, auch wenn sie für den hier interes­ sierenden Fall gesetzlich nicht geregelt ist. Zweitens ist der durch eine Sus­ pendierung herbeigeführte Schwebezustand deshalb problematisch, weil er von außen nicht erkennbar ist. Dies ist aus Gründen des Gläubigerschutzes kaum hinnehmbar, nicht umsonst bedürfen Verträge im Sinne des § 29 1 AktG 65 Ebenso Altmeppen in MünchKomm, AktG3 , § 297 Rn. 1 1 3 . 66 Altmeppen in MünchKomm, AktG3 , § 297 Rn . 1 1 3 . 67 Gleiche Kritik - bezogen auf den Insolvenzfall - bei Berthold, Untemehmensverträge, S . 1 69. 68 K Schmidt, ZGR 1 983, S . 5 1 2 ff. (S. 525 f.). 69 K Schmidt, ZGR 1 983, S . 5 1 2 ff. (S. 53 1 ).

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Besondere Problemlagen

zu ihrer Wirksamkeit der Eintragung ins Handelsregister, § 294 AktG. Drittens schließlich ist dem Argument entgegenzutreten, dass die Suspendierung des­ halb vorzugswürdig sei, weil der Unternehmensvertrag dann im Fall der Fort­ setzung nicht wieder neu abgeschlossen werden muss. Das ist zwar richtig, aber kaum wünschenswert. Denn angesichts der Reichweite eines solchen Ver­ trags und der Tatsache, dass eine FortfUhrung in aller Regel nur nach umfas­ senden Änderungen in Struktur und Betrieb der Obergesellschaft in Betracht kommen dürfte, es also zu wesentlichen Abweichungen von der Lage gekom­ men sein wird, wie sie im Zeitpunkt des (ersten) Vertragsabschlusses bestand, ist es geboten, erneut die Zustimmung der Aktionäre insbesondere der abhän­ gigen Gesellschaft einzuholen.7 0 Damit gilt: Wenn ihre Beendigung nicht erforderlich ist, bestehen Unterneh­ mensverträge auch nach der Auflösung der beherrschenden Gesellschaft fort, wobei die abhängige Gesellschaft ein Recht zur außerordentlichen Kündigung hat. Anderenfalls enden Unternehmensverträge ipso iure mit der Auflösung. Für eine Suspendierung der vertraglichen Pflichten unter Fortbestand des Ver­ trags ist hingegen kein Raum. Welche Auflösungsgründe im Einzelnen zum Ende des Unternehmensvertrags führen, ist im Folgenden zu prüfen. bb)

Die einzelnen Auflösungsgründe

Zuerst soll auf die Auflösung durch Gesellschafterbeschluss eingegangen wer­ den. Hinsichtlich der Ausübung der Leitungsmacht wird argumentiert, dass die Obergesellschaft wegen ihres veränderten Zwecks, dem Abwicklungszweck, nicht mehr in der Lage sei, die Untergesellschaft angemessen zu führen, so­ dass gewissermaßen der Abwicklungszweck der Obergesellschaft mit dem werbenden Zweck der Untergesellschaft kollidiere.7 1 Selbst wenn man aller­ dings entgegen der hier vertretenen Auffassung72 von einer solchen Zweckänderung7 3 ausgine, ergibt sich diese Kollision nicht ohne Weiteres. Denn nur weil die Obergesellschaft ihre Tätigkeit auf die Versilberung richtet, heißt dies nicht, dass die Untergesellschaft deshalb nicht mehr werbend tätig sein kann. Im Gegenteil, regelmäßig wird der herrschenden Gesellschaft gerade daran gelegen sein, dass die Untergesellschaft ihre Tätigkeit möglichst ertragreich fortsetzt, um so einen höheren Verkaufserlös zu erlangen. An dieser Beurteilung ändert sich auch nichts für den Fall, dass die abhängige Gesellschaft nur im Verbund mit der Obergesellschaft am Markt tätig sein kann. Dann mag zwar die Auflösung und Abwicklung der Obergesellschaft dazu führen, dass auch die Untergesellschaft zerschlagen werden muss. Das hat seinen Grund aber nicht darin, dass die Obergesellschaft ihre Leitungs70 71 72 73

Krieger in FS Metzeler, S. 1 3 9 ff. (S. 1 44). Raiser/Veil, Kapitalgesellschaftsrecht5 , S . 742 . Im Einzelnen oben S . 7 ff. Wobei zu berücksichtigen ist, dass es letztlich vor al lem auf das tatsächliche Vorgehen ankommt und nicht so sehr darauf, wie man hinsichtlich der Zweckrichtung entscheidet.

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Organschaft

macht nicht mehr sachgerecht ausüben kann, was sich schon daran zeigt, dass in einer solchen Konstellation die Verhältnisse auch nicht anders wären, wenn die Leitungsmacht naG,h der Auflösung nicht mehr bestünde. Diese Überlegun­ gen zeigen, dass man j edenfalls nicht in typisierender Weise74 davon ausgehen kann, dass dem Auflösungsbeschluss Wirkungen auf den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag beizulegen sind. In Betracht kommt daneben, dass im Fall der Auflösung das beherrschende Unternehmen nicht mehr in der Lage ist, seiner Verlustausgleichspflicht gern. § 3 02 AktG nachzukommen. Aller­ dings wird zwar die wesentliche Motivation für den Auflösungsbeschluss oft in einer schlechten Ertragslage zu finden sein, indes rechtfertigt das nicht, zwingend davon auszugehen, dass im Fall einer Auflösung durch Beschluss die Fähigkeit zum Verlustausgleich nicht mehr in ausreichendem Maß vorhan­ den ist. Hinzu kommt, dass die Untergesellschaft auf zweierlei Weise ge­ schützt ist: Erstens steht ihr das außerordentliche KÜlldigungsrecht gern. § 297 AktG zu, das den Fall nennt, dass der andere Vertragsteil voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Zweitens ist auch nach der Auflösung eine Insolvenz genauso möglich wie vorher, sodass bei entsprechender Verschlechterung der Ertragslage die Obergesellschaft In­ solvenz anmelden und der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, wie noch gezeigt wird, aus diesem Grund sein Ende finden wird. Insgesamt ist mithin davon auszugehen, dass die Auflösung der Obergesellschaft durch Ge­ sellschafterbeschluss auf den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag keine Wirkung hat. Dasselbe gilt mutatis mutandis für die Auflösung wegen Zeitablaufs, die allerdings in der Praxis j edenfalls in Kombination mit einem Unternehmensvertrag kaum vorkommen wird. Sowohl die Eröffnung des Insolvenzverfahrens als auch dessen Ablehnung mangels Masse führen zur Auflösung der insolventen Gesellschaft. Da in bei­ den Fällen ein Insolvenzgrund vorliegt, ist die Annahme gerechtfertigt, dass die Erfüllung der Pflicht zur Verlusttragung bei der Untergesellschaft gern. § 3 02 AktG zumindest gefährdet ist. Dies gilt auch dann, wenn man bezüglich der nach Eintritt der Insolvenz entstehenden Verluste Masseverbindlichkeiten annimmt, da dies nicht gewährleistet, dass genügend "Masse" vorhanden ist. 7 5 Im Übrigen ist die Untergesellschaft auch nicht dadurch ausreichend abgesi­ chert, dass ihr ein Leistungsverweigerungsrecht gern. § 273 BGB zustehe6, da es z.B . passieren kann, dass nachteilige Weisungen an die Untergesellschaft

74 Nichts anderes bedeutet es, Wirkungen aus einem bestimmten Auflösungsgrund abzulei­ ten. Die alternativ denkbare Einzelfallprüfung wird - aus gutem Grund, weil unpraktika­ bel - nicht vertreten. Anders gelagerte Einzelfälle können über das Recht zur außeror­ dentlichen Kündigung gelöst werden, das der Untergesellschaft zusteht. 75 Krieger in FS Metzeler, S . 1 3 9 ff. ( S . 1 43). 76 Ggf. auch gern. § 320 BGB, dazu z.B . Emmerich in Emmerich/Habersack, Konzern­ recht6 , § 29 1 Rn. 27.

1 73

Besondere Problemlagen

erfolgen, bevor eine Verlustausgleichsverpflichtung konkretisiert ist. 77 Es er­ weist sich deshalb, dass wegen mangelnder finanzieller Leistungsfähigkeit der Obergesellschaft deren Auflösung durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens zum Ende des Unternehmensvertrags führen muss.7 8 Die (theoretische) Frage, ob die Einsetzung des Insolvenzverwalters für sich genommen zur Beendi­ gung des Unternehmensvertrags wegen nicht mehr möglicher pflichtgemäßer Ausübung der Leitungsmacht führen kann, ist hingegen mit denselben Argu­ menten wie zur Auflösung durch Beschluss zu verneinen. Schließlich ist auch den insolvenzrechtlich argumentierenden Auffassungen7 9 , die eine Fortführung wegen der Möglichkeit der Sanierung verlangen, eine Absage zu erteilen. 80 Sie berücksichtigen nämlich nicht in hinreichendem Maße das Gesamtgefüge des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags. Denn in diesem spielen die finanzielle Leistungsfähigkeit und daraus folgend die Erfüllung der entspre­ chenden Pflichten durch die Obergesellschaft deshalb eine so wesentliche Rol­ le, weil die sonst geltenden Sicherungsmechanismen der abhängigen Gesell­ schaft, insbesondere auch zugunsten ihrer Gläubiger, in wesentlichen Punkten ausgesetzt sind: Dies betrifft etwa die Möglichkeit schädigender Weisungen an die Untergesellschaft oder die Befreiung von den Kapitalerhaltungsvorschrif­ ten der § § 57, 5 8 , 60 AktG. Durch die Insolvenz ist dieses Gefüge gestört, so­ dass nicht zu akzeptieren ist, trotzdem am Unternehmensvertrag festzuhalten. 8 1 Schließlich ist noch auf die Auflösung durch Verwaltungsentscheidung bzw. Gerichturteil wegen Gemeinwohlgefährdung durch gesetzwidriges Verhalten einzugehen, § 3 96 i.Vm. § 262 Abs. 2 AktG bzw. § 62 i.Vm. § 60 Abs . 1 Nr. 3 GmbHG. Mit der Ertragslage - mithin: der Verlustausgleichspflicht - hat die­ ser Auflösungsgrund nichts zu tun, allerdings wird man davon ausgehen müs­ sen, dass die Leitungsmacht nicht angemessen ausgeübt wurde. Zwar wird es oft nicht in der Kompetenz der Gesellschaft liegen, die Liquidatoren auszu­ wählen, 82 sodass eine Fortsetzung des gesetzeswidrigen Handeins regelmäßig nicht zu befürchten sein wird, allerdings wird man angesichts der fehlerhaft ausgeübten Leitungsmacht davon ausgehen müssen, dass der Beherrschungs­ und Gewinnabführungsvertrag ipso iure endet.

A.A. Freudenberg, ZIP 2009, S . 203 7 ff. (S. 2042). Ebenso z.B. Altmeppen in MünchKomm, AktG3 , § 297 Rn. 1 06 ff. Freudenberg, ZIP 2009, S . 203 7 ff. ; Zeidler, NZG 1 999, S . 692 ff. Ablehnend mit ausflihrlicher Begründung Berthold, Unternehmensverträge, S . 1 5 3 ff. Gleiche Argumentation bei Krieger in FS Metzeler, S . 1 3 9 ff. ( S . 1 42); ähnlich auch Alt­ meppen in MünchKomm, AktG3 , § 297 Rn. 1 06 f. 82 Dies ergibt sich flir das Aktienrecht bereits aus § 396 Abs. 2 S . 2 i.Y.m. 265 Abs . 2 AktG, flir die GmbH zum Teil aus Einzelgesetzen, insbesondere § 3 8 Abs . 2 S . 2 KWG.

77 78 79 80 81

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Organschaft

c)

Isolierter Gewinnabführungsvertrag

Schließlich ergibt sich nichts anderes, wenn ein isolierter Gewinnabfiihrungs­ vertrag 8 3 zu beurteilen ist. Hinsichtlich der Auflösungsgründe, die schon bei einem kombinierten Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag keine (unmittelbare) Wirkung auf diesen haben, haben sie dies fiir den isolierten Gewinnabfiihrungsvertrag erst recht nicht. Bei Auflösung durch Insolvenz hingegen beanspruchen dieselben Argumente auch Geltung für den isolierten Gewinnabfiihrungsvertrag, da auch hier die Erfii l lung der wirtschaftlichen Verpflichtungen aus dem Vertrag nicht mehr gewährleistet ist. Im Fall der Auf­ lösung wegen gesetzeswidrigen Handeins schließlich wird man auch im Fall des isolierten Gewinnabfiihrungsvertrags von dessen Ende ausgehen müssen, weil es nicht vertretbar ist, an eine Obergesellschaft, die nicht nur unerheblich gegen Gesetze verstoßen hat, auch noch Gewinne abzufiihren.

3.

Zwischenergebnis

Wird der Organträger aufgelöst, hat dies somit folgende steuerrechtlich rele­ vante Konsequenzen: Erfolgt die Auflösung, weil das Insolvenzverfahren über den Organträger eröffnet worden ist oder weil die Eröffnung mangels Masse abgelehnt worden ist, endet der Gewinnabführungsvertrag, und zwar unabhän­ gig davon, ob er mit einem Beherrschungsvertrag kombiniert ist. Gleiches gilt für den Fall, dass die Obergesellschaft durch eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung aufgelöst worden ist. In allen anderen Fällen, insbesondere bei Auflösung durch Gesellschafterbeschluss und durch Zeitablauf, besteht der Gewinnabfiihrungsvertrag auch nach Auflösung fort. Allerdings steht dann der beherrschten Gesellschaft ein außerordentliches Kündigungsrecht gern. § 297 Abs. I S. 1 AktG zu. Wird der Gewinnabführungsvertrag nach diesen Grund­ sätzen beendet, endet auch das Organschaftsverhältnis . In allen anderen Fällen besteht die Organschaft auch über die Auflösung hinaus fort, insbesondere en­ det sie nicht deshalb, weil der Organträger kein gewerbliches Unternehmen mehr wäre. 11.

Auflösung der Organgesellschaft

1.

Abwicklungsgewinn als Gewinn im Sinne des § 291 AktG?

Zuerst ist die umstrittene Frage zu erörtern, ob die Organgesellschaft - die Fortexistenz des Organschaftsverhältnisses unterstellt - überhaupt noch Ge­ winne erzielt, die der organschaftlichen Einkommenszurechnung unterliegen. 84 Dabei ist zu unterscheiden zwischen dem Gewinn im Sinne des § 29 1 AktG und dem im Sinne des § 1 4 KStG, sodass erstens von Bedeutung ist, ob ein 83 Der in der Praxis eher selten vorkommen dürfte, Altmeppen in MünchKomm, AktG3 , § 29 1 Rn. 52; aus praktischer S icht raten ab Cahn/Simon, Konzern 2003 , S . 1 ff. ( S . 20). 84 Dagegen BFH v. 1 8 . 1 0. 1 967, I 262/63 , B StBl. II 1 968, S . 1 05 ff. (S. 1 06); darur Bahns/Graw, DB 2008, S. 1 645 ff. (S. 1 649).

1 75

Besondere Problemlagen

Abwicklungserlös vom Gewinnabftihrungsvertrag im Sinne des § 29 1 AktG erfasst wird. Daran schließt sich zweitens die Frage an, ob die handelsrechtli­ che Entscheidung zwingend auch für § 1 4 KStG Geltung beansprucht. Zur handelsrechtlichen Lage: Ausgangspunkt ist § 29 1 Abs. 1 S . 1 AktG, wo­ nach der "ganze Gewinn" abzuführen ist. Das Gesetz definiert den Begriff des ganzen Gewinns nicht. Darunter zu verstehen ist der Bilanzgewinn, der sich ohne einen Gewinnabfiihrungsvertrag ergeben würde. 85 Zwar besteht Einigkeit darüber, dass es im Grundsatz Sache der Vertragsparteien des Gewinnabftih­ rungsvertrags ist, die Ermittlung des Gewinns zu regeln, allerdings ist damit nur gemeint, dass - unter Beachtung der Höchstgrenze des § 3 0 1 AktG - die Ermittlung im Rahmen der handelsrechtlichen Rechnungslegung gestaltet werden kann, also insbesondere durch die Ausübung von Bilanzierungswahl­ rechten in bestimmter Weise. 86 Ob ein Abwicklungsgewinn der Untergesell­ schaft unter den Gewinnabfiihrungsvertrag fallen kann, spielt im handelsrecht­ lichen Schrifttum nur eine untergeordnete Rolle. 8 7 Das Problem liegt darin, dass der nach der Auflösung erzielte Gewinn im Gesellschaftsrecht als Vermö­ gen bezeichnet wird, das unter den Gesellschaftern zu verteilen ist, § 27 1 AktG, § 72 GmbHG. Es wird deshalb vertreten, dass aufgelöste Gesellschaften keinen Gewinn mehr erzielen und somit der Abwicklungserlös einem Gewinn­ abfiihrungsvertrag nicht unterliegen kann. 88 Nach der Gegenauffassung ist es dagegen eine Frage der Auslegung des Gewinnabfiihrungsvertrags, ob der Li­ quidationserlös unter die Gewinnabfiihrungsverpflichtung fällt. 89 Um diese Frage zu entscheiden, muss man sich zuerst verdeutlichen, dass sich bei wirtschaftlicher Betrachtung der Liquidationserlös aus zwei Größen zu­ sammensetzt, nämlich einmal aus dem von den Gesellschaftern eingebrachten Kapital und zweitens aus dem erzielten Gewinn. 9 o Zwar differenzieren die § 27 1 AktG, § 72 GmbHG grundsätzlich nicht zwischen Einlagen und Gewinn, allerdings schlägt sich in § 27 1 Abs. 3 S . 1 AktG diese Unterscheidung nieder: Danach sind fiir den Fall, dass Einlagen nicht auf alle Aktien in demselben Verhältnis g eleistet worden sind, zunächst die Einlagen zurückzuerstatten und erst dann ist der noch verbleibende Überschuss zu verteilen. Hier findet sich also durchaus eine (rudimentäre) Unterscheidung zwischen Gewinn und Ein­ lagen. Soweit der Liquidationserlös aus Kapitalrückzahlungen besteht, wird man nicht annehmen können, dass diese unter einen Gewinnabfiihrungsvertrag 85 Altmeppen in MünchKomm, AktG3 , § 29 1 Rn. 1 45 ; Emmerich in EmmerichlHabersack, Konzernrecht6 , § 29 1 Rn. 64. 86 Priester, ZIP 200 1 , S. 725 ff. (S. 727). 87 Z.B. bei Krieger in FS Metzeler, S . 1 3 9 ff. ( S . 1 47, 1 49 0. 8 8 Frotscher in FrotscherlMaas, KStG, § 14 Rn. 462; Dötsch in Dötsch/JostlPung/Witt, KStG, § 1 1 Rn. 252. 89 Bahns/Graw, DB 2008, S . 1 645 ff. (S. 1 649). 90 Dazu schon oben S . 1 07 f.

1 76

Organschaft

fallen - auch nicht durch entsprechende Parteiabsprache, weil es sich weder begrifflich noch inhaltlich um Gewinn handelt, der abgeführt werden könnte. Denkbar ist dies nur für den Teil des Abwicklungsergebnisses, der keine Kapi­ talrückgewähr darstellt. Wenn gegen eine Einbeziehung in den Gewinnabfüh­ rungsvertrag eingewendet wird, dass es sich auch hinsichtlich der Liquidati­ onsgewinne um Vermögen und nicht um Gewinne handele und dass die Liqui­ dationsrechnungslegung eine Vermögens- und keine Gewinnermittlung sei9 1 , wird verkannt, dass auch während der Abwicklung Gewinne erzielt werden können. 92 Dem entspricht auch die periodische Liquidations­ Rechnungslegung, die sich von der laufenden Rechnungslegung kaum unter­ scheidet. 93 Damit bleibt als einziges Argument gegen eine Einbeziehung des Liquidationsgewinns, dass die § 27 1 AktG, § 72 GmbHG grundsätzlich keine Aufteilung in Gewinn und Einlagenrückgewähr kennen. Hierfür lassen sich zwei Gründe anführen, nämlich erstens, dass wegen des mit der Auflösung einsetzenden Auskehrungsverbots kein praktischer Grund für eine solche Dif­ ferenzierung besteht, und zweitens, dass die eben angeführte Erkenntnis, näm­ lich die Möglichkeit der Erzielung von Liquidationsgewinnen, ihre gesetzliche Verdeutlichung erst mit dem Bilanzrichtliniengesetz gefunden hat, während vor dieser Reform in der Tat davon ausgegangen wurde, dass nach Auflösung nur noch Vermö g ensbilanzen sinnvoll seien. 94 Beide Gründe sprechen aber nicht dagegen, Abwicklungsgewinne unter die Gewinnabführungsverpflich­ tung fallen zu lassen. Da inhaltlich kein Grund ersichtlich ist, dies zu verweh­ ren, ist es insgesamt überzeugend, Liquidationserlöse, soweit sie nicht in der Rückzahlung von Kapital bestehen, als Gewinn anzusehen, der unter die Ab­ führungsverpflichtung eines Gewinnabführungsvertrags fällt. Dadurch werden die liquidationsspezifischen Gläubigerschutzregelungen nicht berührt, insbe­ sondere gilt auch im Fall eines Gewinnabführungsvertrags, dass entsprechende Gewinne erst mit Abschluss der Abwicklung ausgekehrt werden können. Es bleibt noch die Frage zu beantworten, ob dieses Ergebnis auch steuerrecht­ lich wirkt. Gern. § 1 4 Abs. 1 S . 1 KStG ist bei Vorliegen der Organschaftsvo­ raussetzungen die Zurechnung zum Einkommen des Organträgers zwingend. Es ist kein Grund ersichtlich, warum dies im Fall von Liquidationsgewinnen anders sein sollte. Insbesondere ist es unproblematisch, dass sich die steuerli­ che Gewinnermittlung während der Abwicklung von der laufenden Ermittlung unterscheidet, da auch im Fall der Organschaft die Organgesellschaft ihr Ein-

91 92 93 94

Frotscher in FrotscherlMaas, KStG, § 14 Rn. 462. Gegen eine solche Argumentation auch Bahns/Graw, DB 2008, S . 1 645 ff. (S. 1 648). Zur handelsrechtlichen Rechnungslegung oben S . 99 ff. Dazu oben S . 99 f.

1 77

Besondere Problemlagen

kommen zunächst selbst ermittelt, die Zurechnung zum Organträger aber erst danach erfolgt. 95 Somit gilt: Auch während der Liquidation ist die Fortsetzung der Organschaft möglich, wenn die (gesellschaftsrechtlichen) Voraussetzungen gegeben sind. Ein etwaiger Liquidationsgewinn unterfällt der organschaftlichen Zurechnung. 2.

Schicksal des Gewinnabführungsvertrags

Wird die Organgesellschaft aufgelöst, stellt sich ebenso wie beim Organträger die Frage, wie sich dies auf den Beherrschungs- und Gewinnabführungsver­ trag auswirkt. Für die Auflösung der herrschenden Gesellschaft wurde bereits begründet, dass die Wirkung der Auflösung vom Auflösungsgrund abhängig ist und dass als Folge nur' die Fortsetzung des Unternehmensvertrags unter Gewährung eines außerordentlichen Kündigungsrechts für den anderen Teil oder seine Beendigung in Betracht kommt, nicht aber die Suspendierung der vertraglichen Pflichten. Gleiches gilt für die Auflösung der abhängigen Gesell­ schaft, die Argumente lassen sich übertragen. Es ist deshalb hier nur auf die Folgen einzugehen, die die unterschiedlichen Auflösungsgründe auf den Be­ herrschungs- und Gewinnabführungsvertrag haben. Wird die abhängige Gesellschaft durch Beschluss ihrer Aktionäre aufgelöst, so ist der Unternehmensvertrag fortzusetzen. Die Erfüllbarkeit der finanziellen Verpflichtungen aus dem Unternehmensvertrag wird durch den Auflösungsbe­ schluss nicht berührt. Allenfalls könnte man daran zweifeln, dass die herr­ schende Gesellschaft ' die Konzernleitungsmacht auch gegenüber den Abwick­ lern ausüben kann. Inhaltlich besteht kein Grund, das Gegenteil anzunehmen, die Interessenlage ist auch bei einer Abwicklung nicht anders als im laufenden Betrieb, insbesondere sind die Gläubiger der Untergesellschaft durch die Ver­ lusttragungspflicht der Obergesellschaft hinreichend geschützt. Da die Ab­ wickler an die Stelle des Vorstands treten, lässt sich § 3 0 8 AktG analog auch auf die Abwickler anwenden. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Lei­ tungsmacht auch über eine abhängige Gesellschaft in Liquidation ausgeübt werden kann. Somit bestehen keine Bedenken, den Unternehmensvertrag auch bei einer Auflösung wegen Gesellschafterbeschlusses fortzuführen. Gleiches gilt für die Auflösung wegen Zeitablaufs, die Argumente lassen sich auf diesen Fall übertragen. Wird über die abhängige Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffuet, 9 6 findet der Unternehmensvertrag sein Ende. Dies folgt daraus, dass sich die unabhän95 V gl. nur Kolbe in HerrmannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 4 Rn. 8 1 ; Danelsing in B lümich, KStG, § 14 Rn. 1 98 . 9 6 Die Frage, o b angesichts der Verlustausgleichspflicht gern. § 3 02 AktG überhaupt eine isolierte Insolvenz der abhängigen Gesellschaft möglich ist, ist umstritten, soll hier aber ausgespart werden. Dafür z.B . Krieger in FS Metzeler, S. 1 3 9 ff. (S. 1 48), dagegen z.B . Altmeppen in MÜll chKomm, AktG3 , § 297 Rn. 1 1 7.

178

Organschaft

gi ge Stellung des Insolvenzverwalters 9 7 nicht mit der Konzernleitungsmacht (insbesondere: der Weisungsabhängigkeit des Vorstands der Untergesellschaft gern. § 3 0 8 Abs. 1 AktG) der Obergesellschaft verträgt. 98 Kann die Obergesell­ schaft ihre Leitungsmacht aber nicht mehr ausüben, muss der Vertrag beendet werden, da ein wesentlicher Bestandteil nicht mehr erfUllt werden kann. Etwas anderes gilt dagegen, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird. Dann folgt das gesellschaftsrechtliche Abwicklungsver­ fahren mit der Konsequenz, dass - weil kein Insolvenzverwalter eingesetzt wird - die Obergesellschaft ihre Leitungsmacht weiterhin ausüben kann. Auch die ErfUllung der finanziellen Verpflichtungen aus dem Unternehmensvertrag ist durch die Insolvenz der Untergesellschaft nicht gefährdet, sodass eine B e­ endigung ipso iure nicht erfolgt. Allerdings hat die herrschende Gesellschaft ein Recht zur außerordentlichen Kündigung. Das gleiche Ergebnis ergibt sich zudem dann, wenn das Insolvenzverfahren über eine Untergesellschaft eröff­ net wird, die Partei eines isolierten GewinnabfUhrungsvertrags ist. Dann näm­ lich ist die Konzernleitungsmacht gar nicht Bestandteil des Vertrags, sodass die hierzu angestellten Erwägungen insoweit unbeachtlich sind. Wird die Untergesellschaft schließlich durch Gerichtsurteil bzw. Verwaltungs­ entscheidung aufgelöst, fUhren ähnliche Überlegungen zum Ziel wie bei ent­ sprechender Auflösung der Obergesellschaft: Es ist letztlich nicht akzeptabel, den Konzernverbund aufrechtzuerhalten, obwohl die abhängige Gesellschaft erheblich gegen Gesetze verstoßen hat. 111.

Ergebnis

Im Ergebnis ist festzuhalten: Weder die Auflösung des Organträgers noch die Auflösung der Organgesellschaft fUhrt zwingend zum Ende des Organschafts­ verhältnisses. Dessen Fortbestand nach Auflösung eines oder beider Teile ist vielmehr vom konkreten Auflösungsgrund und dessen Wirkung auf den zivil­ rechtlichen GewinnabfUhrungsvertrag abhängig. Danach findet die Organ­ schaft ihr Ende, wenn über das Vermögen des Organträgers das Insolvenzver­ fahren eröffnet wird oder wenn die Eröffnung mangels Masse abgelehnt wird. Das Organschaftsverhältnis wird dagegen fortgesetzt, wenn die Auflösung durch Beschluss oder wegen Zeitablaufs erfolgt ist. Für die Organgesellschaft gilt: Wird über sie das Insolvenzverfahren eröffnet, endet die Organschaft. Wird die Eröffnung mangels Masse abgelehnt, endet die Organschaft hingegen ebenso wenig wie in den Fällen der Auflösung durch Beschluss oder Zeitab­ lauf. Allerdings steht dem j eweils anderen Teil ein Recht zur außerordentli­ chen Kündigung zu, soweit die Beendigung nicht ipso iure erfolgt. Endlich ist 97 Zur Rechtsstellung des Insolvenzverwalters z.B . Uhlenbruck in Uhlenbruck, Ins0 13 , § 80 Rn. 78 ff. 98 Insoweit gleiche Ansicht Zeidler, NZG 1 999, S . 692 ff. (S. 697).

1 79

Besondere Problemlagen

festzuhalten, dass der Teil des Liquidationserlöses, der keine Rückzahlung von Einlagen ist, von der Gewinnabfiihrungsverpflichtung erfasst wird und somit dem Organträger zuzurechnen ist.

1 80

§ 7 Rechtspolitische Kritik und Reformvorschlag A.

Kritik a m geltenden Recht

Es ist bereits mehrfach angeklungen, dass die geltende Regelung der Liquida­ tionsbesteuerung gern. § 1 1 KStG Raum für Kritik bietet. Zwei grundlegende Ebenen können dabei unterschieden werden, nämlich die Normzwecke einer­ seits und ihre konkrete Ausgestaltung andererseits. Kritik an den verfolgten Zielen wird in der Literatur nicht geäußert, nur hinsichtlich der zweiten Ebene finden sich einige Stellungnahmen. Dies mag auch daran liegen, dass schon zum Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums in der Literatur nur we­ nig gesagt wird. Zur Systematisierung der Kritikpunkte ist es sinnvoll, die Ebene der Ausgestaltung noch einmal zu unterteilen, um grundlegende Kritik - das würde insbesondere die Verwirklichung der Zwecke durch den einheitli­ chen Besteuerungszeitraum betreffen - und Detailkritik voneinander zu tren­ nen.

I.

Regelungszwecke

§ 1 1 KStG verfolgt zwei Ziele: Erstens soll eine erweiterte Verlustverrechnung ermöglicht werden, um den durch die bevorstehende Vollbeendigung drohen­ den Untergang ungenutzter Verluste abzumildern, und zweitens sollen stille Reserven realisiert werden, weil sie sonst endgültig unbesteuert blieben. Beide Zwecke lassen sich verfassungsrechtlich fundieren. Die Abmilderung des Un­ tergangs des Verlustvortrags entspricht dem Leistungsfähigkeitsprinzip, weil die Beschränkungen des interperiodischen Verlustabzugs gern. § I Od EStG sich vor dem Hintergrund des Leistungsfähigkeitsprinzips wohl allenfalls 1 mit der Vorstellung rechtfertigen lassen, dass die Verlustnutzung zeitlich gestreckt wird, nicht aber, dass sie unmöglich wird. 2 Die Besteuerung der stillen Reser­ ven ist deshalb geboten, weil sie dem Prinzip der gleichmäßigen Besteuerung entspricht. 3 Sie sind wegen des Vorsichtsprinzips vorher nicht besteuert wor­ den, was nun nachzuholen ist, weil sonst Vermögenszuwächse wegen des Un­ tergangs des Steuersubj ekts nicht mehr besteuert werden könnten. Die Verfolgung dieser Regelungsziele verdient Zustimmung. Sie sind insbe­ sondere durch das Leistungsfähigkeitsprinzip verfassungsrechtlich fundiert und entsprechen der steuerrechtlichen Systematik. Eine ersatzlose Streichung des § 1 1 KStG kommt deshalb nicht in Betracht, und auch eine Übernahme der

2 3

Die Frage, ob nicht schon § I Od EStG selbst in nicht gerechtfertigter Weise gegen das Leistungsfahigkeitsprinzip verstößt, ist hier nicht zu erörtern. Dazu z.B . Lang/Englisch, StuW 2005, S. 3 ff. ; Hallerbach in HerrmannlHeuerlRaupach, EStG, § I Od Rn. 1 3 . So die Regierungsbegründung zur aktuellen Fassung der Mindestbesteuerung, BT-Drs. 1 5/ 1 5 1 8, S . 1 3 ; siehe auch die Nachweise in Fußnote 1. Dazu oben S . 1 29 ff.

181

Rechtspolitische Kritik und Reformvorschlag

einkommensteuerrechtlichen Regelung zur Betriebsaufgabe (§ 1 6 EStG), die im Wesentlichen auf die Besteuerung stiller Reserven abzielt, ist nicht ausrei­ chend, weil sie dem bevorstehenden Untergang des Steuersubj ekts nicht Rechnung trägt. Deshalb ist auch die Anregung von Karsten Schmidt4 abzu­ lehnen, der die Liquidationsbesteuerung von Personen- und Kapitalgesell­ schaften offenbar durch ersatzlose Streichung des einheitlichen Besteuerungs­ zeitraums angleichen will. Denn die Situation beider Gesellschaftsformen in der Liquidation ist nicht vergleichbar: Im Fall der Kapitalgesellschaft geht der Steuerpflichtige samt Verlustvorträgen unter, im Fall der Personengesellschaft gerade nicht. Wenn man schon einen Vergleich mit dem Einkommensteuer­ recht sucht, wäre es eher denkbar, insoweit den Tod einer natürlichen Person in Betracht zu ziehen, weil dann, ebenso wie im Fall der Vollbeendigung der Kapitalgesellschaft, das Steuersubj ekt zu existieren aufhört. Aber selbst wenn man diesen Vergleich für richtig hält, wird man aus der Situation im Einkom­ mensteuerrecht, wo der Tod nach Ansicht der neueren Rechtsprechung zum er­ satzlosen Untergang des Verlustvortrags ohne j ede Milderungsmaßnahme führt,5 nicht folgern können, dass diese Konsequenz im Körperschaftsteuer­ recht gleichermaßen geboten wäre. Richtig wäre vielmehr der gegenteilige Schluss, auch im Einkommensteuerrecht eine Regelung mit vergleichbaren Zwecken zu fordern.6 Für eine optimale Regelung der Liquidationsbesteuerung ist der Zweck der verbesserten Verlustverrechnung aber noch zu erweitern, genauer: zu verall­ gemeinern. Als Telos ist zu formulieren, dass die Liquidationsbesteuerung Härten, die sich aus der Abschnittsbesteuerung ergeben, aufheben oder we­ nigstens abmildern soll. Hierzu zählt zwar in erster Linie der Verlustvortrag, ein vergleichbares Problem stellt sich aber auch im Hinblick auf die Zins­ schranke. Zwar ist im Gegensatz zum interperiodischen Verlustabzug die Zins­ schrankenregelung nicht durch die Abschnittsbesteuerung bedingt. Da ihre Umsetzung aber auf der periodischen Besteuerung basiert, ist auch insoweit eine Abhilfe notwendig, um einen ungenutzten Untergang des Zinsvortrags soweit wie möglich zu verhindern. 7

4 5

6 7

K. Schmidt in FS L. Schmidt, S . 227 ff. (S. 245 f.). Insbesondere BFH v. 1 7 . 1 2 .2007, GrS 2/04, BStBl. II 2008, S . 608 ff. ; gegen die Vererb­ lichkeit von Verlusten in der Literatur z.B . Hallerbach in HerrmannlHeuerlRaupach, EStG, § I Od Rn. 23 ; Knobbe-Keuk, Unternehmenssteuerrecht9 , S. 3 07; dafür z.B . He in i­ cke in Schmidt, EStG3 1 , § I Od Rn. 1 4 . Zweifel, ob die Versagung der Vererblichkeit mit dem obj ektiven Nettoprinzip vereinbar ist, hat z.B. Heinicke in Schmidt, EStG3 \ § I Od Rn. 1 4 . Selbstverständlich wäre es vorzugswürdig, die Zinsschranke ersatzlos zu streichen. Da sie aber geltendes Recht ist und eine Abschaffung eher ins Reich der Wünsche denn in das der politischen Realität einzuordnen ist, wird hier nur nach einem Ausgleich im Rah­ men der Liquidationsbesteuerung gesucht.

1 82

Kritik am geltenden Recht

11.

Grundlegende Kritik an der Ausgestaltung der Norm

Zwar sind die Regelungszwecke der Liquidationsbesteuerung grundsätzlich zu begrüßen, allerdings kann ihre Umsetzung durch die Vorschrift des § 1 1 KStG kaum als gelungen bezeichnet werden. Genauer: Der einheitliche Besteue­ rungszeitraum ist nicht als das vorzugswürdige Mittel zur Verfolgung der ge­ nannten Zwecke anzusehen. Gegen ihn lassen sich zwei wesentliche Einwände formulieren: Erstens führt er, da er der Systematik des Ertragsteuerrechts nicht entspricht, an vielen Stellen zu Friktionen, die sich nur mühsam oder über­ haupt nicht beheben lassen. Zweitens ist die Regelung auch nicht besonders zielgenau, vor allem weil sie Auflösung und Abwicklung mit dem Verlustaus­ gleich verknüpft, obwohl beides nur bedingt miteinander in Zusammenhang steht. Schließlich bedeutet die eigenständige Gewinnermittlung ohne Rück­ griff auf den Maßgeblichkeitsgrundsatz eine unnötige Abweichung von der laufenden Besteuerung. Im Einzelnen ist das Folgende zu sagen: 1.

Einheitlicher Besteuerungszeitraum und Jahresbesteuerung

Der einheitliche Besteuerungszeitraum führt - was gewollt ist - zu einem un­ beschränkten Verlustausgleich während der Liquidation. Kaum bezweckt sein dürften aber die weiteren Konsequenzen, die sich aus ihm ergeben. Besonders auffällig ist die Folge, dass es für die Besteuerung auf die Gesetzesfassung zum Abschluss der Abwicklung ankommt. Dies führt nämlich zu einer unglei­ chen Besteuerung zwischen Gesellschaften, die laufend besteuert werden, und Gesellschaften LL., und zwar für die Zeit, die in den Abwicklungszeitraum, aber vor den Geltungszeitraum der maßgeblichen Steuergesetze fällt, ohne dass hierfür ein einleuchtender Grund bestünde. 8 Weitere Folge ist, dass dem Steuerpflichtigen ein Gestaltungsmittel an die Hand gegeben wird, seine Steu­ erschuld zu verringern, indem er den Abschlusszeitpunkt der Liquidation we­ sentlich beeinflussen kann. Ein weiteres grundsätzliches Problem besteht darin, dass es notwendig werden kann, die einheitliche Besteuerung später doch wieder durch eine j ährliche zu ersetzen, nämlich in den Fällen der Scheinliquidation und der abgebrochenen Liquidation. Es müssen also womöglich Jahre später Steuerbilanzen erstellt werden, was wenig praktikabel ist. Zwar ist dies dadurch etwas entschärft, dass auch während der Abwicklung j ährlich handelsrechtliche Abschlüsse zu erstellen sind, allerdings hilft dies nur bedingt, weil Handels- und Steuerbi­ lanzrecht nicht deckungsgleich sind. Noch schwieriger ist die Lage dann, wenn die Kapitalgesellschaft nicht nach HGB-Grundsätzen bilanziert, sondern

8

Gleichwohl wird man darin keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG erblicken können, weil der Gesetzgeber das (verfassungsrechtIich fundierte) Ziel verfolgt, eine erweiterte Verlustverrechnung zu ermöglichen und ihm dabei ein weiter Gestaltungsspielraum zu­ zubilligen ist.

1 83

Rechtspolitische Kritik und Reformvorschlag

nach IFRS-Regeln, weil dann die Unterschiede zwischen Handels- und Steu­ erbilanz deutlich größer sind als ohnehin schon. 2.

Zielgenauigkeit der Regelung

Auch hinsichtlich der Zielgenauigkeit der Regelung lässt sich Kritik anbrin­ gen, die im Wesentlichen darauf basiert, dass maßgeblicher Anknüpfungspunkt die Auflösung ist. Denn die erweiterten Möglichkeiten der Verlustverrechnung lassen sich durch eine geschickte Wahl des Auflösungszeitpunkts verbessem. 9 Es kann von Vorteil sein, die Auflösung möglichst frühzeitig vorzunehmen, wenn absehbar ist, dass am Anfang der Abwicklung noch Gewinne erzielt werden, weil dann der beschränkte Verlustrücktrag insoweit überwunden wer­ den kann. Andererseits kann es bei hohem Verlustvortrag sinnvoll sein, erst sehr spät die Auflösung vorzunehmen, um mehrfach den Freibetrag des § I Od Abs. 2 S . 1 EStG nutzen zu können und nicht nur einmal, wie dies beim ein­ heitlichen Besteuerungszeitraum der Fall ist. Allerdings hat der Zeitpunkt der Auflösung nichts mit der bevorstehenden Vollbeendigung des Steuersubj ekts zu tun, insbesondere besteht kein Zusammenhang zwischen dem Auflösungs­ zeitpunkt und den Möglichkeiten der Verlustverrechnung. Anders formuliert: Das Bedürfnis fiir den Verlustausgleich besteht unabhängig davon, wann die Gesellschaft aufgelöst wird und wie lange die Abwicklung dauert. Es besteht ein weiteres Problem, dass sich aus der Anknüpfung an die Auflö­ sung ergibt: Der einheitliche Besteuerungszeitraum hilft in erster Linie dann, wenn Gewinne erzielt werden, die sonst den Beschränkungen des Ver­ lustrücktrags gern. § I Od EStG Abs. 1 unterliegen würden, also dann, wenn in­ nerhalb der Abwicklung zunächst Gewinne, dann aber Verluste erzielt werden. Wenn allerdings während der gesamten Abwicklung nur Verluste anfallen, hilft der einheitliche Besteuerungszeitraum nicht. Da aber die Motivation fiir die Auflösung oft in schlechten Erträgen der Kapitalgesellschaft liegen wird und die letzten Gewinne zeitlich (weit) vor der Abwicklung liegen werden, wird der einheitliche Besteuerungszeitraum in seiner Wirksamkeit insoweit weitge­ hend leerlaufen. Ein weiterer Kritikpunkt, der aus der Anknüpfung an die Ab­ wicklung resultiert, besteht darin, dass dem Steuerpflichtigen dadurch ermög­ licht wird, den Zeitpunkt, ab dem § 1 1 KStG greifen soll, festzulegen oder gar durch eine stille Liquidation gänzlich auszuschließen. l o Schließlich ist auch kein Grund ersichtlich, warum unbeschränkt Steuerpflich­ tige im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4-6 KStG nicht in den Anwendungsbereich des § 1 1 KStG einbezogen sind. Dort besteht nämlich hinsichtlich der Verlust­ nutzung dasselbe Problem wie bei den von § 1 1 KStG erfassten Steuersubj ek­ ten. Dies gilt übrigens unabhängig davon, ob es sich j eweils um juristische

9 Zu den Auswirkungen von § I Od EStG i.Y.m. § 1 1 KStG ausftihrlich oben S. 53 ff. 1 0 Dazu oben S . 27 f.

1 84

Kritik am geltenden Recht

Personen handelt, denn auch zivilrechtlich nicht-rechtsfähige Steuersubj ekte verlieren, wenn sie untergehen, ihre Verlustvorträge.

3.

Gewinnermittlung

Schließlich ist auch die Normierung eines speziellen Vermögensvergleichs durch § 1 1 Abs. 2 KStG nicht völlig problemfrei. Zwar ist sie insoweit Konse­ quenz des einheitlichen Besteuerungszeitraums, als sie den Zeitraum ändert, für den der Vermögensvergleich vorzunehmen ist. Überflüssig ist hingegen die eigenständige Definition des Abwicklungs-Endvermögens, weil auch bei An­ knüpfung an die § § 5 ff. EStG die stillen Reserven vollständig der Besteue­ rung zugeführt würden, nämlich erforderlichenfalls durch § 8 Abs . 3 KStGY Außerdem wurde gezeigt, dass die Bewertung nach Grundsätzen des Bewer­ tungsgesetzes zu (geringen) Divergenzen im Vergleich zur laufenden Besteue­ rung führen kann, obwohl wegen wirtschaftlicher Vergleichbarkeit mit der lau­ fenden Besteuerung dieselbe Behandlung wünschenswert wäre. Schließlich führt der besondere Vermögensvergleich durch seinen Sondercharakter zu ei­ ner unnötigen Verkomplizierung der Gewinnermittlung.

III.

Detailkritik

Selbst wenn man an dem grundsätzlichen Regelungskonzept des § 1 1 KStG festhalten will, ist auch an der Ausgestaltung im Detail Kritik zu üben. 12 Es hat sich nämlich einerseits gezeigt, dass manche Regelungen nicht eindeutig for­ muliert sind, obwohl dies leicht möglich wäre. Andererseits hat sich herausge­ stellt, dass Teile des § 1 1 KStG überflüssig sind, weil sich das Ergebnis bereits aus allgemeinen Vorschriften ergibt. Am deutlichsten sind die Unklarheiten im Hinblick auf die Dreij ahresregelung des § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG. Diese beschränken sich nicht auf die Frage, ob Zwischenveranlagungen vorläufig oder endgültig sind, 13 sondern erstrecken sich auch darauf, wie der Zwischengewinn zu ermitteln ist1 4 und ob mehrere Zwischenveranlagungen nebeneinander bestehen können1 5 . Nicht ohne Prob­ leme ist auch die Gewinnermittlung. Selbst wenn man es für verhältnismäßig klar hält, dass das Abwicklungs-Endvermögen mit dem gemeinen Wert anzu­ setzen ist, 16 ist die Frage, wie während der Abwicklung ausgekehrte Liquidati­ onsraten zu behandeln sind, nicht so eindeutig zu beantworten 1 7. Schließlich bestehen auch hinsichtlich der Nachtragsliquidation 1 8 und der abgebrochenen 11 12 13 14 15 16 17 18

Dazu oben S. 1 20 ff. Dazu insbesondere Thiel, AG 1 960, S . 270 ff. (S. 275) mit einem Reformvorschlag. Oben S . 82 ff. Oben S . 1 34 ff. Oben S . 78 ff. Oben S . 1 20 ff. Oben S . 1 3 2 ff. Oben S . 1 5 5 ff.

1 85

Rechtspolitische Kritik und Reformvorschlag

Liquidation 19 Unklarheiten. All diesen Zweifelsfragen ist gemein, dass sie letztlich durch einen unklaren Wortlaut bedingt sind und sich durch eine ver­ besserte Fassung der Norm ausräumen ließen. Es handelt sich nämlich gerade nicht um solche Auslegungsprobleme, die in der Natur der Sache liegen, wie dies z.B . der Fall ist, wenn sich ein Regelungsziel nur unter Verwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs erreichen lässt. Auf der anderen Seite sind Teile des § 1 1 KStG auch überflüssig. 20 Dies gilt fur die Regelung des § 1 1 Abs. 3 KStG, soweit sie anordnet, dass steuerfreie Vermögensmehrungen vom Abwicklungs-Endvermögen abzuziehen sind. 21 Denn das gilt schon aufgrund der allgemeinen Gewinnermittlungsgrundsätze, die über § 1 1 Abs. 6 KStG in Bezug genommen sind. Allerdings ist die Ver­ weisung des § 1 1 Abs. 6 KStG ihrerseits überflüssig, weil ohnehin nach allge­ meinen Auslegungsregeln allgemeine Normen ergänzend heranzuziehen sind. 22 Ebenfalls überflüssig ist § 1 1 Abs. 4 S . 3 KStG, wonach das Ab­ wicklungs-Anfangsvermögen um Gewinnausschüttungen für Vorj ahre zu kür­ zen ist. 23 Dasselbe Ergebnis - nämlich, dass Gewinnausschüttungen den Ge­ winn nicht mindern - wird sonst durch Hinzurechnung zum Abwicklungsge­ winn erreicht, was ohne § 1 1 Abs. 4 S. 3 KStG auch ftir den Liquidationsge­ winn gelten würde. Schließlich ist auch § 1 1 Abs. 5 KStG - abgesehen davon, dass es keine Fälle gibt, in denen er einschlägig ist - nur deklaratorischer Na­ tur, weil sich dessen Regelungsgehalt auch daraus ableiten lässt, dass Einlagen gern. § 4 Abs. 1 S . 1 EStG nicht zum Gewinn gehören; 24 der einzige Unter­ schied läge darin, dass die Gewinnkorrektur nicht bereits im Abwicklungs­ Anfangsvermögen, sondern erst auf Ebene des Abwicklungsgewinns erfolgen würde. Man sieht: Die Ausgestaltung des § 1 1 KStG ist unzulänglich. Sie schafft un­ nötige Probleme und enthält überflüssige Abweichungen von den Gewinnkor­ rekturen während der laufenden Besteuerung.

B.

Reformvorschlag

I.

Zielsetzung einer reformierten Liquidationsbesteuerung

Es wurde bereits gesagt, dass die durch § 1 1 KStG verfolgten Zwecke verfas­ sungsrechtlich geboten sind. Sie müssen deshalb auch Grundlage einer refor­ mierten Liquidationsbesteuerung sein. Außerdem müssen, wie ebenfalls schon

19 20 21 22 23 24

Oben S. 1 59 ff. Gleiche Kritik bei Thiel, AG 1 960, S . 270 ff. (S. 27 1 ). Micker in Herrmann/HeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 47; im Detail oben S . 1 20 ff. Dazu oben S . 23 ff. Micker in HerrmannlHeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn. 52; im Detail oben S . 1 09 f. Micker in Herrmann/HeuerlRaupach, KStG, § 1 1 Rn . 54; im Detail oben S . 1 1 7 f.

1 86

Reformvorschlag

begründet wurde, auch Zinsvorträge in die Regelung einbezogen werden. Ziel muss es dabei sein, ohne den einheitlichen Besteuerungszeitraum auszukom­ men, da dieser zu Friktionen mit der Jahresbesteuerung fiihrt, die sich kaum zufriedenstellend lösen lassen. Der Zweck, die stillen Reserven am Ende der Abwicklung der Besteuerung zuzuführen, lässt sich im Grundsatz verhältnis­ mäßig leicht erreichen, nämlich entweder durch Ermittlung eines Schlussver­ mögens unter Ansatz des gemeinen Wertes oder aber unter Zugrundelegung der Handelsbilanz und, soweit nötig, außerbilanzieller Zurechung nach den Grundsätzen der verdeckten Gewinnausschüttung. 25 Problematischer gestaltet es sich hingegen, die Nachteile zu vermeiden, die sich aus der Kombination von Jahresbesteuerung und Untergang des Steuersubj ekts ergeben, also insbe­ sondere nicht ausgeglichene Verluste und neuerdings auch nicht ausgeglichene Zinsvorträge, die aus der Anwendung der Zinsschranke resultieren. Schließlich sollte ein Reformvorschlag selbstredend die Liquidationsbesteuerung mög­ lichst einfach regeln.

11.

Denkbare Reformansätze

Die dargestellten Überlegungen führen zu verschiedenen, grundsätzlich denk­ baren Reformansätzen. Optimal wäre es, Verlust- und Zinsvorträge, die sich gebildet haben, ohne Beschränkung rücktragsfähig zu machen, um einen vol­ len Ausgleich zu gewähren. Auf der anderen Seite kann man, wie im geltenden Recht, einen Ausgleich schaffen, der (zeitlich oder betragsmäßig) begrenzt ist. Die dritte Möglichkeit, an die man bei unbefangener Betrachtungsweise den­ ken kann, liegt in einer Übertragung von Verlust- und Zinsvorträgen auf die Gesellschafter. Letztere Variante lässt sich schon deshalb ausschließen, weil eine derartige Aufhebung der Trennung zwischen Gesellschafts- und Gesellschaftersphäre kaum zu rechtfertigen ist. Sie würde den Gesellschaftern nämlich Verluste steuerlich zuweisen, für die sie wirtschaftlich nicht einstehen müssen. Jeden­ falls nach der Konzeption des Ertragsteuerrechts wird Körperschaften und na­ türlichen Personen j eweils eine eigene Leistungsfähigkeit zugemessen, woraus folgt, dass beide Ebenen nicht miteinander vermengt werden dürfen. Schon deshalb ist eine solche Übertragung - ungeachtet insbesondere der technischen Schwierigkeiten, die eine Umsetzung bedeuten würde - abzulehnen. Zwar aus anderen Gründen, aber gleichermaßen abzulehnen ist die zuerst ge­ nannte Möglichkeit eines unbegrenzten Rücktrags von Verlusten und Zinsen. Abgesehen davon, dass ein solcher Vorschlag angesichts des Fiskaldenkens des Steuergesetzgebers wohl eine politische Utopie wäre, ist er auch nicht praktikabel. Denn ein unbegrenzter Rücktrag würde dazu führen, dass für viele zurückliegende Jahre die Steuerveranlagungen geändert werden müssten. Will 25 Zu diesen beiden Möglichkeiten ausfiihrlich oben S. 1 20 ff.

1 87

Rechtspolitische Kritik und Reformvorschlag

man das grundsätzlich wünschenswerte Ziel erreichen, eine unbegrenzte Ver­ lustverrechnung zu ermöglichen, wird man die Lösung in einer Änderung des § I Od EStG suchen müssen. Es wäre nämlich kaum sinnvoll, zunächst hohe Verlustvorträge auflaufen zu lassen, um diese dann später wieder weit in die Vergangenheit zurückzutragen. Entsprechendes gilt für einen unbegrenzten Zinsrücktrag. Damit bleibt die Möglichkeit einer Regelung, die einen begrenzten Ausgleich zulässt. Sinnvoll ist es dabei, eine zeitliche Begrenzung zu wählen. Denn eine betragsmäßige Grenze, also etwa eine Rücktragsmöglichkeit, die eine sum­ menmäßige, aber keine zeitliche Begrenzung hat, ist einerseits dann nicht praktikabel, wenn sehr weit in die Vergangenheit gegangen werden müsste, um den Betrag auszuschöpfen. Andererseits würde sie zu kurz greifen, wenn zwar ein zeitnah entstandenes Ausgleichspotential besteht, dieses aber wegen der betragsmäßigen Begrenzung nicht ausgeschöpft werden kann. Anders als im geltenden Recht, das zwar eine zeitliche Begrenzung hat, sollte diese aber nicht flexibel sein. Denn woran sollte sich die zeitliche Grenze orientieren? Die Auflösung als Anknüpfungspunkt ist, wie oben bereits begründet wurde, wenig sachgerecht. Andere, besser geeignete Kriterien sind nicht ersichtlich. Deshalb ist es vorzugswürdig, einen festen zeitlichen Rahmen vorzugeben, in­ nerhalb dessen bislang ungenutzte Verlust- und Zinsvorträge besser genutzt werden können, als dies während der laufenden Besteuerung möglich ist. 111.

Vorschlag für einen neuen § 11 KStG

Vor dem Hintergrund der angestellten Überlegungen wird der folgende Vor­ schlag für eine Neuregelung der Liquidationsbesteuerung gemacht: § 11 Liquidation

( 1 ) 1 Wird ein unbeschränkt Steuerpflichtiger im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 zur Löschung aus dem Handelsregister angemel­ det, gelten für den Veranlagungszeitraum, in den die Anmeldung fällt, und die vier vorangegangenen Veranlagungszeiträume die Ab­ sätze 2 und 3 . 2Erfolgt die Löschung, ohne dass sie vorher zum Handelsregister angemeldet wurde, ist der Zeitpunkt der Löschung maßgeblich. 3 Die Anmeldung zur Löschung bzw. die Löschung sind rückwirkende Ereignisse im Sinne des § 1 75 Abs. 1 S . 1 Nr. 2 der Abgabenordnung. (2) § I Od des Einkommensteuergesetzes ist mit der Maßgabe anzu­ wenden, dass der Verlustrücktrag ohne betragsmäßige Begrenzung und der Verlustvortrag ohne quotale Begrenzung vorgenommen werden. (3 ) lpür die Wirtschaftsj ahre des Steuerpflichtigen, die Veranla­ gungszeiträumen zugeordnet werden, in denen Abs . 2 anzuwenden 1 88

Reformvorschlag

ist, finden § 8a dieses Gesetzes und § 4h des Einkommensteuerge­ setzbuches keine Anwendung. 2Bestehende Zinsvorträge mindern das Einkommen, soweit sie noch nicht abgezogen wurden. (4) 1 Wird ein unbeschränkt Steuerpflichtiger im Sinne des § 1

Abs. 1 Nr. 1 bis 3 aufgelöst, sind die Absätze 2 und 3 auf Antrag des Steuerpflichtigen für den Veranlagungszeitraum, dem das der Auflösung folgende Wirtschaftsj ahr zugeordnet wird, und die vier nachfolgenden Veranlagungszeiträume anzuwenden. 2Der Antrag kann auch noch nach Auflösung gestellt werden, es sei denn, die Fortsetzung ist beschlossen worden; die Wirkungen des Satzes 1 treten dann mit dem Veranlagungszeitraum ein, in dem der Antrag gestellt wird. 3 Erfolgt die Anmeldung zur Löschung aus dem Han­ delsregister nach dem Ende des vierten Veranlagungszeitraums, findet Absatz 1 keine Anwendung. (5) I Die Absätze 1 bis 4 finden keine Anwendung, wenn sie inner­

halb der vergangenen zwanzig Jahre bereits einmal auf den Steuer­ pflichtigen angewendet wurde. 2Auf Steuerpflichtige im Sinne des Absatzes 1 findet § 1 6 des Einkommensteuergesetzes keine An­ wendung. (6) I Die Absätze 1 bis 5 gelten entsprechend für unbeschränkt Steu­ erpflichtige im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 . 2Absatz 1 gilt dabei

mit der Maßgabe, dass der Zeitpunkt des Erlöschens des Steuersub­ j ekts maßgeblich ist, falls kein der Eintragung der Löschung und kein der Löschung entsprechendes Ereignis eintritt. 3Absatz 4 gilt nur dann entsprechend, wenn ein der Auflösung entsprechendes Er­ eignis eintritt. Die Vorschrift ermöglicht im Grundsatz eine unbegrenzte interperiodische Ver­ lustverrechnung über die fünf letzten Veranlagungszeiträume der Kapitalge­ sellschaft; währenddessen schließt sie auch die Anwendbarkeit der Zinsschran­ ke aus. Im Detail gilt Folgendes : In Absatz 1 des Vorschlags findet sich die grundlegende Anwendungsvoraus­ setzung, nämlich die Anmeldung zur Löschung aus dem Handelsregister. Der Vorschlag verzichtet aus Gründen der Rechtssicherheit auf die ebenfalls denk­ bare Anknüpfung an die Vollbeendigung, weil deren Zeitpunkt nur im Regel­ fall, aber keinesfalls immer leicht feststellbar ist.26 Außerdem macht sich das Steuerrecht auf diese Weise unabhängig davon, wie die gesellschaftsrechtlich streitige Frage zum Zeitpunkt der Vollbeendigung zu lösen ist. Eine - eben­ falls denkbare - Anknüpfung an den Zeitpunkt der Löschung selbst hätte den Nachteil, dass die Dauer zwischen Anmeldung der Löschung und ihrer Vor26 Zu den Voraussetzungen der Vollbeendigung oben S. 1 2 ff.

1 89

Rechtspolitische Kritik und Reforrnvorschlag

nahme vom Registergericht abhängig ist, genauer: davon, wie schnell das Re­ gistergericht arbeitet. Das könnte aber zu einer Ungleichbehandlung von Steu­ erpflichtigen führen, weil im Fall eines längeren Zeitraums zwischen Anmel­ dung und Löschung letztere womöglich in einen neuen Veranlagungszeitraum fällt, was die Wirkung der - gleich noch zu erörternden - Rechtsfolgen ein­ schränken würde. Nur für den Fall, dass die Löschung nicht angemeldet wur­ de, ist gern. Abs. 1 S . 3 subsidiär auf den Zeitpunkt der Löschung zurückzu­ greifen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine Gesellschaft wegen Vermö­ genslosigkeit gern. § 3 94 FamFG gelöscht wird. Ist die Gesellschaft zur Lö­ schung aus dem Handelsregister angemeldet worden, sind für insgesamt fünf Veranlagungszeiträume die Absätze 2 und 3 anzuwenden. Dort finden sich die materiellen Regelungen der Vorschrift, nämlich in Absatz 2 die Anwendung des § I Od EStG ohne die Einschränkungen hinsichtlich des Verlustrücktrags und der quotalen Begrenzung des Verlustvortrags . Soweit al­ so innerhalb dieser fünf Veranlagungszeiträume Gewinne anfallen, können sie ohne Begrenzung durch einen bestehenden Verlustvortrag ausgeglichen wer­ den. Verluste können innerhalb der fünf Veranlagungszeiträume ohne sum­ menmäßige Begrenzung zurückgetragen werden. Zusätzlich ist auch ein Rücktrag in den Veranlagungszeitraum möglich, der unmittelbar vor den fünf von Absatz 1 erfassten Veranlagungszeiträumen liegt. Das hat seinen Grund in der Regelungstechnik des § I Od EStG, der an den Veranlagungszeitraum an­ knüpft, aus dem zurückgetragen wird, und nicht an den, in den zurückgetragen wird. In Absatz 3 ist geregelt, dass § 8a KStG und § 4h EStG nicht anzuwen­ den sind, also die Zins schranke während der fünf Veranlagungszeiträume nicht gilt. Zusätzlich wird klargestellt, dass ein etwaiger Zinsvortrag steuermindernd abgezogen werden kann. Durch die Regelungen der Absätze 2 und 3 ist für fünf Veranlagungszeiträume alles getan, um den Regelungszweck zu erreichen, nämlich die Folgen der Ab­ schnittsbesteuerung vor dem Untergang des Steuersubj ekts zu mildem. Eine Erweiterung ist nur möglich, indem man die Zahl der Veranlagungszeiträume, auf die der reformierte § 1 1 Anwendung findet, erhöht. Es handelt sich bei da­ bei allerdings letztlich immer um eine wertende Entscheidung, die abwägen muss zwischen dem durch das Leistungsfähigkeitsprinzip fundierten Interesse des Steuerpflichtigen, einen möglichst umfassenden Ausgleich zu erlangen, und dem Aspekt der Praktikabilität andererseits. Man mag hier zwar einwen­ den, dass die Verwirklichung des Grundsatzes der Besteuerung nach der wirt­ schaftlichen Leistungsfähigkeit gegenüber Praktikabilitätsaspekten immer den Vorzug verdient. Folgte man dem, müsste man den oben zuerst genannten Re­ formansatz verfolgen, der einen vollständigen Ausgleich durch einen zeitlich unbegrenzten Rücktrag ermöglichen würde. Die oben angegebenen Argumente gegen eine solche Lösung gelten auch hier, sodass es bei der Abwägung zwi­ schen dem Interesse am Ausgleich und dessen Praktikabilität bleiben muss.

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Reformvorschlag

Ein Zeitraum von fünf Veranlagungszeiträumen kann insofern als ein ange­ messener Kompromiss angesehen werden. Insbesondere werden fünf Veranla­ gungszeiträume in der Regel ausreichend sein, um Proj ektgesellschaften, die besonders von der Mindestbesteuerung des § 1 0d EStG betroffen sind, einen umfassenden Ausgleich zu ermöglichen. 27 Absatz 4 des Vorschlags trifft eine Regelung, die einerseits die Liquidations­ besteuerung praktikabler machen soll, andererseits aber auch einen verfas­ sungsrechtlichen Hintergrund hat. Sie knüpft an die Auflösung an und be­ stimmt, dass auf entsprechenden Antrag die Wirkungen der Absätze 2 und 3 ab diesem Zeitpunkt eintreten. Da nämlich aufgrund der Auflösung die Löschung der Gesellschaft absehbar wird und somit in aller Regel ohnehin aufgrund des ersten Absatzes :für die Zeit der Abwicklung die Erleichterungen des 2. und 3 . Absatzes eintreten werden, ist es sachgerecht, dies bereits von vornherein zu ermöglichen. Es wäre außerdem auch aufgrund des Verhältnismäßigkeitsprin­ zips verfehlt, die Vorteile erst nach Abschluss der Liquidation zu gewähren, wenn mit einiger Sicherheit feststeht, dass die Besteuerung später wieder zum Vorteil des Steuerpflichtigen geändert werden muss ? 8 Für die verhältnismäßig seltenen Fälle, in denen die Abwicklung länger als fünf Veranlagungszeit­ räume dauert, wird die Anwendung des Absatzes 1 ausgeschlossen. Es ist des­ halb möglich, dass der vorgeschlagene Ausgleich nicht zwingend in den letz­ ten fünf Veranlagungszeiträumen vor der Anmeldung zur Löschung zur An­ wendung kommt. Dies hat gegenüber der denkbaren Alternative, den Aus­ gleichsmechanismus in solchen Fällen nachträglich j ährlich nach hinten zu verschieben, den Vorteil der einfacheren Handhabung. Eine missbräuchliche mehrfache Nutzung des Ausgleichs wird durch Absatz 5 ausgeschlossen, der eine zwanzigj ährige Sperrfrist normiert. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch die Notwendigkeit des �tragserfordernisses in Absatz 4 . Denn es mag im Zeitpunkt der Auflösung nicht feststehen, ob die Abwicklung innerhalb von flinf Jahren beendet werden kann oder ob es - in Insolvenzfällen - überhaupt zur Löschung kommt. Dann kann es sinnvoll sein, den Ausgleich (noch) nicht vorzUIiehmen. Der Reformvorschlag trifft zur Gewinnermittlung, anders als das geltende Recht, keine spezielle Regelung, im Gegenteil: Er schließt die Anwendung des § 1 6 EStG ausdrücklich aus. Es wurde gezeigt, dass die Realisierung der stil­ len Reserven auch aufgrund der allgemeinen Grundsätze möglich ist und dass eine solche Lösung aus steuersystematischer Sicht sogar vorzugswürdig ist. 29 27 Zur Problematik der Mindestbesteuerung des § I Od EStG im Zusammenhang mit Pro­ j ektgesellschaften z.B . Lang/Englisch, StuW 2005, S. 3 ff. (S. 22). 28 Mit demselben Argument wurde oben begründet, dass Zwischenveranlagungen aufgrund des geltenden § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG immer nur bis zur nächstfolgenden Veranlagung Be­ stand haben können, oben S. 90 ff. 29 Dazu oben S . 1 20 ff., 1 2 8 f.

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Rechtspolitische Kritik und Refonnvorschlag

Damit gilt auch während der Abwicklung der Maßgeblichkeitsgrundsatz ohne Einschränkung. Anders als das geltende Recht erfasst der Reformvorschlag sämtliche unbe­ schränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 KStG; dass dafür ein Bedürfnis besteht, wurde bereits im Rahmen der Kritik am geltenden Recht ausgeführt. Technisch ist gleichwohl eine Trennung zwischen den Steuersubj ekten gern. § 1 Abs. 1 Nr. 1 -3 KStG und denj enigen im Sinne des § 1 Abs. Nr. 4-6 KStG vorgenommen worden, um die Norm übersichtlich zu halten. Wegen der recht­ lich anderen Gegebenheiten bei Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4-6 KStG etwa hinsichtlich des Erlöschens oder der Publizität konnte nicht einfach im ersten und vierten Absatz der Anwendungsbereich erweitert wer­ den. Schließlich sind wegen der Funktionsweise auch zur Schein- und Nachtragsli­ quidation, zur abgebrochenen Abwicklung und zur Insolvenz keine Sonderre­ gelungen erforderlich. Denn es gilt in allen Fällen die Periode von fünf Veran­ lagungszeiträumen, unabhängig davon, ob tatsächlich abgewickelt wird. Auf diese Weise werden die Probleme vermieden, die sich im geltenden Recht aus dem tatsächlichen Merkmal der Abwicklung ergeben, dessen Feststellung oft nicht einfach möglich ist.

IV.

Folgeänderung des § 12 Abs. 3 KStG

Die Reform des § 1 1 KStG macht auch eine Änderung des § 1 2 Abs. 3 KStG erforderlich, weil dort die entsprechende Anwendbarkeit des § 1 1 KStG für bestimmte Wegzugsfälle angeordnet ist. Im Rahmen des § 1 2 KStG spielt der einheitliche Besteuerungszeitraum keine Rolle, weil es beim Wegzug nicht zur Abwicklung kommt. 30 Wesentlich ist dort die Aufdeckung der stillen Reser­ ven. Um die geltende Regelung inhaltlich beizubehalten, muss deshalb § 1 2 Abs . 3 KStG s o geändert werden, dass auch ohne B ezugnahme auf § 1 1 KStG die Hebung der stillen Reserven gewährleistet ist. 3 ! Folgende Neufassung des § 12 Abs. 3 KStG entspricht diesen Anforderungen: § 12 Verlust oder Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland

( 1 -2) [ohne Änderung] 3 0 Zur Länge der Steuerperiode Z.B . Hofmeister in Blümich, KStG, § 1 2 Rn. 1 09 . 3 1 Man könnte daran denken, auch den refonnierten § 1 1 KStG auf Fälle des Wegzugs für anwendbar zu erklären, weil auch dort ungenutzte Verlust- und Zinsvorträge bestehen können. Allerdings gehen Verlust- und Zinsvorträge rechtlich nicht unter, es wird der wegziehenden Gesellschaft allenfalls faktisch unmöglich, sie in Zukunft zu nutzen. Da sich somit Liquidations- und Wegzugsfälle nicht ohne Weiteres gleichsetzen lassen, wür­ de es im Rahmen dieser Arbeit zu weit führen, über eine Refonn der Wegzugsbesteue­ rung nachzudenken.

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Reformvorschlag

(3) I Verlegt eine Körperschaft, Vermögensmasse oder Personenver­ einigung ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz und scheidet sie da­ durch aus der unbeschränkten Steuerpflicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat aus, auf den das Ab­ kommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung fin­ det, ist das Betriebsvermögen am Ende des Wirtschaftsj ahres, in dem die unbeschränkte Steuerpflicht endet, gemäß § 9 des Bewer­ tungsgesetzes zu bewerten. 2 Gleiches gilt, wenn die Körperschaft, Vermögensmasse oder Personenvereinigung auf Grund eines Ab­ kommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung infolge der Ver­ legung ihres Sitzes oder ihrer Geschäftsleitung als außerhalb des Hoheitsgebietes der in Satz 1 genannten Staaten ansässig anzusehen ist. Die Neufassung erreicht die Auflösung der stillen Reserven dadurch, dass das Betriebsvermögen, das auf den Zeitpunkt aufzustellen ist, in dem die unbe­ schränkte Steuerpflicht endet, nicht nach allgemeinen Grundsätzen, sondern mit dem gemeinen Wert zu bewerten ist. Anders als im Fall der Liquidation wird dies nämlich nicht durch § 8 Abs. 3 KStG sichergestellt, weil eine Über­ tragung des Vermögens an die Gesellschafter gerade nicht erfolgt. Die übrigen Regelungen, die vom geltenden § 1 1 KStG hinsichtlich der Gewinnermittlung getroffen werden, lassen sich - wie oben gezeigt wurde 32 - auch auf die all­ gemeinen Vorschriften stützen.

32 Dazu insbesondere die Kritik zu § 1 1 KStG, oben S. 1 85 f.

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§ 8 Zusammenfassung in Thesen I. Zweck der Liquidation ist es, die Vermögenslosigkeit der Kapitalgesellschaft herbeizuführen, damit deren Existenz beendet werden kann. Dieser Zweck tritt neben den Gesellschaftszweck, der durch die Liquidation nicht verändert wird. II. Kapitalgesellschaften hören auf zu existieren, wenn drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: Erforderlich sind ihre Vermögenslosigkeit, ihre Lö­ schung aus dem Handelsregister und das Fehlen j eglichen nicht­ vermögensrechtlichen Abwicklungsbedarfs. Aus Sicht des (Körperschaft) Steuerrechts gilt nichts anderes. III. § 1 1 KStG erfordert für seine Anwendbarkeit Auflösung und Abwicklung der Gesellschaft. Soweit das Gesetz vorsieht, dass die Abwicklung der Auflö­ sung unmittelbar folgt, wird dies von § 1 1 KStG widerleglich vermutet. Ist das, wie insbesondere in der Insolvenz, nicht der Fall, muss der Steuerpflichti­ ge die Abwicklung beweisen. IV. Der Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums liegt darin, angesichts des bevorstehenden Untergangs des Steuersubj ekts eine verbesserte Nutzung von Verlusten zu ermöglichen. § 1 1 KStG ist insoweit eine typisierende Vor­ schrift. Der Zweck des einheitlichen Besteuerungszeitraums ist durch das Leistungsfähigkeitsprinzip fundiert, eine ersatzlose Streichung würde einen Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip begründen. Weitere Zwecke werden durch den einheitlichen Besteuerungszeitraum nicht verfolgt. V. Die Veranlagungsbefugnis nach Ablauf von drei Jahren gern. § 1 1 Abs . 1 S . 2 KStG bezweckt die Sicherung des Steueranspruchs. Veranlagungen auf­ grund dieser Norm sind nur vorläufig, sie gehen in der unmittelbar folgenden Veranlagung auf, unabhängig davon, ob es sich um eine weitere Zwischenver­ anlagung oder eine endgültige Veranlagung handelt. § 1 1 KStG ist eine Er­ mächtigungsnorm im Sinne des § 1 72 Abs. 1 Nr. 2 lit. d AO und ermöglicht so die Aufhebung der verfahrensrechtlich vollwertigen Zwischenveranlagungen. VI. § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG ist eine Ermessensvorschrift. Die Finanzverwaltung braucht im Regelfall eine Veranlagung nicht zu begründen, weil § 1 1 Abs. 1 S . 2 KStG eine Sollvorschrift ist. Nur in atypischen Fällen ist eine Begründung notwendig; taugliche Ermessenserwägungen ergeben sich aus dem Zweck der Veranlagungsbefugnis, die Durchsetzung des Steueranspruchs sicherzustellen. Auf ein Verschulden des Steuerpflichtigen für die Dauer der Abwicklung kommt es deshalb nicht an. VII. Das Wirtschaftsj ahr wird in der Liquidation durch den einheitlichen Be­ steuerungszeitraum verlängert. Unverändert bleiben der Bemessungs- und Veranlagungszeitraum. Der Liquidationsgewinn wird analog § 7 Abs. 4 S . 2 KStG dem letzten Bemessungszeitraum der Liquidation zugeordnet. Deshalb 1 95

Zusammenfassung in Thesen

gelten für den gesamten Abwicklungszeitraum die Steuergesetze in der Fas­ sung, die am Ende der Liquidation in Kraft ist. VIII. Fällt die Auflösung in ein laufendes Wirtschaftsj ahr, ist zwingend ein Rumpfwirtschaftsj ahr zu bilden; fiir ein Wahlrecht besteht keine gesetzliche Grundlage. IX. Bei wirtschaftlicher Betrachtung unterscheidet sich die Situation vor und nach Auflösung hinsichtlich der Besteuerung nicht wesentlich. Insbesondere betreffen offene und verdeckte Gewinnausschüttungen einerseits und offene und verdeckte Liquidationsraten andererseits wirtschaftlich vergleichbare Vor­ gänge. Auch der Umstand, dass Liquidationsraten zum Teil in einer Kapital­ rückzahlung bestehen, erfordert aus steuerrechtlicher Sicht keine besondere Behandlung. X. § 1 1 Abs. 2 KStG normiert fiir die Gewinnermittlung während der Abwick­ lung einen besonderen Vermögensvergleich, der den Abwicklungsgewinn als Unterschiedsbetrag zwischen Abwicklungs-Anfangsvermögen und Ab­ wicklungs-Endvermögen definiert. Während die Ermittlung des Abwicklungs­ Anfangsvermögens keine größeren Probleme bereitet, ist das Abwicklungs­ Endvermögen durch § 1 1 Abs. 3 KStG nur unzureichend definiert. XI. Der besondere Vermögensvergleich - genauer: die Ermittlung des Ab­ wicklungs-Endvermögens - bezweckt die Realisierung sämtlicher stiller Re­ serven, bevor sie mit dem bevorstehenden Ende des Steuersubj ekts untergehen und der Besteuerung endgültig entgehen würden. XII. Denkbar ist es, das Abwicklungs-Endvermögen auf Grundlage des Be­ wertungs gesetzes mit dem gemeinen Wert im Sinne des § 9 BewG zu ermit­ teln. Möglich wäre auch eine Anwendung der allgemeinen Grundsätzen gern. § § 5 ff. EStG. In diesem Fall wären die stillen Reserven, soweit sie nicht am Markt realisiert werden, auf Grundlage des § 8 Abs. 3 KStG nach den Grundsätzen der verdeckten Gewinnausschüttung zu besteuern. In beiden Fäl­ len wäre - allenfalls mit geringfügigen Bewertungsunterschieden - der Zweck erfiil lt. Allerdings ist das Abwicklungs-Endvermögen wegen Wortlaut, Entste­ hungsgeschichte und Systematik auf Grundlage des Bewertungsgesetzes zu ermitteln. XIII. Während der Liquidation sind Auskehrungen an Gesellschafter aus Gläubigerschutzgründen grundsätzlich unzulässig. Erfolgen sie gleichwohl, sind sie dem Abwicklungsgewinn gern. § 8 Abs . 3 KStG außerbilanziell hin­ zuzurechnen - unabhängig davon, ob sie offen oder verdeckt erfolgen. XIV. Erfolgt eine Zwischenveranlagung im Sinne des § 1 1 Abs. 1 S. 2 KStG, ist der Zwischengewinn nach allgemeinen Grundsätzen zu ermitteln; stille Re­ serven werden mithin in diesem Zeitpunkt noch nicht aufgedeckt. Diese Vor­ gehensweise ist verfassungsrechtlich geboten.

1 96

Zusammenfassung in Thesen

XV. Das Abwicklungs-Endvermögen ist auf den Tag festzustellen, an dem die Gesellschaft zur Löschung im Handelsregister angemeldet wird. Für die Be­ wertung ist der Zeitpunkt der Übertragung der Wirtschafts güter maßgeblich. XVI. Sind am Ende der Liquidation noch Verbindlichkeiten vorhanden, die nicht mehr erfüllt werden können, sind sie im Abwicklungs-Endvermögen an­ zusetzen. Daraus kann sich ein negatives Abwicklungs-Endvermögen ergeben. XVII. Immaterielle Wirtschaftsgüter sind unabhängig davon, ob sie originär oder derivativ erworben wurden, im Abwicklungs-Endvermögen mit ihrem gemeinen Wert anzusetzen. XVIII. Auf Nachtragsliquidationen findet § 1 1 KStG nur dann Anwendung, wenn diese wegen neuen Verinögens (und nicht nur wegen nicht­ vermögensrechtlichem Abwicklungsbedarf) erforderlich wird. Dann wird der einheitliche Besteuerungszeitraum fortgesetzt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn hinsichtlich der vermeintlichen Schlussveranlagung bereits Festset­ zungsverj ährung eingetreten ist; dann ist ein neuer - eigenständiger - Besteue­ rungszeitraum im Sinne des § 1 1 Abs. 1 S. 1 KStG zu beginnen. In diesem Fall ist als Abwicklungs-Anfangsvermögen das Abwicklungs-Endvermögen der vermeintlichen Schlussveranlagung anzusetzen, Rechtsgrundlage dafür ist die entsprechende Anwendung des § 1 1 Abs. 4 S . 1 KStG. XIX. Ist über eine Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet worden, findet § 1 1 KStG dann Anwendung, wenn die insolvente Gesellschaft zerschlagen wird, nicht aber, wenn sie saniert und fortgeführt wird. Wird während der In­ solvenz die Vorgehensweise geändert, ändert sich das steuerliche Regime im­ mer für den gesamten Zeitraum seit Insolvenzeröffnung. Der einheitliche Be­ steuerungszeitraum endet in dem Zeitpunkt, in dem das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren aufhebt. XX. Ob die Organschaft auch während der Abwicklung fortdauert, ist davon abhängig, ob der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag durch die Auflösung beendet wird. Dies ist eine Frage des Gesellschaftsrechts und beur­ teilt sich danach, ob die vertraglichen Pflichten weiter ausgeübt werden kön­ nen, was vom Auflösungsgrund abhängig ist. Das ist insbesondere nicht der Fall bei der Auflösung durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sie :führt deshalb zum Ende der Organschaft. Das Gegenteil trifft zu, wenn der Organ­ träg er oder die Organgesellschaft durch Gesellschafterbeschluss aufgelöst werden: Dann existiert die Organschaft fort, wobei allerdings die j eweils ande­ re Gesellschaft ein Recht zur außerordentlichen Kündigung hat und damit auch die Organschaft beenden kann. XXI. Ist eine Organgesellschaft aufgelöst, erzielt sie weiterhin Gewinne, die unter den Gewinnabftihrungsvertrag fallen und damit von der Organschaft er­ fasst werden. Nur soweit es sich um die Rückzahlung von Kapital bzw. Einla-

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Zusammenfassung in Thesen

gen handelt, handelt es sich nicht um Gewinne, die unter die AbfUhrungsver­ pflichtung fallen. XXII. Der geltende § 1 1 KStG verwirklicht den Zweck, eine erweiterte Ver­ lustverrechnung zu ermöglichen, nur unzureichend und hilft bei Zinsvorträgen, die durch die Zinsschranke entstehen, gar nicht. Weil der einheitliche Besteue­ rungszeitraum das Jahressteuerprinzip durchbricht, fUhrt er außerdem zu Frik­ tionen, die sich kaum vermeiden lassen. Auch die Umsetzung im Detail weist zahlreiche gesetzgeberische Mängel auf. Die Liquidationsbesteuerung ist so­ mit reformbedürftig. XXIII . Eine Reform der Liquidationsbesteuerung sollte ohne einheitlichen Be­ steuerungszeitraum auskommen. Ebenso kann sie darauf verzichten, besonde­ re Vorschriften zur Gewinnermittlung zu normieren, weil stille Reserven auch durch § 8 Abs. 3 KStG realisiert werden. Vorgeschlagen wird deshalb eine Re­ gelung, die einen typisierenden Ausgleich der Härten verfolgt, die sich aus den Beschränkungen des Verlustabzugs und der Zinsschranke ergeben. Dieser Ausgleich wird im Grundsatz dadurch erreicht, dass innerhalb der letzten fiin f Veranlagungszeiträume ein unbegrenzter Verlustabzug ermöglicht wird und außerdem die Zinsschranke nicht gilt.

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Stichwortverzeichnis Die Zahlen bezeichnen die Seitenzahlen Abgebrochene Liquidation 1 59 ff. Abwicklung (s.a. Liquidation) - als Tatbestandsvoraussetzung von § 1 1 KStG 28 ff. - Beweislast 3 2 f. Abwicklungs-Anfangsvermögen 1 09 ff. - und Rumpfwirtschaftsj ahr 1 1 1 ff. Abwicklungs-Endvermögen 1 20 ff. - Aufstellungsstichtag 1 40 ff. - Bewertungsstichtag 1 43 f. - negatives 1 45 ff. - Verbindlichkeiten 1 4 5 ff. - Verhältnis zu § 5 ff. 1 26 - Wertaufhellende Umstände 1 43 f. Abwicklungs-Zwischenvermögen 1 3 5 ff. Abwicklungsgewinn - Einnahmenüberschussrechnung 1 1 6 f. - bei Organschaft 1 75 ff. - wirtschaftliche Einordnung 1 07 f. Auflösung - als Tatbestandsvoraussetzung von § 1 1 KStG 27 f. - Auflösungs gründe 5 f. - Schlussbilanz 1 0 1 ff. - Wirkung auf Gewinnabfiihrungsvertrag 1 70 ff. Bilanzidentität 1 02 f. Bilanzzusammenhang 1 1 8 f. Dreij ahresregelung 78 ff. (s.a. Zwischenveranlagung) - Bedeutung der Veranlagung 82 ff. - Ermessensentscheidung 8 8 f. ; 94 f. - Ermessenserwägungen 95 f. - Zweck 80 ff. -

Ei gene Anteile 1 52 Einheitlicher Besteuerungszeitraum 3 9 ff. - anwendbare Steuerg esetze 40 f. ; 51 - Begriff 3 9 f. - rechtspolitische Kritik 1 83 ff. - und abgebrochene Liquidation 1 59 ff. - und Bemessungszeitraum 43 ff. - und Gewinnermittlungszeitraum 42 - und Veranlagungszeitraum 49 ff. - und Wirtschaftsj ahr 42 f. - Verlustverrechnung 5 3 ff. - Zweck 52 ff. ; 1 8 1 f. Festsetzungsverj ährung 1 56 ff. Gesellschafterdarlehen 1 44 f. Gesellschaftszweck 8 ff. Gesetzgebungsgeschichte 3 5 ff. ; 5 9 ff. ; 80 f. ; 1 23 f. Gewinnermittlung 99 ff. - bei Zwischenveranlagungen 1 34 ff. - handelsrechtliche - 99 ff. - rechtspolitische Kritik 1 85 - Telos der steuerrechtlichen 1 29 ff. - steuerrechtliche - 1 06 ff. Körperschaftsteuerpflicht - Beginn 26 - Ende 33 ff. Immaterielle Wirtschaftsgüter 1 50 f. Insolvenzverfahren 1 62 ff. - Ende des einheitlichen Besteue­ rungszeitraums 1 66 - sachlicher Anwendungsbereich von § 1 1 KStG 1 63 ff.

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Stichwortverzeichnis

- und Organschaft 1 72 ff. Leistungsfähigkeitsprinzip 70 ff. ; 1 3 0; 1 44 ; 1 47 ff. ; 1 8 1 ff. ; 1 87 f. Liquidation (s.a. Abwicklung) - abgebrochene - 1 59 ff. - rechtliche Wirkungen 1 0 ff. - stille - 27 f. Liquidations-Schlussbilanz 1 03 ff. - Aufstellungszeitpunkt 1 04 f. - Notwendigkeit 1 03 f. Liquidationsbesteuerung - Anwendungsbereich von § 1 1 KStG 25 ff. - rechtspolitische Kritik 1 8 1 ff. - Reformvorschlag 1 86 ff. - Verhältnis zu § 1 6 EStG 24 Liquidationsraten 1 32 ff. Liquidationszweck 7 ff. ; 1 68 - Verhältnis zum Gesellschaftszweck 9 f. Nachtragsliquidation 1 8 ff. ; 1 5 5 ff. Maßgeblichkeitsgrundsatz - Anwendbarkeit auf ausländische Gesellschaftsformen 1 0 8 f. - Verhältnis zum einheitlichen Be­ steuerungszeitraum 1 2 5 ff. Organschaft 1 67 ff. - Auflösung der Organgesellschaft 1 75 ff. - Auflösung des Organträgers 1 68 ff. - und Abwicklungsgewinn 1 75 ff. Organträger als gewerbliches Unter­ nehmen 1 68 f. Periodizitätsprinzip 72 f. ; 87 f. Rangrücktrittsvereinbarung 1 44 f.

200

Rumpfgeschäftsj ahr 1 00 ff. - steuerrechtliche Berücksichtigung 1 1 3 ff. Rumpfwirtschaftsj ahr 1 1 1 ff. - und abgebrochene Liquidation 1 60 f. - Wahlrecht 1 1 4 f. Sachdividende 1 27 ff. Sanierungsdarlehen 1 44 f. Scheinliquidation 2 8 ff. - Beweislast 3 2 f. Steuervorauszahlungen 52 Stille Reserven 1 29 ff. ; 1 3 8 ff. ; 1 85 ; 191 Totalgewinnprinzip 74 Untemehmensgegenstand 8 Verluste - Verlustrücktrag 5 0 - Verlustverrechnung 5 3 ff. Vermögensverteilung 1 05 Vollbeendigung - Doppeltatbestand 1 3 - nicht-vermögensrechtlicher Abwicklungsbedarf 1 7 ff. ; 1 5 8 - Schicksal von Verbindlichkeiten 1 4 5 ff. - Zeitpunkt 1 2 ff. Vorgesellschaft 25 ff. Wertauthellungstheorie 1 42 Zins schranke 5 7 f. ; 77 f. ; 1 82 ; 1 87 ; 1 90 Zwischenveranlagung (s.a. Dreij ahresregelung) - Authebung 92 ff. - Bezugszeitraum 90 ff. - Gewinnermittlung 1 34 ff.