Bankenaufsicht und Kapitalgesellschaftsrecht: Anforderungen an Organmitglieder von in der Finanzbranche tätigen Kapitalgesellschaften und deren Haftung [1 ed.] 9783428557721, 9783428157723

Das Bankenaufsichtsrecht stellt ein Rechtsgebiet dar, das zwischen europäischer Neuordnung und nationaler Tradition, pra

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Bankenaufsicht und Kapitalgesellschaftsrecht: Anforderungen an Organmitglieder von in der Finanzbranche tätigen Kapitalgesellschaften und deren Haftung [1 ed.]
 9783428557721, 9783428157723

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Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 146

Bankenaufsicht und Kapitalgesellschaftsrecht Anforderungen an Organmitglieder von in der Finanzbranche tätigen Kapitalgesellschaften und deren Haftung

Von

Vanessa Sekker

Duncker & Humblot · Berlin

VANESSA SEKKER

Bankenaufsicht und Kapitalgesellschaftsrecht

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen

Band 146

Bankenaufsicht und Kapitalgesellschaftsrecht Anforderungen an Organmitglieder von in der Finanzbranche tätigen Kapitalgesellschaften und deren Haftung

Von

Vanessa Sekker

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Philipps-Universität Marburg hat diese Arbeit im Jahre 2018 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2019 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Ochsenfurt-Hohestadt Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany

ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-15772-3 (Print) ISBN 978-3-428-55772-1 (E-Book) ISBN 978-3-428-85772-2 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Danksagung und Vorwort Die vorliegende Arbeit widmet sich der Schnittstelle zwischen öffentlich-rechtlichem Bankenaufsichtsrecht und zivilrechtlichem Kapitalgesellschaftsrecht und setzt diese in den Kontext der Organhaftung. Sie entstand weit überwiegend während meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht, Europarecht sowie Gewerblichen Rechtsschutz von Herrn Professor Dr. Michael Kling an der Philipps-Universität Marburg. Die Schnelllebigkeit des Bankenaufsichtsrechts hat dazu geführt, dass die Arbeit in ihrer Entstehung stetig aktualisiert und neu strukturiert werden musste. Im Rahmen der letzten Bearbeitung haben alle gesetzlichen Neuerungen sowie Literatur bis Anfang April 2018 Berücksichtigung gefunden. Die erste Gelegenheit, mich mit dem Gebiet des Bankenaufsichtsrechts zu beschäftigen, gab mir mein Doktorvater Professor Dr. Michael Kling im Rahmen eines Seminars zum Unternehmensrecht. Dieses Seminar brachte mich nicht nur das erste Mal mit den Mindestanforderungen für Risikomanagement in Berührung, sondern weckte auch mein bisher ungebrochenes Interesse für dieses Gebiet. Deshalb zog das Produkt dieses Seminars neben einer ersten Veröffentlichung meinerseits auch die vertiefte Auseinandersetzung mit der Thematik in Form von meiner Dissertation nach sich. Die Erstellung dieser Arbeit stellte für mich eine Herausforderung und zugleich eine bereichernde Erfahrung dar. Allen Personen, die mich auf diesem Weg in so vielfältiger Weise begleitet und unterstützt haben, möchte ich hiermit sehr herzlich danken. Mein ganz besonderer Dank gilt zunächst meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Michael Kling, der mir über die gesamte Zeit hinweg mit Rat und Tat uneingeschränkt zur Seite stand. Ich bin in vielerlei Hinsicht sehr dankbar und froh, dass ich durch meine damalige Teilnahme an dem Seminar meinen Weg zu einer tollen Promotionszeit gefunden habe, in der ich so bemerkenswerte Menschen kennenlernen durfte, die ich heute als meine Freunde bezeichnen darf. Mein Dank gilt daher auch meinen Freunden und ehemaligen Kollegen, die mich in dieser Zeit begleitet haben und die ich in bester Erinnerung behalte. Insbesondere möchte ich Dr. Anja Schwietert und Dr. Matondo Cobe für die erinnerungswerte und bereichernde gemeinsame Zeit am Lehrstuhl meinen herzlichen Dank aussprechen. Beide haben durch ihre stete Diskussions- und Hilfsbereitschaft, sowohl freundschaftlicher als auch fachlicher Natur, maßgeblich zum Gelingen dieser Arbeit beigesteuert. Weiterhin danke ich auch der guten Seele des Lehrstuhls Frau Sabine

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Danksagung und Vorwort

Bodenbender von Herzen, die mich in so vielfältiger Weise immer unterstützt hat. Herrn Professor Dr. Omlor, LL.M. (NYU), LL.M. Eur. danke ich für die freundliche Übernahme des Zweitgutachtens sowie Herrn Professor Dr. Constantin Willems für die Übernahme des Prüfungsvorsitzes im Rahmen der Disputation. An dieser Stelle gilt mein größter Dank meiner ganzen Familie, der ich diese Arbeit widme. Meinen Eltern Viola Dengler und Dr. Michael Dengler danke ich aus der Tiefe meines Herzens, dass sie jederzeit und in jeder Lage für mich da waren. Sie haben mir nicht nur meine gesamte Ausbildung ermöglicht, sondern mich auf meinem bisherigen Lebensweg zu jeder Zeit bestmöglich unterstützt. Ohne meine Schwester Dr. Fabiola Dengler wäre diese Arbeit nicht die, die sie heute ist. Ihr danke ich für das unermüdliche Korrekturlesen, ihre Ratschläge – auch, aber nicht nur, in sprachlicher Hinsicht – und ihre ermutigenden Worte. Zu guter Letzt gilt mein ganz besonderer Dank meinem Ehemann Constantin Sekker. Sein steter Rückhalt, Zuspruch und seine Liebe haben ganz wesentlich zum erfolgreichen Abschluss meiner Promotion beigetragen. Seine gründliche Durchsicht und sein fachlicher Input haben zudem meine Arbeit auch inhaltlich maßgeblich bereichert und meinen Horizont erweitert. Ohne seinen Beistand und seine Hilfsbereitschaft wäre diese Arbeit in dieser Form nicht möglich gewesen. Vielen lieben Dank! Frankfurt, im April 2019

Vanessa Sekker

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 I. Gegenstand und Ziel der vorliegenden Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 1. Veranschaulichung des Aufsichtsumfelds in der Finanzbranche . . . . . . . . . . . . 19 2. Überblick über die Anforderungen an die Organmitglieder sowie deren Bedeutung für die Organhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 3. Die Verknüpfung von Aufsichtsrecht und Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . 22 II. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

Teil 1 Das Aufsichtsrecht in Deutschland, der Europäischen Union und der Welt

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A. Grundlegendes zum Aufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 I. Wirtschaftsaufsicht in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 1. Allgemeine und branchenspezifische Wirtschaftsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2. Relevante Bereiche des Aufsichtsrechts und Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . 26 II. Reformierung des nationalen und internationalen Aufsichtsrechts . . . . . . . . . . . . . 27 1. Gründe für die Reformierung – Ursachen der Finanzkrise . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2. Von der mikroprudentiellen zur makroprudentiellen Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . 30 3. Qualitative Bankenaufsicht und prinzipienorientierte Regulierung . . . . . . . . . . 31 4. Verstärkte Regulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 a) Corporate Governance – Begriff und Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 b) Besonderheiten der Corporate Governance im Bankensektor . . . . . . . . . . . . 36 c) Regulierungsfokus nach der Finanzkrise und Diskussionsschwerpunkte . . . 38 aa) Risikomanagement und Compliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 bb) Qualifikation und Arbeitspraxis der institutsinternen Überwachung . . . 38 cc) Anreizmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 III. Aufbau und Organisation der Finanzmarktaufsicht in Deutschland und Europa 40 1. Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 2. Das Europäische Finanzaufsichtssystem (European System of Financial Supervision, ESFS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 a) Die Europäischen Aufsichtsbehörden (European Supervisory Authorities, ESA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

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Inhaltsverzeichnis b) Der Gemeinsame Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden (Joint Committee) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 c) Der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (European Systemic Risk Board, ESRB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 aa) Konzeption und Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 bb) Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 cc) Aufgaben und Befugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 dd) Bisherige Veröffentlichungen und deren Relevanz für die vorliegende Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 d) Die Finanzaufsicht in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 3. Die Rolle der EZB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

B. Die Rechtsquellen des Bankenaufsichtsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 I. Die Besonderheiten der aufsichtsrechtlichen Regulierung und ihrer Einordnung in das bestehende Rechtssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 II. Verlautbarungen des Baseler Ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 III. Europäisches Regelungsumfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 1. Capital Requirements Regulation (CRR) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 2. Capital Requirements Directive (CRD IV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 3. Delegierte Rechtsakte und Durchführungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 4. Verlautbarungen der Europäischen Aufsichtsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 a) Einordnung von ESA-Leitlinien in das System der Rechtsquellen und Verbindlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 b) Relevante Leitlinien der European Banking Authority . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 IV. Die Rechtsquellen des deutschen Aufsichtsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 1. Gesetzliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 a) Kreditwesengesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 aa) Entwicklung seit der Finanzkrise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 bb) Institutioneller Anwendungsbereich des KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 cc) Personeller Anwendungsbereich der §§ 25a ff. KWG – Ausnahme von Zweigstellenleitern von Unternehmen mit Sitz im europäischen Ausland 67 b) Wertpapierhandelsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 c) Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 d) Kapitalanlagegesetzbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 e) Versicherungsaufsichtsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 2. Verlautbarungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht . . . . . . . . 72 a) Rechtsnatur von Verlautbarungen der BaFin am Beispiel der MaRisk . . . . . 72 aa) Die MaRisk als Rechtsverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

Inhaltsverzeichnis

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bb) Die MaRisk als Verwaltungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 (1) Grundlagen betreffend Verwaltungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . 74 (a) Merkmale von Verwaltungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 (b) Verwaltungsvorschriften als Außenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 (2) Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 (3) Normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . 76 (a) Hintergrund und Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 (b) Voraussetzungen und Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 (c) Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 (4) Typisierung der MaRisk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 (a) Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 (b) Beteiligung der (Fach-)Öffentlichkeit am Erlassverfahren . . . . . 82 (c) Gesetzliche Ermächtigungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 (d) Bestehen und Umfang eines Beurteilungsspielraumes . . . . . . . . 83 (e) Zusammenfassende Kritik an der Qualifizierung als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 (f) Ergebnis: MaRisk als norminterpretierende Verwaltungsvorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 b) Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) . . . . . . . . . . . . 88 aa) Einfügung einer Verordnungsermächtigung in das KWG . . . . . . . . . . . . 88 bb) Anwenderkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 c) Mindestanforderungen an die Compliance-Funktion und die weiteren Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten nach §§ 31 ff. WpHG a.F. 89 aa) Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 bb) Anwenderkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 d) Merkblatt zu den Geschäftsleitern gemäß KWG, ZAG und KAGB . . . . . . . 90 e) Merkblatt zur Kontrolle der Mitglieder von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und KAGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

Teil 2 Ausgangslage und gesellschaftsrechtliche Grundlagen

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A. Institute und ihre Rechtsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 I. Banken in der Form einer Genossenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 II. Die deutsche Bankenlandschaft und Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 III. Die Rolle von Personengesellschaften in der Bankenbranche . . . . . . . . . . . . . . . . 99

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Inhaltsverzeichnis

B. Gesellschaftsrechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 I. Überblick über die Regelungen und die Organhaftung im deutschen Kapitalgesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 1. Regelungen hinsichtlich Pflichten und Anforderungen an die Organmitglieder 102 2. Haftungsgrundlagen im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 a) Haftungsgrundlagen im Aufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 b) Gesellschaftsrechtliche Haftungsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 c) Zivilrechtliche Haftungsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 II. Aktienrechtliche Grundlagen zur Organhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 1. Vorstandshaftung gem. § 93 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 a) Haftungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 b) Der allgemeine aktienrechtliche Pflichtenkatalog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 aa) Sorgfaltspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 bb) Loyalitätspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 c) Die deutsche business judgement rule gem. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG . . . . . . . 115 aa) Unternehmerische Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 bb) Auf Grundlage angemessener Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 cc) Zum Wohle der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 2. Die Haftung des Aufsichtsrats gem. §§ 116 S. 1, 93 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . 117 a) Die business judgement rule und der Bezugspunkt der Pflichtverletzung . . . 117 b) Die Verfolgung von Gesellschaftsansprüchen gegen den Vorstand . . . . . . . . 118 c) Sonstige Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 d) Besonderheiten bei der Wahrnehmung eines Aufsichtsratsmandats . . . . . . . 120

Teil 3 Anforderungen an die Unternehmensführung von in der Finanzbranche tätigen Kapitalgesellschaften

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A. Persönliche und fachliche Anforderungen an die Geschäftsleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 I. Aktienrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 II. Aufsichtsrechtliche Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 1. Fachliche Eignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 a) Theoretische Kenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 b) Praktische Kenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 bb) Spezialkenntnisse der Geschäftsleiter eines Kreditinstituts im Kreditgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 cc) Erlangung der Kenntnisse durch Tätigkeit in einem Aufsichtsorgan . . . 135

Inhaltsverzeichnis

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dd) Inlandsbezug der praktischen Kenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 (1) Das Erfordernis der Sprachkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 (2) Das Verlangen nach einer inlandsbezogenen Tätigkeit . . . . . . . . . . . 138 ee) Erfahrungen durch finanznahe Tätigkeit in einer nicht beaufsichtigten Branche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 c) Leitungserfahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 d) Die Eignungsvermutung des § 25c Abs. 1 S. 3 KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 e) Aufrechterhaltung der fachlichen Eignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 2. Zuverlässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 3. Zeitlicher Umfang der Aufgabenwahrnehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 a) Der Begriff der ausreichenden Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 b) Mandatsbegrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 aa) Interner Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 bb) Überblick über die Ausschlussgründe für CRR-Institute erheblicher Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 4. Europäische Harmonisierung: Gemeinsame Leitlinien der EBA und der ESMA 152 III. Die gesellschaftsrechtliche Verantwortlichkeit der Geschäftsleiter bei Mängeln im Rahmen der persönlichen Voraussetzungen des Aufsichtsrechts . . . . . . . . . . . . . . 155 1. Dogmatische Einordnung: § 25c Abs. 1, 2 KWG als aufsichtsrechtliche Konkretisierung der aktienrechtlichen Pflichten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 2. Beginn der Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 3. Verantwortlichkeit der Geschäftsleitung auf der Ebene europäischer Vorschriften – Missachtung der europäischen Leitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 4. Fehlen der fachlichen Eignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 a) Die fehlende fachliche Eignung als Haftungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 b) Bedeutung der mangelnden fachlichen Eignung bei anderen Haftungsgründen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 aa) Beurteilung des Verschuldens bei anfänglichem Fehlen fachlicher Eignung oder mangelnder Fortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 bb) Fehlende fachliche Eignung und unternehmerische Entscheidungen . . . 164 5. Vernachlässigung des Amtes – mangelnde zeitliche Verfügbarkeit . . . . . . . . . . 165 a) Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 b) Haftung bei Verstößen gegen Mandatsbegrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 6. Bedeutung des behördlichen Handelns der BaFin für die Vorstandshaftung . . . 166 a) Maßgebliche Eingriffsbefugnisse der BaFin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 b) Auswirkungen auf die Geschäftsleiterhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 B. Organisatorische Pflichten und Vorstandshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 I. Bestimmung der Begriffe „Compliance“ sowie „Risikomanagement“ und deren Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

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Inhaltsverzeichnis II. Risikomanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 1. Aktienrechtliche Pflichten im Hinblick auf das Risikomanagement . . . . . . . . . 175 2. Aufsichtsrechtliche Regelungen zum Risikomanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 a) Europäische Grundlagen – Internal Capital Adequacy Assessment Process, ICAAP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 b) Allgemeine Anforderungen an das Risikomanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 aa) Grundkonzeption von § 25a KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 bb) Anforderungen an das Risikomanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 (1) Der Kreislauf des Risikomanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 (2) Geschäfts- und Risikostrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 (a) Allgemeine Anforderungen auf Grundlage von § 25a Abs. 1 S. 3 Hs. 2 Nr. 1 KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 (b) Spezifizierung der Vorgaben nach § 25c Abs. 3 Nr. 3 und Abs. 4a Nr. 1 KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 (3) Risikoaufdeckung und deren Erfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 (a) Risikoarten und deren Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 (b) Ermittlung und Sicherstellung der Risikotragfähigkeit . . . . . . . . 186 (4) Risikosteuerung durch das interne Kontrollsystem . . . . . . . . . . . . . . 188 (a) Aufbau- und Ablauforganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 (b) Die Einrichtung einer Risikocontrolling-Funktion . . . . . . . . . . . 189 (c) Die Steuerung der Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 (5) Überwachung durch die interne Revision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 c) Ressourcenausstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 d) Interne Grundsätze einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung . . . . . . . . . . . 192 e) Gewährleistung einer angemessenen und transparenten Unternehmensstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 f) Berichtswesen, § 25c Abs. 4a Nr. 3 lit. d, e, g KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 g) Sonstige Anforderungen nach dem KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 III. Compliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 1. Die aktienrechtliche Compliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 a) Die Compliance als Vorstandspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 b) Konkretisierung des Pflichtenrahmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 2. Die aufsichtsrechtliche Compliance-Funktion nach § 25a Abs. 1 S. 1, S. 3 Hs. 2 Nr. 3 lit. c) KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 IV. Geschäftsleiterhaftung im Bereich der Risikomanagement- und Compliance-Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 1. Verhältnis der §§ 25a, 25c KWG zum Aktienrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 2. Risikomanagement und Compliance unter dem Blickwinkel der Business Judgement Rule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 a) Die Implementierung eines Risikomanagementsystems als Pflichtaufgabe 203 b) Die Eingehung bestandsgefährdender Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204

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3. Auswirkungen der BaFin-Rundschreiben auf die Vorstandshaftung . . . . . . . . . 206 a) Verstöße gegen die MaRisk und Ausschluss der business judgement rule . . 206 b) Die Einhaltung der MaRisk als originäre Vorstandspflicht . . . . . . . . . . . . . . 206 c) Regelungen der MaRisk als Sorgfaltsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 d) Einhaltung der MaRisk zur Haftungsvermeidung – „safe harbour“ durch Einhaltung der MaRisk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 e) „Faktische“ Außenwirkung? – Kritik an der aktuellen Lage . . . . . . . . . . . . . 211 f) Aussicht: Änderung der Rechtslage durch Erlass einer Rechtsverordnung gem. § 25a Abs. 4 KWG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 4. Der verschuldensausschließende Rechtsirrtum und Entscheidungen unter rechtlicher Unsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 a) Verschuldensausschließender Rechtsirrtum bei der Einholung (rechtlichen) Rates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 b) Entscheidung bei unklarer Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 5. Entlastung durch Geschäftsverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 a) Ressortaufteilung innerhalb des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 b) Vertikale Delegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 6. Die Haftung der Vorstands für Unternehmensgeldbußen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 a) Sanktionsbefugnisse der BaFin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 b) Das Bußgeld als ersatzfähiger Schaden und Vorteilsausgleichung . . . . . . . . 224 C. Zusammenfassende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226

Teil 4 Vorgaben für die Mitglieder des Aufsichts- bzw. Verwaltungsorgans eines Finanzinstituts

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A. Vorüberlegung: Pflicht zur Bildung eines Aufsichtsrats mit entsprechenden Kompetenzen durch die aufsichtsrechtlichen Vorgaben? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 B. Persönliche Anforderungen an die Mitglieder des Aufsichtsorgans . . . . . . . . . . . . . . . 228 I. Persönliche Vorgaben im Aktienrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 II. Aufsichtsrechtliche Vorgaben gem. § 25d Abs. 1 – 3 KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 1. Anforderungen gem. § 25d Abs. 1 und 2 KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 b) Anderer Maßstab für kommunale Aufsichtsräte und/oder Arbeitnehmervertreter? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 2. Zuverlässigkeit, ausreichender Zeitaufwand und Ausschlussgründe . . . . . . . . . 234 C. Anforderungen an die Aufsichtstätigkeit hinsichtlich der Unternehmensorganisation 235 I. Aktienrechtlicher Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 II. Aufsichtsrechtliche Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235

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D. Aufsichtsratshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 I. Praktische Bedeutung und Ableitung der Aufsichtsratshaftung von der Aufgabenwahrnehmung des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 II. Haftung des Aufsichtsrats im Rahmen der Vertretung der Gesellschaft . . . . . . . . . 239 1. Haftung bei Personalentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 2. Verantwortlichkeit bei der Durchsetzung von Ersatzansprüchen: Ermessen bei der Entscheidung der Anspruchsdurchsetzung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 III. Die Verantwortlichkeit des Aufsichtsrates für mangelnde Sachkunde bei Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 IV. Bußgeld als Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 E. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245

Teil 5 Zusammenfassende Betrachtung

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A. Die Probleme der prinzipienorientierten Regulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 B. Die aufsichtsrechtliche Matrix im Gegensatz zur Praxis – mehr Vorgaben und mehr Haftung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 C. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 D. Thesenförmige Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Zusammenfassende Übersicht zum ESFS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Abbildung 2: Zusammenfassende Übersicht zu den bankaufsichtsrechtlichen Rechtsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 Abbildung 3: Die Rechtsformstruktur deutscher Kreditinstitute. Datengrundlage: Verzeichnis der Kreditinstitute der Bundesbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Abbildung 4: Die Rechtsformstruktur deutscher Großbanken auf Grundlage der Liste der bedeutenden beaufsichtigten Institute der EZB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Abbildung 5: Der Regelkreislauf des Risikomanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182

Abkürzungsverzeichnis ABS ASC

Asset Backed Securities, forderungsbesicherte Wertpapiere Advisory Scientific Committee, beratender wissenschaftlicher Ausschuss des ESRB AT 1-Kapital Additional-Tier-1-Capital, ergänzendes Kernkapital (Art. 55 CRR) ATC Advisory Technical Committee, beratender Fachausschuss des ESRB BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BCBS Basel Committee on Banking Supervision, Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht BRRD Bank Resolution Directive, Abwicklungsrichtlinie: Richtlinie 2014/59/EU, ABl. L 173/190 CDS Credit Default Swap, Kreditausfall-Swap CEBS Committee of European Banking Supervisors, Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden für das Bankwesen (bis 2011) CEIOPS Committee of European Insurance and Occupational Pensions Supervisors, Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (bis 2011) CESR Committee of European Securities Regulators, Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden für das Wertpapierwesen (bis 2011) CET 1-Kapital Common Equity Tier 1-Capital, hartes Kernkapital (Art. 25 CRR) CRD Capital Requirements Directive, Kapitaladäquanzverordnung: Verordnung (EU) Nr. 575/2013, ABl. L 176/1 CRD-IV Capital Requirements Directive, Kapitaladäquanzrichtlinie: Richtlinie 2013/36/EU, ABl. L 176/338 CRD-IV-Paket Europäisches Regulierungspaket bestehend aus der Kapitaladäquanzverordnung (CRR) und der Kapitaladäquanzrichtlinie (CRD IV) CRR Capital Requirements Regulation, Kapitaladäquanzverordnung: Verordnung (EU) Nr. 575/2013, ABl. L 176/1 DCGK Deutscher Corporate Governance Kodex EBA European Banking Authority, Europäische Bankaufsichtsbehörde ECBS European Committee for Banking Standards, Europäisches Komitee für Standards im Bankbereich (bis 2006) EIOPA European Insurance and Occupational Pensions Authority, Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung ESA-Verordnung/ Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 vom 24. November 2010 bzgl. der EBA ESA-VO (ABl. L 331/12), Nr. 1094/2010 vom 24. November 2010 bzgl. der EIOPA (ABl. L 331/48) und Nr. 1095/2010 vom 24. November 2010 für die ESMA (ABl. L 331/84) ESFS European System of Financial Supervision, Europäisches Finanzaufsichtssystem

Abkürzungsverzeichnis ESMA ESRB ESZB EU EWG EZB GL ICAAP InvMaRisk ITS KonTraG MaComp MaGo MaRisk MBS MTF RTS SC SPV SREP SRP SSM US

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European Securities and Markets Authority, Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde European Systemic Risk Board, Europäischer Ausschuss für Systemrisiken Europäisches System der Zentralbanken Europäische Union Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Europäische Zentralbank Guideline, Leitlinie einer der Europäischen Aufsichtsbehörden Internal Capital Adequacy Assessment Process, Kapitaladäquanzprozess Mindestanforderungen für das Risikomanagement für Investmentgesellschaften, Rundschreiben 5/2010 (WA) der BaFin Implementing Technical Standards, technischen Durchführungsstandards Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich Mindestanforderungen an die Compliance-Funktion und die weiteren Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten nach §§ 31 ff. WpHG, Rundschreiben 4/2010 (WA) der BaFin Mindestanforderungen an die Geschäftsorganisation von Versicherungsunternehmen, Rundschreiben 2/2017 (VA) der BaFin Mindestanforderungen an das Risikomanagement, Rundschreiben 10/2012 (BA) der BaFin Mortgage Backed Securities, hypothekenbesicherte Wertpapiere Mulitlateral Trading Facility, multilaterales Handelssystem Regulatory Technical Standards, technische Regulierungsstandards Steering Committee, Lenkungsausschuss des ESRB Special Purpose Vehicle, Zweckgesellschaft Supervisory Review and Evaluation Process, aufsichtlicher Überprüfungsund Bewertungsprozess Supervisory Review Process, aufsichtlicher Überprüfungsprozess Single Supervisory Mechanism, einheitlicher Bankenaufsichtsmechanismus United States (of America), Vereinigte Staaten von Amerika

Hinsichtlich der oben nicht aufgeführten Abkürzungen wird verwiesen auf Kirchner, Hildebert, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 8. Aufl. 2015.

Einleitung I. Gegenstand und Ziel der vorliegenden Arbeit Das regulatorische Umfeld in der Finanzwelt hat sich in den letzten Jahren dramatisch gewandelt. Als Reaktion auf die Finanzkrise wurde das gesamte europäische Aufsichtssystem in Frage gestellt, (vermeintliche) Missstände aufgedeckt und das Aufsichtsrecht umfassend novelliert. In diesem Rahmen sehen sich die europäischen Mitgliedsstaaten und mit ihnen auch die Bundesrepublik Deutschland – wie in so vielen anderen Rechtsbereichen auch – mit einer zunehmenden Europäisierung konfrontiert. Dies stellt die deutsche Rechtswissenschaft vor die Aufgabe, die europäischen Strömungen zu überblicken und mit dem bisherigen nationalen Recht in Einklang zu bringen. Gerade in der Finanzbranche ist dies ein Prozess, der gerade erst begonnen hat. Hinzu kommt, dass das Finanzaufsichtsrecht in vielerlei Hinsicht ein „Schwellenrechtsgebiet“ ist: Es steht zwischen europäischer Neuordnung und nationaler Tradition, praktischer Genese und rechtstheoretischer Dogmatik und drittens zwischen dem Aufsichtsrecht als öffentlich-rechtliche Materie und dem zivilrechtlichen Gesellschaftsrecht. Insbesondere wenn aufsichtsrechtliche Regulierung auf die Ebene der ohnehin schon seit Jahren in der Diskussion stehenden Corporate Governance durchgreift, sind Spannungen und rechtliche Unklarheiten im Bereich dieser Schwellen vorprogrammiert. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit diesem Verhältnis von Aufsichtsrecht und Gesellschaftsrecht aus gesellschaftsrechtlicher Sicht und setzt die aufsichtsrechtlichen Anforderungen in den Kontext der Organhaftung. Der Fokus dieser Arbeit liegt dabei auf den folgenden Bereichen. 1. Veranschaulichung des Aufsichtsumfelds in der Finanzbranche Das europäische Finanzaufsichtssystem in seiner heutigen Form ist noch sehr jung, sodass im Umgang mit ihm in erheblichem Maß Unsicherheit vorherrscht. Für den Umgang ist es wichtig, den Blick aus verschiedenen Perspektiven darauf zu werfen: Zum einen ist die Zielsetzung der Finanzaufsicht und damit die teleologische Betrachtung von Bedeutung; zum anderen sind aber auch die Institutionalisierung der Finanzaufsicht sowie deren Umsetzung als reelles Element zu berücksichtigen. Brisant wird dies unter dem Gesichtspunkt, dass in jüngster Zeit der Blickwinkel Deutschlands bzw. der EU-Mitgliedstaaten um den Faktor „Europa“ bedeutend er-

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Einleitung

weitert wurde. Die Wurzel der deutschen Finanzaufsicht ist nämlich nicht im europäischen Kontext, sondern im deutschen Rechtssystem zu suchen. Ausgehend von dieser national-rechtlichen Betrachtungsweise mit den verschiedenen Perspektiven ist daher der Weg der Entwicklung, deren Motive und Schwerpunkte auch – aber nicht nur – aus europäischer Sicht und im Zusammenhang mit der Finanzkrise nachzuvollziehen. Da der europäische Winkel mit der Einführung des europäischen Finanzaufsichtssystems (European System of Financial Supervisory, ESFS) sowie des einheitlichen Bankenaufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism, SSM) dabei in der Literatur1 zuletzt im Mittelpunkt stand, soll vorliegend dieser und der deutsche Blickwinkel unter Berücksichtigung etwaiger Spannungen zu einer Einheit verschmolzen werden. Dies gilt sowohl für die teleologische Perspektive als auch für die praktische Umsetzung in die Realität – in administrativer sowie rechtlicher Hinsicht. 2. Überblick über die Anforderungen an die Organmitglieder sowie deren Bedeutung für die Organhaftung Im Hinblick auf die rechtliche Umgebung und die damit verbundenen Ausstrahlungen auf gesellschaftsrechtliche Bereiche spielt für die Akteure der Finanzbranche dabei das Maß an Regulierung eine herausragende Rolle. Die Geschäftsleiter als eine Gruppe der Rechtsanwender sehen sich in diesem Zusammenhang aufgrund umfangreicher regulatorischer Maßnahmen vielfältigen Anforderungen ausgesetzt. Der Zuwachs an nicht nur gesellschaftsrechtlichen, sondern auch aufsichtsrechtlichen Vorschriften macht es immer schwieriger, die zahlreichen Vorgaben hinsichtlich etwaiger Kenntnisse und Fähigkeiten der Geschäftsleiter sowie der Organisation eines Finanzinstituts hinreichend zu überblicken. Dies birgt sowohl erhebliche Risiken für die Finanzinstitute als auch Haftungsrisiken für die Geschäftsleiter selbst. Daher sucht die vorliegende Arbeit einen Überblick über die vorhandenen Regelungen zu geben. Dabei sind nicht nur die einzelnen Rechtsquellen, aus denen Anforderungen hervorgehen, sowie ihr jeweiliger Bindungsgrad darzustellen, sondern auch deren genauer Inhalt zu untersuchen. Für die hier im Fokus stehende Finanzbranche heißt dies insbesondere, die organisationsrechtlichen Schwerpunkte des Risikomanagements und der Compliance sowie die Qualifikationsanforderungen in den Blick zu nehmen. Vor allem für den Aufsichtsrat sind Letztere ein recht neues Phänomen. Noch 2006 kommentierte der mittlerweile selbst gebrandmarkte2 ehe1 Statt vieler Frank, S. 26 ff.; Koslowski, S. 7 ff.; zu den Aufsichtsbehörden Andrae/Gebhard/Manger-Nestler u. a., in: Grieser/Heemann, 2016, Kap. III, Europäische Aufsichtsbehörden, Rn. 57 ff.; zu den Rechtsquellen van Rijn/Wojcik, in: Grieser/Heemann, 2016, Kap. II Rn. 29 ff.; Lehmann/Manger-Nestler, ZBB 2011, 2 (2 ff.); Berger, WM 2015, 501 (501 ff.); Thiele, GewArch 2015, 111 (111 ff.); Thiele, GewArch 2015, 157 (157 ff.). 2 Thomas Middelhoff machte in den letzten Jahren vornehmlich wegen der Insolvenz der unter seiner Leitung stehenden Arcandor AG sowie seiner mittlerweile rechtskräftigen Ver-

Einleitung

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malige Manager Thomas Middelhoff die Anforderungen an Aufsichtsräte mit folgenden Worten: „Es gibt drei Berufe, die man nicht erlernen muss: Den des Ehemannes, des Politikers und des Aufsichtsrates. Zumindest letzteres sollte sich ändern.“3

Middelhoffs Forderung entsprechend hat sich „letzteres“ jedenfalls in der Finanzbranche durch den mit Wirkung zum 01. Januar 2014 durch das CRD IV-Umsetzungsgesetz4 neu gefassten § 25d KWG scheinbar geändert. Zwar ist die Tätigkeit als Aufsichtsrat immer noch kein Lehrberuf, aber immerhin zeichnet sich eine zunehmende Professionalisierung ab. Stellvertretend für viele andere Neuerungen kann diese Regelung als Beispiel für die Aktualität der Diskussion gesehen werden; das gilt gleichermaßen für qualitative Anforderungen bezüglich der Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats und auch für Vorgaben für die Geschäftsleiter eines Instituts. Von besonderer praktischer Relevanz sind die verschiedenen gesetzlichen und untergesetzlichen Vorgaben für die Haftung der Organmitglieder gegenüber den Instituten. Diese Organhaftung steht unabhängig von der Branche seit langer Zeit verstärkt in der rechtswissenschaftlichen Diskussion, die durch die Zunahme entsprechender Organhaftungsverfahren immer mehr aus der theoretischen Ebene5 in die praktische herauswächst.6 Seit der Finanzkrise gilt dies umso mehr für die Fiurteilung wegen Untreue und Steuerhinterziehung 2014 Schlagzeilen, dazu statt vieler die Übersichten des Spiegel sowie der Süddeutschen Zeitung, abrufbar unter http://www.spiegel.de/ thema/thomas_middelhoff/ und http://www.sueddeutsche.de/thema/Thomas_Middelhoff [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018]. 3 Die Worte wählte Thomas Middelhoff bei einem Vortrag im Jahr 2006 im Rahmen der Eröffnung des Instituts für Corporate Governance an der Universität Witten/Herdecke; hierüber berichtend siehe beispielsweise der Spiegel unter http://www.spiegel.de/wirtschaft/karstadtquel le-chef-middelhoff-kritisiert-aufsichtsraete-a-417798.html [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018]. 4 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2013/36/EU über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Anpassung des Aufsichtsrechts an die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen (CRD IV-Umsetzungsgesetz) vom 28. August 2013, BGBl. I S. 3395 ff. 5 In Deutschland ist die Zahl der Organhaftungsverfahren seit jeher eher gering. Bereits seit Jahren haben Rechtsprechung und Gesetzgebung durch das Drehen verschiedener Stellschrauben versucht, eine breitere Verfolgung von Ersatzansprüchen herbeizuführen. Siehe dazu unter anderem die Abhandlungen zum UMAG bei Pfitzer/Oser/Orth, S. 175 ff. 6 Als aktuelles Beispiele mögen hier der Fall „Breuer“ der Deutschen Bank (1.) sowie die Cum-Ex-Klage der Hypovereinsbank vor dem LG München I (2.) dienen: 1. Der Aufsichtsrat der Deutschen Bank nahm jüngst den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Rolf Breuer in Haftung, da dieser der Bank einen Schaden durch ein von ihm gegebenes Interview zur finanziellen Lage der Kirch-Gruppe herbeigeführt habe. In einem Vergleich verpflichtete sich Breuer zur Zahlung von 3,2 Millionen Euro, hierüber berichtend der Spiegel (Artikel vom 31. 03. 2016), abrufbar unter http://www.spiegel.de/wirtschaft/unterneh men/kirch-pleite-rolf-breuer-zahlt-3-2-millionen-euro-an-deutsche-bank-a-1084788.html [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018]. 2. Der Aufsichtsrat der Hypovereinsbank verklagte drei ehemalige Vorstände wegen fragwürdiger Geschäfte im vergangenen Jahrzehnt. Anlässlich eines Termins zur mündlichen

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Einleitung

nanzbranche. Sie bewirkte eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit hinsichtlich der Verantwortlichkeit der Vorstände und Aufsichtsratsmitglieder, sodass diese im Zuge der Aufarbeitung zunehmend in das Zentrum der Diskussion rückte. Die anfänglich branchenunabhängige, gesellschaftsrechtliche Erörterung der genauen Organpflichten und deren Haftungskonsequenzen muss demgemäß nunmehr branchenspezifisch noch stärker als zuvor weitergeführt werden. Auch wenn diese Arbeit keinen unmittelbaren Beitrag dazu leisten kann, dass das Regelungsumfeld an sich wieder an Übersichtlichkeit gewinnt, so soll sie auf diese Weise wenigstens zu ihrer Überschaubarkeit beitragen und den Blick auf die haftungsrechtlichen Konsequenzen schärfen. 3. Die Verknüpfung von Aufsichtsrecht und Gesellschaftsrecht Die Wirtschaftsaufsicht ist ein Rechtsgebiet, das originär Verwaltungsrecht darstellt und damit dem Öffentlichen Recht zuzurechen ist. Staatliche Behörden überwachen verschiedene Gewerbesparten und treffen dementsprechend auch für die betroffenen Unternehmen inhaltlich beeinträchtigende Maßnahmen. Im Bereich der Finanzaufsicht haben sich durch den Wandel des Finanzaufsichtsrechts im Zuge der Finanzkrise die staatlichen Eingriffsmöglichkeiten zum einen vermehrt und zum anderen intensiviert. Hat die Finanzaufsicht zunächst mit einer bloßen Zulassungsaufsicht begonnen, gibt es nunmehr gesetzliche Eingriffe und behördliche Eingriffsbefugnisse in die Organisationsfreiheit von Banken und anderen Finanzteilnehmern. Als zwingender Ausfluss dieser Regulierung werden auch Geschäftsleiter und Verwaltungsräte in ihrer Entscheidungsfreiheit eingeschränkt. Die Vorstände der in der Finanzwelt tätigen Unternehmen müssen als deren ausführende Hand die gesetzlichen und behördlichen Vorgaben umsetzen, die Aufsichtsräte die Geschäftsleitung dahingehend überprüfen. Die Aufgaben der Organmitglieder festzulegen ist aber eigentlich die Aufgabe des Gesellschaftsrechts und fällt somit als Ausgestaltung der Beziehung zwischen an sich gleichgestellten Rechtssubjekten in den Bereich des Zivilrechts. Folglich stellt sich im Bereich des Finanzaufsichtsrechts die Frage, wie das rechtliche Verhältnis der aufsichtsrechtlichen zu den gesellschaftsrechtlichen Vorgaben zu bewerten ist und inwiefern erstere die zweiten konkretisieren sowie einschränken können. Damit einher gehen eine Spannung der regulatorischen Ziele und deren Wechselwirkung mit- wie auch Auswirkungen aufeinander.

Verhandlung dazu u. a. das Handelsblatt am 11. 01. 2018, abrufbar unter http://www.handels blatt.com/finanzen/banken-versicherungen/cum-ex-verhandlung-der-hvb-richter-mahnt-zureinigung/20838406.html [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018].

Einleitung

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Eine besondere Bedeutung erlangt die Zielrichtung bei der inhaltlichen Bestimmung der aufsichtsrechtlichen Regelungen im Rahmen der gesellschaftsrechtlichen Pflichtenbindung und der damit verbundenen Organhaftung. Im Zentrum dieser Problematik steht demzufolge das Spannungsfeld zwischen öffentlichem Recht und Zivilrecht und somit die Frage: Inwiefern beeinflussen aufsichtsrechtliche Vorschriften die privatrechtliche Verantwortlichkeit im Gesellschaftsrecht?

II. Gang der Untersuchung Die vorliegende Arbeit gliedert sich in insgesamt fünf Teile. Der erste Teil gibt einen Überblick über das Aufsichtsrecht und die Aufsichtsstrukturen in Deutschland, Europa und der Welt. Der Fokus wird hierbei auf die Bankenaufsicht in Deutschland und Europa gelegt. Hinsichtlich der internationalen Aufsicht beschränkt sich die Darstellung auf wesentliche Informationen über den Baseler Ausschuss für Bankenaufsichtsrecht und seinen Einfluss. Eingeführt wird dieses Kapitel durch einen Überblick über das deutsche Aufsichtsrecht und die Legitimation der Aufsicht als Verständnisgrundlage für das System. Sodann folgt eine Aufarbeitung der bankenaufsichtsrechtlichen Entwicklung der letzten Jahre, insbesondere in Europa, aber auch in der ganzen Welt. Dabei wird auf die Ursachen der Finanzkrise und die Konsequenzen für die Bankenaufsicht eingegangen. Danach beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit den aus diesen Entwicklungen resultierenden Bankenaufsichtsstrukturen und durchleuchtet diese von der institutionellen Seite. Den Abschluss des ersten Teils bildet eine Übersicht über die aktuellen Rechtsquellen des Bankenaufsichtsrechts. In diesem Zusammenhang wird sich vorbereitend für Teil 3 und 4 auch mit der Rechtsnatur der einzelnen Normen und deren Reichweite auseinandergesetzt. Danach wird im zweiten Teil die Struktur der deutschen Bankenlandschaft untersucht, um darauf aufbauend die nötigen Grundlagen des Gesellschaftsrechts sowie der Organhaftung darzustellen. Dabei werden nicht nur die allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundlagen behandelt, sondern auch der konkrete Rahmen der Untersuchung abgesteckt, bevor in den folgenden Kapiteln auf die speziellen Anforderungen eingegangen wird. Der dritte Teil erörtert aufsichtsrechtliche Anforderungen an die Unternehmensführung der Institute. Die spezialgesetzlichen aufsichtsrechtlichen Regelungen werden dabei in den gesellschaftsrechtlichen Rahmen gesetzt und so Gesellschaftsrecht mit Aufsichtsrecht verbunden. Bei der Darstellung der Anforderungen wird zwischen personenspezifischen und organisatorischen Vorgaben unterschieden. Das Augenmerk bei der organisationsrechtlichen Analyse wird auf die Risikomanagement- und Compliance-Organisation gelegt. Hierbei bewegt sich die Untersuchung stets vom Allgemeinen zum Speziellen, d. h. allgemeine gesellschaftliche

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Einleitung

Regelungen werden vorrangig dargestellt und erst dann in Bezug zu den spezielleren Vorschriften des Aufsichtsrechts gesetzt. Abschließend werden die herausgearbeiteten Vorgaben und Pflichten am Beispiel der aktienrechtlichen Haftung von der haftungsrechtlichen Seite beleuchtet und Haftungsrisiken für die Unternehmensführung aufgedeckt. Die Untersuchung, die den vierten Teil dieser Arbeit bildet, folgt der Struktur des dritten Teils mit dem einzigen Unterschied, dass nun nicht die Unternehmensführung, sondern die Unternehmenskontrolle im Fokus steht. Nachdem hier die allgemeinen, gesellschaftsrechtlichen Vorgaben dargestellt wurden, beschäftigt sich diese Arbeit mit den aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Mitglieder der Unternehmenskontrolle. Auch hier erfolgt eine Unterteilung in personenbezogene Anforderungen und solche, die die Überwachung der Unternehmensorganisation betreffen. Dieses Kapitel schließt ebenfalls mit der haftungsrechtlichen Auseinandersetzung der Befunde. Abgerundet wird die Arbeit durch den fünften Teil, in dem die Ergebnisse der ersten vier Teile noch einmal zusammenfassend dargestellt und kritisch kommentiert werden. Darüber hinaus wird ein Ausblick hinsichtlich der mutmaßlichen weiteren Entwicklung in Europa gegeben.

Teil 1

Das Aufsichtsrecht in Deutschland, der Europäischen Union und der Welt A. Grundlegendes zum Aufsichtsrecht I. Wirtschaftsaufsicht in Deutschland 1. Allgemeine und branchenspezifische Wirtschaftsaufsicht Eine staatliche Aufsicht über die Wirtschaft gibt es in den unterschiedlichsten Formen und Branchen. Zu unterscheiden ist zwischen der allgemeinen Wirtschaftsaufsicht, die unabhängig von der Branche erfolgt, und der auf eine bestimmte Branche spezifizierten Aufsicht. Die allgemeine Wirtschaftsaufsicht umfasst insbesondere die Gewerbeaufsicht und die Kartellaufsicht, wobei die Gewerbeaufsicht grundsätzlich den Ländern obliegt, im Kartellrecht hingegen das Bundeskartellamt – neben der Europäischen Kommission auf europäischer Ebene – die zuständige Behörde darstellt. Diese Art von Aufsicht macht typischerweise keine Vorgaben zur inneren Struktur eines Unternehmens oder deren Führung, sondern beschäftigt sich vielmehr mit dem äußeren Handeln des Unternehmens an sich. So kontrolliert die Kartellaufsichtsbehörde, dass zwischen verschiedenen Unternehmen keine wettbewerbsverzerrenden Vereinbarungen getroffen werden oder ein Unternehmen durch Ausnutzung seiner marktbeherrschenden Stellung den Wettbewerb (negativ) beeinflusst. Die Gewerbeaufsicht setzt indessen insofern schon viel früher in der Entwicklung eines Unternehmens an: Diese prüft nämlich bereits vor Aufnahme der Geschäfte, ob das Gewerbe in der jeweiligen Form überhaupt betrieben werden darf. Durch diesen sehr allgemeinen und auf die Unternehmensausübung selbst bezogenen Ansatz finden sich in dieser Sparte keine genauen Vorgaben für Organmitglieder von Kapitalgesellschaften, die dieser Aufsicht unterliegen. Gegenstand dieser Untersuchung soll vielmehr die spezifizierte Aufsicht in Form der Finanzmarktaufsicht sein. Die Finanzmarktaufsicht als solche unterteilt sich hierbei in die Wertpapier- und Börsenaufsicht7, die Aufsicht über Kapitalanlagegesellschaften sowie über Zahlungsinstitute und schließlich die Bankenaufsicht. Daneben ist noch die Versicherungsaufsicht8 zu nennen. 7 Dazu zusammenfassend Fischer/Boegl, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, 2017, § 125 Rn. 3 ff. 8 Zusammenfassend Fischer/Boegl, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, 2017, § 125 Rn. 10.

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Teil 1: Das Aufsichtsrecht in Deutschland, der EU und der Welt

2. Relevante Bereiche des Aufsichtsrechts und Begriffsbestimmungen Die vorliegende Arbeit befasst sich hauptsächlich mit der Bankenaufsicht und deren Auswirkungen auf die Vorgaben an Organmitglieder und deren Haftung. Zwar verlief die Entwicklung der Versicherungsaufsicht in dem hier untersuchten Bereich der Anforderungen an Organmitglieder ähnlich wie die der Bankenaufsicht, sie soll aber dennoch im Detail in dieser Untersuchung nicht thematisiert werden. Sofern Parallelen zur Bankenaufsicht beobachtet und zielführend eingesetzt werden können, wird jedoch bereichsübergreifend auch auf die Versicherungsaufsicht Bezug genommen werden. Anders liegt es mit der Wertpapieraufsicht. Die Bankenlandschaft in Deutschland ist geprägt von einem Universalbankensystem9, sodass man selten auf reine Einlagenkreditinstitute trifft. Viele Institute betreiben parallel auch Wertpapierdienstleistungen i.S.d. Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) mit der Folge, dass sie nicht nur der Bankenaufsicht, sondern auch der Wertpapieraufsicht unterstehen. Bei der Wertpapieraufsicht steht zunächst einmal die Verhinderung von Insiderhandel und von Marktmanipulation sowie die Überwachung von Director’s Dealing, Ad hocMeldungen und Übernahmen von deutschen Unternehmen, deren Aktien an einem organisierten Markt gehandelt werden, wie auch die Überprüfung von Verkaufsprospekten von Wertpapieren und Vermögensanlagen im Fokus. Zentrale Ziele sind dabei die Gewährleistung von Markttransparenz und -integrität sowie der Schutz der Anleger. Hiermit gehen aber nicht nur aufsichtsrechtliche (insbesondere Verhaltens-) Vorgaben zu den genannten Bereichen einher. Auch organisatorische Anforderungen gehören zum Normprogramm. Mit dem Begriff des „Aufsichtsrechts“ ist im Folgenden daher vornehmlich das Bankenaufsichtsrecht, aber auch das Wertpapieraufsichtsrecht gemeint. Die Untersuchung erstreckt sich auf alle Institute, die der Banken- oder der Wertpapieraufsicht unterstehen. Welche Institute als Adressaten der jeweiligen Vorgaben anzusehen sind, ergibt sich im Einzelnen aus dem Anwendungsbereich des konkreten Gesetzes. Im Bereich der deutschen Gesetzgebung sind hierbei insbesondere das Kreditwesengesetz (KWG) und das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), aber auch das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) sowie das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) maßgeblich. Sofern in dieser Arbeit allgemein von einer „Bank“, einem „Finanzinstitut“ oder einem „Institut“ die Rede ist, sind damit vornehmlich Finanzdienstleistungs- und Kreditinstitute im Sinne des KWG gemeint. Regelungen, die nur bestimmte Institute 9 Laut der Bundesbank besteht die deutsche Bankenlandschaft zurzeit (Stand 2015) aus ca. 2.000 Universalbanken und 60 Spezialbanken, Bundesbank, Infoblatt „Die Banken und das Eurosystem“, S. 2, abrufbar unter https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Ser vice/Schule_und_Bildung/die_banken_und_das_eurosystem.pdf?__blob=publicationFile [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018]; Rümker/Winterfeld, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, 2017, § 124 Rn. 1.

A. Grundlegendes zum Aufsichtsrecht

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binden, werden entsprechend dem Anwendungsbereich der jeweiligen Vorschrift durch eine besondere Bezeichnung abgehoben.

II. Reformierung des nationalen und internationalen Aufsichtsrechts Das Aufsichtsrecht hat in den letzten Jahren eine sehr umfassende Wandlung vollzogen. Die Gründe hierfür sind zum einen, dass eine so tiefgreifende Beaufsichtigung, wie es sie heute gibt, im Finanzsektor noch relativ jung ist, zum anderen wurde mit verstärkter Regulierung im Bereich der Aufsicht auf die Finanzkrise reagiert. Die Aufarbeitung der Krise und die Suche nach ihren Ursachen haben verschiedene Schwachstellen im System aufgezeigt. Welche dies sind und wie ihnen auf Ebene des Aufsichtsrechts begegnet wurde, wird in den nächsten Abschnitten thematisiert werden. 1. Gründe für die Reformierung – Ursachen der Finanzkrise Zwar sind die Ursachen der Finanzkrise vielfältig10, jedoch werden einige Aspekte nach heutigem Stand der Forschung als stark begünstigende Faktoren immer wieder hervorgehoben. Einer dieser Faktoren war der aufgeblähte Markt für sog. Subprime-Kredite, deren Vergabe zur Finanzierung von Immobilienkäufen insbesondere auf dem US-amerikanischen Markt über viele Jahre leichtfertig gehandhabt wurde.11 Subprime-Kredite zeichnen sich dadurch aus, dass die Kreditnehmer über wenig bis gar kein Einkommen oder Vermögen verfügen. Diese Entwicklung auf dem Immobilienmarkt wurde von politischer Seite einerseits durch eine Niedrigzinspolitik begünstigt, die die zu zahlenden Raten der Hauseigentümer niedrig hielt.12 Auf der anderen Seite wurde der Subprime-Markt aber auch durch die staatliche Subventionierung von Hypothekenkrediten unterstützt, die auch dem einkommensschwächeren Teil der Bevölkerung die Anschaffung von Grundstückseigentum ermöglichen sollte.13 Solange die Immobilienpreise weiter stiegen, drohte den Banken trotz der geringen Liquidität ihrer Kreditnehmer hierbei kaum ein Risiko: Fiel ein solcher 10

Heun, JZ 2010, 53 (58); vgl. Spindler, AG 2010, 601 (601 f.); zu den eher seltener diskutierten, möglichen Ursachen im Einzelnen Zeitler, WM 2012, 673 (674 ff.); Kreikebaum/ Kreikebaum, S. 15, 20 f. 11 Kemter, S. 72 ff.; Fischer/Boegl, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, 2017, § 125 Rn. 86; Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 78 ff.; vgl. Kreikebaum/Kreikebaum, S. 15; Albrecht, S. 25. 12 De Larosière-Bericht, Chapter I, 7) (S. 7), abrufbar unter http://ec.europa.eu/internal_mar ket/finances/docs/de_larosiere_report_en.pdf [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018]; Kemter, S. 72 f.; Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 78. 13 Kemter, S. 72 f.; Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 80; vgl. Kreikebaum/Kreikebaum, S. 18.

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Teil 1: Das Aufsichtsrecht in Deutschland, der EU und der Welt

Subprime-Kredit zur Finanzierung eines Immobiliengeschäfts nämlich wegen Zahlungsunfähigkeit des Kreditnehmers aus, war damit zu rechnen, dass die Grundstückspreise bis dahin derart angestiegen waren, dass die Finanzierungsbank trotzdem gewinnbringend in das Grundstück vollstrecken konnte. Dennoch waren sich die meisten Banken über das potentielle Risiko, das sie durch die Vergabe solcher Kredite eingingen, durchaus im Klaren. Um Erhöhungen der Eigenkapitalhinterlegung zur Abdeckung der Risiken aus dem Weg zu gehen, wurden deshalb die Kreditausfallrisiken auf verschiedene Arten ausgelagert. Dies geschah insbesondere durch Veräußerung der Darlehen als strukturierte Produkte14. Zum einen wurde so das Risiko in den Markt gegeben15 und der Hypothekenmarkt wurde einer größeren Breite an Investoren eröffnet. Zum anderen war es auf diese Weise möglich, die zu Portfolien zusammengefassten Hypothekendarlehen auf eine externe, nicht den Eigenkapitalanforderungen unterworfene Zweckgesellschaft (sog. Special Purpose Vehicle, SPV) zu übertragen und aus der eigenen Bilanz herauszunehmen16. Die Verbriefung der Hypothekenkredite erfolgte als Strukturierung sog. Mortgage Backed Securities (MBS), also als besondere forderungsbesicherte Wertpapiere (auch Asset Backed Securities, kurz ABS), deren Geldflüsse durch Zins- und Tilgungszahlungen eines Pools aus Hypothekenforderungen geleistet werden.17 Diese Art der Verbriefung führte aber nicht nur zur Auslagerung der Kreditausfallrisiken aus der Bilanz der jeweiligen kreditgebenden Bank sowie zur Befriedigung des Marktbedürfnisses nach Investitionsmöglichkeiten. Sie hatte durch das Durchbrechen der direkten Beziehung von Kreditgeber und Kreditnehmer auch zur Folge, dass Informationsasymmetrien auf dem Markt entstanden: Im Normalfall hatte das ursprünglich kreditgebende Institut mehr Informationen hinsichtlich Risiko und Qualität der Kredite als die Investoren, die in die gebündelten Forderungspakete 14

Unter strukturierten Produkten versteht man Verträge, bei denen mindestens ein (nicht derivatives) Finanzinstrument (Basiswert/-vertrag) mit mindestens einer derivativen Komponente rechtlich und wirtschaftlich miteinander verbunden ist (z. B. Zertifikate, wie IndexZertifikate). Wierichs/Smets, Gabler Kompakt-Lexikon, S. 210 f.; Gramlich/Gluchowski/ Horsch u. a., Gabler Banklexikon, S. 1329 f.; dazu im Detail Rieger, S. 172 ff. 15 Bloss/Ernst/Häcker, S. 17; Grundmann/Hofmann/Möslein, S. 10; Kemter, S. 76; vgl. auch Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 78. 16 Dieser Effekt wird Regulierungsarbitrage genannt. Siehe dazu auch Spindler, AG 2010, 601 (602); Heun, JZ 2010, 53 (55 f.); Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 78; vgl. De Larosière-Bericht, a.a.O. Fn. 12, Chapter I, 10) (S. 7 f.); Hellwig, NJW-Beil. 2010, 94 (96); vgl. Bührle, S. 21. Durch die Auslagerung von Aktiva ohne Übertragung des zu Grunde liegenden Risikos geht die Bank eine außerbilanzielle Bilanzposition ein. Erst durch die Vorschriften von Basel II sind solche außerbilanzielle Positionen mithilfe von Kreditumrechnungsfaktoren in Kreditrisikoäquivalente umzurechnen, dazu Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und der Eigenkapitalanforderungen, Überarbeitete Rahmenvereinbarung, Juni 2004, S. 21 (Tz. 82), abrufbar unter https:// www.bis.org/publ/bcbs107ger.pdf [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018]. 17 Sethe, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, 2017, § 114a Rn. 1; vgl. Winterfeld/Rümker, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, 2017, § 124a Rn. 2.

A. Grundlegendes zum Aufsichtsrecht

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investierten.18 Damit aber auch Käufer der Wertpapiere eine Chance hatten, die Risiken der Produkte zu überschauen, sollte dieses Ungleichgewicht durch die Identifizierung und Bewertung der Produkte durch Ratingagenturen ausgeglichen werden.19 Auch die Ratingagenturen hatten allerdings keinen hinreichenden Zugang zu den notwendigen Informationen, um die Kreditportfolios angemessen sowie fortlaufend einschätzen und bewerten zu können. Das Rating erfolgte dementsprechend auf Grundlage der den Agenturen zugänglichen Daten – Immobilienpreise, Sicherung der Forderungen sowie Ausfallwahrscheinlichkeiten aufgrund vergangenheitsbasierter Erfahrungswerte.20 Darüber hinaus standen die bewertenden Agenturen bei ihrer Aufgabe durch ihr eigenes Interesse, den so entstandenen Markt aufrechtzuerhalten und somit ein positives Rating zu vergeben, teilweise sogar im Interessenkonflikt.21 Alles in allem waren die Ratingagenturen dementsprechend nicht in der Lage, die Risiken der Wertpapiere zu überblicken und eine angemessene Bewertung abzugeben, mit dem Ergebnis, dass der Markt sich auf unrealistische Bestnoten verließ. Eine weitere Möglichkeit zur Risikoabdeckung für die Banken war zudem die zusätzliche Besicherung schwacher Kredite durch Abschluss einer Art Versicherung: Die Banken sicherten sich durch sog. Credit Default Swaps (CDS) für den Fall des Kreditausfalls ab und lagerten somit ihre Risiken aus. Inhaltlich wird bei einem CDS ein Sicherungsvertrag geschlossen, bei dem das betroffene Kreditinstitut als Sicherungsnehmer gegen Gebühr der anderen Vertragspartei das Kreditausfallrisiko überträgt.22 Im Falle des Kreditausfalls ist der Sicherungsgeber dann dazu verpflichtet, dem Sicherungsnehmer, also der den Kredit vergebenden Bank, eine Ausgleichszahlung zu gewähren.23 Problem dieses Systems war, dass sich manche Versicherungen, die nicht staatlich beaufsichtigt wurden, diesen Markt zu Nutze gemacht und viele solcher Sicherungsverträge auf einmal abgeschlossen haben.24 Zunächst profitierten somit auch sie von der Immobilienblase. Als jedoch 2007 die US-amerikanische Notenbank die Zinsen erhöhte, konnten viele Kreditnehmer der Subprime-Kredite ihre fälligen Tilgungsverpflichtungen nicht mehr bedienen.25 Somit realisierte sich das absehbar große Risiko eines Kreditausfalls in großem Maße: Die Sicherungsgeber wurden auf einmal mit vielen Kreditausfällen und damit auch mit zu leistenden Ausgleichszahlungen konfrontiert, die in solch geballter Größe nicht vorhergesehen waren. Ein berühmtes Beispiel für einen Kreditversi18

Kemter, S. 76. Kemter, S. 76 f.; Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 80. 20 Kemter, S. 76 f.; vgl. De Larosière-Bericht, a.a.O. Fn. 12, Chapter I, 20) (S. 9). 21 Siehe dazu Kemter, S. 77; Spindler, AG 2010, 601 (602); Hellwig, NJW-Beil. 2010, 94 (96); Bührle, S. 21. 22 Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 81. 23 Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 81. 24 Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 81. 25 Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 80 f. 19

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Teil 1: Das Aufsichtsrecht in Deutschland, der EU und der Welt

cherer, den dieses Schicksal getroffen hat, ist der amerikanische Versicherungskonzern AIG, der schließlich verstaatlicht wurde.26 Jedoch hatten nicht nur die Versicherer mit dieser Entwicklung zu kämpfen. Auch die Banken und andere Marktteilnehmer wollten sich schlagartig von den Hypothekendarlehen trennen, denn durch die Kreditausfälle wurden die Produkte im Rating herabgestuft und wichtiges Vertrauen in den Verbriefungsmarkt ging verloren, was im Folgenden zu einem Überangebot am Markt und sehr niedrigen Preisen für diese Produkte führte. Damit platzte die Blase und der Markt kollabierte. Der Finanzmarkt, dessen Instabilität auch die Realwirtschaft ansteckte, befand sich in einer Abwärtsspirale, in der ein großes Kreditinstitut nach dem anderen auszufallen drohte. Den Höhepunkt erfuhr die Finanzkrise bekanntermaßen mit der Insolvenz der Lehman Brothers. Diese Entwicklungen machten das Eingreifen von Regierungen und Zentralbanken notwendig, um die Lage zu stabilisieren. Im Folgenden wird behandelt, welche Schwachpunkte zu den bereits umrissenen Entwicklungen geführt bzw. jedenfalls beigetragen haben und durch welche Ansätze die Regierungen jene Lücken im System zu schließen versuchen. 2. Von der mikroprudentiellen zur makroprudentiellen Aufsicht27 Der Kern der durch die Finanzmarktkrise identifizierten Mängel liegt in den Aktivitätsbereichen von Banken, die nicht in deren Bilanz abgebildet wurden. Beispielweise konnte das soeben schon beschriebene Vorgehen der Regulierungsarbitrage von den alten Aufsichtssystemen nicht erfasst werden. Die Auslagerung von risikobehafteten Assets auf Zweckgesellschaften war ohne weiteres möglich, auch wenn diese Gesellschaft demselben Konzern wie das auslagernde Kreditinstitut angehörte.28 Um solche Umgehungen der Branchenregulierung zu verhindern, wurde bei der Reformierung des Aufsichtsrechts ein Augenmerk darauf gelegt, Finanzkonglomerate und deren Aktivitäten in Zukunft zu überwachen. Auch über die Bildung solcher SPVs hinaus entstand durch die Veräußerung der Hypothekenkredite als strukturierte Produkte zudem ein so enges Geflecht zwischen den Instituten, dass eine negative Entwicklung der Produkte sowie auch die Schieflage eines Kreditinstituts ebenfalls zu Problemen von anderen Instituten führen mussten. Diese Verbindung der Finanzunternehmen untereinander wurde jedoch 26 Dazu Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 81; Hartmann-Wendels/ Hellwig/Jäger-Ambroz˙ewicz, S. 37 f. 27 Die mikroprudentielle Aufsicht beschränkt sich auf die Überwachung einzelner Institute, wohingegen die makroprudentielle Aufsicht den gesamten Finanzmarkt in den Blick nimmt und damit insbesondere auf die Eindämmung von systemischen Risiken abzielt. Vgl. Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 84 f.; Papathanassiou/Zagouras, WM 2010, 1584 (1585); Albrecht, S. 160. 28 Vgl. Bührle, S. 21.

A. Grundlegendes zum Aufsichtsrecht

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nicht von der Aufsicht überwacht. Die bisherige Aufsicht beschränkte ihre Überwachungstätigkeiten weitgehend auf die Institute als solche, ohne ihren Stand im Konzern oder dem Markt genauer zu beleuchten.29 Dieser mikroprudentielle Ansatz der Aufsicht hatte schließlich zur Folge, dass die Instabilität des Finanzsystems mit seinen zahlreichen Verbindungen zwischen den einzelnen Akteuren von der Aufsicht nicht erkannt werden konnte und somit auch keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden konnten. Der Blick der Aufsicht auf die Finanzmarktteilnehmer erweiterte sich deshalb nach der Finanzkrise von der Überwachung des einzelnen Instituts auf die Erfassung des „großen Ganzen“. Ziel dieses Wandels war und ist es, neben Defiziten in einzelnen Instituten einen Überblick über das gesamte System zu gewinnen und sog. systemische Risiken frühzeitig zu erkennen.30 Unter einem systemischen Risiko versteht man die Gefahr, dass die Insolvenz wichtiger Finanzinstitute die Stabilität und Funktionsfähigkeit des ganzen Systems beeinträchtigen kann.31 Wie stark sich die Insolvenz eines Instituts auf das gesamte System auswirkt, hängt davon ab, wie groß dieses ist und wie stark die Vernetzung des Instituts mit anderen Marktteilnehmern ausgeprägt ist.32 Handelt es sich dementsprechend bei dem jeweiligen Institut um ein besonders großes oder gut vernetztes, muss es als systemrelevant und damit außerordentlich wichtig eingeschätzt werden. Solche besonders wichtigen Akteure des Finanzmarktes sollten daher intensiver beaufsichtigt werden als andere und auch die Vernetzung der Institute sollte überblickt sowie überwacht werden können. Der ursprünglich weitgehend mikroprudentielle Ansatz der Aufsicht wurde demgemäß durch die Finanzkrise um die makroprudentielle Aufsicht erweitert. 3. Qualitative Bankenaufsicht und prinzipienorientierte Regulierung Nach der Finanzkrise fand zudem ein Wandel hinsichtlich der Art der Regulierung im Bereich des internationalen wie auch deutschen Aufsichtsrechts statt: Wurde zuvor der Fokus auf das Aufstellen klarer Regeln gelegt, ist das deutsche Aufsichtsrecht heute durch den europäischen Einfluss stark von Elementen „prinzipienorientierter Regulierung“ geprägt. Charakteristisch für diesen prinzipienorientierten Ansatz ist, dass die Vorschriften sehr generalisiert gehalten sind und keine detaillierten Umsetzungs-, sondern bloße Zielvorgaben enthalten.33 Dies hat zur Folge, dass dem Rechtsanwender ein großer eigenverantwortlicher Spielraum bei der Umsetzung der Vorschriften gegeben wird. Auf der anderen Seite bedeutet dies aber 29

Vgl. Papathanassiou/Zagouras, WM 2010, 1584 (1584, 1586). Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 84; Papathanassiou/Zagouras, WM 2010, 1584 (1585); Bührle, S. 21 f. 31 Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 84; Albrecht, S. 129 f. 32 Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 84; vgl. Albrecht, S. 129 f. 33 Glawischnig-Quinke, in: Szesny/Kuthe, 2014, Kap. 14 Rn. 17; Weber-Rey, ZGR 2010, 543 (563); vgl. Thaten, S. 185; Bührle, S. 75; Schneider, in: GS Gruson, S. 372; HartmannWendels/Hellwig/Jäger-Ambroz˙ewicz, S. 23 f. 30

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Teil 1: Das Aufsichtsrecht in Deutschland, der EU und der Welt

im Nachhinein die Notwendigkeit einer verstärkten Überprüfung hinsichtlich der Angemessenheit sowie Wirksamkeit der ausgewählten Verfahren und Prozesse. Die Aufsicht hat dementsprechend nicht mehr nur die Aufgabe zu überprüfen, ob die aufgestellten, konkreten Regeln auch eingehalten werden, sondern es müssen die gewählten Verfahren auch genau verstanden und evaluiert werden. Die Folge ist eine vermehrt qualitativ geprägte Aufsichtstätigkeit. Die Crux hinter dieser Veränderung ist, dass durch generalisierte Normen der Rechtsanwender vor der Schwierigkeit steht, vorab selbst entscheiden zu müssen, welche Art der Umsetzungen in seinem konkreten Fall angemessen ist. Die Ungewissheit darüber, ob diese ex ante getroffene Annahme auch zutrifft und insbesondere ob die Aufsicht zu derselben Beurteilung der Lage kommt, bleibt bestehen. Diese Rechtsunsicherheit wird zum Anlass genommen, diesen Regulierungsansatz zu kritisieren.34 Zudem entsteht auch ein nicht vernachlässigbarer Mehraufwand für die Aufsicht. Positiv hervorzuheben ist jedoch, dass durch die prinzipienbasierte Regulierung individueller auf die jeweiligen Begebenheiten des Rechtsanwenders reagiert werden kann und demgemäß die Möglichkeit besteht, das regulatorische Ziel im Einzelfall besser wahren zu können. Inwiefern dies die genannten Nachteile aufwiegt und in der Praxis umsetzbar ist, ist an späterer Stelle35 zu erörtern. 4. Verstärkte Regulierung Auf die erkannten Missstände hat zudem sowohl der nationale als auch der europäische Gesetzgeber neben diesem Wandel in der Art Regulierung auch mit einer erhöhten Regulierungsdichte geantwortet. Dies mag den obigen Ausführungen hinsichtlich der prinzipiengeleiteten Regulierung zunächst zu widersprechen scheinen. Jedoch ist ein großer Nachteil der prinzipienorientierten Regulierung das Maß an Rechtsunsicherheit, das durch die Freiheit des Rechtsanwenders entsteht.36 Um dem entgegenzuwirken, tendiert der Gesetzgeber seit 2007 immer stärker zur punktuellen Konkretisierung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen.37 Die hinzugekommenen und verschärften Vorschriften finden sich insbesondere im Bereich der Corporate Governance.

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Bührle, S. 235; Hartmann-Wendels/Hellwig/Jäger-Ambroz˙ewicz, S. 24. Zusammenfassend Teil 5, A., S. 252. 36 Glawischnig-Quinke, in: Szesny/Kuthe, 2014, Kap. 14 Rn. 16 f. 37 Als Beispiel sei hier die Entwicklung des § 25a Abs. 1 S. 3 Nr. 1 KWG herangezogen: Forderte § 25a Abs. 1 S. 3 Nr. 1 KWG in der Fassung vom 01. 08. 2009 nur die „Festlegung von Strategien“, umfasst das Risikomanagement in der aktuellen Fassung vom 19. 07. 2014 „die Festlegung von Strategien, insbesondere die Festlegung einer auf die nachhaltige Entwicklung des Instituts gerichteten Geschäftsstrategie und einer damit konsistenten Risikostrategie, sowie die Einrichtung von Prozessen zur Planung, Umsetzung, Beurteilung und Anpassung der Strategien“. Diese Tendenz zu detaillierteren Regelungen lässt sich bei Gegenüberstellung durchgehend beobachten. 35

A. Grundlegendes zum Aufsichtsrecht

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a) Corporate Governance – Begriff und Bedeutung Der Begriff der Corporate Governance hat seinen Ursprung im angelsächsischen Raum und beschreibt originär zunächst ein ökonomisches Problem. Kern der Corporate Governance-Thematik stellt klassischer Weise der sog. principal agentKonflikt zwischen den Anteilseignern als Eigentümer des Unternehmens (principal) und dem Management als Träger der Verfügungsmacht (agent) dar.38 Die Anteilseigner streben kurz gefasst auf der einen Seite nach einer Maximierung ihres Gewinns, wohingegen das Management der Theorie nach risikoavers und konformistisch39, jedenfalls aber nicht zwangsläufig im Interesse der Anteilseigner agiert. Zudem befindet sich das Management aufgrund seines Informationsvorsprungs in der Machtlage, das Unternehmen in seinem eigenen Interesse – zum Nachteil der Eigentümer – zu führen und zu lenken40. Diese Diskrepanzen gilt es durch entsprechende Vereinbarungen oder ein entsprechendes Regelwerk abzumildern. Klassische Mechanismen, um dies erreichen zu können, stellen die Leitungsüberwachung durch unternehmensinterne Stellen, im deutschen Recht im Rahmen des dualistischen Systems also durch das Aufsichtsorgan41, sowie die Setzung positiver Anreize für die Unternehmensleitung, z. B. durch erfolgsabhängige Vergütungssysteme42, dar. Mit dieser Problematik des Interessenausgleichs verbunden ist zudem die Frage nach der Ausrichtung des Leitungshandelns. Geht man von dem eben Gesagten aus, sollen beispielsweise durch erfolgsabhängige Vergütungsmechanismen vor allem die Interessen der Anteilseigner gewahrt und danach die Führung des Unternehmens ausgerichtet werden. Auch dieses Problem des sog. shareholder value-Modells hat ökonomische Wurzeln und wurde bzw. wird in Deutschland vornehmlich im Rahmen des Aktienrechts diskutiert.43 Das Grundproblem dieser Diskussion ist die Frage, wessen Interesse das Leitungsorgan bei der Führung des Unternehmens zu berücksichtigen hat.44 Der shareholder value-Ansatz legt dabei den Fokus auf die Interessen der eben erwähnten Agenten, also der Anteilseigner, wohingegen beim stakeholder value-Ansatz auch Interessen anderer Gruppen Berücksichtigung finden. Diese anderen Interessengruppen, die sog. stakeholder, können beispielsweise Fremdkapitalgeber, Arbeitnehmer, Lieferanten, Gewerkschaften oder auch der Staat sein.45 Es wird argumentiert, dass die stakeholder-Interessen ebenfalls einbezogen 38 Für Details siehe Schug, S. 45 ff.; v. Werder, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, S. 4 ff.; Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 5 ff., 33; v. Werder, S. 8 f.; Albrecht, S. 51. 39 v. Werder, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, S. 7; vgl. Schug, S. 44. 40 Schug, S. 45; v. Werder, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, S. 7. 41 Vgl. Schug, S. 48 f. 42 Dazu sogleich in Teil 1, A.II.4.c)cc), S. 39; näher hierzu Schug, S. 46 f. 43 v. Werder, S. 4 f.; Albrecht, S. 59. 44 Vgl. v. Werder, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, S. 14 f.; Albrecht, S. 58 f. 45 v. Werder, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, S. 9; Albrecht, S. 60.

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Teil 1: Das Aufsichtsrecht in Deutschland, der EU und der Welt

werden müssen, da sie im Verhältnis zum Unternehmen ähnliche Risiken tragen wie die shareholder.46 Die Diskussion dieser Ausrichtungsproblematik währt nun nicht nur im deutschen Recht schon lange und ist eines der meist diskutierten Probleme des Aktienrechts.47 Neben diesen eben dargestellten konträren Ansätzen lassen sich mittlerweile auch vermittelnde Ansichten finden, die weder der einen noch der anderen Interessengruppe per se den Vorzug gewähren.48 Eine nähere Darstellung der einzelnen Strömungen und deren Argumenten ist für die vorliegende Untersuchung jedoch weder zielführend noch notwendig. Wichtig ist die Quintessenz, dass die Frage nach der Ausrichtung der Unternehmensleitung und damit der Interessenabwägung ein altbekanntes, ökonomisches Problem der Corporate Governance ist. So wird deutlich, dass es bei der Auseinandersetzung mit Corporate Governance immer um Interessenabwägung und -ausgleich geht. Deshalb ist es auch so schwierig, den Begriff der Corporate Governance auf den Punkt zu bringen und befriedigend zu definieren. Die Kernfrage der Corporate Governance – jedenfalls im deutschen Recht, in dem der Begriff ohnehin etwas weiter verstanden wird als in der ursprünglichen Diskussion49 – kann aber so formuliert werden, dass sie immer das Ziel einer guten und ausgewogenen Unternehmensführung und -organisation inklusive der Überwachung zum Gegenstand hat.50 Die Ausprägungen der Terminologie in der Forschung sind dabei vielfältig und reichen von vereinfachten Substantiven wie „Unternehmensverfassung“51 bis hin zu dem „System der Unternehmensführung und -kontrolle“52. Auch ohne den Begriff direkt übersetzen oder anders in der deutschen Sprache betiteln zu können, scheint man sich jedoch darüber einig zu sein, dass Corporate Governance eine gute Unternehmensführung und -überwachung und demgemäß auch eine nachhaltige Organisationsstruktur unter Berücksichtigung der verschiedentlichen Interessen zum Ziel hat.53 46

v. Werder, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, S. 8 f.; v. Werder, S. 9. Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 10; Schmidt/Weiß, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, S. 162 f.; vgl. v. Werder, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, S. 5; Albrecht, S. 58. 48 Dazu auch Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 10; Albrecht, S. 60 ff. 49 Albrecht, S. 40. 50 Kemter, S. 5; vgl. Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, Vor §§ 76 ff. AktG Rn. 63; Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 4 ff.; Albrecht, S. 58 ff. 51 Vgl. Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, Vor §§ 76 ff. AktG Rn. 63, der die verschiedenen, das Problem der Corporate Governance prägenden Leitungsfunktionen als Elemente der Unternehmensverfassung zu begreifen scheint, ohne jedoch der Versuchung der groben Vereinfachung nachzugeben; dagegen argumentierend Albrecht, S. 43. 52 Mit Verweise auf die Gesetzesbegründung zum Transparenz- und Publizitätsgesetz Albrecht, S. 42; vgl. in etwas anderer Formulierung v. Werder, S. 3; Thaten, S. 27. 53 Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, Vor §§ 76 ff. AktG Rn. 63 („Funktionsweise der Leitungsorgane einer AG […], aber auch die sonstige materielle Unternehmensverfassung“); Albrecht, S. 58 ff. 47

A. Grundlegendes zum Aufsichtsrecht

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Die inhaltlichen Probleme, die sich mit der Diskussion um den Begriff der Corporate Governance ergeben, sind dementsprechend genauso zahlreich wie ihre terminologischen Umschreibungsversuche. Um die Problemfelder besser „katalogisieren“ zu können, unterscheidet man zwischen interner und externer Corporate Governance.54 Bei der internen Corporate Governance steht die gesamte Unternehmensverfassung im Mittelpunkt der Untersuchung, also insbesondere die Funktion, die Kontrolle und das Zusammenwirken der Leitungs- und Überwachungsorgane.55 Rechtlich gesehen geht es hierbei um die Rechte und Pflichten der Organmitglieder, die Unternehmensorganisation und die Folgen von sorgfaltswidrigen Verstößen der Organmitglieder, demnach vornehmlich um gesellschaftsrechtliche Probleme. Daran anknüpfend ist das Regelungsziel der internen Corporate Governance, die oben erörterten principal agent-Konflikte möglichst gering zu halten oder gar ganz aufzulösen. Damit einher geht eine Ausrichtung der Interessenabwägung nach dem shareholder value-Modell. Bei der externen Governance stehen äußere Einflüsse auf das Unternehmen im Fokus. Externe Einflussfaktoren resultieren auch aus Verbindungen des Unternehmens zu Personen, die nicht in die unmittelbare Binnenorganisation eingegliedert sind.56 Vereinfacht gesagt, sind damit genau die soeben beschriebenen stakeholder gemeint. Regelmäßig ist deren Einfluss auf das Unternehmen und mithin auf die Corporate Governance größer, wenn das Unternehmen am Kapitalmarkt tätig ist. Dann fallen unter diese externe Bezugsgruppe nämlich sowohl die Beschäftigten und Gläubiger des Unternehmens als auch andere Fremdkapitalgeber, der Markt als solcher und ebenfalls der Staat.57 Regelungen, die der externen Corporate Governance zuzuordnen sind, stammen dementsprechend überwiegend nicht aus dem Gesellschaftsrecht, sondern aus anderen Rechtsgebieten, wie beispielsweise dem Arbeitsrecht, dem Insolvenzrecht oder auch dem Aufsichtsrecht. Die externe Corporate Governance gestaltet sich folglich als Unternehmenskontrolle durch unternehmensexterne Akteure und spielt sich vorwiegend außerhalb des Gesellschaftsrechts ab. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass hier von einem Verständnis der Corporate Governance als einem System der nachhaltigen Unternehmensleitung sowie der Unternehmenskontrolle und -organisation mit Berücksichtigung von stakeholder-Interessen ausgegangen wird. Gegenstand der Corporate Governance ist aus rechtlicher Sicht somit die Gesamtheit aus gesellschaftsrechtlicher Unternehmensverfassung und unternehmensfremder, externer Kontrolle.

54

Bachmann, AG 2011, 181 (181); Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 33 ff.; Thaten, S. 27; v. Werder, S. 4; Albrecht, S. 44 ff. 55 Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 33; v. Werder, in: Hommelhoff/ Hopt/v. Werder, S. 4; Kemter, S. 6. 56 Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 34; Albrecht, S. 46. 57 v. Werder, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, S. 9; vgl. Albrecht, S. 46.

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Teil 1: Das Aufsichtsrecht in Deutschland, der EU und der Welt

b) Besonderheiten der Corporate Governance im Bankensektor In der Finanzbranche zeichnen sich hinsichtlich der Leitung eines Instituts und der Ausrichtung der Unternehmensführung einige Besonderheiten ab. Der offensichtlichste Unterschied zeigt sich bei Betrachtung der Interessengruppen einer Bank im Vergleich zu einem Unternehmen, das in einer anderen Branche tätig ist: Eine „klassische“ Bank im Sinne eines Einlagenkreditinstituts hat – in welcher Rechtsform auch immer – zum einen die Eigenkapitalgeber, die Arbeitnehmer, genauso auch sonstige Gläubiger, aber auch die Einleger58, die dem Institut durch Einzahlung auf ihr Konto (Fremd-)Kapital zur Verfügung stellen. Die Interessenlage der Einleger scheint auf den ersten Blick parallel zu der der Anteilseigner, also der Eigenkapitalgeber, zu verlaufen; beide geben der Bank Geld, das sie zurückerhalten wollen. Beide Interessengruppen streben dabei – je nach Konstellation – häufig danach, dass sie etwas mehr Geld zurückbezahlt bekommen, als sie investiert haben. Bei genauerem Hinsehen aber ist die Ausgangslage der „Investition“ eine ganz andere.59 Der Anteilseigner ist sich seines Risikos, dass er sein investiertes Geld zumindest teilweise verlieren könnte, bewusst, wohingegen sich der Einleger im Hinblick auf seine Einlage in Sicherheit wiegt. Bis zur Finanzkrise 2007/2008 haben wohl nur wenige Bankkunden wirklich mit der Möglichkeit gerechnet, dass sie möglicherweise das bei der Bank deponierte Geld nicht mehr zurückbekommen könnten. Zudem haben die Einleger weniger rechtlichen Schutz in Bezug auf die Information über das Unternehmen. Das bedeutet, dass der Einleger, selbst wenn er mit der Möglichkeit der Bankinsolvenz rechnet, weniger ausgeprägte Informationsmechanismen zur Hand hat als der Anteilseigner. Dies ist freilich unter anderem dem Umstand geschuldet, dass er nicht der Binnenorganisation des Unternehmens zuzuordnen ist, sondern externer Akteur, also stakeholder ist. Somit ergibt sich im Verhältnis Einleger – Institut noch eine extremere Informationsasymmetrie als im Verhältnis Anteilseigner – Institut.60 Dementsprechend erweitert sich die Gruppe der zu berücksichtigenden Interessenträger. Zum Teil wird hier außerdem ein weiterer stakeholder angeführt, der zu einer Andersartigkeit der Corporate Governance von Banken führt: Der Staat bzw. die Aufsicht der Branche. Denkt man über diesen Ansatz eingehend nach, landet man schnell in einem Zirkelbezug, der m. E. seinen Grund in der Frage nach der Wurzel für die Annahme einer wie auch immer gearteten Besonderheit der Finanzbranche hat. Sieht man in der Aufsicht einen besonderen stakeholder, der für die Corporate Governance anderer, nicht beaufsichtigter Unternehmen keine Rolle spielt, könnte man meinen, die Finanzbranche hebe sich allein dadurch von anderen ab. Auf der anderen Seite wird die Notwendigkeit der Aufsicht gerade darin gesehen, dass aus der wirtschaftlichen Bedeutung von Banken für das System eine Gefahr für die 58 59 60

Dazu in Bezug auf die Corporate Governance im Einzelnen Thaten, S. 42 ff. Dazu auch Thaten, S. 42 f. So auch Bronnert-Härle, S. 56.

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Öffentlichkeit schlummert, die es durch Gefahrenabwehrrecht einzudämmen gilt61, Institute demgemäß auf öffentliche Interessen gesondert achtgeben müssen. Ist nun also die Bankenbranche besonders, weil sie beaufsichtigt wird, oder wird sie beaufsichtigt, weil sie besonders ist?62 Wie auch immer man dieses „Huhn-Ei-Problem“ sehen möchte, ergibt sich die Besonderheit des Bankensektors jedenfalls aus seiner volkswirtschaftlichen Relevanz.63 Die Wirtschaftsakteure werden durch Banken mit Kapital versorgt und sind damit auch zugleich Fremdkapitalgeber dieser Unternehmen. Ganz abgesehen davon, dass sie somit für die Corporate Governance der kreditnehmenden Unternehmen eine Rolle spielen und somit eine schlechte Corporate Governance von Banken auf sonstige Unternehmen durchschlagen kann, leisten Institute durch diese Bereitstellung von Mitteln einen wesentlichen Beitrag zum Wirtschaftswachstum.64 Die Kehrseite dieser Medaille bedeutet aber auch, dass es Auswirkungen auf die ganze Wirtschaft haben kann, wenn Banken ausfallen. Das Ausmaß dieses Potenzials – oder anders gesagt, dieser Besonderheit – ist jüngst durch die Finanzkrise 2007/ 2008 und deren Folgen, die auch 10 Jahre später noch nicht überwunden sind, zu Tage getreten. In diesem Zusammenhang sind auch die Regulierungsschwerpunkte im Rahmen der Krisenaufarbeitung zu sehen: Das Aufsichtsrecht sucht nunmehr durch qualitative Überwachung das Risiko für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, das durch den Zusammenbruch der Finanzbranche oder einzelner Akteure besteht, zu verringern. Der Schwerpunkt der Aufsicht liegt damit in der Gefahrenabwehr, trägt diese aber als zu beachtendes öffentliches Interesse durch verschiedene Vorgaben in die Unternehmensverfassung mit ein. Das Aufsichtsrecht erhebt sich dadurch selbst zusammen mit der Öffentlichkeit als zu berücksichtigende Interessengruppe zum stakeholder. Mit dem Gedanken der klassischen Corporate Governance hat dies insofern nichts mehr zu tun, sodass die aufsichtsrechtlichen Regelungen dahingehend lediglich als Corporate Governance im weitesten Sinne gesehen werden können. Nichtsdestotrotz bleibt das Problem der Vereinigung der verschiedenen Interessengruppen für die Geschäftsleiter und Aufsichtsräte der Institute als Unternehmen und damit die Problematik der Corporate Governance als solcher bestehen.

61 Zur wirtschaftlichen Bedeutung Fischer/Boegl, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, 2017, § 125 Rn. 19. 62 Siehe auch Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 42 sowie Fn. 66. 63 Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 38 ff.; Thaten, S. 48 f.; Bührle, S. 23; Bronnert-Härle, S. 54 f. 64 Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 38; vgl. Thaten, S. 49; Bührle, S. 23.

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Teil 1: Das Aufsichtsrecht in Deutschland, der EU und der Welt

c) Regulierungsfokus nach der Finanzkrise und Diskussionsschwerpunkte aa) Risikomanagement und Compliance Ein Element, das nach der Finanzkrise stark in der Kritik stand, war das Risikomanagement von Finanzinstituten.65 Banken gehen verstärkt Risiken ein, müssen dies sogar tun – denn genau das macht den wesentlichen Teil ihres Geschäfts aus. In anderen Industrien mögen Risiken durchaus auch bestehen, aber in keinem anderen Sektor beeinflussen Risiken die Solvenz des Unternehmens derart ausgeprägt wie im Bankensektor.66 Ein gutes Risikomanagement ist deshalb in der Finanzbranche essentiell.67 Durch die Finanzkrise wurde noch einmal deutlicher, wie wichtig dies eigentlich ist. Nicht nur die Finanzbranche, sondern auch die Realwirtschaft hat schwer unter diesen Entwicklungen gelitten. Zurückgeführt wird diese Genese unter anderem auf den zuvor erläuterten Umgang mit Kreditausfallrisiken im Vorlauf der Finanzkrise. Immer wieder wird angeführt, dass die im Bankgeschäft anfallenden Risiken nicht angemessen erkannt und gedeckt worden sind und damit die Krise begünstigt wurde.68 In dieser Hinsicht haben die Gesetzgeber im Nachgang der Krise daher verstärkt mit Regulierung reagiert. Anforderungen an den Risikoerkennungs-, Risikosteuerungs- und Risikoüberprüfungsprozess wurden geschaffen sowie verstärkt und das nicht nur in quantitativer Hinsicht, sondern auch hinsichtlich der Qualität und der Organisation des Risikomanagements. Die Masse an verschiedenen Regelungen in diesem Bereich und die genauen gesetzlichen Anforderungen für Organmitglieder sowie deren Auswirkungen auf die Organhaftung zu überblicken, stellt eine anspruchsvolle Aufgabe für die Praxis dar. Deshalb sollen die Zusammentragung sowie die Untersuchung der Relevanz nach der Art der Rechtsquelle und dem Grad der Verbindlichkeit dieser Vorgaben den Schwerpunkt dieser Arbeit bilden. Inhaltlich wird demgemäß im weiteren Verlauf der Untersuchung auf diesen Bereich zurückzukommen sein. bb) Qualifikation und Arbeitspraxis der institutsinternen Überwachung Mit der Verschärfung der organisatorischen Vorschriften Hand in Hand ging eine Vertiefung der Regulierung hinsichtlich der Mitglieder der internen Überwachung. 65 CEBS, Consultation paper on the Guidebook on Internal Governance (CP 44) vom 13. Oktober 2010, S. 4, abrufbar unter http://www.eba.europa.eu/documents/10180/105241/ CP44v2.pdf [zuletzt aufgerufen am 20. 02. 2018]; Albrecht, S. 28. 66 Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 39 ff., 63 ff. 67 Zu den Vorgaben genauer ab Teil 3, B.II.2., S. 177 ff. 68 Vgl. Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 63 ff.; Bachmann, AG 2011, 181 (184 f.); vgl. Thaten, S. 49 f.

A. Grundlegendes zum Aufsichtsrecht

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Auch hier wurden die Regelungen im Hinblick auf organisatorisch-überwachende Pflichten präzisiert, aber auch die Vorschriften zu den persönlichen Anforderungen an das Aufsichtsorgan wurden ausgebaut. Agierten Aufsichts- und Verwaltungsräte bisher eher im Hintergrund des Geschehens, sind durch die Finanzkrise die personelle Ausstattung und die Arbeitsweise des Verwaltungsorgans zunehmend ins Visier genommen worden. Als Grund hierfür wird angeführt, dass in vielen Instituten die Aufsichtsräte nicht qualifiziert genug waren, die Missstände im Vorlauf der Finanzkrise zu erkennen.69 Darüber hinaus war und ist in Deutschland – nicht nur im Finanzsektor – die Haftung von Mitgliedern des internen Aufsichtsorgans bisher eher theoretische Materie70, sodass die Aufsichts- und Verwaltungsräte wenig zu befürchten hatten, wenn sie ihre Pflichten als Kontrollorgan vernachlässigten. In der Folge wurde das Versagen des internen Überwachungssystems unter anderem als begünstigender Faktor für den Ausgang der Finanzkrise gesehen.71 Demgemäß ist dahingehend ein Wandel der Mentalität zu beobachten: Nicht nur die Unternehmensleitung, sondern auch das interne Überwachungsorgan soll stärker reguliert wie auch kontrolliert und die Mitglieder bei entsprechenden Schwachstellen zur Verantwortung gezogen werden. cc) Anreizmechanismen Eine weitere Thematik, die allerdings (auch) nicht erst durch die Finanzkrise immer wieder auf den Prüfstand gestellt worden ist, ist die der bereits zuvor72 angesprochenen Anreizmechanismen für die Institutsleitung. Zentral in der Diskussion stehen hierbei angemessene Vergütungssysteme, deren Regulierung nicht nur im Finanzsektor in den letzten Jahrzenten stark zugenommen hat. Im Bankensektor gibt es dieser Entwicklung entsprechend seit Oktober 2010 die Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV), die aufsichtsrechtliche Mindestanforderungen an die Vergütungsstruktur von Instituten zur gezielten positiven Anreizsetzung aufstellt. Die Diskussion um die Vergütungsstrukturen ist im Nachgang der Finanzkrise einer der am meisten diskutierten Themenbereiche der Corporate Governance von Banken, aber auch der allgemeinen, branchenunspezifischen Corporate Gover-

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CEBS, Consultation paper on the Guidebook on Internal Governance (CP 44) vom 13. Oktober 2010, a.a.O. Fn. 65, S. 4; Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 58 ff.; auch Kleinert, in: Beck/Samm/Kokemoor, 198. AL, 2017, § 25d KWG Rn. 2, aber unter dem Hinweis, dass dieser Umstand bisher nicht durch Studien belegt werden konnte; Kaetzler/Hoops, BKR 2013, 192 (193); vgl. BT-Drucks. 17/3112, S. 3. 70 Vgl. Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.49. 71 CEBS, Consultation paper on the Guidebook on Internal Governance (CP 44) vom 13. Oktober 2010, a.a.O. Fn. 65, S. 4; vgl. Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 58 ff.; Florstedt, AG 2010, 315 (322) – „Kontrollphlegma des Aufsichtsrats“; vgl. BTDrucks. 17/3112, S. 3. 72 Teil 1, A.II.4.a), S. 33.

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Teil 1: Das Aufsichtsrecht in Deutschland, der EU und der Welt

nance.73 Um der Komplexität und auch gesellschaftsrechtlichen Tiefe dieses Teilbereichs gerecht zu werden, müsste bei deren wissenschaftlicher Untersuchung entsprechend weit ausgeholt und die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen ausgiebig erörtert werden. Die Erörterung dieses Problems war allerdings bereits Gegenstand verschiedener Veröffentlichungen74, weshalb dieses Thema im Folgenden nicht weiter behandelt wird.

III. Aufbau und Organisation der Finanzmarktaufsicht in Deutschland und Europa Die Komplexität des Aufsichtssystems in Europa hat in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen. Um einen Überblick über das Finanzaufsichtssystem mit dessen (staatlichen) Akteuren gewinnen und das Zusammenspiel der vielen Kodifikationen auf verschiedenen Ebenen verstehen zu können, muss sich daher zunächst mit dem allgemeinen Aufbau und der Organisation auseinandergesetzt werden. Dabei wird im Folgenden hinsichtlich des Grades der Internationalität differenziert. 1. Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (Basel Committee on Banking Supervision, BCBS) wurde 1974 von den Zentralbanken und Bankaufsichtsbehörden der G10-Staaten ins Leben gerufen und ist dementsprechend eine Institution auf internationaler Ebene. Ziel der Gründung dieses Gremiums war es, durch Informationsaustausch und Festlegung einheitlicher Standards die Qualität der Bankenaufsicht zu fördern und einen Beitrag zur Stabilisierung des Finanzsystems zu leisten.75 Dieser Austausch begann mit Vertretern der zehn führenden Industrienationen noch in relativ kleinem Rahmen. Mittlerweile zählt der Baseler Ausschuss allerdings Bankaufsichtsbehörden und Zentralbanken 27 verschiedener Nationen76 sowie der 73

Siehe dazu Thaten, S. 284 f. Zur Vorstandsvergütung im Bankensektor bzw. unter Berücksichtigung aufsichtsrechtlicher Vorgaben: Braun/Wolfgarten, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 25a KWG Rn. 636 ff.; Rieble/Schmittlein, S. 137 ff.; Zürn/Böhm, BB 2014, 1269; Döser, jurisPR-BKR 12/2013 Anm. 1. Zur Vorstandsvergütung allgemein: Berger, S. 47 ff.; Crass, S. 127 ff.; zu den Grundlagen und dem ökonomischen Hintergrund der Vorstandsvergütung im Allgemeinen Meyer, S. 19 ff.; zu den rechtlichen Fragen Meyer, S. 125 ff.; Rieble/Schmittlein, S. 1 ff.; Otto, S. 137 ff.; Wilhelm, S. 42 ff. 75 Siehe dazu in der Charta des Baseler Ausschusses für Bankaufsicht unter I. 1. und 2. (S. 1), abrufbar unter http://www.bis.org/bcbs/charter_de.pdf [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018]. 76 Argentinien, Australien, Belgien, Brasilien, Kanada, China, Frankreich, Deutschland, Hong Kong SAR, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Korea, Luxemburg, Mexico, Niederlande, 74

A. Grundlegendes zum Aufsichtsrecht

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Europäischen Union als Mitglieder. Der Baseler Ausschuss hat sich somit zu dem wichtigsten weltweiten Forum für die Weiterentwicklung der Bankenaufsicht entwickelt.77 Er erarbeitet stetig einheitliche Aufsichtsstandards und -empfehlungen, wie die Eigenkapitalanforderungen nach Basel I und II (einschließlich II.5) sowie deren umfassenderer Nachfolger Basel III.78 Rechtlich gesehen haben diese Verlautbarungen des Baseler Ausschusses jedoch keine supranationale Bindung im Sinne des Völkerrechts.79 In der Charta des Ausschusses heißt es dazu: „Stattdessen vertraut der BCBS […] auf die Verpflichtungen, die seine Mitglieder eingehen […].“ Mit diesen Verpflichtungen sind die in Abschnitt V beschriebenen „Erwartungen“ des BCBS dahingehend gemeint, dass die Mitglieder die Vorgaben des BCBS in angemessener Weise in nationales Recht umsetzen. An der Entwicklung der Richtlinien des BCBS sind auf der anderen Seite aber auch Vertreter dessen Mitglieder und damit Entsandte der entsprechenden MitgliedsNationen und deren Aufsichtsbehörden bzw. Zentralbanken beteiligt. Vor diesem Hintergrund haben die Mitglieder des Ausschusses auch ein Interesse daran, die selbst erarbeiteten Verlautbarungen und Mindestanforderungen in nationales Recht umzusetzen, was auch weitgehend so geschieht. Eine weitere Diskussion über die Rechtsform des BCBS und dessen Regelwerke kann daher hier unterbleiben. Als Quintessenz sollte jedoch mitgenommen werden, dass der BCBS formell über keine supranationalen Befugnisse verfügt und seine Beschlüsse sowie Verlautbarungen keine Rechtswirkung entfalten. 2. Das Europäische Finanzaufsichtssystem (European System of Financial Supervision, ESFS) In Folge der Finanzkrise wurde im Jahr 2008 vom damaligen EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso eine ausgewählte Expertengruppe damit beauftragt, das Europäische Finanzsystem unter die Lupe zu nehmen und Handlungsempfehlungen abzugeben, um bestehende System-Missstände zu beseitigen. Produkt dieser Untersuchung war der im Februar 2009 erschienene de Larosière-Bericht80, der neben vielen anderen Vorschlägen auch solche zur Reformierung des europäischen Aufsichtssystems enthielt. Gefordert wurde ein zentrales europäisches FiRussland, Saudi-Arabien, Singapur, Südafrika, Spanien, Schweden, Schweiz, Türkei, Großbritannien und die USA. 77 So auch Hilke, S. 39; Gleeson, Rn. 3.05; Schooner/Taylor, S. 131. 78 Siehe dazu im Näheren Teil 1, B.II., S. 55. 79 Siehe in der Charta des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht, a.a.O., Fn. 75, I. 3. (S. 1); vgl. Glawischnig-Quinke, in: Szesny/Kuthe, 2014, Kap. 14 Rn. 9; Hilke, S. 42 f.; Hopt/ Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 406 f.; Müller-Graff, EuR 2012, 18 (19 f.); Schooner/Taylor, S. 137. 80 Abrufbar a.a.O. Fn. 12, S. 27.

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Teil 1: Das Aufsichtsrecht in Deutschland, der EU und der Welt

nanzaufsichtssystem, das sich nicht nur auf den Bankensektor beschränkt und auch stärker mit der nationalen Aufsicht in den Mitgliedsstaaten verknüpft ist. Zudem sollte die makroprudentielle Aufsicht durch ein entsprechendes Gremium auf europäischer Ebene verstärkt in den Vordergrund der Aufsichtsarbeit gerückt werden. Die Vision war ein System, das alle aufsichtlichen Aufgaben unter einem Dach mit verschiedenen tragenden Wänden vereint, also mikro- und makroprudentielle, europäische und nationale, qualitative und quantitative Aufsicht gleichermaßen zentral auf europäischer Ebene fusioniert. Kurzum: Ein vollumfassendes europäisches Aufsichtssystem sollte geschaffen werden; denn: „[…] without competent and well designed supervision good regulatory policies will be ineffective.“81 Nach langen Verhandlungen unter den Mitgliedsstaaten besteht dieses Aufsichtssystem seit 1. Januar 2011 im European System of Financial Supervision (kurz ESFS). Das ESFS besteht aus drei Europäischen Aufsichtsbehörden (EBA, EIOPA und ESMA), dem Gemeinsamen Ausschuss der Aufsichtsbehörden, dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) sowie den Aufsichtsbehörden der Mitgliedsstaaten. a) Die Europäischen Aufsichtsbehörden (European Supervisory Authorities, ESA) Die mikroprudentielle Aufsicht auf europäischer Ebene nehmen nunmehr die drei Europäischen Aufsichtsbehörden wahr. Für die Beaufsichtigung der Institute und deren Tagesgeschäft zuständig sind aber primär weiterhin die nationalen Aufsichtsbehörden. Die ESAs gingen – entsprechend der Empfehlung des de Larosière-Berichts82 – zum 1. November 2011 aus den drei Ausschüssen der Bankenaufsicht – dem Committee of European Banking Supervisors (CEBS), Committee of European Insurance and Occupational Pensions Supervisors (CEIOPS) und dem Committee of European Securities Regulators (CESR) – hervor.83 Der frühere CEBS ist in der Europäischen Bankaufsichtsbehörde (European Banking Authority, EBA)84, der CEIOPS in der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (European Insurance and Occupational Pensions Authority, EIOPA) und der CESR in der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority, ESMA) aufgegangen. 81 82

S. 27. 83

de Larosière-Bericht, Chapter III, I. 144) (S. 38), a.a.O. Fn. 12, S. 27. de Larosière-Bericht, Chapter III, III. c) Recommendation 18 (S. 48), a.a.O. Fn. 12,

Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 vom 24. November 2010 bzgl. der EBA (ABl. L 331/ 12), Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 vom 24. November 2010 bzgl. der EIOPA (ABl. L 331/ 48) und Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 vom 24. November 2010 für die ESMA (ABl. L 331/ 84). 84 Zur EBA eingehend Koslowski, S. 103 ff.; Michel, DÖV 2011, 728 (728 ff.); Lehmann/ Manger-Nestler, ZBB 2011, 2 (7 ff.).

A. Grundlegendes zum Aufsichtsrecht

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Die Sitze der einstmaligen Ausschüsse wurden beibehalten, sodass die EBA in London, die EIOPA in Frankfurt am Main und die ESMA in Paris residieren. Durch diese Erhebung der Ausschüsse zu Europäischen Behörden bestehen sie nun als europäische Einrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit.85 Sie sind dabei unabhängig und verfolgen ausschließlich Unions-Interessen. So sollen die ESAs laut Erwägungsgrund (11) der ESA-Verordnungen86 „dazu beitragen, dass das Funktionieren des Binnenmarkts verbessert wird, indem insbesondere unter Berücksichtigung der verschiedenen Interessen aller Mitgliedstaaten und der Verschiedenartigkeit der Finanzinstitute ein hohes, wirksames und kohärentes Maß an Regulierung und Beaufsichtigung gewährleistet ist“. Die Europäischen Aufsichtsbehörden sollen also durch entsprechende Aufsicht und Regulierung insbesondere die Harmonisierung der Finanzaufsicht vorantreiben.87 Dies hat zur Folge, dass sie im Europäischen Aufsichtssystem vorwiegend analysierende und koordinierende Funktionen wahrnehmen und nur in Ausnahmefällen gegenüber Instituten unmittelbar agieren.88 Insbesondere haben sie die Befugnis, technische Regulierungs- und Durchführungsstandards zu entwickeln, und können zudem Leitlinien und Empfehlungen veröffentlichen.89 Darüber hinaus können die ESAs unter bestimmten, engen Voraussetzungen aktiv in das Finanzsystem eingreifen, indem sie Warnungen oder sogar Verbote90 aussprechen. Weitere aktive Eingriffsbefugnisse kommen den Europäischen Aufsichtsbehörden außerdem zu, wenn nationale Behörden Unionsrecht verletzen, ein Krisenfall vorliegt oder grenzüberschreitende Meinungsverschiedenheiten zwischen den nationalen Aufsichtsbehörden bestehen.91 Gegenstand dieser Untersuchung ist der Bankensektor, sodass hauptsächlich die Arbeit der EBA für die vorliegende Arbeit maßgeblich ist. Besonders relevant ist in diesem Zusammenhang die regulierende Funktion der EBA, also ihre Fähigkeit Regulierungs- und Durchführungsstandards sowie Leitlinien und Empfehlungen zu

85

Vgl. Koslowski, S. 64. Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 vom 24. November 2010 bzgl. der EBA, Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 vom 24. November 2010 bzgl. der EIOPA und Verordnung (EU) Nr. 1095/ 2010 vom 24. November 2010 für die ESMA. 87 Vgl. hinsichtlich der EBA Hilke, S. 63; Andrae, in: Grieser/Heemann, 2016, Kap. III, ESFS, Rn. 61. 88 Vgl. hinsichtlich der EBA Hilke, S. 63; Andrae, in: Grieser/Heemann, 2016, Kap. III, ESFS, Rn. 61; Manger-Nestler, in: Grieser/Heemann, 2016, Kap. III, EBA, Rn. 78. 89 Diese Befugnisse finden sich für alle drei Behörden jeweils in Art. 8 Abs. 2 HS. 2 lit. a)c) i.V.m. Artt. 10, 15 und 16 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 vom 24. November 2010 bzgl. der EBA, Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 vom 24. November 2010 bzgl. der EIOPA und Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 vom 24. November 2010 für die ESMA. Für die EBA erläuternd Manger-Nestler, in: Grieser/Heemann, 2016, Kap. III, EBA, Rn. 79 ff. 90 Vgl. Art. 9 Abs. 5 S. 6 der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010, Nr. 1094/2010 und Nr. 1095/2010, ABl. L 331 vom 24. November 2010. 91 Artt. 17 ff. der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010, Nr. 1094/2010 und Nr. 1095/2010, ABl. L 331 vom 24. November 2010. 86

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erlassen. Welche Rechtswirkungen diesen Verlautbarungen zukommen92 und welche Rolle sie für die Organhaftung93 spielen, wird an gegebener Stelle weiter erörtert. b) Der Gemeinsame Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden (Joint Committee) Der Gemeinsame Ausschuss wurde als koordinierendes Gremium geschaffen. Er hat vorwiegend die Aufgabe, die Zusammenarbeit der drei Aufsichtsbehörden herzustellen und zu koordinieren. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass eine sektorübergreifende Abstimmung zwischen den Behörden stattfindet und so die gesamte europäische Finanzmarktaufsicht kohärent und einheitlich ist.94 Gem. Art. 54 Abs. 2 der ESA-Verordnungen soll diese Abstimmung insbesondere bezüglich Finanzkonglomeraten, der Rechnungslegung und Rechnungsprüfung, mikroprudentiellen Analysen sektorübergreifender Entwicklungen, Risiken und Schwachstellen für die Finanzstabilität, Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche sowie hinsichtlich des Informationsaustauschs mit dem Ausschusses für Systemrisiken und der behördlichen Zusammenarbeit zwischen den drei Behörden selbst erfolgen. Darüber hinaus hat der Gemeinsame Ausschuss jedoch nicht nur die sektorübergreifende Koordinierung, sondern auch die Beilegung sektorübergreifender Streitigkeiten zur Aufgabe.95 Aufgrund dieser vornehmlich interbehördlichen Funktion und dem damit einhergehenden mangelnden, unmittelbaren Bezug zu den Finanzmarktteilnehmern selbst ist die Arbeit des Gemeinsamen Ausschusses für die vorliegende Untersuchung jedoch nicht maßgeblich. Von einer weiteren Erörterung der Zusammensetzung und der Aufgaben wird dementsprechend abgesehen. c) Der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (European Systemic Risk Board, ESRB) Im Einklang mit der Erkenntnis, dass Systemaspekte im Vorgang der Finanzkrise 2007/2008 im Rahmen der Finanzaufsicht in zu großem Maße außer Acht gelassen worden sind96, wurde mit Wirkung zum 16. Dezember 2010 mit dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (European Systemic Risk Board, ESRB) auf europäi92

Teil 1, B.III.3., S. 59 und Teil 1, B.III.4., S. 59. Teil 3, A.III.3., S. 157. 94 Vgl. jeweils Art. 54 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 vom 24. November 2010 bzgl. der EBA, Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 vom 24. November 2010 bzgl. der EIOPA und Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 vom 24. November 2010 für die ESMA. Manger-Nestler, in: Grieser/Heemann, 2016, Kap. III, Zusammenarbeit der europäischen Finanzaufsichtsbehörden, Rn. 156 f.; Lehmann/Manger-Nestler, ZBB 2011, 2 (4); Hilke, S. 62. 95 Dazu näher Wymeersch, ZGR 2011, 443 (457 f.). 96 Siehe dazu schon oben Teil 1, A.II.2., S. 30. 93

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scher Ebene ein unabhängiges Gremium geschaffen, das genau diese Lücke schließen soll. aa) Konzeption und Rechtsgrundlage Der ESRB stellt eine neuartige Institution ohne Rechtspersönlichkeit dar: Mangels entsprechender Aufzählung in Art. 13 Abs. 1 EUV ist der Ausschuss kein Organ der EU und wird auch nicht zu den EU-Behörden gezählt.97 Vielmehr geht schon aus dem Verordnungsvorschlag der Kommission hervor, dass der Ausschuss als ein „in dieser Form bisher nicht dagewesenes europäisches Gremium“98 zu qualifizieren ist. Er stellt damit eine europäische Institution sui generis dar, für deren Schaffung es im europäischen Regelwerk keine ausdrückliche Rechtsgrundlage gibt. Ob die Einrichtung des ESRB damit überhaupt rechtmäßig ist bzw. auf welche Rechtsgrundlage die Errichtung gestützt werden kann, ist im Einzelnen umstritten.99 Aus Erwägungsgrund (31) der Verordnung (EU) Nr. 1092/2010100 geht hervor, dass man die Verordnung auf Art. 114 Abs. 1 S. 2 AEUV als Ermächtigungsgrundlage stützte, der dem Europäischen Rat und dem Parlament die Befugnis einräumt, zur Rechtsangleichung erforderliche Rechtsakte zu erlassen. In dem Urteil101, das der genannte Erwägungsgrund in Bezug nimmt, brachte der EuGH zum Ausdruck, dass Art. 114 Abs. 1 AEUV auch eine Ermächtigungsgrundlage für die Schaffung Europäischer Einrichtungen, die zur Harmonisierung des europäischen Binnenmarktes notwendig sind, sein kann, sofern die Tätigkeiten der in Frage stehenden Unionseinrichtungen mit dem Inhalt der Harmonisierungsrechtsakte in „engem Zusammenhang“ stehen. Eine solche Interpretation von Art. 114 AEUV ist zu befürworten, da ansonsten nach Art. 114 AEUV erlassene Vorschriften, ohne die Gründung solcher Exekutivorgane mit einzuschließen, mangels eines entsprechenden Durchsetzungsapparates leerlaufen würden. Hinsichtlich des ESRB ist zu vermerken, dass es eine Institution für die Makroaufsicht in der EU bisher nicht gegeben hat. Bereits die dem aktuellen CRD IVPaket vorausgegangenen CRD-Vorschriften nahmen aber an verschiedenen Stellen Bezug auf die Bewertung von Systemrisiken und makroökonomischen Einflüssen102, 97 Papathanassiou/Zagouras, WM 2010, 1584 (1587); Lehmann/Manger-Nestler, ZBB 2011, 2 (21); Koslowski, S. 47. 98 So wörtlich in der Begründung der Kommission im Rahmen eines Vorschlags für eine ESRB-Verordnung, KOM(2009) 499 endgültig, S. 4, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/le gal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52009PC0499&from=DE [zuletzt aufgerufen am 17. 02. 2018]. 99 Siehe für eine detaillierte Darstellung der Problematik Koslowski, S. 49 ff. 100 Verordnung (EU) Nr. 1092/2010, ABl. L 331, S. 4. 101 EuGH Rs. C-217/04, Slg. 2006, I-3789 Rn. 44 – Vereinigtes Königreich/Parlament und Rat. 102 Siehe beispielsweise Erwägungsgründe (6), (10), (26) und (33) der CRD II Richlinie (RL 2009/111/EG); so auch Koslowski, S. 52.

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sodass die Schaffung einer Institution für Makroaufsicht mit Bezug auf die CRDPakete legitim erscheint. Es ist damit der Ansicht Koslowskis103 zu folgen, dass der Ansatz des EuGH, Art. 114 AEUV zugleich als Ermächtigungsgrundlage für solch eine Einrichtungsschaffung zu sehen, erst Recht auch auf Einrichtungen ohne Rechtspersönlichkeit wie dem ERSB anwendbar sein muss. bb) Organisation Organisatorisch ist der ESRB an die EZB angebunden, die auch dessen Sekretariat stellt und allgemein seine Arbeit – inhaltlich und finanziell durch Zurverfügungstellung von Sekretariatsmitteln104 – zu unterstützen hat.105 Funktional soll der ESRB laut der Verordnungsbegründung allerdings „unabhängig“ sein.106 Diese Unabhängigkeit kann man nicht nur ob der räumlichen Nähe zur EZB in Frage stellen; auch in der personellen Organisation des ESRB ist die EZB omnipräsent.107 Gem. Art. 5 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1092/2010 übernimmt der Präsident der EZB für eine Amtszeit von 5 Jahren den Vorsitz des ESRB. Dieser sieht in Verbindung mit Art. 20 VO (EU) Nr. 1092/2010 vor, dass die Modalitäten hinsichtlich der Ernennung des Vorsitzes in den darauffolgenden Amtszeiten nach erfolgter Überprüfung der Verordnung festgelegt werden. Art. 20 VO (EU) Nr. 1092/2010 bestimmt dabei, dass diese Überprüfung durch das Parlament und den Rat bis zum 17. Dezember 2013 erfolgt sein muss und diese im Nachgang nach Erhalt eines Berichts der EZB und der ESAs über Änderungen entscheiden sollen. Mit Verabschiedung der Stellungnahme der EZB am 4. Februar 2015108 liegen zwar alle Berichte109 und somit alle Voraussetzungen für eine Überarbeitung der Verordnung vor, bisher110 ist aber kein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren begonnen worden. Eine geänderte Regelung fehlt daher momentan, sodass rein rechtlich gesehen der Vorsitz des ESRB aktuell seit Dezember 103

Koslowski, S. 51 f. Art. 3 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1096/2010. 105 Inwiefern die EZB den ESRB zu unterstützen hat, regelt die Verordnung (EU) Nr. 1096/ 2010, ABl. L 331, S. 162; dazu im Einzelnen auch Papathanassiou/Zagouras, WM 2010, 1584 (1587 f.). 106 Siehe Erwägungsgrund (15) der Verordnung (EU) Nr. 1092/2010, ABl. L 331, S. 3. 107 Kurze, aber ähnliche Kritik bei Weber-Rey, AG 2012, R204 (R206). 108 Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 4. Februar 2015 zur Überprüfung der Aufgaben und der Organisation des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (CON/2015/ 4), ABl. C 192 vom 10. 06. 2015, S. 1 ff. 109 Der Bericht der Kommission vom 8. August 2014 (COM(2014) 508 final) ist zu finden unter http://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/1/2014/DE/1-2014-508-DE-F1-1.Pdf [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018], die Stellungnahme der ESAs vom 17. Dezember 2013 unter https://www.eba.europa.eu/documents/10180/530928/ESAs+opinion+on+the+ESRB+re view.pdf [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018]. 110 Stand: 28. 02. 2018. Jedenfalls ergibt die Suche auf http://www.europarl.europa.eu/com mittees/de/work-in-progress.html? [zuletzt aufgerufen am 28. 02. 2018] nach Verfahren zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1092/2010 keine Ergebnisse. 104

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2015 unbesetzt ist. Tatsächlich wird dieses Amt jedoch weiterhin vom aktuellen Präsident Mario Draghi111 bekleidet. In den genannten Berichten wird an verschiedenen Stellen kritisiert, dass der ESRB – insbesondere durch die Doppelrolle des EZB-Präsidenten – als unabhängiges Gremium nicht klar genug von der EZB abtrennbar sei.112 Da es dem ESRB allerdings an Rechtspersönlichkeit und der Befugnis zum rechtsverbindlichen Handeln fehlt, ist wegen des Bekanntheitsgrades des EZB-Präsidenten und der damit verbundenen Ansehensförderung des ESRB als ernst zu nehmendes Gremium113 davon auszugehen, dass der Präsident der EZB auch nach einer entsprechenden Änderung der Verordnung weiterhin den Vorsitz des ESRB innehaben wird. Zumal der ESRB auf die Unterstützung und die Mittel der EZB auch künftig angewiesen sein wird. Falls das Parlament dem Vorschlag der Einrichtung eines Geschäftsführeramtes in Vollzeit nachgeht, könnte aber der Vorsitz des ESRB in Zukunft zweiköpfig ausgeführt werden: Zur Diskussion steht die Einführung eines Geschäftsführers, der die laufenden Aktivitäten des ESRB führt und überwacht.114 Die EZB ist auch im zentralen Entscheidungsgremium des ESRB, dem Verwaltungsrat, vertreten. Der Verwaltungsrat setzt sich gem. Art. 6 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1092/2010 aus dem Präsidenten und Vizepräsidenten der EZB, den Präsidenten der nationalen Zentralbanken, einem Mitglied der Kommission, den Vorsitzenden der ESAs, dem Vorsitzenden und den beiden stellvertretenden Vorsitzenden des Beratenden Wissenschaftlichen Ausschusses und dem Vorsitzenden des Beratenden Fachausschusses als abstimmungsberechtige Mitglieder zusammen.115 Nicht stimmberechtigte Mitglieder sind gem. Art. 6 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1092/2010 je Mitgliedsstaat ein weiterer hochrangiger Vertreter der nationalen Aufsichtsbehörden und der Vorsitzende des Wirtschafts- und Finanzausschusses. Insgesamt umfasst der Verwaltungsrat damit aktuell 67 Mitglieder.116 Darüber hinaus besteht der ESRB aus einem als organisatorisch-kontrollierendes Hilfsorgan konzipierten Lenkungsausschuss (engl. steering committee, SC) sowie dem Beratenden Fachausschuss (engl. advisory technical committee, ATC) und dem Beratenden Wissenschaftlichen Ausschuss (engl. advisory scientific committee, 111 Siehe das Informationsblatt zu den permanenten Mitgliedern des Verwaltungsrats, abrufbar unter https://www.esrb.europa.eu/pub/pdf/other/Perm_memb_GB_2017.pdf [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018]. 112 Die Kommission bezieht sich in ihrem Bericht auf Beobachtungen von Marktteilnehmern (S. 8 f. des Berichts, a.a.O. Fn. 109). 113 Vgl. dazu die Erwägungen auf S. 8 des Kommissionsberichts, a.a.O. Fn. 109. 114 S. 12 des Berichts der Kommission, a.a.O. Fn. 109. Die EZB zeigt sich in ihrer Stellungnahme erwartungsgemäß nicht besonders überzeugt von diesem Vorschlag, ABl. C 192 vom 10. 06. 2015, S. 3. 115 Im Einzelnen dazu Papathanassiou/Zagouras, WM 2010, 1584 (1588). 116 Im Rahmen des Überprüfungsprozesses wurde der Umfang des Verwaltungsrats von der breiten Masse der Marktteilnehmern kritisiert, S. 9 des Berichts der Kommission, a.a.O. Fn. 109. Kritik dahingehend auch schon bei Koslowski, S. 56.

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ASC), die beide nur auf Verlangen des Vorsitzenden des ESRB in Fachfragen betreffend ihrem jeweiligen Gebiet aktiv werden. cc) Aufgaben und Befugnisse Art. 3 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1092/2010 setzt für den ESRB das Ziel, dass er durch die Ausübung der makroökonomischen Aufsicht des Finanzmarktes Systemrisiken abwendet oder eindämmt und so „Phasen weit verbreiteter finanzieller Notlagen“ vorbeugen kann. Absatz 2 stattet ihn im weiteren Verlauf mit Befugnissen zur Erreichung dieses Ziels aus.117 Aus der Auflistung des 2. Absatzes sowie auch aus dem umfangreichen Art. 15 der Verordnung geht hervor, dass die zentrale Aufgabe des ESRB darin liegt, Informationen der Aufsichtsbehörden zusammenzutragen und hinsichtlich möglicherweise bestehender systemischer Risiken auszuwerten. Der ESRB arbeitet dementsprechend eng mit den restlichen Mitgliedern des ESFS zusammen, die ihm nicht nur Daten übermitteln, sondern auf der anderen Seite auch mit entsprechenden Informationen über die aktuelle makroökonomische Risikolage vom ESRB ausgestattet werden.118 Als mögliche Instrumentarien gibt Art. 3 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1092/2010 „Warnungen und Empfehlungen“ an die Hand. Stellt der ESRB im Rahmen seiner Ermittlungsarbeit signifikante Risiken fest, so kann er gem. Art. 16 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1092/2010 Warnungen und Empfehlungen für Abhilfemaßnahmen herausgeben. Ob diese veröffentlicht werden oder nicht, stellt Art. 17 der Verordnung vorbehaltlich der vorherigen Konsultation des Rates in das Ermessen des ESRB. Als Gremium ohne Rechtspersönlichkeit kann der ESRB keine rechtlich unmittelbar bindenden Maßnahmen treffen.119 Die vom ESRB ausgesprochenen Warnungen und Empfehlungen können daher vorwiegend moralischen Druck auf die entsprechenden Adressaten ausüben.120 Diese Adressaten können gem. Art. 16 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1092/2010 „insbesondere“ die Union insgesamt, ein oder mehrere Mitgliedstaaten, eine oder mehrere ESA oder eine oder mehrere der nationalen Aufsichtsbehörden sein. Die Formulierung „insbesondere“ legt nahe, dass die Warnungen und Empfehlungen auch an andere Institutionen adressiert sein können, beispielsweise an die Kommission (vgl. Art. 17 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1092/ 2010).121 Ob einzelne Institute ebenfalls Adressaten von Empfehlungen sein können, ergibt sich aus der Verordnung nicht eindeutig, es wird in der Literatur jedoch offenbar von einer abschließenden Aufzählung in Art. 16 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1092/

117

Hilke, S. 335 f. Dazu auch Hilke, S. 335; Papathanassiou/Zagouras, WM 2010, 1584 (1586). 119 Hilke, S. 334 ff.; Koslowski, S. 48; Papathanassiou/Zagouras, WM 2010, 1584 (1586 f.); vgl. Andrae, in: Grieser/Heemann, 2016, Kap. III, ESFS, Rn. 62. 120 Vgl. KOM(2009) 499, S. 5. 121 Papathanassiou/Zagouras, WM 2010, 1584 (1586). 118

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2010 ausgegangen.122 Die bisher veröffentlichten Empfehlungen123 richteten sich jedenfalls nicht an einzelne Institute. Ohnehin dürfte diese Frage ob der rechtlichen Unverbindlichkeit eine eher untergeordnete Rolle spielen. Richtet sich eine Empfehlung an die Kommission, einen oder mehrere Mitgliedstaaten, eine oder mehrere ESA oder eine oder mehrere nationale Aufsichtsbehörden, ordnet Art. 17 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1092/2010 ein sog. comply or explainSystem124 an; die Adressaten müssen also berichten, welche Maßnahmen sie getroffen haben, um der Empfehlung zu entsprechen, oder sich dem ESRB und dem Rat erklären, warum sie keine Maßnahmen getroffen haben. So wird nicht nur entsprechender Erklärungsdruck erzeugt, sondern auch die Institute sind – auch ohne selbst Adressat zu sein – durch die so beeinflusste Aufsichtspraxis der Aufsichtsbehörden von Empfehlungen des ESRB mittelbar betroffen. Zur Durchsetzung seiner Empfehlungen setzt der ESRB gem. Art. 17 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1092/2010 den jeweiligen Adressaten, den Rat und gegebenenfalls die betroffene ESA darüber in Kenntnis, dass eine Nichtbeachtung einer Empfehlung festgestellt wurde oder keine ausreichende Begründung i.S.v. Absatz 1 vorliegt. So kann der ESRB weitere Maßnahmen des Rates oder der zuständigen ESA erwirken, er selbst hat jedoch keine unmittelbaren Sanktionsbefugnisse.125 dd) Bisherige Veröffentlichungen und deren Relevanz für die vorliegende Untersuchung Bisher hat der ESRB vorwiegend Empfehlungen veröffentlicht, im November 2016 sprach er erstmals allerdings auch Warnungen hinsichtlich mittelfristiger Schwachstellen im Wohnimmobiliensektor für acht verschiedene Länder aus.126 Die öffentlichen Empfehlungen betrafen bis dato vorwiegend Fremdwährungskredite127, die Finanzierung von Kreditinstituten128, Geldmarktfonds129 sowie allgemeine

122

Vgl. Hilke, S. 335; Koslowski, S. 60; Weber-Rey, AG 2012, R204 (R204 ff.); Papathanassiou/Zagouras, WM 2010, 1584 (1586). 123 Siehe sogleich Teil 1, A.III.2.c)dd), S. 49. 124 Auch act or explain-Mechanismus genannt, dazu Koslowski, S. 61 f.; Dickschen, S. 124 ff.; ohne spezifische Bezeichnung als „comply oder explain-System“ Papathanassiou/ Zagouras, WM 2010, 1584 (1586 f.). 125 Siehe hierzu detaillierter Koslowski, S. 61 f. 126 Die Warnungen sind allesamt einsehbar unter https://www.esrb.europa.eu/mppa/war nings/html/index.en.html. 127 Empfehlung des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken vom 21. September 2011 zu Fremdwährungskrediten (ESRB/2011/1), ABl. EU v. 22. November 2011 C 342, S. 1. 128 Empfehlung des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken vom 22. Dezember 2011 zu der Finanzierung der Kreditinstitute in US-Dollar (ESRB/2011/2), ABl. EU v. 10. März 2012, C 72, S. 1; vom 20. Dezember 2012 zur Finanzierung von Kreditinstituten (ESRB/2012/ 2), ABl. EU v. 25. April 2013 C 119, S. 1.

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Teil 1: Das Aufsichtsrecht in Deutschland, der EU und der Welt

Empfehlungen für die Aufsichtsbehörden hinsichtlich der makroprudentiellen Aufsicht130. Die meisten dieser Empfehlungen richteten sich an die nationalen Aufsichtsbehörden oder die Mitgliedsstaaten, ausnahmsweise auch an die Kommission. Wie schon festgestellt, haben die Empfehlungen des ESRB jedoch noch nicht einmal für die nationalen Aufsichtsbehörden eine unmittelbar bindende Wirkung, sondern entfalten lediglich über den comply or explain-Mechanismus eine schwache Bindungswirkung. So können für Institute auch keine unmittelbaren Pflichten aus den Empfehlungen des ESRB erwachsen. Mittelbar können aber auch diese durch die Empfehlungen betroffen sein, sofern ein Mitgliedstaat oder eine Behörde auf die Empfehlungen entsprechend mit Regulierung oder Aufsichtsmaßnahmen reagiert. Eine solche Beeinflussung ist momentan nicht ersichtlich und hätte durch die bisherig von den Empfehlungen betroffenen Themengebiete auch keine Auswirkung auf die hier untersuchten Anforderungen an Organmitglieder, weshalb auf eine inhaltliche Untersuchung der Empfehlungen verzichtet wird. d) Die Finanzaufsicht in Deutschland Teil des ESFS sind über die europäischen Behörden hinaus auch die nationalen Aufsichtsbehörden. Die nationalen Aufsichtsbehörden sind dabei für die Zugangskontrolle zuständig und übernehmen die laufende Überwachung (day-to-day supervision) der Institute.131 In Deutschland teilen sich gem. § 6 Abs. 1 KWG die Kompetenz für die Bankenaufsicht die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und die Deutsche Bundesbank. Die primär zuständige Verwaltungsbehörde ist dabei nach § 6 Abs. 1 KWG die BaFin, wohingegen die Bundesbank lediglich im Rahmen der ihr durch § 7 Abs. 1 KWG zugewiesenen Aufgaben tätig wird. Die Bundesbank übernimmt hierbei die operativen Tätigkeiten der laufenden Aufsicht über die Institute132, wobei das Maß der Eigenkapitalausstattung und der Risikoabsicherung im Mittelpunkt steht. Hierzu prüft die Bundesbank die Jahresabschlüsse, Monatsberichte und sonstige Berichte sowie Meldungen der Institute und die Prüfungsberichte der jeweiligen Wirtschaftsprüfer auf die Eigenmittelsituation des Instituts.133 Die BaFin kümmert sich hingegen um alle anderen Aufgaben der Aufsicht, also insbesondere die allgemeine Gewerbeerlaubnis (§§ 32 ff. KWG), die Durchführung 129

Empfehlung des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken vom 20. Dezember 2012 zu Geldmarktfonds (ESRB/2012/1), ABl. EU v. 25. Mai 2013, C 146, S. 1. 130 Empfehlung des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken vom 22. Dezember 2011 zu dem makroprudenziellen Mandat der nationalen Behörden (ESRB/2011/3), ABl. EU v. 14. Februar 2012, C 41, S. 1; vom 04. April 2013 zu Zwischenzielen und Instrumenten für makroprudenzielle Maßnahmen (ESRB/2013/1), ABl. EU v. 15. Juni 2013, C 170, S. 1. 131 Erwägungsgrund 9 der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010, Nr. 1094/2010 und Nr. 1095/ 2010; Koslowski, S. 100; Hilke, S. 56 ff. 132 Haug, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, 2017, § 123 Rn. 97 ff.; Hilke, S. 58. 133 Haug, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, 2017, § 123 Rn. 98 f.

A. Grundlegendes zum Aufsichtsrecht

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von Maßnahmen zur Beseitigung von Missständen und gem. § 6 Abs. 1 S. 2 KWG i.V.m. Art. 458 VO (EU) Nr. 575/2013 um die Makroaufsicht und Überwachung von Systemrisiken auf nationaler Ebene. Hervorzuheben ist hierbei, dass die BaFin nicht nur Einzelfallmaßnahmen ergreift bzw. ergreifen darf, sondern auch regulierend tätig wird.134 Schon durch einen solchen kurzen Blick auf die Aufgabenverteilung wird schnell deutlich, dass der Arbeitsschwerpunkt der Bundesbank in der quantitativen Aufsicht liegt. Die qualitative Aufsicht inklusive der entsprechenden Umsetzungsmaßnahmen und auch der abgeleiteten Regulierung liegt demgegenüber im Kompetenzbereich der BaFin. Dementsprechend ist die Arbeit der BaFin für die vorliegende Untersuchung von vorrangiger Bedeutung. Inwiefern insbesondere die regulierende Tätigkeit den Pflichtenkatalog von Organmitgliedern der Institute zu beeinflussen imstande ist, wird im folgenden Abschnitt über die Rechtsquellen des Aufsichtsrechts behandelt. 3. Die Rolle der EZB135 Die laufende Aufsicht obliegt allerdings nicht allein den nationalen Behörden, sondern fällt zum Teil auch in den Aufgabenbereich der EZB. Die Bestrebungen, die europäische Aufsicht zu harmonisieren, reichten so weit, dass zeitweise über eine uneingeschränkte Bankenunion diskutiert wurde, in der alle Institute des Euro-Währungsraumes der Aufsicht der EZB unterstanden hätten.136 Ganz so drastisch wurde die Bankenunion letztlich jedoch nicht durchgesetzt. Die Ende Oktober 2013 in Kraft getretene sog. SSM137-Verordnung138 übertrug der EZB die Aufsicht für „bedeutende“ Institute in der Euro-Zone. „Bedeutend“ sind gem. Art. 6 Abs. 5 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 dabei nur systemrelevante Institute, deren Bilanzsumme über 30 Mil134 So beispielsweise die Verordnung über Risikomanagement und Risikomessung beim Einsatz von Derivaten, Wertpapier-Darlehen und Pensionsgeschäften in Investmentvermögen nach dem Kapitalanlagegesetzbuch (Derivateverordnung – DerivateV), Verordnung zur Konkretisierung der Verhaltensregeln und Organisationsregeln nach dem Kapitalanlagegesetzbuch (Kapitalanlage-Verhaltens- und -Organisationsverordnung – KAVerOV) und die Verordnung über Inhalt, Umfang und Darstellung der Rechnungslegung von Sondervermögen, Investmentaktiengesellschaften und Investmentkommanditgesellschaften sowie über die Bewertung der zu dem Investmentvermögen gehörenden Vermögensgegenstände (Kapitalanlage-Rechnungslegungs- und -Bewertungsverordnung – KARBV). 135 Detailliert zur Rolle der EZB Ruthig, ZHR 178 (2014), 443 (443 ff.). 136 Mitteilung der Europäischen Kommission an das Europäische Parlament und den Rat vom 12. September 2012 – „Fahrplan für eine Bankenunion“, COM(2012) 510 final, S. 6, abrufbar unter http://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/1/2012/DE/1-2012-510-DE-F1-1. Pdf [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018]. 137 SSM ist die Abkürzung für den englischen Begriff des Single Supervisory Mechanism (deutsch: Einheitlicher Bankenaufsichtsmechanismus). 138 Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank, ABl. v. 15. Oktober 2013, L 287, S. 63. Zum SSM im Einzelnen Berger, WM 2015, 501 (501 ff.).

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Teil 1: Das Aufsichtsrecht in Deutschland, der EU und der Welt

lionen Euro oder mehr als 20 % der Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt) eines Landes beträgt. Teilnehmende Länder sind alle der Euro-Zone angehörigen Mitgliedstaaten der EU. Diejenigen EU-Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist, können sich freiwillig unter die europäische Aufsicht stellen und gehören in der Folge auch zu dem Kreis der „teilnehmenden Länder“. In diesem Sinne bedeutende Institute, die unmittelbar von der EZB beaufsichtigt werden, gibt es europaweit zurzeit 119.139 Darunter sind aktuell 21 deutsche Institutsgruppen.140 Diese Institute unterliegen der direkten Aufsicht der EZB im Rahmen der dieser gem. Art. 4 VO (EU) Nr. 1024/2013 übertragenen Aufgaben, zu denen auch Elemente der qualitativen Aufsicht (siehe Absatz 1 Buchstaben e) und f)) gehören. Die Aufsichtstätigkeit liegt dabei tatsächlich jedoch nicht allein bei der EZB, sondern bei dieser und den nationalen Behörden kooperativ. Art. 6 VO (EU) Nr. 1024/2013 steckt den Rahmen der jeweiligen Tätigkeitsbereiche ab und regelt die Zusammenarbeit der EZB mit den nationalen Behörden. Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 VO (EU) Nr. 1024/2013 belässt u. a. auch die qualitative Aufsicht der bedeutenden Institute in der Hand der nationalen Behörden, stellt diese Aufsichtstätigkeiten aber unter die Vorgaben der EZB gem. Absatz 7. Nach Unterabsatz 2 behalten die nationalen Behörden zudem ihre Befugnis zur Informationseinholung und Überprüfung von Instituten. Dies ist nicht nur in Anbetracht dessen sinnvoll, dass eine nationale Aufsicht in befriedigendem Maße bei Ausklammerung der größten Institute nicht möglich ist. Es ist auch unter dem Gesichtspunkt zu begrüßen, als die EZB so auf die Ressourcen und die Expertise der nationalen Aufsichtsbehörden zurückgreifen kann, zumal die EZB gem. Art. 4 Abs. 3 UAbs. 1 VO (EU) Nr. 1024/2013 auch die nationalen Vorschriften zu beachten hat. Aus der Verordnung geht hervor, dass die nationalen Behörden insbesondere als Zuarbeiter der EZB fungieren sollen141, wohingegen die EZB vorrangig die Position der Überwachungs- wie auch der Letztentscheidungsinstanz innehat und die Koordination der europaweiten Aufsicht übernimmt.142 Die Zusammenarbeit der nationalen Aufsichtsbehörden und der EZB muss dementsprechend eng erfolgen. 139 Siehe dazu Seite 1 der aktuellen Liste der EZB bezüglich der beaufsichtigten Institute vom 5. Dezember 2017, abrufbar unter https://www.bankingsupervision.europa.eu/ecb/pub/pdf/ ssm.list_of_supervised_entities_201712.en.pdf [zuletzt aufgerufen am 17. 02. 2018]. 140 Liste der von der EZB beaufsichtigten Institute, a.a.O. Fn. 139, S. 1 f. 141 Vgl. dazu auch die Ausführungen der BaFin im Merkblatt zu den Mitgliedern von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und KAGB vom 4. Januar 2016, S. 4 (abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Merkblatt/dl_mb_170131_AR_ KWG_KAGB.pdf?__blob=publicationFile&v=3 [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018]), wonach die Anzeigen über die Bestellung oder das Ausscheiden von Organmitgliedern gegenüber der Bundesanstalt und der BaFin zu erfolgen hat. Die inhaltliche Beurteilung der Eignung nimmt allerdings dann die EZB selbst vor; vgl. auch Berger, WM 2015, 501 (502); Ruthig, ZHR 178 (2014), 443 (473 ff.). 142 Berger, WM 2015, 501 (502); vgl. Ruthig, ZHR 178 (2014), 443 (473 f.).

A. Grundlegendes zum Aufsichtsrecht

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Zu beachten ist jedoch, dass die Aufsichtstätigkeit hinsichtlich der bedeutenden Institute letztlich in den Zuständigkeitsbereich der EZB fällt und diese damit auch entsprechende Eingriffsbefugnisse hat. In der Praxis bedeutet dies für die systemrelevanten Institute, dass sie nicht nur an die nationalen Behörden, in Deutschland also an die BaFin und die Bundesbank, sondern auch an die EZB berichten müssen und ebenso Sanktionen bei Verstößen zu erwarten haben.143 Abgesehen von der Verhängung von Bußgeldern im Einzelfall gem. Art. 18 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 sind die beaufsichtigten Institute, und damit auch ihre Organe, von Regelungen der EZB aber selten direkt betroffen. Die Tätigkeit der EZB beschränkt sich hier vorrangig auf koordinative Regelungen gerichtet an die nationalen Behörden, sodass die Arbeit der EZB auf die vorliegend zu untersuchenden Anforderungen für Organmitglieder nur mittelbare Auswirkungen hat.

Europäisches Finanzaufsichtssystem Makroaufsicht

europäisch

ESRB

EBA

Bankenaufsicht

EIOPA

ESMA

Versicherungsaufsicht

Gemeinsamer Ausschuss

na"onal

EZB

Wertpapieraufsicht

BaFin

Bundesbank

Allgemeine Aufsicht und Makroaufsicht auf na"onaler Ebene

Unterstützung der BaFin bei der laufenden Aufsicht

bereichsspezifische Mikroaufsicht

Aufsicht über bedeutende Ins"tute

beaufsich"gte Finanzmark!eilnehmer Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 1: Zusammenfassende Übersicht zum ESFS

IV. Zusammenfassung Die europäische Finanzaufsichtslandschaft als Teil der branchenspezifischen Wirtschaftsaufsicht hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Der Ansatz geht

143 Zu den einzelnen Sanktionsmöglichkeiten und den Verfahrensvorschriften sowie den Rechtsschutzmöglichkeiten siehe Zagouras, WM 2017, 558 (558 ff.).

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Teil 1: Das Aufsichtsrecht in Deutschland, der EU und der Welt

mittlerweile verstärkt zu einer europäisierten Ausrichtung der Aufsicht und einer europaweiten Harmonisierung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben. Die unmittelbare Aufsicht im europäischen Raum übernehmen nach wie vor im Wesentlichen die nationalen Behörden selbst. Zentraler Akteur der deutschen Finanzaufsicht ist deshalb seit 2002 die BaFin, die durch die Arbeit der Bundesbank unterstützt wird und Teile ihrer Zuständigkeit hinsichtlich systemrelevanter Institute an die EZB abtreten musste. Auf dem Rücken von BaFin und EZB sind auch die Eingriffs-Kompetenzen gegenüber den Instituten gebündelt, sodass das Handeln dieser Behörden für die beaufsichtigten Finanzmarktteilnehmer besondere Bedeutung hat. Zwar erschöpft sich die aufsichtliche Tätigkeit der Behörden nicht in der Arbeit von BaFin und EZB, allerdings sind die restlichen europäischen Aufsichtsbehörden in Form der ESAs und des ESRB insofern nur von nachgeordneter Bedeutung für die beaufsichtigten Institute, als ihnen keine bzw. nur sehr beschränkte Handlungsbefugnisse gegenüber den Unternehmen zugestanden worden sind. Ihr Beitrag liegt mit jeweils unterschiedlicher Schwerpunktsetzung überwiegend in der Überwachung des Aufsichtssystems. Der Wandel der Finanzaufsicht nach der Finanzkrise beschränkte sich allerdings nicht auf die Neuorganisation des Finanzaufsichtssystems, sondern umfasste auch eine Neuordnung des bisherigen aufsichtsrechtlichen Normenkatalogs. Das Aufsichtsrecht wurde zunehmend qualitativ und prinzipienorientiert ausgestaltet und nahm sich in regulatorischer Hinsicht neben anderen Bereichen insbesondere auch die Corporate Governance von Instituten verstärkt vor. In welchen internationalen und nationalen Regelwerken diese Neuordnung ihren Niederschlag gefunden hat, wird im folgenden Abschnitt thematisiert werden.

B. Die Rechtsquellen des Bankenaufsichtsrechts I. Die Besonderheiten der aufsichtsrechtlichen Regulierung und ihrer Einordnung in das bestehende Rechtssystem Durch die weltweite Finanzmarktkrise sah man sich nicht nur auf nationaler, sondern insbesondere auch auf supranationaler Ebene gezwungen, die Finanzmärkte und seine Akteure besser zu überwachen und zu regulieren. Das Aufsichtsrecht hat sich seitdem nicht nur in Bezug auf seine inhaltliche Ausrichtung stark verändert, sondern auch die Masse an aufsichtsrechtlichen Regelwerken hat seither stark zugenommen. Bis heute ist die Flut an neuen aufsichtsrechtlichen Vorgaben sowohl auf nationaler als auch europäischer Ebene noch nicht abgerissen. In den letzten Jahren wurden aufsichtsrechtliche Regelungen halbjährlich bis jährlich neu erschaffen oder aber abgeändert sowie erweitert. Vorschriften finden sich dabei auf der Ebene nationaler Behörden, in nationalen Parlamentsgesetzen, im Europarecht, aber auch in Form von Richtlinien und Emp-

B. Die Rechtsquellen des Bankenaufsichtsrechts

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fehlungen europäischer Institutionen. Selbst auf nationaler Ebene sind die Regelungen meist nicht an einer zentralen Stelle zu finden. In Deutschland gibt es beispielsweise kein „Aufsichtsgesetzbuch“, sondern vielmehr verteilen sich die aufsichtsrechtlichen Vorgaben auf verschiedene Gesetze, je nach betroffener Branche. Dies führt dazu, dass es zuweilen schwerfällt, den Überblick über die einschlägigen Vorschriften zu behalten. Neben der Aktualität und der Vielfältigkeit weist das deutsche Aufsichtsrecht als Rechtsgebiet zudem noch eine weitere Besonderheit auf: Das Gebiet hat bisher vor allem Praktiker beschäftigt und wurde (rechts-)wissenschaftlich sowie rechtsdogmatisch nur selten durchleuchtet. Die Schwierigkeit einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit diesem Bereich besteht zum einen darin, dass das Aufsichtsrecht eine verwaltungsrechtliche Materie darstellt, aber gleichzeitig auch für das Gesellschaftsrecht der beaufsichtigten Unternehmen von Bedeutung ist. Zum anderen ist es eine Herausforderung, auf ein relativ junges, sehr praxisorientiertes Gebiet deutsche rechtsdogmatische und rechtstheoretische Strukturen zu übertragen, die zum Zeitpunkt ihrer Erschaffung auf andere Materien zugeschnitten wurden. Dies wird auch dadurch begünstigt, dass das Rechtsgebiet stark durch das Europarecht geprägt ist und dieses das deutsche, formaljuristische Rechtsdenken nicht kennt. Aus diesen Gründen werden im Folgenden zunächst die verschiedenen nationalen und internationalen Rechtsquellen, die für deutsche Institute von Relevanz sind, kurz vorgestellt. Dabei wird darauf eingegangen, inwieweit die genannten Regelwerke rechtsverbindlich sind. Dazu gehört auch der Versuch, die europäischen und nationalen Vorschriften in das europäische sowie das deutsche Rechtssystem einzuordnen und deren Stellung im Regelungsgefüge zu verdeutlichen, wobei die Betrachtung in diesem Abschnitt rein formalrechtlich erfolgen wird.

II. Verlautbarungen des Baseler Ausschusses Vor der Zeit der Finanzkrise waren der Baseler Ausschuss und seine Richtlinien der großen Breite der Gesellschaft wohl eher unbekannt, aber durchaus existent. Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (eng. Basel Committee on Banking Supervision)144 wurde bereits 1974 durch die G10-Staaten ins Leben berufen. Seine erste Eigenkapitalvereinbarung145 – „Basel I“ genannt – trat auch weit vor der weltweiten Finanzmarktkrise im Jahre 1992 in Kraft. Gegenstand dieser Vereinbarung war es primär, die Sicherstellung einer angemessenen Eigenkapitaldeckung und somit der Solvenz der Banken zu erreichen. Dieser rein quantitative Ansatz wurde jedoch bereits in den folgenden Jahren aufgegeben, was sich sodann in den in 2006 in Kraft getretenen Vorgaben der Neufassung „Basel II“ manifestierte. Seit Basel II ist 144 145

Hierzu bereits Teil 1, A.III.1., S. 40. Dazu genauer Glawischnig-Quinke, in: Szesny/Kuthe, 2014, Kap. 14 Rn. 11 ff.

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Teil 1: Das Aufsichtsrecht in Deutschland, der EU und der Welt

Grundlage des internationalen Aufsichtsrechts ein dreiteiliges Säulensystem, in dem quantitative und qualitative Aufsichtselemente vereint werden. In der ersten Säule von Basel II gingen die Eigenkapitalanforderung von Basel I auf und wurden seither weiter ausgearbeitet und erweitert. Dieses quantitative Element wurde durch die zweite Säule mit dem bankaufsichtlichen Überprüfungsprozess ergänzt. Dieser Supervisory Review Process (kurz SRP) hat primär das Ziel, die Risikostruktur eines Instituts zu identifizieren und diese zu den Eigenkapitalstrukturen in Verhältnis zu setzen. Die dritte Säule soll durch vermehrte Offenlegungspflichten für die Institute die Marktdisziplin stärken. Als Reaktion auf die Entwicklungen im Rahmen der Finanzmarktkrise folgte daraufhin nach weiteren zwischenzeitlichen kleineren Überarbeitungen (auch „Basel II plus“ oder „Basel 2.5“ genannt) im Dezember 2010 die Veröffentlichung des zunächst vorläufigen, neuen Regelwerks „Basel III“. Basel III ergänzt die Basel IIRegelungen insbesondere durch strengere Eigenkapital- und Liquiditätsvorschriften. Das Reglement des Basler Ausschusses stellt als solches allerdings kein bindendes (Völker-)Recht dar.146 Im Fall von Basel III haben die G20-Staats- und Regierungschefs die Vereinbarungen im Rahmen des G20-Gipfels gebilligt und sich zur Umsetzung der Vorgaben verpflichtet. Erst durch diese Umsetzungsakte wurden die Vorgaben dann auch tatsächlich verbindlich. In Europa erfolgte die Umsetzung durch verschiedene Richtlinien147, die unter dem Begriff der Capital Requirements Directive (CRD) zusammengefasst werden. Im Laufe der weiteren Untersuchung wird daher auf die Bezugnahme auf Basel III weitestgehend verzichtet und nur die Anforderungen der rechtsverbindlichen Umsetzungsakte weiter beleuchtet werden.

III. Europäisches Regelungsumfeld Auf europäischer Ebene hat sich nicht nur die Regelungsdichte hinsichtlich des Aufsichtsrechts maßgeblich vergrößert, sondern auch die Normenstruktur des Aufsichtsrechts als solche hat sich grundlegend verändert. Die zunächst wichtigste Rechtsquelle auf europäischer Ebene stellt das Regelungspaket zur Umsetzung der Basel III-Verlautbarungen dar, das die Capital Requirements Regulation (CRR) sowie die Capital Requirements Directive IV (CRD IV) umfasst.

146

Siehe in der Charta des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht, a.a.O. Fn. 75, I. 3. (S. 1); Glawischnig-Quinke, in: Szesny/Kuthe, 2014, Kap. 14 Rn. 9; Hilke, S. 42 f.; Hopt/ Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 406 f. 147 Die Basel II-Vorgaben wurden durch die sog. Bankenrichtlinie 2006/48/EG und die Kapitaladäquanzrichtlinie 2006/49/EG jeweils vom 14. Juni 2006 in europäisches Recht umgesetzt.

B. Die Rechtsquellen des Bankenaufsichtsrechts

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1. Capital Requirements Regulation (CRR) Die EU-Verordnung Nr. 575/2013148 ist besser bekannt unter dem Namen Capital Requirements Regulation oder kurz CRR. Als Verordnung ist die CRR gem. Art. 288 Abs. 2 AEUV unmittelbar geltendes Unionsrecht und damit auch innerhalb der EUMitgliedsstaaten direkt bindendes Recht, ohne dass es dafür einer nationalen Umsetzung bedürfte. Die CRR statuiert inhaltlich vor allem Mindestanforderung hinsichtlich der Kapitalausstattung sowie Offenlegungspflichten der Institute.149 Mit der Verschärfung der bisher geltenden Mindestkapitalanforderungen nach der Finanzmarktkrise wurde auf Schwachstellen der Eigenmittelversorgung der Banken reagiert.150 Eine der zentralen Neuerungen ist die Definition der Eigenmittel151: Unterschieden wird hier nunmehr zwischen Kernkapital (Tier 1-Kapital)152, mit einer Unterteilung in hartes (sog. CET 1-Kapital) und ergänzendes Kernkapital (sog. AT 1-Kapital)153, sowie Ergänzungskapital (sog. Tier 2-Kapital)154. Das Kernkapital ist dabei dafür vorgesehen, laufende Verluste abzudecken und somit die Unternehmensfortführung (going concern) sicherzustellen, wohingegen das Ergänzungskapital dafür sorgen soll, dass Verluste im Fall der Insolvenz (gone concern) ausgeglichen werden können.155 Besonders hervorzuheben ist hierbei, dass seit Inkrafttreten der CRR die Eigenmittelausstattung für den Fall der Unternehmensfortführung fast ausschließlich (minimal 75 % des Tier 1-Kapitals) mit hartem Kernkapital gestemmt werden muss.156 Der Wandel von der rein quantitativen zur (auch) qualitativen Aufsicht

148

Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012. 149 Sprengard/Waßmann, WPg 2015, 236 (238); Kirchhartz, GWR 2013, 395 (395); siehe dazu außerdem den zusammenfassenden Artikel von Birgit Höpfner vom 02. 01. 2014, abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Fachartikel/2014/fa_bj_1401_ start_crd_iv_crr.html [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018]; van Rijn/Wojcik, in: Grieser/Heemann, 2016, Kap. II Rn. 39 f.; zum genauen Anwendungsbereich und den einzelnen Regelungsinhalten für Finanzdienstleistungsinstitute siehe zusammenfassend Sprengard/Waßmann, WPg 2015, 236 (236); ausführlicher zu den Liquiditäts- und Mindestkapitalvorschriften Hinze/ Sassen, WPg 2014, 618. 150 Sprengard/Waßmann, WPg 2015, 236 (236); vgl. Hinze/Sassen, WPg 2014, 618 (619); Kirchhartz, GWR 2013, 395 (395). 151 Siehe dazu vertiefend Andrae/Krösl, in: Grieser/Heemann, 2016, Kap. XII Rn. 463 ff. 152 Hinze/Sassen, WPg 2014, 618 (620); Andrae/Krösl, in: Grieser/Heemann, 2016, Kap. XII Rn. 473 ff. 153 Artikel von Birgit Höpfner, a.a.O. Fn. 149. 154 Hinze/Sassen, WPg 2014, 618 (620); dazu Andrae/Krösl, in: Grieser/Heemann, 2016, Kap. XII Rn. 488 ff. 155 Hinze/Sassen, WPg 2014, 618 (620). 156 Hinze/Sassen, WPg 2014, 618 (620); hinsichtlich der Eigenkapitalquoten nach Basel III, die jedoch durch die CRR in europäisches Recht umgesetzt wurden Hilke, S. 51.

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Teil 1: Das Aufsichtsrecht in Deutschland, der EU und der Welt

schlägt sich somit in den quantitativen Regelungen nieder. Darüber hinaus wurden aber noch diverse Liquiditätsanforderungen und -kennzahlen angepasst. Aus dieser Zusammenfassung wird deutlich, dass der Kern des CRR-Regelungsgehalts quantitative Vorgaben für die Institute sind. Rein qualitative Vorgaben im Sinne der Corporate Governance finden sich in der Verordnung jedoch nicht, sodass diese für die weitere Untersuchung keine Relevanz beanspruchen kann. 2. Capital Requirements Directive (CRD IV) Die dem ganzen europäischen Reformpaket den Namen gebende Capital Requirements Directive (CRD IV)157 ist eine Europäische Richtlinie im Sinne des Art. 288 Abs. 3 AEUV und dementsprechend kein in den Mitgliedstaaten unmittelbar geltendes Recht. Der deutsche Gesetzgeber war verpflichtet, die CRD IV zum 31. Dezember 2013 in nationales Recht umzusetzen, was auch fristgerecht mit dem CRD IV-Umsetzungsgesetz vom 28. August 2013158 geschehen ist. Die Richtlinie enthält Vorgaben hinsichtlich des aufsichtsrechtlichen Überprüfungsprozesses, der Corporate Governance der Institute wie auch der notwendigen Kapitalpuffer und ist mithin ein Regelwerk, das sowohl quantitative als auch qualitative Elemente bereithält. Die Anforderungen der CRD IV-Richtlinie wurden hauptsächlich durch Reformierung des KWG umgesetzt159, sodass alle wesentlichen Regelungen dort auf deutscher, unmittelbar geltender Ebene wiederzufinden sind. Um den europäischen Bezug deutlich zu machen sowie gegebenenfalls bestehende Unterschiede in der europäischen und der deutschen Gesetzgebung in dieser Thematik aufzuzeigen, wird jedoch anlassbezogen darauf hingewiesen, sofern eine diskutierte Vorschrift eine Vorgabe der CRD IV umsetzt. Zudem wird die Struktur der Untersuchung anhand des Verständnisses des CRD IV-Pakets als Grundlage des europäischen Aufsichtsrechts ausgerichtet sowie auf die Maßgaben der Richtlinie als Auslegungshilfe zurückgegriffen.

157 Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG, ABl. L 176/338. 158 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2013/36/EU über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Anpassung des Aufsichtsrechts an die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen (CRD IV-Umsetzungsgesetz) vom 28. August 2013, BGBl. I S. 3395 ff. 159 Artikel 1 des CRD IV-Umsetzungsgesetzes; im Detail dazu Kirchhartz, GWR 2013, 395 (396 ff.).

B. Die Rechtsquellen des Bankenaufsichtsrechts

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3. Delegierte Rechtsakte und Durchführungsregelungen Die Kommission kann gem. Art. 290 Abs. 1 AEUV mit delegierten Rechtsakten „bestimmte nicht wesentliche Vorschriften“ europäischer Gesetze ergänzen und ändern sowie gem. Art. 291 Abs. 2 AEUV zur europaweiten Vereinheitlichung der Gesetzesdurchführung Durchführungsrechtsakte erlassen. Dafür müssen die betroffenen Europäischen Rechtsakte geeignet im Sinne der eben genannten Vorschriften sein und der Gesetzgebungsakt muss eine entsprechende Ermächtigung zu Gunsten der Kommission enthalten.160 Das Ergebnis dieses Verfahrens sind delegierte Rechtsakte, die, ohne Gesetzescharakter vorzuweisen, allgemeine Bindungswirkung beanspruchen.161 Im europäischen Bankenaufsichtsrecht gibt es mehrere solcher delegierten Rechtsakte162, wobei besonders die technischen Regulierungs- und Durchführungsstandards hervorzuheben sind. Die technischen Regulierungsstandards (Regulatory Technical Standards, RTS) finden ihre Grundlage in Art. 10 der ESAVerordnungen, wonach die Europäischen Aufsichtsbehörden zur Einreichung eines Entwurfs befugt sind, von dem auch die Kommission nur unter bestimmten, in den Verordnungen festgelegten Voraussetzungen abweichen darf.163 Gleiches gilt für die technischen Durchführungsstandards (Implementing Technical Standards, ITS) gem. Art. 15 der ESA-Verordnungen. Sowohl die RTS als auch die ITS beinhalten – wie der Name es schon nahelegt – ausschließlich technische Regelungen und betreffen damit vornehmlich die quantitative Aufsicht. Hinsichtlich der Corporate Governance von Instituten finden sich keine Regelungen in RTS oder ITS164, sodass sie im Folgenden trotz ihrer direkten Verbindlichkeit und ihrer Relevanz für die allgemeine Institutspraxis außer Betracht bleiben. 4. Verlautbarungen der Europäischen Aufsichtsbehörden Gem. Art. 16 der ESA-Verordnungen sind die Europäischen Aufsichtsbehörden dazu befugt, Leitlinien und Empfehlungen herauszugeben, „um innerhalb des ESFS kohärente, effiziente und wirksame Aufsichtspraktiken zu schaffen und eine ge160

Dazu zusammenfassend Wymeersch, ZGR 2011, 443 (464 f.); zu den Voraussetzungen explizit hinsichtlich einschlägiger, delegierter Rechtsakte im europäischen Bankaufsichtsrecht van Rijn/Wojcik, in: Grieser/Heemann, 2016, Kap. II Rn. 35 ff. 161 Vgl. Art. 290 Abs. 1 UAbs. 1 AEUV. 162 Eine zusammenfassende Übersicht findet sich bei van Rijn/Wojcik, in: Grieser/Heemann, 2016, Kap. II Rn. 40 f. 163 Siehe dazu auch van Rijn/Wojcik, in: Grieser/Heemann, 2016, Kap. II Rn. 35 ff. 164 Siehe die Auflistung im Hinblick auf die Governance betreffende Rechtsakte auf der Website der EBA, einsehbar unter http://www.eba.europa.eu/regulation-and-policy/internalgovernance/-/activity-list/vShI4QUWIDgt/more [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018].

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Teil 1: Das Aufsichtsrecht in Deutschland, der EU und der Welt

meinsame, einheitliche und kohärente Anwendung des Unionsrechts sicherzustellen“165. Empfehlungen sind gem. Art. 288 Abs. 5 AEUV unverbindliche Rechtsakte – ihnen kann also schon von Gesetzes wegen keine direkte Bindungswirkung zukommen. Sie haben dennoch zum einen im sog. Drei-Stufen-Mechanismus166 eine gewisse Bewandtnis, deren Bedeutung aber durch den Abschluss des Mechanismus mittels Erlass eines rechtsverbindlichen Beschlusses gem. Art. 288 Abs. 4 AEUV zu vernachlässigen ist.167 Darüber hinaus sollen sie von den nationalen Gerichten als Auslegungshilfen bezüglich des Europäischen Rechts Berücksichtigung finden.168 An der mangelnden formalen Bindungswirkung einer Empfehlung i.S.v. Art. 288 Abs. 5 AEUV ändert dies im Ergebnis jedoch nichts. Im Gegensatz hierzu gestalten sich die Qualifizierung der Leitlinien der ESAs und die Ermittlung ihrer Bindungswirkung etwas schwieriger. a) Einordnung von ESA-Leitlinien in das System der Rechtsquellen und Verbindlichkeit Leitlinien finden sich nicht wie Empfehlungen im Katalog des Art. 288 AEUV. Auf europarechtlicher Ebene existieren aber an verschiedenen Stellen „Leitlinien“, insbesondere im Wettbewerbsrecht.169 Dort werden Kommissions-Leitlinien vom

165

Art. 16 Abs. 1 UAbs. 1 ESA-VO. Auf der ersten Stufe haben die ESAs zunächst die Kompetenz, Untersuchungen hinsichtlich einer mutmaßlich nicht ordnungsgemäßen Anwendung der EU-aufsichtsrechtlichen Vorgaben zu tätigen, in deren Folge die Behörde eine Empfehlung erlässt. Kommt die nationale Behörde der Empfehlung nicht nach, kann die Kommission auf der zweiten Stufe eine förmliche Stellungnahme abgeben, in der sie die nationale Behörde zur Einhaltung des Unionsrechts auffordert. Erst auf der dritten Stufe und auch nur in Ausnahmesituationen können die ESAs Beschlüsse erlassen. Dazu Manger-Nestler, in: Grieser/Heemann, 2016, Kap. III, EBA, Rn. 89 ff.; Lehmann/Manger-Nestler, ZBB 2011, 2 (13); Kämmerer, NVwZ 2011, 1281 (1284); Michel, DÖV 2011, 728 (732 f.); Fekonja, S. 43; am Beispiel der ESMA Frank, S. 67 ff. 167 Manger-Nestler, Kreditwesen 2012, 38 (40). 168 Grimaldi-Rechtssprechung des EuGH basierend auf EuGH v. 13. 12. 1989, Rs. C-322/ 88, Slg. 1989, I-4407 – Salvatore Grimaldi/Fonds de maladies professionelles; EuGH v. 18. 03. 2010, verb. Rs. C-317/08 bis C-320/08, Slg. 2010, I-2213, Rn. 40 – Rosalba Alassini; EuGH v. 11. 09. 2003, Rs. C-207/01, Slg. 2003, I-8875, Rn. 41 – Altair Chimica/ENEL Distribuzione SpA; EuGH v. 21. 01. 1993, Rs. C-188/91, Slg. 1993, I-363, Rn. 18 – Deutsche Shell AG/ Hauptzollamt Hamburg-Harburg; diese Rechtsprechung im Hinblick auf die ESMA-Leitlinien genauer analysierend Frank, S. 130 ff. 169 EuGH v. 18. 05. 2006, Rs. C-397/03 P, Slg. 2006, I-4429 – Archer Daniels Midland (ADM); EuGH v. 28. 06. 2005, verb. Rs. C-189/02 P, C-202/02 P, C-205/02 P bis C-208/02 P und C-213/02 P, Slg. 2005, I-5495 – Dansk Rørindustri u. a./Kommission; Manger-Nestler, Kreditwesen 2012, 38 (39); dazu auch Ruffert, in: Calliess/Ruffert, 2016, Art. 288 AEUV Rn. 102. 166

B. Die Rechtsquellen des Bankenaufsichtsrechts

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EuGH als „Verhaltensnormen mit allgemeiner Geltung“ qualifiziert.170 „Verhaltensnorm“ ist dabei allerdings nicht mit „Rechtsnorm“ gleichzusetzen: Nach der Rechtsauffassung des EuGH stellen Verhaltensnormen wie die dort in Frage stehenden Leitlinien der Kommission keine Rechtsnorm dar, „die die Verwaltung in jedem Fall zu beachten hat“.171 Ein weiterer europarechtlicher, thematisch dem europäischen Aufsichtsrecht näherer Bereich, in dem Leitlinien im EU-Recht vorkommen, ist der des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB).172 Laut Art. 12.1 S. 1, 2 der ESZB-Satzung173 kann der ESZB-Rat zur Regelung der Aufgabenverteilung Leitlinien erlassen. Entscheidender Unterschied zu den Leitlinien der ESAs ist jedoch die Durchsetzungsmöglichkeit174: Die ESZB-Leitlinien können nämlich gegenüber ihren Adressaten – den nationalen Zentralbanken – von der EZB in einem der Aufsichtsklage ähnlichem Verfahren gem. Art. 271 lit. d) AEUV gerichtlich durchgesetzt werden. Eine solche Durchsetzungsmöglichkeit fehlt in den ESA-Verordnungen. Dort findet sich in Art. 16 Abs. 3 ESA-VO lediglich die Aussage, dass die zuständigen Behörden und Finanzinstitute „alle erforderlichen Anstrengungen“ unternähmen, den Leitlinien nachzukommen. Formuliert wird hier noch nicht einmal ein Gebot, sondern der Wortlaut der Verordnungen geht schlichtweg davon aus, dass die Adressaten der Leitlinien alle erforderlichen Anstrengungen „unternehmen“. Eine Möglichkeit, dies bei Missachtung der Leitlinien auch zwangsweise durchzusetzen, gesteht der europäische Gesetzgeber – nicht so wie beispielsweise im Rahmen der technischen Standards gem. Artt. 10 ff. ESA-VO – der erlassenden ESA nicht zu.175 Das einzige „Instrument“ der ESAs zur Durchsetzung in der Form des Aufbauens von öffentlichem Druck ist die Veröffentlichung, welche Behörden die Leitlinien nicht anwenden werden, Art. 16 Abs. 3 UAbs. 3 S. 1 ESA-VO, und aus welchen Gründen die Beachtung abgelehnt wird, Art. 16 Abs. 3 UAbs. 3 S. 1 ESA-VO. Die Veröffentlichungsmöglichkeit im Rahmen des bereits von den obigen Ausführungen

170 EuGH v. 28. 06. 2005, verb. Rs. C-189/02 P, C-202/02 P, C-205/02 P bis C-208/02 P und C-213/02 P, Slg. 2005, I-5495, Rn. 230 – Dansk Rørindustri u. a./Kommission; EuGH v. 18. 05. 2006, Rs. C-397/03 P, Slg. 2006, I-4429, 1. Leitsatz, Rn. 24 – Archer Daniels Midland (ADM). 171 EuGH v. 18. 05. 2006, Rs. C-397/03 P, Slg. 2006, I-4429, Leitsatz 1, Rn. 91 – Archer Daniels Midland (ADM). 172 Denselben Vergleich anstellend Manger-Nestler, in: Grieser/Heemann, 2016, Kap. III, EBA, Rn. 96 f.; Lehmann/Manger-Nestler, ZBB 2011, 2 (13) sowie Manger-Nestler, Kreditwesen 2012, 38 (39). 173 Veröffentlicht im Protokoll (Nr. 4) über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank v. 26. Oktober 2012, ABl. C 326/230. 174 Zur Erforderlichkeit einer Durchsetzungsmöglichkeit, um überhaupt von „law“ reden zu können Müller-Graff, EuR 2012, 18 (21). 175 So auch Manger-Nestler, Kreditwesen 2012, 38 (39 f.); Manger-Nestler, in: Grieser/ Heemann, 2016, Kap. III, EBA, Rn. 97.

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Teil 1: Das Aufsichtsrecht in Deutschland, der EU und der Welt

zum ESRB bekannten176 act/comply or explain-Mechanismus ermöglicht den ESAs auch keine nachhaltige Durchsetzung. Vielmehr kann hier den treffenden Worten von Lehmann und Manger-Nestler gefolgt und von einer „bloßen Prangerwirkung“177 gesprochen werden. Für die Annahme der formalrechtlichen Verbindlichkeit der Leitlinien gegenüber den (nationalen) Aufsichtsbehörden genügt dieser Mechanismus daher nicht.178 Im Verhältnis zu den Instituten steht den ESAs nicht einmal diese Möglichkeit der Veröffentlichung der (Nicht-)Befolgungserklärung gem. Art. 16 Abs. 3 UAbs. 4 ESA-VO zu. Unmittelbar werden also auch sie nicht durch die Leitlinien gebunden. Mittelbar könnte es noch zu einer Bindungswirkung kommen, sofern die Gerichte durch die Leitlinien gebunden werden. Der EuGH selbst sieht sich im Einklang mit der eben erörterten Qualifizierung der Leitlinien als nicht unmittelbar bindendes (Außen-)recht nicht an die Leitlinien gebunden, zieht sie aber als Auslegungshilfe heran.179 Gleiches kann im Grunde für die nationalen Gerichte angenommen werden, die die Leitlinien zwar zu berücksichtigen, aber nicht zwangsläufig zu befolgen haben.180 Im Gegensatz zum EuGH haben die nationalen Gerichte jedoch nicht die Kompetenz, die Leitlinien inhaltlich auf ihre Vereinbarkeit mit europäischem Recht zu überprüfen.181 Auch wenn sie keine unmittelbare Bindungswirkung nach außen entfalten, sind die Leitlinien dennoch nicht vollkommen wirkungslos. Unumstritten ist, dass die Leitlinien eine Selbstbindung der Verwaltung zur Folge haben.182 Die erlassenden Behörden tragen durch die Leitlinien ihre Auffassung zur Gesetzesauslegung nach außen und müssen sich diese dementsprechend auch entgegenhalten lassen. Insofern entsteht beim Rechtsanwender ein schützenswertes Vertrauen darauf, dass die erlassende Behörde auch auf Grundlage der nach außen gerichteten Leitlinien ent176 177

(40).

Zuvor Teil 1, A.III.2.c)cc), S. 48. Lehmann/Manger-Nestler, ZBB 2011, 2 (13); Manger-Nestler, Kreditwesen 2012, 38

178 So auch Lehmann/Manger-Nestler, ZBB 2011, 2 (13); Manger-Nestler, Kreditwesen 2012, 38 (40); Frank, S. 170, der zwar die Leitlinien der ESMA untersucht, dessen Überlegungen zu diesen jedoch aufgrund der gleichen Rechtsgrundlage der ESAs uneingeschränkt auf die Leitlinien der anderen ESAs übertragbar sind. 179 EuGH v. 07. 03. 2002, Rs. C-310/99, Slg. 2002, I-2289, Rn. 52 – Italienische Republik/ Kommission. 180 Siehe auch Frank, S. 167, der sich insofern aber für eine „subsidiäre Befolgungspflicht“ ausspricht. 181 Frank, S. 168. 182 EuGH v. 18. 05. 2006, Rs. C-397/03 P, Slg. 2006, I-4429, Rn. 91 – Archer Daniels Midland (ADM); EuGH v. 28. 06. 2005, verb. Rs. C-189/02 P, C-202/02 P, C-205/02 P bis C208/02 P und C-213/02 P, Slg. 2005, I-5495, Rn. 211 – Dansk Rørindustri u. a./Kommission; EuGH v. 13. 06. 2002, Rs. C-382/99, Slg. 2002, I-5163, Rn. 24 – Königreich der Niederlande/ Kommission; Frank, S. 153 ff.; Dickschen, S. 149 ff.

B. Die Rechtsquellen des Bankenaufsichtsrechts

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scheiden wird.183 Eine Grenze hat diese Selbstbindung zum einen allerdings, wenn die Leitlinien rechtswidrig sind.184 Zum anderen kann der Sinn der Selbstbindung nicht darin liegen, eine Verwaltungspraxis zu etablieren, von der unter keinen Umständen abgewichen werden darf. Abweichende Behördenentscheidungen sind demgemäß (im Einzelfall) möglich, bedürfen aber einer sachlichen Rechtfertigung.185 Zusammenfassend lässt sich festhalten: ESA-Leitlinien sind keine europäischen Außenrechtssätze und entfalten folglich keine unmittelbare Außenwirkung.186 In den Europäischen Verträgen sind Leitlinien nicht erwähnt, sodass sie insofern nichtkodifizierte Rechtsakte ohne Außenwirkung darstellen. Die rechtliche Wirkung beschränkt sich anhand ihrer Rechtsnatur zunächst einmal darauf, dass sie die ESAs in ihren Entscheidungen binden und von Gerichten als Auslegungshilfen zu berücksichtigen sind. Vergleichbar sind sie daher mit den im deutschen Recht existierenden norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften, die zum Verwaltungsinnenrecht gezählt werden.187 Die ESA-Leitlinien stellen weiches, europäisches Recht, sog. soft law, dar, und sind somit formalrechtlich nicht verbindlich. Inwiefern ihnen dennoch Bedeutung beigemessen werden kann bzw. sie eventuelle „faktische Wirkungen“ entfalten können, wird im dritten und vierten Teil dieser Arbeit untersucht werden. b) Relevante Leitlinien der European Banking Authority Es existieren aktuell zwei Leitlinien der EBA, die inhaltlich für die vorliegende Arbeit relevant sind: Zum einen sind das die EBA-Leitlinien zur internen Governance (GL 44)188 und darüber hinaus die Leitlinien zur Beurteilung der Eignung von Mitgliedern des Leitungsorgans und von Inhabern von Schlüsselfunktionen189. 183

Frank, S. 153. Frank, S. 154 f.; Dickschen, S. 152 ff. 185 Vgl. EuG v. 19. 05. 1994, T-2/93, Slg. 1994, II-323, Rn. 102 – Société anonyme à participation ouvrière Compagnie nationale Air France/Kommission; Frank, S. 155 ff.; Dickschen, S. 151 f. 186 Frank, S. 190; Lehmann/Manger-Nestler, ZBB 2011, 2 (13); Manger-Nestler, Kreditwesen 2012, 38 (39 f.); van Rijn/Wojcik, in: Grieser/Heemann, 2016, Kap. II Rn. 38; Dickschen, S. 124; Grabowski, S. 84; Bührle, S. 110; Schwarze, EuR 2011, 3 (9). 187 So auch Frank, S. 168; näher zu norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften sogleich Teil 1, B.IV.2.a)bb)(2), S. 76. 188 EBA-Leitlinien vom 27. September 2011, EBA GL 44, abrufbar in den Sprachen aller Mitgliedsstaaten unter https://www.eba.europa.eu/regulation-and-policy/internal-governance/ guidelines-on-internal-governance [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018]. 189 EBA-Leitlinien vom 22. November 2012, EBA/GL/2012/06, abrufbar in den Sprachen aller Mitgliedsstaaten unter https://www.eba.europa.eu/regulation-and-policy/internal-gover nance/guidelines-on-the-assessment-of-the-suitability-of-members-of-the-management-bodyand-key-function-holders [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018]. 184

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Teil 1: Das Aufsichtsrecht in Deutschland, der EU und der Welt

Beide wurden in den letzten Jahren allerdings überarbeitet und im September 2017 nunmehr neu erlassen.190 Sie werden beide am 30. Juni 2018 in Kraft und damit an die Stelle ihrer Vorgänger treten.

IV. Die Rechtsquellen des deutschen Aufsichtsrechts 1. Gesetzliche Regelungen a) Kreditwesengesetz Auf deutscher Ebene ist das für diese Arbeit aufgrund der Fokussierung auf die Finanzbranche hauptsächlich relevante Gesetz das Kreditwesengesetz (KWG). Insbesondere von Bedeutung sind hierbei die §§ 25a ff. KWG191, die Regelungen hinsichtlich des Risikomanagements und der Compliance sowie persönliche Vorgaben für den Vorstand und das Verwaltungsorgan der angesprochenen Institute enthalten. aa) Entwicklung seit der Finanzkrise Durch die Finanzkrise hat das KWG in den letzten Jahren viele Änderungen erfahren: Seit Ende 2008 wurde das KWG beeindruckende 65 Mal durch 53 Änderungsgesetze geändert.192 Darunter sind allein seit 2013 bereits 10 Änderungen193 zu zählen, die § 25a KWG und damit den zentralen Untersuchungsinhalt dieser Arbeit betroffen haben. Besonders bedeutungsvoll ist hiervon das CRD IV-Umsetzungsgesetz vom 28. August 2013. Durch das CRD IV-Umsetzungsgesetz wurden die in dieser Arbeit besonders im Fokus stehenden §§ 25a ff. KWG vollkommen reformiert und erweitert. Diese Reformierung beschränkte sich nicht auf eine 190 Guidelines on internal governance under Directive 2013/36/EU, EBA-Leitlinien vom 26. September 2017 (EBA/GL/2017/11), als Final Report abrufbar unter https://www.eba.euro pa.eu/documents/10180/1972987/Final+Guidelines+on+Internal+Governance+%28EBAGL-2017-11%29.pdf [zuletzt aufgerufen am 01. 03. 2018]; Guidelines on the assessment of the suitability of members of the management body and key function holders under Directive 2013/ 36/EU and Directive 2014/65/EU, EBA-Leitlinien vom 26. September 2017 (EBA/GL/2017/ 12), als Final Report abrufbar unter https://www.eba.europa.eu/documents/10180/1972984/ Joint+ESMA+and+EBA+Guidelines+on+the+assessment+of+suitability+of+member s+of+the+management+body+and+key+function+holders+%28EBA-GL-2017-12%29. pdf/43592777-a543-4a42-8d39-530dd4401832 [zuletzt aufgerufen am 01. 03. 2018]. 191 Die Untersuchung beschränkt sich auf §§ 25a, 25c und 25d KWG. Die diesen nachfolgenden speziellen Vorgaben zu den Anforderungen bei verbundenen Vermittlern, innerhalb von Konzernen, hinsichtlich des bargeldlosen Zahlungsverkehrs sowie die spezifischen Regelungen zur Geldwäscheprävention bleiben wegen ihrer Spezialität im Folgenden außer Betracht. 192 Stand: 01. 03. 2018. Die Zählung beruht auf der Änderungshistorie auf juris. 193 Stand: 01. 03. 2018. Siehe die Änderungshistorie auf juris, a.a.O. Fn. 192.

B. Die Rechtsquellen des Bankenaufsichtsrechts

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Konkretisierung der Anforderungen an ein angemessenes Risikomanagement gem. § 25a KWG194, sondern umfasste auch die Einführung der heutigen §§ 25b-d KWG. In § 25b KWG wurde in diesem Zusammenhang den zuvor in § 25a Abs. 2 KWG a.F. zu findenden Vorgaben zur Auslagerung von Geschäftsteilen eine eigenständige Regelung zugestanden. Auch die persönlichen Anforderungen an die Geschäftsleiter und die Mitglieder des Verwaltungsorgans fanden mit § 25c und § 25d KWG eine angemessene Beförderung durch das CRD IV-Umsetzungsgesetz. Zuvor waren Maßgaben bezüglich der Personen der Organmitglieder nur im Rahmen der Betriebserlaubnis gem. §§ 33, 36 KWG a.F. implizit geregelt. So wurde dem Umstand, dass insbesondere, aber nicht nur die Anforderungen an Verwaltungsorganmitglieder in der Finanzbranche als bisher unzureichend angesehen wurden, durch diese Änderung Rechnung getragen. Im folgenden Verlauf zeigte sich noch weiterer Präzisierungsbedarf hinsichtlich dieser in der Finanzregulierung neuen Art der Anforderungsregelung, sodass die §§ 25c, 25d KWG im Laufe des Jahres 2014 durch das Risikoabschirmungsgesetz195 und das Finanzanpassungsgesetz196 noch wesentliche Erweiterungen erfuhren. Nunmehr finden sich in den §§ 25c, 25d KWG neben detaillierten Vorgaben zur persönlichen Eignung der Organmitglieder197 sowie zur maximal zulässigen Mandatsanzahl auch konkrete Organisationspflichten198. Durch das BRRD-Umsetzungsgesetz199 änderte sich im Dezember 2014 im Zusammenhang mit der Umsetzung des einheitlichen europäischen Bankenaufsichtsmechanismus sodann das Zuständigkeitsverhältnis zwischen deutscher und europäischer Aufsicht zu Gunsten der Letztgenannten. Dadurch wurde der Fokus der betroffenen, direkt der europäischen Bankenaufsicht unterstehenden Institute weiter in Richtung des europäischen Rechts gerückt. Die jüngste erwähnenswerte Änderung entfaltete ihre Wirkung am 06. November 2015: Seit diesem Zeitpunkt enthält § 25a KWG eine Verordnungsermächtigung zu Gunsten des Bundesfinanzministeriums im Bereich des in dieser Arbeit näher un194

Zum genauen Inhalt der Vorschrift siehe im Folgenden ab Teil 3, B.II.2., S. 177 ff. Artikel 3 des Gesetzes zur Abschirmung von Risiken und zur Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Finanzgruppen vom 7. August 2013, BGBl. I S. 3102 ff. 196 Artikel 1 des Gesetzes zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes vom 15. Juli 2014, BGBl. I S. 934 ff. 197 Siehe dazu für die Geschäftsleiter Teil 3, A.II., S. 124 und für das Überwachungsorgan Teil 4, B., S. 228. 198 Siehe unten Teil 3, B.II.2.b)bb), S. 181 ff. sowie Teil 4, C.II., S. 235 ff. 199 Artikel 2 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (BRRDUmsetzungsgesetz) vom 10. Dezember 2014, BGBl. I S. 2165 ff. 195

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Teil 1: Das Aufsichtsrecht in Deutschland, der EU und der Welt

tersuchten Risikomanagements und der Compliance. Welche inhaltliche und strukturelle Veränderung diese Einfügung mit sich bringt, wird sich im Laufe der Untersuchung zeigen. bb) Institutioneller Anwendungsbereich des KWG Das KWG wendet sich mit seinen Vorschriften an „Institute“. Unter den Begriff des Instituts fallen § 1 Abs. 1b KWG Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute, die wiederum in § 1 Abs. 1 KWG und § 1 Abs. 1a KWG definiert werden. Beide Absätze machen die Qualifizierung eines Instituts als Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut davon abhängig, welche Geschäfte ein Unternehmen betreibt. Dahingehend enthält jeweils Satz 2 der genannten Normen einen abschließenden Katalog200 an einschlägigen Geschäften. Beispielhaft seien als klassische Geschäfte für ein Kreditinstitut das Einlagengeschäft gem. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG bzw. das Kreditgeschäft gem. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG, für ein Finanzdienstleistungsinstitut die Anlagevermittlung gem. § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1 KWG genannt. Die Einordnung eines Unternehmens als Finanzdienstleistungsinstitut ist subsidiär gegenüber der Qualifizierung als Kreditinstitut201 mit der Folge, dass ein Kreditinstitut ungeachtet weiterer Geschäfte anzunehmen ist, wenn eines der in § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG aufgezählten Geschäfte betrieben wird. Ein Kreditinstitut kann somit nicht gleichzeitig Finanzdienstleistungsinstitut sein, aber dennoch auch Finanzdienstleistungen anbieten.202 Wichtig ist in beiden Fällen aber nach Satz 1 des jeweiligen Absatzes, dass das Unternehmen die Geschäfte gewerbsmäßig oder in einem einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordernden Umfang betreibt. Die einzigen Einschränkungen für diese Grundsätze hält § 2 KWG durch Aufzählung abschließender Ausnahmen bereit. Zwar gelten nahezu alle Anforderungen der KWG ebenso für Institutsgruppen203, allerdings ergeben sich auf Konzernebene besondere Problematiken, die vorliegend nicht behandelt werden.204

200

Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 1 KWG Rn. 27, 119; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 1 KWG Rn. 9. 201 Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 1 KWG Rn. 117; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 1 KWG Rn. 9. 202 Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 1 KWG Rn. 117. 203 Die Vorschriften enthalten meist Regelungen, die die aufgestellten Anforderungen auf die Gruppenebene erhebt, siehe beispielsweise § 25a Abs. 3 KWG. 204 Siehe dazu die Dissertation von Schneider zu dem Thema „Möglichkeiten und Grenzen der Umsetzung der gesellschaftsrechtlichen und bankenaufsichtsrechtlichen Anforderungen an Risikomanagement auf Gruppenebene“, 2009.

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cc) Personeller Anwendungsbereich der §§ 25a ff. KWG – Ausnahme von Zweigstellenleitern von Unternehmen mit Sitz im europäischen Ausland In personeller Hinsicht werden durch die §§ 25a ff. KWG daneben insbesondere die Geschäftsleiter und die Mitglieder des Aufsichtsorgans des Instituts angesprochen. Geschäftsleiter sind gem. § 1 Abs. 2 KWG diejenigen Personen, die nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Führung der Geschäfte und zur Vertretung des Instituts berufen sind.205 In einer Aktiengesellschaft sind damit Geschäftsleiter im Sinne des KWG alle Vorstandsmitglieder gem. §§ 77, 78 AktG, bei einer GmbH alle Geschäftsführer gem. § 35 Abs. 1 GmbHG und bei einer Genossenschaft ebenfalls die Vorstandsmitglieder gem. § 34 Abs. 1 S. 1 GenG. Zweigstellenleiter ausländischer Zweigstellen i.S.v. § 53 KWG gelten gem. § 53 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 KWG ebenfalls als Geschäftsleiter. Eine entsprechende Regelung fehlt allerdings für Zweigniederlassungen von ausländischen Instituten des Europäischen Wirtschaftsraumes (vgl. § 53b KWG), für die insofern nur die explizit in § 53b Abs. 3 KWG genannten Vorschriften des KWG Anwendung finden. Hintergrund dieser Regelung ist, dass durch die Harmonisierung des europäischen Aufsichtsrechts eine den europäischen Grundsätzen entsprechende Aufsicht durch das übergeordnete Institut im europäischen Ausland bereits gewährleistet ist, sodass eine gesonderte Aufsicht durch die BaFin nicht notwendig erscheint. Für die Haftung dieser Zweigniederlassungsleiter könnte sich so die abstruse Situation ergeben, dass, sofern der Arbeitsvertrag nach deutschem Recht geschlossen wurde, Schadensersatzansprüche des ausländischen Instituts vor einem deutschen Arbeitsgericht gelten gemacht werden müssen, für den Inhalt der arbeitsvertraglichen Pflichten aber streng genommen ausländisches Recht maßgeblich wäre. Vor dem Hintergrund des Art. 296 Abs. 2 lit. b) ii) CRR206 könnte aber auch das Recht der Zweigstelle und damit deutsches Recht maßgeblich sein mit der Folge, dass man – wegen fehlender ausdrücklicher Regelungen für Zweigstellenleiter EU-ausländischer Institute, über die analoge Anwendung von § 53 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 KWG nachdenken müsste. Zudem ist unklar, welche Anforderungen für Zweigniederlassungsleiter inländischer Institute im Ausland gelten. Das Gesetz nennt Zweigniederlassungsleiter insofern in § 24a Abs. 1 Nr. 4 KWG ausdrücklich nicht „Geschäftsleiter“, sondern nur „Leiter“, sodass konsequenterweise die Vorgaben des KWG bezüglich der Geschäftsleiter nicht gelten würden. Außerdem bestünde auch hier das Problem, dass nicht geregelt ist, ob inländisches Recht oder das Recht des Landes, in dem die Niederlassung sich befindet, Anwendung findet.

205

Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2016, § 1 KWG Rn. 209; Fischer/Boegl, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, 2017, § 128 Rn. 47 f.; Markel, S. 55. 206 Diese Vorschrift erklärt, dass für vertragliche Nettingvereinbarungen das Recht des Landes maßgeblich ist, in dem sich die Zweigniederlassung befindet.

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Teil 1: Das Aufsichtsrecht in Deutschland, der EU und der Welt

So interessant diese Problematik rechtlich sein mag, ist sie doch für die vorliegende Untersuchung insofern irrelevant, als es dabei um die Anwendbarkeit der Geschäftsleiteranforderungen auf Leiter unselbstständiger Zweigniederlassungen geht. Die Haftung der Zweigniederlassungsleiter bestimmt sich demgemäß nicht nach dem Kapitalgesellschaftsrecht, da die Zweigniederlassungen gerade nicht als eigenständige Gesellschaften korporieren. Vielmehr wäre in diesen Situationen – jedenfalls im deutschen Recht – die zivilrechtliche Haftung aufgrund des abgeschlossenen Arbeitsvertrags maßgeblich, die hier jedoch von der Betrachtung ausgenommen bleibt207. b) Wertpapierhandelsgesetz Neben dem KWG kommt dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) zudem große Relevanz zu. Im Vergleich zum KWG hat es allerdings einen eingeschränkten Anwendungsbereich: Das WpHG gilt hauptsächlich für Wertpapierdienstleistungsunternehmen i.S.v. § 2 Abs. 10 WpHG. Danach sind Wertpapierdienstleistungsunternehmen Kreditinstitute, Finanzdienstleister und Zweigniederlassungen i.S.d. § 53 Abs. 1 S. 1 KWG, die eine der in § 2 Abs. 3 WpHG aufgezählten Wertpapierdienstleistungen in einem gewerbsmäßigen Umfang betreiben, wobei in § 3 WpHG dahingehend Ausnahmen zu finden sind. Ein Blick in die Aufzählung des § 2 Abs. 8 WpHG zeigt, dass alle Wertpapierdienstleistungen entweder gleichzeitig Bankgeschäfte i.S.v. § 1 Abs. 1 S. 2 KWG208 oder Finanzdienstleistungen gem. § 1 Abs. 1a S. 2 KWG209 darstellen und sich somit der Anwendungsbereich der Gesetze überschneidet.210 Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist dementsprechend unweigerlich auch ein Institut i.S.d. KWG, ein Institut aber nicht zwangsläufig ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Daraus folgt zudem, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen regelmäßig sowohl der Bankenaufsicht als auch der Wertpapieraufsicht unterfallen. Der Anwendungsbereich des WpHG beschränkt sich aber nicht allein auf Wertpapierdienstleistungen bzw. die diese betreibenden Unternehmen. Das WpHG hält unter anderem auch Regelungen über den Handel mit Finanzinstrumenten, Fi207

Siehe unten Teil 2, B.I.2.c), S. 106 (Fn. 373). Finanzkommissionsgeschäft: § 2 Abs. 8 Nr. 1 WpHG = ^ § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 KWG; Emissionsgeschäft: § 2 Abs. 8 Nr. 5 WpHG = ^ § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 KWG. 209 Eigenhandel für andere: § 2 Abs. 8 Nr. 2 WpHG = ^ § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 4 KWG; Abschlussvermittlung: § 2 Abs. 8 Nr. 3 WpHG = ^ § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 2 KWG; Anlagevermittlung: § 2 Abs. 8 Nr. 4 WpHG = ^ § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1 KWG; Platzierungsgeschäft: § 2 Abs. 8 Nr. 6 WpHG = ^ § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1c KWG; Finanzportfolioverwaltung: § 2 Abs. 8 Nr. 7 WpHG = ^ § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 3 KWG; Betrieb eines multilateralen Handelssystems (MTF): § 2 Abs. 8 Nr. 8 WpHG = ^ § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1b KWG. 210 Noch hinsichtlich der Regelungen vor dem Inkrafttreten des Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetzes (siehe Fn. 213) Döhmel, in: Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, 2014, § 2 WpHG Rn. 11; vgl. Ritz/Voß, in: Just/Voß/Ritz/Becker, 2015, § 2 WpHG Rn. 255 ff.; Fuchs, in: Fuchs, 2016, § 2 WpHG Rn. 2 ff. 208

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nanzanalysen und Finanztermingeschäften211 bereit.212 Die Mehrzahl der Vorschriften richtet sich jedoch an Wertpapierdienstleistungsinstitute. Dies gilt auch für die Verhaltens- und Organisationsvorgaben der §§ 63 ff. WpHG, die aufgrund der Fokussierung dieser Untersuchung auf Anforderungen an die Organmitglieder, insbesondere solcher organisatorischer Art hinsichtlich des Risikomanagements und der Compliance, hier von besonderer Bedeutung sind. Bis zur Änderung durch das Zweite Finanzmodernisierungsgesetz213 war insbesondere § 33 WpHG a.F. die in diesem Zusammenhang zentrale Organisationsregelung. Nunmehr finden sich die Organisationsvorgaben in etwas abgeänderter Form in § 80 WpHG. Zwar ist der Umfang der inhaltlichen Änderungen von § 33 WpHG a.F. bzw. § 80 WpHG n.F. begrenzt, sodass die zuvor geltenden Grundsätze im Wesentlichen auch auf die neuen Rechtslage übertragen werden können. Dennoch würde eine dezidierte Auseinandersetzung mit dem Regelungsgehalt von § 80 WpHG n.F. – inklusive einer Erarbeitung der Änderungen durch das Zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz – den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Deshalb beschränkt sich die später folgende Untersuchung insofern auf die Pflichten, die den Organmitgliedern aus § 25a Abs. 1 KWG, dessen Vorgaben durch die Verweisung in § 80 Abs. 1 S. 1 WpHG auch wertpapierrechtliche Bedeutung beanspruchen, erwachsen. c) Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz Seit 2011 ist für Unternehmen, die Zahlungsdienste anbieten bzw. das E-GeldGeschäft betreiben, das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz maßgeblich. Das E-GeldGeschäft umfasst dabei die Geschäfte, die früher unter den Stichworten „Geldkartengeschäft“ und „Netzgeldgeschäft“ in § 1 KWG geregelt waren. Nunmehr zählen diese Geschäfte nicht mehr zu den Bankgeschäften des KWG, sodass reine Zah-

211

Zu den genauen Begriffsdefinitionen der einzelnen Geschäfte mit Beispielen, allerdings noch hinsichtlich der Regelungen vor dem Inkrafttreten des Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetzes (siehe Fn. 213) Döhmel, in: Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, 2014, § 2 WpHG Rn. 2 ff.; Ritz/Voß, in: Just/Voß/Ritz/Becker, 2015, § 2 WpHG Rn. 8 ff.; zu den Begriffen des Finanzanalysten und der Finanzanalyse Bruchwitz, in: Just/Voß/Ritz/Becker, 2015, § 34b WpHG Rn. 11 ff. 212 Siehe dazu § 1 Abs. 1 WpHG, der insofern allerdings nur klarstellende Funktion hat und ob der zahlreichen Änderungen eine unvollständige Aufzählung enthält; dazu noch hinsichtlich der Regelungen vor dem Inkrafttreten des Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetzes (siehe Fn. 213) Ritz, in: Just/Voß/Ritz/Becker, 2015, § 1 WpHG Rn. 4 ff.; Versteegen/Baum, in: KölnKommWpHG, 2014, § 1 WpHG Rn. 1 ff.; Döhmel, in: Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, 2014, § 1 WpHG Rn. 1 ff. 213 Zweites Gesetz zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund Europäischer Rechtsakte (Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz – 2. FiMaNoG) vom 23. Juni 2017, BGBl. I S. 1693.

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lungsdienstleister i.S.d. ZAG214 eine gesonderte Betriebserlaubnis nach dem ZAG benötigen. Eine Einbindung dieser Institute im Sinne des ZAG in die vorliegende Arbeit kann wegen der Spezialität des Geschäfts nicht erfolgen. Zahlungs- und E-Geld-Institute inklusive der speziellen Vorschriften zum Zahlungsverkehr werden vorliegend daher ausgeklammert. d) Kapitalanlagegesetzbuch Das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) sieht als Ablösung für das frühere Investmentgesetz Regelungen für Investmentvermögen i.S.d. § 1 KAGB vor. Das KWG nimmt über § 1 KWG215 die Adressaten der KAGB vollständig aus deren Anwendungsbereich heraus. Zwar enthält das KAGB in den §§ 28 f. KAGB auch Vorschriften bezüglich der Geschäftsorganisation von Kapitalverwaltungsgesellschaften, die erst kürzlich wie § 25a KWG auch Gegenstand eines Rundschreibens der BaFin geworden sind216 ; dennoch sind auch diese vorliegend nicht weiter zu untersuchen. Die Rechtfertigung für diese Entscheidung findet sich auch hier in der Spezialität der Geschäftstätigkeit und deren Hintergründe, die einen Untersuchungsumfang erfordern würde, der vorliegend nicht bereitgestellt werden kann. Zum Teil können die dargestellten Grundsätze aber auch hinsichtlich Kapitalverwaltungsgesellschaften Geltung beanspruchen.217 Insofern und für Details bleibt hier jedoch aus genannten Gründen auf die zahlreichen speziellen Vorschriften218 und die einschlägige Fachliteratur zu verweisen.219

214 Dazu im Überblick Casper/Terlau, in: Casper/Terlau, 2014, Einl. 14; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 1 ZAG Rn. 3 ff. 215 Siehe bspw. § 1 Abs. 1a Nr. 10, 11, 12. 216 Rundschreiben 01/2017 (WA) v. 10. 01. 2017, Mindestanforderungen an das Risikomanagement von Kapitalverwaltungsgesellschaften (KAMaRisk), abrufbar unter https://www. bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Rundschreiben/dl_rs_1701_KAMaRisk.pdf?__blob=pu blicationFile&v=10 [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018]. 217 Siehe schon die Verweisung von § 5 Abs. 2 KAGB für externe Kapitalverwaltungsgesellschaften u. a. auf § 80 WpHG und damit mittelbar auch auf § 25a KWG und die Verweisung in § 23 Nr. 3 KAGB auf § 25c Abs. 1 KWG. 218 So z. B. die Verordnung über Risikomanagement und Risikomessung beim Einsatz von Derivaten, Wertpapier-Darlehen und Pensionsgeschäften in Investmentvermögen nach dem Kapitalanlagegesetzbuch (Derivateverordnung – DerivateV) und die Verordnung zur Konkretisierung der Verhaltensregeln und Organisationsregeln nach dem Kapitalanlagegesetzbuch (Kapitalanlage-Verhaltens- und -Organisationsverordnung – KAVerOV). 219 Fachspezifische Ausführungen finden sich u. a. bei Swoboda, in: Weitnauer/Boxberger/ Anders, 2014, §§ 28 f. KAGB; Geurts/Schubert, in: Frankfurter Kommentar KAGB, 2016, §§ 29 – 30 KAGB.

B. Die Rechtsquellen des Bankenaufsichtsrechts

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e) Versicherungsaufsichtsgesetz Das Versicherungsaufsichtsgesetz kann auf deutscher Ebene als Pendant zum KWG für die Versicherungsbranche bezeichnet werden. Eine Parallelnorm zu § 25a KWG stellte bis zum 31. Dezember 2015 § 64a VAG a.F. dar. Aufgrund der vergleichbaren Struktur der Normen sowie auch der betroffenen Branchen, konnten Vergleiche zwischen den jeweiligen Regelungsbereichen aufgestellt werden und so auch teilweise Schlüsse der Forschung und Praxis des einen Bereichs auf den anderen übertragen werden.220 Nach langer Verzögerung ist nun am 01. Januar 2016 das Gesetz zur Modernisierung der Finanzaufsicht über Versicherungen221 in Kraft getreten und somit die Solvency II-Richtlinie von 2009 endlich in deutsches Recht umgesetzt. Nunmehr erstrecken sich die bisher im Wesentlichen in §§ 64a, 64b VAG a.F. komprimierten Vorschriften zur Geschäftsorganisation über die §§ 23 ff. VAG. Möchte man eine Generalklausel gleich dem ehemaligen § 64a VAG a.F. benennen, so fällt die Wahl auf § 23 VAG. Die genauere Ausformung dessen, was eine angemessene Geschäftsorganisation enthalten muss, erfolgt aber gesondert in den darauffolgenden Regelungen. Durch diese Aufteilung der einzelnen Organisationselemente ist letztlich die unmittelbare Vergleichbarkeit der versicherungsaufsichtsrechtlichen Normen mit den bankenaufsichtsrechtlichen verloren gegangen. Im Detail werden aber wohl viele der noch im Rahmen von § 64a VAG a.F. erarbeiteten Grundsätze weiter Geltung beanspruchen können, weshalb an gegebener Stelle – sofern dies für die Untersuchung hilfreich erscheint – trotz der neuen Rechtslage Parallelen hergestellt und Vergleiche gezogen werden. Interessant ist an der Änderung wegen der ansonsten recht ähnlichen Entwicklung darüber hinaus, dass von einer Verordnungsermächtigung im Bereich des Risikomanagements, wie sie in das KWG durch das Abwicklungsmechanismusgesetz Einzug gefunden hat, abgesehen wurde. Zudem wurden die parallel zu dem entsprechenden Rundschreiben der BaFin in der Bankenaufsicht222 bestehenden Mindestanforderungen an das Risikomanagement für die Versicherungsaufsicht223 folgerichtig im Zuge der VAG-Novelle aufgehoben. Im Gegensatz zu ihrem finanz-

220 Statt vieler Preußner, NZG 2004, 303 (305); Schaloske, VW 2008, 1521 (1521) jeweils m.w.N. 221 Gesetz vom 1. April 2015, BGBl. I S.434 ff. 222 Mindestanforderungen an das Risikomanagement, MaRisk BA, Rundschreiben 09/ 2017, abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Rundschrei ben/2017/rs_1709_marisk_ba.html [zuletzt aufgerufen am 24. 02. 2018]. 223 Aufsichtsrechtliche Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk VA), Rundschreiben 3/2009, abrufbar unter http://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/ DE/Rundschreiben/rs_0903_va_marisk.html?nn=2798666 [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018].

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aufsichtlichen Pendant fehlte ihnen nämlich ab dem 1. Januar 2016 durch den Wegfall der Generalklausel des § 64a VAG a.F. die (Rechts-)224Grundlage. Seit 27. Januar 2017 gibt es aber einen MaRisk (VA)-Nachfolger in Form der Mindestanforderungen an die Geschäftsorganisation von Versicherungsunternehmen (MaGo)225. Dieses Rundschreiben befasst sich nunmehr laut BaFin mit der „Auslegung der Vorschriften über die Geschäftsorganisation“ nach dem neuen VAG. 2. Verlautbarungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Die Bundesanstalt hat eine vergleichsweise lange Tradition226 im Hinblick auf die Veröffentlichung von Rundschreiben, Hinweisen und Merkblättern. In diesen Verlautbarungen „erläutert“ die BaFin etwaige Anforderungen oder Voraussetzungen zu bestimmten Themen. Um beurteilen zu können, inwieweit diese „Erläuterungen“ der BaFin in der folgenden Untersuchung überhaupt zu berücksichtigen sind, ist die Frage nach deren Rechtsnatur eine ganz zentrale. a) Rechtsnatur von Verlautbarungen der BaFin am Beispiel der MaRisk Die Erörterung der Rechtsnatur von Rundschreiben, Merkblättern oder anderen Veröffentlichungen der BaFin wird hier stellvertretend wegen ihrer Relevanz anhand der Mindestanforderungen für das Risikomanagement in der Finanzbranche (MaRisk) behandelt. Sollten für die Beurteilung von anderen, in dieser Arbeit relevanten Verlautbarungen von der folgenden Erörterung abweichende Überlegungen zu berücksichtigen sein, wird dies bei der Untersuchung der betroffenen Veröffentlichung unternommen. Hinsichtlich aller Verlautbarungen der BaFin sei jedoch zunächst einmal festgehalten, dass sie nicht vom Gesetzgeber erlassen wurden und daher keinen Gesetzescharakter im Sinne eines Parlamentsgesetzes aufweisen. Bei den in diesem Abschnitt exemplarisch beleuchteten MaRisk handelt es sich vielmehr um ein „Rundschreiben“ der BaFin, wodurch diese ihre Rechtsauffassung zur Anwendung 224 Streng genommen war § 64a VAG keine Rechtsgrundlage im Sinne einer Ermächtigungsgrundlage – siehe dazu sogleich stellvertretend die Rechtsnatur der Mindestanforderungen an das Risikomanagement für die Bankenaufsicht erörternd Teil 1, B.IV.2.a), S. 72. 225 Rundschreiben 2/2017 (VA) der BaFin, in Kraft getreten am 01. Februar 2017, abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Rundschreiben/2017/rs_1702 _mago_va.html [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018]. 226 Bereits direkt nach der Entstehung der Gründung der BaFin in ihrer heutigen Form 2002 wurden zahlreiche Verlautbarungen erlassen, die allerdings ihrerseits auch nicht die ersten ihrer Art waren. Schon vor der Gründung der BaFin gab es einige Rundschreiben ihrer Vorgängerbehörden. Siehe hierzu als Überblick die Liste der aufgehobenen Rundschreiben unter https://www.bafin.de/DE/RechtRegelungen/AufgehobeneDokumente/AufgehobeneRundschrei ben/aufgehobeneRundschreiben_node.html [zuletzt aufgerufen am 18. 02. 2018].

B. Die Rechtsquellen des Bankenaufsichtsrechts

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von § 25a KWG wiedergibt.227 Da die BaFin als öffentliche Anstalt der Exekutive zuzuordnen ist, erscheint die Einordnung der MaRisk als Vorschrift des öffentlichen Rechts augenscheinlich. Die weitere Klassifizierung und Qualifizierung der MaRisk im Rahmen des deutschen Rechtsquellensystems gestaltet sich im Detail hingegen komplizierter und bedarf daher näherer Erörterung. aa) Die MaRisk als Rechtsverordnung Als höchste von der Verwaltung erlassene Rechtsquelle kommt zunächst die Einstufung der MaRisk als Rechtsverordnung in Betracht. Rechtsverordnungen werden zwar von der Verwaltung erlassen, sind aber dennoch auch außerhalb der Verwaltung rechtlich verbindlich.228 Sie haben zumeist eine konkretisierende bzw. gesetzesergänzende Funktion, sollen also die formgebende „Hülle“ in Form eines Parlamentsgesetzes mit konkretem, praxisnahem Inhalt füllen.229 Um hierbei dem Vorbehalt des Gesetzes Rechnung zu tragen, bedarf die Exekutive zum wirksamen Erlass einer Rechtsverordnung jedoch eine ausdrückliche Ermächtigung des Gesetzgebers, d. h. ein Parlamentsgesetz muss der Verwaltung durch eine Ermächtigungsklausel das Recht zum Erlass einer bestimmten Rechtsverordnung explizit zuweisen.230 Sinn und Zweck dieses Regelungsauftrags ist zum einen, dass die Verwaltung wegen ihrer größeren Nähe zur Anwendungspraxis besser auf technische, wissenschaftliche oder auch gesellschaftliche Veränderungen reagieren kann und sich zudem einfacher als der Gesetzgeber praktischer Ressourcen wie Sachverständiger bedienen kann.231 Auf der anderen Seite entlastet diese Handhabung auch das Parlament und führt zu einer Effizienzsteigerung in der parlamentarischen Praxis232, da dieses sich bei der Ausarbeitung der Gesetze auf das Wesentliche und die abstrakt-generelle Regelung von Lebenssachverhalten konzentrieren kann, anstatt sich mit Detailfragen beschäftigen zu müssen. Für den Regelungsbereich der MaRisk gibt es zwar seit 2015 eine Verordnungsermächtigung in § 25a Abs. 4 KWG233, in der allerdings nicht die BaFin, sondern das Bundesministerium der Finanzen zum Erlass einer Rechtsverordnung 227

Blasche, WM 2011, 343 (343); Braun/Wolfgarten, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 25a KWG Rn. 48, 99; Schäfer/Zeller, BB 2009, 1706 (1709). 228 Maurer/Waldhoff, § 4 Rn. 20; Merten, Jura 1981, 236 (237); Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrechtliche Dogmatik, S. 74. 229 Vgl. Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, S. 324 f.; vgl. Maurer/Waldhoff, § 4 Rn. 22. 230 Ruffert, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, 2012, § 17 Rn. 60; SchmidtAßmann, Ordnungsidee, S. 325; Merten, Jura 1981, 236 (237). 231 Maurer/Waldhoff, § 4 Rn. 22; siehe auch zu den Vorzügen administrativer Normsetzung Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, S. 324 f.; vgl. Merten, Jura 1981, 236 (237). 232 Ruffert, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, 2012, § 17 Rn. 60; Maurer/ Waldhoff, § 4 Rn. 22; Merten, Jura 1981, 236 (237). 233 Dazu im Einzelnen sogleich Teil 1, B.IV.2.b)aa), S. 88.

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Teil 1: Das Aufsichtsrecht in Deutschland, der EU und der Welt

ermächtigt wird. Von der Möglichkeit der Ermächtigungsdelegation auf die BaFin wurde im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens Abstand genommen.234 Demgemäß können die MaRisk mangels entsprechender Ermächtigungsgrundlage nicht als Rechtsverordnung qualifiziert werden. bb) Die MaRisk als Verwaltungsvorschriften (1) Grundlagen betreffend Verwaltungsvorschriften (a) Merkmale von Verwaltungsvorschriften Verwaltungsvorschriften sind typischerweise verwaltungsinterne, abstrakt-generelle Regelungen235, die erlassen werden, um das Verwaltungshandeln – betreffe dies nun das Verfahren an sich, die Organisation oder materiell-rechtliche Fragestellungen236 – zu steuern. Eine einheitliche Nomenklatur solcher Regelungen existiert nicht, sodass sie unter vielerlei Namen237 auftreten können. Im Grundgesetz finden Verwaltungsvorschriften in den Artt. 84 Abs. 2, 85 Abs. 2 Satz 1 GG Erwähnung, die der Bundesregierung als Kollegialorgan238 die Befugnis einräumen, hinsichtlich der Ausführung der Verwaltung allgemeine, sog. übergreifende239 bzw. intersubjektive240 Verwaltungsvorschriften zu erlassen, die auch die Länderverwaltung binden. Einfache Verwaltungsvorschriften können jedoch nicht nur auf Regierungsebene, sondern auch im unteren Verwaltungsbau erlassen werden. (b) Verwaltungsvorschriften als Außenrecht Die MaRisk als Rechtquelle wären bei einer Qualifizierung dieser als Verwaltungsvorschriften für die vorliegende Untersuchung unmittelbar nur interessant, wenn sie als Verwaltungsvorschriften auch Außenwirkung entfalten könnten. Ursprünglich entfalteten Verwaltungsvorschriften keinerlei Außenwirkung241; historisch stellten sie im 19. Jahrhundert noch nicht einmal „Rechtssätze“ dar.242 234 Siehe noch § 25a Abs. 4 S. 2 KWG auf S. 18 des Gesetzesentwurfs vom 26. Mai 2015, BT-Drucks. 18/5009, abrufbar unter http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/050/1805009.pdf [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018]. 235 Vgl. BVerfG v. 02. 03. 1999 – 2 BvF 1 – 94, BVerfGE, 100, 249 (258) = NVwZ 1999, 977 (978), wonach Verwaltungsvorschriften Regelungen sind, „die die für eine abstrakte Vielheit von Sachverhalten des Verwaltungsgeschehens verbindliche Aussagen treffen, ohne auf eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet zu sein“. 236 Erbguth, DVBl. 1989, 473 (475); Sauerbaum, in: BeckOK GG, 35. Edition, 2017, Art. 84 GG Rn. 52; Merten, Jura 1981, 236 (239). 237 U. a. Anordnungen, Richtlinien, Erlass, etc. Die Terminologie ist hier vielseitig und unspezifisch. Siehe dazu auch Merten, Jura 1981, 236 (239). 238 Sauerbaum, in: BeckOK GG, 35. Edition, 2017, Art. 84 GG Rn. 53. 239 Zur Terminologie und weiteren Einzelheiten siehe Maurer/Waldhoff, § 24 Rn. 9 f. 240 Jarass, JuS 1999, 105 (106); Maurer/Waldhoff, § 24 Rn. 9. 241 Maurer/Waldhoff, § 24 Rn. 2; Ko, S. 5 ff.; Erbguth, DVBl. 1989, 473 (476).

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Das dahingehende Verständnis ist im heutigen demokratisch-republikanischen System jedoch ein anderes. Heutzutage versteht man Verwaltungsvorschriften durchaus als Rechtssätze, aber in der Regel nur als Innenrechtssätze.243 Als solche Innenrechtssätze dienen Verwaltungsvorschriften nach dem heutigen Verständnis primär der Regelung des Ablaufs und der Organisation für die Verwaltungsträger untereinander und somit der Festlegung einer einheitlichen Verwaltungspraxis.244 Dabei gilt ein streng hierarchisches Prinzip, sodass untergeordnete Behörden bzw. die Verwaltungsbediensteten streng an entsprechende Verwaltungsvorschriften von übergeordneten Behörden bzw. einem Dienstvorgesetzten gebunden sind.245 In diesem Bereich der Verwaltungsvorschriften als Innenrechtssätze ohne unmittelbare Außenwirkung kann ihnen grundsätzlich nur mittelbar eine Außenwirkung zukommen: In Form der Selbstbindung der Verwaltung über den Gleichheitsgrundsatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG.246 In verschiedenen Rechtsgebieten – vornehmlich im Umwelt- und Technikrecht – wurden allerdings Stimmen laut, die forderten, dass Verwaltungsvorschriften unter bestimmten Umständen als Außenrechtssätze auch unmittelbare Rechtswirkung entfalten können sollen. Bei dieser Frage nach der Außenwirkung geht es zumeist um die Konkretisierung gesetzlicher, öffentlich-rechtlicher Regelungen, die interpretierungs- bzw. konkretisierungsbedürftig sind, da sie ohne diesen Schritt der Konkretisierung nicht direkt umsetzbar sind.247 Regelmäßig beinhalten diese Vorschriften unbestimmte Rechtsbegriffe, deren Konkretisierung auf Grundlage einer entsprechenden Ermächtigung des Gesetzes nach der sog. normativen Ermächtigungslehre248 im Ausnahmefall der Verwaltung obliegen kann. Hierbei sind – nicht nur hinsichtlich einer möglicherweise bestehenden Außenwirkung – gesetzesauslegende/norminterpretierende und normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften voneinander abzugrenzen.249

242

Dazu Maurer/Waldhoff, § 24 Rn. 2; Ko, S. 5 ff. BVerfG v. 31. 05. 1988 – 1 BvR 520/83, BVerfGE, 78, 214 (227) = NJW 1989, 666 (667); Sparwasser/Engel/Voßkuhle, § 1 Rn. 184; Jarass, JuS 1999, 105 (105 ff.); Merten, Jura 1981, 236 (240); Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, S. 328 f. Kritik bzgl. dieser Auffassung der aktuellen Literatur findet sich bei Ko, S. 16 ff. 244 Vgl. Merten, Jura 1981, 236 (240). 245 Sauerbaum, in: BeckOK GG, 35. Edition, 2017, Art. 84 GG Rn. 49; vgl. Sparwasser/ Engel/Voßkuhle, § 1 Rn. 184. 246 Siehe dazu im Einzelnen BVerwG v. 10. 12. 1969 – VIII C 104/69, BVerwGE, 34, 278 (280 f.) = NJW 1970, 675 (675); Maurer/Waldhoff, § 24 Rn. 27 ff.; Merten, Jura 1981, 236 (240); Jarass, JuS 1999, 105 (107 f.). 247 Vgl. Erbguth, DVBl. 1989, 473 (477). 248 Siehe dazu Maurer/Waldhoff, § 7 Rn. 34. 249 Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrechtliche Dogmatik, S. 75; Jarass, JuS 1999, 105 (109); Erbguth, DVBl. 1989, 473 (475). 243

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(2) Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften dienen der Auslegung von Rechtsnormen und regeln deren Anwendung.250 Dieser Zwischenschritt vor der Einzelfallanwendung einer Norm ist insbesondere dann notwendig, wenn die gesetzliche Norm einen unbestimmten Rechtsbegriff enthält und dahingehend erklärungsbedürftig ist.251 Durch den Erlass von norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften wird den nachgeordneten Behörden so für die Auslegung und Anwendung der Rechtsvorschrift eine Arbeitshilfe an die Hand gegeben, wodurch zugleich eine einheitliche Handhabung sichergestellt wird.252 Dementsprechend stellen norminterpretierende Verwaltungsvorschriften ihrem Sinn nach Innenrechtssätze dar und entfalten demnach keine unmittelbare Außenwirkung.253 Sie bezwecken vielmehr eine Vereinheitlichung der Verwaltungspraxis sowie eine Vereinfachung der Gesetzesanwendung durch die Verwaltung und sind somit ihrer Art nach verwaltungsinterner Natur. Dies steht einer mittelbaren Außenwirkung gegenüber dem Bürger über den Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG aber freilich auch hier nicht entgegen. (3) Normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften (a) Hintergrund und Entstehungsgeschichte Normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften sind ein relativ junges Phänomen, dessen Ursprung im Technik- und Umweltrecht liegt. Vorreiter dieser langjährigen Diskussion um Existenz und Wirkung normkonkretisierender Verwaltungsvorschriften stellt die bekannte Voerde-Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts254 dar. Hierbei stufte das BVerwG allgemeine Verwaltungsvorschriften, die aufgrund des § 48 BImSchG erlassen worden waren, als „antizipiertes Sachverständigengutachten“ ein.255 Folge dieser Annahme war, dass diese Verwaltungsvorschriften für das zuständige Gericht als bedeutsam anzusehen waren.256

250

Erbguth, DVBl. 1989, 473 (477); Sauerland, S. 64. Ruffert, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, 2012, § 17 Rn. 74, nach dem Verwaltungsvorschriften dann norminterpretierender Natur sind, wenn „der Gesetzgeber durch den Gebrauch unbestimmter Rechtsbegriffe ohne Beurteilungskompetenz den normativen Anstoß zu eigenständiger Normkonkretisierung unterlässt“; Sauerland, S. 64; vgl. Erbguth, DVBl. 1989, 473 (477). 252 Erbguth, DVBl. 1989, 473 (477); Sauerland, S. 64. 253 Erbguth, DVBl. 1989, 473 (477). 254 BVerwG v. 17. 02. 1978 – 1 C 102/76, BVerwGE, 55, 250 = NJW 1978, 1450. 255 BVerwG v. 17. 02. 1978 – 1 C 102/76, BVerwGE, 55, 250 (258 ff.) = NJW 1978, 1450 (1451 ff.). 256 BVerwG v. 17. 02. 1978 – 1 C 102/76, BVerwGE, 55, 250 (256 ff.) = NJW 1978, 1450 (1451 ff.); vgl. Hill, NVwZ 1989, 401 (401). 251

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Wenige Jahre später folgte darauf das sog. Wyhl-Urteil des BVerwG vom 19. 12. 1985257, das die Diskussionen zu diesem Thema vertiefte und weiter anheizte. In diesem Urteil ging es um die erste Teilgenehmigung für die Errichtung des Kernkraftwerks Süd Block I in Wyhl in Baden-Württemberg. Für die Erteilung dieser Genehmigung war die Beurteilung der Strahlenexposition notwendig, welche auf Grundlage einer vom damaligen Bundesinnenminister erlassenen „Richtlinie“ vorgenommen wurde. Diese „Allgemeine Berechnungsgrundlage für Strahlenexposition bei radioaktiven Ableitungen mit der Abluft oder im Oberflächengewässer“ sollte als Übergangslösung handhabbare Rechenmodelle liefern, auf deren Grundlage die Einhaltung der Grenzwerte im Sinne des § 45 S. 1 StrlSchVO 1976258 sichergestellt werden sollte, solange eine entsprechende Rechtsverordnung i.S.v. § 45 S. 2 StrlSchVO 1976 noch nicht erlassen worden war.259 Das BVerwG wandte sich in dieser Entscheidung ausdrücklich von der bisherigen Konstruktion des „antizipierten Sachverständigengutachtens“ ab260 und gab dem Problemkind erstmals einen Namen: normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften.261 Es folgten verschiedene weitere Urteile, die die so geborene Rechtsfigur auch auf andere Regelungswerke anderer Rechtsgebiete übertrugen262 ; genauso gab es aber auch Entscheidungen, die eine Qualifizierung solcher Vorschriften als „normkonkretisierend“ und damit rechtsverbindlich ablehnten263. Mangels ausführlicher dogmatischer Ausführungen der Gerichte zu diesem Thema beschäftigte die Literatur in den Jahren nach dem Wyhl-Urteil die Aufgabe, normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften in unser Rechtsquellensystem einzuordnen sowie die genauen Spezifika und Rechtsfolgen dieser Vorschriften genauer zu bestimmen.264 Wirft man einen Blick in die aktuelle Literatur, scheint diese Suche nach der dogmatischen Struktur spätestens Ende der 1990er in den Hintergrund gerückt zu sein, ohne dass die Autoren bezüglich der Beurteilung des Spezifikums „normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften“ auf einen gemeinsamen Nenner gekommen wären. Auch der Gesetzgeber hat auf die Diskussion um die Verortung dieser Ver257

BVerwG v. 19. 12. 1985 – 7 C 65/82, BVerwGE, 72, 300 = NVwZ 1986, 208. Verordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen in der Fassung vom 13. 10. 1976, BGBl. I 2905. 259 BVerwG v. 19. 12. 1985 – 7 C 65/82, BVerwGE, 72, 300 (319 ff.) = NVwZ 1986, 208 (213). 260 BVerwG v. 19. 12. 1985 – 7 C 65/82, BVerwGE, 72, 300 (319 f.) = NVwZ 1986, 208 (213). 261 BVerwG v. 19. 12. 1985 – 7 C 65/82, BVerwGE, 72, 300 (301, 320) = NVwZ 1986, 208 (208 [5. Leitsatz], 213); Hill, NVwZ 1989, 401 (402). 262 So beispielsweise BVerwG v. 15. 02. 1988 – 7 B 219/87, NVwZ 1988, 824 (825) zur TA Luft. 263 BVerwG v. 22. 05. 1987 – 4 C 33-35/83, BVerwGE, 77, 285 = NJW 1987, 2886; BVerwG v. 15. 02. 1988 – 7 B 219/87, NVwZ 1988, 824 (825 f.); BVerfG v. 17. 06. 2004 – 2 C 50/02, BVerwGE, 121, 103 = NVwZ 2005, 713 (714). 264 Um nur einige zu nennen: Gerhard, NJW 1989, 2233; Hill, NVwZ 1989, 401; Jarass, JuS 1999, 105; Wolf, DÖV 1992, 849. 258

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waltungsvorschriften in unserem Rechtssystem nicht reagiert, sodass der Stand der Forschung weiterhin derselbe wie vor 20 Jahren ist und die Existenz sowie die Beurteilung normkonkretisierender Verwaltungsvorschriften bis heute demgemäß dogmatisch noch nicht geklärt sind. (b) Voraussetzungen und Anforderungen Im Folgenden wird der heutige Forschungsstand hinsichtlich der Voraussetzungen für das Vorliegen normkonkretisierender Verwaltungsvorschriften sowie der inhaltlichen Anforderungen an diese dargestellt. Da sich viele Wissenschaftler mit dieser Thematik auseinandergesetzt haben, sind auch viele verschiedene Modelle und Ansatzpunkte zur Lösung der Problematik um normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften entstanden. Ziel dieses Abrisses ist es nicht, sich mit den sehr unterschiedlichen Lösungsvorschlägen im Einzelnen auseinander zu setzen, sondern einen Überblick über den allgemeinen Forschungsstand zu geben. Deshalb wird sich vorliegend auf die Darstellung der herauskristallisierten, einheitlichen Ergebnisse der Forschung zu diesem Thema beschränkt. - Zunächst einmal muss die in Frage stehende Norm in einer gewissen Weise konkretisierungsbedürftig sein.265 Damit sie auf den Einzelfall angewendet werden kann, muss nach ihrer Struktur also noch ein regelnder, klärender Zwischenschritt erfolgen, der den Rahmen des Normprogramms genauer absteckt266, ohne die Besonderheiten des Einzelfalles unberücksichtigt zu lassen. Regelmäßig beinhaltet die Norm dann einen unbestimmten Rechtsbegriff, sodass der Verwaltung nach der normativen Ermächtigungslehre bei ihrer Ausfüllung ein Beurteilungsspielraum zukommen kann.267 - Darüber hinaus wird häufig hervorgehoben, dass die konkretisierenden Verwaltungsvorschriften mit der Beteiligung von Sachverständigen und Spezialisten der betroffenen Kreise erarbeitet werden bzw. worden sind.268 Dieses Element wird zum Teil nicht (nur) als Anforderung, sondern sogar als Anhaltspunkt dafür gesehen, dass der Verwaltung bezüglich der in Rede stehenden Norm die Konkretisierungskompetenz zukommt269 ; teilweise wird dieser Punkt aber auch als Ar265 Gerhard, NJW 1989, 2233 (2237); vgl. Hill, NVwZ 1989, 401 (405); Maurer/Waldhoff, § 24 Rn. 32. 266 Vgl. Erbguth, DVBl. 1989, 473 (477). 267 Maurer/Waldhoff, § 24 Rn. 32, § 7 Rn. 26 ff.; vgl. Sauerland, S. 65. 268 BVerwG v. 28. 10. 1998 – 8 C 16/96, BVerwGE, 107, 338 (341) = NVwZ 1999, 1114 (1115); Sparwasser/Engel/Voßkuhle, § 5 Rn. 45; Jarass, JuS 1999, 105 (109); vgl. Gerhard, NJW 1989, 2233 (2237). 269 Gerhard, NJW 1989, 2233 (2237). Diese Ansicht führt dazu, dass der Verwaltung hier eine prärogative Entscheidungsmacht bezüglich ihrer eigenen sachlichen Regelungskompetenz zugesprochen wird, und im Weiteren letztlich auch zu einem Zirkelschluss: Die Verwaltung wird ein solch umständliches Verfahren wohl bevorzugt dann durchführen, wenn sie davon ausgeht, die bindende Auslegung der Norm vornehmen zu dürfen. Wenn man nun ex post bei dem Versuch der Einordnung einer Verwaltungsvorschrift diesen Schritt der Exekutive als

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gument genannt, warum diesen so erlassenen Verwaltungsvorschriften eine höhere Verbindlichkeit als bei herkömmlichen Verwaltungsvorschriften zugesprochen werden soll270. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber konsequenterweise auch, dass eine Verwaltungsvorschrift, die ohne ein solches besonderes Verfahren ergangen ist, den Anspruch auf die verschärfte Wirkung nicht ohne Weiteres erheben kann. Daher wird hier die Ansicht vertreten, dass ein solches außergewöhnliches Verfahren unter Beteiligung der betroffenen Kreise und fachkundiger Spezialisten eine Voraussetzung271 für das Vorliegen einer außenwirksamen Verwaltungsvorschrift ist. - Einigkeit besteht dahingehend, dass das Verfahren des Zustandekommens der Verwaltungsvorschriften dokumentiert werden und auch ansonsten transparent durchgeführt werden muss272. Damit einher geht das Erfordernis der Veröffentlichung der normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften in der Form, dass jedermann darauf Zugriff hat.273 - Neben weiteren, nicht einheitlich geforderten Voraussetzungen ist der wohl umstrittenste Punkt in dieser Hinsicht die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift. Zum Teil wird das Vorliegen einer gesonderten Ermächtigungsgrundlage verlangt274, auf der anderen Seite wird dies als Grundvoraussetzung für eine außenwirksame Normkonkretisierung durch die Verwaltung aber auch abgelehnt275. Der Grund für diese Diskussion liegt in der verfassungsrechtlichen Kritik an der Rechtsfigur der rechtsverbindlichen Verwaltungsvorschrift ohne Anhaltspunkt für die Konkretisierungskompetenz beurteilt, qualifiziert man zum einen eine nach der hier vertretenen Ansicht verfassungsrechtlich notwendige, formelle Voraussetzung lediglich als Indiz. Auf der anderen Seite gibt man rückwirkend der Exekutive so hinsichtlich der Reichweite ihrer eigenen Zuständigkeit die Entscheidungsbefugnis. Aus diesen Gründen ist diese Sichtweise nicht überzeugend. Siehe in diese Richtung gehend auch Jarass, JuS 1999, 105 (109). 270 Vgl. Hill, NVwZ 1989, 401 (402). 271 So auch Sparwasser/Engel/Voßkuhle, § 5 Rn. 45. 272 Gerhard, NJW 1989, 2233 (2239); Hill, NVwZ 1989, 401 (408). 273 Gerhard, NJW 1989, 2233 (2239); Hill, NVwZ 1989, 401 (408); Ko, S. 121 f. 274 BVerfG v. 31. 5. 2011 – 1 BvR 857/07, BVerfGE 129, 1 (Rn. 70) = NVwZ 2011, 1062 (1064) – „durch gesetzliche Verweisung […] oder […] in vergleichbarer Weise auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage beruht“; BVerwG v. 20. 12. 1999 – 7 C 15/98 BVerwGE 110, 216 (218) = NVwZ 2000, 440 (440); Jarass, JuS 1999, 105 (109); BVerfG v. 17. 06. 2004 – 2 C 50/02, BVerwGE 121, 103 (105 ff.) = NVwZ 2005, 713 (714); Sparwasser/Engel/ Voßkuhle, § 5 Rn 45; Erbguth, DVBl. 1989, 473 (477), der die verfassungsrechtliche Ermächtigung zum Erlass administrativen Außenrechts auf die Befugnis der Exekutive zur Einzelfallentscheidung gem. Artt. 83 ff. GG fußt. Bzgl. des detaillierten Umfangs sei aber auf die gesetzliche Regelung in funktional-gewaltenteilender Sicht abzustellen; wohl auch Sendler, UPR 1993, 321 (324); Ladeur, DÖV 2000, 217 (220 ff.). 275 Hill, NVwZ 1989, 401 (408); in diese Richtung gehend auch Gerhard, NJW 1989, 2233 (2236, 2238 f.); Ruffert, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, 2012, § 17 Rn. 76.

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Ermächtigungsgrundlage.276 Diese Kritik findet ihre Wurzeln insbesondere im Vorbehalt des Gesetzes und dem Grundsatz der Gewaltenteilung.277 Das Vorliegen einer Ermächtigungsgrundlage wird unter anderem mit dem Argument gefordert, dass die Verwaltung für belastendes Handeln nach dem Vorbehalt des Gesetzes grundsätzlich einer gesetzlichen Grundlage bedarf und auch hier dieser Grundsatz nicht umgangen werden dürfe. Damit zusammen hängt auch der Gedanke der Unvereinbarkeit mit dem Gewaltenteilungsprinzip dergestalt, dass die rechtsetzende Natur dieser außenwirksamen Verwaltungsvorschriften zur Verlagerung dieses Exekutivaktes in Richtung Legislativakt führt.278 - Vor diesem Hintergrund sind verfassungsrechtliche Bedenken des Konstrukts „normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften“ nicht von der Hand zu weisen. Eine detaillierte Diskussion279 mit Erörterung der Argumente der jeweiligen Seiten kann an dieser Stelle jedoch aufgrund des mangelnden konkreten Bezugs zur vorliegenden Problematik unterbleiben. Sofern einzelne Aspekte für die Bewertung Relevanz beanspruchen, werden diese an gegebener Stelle mit Blick auf die vorliegende Situation erörtert werden. (c) Wirkungen Das Besondere an normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften ist, wie sich aus den obigen Ausführungen schon ergeben hat, dass ihnen eine unmittelbare Außenwirkung zukommen soll. Das bedeutet, dass sie gerade nicht nur verwaltungsintern, sondern auch gegenüber dem Bürger Geltung beanspruchen können sollen und somit als Außenrechtssätze verstanden werden. Nach nahezu einhelliger Ansicht in der Literatur280 soll diese Außenwirkung aber durch einige Umstände eingeschränkt werden können. Zu diesen Umständen gehört neben atypischen Sachverhalten, deren rechtliche Beurteilung im Einzelfall unabhängig von der einschlägigen Verwaltungsvorschrift erfolgen kann, auch die Erlangung neuer wissenschaftlicher Kenntnisse.281 Zudem sind die Verwaltungsvor276

Sparwasser/Engel/Voßkuhle, § 5 Rn. 45. Vgl. Hill, NVwZ 1989, 401 (405 ff.). 278 Vgl. Erbguth, DVBl. 1989, 473 (479). 279 Einzeln mit den verfassungsrechtlichen Bedenken auseinander setzen sich insbesondere Erbguth, DVBl. 1989, 473 (479 ff.); Jarass, JuS 1999, 105 (110 f.). 280 BVerwG v. 28. 10. 1998 – 8 C 16/96, BVerwGE 107, 338 (341) = NVwZ 1999, 1114 (1115); Hill, NVwZ 1989, 401 (409 f.); Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrechtliche Dogmatik, S. 75 f.; Hill/Martini, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, 2012, § 34 Rn. 44; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, § 5 Rn. 41 ff.; Sendler, UPR 1993, 321 (326 f.); Wahl, NVwZ 1991, 409 (412). 281 BVerwG v. 28. 10. 1998 – 8 C 16/96, BVerwGE 107, 338 (341) = NVwZ 1999, 1114 (1115); BVerwG v. 20. 12. 1999 – 7 C 15/98 BVerwGE 110, 216 (218) = NVwZ 2000, 440 (440); Hill, NVwZ 1989, 401 (409 f.); Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrechtliche Dogmatik, S. 75 f.; Hill/Martini, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, 2012, § 34 Rn. 44; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, § 1 Rn. 185, § 5 Rn. 45; Jarass, JuS 1999, 105 (110 f.). 277

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schriften auch dann nicht ausschlaggebend, wenn sich in dem Bereich, den sie regelt, eine neue Gesetzeslage ergeben hat. Auch wenn die Wirkung in dieser Hinsicht eingeschränkt sein mag, so soll ihre Verbindlichkeit im Streitfall aber auch für die Gerichte gelten282. Normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften können jedenfalls im Wege der Überprüfung der auf ihrer Grundlage ergangenen Einzelfallentscheidung Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein.283 Wird ein Sachverhalt also von einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift erfasst, wird inzident auch die Verwaltungsvorschrift auf den Prüfstand gesetzt. Das die Einzelentscheidung prüfende Gericht ist dabei allerdings an den Inhalt dieser Vorschrift gebunden: Vergleichbar mit der Überprüfung von Ermessensentscheidungen im Rahmen von Verwaltungsakten beschränkt sich die Untersuchung des Gerichts somit darauf, ob die Verwaltungsvorschrift den Wertungen des Gesetzes Rechnung trägt und in ihren Regelungen nicht überholt ist284, sodass das Gericht nicht seine eigene Beurteilung anstelle dieser von der erlassenden Behörde getroffenen Entscheidung stellen kann. Ob darüber hinaus auch ein Normenkontrollverfahren einschlägig sein und somit die jeweilige Verwaltungsvorschrift als solche angegriffen werden kann, hängt von der Qualifizierung von Verwaltungsvorschriften als „Rechtsvorschriften“ i.S.d. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO ab und ist dementsprechend umstritten.285 (4) Typisierung der MaRisk Nun stellt sich die Frage, ob die MaRisk eher als norminterpretierende oder normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften zu qualifizieren sind. (a) Wortlaut Der Wortlaut der Mindestanforderungen an das Risikomanagement lassen zunächst eine Außenverbindlichkeit vermuten. Die MaRisk betreffen nicht die interne Verwaltungsorganisation, sondern richten sich an die Institute und ihre Geschäftsleiter. Dies wird insbesondere durch Formulierungen wie „Das Institut hat […] zu prüfen“286 oder „Die Geschäftsleitung hat […] festzulegen“287 deutlich.288 Solche

282

BVerwG v. 28. 10. 1998 – 8 C 16/96, BVerwGE 107, 338 (341) = NVwZ 1999, 1114 (1115); BVerwG v. 20. 12. 1999 – 7 C 15/98 BVerwGE 110, 216 (218) = NVwZ 2000, 440 (440); Erbguth, DVBl. 1989, 473 (484); Sendler, UPR 1993, 321 (323 ff.). 283 Gerhard, NJW 1989, 2233 (2239 f.); Hill, NVwZ 1989, 401 (409); Sauerland, S. 430. 284 Erbguth, DVBl. 1989, 473 (485 f.); Sendler, UPR 1993, 321 (326 f.). 285 Eine genaue Auseinandersetzung mit dieser Problematik kann hier unterbleiben. Siehe dazu befürwortend BVerwG v. 15. 09. 1987 – 7 N 1/87, NVwZ 1988, 1119 (1120); VGH Mannheim v. 30. 01. 1989 – 4 S 2481/86, NVwZ-RR 1990, 257 (257 f.); Ko, S. 132 ff., Sauerland, S. 419 ff.; ablehnend Gerhard, NJW 1989, 2233 (2239 f.). 286 Siehe z. B. MaRisk AT 2.2 Ziffer 2. 287 Siehe z. B. MaRisk AT 4.2 Ziffer 1.

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Formulierungen ziehen sich durch das ganze Rundschreiben. Im Modul AT 2.1, das den Anwenderkreis festlegt, wird diese vorausgesetzte Verbindlichkeit durch den jeweils ersten Satz der beiden Ziffern auf die Spitze getrieben. Dort heißt es: „1. Die Anforderungen des Rundschreibens sind von allen Instituten im Sinne von § 1 Abs. 1b KWG beziehungsweise im Sinne von § 53 Abs. 1 KWG zu beachten. […] 2.

Finanzdienstleistungsinstitute und Wertpapierhandelsbanken haben die Anforderungen des Rundschreibens insoweit zu beachten, […].“

Die MaRisk werden hiermit bewusst als Anweisungen an die zu beaufsichtigenden Institute konzipiert. Selbst ein ausdrücklicher Hinweis darauf, dass das Rundschreiben (auch) eine verbindliche Konkretisierung von § 25a KWG für die Aufsichtsbehörde darstellt, fehlt vollkommen.289 Dass die Inhalte des Rundschreibens auch die prüfende Aufsichtsbehörde binden sollen, zeigt sich nur noch in MaRisk 1 Ziffer 5, wonach die BaFin „erwartet, dass der flexiblen Grundausrichtung des Rundschreibens im Rahmen von Prüfungshandlungen Rechnung getragen wird“. Dieser Aspekt der Außengerichtetheit290 spricht für die Klassifizierung des Rundschreibens als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift. (b) Beteiligung der (Fach-)Öffentlichkeit am Erlassverfahren Überträgt man darüber hinaus die anderen soeben erarbeiteten Voraussetzungen für das Vorliegen einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift auf die Situation rund um die MaRisk, ergibt sich, dass auch dem Verlangen nach einer Beteiligung der betroffenen Kreise an der Erarbeitung der Verwaltungsvorschriften Rechnung getragen wird. Nicht nur wurde in der Vergangenheit im Laufe der Erarbeitung und Überarbeitung der MaRisk die finanzwirtschaftliche Praxis im Rahmen von Konsultationsverfahren tatsächlich beteiligt291, auch stellt die BaFin in Modul AT 1 Ziffer 4 a.E. ausdrücklich einen „fortlaufenden Dialog“ mit der Praxis bezüglich neuer Entwicklungen in Aussicht. Zudem wurden die MaRisk von der BaFin auch angemessen verkündet und sind der Allgemeinheit durch Bereitstellung auf der Internetpräsenz der Bundesanstalt

288 Eine vergleichbare Untersuchung mit ähnlichen Beobachtungen findet sich bereits bei Michael, VersR 2010, 141 (141), allerdings hinsichtlich der seit 1. Januar 2016 aufgehobenen versicherungsaufsichtsrechtlichen MaRisk VA; auch Fekonja beobachtet entsprechende auf eine Außenwirkung hinweisende Formulierungen, Fekonja, S. 75 f. 289 So noch in den mittlerweile nicht mehr geltenden „Aufsichtsrechtlichen Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk VA)“ Rundschreiben 3/2009, Nr. 1.1 MaRisk VA. 290 Siehe dazu Erbguth, DVBl. 1989, 473 (477 f.), der dies für ein Indiz für die Außenwirksamkeit einer Verwaltungsvorschrift hält. 291 Siehe die Meldung vom 26. April 2012 hinsichtlich des zuletzt eröffneten Konsultationsverfahrens zur Überarbeitung der MaRisk in der Fassung vom 15. 12. 2010, einsehbar unter http://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Meldung/2012/meldung_120426_ konsultationen.html [zuletzt besucht am 05. 02. 2018].

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frei zugänglich. Von einer ausreichenden Veröffentlichung ist folglich ebenfalls auszugehen. (c) Gesetzliche Ermächtigungsgrundlage Verlangt man als weitere Voraussetzung eine wie auch immer geartete Ermächtigung der Behörde zur Konkretisierung durch den Gesetzgeber, die über die Einräumung eines allgemeinen Beurteilungsspielraumes hinausgeht, wird man in § 25a KWG und auch sonst im KWG292 allerdings hinsichtlich der Konkretisierung von Absatz 1 nicht fündig werden. Zwar existiert mit § 25a Abs. 6 KWG tatsächlich eine Ermächtigungsgrundlage hinsichtlich des Erlasses einer Rechtsverordnung zugunsten der BaFin unter Abstimmung mit der Bundesbank, jedoch umfasst diese Ermächtigung ausschließlich Vergütungsregelungen. Für den Regelungsbereich der MaRisk gibt es außerdem seit 2015 eine Verordnungsermächtigung in §25a Abs. 4 KWG.293 Diese Ermächtigungskompetenz hat der Gesetzgeber jedoch nicht der BaFin zugeschrieben, sondern beim Bundesministerium der Finanzen belassen, sodass die BaFin auch hierauf nicht für den Erlass der MaRisk zurückgreifen kann. (d) Bestehen und Umfang eines Beurteilungsspielraumes Dass die Begriffe „ordnungsgemäße Organisationsstruktur“ und „angemessenes Risikomanagement“ ausfüllungsbedürftig sind, zeigt sich schon an der Struktur des § 25a KWG, der insofern zunächst feststellt, dass insbesondere ein „angemessenes Risikomanagement“ zu einer „ordnungsgemäßen Organisationsstruktur“ gehört. Im Folgenden wird dann in § 25a Abs. 1 Satz 3 und 6 KWG schon konkretisiert, was ein „Risikomanagement“ als solches beinhaltet. Zudem tritt § 25a Abs. 1 Satz 3 KWG noch hinzu, der die „Angemessenheit“ dieses Risikomanagements von „Art, Umfang, Komplexität und Risikogehalt der Geschäftstätigkeit“ abhängig macht. Im Rahmen des unmittelbaren Normprogramms des § 25a KWG unterbleiben hier in früherer Fassung nähere Angaben, die allerdings mittlerweile durch detailliertere Beschreibungen in §§ 25a Abs. 1, 25c Abs. 3, 4a KWG ergänzt wurden. Die Regulierung bleibt hier dennoch prinzipienorientiert, sodass konkrete Anforderungen hinsichtlich der „Angemessenheit“ sowie eine abschließende Regelung zum Inhalt des Risikomanagements und der Geschäftsorganisation weiterhin nicht zu finden sind. 292

§6 Abs. 2 KWG ermächtigt die BaFin lediglich, Missständen i.S. der Vorschrift durch rechtlich unverbindliche, allgemeine Aufsichtshandlungen entgegenzuwirken; allgemein rechtsetzende Akte sind hiervon nicht erfasst; dazu insbesondere Schäfer, in: Boos/Fischer/ Schulte-Mattler, 2016, § 6 KWG Rn. 32 ff., 48, 55; vgl. auch Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 1/14 § 6 KWG Rn. 42, 44 ff., der insofern § 6 Abs. 2 KWG als Basis für „rechtlich unverbindliche Äußerungen“ sieht. Auch die Anordnungsermächtigung gem. § 6 Abs. 3 KWG gibt hier der BaFin nur die Kompetenz, im Einzelfall Maßnahmen gegenüber einem Institut zu treffen, und nicht die Befugnis, das Gesetz zur konkretisieren; dazu Schäfer, in: Boos/Fischer/ Schulte-Mattler, 2016, § 6 KWG Rn. 63; Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 1/14 § 6 KWG Rn. 51. 293 Dazu im Einzelnen sogleich Teil 1, B.IV.2.b)aa), S. 88.

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In diesem Bereich hat sich dementsprechend die kontrollierende Behörde bei ihrer Kontrolltätigkeit zu fragen: Was ist eine „ordnungsgemäße Geschäftsorganisation“? Was heißt „Risikomanagement“? Was ist „angemessen“? Kann im Einzelfall ein „angemessenes Risikomanagement“ durch die vorhandene Geschäftsorganisation gewährleistet werden oder müssen Maßnahmen getroffen werden, um Missstände zu beseitigen? Macht die BaFin also beispielsweise Gebrauch von ihrer Anordnungsermächtigung gem. § 25a Abs. 2 Satz 2 KWG, kommt ihr dahingehend ein Beurteilungsspielraum bezüglich der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsorganisation an sich und der Angemessenheit des Risikomanagements zu. Das Bestehen eines Beurteilungsspielraumes als solches begründet jedoch noch nicht die Annahme, dass es sich nun um normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften handelt. Auch bei norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften kommt der Behörde ein Beurteilungsspielraum zu.294 Vergleicht man dahingehend den Fall „MaRisk“ mit den Fällen im Bereich des Technik- und Umweltrechts, in denen man die Außenwirksamkeit der Verwaltungsvorschriften als Normkonkretisierung zum Teil bejaht hat, zeigt sich, dass Gegenstand dieses Beurteilungsspielraums häufig die Begrifflichkeit der „Stand von Wissenschaft und Technik“295 war. Es ging dabei zumeist um die Einhaltung von Grenzwerten beim Austritt von Strahlung oder anderen schädlichen Stoffen sowie um Lärmemissionsbegrenzungen. Hierbei sind zum einen die Grenzwerte, ab denen von einer Gesundheitsschädlichkeit auszugehen ist, naturwissenschaftlich erforscht und belegbar und zum anderen die tatsächlich ausgestoßenen Werte durch Messung des Schadstoffaustritts technisch eindeutig bestimmbar. Die zentrale Festlegung einheitlicher Wertgrenzen, die Anlagen mindestens einhalten müssen, erscheint unter diesem Gesichtspunkt daher nicht nur verwaltungsökonomisch, sondern auch im Allgemeininteresse und ebenso im Interesse der Anlagenbetreiber bezüglich der Transparenz sinnvoll. Anders verhält es sich bei der Frage nach einer „ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation“ und einem „angemessenen Risikomanagement“. Die interne Geschäftsorganisation von Instituten divergiert zum Teil stark und hat sich individuell über viele Jahrzehnte des Bestehens der jeweiligen Institute hinweg entwickelt, weswegen es hier kein „Schema F“ für die Art und Umsetzung der Geschäftsorganisation gibt. Auch das Risikomanagement sowie dessen Angemessenheit muss, wie § 25a Abs. 1 Satz 3 KWG schon feststellt, aus relativer Sicht zum betroffenen Institut bewertet werden. Ein für alle Situationen passender Rahmen im Sinne eines „Erfolgsrezepts“ kann es daher hier nicht geben. 294

s. o. Teil 1, B.IV.2.a)bb)(2), S. 76. So beispielsweise noch § 7 Abs. 2 S. 3 AtG in der Fassung vom 12. 02. 1990, dessen Formulierung das Bundesverwaltungsgericht zur Annahme der verbindlichen Normkonkretisierung im o.g. Whyl-Urteil veranlasst hat. 295

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Absolut bestimmbare „Grenzwerte“ wie im Technik- und Umweltrecht lassen sich dennoch schwerlich finden, wodurch die Situationen in den verschiedenen Rechtsbereichen auch nur eingeschränkt vergleichbar sind.296 (e) Zusammenfassende Kritik an der Qualifizierung als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift Auf den ersten Blick scheint den MaRisk Außenwirkung zuzukommen. Nicht nur der Wortlaut des Rundschreibens, sondern auch das umständliche Verfahren suggerieren, dass hiermit Pflichten der Institute und Geschäftsleiter begründet werden sollten. Jedoch ist die Qualifizierung der MaRisk als außenverbindliche Verwaltungsvorschriften nach der hier vertretenen Auffassung vor dem Hintergrund der dogmatischen Konstruktion normkonkretisierender Verwaltungsvorschriften insbesondere in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht haltbar. Besonders zu betonen ist hierbei die Unvereinbarkeit mit dem Grundsatz des Gesetzesvorbehalts. Die die normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften anerkennende Literatur beschreibt diese Verwaltungsvorschriften als „vorweggenommenen Teil der Verwaltungsentscheidung“.297 Im Gegensatz dazu seien Rechtsverordnungen „als nachfolgender, abgespaltener Teil eines Gesetzes“ zu verstehen.298 Somit wird zwischen der Verwaltungsvorschrift als Rechtskonkretisierung und Rechtsverordnung als Rechtssetzung differenziert.299 Natürlich wird durch diese Darstellung in theoretischer Hinsicht deutlich, dass Verwaltungsvorschriften auch im Fall einer normkonkretisierenden Wirkung das bleiben, was sie herkömmlich sind, nämlich exekutive Rechtssätze. Dennoch nimmt diese Anschauung ihnen bei Annahme einer Außenverbindlichkeit nicht die damit verbundene tatsächliche Rechtsnormqualität: Es wird durch sie Recht geschaffen. Wenn solches Recht nun einschränkende Wirkung hat, kann die einfache Zuordnung des Konstrukts dessen Wirksamkeit nicht vor dem Verfassungsrecht retten. Selbst wenn man davon ausginge, dass der Verwaltung aus verfassungsrechtlicher Sicht gem. der Artt. 83 ff. GG ein grundsätzliches Recht zum Erlass administrativen Außenrechts zukommt und somit normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften per se nicht gegen das Gewaltenteilungsprinzip verstoßen,300 steht die Vorschrift trotzdem weiterhin unter dem Vorbehalt des Gesetzes. Sofern es sich also nicht um bloße Vollzugsregelungen und andere Bereiche handelt, welche in den Zuständigkeitsbereich der Exekutive fallen, ist der zugrundeliegenden gesetzlichen Vorschrift zu entnehmen, inwieweit die Verwaltung zur näheren Gestaltung befugt sein soll.301 296

Ähnlich auch Thaten, S. 184; Fekonja, S. 82 f. Hill, NVwZ 1989, 401 (406). 298 Hill, NVwZ 1989, 401 (406). 299 Vgl. dazu auch Erbguth, DVBl. 1989, 473 (479) mit entsprechender Kritik. 300 So Erbguth, DVBl. 1989, 473 (480 ff.). 301 In diese Richtung gehend auch das funktional-gewaltenteilende Prinzip bei Erbguth, DVBl. 1989, 473 (481 ff.). 297

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Eine Einordnung der Verwaltungsvorschriften als dem Verwaltungsakt vorausgehende Allgemeinentscheidungen hebelt dieses Erfordernis einer Kompetenzzuweisung durch das Parlament auch nicht aus. Im Gegenteil: Warum sollte die Einzelfallentscheidung in Form des Verwaltungsaktes dem Gesetzesvorbehalt unterfallen, die noch vorgeschaltete, allgemeinverbindliche Generalentscheidung, die viel mehr Betroffene in ihren Rechten einschränkt, aber nicht? Darüber hinaus hilft die Differenzierung, wonach Verwaltungsvorschriften bestehendes Recht lediglich konkretisieren, Rechtsverordnungen hingegen neues Recht erzeugen, ebenfalls nicht weiter. Rechtsverordnungen kommt nämlich häufig gleichfalls eine normkonkretisierende Funktion zu.302 Auf der anderen Seite können auch Verwaltungsvorschriften, sofern man sie in Form von normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften als (Außen-)Rechtssätze begreift, rechtlich verbindlich sein. Der einzige Unterschied, der sich hier ergibt, ist der, dass die Außenwirkung von Verwaltungsvorschriften durch die bereits beschriebenen atypischen Umstände beschränkt ist, sie also im Gegensatz zu Rechtsverordnungen keine absolute Geltung beanspruchen können.303 Um die MaRisk als außenverbindliche Verwaltungsvorschriften qualifizieren zu können, müsste nach der hier vertretenen Auffassung daher eine dahingehende Ermächtigung des Gesetzgebers im KWG vorhanden sein. Eine solche Ermächtigung ist aber bezüglich der MaRisk nicht gegeben – weder explizit noch implizit. Selbst wenn man davon ausginge, dass eine implizite Ermächtigung durch Verwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs genügt, müsste man wohl zu dem Ergebnis kommen, dass § 25a KWG hier zu wenig Anhaltspunkte für eine solche Absicht liefert: § 25a KWG enthält keinerlei Hinweis darauf, dass die BaFin für eine etwaige Normkonkretisierung zuständig sein soll. Im Vergleich dazu wurde im Beihilferecht § 200 BBG304, der immerhin dem Bundesinnenminister ausdrücklich die Befugnis zum Erlass von Durchführungsvorschriften in Form von Verwaltungsvorschriften einräumte, vom Bundesverfassungsgericht als nicht ausreichend erachtet.305 Da im KWG auch in den zahlreichen Änderungen der letzten Jahre keine solche Ermächtigung aufgenommen worden ist, ist nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber der BaFin in diesem Punkt die Kompetenz zur Normkonkretisierung einräumen wollte. Vielmehr ist Ende 2015 in § 25a Abs. 4 KWG eine Ermächtigung zum Rechtsverordnungserlass zu Gunsten des Bundesfinanzministeriums eingefügt worden306, allerdings ohne die Möglichkeit, diese Befugnis auf die BaFin zu übertragen, wie dies beispielsweise in § 25a Abs. 6 S. 4 KWG geschehen ist. Dies spricht im Gegenteil – auch unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung zum Ab-

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Erbguth, DVBl. 1989, 473 (479 ff.); Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, S. 324 f. So auch Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, S. 329. In der Fassung vom 31. März 1999. BVerfG v. 17. 06. 2004 – 2 C 50/02, BVerwGE, 121, 103 (114) = NVwZ 2005, 713 (714). Dazu sogleich S. 88.

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wicklungsmechanismusgesetz307 – eher dafür, dass der Gesetzgeber den Zustand der unverbindlichen „Konkretisierung“ durch die Einfügung einer Verordnungsermächtigung beenden wollte. (f) Ergebnis: MaRisk als norminterpretierende Verwaltungsvorschrift Die Mindestanforderungen an das Risikomanagement sind demgemäß nicht als normkonkretisierende, sondern lediglich als norminterpretierende Verwaltungsvorschriften zu qualifizieren. Dieses Regelwerk kann dementsprechend keine Rechtsnormqualität beanspruchen, sondern ist lediglich norminterpretierender Natur im Bereich des Verwaltungsrechts308, das rechtlich weder die Institute und deren Geschäftsleiter noch die Gerichte unmittelbar bindet.309 Vielmehr hat das Rundschreiben nach der mehrheitlich vertretenen Auffassung nur eine Selbstbindung der Verwaltung zur Folge310, sodass die BaFin bei Ausübung ihrer Eingriffsbefugnisse im Rahmen ihres Ermessens an die MaRisk gebunden ist. Ob den MaRisk und auch anderen Verlautbarungen dennoch im Rahmen der Pflichtenbestimmung der Organmitglieder und somit auch bei deren Haftung eine Bedeutung zukommen kann, wird an späterer Stelle311 thematisiert werden.

307

Beschlussempfehlung und Bericht zum Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des nationalen Bankenabwicklungsrechts an den Einheitlichen Abwicklungsmechanismus und die europäischen Vorgaben zur Bankenabgabe (Abwicklungsmechanismusgesetz – AbwMechG), BT-Drucks.18/6091, S. 86 f. 308 Vgl. HessVGH Kassel v. 31. 05. 2006 – 6 UE 3256/05, WM 2007, 392 (393); Blasche, WM 2011, 343 (343); noch zur Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel vom 26. 05. 1997 zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG BGH v. 08. 05. 2001 – XI ZR 192/00, BGHZ, 147, 343 (350) = NJW 2002, 62 (63); auch BGH v. 24. 01. 2006 – XI ZR 320/0, NJW 2006, 1429 (1431); Braun/Wolfgarten, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 25a KWG 47; Brogl, in: HandbBanken-Restrukturierung, 2011, Kap. I Rn. 10; Budy/Cremer/Perge, in: Hoffmann, Basel III und MaRisk, S. 562 (Terminologie zwar hier „normkonkretisierend“, jedoch wird nicht von einer unmittelbaren Rechtsbindung ausgegangen); Hannemann, Ralf/ Schneider, Andreas/Weigl, Thomas, in: Hannemann/Schneider/Weigl, S. 24 f.; Langen, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25a KWG Rn. 6; Markel, S. 170; im Ergebnis auch Wundenberg, 97; a.A. Fekonja, S. 91 ff., der wegen der herausragenden praktischen Bedeutung für eine neuartige „Rechtsform sui generis“ plädiert. 309 Dazu in einem obiter dictum HessVGH Kassel v. 31. 05. 2006 – 6 UE 3256/05, WM 2007, 392 (393); Blasche, WM 2011, 343 (343); Braun/Wolfgarten, in: Boos/Fischer/SchulteMattler, 2012, § 25a KWG Rn. 48; Brogl, in: HandbBanken-Restrukturierung, 2011, Kap. I Rn. 10; Langen, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25a KWG Rn. 6; Schäfer/Zeller, BB 2009, 1706 (1709); Wundenberg, S. 97; a.A. Fekonja, S. 91 ff. 310 Blasche, WM 2011, 343 (343); Braun/Wolfgarten, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 25a KWG 47; Brogl, in: HandbBanken-Restrukturierung, 2011, Kap. I Rn. 10; Langen, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25a KWG Rn. 6. 311 Teil 3, B.IV.3., S. 206.

88

Teil 1: Das Aufsichtsrecht in Deutschland, der EU und der Welt

b) Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) aa) Einfügung einer Verordnungsermächtigung in das KWG Durch das Abwicklungsmechanismusgesetz312 wurde § 25a KWG durch eine Verordnungsermächtigung hinsichtlich des Regelungsinhalts der MaRisk zu Gunsten des Bundesfinanzministeriums mit Wirkung zum 06. November 2015 durch Einfügung in § 25a Abs. 4 KWG ergänzt. Entgegen der Entwurfsfassung313 wurde davon abgesehen, dem Bundesfinanzministerium die Befugnis zur Erlassdelegation auf die BaFin einzuräumen. Laut des Finanzausschusses soll damit gewährleistet werden, dass „sich die Rechtsverordnung in die jeweils geltenden Vorgaben auf europäischer Ebene und die Aufsichtsstandards in den Einheitlichen Aufsichtsmechanismus einfügt“ und die Einheitlichkeit der Aufsicht auch trotz Beaufsichtigung mancher Institute durch die EZB nicht beeinträchtigt werde.314 Der BaFin wird so ein ganz wesentlicher Teil ihrer bisherigen Konkretisierungsmacht entzogen.315 Gem. § 25a Abs. 4 S. 2 KWG ist für den Erlass der Rechtsverordnung die vorherige Anhörung der EZB sowie das Einvernehmen der Bundesbank notwendig. Zudem bestimmt Satz 3, dass auch die Spitzenverbände angehört werden müssen. Es ist damit zu rechnen, dass die MaRisk in den nächsten Jahren in erneuerter Form als Rechtsverordnung erlassen werden. Wann dies genau geschehen wird, kann zurzeit allerdings nicht abgeschätzt werden. Auch wenn die Einfügung der Verordnungsermächtigung in das KWG bereits Ende 2015 erfolgt ist, hat dies die BaFin nämlich nicht davon abgehalten, die MaRisk neu aufzusetzen und 2017 in einer aktualisierten Form als Rundschreiben 09/2017316 bekannt zu geben. Trotz der Qualifizierung der aktuellen Mindestanforderungen als rechtlich nicht verbindliche Verwaltungsvorschriften werden die inhaltlichen Vorgaben der MaRisk zum einen wegen der vorläufigen Weitergeltung und zum anderen wegen der absehbaren Erhebung zur Rechtsverordnung in die spätere Darstellung der Anforderungen dennoch einbezogen werden.317

312 Gesetz zur Anpassung des nationalen Bankenabwicklungsrechts an den Einheitlichen Abwicklungsmechanismus und die europäischen Vorgaben zur Bankenabgabe (Abwicklungsmechanismusgesetz – AbwMechG) vom 02. November 2015, BGBl. I S. 1864 ff. 313 Siehe noch § 25a Abs. 4 S. 2 KWG auf S. 18 des Gesetzesentwurfs vom 26. Mai 2015, BT-Drucks. 18/5009, abrufbar unter http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/050/1805009.pdf [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018]. 314 BT-Drucks. 18/6091, S. 87. 315 Siehe zur Relevanz der MaRisk für den Haftungsmaßstab Teil 3, B.IV.3., S. 220. 316 Mindestanforderungen an das Risikomanagement, MaRisk BA, Rundschreiben 09/ 2017, abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Rundschrei ben/2017/rs_1709_marisk_ba.html [zuletzt aufgerufen am 24. 02. 2018]. 317 Siehe unter Teil 3, B.II.2., S. 177.

B. Die Rechtsquellen des Bankenaufsichtsrechts

89

bb) Anwenderkreis Nach MaRisk AT 2.1 Tz. 1 sind die Mindestanforderungen von allen Instituten im Sinne von § 1 Abs. 1b KWG sowie § 53 Abs. 1 KWG zu beachten. Damit gelten die MaRisk wie auch § 25a KWG318 für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute (§ 1 Abs. 1b KWG) sowie für unselbstständige Zweigniederlassungen in Deutschland von ausländischen Unternehmen (§ 53 Abs. 1 KWG) unabhängig von ihrer konkreten Rechtsform.319 Dasselbe gilt für Wertpapierhandelsbanken, die die MaRisk über die Verweisung des § 80 Abs. 1 S. 1 WpHG auf § 25a Abs. 1 KWG ebenfalls zu berücksichtigen haben.320 Einschränkungen können sich z. B. für reine Finanzdienstleistungsunternehmen321 ergeben, die die MaRisk nur insoweit anzuwenden haben, als dies nicht unverhältnismäßig erscheint.322 c) Mindestanforderungen an die Compliance-Funktion und die weiteren Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten nach §§ 31 ff. WpHG a.F. Neben den MaRisk existieren zudem die Mindestanforderungen an die Compliance-Funktion und die weiteren Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten nach §§ 31 ff. WpHG (MaComp)323. Die BaFin gibt durch dieses Rundschreiben ihre Auslegung einzelner Vorschriften der §§ 31 ff. WpHG a.F. wieder. Wegen der Reformierung des WpHG ist zu erwarten, dass demnächst eine Aktualisierung der MaComp mit Bezugnahme auf die neuen Normen die alten MaComp ersetzen wird.

318

§ 25a KWG und die MaRisk haben mit Ausnahme der Erleichterung für Finanzdienstleistungsinstitute und Wertpapierhandelsbanken gem. MaRisk AT 2.1 Tz. 2 denselben Anwendungsbereich. Vgl. Braun/Wolfgarten, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 25a KWG Rn. 66; Langen, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25a KWG Rn. 18, 10. 319 Budy/Cremer/Perge, in: Hoffmann, Basel III und MaRisk, S. 562; Fischer, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, 2011, § 127 Rn. 1; Hellstern, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25a Abs. 1 – 4 KWG Rn. 78. 320 Noch hinsichtlich §§ 33 ff. WpHG Langen, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25a KWG Rn. 18, 13. 321 Siehe dazu auch AT 2.1 Tz. 2. 322 Braun/Wolfgarten, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 25a KWG Rn. 125; Hellstern, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25a Abs. 1 – 4 KWG Rn. 79; Langen, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25a KWG Rn. 19. 323 Rundschreiben 4/2010 (WA) der BaFin, abrufbar unter https://www.bafin.de/Shared Docs/Veroeffentlichungen/DE/Rundschreiben/rs_1004_wa_macomp.html [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018].

90

Teil 1: Das Aufsichtsrecht in Deutschland, der EU und der Welt

aa) Rechtsnatur Die MaComp sind inhaltlich ähnlich aufgebaut wie die MaRisk und zeigen auch dieselbe Formulierungsstruktur auf. Darüber hinaus enthalten auch sie Maßgaben, die sich nicht unmittelbar aus den §§ 31 ff. WpHG a.F. ergeben. Insofern kann bezüglich der Rechtsnatur der MaComp uneingeschränkt auf die obigen, exemplarisch die MaRisk behandelnden Ausführungen324 verwiesen werden. Es lässt sich daher kurz zusammenfassen, dass auch die MaComp norminterpretierende Verwaltungsvorschriften darstellen. bb) Anwenderkreis Als Konkretisierung der §§ 31 ff. WpHG a.F. deckt sich der Anwendungsbereich der MaComp zunächst einmal grundsätzlich mit dem des WpHG.325 Der Anwendungsbereich des Rundschreibens ist gem. AT 3 MaComp dementsprechend so konzipiert, dass gem. AT 3.1 alle Institute und Unternehmen sowie deren Zweigniederlassungen gem. § 53b Abs. 1 S. 1 KWG erfasst werden, die Wertpapierdienstleistungen i.S.v. § 2 Abs. 3 WpHG a.F. (§ 2 Abs. 8 WpHG n.F.) gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbringen, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.326 Darüber hinausgehende Anwendungseinschränkungen geben lediglich die Ausnahmetatbestände des § 2a WpHG a.F. bzw. § 3 WpHG n.F. vor. d) Merkblatt zu den Geschäftsleitern gemäß KWG, ZAG und KAGB Das Merkblatt zu den Geschäftsleitern gemäß KWG, ZAG und KAGB327 hat am 04. Januar 2016 das bisher geltende Merkblatt für die Prüfung der fachlichen Eignung und Zuverlässigkeit von Geschäftsleitern gemäß VAG, KWG, ZAG und InvG vom 20. Februar 2013 abgelöst. Es gilt für alle Unternehmen, die gemäß KWG, ZAG und KAGB unter der Aufsicht der BaFin stehen, hat also personell denselben Anwendungsbereich wie die genannten Gesetze. Inhaltlich enthält das Merkblatt im ersten Teil vornehmlich praktische Informationen hinsichtlich des Anzeigeverfahrens bei Bestellungsabsicht eines neuen Geschäftsleiters sowie die in diesem Zusammenhang einzureichenden Unterlagen. Es schafft somit etwas Rechtsklarheit für die anzeigepflichtigen Institute und gibt diesen einen guten Überblick darüber, was sie bei der Anzeige alles beachten müssen. 324

Siehe oben Teil 1, B.IV.2.a), S. 72. Vgl. Kruse, in: Krimphove/Kruse, 2013, AT 3.1 Rn. 1 ff. 326 Kruse, in: Krimphove/Kruse, 2013, AT 3.1 1 f. 327 Abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Merkblatt/dl_mb_1 60808_GL_KWG_ZAG_KAGB.pdf?__blob=publicationFile&v=5 [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018]. 325

B. Die Rechtsquellen des Bankenaufsichtsrechts

91

Im zweiten und dritten Abschnitt des Merkblattes werden die Anforderungen an Geschäftsleiter nach KWG, ZAG und KAGB erläutert. Dabei geben die Erläuterungen der Anforderungen hauptsächlich den Inhalt des Gesetzes wieder und zeigen Verfahrensmodalitäten auf. Sofern die BaFin an vereinzelten Stellen ihre „Meinung“ zu den jeweiligen Maßgaben des Gesetzes kundtut, formuliert sie diese hier – im Gegensatz zu der Darstellungsart in den o.g. Rundschreiben – tatsächlich auch als solche. Die BaFin unternimmt in diesem Merkblatt also nicht einmal den Versuch, neue Anforderungen an die Geschäftsleiter zu statuieren, und scheint dies auch nicht zu intendieren. Dementsprechend muss bei dieser Art der Verlautbarung der BaFin deren Rechtsnatur auch nicht in Frage gestellt werden: Es handelt sich um (nach außen hin unverbindliche) norminterpretierende Verwaltungsvorschriften.328 Dennoch wird im dritten Teil dieser Arbeit darauf einzugehen sein, inwiefern die „Meinung“ der BaFin bezüglich einzelner Aspekte das Anforderungsspektrum der Geschäftsleiter rechtstatsächlich und aus gesellschaftsrechtlicher Sicht zu beeinflussen vermag. Insofern wird der Inhalt dieses Merkblattes, sollte er über den Wortlaut des Gesetzes hinausgehen, Einzug in diese Untersuchung finden. e) Merkblatt zur Kontrolle der Mitglieder von Verwaltungsund Aufsichtsorganen gemäß KWG und KAGB Das für die Aufsichtsorganmitglieder von Finanzinstituten geltende Merkblatt wurde in der aktuellen Fassung am 04. Januar 2016329 erlassen. Das Merkblatt als solches ist keine Neuheit – schon zuvor gab es seit 03. Dezember 2012 ein entsprechendes Merkblatt330, das im Anwendungsbereich des VAG und des KWG einschlägig war. Nunmehr ist dieses aber nur noch für Institute anwendbar, die der Aufsicht der BaFin nach dem VAG unterstehen. Das neue Merkblatt gilt für alle Unternehmen, die unter das KWG und das KAGB fallen, somit ist der Anwenderkreis mit dem des KWG und KAGB identisch. Hinsichtlich des inhaltlichen Aufbaus und der Rechtsnatur kann prinzipiell auf das soeben zum „Merkblatt zu den Geschäftsleitern gemäß KWG, ZAG und KAGB“ Gesagte331 verwiesen werden. Sofern im Merkblatt also Vorgaben enthalten sind, die sich in dieser Form nicht direkt aus dem Gesetz ergeben, wird an gegebener Stelle zu 328

Albrecht, S. 204. Merkblatt zu den Mitgliedern von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und KAGB vom 04. Januar 2016, abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichun gen/DE/Merkblatt/mb_verwaltungs-aufsichtsorgane_KWG_KAGB.html [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018]. 330 Das mittlerweile aufgehoben und durch neue Merkblätter abgelöst wurde, siehe die Auflistung auf der Homepage der BaFin, abrufbar unter https://www.bafin.de/DE/RechtRegelun gen/AufgehobeneDokumente/AufgehobeneMerkblaetter/aufgehobeneMerkblaetter_node.html [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018]. 331 Siehe Teil 1, B.IV.2.d), S. 90. 329

92

Teil 1: Das Aufsichtsrecht in Deutschland, der EU und der Welt

diskutieren sein, inwiefern diese die Pflichten der Aufsichtsorganmitglieder sowie deren Haftung beeinflussen können.

Baseler Ausschuss

EU-Gesetzgeber

ESFS

Deutscher Gesetzgeber

europäisch

ESRB

Leitlinien und Empfehlungen insbes. EBA GL 44

nicht verbindlich, aber durch CRD IV-Paket umgesetzt

delegierte Rechtsakte, RTS und ITS

EBA

EIOPA

CRD IV-Paket

ESMA EZB

Gemeinsamer Ausschuss

na"onal

Regelungspaket Basel III

bindendes Recht

CRRVerordnung

Rechtsverordnungen (SolvV, GroMiKV, LiqV, InstVergV, FinaV, WuSolvV)

Bundesbank

BaFin

Rundschreiben MaRisk, MaComp und Merkblä!er nicht unmi!elbar verbindlich

CRD IVRichtlinie

Gesetze KWG, WpHG, ZAG, KAGB

nicht unmi!elbar verbindlich

nicht unmi!elbar verbindlich, aber durch CRD IVUmsetzG umgesetzt

Art. 288 Abs. 3 AEUV: bindendes Recht bindendes Recht

beaufsich"gte Finanzmark!eilnehmer

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 2: Zusammenfassende Übersicht zu den bankaufsichtsrechtlichen Rechtsquellen

V. Fazit Nach dieser Darstellung der aufsichtlichen Rechtsquellen ist eines klar: Das Finanzaufsichtsrecht ist auf viele verschiedene Rechtsquellen verteilt. Wie Abbildung 2 veranschaulicht, ist die Herausforderung hierbei nicht nur, den Überblick über die verschiedenen Ursprünge der Regelwerke zu behalten, sondern auch deren rechtliche und tatsächliche Auswirkungen zu bewerten und zu berücksichtigen. Es hat sich ein großes Konstrukt verschiedener verbindlicher und unverbindlicher Rechtsquellen gebildet, die zum Teil unterschiedliche Bereiche regulieren, sich teilweise aber auch gegenseitig ergänzen. Für den deutschen Rechtsanwender besonders von Bedeutung sind hierbei die europäischen Regelwerke in Form der CRR-Verordnung sowie mittelbar auch der CRD IV-Richtlinie und der Verlautbarungen der europäischen Aufsichtsbehörden. Auf nationaler, deutscher Ebene unterteilt sich die regulatorische Landkarte in verschiedene, branchenspezifisch gestaltete Gesetze (KWG, WpHG, ZAG, KAGB und VAG) und einen bemerkenswerten Unterbau behördlicher Verlautbarungen der BaFin.

B. Die Rechtsquellen des Bankenaufsichtsrechts

93

Für den Fokus der vorliegenden Arbeit auf die qualitativen Regelungsbereiche insbesondere des Bankenaufsichtsrechts hinsichtlich organisatorischer Anforderungen im Rahmen des Risikomanagements und der Compliance sowie der Qualifikation der Institutsorgane kommt vor allem dem KWG eine herausragende Bedeutung zu. Des Weiteren wird sich jedoch bei der Frage nach der Haftungsrelevanz aber auch mit anderen, besonders den untergesetzlichen Verlautbarungen der BaFin und der EBA als den zentralen Bankaufsichtsbehörden auseinanderzusetzen sein.

Teil 2

Ausgangslage und gesellschaftsrechtliche Grundlagen Um die aktuelle Situation und deren Problemstellungen angemessen darstellen und untersuchen zu können, wird im folgenden Abschnitt zunächst die deutsche Bankenlandschaft näher beleuchtet. Dabei spielt die Rechtsform der Institute eine wesentliche Rolle. Zwar gelten die Anforderungen des Aufsichtsrechts als branchenspezifische Vorschriften rechtsformunabhängig. Aufgrund des Ziels dieser Arbeit, die Vorgaben für die jeweiligen Leitungs- und Kontrollorgane herauszuarbeiten und zu bewerten, muss der Ausgangspunkt der Untersuchung aber das Verbands- bzw. Gesellschaftsrecht sein. Nur hieraus ergibt sich nämlich der rechtliche Rahmen für die Stellung der Organe und deren grundsätzlichen Pflichten. Deshalb muss der Bewertung der speziellen aufsichtsrechtlichen Pflichten stets das allgemeine Verbandsrecht zu Grunde gelegt werden. Dementsprechend wird im Folgenden zunächst die Struktur der deutschen Bankenbranche anhand der in ihr vertretenen Rechtsformen und dahingehender rechtlicher Besonderheiten sowie einiger historischer Aspekte vorgestellt und analysiert. Sodann wird durch eine Vorstellung der gesellschaftsrechtlichen Grundlagen sowohl hinsichtlich der Anforderungen an die Organe als auch im Hinblick auf deren Haftung das Fundament für die genaue Untersuchung erarbeitet.

A. Institute und ihre Rechtsformen I. Banken in der Form einer Genossenschaft Über die Hälfte der Kreditinstitute in Deutschland sind Kreditgenossenschaften332, sodass die Genossenschaft die meist gewählte Rechtsform in der Bankenbranche ist. Da die rechtsformspezifischen Vorschriften maßgeblichen Einfluss auf die organschaftlichen Pflichten und die Organhaftung haben, muss auch die Genossenschaft als Rechtsform näher betrachtet werden. Die Genossenschaft kann 332 1087 von insgesamt 2064 Kreditinstituten sind Genossenschaften (52,66 %). Siehe zur Veranschaulichung Abbildung 3, S. 97. Die Zählung erfolgte auch hier auf der Grundlage des Verzeichnisses der Kreditinstitute und ihrer Verbände sowie der Treuhänder für Kreditinstitute in der Bundesrepublik Deutschland, Bundesbank, in der Version vom 01. Januar 2016 abrufbar unter https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Bundesbank/Aufgaben_und_Orga nisation/verzeichnis_der_kreditinstitute_und_ihrer_verbaende.pdf?__blob=publicationFile [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018].

A. Institute und ihre Rechtsformen

95

allerdings weder dem Personengesellschafts- noch dem Kapitalgesellschaftsrecht uneingeschränkt zugeordnet werden. Verbandsrechtlich stellt sie vielmehr eine Hybridform dar und weist Gemeinsamkeiten mit verschiedenen anderen Gesellschaftsformen auf, besitzt aber auch einige Eigenheiten. Die mitgliedschaftliche Ausrichtung und das Kopfstimmenprinzip legen zunächst einen Vergleich mit dem Verein i.S.d. §§ 21 ff. BGB nahe.333 Der Idealverein gem. § 21 BGB ist allerdings davon geprägt, dass er gerade nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist. Der die Genossenschaft maßgeblich charakterisierende Förderzweck muss aber durch einen gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb verfolgt werden, der typischerweise wirtschaftlicher Art ist.334 Die Genossenschaft ist damit ein wirtschaftlicher Sonderverein, der im Gegensatz zum wirtschaftlichen Verein i.S.v. § 22 BGB seine Rechtspersönlichkeit durch Eintragung ins Genossenschaftsregister erlangt.335 Der besondere Förderzweck stellt dabei das Alleinstellungsmerkmal der Genossenschaft dar, das sie vom Verein und auch von allen anderen Korporationen unterscheidet.336 Gem. § 1 Abs. 1 GenG muss die Genossenschaft den Zweck verfolgen, „den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern“. Bei Kreditgenossenschaften ist dieser besondere Zweck in der Regel die Erwerbs- und Wirtschaftsförderung ihrer Mitglieder, aber auch andere Förderungszwecke können je nach Ausrichtung der Genossenschaftsbank hinzutreten.337 Diese Erwerbs- und Wirtschaftsförderung muss dabei über die reine Gewinn- oder Dividendenausschüttung zu Gunsten ihrer Mitglieder hinausgehen, wodurch die Genossenschaft sich von den klassischen Kapitalgesellschaften unterscheidet.338 Eine reine Gewinnerzielungsabsicht ist daher mit dem Wesen der Genossenschaft nicht vereinbar339 ; vielmehr muss immer der übergeordnete Förderzweck im Mittelpunkt stehen, sodass durch die Genossenschaft gerade nicht nur eigene Vermögensinteressen verfolgt werden.340

333

Fandrich, in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, 2012, § 1 GenG Rn. 1; Geibel, in: Henssler/ Strohn, 2016, § 1 GenG Rn. 2. 334 Geibel, in: Henssler/Strohn, 2016, § 1 GenG Rn. 9. 335 Glenk, Rn. 77; vgl. Helios, in: HandbGenR, 2009, § 1 Rn. 2. 336 BT-Drucks. 16/1025, S. 81; Fandrich, in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, 2012, § 1 GenG Rn. 5; Helios, in: HandbGenR, 2009, § 1 Rn. 2. 337 Geibel, in: Henssler/Strohn, 2016, § 1 GenG Rn. 20. 338 Geibel, in: Henssler/Strohn, 2016, § 1 GenG Rn. 10; Glenk, Rn. 86 f.; vgl. Helios, in: HandbGenR, 2009, Einl. Rn. 11 f.; Cobe/Kling, NZG 2015, 48 (50). 339 Fandrich, in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, 2012, § 1 GenG Rn. 6; Helios, in: HandbGenR, 2009, Einl. 12. 340 Cobe/Kling, NZG 2015, 48 (50); vgl. Glenk, Rn. 100 zur Kreditversorgung des Mittelstandes; Helios, in: HandbGenR, 2009, Einl. Rn. 12.

96

Teil 2: Ausgangslage und gesellschaftsrechtliche Grundlagen

Daraus wird auch ersichtlich, dass trotz der selbstorganschaftlichen Veranlagung der Genossenschaft durch § 9 Abs. 2 GenG, die sie mit den Personengesellschaften verbindet, der Vorstand der Genossenschaft (auch) im fremden Interesse tätig wird. Dies wird dadurch unterstrichen, dass zwar § 9 Abs. 2 GenG den Kreis der in Frage kommenden Vorstandsmitglieder auf Mitglieder der Genossenschaft beschränkt, die Genossenschaftsmitglieder auf der anderen Seite mit ihrer Mitgliedschaft aber nicht zugleich die Vermögensverfügungsbefugnis erwerben, wie dies bei einer GbR der Fall ist (vgl. § 709 BGB).341 Vor diesem Hintergrund ist auch die dualistische Trennung des Führungs- von dem Überwachungsorgans zu sehen.342 Diese Organisationsstruktur ist die entscheidende Parallele zu den Kapitalgesellschaften: Zum einen stellt diese den Ansatzpunkt für die andauernde Diskussion dar, ob insbesondere aktienrechtliche Regelungen und Grundsätze auf die Genossenschaft angewendet werden können.343 Zum anderen wird vorliegend gerade die Stellung und die Verantwortlichkeit der Organe betrachtet, sodass es für die Vergleichbarkeit und die Herausarbeitung der wesentlichen Punkte entscheidend auf das Organisationsgefüge ankommt. Dahingehend sind die Kapitalgesellschaften daher durchaus mit der Genossenschaft vergleichbar344 mit der Folge, dass die Rechtsform der Genossenschaft für die hiesige Untersuchung als „Kapitalgesellschaft im weiteren Sinne“ begriffen wird.

341

Cobe/Kling, NZG 2015, 48 (50). Siehe zu dem Zusammenhang von Fremdorganschaft und der internen Überwachung bereits Teil 2, A.III., S. 99. 343 Dazu im Rahmen der business judgement rule Cobe/Kling, NZG 2015, 48 (48 ff.). Allerdings hat sich diese Diskussion um die Anwendung der business judgement rule nunmehr erledigt, da diese durch das Gesetz zum Bürokratieabbau und zur Förderung der Transparenz bei Genossenschaften vom 17. 07. 2017 (BGBl. I 2017, 2434) in der Regelung des § 34 Abs. 1 S. 2 GenG endgültig Einzug in das Genossenschaftsrecht gefunden hat. 344 Zu den (Sorgfalts-)Pflichten und der Haftung des Vorstands Gätsch, in: HandbGenR, 2009, § 5 Rn. 59 ff. und des Aufsichtsrates Gätsch, in: HandbGenR, 2009, § 5 Rn. 115 ff. unter Heranziehung etlicher Vergleiche mit dem Aktienrecht. 342

A. Institute und ihre Rechtsformen

97

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 3: Die Rechtsformstruktur deutscher Kreditinstitute. Datengrundlage: Verzeichnis der Kreditinstitute der Bundesbank (Fn. 332)

II. Die deutsche Bankenlandschaft und Kapitalgesellschaften Wie Abbildung 3 verdeutlicht, sind nicht nur Genossenschaften, sondern auch jegliche Formen der Kapitalgesellschaften in der Bankenbranche anzutreffen. Durch diese Vielfalt der Rechtsformen kommen auch unterschiedliche Gesetze und deren Regelungen zur Anwendung. Ein Überblick über die Struktur der Bankenlandschaft gibt dementsprechend auch Aufschluss darüber, welche Vorschriften welcher Gesetze für die Anforderungen an die Organmitglieder eine Rolle spielen. Die grundsätzliche Rechtsformverteilung wird durch das Verzeichnis der Kreditinstitute der Bundesbank sehr schnell deutlich: Zahlenmäßig am häufigsten mit zusammen mehr als 70 % sind Genossenschaftsbanken und Sparkassen in der Rechtsform der öffentlich-rechtlichen Anstalt vertreten. Der Grund für diese große Anzahl an Instituten in diesen Formen liegt in der überwiegenden Gebietsaufteilung der Genossenschaftsbanken und Sparkassen. Sowohl Genossenschaftsbanken als

98

Teil 2: Ausgangslage und gesellschaftsrechtliche Grundlagen

auch die Sparkassen betreiben zum Großteil ihre Geschäfte nach dem Regionalprinzip, d. h. sie haben das Bundesgebiet untereinander aufgeteilt, sodass die Kunden in den Regionen auch von der entsprechenden Bank vor Ort betreut werden. Dementsprechend gibt es sehr viele kleinere Institute, die jeweils hauptsächlich in ihrer regionalen Umgebung agieren. Jedoch ist nicht nur die pure Häufigkeit entscheidend für die Marktrelevanz. Auch die Größe der Banken gemessen an ihrer Bilanzsumme ist ein wichtiges Kriterium. Wenn man demgemäß die Institutsstruktur im Hinblick auf die Bilanzsumme der Banken betrachtet, zeigt sich ein anderes als das soeben gezeichnete Bild. Unter den größten Instituten Deutschlands, die gleichzeitig auch die Kriterien für die Beaufsichtigung durch die EZB erfüllen, finden sich nur noch 2 Genossenschaftsbanken und 9 Sparkassen bzw. Banken in der Form einer öffentlich-rechtlichen Anstalt. Den größten Teil der Großbanken bilden mit 50 von 75345 Instituten und damit mit über 65 % Aktiengesellschaften nach deutschem Recht und deren europäische Pendants. Weitere 17 % sind andere kapitalgesellschaftsrechtliche Bankenformen. Wirtschaftlich gesehen spielen dementsprechend auf dem Bankenmarkt gemessen an dem Geschäftsvolumen Kapitalgesellschaften die übergeordnete Rolle. Innerhalb der Kapitalgesellschaften zeigt sich zudem ein klarer Trend in Richtung der Aktiengesellschaft. Aus diesen Gründen wird hier der Fokus auf den Bereich der Kapitalgesellschaften gelegt. Eine hervorzuhebende Bedeutung kommt dabei wegen ihrer Größe insbesondere den Aktiengesellschaften zu. Um der Relevanz der sonstigen Kapitalgesellschaften sowie der Genossenschaft als Kapitalgesellschaft im weiteren Sinne346 dennoch gerecht zu werden, wird im Folgenden347 ein umfassender Überblick über die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen der verschiedenen Rechtsformen sowohl aus der allgemeinen Perspektive als auch im Hinblick auf die hier untersuchten, konkreten Anforderungen gegeben.

345 Bei der Zählung wurden alle Institute berücksichtigt, die unter die Aufsicht der EZB fallen, unabhängig davon, ob sie einer Institutsgruppe angehören oder nicht. In die Zählung Einzug gefunden haben damit sowohl die übergeordneten Mutterunternehmen als auch deren untergeordnete Tochterinstitute. Grundlage: Liste bedeutender beaufsichtigter Institute der EZB vom 01. Januar 2016, abrufbar unter https://www.bankingsupervision.europa.eu/ecb/pub/ pdf/intro_list_sse_160101.de.pdf?721991caaf47122cb3bbdde9121e7e55 [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018]; siehe auch Abbildung 4, S. 99. 346 Siehe soeben Teil 2, A.I., S. 97. 347 Teil 2, B.I., S. 119.

A. Institute und ihre Rechtsformen

99

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 4: Die Rechtsformstruktur deutscher Großbanken auf Grundlage der Liste der bedeutenden beaufsichtigten Institute der EZB (siehe Fn. 345)

III. Die Rolle von Personengesellschaften in der Bankenbranche Der Ursprung der Bankenbranche ist im Privatbankiergeschäft zu finden.348 Während traditionell Banken in ihrer frühesten Stunde also von einzelnen Bankkaufmännern bzw. Personengesellschaften mit persönlicher Haftung betrieben wurden, ist das Erscheinungsbild heutzutage etwas umfangreicher.349 Heute darf ein Kreditinstitut, das Bankgeschäfte in einem Umfang betreibt, der eine Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 KWG nach sich zieht, sogar gem. § 2b Abs. 1 KWG350 nicht mehr in der Rechtsform eines Einzelkaufmanns betrieben werden. Auf der einen Seite beschränkt sich das Betriebsverbot aber auf Kreditinstitute, auf der anderen Seite betrifft es nicht Personengesellschaften im Allgemeinen. Bezüglich des Betriebs in Form einer Personengesellschaft sieht § 2b Abs. 2 KWG lediglich Auflagen für Wertpapierhandelsgesellschaften vor. Darüber hinaus gilt das Verbot des § 2b Abs.1 KWG nicht für Kreditinstitute, die vor dessen Einführung bereits in der Form

348

Dazu im Einzelnen Wandel, S. 1 ff. Zur Entwicklung Wandel, S. 43 ff. 350 Seit der Einführung des Vieraugenprinzips in der Geschäftsleitung durch die Novelle 1976 (BGBl. I 1976, S. 725) ist auch der Betrieb eines Kreditinstituts als Einzelkaufmann nicht mehr möglich, dazu Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 2b KWG Rn. 1 ff. 349

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Teil 2: Ausgangslage und gesellschaftsrechtliche Grundlagen

des Einzelkaufmanns betrieben wurden (Bestandsschutz).351 Ein Blick in die Auflistung der Bundesbank über die beaufsichtigten Kreditinstitute aus dem Jahr 2015352 zeigt aber, dass keines der aktuell beaufsichtigten Institute in der Form des Einzelkaufmanns betrieben wird und damit dieser Ausnahme keine praktische Relevanz (mehr) zukommt. Auch Personengesellschaften allgemein sind in der Finanzwelt mit der Zunahme an Bedeutung und Umfang der Bankgeschäfte zum einen wegen der unbeschränkten persönlichen Haftung, zum anderen auch zum Schutz des Marktes und der Kunden353 immer seltener geworden. Laut der Aufzählung im Verzeichnis der Kreditinstitute der Bundesbank beträgt der aktuelle Anteil der Institute in Form von Personengesellschaften354 in Deutschland nur noch 1,16 %355. Davon sind knapp über die Hälfte356 klassische Personengesellschaften, bei denen natürliche Personen als persönlich haftende Gesellschafter existieren. Die restlichen 12 Institute weisen die Form einer GmbH oder AG & Co. KG auf. Bei diesen Rechtsformen ist die persönlich haftende Komplementärin also eine Kapitalgesellschaft, die zwar als Gesellschaft mit ihrem Vermögen unbeschränkt haftet, deren Gesellschafter haften allerdings lediglich in beschränkter Weise in Höhe ihrer Stammeinlagen. So fehlt diesen Gesellschaften zum einen die für Personengesellschaften typische persönliche Haftung der Gesellschafter sowie zum anderen die damit zusammenhängende Selbstorganschaft357. Formal-juristisch handelt es sich bei diesen Gesellschaftsformen somit noch um Personengesellschaften, die der Rechtsform der Personengesellschaft immanenten, zentralen Merkmale der persönlichen Haftung und der Selbstorganschaft werden aber umgangen mit der Folge, dass diese Art der Rechtsform tatsächlich den Kapitalgesellschaften näher ist als den klassischen Personengesellschaften. Zudem übernimmt in diesen Konstellationen das Leitungsorgan der Komplementär-Gesellschaft gleichzeitig auch die Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft. Die Geschäftsführer der KG müssen demgemäß als 351

Eingeführt durch Art. 2 § 4 Abs. 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Kreditwesengesetzes (KredWGÄndG 2) v. 24. März 1976, BGBl. I S. 725 (732); Schäfer, in: Boos/ Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 2b KWG Rn. 9. 352 Verzeichnis der Kreditinstitute und ihrer Verbände sowie der Treuhänder für Kreditinstitute in der Bundesrepublik Deutschland, in der Version vom 01. Januar 2016 abrufbar unter https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Bundesbank/Aufgaben_und_Organisati on/verzeichnis_der_kreditinstitute_und_ihrer_verbaende.pdf?__blob=publicationFile [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018]. 353 Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 2b KWG Rn. 2 ff. 354 Als Personengesellschaften werden hier Gesellschaften in der Rechtsform der oHG oder der KG gezählt. 355 Dies entspricht insgesamt 26 Instituten; siehe Abbildung 3 zur Veranschaulichung. 356 14 Institute der 26 Personengesellschaften (53,85 %). 357 Bei der Selbstorganschaft führen die Gesellschafter im Regelfall selbst die Geschäfte der Gesellschaft. Im Gegensatz hierzu ist bei Kapitalgesellschaften die Gesellschafterstellung von der Geschäftsführung losgelöst (Dritt-/Fremdorganschaft); dazu Müller, in: Müller/Rödder, 2009, § 1 Rn. 79 ff.

A. Institute und ihre Rechtsformen

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Mitglieder des Leitungsorgans der Komplementärin zwangsläufig auch die (kapital-) gesellschaftsrechtlichen Vorgaben erfüllen. Lediglich eine Besonderheit bleibt bestehen und zu berücksichtigen: Eine Pflicht zur Einrichtung eines internen Aufsichtsorgans, wie sie es – teilweise zwingend358, teilweise an Größenvorgaben des Unternehmens geknüpft359 – bei Kapitalgesellschaften gibt, existiert für Personengesellschaften nicht. Es gibt die Möglichkeit, freiwillig einen Beirat einzurichten, eine gesetzliche Regelung zur Bildung eines internen Überwachungsorgans kennt das Personengesellschaftsrecht aber nicht. Der Grund hierfür ist in der Verfolgung ausschließlich eigener Interessen bei der Geschäftsführung und damit mittelbar in der Selbstorganschaft zu sehen: Wenn die Gesellschafter selbst die Geschäfte ihrer Gesellschaft führen, brauchen sie auch kein Organ, das die Geschäftsführung in ihrem Sinne überwacht. Demgegenüber steht die Fremdorganschaft, die durch eine Trennung der von Eigentum und Geschäftsführung eine treuhänderische Funktion der Geschäftsführung sowie eine Interessendiskrepanz zwischen Anteilseignern und der Geschäftsführung zur Folge hat.360 Sofern jedoch durch Bildung einer GmbH bzw. AG & Co. KG die Rechtsform der Kommanditgesellschaft jedenfalls mittelbar für die Fremdorganschaft eröffnet, kann jedenfalls innerhalb der Komplementärgesellschaft ein Aufsichtsorgan auftreten. Im Falle der Aktiengesellschaft als Komplementärin ist dies sogar Pflicht; für andere Rechtsformen richtet sich die Einrichtungspflicht im Rahmen der Mitbestimmung nach der Größe des Unternehmens. Hervorzuheben ist, dass § 4 Abs. 1 MitbestG die Berechnung der Unternehmensgröße unter bestimmten Voraussetzungen an die Größe der Kommanditgesellschaft knüpft. Dies führt dazu, dass ein Überwachungsorgan bei der Komplementärgesellschaft auch obligatorisch sein kann, auch wenn die Komplementärin allein die Mitarbeiterschwellen nicht überschreitet. In einer Kommanditgesellschaft, deren Komplementärin eine Kapitalgesellschaft ist, kann dementsprechend so auch ein Organ bestehen, das die Geschäftsführung überwacht und an die kapitalgesellschaftsrechtlichen Regelungen gebunden ist. Hierdurch wird deutlich, dass Personengesellschaften und deren spezifische Vorgaben für die Führung, Organisation und Überwachung in der Bankenwelt mittlerweile eine untergeordnete Rolle spielen. Die Institutsstruktur in Deutschland hat ihren rechtsformspezifischen Schwerpunkt heutzutage im Bereich des Kapitalgesellschaftsrechts, sodass sich die folgende Untersuchung auf kapitalgesellschaftsrechtliche Regelungen beschränkt. 358 Die Bildung eines Aufsichtsrats ist bei Aktiengesellschaften, Kapitalgesellschaften auf Aktien (vgl. [§ 278 Abs. 3 i.V.m.] §§ 30, 31 AktG; siehe dazu Habersack, in: MünchKommAktG, 2014, Vor §§ 95 ff. AktG Rn. 1) sowie Genossenschaften (grundsätzlich gem. § 9 Abs. 1 S. 1 GenG; jedoch kann bei einer Mitgliederanzahl von bis zu 20 Mitgliedern gem. § 9 Abs. 1 S. 2 GenG in der Satzung auf einen Aufsichtsrat verzichtet werden) gesetzlich vorgeschrieben. 359 Obligatorische Bildung eines Aufsichtsrats wegen Mitbestimmung gem. § 1 Abs. 1 DrittelbG. 360 Siehe zu diesem Ur-Problem der Corporate Governance und dem Zusammenhang dessen mit der Einrichtung eines internen Kontrollorgans schon Teil 1, .A.II.4.a), S. 33.

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Teil 2: Ausgangslage und gesellschaftsrechtliche Grundlagen

B. Gesellschaftsrechtliche Grundlagen I. Überblick über die Regelungen und die Organhaftung im deutschen Kapitalgesellschaftsrecht Die Vorschriften im Kapitalgesellschaftsrecht zu den Anforderungen an Organmitglieder und deren Haftung sind fast so vielfältig wie die verschiedenen Gesellschaftsformen, welche nahezu alle in der Bankenbranche vertreten sind. Als relevante, kapitalgesellschaftsrechtliche Rechtsformen sind insbesondere die Aktiengesellschaft (AG), die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) sowie die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) inklusive ihrer Mischformen (z. B. GmbH & Co. KGaA, AG & Co. KGaA361) zu nennen. Die Genossenschaft wird hier, wie bereits erörtert, als Mischform aus Kapitalgesellschaft und Verein begriffen und insbesondere wegen des großen Vorkommens dieser Rechtsform in der Finanzbranche zu den Kapitalgesellschaften im weiteren Sinne gezählt. Alle diese Rechtsformen stellen ihre eigenen, im Einklang mit dem jeweiligen Gesellschaftskonstrukt aufgebauten Regelungen für die Anforderungen an ihre Organe sowie deren Haftung bereit. Vergleicht man diese Regulatorien miteinander, sind zahlreiche Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede erkennbar. Zur Vereinfachung der rechtsformunabhängigen, aufsichtsrechtlichen Darstellung der Organpflichten sowie zur Vermeidung von unnötigen Wiederholungen, bietet es sich daher an, zunächst ebendiese Berührungspunkte zu identifizieren und zu beleuchten. Sodann wird auf die Besonderheiten der jeweiligen Rechtsformen sowohl hinsichtlich der Anforderungen und Pflichten bzw. deren Auslegung als auch im Hinblick auf die Haftung der Organmitglieder eingegangen. 1. Regelungen hinsichtlich Pflichten und Anforderungen an die Organmitglieder Im Aktienrecht finden sich organspezifische Vorschriften für den Vorstand in den §§ 76 – 94 AktG und für den Aufsichtsrat in den §§ 95 – 116 AktG. Von besonderer Bedeutung für die vorliegende Untersuchung sind dabei die Pflichten des Vorstands sowie die Anforderungen an diesen gem. §§ 76, 91 und 93 AktG; für den Aufsichtsrat sind die §§ 100, 111 sowie 116 AktG vordergründig relevant, die jeweils Regelungen zu allgemeinen Pflichten sowie Organisations- und Sorgfaltspflichten wie auch persönlichen Anforderungen enthalten. Entsprechende Vorschriften im GmbH-Recht finden sich für das Leitungsorgan, also die Geschäftsführer in § 6 GmbHG, der Anforderungen an die Person des 361 Es sind theoretisch auch weitere Mischformen denkbar, bei denen der Komplementär keine natürliche Person ist. Vorliegend kommt diesen Konstellationen allerdings zurzeit keine praktische Relevanz zu, da diese in der Bankenbranche nicht vorkommen. Siehe dazu das Verzeichnis der Kreditinstitute der Bundesbank, a.a.O. Fn. 352.

B. Gesellschaftsrechtliche Grundlagen

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Geschäftsführers statuiert, sowie in § 43 GmbHG hinsichtlich der Sorgfaltspflichten und der Verantwortlichkeit (§ 43 Abs. 2 GmbHG) der Geschäftsführer. Für den grundsätzlich nicht zwingend zu bildenden Aufsichtsrat enthält § 52 GmbHG zahlreiche Verweisungen auf das Aktienrecht mit der Folge, dass nahezu alle elementaren aktienrechtlichen Anforderungen auch für den Aufsichtsrat einer GmbH gelten. Im Rahmen der Ermittlung des Geschäftsleiterermessens sind ebenfalls die aktienrechtlichen Vorgaben im Wesentlichen auf den GmbH-Geschäftsführer übertragbar.362 Dies schließt die Anwendung der business judgement rule gem. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG mit ein.363 Jedoch muss bei der Beurteilung des Pflichtenkatalogs und der damit verbundenen Haftung berücksichtigt werden, dass die Übertragbarkeit ihre Grenzen in den Besonderheiten des GmbH-Rechts hat.364 Besonders erwähnenswert ist hierbei die Weisungsabhängigkeit der Geschäftsführer von den Gesellschaftern. Diese führt beispielsweise dazu, dass der Geschäftsführung im Bereich von Gesellschafterweisungen kein Geschäftsleiterermessen mehr hat und sich insofern mit einer schärferen Organhaftung konfrontiert sieht.365 Bei der Rechtsform der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) gestaltet sich die Gesellschafterstruktur dermaßen, dass es wie bei einer herkömmlichen KG persönlich haftende Gesellschafter (Komplementäre) und nur in Höhe ihrer Einlage haftende Gesellschafter (Kommanditisten) gibt, wobei jedoch die Kommanditisten als Kommanditäktionäre an der KG beteiligt sind wie Aktionäre an einer AG. Regelungen zu dieser besonderen Mixtur aus Personen- und Kapitalgesellschaft, die das Gesetz in § 278 Abs. 1 AktG als Kapitalgesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit legaldefiniert, sind in den §§ 278 ff. AktG zu finden. Im Gegensatz zu der AG und der GmbH ist kein „Organ“ im engeren Sinne mit der Vertretung und Geschäftsführung der Gesellschaft betraut. Diese Aufgabe kommt den Komplementären zu. Die Haftung der Komplementäre als Geschäftsführer ergibt sich allerdings nicht aus den personengesellschaftsrechtlichen Regelungen, sondern aus dem Aktiengesetz. Über die Verweisungen gem. §§ 278 Abs. 3, 283 Nr. 3 AktG gilt für die Haftung der Komplementäre gegenüber der Gesellschaft § 93Abs. 2 AktG inklusive

362

Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, 2015, § 43 GmbHG Rn. 8 ff.; Fleischer, in: MünchKommGmbHG, 2016, § 43 GmbHG Rn. 71 ff.; Oetker, in: Henssler/Strohn, 2016, § 43 GmbHG 27 f.; Ziemons, in: Michalski/Heidinger/Leible/Schmidt, 2017, § 43 GmbHG Rn. 130. 363 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, 2015, § 43 GmbHG Rn. 8 ff.; Fleischer, in: MünchKommGmbHG, 2016, § 43 GmbHG Rn. 66 ff.; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, 2017, § 43 GmbHG Rn. 22; Oetker, in: Henssler/Strohn, 2016, § 43 GmbHG 27 f.; Ziemons, in: Michalski/Heidinger/Leible/Schmidt, 2017, § 43 GmbHG Rn. 134. 364 Fleischer, in: MünchKommGmbHG, 2016, § 43 GmbHG Rn. 72 ff.; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, 2017, § 43 GmbHG Rn. 22. 365 Fleischer, in: MünchKommGmbHG, 2016, § 43 GmbHG Rn. 73; vgl. Lutter, ZIP 2007, 841 (848).

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Teil 2: Ausgangslage und gesellschaftsrechtliche Grundlagen

der Maßgaben zum Sorgfaltsmaßstab entsprechend.366 Dasselbe gilt für den Aufsichtsrat der KGaA, sodass auch hier gem. § 278 Abs. 3 i.V.m. §§ 116, 93 AktG die Maßgaben des Aktienrechts grundsätzlich relevant sind.367 Spezifische Vorgaben finden sich hierbei in § 287 AktG. Im Genossenschaftsrecht finden sich grundsätzliche Vorgaben zu den Organen und deren Aufbau in § 24 GenG für den Vorstand sowie in § 36 GenG für den Aufsichtsrat. Während sich die Aufgaben des Vorstands aus der Gesamtheit der §§ 24 ff. GenG ergeben, sind die Aufgaben des Aufsichtsrats zentralisiert in § 38 GenG statuiert. Für die persönlichen Anforderungen an die Organmitglieder sowie die Inkompatibilitäten bei der Wahrnehmung der Organpositionen hält das Genossenschaftsrecht in den §§ 9, 37 GenG Regelungen bereit. 2. Haftungsgrundlagen im Überblick Eine Haftung der Organmitglieder kann sich nicht nur aus dem einschlägigen Gesellschaftsrecht ergeben. Ebenso die branchenspezifischen Gesetze können besondere Haftungstatbestände vorsehen und auch eine zivilrechtliche Haftung kommt in Betracht. Inwiefern eine spezialgesetzliche Haftung der gesellschaftsrechtlichen in der Bankenbranche vorgeht, welche zivilrechtlichen Haftungsmöglichkeiten darüber hinaus bestehen sowie ob bzw. inwieweit sich die Haftungsmaßstäbe von den in dieser Arbeit dargelegten gesellschaftsrechtlichen Maßgaben unterscheiden, soll hier kurz dargestellt werden. Dabei wird ausschließlich die Innenhaftung gegenüber dem Institut betrachtet, sodass sich die im Folgenden anzusprechenden Normen auf Ansprüche der Gesellschaft gegen die Organmitglieder beschränken. a) Haftungsgrundlagen im Aufsichtsrecht Als leges speciales würden spezielle aufsichtsrechtliche Haftungsgrundlagen den allgemeinen Regelungen des Gesellschaftsrechts vorgehen. In Betracht kommen als Quellen für solche spezialgesetzlichen Haftungsgrundlagen alle zuvor vorgestellten Gesetze in Betracht, also namentlich das KWG, das WpHG, das ZAG sowie das KAGB. Die einzige Vorschrift im KWG, die sich mit der Organhaftung selbst befasst, ist § 17 KWG. Danach haften die Geschäftsleiter sowie die Mitglieder des Aufsichtsorgans im Falle einer pflichtwidrigen Vergabe von Organkrediten nach § 15 KWG dem Institut für den daraus entstehenden Schaden. Daneben fehlt es an einer entsprechenden Haftungsregelung für die Nichteinhaltung organisatorischer Vorgaben, auch im Rahmen des Risikomanagements. §§ 25a, 25c KWG geben insoweit nur vor, wie die Geschäftsorganisation des Instituts 366

Statt vieler Perlitt, in: MünchKommAktG, 2015, § 283 AktG 18 f.; Bachmann, in: Spindler/Stilz, 2015, § 283 AktG Rn. 8 ff. 367 Schmidt, in: Schmidt/Lutter, 2015, § 287 AktG Rn. 12; Perlitt, in: MünchKommAktG, 2015, § 287 AktG Rn. 5 ff.; Bachmann, in: Spindler/Stilz, 2015, § 287 AktG Rn. 7 ff.

B. Gesellschaftsrechtliche Grundlagen

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grundsätzlich auszusehen hat. Auch in den anderen aufsichtsrechtlichen Spezialgesetzen sucht man nach Anspruchsgrundlagen hinsichtlich der Haftung der Organe vergebens. b) Gesellschaftsrechtliche Haftungsgrundlagen Hier zeigt sich die Relevanz der Rechtsform sehr deutlich: Mangels speziellerer aufsichtsrechtlicher Haftungsnormen muss auf die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen zur Organhaftung zurückgegriffen werden, sodass die konkret einschlägige Anspruchsgrundlage der Gesellschaft gegen das pflichtwidrig handelnde Organ von der Rechtsform des Instituts abhängt. So ist Grundlage für die Inanspruchnahme der Geschäftsführer einer GmbH § 43 Abs. 2 GmbHG. Im Genossenschaftsrecht regelt § 34 Abs. 2 GenG die Haftung der Vorstandsmitglieder, wohingegen sich die entsprechende aktienrechtliche Vorschrift in § 93 Abs. 2 S. 1 AktG findet. Für öffentlich-rechtliche Institute existieren Haftungsgrundlagen in dem jeweiligen Ländergesetz, wenn ein solches vorhanden ist.368 Allen diesen Regelungen ist gemeinsam, dass sie für die Verantwortlichkeit des jeweiligen Organs auf die Pflichtwidrigkeit dessen Handelns abstellen und für die Bestimmung des entsprechenden Pflichtenkreises den Sorgfaltsmaßstab an dem eines „ordentlichen369 (und gewissenhaften370) Geschäftsleiters/-mannes“ orientieren. Insofern hängt zwar die konkrete Haftungsgrundlage, nicht aber der allgemeine Verantwortungsmaßstab wesentlich von der Rechtsform der Gesellschaft ab. Vielmehr gelten die aktienrechtlichen Anforderungen an die Geschäftsleitersorgfalt im Wesentlichen entsprechend für alle anderen Rechtsformen.371 Dies gilt auch für öffentlich-rechtliche Institute.372 Ein ähnliches Bild zeigt sich auch im Hinblick auf die Aufsichtsratshaftung: Auch wenn § 116 AktG hinsichtlich des Verantwortungsumfang innergesetzlich auf die Vorgaben des § 93 AktG für den Vorstand verweist, hält das Aktienrecht mit den §§ 100 ff. AktG noch eigens detaillierte Vorschriften für den Aufsichtsrat bereit. Im 368

Fischer, in: Krieger/Schneider, 2017, § 23 Rn. 23.10 f. § 43 Abs. 1 GmbHG. 370 § 93 Abs. 2 S. 1 AktG sowie § 34 Abs. 1 S. 1 GenG. 371 Braun/Wolfgarten, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 25a KWG Rn. 63; Brogl, in: HandbBanken-Restrukturierung, 2011, Kap. I 17 f.; Lehleiter/Hoppe, BKR 2007, 178 (179); vgl. Lutter, ZIP 2007, 841 (847 f.) im Hinblick auf die business judgement rule; Lutter/ Krieger/Verse, Rn. 1092 (GmbH), Rn. 1257 (Genossenschaft) jeweils hinsichtlich der Aufsichtsratspflichten; vgl. auch Schneider, S. 46 ff. Zu den genauen Anforderungen des Aktienrechts siehe sogleich Teil 2, B.II., S. 108 sowie Teil 2, B.II.1.b), S. 110. Hinsichtlich der Anforderungen für GmbH-Geschäftsführer ist jedoch zu beachten, dass diese an die Weisungen der Gesellschafter gebunden sind, siehe dazu schon soeben Teil 2, B.I.1., S. 102. 372 BGH v. 15. 09. 2014 – II ZR 112/13, NJW-RR 2015, 603 (604); dazu im Einzelnen Empt/ Orlikowski-Wolf, ZIP 2016, 1054 (1054 ff.); Tischler, GWR 2015, 76 (76); Fischer, in: Krieger/ Schneider, 2017, § 23 Rn. 23.10 ff. 369

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Teil 2: Ausgangslage und gesellschaftsrechtliche Grundlagen

Gegensatz hierzu verweisen die Regelungen für die KGaA (zugegebenermaßen streng genommen auch innergesetzlich) mit § 278 Abs. 3 AktG und diejenigen für die GmbH mit § 52 GmbHG nahezu uneingeschränkt auf die Regelungen des Aktienrechts. Anders verhält es sich dahingehend bei der Genossenschaft: Das GenG verfährt hier wie das AktG für die AG und erklärt durch die Verweisung in § 41 GenG die Maßstäbe für den Vorstand gem. § 34 GenG für entsprechend anwendbar. Wie bereits zuvor erarbeitet, gelten für den Verantwortungsmaßstab eines Genossenschaftsvorstands wiederum im Wesentlichen die Vorgaben des Aktienrechts. c) Zivilrechtliche Haftungsgrundlagen Über die gesellschaftsrechtliche Haftung hinaus können noch allgemeine zivilrechtliche Haftungstatbestände in Betracht kommen. Zu nennen ist hierbei insbesondere373 die deliktische Haftung gem. § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit einem Schutzgesetz. Als Schutzgesetze kann hierbei zunächst an die spezialgesetzlichen Regelungen der §§ 25a ff. KWG, § 80 WpHG, §§ 28, 29 KAGB selbst, seit 2014 an § 54a KWG sowie allgemein den Untreuetatbestand des § 266 StGB374 gedacht werden. Die spezialgesetzlichen Organisationsvorschriften scheiden allerdings als Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB bereits mangels individualschützenden Charakters aus.375 Auch für § 54a KWG ist übereinstimmend mit Lindemann376 der drittschützende Charakter abzulehnen. § 54a KWG ist als Annex zu den Organisationsvorschriften des § 25c Abs. 4a sowie 4b KWG zu betrachten, die ihrerseits § 25a KWG konkretisieren und daher als nicht individualschützend einzustufen sind. Im Rahmen der Haftung gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB ist es maßgeblich, ob eine Verletzung der dem Geschäftsleiter obliegenden Vermögensbetreuungspflicht vorliegt. Unabhängig davon, ob eine gesellschaftsrechtliche Pflichtverletzung hierfür ohne Weiteres ausreicht,377 ist für die Beurteilung kein 373 Eine Haftung kann sich zudem aus einer allgemeinen vertraglichen Haftung gem. § 280 Abs. 1 BGB auf Grundlage von Anstellungs-/Arbeitsverträgen ergeben. Diese wird vorliegend jedoch nicht näher thematisiert. 374 Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Geschäftsleitern allgemein, allerdings ohne Berücksichtigung des § 54a KWG, Krause, in: Krieger/Schneider, 2017, § 40 Rn. 40.1 ff. 375 Vgl. Ciota, S. 220 zu § 91 Abs. 2 AktG und § 33 WpHG a.F.; Langen, in: Schwennicke/ Auerbach, 2016, § 25a KWG Rn. 184; Baur, in: Just/Voß/Ritz/Becker, 2015, § 33 WpHG Rn. 108; Just, in: Just/Voß/Ritz/Becker, 2015, Vor §§ 31 – 37a WpHG Rn. 41. 376 Lindemann, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2016, § 54a KWG Rn. 3. 377 Umstritten ist hier, ob eine gesellschaftsrechtliche Pflichtverletzung auch ohne Weiteres als Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht angesehen werden kann; siehe dazu Blasche, WM 2011, 343 (349 f.). Zum Teil wird gefordert, dass es sich um eine gravierende Pflichtverletzung handeln muss (vgl. BGH v. 15. 11. 2001 – 1 StR 185/01, BGHSt, 47, 148 (150) = NJW 2002, 1211 (1213 f.)). In jedem Fall ist eine solche aber zu bejahen, wenn die Grenzen des unternehmerischen Ermessens überschritten werden (zuletzt erst im Rahmen des Untreueprozesses um die Vorstände der HSH Nordbank AG BGH v. 12. 10. 2016 – 5 StR 134/15, NZG 2017, 116 (116 f.); BGH v. 13. 08. 2009 – 3 StR 576/08, BKR 2010, 163 (166); Blasche, WM 2011, 343 (349 f.)).

B. Gesellschaftsrechtliche Grundlagen

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anderer Maßstab anzusetzen als bei der gesellschaftsrechtlichen Haftung gem. § 93 Abs. 2 Satz 1 AktG.378 Insofern kann hier im Detail auf die kommenden Ausführungen zur Organhaftung verwiesen werden. 3. Fazit Aufgrund mangelnder spezialgesetzlicher Regelungen steht die gesellschaftsrechtliche Organhaftung demgemäß im Mittelpunkt der Untersuchung. Der Blick auf die Bankenlandschaft wie auch das Regelungsgerüst des Kapitalgesellschaftsrechts zeigt, dass gesellschaftsrechtlicher Dreh- und Angelpunkt vor allem der aktienrechtliche Rahmen ist: Auf der einen, tatsächlichen Seite weist ein Großteil der Großbanken in Deutschland die Rechtsform der Aktiengesellschaft auf. Aus der rechtlichen Perspektive betrachtet, ist zudem ein Trend des Kapitalgesellschaftsrechts bezüglich der Organverantwortung deutlich erkennbar: Jedenfalls mittelbar werden die Maßgaben für die AG für alle Kapitalgesellschaften zur Bestimmung des Haftungsumfangs herangezogen. Selbstverständlich müssen bei einer konkreten Falluntersuchung die entsprechenden Besonderheiten der jeweiligen Rechtsform Berücksichtigung finden. Nicht immer kann daher der aktienrechtliche Maßstab uneingeschränkt auf die anderen Rechtsbereiche übertragen werden.379 Um allerdings bei der hier beabsichtigten, abstrakten Untersuchung der Organpflichten und der Haftung Wiederholungen zu vermeiden sowie die Übersichtlichkeit zu wahren, wird vorliegend der rechtliche Rahmen des Aktienrechts zu Grunde gelegt. Zumal die hier im Mittelpunkt stehenden spezialgesetzlichen Vorgaben des Aufsichtsrechts ohnehin unabhängig von der Rechtsform zu beachten sind und damit die Detailunterschiede des Gesellschaftsrechts nachrangig relevant sind. Die detaillierte Erörterung der gesellschaftsrechtlichen Grundlagen beschränkt sich im Folgenden daher auf die Darstellung der gesellschaftsrechtlichen Grundzüge am Beispiel des Aktienrechts.

378 Auf eine detaillierte Streitdarstellung sowie die Erläuterung der weiteren Haftungsvoraussetzungen wird daher im Folgenden verzichtet. Detailliert dazu und zu der Notwendigkeit einer „gravierenden“ Pflichtverletzung siehe Blasche, WM 2011, 343 (348 ff.); Brüning/Samson, ZIP 2009, 1089 (1093 f.). 379 So beispielsweise im GmbH-Recht, wo die Geschäftsführer grundsätzlich an die Weisungen der Gesellschafter gebunden sind, dazu statt vieler Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, 2015, § 43 GmbHG Rn. 7; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, 2015, § 37 GmbHG Rn. 3 ff.; dazu bereits oben S. 103 (Fn. 365).

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Teil 2: Ausgangslage und gesellschaftsrechtliche Grundlagen

II. Aktienrechtliche Grundlagen zur Organhaftung Für die Erörterung der Anforderungen an Organmitglieder ist freilich von maßgeblicher Bedeutung, was passiert, wenn diese nicht eingehalten werden. Damit die Vorgaben in das Gefüge der Organhaftung eingeordnet und nach dessen Maßgaben bewertet werden können, wird an dieser Stelle ein kurzer Überblick über die aktienrechtliche Organhaftung und ihre Voraussetzungen gegeben. 1. Vorstandshaftung gem. § 93 Abs. 2 AktG a) Haftungsvoraussetzungen § 93 Abs. 2 S. 1 AktG setzt voraus, dass ein Vorstandsmitglied eine ihm obliegende Pflicht schuldhaft verletzt und dies zu einem kausalen Schaden geführt hat. Von praktischer Bedeutung ist zudem, wie sich die Beweislastverteilung darstellt und wann ein Anspruch der Gesellschaft gegen ein Vorstandsmitglied aus § 93 Abs. 2 S. 1 AktG verjährt. - Es muss also eine Pflichtverletzung eines Vorstandsmitglieds gegeben sein. Um eine solche identifizieren zu können, muss zunächst die jeweilige Pflicht bzw. der Pflichtenkatalog des Vorstands exakt bestimmt werden. Die Herausarbeitung der konkreten Vorstandspflichten ist das juristische Kernstück der Organhaftung. Es muss sich in der fraglichen Situation ausgiebig damit auseinandergesetzt werden, ob der Vorstand eine bestimmte Handlungs- oder Unterlassungspflicht hatte, gegen die er verstoßen haben könnte. Grundlage für den allgemeinen aktienrechtlichen Sorgfaltsmaßstab der Vorstände stellt § 93 Abs. 1 AktG dar, nach dem die Vorstandsmitglieder bei der Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmannes zu beachten haben. Hierbei spielt die business judgement rule gem. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG eine sehr wichtige Rolle. Nach ihr sind unternehmerische Entscheidungen, die auf Grundlage angemessener Information und zum Wohle der Gesellschaft getroffen wurden, von den haftungsauslösenden Pflichtverletzungen zu unterscheiden und können daher keine Haftung eines Vorstandsmitglieds begründen. Die Besonderheiten und Abgrenzungsschwierigkeiten, die sich in diesem Zusammenhang ergeben (können), werden sogleich gesondert erarbeitet. Für die Pflichtenbestimmung gilt es folglich, zum einen den allgemeinen gesetzlichen Rahmen zu erörtern, zum anderen aber auch die Obliegenheiten der konkreten Situation in die Bewertung mit einzubeziehen. Dieser allgemeine gesetzliche Rahmen soll hinsichtlich der Vorstandspflichten einer Bank durch diese Untersuchung diskutiert und bewertet werden. Einzelfallbezüge können durch Fallbeispiele dabei zwar hergestellt werden, gänzlich kann die Bewertung des Einzelfalls allerdings nicht im Vorhinein und in verallgemeinerter Form dargestellt werden.

B. Gesellschaftsrechtliche Grundlagen

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- Darüber hinaus ist das Vorliegen von Verschulden zur Begründung der Haftung notwendig. § 93 Abs. 1 S. 1 AktG kommt auch hier wieder zum Tragen: Das Verschulden ist nämlich bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Verletzung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzunehmen. Insofern kommt § 93 Abs. 1 S. 1 AktG eine Doppelfunktion zu, indem er zum einen eine Generalklausel zur Beurteilung der objektiven Verhaltenspflichten normiert und zum anderen auch einen typisierten Verschuldensmaßstab setzt.380 Die Vorstandsmitglieder haften dabei aber nur für eigenes Verschulden. Eine Anwendung von §§ 278, 831 BGB ist daher ausgeschlossen.381 - Es muss ein adäquat auf der Verletzung der jeweiligen Pflicht beruhender Schaden der Gesellschaft gegeben sein, für dessen Ermittlung die §§ 249 ff. BGB uneingeschränkt gelten.382 Zudem greift grundsätzlich auch der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens ein,383 der die Haftung entfallen lässt, wenn der Schaden auch bei rechtmäßigem Verhalten eingetreten wäre. Uneinigkeit besteht in diesem Rahmen jedoch darüber, ob die Erhebung dieses Einwands ausgeschlossen sein soll, wenn eine Verletzung von Kompetenz-, Organisations- oder Verfahrensregeln im Raum steht.384 Nach einer verbreiteten Ansicht soll hier der Einwand nicht greifen, da sonst der Normzweck dieser Regelungen unterlaufen würde.385 Zunehmend werden allerdings Stimmen laut, unter ihnen auch die jüngere Rechtsprechung386, die den Vorstandsmitgliedern durch Gewährung der 380

Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 10; Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, 2016, § 93 AktG Rn. 6; Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 26 Rn. 15. 381 Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, 2016, § 93 AktG Rn. 33; Hölters, in: Hölters, 2017, § 93 AktG Rn. 238; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 93 AktG Rn. 46; vgl. Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 26 Rn. 17. 382 Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 211; Mertens/Cahn, in: KölnerKommAktG, 2009, § 93 AktG Rn. 55; Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, 2016, § 93 AktG Rn. 34; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 93 AktG Rn. 47; Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.37; Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 26 Rn. 18. 383 Hölters, in: Hölters, 2017, § 93 AktG Rn. 262; Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, 2016, § 93 AktG Rn. 35; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 93 AktG Rn. 50; vgl. Krieger, in: Krieger/ Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.38; Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 26 Rn. 22; Freund, NZG 2015, 1419 (1423). 384 Siehe dazu Hölters, in: Hölters, 2017, § 93 AktG Rn. 262; Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 93 AktG Rn. 174; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 93 AktG Rn. 50; Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.38; Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 26 Rn. 22; vgl. Freund, NZG 2015, 1419 (1423 f.). Da es sich um eine typische aktienrechtliche Problematik handelt, die nicht auf dem besonderen Bezug zum Bankenaufsichtsrecht beruht, wird auf die detaillierte Darstellung des Streitstandes verzichtet. 385 Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 93 AktG Rn. 174; Fleischer, NJW 2009, 2337 (2339). 386 Zu einer fehlenden Zustimmung der Gesellschafter BGH v. 18. 06. 2013 – II ZR 86/11, BGHZ, 197, 304 (314 – 316) = DNotZ 2014, 138 (144 f.); BGH v. 21. 07. 2008 – II ZR 39/07, NZG 2008, 783 (783 [3. Leitsatz], 785); BGH v. 10. 12. 2007 – II ZR 289/06, NZG 2008, 316 (316); vgl. Hölters, in: Hölters, 2017, § 93 AktG Rn. 262; Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015,

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Teil 2: Ausgangslage und gesellschaftsrechtliche Grundlagen

Beweisführung hinsichtlich der fehlenden Kausalität ihres Handelns eine Entlastungsmöglichkeit einräumen wollen. - Die Regelung des § 93 Abs. 2 S. 2 AktG statuiert eine Beweislastumkehr zu Lasten des Vorstands, die sich sowohl auf das Vorliegen der Pflichtverletzung selbst als auch auf das Verschulden bezieht387. Diese Beweislastumkehr umfasst daher auch die Voraussetzungen der business judgement rule.388 Die Gesellschaft muss demnach neben dem Vorliegen einer Handlung des Vorstandsmitglieds an sich nur beweisen, in welcher Höhe ein Schaden eingetreten ist und ob die Handlung kausal für den Eintritt dieses Schadens geworden ist.389 - Eine Besonderheit der Organhaftung im Kredit- und Finanzdienstleistungswesen ergibt sich zudem hinsichtlich der Verjährung. Gem. § 52a Abs. 1 KWG verjähren die Ansprüche eines Kreditinstitutes gegen seine Organe wegen Verletzung von Sorgfaltspflichten aus dem Organ- oder Anstellungsverhältnis in 10 Jahren – unabhängig von ihrer Rechtsform.390 Dies gilt gemäß § 52a Abs. 2 KWG auch rückwirkend für Ansprüche, die vor Inkrafttreten dieser Neuregelung am 15. 12. 2010391 zwar schon entstanden, aber noch nicht verjährt waren. b) Der allgemeine aktienrechtliche Pflichtenkatalog Kern und umrahmendes Element des aktienrechtlichen Pflichtenkatalogs stellen die allgemeinen Vorstandspflichten dar, die jedes Vorstandsmitglied gleichermaßen treffen – unabhängig von der Branche, in der das Unternehmen tätig ist. Alle detaillierten, auch branchenspezifischen Vorstandspflichten lassen sich (notwendigerweise) auf diesen grundsätzlichen, aktienrechtlichen Pflichtenrahmen zurück-

§ 26 Rn. 22; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 93 AktG Rn. 50; vgl. Freund, NZG 2015, 1419 (1423 f.). 387 Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, 2016, § 93 AktG Rn. 36; Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 26 Rn. 24; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 93 AktG Rn. 53; vgl. Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 220 ff.; Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.39; vgl. Schaefer/Missling, NZG 1998, 441 (445). 388 Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, 2016, § 93 AktG Rn. 36; Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 26 Rn. 24; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 93 AktG Rn. 54; vgl. Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 220; Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.39. 389 Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, 2016, § 93 AktG Rn. 36; Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 221; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 93 AktG Rn. 53; vgl. Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 26 Rn. 24; Schaefer/Missling, NZG 1998, 441 (444 f.). 390 Brogl, in: HandbBanken-Restrukturierung, 2011, Kap. I Rn. 27; vgl. Fischer, in: Boos/ Fischer/Schulte-Mattler, 2016, § 52a KWG Rn. 14 ff. 391 Eingefügt durch das Gesetz zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Kreditinstituten, zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute und zur Verlängerung der Verjährungsfrist der aktienrechtlichen Organhaftung (Restrukturierungsgesetz) vom 9. 12. 2010, BGBl. I S. 1900 ff.

B. Gesellschaftsrechtliche Grundlagen

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führen. Diese aktienrechtlichen Rahmenpflichten können in Sorgfalts- und die Treuepflichten392 unterteilt werden. aa) Sorgfaltspflicht Gem. § 93 Abs. 1 S. 1 AktG hat ein Vorstandsmitglied die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters zu beachten. Für die normative Bestimmung dieses Sorgfaltsmaßstabs ist maßgeblich, wie ein Geschäftsleiter eines nach Art und Größe vergleichbaren Unternehmens handeln muss.393 Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Geschäftsleiter in einer Aktiengesellschaft nicht sein eigenes Vermögen verwaltet, sondern treuhänderischer Verwalter fremden Vermögens ist.394 Aus der sehr allgemein gehaltenen Sorgfaltspflicht lassen sich allerdings auch noch andere, konkretere Pflichten der Vorstände ableiten. Dazu gehört unter anderem die Legalitätspflicht. Unter dieser Verpflichtung zur Legalität ist dabei nicht die bloße Pflicht zu einem gesetzeskonformen Verhalten zu verstehen. Vielmehr meint die Legalitätspflicht in diesem Zusammenhang die Verpflichtung des Vorstands zur Umsetzung von gesetzlichen Vorgaben, die eigentlich (nur) die Gesellschaft selbst in die Pflicht nehmen. Die Gesellschaft als juristische Personen wird nämlich an verschiedener Stelle vom Gesetz verpflichtet, kann allerdings an sich nicht agieren und ist auf das Handeln ihrer Organmitglieder angewiesen, um diese Pflichten zu erfüllen.395 So werden die Pflichten der Gesellschaft im Außenverhältnis durch die Legalitätspflicht in das Innenverhältnis zwischen der Gesellschaft und den Vorstandsmitgliedern transformiert, sodass diese zur Verantwortung gezogen werden können, wenn die gesetzlichen Anforderungen von diesen nicht umgesetzt werden.396 392

So im Wesentlichen (teilweise mit separater Darstellung der Verschwiegenheitspflicht) auch Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, 2016, § 93 AktG Rn. 4; Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 10 ff.; Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 25 Rn. 4, 23 ff., 41 ff.; Geiser, S. 54 ff.; Langenbucher, § 4 Rn. 73. Die hier vorgenommene Unterteilung orientiert sich an dem amerikanischen Verständnis, dass die Vorstände eine duty of care (Sorgfaltspflicht) und eine duty of loyalty (Treuepflicht) treffen. Dazu mit weiteren Nachweisen Langenbucher, § 4 Rn. 73. 393 BGH v. 20. 02. 1995, BGHZ, 129, 30 (34) = NJW 1995, 1290 (1291) (zum GmbHGeschäftsführer); Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 41; Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, 2016, § 93 AktG Rn. 7; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 93 AktG Rn. 6; Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.4; Lehleiter/Hoppe, BKR 2007, 178 (179). 394 BGH v. 20. 02. 1995, BGHZ, 129, 30 (34) = NJW 1995, 1290 (1291) (zum GmbHGeschäftsführer); Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, 2016, § 93 AktG Rn. 7; Koch, in: Hüffer/ Koch, 2016, § 93 AktG Rn. 6; Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.4; Krieger/SailerCoceani, in: Schmidt/Lutter, 2015, § 93 AktG Rn. 6. 395 Thole, ZHR 173 (2009), 504 (509 f.); Rahlmeyer, S. 53 ff. 396 Die Legalitätspflicht ist in diesem Zusammenhang auch nicht mit der Schadensabwendungspflicht gleichzusetzen. Die Legalitätspflicht begründet sich unmittelbar aus dem äußeren Handlungsrahmen, den die Gesellschaft zu beachten hat und den der Vorstand als „handelnder Körper“ der Gesellschaft auch nicht verlassen darf. Würde man hier über die

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Teil 2: Ausgangslage und gesellschaftsrechtliche Grundlagen

Missverständlich erscheint daher der Hinweis auf die Legalitätspflicht, wenn es um die Gesetzeskonformität des Vorstandshandens in eigener Sache geht. Wird der Vorstand als Organ oder dessen Mitglieder durch das Gesetz selbst verpflichtet, ergibt sich die Bindung an diese Vorgaben bereits unmittelbar aus den Normen in Verbindung mit der Sorgfaltspflicht gem. § 93 Abs. 1 AktG.397 Zum Teil wird diese – an sich selbstverständlich erscheinende – Verpflichtung des Vorstands zu eigenem, gesetzeskonformen Verhalten in der Literatur allerdings unter dem Stichwort der „internen Pflichtbindung“398 oder auch der Einhaltung der „Organpflichten“399 im Rahmen der Legalitätspflicht erörtert. Im Gegensatz hierzu wird unter der „externen Pflichtbindung“ die eben erläuterte Verpflichtung des Vorstands zur Einhaltung der Pflichten der Gesellschaft verstanden.400 Auch wenn die Quelle dieser „internen Pflichtenbindung“ häufig zumindest sprachlich zunächst auf das Aktiengesetz beschränkt wird401, rekurrieren die Autoren dann im Laufe der Ausführungen auch auf Pflichten aus anderen Gesetzen, die die Vorstände bzw. die Vertretungsorgane unmittelbar als Adressaten ansprechen.402 Pflicht des Vorstands, im Interesse der Gesellschaft Schäden von dieser abzuwenden, argumentieren, müsste man konsequenterweise auch sog. „nützliche Pflichtverletzungen“ zulassen; hierunter werden Konstellationen diskutiert, in denen ein Verstoß gegen gesetzliche Vorgaben unter Abwägung ihrer Kosten (z. B. Bußgeld) mit dem Nutzen (z. B. Marktvorteil bei Kartellabsprachen) in Kauf zu nehmen wäre, würde man sich allein am Unternehmensinteresse im Sinne eines Vermögensmehrungsinteresses orientieren. Denn dann wäre ein Rechtsbruch nützlicher als die Einhaltung der Gesetze. Solche „nützliche Pflichtverletzung“ (auch unter dem Begriff „efficient breach of law“ diskutiert) sind im deutschen Aktienrecht aber nicht akzeptiert, sodass auch solche Pflichtverletzungen i.S.d. Haftungsrechts darstellen. Dazu umfassend Thole, ZHR 173 (2009), 504 (512 ff.); Hölters, in: Hölters, 2017, § 93 AktG Rn. 75; Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 36 ff.; Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 25 Rn. 32; sodann aber zu der Problematik des Schadens und des Vorteilsausgleichs Hölters, in: Hölters, 2017, § 93 AktG 257 f.; Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 38 ff.; vgl. auch Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 26 Rn. 21. 397 So auch Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 25 Rn. 23; Habersack, in: FS für U. H. Schneider zum 70. Geburtstag, S. 432; Bührle, S. 92 f.; Binder, ZGR 2013, 760 (786); unter dem Stichwort der „Binnenpflichten“ auch Thole, ZHR 173 (2009), 504 (508); so im Ergebnis auch Rahlmeyer, S. 54. 398 Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 15 ff.; Fleischer, in: Handbuch Vorstandsrecht, 2006, § 7 Rn. 4 ff.; ohne eine solche Unterscheidung Krieger, in: Krieger/ Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.5. 399 So Hölters, in: Hölters, 2017, § 93 AktG Rn. 55 ff. 400 Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 23; Fleischer, in: Handbuch Vorstandsrecht, 2006, § 7 Rn. 13 ff.; so unterscheidend zunächst auch Rahlmeyer, S. 53 ff. 401 Siehe bei Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 14: „[…] der internen Pflichtenbindung, die durch Aktiengesetz, Satzung und Geschäftsordnung näher ausgeformt wird“; Fleischer, in: Handbuch Vorstandsrecht, 2006, § 7 Rn. 5: „Jedes Vorstandsmitglied ist zunächst gehalten, alle Verhaltensgebote zu erfüllen, die ihm das Aktiengesetz auferlegt“; Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 93 AktG Rn. 73: „Selbstverständlich hat jedes einzelne Vorstandsmitglied die gesetzlich im AktG festgelegten Pflichten für den Vorstand zu beachten und zu erfüllen […]“. 402 Z. B. die Berichtspflichten nach §§ 8, 127, 192 UmwG.

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Warum sodann teilweise wiederum das „Aufsichtsrecht“ pauschal ohne die Differenzierung nach dem Normadressaten als das „Außenverhältnis“ der Gesellschaft betreffend und damit Teil der externen Pflichtbindung begriffen wird403, kann nicht nachvollzogen werden. Letztlich handelt es sich hierbei jedoch um dieselben Fallgruppen mit lediglich anderer Bezeichnung, sodass die unterschiedliche Terminologie keine praktischen Konsequenzen nach sich zieht. Dennoch darf hier festgehalten werden, dass vorliegend zwischen der Legalitätspflicht als Bindung des Vorstands an die die Gesellschaft betreffenden Normen und der unmittelbaren Pflicht zu gesetzeskonformen Verhalten im Rahmen der Sorgfaltspflicht i. e.S. dogmatisch unterschieden wird. Die Pflicht des Vorstands erschöpft sich zudem nicht darin, sich selbst so zu verhalten, dass die Gesellschaft die gesetzlichen Vorgaben einhält. Aus der Legalitätspflicht ergibt sich sodann auch die Pflicht zur Sicherstellung, dass auch die untergeordneten Organisationsebenen die gesetzlichen Vorschriften beachten, und damit eine Pflicht zur gesetz- und satzungsmäßigen Organisation des Unternehmens.404 Im Rahmen der Organisations- und Überwachungspflichten des Vorstandes ist dabei zwischen der Organisation bzw. Überwachung in horizontaler Richtung, also innerhalb des Organs selbst, und derselben in vertikaler Richtung zu unterscheiden. In beider Hinsicht zeichnet sich jüngst außerdem die begriffliche Differenzierung zwischen der Pflicht zu eigenem gesetzeskonformen Verhalten bzw. der Legalitätspflicht und der Legalitätskontrollpflicht ab. Erstere meint dabei die Pflicht eines Vorstandsmitglieds, selbst die gesetzlichen Anforderungen an die Gesellschaft umzusetzen; mit der Letzteren ist hingegen der Pflicht zur Überwachung anderer hinsichtlich der Gesetzeskonformität ein eigener Name gegeben. Eine solche Überwachung nachgeordneter Schichten ist jedoch nur möglich, soweit der Vorstand überhaupt die Möglichkeit hierzu hat. Besonders bei großen Unternehmen ist die Überwachungsaufgabe leichter formuliert als praktisch umgesetzt. In diesem Zusammenhang ist der Vorstand mithin auch dazu verpflichtet, das Unternehmen in entsprechender Weise zu organisieren, um die nachstehenden Unternehmensebenen überhaupt überwachen zu können.405 Dass den Vorstand eine

403

So beispielweise bei Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 93 AktG Rn. 74. Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 25 8 f.; Mertens/Cahn, in: KölnerKommAktG, 2009, § 93 AktG Rn. 67 ff.; Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 93 AktG Rn. 98; Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.6 f.; vgl. Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, 2016, § 93 AktG 7 f.; Geiser, S. 55; vgl. Lutter, DZWIR 2011, 265 (266); Bürkle, WM 2005, 1496 (1498); Schneider, S. 28. 405 So auch das LG München I im Rahmen des Siemens/Neubürger-Falls, LG München I v. 10. 12. 2013 – 5 HK O 1387/10, NZG 2014, 345 (346); dazu auch Fleischer, NZG 2014, 321 (321 ff.); Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 25 Rn. 40; Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 91 AktG 47 f.; vgl. Hölters, in: Hölters, 2017, § 93 AktG Rn. 87; Rahlmeyer, S. 182. 404

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Teil 2: Ausgangslage und gesellschaftsrechtliche Grundlagen

solche Pflicht trifft, muss heutzutage nicht mehr näher diskutiert werden406; denn dies folgt schon allein aus der Überlegung, dass ein Vorstand sich durch Delegation nicht aus der Verantwortung ziehen können soll und zudem die Einhaltung der Gesetze nicht nur auf der Vorstandsebene praktiziert werden sollte. Bezüglich der Art und Weise der Umsetzung in der Gesellschaft kommt dem Vorstand allerdings ein großer Spielraum zu. Die Anforderungen, die an die Unternehmensorganisation in dieser Hinsicht zu stellen sind, divergieren dementsprechend nach Art, Größe, Geschäftstätigkeit und Umgebung der Gesellschaft.407 Dieser Aspekt der Legalitätskontrollpflicht wird neuerdings im Rahmen der Compliance-Diskussion teilweise unter dem Stichwort der „Compliance-Organisation“ erörtert.408 Inwiefern sich die Legalitätspflicht und Compliance inhaltlich überschneiden oder auch unterscheiden, wird vorliegend allerdings erst an späterer Stelle problematisiert werden.409 bb) Loyalitätspflicht Anknüpfungspunkt der Loyalitätspflicht ist der Umstand, dass der Vorstand als geschäftsleitendes Organ das Vermögen der Aktionäre verwaltet und damit deren Vermögensinteressen zu berücksichtigen hat. Aus dieser Vertrauensstellung folgt die Treuepflicht der einzelnen Vorstandsmitglieder gegenüber der Gesellschaft und den hinter ihr stehenden Aktionären. Die Wahrung des Gesellschaftsinteresses muss bei seinem Handeln daher stets im Vordergrund stehen sowie das höchste Ziel darstellen. Insbesondere müssen Interessenkonflikte vermieden werden und persönliche Interessen im Zweifel hinter denen der Gesellschaft zurücktreten.410 Im Rahmen der business judgement rule gem. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG kommt die Treuepflicht durch das Merkmal „zum Wohle der Gesellschaft“ zum Ausdruck.411

406 So auch Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 25 Rn. 40; Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 91 AktG Rn. 48 unter dem Stichwort der „Compliance-Verantwortung“: „Mit dieser Maßgabe gehört die Compliance-Verantwortung des Vorstands heute zum gesicherten Bestand des aktienrechtlichen Pflichtenkanons.“. 407 Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 25 Rn. 40; vgl. Hölters, in: Hölters, 2017, § 93 AktG Rn. 87. 408 Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 25 Rn. 40; Hölters, in: Hölters, 2017, § 93 AktG Rn. 91 ff.; Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.6: „Compliance-System“. 409 Siehe unten Teil 3, B.I., S. 171. 410 BGH v. 23. 09. 1985 – II ZR 246/84, ZIP 1985, 1484 (1484); Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 25 Rn. 41; Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 93 AktG Rn. 108; Hölters, in: Hölters, 2017, § 93 AktG Rn. 114; Krieger/Sailer-Coceani, in: Schmidt/Lutter, 2015, § 93 AktG Rn. 21. 411 Geiser, S. 57.

B. Gesellschaftsrechtliche Grundlagen

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c) Die deutsche business judgement rule gem. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG Die business judgement rule ist seit dem Inkrafttreten des UMAG412 am 1. November 2005 in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG normiert und regelt einen Haftungsfreiraum für die Vorstandsmitglieder. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG schafft einen „safe harbour“ für Vorstände und unterstreicht, dass Vorstandsmitglieder keiner Erfolgshaftung unterliegen. Die Haftung entfällt danach schon mangels Vorliegens einer Pflichtverletzung413 – d. h. nicht erst auf der Ebene des Verschuldens –, wenn der Vorstand beim Treffen einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise davon ausgehen durfte, auf Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. aa) Unternehmerische Entscheidung Die business judgement rule greift nur bei unternehmerischen Entscheidungen ein. Darunter sind solche Entscheidungen zu verstehen, bei denen der Vorstand – entsprechend dem in § 76 Abs. 1 AktG geregelten Grundverständnis – weitestgehend frei ist, also nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten entscheiden kann.414 So hat der BGH sowohl Vergütungsentscheidungen415 als auch Entscheidungen über Investitionen in neue Technologien416 grundsätzlich als mit einem Prognoseelement gezeichnete und damit als unternehmerische Entscheidungen eingestuft. Bei der Einhaltung der Gesetze kommt dem Vorstand hingegen kein Ermessen zu. Daher fallen Gesetzesverstöße nicht in den Anwendungsbereich der business judgement rule.417 Ebenso wenig sind die sog. Pflichtaufgaben des Vorstands erfasst.418 Dabei ist durch Gesetzesinterpretation zu beurteilen, ob eine Pflichtaufgabe 412 Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) vom 22. September 2005, BGBl. I S. 2802 ff. 413 Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 25 Rn. 57; Hölters, in: Hölters, 2017, § 93 AktG Rn. 29; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 93 AktG Rn. 9; Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.11; Lutter, ZIP 2007, 841 (842 f.); Lutter, DZWIR 2011, 265 (268). 414 Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 67 ff.; Dauner-Lieb, in: Henssler/ Strohn, 2016, § 93 AktG Rn. 20; Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 25 Rn. 60; Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.12. 415 BGH v. 21. 12. 2005 – 3 StR 470/04, NJW 2006, 522 (523). 416 BGH v. 03. 03. 2008 – II ZR 124/06, BGHZ, 175, 365 (368) = NZG 2008, 389 (389). 417 RegBegr. UMAG, BR-Drucks. 3/05 S. 18; OLG Düsseldorf v. 09. 12. 2009 – I-6 W 45/ 09, 6 W 45/09, CCZ 2010, 117 (128); Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 25 Rn. 61; vgl. Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, 2016, § 93 AktG Rn. 21; Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.12; Lutter, ZIP 2007, 841 (843); Lutter, DZWIR 2011, 265 (267); Lütgerath, S. 226; vgl. Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 67. 418 Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 93 AktG Rn. 16; Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.12; Langenbucher, § 4 Rn. 94; Lutter, DZWIR 2011, 265 (267); Nietsch, ZGR 2015, 631 (635); Winnen, S. 170, 179 ff.

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Teil 2: Ausgangslage und gesellschaftsrechtliche Grundlagen

im Einzelnen vorliegt.419 Zu unterscheiden ist bei dieser Beurteilung, inwiefern das Gesetz genaue Mittel- oder lediglich Zielvorgaben macht.420 bb) Auf Grundlage angemessener Information Der Vorstand muss zudem die Informationen einholen, die zum Treffen der Entscheidung nötig sind.421 Hierbei ist wiederum auf den Maßstab eines ordentlichen Geschäftsleiters abzustellen, sodass es auf das Maß an Informationen ankommt, das ein ordentlicher Geschäftsleiter in der Situation vernünftigerweise eingeholt hätte.422 Es kommt also nicht darauf an, ob die Entscheidung im Nachhinein wirklich auf angemessener Information basierte. Maßgeblich ist außerdem nicht das Ausschöpfen jeder denkbaren Informationsquelle. Vielmehr muss unter einer Zeit-Kosten-Nutzen-Abwägung ein angemessenes Maß an Information herangeschafft werden.423 cc) Zum Wohle der Gesellschaft Dem Gesellschaftswohl zuträglich sind alle Entscheidungen, die im Interesse des Unternehmens getroffen werden. Dabei muss sich an den Zielen des fortdauernden Bestands und der nachhaltigen Rentabilität der Gesellschaft orientiert werden.424 Interessenkonflikte sind somit zu vermeiden.425

419

Langenbucher, § 4 Rn. 94 ff.; vgl. Lutter, DZWIR 2011, 265 (267). Langenbucher, § 4 Rn. 94 ff.; vgl. Winnen, S. 179. 421 Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 70 ff.; Dauner-Lieb, in: Henssler/ Strohn, 2016, § 93 AktG Rn. 22; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 93 AktG Rn. 20; Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.13. 422 Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.13; vgl. Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 93 AktG 20 f.; Krieger/Sailer-Coceani, in: Schmidt/Lutter, 2015, § 93 AktG Rn. 17; vgl. Lutter, ZIP 2007, 841 (844 f.). 423 Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.13; Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, 2016, § 93 AktG Rn. 22; Krieger/Sailer-Coceani, in: Schmidt/Lutter, 2015, § 93 AktG Rn. 17; Lutter, ZIP 2007, 841 (845). 424 Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, 2016, § 93 AktG Rn. 23; Krieger, in: Krieger/ Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.13; Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 74; Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 25 Rn. 62; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 93 AktG Rn. 23; vgl. Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 73 ff. 425 Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, 2016, § 93 AktG Rn. 24; Hölters, in: Hölters, 2017, § 93 AktG Rn. 38; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 93 AktG Rn. 25; Krieger, in: Krieger/ Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.15; Lutter, ZIP 2007, 841 (844). Teilweise wird das Handeln ohne Sonderinteressen mittlerweile als eigenständiges Tatbestandsmerkmal aufgeführt. 420

B. Gesellschaftsrechtliche Grundlagen

117

2. Die Haftung des Aufsichtsrats gem. §§ 116 S. 1, 93 Abs. 2 AktG Gemäß § 116 S. 1 AktG gelten die Vorgaben des § 93 AktG mit Ausnahme des Abs. 2 S. 3 für die Vorstandshaftung sinngemäß für die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder. Voraussetzung für die Aufsichtsratshaftung ist daher auch hier eine verschuldete Pflichtverletzung des Organmitglieds, die zu einem kausalen Schaden der Gesellschaft geführt hat. a) Die business judgement rule und der Bezugspunkt der Pflichtverletzung Als Überwachungsorgan im dualistischen System hat der Aufsichtsrat gem. § 111 Abs. 1 AktG den Vorstand bei der Geschäftsführung zu überwachen. Dabei gilt durch die Verweisung des § 116 S. 1 AktG der Sorgfaltsmaßstab des § 93 Abs. 1 S. 1 AktG entsprechend auch für Aufsichtsratsmitglieder. Demzufolge haben Aufsichtsratsmitglieder die Sorgfalt anzuwenden, die ein ordentlicher und gewissenhafter Überwacher in der Situation beachtet hätte.426 Durch die Verweisung des § 116 AktG ist auch die business judgement rule auf die Aufsichtsratshaftung sinngemäß anwendbar. Die praktische Bedeutung der business judgement rule im Rahmen der Haftung des Aufsichtsrats ist allerdings im Vergleich zur Vorstandshaftung eher gering.427 Zwar sind durchaus Bereiche denkbar, in denen der Aufsichtsrat unternehmerische Entscheidungen zu treffen hat,428 durch die Funktion des Aufsichtsrats als Überwachungsorgan ist seine Haupttätigkeit jedoch eher rückschauender Natur, sodass ihm dahingehend gerade kein unternehmerisches Ermessen zukommt.429 Die business judgement rule kommt dementsprechend im Rahmen von §§ 116 S. 1, 93 Abs. 1 S. 2 AktG nur in Situationen zur Anwendung, in denen der Aufsichtsrat sich so mit Entscheidungen mit Prognosecharakter bzw. Ermessensspielraum konfrontiert sieht.430

426 Hoffmann-Becking, in: MünchHdbGesR, 2015, § 33 Rn. 72 ff.; Hambloch-Gesinn/ Gesinn, in: Hölters, 2017, § 116 AktG Rn. 13; vgl. Henssler, in: Henssler/Strohn, 2016, § 116 AktG Rn. 4; Habersack, in: MünchKommAktG, 2014, § 116 AktG Rn. 16; vgl. Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.20; Kaetzler/Hoops, BKR 2013, 192 (195). 427 Vgl. Habersack, in: MünchKommAktG, 2014, § 116 AktG Rn. 39a f. 428 Beispielsweise bei Personalentscheidungen, Habersack, in: MünchKommAktG, 2014, § 116 AktG Rn. 41; Hambloch-Gesinn/Gesinn, in: Hölters, 2017, § 116 AktG Rn. 35 ff.; Hoffmann-Becking, in: MünchHdbGesR, 2015, § 33 Rn. 86; Spindler, in: Spindler/Stilz, 2015, § 116 AktG Rn. 43; Lutter, ZIP 2007, 841 (846 f.). 429 Habersack, in: MünchKommAktG, 2014, § 116 AktG Rn. 42; Hambloch-Gesinn/Gesinn, in: Hölters, 2017, § 116 AktG 38; Schaefer/Missling, NZG 1998, 441 (446). 430 Hambloch-Gesinn/Gesinn, in: Hölters, 2017, § 116 AktG Rn. 35 ff.; Hoffmann-Becking, in: MünchHdbGesR, 2015, § 33 Rn. 86; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 116 AktG Rn. 5; vgl. Habersack, in: MünchKommAktG, 2014, § 116 AktG Rn. 16.

118

Teil 2: Ausgangslage und gesellschaftsrechtliche Grundlagen

b) Die Verfolgung von Gesellschaftsansprüchen gegen den Vorstand Als Ausnahme zur grundsätzlichen Vertretung der Gesellschaft durch den Vorstand bestimmt § 112 AktG, dass die Vertretung gegenüber Vorstandsmitgliedern eine Aufgabe der Aufsichtsratsmitglieder ist. Dies umfasst neben allgemeinen Personalentscheidungen auch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Vorstand. In seinem ARAG/Garmenbeck-Urteil hat der BGH klargestellt, dass den Aufsichtsrat grundsätzlich eine Pflicht trifft, potentiellen Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern nachzugehen.431 Diese Pflicht ist dabei zunächst einmal darauf gerichtet, die Erfolgsaussichten der Anspruchsdurchsetzung zu durchleuchten. Der Aufsichtsrat muss sich also fragen, ob die Haftungsvoraussetzungen überhaupt vorliegen.432 Ergibt die Prüfung des Aufsichtsrats, dass die Geschäftsleiter gegenüber der Gesellschaft voraussichtlich schadensersatzpflichtig sind, müssen diese Ansprüche nach der ARAG/Garmenbeck-Rechtsprechung des BGH durch den Aufsichtsrat in der Regel auch verfolgt werden.433 Seine Entscheidung über die Anspruchsverfolgung hat der Aufsichtsrat am Gesellschaftsinteresse auszurichten. Ein Absehen der Verfolgung kann im Einzelfall angezeigt sein, „wenn gewichtige Interessen und Belange der Gesellschaft dafür sprechen, den ihr entstandenen Schaden ersatzlos hinzunehmen.“434 Der Aufsichtsrat muss dementsprechend eine umfassende Abwägung der Gesellschaftsinteressen hinsichtlich der Vor- und Nachteile der Anspruchsverfolgung vornehmen.435 Beispielhaft führt der BGH dahingehend aus, dass „[i]n diesem Zusammenhang […] Gesichtspunkte, wie negative Auswirkungen auf Geschäftstätigkeit und Ansehen der Gesellschaft in der Öffentlichkeit, Behinderung der Vorstandsarbeit und Beeinträchtigung des Betriebsklimas, durchaus Bedeutung erlangen“ können.436 Die Ausführungen des BGH bringen in ihrer Gesamtheit aber

431 BGH v. 21. 04. 1997 – II ZR 175/95, BGHZ, 135, 244 (251 ff.) = NJW 1997, 1926 (1927 f.); Spindler, in: Spindler/Stilz, 2015, § 116 AktG Rn. 58; Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.46 ff.; Kling, DZWIR 2005, 45 (46). 432 BGH v. 21. 04. 1997 – II ZR 175/95, BGHZ, 135, 244 (252 ff.) = NJW 1997, 1926 (1927 f.); Spindler, in: Spindler/Stilz, 2015, § 116 AktG Rn. 58; Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.47; Kling, DZWIR 2005, 45 (46). 433 BGH v. 21. 04. 1997 – II ZR 175/95, BGHZ, 135, 244 (251 ff.) = NJW 1997, 1926 (1927); siehe auch Spindler, in: Spindler/Stilz, 2015, § 116 AktG Rn. 59; Krieger, in: Krieger/ Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.48 434 BGH v. 21. 04. 1997 – II ZR 175/95, BGHZ, 135, 244 (254 ff.) = NJW 1997, 1926 (1928). 435 Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.48; vgl. Spindler, in: Spindler/Stilz, 2015, § 116 AktG Rn. 59. 436 BGH v. 21. 04. 1997 – II ZR 175/95, BGHZ, 135, 244 (254 ff.) = NJW 1997, 1926 (1928).

B. Gesellschaftsrechtliche Grundlagen

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zum Ausdruck, dass die Anspruchsverfolgung regelmäßig im Interesse der Gesellschaft ist und nur ausnahmsweise vom Gegenteil auszugehen ist.437 „Anspruchsverfolgung“ ist allerdings nicht gleichzusetzen mit „Klageerhebung“. Die gerichtliche Durchsetzung der Ansprüche muss – insbesondere unter Berücksichtigung der voraussichtlich entstehenden Kosten – nicht im Gesellschaftsinteresse liegen. Von praktischer Bedeutung ist hierbei insbesondere die Frage, in welchem Umfang der entstandene Schaden bei dem Vorstand voraussichtlich liquidiert werden kann. Die finanzielle Leistungsfähigkeit des Vorstands sowie die mögliche Eintrittspflicht einer bestehenden D&O-Versicherung spielen also für die Erfolgsaussichten je nach Höhe des entstandenen Schadens durchaus eine nicht nur untergeordnete Rolle.438 Deshalb ist es auch durchaus zulässig und wohl auch üblich, zunächst von der Erhebung einer Klage abzusehen und in Vergleichsgespräche mit dem betroffenen Vorstand einzutreten. Voraussetzung hierfür ist, dass der Aufsichtsrat Maßnahmen ergreift, die den Anspruch an sich439 oder dessen Durchsetzung440 für eine gegebenenfalls später folgende gerichtliche Anspruchsverfolgung sichern.441 c) Sonstige Voraussetzungen Ebenso wie bei der Vorstandshaftung kommt § 93 Abs. 1 S. 1 AktG hinsichtlich des Verschuldensmaßstabs eine Doppelfunktion442 zu, sodass der Sorgfaltsmaßstab für die Aufsichtsräte gem. §§ 116 S. 1, 93 Abs. 1 S. 1AktG ebenfalls für das Verschulden gilt.

437 BGH v. 21. 04. 1997 – II ZR 175/95, BGHZ, 135, 244 (254 ff.) = NJW 1997, 1926 (1928): „Da diese Entscheidung allein dem Unternehmenswohl verpflichtet ist, das grundsätzlich die Wiederherstellung des geschädigten Gesellschaftsvermögens verlangt, wird der Aufsichtsrat von der Geltendmachung voraussichtlich begründeter Schadensersatzansprüche gegen einen pflichtwidrig handelnden Vorstand nur dann ausnahmsweise absehen dürfen, wenn gewichtige Interessen und Belange der Gesellschaft dafür sprechen, den ihr entstandenen Schaden ersatzlos hinzunehmen.“ sowie danach unter c) „Die vorstehenden Überlegungen führen zu der Schlußfolgerung, daß die Verfolgung der Schadensersatzansprüche gegenüber einem Vorstandsmitglied die Regel sein muß.“; Kling, DZWIR 2005, 45 (47). 438 Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.47; Kling, DZWIR 2005, 45 (47). 439 Der Aufsichtsrat kann bzw. muss beispielsweise etwaige Zurückbehaltungsrechte der Gesellschaft ausüben. Dazu Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.48. 440 Insbesondere im Hinblick auf eine drohende Verjährung sollte eine Verjährungsverzichtserklärung eingeholt werden. Siehe Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.48. 441 Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.48. 442 Drygala, in: Schmidt/Lutter, 2015, § 116 AktG Rn. 43; vgl. Habersack, in: MünchKommAktG, 2014, § 116 AktG Rn. 70; Hambloch-Gesinn/Gesinn, in: Hölters, 2017, § 116 AktG Rn. 87.

120

Teil 2: Ausgangslage und gesellschaftsrechtliche Grundlagen

Auch im Hinblick auf die Ermittlung des kausalen Schadens, die Darlegungs- und Beweislast sowie die Verjährung kann im Wesentlichen auf die Ausführungen zur Vorstandshaftung verwiesen werden, da sich hier keine Besonderheiten ergeben443. d) Besonderheiten bei der Wahrnehmung eines Aufsichtsratsmandats Da ein Aufsichtsratsmandat typischerweise nicht hauptberuflich wahrgenommen wird444, sind einige Besonderheiten zu beachten. Auch wenn grundsätzlich für alle Aufsichtsräte derselbe Sorgfaltsmaßstab anzusetzen und damit ein gewisses Mindestmaß an Kenntnissen vorauszusetzen ist,445 können die Mitglieder über den allgemeinen Sorgfaltsmaßstab hinaus nach ihren individuellen Fähigkeiten und Kenntnissen haften. Verfügen die Mitglieder daher über besondere Fähigkeiten, so müssen sie diese auch in einem zumutbaren Maße einsetzen.446 Zudem unterliegen Aufsichtsratsmitglieder, die besondere Ämter bzw. Funktionen, wie z. B. das des Vorsitzenden, ausüben, strengeren Anforderungen als „normale“ Aufsichtsratsmitglieder.447

443 Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.35 ff.; Hoffmann-Becking, in: MünchHdbGesR, 2015, § 33 Rn. 69; Henssler, in: Henssler/Strohn, 2016, § 116 AktG Rn. 11, 14. 444 Hoffmann-Becking, in: MünchHdbGesR, 2015, § 33 Rn. 78; Spindler, in: Spindler/Stilz, 2015, § 116 AktG Rn. 84. 445 Hoffmann-Becking, in: MünchHdbGesR, 2015, § 33 Rn. 74; Spindler, in: Spindler/Stilz, 2015, § 116 AktG Rn. 9 ff.; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 116 AktG Rn. 3; vgl. HamblochGesinn/Gesinn, in: Hölters, 2017, § 116 AktG Rn. 8. 446 Henssler, in: Henssler/Strohn, 2016, § 116 AktG Rn. 5; Hambloch-Gesinn/Gesinn, in: Hölters, 2017, § 116 AktG Rn. 10; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 116 AktG Rn. 4; HoffmannBecking, in: MünchHdbGesR, 2015, § 33 Rn. 74 f. 447 Henssler, in: Henssler/Strohn, 2016, § 116 AktG Rn. 6; Hambloch-Gesinn/Gesinn, in: Hölters, 2017, § 116 AktG Rn. 9; Hoffmann-Becking, in: MünchHdbGesR, 2015, § 33 Rn. 75; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 116 AktG Rn. 4.

Teil 3

Anforderungen an die Unternehmensführung von in der Finanzbranche tätigen Kapitalgesellschaften Ziel dieses Kapitels ist es, die verschiedenen bankaufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Geschäftsführer darzustellen, deren Umfang kritisch zu diskutieren und sie sodann im Kontext der Organhaftung zu betrachten. Für das Verständnis der Anforderungen und deren Wirkung im Gesellschaftsrecht kommt es maßgeblich darauf an, an welche bereits im Aktienrecht bestehenden Regelungen angeknüpft wird und wie sich diese zu den aufsichtsrechtlichen Vorgaben verhalten. Nachdem bereits im vorigen Kapitel ein Überblick über die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen gegeben wurde, müssen diese Grundlagen auch im Folgenden aufgegriffen werden. Demgemäß wird zunächst von dem aktienrechtlichen Gerüst ausgegangen werden, in das die aufsichtsrechtlichen Vorgaben letztlich eingewoben sind. Ausgangspunkt der Untersuchung wird dabei die Darstellung der aktienrechtlichen Vorgaben sein, die den Rahmen der aus dem Aufsichtsrecht erwachsenden Pflichten bilden. Erst dann kann herausgearbeitet werden, wie sich die aufsichtsrechtlichen Anforderungen von denen des Aktienrechts unterscheiden oder diese ergänzen und wie sie aus gesellschaftsrechtlicher Dogmatik zu betrachten sind. Dabei ist der Inhalt der Vorgaben darzustellen und zu diskutieren, bevor letztendlich eine Bewertung aus dem Blickwinkel des Haftungsrechts erfolgen kann.

A. Persönliche und fachliche Anforderungen an die Geschäftsleiter Über die soeben erläuterten allgemeinen aktienrechtlichen Pflichten enthält das Aktienrecht, aber auch das Aufsichtsrecht, weitere konkretere Pflichten der Geschäftsleiter. Der folgende Abschnitt behandelt daher die konkreten Anforderungen, die die Vorstandsmitglieder in persönlicher Hinsicht treffen. Auch hier beschränkt sich die Darstellung zunächst auf die Erarbeitung der aus dem Gesetz hervorgehenden Vorgaben, wobei mit dem Aktienrecht als allgemeiner Rahmen begonnen wird, bevor darauffolgend auf die aufsichtsrechtlichen Spezialvorschriften eingegangen wird. Sodann folgt die Auseinandersetzung mit den haftungsrechtlichen Konsequenzen, sofern ein Vorstandsmitglied gegen die dargestellten Anforderungen verstößt.

122

Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

I. Aktienrechtliche Vorgaben Gem. § 84 Abs. 1 S. 1 AktG werden die Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft vom Aufsichtsrat bestellt. Anforderungen bzw. Einschränkungen bezüglich der Person eines Vorstandsmitgliedes sind hierbei in § 76 Abs. 3 AktG zu finden. Nach § 76 Abs. 3 S. 1 AktG kann nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person zu einem Vorstandsmitglied bestellt werden – weitere positive Qualifizierungen fehlen allerdings. Vielmehr beschränkt sich § 76 Abs. 3 S. 2 AktG auf die Beschreibung dessen, was auf ein Vorstandsmitglied nicht zutreffen darf: Gem. § 76 Abs. 3 S. 2 Nr. 1, 3 AktG darf die Fähigkeit zur selbstständigen Vermögensbetreuung weder durch einen Einwilligungsvorbehalt (Nr. 1) noch durch die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Begehung einer der in Nr. 3 genannten Straftaten448 eingeschränkt sein. Zudem darf gem. § 76 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 AktG kein rechtskräftiges bzw. vollziehbares Berufs- oder Gewerbeverbot, dessen Gegenstand zumindest teilweise mit dem Unternehmensgegenstand übereinstimmt, zu Ungunsten des entsprechenden Kandidaten bestehen. Gesetzliche Bestellungshindernisse existieren ferner noch in der Inkompatibilitätsregelung des § 105 Abs. 1 AktG449 sowie außerhalb des Aktiengesetzes450, auf die hier aber nicht weiter eingegangen wird. Weder genaue Mandatsbeschränkungen oder sonstige Regelungen dazu, wie viel Zeit ein Vorstandsmitglied für sein Amt mindestens aufwenden muss, hält das Aktienrecht bereit. Zur persönlichen und fachlichen Kompetenz finden sich keine genaueren Angaben im Gesetz. In Anknüpfung an den Maßstab eines „ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters“ im Rahmen der Sorgfaltspflicht gem. § 93 Abs. 1 S. 1 AktG muss ein Vorstandsmitglied über die Fähigkeiten und Kenntnisse verfügen, die zur Wahrnehmung seiner Leitungsaufgabe notwendig sind.451 Dass ein Vorstand gewisse Kenntnisse vorweisen können muss, ergibt sich dabei letztlich bereits aus der Leitungsverantwortung des Vorstands gem. § 76 Abs. 1 AktG;452 denn die Wahrnehmung der Leitungsaufgabe ist ohne entsprechendes theoretisches und praktisches Wissen gar nicht möglich. Damit geht auch einher, dass dieses Wissen gepflegt und aktualisiert wird. Demzufolge kann aus §§ 76 Abs. 1, 93 Abs. 1 S. 1 AktG auch eine

448

Dies gilt jedoch nach Nr. 2 Hs. 2 nur für die Zeit von 5 Jahren nach Rechtskraft des jeweiligen Urteils. Hierzu im Allgemeinen und besonders im Hinblick auf verfassungsrechtliche Bedenken Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 76 AktG Rn. 115 ff.; Fleischer, WM 2004, 157 (166). 449 Dazu näher Habersack, in: MünchKommAktG, 2014, § 105 AktG Rn. 9 ff.; Spindler, in: Spindler/Stilz, 2015, § 105 AktG Rn. 6 ff. 450 Siehe dazu Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 76 AktG Rn. 122; Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 76 AktG Rn. 139. 451 Opitz, BKR 2013, 177 (181); vgl. Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 41. 452 Opitz, BKR 2013, 177 (181).

A. Persönliche und fachliche Anforderungen an die Geschäftsleiter

123

Pflicht zur Bestandserhaltung bzw. Erweiterung der Kenntnisse in Form einer Fortbildungspflicht abgeleitet werden.453 Dass eine solche Kompetenz bei den Vorstandsmitgliedern vorhanden sein und auch aufrechterhalten werden muss, wird interessanterweise in der Literatur häufig lapidar festgestellt oder sogar stillschweigend vorausgesetzt.454 Dieselbe Haltung zeigt sich bei einem Blick in den Deutschen Corporate Governance Kodex: Eine Regelung zum Erfordernis von bestimmen Kenntnissen und Fähigkeiten sowie der Fortbildungsverantwortung von Vorständen sucht man dort vergebens. Hinsichtlich der fachlichen Kompetenz von Aufsichtsratsmitgliedern wird die positive Erwähnung hingegen scheinbar für geboten gehalten.455 Dies mag – so einleuchtend Opitz456 – zum einen daran liegen, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten eines Aufsichtsrats im Rahmen von Aus- und Fortbildungsmaßnahmen (anfänglich vor allem für Arbeitnehmervertreter) und der Kostenübernahme durch das Unternehmen in die Diskussion geraten sind sowie dass das Aufsichtsratsamt häufig nebenberuflich wahrgenommen wird. Zum anderen weist Opitz jedenfalls hinsichtlich der Umsetzung der Fortbildungsmaßnahmen darauf hin, dass insofern die umfassenden und als selbstverständlich dargestellten Anforderungen der „herrschenden Meinung“ an die Qualifikation der Vorstände einen derartigen Erfüllungsdruck verursachten, dass befürchtet wird, „ein ,Schulbesuch‘ (könnte) vielleicht Zweifel an dieser juristisch erwarteten Vollkommenheit wecken […]“.457 Daraufhin sei geradezu eine „Fiktion des umfänglich kompetenten Vorstands“458 in der Praxis entstanden. Wenn dies tatsächlich die Wirklichkeit abbilden sollte, ist umso unverständlicher, warum die Problematik nicht thematisiert wird, um so eventuell bestehende Misserwartungen an die Qualifikation der Vorstände – auch von Seiten des Vorstands selbst – auszuräumen. Darüber hinaus entbehrt es auch einer plausiblen Begründung dafür, dass Existenz und Umfang eines Kenntniserfordernisses für den Aufsichtsrat diskutiert werden, für den Vorstand jedoch als Selbstverständlichkeit wahrgenommen und daher nicht erörtert werden. Demgemäß wird vorliegend nicht davon ausgegangen, dass die allumfassende Qualifikation von Vorständen als selbstverständlich anzunehmen ist. Es stellt sich sodann die Frage nach dem Umfang der erforderlichen Kenntnisse. Auch wenn sich das „Ob“ der Vorstandsqualifikation aus § 76 Abs. 1 AktG ergibt, klärt diese Regelung die Frage des „Inwieweit“ nicht ohne Weiteres. Im Detail lassen sich aus der Leitungsaufgabe auch keine allgemeingültigen Anforderungen extra453 Opitz, BKR 2013, 177 (181 f.); vgl. Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 41. 454 Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 41. 455 Ziff. 5.4.1 DCGK; vgl. Opitz, BKR 2013, 177 (180); dasselbe Bild ergibt sich hinsichtlich der zeitlichen Verfügbarkeit. 456 Opitz, BKR 2013, 177 (181 f.). 457 Opitz, BKR 2013, 177 (178), Fn. 6. 458 Opitz, BKR 2013, 177 (181).

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

hieren, da die Welt der Aktiengesellschaften zu vielfältig und deshalb nicht einheitlich regelbar ist. Was genau ein Vorstandsmitglied können und wissen muss, hängt nämlich maßgeblich von der konkreten Leitungsaufgabe und damit von der Branche, dem Umfeld und dem spezifischen Unternehmen ab.459 Ein Gerüst der zu verlangenden Kenntnisse kann aber bereits gestellt werden. Eine grundsätzliche Befähigung zu unternehmerischem Handeln in Verbindung mit dem notwendigen wirtschaftlichen Verständnis muss wohl von allen Vorstandsmitgliedern mitgebracht werden. Dazu sind auch theoretische sowie praktische Grundlagen im Bereich der Betriebswirtschaft, insbesondere im Rechnungswesen und hinsichtlich des Umgangs mit betriebswirtschaftlichen Kennzahlen, zu zählen.460 Wie das Wort „Leitung“ auch schon impliziert, gehören ebenfalls Führungskompetenzen und damit verbundene soft skills zu dem allgemeinen Anforderungsprofil. Die darüber hinausgehenden, detaillierten Qualitäten können nur im Einzelfall beurteilt werden. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass an die Fähigkeiten eines Vorstandsmitgliedes vergleichsweise jedenfalls höhere Anforderungen zu stellen sind als an ein Aufsichtsratsmitglied.461 Außerdem kann die Satzung Anforderungen an die persönliche und fachliche Qualifikation des Vorstandes vorsehen.462 Konkretere gesetzliche Vorgaben hinsichtlich der Qualifikation der Vorstandsmitglieder aktienrechtlicher Natur existieren allerdings nicht.

II. Aufsichtsrechtliche Anforderungen Im Bankenaufsichtsrecht finden sich persönliche Anforderungen an die Geschäftsleiter in § 25c KWG, der Art. 91 Abs. 4 CRD IV umsetzt. Nach § 25c Abs. 1 KWG müssen Geschäftsleiter fachlich geeignet und zuverlässig sein sowie der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ausreichend Zeit widmen. § 25c KWG regelt damit positiv und ausdrücklich Anforderungen, die sich aus den bis zum 31. 12. 2014 geltenden Vorgaben der §§ 33, 36 KWG bisher nur aus einem Umkehrschluss ergaben.463 459

Vgl. Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 84 AktG Rn. 39. Dazu im Ansatz auch Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 84 AktG Rn. 39; zum Aufsichtsrat Peltzer, in: Wellhöfer/Peltzer/Müller, 2008, § 16 Rn. 39. 461 Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 84 AktG Rn. 39. 462 Inwieweit der in Frage kommende Personenkreis durch statutarische Vorgaben eingeschränkt werden kann, ist umstritten. Siehe allgemein hierzu Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 84 AktG Rn. 28 ff.; Thüsing, in: Handbuch Vorstandsrecht, 2006, § 4 Rn. 14 ff.; Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 20 Rn. 5 ff. 463 Kleinert, in: Beck/Samm/Kokemoor, 183. AL, 2017, § 25c KWG Rn. 14; Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 1; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG 1 f. 460

A. Persönliche und fachliche Anforderungen an die Geschäftsleiter

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1. Fachliche Eignung Das Verlangen des § 25c Abs. 1 S. 1 KWG nach der „fachlichen Eignung“ wird durch § 25c Abs. 1 S. 2 KWG konkretisiert: Dort wird statuiert, „dass die Geschäftsleiter in ausreichendem Maß theoretische und praktische Kenntnisse in den betreffenden Geschäften sowie Leitungserfahrung haben“ müssen. Wie weitgehend im Einzelfall die Erfahrung und die Kenntnisse sein müssen, um „ausreichend“ zu sein, muss dabei anhand der Größe und des Tätigkeitsfelds des jeweiligen Instituts bestimmt werden.464 Ein konkreter, allgemeingültiger Anforderungskatalog ohne Einzelfallbezug kann dementsprechend nicht erstellt werden. Interessant zu betrachten ist dennoch, welcher grundsätzliche Rahmen sich aus § 25c KWG extrahieren lässt. Dabei liegt eine Orientierung am Wortlaut des § 25c Abs. 1 S. 2 KWG nahe, der hinsichtlich der Voraussetzungen für die fachliche Eignung mit dem Erfordernis von theoretischen Kenntnissen, praktischen Kenntnissen und Leitungserfahrung eine Dreiteilung des Begriffs vorsieht. Auch wenn die positive Formulierung der Anforderungen im Gesetz eine Neuerung darstellt, waren diese Qualifikationsanforderungen an Geschäftsleiter auch vor der Finanzkrise dem Bankenaufsichtsrecht nicht fremd465. § 33 KWG a.F.466 enthielt vielmehr bereits vor der Einfügung des aktuellen § 25c KWG in seinem Absatz 2 eine im Vergleich zum heutigen Wortlaut von § 25c Abs. 1 S. 2 KWG nahezu gleichlautende Definition des Begriffs der fachlichen Eignung eines Geschäftsleiters. Dementsprechend muss der Kerngehalt dieser Definitionsbestandteile nicht neu bestimmt werden, sondern wurde durch die Literatur und die Praxis hinreichend erarbeitet.467 Hierauf wird im Folgenden bei der überblickhaften Darstellung der Anforderungen zurückgegriffen. Unter anderem im Zuge der Europäisierung des Bankensektors und auch des Bankenaufsichtsrechts haben sich jedoch Fragestellungen aufgetan bzw. hinsichtlich ihres Bedeutungsgehalts intensiviert, die es im Rahmen des betroffenen Tatbestandsmerkmals genauer zu beleuchten gilt.

464 Braun, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2016, § 25c KWG Rn. 13; Kleinert, in: Beck/ Samm/Kokemoor, 183. AL, 2017, § 25c KWG Rn. 40; Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.Lfg. 6/16 § 25c KWG Rn. 21; Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 6; dazu schon Fleischer, WM 2004, 157 (159 f.). 465 Siehe bereits Dürr, ZIP 1987, 1289; Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 47 ff. 466 Gemeint ist hier die bis zum 31. 12. 2013 gültige Fassung des § 33 KWG. Schon in der Fassung des Jahres 1987 findet sich eine leicht abweichende Formulierung im damaligen § 33 Abs. 2 KWG. Die geringfügige Änderung des Wortlauts im Laufe der Jahre ist auf die Erweiterung des Geltungsbereichs des KWG auf andere, nicht vom ursprünglichen Begriff der „Bankgeschäfte“ umfassten Geschäfte zurückzuführen. 467 Siehe dazu u. a. Fischer/Müller, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2016, § 33 KWG Rn. 47 ff.; Zerwas/Hanten, BB 1998, 2481 (2481 ff.).

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

a) Theoretische Kenntnisse Ein Geschäftsleiter muss demgemäß zunächst über theoretische Kenntnisse in ausreichendem Maß verfügen. Dahingehend wird das Ausmaß des Erforderlichen unter anderem maßgeblich dadurch beeinflusst, wie groß die Bandbreite der vom Institut betriebenen Geschäfte ist.468 Geschäftsleiter von Universalbanken müssen dementsprechend tiefgehende und zugleich breitgefächerte finanztechnische Kenntnisse vorweisen können, wohingegen Geschäftsleiter von Finanzdienstleistungsinstituten lediglich über Fachkenntnisse bezüglich der jeweils angebotenen Finanzdienstleistungen verfügen müssen469. „Theoretisch“ bedeutet in diesem Zusammenhang nicht, dass ein akademischer Abschluss in den einschlägigen Fachgebieten von Nöten ist. Theoretische Kenntnisse können ebenso gut durch berufliche Erfahrung erworben werden, sodass eine Bestellung zum Geschäftsleiter auch als Nicht-Akademiker mit entsprechender Ausund Weiterbildung sowie Berufserfahrung durchaus möglich ist.470 Maßgeblich ist, dass der Betroffene die betriebs-, volkwirtschaftlichen und rechtlichen Kenntnisse aufweist, ohne die eine ordnungsgemäße Unternehmensführung nicht möglich wäre.471 Das Gesetz impliziert insoweit durch die Verpflichtung zur Ressourcenbereitstellung in § 25c Abs. 4 KWG ohnehin, dass sich die Geschäftsleiter auch nach der erfolgreichen Bestellung nicht auf ihrem anfangs ausreichenden Kenntnisstand ausruhen können, sondern diesen vielmehr durch Weiterbildung aktuell und somit auf einem angemessenen Level halten müssen. b) Praktische Kenntnisse aa) Allgemeines Theoretische Kompetenz ist nur bedingt hilfreich, wenn diese nicht in die Praxis umgesetzt werden kann. Daher verlangt das Gesetz, dass die Geschäftsleiter ihre theoretischen Kenntnisse auch in der Praxis anzuwenden wissen. „Praktische Kenntnisse“ i.S.v. § 25c Abs. 1 S. 2 KWG sind dabei wie die theoretischen Kenntnisse auch in erster Linie bank- bzw. institutsspezifisch zu verstehen. Der 468 Braun, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2016, § 25c KWG Rn. 13; Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/16 § 25c KWG 21 f.; Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 7; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG Rn. 26. 469 Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 54; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG Rn. 26. 470 Braun, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2016, § 25c KWG Rn. 16; Kleinert, in: Beck/ Samm/Kokemoor, 183. AL, 2017, § 25c KWG Rn. 44; Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.Lfg. 6/16 § 25c KWG Rn. 25; Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 7; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG Rn. 26. 471 Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 7; Kleinert, in: Beck/Samm/Kokemoor, 183. AL, 2017, § 25c KWG Rn. 43; vgl. Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/ 16 § 25c KWG Rn. 25; Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 54.

A. Persönliche und fachliche Anforderungen an die Geschäftsleiter

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genaue Inhalt der Praxiserfahrung ist allerdings wiederum davon abhängig, welche Geschäfte das Institut betreibt. Insbesondere in Instituten vergleichbarer Größe und mit einem ähnlich gelagerten Geschäftsbetrieb gesammelte Praxis ist hierbei hilfreich. Der Wortlaut des Gesetzes ist dahingehend mit der Formulierung „in den betreffenden Geschäften“ auch sehr eindeutig, sodass jedenfalls praktische Fertigkeiten hinsichtlich des jeweilig relevanten Geschäftsbereiches zu verlangen sind.472 Damit einher geht auch das Verlangen nach Erfahrung im operativen Geschäft. Eine vorherige Tätigkeit in rein verwaltungsbezogenen Bereichen, die keine Berührungspunkte mit dem operativen Geschäft aufweisen, soll danach nicht genügen.473 Als Beispiele werden hier die interne Revision und andere Stabsabteilungen des Backoffice genannt.474 In Anbetracht dessen, dass die Geschäftsleiter das Institut nicht nur repräsentativ leiten sollen, sondern ihnen auch fachspezifische Aufgaben übertragen sind, erscheint das Erfordernis einer gewissen Grunderfahrung in dem jeweiligen operativen Geschäftsbereich des Instituts sowohl durchaus sinnvoll als auch notwendig und soll vorliegend daher nicht in Frage gestellt werden. Zu hinterfragen ist jedoch, wie weit diese Erfahrung im Einzelfall reichen und bei wie vielen Geschäftsleitern sie vorhanden sein muss. Die am weitesten gehende Forderung wäre es, Spezialkenntnisse475 auf allen die Bankerlaubnis umfassenden 472 Dürr, ZIP 1987, 1289 (1290); vgl. Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 8; vgl. Braun, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2016, § 25c KWG Rn. 17; Kleinert, in: Beck/Samm/Kokemoor, 183. AL, 2017, § 25c KWG Rn. 51; Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/16 § 25c KWG Rn. 27; vgl. Zerwas/Hanten, BB 1998, 2481 (2483). 473 Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 8; Schwennicke, in: Schwennicke/ Auerbach, 2016, § 25c KWG Rn. 27; Dürr, ZIP 1987, 1289 (1290); vgl. Fischer, in: Boos/ Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 64, 66. 474 Vgl. Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 8; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG Rn. 27; Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 64, 66; Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/16 § 25c KWG Rn. 41; Ziechnaus, Kreditwesen 2016, 996 (997); noch einmal zwischen einem internen Revisor und anderen Positionen, wie einem Leiter des Vorstandssekretariats differenzierend Dürr, ZIP 1987, 1289 (1290). 475 Die Terminologie der „Spezialkenntnisse“ wurde aus der einschlägigen Literatur übernommen. Welchem Tatbestandsmerkmal des § 25c Abs. 1 KWG die Problematik der „Spezialkenntnisse“ zuzuordnen ist, ist aus der Literatur leider nicht eindeutig ersichtlich. Teilweise wird das Erfordernis von Spezialkenntnissen im Rahmen der „praktischen Kenntnisse“ (so Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG 9 f.; Albert, in: Reischauer/ Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/16 § 25c KWG Rn. 27; Zerwas/Hanten, BB 1998, 2481 (2483); wohl auch Dürr, ZIP 1987, 1289 (1290)), teilweise aber auch abstrahiert von den einzelnen Merkmalen der fachlichen Eignung (so siehe bspw. Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG 56 f.) oder auch im Rahmen der theoretischen Kenntnisse (so Kleinert, in: Beck/ Samm/Kokemoor, 183. AL, 2017, § 25c KWG Rn. 46 ff., 49). Die Verortung des Problems der Spezialkenntnisse bei dem Merkmal der praktischen Kenntnisse beruht vorliegend auf der Annahme, dass es recht leicht möglich ist, sich theoretische Spezialkenntnisse mit der entsprechenden Grundausbildung anzueignen. Der springende Punkt der mangelnden Qualifikation ist eher im praktischen Umgang mit dem theoretischen Wissen und in der praktischen Umsetzung zu sehen.

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

Geschäftsgebieten von allen Geschäftsleitern zu verlangen.476 Je umfassender die Betriebserlaubnis allerdings ausfällt, desto schwieriger wird es auch sein, genügend „allumfassend“ fachkundige Geschäftsleiter zu finden. Selbst die Notwendigkeit von Spezialkenntnissen bezüglich aller die Betriebserlaubnis umfassenden Geschäfte durch lediglich mindestens einen Geschäftsleiter erscheint in Anbetracht der Geschäftsbandbreite eines Instituts mit Vollbanklizenz kaum in die Praxis umsetzbar.477 Weiterhin kann das Erfordernis der Kenntnisse in den betreffenden Geschäften dahingehend verstanden werden, dass alle von der Bankkonzession umfassten Geschäfte durch spezifische Kenntnisse bei jeweils mindestens einem Geschäftsleiter abgedeckt werden müssen.478 Vor dem Hintergrund der in der Praxis häufig gelebten Ressortverteilung scheint diese Interpretation auf den ersten Blick gut umsetzbar und angemessen. Demgemäß entspricht diese Handhabung auch der früher gelebten Aufsichtspraxis.479 Zweifel an dieser Handhabung traten in der Literatur allerdings auf, als die Liste der unter die Aufsicht fallenden Bankgeschäfte um immer mehr Spartengeschäfte erweitert wurde und der Umfang einer Vollkonzession sich damit auch immer weiter vergrößerte. Zerwas und Hanten haben dies im Rahmen der 6. KWG-Novelle im Hinblick auf Spezialkenntnisse auf den Gebieten des Emissions-, Geldkarten- und Netzgeldgeschäfts problematisiert.480 Nach der Einfügung dieser Geschäfte in den Bankgeschäftskatalog 1998 hätten Institute, die klassische Bankgeschäfte, wie z. B. Einlagen- und Kreditgeschäfte, betreiben wollten und dahingehend nach der Gesetzesänderung eine vollumfassende Lizenz beantragten, nunmehr auf der Geschäftsleiterebene auch über Spezialkenntnisse in jenen Sparten aufweisen müssen – und zwar unabhängig davon, ob sie diese Geschäfte tatsächlich betrieben. Für Institute, die bereits über die Erlaubnis als Einlagenkreditinstituts – und somit in der Regel über eine Volllizenz481 – verfügten, schuf zunächst die Übergangsvorschrift des § 64e Abs. 1 KWG Abhilfe, indem dieser die Notwendigkeit eines Nachweises der fachlichen Qualifikation hinsichtlich der neu eingefügten Geschäfte nicht vorsah und die bis dahin erteilte Erlaubnis auch weiterhin als beständig erklärte.482 § 64e Abs. 1 KWG hatte insofern für bestehende Einlagenkreditinstitute eine Erweiterung der Konzession zur Folge.483 Da sich § 64e KWG dem Wortlaut nach jedoch nur auf die Erteilung der Erlaubnis bezieht, ist davon auszugehen, dass sich die Fiktion lediglich auf das Bestehen der Erlaubnis selbst, nicht jedoch auf das Vorhandensein von Spezialkenntnissen an sich bezieht. Die von 476

Dazu schon Zerwas/Hanten, BB 1998, 2481 (2483). So auch Zerwas/Hanten, BB 1998, 2481 (2483): „Zudem läßt sich von einer Einzelperson nicht verlangen, Spezialkenntnisse in derartig unterschiedlichen Bereichen zu beherrschen und anzuwenden.“; Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 9. 478 Siehe schon Zerwas/Hanten, BB 1998, 2481 (2483). 479 Zerwas/Hanten, BB 1998, 2481 (2483). 480 Zerwas/Hanten, BB 1998, 2481 (2483). 481 Lindemann, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 4. 482 Dazu Zerwas/Hanten, BB 1998, 2481 (2483). 483 Lindemann, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 4. 477

A. Persönliche und fachliche Anforderungen an die Geschäftsleiter

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Zerwas und Hanten aufgeworfene Frage nach dem Umfang der Spezialkenntnisse erledigt sich also durch § 64e KWG auch für bereits damals lizensierte Institute nicht bis in alle Ewigkeit, sondern lebte jedenfalls in dem Moment neu auf, als die damalig eingesetzten Geschäftsleiter durch neue ersetzt wurden, die ihrerseits die persönlichen Anforderungen erfüllen mussten. Anderenfalls würde das Gesetz durch die als Übergangssituation geschaffene Fiktion der Erlaubnis dauerhaft einen – durch die Einführung der positiv formulierten Qualifikationsanforderungen in § 25c KWG noch einmal verstärkt – rechtswidrigen Zustand akzeptieren. Darüber hinaus hat der Katalog der Bankgeschäfte auch seit 1998 wieder zahlreiche Änderungen erfahren mit der Folge, dass das Feld der Fachkenntnisse bei einer Vollbanklizenz ein sehr weites ist. Vor diesem Hintergrund zu verlangen, dass jedes potentiell betreibbare Geschäft durch einen Spezialisten im Leitungsorgan abgedeckt werden muss – unabhängig davon, ob es von dem Institut tatsächlich betrieben wird bzw. dessen Betrieb künftig in Planung ist oder nicht – ist nicht nur praktisch unnötig, sondern auch unwirtschaftlich, da Fachkenntnisse im Organ vorhanden sind, die gar nicht gebraucht werden. Auch eine Umgehung dieser praktischen Problematik dadurch, dass einfach keine Vollbanklizenzen, sondern nur noch spezifische Konzessionen erteilt werden, verlagert das Problem der Praktikabilität lediglich auf eine andere Ebene.484 Daher hält die Literatur und wohl auch die allgemeine (Aufsichts-)Praxis485 es grundsätzlich für ausreichend, wenn zu den allgemeinen Kenntnissen im Finanzbereich jede geplante oder betriebene Geschäftsart durch Berufserfahrung von mindestens einem Geschäftsleiter abgedeckt werden kann.486 Je nach Bedeutsamkeit und Komplexität des in Frage stehenden Geschäftszweiges sollte zudem im Einzelfall abgewogen werden, inwiefern eine adäquate Vertretung für Verhinderungssituationen des üblicherweise zuständigen Geschäftsleiter wegen Krankheit oder Urlaub durch einen anderen Geschäftsleiter sichergestellt werden kann.487 Dies erscheint ob der soeben erläuterten Erwägungen sowohl angemessen als auch praktisch gut handhabbar. Insbesondere bei Geschäftsleitern von Kreditinstituten gehen die verlangten Standards jedoch hierüber hinaus, worauf im Folgenden noch einzugehen sein wird.

484

Dazu Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 56. Aus dem Merkblatt der BaFin (a.a.O. Fn. 327) ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass sich die (praktischen) Kenntnisse insgesamt auf alle erlaubten Geschäfte beziehen müssen. Vielmehr sind die Formulierungen allgemein gehalten („[…] über praktische Erfahrungen in Bankgeschäften bzw. Finanzdienstleistungen bzw. Zahlungsdiensten/dem E-Geld-Geschäft […]“, S. 19) und es wird auf „das konkrete Institut“ (S. 18) abgestellt. 486 Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 56; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG Rn. 27; Kleinert, in: Beck/Samm/Kokemoor, 183. AL, 2017, § 25c KWG Rn. 46 ff.; a.A. wohl noch Dürr, ZIP 1987, 1289 (1290). 487 Ähnlich Dürr, ZIP 1987, 1289 (1290); Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 9; bezogen auf Krediterfahrung Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 58. 485

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

Einige Stimmen in der Literatur gehen davon aus, dass darüber hinaus auch praktische Fähigkeiten, wie Personalführungskompetenzen, Teamfähigkeit, Entscheidungsvermögen und die Befähigung zu eigenverantwortlichem Arbeiten, zu den „praktischen Kenntnissen“ i.S.v. § 25c Abs. 1 S. 2 KWG zu zählen sind.488 Soweit diese Aussage allgemeine Eigenschaften im Rahmen des Arbeitsalltags, also Teamfähigkeit, eigenverantwortliches Arbeiten und andere persönliche Qualitäten, betrifft, sind dies sicherlich hilfreiche soft skills, die zur Berufserfahrung im Allgemeinen gehören. Dass das Gesetz aber bereits auf dieser Ebene der praktischen Kenntnisse Leitungsqualitäten, wie beispielweise Personalführung, verlangt, kann nicht ohne Weiteres angenommen werden. Anders scheint dies offenbar die BaFin zu sehen, als sie in ihrem Merkblatt für Geschäftsleiter vom 04. Januar 2016 statuiert, dass es sich bei der Beschäftigung, aus der die praktischen Kenntnisse resultieren, „um herausgehobene, d. h. entsprechend hierarchisch hoch angesiedelte, mit entsprechenden Kompetenzen versehene, Tätigkeiten handeln“489 muss. Versteht man diese Aussage so, dass hierdurch bereits Leitungsqualitäten im Rahmen der „praktischen Kenntnisse“ gefordert werden, lässt dies die Voraussetzung der Leitungserfahrung im weiteren Verlauf des § 25c Abs. 1 S. 2 KWG weitgehend obsolet werden. Als erforderlich ist in diesem Rahmen zu erachten, dass es sich um eine Tätigkeit gehandelt hat, bei der die betroffene Person praktische Erfahrungen sammeln konnte, die Entwicklung von System- und Ablaufverständnis ermöglichen und ein gewisses Maß an eigenverantwortlichem Arbeiten beinhalten. Beispielsweise dürfte es nicht genügen, dass ein künftiger Geschäftsleiter eines Kreditinstituts als Schaltermitarbeiter bei einer Bank gearbeitet hat, in dessen Rahmen er sich unter anderem auch im Prozess der Kreditvergabe nützlich gemacht hat, indem er die für die Kreditwürdigkeitsprüfung notwendigen Unterlagen herangeschafft hat. Eine gewisse „Herausgehobenheit“ – um bei der Wortwahl der BaFin zu bleiben – der vorangegangenen Arbeit ist damit sicherlich von Nöten, um überhaupt von „praktischen Kenntnissen“ sprechen zu können. Gerade fachlich koordinierende Aufgaben schulen den persönlichen Überblick über das Geschehen und das praktische Systemverständnis. Zu beachten ist aber, dass das Gesetz im Wortlaut die „praktischen Kenntnisse“ in Bezug zu den „betreffenden Geschäften“ setzt, es also primär noch um die fachliche Eignung im ersten Sinne geht. Um fachlichen Systemüberblick zu erhalten, sind aber nicht zwangsläufig Tätigkeiten mit Personalführungskompetenz notwendig. Maßgeblich ist in der Hinsicht eher der damalige Tätigkeitsbereich des künftigen Geschäftsleiters und inwiefern dieser konkret dazu geeignet war, notwendige und hilfreiche praktische Fähigkeiten für eine Leitungstätigkeit in dem

488 BaFin, Merkblatt zu den Geschäftsleitern gemäß KWG, ZAG und KAGB, a.a.O. Fn. 327, S. 19; Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/16 § 25c KWG Rn. 28; eingeschränkt wohl auch Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 8. 489 So wortwörtlich Bafin, Merkblatt zu den Geschäftsleitern gemäß KWG, ZAG und KAGB, a.a.O. Fn. 327, S. 19.

A. Persönliche und fachliche Anforderungen an die Geschäftsleiter

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betroffenen Institut zu erwerben.490 Dass es sich hierbei aber um eine „hierarchisch hoch angesiedelte“ Leitungstätigkeit im Sinne einer Personalführung handeln muss, ist nicht ersichtlich. Eine solche besondere Leitungskompetenz ist nach vorliegender Ansicht bei dem Merkmal der „Leitungserfahrung“491 zu verorten. Dort stellt sich sodann auch die Frage, ob die erforderliche Leitungserfahrung fachspezifischer Natur sein muss oder nicht. Wäre eine bankpraktische Leitungserfahrung bereits im Rahmen der praktischen Kenntnisse von Nöten, wäre das Leitungserfahrungsmerkmal als solches überflüssig. Die konkreten Anforderungen an die Qualifikation der Geschäftsleiter hängen von den genauen Umständen des Einzelfalls ab. Im Hinblick auf die Frage, wie die notwendigen praktischen Kenntnisse im Detail erworben werden können, haben sich aber verschiedene Fallgruppen herausgebildet, die es zu problematisieren gilt. bb) Spezialkenntnisse der Geschäftsleiter eines Kreditinstituts im Kreditgeschäft Für Kreditinstitute verlangt die BaFin „Berufserfahrung im Kreditgeschäft“.492 Im Verhältnis zu der Kürze der Ausführungen493 zu den praktischen Kenntnissen insgesamt ist die Betonung der Unverzichtbarkeit von Berufserfahrung im Kreditgeschäft bei Kreditinstituten doch bemerkenswert und lässt darauf schließen, dass die Aufsicht entsprechende Spezialkenntnisse besonders hervorheben möchte und grundsätzlich von allen Geschäftsleitern eines Kreditinstituts verlangt. Damit wird die Krediterfahrung derart in den Mittelpunkt der Anforderungen gerückt, dass bei einer ressortmäßigen Arbeitsteilung in einem Kreditinstitut zu den jeweiligen Spezialisierungen noch eine ausreichende praktische Krediterfahrung hinzukommen muss. Die herausragende Bedeutung, die die Aufsicht dem Vorhandensein von praktischer Krediterfahrung beimisst, fällt insbesondere bei einer Betrachtung der zahlreichen Fälle494 auf, in denen die BaFin bei Kandidaten aus anderen Branchen die ausreichende 490

Siehe dazu die Einschätzung von Fischer, der bei den einzelnen Problemgruppen genau zwischen der Leitungserfahrung und den praktischen Fähigkeiten unterscheidet, zur fachlichen Eignung eines Vorstandsassistenten, der als solcher gerade eine „hierarchisch hoch angesiedelte […] Tätigkeit“ wahrnimmt, ohne dabei bankpraktische Erfahrungen zu sammeln, Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 66. 491 Dazu sich leicht selbst widersprechend Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 47. 492 Siehe Bafin, Merkblatt zu den Geschäftsleitern gemäß KWG, ZAG und KAGB, a.a.O. Fn. 327, S. 19. So auch Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/16 § 25c KWG Rn. 27. 493 Die Ausführungen im Merkblatt hierzu umfassen 3 Sätze. 494 Als Beispiele seien genannt: - Kim Hammonds, mittlerweile (seit 01. August 2016) COO bei der Deutschen Bank; Hammonds war zwar nur lediglich einige Monate als Generalbevollmächtigte eingesetzt, war aber davor bereits seit 2013 in verschiedenen Positionen bei der Deutschen Bank. Das Ziel ihres Wechsels von Boeing im Jahr 2013 war aber damals bereits eine Vorstandsposition.

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

Qualifikation mangels ausreichender Erfahrung in Zweifel zog. In solchen, aber auch anderen Situationen, in denen die BaFin die Bewerber aus anderen Gründen495 nicht für geeignet hält, hat sich die Praxis eingebürgert, diese Bewerber zunächst als Generalbevollmächtigte in der Bank einzusetzen, bevor ihnen dann – in der Regel nach einigen Jahren – die ausreichende Erfahrung zugesprochen wurde und sie als Geschäftsleiter eingesetzt werden konnten. Welche Kenntnisse und Fähigkeiten im Einzelnen als nicht erfüllt angesehen werden, wird dabei im Normalfall nicht veröffentlicht, was eine praktische Bewertung des Aufsichtshandelns schwierig macht. Wenn der Grund für die Ablehnung öffentlich genannt wird, heißt dieser häufig „fehlende bankpraktische Erfahrung“, wobei eine nähere Konkretisierung nicht genannt wird.496 Nachfolgend wird daher versucht, sich den Anforderungen an die bankpraktischen Erfahrungen im Kreditbereich als „institutsspezifisch“ für Kreditinstitute anhand des Gesetzes und allgemeiner Erwägungen zur Tätigkeit zu nähern, ohne die Herangehensweise der BaFin im Einzelnen genau reflektieren zu können. Die zentrale Begründung des Verlangens nach flächendeckender Praxiserfahrung in einer Kreditabteilung durch den gesamten Geschäftsleiterstab wurzelt in den Regelungen der §§ 13 ff. KWG. Sowohl § 13 Abs. 2 KWG als auch § 15 Abs. 1 S. 1 Siehe dazu folgende Artikel: „Deutsche Bank: Neue IT-Chefin von Boeing“ vom 11. 11. 2013, abrufbar unter https://www.cio.de/a/deutsche-bank-neue-it-chefin-von-boeing,2937167; „Kim Hammonds wird IT-Vorstand der Deutschen Bank“ vom 20. 10. 2015, https://www.cio.de/a/kimhammonds-wird-it-vorstand-der-deutschen-bank,3249430 [zuletzt aufgerufen am 25. 02. 2018]. - Dr. Lars Witteck, der aktuell noch seit 31. Oktober 2015 lediglich Generalbevollmächtigter der Volksbank Mittelhessen ist, weil er in seiner vorherigen Tätigkeit als Regierungspräsident in Gießen keine bankpraktische Erfahrung sammeln konnte, siehe u. a. „Dr. Lars Witteck wird neuer Vorstand der Volksbank Mittelhessen“, abrufbar unter https://www.vbmittelhessen.de/wir-fuer-sie/presse-center/pressearchiv/presse-archiv-2015/dr-lars-witteckwird-neuer-vorstand-der-volksbank-mittelhessen.html [zuletzt aufgerufen am 25. 02. 2018]. - auch Christoph Bender, bei dem es letztlich jedoch nicht zu einer Tätigkeit als Generalbevollmächtigen kam, weil der Aufsichtsrat dies ablehnte; siehe „Bender geht im Sparkassenstreit in die Offensive“ vom 13. 04. 2016, abrufbar unter http://www.nw.de/lokal/ kreis_guetersloh/guetersloh/20763648_Bender-geht-im-Sparkassenstreit-in-die-Offensive. html?em_cnt=20763648 [zuletzt aufgerufen am 25. 02. 2018]. - Joachim Fröhlich, der in der Zeit von Oktober 2015 bis Mai 2017 zunächst Generalbevollmächtigter bei der Evangelischen Bank eG war, bevor er im Juni 2017 zum Vorstand aufstieg, siehe seine Vita unter https://www.eb.de/wir-ueber-uns/wir-fuer-sie/vorstand/froeh lich.html [zuletzt aufgerufen am 25. 02. 2018]. 495 Ein schönes Beispiel ist hier Dr. Jörn Matthias Häusler, der seit Oktober 2014 Generalbevollmächtigter bei der Deutsche Oppenheim Family Office AG war, bevor er im Januar 2017 zum Vorstand wurde. Die BaFin hatte ein solches Vorgehen angeraten, damit Dr. Häusler sich in den Besonderheiten des Family-Office-Geschäfts einarbeiten könne. Siehe „Deutsche Oppenheim beruft Jörn Matthias Häuser zum Vorstand“ vom 19. 12. 2016, abrufbar unter https://www.private-banking-magazin.de/nach-bafin-zustimmung-deutsche-oppenheim-beruftjoern-matthias-haeuser-zum-vorstand/ [zuletzt aufgerufen am 25. 02. 2018]. Ohne die – nicht veröffentlichten – Details des Falles zu kennen, kann die BaFin ihre Entscheidung wohl nur auf die mangelnde „institutsspezifische“ Erfahrung gestützt haben. 496 Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass es in den soeben genannten Beispielsfällen an anderen als Kredit bezogenen praktischen Kenntnissen gefehlt hat.

A. Persönliche und fachliche Anforderungen an die Geschäftsleiter

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KWG stellen die Wirksamkeit von Groß- bzw. Organkrediten unter die Voraussetzung eines einstimmigen Beschlusses der Geschäftsleiter. Um nun diese erforderlichen Geschäftsleiterbeschlüsse nicht zur „inhaltsleeren Formalität“ verkommen zu lassen, bedürfe es einer gewissen Sachkenntnis im Bereich der Kreditvergabe, um die Sachlage angemessen beurteilen zu können.497 Vor dem Hintergrund einer arbeitsteiligen und effizienten Arbeitsweise ist allerdings aus praktischen Gesichtspunkten selbst bei solchen Beschlüssen nicht von jedem Geschäftsleiter zu erwarten, dass er kreditspezifische Berechnungen wie eine Bewertung des in Rede stehenden Kredits durchführt. Auch aus dem Wortlaut der beiden Vorschriften geht nicht hervor, dass die Geschäftsleiter für diese Beschlussfassung besondere Erfahrung mit der Kreditvergabe vorweisen können müssen. Insbesondere angesichts des Zwecks der Vorschriften erscheinen besonders vertiefte Kenntnisse oder Erfahrungen im Kreditgeschäft nicht notwendig: Durch den Geschäftsleiterbeschluss gem. § 13 Abs. 2 KWG sollen die Risiken für das Institut, die durch eine Konzentration von Darlehen bei einem Kunden oder Gewährung von besonders großen Krediten entstehen, in denen sich u. a. ein gebündeltes Ausfallrisiko für das Institut verbirgt, eindämmen.498 Wichtig ist hierbei also zunächst einmal die Beurteilung des Kreditrahmens, der Zinskonditionen, der gewährten Sicherheiten499 und der Laufzeit im Verhältnis zu der Eigenmittelausstattung und Liquiditätslage des Instituts. Um sich hierüber einen Überblick zu verschaffen, sind nach der hier vertretenen Ansicht keine besonderen persönlichen Erfahrungswerte in der Kreditvergabe, sondern eher allgemeines Wissen hinsichtlich des Kreditrechts sowie betriebswirtschaftliches Verständnis und Erfahrungen im Bereich des Risikomanagements notwendig. Darüber hinaus ist nicht erkennbar, warum eine eingehende betriebswirtschaftliche Bewertung, für die gesonderte Krediterfahrung erforderlich wäre, von allen Geschäftsleitern einzeln erfolgen muss. Noch deutlicher wird dies bei der Regelung des § 15 KWG zu Organkrediten. Dessen Zweck soll es sein, einer missbräuchlichen Einflussnahme der Kreditvergabe wegen individueller Interessen entgegenzuwirken.500 Um festzustellen, ob eine beabsichtigte Kreditgewährung den marktüblichen Bedingungen bzw. den gängigen Mitarbeiterkonditionen entspricht oder aber der Kreditnehmer zu Lasten des Instituts begünstigt wird, bedarf es aber keiner besonderen Erfahrung aufgrund eigenverantwortlicher Tätigkeit in einer Kreditabteilung. Gerade hier genügt ein Mindestmaß an betriebswirtschaftlicher Auffassungsgabe gepaart mit einer (Internet-)Recherche im Hinblick auf die gängigen Marktkonditionen. 497

Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG Rn. 29. Auerbach/Grol, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 13 KWG Rn. 1, 16; Engelhard, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 13 KWG Rn. 17. 499 Vgl. Auerbach/Grol, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 13 KWG Rn. 17. 500 Auerbach/Adelt, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 15 KWG Rn. 1; Ulrich, in: Luz/ Neus/Schaber, 2015, § 15 KWG Rn. 1; Bitterwolf, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 7/12 § 15 KWG Rn. 1. 498

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

Grundvoraussetzung muss dennoch sein, dass jeder der Geschäftsleiter nachvollziehen kann, wie ein durchschnittlicher Kredit funktioniert und welche Rahmendaten für den Kreditnehmer und die Bank als Kreditgeberin maßgeblich sind. Für eine komplexere Darlehensausgestaltung sind selbstredend vertiefte Kenntnisse und Praxiserfahrung von Nöten. Nach der hier vertretenen Auffassung müssen diese Kenntnisse jedoch nicht zwangsläufig bei jedem Geschäftsleiter vorhanden sein. Vielmehr kann es auch genügen, wenn es einen Kredit-Spezialisten gibt, dessen Vertretung durch mindestens einen weiteren Geschäftsleiter mit erweiterter Krediterfahrung gewährleistet ist.501 In Anbetracht einer arbeitsteiligen Organisation reicht insofern eine tiefgehende Erarbeitung des zu bewertenden Kredits i.S.d. §§ 13, 15 KWG durch den spezialisierten Geschäftsleiter und eine gründliche Plausibilitätsprüfung durch die anderen, nicht für das Kreditgeschäft zuständigen Geschäftsleiter.502 Hierfür sind regelmäßig Grundkenntnisse im Kreditgeschäft sowie (bankspezifische) Kenntnisse im Risikomanagement ausreichend. Warum gerade für Einlagenkreditinstituten bezüglich des Kreditgeschäfts insofern etwas anderes gelten sollte als für alle anderen möglichen Geschäftsarten503, ist demgemäß auch unter Berücksichtigung der §§ 13 ff. KWG nicht ersichtlich504. Natürlich sind Sachverhalte denkbar, in denen eine soeben beschriebene Besetzung des Führungsorgans nicht genügen kann. Wenn die Kreditvergabe in einem Institut derartig im Zentrum der Geschäftstätigkeit steht, dass es in jedem Bereich tiefgreifende Überschneidungen mit dem Kreditgeschäft gibt und eine ernsthafte Leitung ohne spezifische Kenntnisse nicht möglich ist, sollte ein gewisses Maß an Krediterfahrung bei allen Geschäftsleitern vorhanden sein. Die genauen Anforderungen im Einzelfall hängen freilich von der genauen Geschäftstätigkeit und auch der Größe des Instituts ab.505 Auch wenn eine allgemein gültige Faustregel nicht gegeben werden kann, kann doch gesagt werden, dass das Verlangen nach spezieller Krediterfahrung aller Geschäftsleiter weniger praktikabel und auch rechtlich weniger notwendig erscheint, je größer und breiter aufgestellt ein Kreditinstitut ist und dessen Leitungsorgan auch eine entsprechende Größe wie auch arbeitsteilige Organisation aufweist.506 501 In diese Richtung gehend auch Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 58; Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 9; abstrahiert von der Krediterfahrung, aber dennoch das Vertretungsproblem wegen Urlaub/Krankheit ansprechend Dürr, ZIP 1987, 1289 (1290). 502 So auch Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 58. 503 Siehe dazu bereits oben Teil 3, A.II.1.b)aa), S. 126. 504 Eine ähnliche Beurteilung findet sich bei Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 10. 505 Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 58; die genauen Anforderungen ebenfalls vom Einzelfall abhängig machend Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 10. 506 In dieselbe Richtung argumentierend Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 58; auch Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 10.

A. Persönliche und fachliche Anforderungen an die Geschäftsleiter

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cc) Erlangung der Kenntnisse durch Tätigkeit in einem Aufsichtsorgan Dass die „praktischen Kenntnisse“ auch durch eine Tätigkeit in einem Aufsichtsorgan eines Kreditinstituts erlangt werden können, nennt die Regierungsbegründung der 3. KWG-Novelle ganz ausdrücklich als Möglichkeit.507 Nachvollziehbar ist diese Überlegung vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass theoretisch das Aufsichts- bzw. Verwaltungsorgan die Geschäftsleitung in allen Punkten zu überwachen hat und dementsprechend auch über dahingehende Qualifikationen verfügen sollte. In der Vergangenheit wurde eine Tätigkeit als Mitglied eines Aufsichtsorgans allerdings in der Praxis eher als vernachlässigbare Nebenbeschäftigung gesehen, was insbesondere im Rahmen der Finanzkrise für den Bankensektor stark kritisiert wurde. Ergebnis dieser allgemeinen Kritik ist ein Paradigmenwechsel in der Wahrnehmung des Aufsichtsratsmandats. Es wird nunmehr nicht nur verstärkt die Haftung der Verwaltungsratsmitglieder diskutiert und auch gelebt, sodass diese aus ihrer bisherigen theoretischen Bewandtnis immer mehr zu einem praktisch relevanten Teilbereich des Gesellschaftsrechts wächst. Auch die Qualifikation der Aufsichtsratsmitglieder steht zunehmend in der Diskussion und jedenfalls im KWG finden sich seit 2013 konkrete Qualifikationsanforderungen für Aufsichtsräte. Trotz der wachsenden Bedeutung wird es aber wohl eine Weile dauern, bis der Wandel auch in die Praxis umgesetzt sein wird. Besonders bei Instituten, bei denen die Mitgliederbestellung nicht allein auf eine Geeignetheitsprüfung als Basis gestützt wird, sondern auch andere Motive – beispielsweise politischer Natur – die Wahl der Verwaltungsorganmitglieder beeinflussen508, bleibt abzuwarten, inwiefern die Verschärfung der Anforderungen tatsächlich Früchte tragen wird. Auf jeden Fall kann eine vorhergegangene Aufsichtsratstätigkeit zum jetzigen Zeitpunkt schon allein deswegen nicht ohne Weiteres die Annahme von praktischen Kenntnissen i.S.d. § 25c KWG begründen. Darüber hinaus unterscheiden sich die Aufgaben eines Aufsichtsrates maßgeblich von denen eines Geschäftsleiters: Während die Hauptaufgabe des Aufsichtsorgans die Überwachung der Geschäftsleitung in allen Bereichen ist, muss ein Geschäftsleiter eigenverantwortlich Strategien entwickeln, Entscheidungen treffen und führend tätig werden können. Jeder, der basierend auf einer bisher beobachtend, kontrollierend ausgeführten Tätigkeit auf einmal in diesem Bereich selbsttätig und entscheidend agieren musste, weiß, dass die Übertragung von passiver auf eine aktive Tätigkeit nicht ohne Weiteres möglich ist. Vielmehr bedarf es einer eigenständigen Erfahrung in aktiver Ausführung, um die praktischen Kenntnisse begründen zu können. Wichtig ist dabei allerdings im Rahmen der „praktischen Kenntnisse“ nicht, dass eine Leitungsposition wahrgenommen wurde, sondern dass in dem fachlichen

507 RegBegr. zu § 33 KWG, Entwurf eines dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen v. 14. 05. 1984, BT-Drucks. 10/1441, S. 49. 508 Vgl. Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 68.

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

Bereich eigenverantwortlich und selbstständig und nicht nur überwachend gearbeitet wurde. Es ist dennoch nicht ausgeschlossen, dass bereits vorhandene praktische Kenntnisse durch eine Aufsichtstätigkeit vertieft werden bzw. allgemein praktische Ausführungserfahrung und die Aufsichtserfahrung sich gut ergänzen. Vor dem Hintergrund einer vertikalen Delegation ist es zudem sinnvoll, wenn ein zukünftiger Geschäftsleiter auch Erfahrungen als „Aufseher“ im Rahmen eines Verwaltungsratsmandats sammeln konnte. Relevante Erfahrungen können demgemäß auch als Aufsichtsratsmitglied erworben werden. Die bloße, vorherige Tätigkeit in einem Aufsichts- oder Verwaltungsorgan an sich vermag jedoch nicht den Nachweis der praktischen Kenntnisse i.S.d. der Geschäftsleiterqualifikation gem. § 25c KWG zu ersetzen.509 dd) Inlandsbezug der praktischen Kenntnisse In ihrem Merkblatt über die Erteilung einer Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften gem. § 32 Abs. 1 KWG510 verlangt die BaFin, dass ein Geschäftsleiter, der seine Kenntnisse in einem Institut mit Sitz in einem anderen Staat erworben hat, mindestens ein Jahr eine bankbezogene Tätigkeit im Geltungsbereich des KWG ausgeübt haben muss. Zudem muss mindestens einer der Geschäftsleiter eine dreijährige leitende Tätigkeit in einem Kreditinstitut, das dem KWG unterfällt, abgeleistet haben und die Geschäftsleiter müssen alle entweder deutsch oder englisch sprechen können. Wenn diese Anforderungen zur fachlichen Eignung im Rahmen der Erlaubniserteilung gelten, müssten sie konsequenterweise auch im Rahmen des § 25c KWG anzuwenden sein. Auch steht dieser Annahme nicht entgegen, dass die Anforderungen der BaFin in dem Teil des Merkblatts dargestellt werden, in dem es um Zweigstellen von ausländischen Instituten geht. Angesichts unserer umfassend globalisierten Welt kann sich diese Problematik theoretisch auch bei inländischen Instituten ergeben. Nicht eindeutig zu sagen ist, ob die BaFin zudem noch an diesen Anforderungen festhält. Das Merkblatt wurde bereits im Jahr 2007 veröffentlicht und laut Hinweis auf der Homepage 2012 zuletzt geändert, sodass die Anforderungen vor Einführung des heutigen § 25c KWG aufgestellt wurden. Im Merkblatt für die Geschäftsleiter vom 04. Januar 2016 wird hierüber kein Wort verloren. In Anbetracht der Tatsache, dass die BaFin auf ihrer Homepage darauf hinweist, dass aufgehobene Dokumente in 509 Ähnlich Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 68; im Ergebnis so auch Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/16 § 25c KWG Rn. 29; „in Ausnahmefällen“ für möglich haltend Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG Rn. 25; Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 8. 510 Abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Merkblatt/BA/dl_ 080609_bankerlaubnis_ba.pdf?__blob=publicationFile&v=1 [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018].

A. Persönliche und fachliche Anforderungen an die Geschäftsleiter

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der Regel nicht mehr auf der Website der BaFin bereitgestellt werden, das Merkblatt über die Erteilung der Erlaubnis aber noch verfügbar ist, kann davon ausgegangen werden, dass dieses auch noch als gültig angesehen werden kann. Aus § 25c KWG selbst geht hingegen nicht hervor, dass die Kenntnisse einen wie auch immer gearteten Inlandsbezug haben müssen, wie es das Merkblatt für die Erlaubniserteilung verlangt. Vor diesem Hintergrund ist zu überprüfen, ob diese Anforderungen angesichts § 25c KWG überhaupt von der BaFin gestellt werden dürfen. Diese inlandsbezogenen Spezifizierungen der Kenntnisse können dabei hinsichtlich des Spracherfordernisses einerseits und im Hinblick auf die KWG-bezogene Arbeitserfahrung andererseits unterschieden werden. (1) Das Erfordernis der Sprachkenntnisse Bezüglich der Sprachkenntnisse ist eine ernsthafte, praktisch relevante Konfliktsituation wohl tatsächlich nur bei „echten“ Zweigstellen i.S.v. § 53 KWG denkbar. Dadurch, dass die BaFin es in der Regel auch genügen lässt511, wenn gute Englischkenntnisse vorhanden sind, und gerade im Bankwesen, jedenfalls bei grenzüberschreitendem Bezug, ohnehin bevorzugt auf Englisch kommuniziert wird, wird es bei inländischen Instituten selten vorkommen, dass die Geschäftsleiter weder der deutschen noch der englischen Sprache mächtig sind. Bei europäischen Zweigniederlassungen i.S.v. § 53b KWG stellt sich das Problem erst gar nicht, da für deren Betrieb zum einen bei Zulassung im Herkunftsstaat keine zusätzliche Erlaubnis gem. § 32 KWG notwendig ist und § 25c KWG auch nicht zu den anwendbaren Vorschriften gem. § 53b Abs. 3 KWG gehört. Diese Privilegierung kommt nicht-europäischen Instituten nicht zu Gute, sodass das Spracherfordernis im Rahmen der Zweigniederlassungen de lege lata lediglich für diese zu diskutieren ist und auch praktisch eine Hürde darstellen kann. Inhaltlich ergibt sich ein Spracherfordernis aus dem Wortlaut von § 25c KWG unmittelbar nicht einmal ansatzweise. Speziell für Zweigstellen ausländischer Institute stellt das Gesetz immerhin einen Inlandsbezug zu den Geschäftsleitern her, indem nach § 53 Abs. 2 Nr. 1 KWG mindestens zwei der Zweigstellengeschäftsleiter einen Wohnsitz im Inland haben müssen. Auch wenn diese Wohnsitz-Regelung primär einer effektiven Aufsicht dienen soll,512 ist so wenigstens bereits aus dem Wortlaut erkennbar, dass zumindest ein Teil der Zweigstellenleiter lokal verwurzelt sein soll. Ein unmittelbares Spracherfordernis lässt sich jedoch auch in diese Vorschrift nicht hineinlesen. 511 Als Beispiel sei hier Anshu Jain genannt, der zu seinem Amtsantritt als Co-Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank jedenfalls keine tiefgehenden Deutschkenntnisse vorzeigen konnte, dazu der Handelsblatt-Artikel „Deutsche Bank: Der Kronprinz“ vom 25. 07. 2011, abrufbar unter http://www.handelsblatt.com/unternehmen/management/jain-im-portraetder-kronprinz-erklimmt-die-spitze/4431750.html [zuletzt aufgerufen am 10. 03. 2018]. 512 Auerbach, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 53 KWG Rn. 29; Vahldiek, in: Boos/ Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 53 KWG Rn. 61.

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

Bezüglich inländischer Institute findet sich ein solcher Bezug weder in den Vorschriften zur Erlaubniserteilung noch in § 25c KWG. Über den Wortlaut hinaus muss aber freilich immer auch der Sinn und Zweck des Gesetzes berücksichtigt werden. Eine besondere Sprachqualifikation ist dem Gesetz demnach zwar an keiner Stelle unmittelbar zu entnehmen, jedoch muss der Geschäftsleiter in jedem Fall tatsächlich in der Lage sein, das Institut zu leiten, und auch eine Kommunikation mit der Aufsicht wie auch mit der lokalen Öffentlichkeit muss möglich sein. Scheitert dies bereits wegen Sprachbarrieren, kann nicht von einer Eignung des Geschäftsleiters ausgegangen werden. Der Maßstab, den die BaFin hier anlegt, ist mit guten Englischkenntnissen dabei nicht besonders streng. Bei außereuropäischen Zweigniederlassungen erscheint das Verlangen nach deutschen oder wenigstens englischen Sprachkenntnissen wegen der unterschiedlichen Rechtsordnungen und Sprachbesonderheiten – nicht nur im Hinblick auf die Kommunikation mit der BaFin – durchaus sinnvoll. Auch wenn die praktische Relevanz dieser Frage aus genannten Gründen bei inländischen Instituten durchaus angezweifelt werden kann, kann insofern für die Geschäftsleiter der inländischen Institute nichts anderes gelten. Daher erscheinen die Anforderungen der BaFin dahingehend durchaus angemessen und sind von dem Erfordernis der fachlichen Eignung i.S.v. § 25c Abs. 1 KWG als gedeckt anzusehen. (2) Das Verlangen nach einer inlandsbezogenen Tätigkeit Anders ist dies für das Verlangen nach einer vorherigen Tätigkeit im Geltungsbereich des KWG. Selbst aus dem Erfordernis des inländischen Wohnsitzes gem. § 53 Abs. 2 Nr. 1 KWG für ausländische Zweigstellen kann nicht ansatzweise geschlossen werden, dass zuvor auch Berufserfahrung im Rahmen des KWG gesammelt worden sein muss. Zudem ergeben sich auch aus § 25c KWG solche Anforderungen nicht. Bezieht man hingegen den Sinn und Zweck des Gesetzes hinsichtlich der Voraussetzung für die fachliche Eignung mit in die Erwägungen ein, liegt auf der Hand, dass die Anforderungen ein Maß an fachlicher Kompetenz sicherstellen sollen, auf Grundlage dessen eine fachgerechte Leitung des Instituts gegeben ist.513 Dies bedeutet zugleich, dass das betroffene Vorstandsmitglied mit den Marktbedingungen sowie den branchenspezifischen rechtlichen Begebenheiten vertraut sein muss. Um diesen Standard zu gewährleisten, ist nach der hier vertretenen Ansicht allerdings nicht notwendigerweise eine vorherige leitende Tätigkeit im Inland notwendig. Vielmehr hat das Bankenaufsichtsrecht eine derart weitreichende Europäisierung erfahren, dass die Bankenbranche europaweit auf den gleichen regula-

513

So auch Zerwas/Hanten, BB 1998, 2481 (2482).

A. Persönliche und fachliche Anforderungen an die Geschäftsleiter

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torischen Grundlagen fußt. Jedenfalls im europäischen Ausland erworbene praktische Kenntnisse sollten in der Regel daher ausreichen.514 Da die internationalen Vorgaben des Baseler Ausschusses im Gegensatz zu dem europäischen Grundregelwerk nicht verbindlich sind, muss allerdings zwischen europäischem und nicht-europäischem Ausland differenziert werden515 : Bei einer vorherigen Tätigkeit im nicht-europäischen Ausland kann aufgrund der möglicherweise unterschiedlichen rechtlichen Grundlagen nicht ohne Weiteres von ausreichenden praktischen Kenntnissen ausgegangen werden. Hier ist im Einzelfall anhand des jeweiligen Rechtssystems, der Vorgaben, deren Umsetzung und dem allgemeinen Marktumfeld in dem betroffenen Land zu beurteilen516, inwiefern die vorherige Tätigkeit zur Vermittlung der nötigen praktischen Kenntnisse geeignet gewesen ist. Im Zweifel sollte dabei aber wohl mit Vorsicht beurteilt werden. ee) Erfahrungen durch finanznahe Tätigkeit in einer nicht beaufsichtigten Branche Umstritten ist, ob praktische Kenntnisse auch durch eine finanznahe Tätigkeit in einer nicht beaufsichtigten Branche erworben werden können.517 In Betracht kommen hierbei insbesondere Personen in leitender, finanzbezogener Position in großen Unternehmen, in Leasinggesellschaften sowie Unternehmensberater und Wirtschaftsprüfer mit entsprechender fachspezifischer Erfahrung. Die Frage nach der notwendigen bankspezifischen Qualifizierung durch solche Tätigkeiten ist keineswegs erst nach der Finanzkrise diskutiert worden. Bereits das Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen (BaKred oder BAK) als Vorgängerbehörde der 514

Zerwas/Hanten, BB 1998, 2481 (2482); wohl auch Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/16 § 25c KWG Rn. 40; so zudem noch Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 51. 515 Zerwas/Hanten, BB 1998, 2481 (2482); noch Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 51. 516 Vgl. noch Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 51. 517 In der Literatur wird dies häufig nicht als spezifisches Problem der „praktischen Kenntnisse“, sondern der fachlichen Eignung im Allgemeinen wahrgenommen (siehe Zerwas/ Hanten, BB 1998, 2481 [2483]; wohl auch Dürr, ZIP 1987, 1289 [1290 f.]). Der Kern des Problems der Kenntniserlangung in einer nicht beaufsichtigten Branche, außerhalb der Bankenbranche ergibt sich allerdings bei genauer Betrachtung nur bei den praktischen Kenntnissen. Theoretische Kenntnisse können bereits vor der in Frage stehenden Tätigkeit durch Studium, Fortbildung oder täglicher Handhabung im Beruf (gerade bei Wirtschaftsprüfern und Unternehmensberatern sollten die theoretischen Kenntnisse gerade nicht diskutiert werden müssen) erworben werden. Leitungserfahrung muss nicht fachspezifisch sein und kann unstreitig auch in einer anderen Branche erworben werden (s. u. Teil 3, A.II.1.c), S. 141). Nur hinsichtlich der praktischen Erfahrung in den fachlichen Bereichen kann die Kenntniserlangung in branchenfremden Unternehmen in Frage gestellt werden, ob die nötigen Fertigkeiten zur Problembehandlung aus Sicht einer Bank erlangt worden sind. Daher wird dieser Punkt vorliegend im Rahmen der „praktischen Kenntnisse“ diskutiert. So auch Fischer, in: Boos/Fischer/SchulteMattler, 2012, § 33 KWG Rn. 55.

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

BaFin beschäftigte dieses Problem, das dieses eher restriktiv zu behandeln pflegte. So reichten unter der Aufsicht des BAK praktische Kenntnisse, die durch eine Tätigkeit außerhalb eines Instituts erworben wurden, grundsätzlich nicht aus. Schon damals wurde diese Haltung stark kritisiert.518 Die BaFin hat eine solch ausdrückliche Forderung von brancheninterner Erfahrung nicht positiv in ihrem Merkblatt oder sonstigen Verlautbarungen formuliert. Dies spricht dafür, dass die BaFin sich weder in die eine noch in die andere Richtung festlegen und die genauen Anforderungen an die praktische Erfahrung einzelfallbezogen bewerten möchte. Es ist aber davon auszugehen, dass die Überprüfung der vorhandenen Qualifikation bzw. praktischen Erfahrung in dieser Hinsicht weiterhin restriktiv gehandhabt wird und daher die Diskussion darüber durchaus noch Aktualität beanspruchen kann. Nach der hier vertretenen Auffassung erscheint es nicht sachgerecht, Personen mit Berufserfahrung, die außerhalb der beaufsichtigten Bankenbranche erworben wurde, generell die nötige praktische Erfahrung abzusprechen.519 Vor allem Wirtschaftsprüfer (und auch Unternehmensberater) sind durch ihre Prüfungstätigkeit sowohl theoretisch als auch praktisch fachlich geschult. Nicht zu unterschätzen ist dabei die dem Berufszweig immanente Fähigkeit, Missstände – auch hinsichtlich der aufsichtsrechtlichen Vorgaben – aufzudecken und Maßnahmen zu deren Beseitigung zu entwickeln.520 Das gern aufgeführte Argument, dass Wirtschaftsprüfern die „Entscheidungsroutine“521 in den betroffenen Bereichen fehle, ist parallel zu dem Verlangen der fachspezifischen Leitungserfahrung im Rahmen der praktischen Kenntnisse522 zu bewerten. „Entscheidungsroutine“ im Sinne einer Leitungserfahrung muss nämlich gerade nicht fachspezifisch vorhanden sein. Allerdings ist die Prüfertätigkeit von analysierenden und überwachenden Elementen geprägt, sodass ein Vergleich mit dem Erwerb von praktischen Kenntnissen durch eine Tätigkeit im Aufsichtsrat in dieser Hinsicht naheliegt. Zwar ist die Ausgangslage eine Grundverschiedene: Ein Prüfer dürfte grundsätzlich über mehr Fachwissen theoretischer und praktischer Art verfügen als ein Aufsichtsratsmitglied, das keinerlei sonstige Aktivität in einem Institut vorweisen kann. Als Basis für die erforderlichen praktischen Kenntnisse ist 518

Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2004, § 33 KWG Rn. 60; Zerwas/Hanten, BB 1998, 2481 (2483); auch Dürr, ZIP 1987, 1289 (1289 ff.), der aber auch die Möglichkeit in Erwägung zieht, dass dem Aufsichtsamt häufig tatsächlich individuell minderqualifizierte Anwärter vorgeschlagen werden. 519 Zerwas/Hanten, BB 1998, 2481 (2483); im Ergebnis wohl auch Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 63, obwohl dieser zuvor (a.a.O., Rn. 55) feststellt, dass die praktische Erfahrung „in der Regel bei einem Institut der gleich Geschäftsart erworben“ werden muss. 520 Mit diesem Gedanken spielend bereits Dürr, ZIP 1987, 1289 (1290). 521 So Dürr, ZIP 1987, 1289 (1290); Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 65. 522 Dazu bereits oben Teil 3, A.II.1.b)aa), S. 126.

A. Persönliche und fachliche Anforderungen an die Geschäftsleiter

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eine vorherige Arbeit als Wirtschaftsprüfer also zunächst geeigneter als eine Aufsichtsratstätigkeit. Eine „Entscheidungsroutine“ im Sinne einer aktiven Tätigkeit im Geschäftsbereich des betroffenen Instituts kann aber auch bei einer Tätigkeit als Prüfer kritisch hinterfragt werden. Entscheidender Unterschied zwischen einer Aufsichtsrats- und einer Prüfertätigkeit ist, dass der Prüfer oder Berater ein größeres Maß an eigenverantwortlicher, mit Entscheidungskompetenz ausgestatteter Arbeit leistet als ein Aufsichtsratsmitglied. Eine Person mit analysierenden und kritisierenden Tätigkeitsschwerpunkten muss je nach genauer Aufgabe eigenverantwortlich bewerten, entscheiden und diese Entscheidungen auch entsprechend vertreten sowie in die Tat umsetzen. So kann sich durchaus ein Spektrum an verlangter „Entscheidungsroutine“ entwickeln. Zu behaupten, dass bei der Ausübung einer solchen Tätigkeit generell nicht die nötigen praktischen Kenntnisse im Sinne einer verantwortlichen Umgangserfahrung erworben werden, entbehrt daher m. E. in dieser Pauschalität jeglicher Grundlage. Zum einen kommt es maßgeblich darauf an, wie das Tätigkeitsprofil des Betroffenen zuvor tatsächlich ausgesehen hat. Zum anderen hängt der konkret anzulegende Maßstab immer noch von den gegenständlichen Anforderungen der Geschäftsleiterfunktion ab, sodass im Einzelfall ausreichende „praktische Kenntnisse in den betreffenden Geschäften“ durch eine vorherige Prüfertätigkeit bei Vorliegen der restlichen Anforderungen oder auch bei einer anderen branchenfremden Tätigkeit durchaus zu bejahen sein können. Nichtsdestotrotz befindet man sich hier im Grenzbereich der ausreichenden praktischen Kenntnisse mit der Folge, dass eine Beurteilung immer anhand eines einzelfallbezogenen Vergleichs des genauen bisherigen Tätigkeits- und Aufgabenspektrums mit den Anforderungen an die in Rede stehende Geschäftsleiterstelle vorgenommen werden muss. In der Praxis wird dieses Problem zumindest bei vorherigen Prüfertätigkeiten laut Fischer häufig dadurch umgangen, dass ein Prüfer im Vorfeld der in Frage stehenden Geschäftsleiterposition Erfahrung in einem oder sogar in dem betreffenden Institut selbst sammelt.523 Diese Praktik entspricht nicht dem gesetzlichen Standard und muss dementsprechend auch nicht umgesetzt werden. Allerdings ist nicht von der Hand zu weisen, dass insbesondere eine vorangegangene Tätigkeit in dem konkreten Institut für das Erfordernis der praktischen Kenntnisse zuträglich sein kann und eine notwendige Einarbeitungsphase jedenfalls verkürzt. c) Leitungserfahrung Gem. § 25c Abs. 1 KWG müssen die Geschäftsleiter zudem über Leitungserfahrung verfügen. Unter Leitungserfahrung verstehen die Aufsichtspraxis und die Literatur dabei menschliche Fähigkeiten, die im Rahmen der Wahrnehmung einer Führungsposition von Nöten sind. Als Beispiele seien hier Verantwortungsbe523

Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 65.

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

wusstsein, Personalführungskompetenz, Entscheidungs-, Organisations- und Delegationsfähigkeit sowie ausreichendes Durchsetzungsvermögen genannt.524 Ein künftiger Geschäftsleiter muss also bereits im Zeitpunkt seiner Bestellung Erfahrung in diesen Bereichen gesammelt haben, was voraussetzt, dass er zuvor in einer entsprechenden Position mit tatsächlicher Entscheidungs- und Führungskompetenz eingesetzt worden ist.525 Die Leitungserfahrung sollte dabei auf der Ebene der Geschäftsleitung oder direkt darunter erworben worden sein.526 Ob eine bloße Abteilungsleitung die nötigen Fertigkeiten zu vermitteln vermag, hängt deshalb von der Bedeutsamkeit der Abteilung sowie den genauen, mit der Stelle einhergehenden Kompetenzen527 und demgemäß vom jeweiligen Einzelfall ab. Gleiches gilt für eine vorige Tätigkeit als Zweig- oder Geschäftsstellenleiter.528 Hervorzuheben ist dabei, dass das Gesetz in seinem Wortlaut das Erfordernis der Leitungserfahrung nicht in Beziehung zu den „betreffenden Geschäften“ setzt, sondern die Leitungserfahrung unabhängig von der genauen Geschäftstätigkeit verlangt.529 Hieraus sowie aus der Regierungsbegründung zum 3. KWG-ÄnderungsG530 ist erkennbar, dass die Führungserfahrung in jedem beliebigen Unternehmen erworben werden kann und die genaue Branche keine Rolle spielt.531 Diese Abstraktion von der Bankenbranche ist zum einen insofern nachzuvollziehen, als die oben genannten Fähigkeiten Persönlichkeitsmerkmale sind, die fachunspezifisch gewonnen werden und daher in jeder Situation abgerufen sowie eingesetzt werden können. Zum anderen wäre es für die erfolgreiche Suche nach Geschäftsleiter524 Ähnliche Aufzählungen sind zu finden bei Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 59; Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 12; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG Rn. 31; vgl. auch Kleinert, in: Beck/ Samm/Kokemoor, 183. AL, 2017, § 25c KWG Rn. 55; Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.Lfg. 6/16 § 25c KWG Rn. 30. 525 Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 59; Scholz, in: Luz/ Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 12; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG Rn. 31. 526 Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 59; Kleinert, in: Beck/ Samm/Kokemoor, 183. AL, 2017, § 25c KWG Rn. 56; Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 12; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG Rn. 31. 527 So auch Kleinert, in: Beck/Samm/Kokemoor, 183. AL, 2017, § 25c KWG Rn. 56; vgl. die Nennungen bei Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 59; Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 12; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG Rn. 31. 528 Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 59; Scholz, in: Luz/ Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 12; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG Rn. 31; wohl auch Kleinert, in: Beck/Samm/Kokemoor, 183. AL, 2017, § 25c KWG Rn. 56. 529 Dies anders lesend wohl Zerwas/Hanten, BB 1998, 2481 (2483). 530 RegBegr. zu § 33 KWG, a.a.O. Fn. 507, BT-Drucks. 10/1441, S. 49. 531 Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 12; Kleinert, in: Beck/Samm/ Kokemoor, 183. AL, 2017, § 25c KWG Rn. 56; so auch die BaFin, Merkblatt zu den Geschäftsleitern gemäß KWG, ZAG und KAGB, a.a.O. Fn. 327, S. 19.

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nachwuchs nicht sonderlich zweckdienlich, stets die Wahrnehmung einer Leitungsposition in einem Institut zu verlangen. Eine branchenübergreifende Akquise wäre dann nicht mehr denkbar, sodass man den Nachwuchspool ungeachtet der fachlichen Qualifikationen de facto auf den unmittelbar unter der Geschäftsleiterebene eines Instituts tätigen Personenkreis sowie auf den Geschäftsleiterwechsel von einem Institut zu dem nächsten beschränken würde. Auch die Regelvermutung des § 25c Abs. 1 S. 3 KWG, nach dem die fachliche Eignung regelmäßig bei einer vorherigen dreijährigen Tätigkeit in einem Institut vergleichbarer Größe und Geschäftsart gegeben ist, ändert an dieser Einschätzung nichts. Denn hierbei stellt das Gesetz lediglich klar, wann mit der Erfüllung aller Kriterien in aller Regel zu rechnen ist. Es werden hierdurch weder Mindest- noch Höchstanforderungen statuiert.532 Vor diesem Hintergrund ist auch nochmals auf die bereits oben533 geführte Diskussion um das Erfordernis einer fachspezifischen Leitungserfahrung zurückzukommen. Wären bereits im Rahmen der praktischen Kenntnisse spezifische Leitungskompetenzen gefragt, entbehrte das Tatbestandsmerkmal der „Leitungserfahrung“ jeglicher Existenzberechtigung. Vielmehr ist hier ein inhaltlicher Widerspruch in den Ausführungen der BaFin sowie der Literatur zu erkennen. Einerseits wird verlangt, dass praktische Kenntnisse auch bankpraktische Leitungserfahrung umfassen.534 Auf der anderen Seite weist aber unter anderem die BaFin bei der (allgemeinen) Leitungserfahrung explizit darauf hin, dass diese auch in anderen Unternehmen erworben werden kann.535 Die Literatur nennt teilweise536 gleichlaufend zu den Äußerungen der BaFin Einzelfallbeispiele dahingehend, wann eine Leitungserfahrung im Regelfall gegeben sein wird. Da insofern terminologisch von Positionen als „Geschäftsleiter“ oder leitend tätiger Mitarbeiter eines „Instituts“ gesprochen wird, liegt der Schluss nahe, dass hierbei ausschließlich Leitungspositionen in der Bankenbranche als Beispiele537 dienen. Erörterungen dazu, ob die Leitungserfahrung auch in einer anderen Branche erworben werden können, fehlen 532

Dazu näher sogleich in Teil 3, A.II.1.d), S. 144. Teil 3, A.II.1.b)aa), S. 126 sowie Teil 3, A.II.1.b)ee), S. 139. 534 BaFin, Merkblatt zu den Geschäftsleitern gemäß KWG, ZAG und KAGB, a.a.O. Fn. 327, S. 19; Dürr, ZIP 1987, 1289 (1290 f.); Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 65. 535 BaFin, Merkblatt zu den Geschäftsleitern gemäß KWG, ZAG und KAGB, a.a.O. Fn. 327, S. 19; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG Rn. 25. 536 Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 65; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG Rn. 31. 537 Selbst bei Erfahrung in der Bankenbranche sind die genauen Anforderungen, die die BaFin stellt, nicht ganz eindeutig zu fassen. So wurde 2012 William Broeksmit als RisikoVorstand der Deutschen Bank von der BaFin angeblich wegen mangelnder Leitungserfahrung abgelehnt, obwohl er seit 2008 als Head of Portfolio Risk Optimization bei der Deutschen Bank eingesetzt war. Details über die Entscheidung wurden allerdings weder von der BaFin noch der Deutschen Bank preisgegeben. Siehe u. a. „Jains Wunschkandidat fällt durch“ vom 15. März 2012, abrufbar unter http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/bafin-blockiert-jain-vertrau ten-broeksmit-als-deutsche-bank-vorstand-a-821653.html [zuletzt aufgerufen am 25. 02. 2018]. 533

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hier hingegen häufig gänzlich. Einzig Scholz nimmt sowohl ausdrücklich an, dass die Leitungserfahrung auch branchenfremd sein kann538, als auch verfolgt sie die Trennung der Tatbestandsmerkmale konsequent und nachvollziehbar.539 d) Die Eignungsvermutung des § 25c Abs. 1 S. 3 KWG § 25c Abs. 1 S. 3 KWG stellt die Regelvermutung auf, dass die fachliche Eignung vorliegt, wenn der betroffene Geschäftsleiter mindestens drei Jahre eine leitende Tätigkeit in einem Institut vergleichbarer Größe und Geschäftsart wahrgenommen hat. Die Regelvermutung entbindet nicht von einer Prüfung der fachlichen Eignung, sondern verlagert diese lediglich zunächst auf die Ebene der Vergleichbarkeit der früheren mit der beabsichtigten Tätigkeit.540 Das Gesetz sieht insofern einen Vergleich in zweifacher Hinsicht vor: Zum einen quantitativ, indem das Institut von vergleichbarer Größe sein muss; anderseits muss der Vergleich auch qualitativ hinsichtlich der Art der betriebenen Geschäfte sowie der gesamten Geschäftsausrichtung erfolgen.541 Die BaFin nimmt als Kriterien zur Beurteilung vornehmlich die Bilanzsumme für die Quantität und die Art der betriebenen Geschäfte für die Qualität zu Hilfe.542 Sie behält sich allerdings die Heranziehung anderer sowie weiterer Kriterien vor.543 Vor dem Hintergrund, dass es auf die genauen Umstände der Beschäftigungen und der Institute ankommt, ob die Annahme der fachlichen Eignung durch die vorangegangene Berufserfahrung im Sinne des Gesetzes tatsächlich gerechtfertigt ist, ist diese Bewertungsstrategie sowie die Bewahrung der Flexibilität zu befürworten. Es muss in jedem Einzelfall anhand der konkreten Parameter entschieden werden, inwiefern eine Vermutung der fachlichen Eignung angebracht ist. So können sich je nachdem, ob es sich um einen internen oder externen Wechsel handelt, durchaus verschiedene Bewertungskriterien ergeben.544 538 Zur Erlangung der Leitungserfahrung in einem branchenfremden Unternehmen auch Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/16 § 25c KWG Rn. 30. 539 Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 12. 540 So auch Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 14; Braun, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2016, § 25c KWG Rn. 15; wohl auch Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/16 § 25c KWG Rn. 32 ff., die dies eingangs jedoch etwas misslich formuliert. 541 Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/16 § 25c KWG 34 f.; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG Rn. 32 ff.; Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG 14 f. 542 BaFin, Merkblatt zu den Geschäftsleitern gemäß KWG, ZAG und KAGB, a.a.O. Fn. 327, S. 18. 543 BaFin, Merkblatt zu den Geschäftsleitern gemäß KWG, ZAG und KAGB, a.a.O. Fn. 327, S. 18. 544 Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 15.

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Letztlich darf der Vergleichsmaßstab jedoch auch nicht zu streng angesetzt werden.545 Die Beurteilungskriterien können daher unterschiedlich stark gewichtet werden, sodass einzelne Abweichungen und Unterschiede je nach der beabsichtigten Tätigkeit die Vergleichbarkeit mehr oder weniger beeinträchtigen können als andere. Die Vermutung des § 25c Abs. 1 S.3 KWG ist allerdings widerleglich.546 Um es mit den Worten von Albert zu sagen: „Das Erfüllen der Regelvermutung ist weder eine zwingende Voraussetzung für die Geschäftsleitertätigkeit noch der Beweis für die fachliche Eignung.“547 Ergibt sich aus anderen Umständen, dass der betroffene Geschäftsleiter nicht über die nötige Eignung verfügt, genügt die 3-jährige vorangegangene Tätigkeit in einem anderen Institut nicht aus, um die fachliche Eignung zu begründen. Denkbar ist eine solche Widerlegung insbesondere, wenn die vorherige Tätigkeit bereits lange Zeit zurückliegt oder der Kandidat zuvor schon wegen erheblicher persönlicher oder tätigkeitsbezogener Mängel aufgefallen ist.548 Die Eignungsvermutung wird demgemäß beispielsweise bei einem vorherig bestandenen Abberufungsverlangen der BaFin nicht greifen können.549 Auf der anderen Seite ist jedoch vor dem Hintergrund dessen, dass die Regelvermutung auch nicht als zwingende Voraussetzung zu werten ist, kritisch auf die Tendenz der BaFin hinzuweisen, den Instituten bei Kandidaten ohne ausreichende bankpraktische Erfahrung die Einsetzung als Generalbevollmächtigte oder allgemein in Leitungspositionen zu empfehlen. Ob es Zufall ist, dass hierbei die späteren Vorstände – jedenfalls in den öffentlich diskutierten Fällen550 – häufig ziemlich genau drei Jahre Erfahrungen in dem Institut sammeln, kann hier nicht beurteilt werden. Dennoch mutet es jedenfalls an, als ob sich die Aufsichtspraxis möglicherweise der Eignungsvermutung nach § 25c Abs. 1 S. 3 KWG als einfacheren Weg der Eignungsüberprüfung bedient.

545 Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG Rn. 37; Scholz, in: Luz/ Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 15. 546 Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 14; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG Rn. 32 f., 38. 547 Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/16 § 25c KWG Rn. 33. 548 Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 15; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG 32 f. 549 Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG Rn. 32 f. 550 Siehe die in Fn. 494 erwähnten Fälle: Kim Hammonds war ziemlich genau drei Jahre bei der Deutschen Bank, als sie schließlich zum Vorstandsmitglied bestellt wurde; Dr. Lars Witteck ist seit dem 31. Oktober 2015 Generalbevollmächtigter der Volksbank Mittelhessen – am 31. Oktober 2018 wären es damit drei Jahre; Joachim Fröhlich war zwar nur etwas mehr als 1,5 Jahre Generalbevollmächtigter, bevor er Vorstand der Evangelischen Bank eG war, hat davor aber bereits in der Vorgängerbank der Evangelischen Bank eG eine Tätigkeit ausgeübt.

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Diese Praxis soll sich wohl hinsichtlich IT-Vorstände künftig ändern.551 Aktuell zieht die Erkenntnis, dass viele Institute nur über unzureichende IT-Systeme verfügen und die angemessene Digitalisierung eher schleppend vorangeht, große Kreise und hat offenbar die BaFin dazu veranlasst, die Anforderungen an IT-Vorstände herunterzuschrauben, um einem Zuwachs an Expertise im Leitungsorgan die Tore zu öffnen. Deshalb soll der Zeitraum, der für die notwendige Aneignung der bankpraktischen Erfahrung, für Vertreter der IT-Branche zukünftig „in geeigneten Fällen auf sechs Monate reduziert werden“552. e) Aufrechterhaltung der fachlichen Eignung § 25c Abs. 4 KWG verpflichtet die Institute dazu, ausreichend finanzielle und personelle Ressourcen einzusetzen, „um den Mitgliedern der Geschäftsleitung die Einführung in ihr Amt zu erleichtern und die Fortbildung zu ermöglichen, die zur Aufrechterhaltung ihrer fachlichen Eignung erforderlich ist“. Hiermit gibt es seit dessen Einführung 2014 nun die erste gesetzliche Vorschrift, aus der ausdrücklich hervorgeht, dass der Gesetzgeber von einer Fortbildungsverpflichtung der Geschäftsleiter ausgeht. Wie bereits erwähnt, sollte die Umsetzung einer angemessenen Fortbildungspraxis – auch für Vorstände – selbstverständlich sein. Leider scheint dies aber nicht der bisherigen Wirklichkeit zu entsprechen.553 Jedenfalls ist zu erwarten, dass durch die – wenn auch streng genommen nur implizite – Normierung einer Fortbildungspflicht554 in § 25c Abs. 4 KWG die Frage nach der Fortbildung immerhin in der Bankenbranche zunehmend diskutiert werden und auf der Agenda der Geschäftsleiter landen wird. Ein Blick in § 25d Abs. 11 S. 2 Nr. 4 KWG zeigt dem Rechtsanwender, dass der Gesetzgeber die Kompetenz, aber auch die Obliegenheit zur Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten der Organmitglieder grundsätzlich beim Aufsichtsrat sieht. Unabhängig von der Frage, ob aus der Zuweisung dieser Aufgabe an den Nominierungsausschuss, der laut Gesetz nur von Instituten von erheblicher Bedeutung i.S.d. § 25d Abs. 3 KWG zwingend einzurichten ist, tatsächlich die Verpflichtung des Aufsichtsrates aller Institute zur Wahrnehmung dieser Aufgabe zu folgern ist555, entbindet dies jedenfalls nicht die Geschäftsleiter von ihrer eigenen Pflicht, ihre eigene fachliche Eignung stetig zu überprüfen sowie aufrechtzuerhalten. 551

Berichtend hierüber: FAZ-Artikel „Informatiker in die Bankvorstände“ vom 20. 12. 2017, abrufbar unter http://www.faz.net/aktuell/finanzen/finanzmarkt/bafin-mehr-informatikersollen-in-die-bankvorstaende-15350064.html [zuletzt aufgerufen am 01. 03. 2018]. 552 BaFinJournal Dezember 2017, S. 16, abrufbar unter https://www.bafin.de/DE/Publikatio nenDaten/BaFinJournal/AlleAusgaben/bafinjournal_alle_node.html [zuletzt aufgerufen am 01. 03. 2018]. 553 Siehe bereits zuvor in Teil 3, A.I., S. 122. 554 So auch Kleinert, in: Beck/Samm/Kokemoor, 183. AL, 2017, § 25c KWG Rn. 110. 555 Zu der Bedeutung der Ausschussaufgaben in § 25d KWG für das Aufgabenspektrum des Gesamtaufsichtsrats siehe Teil 4, C.II., ab S. 235.

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Vielmehr nimmt der Aufsichtsrat bei der Überprüfung der fachlichen Eignung sodann lediglich seine allgemeine Pflicht zur Überwachung des Vorstands wahr. Deshalb ist die Einrichtung eines Verfahrens zur Sicherstellung, dass der Vorstand als Organ durch die einzelnen Geschäftsleiter als Individuen über die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, als ratsam anzusehen.556 Hierfür sollte ein Prozess zur Bedarfsanalyse mit anschließendem Abgleich des Anforderungsprofils mit den tatsächlich vorhandenen Kenntnissen der Organmitglieder stattfinden.557 Ein solches Verfahren mit entsprechender Dokumentation müsste aber ohnehin in jedem Institut vorhanden sein, um überhaupt ein Stellenprofil für die vakanten Geschäftsleiterstellen erstellen zu können. Sollten im bestehenden Leitungsorgan defizitäre Bereiche aufgedeckt werden, sind Fortbildungsmaßnahmen dahingehend anzuregen. Sofern ein Geschäftsleiter die Wahrnehmung von Fortbildungsaktivitäten berechtigterweise als notwendig ansieht, ist das Institut nach § 25c Abs. 4 KWG zur Erstattung der Fortbildungskosten verpflichtet. 2. Zuverlässigkeit Darüber hinaus müssen die Geschäftsleiter zuverlässig sein. Bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit wird der allgemeine gewerberechtliche Maßstab angesetzt558, sodass im Grundsatz auf das allgemeine Gewerberecht verwiesen werden kann.559 Unzuverlässigkeit liegt demnach dann vor, wenn der Geschäftsleiter „nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, daß er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt“.560 Bezogen auf die Geschäftsleitertätigkeit ist die Zuverlässigkeit demgemäß nicht gegeben, wenn eine solide Geschäftsführung von dem Betroffenen nicht erwartet werden kann.561 Welche Aspekte für die Be556 Vgl. dazu auch EBA GL 44, a.a.O. Fn. 188, Nr. 13 Tz. 5 bzw. die neue EBA/GL/2017/12, a.a.O. Fn. 190, ab Tz. 97 zur Einrichtung einer „induction and training policy“. 557 Zur Institutionalisierung Opitz, BKR 2013, 177 (182 f.). 558 Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/16 § 25c KWG; Scholz, in: Luz/Neus/ Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 16; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG Rn. 3; Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 35; Geschwandtner, NJW 2006, 1571 (1572); vgl. Kleinert, in: Beck/Samm/Kokemoor, 183. AL, 2017, § 25c KWG Rn. 24. 559 Die nachfolgende Darstellung beschränkt sich daher auf das Wesentliche; für Details siehe Ennuschat, in: Tettinger/Wank/Ennuschat, 2011, § 35 GewO Rn. 27 ff.; Marcks, in: Landmann/Rohmer, 72. EL März 2016 § 35 GewO Rn. 29 ff. 560 BVerwG v. 02. 02. 1982 – 1 C 146/80, BVerwGE 65, 1 = NVwZ 1982, 503; siehe auch Marcks, in: Landmann/Rohmer, 72. EL März 2016 § 35 GewO Rn. 29. 561 RegBegr. zu § 32 KWG, Entwurf eines Gesetzes über das Kreditwesen, BT-Drucks. 1114, S. 40; dazu näher Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG Rn. 3; vgl. Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 36; Kleinert, in: Beck/ Samm/Kokemoor, 183. AL, 2017, § 25c KWG Rn. 24 ff.; Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/16 § 25c KWG Rn. 44.

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

urteilung der Zuverlässigkeit im Einzelfall relevant sind, bestimmt sich nach der Geschäftstätigkeit des jeweiligen Instituts, also nach Art und Umfang der geplanten/ betriebenen Geschäfte wie auch nach der Größe des Instituts.562 Des Weiteren ist auch zu berücksichtigen, welche Aufgaben der Betroffene im Institut wahrnehmen soll563 – letztlich muss die Zuverlässigkeit lediglich im Hinblick auf die konkrete Geschäftsleitertätigkeit mit den individuellen Aufgaben vorhanden sein. Für die Annahme der Unzuverlässigkeit reicht die bloße Vermutung nicht aus.564 Vielmehr wird erst einmal von einer Zuverlässigkeit der betroffenen Person ausgegangen, die aber durch Tatsachen, die die Unzuverlässigkeit nahelegen, widerlegt werden kann. Die BaFin wird die Informationen hierzu in erster Linie den gem. § 32 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 KWG (bei Beantragung der Betriebserlaubnis) bzw. gem. § 24 Abs. 1 Nr. 1 KWG (bei Absicht der Bestellung eines Geschäftsleiters) einzureichenden Dokumenten zur Beurteilung der Zuverlässigkeit entnehmen können.565 Dabei müssen die Tatsachen einen Bezug zu der Tätigkeit des Instituts aufweisen, aber nicht zwangsläufig im Rahmen des Geschäftsbetriebs eines Instituts entstanden sein.566 Ebenso wenig muss das Fehlverhalten des Betroffenen unbedingt geschäftlicher Natur sein. Auch privates Fehlverhalten kann die Annahme der Unzuverlässigkeit begründen.567 Eine höhere Relevanz zur Beurteilung der Zuverlässigkeit kommt aber Fehlverhalten im beruflichen Umfeld zu. Das Verschulden des Betroffenen hinsichtlich der entsprechenden Tatsachen und damit die straf- oder ordnungswidrigkeitsrechtliche Belangbarkeit ist hierbei grundsätzlich unerheblich.568 Dennoch können auch subjektive Komponenten die 562

Vgl. BVerwG v. 27. 06. 1961 – I C 34/06, NJW 1961, 1834 (1834); Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG Rn. 3; Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 16; Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 36; Kleinert, in: Beck/Samm/Kokemoor, 183. AL, 2017, § 25c KWG Rn. 28; vgl. im Rahmen des allgemeinen Gewerberechts Ennuschat, in: Tettinger/Wank/Ennuschat, 2011, § 35 GewO Rn. 29; Marcks, in: Landmann/Rohmer, 72. EL März 2016 § 35 GewO Rn. 34. 563 Vgl. BVerwG v. 27. 06. 1961 – I C 34/06, NJW 1961, 1834 (1834); Scholz, in: Luz/Neus/ Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 16; Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 36. 564 Zum allgemeinen Gewerberecht Ennuschat, in: Tettinger/Wank/Ennuschat, 2011, § 35 GewO Rn. 31; Marcks, in: Landmann/Rohmer, 72. EL März 2016 § 35 GewO Rn. 32; noch zu § 33 KWG Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2013, § 33 KWG Rn. 30; Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 37. 565 Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 16; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG Rn. 5a. 566 Marcks, in: Landmann/Rohmer, 72. EL März 2016 § 35 GewO Rn. 33; vgl. Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG Rn. 10, 12, 15; Geschwandtner, NJW 2006, 1571 (1572). 567 Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG Rn. 10, 12, 15; vgl. Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG 37 f. 568 BVerwG v. 02. 02. 1982 – 1 C 146/80, BVerwGE 65, 1 (4) = NVwZ 1982, 503 (504); Ennuschat, in: Tettinger/Wank/Ennuschat, 2011, § 35 GewO Rn. 34; Marcks, in: Landmann/

A. Persönliche und fachliche Anforderungen an die Geschäftsleiter

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Zuverlässigkeitsqualifizierung beeinflussen: Liegt beispielsweise objektiv eine weniger belastende Tatsache auf Seiten des Betroffenen vor, kann jene als relevant eingestuft werden, sofern dem Betroffenen dahingehend Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist.569 Verurteilungen wegen einschlägiger, vorsätzlicher Straftaten – insbesondere Vermögensdelikte – müssen daher ungeachtet ihrer Schwere Eingang in die Beurteilung finden. Es genügt allerdings grundsätzlich, dass dem Betroffenen die Tatsachen objektiv zurechenbar sind.570 Auf der anderen Seite bedeutet dies aber auch, dass Geschehnisse, deren Eintreten nicht oder nur schwer verhinderbar waren, bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit unberücksichtigt bleiben können.571 Tatsachen, die gegen die Zuverlässigkeit eines Geschäftsleiters sprechen, können u. a. sein:572 - einschlägige Straftaten, - Verletzungen gesetzlicher Ordnungsvorschriften für den Betrieb eines Unternehmens, - Verstöße gegen einschlägige Rechtsverordnungen, - Verletzung von Maßnahmen oder Nichtbeachtung von Verwarnungen der BaFin - nicht nachvollziehbare Beschaffung von Finanzmitteln, - unsolide private Lebensführung (ausschlaggebender, also die Fähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung beeinflussender Art).

Rohmer, 72. EL März 2016 § 35 GewO Rn. 30; Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/ 16 § 25c KWG Rn. 52; vgl. Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG Rn. 15. 569 Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 16. 570 Noch zu den Anforderungen im Rahmen von § 33 KWG Schwennicke, in: Schwennicke/ Auerbach, 2013, § 33 KWG Rn. 32; zum allgemeinen Gewerberecht Ennuschat, in: Tettinger/ Wank/Ennuschat, 2011, § 35 GewO Rn. 34. 571 Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 16. 572 Diese Auflistung erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll nur einen Eindruck vermitteln, Tatsachen welcher Art für die Beurteilung der Zuverlässigkeit maßgeblich sind. Siehe dazu auch Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 17; Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2012, § 33 KWG Rn. 39; Kleinert, in: Beck/Samm/Kokemoor, 183. AL, 2017, § 25c KWG Rn. 31 ff.; Ennuschat, in: Tettinger/Wank/Ennuschat, 2011, § 35 GewO Rn. 37 ff.; Marcks, in: Landmann/Rohmer, 72. EL März 2016 § 35 GewO Rn. 35 ff.; in etwas kürzerer Form BaFin, Merkblatt zu den Geschäftsleitern gemäß KWG, ZAG und KAGB, a.a.O. Fn. 327, S. 20.

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

3. Zeitlicher Umfang der Aufgabenwahrnehmung Notwendig ist zudem, dass die Geschäftsleiter der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ausreichend Zeit widmen. § 25c Abs. 1 KWG setzt insoweit die Vorschrift des Art. 91 Abs. 2 CRD IV in nationales Recht um.573 a) Der Begriff der ausreichenden Zeit Eine genauere Bestimmung, was genau unter „ausreichender Zeit“ zu verstehen ist, findet sich im Gesetz nicht und kann auch so pauschal nicht entwickelt werden. Welchen Zeitaufwand die Geschäftsleiter im Einzelfall betreiben müssen, hängt maßgeblich von der Größe des Instituts wie auch von dem Umfang der individuellen Aufgaben ab.574 Die einzige normierte Präzisierung, die dieses Merkmal erhält, findet sich in § 25c Abs. 2 S. 2 KWG durch die Begrenzung der zulässigen Mandatsanzahl.575 Die CRD IV-Richtlinie und auch das Gesetz gehen insofern also grundsätzlich davon aus, dass den Geschäftsleitern jedenfalls bei einer entsprechenden Tätigkeit in anderen Unternehmen, die die in Absatz 2 festgesetzten Grenzen überschreitet, nicht mehr ausreichend Zeit für die Geschäftsleiterposition im betroffenen Institut bleibt.576 Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass die Geschäftsleitertätigkeit nicht zwangsläufig hauptamtlich wahrgenommen werden muss.577 In der Praxis wird dies – abhängig von dem Umfang des übertragenen Aufgabenspektrums – bevorzugt bei kleineren Instituten und Genossenschaftsbanken anzunehmen sein. b) Mandatsbegrenzungen Durch § 25c Abs. 2 KWG wird die Anzahl weiterer bestehender Mitgliedschaften in einem Leitungs- oder Aufsichtsorgan begrenzt. Diese Regelung setzt die Absätze 3 bis 6 von Art. 91 CRD IV um.578

573

BT-Drucks. 17/10974, S. 86; Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 19. Vgl. dazu auch den Wortlaut von § 25c Abs. 2 S. 1 KWG; Kleinert, in: Beck/Samm/ Kokemoor, 183. AL, 2017, § 25c KWG Rn. 62; Plagemann, WM 2014, 2345 (2346 ff.). 575 Plagemann, WM 2014, 2345 (2347); so auch, allerdings vornehmlich zu § 25d KWG, Langenbucher, ZHR 176 (2012), 652 (654 f.). 576 Erwägungsgrund 58 der CRD IV-Richtlinie. 577 Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 19; vgl. Albert, in: Reischauer/ Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/16 § 25c KWG Rn. 17. 578 Kleinert, in: Beck/Samm/Kokemoor, 183. AL, 2017, § 25c KWG Rn. 68; Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/16 § 25c KWG Rn. 89; Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 20. 574

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aa) Interner Anwendungsbereich § 25c Abs. 2 KWG ist in sich zweigeteilt mit der Folge, dass die verschiedenen Vorgaben unterschiedliche Anwendungsbereiche haben. Dessen erster Satz macht für alle Institute die Zahl der erlaubten Mandate von Art, Umfang und Komplexität der Geschäfte des Instituts abhängig. Abgesehen von § 25d Abs. 3a Nr. 1 KWG, aus dem sich ähnlich der Inkompatibilitätsregelung des § 105 Abs. 1 AktG ein Verbot der gleichzeitigen Wahrnehmung von Aufsichts- und Geschäftsleitermandat ergibt, gibt es über diese allgemeine, einzelfallabhängige Begrenzung hinaus keine genauen Höchstgrenzen, die für alle Institute gelten. In Satz 2 finden sich hingegen ausdrückliche Zulässigkeitsgrenzen von Mehrfachmandaten. Waren bei Ersteinführung des § 25c KWG die Bestimmungen der Richtlinie noch insofern überschießend umgesetzt, als dieser in der damaligen Fassung die expliziten Mandatsgrenzen noch für alle Institute detailliert normierte,579 beschränken sich die ausdrücklichen Mandatsbegrenzungen des § 25c Abs. 2 S. 2 KWG seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes am 19. Juli 2014580 nunmehr auf CRR-Institute, also Einlagenkreditinstitute und Wertpapierhandelsunternehmen581, von erheblicher Bedeutung i.S.v. § 25c Abs. 2 S. 6 KWG. Alle Vorgaben ab § 25c Abs. 2 S. 2 KWG gelten also ausschließlich für CCR-Institute von erheblicher Bedeutung. Die nachfolgenden Ausführungen zu den Regelungen sind dementsprechend auch nur für solche bedeutenden Einlagenkreditinstitute von Belang. bb) Überblick über die Ausschlussgründe für CRR-Institute582 erheblicher Bedeutung Eine Parallele zu den aktienrechtlichen Restriktionen findet sich in § 25c Abs. 2 S. 2 Nr. 1 KWG, der – wie die Inkompatibilitätsregelung des § 105 Abs. 1 AktG – eine Unvereinbarkeit des Vorstands- mit dem Aufsichtsratsmandat in demselben Institut statuiert. Die Wahrnehmung weiterer Aufsichtsratsmandate in anderen Unternehmen ist nicht untersagt, sondern lediglich der Anzahl nach auf maximal 579 Dort lautete der Wortlaut von § 25c Abs. 2 S. 1 KWG noch, wie folgt: „Geschäftsleiter kann nicht sein, 1. wer in demselben Unternehmen Mitglied des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans ist; 2. wer in einem anderen Unternehmen Geschäftsleiter ist oder bereits in mehr als zwei weiteren Unternehmen Mitglied des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans ist.“ Eingeführt durch Artikel 1 des CRD IV-Umsetzungsgesetzes vom 28. August 2013, BGBl. I S. 3395 (3425). 580 Siehe Artikel 1 Nr. 14 a) bb) des Gesetzes vom 15. Juli 2014, BGBl. I S. 934. 581 Im Einzelnen Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2016, § 1 KWG Rn. 243 ff. 582 Eine Legaldefinition findet sich in § 1 Abs. 3d KWG. Vereinfacht gefasst beschreibt der Begriff des CRR-Instituts Institute, die früher als „Einlagenkreditinstitute“ bezeichnet worden, sowie Wertpapierhandelsunternehmen. Siehe Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2016, § 1 KWG Rn. 243 ff.

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

zwei beschränkt (Nr. 2). Gänzlich untersagt ist es allerdings, als Geschäftsleiter in einem anderen Unternehmen tätig zu sein. Bei der Zählung der ausgeführten Mandate sieht § 25c Abs. 2 S. 3 und 4 KWG eine geringe Erleichterung vor und erklärt dort bestimmte Mandate als nicht relevant für die Bewertung der ausreichenden zeitlichen Verfügbarkeit.583 Zum einen ist dies gem. S. 3 bei Konzernmandaten der Fall; zum anderen werden nach Satz 4 Mandate bei nicht überwiegend gewerblich tätigen Unternehmen nicht berücksichtigt. Hierunter fallen insbesondere gemeinnützige Unternehmen und solche der kommunalen Daseinsvorsorge. Die Ermittlung der zulässigen Höchstanzahl von Mandaten kann sich im Einzelfall insbesondere durch die Privilegierung der Konzernmandate gem. § 25c Abs. 2 S. 3 KWG kompliziert gestalten. Anspruchsvoll wird die Zusammenrechnung der Mandate vor allem dann, wenn ein Sachverhalt vorliegt, der mehrere Privilegierungen auslösen könnte. Hierbei sind die unterschiedlichsten Fallgestaltungen denkbar, die vorliegend nicht alle durchgespielt werden sollen. Eine anschauliche Darstellung findet sich dahingehend aber im Merkblatt zu den Geschäftsleitern der BaFin.584 Diese kann durch die dort vorgenommene beispielhafte Veranschaulichung in Form von Mindmaps als Grundlage für die eigenständige Einschätzung des konkreten Sachverhalts dienen. All diese Vorgaben finden in § 25c Abs. 2 S. 5 KWG insofern ihre Grenze, als dieser die BaFin ermächtigt, ein weiteres Mandat zu gestatten. Von dieser Ausnahmeregelung umfasst ist jedoch lediglich die Erlaubnis eines weiteren Aufsichtsratsmandats. 4. Europäische Harmonisierung: Gemeinsame Leitlinien der EBA und der ESMA Hinsichtlich weiterer Konkretisierungskriterien kommt der EBA gem. Art. 91 Abs. 12 lit. a sowie lit. b CRD IV die Befugnis zu, Leitlinien bezüglich des notwendigen Zeitaufwands sowie der erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen i.S.v. Art. 91 CRD IV (bzw. § 25c Abs. 1 S. 1 KWG) zu erlassen. Zurzeit beanspruchen dahingehend noch die Leitlinien zur Beurteilung der Eignung von Mitgliedern des Leitungsorgans und von Inhabern von Schlüsselfunktionen der EBA (EBA/GL/2012/06) Geltung. Darin hat die EBA zwar Vorgaben zu den Anforderungen an die Qualifikationen der Leitungsorganmitglieder gemacht, allerdings den Begriff des ausreichenden Zeitaufwands nicht näher definiert. Auch wenn die von dem Europäischen Parlament und dem Rat gesetzte Frist für den Leitlinienerlass bereits am 31. Dezember 2015 abgelaufen ist, hat die EBA dahingehend erst kürzlich – nämlich im September 2017 – Gebrauch von dieser Erlassermächtigung gemacht. Denn am 26. September 2017 hat sie unter Kooperation mit der ESMA gemeinsame 583 Siehe dazu Braun, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2016, § 25c KWG Rn. 32 ff.; Kleinert, in: Beck/Samm/Kokemoor, 183. AL, 2017, § 25c KWG Rn. 81. 584 S. 24 ff. des Merkblatts, a.a.O. Fn. 327 (S. 90).

A. Persönliche und fachliche Anforderungen an die Geschäftsleiter

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Leitlinien zur Beurteilung der Eignung von Mitgliedern des Leitungsorgans und von Inhabern von Schlüsselfunktionen585 (EBA/GL/2017/12) erlassen. In Titel III Nr. 4 und 5 (S. 28 – 32) setzt sich die EBA dabei erstmals etwas ausführlicher mit den Kriterien zur Beurteilung der zeitlichen Verfügbarkeit auseinander. Die Vorgaben bleiben im Einzelnen aber vage und beschränken sich im Wesentlichen darauf, den Instituten zunächst die Aufgabe zu erteilen, die zeitliche Verfügbarkeit der Organmitglieder zu überwachen (Tz. 41), und welche Erwägungen sie bei der Überwachung und der Bewertung berücksichtigen sollen (Tz. 42 f.). Im Grunde ist hierbei nur etwas ausführlicher in Worte gefasst worden, was § 25c Abs. 2 S. 1 KWG ohnehin schon statuiert: Nämlich, dass bei der Beurteilung der zulässigen Parallelmandatsanzahl die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Im Rahmen von Titel III Nr. 5 (Tz. 49 ff.) werden die Maßgaben für bedeutende Institute gem. Art. 91 Abs. 3 CRD IV erläutert. Diskrepanzen zu § 25c Abs. 2 S. 2 KWG, der ebendiese Maßgaben der CRD IV-Richtlinie umsetzt, sind nicht zu erkennen. Die Anforderungen, die die EBA an die Kenntnisse, Fähigkeiten und die Erfahrung der Leitungsorganmitglieder stellt, finden sich aus individueller Sicht im Titel III Nr. 6 ab Seite 32 und aus kollektiver Perspektive in Titel III Nr. 7 ab Seite 34. Auch hier sind die Ausführungen der EBA allgemein gehalten und lesen sich im Ganzen als Vorschläge für mögliche Bewertungskriterien. Als besonders interessant ist hervorzuheben, dass die EBA in Tz. 63 ausdrücklich darauf hinweist, dass die Beurteilung nicht auf den Nachweis eines bestimmten Bildungsgrades oder einer bestimmten Dauer an Arbeitserfahrung in einem Institut beschränkt sein sollte.586 Dies erscheint auf den ersten Blick im Widerspruch zu der in § 25c Abs. 1 S. 3 KWG enthaltenen Regelvermutung zu stehen. Ruft man sich die obigen Ausführungen zu § 25c Abs. 1 S. 3 KWG587 noch einmal in Erinnerung, so wurde bereits dort die Wichtigkeit der flexiblen Handhabung der Eignungsvermutung betont. Die Norm gibt nur einen ersten Richtwert, der weder die BaFin noch die Institute von einer individuellen Prüfung der konkreten Kenntnisse entbindet, und ist zum anderen auch widerleglich. Ein Konflikt der deutschen Rechtslage mit den Vorstellungen der EBA ist daher auch hier nicht erkennbar. Anders ist dies im Zusammenhang mit den Vorgaben in dem ebenfalls erst kürzlich erlassenen Leitfaden zur Beurteilung der fachlichen Qualifikation und der persönlichen Zuverlässigkeit der EZB588 zu sehen. Dieser setzt Maßstäbe für die 585

Aktuell (Stand: 01. 03. 2018) liegt noch keine deutsche Version der Leitlinien vor. Da die neuen Leitlinien in der englischen Version allerdings denselben Titel tragen wie die bisherigen Leitlinien aus dem Jahr 2012, ist davon auszugehen, dass sich auch an dem deutschen Titel nichts ändern wird. 586 S. 32 a.E.: „The assessment should not be limited to the educational degree of the member or proof of a certain period of service in an institution.“ 587 Teil 3, A.II.1.d), S. 144. 588 Diese sind datiert auf Mai 2017 und abrufbar unter https://www.bankingsupervision.euro pa.eu/ecb/pub/pdf/ssm.fap_guide_201705.de.pdf [zuletzt aufgerufen am 01. 03. 2018].

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Mitglieder des Leitungsorgans von bedeutenden Instituten, die von der EZB beaufsichtigt werden.589 Zwar bleibt auch der Leitfaden zunächst allgemein deskriptiv; sodann finden sich aber sehr konkrete Angaben beispielsweise zu der einschlägigen Erfahrung der Leitungsorganmitglieder. Auf Seite 13 wird statuiert, dass von einer ausreichenden einschlägigen Erfahrung bei dem Leitungsorgan eines bedeutenden Instituts auszugehen ist, wenn dieses „fünf Jahre aktuelle praktische Erfahrung in Bereichen mit Bezug zur Banken- oder Finanzdienstleistungsbranche in Positionen auf der oberen Führungsebene“ aufweisen kann. Für den Chief Executive Officer (CEO) werden sogar zehn Jahre verlangt. Diese Vorgabe widerspricht eindeutig dem vom KWG grundsätzlich geforderten Umfang der bankpraktischen Erfahrung, da sich das Gesetz in § 25c Abs. 1 S. 3 KWG gerade nicht nur auf nicht-bedeutende Institute beschränkt. Der Widerspruch erstreckt sich auch auf die bisherige Aufsichtspraxis: Die bereits zuvor erwähnte Kim Hammonds – aktuell Chief Operating Officer bei der Deutschen Bank –590 konnte auch nach ihrer Einarbeitungsphase bei der Deutschen Bank seit 2013 lediglich drei Jahre bankpraktische Erfahrung vorweisen und wurde dennoch als fachlich geeignet für das Vorstandsmandat eingestuft. Insofern kollidiert hier die Vorstellung der EZB mit der des deutschen Gesetzgebers, sodass es spannend bleibt, die weitere Entwicklung der Aufsichtspraxis zu beobachten. Für den Moment kann zunächst nur festgehalten werden, dass hier eine Diskrepanz der deutschen und europäischen Vorgaben vorhanden ist. Bei der Arbeit mit den untergesetzlichen europäischen Regulatorien ist jedenfalls immer der Umstand zu beachten, dass auf europäischer Ebene wegen der grundsätzlich monistischen Ausrichtung bei der inneren Gesellschaftsstruktur591 nicht dezidiert zwischen Vorstand/Geschäftsführungsorgan und Aufsichtsrat/Verwaltungsorgan unterschieden wird. Zum Teil unterscheiden die Ausführungen der europäischen Behörden zwischen dem „Leitungsorgan in seiner Leitungsfunktion“ und dem „Leitungsorgan in seiner Aufsichtsfunktion“;592 diese Unterscheidung wird aber nicht durchgängig vorgenommen. Sofern sich die Institute also an den Vorgaben der europäischen Behörden orientieren, sollte sie sich daher an erster Stelle fragen, ob die dort formulierten Anforderungen nur für den Vorstand oder auch für den Aufsichtsrat relevant sind.

589

EZB-Leitfaden zur Beurteilung der fachlichen Qualifikation und persönlichen Zuverlässigkeit, a.a.O. Fn. 588, S. 4. 590 Dazu bereits oben Fn. 494. 591 Dazu ausführlicher Kaetzler/Hoops, BKR 2013, 192 (197). 592 So EZB-Leitfaden zur Beurteilung der fachlichen Qualifikation und persönlichen Zuverlässigkeit, a.a.O. Fn. 588, S. 13.

A. Persönliche und fachliche Anforderungen an die Geschäftsleiter

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III. Die gesellschaftsrechtliche Verantwortlichkeit der Geschäftsleiter bei Mängeln im Rahmen der persönlichen Voraussetzungen des Aufsichtsrechts 1. Dogmatische Einordnung: § 25c Abs. 1, 2 KWG als aufsichtsrechtliche Konkretisierung der aktienrechtlichen Pflichten? Dass eine Bindung der Geschäftsleiter an die Vorgaben des § 25c Abs. 1 KWG besteht und ein Verstoß gegen diese haftungsrechtliche Folgen haben kann, steht außer Frage. Auch dass die aufsichtsrechtlichen Anforderungen des § 25c Abs. 1 KWG keiner wie auch immer gearteten Einschränkung durch das Gesellschaftsrecht unterliegen, geht bereits aus dem Wortlaut hervor. Daher ist einzig zu überlegen, woraus sich diese Bindung basierend auf einem gesellschaftsrechtlichen Blickwinkel ergibt. Einerseits wäre eine Pflichtenbindung der Geschäftsleiter über die Legalitätspflicht denkbar. Über diese Pflicht, sich bei Leitung des Instituts gesetzeskonform zu verhalten, käme man so auch zu einer Pflicht, die Vorgaben des § 25c Abs. 1 KWG einzuhalten. Eines solchen Umwegs bedarf es m. E. vorliegend jedoch nicht. Betrachtet man die Normstruktur von § 25c KWG, so fällt auf, dass dieser in seiner Gesamtheit personen- und nicht institutsspezifisch aufgebaut ist. Der Gesetzgeber wendet sich hier also direkt an die Geschäftsleiter593 und nicht – wie beispielsweise § 25a Abs. 1 KWG – an die Institute. Dementsprechend werden auch unmittelbare, gesetzliche Geschäftsleiter- bzw. Vorstandspflichten durch § 25c KWG statuiert.594 Im Einklang mit dem zuvor Gesagten erwächst die letztlich haftungsbegründende Pflichtenbindung im Innenverhältnis gegenüber der Gesellschaft daher direkt aus der Pflicht des Vorstands zur Anwendung der Sorgfalt eines „ordentlichen und gewissenhaften Vorstands“ im Rahmen der Leitungsverantwortung i.S.d. §§ 93 Abs. 1, 76 AktG i.V.m. § 25c Abs. 1, 2 KWG. Die Erhebung des Geschäftsleiters zum Normadressaten, die durch die Einfügung des § 25c KWG vollzogen wurde, macht deutlich, dass der Gesetzgeber hierdurch Pflichten konkretisieren wollte, die unmittelbar an die Organstellung geknüpft sind. Wie bereits zuvor erörtert595, bedarf es nach dem hier zugrunde gelegten Verständnis eines Rückgriffs auf die Legalitätspflicht gerade nicht, sofern es um Pflichten geht, die das Gesetz dem Vorstand als solchen unmissverständlich selbst auferlegt. Dem steht auch das Urteil des LG Bielefeld596, in dem es die erste Verantwortlichkeit für die Erfüllung der Eignungsvoraussetzungen im Vorlauf der 593 594 595 596

Vgl. Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/16 § 25c KWG Rn. 11. Binder, ZGR 2013, 760 (785 f.). Teil 2, B.II.1.b)aa), S. 111. LG Bielefeld v. 13. 03. 2015 – 17 O 100/14, juris.

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

Vorstandsbestellung dem Institut zuweist, nicht entgegen; in dem Fall des LG Bielefeld war der Geschäftsleiter nämlich gerade noch nicht zum Vorstand bestellt worden, sodass eine Vorstandshaftung hier ohnehin ausgeschieden wäre. § 25c Abs. 1, 2 KWG kann somit als spezialgesetzliche Konkretisierung597 der Eignungsvoraussetzungen im Rahmen der Leitungsaufgabe des Vorstands gem. § 76 AktG598 verstanden werden.599 Damit konkretisiert § 25c Abs. 1, 2 KWG die Kenntnisse und Fähigkeiten, die ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter i.S.d. § 93 Abs. 1 AktG zur Leitung eines Instituts aufweisen muss. Letztlich handelt es sich hierbei jedoch um dogmatische Feinheiten, die höchstens theoretische Relevanz beanspruchen können. Im Ergebnis ist es für die Praxis und die Haftung des Vorstands unerheblich, ob man eine Pflichtverletzung bei Verstoß gegen § 25c Abs. 1, 2 KWG unmittelbar auf §§ 93 Abs. 1, 76 AktG oder auf die Legalitätspflicht als besondere Ausformung der Sorgfaltspflicht gem. § 93 Abs. 1 AktG als besondere Ausprägung stützt. 2. Beginn der Haftung Für das Bestehen einer Haftung ist es irrelevant, welche Auswirkungen Verstöße gegen die Qualifikationsanforderungen auf die Wirksamkeit der Bestellung hat; denn ein (wirksamer) Bestellungsakt ist keine Voraussetzung für die Vorstandshaftung nach § 93 AktG.600 Die Organhaftung beginnt daher mit dem Zeitpunkt, in dem die Vorstandsmitglieder als solche mit Billigung des Aufsichtsrats für die AG tätig werden.601

597

Dogmatisch kann das Verhältnis zwischen dem Aufsichtsrecht und dem Aktienrecht hier korrekterweise nicht als Spezialitätsverhältnis im klassischen Sinn (dazu Thaten, S. 107, Bührle, S. 44 f.; Bronnert-Härle, S. 72 f.) bezeichnet werden, da Grundlage des klassischen Spezialitätsgrundsatzes ist, dass die allgemeine und die spezielle Norm einen deckungsgleichen Anwendungsbereich haben. Dies ist beim KWG und dem AktG aber gerade nicht der Fall: Dieses wird lediglich auf Aktiengesellschaften angewandt; jenes beschränkt sich nicht auf Aktiengesellschaften, dafür aber auf „Institute“ i.S.d. KWG. Siehe dazu im Einzelnen Thaten, S. 109, 129 ff., die das Aktien- und das Aufsichtsrecht letztlich als „wechselseitige Auffangordnungen“ begreift: „Während die eine Seite die Grundpfeiler der Unternehmensverfassung vorgibt, konkretisiert und vertieft die andere diese Anforderungen für den Bereich des Finanzsektors“. 598 Dazu bereits zuvor Teil 3, A.I., S. 122. 599 So auch Binder, ZGR 2013, 760 (773 f.). 600 Mertens/Cahn, in: KölnerKommAktG, 2009, § 93 AktG Rn. 42 ff.; Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 93 AktG Rn. 15. 601 BGH v. 06. 04. 1964 – II ZR 75/62, BGHZ, 41, 282 (287) = NJW 1964, 1367 (1367); vgl. BGH v. 23. 10. 1975 – II ZR 90/73, BGHZ, 65, 190 (194 f.) = NJW 1976, 145 (146); Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 178; Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 93 AktG Rn. 15 ff.; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 93 AktG 37 f.; Mertens/Cahn, in: KölnerKommAktG, 2009, § 93 AktG Rn. 42.

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3. Verantwortlichkeit der Geschäftsleitung auf der Ebene europäischer Vorschriften – Missachtung der europäischen Leitlinien Hinsichtlich des europäischen Verordnungsrechts sind keine großen Worte zu verlieren: Europäische Verordnungen sind bindendes Recht und damit von den Finanzmarktteilnehmern zu beachten. Folglich sind sie auch bei der Haftung von Geschäftsleitern relevant. Zwiegespaltener stellt sich die Beurteilung der Relevanz von Leitlinien dar. Diese sind formal nicht den verbindlichen Rechtsquellen zuzuordnen.602 Allerdings findet sich – wie bei den Verlautbarungen der BaFin – allgegenwärtig der Hinweis darauf, dass ihnen eine „hohe praktische Relevanz“ oder sogar eine „faktische Bindungswirkung“ zukomme, obwohl eine unmittelbare Befolgungspflicht weder für die Gerichte noch für die Behörden angenommen wird.603 Tatsächlich ist zu beobachten, dass sich sowohl der deutsche Gesetzgeber als auch die deutsche Aufsicht an den Leitlinien der europäischen Aufsichtsbehörden orientieren. Zu Tage tritt diese Tendenz zum einen durch die Verankerung ehemaliger Grundsätze aus den EBA-Leitlinien im Gesetz.604 Zum anderen hat erst kürzlich die BaFin öffentlich mitgeteilt, dass sie „grundsätzlich bestrebt [sei], Leitlinien und Q&As der ESAs möglichst in ihre Verwaltungspraxis zu übernehmen“ und sich demgemäß grundsätzlich an die Vorgaben der europäischen Behörden in Form der Leitlinien halten werde.605 In Anbetracht dieser Begebenheiten mutet jede weitere theoretische Auseinandersetzung mit der rechtlichen Bindungswirkung der Leitlinien als praxisferne Erörterung an. Die Institute sowie deren Geschäftsleiter müssen sich bewusst sein, dass die Verlautbarungen der Aufsichtsbehörden im Zweifel als Auslegungshilfen herangezogen werden und in Ermangelung eines anderen konkreten Gerüsts wohl auch als Maßstab der Auslegung genommen werden. Der EuGH spricht trotz seiner grundsätzlich ablehnenden Haltung bezüglich der Bindungswirkung von Leitlinien von einem „nützlichen Bezugspunkt“ für die Rechtsauslegung.606 Zumal mit dem Ziel einer europäischen Vereinheitlichung den ESAs durch verbindliche Rechtsverordnung der Auftrag zum Leitlinienerlass erteilt wurde,607 ohne jedoch dabei ein 602

Dazu bereits oben Teil 1, B.III.4.a), S. 60. Bührle, S. 111 ff.; so im Ergebnis auch bei Frank, S. 160 ff., 171, der sich aber aus verschiedener Perspektive für die Annahme einer „sekundäre Befolgungspflicht“ (S. 167 f.) bzw. „Befolgungsobliegenheit“ (S. 172 f.) ausspricht. 604 Beispielsweise hinsichtlich EBA GL 44 Nr. 6 und Nr. 7 in § 25c Abs. 3 Nr. 4 KWG, dazu zuvor Teil 3, B.II.2.e), ab S. 193. 605 Siehe die Mitteilung vom 15. 02. 2018, abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/ Veroeffentlichungen/DE/Meldung/2018/meldung_180215_leitlinien_q_and_as_der_esas.html [zuletzt aufgerufen am 18. 03. 2018]. 606 EuGH v. 07. 03. 2002, Rs. C-310/99, Slg. 2002, I-2289, Rn. 32 – Italienische Republik/ Kommission. 607 Mit diesem Argument auch Frank, S. 167. 603

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rechtlich verbindliches Umsetzungsmittel zu wählen. Insbesondere da sich der EuGH selbst nicht an die Leitlinien gebunden sieht, besteht so eine Rechtsunsicherheit, da der Rechtsanwender mit divergierenden Entscheidungen der Aufsichtsbehörden und des EuGH rechnen muss. Alles in allem bewegt man sich hier in einem rechtlichen Graubereich. Dementsprechend schwierig gestaltet es sich, eine konkrete Aussage über die Auswirkung der Leitlinien auf die organschaftliche Haftung zu treffen. Aufgrund der rechtlichen Unverbindlichkeit der Leitlinien ist aber zunächst einmal dafür zu plädieren, mit der Heranziehung der Leitlinien bei der Konkretisierung des Sorgfaltsmaßstabs nach § 93 Abs. 1 AktG sehr vorsichtig umzugehen. Auf der ersten Stufe kann deshalb eine Missachtung der Leitlinien kein „Rechtsverstoß“ im ersten Sinne sein. Die Geschäftsleiter sind rechtlich nicht verpflichtet, die Vorgaben zu beachten608, sodass ein entsprechender Verstoß auch nicht ohne Weiteres zur Last gelegt werden kann. Vielmehr muss im jeweiligen Einzelfall gefragt werden, ob die Vorgaben der europäischen Behörden in dem konkreten Fall zur Spezifizierung des organschaftlichen Sorgfaltsmaßstabs herangezogen werden können oder nicht. Dabei ist zu berücksichtigen, ob der nationale Gesetzgeber die behördlichen Vorgaben bei der Schaffung von Normen vor Augen hatte und somit den Regelungsgehalt der europäischen Leitlinien in das deutsche Recht transformieren wollte.609 Hinsichtlich der darüber hinausgehenden Heranziehung der Leitlinien ergibt sich aber grundsätzlich nichts anderes als im Hinblick auf die Verlautbarungen der BaFin. Dahingend ist deshalb auf die sogleich nachfolgenden Ausführungen zu derselben Problematik im Rahmen der nationalen, behördlichen Vorgaben anhand der MaRisk zu verweisen.610 4. Fehlen der fachlichen Eignung a) Die fehlende fachliche Eignung als Haftungsgrund Zunächst kann das Manko einer fachlichen Qualifikation selbst der Grund für die Haftung eines Geschäftsleiters sein. Haftungsgrund stellt hierbei der Zustand des Fehlens der fachlichen Qualifikation an sich dar, ohne dass es des Hinzutretens weiterer Umstände bedürfte. Um letztlich eine Haftung begründen zu können, müssen jedoch alle Voraussetzungen der Vorstandshaftung gem. § 93 Abs. 2 AktG vorliegen. - Pflichtverletzung: Wie zuvor schon festgestellt, umfasst die Sorgfaltspflicht im Zusammenhang mit der Leitungsaufgabe eines Vorstandsmitglieds gem. §§ 76, 93 Abs. 1 AktG auch die Pflicht zum Erfüllen der zur Leitung nötigen Qualifikationen, die spezialgesetzlich durch § 25c Abs. 1 KWG konkretisierend regle608 609 610

So auch Frank, S. 171 f. So beispielsweise bei § 25c Abs. 3 Nr. 4 KWG. Dazu oben Teil 3, B.II.2.e), S. 193. Sogleich Teil 3, B.IV.3., ab S. 206.

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mentiert sind. Lässt sich ein Geschäftsleiter zu einem solchen Amt bestellen, ohne dass er die danach nötigen Kenntnisse und Fähigkeiten vorweisen kann, kann ihm also eine Pflichtverletzung zur Last gelegt werden. Ein Verstoß gegen die soeben erarbeiteten Anforderungen des § 25c KWG stellt damit für sich genommen schon eine Sorgfaltspflichtverletzung dar, ohne dass es eines Rückgriffs auf die Legalitätspflicht bedürfte. Irrelevant für die Bewertung ist es insofern grundsätzlich erst einmal, ob der Qualifikationsmangel von Anfang an vorlag oder aber durch ein Versäumnis an Fortbildung bzw. Hinzutreten anderer Umstände entstanden ist. Von Bedeutung ist hingegen, dass die jeweiligen konkreten Anforderungen immer ex ante und nicht ex post beurteilt werden muss.611 Die Beachtung dieses Grundsatzes stellt eine zentrale Schwierigkeit des Haftungsrechts dar. Eine nachträgliche Betrachtung der Situation verleitet schnell dazu, Handlungsalternativen und Pflichtverletzungen im Nachhinein zu bejahen, wo zum Zeitpunkt des Geschehens keine gegeben waren.612 Hierauf muss auch im Rahmen der fachlichen Eignung geachtet werden. Ob jemand genügend qualifiziert war oder nicht, stellt sich zumeist im Nachhinein heraus und muss differenziert betrachtet werden. Denkbar sind nachträglich unangemessen harte Beurteilungen dahingehend insbesondere dort, wo das Vorstandsmitglied noch nicht oder nicht mehr fachlich geeignet ist. Als Beispiel mögen hier Situationen dienen, in denen der Mangel der fachlichen Eignung des Geschäftsleiters darauf beruht, dass er direkt nach Aufnahme des Amtes einen Teil des Geschäftsgebarens noch nicht ausreichend beherrscht, die Notwendigkeit dieser Kenntnisse und Fähigkeiten aber im Vorhinein nicht erkennbar oder ohnehin nur durch Arbeitseinweisung bzw. Einarbeitung erfüllbar war. Da der Maßstab auch anhand der Umstände des Instituts und des Aufgabenumfelds der Tätigkeit bemessen wird, ist es durchaus denkbar, dass Kenntnisse erforderlich sind, die man zum einen erst bei der Tätigkeit selbst in der nötigen Ausformung erlangt und die zum anderen auch in der letztlich benötigten Form eventuell nicht vorhersehbar sind. In solchen (Ausnahme-)Fällen sollte dem Geschäftsleiter nach der hier vertretenen Auffassung bereits auf objektiver Ebene eine (kurze) Einarbeitungsphase zugestanden werden, in der das Vorstandsmitglied bereits seiner Sorgfaltspflicht gerecht wird, wenn es sich im Rahmen des Möglichen informiert und schulen lässt. Ebenso sollte den Geschäftsleitern eine – wenn auch hier u. U. sehr kurze – Einarbeitungsphase eingeräumt werden, um sich, sofern die Kenntnisse und Fähigkeiten aufgrund von gesetzlichen Veränderungen nicht mehr als ausreichend zu bewerten sind, über die neuen Begebenheiten angemessen informieren zu können. 611 Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, 2016, § 93 AktG Rn. 7; Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 93 AktG Rn. 25; vgl. Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 41. 612 Phänomen der sog. „hindsight bias“, siehe dazu Nietsch, ZGR 2015, 631 (637 f.); Langenbucher, § 4 Rn. 93; auch Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 25 Rn. 5.

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Vernünftigerweise kann in diesen Fällen bei Ansatz des normativen Sorgfaltsmaßstabs auch nichts anderes verlangt werden: Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter kann sein Fachwissen nicht sprichwörtlich „per Knopfdruck“ ab Inkrafttreten einer Gesetzesänderung oder Antritt einer neuen Arbeitsstelle anpassen. Um dem Schutz der Aktionäre und Gläubiger vor Vermögensverlust aufgrund eines Verhaltens des Vorstands gerecht zu werden, muss dieses Zugeständnis allerdings in sachlicher Hinsicht zum einen auf Kenntnisse sehr spezieller Natur, namentlich beispielsweise besondere Eigenheiten im Rahmen der speziellen Geschäftstätigkeit oder sehr punktuelle Änderungen der Rechtslage, und zum anderen in zeitlicher Hinsicht auf einen äußerst kurzen Zeitraum von maximal wenigen Wochen beschränkt werden. Auch wenn diese Forderung zunächst als eine Toröffnung für willkürliche Entscheidungen anmuten mag, so spiegelt dies nach der hier vertretenen Auffassung nur den individuellen Aspekt der Sorgfaltspflicht i.S.d. § 93 Abs. 1 AktG wider, den Fleischer als „Volatilität der Verhaltensnormen für den Vorstand“613 bezeichnet. Danach ist entscheidend, „wie sich ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter eines Unternehmens vergleichbarer Art und Größe in der konkreten Situation verhalten hätte“614. Ebendiese Einbeziehung der Art und Größe des Unternehmens sowie der konkreten Situation in die Beurteilung des Sorgfaltsmaßstabs kann in besonders gelagerten Fällen dazu führen, dass das Vorhandensein spezifischer Kenntnisse nicht der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters entspricht, da es schlicht die Grenze des Möglichen überschreitet. Opitz diskutiert in diesem Zusammenhang eine Einschränkung der Haftung auf der Verschuldensebene.615 Eine solche Lösung erscheint zwar durchaus diskutabel, allerdings ist nach dem vorliegenden Verständnis bei einem Abstellen auf das Fehlen der Kenntnisse an sich als Pflichtverletzung aus eben erläuterten Gründen schon gar keine Pflichtverletzung gegeben. Hierbei geht es nämlich nicht um ein persönliches Unvermögen, sondern um die objektiv umsetzbare Erfüllung einer Aufgabe. Etwas anderes kann sich jedoch ergeben, wenn die Pflichtverletzung in einem anderen Verhalten des Vorstands zu suchen ist, worauf sogleich zurückzukommen sein wird.616 - Kausaler Schaden: Es stellt sich allerdings die Frage nach einem kausalen Schaden. Die mangelnde fachliche Eignung als solche ist zwar ein misslicher Zustand, jedoch entsteht dadurch in der Regel nicht ohne Weiteres ein messbarer 613

Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 41. Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 41; Fleischer, in: Handbuch Vorstandsrecht, 2006, § 7 Rn. 27; auch Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 25 Rn. 5. 615 Opitz, BKR 2013, 177 (179 f.). 616 Siehe unten Teil 3, A.III.4.b)aa), S. 162. 614

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Schaden für die Gesellschaft.617 Hinzutreten muss vielmehr häufig eine folgenträchtige und pflichtwidrige Entscheidung, eine Handlung oder ein Unterlassen, die bzw. das beruhend auf dem Fehlen des notwendigen Wissens zum Eintritt eines Schadens führt. Die mangelnde Qualifikation kann auch dann im Sinne einer Kausalkette – z. B. fehlendes Wissen verursacht eine fehlerhafte Entscheidung, die zu einem Schaden führt – auch kausal für den Eintritt des Schadens sein618, jedoch wird diese in der Praxis der Organhaftung vor dem Hintergrund des anderen pflichtwidrigen Verhaltens eine untergeordnete Rolle spielen. - Beweisschwierigkeiten: Dass die mangelnde fachliche Qualifikation als Haftungsgrund bisher keine praktische Bewandtnis beanspruchen konnte, könnte daran liegen, dass es sich schwierig gestalten dürfte, den eben erwähnten kettenartigen Kausalitätszusammenhang zwischen fehlender Kenntnisse und Eintritt des Schadens zu beweisen. Auch wenn die Gesellschaft wegen der Beweislastumkehr des § 93 Abs. 2 S. 2 AktG vom Beweis der Pflichtwidrigkeit des Verhaltens, also von der Beweispflicht hinsichtlich des Mangels an fachlicher Eignung, befreit wird, bleibt für sie zu beweisen, dass ihr das Verhalten des Vorstandsmitglieds einen Schaden verursacht hat. Aufgrund dessen, dass zum Hervorrufen eines Schadens in aller Regel eine weitere Handlung oder ein Unterlassen notwendig sein wird, muss im Falle der fehlenden Eignung bewiesen werden, dass diese schädigende Handlung bzw. dieses schädigende Unterlassen gerade auf dem Fehlen der fachlichen Eignung beruht hat. Für das Institut werden solche Fälle der kumulativen Kausalität von außen allerdings kaum von solchen zu unterscheiden sein, in denen das Vorstandsmitglied – auf entsprechender Qualifikations- und Kenntnisgrundlage – schlicht unsorgfältig gehandelt hat. In der Praxis gestaltet sich daher die Berufung auf anderweitig pflichtwidriges Verhalten für das Schadensersatz verlangende Institut günstiger; hierbei muss das Unternehmen nämlich nur die Kausalität zwischen Verhalten und Schadenseinritt beweisen und nicht noch zusätzlich die Kausalität zwischen dem Mangel und fachlicher Eignung und Entscheidung des Geschäftsleiters zu diesem Verhalten. b) Bedeutung der mangelnden fachlichen Eignung bei anderen Haftungsgründen Über die originäre Haftung für einen Mangel an Qualifikation hinaus ist zudem zu überlegen, welche Auswirkungen die mangelnde fachliche Eignung auf die Organhaftung aufgrund anderer Verfehlungen haben kann. Gemeint sind hiermit Situationen, in denen die Haftung auf ein Verhalten außerhalb etwaiger Qualifikationsmängel als Pflichtverletzung gestützt wird, die fehlenden Kenntnisse oder Erfah617 618

Vgl. Fleischer, WM 2004, 157 (163). Kumulative Kausalität, dazu Oetker, in: MünchKommBGB, 2016, § 249 BGB Rn. 135.

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rungen aber eine Rolle für die Entscheidungsfindung des Geschäftsleiters gespielt hätten. Prinzipiell sind dies keine anderen Fälle als die, in denen die Haftung auch auf dem Fehlen der fachlichen Eignung selbst als Haftungsgrund basieren könnte. Wie soeben dargelegt, ist das Abstellen auf ein anderweitiges Verhalten als Haftungsgrund für die Durchsetzung des Anspruchs günstiger für das Institut, da hierdurch die Beweislast hinsichtlich der Umstände der mangelnden Eignung, wie deren Kausalität für den Schaden und deren allgemeine Entschuldbarkeit, nicht bei dem Institut, sondern bei dem Geschäftsleiter liegt. Interessant ist dementsprechend, welche Möglichkeiten die Berücksichtigung der mangelnden fachlichen Eignung auf anderen Ebenen der Haftung eröffnet und diese beeinflusst. Hierbei ist insbesondere zu beleuchten, welche Rolle die noch nicht bestehende oder später weggefallene fachliche Eignung durch mangelnde Fortbildung spielt und wie sich ein Fehlen der fachlichen Eignung auf die Anwendbarkeit der business judgement rule auswirkt. aa) Beurteilung des Verschuldens bei anfänglichem Fehlen fachlicher Eignung oder mangelnder Fortbildung Zunächst ist fraglich, wie Fälle zu behandeln sind, in denen die Geschäftsleiter wegen kürzlichen Amtsantritts noch nicht oder aufgrund äußerlicher Veränderungen nicht mehr über die nötigen Kenntnisse verfügen. Dies ist insbesondere dann denkbar, wenn die Kenntnisse des Geschäftsleiters beim Amtsantritt anfänglich nur teilweise vorhanden oder nicht mehr aktuell sind und den Vorstand damit eine Pflicht zur Fortbildung trifft. Unterläuft dem Vorstandsmitglied aufgrund seines konkret noch nicht ausreichenden oder veralteten Kenntnisstands ein Fehler in Form eines Verhaltens, das zu einem Schaden für die Gesellschaft führt, ist es denkbar, auf der Ebene des Verschuldens zu diskutieren, ob dieser Fehltritt dem Vorstandsmitglied auch subjektiv vorwerfbar ist. Nach der hier vertretenen Auffassung kann die persönliche Unfähigkeit grundsätzlich keinen Entschuldigungsgrund darstellen und dementsprechend nicht zur Exkulpation619 führen. Die Geschäftsleiter trifft insofern genauso wie den Aufsichtrat ein Übernahmeverschulden dahingehend, dass sie das Vorhandensein der nötigen Kenntnisse und Fähigkeiten ab dem ersten Tag sicherzustellen haben.620 Für die bereits zuvor im Rahmen der Pflichtverletzung in Form von mangelnder fachlicher Eignung diskutierten Ausnahmefälle621 kann dem allerdings nicht gefolgt werden. Auch wenn der Haftungsgrund nicht in der bloßen Nichteignung, sondern in 619 Dazu schon RG v. 28. 02. 1940 – II 115/39, RGZ 163, 200 (208); Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, 2016, § 93 AktG Rn. 32; Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 205. 620 Strohn, ZHR 176 (2012), 137 (138); zum Aufsichtsrat statt vieler Henssler, in: Henssler/ Strohn, 2016, § 116 AktG Rn. 4; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 116 AktG Rn. 4. 621 Soeben Teil 3, A.III.4.a), S. 158.

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einem darauf beruhenden Verhalten liegt, sollte dem Vorstand ausnahmsweise eine angemessene Übergangszeit zugebilligt werden, in der er seiner Fortbildungsverpflichtung nachgehen kann, ohne haftungsrechtlich für das (noch) bestehende Unwissen belangt werden zu können. Hierbei sollte im Einzelfall genau geprüft werden, ob dem Geschäftsleiter dadurch, dass er (noch) nicht auf dem aktuellen Stand ist, wirklich ein Außer-Acht-Lassen der erforderlichen Sorgfalt i.S.e. Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist oder nicht.622 Hiergegen könnte man einwenden, dass durch eine Berücksichtigung des individuellen Verschuldens ein „Schlupfloch“ für Geschäftsleiter entsteht, durch das sie sich allzu leicht aus der Haftung flüchten können. Dadurch könnte bereits im Vorlauf während der Tätigkeit ein falscher Anreiz dahingehend gesetzt werden, dass Vorstände nunmehr nachlässiger hinsichtlich ihrer Fähigkeiten agieren, und die Haftung damit ihre präventive Erziehungswirkung verfehlt. Darüber hinaus stellt sich die Frage nach der zeitlichen Perspektive: Wie viel Zeit soll dem Vorstand zur Fortbildung gewährt werden? Die Antwort ist meines Erachtens: So viel Zeit, wie ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter in der konkreten Situation bräuchte, seine Informationslücke zu schließen. Dass dies nicht für die im Rahmen der Unternehmensleitung notwendigen Grundkenntnisse gelten kann, liegt auf der Hand. Der Grundsatz, dass persönliches Unvermögen nicht zur Exkulpation führen kann, soll auch nicht in Frage gestellt werden. Vielmehr soll sensibilisiert werden, dass es aufgrund der heutigen Masse an Vorgaben, die Geschäftsleiter zu beachten haben, und dem Umfang der in deren Rahmen verlangten Kenntnissen nicht allzu abwegig erscheint, dass sich beispielsweise einzelne Aspekte der Rechtslage ändern können, ohne dass dies der die Entscheidung treffende Geschäftsleiter oder der ihm zuarbeitende Mitarbeiter direkt erkennen. Unter anderem ist dies auch der Grund dafür, dass zunehmend diskutiert wird, inwiefern der Vorstand sich auf externen Rechtsrat verlassen kann oder bei Vorliegen einer unklaren Rechtslage haftbar gemacht werden kann.623 Wo aber hört die unklare Rechtslage auf und fängt mangelnde fachliche Kenntnis bei sich ständig ändernder Rechtslage an? Wo sind also die Grenzen eines entschuldbaren unvermeidbaren Rechtsirrtums genau zu ziehen? Zu beachten ist auch, dass die Organhaftung zum einen keine absolute Erfolgshaftung darstellt und zudem eine unrealistisch harte Haftung ebenfalls falsche Anreize zu setzen vermag. Sind die Maßstäbe zu hoch und nicht erfüllbar angesetzt, könnten sich die Vorstände in eine Art Ohnmachtszustand versetzt sehen, in dem sie auch keine Anstrengungen mehr unternehmen, die Anforderungen zu erfüllen, da sie ohnehin nicht erfüllt werden können. Daher erscheint es sachgemäß, dem wachsenden Strom an Anforderungen durch individuelle Stellschrauben auf Haftungsebene zu begegnen, um Umstände des Einzelfalls angemessen berücksichtigen und letztlich zu einem vertretbaren Ergebnis gelangen zu können.

622 623

Vgl. Opitz, BKR 2013, 177 (179). Dazu unten Teil 3, B.IV.4., S. 213.

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Gerade in Großkonzernen und großen Instituten wird dementsprechend eine Verschuldenseinschränkung bei nicht mehr aktuellen Kenntnissen in sehr speziellen Bereichen eher angemessen sein als in kleinen Unternehmen.624 Eine darüber hinausgehende Berücksichtigung fehlender Kenntnisse im Rahmen des Verschuldens ist – sowohl in sachlicher als auch zeitlicher Sicht – eine Absage zu erteilen.625 bb) Fehlende fachliche Eignung und unternehmerische Entscheidungen Eine andere Frage ist, welche Bedeutung ein Mangel an fachlicher Eignung im Rahmen der business judgement rule zukommt. Es sind Situationen denkbar, in denen sich eine unternehmerische Entscheidung des Vorstands im Nachhinein als für das Institut nachteilig herausstellt und zudem im Bereich der Entscheidung erforderliche Kenntnisse oder Fähigkeiten auf Seiten des Vorstands gefehlt haben. Sofern die Kenntnisse und Fähigkeiten bereits zu dem Zeitpunkt der Entscheidung so essentiell gewesen wären, dass auf deren Grundlage nur eine Entscheidung die „Richtige“ gewesen wäre, handelte es sich letztlich um eine gebundene und keine unternehmerische Entscheidung, sodass der Anwendungsbereich der business judgement rule schon gar nicht eröffnet wäre. Wenn aber die fehlenden Kenntnisse und Fähigkeiten den unsicheren und häufig prognoseabhängigen Charakter der Entscheidung nicht beeinflusst, ist fraglich, ob eine ohne die entsprechenden Kenntnisse getroffene Entscheidung „auf Grundlage angemessener Information“ gefällt worden sein kann. Um bei den vorig bereits erwähnten Fallgruppen zu bleiben: Verfügt ein Vorstand zum Zeitpunkt der Entscheidung wegen erst kürzlich erfolgten Amtsantritts noch nicht über die für die Entscheidung nötigen (ggf. institutsspezifischen) Kenntnisse, so dürfte ihn in den allermeisten Fällen die Pflicht zur Informationsbeschaffung treffen. Wie weit diese Pflicht reicht und welche Informationsquellen der Vorstand dabei genau anstrengen muss, hängt von mehreren Faktoren des Einzelfalls ab. Da es sich bei der Frage nach der ausreichenden Informationsgrundlage ex ante letztlich immer um einer Aufwand-Nutzen-Abwägung handelt und nicht verlangt werden kann, alle möglichen Informationsquellen auszuschöpfen, differiert das ausreichende Maß an Informationsbeschaffungsmaßnahmen sowohl je nach Komplexität und Dringlichkeit der Entscheidung wie auch nach der Vorhersehbarkeit der Nützlichkeit der in Rede stehenden Informationsquelle. Kommt es bei einer unternehmerischen Entscheidung allerdings erkennbar und maßgeblich auf institutsspezifische Begebenheiten an, dürfte es nur in den seltensten Fällen genügen, wenn der Geschäftsleiter nicht intern nachforscht bzw. nachforschen lässt, bevor er seine Entscheidung trifft. 624

Vgl. Opitz, BKR 2013, 177 (178 f.) sowie Fn. 16. So aber wohl Opitz, BKR 2013, 177 (179), der dies auch auf Grundkenntnisse bezieht und sich an einem Einarbeitungszeitraum von maximal 6 Monaten orientiert. 625

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Nichts anderes ergibt sich für den Fall, dass das Vorstandsmitglied wegen erst jüngster Änderung der Rechtslage nicht mehr über die erforderlichen Kenntnisse verfügt. Die rechtlichen Umstände der zu treffenden Entscheidung zu ergründen, ist sogar essentiell, um beurteilen zu können, ob nicht vielleicht doch eine gebundene Entscheidung wegen gesetzlicher Anordnung gegeben ist. Im Ergebnis dürften die Grenzen für die Annahme einer angemessenen Informationsgrundlage daher noch höher anzusetzen sein als in dem zuvor benannten Fall der noch nicht ausreichenden Kenntnisse. Insgesamt kommt dem Mangel an fachlicher Eignung im Rahmen der business judgement rule daher eine eher untergeordnete Rolle zu. Denn, um eine unternehmerische Entscheidung haftungsfest zu treffen, kommt es vornehmlich auf die konkrete Einholung entsprechender Information und weniger auf die allgemeinen Kenntnisse und Fähigkeiten des Vorstands an. 5. Vernachlässigung des Amtes – mangelnde zeitliche Verfügbarkeit a) Vorüberlegungen Ebenso wie die Pflicht zur gehörigen Qualifikation ergibt sich auch die Pflicht zu Widmung ausreichender Zeit bereits aus der allgemeinen Leitungsaufgabe gem. §§ 76, 93 Abs. 1 AktG.626 Die Vorgaben hinsichtlich der zeitlichen Verfügbarkeit gem. § 25c Abs. 1, 2 KWG sind daher als Konkretisierungen der allgemeinen Leitungsaufgabe zu sehen. Wendet ein Vorstandsmitglied dementsprechend nicht genug Zeit für die Wahrnehmung des Mandats auf, verstößt es insofern gegen seine Pflichten als Geschäftsleiter, als es sein Amt nicht mehr „gewissenhaft“ i.S.d. § 93 Abs. 1 S. 1 AktG wahrnimmt. Zwingend einzuhalten sind daher sowohl die vorhandenen gesellschaftsrechtlichen als auch die aufsichtsrechtlichen Mandatsbegrenzungen. Eine Vernachlässigung des Geschäftsleitermandats über die Missachtung der Mandatsbegrenzungen hinaus ist nur im Einzelfall erörter- und in der Praxis wohl lediglich durch handfeste Belege, wie eine Häufung verpasster Sitzungen, beweisbar. Zudem erscheint auch hier der Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung in Form der Amtsvernachlässigung und einem Schadenseintritt grundsätzlich problematisch. Naturgemäß wird das dem Vorstand vorgeworfene Verhalten in diesem Rahmen ein Unterlassen darstellen, das einen bestimmten Schaden hervorgerufen hat. Zum einen muss daher das Unterlassen eine pflichtwidrige Vernachlässigung der übertragenen Aufgaben darstellen; zum anderen muss der Schaden aber auch gerade auf der nicht ausreichenden Zeitaufwendung beruhen. In der Praxis wird dieser Zusammenhang schwierig zu beweisen sein.

626

Plagemann, WM 2014, 2345 (2345 f.).

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

b) Haftung bei Verstößen gegen Mandatsbegrenzungen Fraglich ist, ob die Vorgaben des § 25c Abs. 2 KWG für CRR-Institute ein absolutes Bestellungshindernis, wie § 105 Abs. 1 AktG, darstellen mit der Folge, dass eine hiergegen verstoßende Bestellung eines Geschäftsleiters nichtig wäre. Dafür spricht zum einen, dass sich die Formulierungen in § 105 Abs.1 AktG und §25c Abs. 2 KWG sehr ähneln. Zum anderen müssen gesellschaftsrechtliche Bestellungshindernisse nicht zwangsläufig im Gesellschaftsrecht zu finden sein, sondern können sich auch aus dem öffentlichen Recht oder sonstigem Berufsrecht ergeben.627 Hiergegen spricht jedoch auf den ersten Blick, dass eine Bestellung bzw. der entsprechende Aufsichtsratsbeschluss bei Verstoß gegen ein gesetzliches Bestellungshindernis nichtig ist.628 § 36 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 35 Abs. 2 Nr. 3 KWG gibt der BaFin im Falle eines Verstoßes gegen die Mandatsbeschränkungen die Befugnis, die Abberufung des betroffenen Geschäftsleiter anzuordnen. Zunächst scheint diese Kompetenz der BaFin obsolet, wenn doch die Bestellung zum Vorstand ohnehin nichtig ist und es so gesehen gar keinen Geschäftsleiter abzuberufen gibt. Hierbei ist aber parallel zum Aktienrecht davon auszugehen, dass eine klarstellende Abberufung – veranlasst durch ein Abberufungsverlangen der BaFin – zur Sicherung der Rechtssicherheit genauso möglich und sinnvoll ist, wie ein entsprechender Beendigungsbeschluss durch den Aufsichtsrat im Falle einer allein aktienrechtlich fehlerhaften Bestellung. Für die Begründung der Haftung ist es letztlich allerdings unerheblich, ob § 25c Abs. 2 KWG absolute Bestellungshindernisse enthält oder nicht. Auch bei einer nichtigen Bestellung beginnt nämlich die Haftung in dem Zeitpunkt des Tätigwerdens im Wissen des Aufsichtsrats.629 Der Vorstand haftet insofern bei Nichtigkeit der Bestellung als faktisches Organ nach den allgemeinen Grundsätzen. 6. Bedeutung des behördlichen Handelns der BaFin für die Vorstandshaftung Ein weiterer Aspekt, der erwogen werden sollte, ist, inwiefern Maßnahmen der BaFin im Bereich der persönlichen Anforderungen an Geschäftsleiter eine Rolle bei deren Haftung für Verfehlungen spielen. Inspiriert ist diese Überlegung von der ähnlich gelagerten Diskussion im Kartellrecht, ob Schäden, die dadurch entstanden

627 Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 76 AktG Rn. 139; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 76 AktG Rn. 61; Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 76 AktG Rn. 122. 628 Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 76 AktG Rn. 140; Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 20 Rn. 8. 629 Statt vieler Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 84 AktG Rn. 12; Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 93 AktG Rn. 15; siehe bereits zuvor Fn. 601 (S. 156).

A. Persönliche und fachliche Anforderungen an die Geschäftsleiter

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sind, dass eine Aufsichtsbehörde der Gesellschaft ein Bußgeld auferlegt, im Rahmen der Organhaftung geltend gemacht werden können.630 a) Maßgebliche Eingriffsbefugnisse631 der BaFin Zunächst ist daher erheblich, welche Eingriffsbefugnisse der BaFin aufgrund von Verstößen gegen die persönlichen Anforderungen an Geschäftsleiter überhaupt zukommen. Der dahingehende Dreh- und Angelpunkt stellen die Vorschriften der §§ 33 ff. KWG dar. Danach kann die BaFin dem Institut bei Verstößen zu allererst die Betriebserlaubnis originär versagen (§ 33 KWG) oder aber die Erlaubnis entziehen (§ 35 KWG). Als milderes Mittel zur Erlaubnisversagung oder -entziehung nach §§ 33, 35 KWG kann die BaFin zudem gem. § 36 Abs. 1 KWG die Abberufung eines Geschäftsleiters verlangen, sofern Tatsachen bekannt werden, aus denen sich eine Unzuverlässigkeit (§ 35 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 33 Abs. 1 Nr. 2 KWG), ein Mangel der fachlichen Eignung (§ 35 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 33 Abs. 1 Nr. 4 KWG), eine nicht ausreichende Zeitwidmung des Geschäftsleiters für sein Amt (§ 35 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 33 Abs. 1 Nr. 4a KWG) oder ein Verstoß gegen die Mandatsbegrenzungen des § 25c Abs. 2 KWG (§ 35 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 33 Abs. 1 Nr. 4b KWG) ergibt. Die BaFin kann hingegen nicht selbst die Abberufung des betroffenen Geschäftsleiters veranlassen und so in die gesellschaftsrechtliche Organstellung eingreifen. Sie kann im Rahmen von § 36 KWG lediglich eine Anordnung an das zuständige Gesellschaftsorgan – also in aller Regel den Aufsichts- bzw. Verwaltungsrat – richten, den Vorstand aus seinem Amt zu entlassen.632 Das Mittel des Abberufungsverlangens ist als gravierender Eingriff in die eigene Organisationskompetenz der Gesellschaft darüber hinaus regelmäßig nur rechtmäßig, wenn die BaFin zuvor die Missstände mindestens einmal zur Anzeige gebracht hat.633 Sollte einer vollziehbaren Anordnung nicht entsprochen werden, hat die BaFin außerdem gem. § 56 Abs. 1, Abs. 6 Nr. 2 KWG als zuständige Verwaltungsbehörde634 die Befugnis, im Rahmen des Ordnungswidrigkeitsrechts ein Bußgeld gegen das Institut oder den Geschäftsleiter zu verhängen.635 630

Siehe beispielsweise Fleischer, BB 2008, 1070; Hauger/Palzer, ZGR 2015, 33. Zu den seit dem 03. 01. 2018 geltenden ordnungswidrigkeitsrechtlichen Konsequenzen von Amtsvernachlässigungen siehe unten Teil 4, D.IV., S. 244 ff. 632 Fischer/Müller, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2016, § 36 KWG Rn. 74. 633 Zu § 36 Abs. 2 KWG BVerwG v. 06. 11. 2006 – 6 B 82/06, NJW-RR 2007, 492; Fischer/ Müller, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2016, § 36 KWG Rn. 42. 634 Gem. § 35, 36 Abs. 1 Nr. 1 OWiG i.V.m. § 60 KWG. 635 Gegen die Geschäftsleiter kann ein Bußgeld gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG i.V.m. § 56 KWG verhängt werden, gegen die Institute gem. § 30 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 56 KWG. Im Rahmen von § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG ist allein der Vorstand das „vertretungsberechtigte Organ“. Auf die einzelfallbezogene Zuständigkeit kommt es bei § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG hingegen nicht 631

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

Der Vollständigkeit halber sei abschließend darauf hinzuweisen, dass die BaFin neben diesen Maßnahmen auch die Möglichkeit hat, zum einen gem. § 46c KWG einen Sonderbeauftragten mit der Wahrnehmung ausgewählter Aufgaben zu beauftragen sowie zum anderen gem. § 25c Abs. 5 KWG einen sog. gekorenen Geschäftsleiter einzusetzen. b) Auswirkungen auf die Geschäftsleiterhaftung Eine Anordnung der BaFin gem. § 36 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 oder Abs. 3 S. 1 KWG zieht keinen unmittelbaren Schaden nach sich, sodass eine Inanspruchnahme der Geschäftsleiter im Rahmen der Organhaftung mangels eines ersatzfähigen Schadens ausscheidet. Anders ist die Lage zu beurteilen, wenn einer solchen Anordnung zuwider gehandelt und gem. § 56 Abs. 1, Abs. 6 Nr. 2 KWG ein Bußgeld verhängt worden ist. In dem Fall ist zu differenzieren, gegenüber wem das Bußgeld verhängt worden ist. Ist Adressat des Bußgeldbescheids ein Geschäftsleiter selbst, so ist dem Institut wiederum kein Schaden entstanden, den es im Rahmen der Organhaftung gegenüber dem Geschäftsleiter geltend machen könnte. Wenn hingegen das Institut durch den Bußgeldbescheid von der Behörde angesprochen wird, entsteht dem Institut spätestens ab dem Zeitpunkt, in dem der Bescheid in Bestandskraft erwächst, ein Schaden in Höhe des jeweils verhängten Bußgeldes. Unabhängig davon, dass ein solcher Schaden im Rahmen der Organhaftung auch ersatzfähig sein muss, stellt sich zunächst einmal die Frage nach einer Pflichtverletzung des betroffenen Vorstandsmitglieds. Problematisch ist hierbei nämlich bereits, eine Pflicht des Geschäftsleiters zu seiner eigenen Abberufung anzunehmen. Das Kompetenzgefüge des Aktienrechts sieht die Zuständigkeit für die Bestellung und Abberufung des Vorstands jedoch gem. §§ 112, 84 Abs. 1, 3 AktG beim Aufsichtsrat; der Vorstand kann sich also nicht selbst abberufen. Dementsprechend kann er selbst auch nicht dem Abberufungsverlangen der BaFin nachkommen und somit die Verhängung des Bußgeldes verhindern. Dahingehend kann ihm daher ein Untätigbleiben auch nicht zur Last gelegt werden. Jedoch ist anerkannt, dass der Vorstand sein Amt auch freiwillig niederlegen kann.636 Trifft einen Geschäftsleiter aufgrund dieser Möglichkeit die Pflicht, sein

an (dazu Rogall, in: KarlsruherKommOWiG, 2018, § 9 OWiG Rn. 43 m.w.N.). Details zu § 56 KWG siehe Lindemann, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2016, § 56 KWG Rn. 4 ff. 636 Ungeklärt ist hierbei zum einen die dogmatische Grundlage und zum anderen, ob Voraussetzung für die Amtsniederlegung das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist. Siehe BGH v. 14. 07. 1980 – II ZR 161/79, BGHZ, 78, 82 (84) = NJW 1980, 2415 (2415) – zum GmbHGeschäftsführer; das Erfordernis eines wichtigen Grundes ablehnend BGH v. 08. 02. 1993 – II ZR 58/92, BGHZ, 121, 257 (260) = NJW 1993, 1198 (1199 f.) – zum GmbH-Geschäftsführer;

A. Persönliche und fachliche Anforderungen an die Geschäftsleiter

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Amt niederzulegen, nachdem das Institut ein Abberufungsverlangen von der BaFin erhalten hat? Eine solche Verpflichtung des Vorstands zur Amtsniederlegung ist abzulehnen. Vergleicht man den Widerruf der Bestellung, also die Abberufung, mit der freiwilligen Amtsniederlegung des Vorstands, so ist die Folge zunächst einmal grundsätzlich dieselbe: Das organschaftliche Verhältnis ist beendet, der Anstellungsvertrag besteht aber aufgrund des Trennungsprinzips vorerst weiter. Realiter wird sich das Schicksal des Anstellungsvertrags aber etwas anders gestalten. Während bei einer Amtsniederlegung das Vorstandsmitglied in aller Regel nicht verpflichtet ist, auch gleichzeitig den Anstellungsvertrag zu kündigen637, wird der Anstellungsvertrag bei Abberufung in den meisten Fällen gleichzeitig aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden638 oder aber aufgrund einer Kopplungsklausel639 mit der Abberufung beendet sein. Dahingehend unterscheiden sich diese beiden Beendigungsmöglichkeiten in der Praxis zwar. Im Ergebnis dürfte es aber für das Institut dennoch besser sein, wenn der Vorstand durch Amtsniederlegung die Verhängung des Bußgeldes verhindert, das Institut aber gleichermaßen mangels Kündigung des Anstellungsvertrags weiterhin zur Vergütung verpflichtet bleibt. Denn so bliebe wenigstens der Schaden in Form des Bußgeldes verhindert. Nichtsdestotrotz reicht dieser finanzielle Vorteil der Gesellschaft nicht aus, eine Pflicht des Geschäftsleiters zur Amtsniederlegung zu begründen. Dem steht nämlich das vom Aktiengesetz vorgegebene Kompetenzgefüge entgegen, das den Aufsichtsrat im Hinblick auf die Abberufung des Vorstands für zuständig erklärt. Dem Interesse des Instituts für den Schadenausgleich bezüglich des Bußgeldes kann insofern durch die potentielle Inanspruchnahme des Aufsichtsrates ausreichend Rechnung getragen werden. Die Konstruktion einer Vorstandspflicht zur Amtsniederlegung ist mithin nicht notwendig. Folglich beschränkt sich der Haftungsrahmen für die Inanspruchnahme des Vorstands für Bußgelder, die dem Institut gem. § 56 Abs. 1, Abs. 6 Nr. 2 KWG auferlegt worden sind, auf die Verletzung der Verpflichtung des Vorstands, das Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 84 AktG Rn. 141 ff.; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 84 AktG Rn. 44 ff.; Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 84 AktG Rn. 157. 637 Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 84 AktG Rn. 157; auch Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 84 AktG Rn. 45 mit der Einschränkung, dass dieser eine unberechtigte Amtsniederlegung als wichtigen Grund qualifiziert, der wiederum die Gesellschaft zur außerordentlichen Kündigung berechtigt. 638 In dem behördlichen Abberufungsverlangen wird in der Regel wohl auch ein wichtiger Grund i.S.d. § 626 BGB zu sehen sein. So auch LG Bielefeld v. 13. 03. 2015 – 17 O 100/14, juris, Rn. 57 mit der Einschränkung, dass dies nur gilt, wenn „ein schon im Amt befindlicher Geschäftsleiter, der also zum Zeitpunkt seines Amtsantrittes die erforderliche Eignung gehabt hat, verschuldet oder unverschuldet eine Ursache dafür setzt, dass ein Abberufungsgrund entsteht“; Fischer/Müller, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2016, § 36 KWG Rn. 77. 639 Dazu Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 84 AktG Rn. 80; zur Problematik der AGB-rechtlichen Zulässigkeit von Koppelungsklauseln Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 21 Rn. 15, 28.

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

Abberufungsverlangen der BaFin an den Aufsichtsrat weiterzuleiten. Tatsächlich wird in der Regel die BaFin direkt auch den Aufsichtsrat über das Abberufungsverlagen unterrichten640, sodass die Praxisrelevanz solcher Pflichtverletzungen gegen Null gehen dürfte. Auch im Übrigen wird der Haftung des Vorstands gegenüber dem Institut für Bußgelder wegen Nichtbeachtung eines Abberufungsverlangens in Anbetracht der Fallzahlen wenig bis gar keine praktische Bedeutung zukommen. Laut des Jahresberichts der BaFin für 2016 kam es zu lediglich fünf Abberufungsverlangen im Jahr 2016.641 Zumeist wird einem solchen Abberufungsverlangen unverzüglich nachgekommen, sodass es erst gar nicht zur Verhängung eines Bußgeldes kommt. Von einer weiteren Erörterung der Problematik des Regresses von Geldbußen im Rahmen der Vorstandshaftung wird hier642 deshalb abgesehen.

IV. Fazit Die persönlichen Anforderungen, die heutzutage durch § 25c KWG an Geschäftsleiter von Banken gestellt werden, sind sehr vielfältig und gehen weit über das hinaus, was das Aktienrecht von Vorständen anderer Branchen verlangt. Welche Kenntnisse und Fähigkeiten ein Geschäftsleiter im Einzelnen mitbringen muss, lässt sich aber auch in der stark regulierten Finanzbranche nicht ohne Einzelfallbezug sagen. Vielmehr hängt das genaue Anforderungsprofil von den konkreten Begebenheiten des jeweiligen Instituts und der Geschäftsleiterposition ab, sodass sich selbst ein allgemein gültiger Mindeststandard nur schwer definieren lässt. Insbesondere im Rahmen der praktischen Kenntnisse divergieren die Ansichten hinsichtlich der Mindestanforderungen in Detailfragen. So geht beispielsweise das Verlangen der BaFin nach einer dezidierten Krediterfahrung über das nach der hier vertretenen Auffassung notwendige Maß hinaus. Für die Vorstandshaftung sind die persönlichen Anforderungen allerdings eher von ungeordneter Bedeutung. Verstöße gegen die Eignungsanforderungen stellen zwar Sorgfaltspflichtverstöße und damit Pflichtverletzungen dar, jedoch erwächst allein aus ihnen unmittelbar noch kein Schaden, den das Institut liquidieren könnte. Ein Schaden entsteht zumeist erst durch eine konkrete Entscheidung, die der Geschäftsleiter aufgrund seiner fehlenden Kenntnisse und Fähigkeiten falsch getroffen hat. In diesen Fällen kann die Haftung direkt auf das Fällen dieser Entscheidung als Pflichtverletzung gestützt werden mit der Folge, dass es für die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit zunächst nicht auf die mangelnde fachliche Eignung ankommt. 640

Fischer/Müller, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2016, § 36 KWG Rn. 67. Jahresbericht der BaFin, 2016, S. 110, abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/ Downloads/DE/Jahresbericht/dl_jb_2016.html?nn=9142322 [zuletzt aufgerufen am 10. 03. 2018]. 642 Dazu aber später Teil 3, B.IV.6.b), S. 224. 641

B. Organisatorische Pflichten und Vorstandshaftung

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Sodann ist im Rahmen des Verschuldens allerdings im Einzelfall zu entscheiden, ob dem Vorstand die falsche Entscheidung aufgrund fehlender Kenntnis tatsächlich subjektiv vorwerfbar ist oder ob nicht ausnahmsweise eine Konstellation gegeben ist, in der Vorstand es schlicht nicht besser wissen konnte. Im Weiteren ist eine Haftung wegen der Vernachlässigung des Amtes aufgrund von Beweisschwierigkeiten im Rahmen des Kausalzusammenhangs ebenfalls tendenziell irrelevant. Zu guter Letzt beschränkt sich die Geschäftsleiterhaftung für Bußgelder, die dem Institut wegen Nichtbeachtung eines Abberufungsverlangens auferlegt worden sind, auf die seltenen Fälle, in denen der Vorstand das Abberufungsverlangen nicht an den Aufsichtsrat weitergeleitet hat und dieser auch sonst keine Kenntnis von dem Abberufungsverlangen nehmen konnte. Alles in allem ist daher das Haftungsrisiko für Geschäftsleiter bei Verstößen gegen die persönlichen Anforderungen marginal.

B. Organisatorische Pflichten und Vorstandshaftung Im Zentrum der regulatorischen Veränderungen stand in den letzten Jahren neben der Qualifikation der Vorstandsmitglieder vor allem auch die risikoadäquate Organisation der Institute. Dabei sind die Anforderungen an ein angemessenes Risikomanagement immer mehr in den Mittelpunkt der Diskussion gerückt mit der Folge, dass dahingehend die Zahl der gesetzlichen Regelungen stark gestiegen ist. Ein weiteres wichtiges Thema der Unternehmensorganisation stellt zudem die Compliance dar. Dass rechtliche Bestimmungen eingehalten werden, sollte nach allgemeinem Verständnis wohl eher eine Selbstverständlichkeit als ein gesondert zu betonender Umstand sein. Umso mehr stellt sich die Frage, inwiefern der „neuen“ Compliance-Diskussion eine gesonderte Bedeutung für die Verhinderung rechtlicher Verstöße und die Umsetzung im Rahmen der Organisation eines Instituts zukommt. Den abstrakt dargestellten, noch sehr allgemein gehaltenen Pflichtenkatalog im Rahmen des § 93 Abs. 1 AktG gilt es in Bezug auf die Organisation des Risikomanagements und auch die Compliance zu konkretisieren. Zunächst sind hierbei die Begriffe des Risikomanagements sowie der Compliance wegen ihrer Nähe zueinander detaillierter zu betrachten.

I. Bestimmung der Begriffe „Compliance“ sowie „Risikomanagement“ und deren Abgrenzung Die Begriffe Risikomanagement und Compliance werden häufig in einem Atemzug genannt. Dies wirft die Fragen auf, inwieweit tatsächlich Schnittmengen

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

der beiden Bereiche bestehen und ob eine trennscharfe Abgrenzung überhaupt möglich ist. Für die Erarbeitung der Begrifflichkeiten sind zum einen die originären Bedeutungen der Begriffe maßgeblich. Wegen des hiesigen Bezugs zum Aufsichtsrecht muss aber auch die Auffassung des (deutschen) Gesetzgebers Berücksichtigung finden. Sucht man nach einer Definition des Risikomanagements, findet man die Aussage, dass das Risikomanagement alle Maßnahmen zum Erkennen und zum Umgang mit bestehenden Risiken643 beinhaltet.644 Unter dem aus dem anglo-amerikanischen Recht stammenden Begriff der Compliance wird hingegen ganz allgemein zunächst einmal die „Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und der unternehmensinternen Richtlinien“645 verstanden.646 Auf den ersten Blick scheinen die Bereiche nach deren Definitionen also wenig miteinander zu tun zu haben. Diese für sich betrachtet, abstrakt scheinbar abgrenzbaren Bereiche können sich allerdings als Ausfluss einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation an vielen Stellen überschneiden. So verhält es sich beispielweise, wenn man das Haftungsrisiko aufgrund von Gesetzesverstößen – sog. Compliance-Risiko – im Rahmen des Risikomanagements zu berücksichtigen hat.647 Betrachtet man diese Schnittmenge genauer, kann man sich nun fragen: Ist nicht bei allen Rechtsfragen eines Unternehmens ein gewisses Haftungsrisiko inhärent, die Compliance also immer ein Teil des Risikomanagements? Und geht es bei der Compliance tatsächlich nur um die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben und ist sie damit ein anderer Begriff für die – ohnehin als Selbstverständlichkeit empfundene – Legalitätspflicht bzw. die ihr enthaltene Legalitätskontrollpflicht? In den oben genannten Definitionen findet man hierzu keine befriedigende Antwort. Vor allem die sehr allgemein gehaltene Definition der Compliance zeigt bereits, dass der Begriffsumfang der Compliance sich leider nur schwer beziffern lässt. Wie bei der Corporate Governance gibt es keine adäquate Übersetzung ins Deutsche, sodass ein rein sprachlicher Ansatz nicht weiterzuhelfen vermag. Teilweise wird versucht, den Begriff der Compliance durch einen inhaltlichen Vergleich mit der Corporate Governance verständlich zu machen. Nach diesem Ansatz ist der zentrale Unterschied zwischen Corporate Governance und Compliance die Perspektive: Die Corporate Governance ist von der Sicht des Regulierenden, die 643 Eine eingehende Erarbeitung des Begriffes „Risiko“ bietend Baums, ZGR 2011, 218 (222 f.). 644 Geiser, S. 129; Schmidt, S. 21. 645 So in der weiten Definition vom Begriff „Compliance“ im Deutschen Corporate Governance Kodex, Ziff. 4.1.3 DCGK. 646 Vgl. Geiser, S. 129; Schmidt, S. 19; zum genauen Wortursprung und anderen möglichen Definitionen Schmidt, S. 18 f., Lösler, NZG 2005, 104 (104). 647 König, ZfgG 2014, 78 (78 ff., 80); Geiser, S. 129; vgl. Schmidt, S. 22; vgl. Hauschka, NJW 2004, 257 (257).

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Compliance vom Blickwinkel der Regulierten geprägt.648 Inhaltlich beschäftigten sich danach die beiden Bereiche mit denselben Fragen.649 Nach der hier vertretenen Auffassung umfasst Corporate Governance jedoch, wie bereits dargelegt, mehr als die „bloße“ Einhaltung der unternehmensrelevanten Bestimmungen. Zu einer guten Corporate Governance gehört zwar auch die Rechtstreue des Unternehmens, ihrer Organe sowie ihrer Mitarbeiter, sie erschöpft sich aber nicht darin. Auf der anderen Seite beinhaltet Compliance aber auch mehr als die rein formale Einhaltung der Gesetze. Compliance schließt die Gewährleistung rechtskonformen Verhaltens im Unternehmen mit ein, darüber hinaus ist sie allerdings auch als präventives Mittel zur Haftungsvermeidung durch (Rechts-)Risikofrüherkennung und -minimierung zu begreifen.650 Nach dem hier vertretenen Verständnis von Compliance muss daher zwischen verschiedenen Ausprägungen des Begriffs unterschieden werden: Einerseits kann sie als Oberbegriff für die Sicherstellung rechtstreuen Handelns im Unternehmen gesehen werden und trifft sich begrifflich daher mit der Legalitätspflicht.651 „Rechtstreu“ in diesem Sinne muss sich dabei allerdings – anders als bei der Legalitätspflicht – nicht zwangsläufig auf unmittelbar bindende Gesetze begrenzen. Auch über die Berücksichtigung von ethischen und moralischen Maßstäben und die Einhaltung nicht-gesetzlicher Regelungen kann im Rahmen der Compliance diskutiert werden, sofern deren Beachtung das Unternehmen vor Schäden u. a. durch einen Verlust an positiver Reputation schützen kann. Hierbei stehen dann jedoch nicht mehr Rechtsrisiken im engeren Sinne652, sondern vorwiegend ökonomische Risiken im Mittelpunkt der Diskussion. Als Oberbegriff umfasst die Compliance damit mehr als die bloße Organisation des Unternehmens; vielmehr wird sie mittlerweile als Unternehmenskultur begriffen, die im Unternehmen etabliert werden muss, um wirksam Gesetzesverstöße im Keim zu ersticken.653 Diese Sichtweise auf die Compliance ist nach der hier vertretenen Ansicht nichts anderes als ein Auswuchs der Legalitätspflicht und das damit verbundene Problem des Transports eines umfassenden Pflichtgefühls hinsichtlich rechtskonformen Verhaltens durch alle Schichten des Unternehmens. Dementsprechend ist es irreführend, von einer „Compliance-Pflicht“ zu reden, da die Pflicht zu 648

Hauschka/Moosmayer/Lösler, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler, 2016, § 1 Rn. 4. Hauschka/Moosmayer/Lösler, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler, 2016, § 1 Rn. 4. 650 Schug, S. 197 f.; vgl. Hauschka, NJW 2004, 257 (257 ff.); Rodewald/Unger, BB 2006, 113 (113); vgl. Röh, BB 2008, 398 (398). 651 Schug, S. 197 f.; siehe Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 91 AktG Rn. 47; Simon/ Merkelbach, AG 2014, 318 (319); zum Teil wird dieser Aspekt der Compliance als „Compliance-Verantwortung“ bezeichnet. 652 Der Begriff der „Rechtsrisiken“ bezieht sich insofern primär auf die Verletzung zwingender Normen. Siehe dazu Baums, ZGR 2011, 218 (223 f.). 653 Dazu ausführlich Wendt, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler, 2016, § 9 Rn. 1 ff. 649

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rechtskonformen Verhalten ohnehin unbestritten besteht und demgemäß streng genommen durch diese Terminologie einer Selbstverständlichkeit nur ein anderer Name654 gegeben wird. Nach dem vorliegenden Verständnis geht die ideelle Bedeutung des Begriffs Compliance folglich über die Einrichtung einer entsprechenden Organisationseinheit hinaus. Eine organisatorische Komponente lässt sich zwar auch bei dieser ideellen Sichtweise auf die Compliance nicht abstreiten, die Compliance-Organisation/-Funktion als vom operativen Geschäft unabhängige Organisationseinheit eines Unternehmens ist jedoch hiervon zu unterscheiden. Die Compliance-Organisation wacht als abstrakte Stelle über die Umsetzung der eben erwähnten Compliance-Kultur. Wenn also im Rahmen der Organisationspflichten von Compliance die Rede ist, ist zumeist die Organisationseinheit gemeint, die sich mit den Aufgaben der Compliance befasst. Die Terminologie wird hierbei leider in der Literatur nicht stringent unterschieden, sodass begrifflich selten ein Unterschied zwischen der Compliance i.S. einer Legalitätskontrollpflicht bzw. „Compliance-Verantwortung“ und der Compliance als eigenständige Organisationseinheit zu erkennen ist. Trotz der verschiedenen Bezeichnungen handelt es sich bei der Pflicht, die in den letzten Jahren stark in die Diskussion geraten ist, überwiegend um die Pflicht zur Compliance-Organisation im soeben beschriebenen organisatorischen Sinne. Diese Compliance-Organisation muss aufgrund ihrer Funktion als Stelle zur Identifizierung und Minimierung von Haftungsrisiken als besondere RisikocontrollingFunktion und – auf die vorige Definition von Risikomanagement zurückgreifend – folglich als spezifischer Teil des Risikomanagements verstanden werden.655 Dass dieses Verständnis – jedenfalls im Bankenaufsichtsrecht – auch der Gesetzgeber zu Grunde gelegt hat, wird durch die Regelung des § 25a Abs.1 KWG deutlich, nach dem eine Compliance-Funktion Teil des internen Kontrollsystems und somit ein Bestandteil des Risikomanagements ist. Sie befasst sich mit der Identifizierung von Rechtsrisiken, die zu den operationellen Risiken gezählt werden, und beschäftigt sich mit deren Minimierung. Zusammenfassend sind demzufolge die Begriffe des Risikomanagements und der Compliance in ideeller Hinsicht im Sinne der anfangs genannten Definitionen voneinander zu unterscheiden. Organisationsrechtlich wird die viel diskutierte Pflicht zur Compliance-Organisation jedoch als Bestandteil des Risikomanagements anzusehen sein.656 Bei dem Umgang mit gesetzlichen Regelungen zur Compliance ist daher ein besonderes Augenmerk darauf zu legen, was die entsprechende Vorschrift zu bezwecken sucht.

654 Vgl. Schneider, ZIP 2003, 645 (464), der von einer „Binsenweisheit“ spricht; zustimmend Spindler, WM 2008, 905 (905). 655 Vgl. Schug, S. 206. 656 Schug, S. 206.

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Für die vorliegende Untersuchung ist insbesondere die Compliance als Organisationeinheit von Bedeutung, weshalb dem nachfolgenden Aufbau zunächst das Verständnis der Compliance als Teil des Risikomanagements zu Grunde gelegt wird. Demzufolge behandelt der folgende Teil zuerst die (allgemeinen) Regelungen zum Risikomanagement, bevor durch Bezugnahme auf die Vorgaben zur Compliance auf die spezielleren Anforderungen eingegangen wird. Dennoch wird an gegebener Stelle durch Auslegung ermittelt, ob die relevanten Compliance-Vorschriften die Pflicht zur Einrichtung einer gesonderten ComplianceOrganisation zum Gegenstand haben oder nicht.

II. Risikomanagement 1. Aktienrechtliche Pflichten im Hinblick auf das Risikomanagement Die Frage nach Vorstandspflichten hinsichtlich der Einrichtung und Organisation eines Risikomanagements hat ihren Ursprung nicht erst in den jüngeren Entwicklungen im Rahmen der Finanzkrise und beschränkt sich auch nicht auf die Finanzbranche. Bereits seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) am 1. Mai 1998657 ist eine ausdrückliche Pflicht des Vorstands, Maßnahmen zu treffen, um den Fortbestand des Unternehmens gefährdende Entwicklungen frühzeitig zu erkennen, in § 91 Abs. 2 AktG normiert. Uneinheitlich bewertet wird die Frage, ob sich daraus eine Pflicht des Vorstands zur Einrichtung eines umfassenden Risikomanagementsystems ableiten lässt.658 Zur Beantwortung dieser Frage sollte sich zunächst am Wortlaut und dem Zweck der Norm orientiert werden. § 91 Abs. 2 AktG beschränkt sich insoweit auf „bestandsgefährdende Entwicklungen“. Entwicklungen sind ihrerseits jedoch zum einen nicht mit Risiken gleichzusetzen, da sie schon ihrem Wortsinn nach sowie auch im Kontext des § 91 Abs. 2 AktG, der hierbei von deren „Erkennung“ spricht, voraussetzen, dass Geschehnisse schon eingetreten sind, ein Prozess also bereits begonnen hat.659 Zudem müssen nach § 91 Abs. 2 AktG nur Entwicklungen berücksichtigt werden, die den Bestand des Unternehmens gefährden, wobei hierbei nicht nur risikobehaftete Geschäfte, sondern auch Fehler in der Rechnungslegung oder Gesetzesverstöße zu 657 Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) vom 27. April 1998, BGBl. I S. 786. 658 Auf die genaue Darstellung der Diskussion wird hier mangels Relevanz für die weitere Untersuchung verzichtet. Zum Diskussionsstand umfassend siehe Schmidt, S. 60 ff.; Schneider, S. 39 ff.; Baums, ZGR 2011, 218 (250 ff.); Kort, ZGR 2010, 440 (444 ff.); auch die allgemeine Kommentarliteratur Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 91 AktG Rn. 34 ff. 659 Schneider, S. 32; Baums, ZGR 2011, 218 (251); Thaten, S. 227; vgl. Schmidt, S. 62; Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 25 Rn. 10; Wundenberg, S. 119.

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beachten sind.660 Als „bestandsgefährdende Entwicklungen“ werden dabei nach der Gesetzesbegründung solche Entwicklungen von § 91 Abs. 2 AktG erfasst, die die Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage wesentlich beeinflussen661. Dies wird wiederum weitestgehend so verstanden, dass die Entwicklungen das Insolvenzrisiko des Unternehmens erheblich steigern müssen.662 Nicht bestandsgefährdende Einzelrisiken werden dabei jedoch nicht komplett ausgeblendet. Gerade die Kumulierung einzelner, an sich nicht bestandsgefährdender Risiken663 kann letztendlich auch zu einer Bestandsgefährdung der Gesellschaft führen, sodass sich die Maßnahmen nicht nur auf wesentliche Einzelentwicklungen beziehen können.664 Daneben müssen diese Entwicklungen aber im Rahmen von § 91 Abs. 2 AktG nur „erkannt“ und die ergriffenen Maßnahmen überwacht werden. Dies impliziert, dass eine – der unten beschriebenen Risikoinventur665 ähnelnden – Identifikation der relevanten Entwicklungen bzw. möglicher Risiken erfolgt, die in einem zweiten Schritt auf ihr Bestandsgefährdungspotenzial hin untersucht und bewertet werden müssen.666 Zudem muss in organisatorischer Hinsicht ein Berichtskanal für bestandgefährdende Entwicklungen eingerichtet werden, der die unverzügliche Information des Vorstands sicherstellt, sowie eine angemessene und nachvollziehbare Dokumentation des gesamten Prozesses inklusive der getroffenen Maßnahmen erfolgen.667 § 91 Abs. 2 AktG erschöpft sich hinsichtlich seines Normgehalts damit allerdings bereits seinem Wortlaut nach in der Normierung einer Pflicht zur Einrichtung eines Risikofrüherkennungs- und Überwachungssystems668, das zwar einen Bestandteil

660 Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) vom 27. April 1998, BGBl. I S. 786; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 91 AktG Rn. 6. 661 RegBegr. KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 15. 662 Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, 2016, § 91 AktG Rn. 7; Dauner-Lieb, in: Henssler/ Strohn, § 91 AktG Rn. 7; Geiser, S. 133; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 91 AktG Rn. 6; Schmidt, S. 65; Schneider, S. 33; Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 25 Rn. 10; Wundenberg, S. 119. 663 Diese Aspekt wird in der Literatur häufig unter dem Stichwort der „Klumpenrisiken“ diskutiert, siehe dazu Fleischer, NJW 2009, 2337 (2343); Schäfer/Zeller, BB 2009, 1706 (1709); unter dem Begriff der Risiko-“Aggregation“ auch zu finden bei Baums, ZGR 2011, 218 (225), der letztlich Klumpenrisiken als eine besondere Form der so bezeichneten Risiko-Aggregation versteht (vgl. Baums, ZGR 2011, 218 (240 f.)). Zu Klumpenrisiken umfassend Fleischer/ Schmolke, ZHR 173 (2009), 649 (649 ff.); Hilke, S. 237 ff.; auch Schierenbeck/Lister/Kirmße, S. 125 ff. 664 Fleischer/Schmolke, ZHR 173 (2009), 649 (679); Geiser, S. 139; Schmidt, S. 66. 665 Siehe Teil 3, B.II.2.b)bb)(3), S. 185. 666 Dazu Baums, ZGR 2011, 218 (272 f.); Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 91 AktG Rn. 36; vgl. Müller-Michaels, in: Hölters, 2017, § 91 AktG Rn. 9. 667 Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 91 AktG Rn. 36im Detail hierzu Baums, ZGR 2011, 218 (273 f.); auch bei Huth, BB 2007, 2167 (2170) im Rahmen seiner „Grundsätze ordnungsgemäßer Risikoüberwachung“. 668 Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 91 AktG Rn. 6 ff.; Müller-Michaels, in: Hölters, 2017, § 91 AktG Rn. 6; Kort, ZGR 2010, 440 (442 f.).

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eines Risikomanagementsystems darstellt669 ; es können der Vorschrift allerdings keine genaueren Pflichten zur Organisation bzw. Implementierung eines umfassenden Risikomanagements im betriebswirtschaftlichen Sinne670 entnommen werden.671 Vielmehr ergibt sich insbesondere aus den Gesetzesmaterialien, dass eine derartige Pflicht nicht aus § 91 Abs. 2 AktG, sondern bereits aus der allgemeinen Leitungspflicht des Vorstands gem. § 76 Abs. 1 AktG resultiert672 und somit aus der allgemeinen Sorgfaltspflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsleitung und Organisation gem. §§ 76 Abs. 1, 93 Abs. 1 S. 1 AktG herzuleiten ist.673 Sie stellt damit einen Ausfluss der zuvor beschriebenen Organisationspflicht und demgemäß eine Leitungsaufgabe dar. Ob eine konkrete Pflicht für einen Vorstand einer Aktiengesellschaft im Einzelfall besteht, lässt sich indessen in dieser Allgemeinheit nicht sagen. Die Existenz einer entsprechenden Pflicht zur Einrichtung eines Risikomanagementsystems aufgrund der Leitungs- und Sorgfaltsverantwortung des Vorstands hängt dabei von der konkreten Lage des Unternehmens und dessen Risikoprofil ab. Die Einrichtung und Organisation steht dementsprechend im Rahmen der §§ 76 Abs. 1, 93 Abs. 1 S. 1 AktG im Geschäftsleiterermessen des Vorstands.674 2. Aufsichtsrechtliche Regelungen zum Risikomanagement Für den Bankensektor gibt es aufgrund seiner Risikoaffinität besondere aufsichtsrechtliche Regelungen zu den Anforderungen an das Risikomanagement auf verschiedenen Regulationsebenen. 669

Wundenberg, S. 121. Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 91 AktG Rn. 8; Kort, ZGR 2010, 440 (443); Schmidt, S. 66; Schneider, S. 39. 671 So die herrschende Ansicht in der Rechtswissenschaft: Dauner-Lieb, in: Henssler/ Strohn, 2016, § 91 AktG Rn. 9; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 91 AktG Rn. 8 ff.; Baums, ZGR 2011, 218 (250 f.); Bürkle, WM 2005, 1496 (1498); Geiser, S. 134, 138 f.; Schneider, S. 40 f.; Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 25 Rn. 11; Wundenberg, S. 121; eingeschränkt Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 91 AktG Rn. 16 ff.; a.A. noch VG Frankfurt v. 08. 07. 2004 – 1 E 7363/03 (I), AG 2005, 264 (265). 672 RegBegr. KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 15. 673 OLG Frankfurt v. 12. 12. 2007 – 17 U 111/07, OLGR Frankfurt 2008, 553 = AG 2008, 453 (454); vgl. VG Frankfurt v. 08. 07. 2004 – 1 E 7363/03 (I), AG 2005, 264 (265); MüllerMichaels, in: Hölters, 2017, § 91 AktG Rn. 6; vgl. Geiser, S. 132; Glage/Grötzner, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler, 2016, § 14 Rn. 22; Schmidt, S. 65; Schneider, S. 28; Wundenberg, S. 120; auch Ballwieser, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, S. 453; a.A. Kort, ZGR 2010, 440 (454). 674 Vgl. OLG Frankfurt v. 12. 12. 2007 – 17 U 111/07, OLGR Frankfurt 2008, 553 = AG 2008, 453 (454 f.); Ciota, S. 213; Geiser, S. 132 ff., 138 f.; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 91 AktG Rn. 10; Wundenberg, S. 120; vgl. Baums, ZGR 2011, 218 (266 ff.); Glage/Grötzner, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler, 2016, § 14 Rn. 22; vgl. ; zu den Grenzen bzw. den gesellschaftsrechtlichen Pflichten im Rahmen des Risikomanagements beim Einsatz komplexer Finanzinstrumente Kessler, BB 2013, 1098 (1100 ff.); wohl a.A. Kort, ZGR 2010, 440 (454). 670

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

Die Grundlage im Europäischen Recht bilden hierbei die Artt. 73 – 101 der CRD IV Richtlinie, die sich mit dem bankaufsichtlichen Überprüfungsverfahren (Supervisory Review Process – SRP) beschäftigen. Dieser Überprüfungsprozess umfasst zum einen das interne Kapitaladäquanzverfahren und zum anderen den aufsichtlichen Überprüfungs- und Evaluierungsprozess. Das Kapitaladäquanzverfahren (Internal Capital Adequacy Assessment Process – ICAAP) findet sich in den Artt. 73 – 96 CRD IV, der sog. SREP (Supervisory Review and Evaluation Process, SREP) in den Artt. 97 – 101. Die Vorschriften zum SREP enthalten Vorgaben dahingehend, auf welche Weise die Aufsicht ihrer Überprüfungsaufgabe nachkommen soll. Der SREP betrifft also die Praxis auf Seiten der Behörden und enthält keine Regelungen für Banken. Demzufolge spielen für die vorliegende Untersuchung die Vorgaben der Artt. 97 – 101 CRD IV – bzw. das diese in deutsches Recht umsetzende Pendant in § 6b KWG – nur eine untergeordnete Rolle. Relevant sind die Vorgaben nur insofern, als sich die Behördenpraxis gegebenenfalls auch auf die Pflichten der Geschäftsleiter auswirken kann, wenn durch deren Beachtung das Handeln der Aufsichtsbehörde absehbar ist und damit eventuelle Haftungsrisiken des Unternehmens vermieden werden können. a) Europäische Grundlagen – Internal Capital Adequacy Assessment Process, ICAAP Das Kapitaladäquanzverfahren hat – wie sein Name schon sagt – zum Ziel, dass ein Finanzinstitut über eine hinsichtlich der seinen Geschäften anhängigen Risiken adäquate Eigenkapitalmasse verfügt. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass das Institut dauerhaft bestehen und eine Insolvenz vermieden werden kann. Damit beurteilt werden kann, wann eine angemessene Eigenkapitalabdeckung vorhanden ist, müssen die entsprechenden Risiken zunächst identifiziert und in einem folgenden Schritt quantifiziert werden. Sodann kann ermittelt werden, wie hoch die Eigenkapitalabdeckung mindestens sein muss, um als „angemessen“ qualifiziert werden zu können. Die Regelungen zur notwendigen (Mindest-)Eigenkapitaldeckung und deren Berechnung finden sich allerdings, wie zuvor schon erläutert675, nicht in der CRD IV-Richtlinie. Die Grenzwerte und Berechnungsgrundlagen hierzu sind vielmehr unmittelbar rechtsverbindlich in der CRR-Verordnung geregelt und auch eher für die betriebswirtschaftliche als die rechtswissenschaftliche Beurteilung der Lage relevant. Dieser quantitative Ansatz wird durch Vorgaben hinsichtlich der Unternehmensführung und der Kontrolle ergänzt. Hier steht weniger die Quantifizierung der Risiken sowie deren Abdeckung durch Eigenkapital, sondern deren Entdeckung, Steuerung und Überwachung im Vordergrund. Es müssen geeignete Verfahren und Mechanismen eingerichtet werden, die die Risikoermittlung und -kontrolle ge675

Teil 1, B.III.1., S. 57.

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währleisten und somit die Steuerung der Risiken überhaupt erst ermöglichen. Die Implementierung dieser Verfahren greift einer Kompensation durch eine erhöhte Eigenkapitaldeckung vor und vermag zudem, steigenden Risiken bereits im Vorfeld entgegenzuwirken.676 Die Regelungen hinsichtlich des ICAAP in der CRD IV-Richtlinie bilden die Grundlage für die heutige Vorschrift des § 25a Abs. 1 S. 3 KWG. Um Dopplungen zu vermeiden werden daher die weiteren Details mit jeweiligem Hinweis auf die CRD IV-Richtlinie im Rahmen von § 25a KWG besprochen. b) Allgemeine Anforderungen an das Risikomanagement aa) Grundkonzeption von § 25a KWG Die zentrale spezialgesetzliche Vorschrift hinsichtlich organisatorischer Pflichten stellt § 25a KWG dar. § 25a Abs. 1 S. 1 KWG schreibt vor, dass ein Institut eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation aufweisen muss. Teil dieser ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation ist gem. § 25a Abs. 1 S. 3 KWG insbesondere ein „angemessenes und wirksames Risikomanagement“. Das Ziel dieses Risikomanagements ist es dabei, die Risikotragfähigkeit des Instituts fortwährend sicherzustellen. § 25a Abs. 1 S. 2 KWG weist die Aufgabe der ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation dabei allen Geschäftsleitern i.S.v. § 1 Abs. 2 S. 1 KWG gemeinschaftlich zu.677 Als Spezifikation der von Satz 1 verlangten ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation sind außerdem die Sätze 3 bis 6 des § 25a Abs. 1 KWG anzusehen. In Satz 3 wird dabei eine ausdrückliche Pflicht zur Einrichtung eines angemessenen und wirksamen Risikomanagements normiert678, dessen Ausgestaltung mit den im zweiten Halbsatz folgenden Nummern 1 – 6 genauer umschrieben, aber nicht abschließend geregelt wird. In § 25a Abs. 1 S. 3 KWG findet sich daher eine branchenspezifische Konkretisierung der soeben im Rahmen von §§ 76 Abs. 1, 93 Abs. 1 S. 1 AktG und § 91 Abs. 2 AktG herausgearbeiteten Pflichten679 hinsichtlich des Risikomanagements.680 676 Mülbert/Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502 (506); vgl. auch Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und Eigenkapitalanforderungen, Überarbeitete Rahmenvereinbarung von Juni 2006, Rn. 723. 677 Zu diesem Prinzip der Gesamtverantwortung und dessen haftungsrechtlicher Bedeutung siehe Teil 3, B.IV.5., S. 220. 678 Vgl. Langen, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25a KWG Rn. 51. 679 Siehe Teil 3, B.II.1., S. 175. 680 OLG Frankfurt v. 12. 12. 2007 – 17 U 111/07, OLGR Frankfurt 2008, 553 = AG 2008, 453 (454); OLG Düsseldorf v. 09. 12. 2009 – I-6 W 45/09, 6 W 45/09, CCZ 2010, 117 (129); Brüning/Samson, ZIP 2009, 1089 (1093); Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.7; vgl. Schneider, S. 90.

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Nr. 1 verlangt in diesem Zusammenhang die Festlegung von Strategien, die auf eine nachhaltige Entwicklung des Instituts ausgerichtet sind, sowie die Einrichtung von Prozessen zur Umsetzung, Beurteilung und Anpassung dieser Strategien. Verfahren, die ermöglichen, die Risikotragfähigkeit zu ermitteln und zu sichern, sind nach Nr. 2 Satz 1 einzurichten. Nr. 2 Satz 2 bestimmt, dass für die Ermittlung von Risiken und des zu ihrer Abdeckung verfügbaren Risikodeckungspotenzials eine vorsichtige Herangehensweise zugrunde zu legen ist.681 Für die Sicherung der Risikotragfähigkeit sind nach § 25a Abs. 1 S. 3 Hs. 2 Nr. 3 KWG die Einrichtung eines internen Kontrollverfahrens mit einem internen Kotrollsystem und einer internen Revision682 notwendig. Die Gestaltung des internen Kontrollsystems wird hierbei durch die folgenden lit. a) bis c) konkretisiert. Danach muss das interne Kontrollsystem insbesondere Regelungen umfassen, die den Ablauf und die verschiedenen Verantwortlichkeitsbereiche klar voneinander abgrenzen, sowie Prozesse bereitstellen, die hinsichtlich der Risikoidentifizierung, -steuerung, -überwachung und -kommunikation683 die Kriterien des Titels VII Kapitel 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt II der CRD IV684 zu erfüllen haben. Hier ergibt sich zudem durch Einfügung des lit. c) eine zentrale Neuerung der CRD IV-Umsetzung für die Geschäftsorganisation, indem nun die Implementierung sowohl einer eigenständigen Compliance- als auch einer Risikocontrollings-Funktion von den Instituten verlangt wird. Aufgrund der heutigen Diskussionsdichte um Begriff, Inhalt und Umsetzung der Compliance wird diese vorliegend jedoch separat an späterer Stelle behandelt. In Nr. 4 wird sodann festgestellt, dass das Risikomanagement im Hinblick auf das Personal und die Organisationstechnik angemessen auszustatten ist. Die Festlegung eines Notfallkonzepts wird in Nr. 5 geregelt, bevor Nr. 6 letztlich ein angemessenes und transparentes Vergütungssystem fordert. Dabei hängt die genauere inhaltliche Gestaltung des Risikomanagements gem. § 25a Abs. 1 S. 4 KWG von Art, Umfang, Komplexität und Risikogehalt der Geschäftstätigkeit ab. Normiert wird damit das sog. „Prinzip der doppelten Proportionalität“, welches besagt, dass zum einen die konkrete Ausgestaltung des Risikomanagements an den individuellen Rahmenbedingungen des einzelnen Unternehmens zu orientieren ist.685 Auf der anderen Seite richtet die Aufsicht die Intensität

681

Hiermit wird das für die Buchführung geltende Vorsichtsprinzip gem. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB für Institute noch einmal explizit aufgegriffen und hinsichtlich der notwendigen Risikoabdeckung konkretisiert. 682 Diese werden durch die MaRisk AT 4.3., AT 4.4 sowie BT 1 und BT 2 spezifiziert. 683 Näher dazu MaRisk AT 4.3.2 sowie BTR. 684 Richtlinie 2013/36/EG vom 26. 06. 2013. 685 Fleischer/Schmolke, ZHR 173 (2009), 649 (664); Bitterwolf, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 5/17 § 25a KWG Rn. 8; Langen, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25a KWG Rn. 32. Dieses Prinzip findet in Art. 74 Abs. 2 CRD IV seine europarechtliche Grundlage; dazu Mülbert/Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502 (507).

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und Häufigkeit ihrer Überprüfungen aber auch an diesen individuellen Begebenheiten der Institute aus.686 Darüber hinaus fordert Satz 6 im Folgenden noch angemessene Regelungen zur Bestimmung der finanziellen Lage des Instituts, eine vollständige Dokumentation der Geschäftstätigkeit sowie einen Prozess, über den Mitarbeiter Verstöße gegen die CRR687, das KWG, nachstehende Verordnungen oder sonstige strafbare Handlungen innerhalb des Instituts anonym melden können (sog. Whistleblower-System).688 § 25a Abs. 3 KWG erklärt die ordnungsgemäße Geschäftsorganisation der untergeordneten Gesellschaften zur Verantwortlichkeit der Geschäftsleiter der übergeordneten Institute. Bevor die Absätze 5, 5a und 6 sich im Einzelnen mit den Vergütungssystemen – auf die, wie bereits anfangs erläutert689, nicht eingegangen werden wird – der Institute auseinandersetzen, ist in § 25a Abs. 4 KWG eine Ermächtigung zu Gunsten des Bundesfinanzministeriums zur Konkretisierung der Anforderung an das Risikomanagement zu finden. bb) Anforderungen an das Risikomanagement Wie dieser kurzen, überblicksartigen Darstellung des § 25a Abs. 1 S. 3 KWG zu entnehmen ist, enthält diese Regelung eine nicht abschließende Aufzählung von Elementen des Risikomanagements. Die Inhalte der einzelnen Aufzählungspunkte sind dabei nicht alle gleichermaßen allgemein organisatorisch oder beispielhaft. Vielmehr enthalten die Nummern 1 – 3 eher allgemeine Organisationsinhalte des Risikomanagements, wohingegen die Nummern 4 – 6 einzelne Sachbereiche des operativen Geschäfts darstellen, die Risiken bergen und hinsichtlich derer dementsprechend ein Risikomanagement-System vorhanden sein muss. Trotz der zunehmenden Ergänzung dieser Vorgaben gibt § 25a Abs. 1 S. 3 KWG nur einen groben Rahmen dahingehend vor, welche Anforderungen an das Risikomanagement zu stellen sind. Den Instituten bzw. deren Geschäftsleitern verbleibt somit ein weiter Spielraum, wie sie die Anforderungen durch die konkrete Ausgestaltung wahrnehmen.690 Im Einklang hiermit finden sich im Folgenden auch nur die Vorgaben, die sich m. E. unmittelbar aus dem Gesetz ergeben; auf eine Wiedergabe oder Kommentierung der MaRisk wird verzichtet.691 686 Langen, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25a KWG Rn. 32; Mülbert/Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502 (507). 687 Verordnung (EU) Nr. 575/2013 vom 26. 06. 2013. 688 Dazu im Einzelnen beispielsweise Bitterwolf, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 5/17 § 25a KWG Rn. 12; Reppenthien, in: Beck/Samm/Kokemoor, 185. AL, 2017, § 25a KWG Rn. 212 ff.; Langen, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25a KWG Rn. 105 ff. 689 Teil 1, A.II.4.c)cc), S. 39. 690 Bitterwolf, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 5/17 § 25a KWG Rn. 8. 691 Daher erfolgt auch nur eine vorsichtige Zitierung der Kommentarliteratur, die insofern häufig die Vorgaben der MaRisk detailliert in den Blick nimmt.

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

In der folgenden Darstellung wird sich zudem nicht an der Sortierung des Gesetzes orientiert, sondern eine allgemeine Betrachtungsweise auf das Risikomanagement angelegt. Ziel des folgenden Abschnitts ist es daher zu verdeutlichen, welche Aufgaben einem Risikomanagement-Systems i.S.v. § 25a Abs. 1 KWG zukommen und aus welchen Kernelementen sowie Prozessabschnitten ein solches besteht. Sofern das Gesetz in § 25c KWG ausdrücklich auf Geschäftsleiterpflichten verweist, werden diese entweder an der maßgebenden Stelle direkt bei den oder im Anschluss an die allgemeinen Vorgaben des § 25a Abs. 1 KWG erörtert.

Quelle: Eigene Darstellung auf Grundlage von Mülbert/Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502 (507 ff.) und Romeike, in: Paetzmann/Schöning, S. 364 (Abb. 4).

Abbildung 5: Der Regelkreislauf des Risikomanagements

(1) Der Kreislauf des Risikomanagements Zentraler Zweck des Risikomanagements ist nach § 25a Abs. 1 S. 3 Hs. 1 KWG die Sicherstellung der Risikotragfähigkeit. Die Risikotragfähigkeit meint dabei, dass alle wesentlichen Risiken durch eine entsprechend ausreichende Haftungsmasse abgedeckt sind.692 Um dies gewährleisten zu können, ist dementsprechend zunächst eine Identifizierung und Quantifizierung der Risiken notwendig, um die aktuelle Risikotragfähigkeit zu ermitteln. 692 Vgl. Art. 73 CRD IV; zum Begriff der Risikotragfähigkeit siehe auch AT 4.1 Tz. 1 MaRisk.

B. Organisatorische Pflichten und Vorstandshaftung

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An dieser Stelle setzt das Risikomanagement an. Im Einklang mit dem europäischen ICAAP auf Grundlage der CRD IV-Richtlinie ergibt sich daher eine Art Kreislauf im Umgang mit Risiken: Zuerst sind die Risiken zu identifizieren und zu bewerten. Sodann erfolgt deren Steuerung und letztlich die Überwachung der Risiken sowie der Steuerungsprozesse. Die strategische Geschäfts- und Risikoplanung steht gleichsam über diesem ganzen Prozess. Sie hängt maßgeblich von der durch den Grad der aktuellen Risikotragfähigkeit bedingten Ausgangslage ab und beeinflusst hingegen selbst insbesondere die Steuerung der erkannten Risiken. (2) Geschäfts- und Risikostrategien (a) Allgemeine Anforderungen auf Grundlage von § 25a Abs. 1 S. 3 Hs. 2 Nr. 1 KWG Gem. § 25a Abs. 1 S. 3 Hs. 2 Nr. 1 KWG besteht die Verpflichtung, mindestens eine auf die nachhaltige Entwicklung des Instituts gerichtete Geschäfts- und eine damit konsistente Risikostrategie festzulegen. Es dürfen freilich auch hinsichtlich anderer Bereiche weitere Strategien entwickelt werden; § 25a Abs. 1 S. 3 Hs. 2 Nr. 1 KWG statuiert dahingehend nur ein Mindestmaß.693 In der Geschäftsstrategie sind die jeweiligen Geschäftsziele des Instituts sowie Maßnahmen zu deren Erreichung festzulegen.694 Die Risikostrategie hat sich hingegen mit den Zielen der Risikosteuerung und deren Umsetzung zu beschäftigen. Maßgeblich ist hierbei insbesondere, dass bezüglich der (wesentlichen) Risiken die Bereitschaft zu deren Eingehung (sog. „Risikohunger“) thematisiert wird und durch entsprechende Maßnahmen zu deren Steuerung unterlegt wird.695 Der Grad der Risikobereitschaft hinsichtlich der einzelnen Risikoarten und auch deren wechselseitiges Zusammenwirken in Form von Klumpenrisiken696 kann beispielsweise mit festgelegten Grenzwerten an Risikokonzentrationen umgesetzt werden, die sodann bei der Risikobewertung und -steuerung im Rahmen des Controllings zu berücksichtigen sind. Um die Strategien nachvollziehbar und umsetzbar zu machen, müssen diese ausreichend detailliert dokumentiert werden.697 Die Vorgaben der Strategien müssen hierbei aber noch keinen tiefgehenden Detaillierungsgrad vorweisen, sondern viel693

Mülbert/Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502 (510), Fn. 39. Reppenthien, in: Beck/Samm/Kokemoor, 185. AL, 2017, § 25a KWG Rn. 72; Hellstern, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25a Abs. 1 – 4 KWG Rn. 109. 695 Reppenthien, in: Beck/Samm/Kokemoor, 185. AL, 2017, § 25a KWG Rn. 79 f.; Hellstern, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25a Abs. 1 – 4 KWG Rn. 110; Mülbert/Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502 (510); vgl. Braun, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2016, § 25a KWG Rn. 168 ff. 696 Siehe auch Hellstern, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25a Abs. 1 – 4 KWG Rn. 110. 697 Hellstern, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25a Abs. 1 – 4 KWG Rn. 108; vgl. Mülbert/ Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502 (510). 694

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

mehr zunächst einmal nur die allgemeine Richtung vorgeben.698 Die Festlegung der Strategien an sich ist nämlich ureigene Aufgabe der Geschäftsleitung und daher nicht delegierbar; die konkrete Umsetzung und die Auswahl der Mittel und Maßnahmen kann dagegen in tiefere Organisationsschichten delegiert werden.699 Es muss aber sichergestellt sein, dass die Strategien die Grundlage für die Umsetzungsplanung bilden und die von der Geschäftsleitung gesetzten Ziele anvisiert werden.700 Die Überwachungsverantwortung verbleibt insofern bei der Geschäftsleitung. Um diesen Anforderungen an die Festlegung von Strategien nachzukommen, muss die Geschäftsleitung im Vorfeld zudem seit der CRD IV-Umsetzung einen Strategie-Erarbeitungsprozess entwickeln. § 25a Abs. 1 S. 3 Hs. 3 Nr. 1 erfordert insofern „die Einrichtung von Prozessen zur Planung, Umsetzung, Beurteilung und Anpassung der Strategien“. Erforderlich ist also, dass die Geschäftsabläufe laufend auf deren Vereinbarkeit mit den festgelegten Strategien überprüft werden und eine Zielerreichungs-Reflektion stattfindet. Gegebenenfalls müssen die Strategien abhängig von den Ergebnissen angepasst und neu kommuniziert werden, sodass § 25a KWG die Geschäftsleitung dazu zwingt, sich fortlaufend und nachhaltig mit der Geschäfts- und Risikostrategie und deren Umsetzung auseinanderzusetzen. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass ein Großteil der einschlägigen Kommentarliteratur sich (nicht nur) hier auf die Formulierungen der MaRisk fixiert und scheinbar mehr die MaRisk kommentiert als § 25a KWG selbst.701 Die soeben dargestellten Grundsätze sind indessen bereits direkt aus § 25a Abs. 1 S. 3 Nr. 1 KWG ersichtlich, sodass AT 4.2 MaRisk dahingehend auch keinen bedeutenden Erkenntnismehrwert liefert. Sofern die Regelungen der MaRisk über den dargestellten Rahmen hinausgehen, geben sie zum Teil die Ansicht der Aufsicht zur Gestaltung der Strategieentwicklung wieder. Zum Teil scheint die BaFin aber auch vermeintliche Pflichten begründen zu wollen. So beispielsweise in AT 4.2 Tz. 4 MaRisk, als die BaFin scheinbar eine Berichtspflicht des Vorstands zu Gunsten des Aufsichtsrats bezüglich der Geschäftsstrategien statuiert. Eine solche Berichtspflicht besteht aber im Aktienrecht durch § 90 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AktG jedenfalls hinsichtlich der allgemeinen Geschäftspolitik ohnehin bereits. Zum anderen geht – zugegebenermaßen erst seit 2014 – durch § 25d Abs. 6 S. 2 KWG auch unmittelbar aus dem KWG hervor, dass sich der Aufsichtsrat an dem Planungsprozess zu beteiligen hat. Da der Vorstand auch außerhalb von § 90 Abs. 1 AktG eine Berichtspflicht gegen698

Mülbert/Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502 (510). Hellstern, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25a Abs. 1 – 4 KWG Rn. 111. 700 Hellstern, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25a Abs. 1 – 4 KWG Rn. 111. 701 Die Strukturierung der Kommentarliteratur verweist nahezu durchgehend auf die entsprechenden Abschnitte der MaRisk, anstatt sich damit zu befassen, inwiefern das Erarbeitete bereits aus § 25a KWG ersichtlich ist. Insofern muten die Inhaltsverzeichnisse der entsprechenden Kommentierungen an, eine MaRisk-Kommentierung zu bezwecken, siehe Hellstern, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25a Abs. 1 – 4 KWG, Vor Rn. 1 – „Inhaltsverzeichnis“; ebenso neuerdings Braun, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2016, § 25a KWG, Vor Rn. 1 – insbesondere unter „C. Anforderungen an das Risikomanagement“. 699

B. Organisatorische Pflichten und Vorstandshaftung

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über dem Aufsichtsrat auf entsprechende Anforderung trifft, um eine Überwachungstätigkeit überhaupt zu ermöglichen, ergibt sich hierüber also bereits aus § 25d Abs. 6 S. 2 KWG eine bedingte Berichtspflicht des Vorstands, ohne dass es der ausdrücklichen „Regelung“ der BaFin bedürfe. Demgemäß wird den MaRisk nach der hier vertretenen Auffassung von der Fachliteratur jedenfalls in dieser Hinsicht eine zu große Bedeutung beigemessen. (b) Spezifizierung der Vorgaben nach § 25c Abs. 3 Nr. 3 und Abs. 4a Nr. 1 KWG Das Erfordernis der ausreichenden zeitlichen Widmung hinsichtlich der Strategiefestlegung ist in § 25c Abs. 3 Nr. 3 KWG geregelt. Hierdurch wird keine neue Pflicht begründet, sondern lediglich die sich bereits aus § 25a Abs. 1 S. 3 Hs. 2 Nr. 1 KWG ergebende Pflicht konkretisiert702 und deren Wichtigkeit im Rahmen der Geschäftsführung betont. Unterstrichen wird dies zudem durch § 25c Abs. 4a Nr. 1 KWG, der insoweit die Ebene der praktischen Umsetzung in den Fokus nimmt. Eine wichtige Voraussetzung der Umsetzbarkeit ist in der angemessenen Dokumentation der Strategie zu sehen, deren Erfordernis nunmehr ausdrücklich aus Buchstabe a) des § 25c Abs. 4a Nr. 1 KWG hervorgeht. Buchstabe b) hebt darüber hinaus die Qualität der Strategieentwicklung als fortdauernden Prozess hervor. Durch die Formulierung „fortlaufend“ wird diese zeitliche Komponente besonders verdeutlicht. Die Regelung stellt insgesamt allerdings keine neuen Pflichten im Rahmen der Organisationspflicht nach § 25a Abs. 1 S. 3 KWG auf, sodass ihr dahingehend703 kein eigenständiger Regelungsgehalt zukommt. Um die Tiefe und den Umfang der Pflichten des § 25a Abs. 1 S. 3 KWG näher bestimmen zu können, müssen die Vorgaben des § 25c KWG gleichwohl bei der Auslegung berücksichtigt werden. (3) Risikoaufdeckung und deren Erfassung (a) Risikoarten und deren Bewertung Zur Identifizierung und Bewertung der Risiken haben sich verschiedene Risikoarten herausgebildet. Das Bankenaufsichtsrecht beruht aktuell im Wesentlichen auf den Kategorien der Kredit- bzw. (Adressen-)Ausfallrisiken704, Marktpreisrisiken705, Liquiditätsrisiken706 und der operationellen Risiken707.

702

Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG Rn. 57 ff. Welche Bedeutung diese Mehrfacherwähnung scheinbar gleicher Pflichten hat, wird an späterer Stelle thematisiert, siehe Teil 3., B.IV.1., S. 201. 704 Risiko, dass der Vertragspartner bzw. Kreditnehmer seine Schuld (in Form der ihm gewährten Kredite) nicht begleichen kann; siehe Mülbert/Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502 (509), Fn. 31; Romeike, in: Paetzmann/Schöning, S. 36. 705 Gefahr bzgl. Verlusten, die das Institut aufgrund der Volatilität des Marktes erleidet; siehe Mülbert/Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502 (509), Fn. 32; Romeike, in: Paetzmann/Schöning, S. 36. 703

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

Auch wenn die deutsche Literatur einen anderen Eindruck vermitteln mag708, entspringt diese Einteilung in verschiedene Risikokategorien nicht der BaFin, sondern lässt sich bereits teilweise in den Eigenkapitalanforderungen von Basel I, jedenfalls aber in den Anforderungen von Basel II709 finden. Die CRR-Verordnung und die CRD IV-Richtlinie nehmen auf dieser Grundlage dieselbe Einteilung von Risiken vor, nur dass diese in der deutschen Übersetzung von einem etwas abweichenden – sich an den englischen Bezeichnungen der Risikoarten orientierenden – Vokabular ausgehen.710 Seit 2014 ist diese Unterscheidung der Risikokategorien als Mindestmaß in § 25c Abs. 4a Nr. 2 lit. a KWG nun auch im deutschen Recht gesetzlich verankert. Darüber hinaus sind weitere zu berücksichtigende Risikoarten denkbar.711 Dazu gehören beispielsweise Reputationsrisiken, aber auch sonstige Risikoarten, die in der CRD IV-Richtlinie712 und in der entsprechenden Fachliteratur713 zu finden sind. (b) Ermittlung und Sicherstellung der Risikotragfähigkeit Als Grundlage für die Ermittlung und Sicherstellung der Risikotragfähigkeit müssen die Institute ihre Risiken auch anhand ihrer Arten laufend erfassen und anlassbezogen überprüfen. Für die Bewertung der Risiken ist das Vorsichtsprinzip anzuwenden (siehe § 25a Abs. 1 S. 3 Hs. 2 Nr. 2 KWG). Folglich ist es zwar – im

706 Risiko, benötigte Zahlungsmittel nur zu erhöhten Kosten oder gar nicht beschaffen zu können; Mülbert/Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502 (509), Fn. 33; vgl. Romeike, in: Paetzmann/ Schöning, S. 36. 707 „Risiko von Verlusten, die durch die Unangemessenheit oder das Versagen von internen Verfahren, Menschen und Systemen oder durch externe Ereignisse verursacht werden, einschließlich Rechtsrisiken“, so wörtlich Art. 4 Abs. 1 Nr. 52 CRR; siehe auch Mülbert/Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502 (509), Fn. 34; vgl. Romeike, in: Paetzmann/Schöning, S. 36. 708 Siehe Braun, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2016, § 25a KWG Rn. 259; Mülbert/ Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502 (509); vgl. Langen, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25a KWG Rn. 77. 709 Baseler Ausschuss, Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und der Eigenkapitalanforderungen, Juni 2004, „Basel I“, S. 148 f. (Rn. 732 ff.), abrufbar unter http:// www.bis.org/publ/bcbs107ger.pdf [zuletzt aufgerufen am 05. 02. 2018]. 710 „(Adressen-)Ausfallrisiken“ sind in der CRR Kreditrisken (engl. credit risks), siehe bspw. schon Art. 1 Abs. 1 lit. c) CRR oder Art. 79 CRD IV; „Marktpreisrisiken“ werden schlicht Marktrisiken genannt (engl. market risks), siehe Art. 83 CRD IV; Liquiditäts- und operationelle Risiken (engl. liquidity risks und operational risks) werden auch identisch in der CRR (z. B. Art. 446 CRR) und CRD IV benannt, siehe zudem Artt. 85 f. CRD IV. 711 Siehe die Aufzählung der Risikoarten als „insbesondere“ zu berücksichtigende Risiken in § 25c Abs. 4a Nr. 2 lit. a KWG. 712 Z. B. das Konzentrations- und das Verbriefungsrisiko gem. Art. 81 f. CRD IV. 713 Deutsche Bundesbank, Monatsbericht März 2013, S. 31, 35, abrufbar unter https://www. bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Veroeffentlichungen/Monatsberichte/2013/2013_03_ monatsbericht.pdf?__blob=publicationFile [zuletzt aufgerufen am 10. 03. 2018]; siehe auch die Aufzählung in Mülbert/Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502 (509).

B. Organisatorische Pflichten und Vorstandshaftung

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Einklang mit den MaRisk, die insofern nur „wesentliche“ Risiken erfassen714 – sachgemäß, dass ein Institut auch tatsächlich nur die für sich selbst relevanten Risiken identifiziert und überwacht. Das Gesetz hat in § 25c Abs. 4a Nr. 2 lit. a KWG den Begriff der „wesentlichen“ Risiken aus den MaRisk mittlerweile übernommen, beschränkt die dort als „Risikoinventur“ bezeichnete Erfassung der Risiken aber nicht auf diese. Vielmehr sollte bei der Beurteilung und Bewertung im Einklang mit § 25a Abs. 1 S. 3 Hs. 2 Nr. 2 KWG insgesamt eine vorsichtige Betrachtung angesetzt werden. Im Zweifel sind daher auch unsichere Risikopositionen einzubeziehen bzw. es ist von einem höheren Risikowert auszugehen. Insbesondere dürfen kleinere Risiken nicht dahingehend unterschätzt werden, dass sie in einer Wechselbeziehung zu anderen Risiken stehen und dadurch Synergieeffekte entstehen können. Die Gefahr solcher Risikokonzentrationen oder auch Klumpenrisiken ist demgemäß ebenfalls bei der Bewertung zu berücksichtigen715, was sich seit Einführung des § 25c KWG nunmehr durch Abs. 4a Nr. 2 lit. b unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Das gängige Instrument zur Identifizierung solcher Konzentrationen stellt die Verwendung von Stresstests dar.716 § 25c Abs. 4a Nr. 3 lit. f KWG schreibt eine regelmäßige Durchführung nicht näher spezifizierter, angemessener Stresstests für die wesentlichen Risiken sowie das Gesamtrisikoprofil vor. Die „Angemessenheit“ der Stresstests hängt dabei – im Sinne des Proportionalitätsgrundsatzes – von Art und Umfang der Geschäftstätigkeit ab. Wichtig ist, dass das Gesetz insofern auch vorgibt, dass eine bloße Durchführung pro forma nicht ausreichend ist, sondern vielmehr die Ergebnisse entsprechend ausgewertet werden müssen. Auch wenn der Wortlaut es vermuten lässt, wird es in diesem Zusammenhang nicht genügen, dass der „mögliche Handlungsbedarf“ nur „geprüft wird“; dadurch, dass einem wirksamen Risikomanagementsystem auch die laufende Überprüfung und – wenn notwendig – Anpassung der Verfahren inhärent ist717, müssen nach der Aufdeckung von Mängeln im Rahmen von Stresstests auch entsprechende Maßnahmen zu deren Beseitigung ergriffen werden. Bei der Bewertung, Berechnung und Kapitalunterlegung der Risikopositionen müssen die Vorgaben der CRR-Verordnung718 beachtet werden. Das KWG nennt

714

Dazu Mülbert/Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502 (511); Reppenthien, in: Beck/Samm/ Kokemoor, 185. AL, 2017, § 25a KWG Rn. 82; Wundenberg, S. 113; vgl. Langen, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25a KWG Rn. 60. 715 Hellstern, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25a Abs. 1 – 4 KWG Rn. 92; vgl. Reppenthien, in: Beck/Samm/Kokemoor, 185. AL, 2017, § 25a KWG Rn. 83 ff. 716 Dazu Mülbert/Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502 (513). 717 An dieser Stelle sei an die vorherige bildliche Darstellung des RisikomanagementKreislaufs erinnert, Teil 3, B.II.2.b)bb)(1), S. 182 f. 718 Z. B. die Risikoparameter zur Berechnung des Kreditrisikos, siehe Art. 4 Abs. 1 Nr. 54 (Ausfallwahrscheinlichkeit = Probability of Default, PD) und Nr. 55 (Verlustquote bei Kreditausfall = Loss Given Default, LGD) sowie Art. 261 Abs. 1 CRR (Kredithöhe im Zeitpunkt des Ausfalls = Exposure at Default, EaD).

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

dahingehend keine besonderen Methoden; demzufolge sind die Bewertungen auf Grundlage der aktuellen betriebswirtschaftlichen Erkenntnisse vorzunehmen.719 Auch wenn die CRR-Anforderungen bei der Risikobewertung eher zustandsbezogen ausgestaltet sind, ist nach deutschem Recht insofern auch ein zukunftsorientierter Ansatz zu Grunde zu legen720, als § 25a Abs. 1 S. 3 Hs. 2 Nr. 2 KWG auch die „Sicherstellung“ der Risikotragfähigkeit verlangt. Um etwas „sicherstellen“ zu können, muss auch eine Annahme getroffen werden, welche Entwicklungen zu erwarten sind und wie auf diese zu reagieren ist. (4) Risikosteuerung durch das interne Kontrollsystem Das zu den internen Kontrollverfahren gehörende interne Kontrollsystem sorgt für die Steuerung der Risiken und für deren prozessbezogene Überwachung. Mit dem internen Kontrollsystem ist insofern keine eigenständige Organisationseinheit gemeint, sondern es stellt vielmehr ein Geflecht von Organisationsstrukturen dar, die eine „Identifizierung, Beurteilung, Steuerung, Überwachung und Kommunikation“ der Risiken ermöglichen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht müssen dementsprechende allgemeine Controllingprozesse geschaffen werden, die ein in diesem Sinne funktionierendes System gewährleisten. Organisatorisch müssen dementsprechend zunächst allgemeine Personalaufbauund Ablaufstrukturen geschaffen (dazu (1)) und darüber hinaus eine besondere Risikocontrolling-Funktion (dazu (2)) implementiert werden, bevor es an die Steuerung der Risiken gehen kann (dazu (3)). Die organisatorisch laut Gesetz ebenfalls hierzu gehörende Compliance-Funktion wird gesondert behandelt. (a) Aufbau- und Ablauforganisation Bereits § 25a Abs. 1 S. 3 Hs. 2 Nr. 3 lit. a) KWG schreibt vor, dass bei der Aufbau- und Ablauforganisation die Verantwortungsbereiche klar abgegrenzt werden müssen. Aus einer Hinzuziehung der Regelung des § 25c Abs. 4a Nr. 3 lit. a) KWG als Auslegungshilfe ist insofern zu fordern, dass den einzelnen Abteilungen klare Zuständigkeiten und Verantwortungsbereiche zuzuteilen sind. Auch die internen Wege des Reportings sind festzulegen, zu dokumentieren und entsprechend einzuhalten. Wichtig ist, dass miteinander unvereinbare Tätigkeiten von unterschiedlichen Mitarbeitern wahrgenommen werden, sodass sich keine Interessenkonflikte bilden können. Die Dokumentation wird in aller Regel durch interne Organigramme umgesetzt.

719

Eine detaillierte Auseinandersetzung mit den jeweiligen Bewertungs- und Berechnungsmethoden wird hier nicht erfolgen; dazu detaillierter Hellstern, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25a Abs. 1 – 4 KWG Rn. 95 ff.; überblicksartig auch Mülbert/Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502 (512 ff.). 720 Mülbert/Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502 (511); vgl. Braun, in: Boos/Fischer/SchulteMattler, 2016, § 25a KWG Rn. 95.

B. Organisatorische Pflichten und Vorstandshaftung

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Das KWG unterscheidet in § 25c Abs. 4a Nr. 3 lit. b) KWG seit dessen Einführung 2014 ausdrücklich zwischen zwei Ebenen721: Auf der einen stehen die prozessinitiierenden Abteilungen; auf der zweiten, der ersten nachgeschalteten Ebene befindet sich die gleichwohl in den Gesamtprozess eingebettete Kontrollinstanz. Innerhalb der ersten Ebene wird zwischen den Bereichen Markt und Handel unterschieden. Der Bereich „Markt“ ist dabei dem Kreditgeschäft zuzuordnen und stellt die erste Instanz der Kreditentscheidungen dar. Im Nachgang hierzu ist der Bereich der Marktfolge dem Marktbereich im Rahmen des Kreditgeschäfts nachgeschaltet, in dem die Kontrolle der und das zweite Votum für die Kreditvergabe vorgenommen werden. Parallel hierzu müssen entsprechende Abwicklungs- und Kontrollorganisationen für den Handelsbereich und daneben auch das Risikocontrolling als selbstständige Organisation bereitgestellt werden. Damit bestimmt das Gesetz die grundsätzlichen Organisationsstrukturen des Instituts bereits selbst. Die genaue Ausformung dieses Rahmenkonstrukts obliegt allerdings den Instituten. Von maßgeblicher Bedeutung ist dabei jedoch, dass die Institute die allgemeinen Wertungen des Gesetzes beachten. Sie müssen daher bei der Organisation durchweg darauf achten, dass die Funktionen der Abteilungen einmal hinsichtlich ihrer Zugehörigkeit zur ersten oder zweiten Organisationsebene und zum anderen im Hinblick auf sonstige Interessenkonflikte sowie Unvereinbarkeiten getrennt werden (sog. Prinzip der Funktionstrennung722). Darüber hinaus müssen Berechtigungen dementsprechend vergeben werden, dass wesentliche Entscheidungen und Vorgänge immer durch mindestens zwei Hände gehen müssen und kein Mitarbeiter eigenständig Entscheidungen im Alleingang treffen und umsetzen kann (sog. Vier-Augen-Prinzip723). Bezüglich der genauen Prozesseinrichtung erhebt § 25a Abs. 1 S. 3 Hs. 2 Nr. 3 lit. b) KWG außerdem die Vorgaben der Artt. 76 ff. CRD IV zu gesetzlichem Recht. (b) Die Einrichtung einer Risikocontrolling-Funktion Als eines der zentralen Kernelemente des internen Kontrollsystems müssen die Institute eine unabhängige Risikocontrolling-Funktion einrichten. „Unabhängig“ meint dabei, dass das Risikocontrolling losgelöst von der übrigen Geschäftsorganisation, aber in die allgemeinen Prozessstrukturen dennoch eingebettet als eigenständige Organisationseinheit eingerichtet wird, die direkt der Geschäftsleitung untersteht. Das Risikocontrolling kann vor dem Hintergrund der Überwachung und Kommunikation der Risiken als „Augen und Ohren“ der Geschäftsleitung, hin721

Risk.

Die MaRisk enthielten diese Unterscheidung bereits zuvor, vgl. Modul BTO der Ma-

722 Mülbert/Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502 (515); vgl. Reppenthien, in: Beck/Samm/Kokemoor, 185. AL, 2017, § 25a KWG Rn. 98; unter Einbeziehung der MaRisk Langen, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25a KWG Rn. 68 ff. 723 Mülbert/Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502 (515); Reppenthien, in: Beck/Samm/Kokemoor, 185. AL, 2017, § 25a KWG Rn. 100.

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

sichtlich der Risikobeurteilung, -bewertung und -steuerung zudem als „Gehirn“ der Geschäftsleitung gesehen werden. Es nimmt im Grunde – bis auf die strategische Planung – alle Aufgaben der Geschäftsleitung im Hinblick auf das Risikomanagement wahr und stellt als Einheit das Risikomanagement im engeren Sinne724 dar. Die Prozesse des Risikomanagements, die im Rahmen des oben dargestellten Kreislaufs durchlaufen werden müssen, fallen allesamt in die Verantwortung des Risikocontrollings. Um diesen Aufgaben angemessen nachkommen zu können, muss das Risikocontrolling über umfassende Informationsrechte hinsichtlich aller Bereiche des Instituts verfügen. (c) Die Steuerung der Risiken In funktioneller Hinsicht ist kurz darzulegen, welche Maßnahmen zur Risikosteuerung in Betracht kommen und wie deren praktische Umsetzung erfolgt. Beim Umgang mit Risiken sind folgende Handlungen denkbar und möglich: Vermeidung, Verminderung, Verlagerung sowie die bewusste Risikotragung.725 Inwiefern diese einzelnen Elemente bezüglich der verschiedenen Risiken im Institut gewichtet und gehandhabt werden, hängt maßgeblich von der Risiko- und Geschäftsstrategie des Instituts ab. Bei der Kreditvergabe spezialisieren sich die Institute mit ihren einzelnen angebotenen Produkten beispielsweise zumeist auf ein bestimmtes Publikum an Kreditnehmern. Ein wesentlicher Faktor ist dabei die Menge an Eigenkapital, die der Kreditnehmer bereitzustellen vermag. Je nachdem, welche Gruppe durch die Produkte des Instituts angesprochen werden soll, werden die Konditionen somit vorteilhaft oder nachteilig für den Kreditnehmer ausgestaltet. Manche Banken vergeben demgemäß keine Kredite für reine Fremdkapital-Finanzierungen, wodurch sie die damit verbundenen hohen Adressausfallrisiken schlichtweg vermeiden. Zudem können sie auch ihre Risiken vermindern, indem sie diese durch zusätzliche Sicherheiten besichern. Gerade im Bereich der Kreditvergabe müssen daher zum Beispiel konkrete interne Leitlinien erarbeitet und kommuniziert werden, anhand derer Kreditangebote erstellt und -entscheidungen getroffen werden (vgl. auch Art. 79 lit. a CRD IV). (5) Überwachung durch die interne Revision Während das Risikocontrolling die laufende, prozessbegleitende Überwachung der Geschäftsvorgänge überwacht, übernimmt die interne Revision die nachgelagerte, prozessunabhängige Kontrolle der Strukturen und Geschäfte. Diese Kontrolle 724 In der CRD IV-Richtlinie ist hinsichtlich dieser Funktion demgemäß auch von der „Risikomanagementfunktion“ die Rede, siehe Art. 76 Abs. 4 UAbs. 1 CRD IV. 725 Vgl. Baums, ZGR 2011, 218 (237).

B. Organisatorische Pflichten und Vorstandshaftung

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beschränkt sich nicht nur auf das Risikomanagement, sondern hat auch alle anderen Geschäftsbereiche zu umfassen.726 Damit die Wahrnehmung dieser Aufgabe möglich ist, muss die interne Revision daher grundsätzlich727 auch zum einen unabhängig organisiert und direkt der Geschäftsleitung unterstellt sein.728 Außerdem müssen den Mitarbeitern der internen Revision ebenfalls umfassende Informationsrechte zugestanden werden.729 c) Ressourcenausstattung Nach § 25c Abs. 4 KWG sowie § 25d Abs. 4 KWG sind die Institute verpflichtet, eine angemessene Ressourcenausstattung für die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Organmitglieder bereitzustellen. Diese Bereitstellungspflicht besteht sowohl in personeller als auch finanzieller Hinsicht. Die Pflicht ist allerdings sachlich auf die Erforderlichkeiten beschränkt, die sich aus der Ausführung des Amtes ergeben. Strebt ein Organmitglied daher eine Weiterbildung aus eigenem Interesse an, sind die Institute nicht nach §§ 25c, d KWG verpflichtet, finanziell dafür aufzukommen. Steht die Weiterbildung jedoch im weiteren Kontext zur Mandatswahrnehmung und kommt auch dem Institut zu Gute, steht es den Instituten selbstverständlich frei, dennoch entsprechende Investitionen zu tätigen. Dies kann insbesondere im Hinblick auf die allgemeine Motivationsförderung zur Wahrnehmung entsprechender Weiterbildungsangebote sinnvoll sein. § 25a Abs. 1 S. 3 Hs. 2 Nr. 4 KWG i.V.m. § 25c Abs. 4a Nr. 4 KWG statuiert zudem im Allgemeinen eine Pflicht der Institute, für eine angemessene personelle und technischorganisatorische Ausstattung zu sorgen. Auch wenn hier eine Selbstverständlichkeit normiert zu werden scheint, so ist besonders der Aspekt der technischorganisatorischen Ausstattung mit Blick auf die Praxis ein nicht zu vernachlässigender. In der heutigen, hoch technisierten Welt genügt es nämlich zur Implementierung eines wirksamen Risikomanagements nicht, in der personellen Organisation Grundsätze wie das Funktionstrennungsprinzip und das Vier-AugenPrinzip zu beachten. Vielmehr muss auf der Ebene der Umsetzung in technischer Hinsicht auch gewährleistet werden, dass die Systeme, mit denen tagtäglich ge-

726

Mülbert/Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502 (518); vgl. Langen, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25a KWG Rn. 90. 727 Eine unabhängige Wahrnehmung kann bei kleinen Instituten unverhältnismäßig sein, siehe Mülbert/Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502 (518); vgl. Reppenthien, in: Beck/Samm/Kokemoor, 185. AL, 2017, § 25a KWG Rn. 159. 728 Mülbert/Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502 (518); vgl. Reppenthien, in: Beck/Samm/Kokemoor, 185. AL, 2017, § 25a KWG Rn. 161. 729 Mülbert/Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502 (518); Reppenthien, in: Beck/Samm/Kokemoor, 185. AL, 2017, § 25a KWG Rn. 171.

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

arbeitet wird, entsprechend ausgerichtet sind730. Zudem müssen die IT-Systeme auch aktuell und sicher gehalten werden, um „angemessen“ i.S.v. § 25a Abs. 1 S. 3 KWG zu sein. d) Interne Grundsätze einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung Im Rahmen einer ordnungsgemäßen Institutsorganisation müssen die Geschäftsleiter gem. § 25c Abs. 3 Nr. 1, 2 KWG Grundsätze einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung beschließen, für deren Umsetzung Sorge tragen, diese überwachen731 sowie regelmäßig bewerten und bei Mängelfeststellung überarbeiten. Der Sinn und Zweck dieser Grundsätze geht ebenfalls direkt aus dem Gesetz hervor: Sie sollen zum einen die erforderliche Sorgfalt bei der Geschäftsführung gewährleisten, die Aufgabentrennung in der Organisation regeln und Interessenkonflikten vorbeugende Regelungen treffen. Auch wenn die Erforderlichkeit solcher internen Grundsätze vom Gesetz vor dem Hintergrund der Geschäftsorganisation geregelt wurde, mutet der Wortlaut von § 25c Abs. 3 Nr. 1, 2 KWG eher an, dass Gegenstand der Grundsätze die Geschäftsführung an sich und nicht (nur) die Geschäftsorganisation sein soll.732 Vor dem Hintergrund des Art. 88 Abs. 1 CRD IV, auf dessen Grundlage die Regelung des § 25c Abs. 3 Nr. 1, 2 sowie Nr. 3, 5 und 6 KWG entstanden ist733, ist davon auszugehen, dass es bei den Grundsätzen vornehmlich um geschäftsleitungsinterne Organisationsfragen und Interessenkonflikte gehen soll, wie sie üblicherweise Gegenstand von Geschäftsordnungen i.S.v. § 77 Abs. 2 AktG sind. Dementsprechend kann § 25c Abs. 3 Nr. 1, 2 KWG als Pflicht zum Erlass einer Geschäftsordnung entsprechendem Inhalt verstanden werden. Über die üblichen

730 In der Praxis wird dies im Rahmen des Vier-Augen-Prinzips bei Buchungsvorgängen beispielsweise im technischen Ablauf derart gewährleistet, dass für Initiierung und Freigabe von Geschäftsvorfällen zwei verschiedene IT-Kennungen verwendet werden müssen. 731 Hierbei können und werden das interne Kontrollsystem und die interne Revision im Zusammenspiel miteinaner den Geschäftsleitern helfen, sodass dahingehend auf ein konsistentes Berichtswesen zu achten ist, das den Geschäftsleitern so die Überwachung und auch die Einleitung potenziell notwendiger Maßnahmen zu erleichtern. Dazu auch Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/16 § 25c KWG Rn. 157. 732 Schwennicke scheint dahingehend die genaue Formulierung zu übersehen, die – ganz abgesehen von der Begründung in den Gesetzesentwürfen (siehe Fn. 733) – durch die Bezugnahme auf die „Geschäftsführung“ die Annahme rechtfertigt, dass der Gesetzgeber hier eine speziell auf die Geschäftsleitung zugeschnittene, von § 25a Abs. 1 S. 3 KWG unabhängige Regelung schaffen wollte, siehe Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25c KWG Rn. 58. 733 Siehe BT-Drucks. 17/10974, S. 86 (dort noch § 25c Abs. 2 Nr. 1 – 3 KWG-E); BRDrucks. 510/12, S. 142; vgl. Kleinert, in: Beck/Samm/Kokemoor, 183. AL, 2017, § 25c KWG Rn. 98; Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 30.

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Regelungen zur allgemeinen Geschäftsverteilung innerhalb des Vorstands sollte die Geschäftsordnung unter anderem daher folgende Aspekte734 regeln: - Regelungen zur Vermeidung von Interessenkonflikten: *

*

*

*

Verpflichtung zur Vermeidung von nicht gebilligten Interessenkonflikten Verpflichtung zur Mitteilung von Tatsachen, die einen Interessenkonflikt begründet haben oder dies könnten Verpflichtung der Geschäftsleiter zum Verzicht auf die Teilnahme an der Entscheidungsfindung oder Abstimmung hinsichtlich Thematiken, die einen Interessenkonflikt für das Mitglied bedeuten Verfahren zur Absicherung gegen Vetternwirtschaft

- Einrichtung eines Verfahrens zur Überprüfung und Genehmigung von der Aufnahme weiterer Ämter - Regelungen hinsichtlich der Folgen einer Nichteinhaltung der aufgestellten Grundsätze (vgl. EBA GL 44 Nr. 12 Rn. 6). e) Gewährleistung einer angemessenen und transparenten Unternehmensstruktur Gem. § 25c Abs. 3 Nr. 4 KWG müssen die Geschäftsleiter „für eine angemessene und transparente Unternehmensstruktur sorgen (…) und die hierfür erforderliche Kenntnis über die Unternehmensstruktur und die damit verbundenen Risiken besitzen“ – und zwar auch bezogen auf die Institutsgruppe (§ 25c Abs. 3 Nr. 4 Hs. 2 KWG). Die Norm setzt damit die Anforderungen der bis zum 30. Juni 2018 noch geltenden EBA GL 44 Nr. 6 (know-your-structure-Prinzip) und 7 (non-standard and non-transparent activities)735 in deutsches Recht um. Der Hintergrund dieser Regelung ist, dass komplexe Unternehmensstrukturen mit Risiken einhergehen, derer sich die Geschäftsleiter bewusst sein müssen.736 Demgemäß soll eine übermäßige Komplexität der Struktur vermieden werden.737 Die Unternehmesstruktur muss sich dabei, wie bereits direkt aus § 25c Abs. 3 Nr. 4 KWG hervorgeht, an den Geschäftsstrategien orientieren, da sie der Strate-

734

Auf Grundlage von Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 32 sowie Kleinert, in: Beck/Samm/Kokemoor, 183. AL, 2017, § 25c KWG Rn. 99; vgl. auch Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/16 § 25c KWG Rn. 149 ff. 735 Ab dem 30. Juni 2018 geregelt in EBA/GL/2017/11 Nr. 67 ff. 736 Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/16 § 25c KWG Rn. 166; Scholz, in: Luz/ Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 35; vgl. Braun, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2016, § 25c KWG Rn. 62. 737 Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/16 § 25c KWG Rn. 166; Scholz, in: Luz/ Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 37.

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gieumsetzung dient.738 Es ist daher notwendig, dass die Geschäftsleitung die Struktur des Instituts genau kennt und auch über die mit der Struktur verbundenen Risiken infomiert ist, um die Struktur im Einklang mit den Strategien und dem Gesamtrisikoprofil des Instituts gestalten zu können. Demgemäß muss ein solcher Informationsfluss hinsichtlich der Parameter der Unternehmensstruktur739 jederzeit möglich sein und in regelmäßigen Abständen routinemäßig genutzt werden.740 Das Gebot der „transparenten“ Unternehmensstruktur geht auf die Regelung der EBA GL 44 Nr. 7 zurück, dass die Struktur hinsichtlich Unternehmensstrategie und Risikoprofil auch insofern von den Geschäftsleitern verstanden und überwacht werden muss, als sich die Geschäftstätigkeit des Instituts auf Zweckgesellschaften erstreckt und/oder in Ländern betrieben wird, in denen keine ausreichende Transparenz (non-transparent) gegeben ist oder nicht die internationalen Branchenstandards (non-standard) gelten. Hiervon ist auch die bereits im Rahmen der Ursachen der Finanzkrise angesprochene741 Auslagerung von Aktivitäten zur Umgehung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben auf unregulierte Bereiche erfasst.742 Solche Tätigkeiten dürfen nur aufrechterhalten werden, wenn die Überzeugung der Geschäftsleitung gegeben ist, dass die sich hieraus ergebenden Risiken angemessen gesteuert werden können.743 Zur Minderung bzw. Verhinderung von Risiken im Rahmen derartiger Tätigkeiten sind geeignete Prozesse zur Prüfung und Überwachung einzurichten, die eine regelmäßige Beurteilung des Risikopotenzials und der Notwendigkeit der Tätigkeiten erlauben.744 f) Berichtswesen, § 25c Abs. 4a Nr. 3 lit. d, e, g KWG Zu einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation im Rahmen des Risikomanagements gehört zudem die Einrichtung und Sicherstellung eines konsistenten internen Berichtswesens. Die Regelungen der §§ 25a ff. KWG enthalten dahingehend neben dem gesellschaftsrechtlichen Berichtswesen selbst einige Pflichten zur Berichterstattung. Hierbei wird im Folgenden zwischen Berichten an die Geschäftsleitung und Berichten an das Aufsichtsorgan unterschieden, wobei nur die 738 BT-Drucks. 17/10974, S. 87; Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 35; Braun, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2016, § 25c KWG Rn. 61. 739 Z. B. Gesellschaftssatzung, Eigentümerstruktur, Geschäftstätigkeit der einzelnen Bereiche, Konzernstruktur, etc. Siehe dazu Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 37; Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/16 § 25c KWG Rn. 163. 740 Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 37, 40. 741 Siehe oben S. 28 ff., Fn. 16. 742 Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/16 § 25c KWG Rn. 166; Braun, in: Boos/ Fischer/Schulte-Mattler, 2016, § 25c KWG Rn. 63. 743 Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/16 § 25c KWG Rn. 165; Scholz, in: Luz/ Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 41. 744 Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/16 § 25c KWG Rn. 165; vgl. Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25c KWG Rn. 43.

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zwingend – also unabhängig von einer Aufforderung – vorgeschriebenen Berichte dargestellt werden. Soweit das Gesetz keine konkreten Berichtsintervalle nennt, sondern nur eine „angemessene“ oder „regelmäßige“ Berichterstattung verlangt, ist die Häufigkeit der Berichte im Sinne des Proportionalitätsgrundsatzes (§ 25a Abs. 1 S. 4 KWG) abhängig von Art, Umfang und Komplexität der Geschäftstätigkeit des jeweiligen Instituts. Die „Angemessenheit“ der Berichterstattung umfasst insoweit auch anlassbezogene Berichte, sofern bestimmte Geschäftsvorfälle dies rechtfertigen. Der Geschäftsleitung ist gem. § 25c Abs. 4a Nr. 3 lit. d KWG mindestens in vierteljährigen Abständen über die Risikosituation des Instituts zu berichten. Da die Beurteilung in den Zuständigkeitsbereich des Risikocontrollings fällt, trifft diese Pflicht organisatorisch den Leiter der Risikocontrolling-Funktion. In gleichem Umfang muss die interne Revision an die Geschäftsleitung Bericht erstatten (§ 25c Abs. 4a Nr. 3 lit. g KWG). Gem. § 25c Abs. 4a Nr. 3 lit. e, g KWG müssen ebenfalls mindestens vierteljährlich die Geschäftsleitung hinsichtlich der Risikosituation und die interne Revision an das Aufsichtsorgan berichten. g) Sonstige Anforderungen nach dem KWG Weitere Anforderungen ergeben sich außerdem aus § 25a Abs. 1 S. 3 Hs. 2 Nr. 5 KWG i.V.m. § 25c Abs. 4a Nr. 5 KWG hinsichtlich der Entwicklung eines Notfallkonzepts – insbesondere bezüglich der IT – und deren Sicherstellung durch regelmäßige Notfalltests. Für die Auslagerung von Prozessen finden sich neben dem eher allgemein gehaltenen Hinweis des § 25c Abs. 4a Nr. 6 KWG umfangreiche Vorgaben in § 25b KWG. Der Vollständigkeit halber zu nennen sind zudem die Pflichten zur Sicherstellung der Richtigkeit des Rechnungswesens nach § 25c Abs. 3 Nr. 5 KWG und zu Überwachung der Offenlegungsprozesse und der Kommunikation gem. § 25c Abs. 3 Nr. 6 KWG. Dass und warum die Anforderungen an die Vergütungsstrukturen (siehe § 25a Abs. 1 S. 3 Hs. 2 Nr. 6, Abs. 5 – 6 KWG) vorliegend ausgeklammert werden, wurde bereits am Anfang dieser Arbeit erörtert.745

745

Siehe zuvor Teil 1, A.II.4.c)cc), S. 39.

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

III. Compliance 1. Die aktienrechtliche Compliance a) Die Compliance als Vorstandspflicht Im Aktiengesetz findet sich der Begriff der Compliance selbst nicht. Dennoch entspricht es heute der überwiegenden Auffassung, dass den Vorstand nicht nur eine Pflicht zur eigenen Rechtstreue im Rahmen der Legalitätspflicht trifft, sondern dass er i.S. der bereits zuvor746 erwähnten Legalitätskontrollpflicht auch auf rechtstreues Verhalten auf den nachgeordneten Unternehmensebenen hinzuwirken hat.747 Dieses „Hinwirken“ wird in der Regel durch organisatorische Maßnahmen umgesetzt, womit aber nicht zwangsläufig die Einrichtung einer unabhängigen organisatorischen Einheit gemeint ist. Die Frage nach den Feinheiten dieser organisatorischen Strukturen trifft letztlich auch den Kern der kontroversen Diskussion der rechtswissenschaftlichen Literatur dahingehend, ob ein Vorstand immer zur Einrichtung einer „Compliance-Organisation“ verpflichtet ist. Das Problem ist hierbei, dass der eine unter einer „Compliance-Organisation“ eine eigenständige, organisatorische Struktur versteht,748 der andere aber nur die eben erwähnte Verpflichtung, jegliche Maßnahmen zur Verhinderung von Gesetzesverstößen im Unternehmen zu ergreifen749. Sofern man den Fokus von der Verwendung des Begriffs löst, fällt auf, dass die auf den ersten Blick kontrovers erscheinenden Standpunkte im Hinblick auf eine Compliance-Pflicht im Aktienrecht so unterschiedlich gar nicht sind. Die eine Seite geht von einer grundsätzlichen Compliance-Pflicht aus, sieht aber die konkrete Ausgestaltung der Compliance im Ermessen des Vorstands. Damit ist auch die Einrichtung eine Institutionalisierung der Compliance innerhalb des Unternehmens nicht in Stein gemeißelt; vielmehr sollen die Art und der Umfang der genauen organisatorischen Maßnahmen von der Größe, dem Komplexitätsgrad der Unternehmensstruktur und der Risikoexposition der Gesellschaft abhängen. Die Gegenseite beginnt die Argumentation auf dem gegenüberliegenden Ufer und erteilt der allgemeinen Annahme einer Compliance-Pflicht zunächst einmal eine klare Absage. Sodann räumt sie aber ein, dass gewisse Vorkehrungen zur Verhinderungen von Rechtsverstößen getroffen werden müssen und nennt dies teilweise dann gerade nicht mehr „Compliance“, sondern Legalitätskontrollpflicht. Nach dem hiesigen Verständnis konzentriert sich die Diskussion also mehr oder minder auf eine uneinheitliche Benutzung der verschiedenen Begrifflichkeiten, ohne sie genau zu definieren.

746

Teil 2, B.II.1.b)aa), S. 111. Krieger/Sailer-Coceani, in: Schmidt/Lutter, 2015, § 93 AktG Rn. 8; Thaten, S. 203 f. 748 Beispielsweise Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 76 AktG Rn. 13; Harbarth, ZHR 179 (2015), 136 (152 f.); Thole, ZHR 173 (2009), 504 (510). 749 Tendenziell Bürgers, ZHR 179 (2015), 173 (176 f.). 747

B. Organisatorische Pflichten und Vorstandshaftung

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Es bleibt festzuhalten: Es besteht neben der Legalitätspflicht i. e.S. grundsätzlich auch eine Legalitätskontrollpflicht, die den Vorstand dazu anhält, durch noch näher zu bestimmende Maßnahmen Rechtsverstößen in der Gesellschaft vorzubeugen. Die aktienrechtliche Grundlage750 ist, wie bereits zuvor flankiert, in §§ 76, 93 AktG zu finden.751 Auch eine Herleitung aus § 91 Abs. 2 AktG ist zwar insofern denkbar, als Gesetzesverstöße durchaus bestandsgefährdend und somit als bestandsgefährdende Risiken durch das Früherkennungssystem des § 91 Abs. 2 AktG erfasst sein können. Allerdings werden hierdurch nicht alle Normverstöße erfasst, sodass § 91 Abs. 2 AktG letztlich nicht zur Begründung einer Legalitätskontrolloder auch Compliance-Pflicht herangezogen werden kann.752 Ähnlich verhält es sich, wenn man die Compliance-Pflicht aus § 130 OWiG herleiten möchte. Zwar normiert § 130 OWiG eine Pflicht der Geschäftsleiter zur Vornahme von Aufsichtsmaßnahmen, allerdings ist diese Aufsichtspflicht auf strafbzw. bußgeldbewährte Rechtsverstöße beschränkt.753 Die Compliance-Pflicht i.S.e. Legalitätskontrollpflicht hingegen bezieht sich auf jegliche Gesetzesverstöße unabhängig davon, ob diese mit Strafe oder einem Bußgeld geahndet werden. Damit können die aus der Beachtung von § 130 OWiG erwachsenden Pflichten die allgemeine Compliance-Pflicht ergänzen und konkretisieren. § 130 OWiG kann aber nicht zu deren Begründung herangezogen werden.754 b) Konkretisierung des Pflichtenrahmens Der konkrete Pflichtenrahmen hängt maßgeblich von der individuellen Situation der Gesellschaft und deren Umfeld ab, sodass sich keine allgemeinverbindlichen Leitlinien formulieren lassen. Dem Vorstand kommt bei der Einrichtung mithin ein großer Entscheidungsspielraum zu, der auch der business judgement rule unterliegt.755 Gleichwohl können jedenfalls anhand der Entwicklungsstadien von Geset750

Das LG München I hat diese Frage offen gelassen, LG München I v. 10. 12. 2013 – 5 HK O 1387/10, NZG 2014, 345 (346). 751 Krieger/Sailer-Coceani, in: Schmidt/Lutter, 2015, § 93 AktG Rn. 8; Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 50; Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 91 AktG Rn. 50; Tödtmann/Winstel, in: Semler/Peltzer/Kubis, 2015, § 13 Rn. 11; Koch, in: Hüffer/ Koch, 2016, § 76 AktG Rn. 12; Harbarth, ZHR 179 (2015), 136 (145 ff.); Bürgers, ZHR 179 (2015), 173 (175 f.); Thole, ZHR 173 (2009), 504 (510); Klahold/Lochen, in: Hauschka/ Moosmayer/Lösler, 2016, § 37 Rn. 4; Thaten, S. 203. 752 So auch Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 50; Tödtmann/Winstel, in: Semler/Peltzer/Kubis, 2015, § 13 Rn. 8; Harbarth, ZHR 179 (2015), 136 (144); Thole, ZHR 173 (2009), 504 (510). 753 Ähnlich Kremer/Klahold, ZGR 2010, 113 (119). 754 Kremer/Klahold, ZGR 2010, 113 (119); mit anderer Begründung Schücking, in: Krieger/ Schneider, 2017, § 41 Rn. 41.89 ff.; a.A. Hein, BOARD 2014, 178 (179). 755 Krieger/Sailer-Coceani, in: Schmidt/Lutter, 2015, § 93 AktG Rn. 8; Tödtmann/Winstel, in: Semler/Peltzer/Kubis, 2015, § 13 Rn. 35 ff.; Klahold/Lochen, in: Hauschka/Moosmayer/

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zesverstößen einzelne Konstellationen extrahiert werden, innerhalb derer jedenfalls ein Grundgerüst an Handlungsempfehlungen für den Vorstand aufgestellt werden kann.756 Die erste Stufe betrifft vorbereitende Maßnahmen zu einem Zeitpunkt, in dem noch keine Gesetzesverstöße zu verzeichnen sind. Hier geht es also letztlich um die organisatorische Einrichtung und Ausgestaltung mit dem Ziel, ein Fehlverhalten zu verhindern.757 Dem Vorstand kommt dabei ein großer Ermessensspielraum zu Gute, den er aber auch zu nutzen hat. Um dies tun zu können, muss als Vorfrage geklärt werden, wie hoch das Gefährdungspotenzial der Gesellschaft eigentlich ist. Je nach dem Ergebnis dieser Gefährdungsidentifikation kann der Vorstand sodann entscheiden, ob und welche Maßnahmen notwendig und angemessen758 sind. So liegt es auch grundsätzlich im Ermessen des Vorstands – und unterliegt damit der business judgement rule –, ob er seine Compliance institutionalisiert oder in die übrige Unternehmensorganisation einbettet mit der Folge, dass es eine „Pflicht zur Compliance-Organisation“ schlechthin nicht gibt.759 Allein die konkrete Situation der Gesellschaft (z. B. Größe, Börsennotierung760) kann dann letztlich doch eine Pflicht zur Einrichtung einer unabhängigen Compliance-Struktur gebieten.761 Sofern auf der zweiten Stufe bereits Verstöße oder Verdachtsmomente für Verstöße gegeben sind, müssen die Geschäftsleiter jedenfalls zunächst ermittelnd eingreifen.762 Welche Maßnahmen der Vorstand hierfür im Einzelnen ergreift und welchen Umfang die Ermittlungen haben, steht dabei wiederum im Ermessen des

Lösler, 2016, § 37 Rn. 4; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 76 AktG Rn. 14; Harbarth, ZHR 179 (2015), 136 (152 ff.); Thaten, S. 205 f.; Bachmann, BB 2015, 771 (774). 756 Diese Unterscheidung ebenfalls treffend: Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 53 ff.; Bürgers, ZHR 179 (2015), 173 (176 ff.). 757 Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 54 ff.; Bürgers, ZHR 179 (2015), 173 (176 f.); Kremer/Klahold, ZGR 2010, 113 (127). 758 Gemessen an den zur Verfügung stehenden Ressourcen Harbarth, ZHR 179 (2015), 136 (149 ff., 153); vgl. Paefgen, WM 2016, 433 (437); vgl. auch Tödtmann/Winstel, in: Semler/ Peltzer/Kubis, 2015, § 13 Rn. 37 ff. 759 Paefgen, WM 2016, 433 (437); Bürgers, ZHR 179 (2015), 173 (176 f.); Harbarth, ZHR 179 (2015), 136 (153); Kremer/Klahold, ZGR 2010, 113 (119); auch Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 76 AktG Rn. 14. 760 Tödtmann/Winstel, in: Semler/Peltzer/Kubis, 2015, § 13 Rn. 44; Harbarth, ZHR 179 (2015), 136 (153); Bürgers, ZHR 179 (2015), 173 (176 f.). 761 Klahold/Lochen, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler, 2016, § 37 Rn. 4; Harbarth, ZHR 179 (2015), 136 (152 f.); Bürgers, ZHR 179 (2015), 173 (176 f.); vgl. Kremer/Klahold, ZGR 2010, 113 (120 f.); vgl. Thaten, S. 205 f. 762 Klahold/Lochen, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler, 2016, § 37 Rn. 8; Harbarth, ZHR 179 (2015), 136 (161 f.); Bürgers, ZHR 179 (2015), 173 (177 f.); Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 76 AktG Rn. 16.

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Vorstands. Ein aufgedeckter Verstoß ist grundsätzlich763 zu ahnden, wobei auch hier die Auswahl der konkreten Sanktion nicht determiniert ist.764 Losgelöst von der konkreten Situation können Verstöße die Geschäftsleiter zudem dazu veranlassen, die Organisationsstrukturen zu überprüfen und Modifikationen vorzunehmen.765 Auf dieser dritten Stufe kommt die Pflicht des Vorstands zur laufenden Überprüfung und Nachbesserung der Organisationsstrukturen im Rahmen ihrer Compliance-Pflicht zum Ausdruck. 2. Die aufsichtsrechtliche Compliance-Funktion nach § 25a Abs. 1 S. 1, S. 3 Hs. 2 Nr. 3 lit. c) KWG Nach § 25a Abs. 1 S. 1 KWG muss ein Institut „über eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation verfügen, die die Einhaltung der vom Institut zu beachtenden gesetzlichen Bestimmungen und der betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten gewährleistet“. Die Institute trifft auf Grundlage dieser Vorschrift eine Pflicht, über geeignete Regelungen zur Steuerung und Überwachung im Hinblick auf die Einhaltungen gesetzlicher Bestimmungen zu verfügen.766 Insofern wird hiermit eine Compliance-Pflicht bzw. Legalitätskontrollpflicht als Teil einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation statuiert. Konkretisiert wird diese allgemeine Verpflichtung zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen im Rahmen der Unternehmensorganisation durch § 25a Abs. 1 S. 3 Nr. 3 lit. c) KWG, der die Bereithaltung einer „Compliance-Funktion“ innerhalb des internen Kontrollsystems sowie im Rahmen von § 25a Abs. 1 S. 5 KWG auch die regelmäßige Überprüfung hinsichtlich deren Wirksamkeit und Angemessenheit vorschreibt. Der Begriff der „Compliance-Funktion“ hat erstmals im Wertpapierrecht durch § 33 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 WpHG a.F. Eingang in ein deutsches Gesetz gefunden. Während bei der Auslegung des Begriffs in Zusammenhang mit der WpDVerOV von der Kommentarliteratur im Hinblick auf die wertpapierrechtliche Compliance-Funktion teilweise noch angenommen wurde, dass der Gesetzgeber damit grundsätzlich die Einrichtung einer unabhängigen Organisationseinheit bezwecken wollte,767 ergibt sich hinsichtlich § 25a Abs. 1 S. 3 Nr. 3 lit. c) KWG ein etwas anderes Bild. Dort geht das allgemeine Verständnis eher dahin, dass dadurch die Funktion der Compliance betont werden soll und 763 Ausnahmen anerkennend Harbarth, ZHR 179 (2015), 136 (161 f.); auch Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 76 AktG Rn. 16. 764 Bürgers, ZHR 179 (2015), 173 (178); vgl. Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 76 AktG Rn. 16. 765 Bürgers, ZHR 179 (2015), 173 (178); Klahold/Lochen, in: Hauschka/Moosmayer/ Lösler, 2016, § 37 Rn. 9. 766 Vgl. Bitterwolf, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 5/17 § 25a KWG Rn. 8d; Reppenthien, in: Beck/Samm/Kokemoor, 185. AL, 2017, § 25a KWG Rn. 46. 767 Tendenziell bei Meyer/Paetzel/Will, in: KölnKommWpHG, 2014, § 33 WpHG Rn. 6.

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konkrete Organisationsvorgaben nicht statuiert werden sollten. Der Grund für diesen Verständniswandel wird wohl in der Gesetzesbegründung zu der Einführung der Compliance-Funktion in § 25a Abs. 1 S. 3 Nr. 3 lit. c) KWG liegen. Danach stellten die „Begrifflichkeiten schwerpunktmäßig auf die funktionale Bedeutung ab“, sodass „gerade bei kleineren Instituten (…) eigenständige Organisationseinheiten zur Erfüllung dieser Aufgaben nicht obligatorisch“ seien.768 Im Einklang mit der (bisherigen)769 grundsätzlichen Erwartung der BaFin ist daher überwiegend anerkannt, dass eine unabhängige Organisation der Compliance-Funktion nicht zwingend notwendig ist. Allerdings gilt auch bei der Beurteilung, ob eine eigene Compliance-Organisation im Sinne einer eigenständigen Abteilung eingerichtet werden muss, der Proportionalitätsgrundsatz.770 Damit wird sich die Waage regelmäßig mehr in Richtung der Gebotenheit einer eigenständigen Abteilung neigen, je größer das betroffene Institut ist. Dies schlägt sich auch insofern in der neuen Fassung der MaRisk nieder, als die BaFin dort nun ausdrücklich in Modul AT 4.4.2 Tz. 4 bestimmt, dass systemrelevante Institute „eine eigenständige Organisationseinheit einzurichten“ haben. Diese Anforderung wird wohl von allen systemrelevanten Instituten ohnehin schon erfüllt werden. Nichtsdestotrotz darf kurz darauf hingewiesen werden, dass dies eine behördliche Vorgabe ist, die sich in dieser Form nicht aus dem Gesetz ergibt, auch wenn der Einwand der Unverhältnismäßigkeit wegen mangelnder Ressourcen bei großen Instituten freilich nicht mehr zu greifen vermag. Durch die bewusst funktionale Ausrichtung des § 25a Abs. 1 S. 3 Nr. 3 lit. c) KWG dürfte dennoch auch bei großen Instituten eine integrierte Organisation solange gesetzeskonform sein, als dadurch die Funktionalität der Compliance-Arbeit nicht beeinträchtigt wird. Ausgangspunkt für die Erarbeitung des Umfangs der Organisationspflicht sollte nach der Wertung des Gesetzgebers daher immer die Funktion der Compliance sein. Das Hauptziel der Compliance-Funktion ist es, die Einhaltung der gesetzlichen Normen sicherzustellen und so den daraus resultierenden Risiken bereits präventiv entgegen zu wirken.771 Gleichsam dient die Compliance dabei der Überwachung des Unternehmens wie auch der Beratung in rechtlichen Angelegenheiten.772 Zwar lassen sich aus der Compliance-Tätigkeit noch weitere Funktionen extrahieren, die aller-

768

BT-Drucks. 17/10974, S. 85 (a.E.). So noch im Modul AT 4.4.2 der MaRisk aus 2012, dazu Bitterwolf, in: Reischauer/ Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/13 § 25a KWG Anhang 1 Rn. 3 ff. 770 Gebauer/Fett, in: Krieger/Schneider, 2017, § 24 Rn. 24.19, 24.33. 771 So auch BT-Drucks. 17/10974, S. 85; Gebauer/Fett, in: Krieger/Schneider, 2017, § 24 Rn. 24.15; Bitterwolf, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 5/17 § 25a KWG Rn. 8d; Bührle, S. 87; vgl. Gebauer/Niermann, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler, 2016, § 48 Rn. 22. 772 Gebauer/Fett, in: Krieger/Schneider, 2017, § 24 Rn. 24.15; Thaten, S. 200 ff.; Schug, S. 201 ff.; Lösler, NZG 2005, 104 (104 f.); Gebauer/Niermann, in: Hauschka/Moosmayer/ Lösler, 2016, § 48 Rn. 48 ff. 769

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dings eher die Funktionalität aus unternehmerischer Sicht beschreiben.773 Da die aufsichtsrechtlichen Normeninhalte aber im öffentlichen Interesse gefasst worden sind, sind die unternehmerischen Funktionen bei der Auslegung der aufsichtlichen Normen eher nebensächlich. Um diese Funktionen letztlich auch erfüllen zu können, müssen allerdings einige organisatorische Begebenheiten vorhanden sein. Losgelöst von der konkreten Einbettung in die Geschäftsorganisation muss die Unabhängigkeit der ComplianceMitarbeiter gewährleistet sein. Dies gilt zum einen aus einer organisatorischen Perspektive, indem die Mitarbeiter nicht zugleich in dem operativen Geschäftsbereich tätig sein dürfen, den sie kontrollieren.774 Darüber hinaus müssen ComplianceMitarbeiter – außer gegenüber der Geschäftsleitung – weisungsunabhängig sein und über umfassende und uneingeschränkte Informationskompetenzen verfügen, damit sie ihrer Aufgabe ordentlich nachkommen können.775 Damit geht schließlich auch einher, dass die Compliance-Funktion ohne weitere Organisationsebenen direkt der Geschäftsleitung untergeordnet sein muss.776

IV. Geschäftsleiterhaftung im Bereich der Risikomanagementund Compliance-Organisation 1. Verhältnis der §§ 25a, 25c KWG zum Aktienrecht Die vorige Darstellung hat gezeigt, dass das Aufsichtsrecht Regelungen in Bereichen schafft, in denen das Aktienrecht als repräsentative Beispielordnung des Gesellschaftsrechts eher offen und indeterminiert ist. Nicht nur die persönlichen Anforderungen an Geschäftsleiter von Instituten, sondern auch die Organisationsvorgaben in Bezug auf Risikomanagement und Compliance gehen deutlich über das hinaus, was das Aktienrecht für „normale“ Aktiengesellschaften vorsieht. Auch wenn das Aufsichtsrecht in dieser Hinsicht „spezieller“ zu sein scheint, kann das Verhältnis der aufsichtsrechtlichen Organisationvorschriften zu den aktienrechtlichen aber auch777 hier nicht als klassisches Spezialitätsverhältnis bezeichnet werden. 773 Beispielsweise Reputationsschutz, Schaffung von Vertrauen und dadurch Wertsteigerung, Qualitätssicherung, etc. Dazu Schug, S. 201 ff.; Lösler, NZG 2005, 104 (104 f.); Schoppmann, S. 9 ff. 774 Gebauer/Fett, in: Krieger/Schneider, 2017, § 24 Rn. 24.34; Thaten, S. 197; vgl. Reppenthien, in: Beck/Samm/Kokemoor, 185. AL, 2017, § 25a KWG Rn. 141 ff.; Gebauer/Niermann, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler, 2016, § 48 Rn. 66. 775 Gebauer/Fett, in: Krieger/Schneider, 2017, § 24 Rn. 24.31. f.; Thaten, S. 197 f.; Gebauer/Niermann, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler, 2016, § 48 Rn. 70. 776 Gebauer/Fett, in: Krieger/Schneider, 2017, § 24 Rn. 24.31. f.; Reppenthien, in: Beck/ Samm/Kokemoor, 185. AL, 2017, § 25a KWG Rn. 139; Gebauer/Niermann, in: Hauschka/ Moosmayer/Lösler, 2016, § 48 Rn. 69. 777 Siehe dazu bereits im Rahmen der persönlichen Anforderungen an Geschäftsleiter Teil 3, A.III.1., S. 155.

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

Vielmehr sind beide Rechtsordnungen mangels Kollision uneingeschränkt nebeneinander anwendbar.778 Auch die Organisationsvorgaben des Aufsichtsrechts sind also als Ergänzungsvorschriften zu dem aktienrechtlichen Grundrahmen zu begreifen.779 Normadressaten von § 25a Abs. 1 KWG sind zunächst einmal die Institute selbst. Indem § 25 Abs. 1 S. 2 KWG allerdings die Verantwortung für die Institutsorganisation den Geschäftsleitern zuweist, transformiert das Gesetz die Institutspflichten sodann auch in Geschäftsleiterpflichten.780 Demnach werden auch im Rahmen von § 25a Abs. 1 KWG hinsichtlich der Geschäftsorganisation die Geschäftsleiter selbst verpflichtet, sodass es zur Pflichtenbegründung wie bei den persönlichen Anforderungen nach § 25c Abs. 1, 2 KWG781 nach der hier vertretenen Auffassung des Umwegs über die Legalitätspflicht nicht bedarf. Selbst wenn man annehmen wollte, dass sich der Regelungsgehalt von § 25a Abs. 1 S. 2 KWG darauf beschränkt, das Prinzip der Gesamtverantwortung zu normieren, würde sich angesichts § 25c Abs. 3 KWG im Hinblick auf die Pflichtenbegründung für die Institutsorganisation im Wesentlichen nichts anderes ergeben. Denn jedenfalls hier nimmt der Gesetzeswortlaut die Geschäftsleiter persönlich in die Pflicht und betont einzelne Pflichten im Rahmen der Geschäftsorganisation. Um die herausgearbeiteten Anforderungen aus praktischer Sicht mit Leben zu füllen, sind diese im Folgenden in den Kontext der Haftung zu setzen. Ein Anspruch auf eine vollständige Erörterung kann hierbei nicht erhoben werden, da die Bandbreite haftungsrelevanter Fragestellungen sehr groß ist. Die nachfolgende Untersuchung beschränkt sich daher auf die Auswahl einzelner Haftungsfragen, denen vorliegend für die Geschäftsleiterhaftung im Rahmen der organisatorischen Vorgaben hinsichtlich Risikomanagement und Compliance im Finanzsektor eine herausragende Bedeutung beigemessen wird.

778

Dazu ausführlich Thaten, S. 124 ff. So allgemein gefasst auch Thaten, S. 133 f.; auch Bührle, S. 45, der insofern aber trotzdem auf den Spezialitätsgrundsatz „zurückgreift“; sowohl auch Dreher, ZGR 2010, 496 (502), der aber den Begriff des „lex specialis“ verwendet; Binder, ZGR 2013, 760 (785 f.); vgl. schon zu § 64a VAG a.F. Armbrüster, VersR 2009, 1293 (1295); Weber-Rey, AG 2008, 345 (358). 780 So auch Gebauer/Fett, in: Krieger/Schneider, 2017, § 24 Rn. 24.8; vgl. Wundenberg, S. 127; Lütgerath, S. 130 f.; nicht eindeutig, aber wohl auch Langen, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25a KWG Rn. 21 f., Reppenthien, in: Beck/Samm/Kokemoor, 185. AL, 2017, § 25a KWG Rn. 57 ff. sowie Bitterwolf, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 5/17 § 25a KWG Rn. 3 ff., die jeweils zwischen dem institutionellen Anwendungsbereich der Vorschrift und der Gesamtverantwortung der Geschäftsleiter inklusive der damit verbundenen Zuweisung der ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation als gemeinsame Leitungsaufgabe unterscheiden. 781 Teil 3, A.III.1., S. 155. 779

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2. Risikomanagement und Compliance unter dem Blickwinkel der Business Judgement Rule a) Die Implementierung eines Risikomanagementsystems als Pflichtaufgabe In Anbetracht der umfassenden gesetzlichen Pflichten der Geschäftsleiter im Rahmen des Risikomanagements und der Compliance ist erörterungswürdig, welche Rolle der business judgement rule bei der Geschäftsleiterhaftung zukommt. Als erste Voraussetzung verlangt § 93 Abs. 1 S. 2 AktG, dass das Vorstandsmitglied eine unternehmerische Entscheidung zu treffen hat. Wie zuvor782 schon angedeutet wurde, ist im Bereich des Risikomanagements und der Compliance dabei die Frage nach der rechtlichen Gebundenheit des Vorstands bei der Entscheidung die zentrale. Zunächst ist also ausschlaggebend, inwiefern die Geschäftsleiter durch die gesetzlichen Vorgaben in ihrer Entscheidungsfreiheit eingeschränkt werden. Im Bereich des Risikomanagements sieht § 91 Abs. 2 AktG insoweit eine unmittelbare Pflicht zur Einrichtung eines Risikofrüherkennungssystems vor783, macht jedoch keinerlei Angaben dazu, wie ein solches im Detail auszusehen hat. Darin ist also eine Pflichtaufgabe des Vorstands hinsichtlich ihres Ziels zu sehen784, sodass die konkrete Umsetzung im Leitungsermessen des Vorstands steht und in diesem Bereich die Anwendung von § 93 Abs. 1 S. 2 AktG nicht ausgeschlossen ist.785 § 25a KWG deklariert die ordnungsgemäße Geschäftsorganisation inklusive der Implementierung eines angemessenen und wirksamen Risikomanagements als Verantwortlichkeit der Geschäftsleiter. Im Gegensatz zu § 91 Abs. 2 AktG gibt § 25a KWG zusammen mit § 25c KWG aber auch schematisch vor, was ein Risikomanagementsystem mindestens zu beinhalten hat. Das Ziel ist also eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation, die ein Risikomanagementsystem beinhaltet, das wiederum die in §§ 25a Abs. 1, 25c KWG beschriebenen Vorgaben erfüllt. Soweit sich die Entscheidung daher in dem Bereich dieser Zielvorgaben bewegt, ist eine Pflichtaufgabe des Vorstands anzunehmen, die die Anwendbarkeit der business judgement rule ausschließt. Hinsichtlich der Auswahl der konkreten Mittel kommt den Geschäftsleitern, wenn nicht ausdrücklich gesetzlich vorgeschrieben, allerdings unternehmerisches Ermessen zu.

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Unter dem Stichwort der „Pflichtaufgabe“ in Teil 2, B.II.1.c)aa), ab S. 115. Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 91 AktG Rn. 4; Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 91 AktG Rn. 16 f.; Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 91 AktG Rn. 30 ff.; Schneider, S. 30; Winnen, S. 180; vgl. Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.12. 784 Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 91 AktG Rn. 16 f.; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 91 AktG Rn. 4; Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 91 AktG Rn. 30; Schneider, S. 30; Winnen, S. 182. 785 Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 91 AktG Rn. 17; Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 91 AktG Rn. 33; vgl. Ciota, S. 213; Schneider, S. 30; Winnen, S. 182. 783

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

Hinsichtlich der Compliance wurde aus gegebenem Anlass bereits diskutiert, inwieweit den Geschäftsleitern bei der organisatorischen Ausformung der Compliance ein Ermessen zukommt und in welchen Situationen dieses Ermessen wegen äußerer Begebenheiten eingeschränkt ist.786 Die Vorgaben lassen sich derart zusammenfassen, dass den Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft außerhalb des Finanzsektors insofern ein großer Ermessenspielraum zukommt, der auch das „Ob“ des Ergreifens von Compliance-Maßnahmen inklusive einer etwaigen „Compliance-Organisation“ umfasst.787 Im Bankensektor ist das dahingehend anders, als das Gesetz durch § 25a Abs. 1 S. 2, S. 3 Nr. 3 lit. c) KWG ausdrücklich die Einrichtung einer „Compliance-Funktion“ verlangt. Im Rahmen der Umsetzung kommt den Geschäftsleitern dabei auch ein unternehmerisches Ermessen zu, das aber aufgrund der verschärften Risikolage der Institute im Vergleich zu „normalen“ Aktiengesellschaften stärkeren Einschränkungen788 ausgesetzt ist. Dennoch steht auch die konkrete Ausgestaltung von Risikomanagement und Compliance, sofern sich keine ausdrücklichen Vorgaben im Gesetz finden, noch im Ermessen des Vorstands. Wichtig ist bei der Ausübung des Ermessens, insbesondere bei der Compliance wegen ihrer funktionalen Ausgestaltung, dass die Wirksamkeit und Funktionalität durch die organisatorischen Maßnahmen gewährleistet sind. b) Die Eingehung bestandsgefährdender Risiken „Topmanager können mit wenigen Entscheidungen viel Wert schaffen oder vernichten.“ Josef Ackermann789

Wie Josef Ackermann schon erkannt hat, können Entscheidungen von Geschäftsleitern bedeutende, nachteilige Folgen in finanzieller Hinsicht für das Unternehmen haben. In diesem Zusammenhang wird immer wieder diskutiert, ob Entscheidungen, die zwar grundsätzlich in den Anwendungsbereich der business judgement rule fallen, aber existenzgefährdende Risiken für das Unternehmen nach sich ziehen, noch „zum Wohle der Gesellschaft“ getroffen werden können. Dies ist an sich kein spezifisches Problem des Finanzsektors, allerdings ist diese Frage aufgrund der Geschäftsstruktur von Banken und Finanzdienstleistern in diesem Bereich insbesondere im Nachgang der Finanzkrise häufiger aufgekommen als in anderen Branchen. Dass die Eingehung von (auch hohen) Risiken als Gegenpol zur Wahrnehmung von Geschäfts- bzw. Erwerbschancen zur unternehmerischen Tätigkeit gehört, wird in der Form glücklicherweise nicht bestritten. Insofern sind auch die Urteile des LG 786

Dazu Teil 3, B.III., ab S. 196. Dazu statt vieler Harbarth, ZHR 179 (2015), 136 (152 f.). 788 Aufschlussreich dazu Hopt, ZIP 2013, 1793 (1798 ff.). 789 Ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, im Interview mit der Zeitung Die Welt am 15. 10. 2005, abrufbar unter https://www.welt.de/print-welt/article171397/Deutsch land-hat-grosse-Staerken.html [zuletzt aufgerufen am 18. 03. 2018]. 787

B. Organisatorische Pflichten und Vorstandshaftung

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Leipzig zum Fall der SachsenLB790 und des LG Düsseldorf zur ApoBank791 grundsätzlich zu begrüßen. In beiden Fällen sprachen sich die Gerichte dafür aus, dass die Vorstandsmitglieder in den konkreten Situationen für eine riskante Investition in Verbriefungen nicht haften, obwohl sich diese Wertpapiere im Nachhinein als wertlos erwiesen haben und den Banken dadurch hohe Schäden entstanden waren. Wichtig ist im Rahmen der business judgement rule in einem solchen Fall, dass der Vorstand sich vor seiner Entscheidung ausreichend informiert hat und zu dem Zeitpunkt der Entscheidung auf Basis dieser Informationen den gewählten Weg als Chance für die Gesellschaft begreifen durfte. Nichts anderes kann im Grundsatz letztlich auch für die Eingehung potentiell existenzgefährdender Risiken gelten,792 auch wenn bei der Realisierung eines solchen Risikos die Verlockung, dem berüchtigten Rückschaufehler zu unterliegen, hierbei natürlich sehr hoch ist. Gerade im sensiblen Finanzwesen793 sind aber die Ausfallrisiken mancher Geschäfte, die dem unternehmerischen Ermessen der Vorstände unterstehen, hoch und können mitunter den Bestand des Unternehmens gefährden. Dennoch muss auch hier die Beurteilung ex ante stattfinden mit der Folge, dass unter Berücksichtigung aller Umstände – mithin auch des Branchenumfelds – im Zeitpunkt der Entscheidung zu überprüfen ist, ob die Eingehung dieses konkreten Risikos vertretbar war oder nicht.794 Letztlich wird der Nachweis, dass die potentiellen Geschäftschancen bei einer Gegenüberstellung mit den zu befürchtenden existenziellen Risiken unter Berücksichtigung der Risikotragfähigkeit des Unternehmens überwogen haben, immer schwieriger werden, je höher die Risiken sind.795 Nichtsdestotrotz ist dieser Weg in der Theorie als gangbar anzusehen, so steinig er in der Wirklichkeit auch sein mag.

790 791

8434. 792

LG Leipzig v. 08. 11. 2013 – 8 O 3757/10, 08 O 3757/10, juris. LG Düsseldorf v. 25. 04. 2014 – 39 O 36/11, 39 O 36/11 U., 39 O 36/11 U, BeckRS 2014,

Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 93 AktG Rn. 27; Krieger/Sailer-Coceani, in: Schmidt/ Lutter, 2015, § 93 AktG Rn. 18; Baums, ZGR 2011, 218 (237 ff.); Habbe/Köster, BB 2011, 265 (267); vgl. Bachmann, BB 2015, 771 (772); Spindler, NZG 2010, 281 (284); Florstedt, AG 2010, 315 (319 ff.); a.A. im viel kritsierten IKB-Beschluss OLG Düsseldorf v. 09. 12. 2009 – I-6 W 45/09, 6 W 45/09, CCZ 2010, 117 (119); Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 25 Rn. 63; Lutter, DZWIR 2011, 265, der die Anwendung der business judgement rule für „übergroße Risiken“ verneint. 793 Dazu Habbe/Köster, BB 2011, 265 (267) im Zusammenhang mit dem IKB-Beschluss des OLG Düsseldorf. 794 Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 93 AktG Rn. 23 ff. 795 Zu dem Gedanken auch Baums, ZGR 2011, 218 (238 f.).

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

3. Auswirkungen der BaFin-Rundschreiben auf die Vorstandshaftung a) Verstöße gegen die MaRisk und Ausschluss der business judgement rule Gesetzesverstöße sowie Entscheidungen im Rahmen der Pflichtaufgaben haben den Ausschluss der business judgement rule zur Folge. Wenn die Vorgaben der MaRisk nicht eingehalten werden, könnte dies also auch dazu führen, dass für die Anwendung von § 93 Abs. 1 S. 2 AktG kein Raum bleibt. Vor diesem Hintergrund ist jedoch noch einmal zu betonen, dass die MaRisk kein Gesetzesrecht darstellen. Insofern kann aufgrund des Vorbehalts des Gesetzes der alleinige Verstoß gegen die MaRisk als zwar besondere, aber dennoch nur norminterpretierende Verwaltungsvorschriften796 nicht zum direkten Ausschluss der business judgement rule führen.797 Gleichwohl ist zu beachten, dass die MaRisk Konkretisierungen von § 25a KWG sind. Somit können MaRisk-Verstöße mittelbar die Nichtanwendbarkeit von § 93 Abs. 1 S. 2 AktG zur Folge haben, wenn gleichzeitig in dem Verhalten auch eine Verletzung im Bereich der Pflichtaufgaben gem. § 25a KWG zu sehen ist.798 Im Einzelnen kommt es daher einerseits darauf an, inwiefern die Maßgaben der MaRisk sich bereits aus § 25a KWG ergeben. Andererseits ist es maßgeblich, inwieweit im konkreten Fall der Pflichtaufgabenbereich tangiert ist. Ein direkter Ausschluss der business judgement rule durch die bloße Nichtbeachtung der MaRisk kann jedenfalls nicht angenommen werden. b) Die Einhaltung der MaRisk als originäre Vorstandspflicht Das Vorliegen einer Pflichtverletzung wegen eines Verstoßes gegen die MaRisk wäre zum einen anzunehmen, wenn die Vorstandsmitglieder eine Pflicht gegenüber der Gesellschaft hätten, die Vorschriften der MaRisk einzuhalten. Eine Pflichtverletzung resultierte in diesem Fall unmittelbar aus einem MaRisk-Verstoß. Hier kommt allerdings abermals die vorige Überlegung zum Tragen, dass die MaRisk an sich nur norminterpretierende Verwaltungsvorschriften sind und dementsprechend keine Außenwirkung entfalten. Die MaRisk können daher mangels Gesetzesqualität auch nicht zum gesetzlich normierten Pflichtenkatalog eines Geschäftsleiters gezählt werden. Eine Pflichtverletzung kann auf Basis eines MaRisk-Verstoßes mangels

796

Siehe zur Rechtsnatur der MaRisk Teil 1, B.IV.2.a), S. 72. Blasche, WM 2011, 343 (347); Bührle, S. 133; Brogl, in: HandbBanken-Restrukturierung, 2011, Kap. I Rn. 13. 798 Blasche, WM 2011, 343 (347); Bührle, S. 134; Brogl, in: HandbBanken-Restrukturierung, 2011, Kap. I Rn. 13; dazu die Verfasserin bereits noch unter dem Namen Dengler in Dengler, WM 2014, 2032 (2037 f.). 797

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ausdrücklicher Pflicht zur Einhaltung der MaRisk daher nicht unmittelbar begründet werden.799 c) Regelungen der MaRisk als Sorgfaltsmaßstab Zum anderen käme die Annahme einer Pflichtverletzung wegen der Nichteinhaltung der MaRisk in Frage, sofern man die Mindestanforderungen der BaFin als Sorgfaltsmaßstab eines gewissenhaften und ordentlichen Geschäftsleiters einer Bank betrachten würde. Insofern könnte den MaRisk eine Bedeutung bei der Beurteilung zukommen, wie der Vorstand seine Pflichten gem. § 25a KWG zu erfüllen hat. § 25a KWG hält sich mit seinen Vorgaben sehr bedeckt und belässt weiterhin ein großes Maß der konkreten Organisationsanforderungen im Leitungsermessen des Vorstands. Dieser hat bei der Ausübung seines Ermessens nun das Umfeld der Gesellschaft, insbesondere also gem. § 25a Abs. 1 S. 4 KWG (Proportionalitätsgrundsatz) die konkreten Bedürfnisse des Unternehmens auf Grundlage von Größe, Geschäftsumfang und -arten sowie des Gesamtrisikoprofils zu berücksichtigen. Daneben sind aber auch die in der Branche anerkannten Erkenntnisse und Erfahrungssätze zu beachten.800 Zum Teil wird in diesem Zusammenhang schlicht angenommen, dass bei allgemeiner Beachtung der MaRisk diese als branchenübliche Standards qualifiziert werden können und somit den Pflichtenkatalog der Vorstände konkretisieren.801 Tatsächlich werden die MaRisk in der Praxis vornehmlich als verbindliche Richtlinien angesehen.802 Der Grund dafür wird jedoch größtenteils darin liegen, dass man das hinsichtlich der Bankenaufsicht bestehende Konfliktpotenzial, das wegen zahlreicher Meldepflichten gegenüber der Bankenaufsicht ohnehin nicht unerheblich ist und bei Abweichung von den MaRisk zu steigen droht, möglichst gering halten will. Abgesehen von einem gewissen Haftungsrisiko, das mit Konflikten mit der BaFin einhergeht, hängt dies auch mit der Gefahr von Reputationsverlusten zusammen. Um es mit Warren Buffets Worten zu sagen: „It takes 20 years to build a reputation and five minutes to ruin it. If you think about that, you’ll do things differently.“803

799 Fekonja, S. 159; vgl. Fischer, in: Krieger/Schneider, 2017, § 23 Rn. 23.26; Brogl, in: HandbBanken-Restrukturierung, 2011, Kap. I Rn. 13; vgl. Langen, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25a KWG Rn. 6. 800 BGH v. 03. 12. 2001 – II ZR 308/99, WM 2002, 220 (221); Fischer, in: Krieger/ Schneider, 2017, § 23 Rn. 23.27. 801 BGH v. 15. 11. 2001 – 1 StR 185/01, BGHSt 47, 148 (152) = WM 2002, 225 (229) (im Rahmen der strafrechtlichen Haftung gem. § 266 StGB bei der Kreditvergabe); tendenziell auch OLG Frankfurt a.M. v. 12. 12. 2007 – 17 U 111/07, AG 2008, 453 (455). 802 Vgl. Eller/Heinrich/Perrot, S. 7, 14 ff.; so wohl Fischer, in: Krieger/Schneider, 2017, § 23 Rn. 23.26. 803 Gefunden bei: Bührle, S. 21.

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Dies gilt umso mehr, seitdem die Kompetenzen der Aufsichtsbehörden zur Veröffentlichung von Verstößen im Rahmen des sog. naming and shaming804 zunehmend ausgebaut werden. Streng genommen dürfte die BaFin eine Anordnung nicht auf Grundlage der MaRisk treffen, da diese als untergesetzliches Recht keine taugliche Ermächtigungsgrundlage für Eingriffsverwaltung805 darstellen können. Allerdings wird die BaFin, die ja selbst von der Unverbindlichkeit ihrer Rundschreiben ausgeht, insofern für die Begründung ihrer Anordnungen Formulierungen finden, die sich am Wortlaut der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen orientieren. Zum anderen gibt es nahezu keine Bestrebungen der Beaufsichtigten, sich gegen Maßnahmen der BaFin gerichtlich zu wehren – und es gilt auch hier: wo kein Kläger, da kein Richter. Dadurch kommt den MaRisk zweifelsohne eine immense praktische Relevanz zu. Zu berücksichtigen ist dabei aber auch, dass die MaRisk ein praxisnahes Regelwerk darstellen, das unter Beteiligung der gesamten Branche aktualisiert wird. Der Regelungsansatz ist auch bei den MaRisk grundsätzlich prinzipienorientiert806, sodass sich nur wenige präzise und starre Anforderungen finden lassen. Die meisten Vorgaben werden daher unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten ohnehin einen notwendigen Teil des Risikomanagements darstellen. Die MaRisk beinhalten aber zum einen Regelungen, die über den Wortlaut des § 25a KWG hinausgehen, und zum anderen auch konkretere Organisations- und Verfahrensvorgaben.807 Beispielsweise verlangt Modul AT 4.4.2 Tz. 5 im Grundsatz ausdrücklich die Benennung eines Compliance-Beauftragten und sieht es nur „im Ausnahmefall“ als möglich an, diese Funktion auf einen Geschäftsleiter zu übertragen. Die Regelung in § 25a Abs. 1 S. 2, S. 3 Nr. 3 lit. c) KWG intendiert demgegenüber die genau gegenteilige Herangehensweise: Das Gesetz geht zunächst einmal davon aus, dass die Einrichtung der Compliance-Funktion in der Verantwortung der Geschäftsleiter liegt und lässt sodann (implizit) die eingeschränkte – und durchaus sinnvolle – Delegation808 nach unten grundsätzlich zu. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass in besonderen Bereichen, wie der Geldwäscheprävention809, vereinzelt die Ernennung eines spezifischen Beauftragten gesetzlich ausdrücklich normiert ist.

804 Siehe die Regelungen zur Bekanntmachung von Maßnahmen gem. §§ 60b ff. KWG, §§ 123 ff. WpHG, §§ 26b, 26c VermAnlG. 805 Zum Vorbehalt des Gesetzes bei belastendem Verwaltungshandeln bereits oben Teil 1, B.IV.2.a)bb)(3)(b), S. 78. So auch Blasche, WM 2011, 343 (347). 806 Modul AT 1 Tz. 3 MaRisk; Fischer, in: Krieger/Schneider, 2017, § 23 Rn. 23.25. 807 So z. B. die Regelungen in Modul AT 4.4.2 Tz. 4 und Tz. 5. Zu der Notwendigkeit einer eigenständigen Organisationseinheit bei systemrelevanten Instituten nach Tz. 4 siehe bereits zuvor Teil 3, B.III.2., ab S. 199. 808 Zur Delegation sogleich überblickend Teil 3, B.IV.5., ab S. 220. 809 Siehe § 7 Abs. 1 Geldwäschegesetz.

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Bevor man die Sorgfalt eines Geschäftsleiters im Kreditwesen an den MaRisk misst, ist daher immer zu beachten, dass die Anforderungen der MaRisk selbst keine verbindliche Konkretisierung von § 25a KWG darstellen und auch nicht durch ,Hineinlesen‘ zu einer solchen werden können. Die zu stellenden Anforderungen variieren abhängig von den Vorgaben des jeweiligen Unternehmens und dessen Risikoprofil und können deshalb nicht auf einen einheitlichen Standard heruntergebrochen werden. Darüber hinaus kann auch nicht pauschal angenommen werden, dass die Vorgaben der MaRisk an sich „Branchenstandards“ darstellen. Der Gedanke der Bindung an Branchenstandards hat seinen Ursprung im Gewohnheitsrecht. Wo sich aber die gesetzliche Grundlage teilweise mehrfach im Jahr ändert, kann in dieser Pauschalität schon gar keine branchenweite Übung entstehen. Es ist vielmehr im Einzelfall genau zu überprüfen, inwiefern sich auf der einen Seite die MaRisk-Vorgaben im Grundsatz schon aus § 25a KWG ergeben und damit Verstöße gegen die MaRisk durch Verletzung der Pflichten aus § 25a KWG mittelbar zu Pflichtverletzungen führen können. Zum anderen muss eine etwaige Konkretisierung der Organisationspflichten durch die MaRisk im individuellen Fall von der Notwendigkeit der verlangten Maßnahme für das spezifische Risikomanagement abhängig gemacht werden. Folglich kann es sich ergeben, dass die MaRisk als Präzisierung des Sorgfaltsmaßstabs und Interpretationshilfe für § 25a KWG herangezogen werden können. Dies muss aber nicht immer angebracht sein und ist insbesondere keine zwingende Notwendigkeit. Demgemäß können die MaRisk im Einzelfall zu einer Konkretisierung der anzuwendenden Sorgfalt führen, es kann aber nicht von einem allgemeinen Sorgfaltsmaßstab gesprochen werden, der uneingeschränkte Geltung beansprucht.810 Vielmehr stellen die MaRisk einen Teil der Umstände dar, die für die Beurteilung des zu erfüllenden Maßstabs berücksichtigt werden müssen. Sie können daher mitunter entscheidende Bedeutung für die Haftungsbegründung haben, wenn das Vorliegen eines Verstoßes gegen § 25a KWG streitig ist. Im Allgemeinen kann ihnen bei der Bestimmung des Haftungsmaßstabs allerdings nur indizielle Bedeutung beigemessen werden.811 d) Einhaltung der MaRisk zur Haftungsvermeidung – „safe harbour“ durch Einhaltung der MaRisk Auch wenn eine Pflichtverletzung auf der einen Seite nicht direkt aus einem MaRisk-Verstoß folgen kann, stellt sich die Frage, ob der Ausschluss einer solchen 810 Vgl. auch Langen, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25a KWG Rn. 6, der eine „wie auch immer geartete Bindungswirkung“ ausschließt; vgl. Schäfer/Zeller, BB 2009, 1706 (1710). 811 Schäfer/Zeller, BB 2009, 1706 (1710); vgl. Sieg/Zeidler, in: Hauschka/Moosmayer/ Lösler, 2016, § 3 Rn. 45.

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

möglich ist, wenn die Anforderungen der MaRisk ausnahmslos erfüllt werden. Zu prüfen ist daher, ob ein Vorstandsmitglied überhaupt pflichtwidrig und schuldhaft handeln kann, wenn es sich an den aufsichtsrechtlichen Regelungen orientiert oder ob bei deren Einhaltung ein der business judgement rule ähnlicher „safe harbour“ existiert. Wie sich aus § 6 Abs. 2 KWG ergibt, hat die Bankenaufsicht insbesondere die Aufgabe, „Missständen im Kredit- oder Finanzdienstleistungswesen entgegenzuwirken, welche die Sicherheit der dem Institut anvertrauten Vermögenswerte gefährden, die ordnungsgemäße Durchführung der Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen beeinträchtigen oder erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft herbeiführen können“. Grundsätzlich überwacht die Bankenaufsicht damit, ob die betroffenen Institute über genügend Eigenkapital und Liquidität verfügen, um die hohen Verlustrisiken zu decken und so die Funktionsfähigkeit des auch im Hinblick auf die Restwirtschaft hochsensiblen Finanzsektors aufrechtzuerhalten.812 Auch zielen die aufsichtsrechtlichen Regelungen damit darauf ab, dass in den Instituten zur Erreichung dieser Funktionssicherung eine interne Risikoüberwachung in ausreichendem Maße vorhanden ist.813 Es ist somit auch Aufgabe des Bankenaufsichtsrechts – und folglich ebenfalls der MaRisk – für hinreichende Risikoüberwachung durch die Vorstände zu sorgen. Allerdings ist es nicht die persönliche Aufgabe der BaFin oder der Bundesbank, ein für ein individuelles Unternehmen angemessenes Risikomanagement zu entwerfen. Zudem statuieren die MaRisk nur Mindestanforderungen und stellen dementsprechend auch nur das mindestens einzuhaltende Maß dar. Sie stellen unter anderem durch diverse Öffnungsklauseln keine starren Einzelanforderungen, sondern sollen gerade nur einen – im Vergleich zu § 25a KWG detaillierteren – „Rahmen“814 für ein angemessenes Risikomanagement geben. Die individuellen Bedürfnisse der Institute können im Einzelnen weit über das Anforderungsprofil der MaRisk hinausgehen. Ein Verhalten, das eine Behörde als solches billigt, kann daher dennoch zivilrechtlich als sorgfalts- und damit pflichtwidrig qualifiziert werden.815 Der Einhaltung aufsichtsrechtlicher Anforderungen wie den MaRisk kann also hinsichtlich der zivilrechtlichen Konformität des Verhaltens allenfalls eine Indizwirkung816 zukommen. Ein grundsätzlicher Haftungsfreiraum aufgrund der Einhaltung der MaRisk-Vorschriften existiert demzufolge nicht.

812 813 814 815 816

Schäfer/Zeller, BB 2009, 1706 (1710). Vgl. Schäfer/Zeller, BB 2009, 1706 (1710). MaRisk AT 1 Tz. 1 S. 1. Schäfer/Zeller, BB 2009, 1706 (1710); Bührle, S. 210; Fekonja, S. 161. Schäfer/Zeller, BB 2009, 1706 (1710); Bührle, S. 210.

B. Organisatorische Pflichten und Vorstandshaftung

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e) „Faktische“ Außenwirkung? – Kritik an der aktuellen Lage In der Literatur findet man häufig die Aussage, dass die MaRisk bzw. alle Verlautbarungen der BaFin trotz ihrer rechtlichen Unverbindlichkeit aufgrund ihrer großen praktischen Bedeutung eine „faktische Außenwirkung“ zukomme.817 Wenn hiermit sprachlich allein die tatsächliche Beeinflussung der Finanzbranche durch die MaRisk gemeint ist, so ist dem zuzustimmen. Die Diskrepanz zwischen der rechtlichen Wirkung und dem tatsächlichen Umgang mit den Verlautbarungen der BaFin ist nicht von der Hand zu weisen.818 Sofern mit der „faktischen Außenwirkung“ allerdings auch eine „faktische Bindungswirkung“819 gemeint ist, so ist dem schon sprachlich zu widersprechen. Die Verwendung des Bindungsbegriffs lässt dabei nämlich anmuten, dass man von einer faktischen, also einer tatsächlichen Verpflichtungswirkung ausgeht. Allein die Tatsache, dass Vorgaben beachtet werden, kann aber nur insofern zu einer wie auch immer gearteten „Bindung“ führen, sofern es sich um allgemein anerkannte Branchenstandards handelt. In zivil- bzw. gesellschaftsrechtlicher Sicht entspräche die Einhaltung der Anforderungen dann der verkehrsüblichen Sorgfalt; aus verwaltungsrechtlicher Sicht ergäben sich die Vorgaben sodann durch Auslegung unmittelbar aus der gesetzlichen Norm, auf die das aufsichtliche Handeln letztlich auch gestützt werden kann. Außerhalb dieses Rahmens kann untergesetzliches Recht nicht „binden“. Das Kernproblem ist, dass nicht mehr genau gesagt werden kann, was eigentlich der „branchenübliche Standard“ ist, weil die BaFin mit ihrer Rundschreiben-Praxis in die Entwicklung eingegriffen hat. Übereinstimmend mit Lütgerath ist dafür zu plädieren, dass eine standardisierende Auslegung des Gesetzes durch die BaFin allerdings gegen den Vorbehalt des Gesetzes gem. Art. 20 Abs. 3 GG verstößt und damit als verfassungswidrig zu qualifizieren ist.820 Die Gefahr der Thematik liegt in der Crux, dass in der jahrelangen Handhabung mit Konkretisierungen der BaFin die Wissenschaft dazu übergegangen ist, die Aufsichtstätigkeit zu analysieren und kommentieren. Die als Regelwerk verfasste Interpretation der BaFin ist damit nicht nur an die Stelle des rechtsetzenden Gesetzgebers getreten, sie wird zusammen mit den erfolgten Einzelentscheidungen auch noch als Ersatz-Rechtsprechung begriffen und dementsprechend diskutiert. Das Ziel ist es nicht mehr, einen gerichtsfesten Zustand herzustellen, sondern einen „BaFin-festen“ Zustand zu erreichen und so formellen Aufsichtsmaßnahmen durch die BaFin zu entgehen. Nun aber eine „faktische Bindungswirkung“ anzunehmen, würde zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung führen: In der Folge würden nämlich auch die letzten „Rebellen“, die sich noch nicht an den BaFin-Vorgaben orientieren, letztlich ir817 818 819 820

Vgl. Fekonja, S. 74; auch bei Bührle, S. 106; Lütgerath, S. 201. Vgl. Fekonja, S. 74; auch bei Bührle, S. 106; Lütgerath, S. 201. So beispielsweise bei Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 457 f. Lütgerath, S. 255 ff.

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

gendwann zu einer Beachtung der behördlichen Anforderungen übergehen. Dies wiederum würde zu einer branchenweiten Einhaltung führen und somit zu einer tatsächlichen Bindungswirkung im Rahmen eines branchenüblichen Standards. Diese Überlegung stößt insbesondere vor dem Hintergrund auf, dass die BaFin ihre Vorgaben in regelmäßigen Abständen – auch unabhängig von Gesetzesänderungen und teilweise sogar, bevor europarechtliche Richtlinienvorgaben gesetzlich umgesetzt worden sind821 – überarbeitet und ergänzt. Der Zirkel der behördlichen „Ersatzgesetzgebung“ würde sich hierbei insofern schließen, als die durch die branchenweite Beachtung ausgelöste Bindungswirkung sodann eine nicht von einer expliziten gesetzlichen Ermächtigung gedeckte Rechtsetzung der BaFin als exekutive Einrichtung zur Folge hätte. Dass dies ein Zustand ist, der mit unserer aktuellen Rechtsordnung nicht vereinbar ist, kann nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden. Vor allem aber darf diese „faktische Außenwirkung“ deshalb nicht als Argument für die Schaffung eines neuen Rechtstypus herangezogen werden.822 Vielmehr bedarf es einer solchen Konstruktion schon allein deshalb nicht, weil der Verfassungsgeber für solche Bedürfnisse der behördlichen Rechtssetzung die Möglichkeit des Erlasses von Rechtsverordnungen vorgesehen hat.823 Mittlerweile existiert für den hier diskutierten Bereich des Risikomanagements und der Compliance in § 25a Abs. 4 KWG sogar eine Ermächtigung zum Erlass einer solchen Rechtsverordnung – allerdings nicht zugunsten der BaFin.824 f) Aussicht: Änderung der Rechtslage durch Erlass einer Rechtsverordnung gem. § 25a Abs. 4 KWG? Die vorigen Ausführungen machen deutlich, dass ein großer Handlungsbedarf im Bereich der aktuellen Rechtslage besteht. Für den Regelungsbereich der MaRisk ist daher an die Exekutive zu appellieren, den momentanen, m. E. nicht tragbaren Zustand aufzulösen und im Einklang mit dem gesetzgeberischen Willen eine Rechtsverordnung gem. § 25a Abs. 4 KWG zu erlassen. Ob bzw. wann dies geschehen wird, ist aktuell – insbesondere vor dem Hintergrund der erst kürzlich erfolgten Überarbeitung der MaRisk durch die BaFin – aber nicht abzusehen. Die Problematik der behördlichen Rechtssetzung und der Zunahme an untergesetzlichem soft law ist außerdem auch nicht auf den Regelungsbereich der MaRisk beschränkt. Allein die zahlreichen anderen Rundschreiben der BaFin bergen dieselbe 821 So bei den MaRisk aus dem Jahr 2012, die in Modul AT 4.4.2 bereits die Einrichtung einer Compliance-Funktion vorschrieben, obwohl § 25a Abs. 1 S. 3 Nr. 3 lit. c) KWG erst durch der CRD IV-Umsetzungsgesetz vom 28. 08. 2013 mit Wirkung zum 04. 09. 2013 eingefügt worden ist. 822 So aber Fekonja, S. 74, 91 ff. 823 Siehe Teil 1, B.IV.2.a)aa), S. 73. 824 Dazu schon oben Teil 1, B.IV.2.b)aa), S. 88.

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Gefahr wie die MaRisk; von dem heimlichen Aufstreben untergesetzlicher Regelungen in unserer gesamten Rechtsordnung ganz zu schweigen. Nach der hier vertretenen Auffassung sollte daher ein Überdenken des aktuellem deutschen Rechtssystems in Betracht gezogen werden: Entweder man gibt solchen untergesetzlichen Regelungen wie den Rundschreiben der BaFin einen zugewiesenen Platz im System der Rechtsquellen oder der Gesetzgeber sollte um der Rechtssicherheit willen gehalten sein, einen Weg zu finden, der untergesetzlichen Rechtssetzung vorzubeugen. 4. Der verschuldensausschließende Rechtsirrtum und Entscheidungen unter rechtlicher Unsicherheit Vor dem Hintergrund der umfangreichen sowie prinzipiengeleiteten Regulierung gewinnt die Frage nach der Verantwortlichkeit der Geschäftsleiter bei fachspezifischen Fragestellungen immer mehr an Bedeutung. Dabei sind zwei Fälle denkbar, die im Rahmen der Organhaftung diskutiert werden: Als erste sei hier die Konstellation genannt, bei der der Geschäftsleiter mangels eigener Fachkenntnisse (rechtlichen) Rat einholt, der sich jedoch als falsch herausstellt (dazu a)). Zum anderen ist denkbar, dass der Vorstand sich einer unklaren Rechtslage ausgesetzt sieht, aber eine Entscheidung treffen muss, die der gerichtlichen Kontrolle allerdings nicht standhält (dazu b)). Beide Varianten sind in Anbetracht der weitreichenden Regelungen im Bankenaufsichtsrecht hinsichtlich der Geschäftsorganisation sowie der kontroversen Diskussion über diese sehr bedeutsam. Wie sollen Geschäftsleiter beispielsweise im Detail über Thematiken Bescheid wissen, mit denen sich seit Jahren die juristische Fachliteratur beschäftigt, ohne der Reformgeschwindigkeit des europäischen und deutschen Gesetzgebers im Einzelnen richtig folgen zu können? Dass besonderes Fachwissen in allen Bereichen nicht verlangt werden kann, erscheint selbstverständlich. Von praktischer Relevanz für die Arbeit des Vorstandes ist aber, wie er mit diesem lückenhaften Unwissen bzw. einer unklaren Rechtslage umzugehen hat und wie er dahingehend das Haftungsrisiko reduzieren kann. a) Verschuldensausschließender Rechtsirrtum bei der Einholung (rechtlichen) Rates Nach der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des BGH muss ein Geschäftsleiter, der nicht über die erforderlichen fachspezifischen Kenntnisse für eine vernünftige Entscheidung verfügt, fachkundigen Rat einholen.825 Hat dies der Vorstand gemacht und sich auf dessen Richtigkeit verlassen, stellt sich im Folgenden die Frage, ob er für einen entstandenen Schaden in Anspruch genommen werden kann, wenn sich der Ratschlag als falsch herausstellt. Es ist nachvollziehbar, dass der BGH diese Problematik bei dem Tatbestandsmerkmal des Verschuldens verortet. Denn 825 Siehe beispielsweise BGH v. 06. 06. 1994 – II ZR 292/91, BGHZ, 126, 181 (199) = NJW 1994, 2220 (2224); BGH v. 14. 05. 2007 – II ZR 48/06, NJW 2007, 2118 (2120).

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

objektiv bleibt die Entscheidung eine falsche, ist diese dem Vorstandsmitglied aber tatsächlich subjektiv vorwerfbar? Im Kern geht es hierbei um die grundsätzlich streng zu handhabende Figur des unverschuldeten Rechtsirrtums aus dem Zivilrecht. Mit der Problematik dieser Rechtsfigur im Rahmen der Organhaftung hat sich der BGH in seiner Ision-Entscheidung vom 20. 09. 2011826 auseinandergesetzt. Hierbei fasste der BGH die Voraussetzung für die Annahme eines schuldausschließenden Rechtsirrtums denkbar eng, um einer missbräuchlichen Ausnutzung dieser Grundsätze in Form eines günstigen Gutachtens als allgemein gültiges Verteidigungsmittel827 bereits im Vorhinein entgegenzuwirken.828 Nach den Grundsätzen des BGH muss der Geschäftsleiter sich daher „unter umfassender Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft und Offenlegung der erforderlichen Unterlagen von einem unabhängigen, für die zu klärende Frage fachlich qualifizierten Berufsträger beraten“ lassen und „die erteilte Rechtsauskunft einer sorgfältigen Plausibilitätskontrolle“ unterziehen.829 Zu den einzelnen Voraussetzungen kurz im Folgenden: - Es erscheint selbstverständlich, dass der Vorstand dem Berater umfassende Auskunft erteilt und die notwendigen Unterlagen offenlegt. Da dem Geschäftsleiter gerade die Expertise zur Beurteilung des Problems im Detail fehlt, ist davon auszugehen, dass der Vorstand dabei grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass der Berater im Anschluss an eine erste Bereitstellung der nach Ansicht des Vorstands notwendigen Informationen nach weiteren benötigten Unterlagen und Informationen fragt.830 In Anbetracht der Tatsache, dass der Geschäftsleiter im Prozess für die Bereitstellung der notwendigen Informationen beweispflichtig ist831, ist es dennoch zum einen ratsam, Rücksprache mit dem Berater und/oder der Rechtsabteilung hinsichtlich der benötigten Unterlagen zu halten.832 Außerdem sollte der Vorstand im eigenen Interesse auf eine Dokumentation der bereitgestellten Information hinwirken.833

826

BGH v. 20. 09. 2011 – II ZR 234/09, DZWIR 2012, 118 (118 ff.). Siehe insofern bei Strohn, ZHR 176 (2012), 137 (141) der Begriff der „Feigenblattfunktion“. 828 Strohn, CCZ 2013, 177 (180). 829 BGH v. 20. 09. 2011 – II ZR 234/09, DZWIR 2012, 118 (120). 830 Sander/Schneider, ZGR 2013, 725 (756); Krieger, ZGR 2012, 496 (502); Gottschalk/ Weng, GWR 2013, 243 (246); a.A. Strohn, CCZ 2013, 177 (183). 831 Die Beweispflicht ergibt sich daraus, dass die Rechtsprechung das Problem im Rahmen des Verschuldens verortet, für dessen Nichtvorliegen den Vorstand die Beweispflicht trifft, so auch Strohn, CCZ 2013, 177 (183); Strohn, ZHR 176 (2012), 137 (139); Gottschalk/Weng, GWR 2013, 243 (246). Zur Beweispflicht im Rahmen der Haftung siehe bereits zuvor Teil 2, B.II.1.a), S. 110. Die Problematik unter den Anwendungsbereich der business judgement rule subsumierend Spindler, in: Spindler/Stilz, 2015, § 116 AktG Rn. 48. 832 Strohn, CCZ 2013, 177 (183). 833 Strohn, CCZ 2013, 177 (183); Strohn, ZHR 176 (2012), 137 (139); Gottschalk/Weng, GWR 2013, 243 (246). 827

B. Organisatorische Pflichten und Vorstandshaftung

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- Die gerichtsfeste Auswahl eines unabhängigen und fachkundigen Beraters kann im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten. Hinsichtlich des Erfordernisses der Unabhängigkeit droht bei der Bemühung eines internen Beraters die – naheliegende – Annahme, dass dieser aufgrund der wirtschaftlichen Abhängigkeit nicht unabhängig beraten kann.834 Zwar wird überwiegend die Unabhängigkeit bei einem internen Berater – insbesondere aus der Rechtsabteilung, zu deren Aufgabenbereich gerade auch die juristische Beratung des Vorstands gehört – nicht per se verneint835, jedoch wird auch hier ein Nachweis der qualifizierten Unabhängigkeit aufgrund des „Beigeschmacks“ bei Beauftragung eines internen Beraters schwerer fallen.836 Dies muss insbesondere in Anbetracht dessen betont werden, dass der BGH diese Grundsätze gerade deshalb aufgestellt hat, um dem Missbrauch der Entschuldungsmöglichkeit durch Gefälligkeitsgutachten entgegenzuwirken. Sofern die Haftungsrisiken die Kosten für die Beauftragung eines externen Beraters überschreiten, ist daher zur Wahrnehmung externen Rats zu tendieren.837 Im Hinblick auf die Unabhängigkeit eines externen Beraters kommt es im Einzelfall u. a. auf die Art einer bereits erfolgten Vorbefassung an.838 Bei der Fachkundigkeit des Beraters stellt der BGH in seiner Formulierung bereits die Weichen in die Richtung, dass es sich bei dem Berater um einen „Berufsträger“ handeln muss. Allerdings beschränkt der BGH die Annahme der Fachkundigkeit nicht auf Fälle, in denen der Berater über eine spezielle Formalqualifikation (z. B. die eines Wirtschaftsprüfers) verfügt.839 Vielmehr kommt es auf den konkreten Einzelfall und darauf an, dass der Berater tatsächlich fachlich qualifiziert ist.840 - Wie eine „sorgfältige“841 Plausibilitätsprüfung auszusehen hat, ist im Einzelnen noch unklar.842 Allerdings wird man hieran keine allzu strengen Anforderungen 834

Gottschalk/Weng, GWR 2013, 243 (244). Sander/Schneider, ZGR 2013, 725 (750); Krieger, ZGR 2012, 496 (500); Strohn, CCZ 2013, 177 (182); Strohn, ZHR 176 (2012), 137 (139 f.); Gottschalk/Weng, GWR 2013, 243 (244). 836 Gottschalk/Weng, GWR 2013, 243 (244 f.); Strohn, CCZ 2013, 177 (182 f.); vgl. ausführlicher Sander/Schneider, ZGR 2013, 725 (750 f.) mit der Betonung, dass ein Syndikusanwalt bzw. Mitarbeiter der Rechtsabteilung nicht schon wegen ihrer Arbeitnehmerstellung abhängig seien, sondern es vielmehr auf den Einzelfall ankomme. 837 Gottschalk/Weng, GWR 2013, 243 (245). 838 Gottschalk/Weng, GWR 2013, 243 (245); Krieger, ZGR 2012, 496 (500 f.); enger Strohn, CCZ 2013, 177; Strohn, ZHR 176 (2012), 137 (139 f.). 839 BGH v. 27. 03. 2012 – II ZR 171/10, NZG 2012, 672 (673); vgl. auch Gottschalk/Weng, GWR 2013, 243 (244). 840 BGH v. 27. 03. 2012 – II ZR 171/10, NZG 2012, 672 (673); Sander/Schneider, ZGR 2013, 725 (749); Gottschalk/Weng, GWR 2013, 243 (244); mit Erwägungen zur Qualifikation eines Anwalts Strohn, CCZ 2013, 177 (181); Strohn, ZHR 176 (2012), 137 (141); vgl. Strohn, ZHR 176 (2012), 137 (141). 841 BGH v. 20. 09. 2011 – II ZR 234/09, DZWIR 2012, 118 (120). 842 Gottschalk/Weng, GWR 2013, 243 (246). 835

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stellen müssen.843 Laut BGH ist eine Plausibilitätsprüfung grundsätzlich allerdings nur bei schriftlicher Fixierung des Beratungsergebnisses möglich.844 Etwas anderes kann wohl nur bei sehr einfachem Beratungsgegenstand oder einer besonderen Eilbedürftigkeit anzunehmen sein.845 Damit eine tatsächliche Plausibilitätsprüfung überhaupt möglich ist, muss das Beratungsergebnis außerdem in einem erfassbaren Umfang dargestellt sein; bei umfangreichen Gutachten ist demgemäß im Zweifel eine prägnante Zusammenfassung des Ergbenisses zu verlangen.846 Inhaltlich ist davon auszugehen, dass das erstellte Gutachten tatsächlich nur auf seine Plausibilität geprüft werden muss. Die Geschäftsleiter sollten dementsprechend insbesondere auf die Erörterung der wichtigsten Eckpfeiler der jeweiligen Thematik und auf eine differenzierte Auseinandersetzung unter Berücksichtigung widerstreitender Interessen achten.847 Hierfür kann sich der Vorstand auch der internen Rechtsabteilung bedienen, wobei ihn dies nicht von einer eigenen Plausibilitätskontrolle entbindet.848 Sicherheitshalber ist dementsprechend auch eine schriftliche Fixierung der Art und des Ergebnisses der Plausibilitätsprüfung anzuraten.849 b) Entscheidung bei unklarer Rechtslage Eine sehr bedeutsame Frage, die angesichts des „Regulierungstsunamis“850 mittlerweile immer häufiger diskutiert wird, ist die nach den Verhaltensanforderungen, wenn sich der Vorstand einer uneindeutigen Rechtslage ausgesetzt sieht. Dies gilt besonders dort, wo das Gesetz zielgerichtete Vorgaben macht, die bei entsprechender einzelfallbezogener Auslegung aber zu einem bestimmten Verhalten oder einer bestimmten Organisation zwingen und damit streng genommen im Rahmen einer gebundenen Entscheidung vom Anwendungsbereich der business judgement rule ausgeschlossen sind.851

843

Strohn, CCZ 2013, 177 (183). BGH v. 20. 09. 2011 – II ZR 234/09, DZWIR 2012, 118 (120 f.). 845 Sander/Schneider, ZGR 2013, 725 (752); Strohn, CCZ 2013, 177 (183); Gottschalk/ Weng, GWR 2013, 243 (246); Strohn, ZHR 176 (2012), 137 (142); a.A. wohl Krieger, ZGR 2012, 496 (501 ff.). 846 Vgl. Strohn, CCZ 2013, 177 (183 f.); Strohn, ZHR 176 (2012), 137 (142). 847 Strohn, CCZ 2013, 177 (183). 848 Gottschalk/Weng, GWR 2013, 243 (246); Strohn, CCZ 2013, 177 (184). 849 Gottschalk/Weng, GWR 2013, 243 (246); Strohn, ZHR 176 (2012), 137 (142); Sander/ Schneider, ZGR 2013, 725 (755). 850 So die Wortwahl von Mülbert hinsichtlich der kapitalmarktrechtlichen Lage im Jahr 2012, Mülbert, ZHR 176 (2012), 369 (369). 851 Dazu oben Teil 3, B.IV.2.a), S. 203. 844

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Die dogmatischen Ansätze zum Umgang mit solchen Situationen sind sehr vielseitig und reichen von einer direkten Anwendung der business judgement rule852 über eine analoge Anwendung853 zur Entwicklung einer eigenen legal judgement rule854 bis hin zur Bemühung der eben dargestellten Rechtsfigur des schuldausschließenden Rechtsirrtums855. Während die Anwendung der business judgement rule sowohl direkt als auch analog mangels einer unternehmerischen Entscheidung bei Rechtsfragen (direkte Anwendung) sowie wegen mangelnden Ansatzpunkten für die Annahme einer Regelungslücke als Analogievoraussetzung nicht zu überzeugen vermag856, sprechen sowohl für die Konstruktion einer legal judgement rule als auch für die Lösung der Problematik über den Rechtsirrtum schlagende Argumente: Denn eine Entscheidung bei unklarer Lage weist einerseits wie bei einer unternehmerischen Entscheidung auch prognostische Elemente hinsichtlich ihrer rechtlichen Haltbarkeit auf.857 Außerdem kann über die Merkmale der angemessenen Informationsbasis und dem Gesellschaftswohl ein Missbrauch der Konstruktion und somit eine Störung des organschaftlichen Haftungsrecht eingedämmt werden.858 Den Vorständen kann so nämlich eine umfangreiche Befassungspflicht auferlegt werden, sodass leichtfertige Annahmen einer unsicheren Rechtslage von der Privilegierung einer solchen legal judgement rule ausgeschlossen werden können. Andererseits spricht aber auch viel dafür, die Problematik im Rahmen der individuellen Vorwerfbarkeit in Form des schuldausschließenden Rechtsirrtums einzuordnen. Letztlich macht es aus der Ergebnisperspektive betrachtet nämlich keinen Unterschied, ob der Vorstand mangels eigener Kenntnisse einen Berater bemüht, sich in nicht vorwerfbarer Weise auf dessen Urteil verlässt, obwohl dieses mangelhaft ist, oder eine unsichere Rechtslage vorliegt und das Vorstandsmitglied eine Entscheidung fällt, die der gerichtlichen Überprüfung nicht standhält. In beiden Situationen

852 Holle, AG 2011, 778 (779); wohl auch Gottschalk/Weng, GWR 2013, 243 (247). Dazu erörternd Bührle, S. 119. 853 Cahn/Müchler, BKR 2013, 45 (52); wohl auch Armbrüster, VersR 2009, 1293 (1296 ff.); vgl. Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 93 AktG Rn. 75; kritisch Thole, ZHR 173 (2009), 504 (123 f.). 854 Bürkle, VersR 2013, 792 (793 ff.); Böhmer, VersR 2013, 162 (163); zuletzt Bührle, S. 236 f. 855 Buck-Heeb, BB 2013, 2247 (2253 f.); tendenziell Spindler, AG 2013, 889 (893). 856 Buck-Heeb, BB 2013, 2247 (2252 f.); Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 69a; Bührle, S. 125 ff.; so auch die Entscheidung des 70. Deutschen Juristentages 2014, DJT, Beschlüsse der Abteilung Wirtschaftsrecht des 70. DJT 2014, I. 4., S. 17, abrufbar unter http://www.djt.de/fileadmin/downloads/70/140919_djt_70_beschluesse_web_rz.pdf [zuletzt aufgerufen am 18. 03. 2018]. 857 Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 93 AktG Rn. 75; Thole, ZHR 173 (2009), 504 (523); vgl. Buck-Heeb, BB 2013, 2247 (2252); Bührle, S. 127 ff. 858 Thole, ZHR 173 (2009), 504 (524).

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

ist die Entscheidung rechtlich determiniert, was der Vorstand aber unverschuldet verkannt hat.859 Letztlich ist unter Einbeziehung der jeweiligen Folgen für die Vorstandshaftung in Anbetracht der aktuellen Rechtslage der Lösung über den verschuldensausschließenden Rechtsirrtum tendenziell Vorzug zu gewähren. Der Grund hierfür liegt in der Nähe einer legal judgement rule-Konstruktion zur business judgement rule und deren Konsequenz einer Verneinung der Pflichtverletzung. Die gesetzliche Grundlage für die Haftung des Vorstands in § 93 Abs. 1 und 2 AktG lässt in der momentanen Fassung einen Haftungsfreiraum nur im Rahmen der business judgement rule gem. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG zu.860 Selbstverständlich stünde es der Rechtsprechung frei, über die richterliche Rechtsfortbildung einen weiteren Freiraum zu schaffen, wie sie dies schon für die business judgement rule getan hat. Solange es allerdings einen anderen Weg gibt, der dem Wortlaut des Gesetzes nicht direkt widerspricht und außerdem in Einklang mit bereits bestehender höchstrichterlicher Rechtsprechung zu bringen ist, ist dieser vorzugswürdig. Alles Weitere liegt in der Verantwortung des Gesetzgebers bzw. der Rechtsprechung.861 Wie auch immer man diese Problematik dogmatisch lösen möchte, so ist anhand dieser zusammenfassenden Darstellung ersichtlich, dass es mittlerweile der flächendeckenden Auffassung entspricht, einen haftungsfreien Weg für Vorstände bei unsicherer Rechtslage zuzulassen.862 Eine unsichere Rechtslage kann sich dabei in verschiedenen Situationen ergeben. Einerseits brisant sind Zeiten, in denen eine neue Gesetzeslage in Kraft tritt, zu der es noch keine Rechtsprechung gibt.863 Hiermit gleichlaufend ist auch die mangelnde gerichtliche Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe (so vor allem bei prinzipienorientierter, aber auch bei regelbasierter Regulierung) zu sehen.864 Zudem ist denkbar, dass in der Rechtsprechung und der juristischen Literatur divergierende Ansichten vertreten werden, ohne dass eine besondere Tendenz zu erkennen ist.865 Als problematisch ist besonders bei unbestimmten Rechtsbegriffen die genaue Einordnung zu sehen, welche Einzelheiten noch vom unternehmerischen Ermessen des Vorstands gedeckt sind und welche wiederum innerhalb der gesetzgeberischen Intention als gesetzt anzusehen sind. Um das Vorliegen einer unklaren Rechtslage überhaupt gesichert behaupten zu können, müssen die Geschäftsleiter ihre Entscheidung jedoch dezidiert vorbereiten. 859 Buck-Heeb sieht hierbei eine überzeugende Ansatzmöglichkeit an der BGH-Rechtsprechung (BGH v. 21. 12. 1995 – V ZB 4/94, NJW, 1996, 1216 (1218)) zum Rechtsirrtum bei der Wahrnehmung fremdnütziger Interessen, siehe Buck-Heeb, BB 2013, 2247 (2253 f.). 860 Vgl. Buck-Heeb, BB 2013, 2247 (2253). 861 Vgl. Buck-Heeb, BB 2013, 2247 (2253 f.). 862 So auch Lütgerath, S. 228. 863 Buck-Heeb, BB 2013, 2247 (2249). 864 Buck-Heeb, BB 2013, 2247 (2249). 865 Buck-Heeb, BB 2013, 2247 (2249).

B. Organisatorische Pflichten und Vorstandshaftung

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Vorstände müssen sich also erst einmal – nachweisbar – über die Rechtslage informieren.866 Bleibt die Recherche oder auch die Beratung ohne konkrete Handlungsempfehlung, so kann eine unsichere Rechtslage angenommen werden. Fraglich ist, ob dies auch angenommen werden kann, wenn (untergesetzliche) behördliche Vorgaben zu der fraglichen Thematik existieren. Die hiesig vertretene Haltung zu solchen Fragen sollte mittlerweile deutlich geworden sein: Entgegen der Meinung, dass in solchen Fällen regelmäßig keine unklare Rechtslage gegeben sein soll867, ist nochmals auf die (grundsätzliche) Unverbindlichkeit exekutiver Rechtsetzung hinzuweisen und demgemäß gegen die vorschnelle Ablehnung einer unsicheren Rechtslage zu plädieren.868 Sofern die Aufsicht konkrete Aussagen zu einer angefragten Materie tätigt869, können sich das Institut und der Vorstand zwar grundsätzlich hierauf verlassen.870 Wenn sich die behördliche Vorgabe aber in einer abstrakt-materiellen Regelung erschöpft, kann ein solcher Vertrauensschutz nicht ohne Weiteres angenommen werden.871 Abgesehen davon, dass wegen verfassungsrechtlicher Bedenken hinsichtlich einer solchen Handhabung behördlicher Rechtsetzung idealiter kein allzu großes Gewicht beigemessen werden sollte, könnte so in der Konsequenz die gerichtliche Überprüfung dieser Vorgaben eine Förderung erfahren. Dies gilt einmal in der Hinsicht, dass der Rechtsanwender behördlichen Äußerungen möglicherweise kritischer und weniger devot entgegentreten wird. Auf der anderen Seite verlagert diese grundsätzliche Haltung aber auch potentiell das Prüfungsgewicht im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle weg von der bloßen Untersuchung in Hinblick, ob behördliche Vorgaben vorhanden sind, hin zu einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den existierenden behördlichen Anforderungen als eine rechtliche Meinung. Zumal der Vorstand auch nicht von seiner Pflicht zur kritischen Prüfung der Behördenmeinung entbunden werden soll, da eine ungerechtfertigte Behördenentscheidung zur Lasten der Gesellschaft auch nicht in deren Interesse sein kann.872 Auch vor diesem Hintergrund ist allerdings kritisch anzumerken, dass sich die Vorstände der Gefahr bewusst sein müssen, dass ein Gericht bei der begrenzten Zeit, die es zur Sichtung des Falles zur Verfügung hat, angesichts der Fülle an bloß die behördlichen Vorgaben kommentierenden Literatur allzu leicht verleitet werden könnte, diese zu adaptieren. Rein von der Masse solcher Literatur kann nämlich 866

Siehe Spindler, AG 2013, 889 (893 f.). Buck-Heeb, BB 2013, 2247 (2249). 868 So auch Bührle, S. 209 ff. 869 So im Fall des LG München v. 04. 06. 2009 – 5 HK O 591/09, 5 HKO 591/09, juris Rn. 248. 870 Ob Buck-Heeb nur diesen einzelfallbezogenen Aspekt meint, ist nicht eindeutig ersichtlich Buck-Heeb, BB 2013, 2247 (2249). 871 Dazu bereits oben Teil 3, B.IV.3.d), ab S. 209. 872 Sehr aufschlussreich und lesenswert hierzu Bührle, S. 220 ff.; vgl. auch Sieg/Zeidler, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler, 2016, § 3 Rn. 44. 867

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

durchaus der Eindruck erweckt werden, die Grundsätze der Aufsichtsbehörden entsprächen der allgemeinen Meinung, obwohl diese eine kritische inhaltliche Auseinandersetzung m. E. überwiegend vermissen lässt. 5. Entlastung durch Geschäftsverteilung „Wenn vierundzwanzig Leute eine Bank leiten wollen, dann ist das wie mit einem Mädchen, das vierundzwanzig Freier hat. Es heiratet sie keiner. Aber am Ende hat sie ein Kind!“ Georg von Siemens873

Dieses metaphorisch gestaltete Zitat bringt das Problem der Haftungsentlastung durch Geschäftsverteilung auf eine humorvolle, aber auch provokative Weise auf den Punkt: Wenn eine ungewollte Konsequenz hervorgerufen wird, zu deren Herbeiführung mehrere Handelnde beigetragen haben (können), möchte am Ende keiner die Verantwortung selbst tragen. Es stellt sich daher bei der Vorstandshaftung die Frage, ob und inwieweit sich ein Vorstandsmitglied darauf berufen kann, für den Bereich, in dem der Schaden für die Gesellschaft eingetreten ist, selbst nicht verantwortlich gewesen zu sein. a) Ressortaufteilung innerhalb des Vorstands Als Leitungsaufgabe obliegt die Erfüllung organisatorischer Pflichten grundsätzlich allen Vorstandsmitgliedern gemeinschaftlich.874 Auch § 25a Abs. 1 S. 2 KWG sowie MaRisk AT 3 Tz. 1 S. 1 ordnen ausdrücklich die Gesamtverantwortung aller Geschäftsleiter für die Wahrnehmung der organisatorischen Vorgaben an.875 In der Praxis werden aber die einzelnen Pflichten nicht von allen Vorstandsmitgliedern gleichermaßen wahrgenommen. Vielmehr ist regelmäßig eine ressortmäßige Geschäftsverteilung876 anzutreffen, nach der jedes Vorstandsmitglied seinen eigenen Verantwortlichkeitsbereich hat. Das soeben erwähnte Prinzip der Gesamtverantwortung führt trotz Aufgabenverteilung innerhalb des Vorstands allerdings dazu, dass die an sich unzuständigen Vorstandsmitglieder für den Bereich der Geschäftsorganisation und deren Weiterentwicklung mitverantwortlich bleiben und sich nicht pauschal auf ihre Unzuständigkeit berufen können.877 Die interne Ver873

Wiedergegeben bei Helfferich, S. 321. Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.16; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 77 AktG Rn. 18; Fleischer, ZIP 2003, 1 (6). 875 Reppenthien, in: Beck/Samm/Kokemoor, 185. AL, 2017, § 25a KWG Rn. 58; Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/16 § 25c KWG Rn. 69; vgl. Markel, S. 170 f. 876 Reppenthien, in: Beck/Samm/Kokemoor, 185. AL, 2017, § 25a KWG Rn. 58; Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 93 AktG Rn. 148; Fleischer, ZIP 2003, 1 (7); Bürgers, ZHR 179 (2015), 173 (179 f.); vgl. Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 77 AktG Rn. 14. 877 Reppenthien, in: Beck/Samm/Kokemoor, 185. AL, 2017, § 25a KWG Rn. 58; Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 93 AktG Rn. 149; Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.16; vgl. Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/16 § 25c KWG Rn. 69. 874

B. Organisatorische Pflichten und Vorstandshaftung

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teilung der Zuständigkeiten hat insofern lediglich zur Folge, dass sich die Pflicht von einer aktiven Gestaltungspflicht in eine allgemeine Überwachungspflicht über die Verantwortungsbereiche der übrigen Vorstandsmitglieder umwandelt.878 So ergibt sich eine interne Selbstkontrolle des Vorstands, die sich zu einer Eingriffspflicht verdichtet, sobald Anhaltspunkte für Nachlässigkeiten oder Pflichtwidrigkeiten eines anderen Vorstandsmitglieds zu Tage treten.879 Die für den Bereich des Risikomanagements unzuständigen Vorstandsmitglieder müssen sich dementsprechend in angemessenem Umfang – sowohl in sachlicher als auch zeitlicher Hinsicht – über das Risikomanagement informieren. Eine Entlastung durch Geschäftsverteilung i.S. einer komplett entfallenden Haftung kennt das Gesetz daher nicht. b) Vertikale Delegation Auch eine Delegation in tiefere Organisationsschichten ist zulässig und in der Praxis regelmäßig sowohl sinnvoll als auch üblich, sofern der Kern der Leitungsverantwortung der Geschäftsleiter bei diesen verbleibt.880 Hierzu sind die ganz grundsätzlichen Entscheidungen hinsichtlich der Geschäftsorganisation zu zählen, also z. B. wie das Risikomanagement im Einzelnen ausgestaltet wird oder ob eine Compliance-Organisation881 im Sinne einer eigenständigen Abteilung eingerichtet wird. Vorbereitende Maßnahmen sowie die konkrete Ausführung kann der Vorstand an Mitarbeiter delegieren, sofern der Vorstand die Letztentscheidungskompetenz bezüglich wesentlicher Entscheidungen behält.882 Um dies zu gewährleisten, sollten die jeweiligen Zuständigkeiten, Aufgaben und Berichtswege klar definiert werden.883 Insbesondere die Notwendigkeit eines zuverlässigen Informationsmanagements ist hierbei zu betonen884, da nur so sichergestellt werden kann, dass der Vorstand über die 878 Reppenthien, in: Beck/Samm/Kokemoor, 185. AL, 2017, § 25a KWG Rn. 59; Albert, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 6/16 § 25c KWG Rn. 69; Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 93 AktG Rn. 149; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 77 AktG Rn. 15; Krause, BB 2009, 1370 (1372); Bürgers, ZHR 179 (2015), 173 (180 f.). 879 Reppenthien, in: Beck/Samm/Kokemoor, 185. AL, 2017, § 25a KWG Rn. 59; Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 93 AktG Rn. 154 ff.; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 77 AktG Rn. 15; Bürgers, ZHR 179 (2015), 173 (181); Krause, BB 2009, 1370 (1372); Urban, GWR 2013, 106 (107). 880 Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.18; zu Compliance Bürgers, ZHR 179 (2015), 173 (181 f.); Harbarth, ZHR 179 (2015), 136 (162); Freund, NZG 2015, 1419 (1422); vgl. Fleischer, ZIP 2003, 1 (6); Urban, GWR 2013, 106 (107). 881 Dazu Bürgers, ZHR 179 (2015), 173 (181). 882 Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 76 AktG Rn. 8; Harbarth, ZHR 179 (2015), 136 (162 f.); vgl. Reppenthien, in: Beck/Samm/Kokemoor, 185. AL, 2017, § 25a KWG Rn. 63; Fleischer, ZIP 2003, 1 (6). 883 Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.18; Kremer/Klahold, ZGR 2010, 113 (126); Harbarth, ZHR 179 (2015), 136 (163); Krause, BB 2009, 1370 (1373). 884 So auch Freund, NZG 2015, 1419 (1423); Fleischer, ZIP 2003, 1 (6) „Kontroll- und Berichtssystem“; vgl. Urban, GWR 2013, 106 (106 f.).

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

wichtigen Geschäftsvorgänge informiert wird und so seiner Pflicht zur Geschäftsorganisation angemessen nachkommen kann. Haftungsrechtlich wandelt sich im Hinblick auf die delegierten Aufgaben auch hier die Pflicht der Geschäftsleiter zur Geschäftsorganisation zu einer Überwachungs- und Aufsichtspflicht der ausführenden Mitarbeiter.885 Im Rahmen einer möglichen Exkulpierung wegen Delegation erscheint es sachgerecht, für die Beurteilung auf die Grundsätze für die Delegation von deliktischen Verkehrssicherungspflichten heranzuziehen.886 Dementsprechend trifft den Vorstand eine Auswahl-, Einweisungs- und Überwachungspflicht hinsichtlich der nachgeschalteten Mitarbeiter. Die Geschäftsleiter müssen die Mitarbeiter daher bezüglich ihrer Qualifikation und Zuverlässigkeit sorgfältig auswählen (cura in eligendo), ordnungsgemäß in den ihnen zugewiesenen Aufgabenbereich einweisen (cura in instruendo) sowie die ausreichende Überwachung auf allen Hierarchiestufen sicherstellen (cura in custodiendo).887 Erfüllt der Vorstand diese Anforderungen, trifft ihn für ein Fehlverhalten der Mitarbeiter kein Verschulden.888 In diesem Zusammenhang ist noch einmal in Erinnerung zu rufen, dass eine Zurechnung fremden Verschuldens gem. § 278 BGB bei der Organhaftung nicht möglich ist.889 6. Die Haftung der Vorstands für Unternehmensgeldbußen a) Sanktionsbefugnisse der BaFin Die Frage danach, ob und inwiefern Unternehmen für gegen sie verhängte Geldbußen ihre Geschäftsleiter in Regress nehmen können, ist keine spezifische Problematik des Bankensektors. Vielmehr hat die Diskussion ihren Ursprung und auch heute noch ihren Schwerpunkt im Kartellrecht. Dort hat der Regress für Kartellbußen insofern sowohl für Unternehmen als auch für Vorstände eine große Bedeutung, da die Höhe der gegen die Gesellschaften verhängten Geldbußen astronomische Ausmaße890 erreichen können. 885 Harbarth, ZHR 179 (2015), 136 (163); Bürgers, ZHR 179 (2015), 173 (182); Krause, BB 2009, 1370 (1373); Urban, GWR 2013, 106 (106). 886 Harbarth, ZHR 179 (2015), 136 (163); vgl. Bürgers, ZHR 179 (2015), 173 (182); vgl. Krause, BB 2009, 1370 (1373). 887 BGH v. 07. 11. 1994 – II ZR 270/93, BGHZ, 127, 336 (347) = NJW 1995, 326 (329) zur GmbH; Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.18; Harbarth, ZHR 179 (2015), 136 (163); Krause, BB 2009, 1370 (1373); zum Compliance-Beauftragten Bürgers, ZHR 179 (2015), 173 (183); vgl. Freund, NZG 2015, 1419 (1423). 888 BGH v. 07. 11. 1994 – II ZR 270/93, BGHZ, 127, 336 (347) = NJW 1995, 326 (329); Harbarth, ZHR 179 (2015), 136 (163). 889 BGH v. 07. 11. 1994 – II ZR 270/93, BGHZ, 127, 336 (347) = NJW 1995, 326 (329); dazu bereits oben Teil 2, B.II.1.a), S. 108. 890 Gem. § 81 Abs. 4 S. 2 Hs. 2 GWB kann eine Geldbuße in der Höhe bis 10 % des Gesamtumsatzes des Unternehmens verhängt werden.

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Die Gefahr einer solchen Ausuferung bei der Geldbußenhöhe existiert wenigstens im Rahmen der §§ 25a und 25d KWG891 glücklicherweise (noch) nicht. Zwar kann die BaFin auf Grundlage von § 25a Abs. 2 S. 2 KWG Anordnungen zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation i.S.d. § 25a Abs. 1 S. 3 und 6 KWG treffen; Zuwiderhandlungen gegen solche Anordnungen, sofern sie vollziehbar sind, stellen auch Ordnungswidrigkeiten gem. § 56 Abs. 2 Nr. 3 lit. f) KWG dar. Die maximale Höhe einer deshalb verhängten Geldbuße ist durch § 56 Abs. 6 Nr. 1 KWG aber immerhin auf fünf Millionen Euro beschränkt. Verstöße gegen § 25d KWG können hingegen bisher (noch) gar nicht mit einem Bußgeld geahndet werden. Anders ist dies mit Wirkung seit dem 03. Januar 2018892 im Rahmen von § 25c Abs. 1 und 2 KWG, wenn ein Geschäftsleiter der Wahrnehmung seiner Aufgaben nicht ausreichend Zeit i.S.d. §25c Abs. 1 S. 1 KWG widmet (§ 56 Abs. 4 h Nr. 5 KWG) oder ein Geschäftsleiter eines bedeutenden Instituts eine – an § 25c Abs. 2 S. 2 KWG zu bemessende – zu hohe Anzahl an Leitungs- oder Aufsichtsmandaten innehat (§ 56 Abs. 4 h Nr. 6 KWG). In solchen Fällen kann gem. § 56 Abs. 6a Nr. 3893 sowie Abs. 6c KWG über den grundsätzlich auch für solche Verstöße vorgesehenen Bußgeldrahmen von maximal fünf Millionen Euro (§ 56 Abs. 6 Nr. 1 KWG) hinausgegangen werden. Die Obergrenze des Bußgeldes liegt dabei – wie im Kartellrecht – bei 10 % des Gesamtumsatzes des vorhergehendes Geschäftsjahres (§ 56 Abs. 6a Nr. 3 Alt. 2 KWG) bzw. bei dem Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils (§ 56 Abs. 6c S. 2 KWG). Diese kürzliche Änderung zeigt die Tendenz des Gesetzgebers, auch die Stellschrauben der bank- und finanzmarktrechtlichen Bußgeldtatbestände deutlich anzuziehen. Der Grund hierfür wird wohl darin zu finden sein, dass der BaFin in den letzten Jahren sowohl in der Banken- als auch in der Wertpapieraufsicht bisher verhältnismäßig wenige und vor allem – beispielsweise im Vergleich zur Kartellaufsicht – nicht besonders umfangreiche Eingriffsbefugnisse gewährt wurden, sodass die BaFin bis dato mit eher stumpfen Schwertern agierte. Mit der Verschärfung und Erweiterung der Bußgeldtatbestände in den letzten Jahren hat sich dies geändert mit der Folge, dass nun auch die BaFin äußerst empfindliche Geldbußen verhängen kann. Es ist zu erwarten, dass diese Entwicklung auch noch nicht abgeschlossen ist und die Institute auch in Zukunft mit einer weiteren Verschärfung des Bußgeldrechts zu rechnen haben.894 Demgemäß wird auch die Frage nach der Regressmöglichkeit der

891

Wohl aber seit dem 03. 01. 2018 bei den Vorgaben nach § 25e KWG durch die Regelung von § 56 Abs. 6a Nr. 3 i.V.m. Abs. 4 h KWG. 892 Eingeführt durch Artikel 6 (Ziff. 23 lit. b)) des Zweiten Gesetzes zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte (Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz – 2. FiMaNoG) vom 23. Juni 2017, BGBl. I S. 1693, 1786. 893 Dass im Wortlaut des § 56 Abs. 6a Hs. 1 KWG der neu eingefügte Absatz 4 h keine Erwähnung findet, ist als redaktionelles Versehen einzustufen. 894 Daher auch zuvor der sprachliche Hinweis darauf, dass §§ 25a und 25d KWG noch nicht „Opfer“ dieser ordnungswidrigkeitsrechtlichen Verschärfung geworden sind.

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

Institute für verhängte Bußgelder künftig in der Bankenbranche an Bedeutung gewinnen. b) Das Bußgeld als ersatzfähiger Schaden und Vorteilsausgleichung Die zentrale haftungsrechtliche Problematik im Rahmen des Bußgeldregresses ist bei der Frage nach einem ersatzfähigen Schaden angesiedelt.895 Da das Vorliegen eines ersatzfähigen Schadens anhand der bürgerlich-rechtlichen Maßstäbe der §§ 249 ff. BGB zu ermitteln ist, ist der Geschädigte – also das Institut – so zu stellen, wie es stehen würde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Wird gegen das Unternehmen also aufgrund eines Fehlverhaltens des Vorstands ein Bußgeld verhängt, so ist dieses auf den ersten Blick zunächst als adäquat-kausaler Schaden i.S.d. § 249 Abs. 1 BGB zu bewerten.896 Dies wird allerdings teilweise mit dem Argument als unbillig und nicht mehr vom Schutzbereich des § 93 Abs. 2 S. 1 AktG gedeckt verworfen, dass die Inanspruchnahme des Vorstands dem Gedanken der Sanktion gegenüber der Gesellschaft widerspreche und zwar insbesondere in den Fällen, in denen die Behörde bei der Bußgeldverhängung die Wahl hatte, ob sie dieses an das Unternehmen oder den Vorstand adressiert.897 Demgegenüber nimmt wohl der überwiegende Teil der Literatur mittlerweile die grundsätzliche Ersatzfähigkeit des Schadens an, da die Wahl des Sanktionsadressaten durch die Behörde bzw. die ordnungsrechtliche Zielrichtung der Sanktion nichts über die gesellschaftsrechtliche Liquidation des entstandenen Schadens aussagen könne.898 Der Streit um die Ersatzfähigkeit von Geldbußen als Schaden beschränkt sich allerdings nicht auf diese grundsätzliche Frage des „Ob“. Vielmehr sind die Einzelheiten dahingehend, wie weit die Verantwortlichkeit des Vorstands für den Ersatz des Bußgeldes reicht, ebenfalls hoch umstritten. 895 Sofern der Vorstand selbst die Ordnungswidrigkeit begeht, die zur Verhängung eines Bußgeldes gegen das Unternehmen nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 OWiG führt, stellt dies in der Regel zugleich eine Pflichtverletzung im Innenverhältnis zum Institut im Rahmen der Legalitätspflicht dar; dazu Wilsing, in: Krieger/Schneider, 2017, § 31 Rn. 31.20; Hauger/Palzer, ZGR 2015, 33 (41 f.); Fleischer, BB 2008, 1070 (1070); Binder/Kraayvanger, BB 2015, 1219 (1221). Für fremdes Handeln kommt es darauf an, ob dem Vorstand eine eigene Pflichtverletzung, z. B. in Form einer Verletzung der Legalitätskontrollpflicht oder eine Aufsichtspflichtverletzung i.S.d. § 130 OWiG, vorwerfbar ist; siehe Wilsing, in: Krieger/Schneider, 2017, § 31 Rn. 31.21; Hauger/Palzer, ZGR 2015, 33 (51 ff.); vgl. Fleischer, BB 2008, 1070 (1071). 896 So auch Wilsing, in: Krieger/Schneider, 2017, § 31 Rn. 31.29; Fleischer, in: Spindler/ Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 213b; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 93 AktG Rn. 48; Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 26 Rn. 19; Binder/Kraayvanger, BB 2015, 1219 (1225). 897 Horn, ZIP 1997, 1129 (1136); Dreher, in: FS Konzen, S. 103 ff. 898 Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 213b f.; Hauger/Palzer, ZGR 2015, 33 (53 ff.); Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 93 AktG Rn. 48; Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 26 Rn. 19; Fleischer, BB 2008, 1070 (1073); wohl auch Wilsing, in: Krieger/Schneider, 2017, § 31 Rn. 31.29, 31.37; auch Binder/Kraayvanger, BB 2015, 1219 (1225 ff.); Thole, ZHR 173 (2009), 504 (532 f.).

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Während die Anwendung des Grundsatzes des Vorteilsausgleichs, nach dem die Gesellschaft sich im Rahmen der Differenzhypothese den durch die Ordnungswidrigkeit erlangten Vorteil beim Regress anrechnen lassen muss, noch weitgehend Zustimmung findet899, sind die vielfältigen Ansätze, mit denen versucht wird, eine etwaige weitere Haftungsbegrenzung für den Vorstand zu finden, äußerst streitig900. Höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser Problematik existiert bisher leider nicht. Beobachtungswürdig ist in diesem Zusammenhang allerdings das Verfahren vor dem LAG Düsseldorf, das sich in seiner Schienenkartell-Entscheidung gegen eine Regressmöglichkeit der Gesellschaft gegenüber dem Vorstand für Kartellgeldbußen ausgesprochen hat.901 Zwar lag das Urteil bereits dem BAG im Rahmen der Revision vor, jedoch begründete das BAG die Urteilsaufhebung und Zurückweisung lediglich mit Zuständigkeitsmängeln, ohne auf die Fragestellung des ersatzfähigen Schadens inhaltlich einzugehen902, was einen Verweisungsbeschluss des LAG Düsseldorf an das Landgericht Düsseldorf zur Folge hatte.903 Es bleibt zu hoffen, dass der weitere Verfahrensgang eine höchstrichterliche Stellungnahme zu dem Thema zur Folge haben wird. Mit dieser Aussicht und aufgrund der Tatsache, dass diese Problematik keine spezifische des Finanzsektors ist, wird auf eine weitergehende Auseinandersetzung mit den jeweiligen Standpunkten und Lösungen vorliegend verzichtet. Festzuhalten bleibt, dass der Vorstandshaftung wegen Unternehmensgeldbußen momentan höchstrichterlich noch keine Absage erteilt worden ist, sodass die Inanspruchnahme der Vorstände zunächst theoretisch denkbar bleibt.

899 Dieser Zustimmung wird sich vorliegend angeschlossen, allerdings mit Hinweis darauf, dass Hauger/Palzer sowie auch Wilsing zu Recht die für den Vorstand bestehenden Beweisschwierigkeiten bezüglich des Vorteils für die Gesellschaft ansprechen, siehe Hauger/Palzer, ZGR 2015, 33 (56 ff., 58); Wilsing, in: Krieger/Schneider, 2017, § 31; auch Binder/ Kraayvanger, BB 2015, 1219 (1228 f.); im Übrigen zustimmend auch Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 26 Rn. 19 ff.; Koch, in: Hüffer/Koch, 2016, § 93 AktG 48 f.; Fleischer, in: Spindler/Stilz, 2015, § 93 AktG Rn. 213c; Fleischer, BB 2008, 1070 (1073); eingeschränkt Thole, ZHR 173 (2009), 504 (528 ff.). 900 Neben verschiedenen Ansätzen, die den Regress der Höhe nach begrenzen wollen (vgl. Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 93 AktG Rn. 172; Fleischer, BB 2008, 1070 (1073); dazu auch diskutierend Binder/Kraayvanger, BB 2015, 1219 (1227 ff.)), ist die Idee der Anwendung der arbeitsrechtlichen Grundsätze zur Haftungsbegrenzung auf grob fahrlässiges und vorsätzliches Verhalten erwähnenswert (siehe Fischer, DStR 2007, 1083 (1083); losgelöst von der Frage der Haftung für Geldbußen diskutierend Fleischer, WM 2005, 909 (914); erörternd Hauger/Palzer, ZGR 2015, 33 (68 ff.); Spindler, AG 2013, 889 (894 ff.)). 901 LAG Düsseldorf v. 20. 01. 2015 – 16 Sa 459/14, CCZ 2015, 185 (186 f.). 902 BAG v. 29. 06. 2017 – 8 AZR 189/15, NJW 2018, 184 (184 ff.). 903 LAG Düsseldodrf v. 29. 01. 2018 – 14 Sa 591/17, juris.

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Teil 3: Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften

C. Zusammenfassende Würdigung Die Haftungsrisiken für den Vorstand eines Instituts sind vielseitig. Angesichts der Fülle an Vorgaben sowohl in persönlicher als auch in unternehmensorganisatorischer Hinsicht stellt es zunächst schon eine herausfordernde Aufgabe für Geschäftsleiter dar, diese zu überblicken und ein Gespür für kritische Situationen zu entwickeln. In der Folge sehen sich insbesondere wegen des Spannungsfelds an Regelungsdichte und dennoch bestehender Rechtsunsicherheit einer insgesamt großen Haftungsgefahr ausgesetzt. Zwar mögen diese im Rahmen der persönlichen Anforderungen eher zu vernachlässigen sein; umso größer ist die Bedeutung bei der Geschäftsorganisation. Schon die Regelungsstruktur zwischen prinzipienorientierter gesetzlicher Regelungen und konkretisierender behördlichen Rechtssetzung macht eine konkrete Bezifferung der bestehenden Haftungsrisiken nahezu unmöglich. Deshalb sind die bisherigen Maßstäbe der Organhaftung kritisch zu beäugen und in einzelnen Konstellationen um neue Justierungsmöglichkeiten zu Gunsten der Geschäftsleiter zu erweitern. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist nach der hier vertretenen Auffassung die Anerkennung eines Haftungsfreiraums bei der Hinzuziehung eines fachspezifischen Beraters sowie bei Vorliegen einer unklaren Rechtslage. Nicht nur, aber auch in diesem Zusammenhang ist mit den behördlichen Vorgaben im Rahmen der Organhaftung mit Vorsicht umzugehen. Die Praxis klammert sich in Ermangelung an konkretisierender Rechtsprechung an die Verlautbarungen der Aufsicht. Um eines klarzustellen: Die Verantwortung hierfür wird nicht bei den Aufsichtsbehörden verortet. Vielmehr ist aus Perspektive der Aufsichtsbehörden anzumerken, dass diese bei der Anwendung des offen gestalteten Gesetzes auf Basis der prinzipienorientierten Regulierung genauso von einer Ausfüllungsnot betroffen sind wie die Institute. So begrüßenswert vor diesem Hintergrund grundsätzlich ein Austausch zwischen den Behörden und den Instituten sein mag, ist doch eine Tendenz dahingehend zu beobachten, dass die Grenzen zwischen Legislative, Exekutive und Judikative zunehmend verwischt werden. Auch wenn die Meinung der Aufsichtsbehörde im Aufsichtsverhältnis wegen der bestehenden Eingriffsbefugnisse sowie etwaiger drohender Reputationsverluste demgemäß von großer Bedeutung ist, so ist einer Projizierung der behördlichen Sicht in das organschaftliche Verhältnis zwischen Geschäftsleiter und Institut ohne gesetzliche Grundlage im Grundsatz eine Absage zu erteilen. Schließlich muss für die Absicherung hinsichtlich einer möglichen Inanspruchnahme der Geschäftsleiter auf das – um es mit den Worten Freunds zu sagen904 – Zauberwort der Praxis hingewiesen werden: Dokumentation. Selbst bei sorgfältiger Wahrnehmung des Geschäftsleiteramtes hilft dem Vorstand in einem Haftungspro904

Freund, NZG 2015, 1419 (1424).

C. Zusammenfassende Würdigung

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zess jede angestellte Erwägung und jedes Kopfzerbrechen nichts, wenn diese nicht dokumentiert wurden und der Geschäftsleiter somit seine Sorgfältigkeit nicht nachweisen konnte.

Teil 4

Vorgaben für die Mitglieder des Aufsichts- bzw. Verwaltungsorgans eines Finanzinstituts A. Vorüberlegung: Pflicht zur Bildung eines Aufsichtsrats mit entsprechenden Kompetenzen durch die aufsichtsrechtlichen Vorgaben? Bevor auf die einzelnen aktien- und aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder eingegangen wird, darf ein Detail vorweggenommen werden: In § 25d KWG gibt das Gesetz in einem umfangreichen Text Aufschluss über die Anforderungen an den Aufsichtsrat. Ruft man sich nun in Erinnerung, dass nicht alle Institute bzw. auch nicht alle Kapitalgesellschaften im zuvor definierten Sinne zwingend über ein Aufsichts-/Verwaltungsorgan verfügen905, stellt sich die Frage, ob eine Pflicht zur Einrichtung eines solchen Überwachungsorgans intendiert war. Um es kurz zu machen: Eine Einrichtungspflicht sollte nach der Gesetzesbegründung zum CRD IV-Umsetzungsgesetz nicht normiert werden.906 Der Gesetzgeber geht vielmehr davon aus, dass die Gesellschafter selbst die Geschäftsleitung überwachen, wenn es ein Aufsichtsorgan in dem Institut nicht gibt.907

B. Persönliche Anforderungen an die Mitglieder des Aufsichtsorgans I. Persönliche Vorgaben im Aktienrecht Das Aktienrecht enthält keine generellen Aussagen hinsichtlich der persönlichen Anforderungen an Aufsichtsratsmitglieder. § 100 AktG ist zwar überschrieben mit „Persönliche Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder“, gibt aber insofern nur ganz grundlegende Bestellungsvoraussetzungen vor, wie die Notwendigkeit der Geschäftsfähigkeit oder die Mandatsbeschränkungen nach § 100 Abs. 2 AktG. Während § 100 Abs. 2 Nr. 1 AktG dabei die einzige Regelung des § 100 AktG ist, die 905

Siehe dazu Teil 2, ab S. 94. BT-Drucks. 17/10974, S. 87. Dahingehende Zweifel an der Vereinbarkeit mit den Regelungen aus der CRD IV-Richtlinie äußernd Mülbert/Wilhelm, ZHR 178 (2014), 502 (537 ff.). 907 BT-Drucks. 17/10974, S. 87. 906

B. Persönliche Anforderungen an die Mitglieder des Aufsichtsorgans

229

man als Vorgabe hinsichtlich der zeitlichen Verfügbarkeit begreifen könnte, haben die übrigen Mandatsbeschränkungen nach § 100 Abs. 2 AktG ihren Grund in der Vermeidung von Interessenkonflikten.908 § 100 AktG ist konzeptionell daher mit § 76 Abs. 3 AktG für den Vorstand zu vergleichen. Nach § 100 abs. 4 AktG können darüber hinausgehende persönliche Voraussetzungen in der Satzung geregelt werden. Zudem schreibt seit der Reformierung durch das BilMoG im Jahr 2009909 § 100 Abs. 5 AktG vor, dass bei kapitalmarktorientierten Gesellschaften (§ 246d HGB) mindestens ein Mitglied des Aufsichtsrates in den Bereichen Rechnungslegung oder Abschlussprüfung Sachverstand vorweisen muss. Im Jahr 2016910 ist diese Regelung dadurch ergänzt worden, dass nunmehr auch die in § 105 Abs. 5 AktG genannten Institute911 und Versicherungsunternehmen diese Vorgabe erfüllen müssen. Weitergehende Angaben macht das AktG hingegen nicht. Die maßgeblichen Grundanforderungen an Aufsichtsratsmitglieder finden sich demgemäß nicht im Gesetz. Vielmehr hat der BGH durch sein bekanntes HertieUrteil912 einen Qualifikationsstandard für Aufsichtsratsmitglieder gesetzt. Dieser beinhaltet, „daß ein Aufsichtsratsmitglied diejenigen Mindestkenntnisse und -fähigkeiten besitzen oder sich aneignen muß, die es braucht, um alle normalerweise anfallenden Geschäftsvorgänge auch ohne fremde Hilfe verstehen und sachgerecht beurteilen zu können“913. Der BGH hat in dieser Entscheidung deutlich gemacht, dass er davon ausgeht, dass das Gesetz eine grundlegende Sachkompetenz voraussetzt. Hieraus haben sich im Laufe der Jahre in der juristischen Literatur weitere Präzisierungen ergeben. Im Rahmen der benötigten Grundkenntnisse werden dort insbesondere zunächst einmal Wissen und grundlegendes Verständnis in betriebswirtschaftlicher Hinsicht914 sowie im Hinblick auf das aktienrechtliche Gefüge Kenntnisse der inneren, aktienrechtlichen Organisationsstruktur inklusive der Kompetenzzuweisungen und Aufsichtsratsaufgaben915 genannt. Im Gegensatz zum 908 Vgl. Spindler, in: Spindler/Stilz, 2015, § 100 AktG Rn. 23; vgl. Habersack, in: MünchKommAktG, 2014, § 100 AktG Rn. 30. 909 Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts vom 25. 05. 2009, BGBl. I S. 1102. 910 Geändert durch Art. 5 des Abschlussprüfungsreformgesetzes (AReG) vom 10. 05. 2016, BGBl. I S. 1142. 911 CRR-Kreditinstitute im Sinne des § 1 Absatz 3d Satz 1 KWG (= früher „Einlagenkreditinstitute“, siehe dazu schon Fn. 582, S. 151), mit Ausnahme der in § 2 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Kreditwesengesetzes genannten Institute. 912 BGH v. 15. 11. 1982 – II ZR 27/82, BGHZ, 85, 293 (295 f.) = NJW 1983, 991 (991). 913 BGH v. 15. 11. 1982 – II ZR 27/82, BGHZ, 85, 293 (295 f.) = NJW 1983, 991 (991). 914 Habersack, in: MünchKommAktG, 2014, § 116 AktG Rn. 25, der verlangt, dass die Aufsichtsräte den Jahres- und Konzernabschluss verstehen müssen; Spindler, in: Spindler/Stilz, 2015, § 116 AktG Rn. 62: „Zu den nötigen Kenntnissen gehören die grundlegenden Zusammenhänge der Finanzierung eines Unternehmens, die Berichte des Vorstandes und die Jahressowie Konzernabschlüsse, der Marktstellung des Unternehmens […]“. 915 Habersack, in: MünchKommAktG, 2014, § 116 AktG Rn. 25; Spindler, in: Spindler/ Stilz, 2015, § 116 AktG Rn. 62: „[…] aktienrechtliche Grundsätze im Verhältnis der Organe

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Teil 4: Vorgaben für die Mitglieder des Aufsichts- bzw. Verwaltungsorgans

Vorstand wird außerdem auch auf eine Fort- und Weiterbildungspflicht der Aufsichtsratsmitglieder hingewiesen.916 Die Aufsichtsratsmitglieder ohne spezielle Funktion innerhalb des Aufsichtsrates müssen jedoch grundsätzlich nicht über Spezialkenntnisse verfügen.917 Sofern aber für eine adäquate Überwachung der Geschäftsleitung spezifische Kenntnisse aufgrund der Geschäftstätigkeit des Unternehmens nötig sind, muss mindestens ein Aufsichtsratsmitglied diese Fähigkeiten aufweisen.918 Hier kommt eine weitere Besonderheit im Hinblick auf die Qualifikation der Aufsichtsratsmitglieder zum Ausdruck: Es genügt, wenn das Organ als Gesamtheit qualifiziert ist und damit der Überwachungsaufgabe gewachsen ist. Dahingehend wird in anschaulicher Weise zuweilen von einer (bloß) notwendigen „Schwarmintelligenz“919 gesprochen. Wie schon in dem obigen Zitat des Hertie-Urteils deutlich wird, kommt es für die konkret zu verlangenden Kenntnisse und Fähigkeiten maßgeblich auf die jeweilige Geschäftstätigkeit des Unternehmens an.920 Damit ist für eine konkrete Bestimmung des Anforderungsprofils stets eine Einzelfallbetrachtung notwendig.

II. Aufsichtsrechtliche Vorgaben gem. § 25d Abs. 1 – 3 KWG Im Aufsichtsrecht finden sich Vorgaben hinsichtlich des Verwaltungsorgans in § 25d KWG. § 25d KWG setzt die Vorgaben des Art. 91 CRD IV in deutsches Recht um. Die Richtlinie geht dabei von einem monistischen System aus921, sodass mit „Leitungsorgan“ in Art. 91 CRD IV entgegen dem deutschen Verständnis nicht nur die Geschäftsleitung, sondern auch das Überwachungsorgan gemeint ist. Der Normtext von § 25d KWG ist sehr umfangreich und kann zur besseren Übersicht inhaltlich in zwei Abschnitte unterteilt werden. Die erste Hälfte bis einschließlich Absatz 3 statuiert persönliche Anforderungen an das Verwaltungsorgan,

zueinander und im Aufsichtsrat selbst. Auch muss das Aufsichtsratsmitglied Personalentscheidungen treffen, sowie die Angemessenheit bei der Vorstandsvergütung beurteilen können und über Erfahrung in der Wirtschaft, gleich in welcher Position, verfügen.“ 916 Spindler, in: Spindler/Stilz, 2015, § 116 AktG Rn. 62; Thaten, S. 271. 917 BGH v. 15. 11. 1982 – II ZR 27/82, BGHZ, 85, 293 (296) = NJW 1983, 991 (991 f.); Spindler, in: Spindler/Stilz, 2015, § 116 AktG Rn. 63. 918 Spindler, in: Spindler/Stilz, 2015, § 116 AktG Rn. 63; Schaefer/Missling, NZG 1998, 441 (447); Leyens/Schmidt, AG 2013, 533 (539); Hingst/Himmelreich, WM 2009, 2016 (2017). 919 Opitz, BKR 2013, 177 (178). 920 Habersack, in: MünchKommAktG, 2014, § 116 AktG Rn. 24; Hingst/Himmelreich, WM 2009, 2016 (2016); hinsichtlich des KWG Langen, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25a KWG Rn. 6; Thaten, S. 267; Lehrl, BKR 2010, 485 (497). 921 Scholz, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25d KWG Rn. 3. Dazu schon oben Teil 3, A.II.4., S. 154.

B. Persönliche Anforderungen an die Mitglieder des Aufsichtsorgans

231

wohingegen die Absätze 6922 bis 12 Vorgaben hinsichtlich der Überwachungstätigkeit als solcher machen und daher organisatorischer Natur sind. 1. Anforderungen gem. § 25d Abs. 1 und 2 KWG § 25d Abs. 1 KWG entspricht im Wesentlichen der Vorgängerregelung des § 36 Abs. 3 S. 1 und 2 KWG a.F. Die Mitglieder des Verwaltungsorgans müssen danach zuverlässig sein, die für die Überwachungs- und Kontrolltätigkeit erforderliche Sachkunde aufweisen und der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ausreichend Zeit widmen. Ergänzt wurden die zuvor geltenden Regelungen damit durch eine Zeitkomponente, die der Umsetzung des Art. 91 Abs. 2 CRD IV geschuldet ist. Bereits diese kurze Übersicht zeigt, dass § 25d KWG hinsichtlich der persönlichen Anforderungen an Aufsichtsratsmitglieder genauso aufgebaut ist wie § 25c Abs. 1 und Abs. 2 KWG für die Geschäftsleiter. Insofern wird sich die nachfolgende Erörterung der Anforderungen auf die wesentlichen Unterschiede beschränken. Eine dieser Besonderheiten ist die Wortwahl in § 25c Abs. 1 S. 1 KWG dahingehend, dass dort nicht von der „fachlichen Eignung“, sondern von „Sachkunde“ die Rede ist. Diese sprachliche Unterscheidung erfolgte im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses, weil man der Sachkunde als Minus zur fachlichen Eignung auch „Personen […] aus einem anderen, weniger finanzmarktgeprägten Blinkwinkel“ die Eignung zusprechen wollte.923 a) Allgemeines Die nach § 25d Abs. 1 KWG erforderliche Sachkunde wird vom Gesetz mit der Kontroll- und Überwachungstätigkeit sowie den jeweiligen Geschäften des Instituts in Zusammenhang gesetzt. Damit normiert § 25d Abs. 1 KWG genau die für das Aktienrecht soeben herausgearbeiteten Grundsätze.924 Dies verwundert vor dem Hintergrund nicht, dass die Gesetzesbegründung sich bei der Ausformung der Sachkunde ausdrücklich auf das Hertie-Urteil des BGH bezieht.925 Dementsprechend sollte auch tatsächlich derselbe Maßstab angesetzt werden wie im Aktienrecht.

922

Die in § 25d Abs. 4 KWG geregelte Pflicht des Instituts zur Bereitstellung angemessener Ressourcen für die Fortbildungs des Aufsichtsrats (vgl. die Parallelnorrm des § 25c Abs. 4 KWG) sowie die in Absatz 5 normierten Vorgaben zur Vergütungsstruktur sind für die vorliegende Untersuchung nicht relevant und werden daher ausgespart. 923 BT-Drucks. 16/13684, S. 29; darauf insgesamt tiefer eingehend Dreher, ZGR 2010, 496 (510 f.); Brogl, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 3/15 § 25d KWG Rn. 19. 924 Dreher, ZGR 2010, 496 (511); Brandi/Gieseler, NZG 2012, 1321 (1325); a.A. Schneider/Schneider, NZG 2016, 41 (44). 925 BT-Drucks. 17/10974, S. 87.

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Teil 4: Vorgaben für die Mitglieder des Aufsichts- bzw. Verwaltungsorgans

Der zuvor festgestellte Grundsatz, dass eine „Schwarmintelligenz“ insofern ausreicht, Spezialkenntnisse demgemäß nicht bei jedem Aufsichtsratsmitglied gegeben sein müssen, ergibt sich durch § 25d Abs. 2 S. 1 KWG unmittelbar aus dem Gesetz.926 Sich orientierend an den jeweilig betriebenen Geschäften des einzelnen Instituts ist aber im Einklang mit § 25d Abs. 6 S. 1 KWG jedenfalls ein grundsätzliches Verständnis für die Geschäfte sowie die durch sie entstehenden Risiken zu verlangen.927 Darüber hinaus sollten auch in Grundzügen Kenntnisse der Bilanzierung und bezüglich aufsichtsrechtlichen Vorgaben vorhanden sein.928 Besondere Vorgaben ergeben sich für Ausschussmitglieder. Gem. § 25d Abs. 7 S. 3 KWG müssen die Mitglieder die „zur Erfüllung der jeweiligen Ausschussaufgaben erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen haben.“ Teilweise werden in den § 25d Abs. 8 – 12 KWG spezifische Kenntnisse oder Fähigkeiten von den Aufsichtsratsmitgliedern gefordert. So muss gem. § 25d Abs. 9 S. 3 KWG der Vorsitzende des Prüfungsausschusses über Sachverstand auf den Gebieten Rechnungslegung und Abschlussprüfung verfügen. Gem. § 25d Abs. 12 S. 3 KWG muss dem Vergütungskontrollausschuss mindestens ein Mitglied angehören, dass im Bereich Risikomanagement und Risikocontrolling sachverständig ist und auch Berufserfahrung vorweisen kann. Dies wird sogar noch dahingehend konkretisiert, dass der Sachverstand vor allem hinsichtlich der Zusammenhänge zwischen den Vergütungssystemen und dem Gesamtrisikoprofil inklusive der Eigenmittelausstattung vorhanden sein muss. b) Anderer Maßstab für kommunale Aufsichtsräte und/oder Arbeitnehmervertreter? Eine Besonderheit ergibt sich beim Aufsichtsorgan dahingehend, dass es nicht nur – wie idealiter beim Vorstand – Mitglieder gibt, die wegen ihrer Expertise ausgewählt wurden. Es gibt zum einen in Aufsichtsräten wegen der mitbestimmungsrechtlichen Begebenheiten auch Arbeitnehmervertreter. Zum anderen gibt es aber auch Aufsichtsratsmitglieder, die kraft ihres öffentlichen Amtes Mitglied des Aufsichtsrates durch Entsendung sind. Das ist besonders häufig bei öffentlich-rechtlichen Instituten der Fall, kommt aber auch bei Banken (und anderen Unternehmen) vor, die privatrechtlich organisiert929 sind. 926

Brogl, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 3/15 § 25d KWG Rn. 38 ff.; Langen, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25a KWG Rn. 5b. 927 Merkblatt zu den Mitgliedern von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und KAGB (a.a.O. Fn. 329), S. 18; Brogl, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 3/15 § 25d KWG Rn. 27; Kleinert, in: Beck/Samm/Kokemoor, 198. AL, 2017, § 25d KWG Rn. 35 ff.; Kaetzler/ Hoops, BKR 2013, 192 (195). 928 Brogl, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 3/15 § 25d KWG Rn. 27; Kaetzler/Hoops, BKR 2013, 192 (196). 929 Siehe nur die Regelung der §§ 394, 395 AktG zur Verschwiegenheit.

B. Persönliche Anforderungen an die Mitglieder des Aufsichtsorgans

233

In ihrem Merkblatt zu den Mitgliedern von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und KAGB geht die BaFin im Hinblick auf diese Personenkreise sehr großzügig mit der Beurteilung der Sachkunde um. Bei Betriebsratsangehörigen bzw. Arbeitnehmervertretern nimmt sie die Sachkunde hier regelmäßig an, wenn diese „unmittelbar in die wirtschaftlichen und rechtlichen Abläufe des Tagesgeschäfts des beaufsichtigten Unternehmens eingebunden sind“930. Des Weiteren wird „[b]ei Hauptverwaltungsbeamten einer Gebietskörperschaft (zum Beispiel hauptamtlicher Bürgermeister oder Landrat) […] die Sachkunde regelmäßig angenommen, wenn sie vor oder seit ihrem Amtsantritt über einen längeren Zeitraum und in nicht unwesentlichem Umfang Tätigkeiten ausgeübt haben, die maßgeblich auf wirtschaftliche und rechtliche Fragestellungen ausgerichtet und nicht völlig nachgeordneter Natur waren.“931 Die Ausführungen der BaFin erwecken den Eindruck von Leerformeln, die scheinbar die grundsätzliche Vermutung der Sachkunde bei Arbeitnehmervertretern und politischen Entsandten begründen sollen. Ansonsten leuchtet es nicht ein, warum es einer gesonderten Vermutungsregel für solche Aufsichtsratsmitglieder bedürfen sollte. Eine solche Aufweichung des Qualifikationsmaßstabs kann nicht auf das gesellschaftsrechtliche Innenverhältnis übertragen werden. Vielmehr ist in diesem Zusammenhang eindringlich darauf hinzuweisen, dass alle Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder ungeachtet ihrer Herkunft932 einen normativen Mindeststandard erfüllen müssen.933 Ob eine individuelle Unfähigkeit zur Herabsetzung des Maßstabs führen kann, wurde von der juristischen Literatur im Rahmen der mitbestimmungsrechtlichen Vorgaben für Arbeitnehmervertreter diskutiert und zu Recht abgelehnt.934 Alles andere würde den durch die Haftung bezweckten Schutz der Anteilseigner, der Gläubiger sowie des Gesellschaftsvermögens935 konterkarieren. Vor dem Hintergrund, dass die Qualifikation und die Tätigkeit von Aufsichtsräten im Rahmen der Finanzkrise verstärkt in der Kritik standen936 – weshalb letztlich die Anforderungen verschärft werden sollten – und im Nachgang der Finanzkrise ins930 Merkblatt zu den Mitgliedern von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und KAGB (a.a.O. Fn. 329), S. 19. 931 Merkblatt zu den Mitgliedern von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und KAGB (a.a.O. Fn. 329), S. 19. 932 Fischer, in: Krieger/Schneider, 2017, § 23 Rn. 23.94. 933 Zum Aufsichtsrat Teil 2, B.II.2.d), S. 120. 934 Habersack, in: MünchKommAktG, 2014, § 116 AktG Rn. 23; Spindler, in: Spindler/ Stilz, 2015, § 116 AktG Rn. 8 ff.; Thaten, S. 272; Kling, DZWIR 2005, 45 (48). 935 Statt vieler Spindler, in: MünchKommAktG, 2014, § 93 AktG Rn. 1. 936 CEBS, Consultation paper on the Guidebook on Internal Governance (CP 44) vom 13. Oktober 2010, a.a.O. Fn. 65, S. 4; Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch CG von Banken, S. 58 ff.; auch Kleinert, in: Beck/Samm/Kokemoor, 198. AL, 2017, § 25d KWG Rn. 2, aber unter dem Hinweis, dass dieser Umstand bisher nicht durch Studien belegt werden konnte; Kaetzler/Hoops, BKR 2013, 192 (193); vgl. BT-Drucks. 17/3112, S. 3.

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Teil 4: Vorgaben für die Mitglieder des Aufsichts- bzw. Verwaltungsorgans

besondere Landesbanken und andere öffentlich-rechtliche Institute, bei denen solche Entsendungen verstärkt vorkommen, negative Schlagzeilen wegen Missmanagement auslösten937, ist die Praxis der BaFin auch aus Sicht des Finanzmarkt- und Gläubigerschutzes durch das KWG938 kritisch zu sehen. Auch wenn dies wohl politische Hintergründe haben dürfte, ist sich auch bei der Beurteilung der Sachkunde im Rahmen der Branchenaufsicht gegen eine Aufweichung in Richtung einer Unterscheidung der Sachkundevoraussetzung nach besonderen Berufsgruppen auszusprechen.939 2. Zuverlässigkeit, ausreichender Zeitaufwand und Ausschlussgründe Im Hinblick auf die Zuverlässigkeit und den ausreichenden Zeitaufwand ergeben sich im Wesentlichen keine Besonderheiten zu den Ausführungen hinsichtlich des Vorstands. Insbesondere kommt es bei der zeitlichen Verfügbarkeit auch hier auf den Umfang der konkreten Aufgabe und die Größe des Instituts an. Genau wie § 25c Abs. 2 S. 2 KWG sind in § 25d Abs. 3 KWG deshalb Ausschlussgründe für die Mandatswahrnehmung von CRR-Instituten von erheblicher Bedeutung geregelt. Anders als bei den Geschäftsleitern sieht § 25d Abs. 3a KWG allerdings solche Beschränkungen auch für andere Institute vor.940 Die Mandatsbegrenzungen in § 25d Abs. 3 Nr. 3 und Nr. 4 KWG erfahren wie bei der Geschäftsleitung dabei Einschränkungen im weiteren Verlauf des Absatzes, indem verschiedene Mandate als für die Zählung unerheblich erklärt werden.941

937 Eines der prominentesten Beispiele dürfte die WestLB sein. Siehe der Artikel der rponline vom 08. 06. 2016, abrufbar unter http://www.rp-online.de/wirtschaft/ermittlungsverfah ren-gegen-westlb-manager-eroeffnet-aid-1.6031761 [zuletzt aufgerufen am 18. 03. 2018]; zur Genese der WestLB-Krise zusammenfassend der Beitrag vom 04. 09. 2017 auf der Homepage des Deutschlandfunk Kultur, abrufbar unter http://www.deutschlandfunkkultur.de/das-schick sal-der-west-lb-die-offenen-baustellen-einer-bank.1001.de.html?dram:article_id=395052 [zuletzt aufgerufen am 18. 03. 2018]. 938 Dazu Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 2016, Einführung Rn. 1. 939 A.A.Langen, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25a KWG Rn. 7. 940 Dazu im Einzelnen Brogl, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 3/15 § 25d KWG Rn. 42 ff. 941 Auch hier ist auf die anschaulichen Darstellungen der BaFin im Merkblatt zu den Mitgliedern von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und KAGB (a.a.O. Fn. 329), S. 24 ff. zu verweisen.

C. Anforderungen an die Aufsichtstätigkeit

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C. Anforderungen an die Aufsichtstätigkeit hinsichtlich der Unternehmensorganisation I. Aktienrechtlicher Rahmen Gem. § 111 Abs. 1 AktG hat der Aufsichtsrat den Vorstand bei der Geschäftsführung zu überwachen. Dabei gilt durch die Verweisung des § 116 S. 1 AktG der Sorgfaltsmaßstab des § 93 Abs. 1 S. 1 AktG entsprechend auch für Aufsichtsratsmitglieder. Demzufolge haben Aufsichtsratsmitglieder die Sorgfalt anzuwenden, die ein ordentlicher und gewissenhafter Überwacher in der Situation beachtet hätte.942 Hierbei sieht das Gesetz weitestgehend von der weiteren Konkretisierung der einzelnen Pflichten ab, sodass diese je nach Situation und gefordertem Aufsichtsmittel variieren und im Einzelfall herauszuarbeiten sind. Beispielweise genannt seien hier die allgemeine Pflicht zur Informationsbeschaffung943, zur Teilnahme an den Sitzungen und Beschlussfassungen944 sowie unter Umständen eine ausdrücklich in § 111 Abs. 3 AktG normierte Pflicht zur Einberufung der Hauptversammlung. Insbesondere die Informationsbeschaffung ist bei der Überwachung sehr wichtig und wird durch eine konkretere Pflicht zur anlassbezogenen Prüfung der Vorstandsberichte945 präzisiert. Daneben ergibt sich auch im Bereich des Risikomanagements und der Compliance allgemein die Pflicht zur Kontrolle hinsichtlich der Existenz und der Wirkung eines Risikofrüherkennungssystems im Sinne des § 91 Abs. 2 AktG im Rahmen der Kontrolle der Geschäftsorganisation.

II. Aufsichtsrechtliche Anforderungen Das KWG geht mit der Aufgabenzuweisung deutlich mehr ins Detail als das Aktienrecht. Zwar nennt auch § 25d KWG keinen direkten Aufgabenkatalog. Allerdings enthält § 25d KWG ab Absatz 8 sehr detaillierte Vorgaben zu den potentiell zu bildenden Ausschüssen. Die Ausschussbildung hat dabei gem. § 25d Abs. 1 KWG bei allen Instituten „abhängig von der Größe, der internen Organisation und der Art, des Umfangs, der Komplexität und dem Risikogehalt der Geschäfte des Unternehmens“ zu erfolgen.946 942

Dazu schon oben Teil 2, B.II.2.a), S. 117. Hoffmann-Becking, in: MünchHdbGesR, 2015, § 33 Rn. 77; Henssler, in: Henssler/ Strohn, 2016, § 116 AktG Rn. 7; Bürgers, ZHR 179 (2015), 173 (186, 189 f.); Langenbucher, in: Hölscher/Altenhain, S. 15. 944 Henssler, in: Henssler/Strohn, 2016, § 116 AktG Rn. 7. 945 Hoffmann-Becking, in: MünchHdbGesR, 2015, § 33 Rn. 77. 946 Zum praktischen Umgang hiermit Brogl, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 3/15 § 25d KWG Rn. 101 f. Da die genauen Umstände der Ausschussbildung für die hier zu untersuchende Frage nach der Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats hinsichtlich Risikomanagement und Compliance nicht relevant sind, wird auf eine weitere Erörterung verzichtet. 943

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Teil 4: Vorgaben für die Mitglieder des Aufsichts- bzw. Verwaltungsorgans

Bei CRR-Instituten von erheblicher Bedeutung ist die Einrichtung der in Absatz 8 bis 12 genannten Ausschüsse hingegen obligatorisch. Auch wenn ein Institut die in § 25d Abs. 8 – 12 KWG präzisierten Ausschüsse nicht zwangsläufig zu bilden hat, sind diese Absätze gleichwohl von großer Bedeutung für dessen Aufsichtsräte. Denn die Absätze 8 – 12 zählen ganz explizit Aufgaben der Ausschüsse auf und lassen somit Rückschlüsse darauf zu, was der Gesetzgeber von der Arbeit des Aufsichtsrates erwartet. Sofern die Ausschüsse also nicht gebildet werden (müssen), hat der Aufsichtsrat als Gesamtorgan die dort genannten Aufgaben wahrzunehmen.947 Bei der Aufgabenwahrnehmung bestimmt sich sodann wieder nach dem Proportionalitätsgrundsatz948 sowie der aktuellen Lage der Gesellschaft949, wie intensiv die einzelnen Aufgaben bearbeitet werden müssen. An dieser Stelle den Gesetzeswortlaut zu wiederholen, erscheint nicht sinnvoll und würde insofern auch keinen Erkenntnisgewinn bringen. Denn das Gesetz bezieht sich bei den Aufzählungen fast ausschließlich auf die in §§ 25a, 25c KWG normierten Aufgaben der Geschäftsleiter. Dabei werden dem Aufsichtsrat in mehr oder minder dezidierter Genauigkeit die Bereiche dargelegt, in denen er dem Vorstand beratend zur Seite zu stehen und zu überwachen hat. In jedem Fall ist gem. § 25d Abs. 9 Nr. 1 und 2 KWG die Überwachung des gesamten Risikomanagements mit all seinen Ausprägungen und Bezügen950 von dieser Überwachungspflicht umfasst, also auch im Hinblick auf die Compliance-Funktion als Teil des Risikomanagements. Die Überwachungsaufgabe bestimmt sich also trotz des ausladenden Textes, den § 25d KWG enthält, wie im Aktienrecht auch nach der Geschäftstätigkeit des Vorstands. Diesen hat der Aufsichtsrat im Hinblick auf die Einhaltung der bankenaufsichtsrechtlichen Regelungen, also insbesondere hinsichtlich der zuvor dargestellten Anforderungen an Risikomanagement und Compliance, zu überwachen und auch beratend zur Seite zu stehen. Im Zusammenhang mit der zuvor beim aktienrechtlichen Rahmen betonten Informationsbeschaffung enthält §25d KWG allerdings erwähnenswerte Besonderheiten. Das KWG gesteht dem Aufsichtsrat insofern Instrumentarien für die Ausübung seiner Überwachungsarbeit zu, die das Aktienrecht in der Form nicht kennt.951 Diese sind: - Auskunftsrecht des Vorsitzenden des Risikoausschusses/Prüfungsausschusses bzw. des Aufsichtsorgans gegenüber dem Leiter der internen Revision bzw. dem 947 Brogl, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 3/15 § 25d KWG Rn. 104; Langen, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25a KWG Rn. 44. 948 Brogl, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 3/15 § 25d KWG Rn. 104. 949 In angespannten Lagen sollte eine strengere Kontrolle erfolgen, dazu Schaefer/Missling, NZG 1998, 441 (446); vgl. Bürgers, ZHR 179 (2015), 173 (198). 950 Z. B. auch der Zusammenhang der Vergütungs- und Anreizsysteme mit dem Risiko-, Kapital- und Risikomanagement in §§ 25d Abs. 8 S. 5 und 6, Abs. 12 KWG. 951 Bürgers, ZHR 179 (2015), 173 (194 ff.).

D. Aufsichtsratshaftung

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Leiter des Risikocontrollings, § 25d Abs. 8 S. 7 KWG (Risikoausschuss) bzw. § 25d Abs. 9 S. 4 KWG - Bestimmungsrecht zu Gunsten des Risikoausschusses bzw. des Aufsichtsorgans hinsichtlich Art, Umfang, Format und Häufigkeit der Informationen, die die Geschäftsleitung diesem zum Thema Strategie und Risiko vorlegen muss, § 25d Abs. 8 S. 10 KWG - Auskunftsrecht des Vorsitzenden des Vergütungskontrollausschusses bzw. des Aufsichtsorgans gegenüber dem Leiter der internen Revision bzw. den Leitern der für die Ausgestaltung der Vergütungssysteme zuständigen Organisationseinheiten, § 25d Abs. 12 S. 7 KWG - Recht auf Information durch die Geschäftsleitung in angemessenen Abständen, aber mindestens vierteljährlich, über die Risikosituation einschließlich einer Beurteilung der Risiken, § 25c Abs. 4a Nr. 3 lit. e) KWG - Recht auf Information durch die interne Revision in angemessenen Abständen, aber mindestens vierteljährlich, § 25c Abs. 4a Nr. 3 lit. g) KWG Hervorzuheben ist dabei die Möglichkeit des Aufsichtsrates, direkt bei Mitarbeitern des Instituts Auskünfte einzuholen. Ein solches Recht wird dem Aufsichtsrat branchenfremder Aktiengesellschaften mit dem Argument der allgemeinen Kompetenzverteilung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat überwiegend verwehrt.952

D. Aufsichtsratshaftung I. Praktische Bedeutung und Ableitung der Aufsichtsratshaftung von der Aufgabenwahrnehmung des Vorstands Bereits aus den allgemeinen Ausführungen zum aktienrechtlichen Rahmen der Aufsichtsratshaftung953 ist deutlich geworden, dass der zentrale Anknüpfungspunkt wegen der Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats die Aufgabenwahrnehmung des Vorstands ist. Im Zusammenhang mit einem Überwachungsmangel sieht sich der Aufsichtsrat dem Vorwurf ausgesetzt, er habe nachteilige Entwicklungen bzw. ein Fehlverhalten des Vorstands nicht oder zu spät erkannt oder aber theoretisch erkannt, in der Folge jedoch nicht die gebotenen Maßnahmen ergriffen.954 Der Vorwurf der sorgfaltswidrigen Überwachung hat jedoch zum einen da ihre Grenzen, wo dem Vorstand ein unternehmerisches Ermessen zukommt.955 Insofern beschränkt sich die Prüfungsverpflichtung auf die Vertretbarkeit der Entscheidung des Vorstands. 952 953 954 955

Bürgers, ZHR 179 (2015), 173 (195 ff.); Dreher, ZGR 2010, 496 (517 ff.). Teil 2, B.II.2.a), S. 117. Kling, DZWIR 2005, 45 (48); vgl. Schneider/Schneider, NZG 2016, 41 (46). Kling, DZWIR 2005, 45.

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Teil 4: Vorgaben für die Mitglieder des Aufsichts- bzw. Verwaltungsorgans

Zudem kann auch nicht von ihm verlangt werden, dass er jede Geschäftstätigkeit des Vorstands überprüft.956 Dementsprechend hat der Aufsichtsrat bei seiner Überwachungsaufgabe hinsichtlich der Unternehmensorganisation insbesondere darauf zu achten, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden und dass der Vorstand dort, wo das Gesetz ihm ein Ermessen zubilligt, die Grenzen der zulässigen Ermessensausübung nicht überschreitet. Vor diesem Hintergrund ist auch auf die viel gefundene Feststellung, dass die Aufsichtsratshaftung selten ausgelebt werde bzw. nur theoretische Materie sei, einzugehen. „Es ist leichter, eine eingeseifte Sau am Schwanz zu packen, als einen Aufsichtsrat zur Verantwortung zu ziehen.“ Herman-Josef Abs957

Diese plakative Aussage des ehemaligen Vorstandsprechers der Deutschen Bank trifft den Kern des Problems nicht wirklich. Zwar ist regelmäßig durch den Bezug auf die Aufgabenwahrnehmung des Vorstands ein etwas umfangreicher Begründungsaufwand für die Annahme einer Aufsichtsratspflichtverletzung insofern notwendig, als erst eine Fehlentwicklung des Unternehmens bzw. ein Fehlverhalten des Vorstands begründet und sodann der Zusammenhang zur Überwachungspflicht des Aufsichtsrats festgestellt werden muss. Letztlich muss dieser „Umweg“ allerdings auch bei der Vorstandshaftung immer dort gegangen werden, wo sich die Vorstandspflicht ebenfalls in einer Überwachungspflicht erschöpft, also z. B. im Rahmen der zulässig delegierten Aufgabenwahrnehmung958. Die Crux der Aufsichtsratshaftung liegt darin, dass für die Durchsetzung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen Aufsichtsratsmitglieder grundsätzlich der Vorstand gem. § 78 Abs. 1 AktG zuständig ist. Da sich aber die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats auf die Geschäftsleitung des Vorstands bezieht, müsste er sein eigenes Handeln aus haftungsrechtlicher Perspektive reflektieren.959 Dass er nach der Übertragung der ARAG-Garmenbeck-Entscheidung des BGH als zuständiges Organ grundsätzlich dazu verpflichtet sein wird, eine solche Anspruchsverfolgung gleichsam vorzunehmen,960 und damit für eine Unterlassung dessen theo-

956

BGH v. 04. 07. 1977 – II ZR 150/75, BGHZ, 69, 207 (213) = NJW 1977, 2088 (2312); Kling, DZWIR 2005, 45 (49). 957 Ehemaliger Vorstandssprecher der Deutschen Bank. Zitiert nach dem Handelsblattartikel „Zeit der Feierabendmandate ist endgültig vorbei“, abrufbar unter http://www.handelsblatt. com/archiv/manager-sollen-kuenftig-staerker-haften-zeit-der-feierabendmandate-ist-endguel tig-vorbei/2304902.html [zuletzt aufgerufen am 18. 03. 2018]. 958 Dazu Teil 3, B.IV.5., S. 220. 959 Spindler, in: Spindler/Stilz, 2015, § 116 AktG Rn. 3; Wagner, ZHR 178 (2014), 227 (239 f.); vgl. Lutter, ZIP 2009, 197 (200). 960 Kling, DZWIR 2005, 45 (53).

D. Aufsichtsratshaftung

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retisch961 auch haftbar gemacht werden könnte, wird sein Interesse daran, sich selbst an den Pranger zu stellen, auch nicht unbedingt mehren. Eine weitere Möglichkeit der Anspruchsdurchsetzung geben die §§ 147, 148 AktG, die allerdings wegen ihrer konkreten Ausgestaltung und der Apathie der Aktionäre auch als stumpfes Schwert anzusehen sind.962 In der Folge werden Ansprüche gegen Aufsichtsräte praktisch nicht geltend gemacht.963 Obgleich daher die praktische Relevanz der Aufsichtsratshaftung (auch systembedingt) als eher untergeordnet einzustufen ist, werden im Folgenden spiegelbildlich zur vorherigen Auseinandersetzung mit der Vorstandshaftung einzelne Problembereiche haftungsrechtlicher Art aus Sicht der Aufsichtsratsmitglieder beleuchtet werden. Dabei beschränkt sich die Erörterung auf spezielle Haftungsfragen, die die hier erörterten Anforderungen an die Organmitglieder in der Finanzbranche tangieren, und wird nicht auf generelle Probleme der gesellschaftsrechtlichen Haftung eingehen.

II. Haftung des Aufsichtsrats im Rahmen der Vertretung der Gesellschaft 1. Haftung bei Personalentscheidungen Grundsätzlich ist gem. § 78 Abs. 1 AktG der Vorstand zur Vertretung der Gesellschaft berufen. Jedoch regelt § 112 AktG, dass die Vertretung der Gesellschaft gegenüber dem Vorstand der Aufsichtsrat wahrnimmt. Da der Aufsichtsrat im Rahmen dessen auch gem. § 84 AktG für Bestellung und Abberufung des Vorstands verantwortlich ist, können sich zunächst Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe ergeben. Denkbar ist insbesondere, dass der Aufsichtsrat ein unfähiges Vorstandsmitglied bestellt bzw. mit diesem einen Anstellungsvertrag abschließt.964 Der Schaden kann beispielsweise darin liegen, dass wegen eines Abberufungsverlangens der BaFin ein Vorstand aus wichtigem Grund gem. § 84 Abs. 3 AktG abberufen werden muss, der Anstellungsvertrag jedoch nicht ohne Weiteres gekündigt werden kann, sodass dem abberufenen Vorstand weiterhin Zahlungsansprüche gegen die Gesellschaft zustehen.

961

Es ist wiederum auch nicht realistisch, anzunehmen, dass der Aufsichtsrat gegen den Vorstand vorgeht, weil dieser es versäumt hat, Ersatzansprüche gegen jenen geltend zu machen. 962 Spindler, in: Spindler/Stilz, 2015, § 116 AktG Rn. 3; Habersack, in: MünchKommAktG, 2014, § 116 AktG Rn. 8: „[…] die Neuregelung des Verfolgungsrechts aus § 148 durch das UMAG […] hat die in sie gesetzten Erwartungen nicht einmal ansatzweise erfüllt.“; noch zur alten Rechtslage Kling, DZWIR 2005, 45 (54). 963 Habersack, in: MünchKommAktG, 2014, § 116 AktG Rn. 8; Wagner, ZHR 178 (2014), 227 (240). 964 Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.25.

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Teil 4: Vorgaben für die Mitglieder des Aufsichts- bzw. Verwaltungsorgans

Als Beispiel aus der Praxis sei hier nochmals965 der Fall von Christoph Bender angebracht. Der Verwaltungsrat der betroffenen Sparkasse schloss ohne Abwarten der endgültigen Entscheidung der BaFin über dessen Eignung und trotz der Kenntnis, dass durchaus Bedenken an der Eignung bestehen könnten, einen Anstellungsvertrag mit Christoph Bender ab. Schließlich kam es, wie es kommen musste: Wegen einer unzureichenden fachlichen Eignung i.S.v. § 25c Abs. 1 KWG wurde Herr Bender als tauglicher Geschäftsleiter von der BaFin abgelehnt. Der Fehler des Verwaltungsrats bestand darin, dass in dem Anstellungsvertrag keine Klausel vorgesehen war, der die Wirksamkeit des Vertrags von der positiven Bescheidung der BaFin abhängig machte oder wenigstens ein entsprechendes Kündigungsrecht beinhaltete. Das LG Bielefeld erkannte hierbei keinen wichtigen Grund für die Kündigung des Dienstvertrags an, da es überwiegend der Sparkasse anzulasten sei, dass der Vertrag, ohne die Entscheidung der BaFin zu kennen, in dieser Form geschlossen worden war.966 Somit war die Situation entstanden, dass die Sparkasse Christoph Bender nicht zum Vorstand bestellen konnte, der Verwaltungsrat allerdings einen wirksamen Anstellungsvertrag mit ihm abgeschlossen hatte und sich gegen eine anderweitige Beschäftigung desselben unterhalb der Vorstandsebene aussprach. Das LG Bielefeld verneinte insbesondere wegen des letztgenannten Punktes der theoretischen Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung mit dem verbundenen Qualifikationserwerb eine Unmöglichkeit der Leistungserbringung auf Seiten von Herrn Bender.967 Vielmehr befand sich die Sparkasse im Annahmeverzug968, wodurch ihr ein Schaden in Höhe der Bezüge, die sie an Christoph Bender wegen der geführten Urkundenprozesse969 zahlen musste, entstanden ist. Der Fall zeigt sehr deutlich, inwiefern dem Verwaltungsorgan Fehler bei Personalentscheidungen betreffend den Vorstand unterlaufen können. In einem solchen Verhalten des Aufsichtsrates wird eine unsorgfältige Ausübung ihrer Personalkompetenz und damit eine Pflichtverletzung zu sehen sein. Dem Aufsichtsrat steht im Rahmen seiner Personalkompetenz zwar ein großer Beurteilungsspielraum zu.970 Dessen Grenze liegt aber in den gesetzlichen Vorgaben. Ein Schaden ist jedenfalls dann entstanden, wenn der vorgesehene Kandidat – wie im vorgenannten Fall – einen Anspruch auf Vergütungszahlungen hat, ohne jedoch im Gegenzug Arbeitsleistung zu erbringen.

965

Siehe oben Fn. 494, S. 131. LG Bielefeld v. 13. 03. 2015 – 17 O 100/14, juris Rn. 58 ff. 967 LG Bielefeld v. 13. 03. 2015 – 17 O 100/14, juris Rn. 59. 968 Dazu das LG Bielefeld in einem der geführten Urkundenprozesse hinsichtlich der Zahlung der Vergütung LG Bielefeld v. 12. 04. 2016 – 15 O 13/16, juris Rn. 37. 969 Zur genauen Genese überblickend der Artikel v. 13. 04. 2016, abrufbar unter http://www. nw.de/lokal/kreis_guetersloh/guetersloh/20763648_Bender-geht-im-Sparkassenstreit-in-die-Of fensive.html?em_cnt=20763648 [zuletzt aufgerufen am 18. 03. 2018]. 970 Krieger, in: Krieger/Schneider, 2017, § 3 Rn. 3.25. 966

D. Aufsichtsratshaftung

241

Das zentrale Problem hinsichtlich der Haftung wird in solchen Situationen das Merkmal des Vertretenmüssens darstellen. Hierbei ist mit Augenmaß zu untersuchen, ob dem Aufsichtsrat sein Verhalten tatsächlich subjektiv vorwerfbar ist. So ist beispielsweise denkbar, dass der Aufsichtsrat anwaltliche Expertise für die Vertragsgestaltung in Anspruch nimmt und sich zulässigerweise auf den Rat des Anwalts verlässt. In solchen Konstellationen ist wiederum das bereits erörterte Rechtsinstitut des schuldausschließenden Rechtsirrtums mit den im Ision-Urteil des BGH entwickelten Grundsätzen zur Wahrnehmung professionellen Rats971 zu bemühen. 2. Verantwortlichkeit bei der Durchsetzung von Ersatzansprüchen: Ermessen bei der Entscheidung der Anspruchsdurchsetzung? Angesichts der zahlreichen Vorwürfe gegen die Bankmanager hinsichtlich eines Missmanagaments im Rahmen der Aufarbeitung der Finanzkrise stellt sich die Frage, inwieweit der Aufsichtsrat genau zur Rechtsverfolgung gegen die Geschäftsleiter verpflichtet ist. Ansetzend bei der Pflicht des Aufsichtsrates zur Verfolgung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen den Vorstand wird im Kapitalgesellschaftsrecht diskutiert972, ob dem Aufsichtsrat ein unternehmerisches Ermessen bei der Entscheidung über die Anspruchsverfolgung zusteht. Bei der Beantwortung dieser Frage sollte zwischen den zwei Stufen der Entscheidungsfindung des Aufsichtsrats unterschieden werden, wie dies bei der allgemeinen Darstellung der ARAG-Garmenbeck-Entscheidung des BGH973 bereits anlautete. Auf der ersten Stufe hat der Aufsichtsrat das Vorliegen aller Haftungsvoraussetzungen zu prüfen. Sofern hierbei eine eingehende rechtliche Prüfung keine eindeutigen Ergebnisse auswirft, kommt dem Aufsichtsrat allerdings kein Ermessen zu.974 Davon ging auch der BGH aus, indem er postulierte, dass „[e]ine ,Einschätzungsprärogative‘, die zur Beschränkung der gerichtlichen Nachprüfbarkeit führt, […] der Aufsichtsrat für diesen Teil seiner Entscheidung […] nicht in Anspruch nehmen“975 kann. Mit „diese[m] Teil seiner Entscheidung“ meint der BGH, wie sich aus dem vorherigen Abschnitts des Urteils ergibt, dabei die Entscheidung über die Pflichtwidrigkeit des Vorstandshandelns. Der BGH spricht insofern von einer „Prozeßrisikoanalyse“, im Rahmen derer es „nicht um Fragen des Handlungs-, sondern allein des Erkenntnisbereichs“ ginge, in dem es aber gerade kein Hand971

Dazu oben im Rahmen der Geschäftsleiterhaftung Teil 3, B.IV.4.a), ab S. 213. Statt vieler Spindler, in: Spindler/Stilz, 2015, § 116 AktG Rn. 59; Koch, NZG 2010, 934 (938); Kling, DZWIR 2005, 45 (46 ff.); Cobe/Kling, NZG 2015, 48 (50). 973 Siehe oben Teil 2, B.II.2.b), S. 118. 974 So auch Spindler, in: Spindler/Stilz, 2015, § 116 AktG Rn. 59; Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 26 Rn. 53; Schaefer/Missling, NZG 1998, 441 (446 f.); Kling, DZWIR 2005, 45 (46). 975 BGH v. 21. 04. 1997 – II ZR 175/95, BGHZ, 135, 244 (254) = NJW 1997, 1926 (1928). 972

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Teil 4: Vorgaben für die Mitglieder des Aufsichts- bzw. Verwaltungsorgans

lungsermessen im Sinne einer Wahl zwischen verschiedenen Handlungsmöglichkeiten gebe.976 Zusammengefasst ist die Beurteilung auf dieser ersten Stufe darauf gerichtet, rechtlich zu bewerten, wie sich die Erfolgsaussichten im Hinblick auf eine Anspruchsverfolgung darstellen. Treten in diesem Bereich Schwierigkeiten auf – lassen sich also beispielsweise Rechtsfragen ohne ein Gericht nicht antizipiert beantworten – so liegt darin kein Fall eines unternehmerischen Ermessens. Vielmehr ist dies eine Konstellation einer unklaren Rechtslage, in der nach der hier vertretenen Auffassung, wie bereits zuvor erörtert977, in Anbetracht des Anwendungsbereichs der business judgement rule die Grundsätze zum unverschuldeten Rechtsirrtum anzuwenden sind. Auf der zweiten Stufe hat der Aufsichtsrat, sofern er nach einer „sorgfältig und sachgerecht“ durchgeführten „Prozeßrisikoanalyse“ die Inanspruchnahme des Vorstands für erfolgsversprechenden hält, zu entscheiden, ob er gleichwohl von einer Anspruchsverfolgung Abstand nehmen kann.978 Auch an dieser Stelle weist der BGH ausdrücklich darauf hin, dass dem Aufsichtsrat bei der Entscheidung kein unternehmerischer Ermessenspielraum zustehe.979 Vielmehr müsse er im Lichte des Unternehmenswohls abwägen, ob eine Rechtsverfolgung angeraten sei oder nicht, wobei jenes Unternehmenswohl grundsätzlich „die Wiederherstellung des geschädigten Gesellschaftsvermögens“ und damit die Anspruchsverfolgung verlange.980 Der BGH statuiert damit für die vorzunehmende Abwägung ein Regel-AusnahmeVerhältnis zu Gunsten der Rechtsverfolgung.981 Möchte man das Bild einer Waage bemühen, ist die Ausgangslage für die Abwägung des Aufsichtsrats dementsprechend, dass die Waagschale der Anspruchsverfolgung bereits schwerer wiegt als die des Absehens von der Rechtsverfolgung. Erst ab hier kann dem Aufsichtsrat für seine weitere Abwägung bei der Gewichtung der einzelnen Aspekte im Rahmen des Unternehmenswohls ein Ermessen zugestanden werden, das einer nur eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegt.982 Ein unternehmerisches Ermessen im Sinne der business judgement rule ist hierin aber nicht zu sehen.983

976

BGH v. 21. 04. 1997 – II ZR 175/95, BGHZ, 135, 244 (254 f.) = NJW 1997, 1926 (1928). Teil 3, B.IV.4.b), ab S. 216. 978 BGH v. 21. 04. 1997 – II ZR 175/95, BGHZ, 135, 244 (255) = NJW 1997, 1926 (1928); Kling, DZWIR 2005, 45 (50). 979 BGH v. 21. 04. 1997 – II ZR 175/95, BGHZ, 135, 244 (255) = NJW 1997, 1926 (1928). 980 BGH v. 21. 04. 1997 – II ZR 175/95, BGHZ, 135, 244 (255) = NJW 1997, 1926 (1928); Kling, DZWIR 2005, 45 (50). 981 Koch, NZG 2010, 934 (938); Kling, DZWIR 2005, 45 (47, 50). 982 BGH v. 21. 04. 1997 – II ZR 175/95, BGHZ, 135, 244 (256) = NJW 1997, 1926 (1928); a.A. wohl Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 26 Rn. 53; Schaefer/Missling, NZG 1998, 441 (447). 983 Koch, NZG 2010, 934 (938); Wiesner, in: MünchHdbGesR, 2015, § 26 Rn. 53; a.A. Spindler, in: Spindler/Stilz, 2015, § 116 AktG Rn. 59. 977

D. Aufsichtsratshaftung

243

III. Die Verantwortlichkeit des Aufsichtsrates für mangelnde Sachkunde bei Bestellung Im Hinblick auf die Haftungsmodalitäten bei der mangelnden Sachkunde kann zumindest eingeschränkt auf die Ausführungen zur Geschäftsleiterhaftung984 verwiesen werden. Angesichts des Umstands, dass von den Mitgliedern des Verwaltungsorgans gerade keine spezifischen Fachkenntnisse verlangt werden, ist jedoch hinsichtlich des im Rahmen der Geschäftsleiterhaftung geforderten Haftungsfreiraums in Ausnahmefällen bei mangelndem oder nicht aktuellem Wissen Vorsicht geboten. Die hier vertretene Möglichkeit, in solchen Fällen das Vertretenmüssen zu verneinen, bleibt auf spezielle Thematiken und absolute Ausnahmefälle beschränkt. Wenn aber von Aufsichtsratsmitgliedern schon gar keine Spezialkenntnisse verlangt werden, ist deren Anwendungsbereich schon gar nicht eröffnet. Vor diesem Hintergrund ist die großzügige Handhabung der BaFin zur nachträglichen Fortbildungsmöglichkeit nach Bestellung zu bewerten. Im Merkblatt zu den Mitgliedern von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und KAGB hält es die BaFin für möglich, dass ein Aufsichtsrat die erforderlichen Kenntnisse „in der Regel innerhalb von sechs Monaten“985 durch Fortbildung erwerben kann. Im Einklang mit den Erörterungen im Zusammenhang mit der Geschäftsleiterhaftung müssen die nötigen Fähigkeiten und Kenntnisse aber grundsätzlich ab dem Zeitpunkt der Bestellung vorliegen.986 Dies ergibt sich im Übrigen auch aus dem Wortlaut von § 25d Abs. 1 KWG, der keine Einarbeitungszeit vorsieht.987 Dem steht auch § 25d Abs. 4 KWG nicht entgegen, indem dieser den Einsatz notwendiger Ressourcen verlangt, um den Aufsichtsratsmitgliedern, „die Einführung in ihr Amt zu erleichtern“. Hierbei geht es – dem Wortlaut entsprechend – nur um die „Einführung in ihr Amt“ und nicht um die „Qualifikation für ihr Amt“. Die Zulassung einer allgemeinen Einarbeitungsphase wird außerdem sowohl in gesellschaftsrechtlicher Hinsicht dem durch die Haftung bezweckten Schutz der Anteilseigner, der Gläubiger sowie des Gesellschaftsvermögens988 wie auch aus 984

Teil 3, A.III., S. 155. Merkblatt zu den Mitgliedern von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und KAGB (a.a.O. Fn. 329), S. 19. Zumal die BaFin sich hierbei in gewisser Weise selbst widerspricht, indem sie eine Seite (S. 18) zuvor klarstellt, dass „[d]ie vom Gesetz geforderten Kriterien […] jedoch nicht nur z u m Z e i t p u n k t d e r B e s t e l l u n g , sondern auch währen der gesamten Ausübung des Mandats erfüllt sein“ (gesperrte Hervorhebung durch Verfasserin) müssen. 986 Habersack, in: MünchKommAktG, 2014, § 116 AktG Rn. 24; Wolfgarten, in: Boos/ Fischer/Schulte-Mattler, 2016, § 25d KWG Rn. 27; Fischer, in: Krieger/Schneider, 2017, § 23 Rn. 23.95; Leyens/Schmidt, AG 2013, 533 (540); Thaten, S. 274; Lehrl, BKR 2010, 485 (497); a.A. Langen, in: Schwennicke/Auerbach, 2016, § 25a KWG Rn. 7. 987 Fischer, in: Krieger/Schneider, 2017, § 23 Rn. 23.95; Leyens/Schmidt, AG 2013, 533 (540) mit weiteren Nachweisen hinsichtlich der Versicherungsaufsicht. 988 Dazu schon im Rahmen der Sachkunde von Arbeitnehmervertretern und politischen Entsandten Teil 4, B.II.1.b), S. 232. 985

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Teil 4: Vorgaben für die Mitglieder des Aufsichts- bzw. Verwaltungsorgans

bankenaufsichtsrechtlicher Perspektive dem durch die Bankenaufsicht bezweckten Markt- und Gläubigerschutz989 nicht gerecht.

IV. Bußgeld als Schaden Gem. § 36 Abs. 3 S. 1 KWG kann die BaFin auch die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern verlangen, sofern einer der dort genannten Gründe einschlägig ist. Neben einem Mangel an Sachkunde, Zuverlässigkeit oder eines ausreichenden Zeitaufwands bei der Aufgabenwahrnehmung kann nach § 36 Abs. 3 Nr. 4 und Nr. 5 KWG aber auch eine unzureichende Wahrnehmung der Überwachungsaufgabe im Hinblick auf Verstöße des Unternehmens gegen die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung einen Grund für das Abberufungsverlangen bilden. An dieser Stelle kommt den Ausführungen in § 25d Abs. 8 – 12 KWG bezüglich der wahrzunehmenden Aufgaben sodann auch eigenständige Bedeutung zu. Voraussetzung für den Erlass eines Abberufungsverlangens in diesem Rahmen ist allerdings, dass die BaFin zuvor eine Verwarnung ausgesprochen hat. Gem. § 56 Abs. 1, 6 Nr. 2 KWG kann wiederum eine Zuwiderhandlung gegen ein vollziehbar gewordenes Abberufungsverlangen mit der Verhängung eines Bußgeldes geahndet werden. Aus dem Wortlaut von § 36 Abs. 3 Nr. 3 und Nr. 4 KWG ergibt sich bereits, dass das Aufsichtsratsmitglied seine Überwachungs- und Kontrollfunktion „sorgfaltswidrig“ ausgeübt haben muss, um überhaupt Ziel eines Abberufungsverlangens werden zu können. Daher kommt auch hierbei eine Inanspruchnahme des Aufsichtsrates wegen Verhängung eines Bußgeldes unter dem Blickwinkel des Vorliegens einer Pflichtverletzung grundsätzlich in Betracht. Im Gegensatz zum Vorstand ist der Aufsichtsrat gem. § 103 Abs. 3 S. 1 AktG auch dazu befugt, die Abberufung des betroffenen Aufsichtsratsmitglieds bei Vorliegen eines wichtigen Grundes durch Antrag beim Gericht selbst zu veranlassen. Allerdings betrifft die Pflichtwidrigkeit wegen der Kompetenzzuweisung des § 103 Abs. 3 S. 1 AktG in der Folge das Gesamtgremium als solches. Des Weiteren ist auch eine Inanspruchnahme des Aufsichtsrates wegen eines in Folge eines missachteten Abberufungsverlangens zu Lasten eines Geschäftsleiters denkbar. Wurde eine Verantwortlichkeit der Geschäftsleiter aufgrund der mangelnden aktienrechtlichen Kompetenz abgelehnt990, so kommt solchen Abberufungsverlangen im Rahmen der Personalkompetenz des Aufsichtsrats gem. §§ 84, 112 AktG jedoch eine haftungsrechtliche Bedeutung zu. Die Missachtung eines Abberufungsverlangens der BaFin hinsichtlich eines Geschäftsleiters ist dementsprechend in aller Regel als Pflichtverletzung des Aufsichtsrats zu bewerten.

989 Dazu schon im Rahmen der Sachkunde von Arbeitnehmervertretern und politischen Entsandten Teil 4, B.II.1.b), S. 232. 990 Teil 3, B.IV.6.b), S. 224.

E. Fazit

245

Eine organschaftliche Haftung des Aufsichtsrates für Bußgelder, die gegen das Unternehmen verhängt worden sind, ist – soweit bekannt – bisher in der Literatur noch nicht diskutiert worden. Im Finanzsektor erscheint das Aufkommen einer solchen Diskussion auch angesichts des fehlenden Ansatzes in Form von Abberufungsverlangen der BaFin zu Lasten von Aufsichtsratsmitgliedern991 als eher unwahrscheinlich. Sollte es aber doch dazu kommen, kann sich hier im Grundsatz aber nichts anderes ergeben als bei der Haftung des Vorstands. Es wird daher ebenso als fraglich betrachtet werden müssen, ob bzw. inwieweit das Institut den durch das Bußgeld entstandenen Schaden bei dem Aufsichtsrat liquidieren kann. Es ist zu erwarten, dass umso stärker bei der Diskussion um eine Haftung des Aufsichtsrats für Bußgelder das Argument hervorgebracht werden wird, dass eine solche Haftung für Aufsichtsratsmitglieder existenzgefährdend sein kann. Eine wie auch immer geartete Privilegierung des Aufsichtsrates im Vergleich zum Vorstand ist aber nicht anzunehmen. Zwar ist das Aufsichtsratsamt auch heute noch regelmäßig ein Nebenamt; ein jedes Aufsichtsratsmitglied hat aber nach den haftungsrechtlichen Grundsätzen gleichsam für seine sorgfaltswidrige Amtsausübung einzustehen wie ein Vorstand auch.

E. Fazit Die Aufsichtsratshaftung kann nach wie vor – auch nach der Finanzkrise – bisher wohl nur theoretische Bedeutung beanspruchen. In der Theorie sind die Haftungsrisiken für Aufsichtsratsmitglieder zwar nicht ganz so umfassend wie für die Geschäftsleiter, aber dennoch nicht nur von vernachlässigbarer Natur. Gemessen an dem Umfang der Diskussion um die Qualifikation und die Masse an regulatorischer Neuerungen hat sich das grundsätzliche Anforderungprofil von Aufsichtsratsmitgliedern im Vergleich zum allgemeinen Aktienrecht allerdings kaum geändert. Sowohl die persönlichen Anforderungen als auch die konkreten Überwachungsaufgaben hängen wie auch im allgemeinen Aktienrecht von den konkreten Begebenheiten des Instituts ab. Lediglich punktuelle Verschärfungen hinsichtlich der persönlichen Anforderungen und Konkretisierungen bei der organisatorischen Überwachungsaufgabe sind zu beobachten. Letztlich wird das genaue Anforderungsprofil des Aufsichtsrats davon abhängen, zu welchem Ergebnis der einzelne Rechtsanwender im Rahmen seiner Einzelbeurteilung kommt. In Anbetracht der Tatsache, dass die aufsichtliche Behördenpraxis gerade bei manchen problematischen Personengruppen nachsichtig zu sein scheint, steht das Ausmaß der Diskussion um die gewachsenen Anforderungen an Aufsichtsratsmitglieder im Missverhältnis zu den tatsächlichen praktischen Auswirkungen. 991 Jedenfalls im Jahr 2016 gab es kein einziges Abberufungsverlangen und auch keine Verwarnungen. Siehe Jahresbericht der BaFin, 2016 (a.a.O. Fn. 641, S. 170), S. 110.

Teil 5

Zusammenfassende Betrachtung A. Die Probleme der prinzipienorientierten Regulierung Die aktuelle Ausgestaltung der aufsichtsrechtlichen Regelungen als prinzipienbasiert ist für die Rechtsanwender eine janusköpfige Medaille. Einerseits lässt das Gesetz angesichts seines Regelungsgehalts scheinbar viel zu. Auf der anderen Seite fehlen aber gerade genaue Vorgaben, wie die vorgegebenen Ziele erreicht werden können und welche Maßnahmen als ausreichend zu erachten sind. Bei der Implementierung der entsprechenden Prozesse sind die Institute daher zunächst auf ihre Selbsteinschätzung verwiesen992 und sehen sich hinterher der Kontrolle durch die Aufsichtsbehörden und – wenn auch bisher selten – durch die Gerichte ausgesetzt. Dass dort die Meinungen auseinander gehen können, was inwiefern noch angemessen ist, liegt auf der Hand. Während in anderen Rechtsgebieten allerdings die Kasuistik der Rechtsprechung zumindest punktuell Abhilfe schafft, ist die Finanzaufsicht prozessual noch relativ unbefleckt und kann daher auch nur wenige Konkretisierungen aus der Rechtsprechung ziehen. Ein Ende dieses misslichen Zustands ist in Anbetracht der mangelnden Bestrebungen der Finanzinstitute, sich gegen behördliche Entscheidungen zur Wehr zu setzen993, auch nicht in Sicht. Vermutlich aus dieser Not der konkreten Vorgaben heraus hat sich eine einzigartige Masse an untergesetzlichen Reglementierungen gebildet, die die letzten Jahre benutzt wurden, um die bestehenden Lücken zu füllen. Wie aus der Darstellung der Rechtsquellen ersichtlich, handelt es sich ausnahmslos um Regelungen der Aufsichtsbehörden – sowohl der europäischen als auch der deutschen. Die Folge ist eine Verwaschung von Gesetzgebung und Exekutive, da durch die unreflektierte Anwendung der behördlichen Vorgaben und die fehlende gerichtliche Kontrolle die exekutiven Äußerungen zu „faktischem Recht“994 erhoben werden.995

992 Dazu auch Bührle, S. 78 ff.; Bitterwolf, in: Reischauer/Kleinhans, Erg.-Lfg. 5/17 § 25a KWG Rn. 8. 993 Thaten, S. 182, 188 m.w.N. 994 Zur Bewertung dieses unglücklichen Begriffs bereits oben Teil 3, B.IV.3.e), S. 211. 995 Siehe dazu auch Lütgerath, S. 255 ff., der bei seiner Prüfung sogar – verständlicherweise – zu dem Ergebnis kommt, dass die Standardsetzung der BaFin als verfassungswidrig einzustufen ist.

B. Die aufsichtsrechtliche Matrix im Gegensatz zur Praxis

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Ein besonderer Mehrwert kann in diesem Vorgehen allerdings nicht gesehen werden. Die ebenfalls ihrer Bezeichnung nach prinzipienorientierten Vorgaben der behördlichen Aufsicht können die durch die offene Anforderungsgestaltung entstehende Rechtsunsicherheit nicht aufwiegen.996 Vielmehr können sie im Einzelfall sogar dazu führen, dass noch mehr Rechtsunsicherheit entsteht, da sich die Geschäftsleiter fragen müssen, wie sie mit dieser an sich unverbindlichen Art der „Rechtsetzung“ insbesondere im Hinblick auf mögliche Haftungsvorgänge umgehen sollen.997

B. Die aufsichtsrechtliche Matrix im Gegensatz zur Praxis – mehr Vorgaben und mehr Haftung? Aus der praktischen Perspektive von Politik und dem Gesetzgeber, die sich nach der Finanzkrise und den zahlreichen internationalen Diskussionen und Empfehlungen zum Handeln gezwungen sahen, kann man den Prozess der behördlichen „Rechtsetzung“ als Genese zur tatsächlichen Gesetzgebung begreifen: Denn einige Vorgaben, die zuvor nur in behördlichen Papieren, wie den Leitlinien der EBA oder – hierauf aufbauend – in den Rundschreiben zu finden waren, haben mittlerweile auch ihren Weg in das Gesetz gefunden. Zwar ist diese Handhabung im Rahmen der Gesetzgebung insofern nachvollziehbar, dass Regelungen auf unverbindlicher Ebene zuerst praktisch „getestet“ und von den regulierten Kreisen kommentiert werden können, bevor sie zu gesetzlichem Recht werden. Allerdings trägt dies auf der einen Seite maßgeblich zur Unübersichtlichkeit des Aufsichtsrechts bei, da es schwerfällt, die verschiedenen – verbindlichen und unverbindlichen – Vorgaben auf unterschiedlicher Ebene – europäisch und national – zunächst überhaupt alle zu überblicken und diese dann zutreffend zueinander in Beziehung zu setzen, sodass man den tatsächlichen Regelungswert extrahieren kann. Dies gilt umso mehr, als sich die Rechtslage in der Bankenbranche mehrfach im Jahr ändert. Allein diesem Aktualisierungsdruck nachzukommen, ist eine Herausforderung. Andererseits fördert diese seit Jahren praktizierte Art der Rechtsetzung aktionistische sowie punktuelle Änderungen der Rechtslage, die sich in einer Inkonsistenz der Vorschriften niederschlagen. Die Häufigkeit der punktuellen Änderungen führt dazu, dass das Finanzaufsichtsrecht in seiner Gesamtheit eine konsequente juristi996

Die Paradoxität dieser Entwicklung zeigt sich, wenn man beobachtet, dass die rechtswissenschaftliche Kommentarliteratur mittlerweile zum Teil schlicht dazu übergegangen ist, die behördlichen Verlautbarungen anstatt des Gesetzes zu kommentieren. Siehe beispielsweise Hellstern, in: Luz/Neus/Schaber, 2015, § 25a Abs. 1 – 4 KWG Rn. 37 ff. 997 Beispielsweise zur Pflicht der Geschäftsleiter zur Identifizierung unzulässiger aufsichtsrechtlicher Einwirkungen Bührle, S. 220 ff.

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sche Systematik weitgehend vermissen lässt. Es ist auch als Auswuchs dieser aktionistischen Gesetzgebung zu betrachten, dass es immer wieder zu ungewollten Fehlern – Stichwort „redaktionelles Versehen“ – bei Gesetzesänderungen kommt, was die Arbeit mit der ohnehin schon unübersichtlichen Rechtslage nicht unbedingt vereinfacht. Dieses Phänomen ist jedoch keine spezifische Entwicklung des Finanzaufsichtsrechts. Im Zusammenhang mit diesen strukturellen Problemen des Aufsichtsrechts steht auch das verstärkte Haftungsrisiko für die Institutsorgane dahingehend, dass streng genommen sehr breit aufgestellte Rechtskenntnisse vorhanden sein müssen, um den Anforderungen im Rahmen des Risikomanagements und der Compliance im Einzelnen wirklich gerecht werden zu können. Hier ist eine Gefahr einer „Geschäftsführung für die Aufsicht“ zu bemerken, die in der Folge zu einer Lähmung des unternehmerischen Geschäftsgangs führen könnte. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Aufsichtsrecht immer mehr den Bereich des unternehmerischen Ermessens der Geschäftsleiter sowie das Gesellschaftsrecht allgemein infiltriert.998 Es ist dahingehend kein Geheimnis, dass viele deutsche Banken mittlerweile Probleme haben, gewinnbringend zu wirtschaften. Die Folgen der Finanzkrise und die Reformierung des Finanzaufsichtsrechts als eine davon zwingen die Banken momentan zu einem Umdenken und dazu, nach neuen Wegen zu suchen, durch das Bankgeschäft Gewinne erwirtschaften zu können. An dieser Stelle bietet es sich an, diesen Gedanken mit einem Zitat von Raymond S. Troubh999 zu schließen: „We want aggressive, intelligent, imaginative, hardworking managers whose primary interest in life is making money for their shareholders as well as themselves. If they were not interested in making money they would be in academia, the government, the church or philanthropy. Is it realistic to expect that no one in this group will be tempted to ,cook the books‘ or fudge the figures?“1000

Der Entwicklung des Aufsichtsrechts ist aber auch etwas Positives abzuverlangen. Es ist zu begrüßen, dass der Ansatz eines höheren Qualifikationsmaßstabs für Aufsichtsräte diskutiert und auch in Angriff genommen wird. Aus dem Blickwinkel, dass diese Personen die interne Überwachung von wichtigen wirtschaftlichen Institutionen übernehmen, ist eine zunehmende Professionalisierung dieser Ämter zu wünschen. Auf der anderen Seite könnte hierdurch die Bereitschaft, Aufsichtsmandate zu übernehmen, abnehmen. 998 Dazu eingehend Bührle in seiner Dissertation mit dem Titel: „Unternehmerische Gestaltungsfreiheit versus aufsichtsrechtliche Regulierung – Der Vorstand in Banken- und Versicherungsunternehmen im Spannungsfeld zwischen unternehmerischer Gestaltungsfreiheit und aufsichtsrechtlicher Regulierung“. 999 Raymond S. Troubh ist ein amerikanischer Jurist, der unter anderem Leiter der früheren American Stock Exchange (AMEX) gewesen ist. 1000 Zitat gefunden bei Seibert, ZRP 2011, 166 (167).

D. Thesenförmige Zusammenfassung

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C. Ausblick Ein Abebben des „Regulierungstsunamis“1001 ist nur schleichend zu erwarten. Auch die Regulierungsdichte wird wohl – insbesondere durch die weitere europäische Harmonisierung der Finanzaufsicht – noch weiter zunehmen. Diese Einschätzung wird unter anderem durch die Anzahl der für die Finanzbranche relevanten Rechtsverordnungen und die Einfügung neuer Verordnungsermächtigungen zu Gunsten der Exekutive bestätigt. Vor diesem Hintergrund würde eine Wahrnehmung der erwähnten Ermächtigungsgrundlage des Bundesfinanzministeriums gem. § 25a Abs. 4 KWG im Regelungsbereich der MaRisk zwar den Zustand der untergesetzlichen Rechtsetzung jedenfalls bezüglich des Risikomanagements beenden. Das Problem der Unübersichtlichkeit der Rechtsmaterie bliebe allerdings weiter bestehen. Positiv wahrzunehmen ist insgesamt jedoch die Bemühung des Gesetzgebers hinsichtlich einer Vereinheitlichung und Neustrukturierung des Rechts, die beispielsweise durch die Reformierung des WpHG im Rahmen des Zweiten Finanzmarktstabilisierungsgesetzes erkennbar ist. Letztlich bleibt zu hoffen, dass die Bankenbranche neue, innovative Wege für ihre Geschäftstätigkeit findet, auch wenn die zunehmende Regulierung und der Öffentlichkeitsdruck die Entwicklung sicherlich nicht begünstigen. Das im Moment öffentlich eher negative geprägte Bild der Bankenbranche wird sich dadurch hoffentlich wieder wandeln; denn Banken leisten nach wie vor einen wichtigen Beitrag für unsere Wirtschaft. Die Nachwehen der Finanzkrise führen aber aktuell noch dazu, dass die Wahrnehmung der Bankenbranche durch die Öffentlichkeit abschließend mit Bertolt Brechts Worten zusammengefasst werden kann: Bankraub ist eine Initiative von Dilettanten. Wahre Profis gründen eine Bank. Bertolt Brecht

D. Thesenförmige Zusammenfassung 1. Die europäische Finanzaufsichtslandschaft als Teil der branchenspezifischen Wirtschaftsaufsicht hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Der Ansatz geht mittlerweile verstärkt zu einer europäisierten Ausrichtung der Aufsicht und einer europaweiten Harmonisierung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben. Die unmittelbare Aufsicht im europäischen Raum übernehmen nach wie vor im Wesentlichen die nationalen Behörden selbst. Zentraler Akteur der deutschen Finanzaufsicht ist deshalb seit 2002 die BaFin, die durch die Arbeit der Bundesbank unterstützt wird und Teile ihrer Zuständigkeit hinsichtlich systemrelevanter Institute an die EZB abtreten musste. Auf dem Rücken von BaFin und EZB sind auch die Eingriffs-Kompetenzen gegenüber den Instituten gebündelt, sodass 1001

Mülbert, ZHR 176 (2012), 369 (369).

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das Handeln dieser Behörden für die beaufsichtigten Finanzmarktteilnehmer besondere Bedeutung hat. Zwar erschöpft sich die aufsichtliche Tätigkeit der Behörden nicht in der Arbeit von BaFin und EZB, allerdings sind die restlichen europäischen Aufsichtsbehörden in Form der ESAs und des ESRB insofern nur von nachgeordneter Bedeutung für die beaufsichtigten Institute, als ihnen keine bzw. nur sehr beschränkte Handlungsbefugnisse gegenüber den Unternehmen zugestanden worden ist. Ihr Beitrag liegt mit jeweils unterschiedlicher Schwerpunktsetzung überwiegend in der Überwachung des Aufsichtssystems. Der Wandel der Finanzaufsicht nach der Finanzkrise beschränkte sich allerdings nicht auf die Neuorganisation des Finanzaufsichtssystems, sondern umfasste auch eine Neuordnung des bisherigen aufsichtsrechtlichen Normenkatalogs. Das Aufsichtsrecht wurde zunehmend qualitativ und prinzipienorientiert ausgestaltet und nahm sich in regulatorischer Hinsicht neben anderen Bereichen insbesondere auch die Corporate Governance von Instituten verstärkt vor. 2. Das Finanzaufsichtsrecht ist auf viele verschiedene Rechtsquellen verteilt. Die Herausforderung hierbei ist nicht nur, den Überblick über die verschiedenen Ursprünge der Regelwerke zu behalten, sondern auch deren rechtliche und tatsächliche Auswirkungen zu bewerten und zu berücksichtigen. Es hat sich ein großes Konstrukt verschiedener verbindlicher und unverbindlicher Rechtsquellen gebildet, die zum Teil unterschiedliche Bereiche regulieren, sich teilweise aber auch gegenseitig ergänzen. 3. Für den deutschen Rechtsanwender besonders von Bedeutung sind die europäischen Regelwerke in Form der CRR-Verordnung sowie mittelbar auch der CRD IV-Richtlinie und der Verlautbarungen der europäischen Aufsichtsbehörden. Auf nationaler, deutscher Ebene unterteilt sich die regulatorische Landkarte in verschiedene, branchenspezifisch gestaltete Gesetze (KWG, WpHG, ZAG, KAGB und VAG) und einen bemerkenswerten Unterbau behördlicher Verlautbarungen der BaFin. 4. Aufgrund mangelnder spezialgesetzlicher Regelungen ist bei der Beurteilung der Haftung von Organmitgliedern in der Finanzbranche die gesellschaftsrechtliche Organhaftung inklusive des jeweiligen Pflichtenrahmens ausschlaggebend. 5. Der Blick auf die Bankenlandschaft wie auch das Regelungsgerüst des Kapitalgesellschaftsrechts zeigt, dass gesellschaftsrechtlicher Dreh- und Angelpunkt vor allem der aktienrechtliche Rahmen ist: Auf der einen, tatsächlichen Seite weist ein Großteil der Großbanken in Deutschland die Rechtsform der Aktiengesellschaft auf. Bezogen auf alle Institute ist die Genossenschaft die am meisten vertretende Rechtsform. Aus der rechtlichen Perspektive betrachtet, ist zudem ein Trend des Kapitalgesellschaftsrechts bezüglich der Organverantwortung deutlich erkennbar: Jedenfalls mittelbar werden die Maßgaben für die AG für alle Kapitalgesellschaften zur Bestimmung des Haftungsumfangs herangezogen.

D. Thesenförmige Zusammenfassung

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Selbstverständlich müssen bei einer konkreten Falluntersuchung die entsprechenden Besonderheiten der jeweiligen Rechtsform Berücksichtigung finden. Nicht immer kann daher der aktienrechtliche Maßstab uneingeschränkt auf die anderen Rechtsbereiche übertragen werden. 6. Die §§ 25a, 25c und 25d KWG ergänzen die aktienrechtlichen Vorgaben als spezifische Konkretisierungen. Sie stellen aber keine leges speciales im klassischen Sinne dar, da sie keinen deckungsgleichen Anwendungsbereich haben wie die aktienrechtlichen Vorschriften. 7. Die persönlichen Anforderungen, die heutzutage durch § 25c KWG an Geschäftsleiter von Banken gestellt werden, sind sehr vielfältig und gehen weit über das hinaus, was das Aktienrecht von Vorständen anderer Branchen verlangt. Welche Kenntnisse und Fähigkeiten ein Geschäftsleiter im Einzelnen mitbringen muss, lässt sich aber auch in der stark regulierten Finanzbranche nicht ohne Einzelfallbezug sagen. Vielmehr hängt das genaue Anforderungsprofil von den konkreten Begebenheiten des jeweiligen Instituts und der Geschäftsleiterposition ab, sodass sich selbst ein allgemein gültiger Mindeststandard nur schwer definieren lässt. Insbesondere im Rahmen der praktischen Kenntnisse divergieren die Ansichten hinsichtlich der Mindestanforderungen in Detailfragen. So geht beispielsweise das Verlangen der BaFin nach einer dezidierten Krediterfahrung über das nach der hier vertretenen Auffassung notwendige Maß hinaus. 8. Für die Vorstandshaftung sind die persönlichen Anforderungen allerdings eher von ungeordneter Bedeutung. Verstöße gegen die Eignungsanforderungen stellen zwar Sorgfaltspflichtverstöße und damit Pflichtverletzungen dar, jedoch erwächst allein aus ihnen unmittelbar noch kein Schaden, den das Institut liquidieren könnte. Ein Schaden entsteht zumeist erst durch eine konkrete Entscheidung, die der Geschäftsleiter aufgrund seiner fehlenden Kenntnisse und Fähigkeiten falsch getroffen hat. In diesen Fällen kann die Haftung direkt auf das Fällen dieser Entscheidung als Pflichtverletzung gestützt werden mit der Folge, dass es für die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit zunächst nicht auf die mangelnde fachliche Eignung ankommt. Sodann ist im Rahmen des Verschuldens allerdings im Einzelfall zu entscheiden, ob dem Vorstand die falsche Entscheidung aufgrund fehlender Kenntnis tatsächlich subjektiv vorwerfbar ist oder ob nicht ausnahmsweise eine Konstellation gegeben ist, in der Vorstand es schlicht nicht besser wissen konnte. Im Weiteren ist eine Haftung wegen der Vernachlässigung des Amtes aufgrund von Beweisschwierigkeiten im Rahmen des Kausalzusammenhangs ebenfalls tendenziell irrelevant. 9.

§ 25a Abs. 1 KWG enthält in den Sätzen 3 und 6 eine nicht abschließende Aufzählung von Elementen des Risikomanagements, die punktuell durch § 25c Abs. 3 und Abs. 4a KWG ergänzt wird. Die Inhalte der einzelnen Aufzählungspunkte sind dabei nicht alle gleichermaßen allgemein organisatorisch oder beispielhaft. Vielmehr enthalten die Nummern 1 – 3 des § 25a Abs. 1 S. 3 KWG

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eher allgemeine Organisationsinhalte des Risikomanagements, wohingegen die Nummern 4 – 6 einzelne Sachbereiche des operativen Geschäfts darstellen, die Risiken bergen und hinsichtlich derer dementsprechend ein RisikomanagementSystem vorhanden sein muss. Trotz der zunehmenden Ergänzung dieser Vorgaben gibt § 25a Abs. 1 S. 3 KWG nur einen groben Rahmen dahingehend vor, welche Anforderungen an das Risikomanagement zu stellen sind. Den Instituten bzw. deren Geschäftsleitern verbleibt somit ein weiter Spielraum, wie sie die Anforderungen durch die konkrete Ausgestaltung wahrnehmen. 10. Ausgangspunkt für die Erarbeitung des Umfangs der Organisationspflicht im Rahmen der Compliance-Funktion gem. § 25a Abs. 1 S. 3 Nr. 3 lit. c) KWG sollte nach der Wertung des Gesetzgebers daher immer die Funktion der Compliance sein. Das Hauptziel der Compliance-Funktion ist es, die Einhaltung der gesetzlichen Normen sicherzustellen und so den daraus resultierenden Risiken bereits präventiv entgegen zu wirken. Gleichsam dient die Compliance dabei der Überwachung des Unternehmens wie auch der Beratung in rechtlichen Angelegenheiten. Um diese Funktionen letztlich auch erfüllen zu können, müssen allerdings einige organisatorische Begebenheiten vorhanden sein. Losgelöst von der konkreten Einbettung in die Geschäftsorganisation muss die Unabhängigkeit der Compliance-Mitarbeiter gewährleistet sein. Dies gilt zum einen aus einer organisatorischen Perspektive, indem die Mitarbeiter nicht zugleich in dem operativen Geschäftsbereich tätig sein dürfen, den sie kontrollieren. Darüber hinaus müssen Compliance-Mitarbeiter – außer gegenüber der Geschäftsleitung – weisungsunabhängig sein und über umfassende und uneingeschränkte Informationskompetenzen verfügen, damit sie ihrer Aufgabe ordentlich nachkommen können. Damit geht schließlich auch einher, dass die ComplianceFunktion ohne weitere Organisationsebenen direkt der Geschäftsleitung untergeordnet sein muss. 11. Im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben der §§ 25a ff. KWG stellen die Einrichtung eines Risikomanagements und einer Compliance-Funktion Pflichtaufgaben dar, die der business judgement rule nicht zugänglich sind. Hinsichtlich der nicht genau vorgeschriebenen Umsetzung kommt den Geschäftsleitern aber ein Ermessen zu Gute. 12. Die untergesetzlichen Vorgaben der europäischen und deutschen Aufsichtsbehörden können den Sorgfaltsmaßstab von Geschäftsleitern (und Aufsichtsräten) grundsätzlich nicht definieren. Zudem kann ihre Einhaltung den Organmitgliedern auch keinen haftungsfreien Raum bieten. Sie können allerdings Indizien bei der Auslegung des Gesetzes liefern. 13. Die Annahme einer „faktischen Bindungswirkung“ der untergesetzlichen Regelungen führt durch die darauf weiter basierende Einhaltung dieser Verlautbarungen letztlich zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung.

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14. Bei einer uneindeutigen Rechtslage ist unter Einbeziehung der jeweiligen Folgen für die Vorstandshaftung in Anbetracht der aktuellen Begrenzung der business judgement rule auf unternehmerische Entscheidungen der Lösung über den verschuldensausschließenden Rechtsirrtum tendenziell Vorzug zu gewähren. Eine legal judgement rule könnte zu ebenso vertretbaren Ergebnissen führen, ist aber mit der momentanen Gesetzeslage nicht vereinbar. 15. Die Geschäftsleiterhaftung für Bußgelder, die dem Institut wegen Nichtbeachtung eines Abberufungsverlangens auferlegt worden sind, beschränkt sich auf die seltenen Fälle, in denen der Vorstand das Abberufungsverlangen nicht an den Aufsichtsrat weitergeleitet hat und dieser auch sonst keine Kenntnis von dem Abberufungsverlangen nehmen konnte. 16. Bei der Verhängung von Bußgeldern durch die BaFin zu Lasten der Institute kann sich dieselbe Problematik hinsichtlich der Verantwortlichkeit der Organmitglieder ergeben wie in anderen Rechtsbereichen, wie z. B. dem Kartellrecht auch. Die praktische Bedeutung ist zurzeit aber vergleichsweise untergeordneter Natur. 17. Die Aufsichtsratshaftung kann nach wie vor – auch nach der Finanzkrise – bisher wohl nur theoretische Bedeutung beanspruchen. In der Theorie sind die Haftungsrisiken für Aufsichtsratsmitglieder zwar nicht ganz so umfassend wie für die Geschäftsleiter, aber dennoch nicht nur von vernachlässigbarer Natur. 18. Gemessen an dem Umfang der Diskussion um die Qualifikation und die Masse an regulatorischer Neuerungen hat sich das grundsätzliche Anforderungprofil von Aufsichtsratsmitgliedern im Vergleich zum allgemeinen Aktienrecht allerdings kaum geändert. Sowohl die persönlichen Anforderungen als auch die konkreten Überwachungsaufgaben hängen wie auch im allgemeinen Aktienrecht von den konkreten Begebenheiten des Instituts ab. Lediglich punktuelle Verschärfungen hinsichtlich der persönlichen Anforderungen und Konkretisierungen bei der organisatorischen Überwachungsaufgabe sind zu beobachten.

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Stichwortverzeichnis Arbeitnehmervertreter 232 ff. Aufsicht – makroprudentielle 30 f., 42, 50 – mikroprudentielle 30 f., 42 – qualitative 31, 37, 42, 51 f., 56, 58 – quantitative 42, 51, 55 ff., 178 Aufsichtsrat – persönliche Anforderungen 38, 228 ff. – Pflicht zur Bildung 228 Aufsichtsratshaftung 237 ff. – aktienrechtlicher Pflichtenkatalog 228 ff., 235 – Anknüpfungspunkt 117 – bei Unternehmensgeldbußen 244 ff. – business judgement rule 117 – Haftungsgrundlagen 104 ff. – Haftungsvoraussetzungen 117 – mangelnde Sachkunde 243 f. – Vertretung der Gesellschaft 239 ff. BaFin siehe Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bankaufsichtlicher Überprüfungsprozess 56, 178 Bankenstruktur in Deutschland 94 ff., 250 – Großbanken 99 Basel I siehe Baseler Akkorde Basel II siehe Baseler Akkorde Basel III siehe Baseler Akkorde Basel Committee on Banking Supervision siehe Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht Baseler Akkorde 41, 55 f. Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht 40 f. – Verlautbarungen siehe Baseler Akkorde BCBS siehe Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht Berichtswesen 194 f. Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht 50 f., 53, 249 – MaComp 89

– MaRisk 72 ff., 88 f., 184, 200, 206 ff., 209, 211 – Merkblätter 90 ff. – Rechtsnatur der Verlautbarungen 72 ff. – Verlautbarungen 70, 72 ff. Business judgement rule 103, 108, 114 ff., 164, 197, 203 ff., 206, 216, 252 – Aufsichtsrat 117 – Voraussetzungen 115 f. Capital Requirements Directive 58, 124, 150, 152, 178, 180, 186, 189 f., 192, 230, 250 Capital Requirements Regulation 57, 178, 186, 250 Compliance 38, 196 ff., 252 – Abgrenzung zum Risikomanagement 171 ff. – aktienrechtliche 196 ff. – aufsichtsrechtliche 199 ff. – Begriff 171 ff. – Vorstandshaftung 201 ff. Corporate Governance 33 ff. – Begriff 33 ff. – im Bankensektor 36 f. CRD IV siehe Capital Requirements Directive CRD IV-Richtlinie siehe Capital Requirements Directive CRR siehe Capital Requirements Regulation CRR-Verordnung siehe Capital Requirements Regulation Delegierte Rechtsakte 59 Deutsche Bundesbank 50 f. EBA siehe Europäische Bankaufsichtsbehörde EIOPA siehe Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung

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Stichwortverzeichnis

ESA siehe Europäische Aufsichtsbehörden ESA-Leitlinien 60 ff., 157 f. ESFS siehe Europäisches Finanzaufsichtssystem ESMA siehe Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESRB siehe Europäischer Ausschuss für Systemrisiken Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung 42 Europäische Aufsichtsbehörden 42 ff., 59, 250 Europäische Bankaufsichtsbehörde 42 f., 53, 152, 193 Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde 42 f., 152 Europäische Zentralbank 46, 51 ff., 99, 153 f., 249 Europäischer Ausschuss für Systemrisiken 44 ff., 53 – Aufgaben 48 f. – Organisation 46 ff. – Rechtsgrundlage 45 f. Europäisches Finanzaufsichtssystem 20, 41 ff., 53 European Banking Authority siehe Europäische Bankaufsichtsbehörde European Central Bank siehe Europäische Zentralbank European Insurance and Occupational Pensions Authority siehe Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung European Securities and Markets Authority siehe Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde European Supervisory Authorities siehe Europäische Aufsichtsbehörden European System of Financial Supervision siehe Europäisches Finanzaufsichtssystem European Systemic Risk Board siehe Europäischer Ausschuss für Systemrisiken EZB siehe Europäische Zentralbank Fachliche Eignung 125 ff. – Aufrechterhaltung 146 f., 162 ff. – Auswirkungen auf die Organhaftung 158 ff.

– Eignungsvermutung 144 ff. – Inlandsbezug 136 ff. – Leitungserfahrung 141 ff. – praktische Kenntnisse 126 ff. – Spezialkenntnisse 131 ff. – Sprachkenntnisse 137 f. – theoretische Kenntnisse 126 Finanzkrise 19 ff., 27 ff., 36 ff., 64, 250 Gemeinsamer Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden 44 Genossenschaften 94 ff. Haftungsgrundlagen 104 ff. – aktienrechtliche 108 ff. – zivilrechtliche 106 f. ICAAP siehe Kapitaladäquanzverfahren Implementing Technical Standards siehe Technische Durchführungsstandards Internal Capital Adequacy Assessment Process siehe Kapitaladäquanzverfahren Interne Grundsätze einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung 192 f. Interne Revision 190 f. Internes Kontrollsystem 188 ff. Investmentvermögen 70 ITS siehe Technische Durchführungsstandards Joint Committee siehe Gemeinsamer Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden Kapitaladäquanzverfahren 178 f. Kommunale Aufsichtsräte 232 ff. Legalitätspflicht 202

111 ff., 155 f., 159, 172,

MaComp siehe Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht MaRisk siehe Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Merkblatt zu den Geschäftsleitern gemäß KWG, ZAG und KAGB siehe Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht

Stichwortverzeichnis Merkblatt zur Kontrolle der Mitglieder von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und KAGB siehe Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Personengesellschaften 99 ff. Prinzip der doppelten Proportionalität 180, 187, 195, 200, 207, 236 Prinzipienorientierte Regulierung 31 f., 83, 208, 218, 226, 246 f. Regulatory Technical Standards siehe Technische Regulierungsstandards Risikomanagement 38, 65, 171 ff. – aktienrechtliche Pflichten 175 ff. – Aufsichtsratshaftung 237 ff. – Aufsichtsrechtliche Pflichten 177 ff. – Begriff 171 ff. – Internes Kontrollsystem 188 ff. – Kreislauf des Risikomanagements 182 f. – Risikoarten 185 f. – Risikosteuerung 182, 188 ff. – Risikostrategien 183 ff. – Risikotragfähigkeit 182, 186 ff. – Vorstandshaftung 201 ff. RTS siehe Technische Regulierungsstandards Sachkunde 231 ff. Sorgfaltspflicht 102 ff., 111 ff., 122, 155 f., 158 ff., 177 SRP siehe bankaufsichtlicher Überprüfungsprozess Supervisory Review Process siehe bankaufsichtlicher Überprüfungsprozess Technische Durchführungsstandards 59 Technische Regulierungsstandards 59

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Vergütung 33, 39 Verschuldensausschließender Rechtsirrtum 213 ff. Versicherungsunternehmen 71 Vorstandshaftung 201 ff., 251 – aktienrechtlicher Pflichtenkatalog 110 ff. – Beginn 156 – bei Unternehmensgeldbußen 222 ff., 253 – business judgement rule 115 f., 203 ff., 206 – Eingehung bestandsgefährdender Risiken 204 f. – Einholung rechtlichen Rates 213 ff. – Entscheidungen bei rechtlicher Unsicherheit 216 ff. – Fehlen der fachlichen Eignung 158 ff. – Geschäftsverteilung 220 ff. – Haftungsgrundlagen 104 ff. – Haftungsvoraussetzungen 108 ff. – Mandatsbegrenzungen 166 – Verlautbarungen der BaFin 206 ff. – verschuldensausschließender Rechtsirrtum 213 ff. Wertpapierdienstleistungsunternehmen 68 Widmung ausreichender Zeit – Aufsichtsrat 234 – Mandatsbegrenzungen 150 ff., 166, 234 – Vernachlässigung des Amtes 165 f. – Vorstand 150 ff. Wirtschaftsaufsicht 25 ff. Zahlungsdienstleister Zuverlässigkeit – Aufsichtsrat 234 – Vorstand 147 ff.

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